Verfassungs­schutz Suche

Alle Berichte sind durchsuchbar. Mehr über die Suche erfahren.

Treffer auf 819 Seiten
  • Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit deutlich hinsichtlich seiner Gewaltintensität. Die Mitglieder des NSU lebten
  • Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Oberlandesgericht München
  • wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen. Im August
  • wies der BGH auch die letzte Revision eines weiteren NSU-Helfers endgültig zurück. Das umfassende und langjährige Verfahren gegen
RECHTSEXTREMISMUS 29 ter oder indirekter Form ablegte, stellt eine Besonderheit in der Geschichte des deutschen Terrorismus dar. Die in den 1970erbis 2000er-Jahren in Deutschland existierenden rechtsterroristischen Gruppierungen begingen keine Serienmorde an Personen und auch keine gezielten Tötungen. Im Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit deutlich hinsichtlich seiner Gewaltintensität. Die Mitglieder des NSU lebten rund 13 Jahre im Untergrund und ermordeten in den Jahren 2000 bis 2007 insgesamt zehn Menschen vor allem aus fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven. Darüber hinaus beging das Trio mindestens zwei Bombenanschläge und 15 bewaffnete Raubüberfälle. Der von Mai 2013 bis Juli 2018 laufende Strafprozess richtete sich nach dem Selbstmord der beiden Mitglieder der rechtsterroristischen Gruppierung Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Oberlandesgericht München sprach 2018 alle fünf Angeklagten wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen. Im August 2021 wies der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision der Hauptangeklagten Zschäpe zurück, wodurch diese nun rechtskräftig als Mittäterin zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden ist. Im Dezember 2021 wies der BGH auch die letzte Revision eines weiteren NSU-Helfers endgültig zurück. Das umfassende und langjährige Verfahren gegen die rechtsterroristische Zelle und ihre Unterstützer wurde somit rechtskräftig abgeschlossen. Rechtsterroristische Kleingruppen Rechtsterroristische Kleingruppen sind neben radikalisierten rechtsterroristischen Täter:innen eine ernstzunehmende Bedrohung für den demokratischen Rechtsstaat, auch weil sie sich häufig nicht aus den bekannten und organisierten rechtsextremistischen Strukturen herausbilden. So bereitete sich beispielsweise die 2017 bekannt gewordene Gruppierung "Nordkreuz" auf einen "Tag X" vor, an dem sie ihre politischen Gegner beseitigen wollte, und hortete dazu Waffen sowie Munition. Die Mitglieder der Gruppierung "Nordkreuz" gehören der sog. Prepper-Szene an, deren Angehörige sich u. a. durch Einlagerung von Lebensmitteln und Waffen sowie dem Bau von Schutzbauten auf einen möglichen Katastrophenfall vorbereiten. Im Kontext der Corona-Pandemie hat sich das Gefahrenpotenzial für die Entstehung rechtsterroristischer Kleingruppen deutlich erhöht. Die geltenden Kontaktbeschränkungen führten in Teilen der Bevölkerung zu einem vermehrten Rückzug in den virtuellen Raum. Gleichzeitig ermöglichten die Zuwendung zu (antisemitischen) Verschwö-
  • Erkenntnis, dass ein sich selbst als "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) bezeichnendes "Trio" über mehrere Jahre eine beispiellose Serie von Verbrechen begangen
  • Trotz der in Deutschland vorhandenen Sicherheitsstruktur konnten die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder unerkannt rauben und morden. Den bisherigen Ermittlungen zufolge
  • einem Imbissstand tätig war. Neben den Morden werden dem NSU zwei Sprengstoffanschläge in den Jahren 2001 und 2004 in Köln
  • Migrationshintergrund zum Teil schwer verletzt wurden. Die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder hatten nach bisherigen Erkenntnissen seit 1998 unter falschen Personalien
  • öffentliche Empörung über die menschenverachtende Vorgehensweise der Mitglieder des NSU zeigt, dass unsere Gesellschaft in ihrem freiheitlichen Wesenskern angegriffen wurde
"Stigmatisierung! Verfolgung! Verbot? - Wir lassen uns nicht einschüchtern". Auch das enge Zusammenwirken der NPD mit den Neonazistrukturen des Landes wurde 2012 unvermindert fortgesetzt. Zur Entwicklung der rechtsextremistisch motivierten Gewalt im Jahr 2012 ist anzumerken, dass gegenüber dem Vorjahr nur eine Gewalttat mit rechtsextremistischer Motivation mehr gezählt wurde. Die Verdopplung der Zahl fremdenfeindlicher Gewalttaten ist jedoch auffällig. Ein Zusammenhang mit der verstärkten fremdenfeindlichen Agitation der Szene ist nicht auszuschließen. Die Drohkulisse mit dem Ziel der Einschüchterung des politischen Gegners wurde unvermindert aufrechterhalten. Dafür sprechen neben einschlägigen Gewalttaten fortgesetzte Sachbeschädigungen an Büros der Parteien, die von der rechtsextremistischen Szene als politischer Gegner wahrgenommen werden, Buttersäureattacken auf Treffpunkte der linken Szene, die mutmaßlich mit rechtsextremistischer Motivation durchgeführt wurden, Drohaktionen gegen Politiker aus anderen Parteien oder Menschen aus der Zivilgesellschaft, die sich gegen den Rechtsextremismus engagieren, sowie die erkennbaren Versuche, Informationen über das gegnerische Lager zu sammeln. Rechtsterrorismus/NSU Im November 2012 jährte sich die Erkenntnis, dass ein sich selbst als "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) bezeichnendes "Trio" über mehrere Jahre eine beispiellose Serie von Verbrechen begangen hat. Trotz der in Deutschland vorhandenen Sicherheitsstruktur konnten die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder unerkannt rauben und morden. Den bisherigen Ermittlungen zufolge bildeten die drei Rechtsextremisten Uwe BÖHNHARDT, Uwe MUNDLOS und Beate ZSCHÄPE den Kern dieser terroristischen Gruppierung. Aus mutmaßlich rassistischen und staatsfeindlichen Motiven wurden im Zeitraum von 2000 bis 2006 mit derselben Tatwaffe an verschiedenen Orten im Bundesgebiet neun Morde an Kleingewerbetreibenden mit Migrationshintergrund sowie im Jahr 2007 ein Mord bzw. Mordversuch an zwei Polizeibeamten verübt. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde ein Mord begangen: Im Februar 2004 wurde in Rostock der aus der Türkei stammende Mehmet (genannt Yunus) Turgut brutal getötet, als er in einem Imbissstand tätig war. Neben den Morden werden dem NSU zwei Sprengstoffanschläge in den Jahren 2001 und 2004 in Köln zugerechnet, bei denen 23 Personen überwiegend mit Migrationshintergrund zum Teil schwer verletzt wurden. Die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder hatten nach bisherigen Erkenntnissen seit 1998 unter falschen Personalien in Chemnitz und Zwickau gelebt und ihr Leben in der Illegalität durch mindestens 15 Raubüberfälle, darunter auch zwei Banküberfälle in Mecklenburg-Vorpommern, finanziert. Für den letzten Überfall am 4. November 2011 auf eine Sparkasse in Eisenach mietete ZSCHÄPE zusammen mit BÖHNHARDT das Wohnmobil, in dem nach ihrer Entdeckung durch die Polizei den Ermittlungen zufolge MUNDLOS zunächst BÖHNHARDT und sodann sich selbst erschoss. Nachdem ZSCHÄPE noch am 4. November 2011 vom Tod ihrer beiden Komplizen erfahren hatte, war es mutmaßlich sie, die die gemeinsame Wohnung des Trios in Zwickau in Brand setzte, um auf diese Weise Spuren zu verwischen; durch den Brand hätten weitere Menschen getötet werden können. Einige Tage später stellte sich ZSCHÄPE der Polizei. Die anhaltende öffentliche Empörung über die menschenverachtende Vorgehensweise der Mitglieder des NSU zeigt, dass unsere Gesellschaft in ihrem freiheitlichen Wesenskern angegriffen wurde.
  • schwerste Gewaltverbrechen begangen hat. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse zum NSU lassen auf einen tiefen Ausländerhass als Motivation für die Begehung schwerster
  • Straftaten schließen. Dem NSU wird zur Last gelegt, bei dieser bundesweiten Mordserie zwischen September 2000 und April 2007 zehn Menschen
  • Vielzahl von Banküberfällen zuzurechnen. Neben den terroristischen Verbrechen des NSU haben die menschenverachtenden Taten des Anders Behring BREIVIK
  • fanatisierter Einzeltäter sein kann. Die rassistisch motivierte Mordserie des NSU zeigt deutlich, wie weit Rechtsextremisten gehen, um ihre menschenverachtende Ideologie
  • durchzusetzen. Die Generalbundesanwaltschaft führt die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den NSU. In diesem Zusammenhang unterstützt die Verfassungsschutzbehörde die Generalbundesanwaltschaft. Verbindungen
  • Rechtsextremisten aus Sachsen-Anhalt zum NSU sind bislang nicht bekannt geworden. Auf die Taten des NSU reagierten die Sicherheitsbehörden
RREECCHHTTS SEEX XTTRRE EMMIIS SMMU USS um eine Gruppierung, die seit Jahren existent war und schwerste Gewaltverbrechen begangen hat. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse zum NSU lassen auf einen tiefen Ausländerhass als Motivation für die Begehung schwerster Straftaten schließen. Dem NSU wird zur Last gelegt, bei dieser bundesweiten Mordserie zwischen September 2000 und April 2007 zehn Menschen ermordet zu haben, darunter ein griechischstämmiger und acht türkischstämmige Gewerbetreibende sowie eine junge Polizistin. Der Gruppierung sind offenbar noch weitere rechtsextremistische Anschläge und eine Vielzahl von Banküberfällen zuzurechnen. Neben den terroristischen Verbrechen des NSU haben die menschenverachtenden Taten des Anders Behring BREIVIK am 22. Juli in Norwegen verdeutlicht, dass fremdenfeindliches Gedankengut auch ohne Einbindung in Organisationsstrukturen bei entsprechender Selbstradikalisierung Motivation für schwerste politisch motivierte Straftaten fanatisierter Einzeltäter sein kann. Die rassistisch motivierte Mordserie des NSU zeigt deutlich, wie weit Rechtsextremisten gehen, um ihre menschenverachtende Ideologie durchzusetzen. Die Generalbundesanwaltschaft führt die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den NSU. In diesem Zusammenhang unterstützt die Verfassungsschutzbehörde die Generalbundesanwaltschaft. Verbindungen von Rechtsextremisten aus Sachsen-Anhalt zum NSU sind bislang nicht bekannt geworden. Auf die Taten des NSU reagierten die Sicherheitsbehörden mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket, um die Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus weiter zu intensivieren. Hier sind beispielhaft die Einrichtung eines Gemeinsamen Abwehrzentrums Rechtsextremismus (GAR) oder die Schaffung einer neuen Verbunddatei von Polizei und Verfassungsschutz zu nennen. Im GAR werden Informationen aus dem Verfassungsschutz und der Polizei zusammengetragen. So können Gefahrenabwehrmaßnahmen der Polizei und auch Ermittlungsverfahren von Staatsanwaltschaften be- 6
  • Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Die geplante und gezielte Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), die über Jahre kein öffentliches Bekenntnis
  • Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit deutlich hinsichtlich seiner Gewaltintensität. Die Mitglieder des NSU lebten
  • Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Oberlandesgericht München
  • wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen. 3.3 Agitation
"Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Die geplante und gezielte Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), die über Jahre kein öffentliches Bekenntnis in direkter oder indirekter Form ablegte, stellt eine Besonderheit in der Geschichte des deutschen Terrorismus dar. Die in den 1970erbis 2000er-Jahren in Deutschland existierenden rechtsterroristischen Gruppierungen begingen keine Serienmorde an 25 Personen und auch keine gezielten Tötungen. Im Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit deutlich hinsichtlich seiner Gewaltintensität. Die Mitglieder des NSU lebten rund 13 Jahre im Untergrund und ermordeten in den Jahren 2000 bis 2007 insgesamt zehn Menschen vor allem aus fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven. Darüber hinaus beging das Trio mindestens zwei Bombenanschläge und 15 bewaffnete Raubüberfälle. Der von Mai 2013 bis Juli 2018 laufende Strafprozess richtete sich nach dem Selbstmord der beiden Mitglieder der rechtsterroristischen Gruppierung Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Oberlandesgericht München sprach 2018 sein Urteil im Prozess und befand alle fünf Angeklagten wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen. 3.3 Agitation und Propaganda Politiker als Angriffsziel Bundesweit erhielten Anfang des Jahres 2020 zahlreiche Parteien, Politiker, Vereine und weitere Institutionen E-Mails mit rechtsextremistischem Inhalt. In Bremen war neben Parteien und Politikern unter anderem auch die Fatih-Moschee in Gröpelingen von derartigen E-Mails betroffen. Zahlreiche E-Mails enthielten rechtsextremistische Codes und nahmen Bezug auf das Motiv des Wolfes, das im Rechtsextremismus als Metapher für Führungsstärke und Unbeugsamkeit steht. Den Adressaten wurde bisweilen mit massiver Gewalt und Anschlägen gedroht. In Bremen verschickte ein unbekannter Täter darüber hinaus Anfang des Jahres 2020 zahlreiche Briefe, die eine pulverartige Substanz enthielten. Die Briefe richteten sich vor allem an Parteien und Politiker und bedrohten sie mit rechtsextremistischen und teilweise auch antisemitischen Äußerungen. Juden als Angriffsziel Juden stellen seit jeher ein Angriffsziel für Rechtsextremisten dar. Antisemitische Straftaten gelten generell als extremistisch. Der Großteil der in den vergangenen Jahren begangenen und von der Polizei registrierten antisemitischen Strafund Gewalttaten wurde als "rechts" motiviert eingestuft. Dabei ist zu beachten, dass fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten statistisch generell im Bereich der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK)-Rechts erfasst werden, wenn der Polizei keine weiterführenden Hinweise zu Tatmotivation oder Täter vorliegen. Den Großteil der Straftaten machen hier Volksverhetzungsund Propagandadelikte aus.
  • Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Mordserie des rechtsterroristischen NSU und der Anschläge des Anders Behring BREIVIK in Norwegen müssen
  • derzeit keine konkreten Anhaltspunkte auf Nachahmungstäter im Sinne des NSU oder BREIVIKs vorliegen, können derartige Taten von rechtsextremistisch motivierten Einzeltätern
  • berwiegend auf verschwörungstheoretische Verlautbarungen. Lediglich beim mutmaßlichen Unterstützer des NSU, Ralf WOHLLEBEN, finden Solidarisierungsaktionen statt. Versuche, die Gewalttaten
  • NSU zu rechtfertigen, sind innerhalb der aktuellen Debatte unter Rechtsextremisten
  • kaum zu beobachten. Verfassungsschutz und Polizei überprüfen ihre Aktenbestände auf NSU-Bezüge. Bislang konnten keine strategischen Verbindungen des NSU nach
Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 remisten) ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen (2011: 7.600, 2012: 7.500 Personen). Rechtsterrorismus Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Mordserie des rechtsterroristischen NSU und der Anschläge des Anders Behring BREIVIK in Norwegen müssen Hinweise auf eine Radikalisierung und Bewaffnung der rechtsextremistischen Szene besonders aufmerksam beobachtet werden. Die Gefahr des Rechtsterrorismus bleibt so lange bestehen, wie die ideologischen Voraussetzungen weiter vorhanden sind sowie in der Szene fremdenfeindliche und rassistische Überzeugungen im Duktus eines drohenden Untergangs der Deutschen beschworen werden. Die Gefahr potenziert sich allgemein mit der Waffenaffinität der Rechtsextremisten. Wenngleich derzeit keine konkreten Anhaltspunkte auf Nachahmungstäter im Sinne des NSU oder BREIVIKs vorliegen, können derartige Taten von rechtsextremistisch motivierten Einzeltätern oder Gruppen nicht ausgeschlossen werden. Die rechtsextremistische Szene fühlt sich durch die vermehrten Exekutivmaßnahmen zwar unter Druck gesetzt, beschränkt sich aber bislang auf vereinzelte Solidaritätsbekundungen für die Betroffenen. Reaktionen beschränken sich ü- berwiegend auf verschwörungstheoretische Verlautbarungen. Lediglich beim mutmaßlichen Unterstützer des NSU, Ralf WOHLLEBEN, finden Solidarisierungsaktionen statt. Versuche, die Gewalttaten des NSU zu rechtfertigen, sind innerhalb der aktuellen Debatte unter Rechtsextremisten kaum zu beobachten. Verfassungsschutz und Polizei überprüfen ihre Aktenbestände auf NSU-Bezüge. Bislang konnten keine strategischen Verbindungen des NSU nach Sachsen-Anhalt festgestellt werden. Im Rahmen von Beweismittelbeschlüssen unterrichten Verfassungsschutz und Polizei fortlaufend den 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des 17. Deutschen Bundestags in Berlin. Am 18. April wurde der Polizei bekannt, dass auf dem Gelände Alte Halde in Thale-Benneckenrode (Landkreis Harz) Patronen und Reste einer Panzergranate zu finden sind. Vom Kampfmittelbesei18
  • sozialen Netzwerken und kündigten weitere Taten an. "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Die geplante und gezielte Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund
  • NSU), die über Jahre kein öffentliches Bekenntnis in direkter oder indirekter Form ablegte, stellt eine Besonderheit in der Geschichte
  • Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit deutlich hinsichtlich seiner Gewaltintensität. Die Mitglieder des NSU lebten
  • Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Oberlandesgericht München
  • wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen. Rechtsterroristische Kleingruppen
dieser ausländerfeindlichen Kundgebung zu einem "Schulterschluss" des vermeintlich "patriotischen" Lagers mit Pegida und Teilen der rechtsextremistischen Szene. Lübcke, der sich für die Aufnahme von Geflüchteten in seinem Wahlkreis aussprach, wurde für seine Haltung von Rechtsextremisten sowie Personen aus dem islamfeindlichen Spektrum bedroht. Die Tat reiht sich ein in eine Serie von Bedrohungen von Politikern, die die Aufnahme von Geflüchteten befürworten. Nach der Tat verhöhnten 26 Rechtsextremisten den ermordeten Regierungspräsidenten in sozialen Netzwerken und kündigten weitere Taten an. "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Die geplante und gezielte Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), die über Jahre kein öffentliches Bekenntnis in direkter oder indirekter Form ablegte, stellt eine Besonderheit in der Geschichte des deutschen Terrorismus dar. Die in den 1970erbis 2000er-Jahren in Deutschland existierenden rechtsterroristischen Gruppierungen begingen keine Serienmorde an Personen und auch keine gezielten Tötungen. Im Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit deutlich hinsichtlich seiner Gewaltintensität. Die Mitglieder des NSU lebten rund 13 Jahre im Untergrund und ermordeten in den Jahren 2000 bis 2007 insgesamt zehn Menschen vor allem aus fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven. Darüber hinaus beging das Trio mindestens zwei Bombenanschläge und 15 bewaffnete Raubüberfälle. Der von Mai 2013 bis Juli 2018 laufende Strafprozess richtete sich nach dem Selbstmord der beiden Mitglieder der rechtsterroristischen Gruppierung Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Oberlandesgericht München verurteilte 2018 alle fünf Angeklagten wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig und verurteilte sie zu mehrjährigen Haftstrafen. Rechtsterroristische Kleingruppen Rechtsterroristische Kleingruppen sind neben radikalisierten Einzeltätern eine ernstzunehmende Bedrohung für den demokratischen Rechtsstaat, auch weil sie sich häufig nicht aus den bekannten und organisierten rechtsextremistischen Strukturen herausbilden. So bereitete sich beispielsweise die 2017 bekannt gewordene Gruppierung "Nordkreuz" auf einen "Tag X" vor, an dem sie ihre politischen Gegner beseitigen wollte, und hortete dazu Waffen und Munition. Die Mitglieder der Gruppierung "Nordkreuz" gehören der sogenannten Prepper-Szene an, deren Angehörige sich u. a. durch Einlagerung von Lebensmitteln und Waffen sowie dem Bau von Schutzbauten auf einen möglichen Katastrophenfall vorbereiten. Mit dem Verbot der neonazistischen Organisation "Combat 18 Deutschland" (C18) mit Wirkung vom 23. Januar 2020 wurde erneut seit dem Verbot der "Blood & Honour Division Deutschland" im Jahr 2000 eine international und militant agierende rechtsextremistische Organisation in Deutschland verboten. Am 23. März 2020 verurteilte das Oberlandesgericht Dresden mehrere Mitglieder der rechtsextremistischen Gruppierung "Revolution Chemnitz" zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Sie hatten den "Systemumsturz" und insbesondere das Ausschalten ihres "politischen Gegners" und staatlicher Repräsentanten geplant.
  • Wohnung, Die im Folgenden dargelegten Sachdie der NSU im sächsischen Zwickau verhalte sind Gegenstand eines laufenbewohnt hatte, eine Explosion herbeiden
  • polizeilichen Ermittlungen beÖffentlich hatte sich der NSU nie zu kannt, dass eine Gruppe seit Jahren diesen Taten bekannt. Unter anderem
  • Mordserie betroffen: Beim letzten Untergrund" (NSU). Zwei mutmaßlider mutmaßlichen NSU-Anschläge wache NSU-Mitglieder kamen noch
RECHTSEXTREMISMUS 1.1. AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND TENDENZEN 1.1 RECHTSTERRORISTISCHE wenige Tage später den Behörden. Die STRUKTUREN IN DEUTSCHFrau steht in dem Verdacht, ebenfalls LAND am 4. November 2011 in der Wohnung, Die im Folgenden dargelegten Sachdie der NSU im sächsischen Zwickau verhalte sind Gegenstand eines laufenbewohnt hatte, eine Explosion herbeiden Ermittlungsverfahrens. Daher köngeführt zu haben. nen momentan noch keine endgültigen Aussagen getroffen werden. Der Generalbundesanwalt leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des VerNach einem Banküberfall in Eisenach/ dachts der Bildung einer terroristiThüringen am 4. November 2011 wurde schen Vereinigung (SS 129a StGB) ein. bei den polizeilichen Ermittlungen beÖffentlich hatte sich der NSU nie zu kannt, dass eine Gruppe seit Jahren diesen Taten bekannt. Unter anderem untergetauchter Rechtsextremisten seit deshalb waren die Ermittlungsbehörden 1998 in verschiedenen Bundesländern bis zuletzt nicht von einem rechtsterromutmaßlich zahlreiche Straftaten beristischen Hintergrund und Zusammengangen hatte. Darunter waren insgesamt hang zwischen den unterschiedlichen zehn Morde, neun davon an Personen Verbrechen ausgegangen. mit Migrationshintergrund, sowie Banküberfälle. Die Gruppierung bezeichAuch Baden-Württemberg war von nete sich als "Nationalsozialistischer der Mordserie betroffen: Beim letzten Untergrund" (NSU). Zwei mutmaßlider mutmaßlichen NSU-Anschläge wache NSU-Mitglieder kamen noch am ren am 25. April 2007 in Heilbronn eine 4. November 2011 ums Leben. Ein dritPolizeibeamtin getötet und ihr Streifentes mutmaßliches Mitglied stellte sich kollege schwer verletzt worden. 152
  • einem Propagandafilm der bis dahin unbekannten rechtsextremistischen Gruppierung NSU gefunden, der ebenfalls Hinweise auf die Taten des NSU enthält
  • dafür, dass MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE die Gründung des NSU zuzurechnen ist. 2.5.1 Verbindungen des nSu zu weiteren Rechtsextremisten Seit
  • Anklagen gegen ZSCHÄPE und vier mutmaßliche Unterstützer des NSU werden seit dem 17.04.2012 vor dem Oberlandesgericht in München verhandelt
  • Verbindungen des nSu nach niedersachsen Mit Holger G. befindet sich unter den mutmaßlichen Unterstützern des NSU ein in Niedersachsen wohnhafter
RECHTSExTREMISMUS 45 Am selben Tag wurde ein Wohnhaus in Zwickau (Sachsen), in dem MUNDLOS und BÖHNHARDT zusammen mit Beate ZSCHÄPE in einer Wohngemeinschaft lebten, gesprengt. ZSCHÄPE stellte sich am 08.11.2011 nach mehrtägiger Flucht der Polizei. Sie befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung gemäß SS 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen sie ein. In den Trümmern des Wohnhauses wurden u. a. die bei der Ermordung der neun Gewerbetreibenden verwendeten Tatwaffen sichergestellt. Ferner wurden mehrere DVDs mit einem Propagandafilm der bis dahin unbekannten rechtsextremistischen Gruppierung NSU gefunden, der ebenfalls Hinweise auf die Taten des NSU enthält. Die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft ergaben weitere Belege dafür, dass MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE die Gründung des NSU zuzurechnen ist. 2.5.1 Verbindungen des nSu zu weiteren Rechtsextremisten Seit Bekanntwerden der Gruppierung konnten Verbindungen zu weiteren Personen aus der rechtsextremistischen Szene nachgewiesen werden. Gegen sie besteht der Verdacht, MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE nach ihrem Untertauchen unterstützt zu haben. Die Generalbundesanwaltschaft erweiterte das Ermittlungsverfahren entsprechend und erließ Haftbefehl gegen einen Teil der Verdächtigen. Die Anklagen gegen ZSCHÄPE und vier mutmaßliche Unterstützer des NSU werden seit dem 17.04.2012 vor dem Oberlandesgericht in München verhandelt. 2.5.2 Verbindungen des nSu nach niedersachsen Mit Holger G. befindet sich unter den mutmaßlichen Unterstützern des NSU ein in Niedersachsen wohnhafter Rechtsextremist. Im Zuge der Ermittlungen wurde bekannt, dass ein Wohnmobil, das die Täter bei zwei ihrer Taten genutzt haben, auf die Personalien von G. angemietet worden war. Außerdem steht G. im Verdacht, den Haupttätern eine Schusswaffe übergeben zu haben. Die Anklage gegen G., dessen Haftbefehl mit Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2012 aufgehoben wurde, lautet auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
  • Aktuelle Entwicklungen - Rechtsextremismus 57 maßlich dritten NSU-Mitglied unmittelbar nach dem Selbstmord der beiden Täter in Brand gesetzt worden
  • fand sich umfangreiches Beweismaterial zu den dem NSU zur Last gelegten Taten. Neben mehreren Waffenfunden war es vor allem eine
  • Bundesanwaltschaft die ErmittBundesanwartschaft übernimmt Ermittlungen gegen das dritte mutmaßliche NSU-Mitglied wegen des Verlungen dachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen
  • Reihen des organisierten Berliner Rechtsextremismus zu den Taten der NSU blieben bislang aus. Dieses Schweigen kann als Versuch gewertet werden
  • Ortsteil Schöneweide mit dem Rufen von Unterstützungsparolen für den NSU auf und ein in Berlin ansässiger rechtsextremistischer Versandhandel
Aktuelle Entwicklungen - Rechtsextremismus 57 maßlich dritten NSU-Mitglied unmittelbar nach dem Selbstmord der beiden Täter in Brand gesetzt worden war, fand sich umfangreiches Beweismaterial zu den dem NSU zur Last gelegten Taten. Neben mehreren Waffenfunden war es vor allem eine den drei DVD zur Mordserie Verdächtigen zuzurechnende DVD, die an mehreren Stellen in Deutschland aufgetaucht war und aus der Rückschlüsse über das ganze Ausmaß ihrer Taten gezogen werden konnten. In menschenverachtender Art und Weise wurde auf dieser DVD zu einer Mordserie an Menschen mit Migrationshintergrund und einem Sprengstoffanschlag Stellung genommen. Am 11. November übernahm die Bundesanwaltschaft die ErmittBundesanwartschaft übernimmt Ermittlungen gegen das dritte mutmaßliche NSU-Mitglied wegen des Verlungen dachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in 5 Tateinheit mit Mord und versuchtem Mord. Im Zuge der Ermittlungen wurden mehrere Helfer der Terrorzelle, die verdächtigt werden, die Täter logistisch unterstützt und zur Produktion der DVD beigetragen zu haben, verhaftet. Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es keine Belege dafür, dass die Terrorzelle in Berlin Straftaten verübt hat. Hinweise auf Unterstützungsmaßnahmen für die Gruppierung aus Berlin haben sich bislang nicht bestätigt. Stellungnahmen aus den Reihen des organisierten Berliner Rechtsextremismus zu den Taten der NSU blieben bislang aus. Dieses Schweigen kann als Versuch gewertet werden, größtmögliche Distanz zu den Angehörigen der Gruppierung und deren Verbrechen herzustellen und in keiner Weise hiermit in Verbindung gebracht zu werden. In vereinzelten Vorkommnissen zeigten sich aber Zynismus und vermutlich auch klammheimliche Sympathie mit der Terrorzelle. So fiel eine Gruppe von Rechtsextremisten im Ortsteil Schöneweide mit dem Rufen von Unterstützungsparolen für den NSU auf und ein in Berlin ansässiger rechtsextremistischer Versandhandel bot ein T-Shirt mit dem Abbild eines Totenkopfs an einem Dönerspieß und der Überschrift "Killerdöner - nach Thüringer Art" an.77 77 Vgl. S. 98 f.
  • einer Involvie rung staatlicher Stellen in die Gewalttaten des NSU beseitigt wer den solle: "Zschäpe wird das aussagen
  • Deutschlands" (NPD) Frank Schwerdt, es werde in dem bevorstehenden NSUProzess nicht darum gehen, "die Wahrheit über zehn Morde schlüssig nachzuwei
  • vielmehr werde "politische Stimmung" gemacht, indem die Taten des NSU auf eine ausländerfeindliche Stimmung im Lande zurückgeführt würden. Wer mittlerweile
  • rechten Gefahr' zu kochen".8 Solidarisierung mit Der angeklagte NSUUnterstützer Ralf Wohlleben erfährt hingegen einem
  • mutmaßlichen größere Solidarität der Szene. So wurde z.B. bei rechtsextremisti NSU-Unterstützer schen Konzerten zu Spenden für ihn aufgerufen
  • träger veröffentlichten 15 rechtsextremistische Musikgruppen und 8 Frank Schwerdt: "NSU - Das lohnende Dauerthema", Homepage "DSAktuell" (13. November
RECHTSEXTREMISMUS in Spekulationen über einen staatlich geplanten, als Selbstmord getarnten Mord an Zschäpe, die als Mitwisserin einer Involvie rung staatlicher Stellen in die Gewalttaten des NSU beseitigt wer den solle: "Zschäpe wird das aussagen was ihr im letzten Jahr indoktriniert wurde. Sollte sie es nicht machen, wird sie verunfallen oder verselbstmorden wie die beiden Uwe's Das ist quasi der Abzug der V-Leute." (Internetplattform "Altermedia Deutschland", 9. November 2012) Solidaritätsbekundungen für Zschäpe bleiben weitgehend aus. Vereinzelt wird sie als Opfer eines politischen Prozesses darge stellt, mit dem versucht werde, das rechtsextremistische Spek trum insgesamt zu stigmatisieren und zu kriminalisieren. So behauptet etwa der stellvertretende Bundesvorsitzende der "Nati onaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) Frank Schwerdt, es werde in dem bevorstehenden NSUProzess nicht darum gehen, "die Wahrheit über zehn Morde schlüssig nachzuwei sen"; vielmehr werde "politische Stimmung" gemacht, indem die Taten des NSU auf eine ausländerfeindliche Stimmung im Lande zurückgeführt würden. Wer mittlerweile in Deutschland "offen oder hinter vorgehaltener Hand die Einwanderung oder Multikulti" anzweifle oder ablehne, werde "schnell in die Nähe von Mördern gebracht". "Bestimmten politischen Kreisen" sei "die Angelegenheit sehr willkommen", um ihr "politisches Süppchen von der 'rechten Gefahr' zu kochen".8 Solidarisierung mit Der angeklagte NSUUnterstützer Ralf Wohlleben erfährt hingegen einem mutmaßlichen größere Solidarität der Szene. So wurde z.B. bei rechtsextremisti NSU-Unterstützer schen Konzerten zu Spenden für ihn aufgerufen. Vor allem Thürin ger Rechtsextremisten forderten über FacebookButtons im Inter net "Freiheit für Wolle" oder boten TShirts mit diesem Slogan an. Zudem erschien Ende September 2012 der MusikSampler "Solida rität IV"9 bei dem bundesweit bedeutsamsten rechtsextremisti schen Vertrieb "PC Records" aus Chemnitz (Sachsen). Auf dem Ton träger veröffentlichten 15 rechtsextremistische Musikgruppen und 8 Frank Schwerdt: "NSU - Das lohnende Dauerthema", Homepage "DSAktuell" (13. November 2012). 9 Die CD wurde durch die BPjM indiziert (Liste A); vgl. Bundesanzeiger, Amtlicher Teil vom 28. Juni 2013. 62
  • Kaltblütigkeit. In einer Pressemitteilung charakterisiert die Bundesanwaltschaft den NSU als "eine aus drei gleichberechtigten Mitgliedern bestehende Gruppierung. Deren wahre Identität
  • begrenzten Kreis von wenigen Unterstützern und Gehilfen bekannt. Die 'NSU'-Mitglieder verstanden sich als ein einheitliches Tötungskommando, das seine Mordanschläge
  • für eine Beteiligung ortskundiger Dritter an den Anschlägen des 'NSU' oder eine organisatorische Verflechtung mit anderen Gruppierungen haben die Ermittlungen
  • Bildung einer terroristischen Vereinigung Anklage gegen das mutmaßliche NSUMitglied Beate Zschäpe sowie gegen vier mutmaßliche Helfer der Gruppe erhoben. Nach
  • Überzeugung der Bundesanwaltschaft haben letztere den NSU zum Teil über Jahre unterstützt, so indem sie die Gruppe mit Papieren, Fahrzeugen
  • gegen Beate Zschäpe sowie die mutmaßlichen Unterstützer des rechtsterroristischen NSU umfasst 488 Seiten. Die im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen
  • NSU gewonnenen Erkenntnisse belegen hinlänglich die weiter bestehende erhebliche Gefahr der Bildung terroristischer Strukturen im rechtsextremistischen Spektrum sowie die Ausübung
dokumentiert ein bislang kaum gekanntes Maß an Brutalität und Kaltblütigkeit. In einer Pressemitteilung charakterisiert die Bundesanwaltschaft den NSU als "eine aus drei gleichberechtigten Mitgliedern bestehende Gruppierung. Deren wahre Identität und terroristische Zielsetzung war nur einem eng begrenzten Kreis von wenigen Unterstützern und Gehilfen bekannt. Die 'NSU'-Mitglieder verstanden sich als ein einheitliches Tötungskommando, das seine Mordanschläge aus rassistischen und staatsfeindlichen Motiven arbeitsteilig verübte. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine Beteiligung ortskundiger Dritter an den Anschlägen des 'NSU' oder eine organisatorische Verflechtung mit anderen Gruppierungen haben die Ermittlungen nicht ergeben".2 Am 8. November 2012 hat der Generalbundesanwalt vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München u.a. wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung Anklage gegen das mutmaßliche NSUMitglied Beate Zschäpe sowie gegen vier mutmaßliche Helfer der Gruppe erhoben. Nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft haben letztere den NSU zum Teil über Jahre unterstützt, so indem sie die Gruppe mit Papieren, Fahrzeugen und sogar mit einer Tatwaffe versorgten. Um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, soll die Gruppe selbst mindestens 15 Banküberfälle begangen haben, so dass sie augenscheinlich nicht zwingend auf finanzielle Unterstützung Dritter angewiesen war. Am 6. Mai 2013 wurde der Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) gegen den genannten Personenkreis eröffnet. Die Anklageschrift gegen Beate Zschäpe sowie die mutmaßlichen Unterstützer des rechtsterroristischen NSU umfasst 488 Seiten. Die im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den NSU gewonnenen Erkenntnisse belegen hinlänglich die weiter bestehende erhebliche Gefahr der Bildung terroristischer Strukturen im rechtsextremistischen Spektrum sowie die Ausübung schwerster terroristischer Straftaten durch Einzelne. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Früherkennung möglicher individueller Radikalisierungsverläufe. 2 Auszug, DER GENERALBUNDESANWALT beim Bundesgerichtshof, Pressemitteilung 32/2012 vom 8. November 2012. 25
  • Reaktionen der rechtsextremistischen Szene auf den NSU-Prozess Die rechtsterroristische Vereinigung Nationalsozialistischer NSUProzess Untergrund (NSU) hat zwischen September
  • Gründung einer terroristischen Vereinigung im Zusammenhang mit dem NSU. Rechtsextremisten nutzen das öffentliche Interesse an dem Prozess für ihre eigenen
  • Angeklagten Ralf Wohlleben und forderte "Schluß mit dem 'NSU'Schauprozeß". Auch ein Funktionär der Nationaldemokratischen Partei Deutsch lands (NPD) trat
  • Dies haben in jüngerer Zeit insbesondere die Taten des NSU sowie die BreivikAttentate in Norwegen im Jahr 2011 verdeutlicht. Verfassungsschutzbericht
2.5 Reaktionen der rechtsextremistischen Szene auf den NSU-Prozess Die rechtsterroristische Vereinigung Nationalsozialistischer NSUProzess Untergrund (NSU) hat zwischen September 2000 und April 2007 bundesweit insgesamt zehn Personen ermordet. Drei dieser Taten wurden in Nürnberg (2000, 2001 und 2005) und zwei in München (2001 und 2005) begangen. Der Gruppierung werden weitere rechtsextremistisch motivierte Sprengstoffanschläge und eine Vielzahl von Banküberfällen zugerechnet. Die als Haupttäter erkannten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wurden am 4. November 2011 erschossen in einem von der Polizei umstellten Wohnmobil aufgefunden. Die als Mittäterin verdächtige Beate Zschäpe stellte sich nach mehrtägiger Flucht am 8. November 2011 der Polizei und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Am 6. Mai 2013 begann vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München der Prozess gegen Zschäpe und weitere Beschuldigte u. a. wegen des Verdachts der Gründung einer terroristischen Vereinigung im Zusammenhang mit dem NSU. Rechtsextremisten nutzen das öffentliche Interesse an dem Prozess für ihre eigenen Propagandazwecke. Am 3. März veranstaltete der Münchner Kreisverband der Partei Solidaritäts DIE RECHTE vor dem Münchner Strafjustizzentrum eine Solidari kundgebung tätskundgebung für den Angeklagten Ralf Wohlleben und forderte "Schluß mit dem 'NSU'Schauprozeß". Auch ein Funktionär der Nationaldemokratischen Partei Deutsch lands (NPD) trat als Redner auf. Rechtsterroristische Taten können - insbesondere wenn sie von Einzelpersonen oder Kleinstgruppen begangen werden - zu keiner Zeit ausgeschlossen werden. Dies haben in jüngerer Zeit insbesondere die Taten des NSU sowie die BreivikAttentate in Norwegen im Jahr 2011 verdeutlicht. Verfassungsschutzbericht Bayern 2015 97 Rechtsextremismus
  • Trend einer szeneweiten "Aufrüstung". Die Ermittlungen zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) sowie aktuelle Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden lassen das Vorhandensein weiterer Strukturen
  • rechtsextremistischen Spektrums in Betracht gezogen werden. Aktenrecherche zum NSU Um nach dem Bekanntwerden der Verbrechen
  • NSU
  • feststellen zu können, ob sich mögliche Bezüge zum NSU-Komplex auch im Aktenbestand der Verfassungsschutzbehörde Sachsen-Anhalt befinden, war bereits
  • beziehungsweise 971.000 Blatt Papier digitalisiert und in eine "Projektdatei NSU" überführt. Die sich anschließende Prüfung orientierte sich
  • denen die Möglichkeit besteht, dass diese Bezüge zu NSU, Thüringer Heimatschutz, Anti-Antifa und Blood & Honour haben könnten
Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2013 hen jedoch insgesamt nicht für einen Trend einer szeneweiten "Aufrüstung". Die Ermittlungen zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) sowie aktuelle Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden lassen das Vorhandensein weiterer Strukturen auf der Grundlage einer Gewalt bejahenden Strategie in diesem Phänomenbereich zumindest möglich erscheinen. Daher müssen trotz erhöhten Verfolgungsdrucks nicht nur einzelne terroristische Gewaltstraftaten, sondern auch die Bildung bislang unerkannter terroristischer Gruppen innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums in Betracht gezogen werden. Aktenrecherche zum NSU Um nach dem Bekanntwerden der Verbrechen des NSU feststellen zu können, ob sich mögliche Bezüge zum NSU-Komplex auch im Aktenbestand der Verfassungsschutzbehörde Sachsen-Anhalt befinden, war bereits am 17. September 2012 eine Prüfgruppe eingerichtet worden, die alle Aktenbestände sichtete. Diese bestand bis zum 10. Dezember 2013. Im Rahmen der Vorbereitung der durchgeführten elektronischen Aktenrecherche wurden insgesamt 3.226 Stehordner beziehungsweise 971.000 Blatt Papier digitalisiert und in eine "Projektdatei NSU" überführt. Die sich anschließende Prüfung orientierte sich an den vom "2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des 17. Deutschen Bundestages" ergangenen Vorgaben und Präzisierungen. Die Prüfung umfasste eine umfangreiche Personenliste. Hierbei handelte es sich u.a. um die Beschuldigten im Ermittlungsverfahren gegen Beate ZSCHÄPE und weitere relevante Personen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass diese Bezüge zu NSU, Thüringer Heimatschutz, Anti-Antifa und Blood & Honour haben könnten. Die im Rahmen der durchgeführten elektronischen Aktenrecherche aufgefundenen Dokumente wurden dem "2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des 17. Deutschen Bundestages" sowie dem Landtag von Sachsen-Anhalt zur Verfügung gestellt. 23
  • einem Propagandafilm der bis dahin unbekannten rechtsextremistischen Gruppierung NSU gefunden, der ebenfalls Hinweise auf die Taten des NSU enthält
  • dafür, dass MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE die Gründung des NSU zuzurechnen ist. 3.5.1 Verbindungen des NSU zu weiteren Rechtsextremisten Seit
  • Haftbefehl gegen einen Teil der Verdächtigen. 3.5.2 Verbindungen des NSU nach Niedersachsen Mit Holger G. befindet sich unter den mutmaßlichen
  • Unterstützern des NSU ein in Niedersachsen wohnhafter Rechtsextremist. Im Zuge der Ermittlungen wurde bekannt, dass ein Wohnmobil, das die Täter
  • diesem Zusammenhang unauffällig verhalten. Konkrete Erkenntnisse über Verbindungen des NSU zu weiteren Angehörigen der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen liegen nicht
Rechtsextremismus 103 Tatwaffen sichergestellt. Ferner wurden mehrere DVDs mit einem Propagandafilm der bis dahin unbekannten rechtsextremistischen Gruppierung NSU gefunden, der ebenfalls Hinweise auf die Taten des NSU enthält. Die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft ergaben weitere Belege dafür, dass MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE die Gründung des NSU zuzurechnen ist. 3.5.1 Verbindungen des NSU zu weiteren Rechtsextremisten Seit Bekanntwerden der Gruppierung konnten Verbindungen zu weiteren Personen aus der rechtsextremistischen Szene nachgewiesen werden. Gegen sie besteht der Verdacht, MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE nach ihrem Untertauchen unterstützt zu haben. Die Generalbundesanwaltschaft erweiterte das Ermittlungsverfahren entsprechend und erließ Haftbefehl gegen einen Teil der Verdächtigen. 3.5.2 Verbindungen des NSU nach Niedersachsen Mit Holger G. befindet sich unter den mutmaßlichen Unterstützern des NSU ein in Niedersachsen wohnhafter Rechtsextremist. Im Zuge der Ermittlungen wurde bekannt, dass ein Wohnmobil, das die Täter bei zwei ihrer Taten genutzt haben, auf die Personalien von G. angemietet worden war. Außerdem steht G. im Verdacht, den Haupttätern eine Schusswaffe übergeben zu haben. G., der 1997 nach Niedersachsen zog, stammt ebenso wie MUNDLOS, BÖHNHARDT und ZSCHÄPE aus Jena. Alle Genannten gehörten in den 1990er Jahren der damaligen Kameradschaft Jena an, die sich dem Thüringer Heimatschutz (THS), einem von 1997 bis 2002 bestehenden überregionalen Zusammenschluss von Rechtsextremisten in Thüringen, anschloss. Nach G.s Umzug nach Niedersachsen fielen über ihn einzelne Erkenntnisse an, die auf eine ab Ende 1999 bestehende Zugehörigkeit zur rechtsextremistischen Szene in Hannover schließen lassen. Im Zeitraum von Ende 1999 bis 2004 nahm G. mehrfach an Demonstrationen und Musikveranstaltungen der rechtsextremistischen Szene teil. G. hat sich über Jahre in der rechtsextremistischen Szene Hannovers bewegt. Seit dem Jahr 2005 hat er sich in diesem Zusammenhang unauffällig verhalten. Konkrete Erkenntnisse über Verbindungen des NSU zu weiteren Angehörigen der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen liegen nicht vor und sind abhängig vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwaltes.
  • Proteste in Rostock anlässlich der Urteilsverkündung im NSU-Prozess Am 11. Juli 2018 verkündete das Oberlandesgericht München die Urteile
  • NSU-Prozess. Neben der Hauptangeklagten, Beate Zschäpe, die wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, ergingen auch
  • dann, als Reaktion auf die Verkündung der Urteile im NSU-Prozess, bundesweit zu angemeldeten sowie spontanen Demonstrationen und Aktionen
  • erfolgte die Aktion in Gedenken an die Opfer des NSU. Im weiteren Text wird dem Staat ein Versagen
5.3 Proteste in Rostock anlässlich der Urteilsverkündung im NSU-Prozess Am 11. Juli 2018 verkündete das Oberlandesgericht München die Urteile im NSU-Prozess. Neben der Hauptangeklagten, Beate Zschäpe, die wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, ergingen auch zu den vier Mitangeklagten Urteile mit Haftstrafen. Bereits im Vorfeld der Urteilsverkündung gab es in den sozialen Medien Aufrufe, am "Tag X" auf die Straße zu gehen. Am 11. Juli 2018 kam es dann, als Reaktion auf die Verkündung der Urteile im NSU-Prozess, bundesweit zu angemeldeten sowie spontanen Demonstrationen und Aktionen, an denen sich auch zahlreiche Linksextremisten beteiligten. Bereits in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 2018 überklebten Unbekannte mehrere Straßenschilder in Rostock. Über die "Straßenumbenennung" wurde auf mehreren einschlägigen Seiten in den sozialen Medien berichtet und in diesem Zusammenhang nochmals zur Teilnahme an der angekündigten Demonstration zum "Tag X" am 11. Juli 2018 in Rostock aufgerufen.104 Auf der Internetseite "de.indymedia.org" veröffentlichte eine sogenannte "Initiative verschiedener Gruppen aus Rostock" einen Artikel zu dieser Aktion105. Demnach erfolgte die Aktion in Gedenken an die Opfer des NSU. Im weiteren Text wird dem Staat ein Versagen bei den Ermittlungen und eine Tatbeteiligung staatlicher Stellen vorgeworfen, welche nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Von einem Staat müsse Aufklärung verlangt werden, aber von einem rassistischen Staat könne keine Aufklärung erwartet werden. Die Konsequenz könne deshalb nur sein, gemeinsam für eine andere Gesellschaft zu kämpfen. 104 Bspw. Facebook-Seite der IL Rostock vom 11.07.2018 und Facebook-Seite der Bad Kids Rostock vom 11.07.2018, abgerufen am 11.07.2018. 105 Internetseite "de.indymedia.org": "Kein Schlussstrich - Straßenumbenennungen in Rostock" vom 11.07.2018, abgerufen am 04.01.2019. -- 81 --
  • Bundesebene ein zweiter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ("Terrorgruppe NSU II") beschlossen worden. Dieser beschloss in seiner 22. Sitzung am 9. Juni
  • Strafrechtsexperte war in dieser Funktion bereits für den ersten NSU-Untersuchungsausschuss auf Bundesebene sowie für mehrere Länder tätig gewesen
  • Hamburg ergaben sich bisher Hinweise auf ein Unterstützerumfeld des NSU in Hamburg noch eine Kenntnis oder
  • Mitwirkung von Hamburger Rechtsextremisten an den Planungen und Taten des NSU-Trios. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse sind unter anderem
Rechtsextremismus Bereits Ende des Jahres 2015 war auf Bundesebene ein zweiter Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ("Terrorgruppe NSU II") beschlossen worden. Dieser beschloss in seiner 22. Sitzung am 9. Juni 2016, mit Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg einen Ermittlungsbeauftragen einzusetzen, der seitdem bundesweit Gespräche führt. Der Jurist, ehemalige Richter und Strafrechtsexperte war in dieser Funktion bereits für den ersten NSU-Untersuchungsausschuss auf Bundesebene sowie für mehrere Länder tätig gewesen. Am 31. Januar 2017 besuchte der Ermittlungsbeauftragte auch das LfV Hamburg für ein Gespräch mit Vertretern des Hauses, in dem er über den aktuellen Erkenntnisstand informiert wurde. Das LfV Hamburg hat die Arbeit der Untersuchungsausschüsse umfassend durch die Zulieferung angeforderter Unterlagen unterstützt. Weder aus dem am 5. Mai 2015 veröffentlichten Bericht des Sachverständigen Jerzy Montag (Drucksache 18/6545 vom 4. November 2015) noch aus der intensiven Arbeit der Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern sowie umfangreicher Recherchen und Nachforschungen durch das LfV Hamburg ergaben sich bisher Hinweise auf ein Unterstützerumfeld des NSU in Hamburg noch eine Kenntnis oder Mitwirkung von Hamburger Rechtsextremisten an den Planungen und Taten des NSU-Trios. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse sind unter anderem in den Hamburger Verfassungsschutzberichten seit dem Jahr 2012 sowie zahlreichen weiteren, offen zugänglichen Parlamentsdrucksachen umfangreich dokumentiert. 4.2 Aktuelle Ansätze für rechtsterroristische Bestrebungen in Deutschland und Maßnahmen der Sicherheitsbehörden Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Übergriffe und Gewalttaten gegen Asylbewerberunterkünfte und dort lebende Asylbewerber lag auch 2016 mit 915 Straftaten (Stand 22. Dezember 2016) auf einem vergleichsweise hohen Niveau (2015: 923). Insbesondere die islamistisch motivierten Terroranschläge von Würzburg, Ansbach und auf den Berliner Weihnachtsmarkt ( II.4.1) sowie Straftaten, die mutmaßlich oder tatsächlich von Ausländern begangen worden waren, wurden in der rechtsextremistischen Szene für eine pauschale Anti-Asyl-Agitation genutzt. Auf rechtsextremistischen Internet141
  • Darüber hinaus werwalttaten unter Beweis stellen wollen. den dem NSU 15 bewaffnete RaubAuch ist langfristig nicht auszuschließen, überfälle zur Last
  • Ländern stehen mistischen Spektrums den Terrorismus seit der Aufdeckung des NSU-Komals Handlungsoption in Erwägung zieht, plexes im November
  • öffentNachahmer des NSU hervorgehen lichen Kritik. Die Sicherheitsbehörden könnten. in Deutschland müssen selbstkritisch einräumen, dass ihnen die Existenz
  • NSU bis zu diesem Zeitpunkt verbor1.2 STARKER RÜCKGANG BEI gen geblieben war. Inzwischen wurden RECHTSEXTREMISTISCHEN Reformen, die insbesondere eine verSKINHEADKONZERTEN
  • haben ErkenntSkinheadkonzerte in Baden-Württemnisse aus der Aufarbeitung der NSUberg immer wieder auf entschiedenen Morde deutlich gemacht, dass auch
RECHTSEXTREM ISM US dem Anschlag am 25. April 2007 in besteht das Risiko, dass radikalisierte Heilbronn waren eine Polizeibeamtin Einzeltäter oder Kleinstgruppen die getötet und ihr Streifenkollege schwer eigene Handlungsfähigkeit durch Geverletzt worden. Darüber hinaus werwalttaten unter Beweis stellen wollen. den dem NSU 15 bewaffnete RaubAuch ist langfristig nicht auszuschließen, überfälle zur Last gelegt.4 dass aus dem - zahlenmäßig zwar eher geringen - Personenpotenzial, das inNicht zuletzt die Verfassungsschutzbenerhalb des gewaltbereiten rechtsextrehörden von Bund und Ländern stehen mistischen Spektrums den Terrorismus seit der Aufdeckung des NSU-Komals Handlungsoption in Erwägung zieht, plexes im November 2011 in der öffentNachahmer des NSU hervorgehen lichen Kritik. Die Sicherheitsbehörden könnten. in Deutschland müssen selbstkritisch einräumen, dass ihnen die Existenz des NSU bis zu diesem Zeitpunkt verbor1.2 STARKER RÜCKGANG BEI gen geblieben war. Inzwischen wurden RECHTSEXTREMISTISCHEN Reformen, die insbesondere eine verSKINHEADKONZERTEN besserte Zusammenarbeit der SicherDie Zahl der rechtsextremistischen heitsbehörden gewährleisten sollen, Skinheadkonzerte in Baden-Württemeingeleitet und teilweise bereits umberg sank 2014 auf drei (2013: acht) gesetzt. Ziel ist es, zukünftig die Entund hat sich damit im Vergleich zum stehung und das unentdeckte Agieren Vorjahr mehr als halbiert. Das ist der militanter und terroristischer Zirkel zu niedrigste Wert seit 1997 (damals zwei). verhindern. Auch die durchschnittliche Konzertbesucherzahl lag mit ca. 80 deutlich Nach wie vor gibt es in Baden-Würtunter dem Wert von 2013 (ca. 120). temberg keine konkreten Hinweise auf rechtsterroristische Gruppierungen und Generell stoßen rechtsextremistische Strukturen. Dennoch haben ErkenntSkinheadkonzerte in Baden-Württemnisse aus der Aufarbeitung der NSUberg immer wieder auf entschiedenen Morde deutlich gemacht, dass auch im Widerstand aus der Gesellschaft und Bereich Rechtsextremismus die Bilsind Ziel staatlicher Maßnahmen zur dung terroristischer Gruppen, insbeVerhinderung bzw. Kontrolle derartisondere in Zellenstruktur, nicht ausger Veranstaltungen. Damit, und mit geschlossen werden darf. Grundsätzlich dem daraus resultierenden Ausweichen 150 4 Weitere Hintergrundinformationen enthält Abschnitt 3.1 dieses Kapitels.
  • Mäxchen Treuherz und die juristischen Fußangeln". Nach der Aufdeckung der NSU-Mordserie hatte es Spekulationen über Kontakte Pahls
  • NSU-Trio gegeben. ( VSB 2014, S. 179f.) Es gibt jedoch weiterhin keine Hinweise auf eine direkte, persönliche Verbindung der Juristin
  • Mitgliedern des NSU-Trios. Nachdem die Homepage des DRB geschlossen worden war, übernahm Pahl mit ihrer 2012 eingerichteten Internetseite
Rechtsextremismus Betroffenen auf das DRB verwiesen und ein - nicht funktionierender - Link geschaltet. Das DRB sah seine Aufgabe darin, durch Schulungen, Vorträge sowie die Herausgabe eines "Rechtsratgebers" und sonstige Veröffentlichungen juristische Beratung und vorbeugende Aufklärungsarbeit für die rechtsextremistische Szene zu leisten. Es informierte über rechtliche Neuentwicklungen, gab Tipps zum Verhalten gegenüber Strafverfolgungsbehörden und vermittelte Betroffenen in "politischen Verfahren" erfahrene, "national" eingestellte Rechtsanwälte. Es half außerdem bei der rechtlichen Überprüfung von Veröffentlichungen, insbesondere von Liedtexten aus der "Rechtsrock"-Szene im Hinblick auf strafrechtlich relevante Inhalte. Szeneweit bekannt ist der "Rechtsratgeber" "Mäxchen Treuherz und die juristischen Fußangeln". Nach der Aufdeckung der NSU-Mordserie hatte es Spekulationen über Kontakte Pahls und des DRB zum NSU-Trio gegeben. ( VSB 2014, S. 179f.) Es gibt jedoch weiterhin keine Hinweise auf eine direkte, persönliche Verbindung der Juristin zu Mitgliedern des NSU-Trios. Nachdem die Homepage des DRB geschlossen worden war, übernahm Pahl mit ihrer 2012 eingerichteten Internetseite die Aufgabe, Gruppen und Personen "am Rande des politischen Spektrums" rechtlich zu beraten und "Rechtstipps" zu erteilen. Die Homepage wird technisch von einem Rechtsextremisten aus Bayern betreut, der mit seinem Versandhandel einschlägige Produkte vertreibt. Die Internetseite Pahls wird - wie zuvor die des DRB - von Rechtsextremisten als Quelle zur Rechtsschulung genutzt. So veröffentlichte der Landesverband Brandenburg der Partei "DIE RECHTE" Beiträge der "politisch unkorrekten Rechtsanwältin" als "Rechtstipps". Darüber hinaus unterstützt Pahl rechtsextremistische Gruppierungen und bekannte Rechtsextremisten bei der Durchsetzung rechtlicher Angelegenheiten. Pahl ist auch als Referentin bei rechtsextremistischen Veranstaltungen gefragt. So trat sie nach Medienberichten am 14.03.2015 auf der "Frühjahrstagung" des rechtextremistischen "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V." in Kirchmöser (Brandenburg) als Rednerin zum Thema "Wahn - überall Wahn" auf. 190
  • rechtsextremistischen Szene blieb die CD weitgehend unkommentiert. Solidarität für mutmaßlichen NSU-Unterstützer "Solidarität Vol. 4" Für mehr Aufsehen sorgte dagegen
  • Band "Tätervolk" beteiligten, sollte neben Horst Mahler auch der mutmaßliche NSU-Terrorhelfer Ralf Wohlleben ideell und materiell unterstützt werden
  • Unterstützung eines der wichtigsten mutmaßlichen Helfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) wirft ein bezeichnendes Licht auf die rechtsextremistische Musikszene und eine
  • Teilen offensichtlich vorhandene Sympathie für die Taten des NSU und deren Helfer. Neben den Sampler-Beiträgen von "Tätervolk
70 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 Sowohl innerals auch außerhalb der rechtsextremistischen Szene blieb die CD weitgehend unkommentiert. Solidarität für mutmaßlichen NSU-Unterstützer "Solidarität Vol. 4" Für mehr Aufsehen sorgte dagegen ein rechtsextremistischer Sampler mit dem Titel "Solidarität Vol. 4". Mit der CD, an der sich neben der "Lunikoff-Verschwörung" noch 15 weitere rechtsextremistische Bands und Einzelinterpreten, darunter auch die Berliner Band "Tätervolk" beteiligten, sollte neben Horst Mahler auch der mutmaßliche NSU-Terrorhelfer Ralf Wohlleben ideell und materiell unterstützt werden. So enthält das Lied "Solidarität" der Band SKD44 beispielsweise eine Solidaritätsadresse, in der wörtlich "Freiheit für Wolle45" gefordert wird. Dem Facebook-Eintrag eines thüringischen Rechtsextremisten zufolge soll zudem das gesamte mit dem Vertrieb der CD eingenommene Geld Wohlleben zugute kommen. Diese Unterstützung eines der wichtigsten mutmaßlichen Helfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) wirft ein bezeichnendes Licht auf die rechtsextremistische Musikszene und eine dort in Teilen offensichtlich vorhandene Sympathie für die Taten des NSU und deren Helfer. Neben den Sampler-Beiträgen von "Tätervolk" und der "LunikoffVerschwörung" brachte auch die Band "Punk Front" drei neue Lieder heraus, die sie auf der Split-CD "Angry, young and punk" gemeinsam mit der rechtsextremistischen Band "Angry Bootboys" aus Nordrhein-Westfalen veröffentlichte. "Lunikoff"-Konzerte als rechtsextremistische Großveranstaltungen Vermarktung durch Im Mittelpunkt der Aktivitäten Berliner Bands stand im vergangeLive - Auftritte nen Jahr allerdings weniger die Veröffentlichung neuer Tonträger als vielmehr die Vermarktung ihrer Musik im Rahmen von Liveauftritten. Als Zugpferd erwies sich dabei einmal mehr "Die LunikoffVerschwörung". Die Band trat gemeinsam mit anderen Bands bei mehreren Großveranstaltungen wie etwa am 5. Mai beim so ge44 Die Abkürzung SKD steht für "Sonderkommando Dirlewanger". Dieses "Sonderkommando" war eine SS-Einheit unter der Leitung Oskar Dirlewangers, die während des Zweiten Weltkrieges für eine Vielzahl von Kriegsverbrechen verantwortlich war. 45 Bei "Wolle" handelt es sich um den Spitznamen Wohllebens.
  • Sicherheitsbehörden in Deutschland haben im Fall des NSU tatsächlich versagt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Verfassungsschutz
  • stand mit diesen Fehlern nicht allein. Seit 2011 wird der NSU-Komplex von Regierungen und Parlamenten mit Kommissionen und Untersuchungsausschüssen
  • auch Polizei, Justiz und Dienstaufsichtsbehörden bei der Aufklärung der NSU-Terrorzelle teils schwere Fehler und Versäumnisse vorhalten lassen müssen
  • Lehre aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall des NSU sein kann. Wir stehen derzeit in der Gefahr, dass Kind
Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Verbrechen zu verhindern? Dem Verfassungsschutz bläst der Wind der öffentlichen Meinung vor diesem Hintergrund derzeit frontal ins Gesicht. Was ist dem entgegenzuhalten? Zunächst das klare Eingeständnis: Ja, die Sicherheitsbehörden in Deutschland haben im Fall des NSU tatsächlich versagt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Verfassungsschutz stand mit diesen Fehlern nicht allein. Seit 2011 wird der NSU-Komplex von Regierungen und Parlamenten mit Kommissionen und Untersuchungsausschüssen umfassend aufgearbeitet. Mindestens das sind wir allein schon den Opfern des rechten Terrors und ihren Angehörigen schuldig, die zu Recht Antworten auf die Frage verlangen, wie sich diese beispiellose Mordserie in unserer Demokratie ereignen konnte. Mittlerweile liegen erste Ergebnisse dieser Untersuchungen auf dem Tisch; zum Beispiel der "Schäfer-Bericht" aus dem Freistaat Thüringen. Er kommt zu dem Schluss, dass sich sowohl der Verfassungsschutz als auch Polizei, Justiz und Dienstaufsichtsbehörden bei der Aufklärung der NSU-Terrorzelle teils schwere Fehler und Versäumnisse vorhalten lassen müssen. Das macht die Sache nicht besser, im Gegenteil, zeichnet aber auf der Grundlage der tatsächlichen Abläufe der Ereignisse ein differenzierteres Bild, das mit zahlreichen Fakten, Dokumenten und Zeugenaussagen untersetzt wird. Es sind viele Fehler gemacht worden - von vielen beteiligten Stellen und Behörden. Es lohnt, diese und andere mittlerweile vorliegenden Untersuchungen nachzulesen, weil die Aufhellung der Frage, wie "es" geschehen konnte, mittlerweile weiter vorangeschritten ist, als dies öffentlich manchmal wahrgenommen wird. Dennoch würde vor dem Hintergrund dieses offenkundigen und eindeutig belegten Versagens niemand die Abschaffung etwa von Polizei und Staatsanwaltschaften verlangen. Für sie gilt wie selbstverständlich und richtigerweise, dass verlangt wird, aus den gemachten Fehlern für die Zukunft zu lernen. Ganz anders verhält es sich vielfach mit dem Verfassungsschutz: Die Konsequenz aus seinen Fehlern müsse, so viele Kritiker, nicht ein besserer sondern am besten gar kein Verfassungsschutz mehr sein. In diesem Sinne hat sich in der "Süddeutschen Zeitung" auch der bekannte Publizist Heribert Prantl geäußert. Ich denke, dass dies nicht die richtige Lehre aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall des NSU sein kann. Wir stehen derzeit in der Gefahr, dass Kind mit dem Bade auszuschütten. Denn der Verfassungsschutz dient derzeit auch als willkommener und oftmals auch alleiniger "Blitz- 8