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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Hier arbeitete sie mit anderen linksextremistischen Akteuren wie der Antifa Kiel zusammen, mit der sie offen in den sozialen Medien
VII Linksextremistische Bestrebungen In Schleswig-Holstein lagen im Berichtsjahr keine Erkenntnisse vor, dass die hier vorhandenen Ortsgruppen eine nennenswerte Rolle im Zusammenhang mit der Klimabewegung spielten. In Schleswig-Holstein war erneut die linksextremistische TKKG die aktivste Gruppe im Bereich der Klimabewegung. Und erneut zeigte sich, dass sie entgegen ihrer Namensbezeichnung nicht nur klimapolitische Forderungen vertrat, sondern darüber hinaus in vielen linksextremistischen Themenbereichen aktiv war. Das unterscheidet sie von anderen Klimagruppen. Im Berichtsjahr beteiligte sich die TKKG sowohl am 3. März als auch am 15. September am Antikapitalistischen Block der im Ganzen nicht extremistischen Fridays for Future (FFF)-Demonstrationen. Hier arbeitete sie mit anderen linksextremistischen Akteuren wie der Antifa Kiel zusammen, mit der sie offen in den sozialen Medien für die Demos warb.53 Die Kooperation zeigt, dass sich die TKKG nicht von den linksextremistischen Positionen der anderen Gruppen distanziert, sondern diese wenigstens billigt und somit unterstützt. Deutlich wurde dieser Zusammenhalt auch in ihrem veröffentlichten Redebeitrag54 zum Antikapitalistischen Block am 15. September. Darin hob die TKKG die Gemeinsamkeit der beteiligten politischen Akteure und damit auch der extremistischen Gruppierungen hervor und forderte, sich miteinander zum Schutz vor der "Repressionsmaschinerie" zu solidarisieren. Dabei unterstützt die TKKG Protestformen, die den legalen Rahmen verlassen und übertritt selbst auch rechtliche Grenzen. So beteiligte sich die TKKG am 3. März im Rahmen der FFF-Demonstration an einer Straßenblockade, die später durch die Polizei aufgelöst werden musste.55 53 X-Seite TKKG, Beitrag vom 05.03.2023, abgerufen am 16.11.2023. 54 Internetseite TKKG, abgerufen am 30.01.2024. 55 Internetseite TKKG, abgerufen am 16.11.2023. Seite 222
  • Teil unfriedlich verliefen. In Kiel rief die Antifa Kiel zu einer Solidaritätsdemonstration für die Verurteilten auf, an der 130 Personen
VII Linksextremistische Bestrebungen anzuwenden, sobald der Staat ihrer Ansicht nach versagt und die rechtsextremistische Szene nicht ausreichend bekämpft. Anlässlich der Urteilsverkündung am 31. Mai fanden bundesweit Versammlungen statt, die zum Teil unfriedlich verliefen. In Kiel rief die Antifa Kiel zu einer Solidaritätsdemonstration für die Verurteilten auf, an der 130 Personen des linksextremistischen, aber auch des bürgerlichen Spektrums teilnahmen. Vereinzelt wurden Pyrotechnik und Rauchfackeln gezündet, die Demo blieb jedoch friedlich. In Lübeck kam es hingegen zu einer unfriedlichen Reaktion der linksextremistischen Szene. Hierbei formierte sich am Abend des 31. Mai ein unangemeldeter Demonstrationszug, der sich mit ca. 50 schwarz gekleideten, zum Teil vermummten Teilnehmenden überwiegend aus dem undogmatischen Spektrum durch die Lübecker Innenstadt bewegte. Hierbei kam es vermehrt zu Sachbeschädigungen und dem Einsatz von Rauchtöpfen und Feuerwerkskörpern gegen eingesetzte Polizeikräfte. Die Polizei nahm daraufhin Personenfeststellungen vor. Im Nachgang zu dieser Demonstration fanden in Lübeck mehrere Veranstaltungen statt, welche sich an die Teilnehmenden der Demonstration richteten. Die Anarchistische Gruppe Lübeck (AGL) organisierte gemeinsam mit dem Ermittlungsausschuss57 Hamburg einen Vortrag zum Thema "Was tun bei Kontakt mit der Polizei". Zusätzlich organisierten die Gruppen La Rage und Basisantifa Lübeck am 16. September eine Soliparty für die sogenannten Betroffenen der Demonstration am Tag der Urteilsverkündung. Einen weiteren Vortrag organisierte die AGL gemeinsam mit dem Ermittlungsausschuss Hamburg zum Thema "Verhalten bei Hausdurchsuchungen". 57 Ermittlungsausschüsse sind Strukturen im Themenbereich Antirepression, die insbesondere vor, während und nach konkreten Aktionen den Betroffenen von ihrer Ansicht nach staatlicher Repression unterstützend zur Seite stehen. Seite 225
  • Zielerreichung Schwerpunkte linksextremistischer Agitation liegen grundsätzlich auf den Themenfeldern Antifaschismus und Antirassismus sowie Antikapitalismus und Antirepression. Entsprechende Begriffsbestimmungen nach linksextremistischem
X Hintergrund soll künftig eine freie Vereinigung von Einzelpersonen und Gruppen ohne Zwangsorganisationen treten, ohne geschriebene Gesetze, Polizei, Militär, Gerichte oder Gefängnisse. In einer solchen Gesellschaft sollen die Menschen aufgrund freiwilliger Verträge harmonisch miteinander leben. Die anarchistische Gesellschaft ist auf der Basis völliger Freiwilligkeit geordnet. In Schleswig-Holstein gehören dazu die Graswurzelbewegung und die Freie Arbeiterinnenund Arbeiter-Union (FAU). Besetzung von gesellschaftlich anerkannten Themenfeldern zur Zielerreichung Schwerpunkte linksextremistischer Agitation liegen grundsätzlich auf den Themenfeldern Antifaschismus und Antirassismus sowie Antikapitalismus und Antirepression. Entsprechende Begriffsbestimmungen nach linksextremistischem Verständnis befinden sich im Teil Linksextremismus72 dieses Berichts. Linksextremisten nutzen für ihre Themenfelder positiv besetzte Begriffe, die im zivilgesellschaftlichen Spektrum anerkannt sind und somit eine hohes Anschlusspotenzial an dieses Spektrum haben. Sie deuten diese positiv besetzten Begriffe auf ihre extremistische Zielsetzung und versuchen darüber, bürgerliches Personenpotenzial für ihre Zwecke zu gewinnen. 2.4 Merkmale extremistischer Bestrebungen mit Auslandsbezug Die Aktivitäten der extremistischen Organisationen mit Auslandsbezug in Deutschland werden maßgeblich beeinflusst durch die aktuellen Ereignisse in den jeweiligen Herkunftsländern und durch 72 Vgl. Kapitel VII.1.2.2, 1.3, 2.1 Seite 313
  • Antirassismus" steht in engem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Themenfeld "Antifaschismus". Mit antirassistischen Positionen von Linksextremisten ist stets auch eine fundamentale
2015 und 2016. Die Anschläge in Halle (Sachsen-Anhalt, 2019)99, das Attentat eines hessischen Rechtsextremisten auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Jahr 2019 sowie der von einem Rassisten in Hanau (Hessen) im Februar 2020 verübte Mord an neun Personen mit Migrationshintergrund bestätigten diese Wahrnehmung zusätzlich. Aus Sicht der linksextremistischen Szene hat in den vergangenen Jahren ein "Rechtsruck" in der Gesellschaft stattgefunden, der rechtsextremistische und rassistische Positionen in einem "ungeahnten Ausmaß" gesellschaftsfähig gemacht habe. Demnach fänden sich derartige Einstellungen nicht mehr allein bei Neonationalsozialisten, sondern vor allem auch bei der "Neuen Rechten". In diesem Kontext wurde insbesondere auch die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) als "faschistische" und "rassistische" Partei wahrgenommen. Linksextremisten beteiligten sich deshalb in den vergangenen Jahren regelmäßig an Protestaktionen gegen diese Partei und verübten Angriffe auf Parteibüros, Geschäftsstellen, Privatfahrzeuge und Wohnhäuser. Immer wieder kam es aber auch zu direkten Angriffen auf Mitglieder oder Sympathisanten der Partei. "Antirassismus / Asyl" Der von AUTONOMEN verwendete Begriff "Antirassismus" steht in engem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Themenfeld "Antifaschismus". Mit antirassistischen Positionen von Linksextremisten ist stets auch eine fundamentale Kritik am demokratischen Rechtsstaat und dessen Institutionen verbunden. Staatlichen Akteuren wird z. B. mit Blick auf die deutsche und europäische Asylpolitik, zu der auch Abschiebungen gehören, ein systemimmanenter "institutioneller Rassismus" unterstellt. "Antirepression" Der "Kampf gegen staatliche Repression" ist ein klassisches Aktionsfeld von Linksextremisten, mit dem der demokratische Rechtsstaat delegitimiert werden soll. Dieser Kampf wird als ein gerechtfertigtes Mittel verstanden, um die angeblich herrschende "Gewalt des Systems" aufzubrechen. Als Repressionsorgane werden alle Institutionen betrachtet, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen und damit aus Sicht von Linksextremisten die Aufrechterhaltung des "herrschenden Systems" sicherstellen. "Kampf um Freiräume" und gegen "Gentrifizierung" Im Berichtsjahr war der Kampf um "selbstbestimmte Freiräume" und gegen soziale Verdrängungsprozesse in Städten ebenfalls ein Themenfeld der linksextremistischen Szene. In "Freiräumen", wie etwa besetzten Häusern oder Jugendzentren, die dem staatlichen Zugriff entzogen und "selbstverwaltet" werden sollen, wollen die Akteure ihre Vorstellungen von einem "besseren" Leben umsetzen. Dort werden die für die politische Arbeit unerlässliche Infrastruktur bereitgestellt und der Informationsaustausch innerhalb der Szene unterstützt. Solche "Freiräume" stellen für sie einen ersten Schritt zur Etablierung der von ihnen angestrebten "herrschaftsfreien" Gesellschaft dar. Insofern werten sie Einschränkungen stets als Angriff gegen die Verwirklichung ihrer Zielsetzungen. Linksextremisten beanspruchen eine Hegemonie in "ihrem Viertel", welche häufig in eine Ausgrenzung von Personen mündet, deren Wertvorstellungen nicht mit ihren eigenen übereinstimmen. Auch auf behördliche Maßnahmen, die sich gegen ihre "Freiräume" richten, reagieren sie umgehend und aggressiv. 99 Im Oktober 2019 versuchte der Rechtsextremist Stephan B. in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt schwer bewaffnet in eine Synagoge einzudringen. Am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur wollte er dort offenbar ein Massaker anrichten, scheiterte jedoch an der verriegelten Eingangstür. Daraufhin tötete er außerhalb der Synagoge zwei Menschen und verletzte bei seiner Flucht zwei weitere. Seite 129 von 242
  • Motto "Gegen Demoverbote - Für die Freiheit aller verfolgten Antifaschist*innen und einen Solidarischen Kiez" gruppierten sich ca. 750 Personen, darunter
linksextremistischen Gruppierungen ROTES DRESDEN103 und JUGEND IM KAMPF104 beteiligten sich mit Transparenten, erstere mit der Aufschrift "Krieg den deutschen Zuständen" und letztere mit "Für eine revolutionäre Jugendbewegung - Für eine Jugend im Kampf". Aktivitäten von Linksextremisten am 2. Juni: Tag vor dem "Tag X" Zu einer nicht angezeigten Versammlung unter dem Motto "Gegen Demoverbote - Für die Freiheit aller verfolgten Antifaschist*innen und einen Solidarischen Kiez" gruppierten sich ca. 750 Personen, darunter Linksextremisten, in Leipzig-Connewitz. Der Großteil der Personen führte diverse Wurfgegenstände (Pflastersteine, etc.) mit. In den Nachtstunden wurden im Bereich des Connewitzer Kreuzes immer wieder Barrikaden errichtet und entzündet sowie Mülltonnen und Verkehrseinrichtungen in Brand gesetzt. Einsatzkräfte und Fahrzeuge der Polizei waren einem massiven Bewurf ausgesetzt, außerdem wurde ein Laserpointer gegen den Piloten eines Polizeihubschraubers eingesetzt. Aktivitäten von Linksextremisten am 3. Juni: "Tag X" Für das Ereignisgeschehen "Tag X" hatte die Stadt Leipzig Versammlungen mit direktem Bezug zum Prozess verboten. In der Leipziger Südvorstadt sammelten sich am 3. Juni zur angemeldeten Versammlung "Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig" über 1.500 Personen, darunter mehrere Hundert Linksextremisten.105 Aufgrund von Angriffen gegen Polizeibeamte durch Bewurf mit Steinen und Pyrotechnik wurde die Versammlung durch den Versammlungsleiter vorzeitig beendet. In der Folge wurden kontinuierlich weitere Straftaten verübt, indem die polizeilichen Einsatzkräfte und Dienstfahrzeuge mittels eines Brandsatzes, Pyrotechnik und Steinen beworfen wurden. Am Abend wurde gegen die an den gewalttätigen Ausschreitungen mutmaßlich beteiligten Personen ein Ermittlungsverfahren u. a. wegen des Anfangsverdachts des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall eingeleitet. Zu diesem Zweck wurde durch den vor Ort anwesenden Staatsanwalt die Identitätsfeststellung von über 1.300 Personen angeordnet. Aktivitäten von Linksextremisten als Reaktion auf den "Tag X" Die linksextremistische Szene reflektierte das Ereignisgeschehen im Nachgang. Seither wurde mehrfach bei Veranstaltungen und in Internetpublikationen auf die Folgen der staatlichen Maßnahmen an diesem Tag eingegangen. Am 4. und 5. Juni wurde der diesbezügliche Protest bei Veranstaltungen in Leipzig deutlich. Der linksextremistische ROTE HILFE E.V.106 beschäftigte sich damit, den von der "staatlichen Repression" betroffenen Personen (Identitätsfeststellungen, Inhaftierungen) Rechtsbeistände zu vermitteln und die konfiszierten Telefone zurück zu erhalten. Im Juli, September und Oktober wurden öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen zur moralischen und finanziellen Unterstützung der Betroffenen unter Beteiligung von Linksextremisten in Leipzig fortgesetzt. Ereignisgeschehen anlässlich von Körperverletzungsdelikten am "Tag der Ehre" in Budapest (Ungarn) Vom 9. bis 11. Februar kam es in Budapest abseits der für europäische Rechtsextremisten relevanten Versammlungslage "Tag der Ehre" zu mehreren mutmaßlich linksextremistisch motivierten Körperverletzungsdelikten zum Nachteil vermeintlicher Veranstaltungsteilnehmer. 103 vgl. Beitrag II.4.6.1.2 ROTES DRESDEN 104 vgl. Beitrag II.4.6.1.1 ROTE W ENDE LEIPZIG 105 In der Erstveröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2023 vom 28. Mai 2024 hat das LfV Sachsen versehentlich eine falsche Teilnehmerzahl (ca. 1.000 Personen) angegeben. Nach einem entsprechenden Hinweis hat das LfV Sachsen diese Zahl umgehend berichtigt. 106 vgl. Beitrag II.4.7 ROTE HILFE E. V. Seite 135 von 242
  • unsere Leute nicht still und heimlich erdulden. Der Antifaschismus ist so notwendig wie eh und je, und er lässt sich
Bei einem Großteil der identifizierten Tatverdächtigen handelt es sich um deutsche Staatsangehörige, welche sich seither der Feststellung durch Sicherheitsbehörden zu entziehen versuchten. Dennoch mündeten die polizeilichen Ermittlungen in der Festnahme mehrerer Tatverdächtiger. Am 11. Dezember wurde in Deutschland ein Haftbefehl gegen einen der Tatverdächtigen vollstreckt und dessen Untersuchungshaft in der JVA Dresden angeordnet. Am 14. Dezember wurde unter Beteiligung von Linksextremisten eine Kundgebung vor der JVA Dresden anlässlich des Geburtstages des Inhaftierten veranstaltet. Die linksextremistische Szene kritisierte im Berichtsjahr das polizeiliche Agieren und den ungarischen Staat in diesem Kontext vehement und zeigte sich solidarisch mit den "untergetauchten" Tatverdächtigen. ROTES DRESDEN forderte beispielsweise auf der SocialMedia-Plattform "X" (vormals Twitter): "Stoppt den Staatsterror! Solidarität mit allen Untergetauchten!", während die ORTSGRUPPE LEIPZIG der ROTEN HILFE in einem Aufruf auf "X" verdeutlichte: "Wir werden die Jagd der Behörden auf unsere Leute nicht still und heimlich erdulden. Der Antifaschismus ist so notwendig wie eh und je, und er lässt sich nicht verbieten und nicht einsperren!" AUTONOME SZENEN im Freistaat Sachsen Die AUTONOME SZENE dominiert den Linksextremismus im Freistaat Sachsen deutlich. Ihr gehörten im Berichtsjahr ca. 450 Personen an (2022: ca. 520 Personen)107. Dies entspricht einem Anteil von etwa 50 Prozent an allen linksextremistischen Bestrebungen in Sachsen. Regional und bundesweit bleibt die AUTONOME SZENE LEIPZIG neben den Szenen in den Städten Berlin und Hamburg ein Schwerpunkt autonomer Aktivitäten. Wesentlich stärker als in der Vergangenheit beruft sich die Szene auf anarchistische Wurzeln, ohne dabei grundlegende autonome Aktionsfelder aufzugeben. Die Grenzen zwischen autonomen und anarchistischen Strömungen verschwimmen zunehmend. Diese Tendenz machte sich vor allem bei Demonstrationen bemerkbar. Dort zeigten sich anstelle von "autonomen Blöcken" vermehrt "anarchistische Blöcke", die u. a. mit entsprechenden Transparenten auf sich aufmerksam machten. Durch diese breitere ideologische Basis soll das Fundament für weitreichende regionale, überregionale und internationale Vernetzungen gelegt werden. Fazit Die Stadt Leipzig ist und bleibt ein Schwerpunkt der AUTONOMEN SZENE Deutschlands. Diese Szene betrachtet die Begehung schwerster Straftaten weiterhin als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Typische Angriffsziele sind nicht nur der Staat und seine Einrichtungen, sondern auch Privatunternehmen und Privatpersonen, die man dem gegnerischen politischen Lager zurechnet. Dabei stellen Angehörige der Polizei, aber auch anderer Sicherheitsbehörden sowie der Justizbehörden als Repräsentanten des verhassten "Unterdrückungsapparates" ein explizites Feindbild dar. Strafund Gewalttaten werden häufig als strategisch geplante, klandestine Kleingruppenaktionen durchgeführt. Die untergetauchten Linksextremisten im "Budapest-Komplex" hatten vor dem Hintergrund des noch laufenden Prozesses gegen Lina E. und weitere Angeklagte sowie laufender Fahndungsmaßnahmen der Polizei keine Hemmungen, in die ungarische Hauptstadt zu reisen und dort mit äußerster Brutalität gegen politisch Andersdenkende vorzugehen. Dies war im Es handelt sich hierbei um keinen Rückgang im linksextremistischen Personenpotenzial, sondern um 107 das Ergebnis einer bundesweiten, im Verfassungsschutzverbund vorgenommenen Neuklassifizierung und der damit verbundenen Neuunterteilung in AUTONOME und ANARCHISTEN (vgl. Beitrag II.4.2 Personenpotenzial). Demnach ist ein Teil der ehemals als AUTONOME klassifizierten Linksextremisten in ANARCHISTEN übertragen worden. Seite 136 von 242
  • Region. Beispielhaft dafür steht der nicht extremistische "Antifaschistische Jugendkongress" in Chemnitz.110 Antirepressionsdemonstrationen Im Januar ereignete sich beispielsweise eine Reihe
AUTONOME aus Leipzig waren, wie schon in den Vorjahren, überregional aktiv. Sie mobilisierten zu bundesweiten Veranstaltungen oder beteiligten sich an Demonstrationen und Kundgebungen in der Region. Beispielhaft dafür steht der nicht extremistische "Antifaschistische Jugendkongress" in Chemnitz.110 Antirepressionsdemonstrationen Im Januar ereignete sich beispielsweise eine Reihe von Aktionen, welche sich gegen die Räumung des Dorfes Lützerath (Nordrhein-Westfalen) richteten111. Am 11. Januar verlief eine diesbezügliche linksextremistische Spontandemonstration im Leipziger Osten unfriedlich. Die ca. 40 vermummten Versammlungsteilnehmer entzündeten Pyrotechnik und Bengalos, warfen Steine durch die Fensterscheiben eines Abgeordnetenund eines Versicherungsbüros, skandierten polizeifeindliche Parolen und brachten ein Transparent an einem Baugerüst in der Kohlgartenstraße mit dem Schriftzug "Nazis jagen, Bullen stressen" an. In einem anschließend auf der auch von Linksextremisten genutzten Internetseite "knack.news" veröffentlichten Beitrag wurden die Aktionen als "richtige Initiative" gelobt und der Bezug zu Lützerath verdeutlicht: "Nehmt ihr uns die Dörfer ab, machen wir die City platt!" Ab März richteten sich Aktionen der linksextremistischen Szene auch gegen den geplanten Polizeistandort auf der Eisenbahnstraße im Leipziger Osten. Dabei wurden auch Straftaten verübt. Im Rahmen einer linksextremistischen Spontandemonstration am 22. Mai setzten mehrere der insgesamt ca. 30 Teilnehmer Mülltonnen in Brand, bewarfen das Gebäude mit Steinen und Farbe, zündeten Pyrotechnik und sprühten ein Graffiti ("No Cops") an das Objekt. Bezüglich der linksextremistischen Aktionen der LEIPZIGER AUTONOMEN im Zusammenhang mit dem Prozess gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte sowie "Tag X" wird auf die Darstellung im Beitrag AUTONOME112 verwiesen. Aktivitäten gegen den politischen Gegner Für die AUTONOME SZENE LEIPZIG ist der Kampf gegen den Faschismus und gegen Personen, die der linksextremistischen ideologischen Weltanschauung zufolge als "faschistisch" angesehen werden, untrennbarer Bestandteil ihres Selbstverständnisses. "Outings"113 setzten sich als Mittel der öffentlichen Einschüchterung des politischen Gegners unter Nennung von personenbezogenen Daten, wie Vorund Zunamen, Lichtbildern und Wohnadressen, fort. Beispielhaft zeigen dies folgende Ereignisse im Berichtsjahr: Am 5. Januar wurde in einer Veröffentlichung auf der auch von Linksextremisten genutzten Internetseite "inventati.org" unter der Überschrift "'Ostdeutschland kämpft': Neonazis, Hooligans und rechte Rocker zu Kampfsportevent bei Leipzig erwartet" über das Leben mehrerer Teilnehmer berichtet und deren Beteiligung an Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene ausführlich skizziert. Am 14. Juni wurde in einer Veröffentlichung auf dem linksextremistischen Onlineportal DE.INDYMEDIA.ORG unter der Überschrift "[Leipzig] Nazis um den "Tag X" und in Connewitz" auf "Nazischweine" im Stadtteil hingewiesen. Am 31. August wurde in einer Veröffentlichung auf dem linksextremistischen Onlineportal DE.INDYMEDIA.ORG unter der Überschrift "Rechter Streamer in Leipzig 110 vgl. Beitrag II.4.4.3 AUTONOME außerhalb der Städte Leipzig und Dresden 111 Die Räumung erfolgte zum Zwecke der Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II. 112 vgl. Beitrag II.4.4 AUTONOME 113 vgl. Beitrag II.4.3 Aktionsfelder und Aktionsformen Seite 139 von 242
  • wiederum an der Organisation und Durchführung des 8. "Antifaschistischen Jugendkongresses" (Juko) in Chemnitz beteiligt.119 Das Aktionsniveau des ART DRESDEN entsprach
Wie schon in den Vorjahren war die URA DRESDEN auch im Berichtszeitraum in und außerhalb Sachsens aktiv. So beteiligte sie sich im April an den teils gewalttätigen Protestaktionen gegen die "Europäische Gaskonferenz" in Wien (Österreich) sowie am "System Change Camp" im August in Hannover (Niedersachsen). Ebenso war sie im August 2023 wiederum an der Organisation und Durchführung des 8. "Antifaschistischen Jugendkongresses" (Juko) in Chemnitz beteiligt.119 Das Aktionsniveau des ART DRESDEN entsprach dem des Vorjahres. So berichtete die Gruppierung beispielsweise über Akteure und Strukturen der Dresdner bzw. regionalen rechtsextremistischen Szene und über überregionale Aktivitäten von Rechtsextremisten. Dabei veröffentlichte das ART DRESDEN im Internet abermals zahlreiche Fotos, Namen und weitere Angaben von tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsextremisten aus der Region Dresden. Die Gruppe beteiligte sich zudem an Aktionen gegen eine Versammlung von Rechtsextremisten am 13. Februar anlässlich des Gedenkens an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg. Entwicklung des Aktionsniveaus120 Die Anzahl der öffentlichen Aktionen im Berichtsjahr ging weiter zurück und bewegte sich auf einem insgesamt niedrigen Niveau. Sowohl die Intensität der Aktionen als auch die Zahl der daran beteiligten Linksextremisten blieben zumeist gering. Öffentliche Aktionen von bzw. mit Beteiligung von AUTONOMEN in Dresden 80 60 45 40 35 34 33 27 20 0 2019 2020 2021 2022 2023 Ein Hauptaktionsfeld Dresdner AUTONOMER waren im Berichtszeitraum wiederum Solidarisierungsaktionen mit Lina E.121 und drei weiteren Angeklagten vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes (OLG) Dresden wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß SS 129 StGB. Anlässlich der Urteilsverkündung am 31. Mai beteiligten sich zahlreiche Linksextremisten zum einen an einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht Dresden. Zum anderen fand am Abend eine unangemeldete Demonstration statt, bei der ein Teil der Teilnehmer einen schwarzen Block mit Regenschirmen und Transparenten bildete. 119 vgl. Beitrag II.4.4.3 AUTONOME außerhalb der Städte Leipzig und Dresden 120 Das Aktionsniveau beschreibt die Qualität und Quantität von Aktionen. 121 vgl. Beitrag II.4.4 AUTONOME Seite 144 von 242
  • Kampagne soll sich demnach vor allem gegen Kommunismus, NATO, Antifa und Homosexualität richten. Die drei vermummten Personen auf dem Banner
Rechtsextremismus Kundgebungen beteiligten sich 13 Rechtsextremisten. Im Umfeld der Veranstaltungsorte wurden zahlreiche Aufkleber der JN angebracht und in Briefkästen verteilt, u. a. das Bild einer Gruppe junger Männer mit Gesichtsmasken in den Farben Schwarz-Rot-Gold und der Aufschrift "Lüneburger Heide verteidigen". Am 28.10.2023 erfolgte im Rahmen der Kampagne "Werde Heimatschützer" eine Aktion des neonazistisch geprägten und bundesweit agierenden Bündnisses "Inferno Deutschland". Vermummte Aktivisten mit Gesichtsmasken in den Farben Schwarz-Rot-Gold entrollten auf einer Baustelle in Braunschweig ein Banner mit der Aufschrift "HOL DIR DEIN LAND ZURÜCK!" und entzündeten dabei ein bengalisches Feuer. Auf dem Banner sind vier durchgestrichene Symbole zu sehen. Die Kampagne soll sich demnach vor allem gegen Kommunismus, NATO, Antifa und Homosexualität richten. Die drei vermummten Personen auf dem Banner mit den Gesichtsmasken in Schwarz-Rot-Gold stehen dabei im Widerspruch zur Ideologie der neonazistischen Szene und deren Ablehnung der demokratischen Bundesrepublik Deutschland. Die Aktion wurde in den sozialen Medien mit entsprechenden Kommentierungen und Unterstützeraufrufen begleitet, wie hier bei Telegram: "Junge Nationalisten - Speerspitze der Heimat @jungenationalisten. Die deutsche Jugend formiert sich, um dem volksfeindlichen Treiben ein Ende zu setzen. Schließ dich uns an. Werde Heimatschützer! ... wie unsere Jungs hier in #Braunschweig." (Telegram-Kanal der Partei "Die Heimat", KV Dortmund vom 28.10.2023) "Inferno Deutschland" bezeichnet sich selbst als "bundesweites Netzwerk junger Deutscher, die sich das Ziel gesetzt haben, eine goldene Zukunft unserer Heimat zu erkämpfen". Auf einer Karte im Internet sind die dazugehörigen Gruppen aufgeführt. Aus Niedersachsen beteiligen sich die JN-Stützpunkte Braunschweig, Hannover und Lüneburger Heide sowie die Gruppierung "Oskars Osna"90 aus dem Raum Osnabrück. Die Partei "Die Heimat" hatte ihre Untergliederungen im Rahmen der Kampagne "Werde Heimatschützer" bundesweit zu Aktionen vom 21. bis zum 28.10.2023 aufgefordert. Auf der Internetseite der 90 Siehe Kapitel 2.5, Abschnitt "Organisationsübergreifende Zusammenarbeit". 121
  • seiner Wirtschaftsordnung kennzeichnend ist. Linksextremisten dienen Themen wie "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung", "Antimilitarismus", "Antirassismus" oder insbesondere in den letzten Jahren
Linksextremismus zwei Jahrzehnten bundesweit verschiedene sich als postautonom verstehende Bündnisse entstanden. Um an das demokratische Spektrum anschlussfähig zu sein, greifen "Autonome", insbesondere "Postautonome" Themen auf, die wie der Klimaschutz bis weit in die Mitte der Gesellschaft berühren und viele Menschen zum zivilgesellschaftlichen Engagement herausfordern. Dabei wähnen sie sich im Einklang mit der Mehrheitsgesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist eine zunehmende Entgrenzung des Linksextremismus in die Mitte der Gesellschaft bei gleichzeitiger Erosion der Abgrenzung des demokratischen Spektrums gegenüber Linksextremisten nicht zu übersehen. Insofern ist der mittlerweile auch im Rechtsextremismus konstatierte Prozess einer Entgrenzung im Linksextremismus Realität. Im Gegensatz zum demokratischen Protest, der frei ist von systemüberwindenden Forderungen, basiert der linksextremistische auf ideologischen Grundannahmen, für die eine prinzipielle Gegnerschaft zum politischen System der Bundesrepublik und seiner Wirtschaftsordnung kennzeichnend ist. Linksextremisten dienen Themen wie "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung", "Antimilitarismus", "Antirassismus" oder insbesondere in den letzten Jahren der Einsatz für den Klimaschutz daher vor allem als Plattform für ihren Kampf gegen den demokratischen Rechtsstaat. Auch niedersächsische Linksextremisten sind in diesen Themenfeldern aktiv, wobei der "Kampf gegen den Faschismus" und derjenige gegen den "Kapitalismus" für sie zwei Seiten einer Medaille sind und aus diesem Grunde auch im Vordergrund stehen. Denn erst wenn der Kapitalismus als "Wurzel allen Übels" überwunden ist, lassen sich ihrer Auffassung nach auch "Faschismus" und alle anderen gesellschaftlichen Probleme lösen. Nach dem weitgehenden Ende der Corona-Pandemie stand das Jahr 2023 vor allem im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und seinen Folgen. Während im dogmatischen Linksextremismus - wie ihn die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) verkörpert - insbesondere die Rolle des Westens und somit der USA und damit verbunden die der NATO heftig kritisiert wurde, lehnte die autonome Szene Niedersachsens die Intervention Russlands in die Ukraine zwar ab und solidarisierte sich mit deren Bevölkerung, 161
  • Europäischen Parlament vom 06. bis zum 09.06.2024 wird der "Antifaschismus" auch 2024 eine zentrale Rolle für die linksextremistische Szene
Linksextremismus die MLPD sind in der niedersächsischen Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar und spielen für die Beurteilung des linksextremistischen Gesamtpotenzials nur eine untergeordnete Rolle. Die beiden offen extremistischen Zusammenschlüsse in der Partei "DIE LINKE.", die "Kommunistische Plattform" (KPF) und die "Antikapitalistische Linke" (AKL), streben nach wie vor, wenn auch in unterschiedlicher Ausführung und Intensität, die Überwindung der bestehenden politischen Ordnung der Bundesrepublik an und wollen diese durch ein sozialistisches bzw. kommunistisches System ersetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, versuchen sie Einfluss auf Logo der KPF das politische Profil der Partei "DIE LINKE." und deren inhaltliche Ausrichtung zu nehmen. So beteiligen sich ihre Mitglieder beispielsweise mit eigenen Delegierten an den Parteitagen der Partei "DIE LINKE." und bringen sich dort mit eigenen Anträgen ein. Diese Vorgehensweise dient ihnen dazu, die Deutungshoheit bei bestimmten Themen, wie dem Umgang mit der SED-Diktatur zu erlangen. Aus diesem Grunde geht der Niedersächsische Verfassungsschutz davon aus, dass die beiden extremistischen Zusammenschlüsse der Partei "DIE LINKE." auch 2024 versuchen werden, Einfluss auf ihre Partei in Niedersachsen auszuüben. Welchen Einfluss die extremistischen Zusammenschlüsse der Partei "DIE LINKE." nach dem Zerfall ihrer Bundestagsfraktion und dem Austritt zahlreicher Bundestagsabgeordneter noch auf die Gesamtpartei haben werden, bleibt abzuwarten. Ausblick Vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament vom 06. bis zum 09.06.2024 wird der "Antifaschismus" auch 2024 eine zentrale Rolle für die linksextremistische Szene in Niedersachsen spielen. Daneben werden vor allem der Klimaschutz und die Themen "Repression" und "Gentrifizierung"115 von größerer Bedeutung für das linksextremistische Spektrum sein. Solange die Klimaschutzbewegung große gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit 115 Siehe im Einzelnen Kapitel 3.4, Abschnitt "Antigentrifizierung". 163
  • Linksextremismus Gegenwärtig sind die Themenfelder "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung" und vor allem der Klimaschutz für das autonome Spektrum in Niedersachsen
Linksextremismus Gegenwärtig sind die Themenfelder "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung" und vor allem der Klimaschutz für das autonome Spektrum in Niedersachsen von Bedeutung. Die autonome Szene sieht sich seit mehreren Jahren mit der Problematik konfrontiert, dass sie aufgrund interner Streitigkeiten, mangelnder Organisationsfähigkeit und einer oftmals brüchigen Vernetzung nur unzureichend agieren kann. Um diesem Umstand etwas entgegenzusetzen, haben sich bundesweit sogenannte postautonome Zusammenhänge etabliert, die mit langfristigen Bündnisstrukturen versuchen, die "Autonomen" aus der auch von ihnen selbst beklagten dauerhaften Krise zu holen. Für Niedersachsen sind dabei vor allem die "Interventionistische Linke" (IL) und das Bündnis "...ums Ganze! Kommunistisches Bündnis" (uG) relevant. Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit Gemeinsames Ziel aller autonomen Gruppierungen ist es, den Staat und seine Institutionen auch gewaltsam abzuschaffen und durch eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" zu ersetzen. Hiermit richten sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und sind demnach verfassungsfeindlich (SS 3 Abs. 1 Nr. 1 NVerfSchG). "Postautonome" Autonome Gruppierungen sind nicht von einer einheitlichen Ideologie geprägt. Sie verknüpfen vielmehr Elemente kommunistischer und anarchistischer Weltbilder miteinander. "Autonome" im klassischen Sinne verstehen sich zwar auch als undogmatische Linke und streben wie die Vertreter der orthodoxen bzw. dogmatischen K-Gruppen116 die sozialistische Revolution an, beantworten die "Organisationsfrage" aber anders. Sie lehnen eine staatliche Ordnung und jegliche Form von Machtund Herrschaftsstrukturen wie Hierarchien ab und sprechen sich für die Selbstorganisation des Zusammenlebens aus. Schon seit Jahren leidet die autonome Szene sowohl bundesweit als auch in Niedersachsen unter internen Streitigkeiten, einer hohen 116 Der Begriff "K-Gruppen" ist eine Sammelbezeichnung für politische Gruppierungen wie den "Kommunistischen Bund Westdeutschlands" (KBW) oder die MLPD, die sich seit dem Ende der 1960er Jahre am Marxismus-Leninismus maoistischer Prägung orientieren und sich die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel gesetzt haben. 166
  • angenommen worden. Dort sind die aus der Spaltung der "Antifaschistischen Linken International" (A.L.I.) hervorgegangene Gruppierung "Sozialistische Perspektive" (SP) sowie
Linksextremismus "Wir wollen eine radikale Linke, die aktiv nicht nur gegen die Zumutungen und Grausamkeiten, sondern gegen den Kapitalismus insgesamt kämpft, die dabei immer wieder neue Allianzen sucht, die Brüche vertieft und Chancen ergreift, die lieber Fehler macht und aus ihnen lernt, anstatt sich im Zynismus der reinen Kritik zu verlieren. Wir wollen eine radikale Linke, die auf den revolutionären Bruch mit dem nationalen und dem globalen Kapitalismus, mit der Macht des bürgerlichen Staates und allen Formen von Unterdrückung, Entrechtung, Diskriminierung orientiert. Kurz: Wir wollen eine neue, gesellschaftliche radikale Linke, die um politische Hegemonie ringt und Gegenmacht organisiert." (Internetseite der IL, 16.11.2023) Was die IL vom demokratischen Rechtsstaat und seinen Regeln, insbesondere vom Parlamentarismus hält, verdeutlicht sie in einer Stellungnahme zur Bundestagswahl 2021: "Für uns ist aber auch klar: Der Sozialismus kann nicht auf parlamentarische Mehrheiten und reformistische Kleckerstrategien zählen. Die Strategie linker Regierungen ist eine Sackgasse, denn der Weg der Reformen ist zu begrenzt und die Antworten auf den globalen Kapitalismus ohnehin nicht innerhalb der Nationalstaaten zu finden. Die grundsätzliche Ausrichtung auf Kapitalinteressen ist in die DNA aller bürgerlicher Staaten einprogrammiert. Daran kann keine Regierungskonstellation und kein Parteiprogramm Grundsätzliches ändern. Wer als Antikapitalist:in auf eine Systemüberwindung per Wahl und Regierungspolitik hofft, wird enttäuscht werden ... Denn am Ende entscheidet die Straße." (Internetseite der IL, 22.11.2021) Gegenwärtig bestehen offiziell weiterhin noch in 24 deutschen Städten117 sowie in Graz (Österreich) Ortsgruppen der IL, zwei davon in Niedersachsen (Göttingen und Hannover). Die IL folgt eigentlich dem Prinzip, wonach pro Stadt nur eine Ortsgruppe bestehen soll. In Göttingen ist diese Ausrichtung jedoch bislang nicht angenommen worden. Dort sind die aus der Spaltung der "Antifaschistischen Linken International" (A.L.I.) hervorgegangene Gruppierung "Sozialistische Perspektive" (SP) sowie die "Basisdemokratische Linke" (BL) weiterhin eigenständige Mitglieder der IL. 117 An folgenden deutschen Standorten gibt es IL-Ortsgruppen: Aschaffenburg, Berlin, Bielefeld, Bremen, Darmstadt, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Göttingen, Halle (Saale), Hamburg, Hannover, Heidelberg, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, Lübeck, Mannheim, Marburg, Norderstedt, Nürnberg, Rostock, Stuttgart, Tübingen. 169
  • Neustart im Jahr 2021" hat die Göttinger linksextremistische Gruppierung "Antifaschistische Linke International" (A.L.I.) Ende Dezember 2021 auf ihrer Internetseite ihren
Linksextremismus Auch in Niedersachsen ist diese Entwicklung wahrnehmbar. Unter der Überschrift "Die A.L.I. trennt sich - unser Neustart im Jahr 2021" hat die Göttinger linksextremistische Gruppierung "Antifaschistische Linke International" (A.L.I.) Ende Dezember 2021 auf ihrer Internetseite ihren Austritt aus der IL bekannt gegeben. Diese Trennung von der IL betrifft aber nur einen Teil der A.L.I., denn die A.L.I. hat sich im Streit über die Zugehörigkeit zur IL gespalten. Während ein Teil der alten A.L.I. unter diesem Namen unabhängig von der IL weiterbesteht, macht ein anderer Teil unter der Bezeichnung "Sozialistische Perspektive" (SP) in der IL weiter. Im Bündnis uG waren 2023 auch weiterhin zehn Gruppen organisiert. "Antideutsche" und "Antiimperialisten" Die sogenannten Antideutschen bildeten sich mit Beginn der 1990er Jahre vor dem Hintergrund zunehmender rechtsextremistischer Übergriffe auf Migranten als eine neue Strömung innerhalb des autonomen Spektrums heraus. Ideologisch wenden sie sich gegen einen vermeintlichen deutschen Nationalismus. Mit der deutschen Wiedervereinigung befürchteten ihre Aktivisten ein Erstarken des Nationalismus innerhalb der vereinigten Bundesrepublik und die Entstehung eines "IV. Reichs" durch eine Rückkehr zum Nationalsozialismus. Im Zuge der Golfkriege von 1990 und 2003 solidarisierten sich die "Antideutschen" bedingungslos mit dem Staat Israel und seiner Schutzmacht, den USA. Eine für "Autonome" ungewöhnliche politische Haltung, da sie prinzipiell staatliche Strukturen, Institutionen und Repräsentanten ebenso ablehnen wie das westliche Wirtschaftsund Gesellschaftsmodell und jegliche Form von Militär. Aufgrund dieser Widersprüchlichkeit kam es zum Bruch zwischen den "Antideutschen", die bislang immer nur eine Minderheitenposition innerhalb des autonomen Spektrums vertraten und vertreten, und den die autonome Szene dominierenden sogenannten Antiimperialisten mit ihrer ausgeprägten antiwestlichen, insbesondere antiamerikanischen und antiisraelischen Haltung. Dieser ideologische Bruch vollzieht sich nicht nur im autonomen, sondern 171
  • insbesondere mediale Aufmerksamkeit zu 121 Die beiden Göttinger Gruppen "Antifaschistische Linke International" und "Basisdemokratische Linke Göttingen" (BL) sind Teil
Linksextremismus auch im postautonomen Spektrum. So ist die IL mit ihren niedersächsischen Ablegern in Göttingen und Hannover als weitgehend antiimperialistisch zu charakterisieren, während das Bündnis uG eindeutig antideutsch geprägt ist.121 Nicht selten führen diese Diskrepanzen zur Lähmung der politischen Arbeit innerhalb der autonomen bzw. postautonomen Szene, da beide Seiten nur bedingt dazu bereit sind, miteinander zu kooperieren. Hatten sich "Antideutsche" und "Antiimperialisten" in den letzten Jahren eher wieder angenähert, so haben die Spannungen zwischen beiden Ausrichtungen in der jüngsten Zeit wieder zugenommen. Auslöser dafür war der Überfall der terroristischen HAMAS auf Israel am 07.10.2023 mit rund 1.200 Todesopfern. Während sich die antideutsche Szene bedingungslos mit dem Staat Israel und seinen Bürgerinnen und Bürgern u. a. durch die Teilnahme an proisraelischen Demonstrationen solidarisierte, ergriffen die Antiimperialisten reflexartig Partei für die Palästinenser. Sie beteiligten sich ebenso wie die dogmatischen Linksextremisten z. B. aus der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) an den bundesweiten Solidaritätsdemonstrationen für die Palästinenser und kritisierten Israel unter Ausblendung der Verbrechen der HAMAS vehement. Autonome Gewalt "Autonome" kennzeichnet ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft. Diese basiert dabei auf einem klaren Feindbild, zu dessen tragenden Säulen der Staat und seine Repräsentanten sowie Rechtsextremisten bzw. diejenigen, die Linksextremisten dafür halten, aber auch szenekritische Wissenschaftler zählen. Politisch motivierte Gewalt dient "Autonomen" als "Geburtshelfer einer neuen Gesellschaft". Denn um die angestrebte herrschaftsfreie Gesellschaft zu errichten, müsse zuvor der demokratische Rechtsstaat als Garant der bisherigen Ordnung beseitigt werden. Gewalt hat für "Autonome" immer eine Außenund eine Binnenwirkung. Nach außen dient sie u. a. dazu, öffentliche, insbesondere mediale Aufmerksamkeit zu 121 Die beiden Göttinger Gruppen "Antifaschistische Linke International" und "Basisdemokratische Linke Göttingen" (BL) sind Teil der antiimperialistisch ausgerichteten IL. In Hannover gibt es eine IL-Ortsgruppe Hannover. Die "Redical [M]" aus Göttingen und "In/ Progress" aus Braunschweig sind die niedersächsischen Ortsgruppen des antideutsch ausgerichteten Bündnisses uG. Die ursprünglich zum Bündnis uG gehörende Gruppierung "Fast Forward Hannover" hat sich bereits im Jahr 2020 aufgelöst. 172
  • sich verbunden durch ihren ideologischen Hintergrund und ihren gewaltsamen "antifaschistischen Kampf", für den sie offenbar einen aus ihrer Sicht mittlerweile
Linksextremismus Ehre"127 zu fünf gewaltsamen Übergriffen auf Personen, die die Täter z. B. aufgrund ihrer Kleidung der "rechten" Szene zurechneten. Die Geschädigten - zwei deutsche, vier ungarische und drei polnische Staatsangehörige - erlitten dabei teils erhebliche Verletzungen. Der Modus Operandi der Angriffe ähnelte stark der Vorgehensweise der "Eisenacher Gruppe". Mittlerweile wurden von den ungarischen und deutschen Behörden Tatverdächtige ermittelt, die sich mutmaßlich an den Überfällen beteiligt hatten. Bei der Mehrheit dieser Personen handelt es sich um deutsche Linksextremistinnen und -extremisten. Dazu zählen auch relevante Akteure der sogenannten Eisenacher Gruppe und ihres Umfeldes. Die mutmaßliche Beteiligung von Mitgliedern der "Eisenacher Gruppe" und anderer deutscher Linksextremisten an den Überfällen in Budapest zeigt, dass sie auch angesichts laufender Gerichtsverfahren nicht vor weiteren gewalttätigen Angriffen zurückschrecken. Die Akteure fühlen sich verbunden durch ihren ideologischen Hintergrund und ihren gewaltsamen "antifaschistischen Kampf", für den sie offenbar einen aus ihrer Sicht mittlerweile bewährten Modus Operandi gefunden haben, indem Einzelpersonen aus der Überzahl heraus überfallen und erheblich verletzt werden. Weitere Aktionen in Niedersachsen Nach den Rechtsextremistinnen und -extremisten befindet sich auch die Polizei weiterhin als ein zentrales linksextremistisches Feindbild im Fokus der autonomen Szene. So warfen in den frühen Morgenstunden des 07.08.2023 unbekannte Täter mindestens elf mit roter Farbe gefüllte Luftballons gegen die Fassade der Polizeistation List in Hannover. In einem am 17.08.2023 auf einem linksextremistischen Internetportal veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben begründeten die Täter den Farbanschlag u. a. mit dem Tod des 16-jährigen Geflüchteten Mouhamed Lamine Drame, der am 08.08.2022 während eines Polizeieinsatzes in Dortmund ums Leben kam. 127 Jedes Jahr gedenken tausende Teilnehmende am sogenannten Tag der Ehre der deutschen Wehrmacht, der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure, die im Jahr 1945 versuchten, aus einer Einkesselung durch die Rote Armee rund um Budapest auszubrechen. 183
  • Border No Nation" und "Mörder Rassisten" sowie das Antifazeichen auf die Hauswand. Zudem verunstalteten sie mit grauer Farbe den gläsernen
Linksextremismus Kampf gegen Rassismus Linksextremisten überspitzen ihre Kritik an der bestehenden Asylund Flüchtlingspolitik und am Handeln von Ausländerbehörden, Polizei und Gerichten zum Vorwurf eines "systemimmanenten" Rassismus. Staatliche Repräsentanten und Akteure werden damit auf eine Stufe mit Rechtsextremisten gestellt und damit Forderungen nach der Abschaffung des politischen Systems legitimiert. Vor diesem Hintergrund wenden sich Teile des niedersächsischen linksextremistischen Spektrums gegen die deutsche Asylund Abschiebepraxis und solidarisieren sich mit den von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen. Das Aktionsfeld "Antirassismus" hatte im Zusammenhang mit dem Flüchtlingszuzug in den zurückliegenden Jahren auch innerhalb der autonomen Szene an Bedeutung gewonnen. Waren die Flüchtlingszahlen nach ihrem starken Anstieg 2015 in den Folgejahren zunächst wieder rückläufig, so stiegen sie 2022 insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wieder deutlich an. Dennoch spielte das Thema 2023 eher eine untergeordnete Rolle für die autonome Szene in Niedersachsen. Zum Feindbild von Linksextremisten sind vor diesem Hintergrund vor allem staatliche Einrichtungen geworden, die sich mit Fragen der Asylpolitik beschäftigen. So verübten unbekannte Täter in der Nacht vom 07. auf den 08.03.2023 einen Farbanschlag auf das Verwaltungsgebäude der Osnabrücker Ausländerbehörde. Sie sprühten die Wörter "No Border No Nation" und "Mörder Rassisten" sowie das Antifazeichen auf die Hauswand. Zudem verunstalteten sie mit grauer Farbe den gläsernen Eingangsbereich. Am 08.03.2023 veröffentlichte ein "Team Verhässlichung" ein Bekennerschreiben auf einem linksextremistischen Internetportal. Die Täter begründeten ihr Vorgehen mit der Abschiebung einer angeblich suizidgefährdeten Person namens Navid aus einem psychiatrischen Krankenhaus in Osnabrück. Ihren Anschlag verstehen sie als eine "protestaktion gegen die abschiebung von navid aus dem ameosklinikum-osnabrück". Sie selbst bezeichnen sich als eine "angepisste, anarchistische anstreichcrew. unabhängig und neu in der stadt". Zugleich beschimpfen sie in ihrem Selbstbezichtigungsschreiben die Mitarbeitenden der Ausländerbehörde als "mörder und rassisten!". 199
  • Auftretens rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Parteien und Gruppierungen wird der "Antifaschismus" auch 2024 im Mittelpunkt der Aktivitäten der autonomen Szene
Linksextremismus Bewertung, Tendenzen, Ausblick Vor dem Hintergrund des offensiven Auftretens rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Parteien und Gruppierungen wird der "Antifaschismus" auch 2024 im Mittelpunkt der Aktivitäten der autonomen Szene in Niedersachsen stehen. Der Kampf gegen Rechtsextremisten bzw. gegen diejenigen, die Linksextremisten dafür halten sowie zunehmend auch gegen die sogenannten "Delegitimierer" und "Querdenker" gehört zu den zentralen Anliegen auch der niedersächsischen linksextremistischen Szene. Mit Blick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament vom 06. bis zum 09.06.2024 werden vor allem die AfD und ihre Aktivitäten im Fokus des linksextremistischen Agierens stehen. Die kontinuierliche Präsenz der AfD in der parteipolitischen Landschaft der Bundesrepublik dürfte die linksextremistische Szene darin bestärken, langfristig entschlossen gegen den aus ihrer Perspektive "faschistoiden" demokratischen Rechtsstaat vorzugehen. Generell muss über das gesamte Jahr 2024 mit Übergriffen auf Informationsstände der AfD ebenso gerechnet werden wie mit Versuchen, Veranstaltungen dieser Partei zu stören bzw. zu verhindern. Körperliche Übergriffe auf einzelne AfD-Funktionsträger können dabei ebenso wenig ausgeschlossen werden wie gezielte Anschläge auf deren Eigentum. Aufgrund des hohen Emotionalisierungsgrades, den das Thema Klimaschutz im Allgemeinen und der künftige Umgang mit fossilen Brennstoffen im Besonderen in den letzten Jahren erlangt hat, wird der Klimaschutz auch weiterhin von großer Bedeutung für die linksextremistische Szene sein. Sie wird weiterhin versuchen, Einfluss auf einzelne Organisationen der Klimaschutzbewegung zu nehmen, um sie für ihre Interessen zu instrumentalisieren und langfristig zu radikalisieren. Es muss daher auch künftig mit Störaktionen gegen Energieunternehmen, aber auch mit Besetzungen von für den Abbau fossiler Brennstoffe bestimmte Gebiete bundesweit als auch in Niedersachsen gerechnet werden. Parteieinrichtungen, vor allem von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dürften dabei weiterhin verstärkt im Blickpunkt der extremistischen Teile der Klimaschutzbewegung bleiben. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt, vor allem die steigenden Mieten und die Stadtteilumgestaltungen, aber auch die Übernahme 200
  • Vorgehensweise der "Eisenacher Gruppe" orientieren und sich ihrem "antifaschistischen Kampf" anschließen. Künftig muss daher auch mit weiteren Übergriffen, insbesondere
Linksextremismus des Immobilienunternehmens Deutsche Wohnen durch den Wohnungskonzern Vonovia, in dessen Zuge das größte private Immobilienunternehmen Europas entstanden ist, lassen den Schluss zu, dass das Thema "Antigentrifizierung" auch künftig einen verstärkten Anklang in der autonomen Szene finden wird. Auch in Niedersachsen muss deshalb mit weiteren Aktionen gerechnet werden. Vor dem Hintergrund des andauernden russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der damit einhergehenden umfangreichen Aufrüstung der Bundeswehr werden Rüstungsunternehmen, deren Zulieferer und auch Einrichtungen der Bundeswehr weiterhin im Fokus von Linksextremisten sein. Mit der Teilnahme von Linksextremisten an den Protesten gegen Waffenlieferungen, z. B. an die Ukraine oder die Türkei und daran beteiligte Rüstungskonzerne muss gerechnet werden. Auch die von Mitte Februar bis Ende Mai 2024 stattfindende NATOVerlegeübung "Quadriga 2024", nach Aussage der Bundeswehr das größte Übungsvorhaben der Bundeswehr seit 30 Jahren, könnte auf das Interesse auch von niedersächsischen Linksextremisten stoßen. Die in Deutschland vom 14.06. bis zum 14.07.2024 stattfindende Fußballeuropameisterschaft dürfte vor allem für die antideutsch ausgerichteten "Autonomen" ein Ziel darstellen. Vor allem die Vorgehensweise der "Eisenacher Gruppe" um Lina E. zeigt, dass die Hemmschwelle zur Anwendung von Gewalt auch gegen Menschen mittlerweile sehr niedrig ist. Linksextremisten sind zunehmend bereit, auch den Tod eines Menschen billigend in Kauf zu nehmen. Darüber hinaus agieren Linksextremisten zunehmend über klandestine Kleingruppen statt auf Demonstrationen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich bundesweit neben der "Eisenacher Gruppe" weitere Kleingruppen bilden bzw. bereits gebildet haben, die sich an der Vorgehensweise der "Eisenacher Gruppe" orientieren und sich ihrem "antifaschistischen Kampf" anschließen. Künftig muss daher auch mit weiteren Übergriffen, insbesondere in Kleingruppentaktik, auf Polizisten als Repräsentanten des verhassten Staates sowie Rechtsextremisten bzw. diejenigen, die Linksextremisten dafür halten, gerechnet werden. 201
  • wurde in ca. 45 Prozent der Fälle dem Themenfeld Antifaschismus und in ca. 34 Prozent dem Themenfeld Ökologie, Industrie
Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 10.3 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) mit extremistischem Hintergrund - links Die Fallzahl im Phänomenbereich der PMK -linksweist im Berichtsjahr gegenüber dem Jahr 2022 eine Reduzierung um 25,18 Prozent auf. Mit 526 Fällen wurde im Jahr 2023 in diesem Phänomenbereich im Zehn-Jahres-Vergleich ein Tiefstand erreicht (2022: 703). Das dafür zu Grunde liegende Kriminalitätsgeschehen wurde in ca. 45 Prozent der Fälle dem Themenfeld Antifaschismus und in ca. 34 Prozent dem Themenfeld Ökologie, Industrie und Wirtschaft zugeordnet, in welchem die Entwicklung insbesondere durch Aktionen aus dem Bereich von Klimaaktivistinnen und -aktivisten geprägt wurde. Mit Blick auf im Berichtsjahr 2023 insgesamt zu verzeichnende 103 extremistisch motivierte Fälle im Phänomenbereich der PMK -linksreduzierte sich die Fallzahl im Vorjahresvergleich (2022: 364) um 71,70 Prozent. Ausschlaggebend erscheint dafür, dass im Berichtszeitraum keine in besonderer öffentlicher Wahrnehmung stehenden Wahlen in Niedersachsen stattfanden. Im Jahr 2022 standen hiermit 154 linksextremistisch motivierte Fälle in Zusammenhang (2023: 0). Die Anzahl festgestellter linksextremistischer Politisch motivierter Gewaltdelikte sank im Berichtsjahr 2023 ebenfalls deutlich auf 10 Fälle (2022: 44). Den größten Anteil in diesem Bereich bilden Körperverletzungsdelikte233 mit drei Fällen. Darüber hinaus konnten zwei Widerstandshandlungen, zwei Brandstiftungen, zwei Landfriedensbrüche, davon ein schwerer Fall des Landfriedensbruchs, sowie ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr festgestellt werden. Im Vergleich zum Vorjahr ergaben sich v. a. bei den Widerstandsdelikten (2022: 18) sowie den Körperverletzungsdelikten (2022: 19) und den Landfriedensbrüchen (2022: 2) erkennbare Rückgänge. Bei den als extremistisch eingestuften Brandstiftungsdelikten handelte es sich in einem Fall um das Inbrandsetzen eines Pkws 233 Davon 1 Fall gem. SS 223 StGB, 2 Fälle gem. SS 224 StGB. 391