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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • 1980er Jahre als Reaktion auf zunehmende Wohnraumspekulation, zweitens die "Antifa" Anfang der 1990er Jahre in Folge einer Welle fremdenfeindlicher Übergriffe
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2022 Anders als der Kommunismus verabsolutiert der Anarchiszwischen legitimen zivilgesellschaftlichen Anliegen, die im mus nicht die Idee der Gleichheit, sondern die der Freiheit. In Rahmen des demokratischen Meinungspluralismus diskutiert diesem Sinne soll zunächst nicht das Eigentum abgeschafft werden und durch die Meinungsfreiheit geschützt sind, und werden, sondern der Staat. Das Ziel ist eine herrschaftsfreie Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Gesellschaft ohne jegliche "Fremdbestimmung". Dennoch Grundordnung richten. lehnen auch Anarchisten das Privateigentum als Herrschaftsform der Besitzenden über die Nicht-Besitzenden ab. Der Anarchismus verfügt über kein stringentes und vermeintlich wissenschaftliches Theoriegerüst, wodurch er sich vom Kommunismus unterscheidet. Es existieren eine Reihe von Auslegungen unterschiedlicher Vordenker. Überwiegend gemeinsam ist ihnen die Erwartung, dass die Menschen sich mit der Abschaffung hierarchischer Strukturen selbst organisieren, z. B. in dezentralen Räten. Der Weg dorthin braucht dabei nicht zwingend gewaltsam zu sein, sondern setzt in der syndikalistischen Interpretation z. B. bei einer gewerkschaftlichen Organisierung an. Mit dem Anarchismus historisch verbunden bleiben jedoch die als "Propaganda der Tat" gedachten Attentate auf zahlreiche Staatsoberhäupter an der Wende zum 20. Jahrhundert. Die erhoffte Signalwirkung für einen "Aufstand der Massen" hatten diese jedoch nicht. Seit den 1980er Jahren wird das Bild des Linksextremismus in Deutschland vor allem von den sogenannten Autonomen geprägt. Autonome grenzen sich vom strengen Dogmatismus und der kaderartigen Organisation kommunistischer Parteien wie auch von Linksterroristen ab. Wie Anarchisten besitzen sie kein geschlossenes Theoriegebäude. Die Unterwerfung unter einen organisierten Willen lehnen sie kategorisch ab. Diese Theorieund Organisationsferne ist wesentlicher Teil ihrer Ideologie, die das Individuum und seine Selbstverwirklichung in den Mittelpunkt stellt. Das Prinzip der sogenannten Politik der ersten Person beruht auf dem souveränen Handeln aufgrund individuellen Betroffenseins. Entscheidungen über das eigene Leben sollen nicht von Dritten getroffen werden. Dieses selbstermächtigende Politikverständnis manifestiert sich praktisch u. a. im militanten Widerstand gegen alles, was subjektiv als Missstand empfunden wird - nach dem Motto "Macht kaputt, was euch kaputt macht". Aus dieser Haltung heraus lehnen Autonome sowohl das Repräsentationsprinzip als auch das staatliche Gewaltmonopol ab. Im historischen Rückblick sind für Berlin drei Strömungen von Autonomen zu unterscheiden: Die Hausbesetzer-Szene Anfang der 1980er Jahre als Reaktion auf zunehmende Wohnraumspekulation, zweitens die "Antifa" Anfang der 1990er Jahre in Folge einer Welle fremdenfeindlicher Übergriffe sowie drittens die (re)organisierten Postautonomen, die sich vor allem im Zuge von Globalisierungskritik und Finanzkrise konsolidieren konnten. Letztere sind nicht mehr als Autonome im ursprünglichen Sinne zu bezeichnen. Im politischen Protest u. a. gegen Kapitalismus, Gentrifizierung, Repression, Faschismus und Rassismus suchen und finden diese Strömungen in unterschiedlichem Ausmaß Anschluss an subkulturell verwandte oder ideologisch nahestehende Milieus. Der Verfassungsschutz differenziert aus diesem Grund sehr genau 105
  • für die soziale Revolution" vom 8.11.2022; sowie tät im Antifa Ost-Verfahren", vom 30.10.2022. Der Text wurde
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2022 67 Alle Zitate ebd. 100 Szenenahes Internetportal: "Fire for alfredo", vom 1.12.2022. 68 Der Nakba-Tag ("Katastrophe" bzw. "Unglück") erinnert an die im 101 Szenenahes Internetportal: "TAKE BACK THE NIGHT! Für die ZerZuge der Staatsgründung Israels erfolgte Flucht und Vertreibung schlagung des Patriarchats", vom 25.3.2022. von etwa 700 000 arabischen Palästinensern aus dem früheren 102 Szenenahes Internetportal : "Inoffizielle Auflösung der radikale linke | britischen Mandatsgebiet Palästina. berlin" vom 22.5.2022. 69 Vgl. HuT-Publikation: "Die Demokratie ist ein System des Unglaubens - 103 Vgl. Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport: VerfasIhre Übernahme, Anwendung und Propagierung ist verboten". o. O. u. D. sungsschutzbericht 2021, Berlin 2022, S. 77. 70 Ebd., S. 40 ff. 104 Twitter-Account der IL: Post vom 13.12.2022. 71 Vgl. Internetauftritt der HuT: "Die Methode von Hizb-ut-Tahrir zur Ver105 Vgl. Internetauftritt der IL: "Winter is Coming: Zeit, Feuer zu machen!" änderung", abgerufen am 21.10.2022, S. 52 f. vom 6.9.2022. 72 Vgl. Facebook-Account der GI: "Was macht eine islamische GESELL106 Die Imperialismustheorie besagt nach Lenin, dass der ImperialisSCHAFT aus?", abgerufen am 5.1.2023. mus das höchste Stadium und die monopolistische Endstufe des 73 Türk. "Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu". Kapitalismus sei. Mit Imperialismus ist das Bestreben eines Staates 74 Türk. "Avrupa Nizam-i Alem Federasyonu". gemeint, Herrschaft über andere Länder zu gewinnen. Linksextremis75 "Hezen Parastina Gel" (HPG), der militärische Arm der PKK. ten berufen sich auf Erklärungsansätze, die den Imperialismus als ein 76 Vgl. Internetauftritt der ANF: "HPG-Kommandant Rezan Amed gePhänomen des Kapitalismus beschreiben. Im Kapitalismus seien die fallen", vom 1.9.2022. Interessen der Wirtschaftsund Finanzelite deckungsgleich mit denen 77 Vgl. Internetauftritt der ANF: "Gedenken an Rezan Amed in Berlin", der politischen Elite. Um hohe Profite für die Wirtschaftsund Finanzvom 4.9.2022. elite zu sichern, würden kapitalistische Staaten Länder kolonisieren. 78 2008 war er wegen einer PKK-Besetzungsaktion im Düsseldorfer Daraus erkläre sich die Entstehung von Kriegen, die nicht im Interesse Landtag sowie einem gemeinschaftlichen Angriff auf ein Berliner der Bevölkerungsmehrheit seien können. Dieser Prozess setzt sich bis Imbiss-Lokal zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. heute fort, auch wenn globale Unterdrückungsformen subtiler seien 79 Vgl. www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/ und nicht mehr auf unmittelbarer Kolonisierung beruhen. DE/aktuelle/Pressemitteilung-vom-19-05-2022.html. 107 Georgi Dimitroff (1882-1949) war ein bulgarischer Politiker (Kommu80 Vgl. Internetauftritt der Zeitschrift der DHKP-C: Ausgabe Nr. 110 vom nistische Partei), der die - später nach ihm benannte - These ent19.12.2021, S. 31. Aus dem Türkischen übersetzt. wickelte, die "bürgerliche Demokratie" und der Faschismus seien zwei 81 Vgl. Internetauftritt der Zeitschrift der DHKP-C: Ausgabe Nr. 160 vom verschiedene Ausprägungen des Kapitalismus. Wenn der Kapitalis4.12.2022, S. 59 ff. mus bedroht sei, wandele sich die "bürgerliche Demokratie" in eine 82 Vgl. Urteil des VG Berlin: VG 10 K 266.19 vom 11.3.2023. faschistische Diktatur, die darauf ziele, den Kapitalismus abzusichern. 83 Sa'adat war 2008 u. a. wegen Federführung bei der Ermordung des 108 Vgl. Internetauftritt der IL: "Winter is Coming: Zeit, Feuer zu machen!" israelischen Tourismusministers zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. vom 6.9.2022. 84 Vgl. Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport: Verfas109 Vgl. Blog der IL: "Klimagerechtigkeit wird nicht in den Parlamenten sungsschutzbericht 2021, Berlin 2022, S. 74 ff. gemacht", März 2021. 85 Szenenahes Internetportal: "Buttersäure gegen die geplante Bullen110 Vgl. Blog der IL: "Kommunismus fällt nicht vom Himmel - und wächst wache am Kotti", vom 12.10.2022. auch nicht auf Bäumen", November 2020, sowie ebd.: "Klimagerech86 Ebd. tigkeit wird nicht in den Parlamenten gemacht". 87 Szenenahes Internetportal: "Keine Kottiwache!", vom 17.5.2022. 111 Vgl. Internetauftritt der IL: "Keine Militanz ist auch keine Lösung", vom 88 Szenenahes Internetportal: "Buttersäure gegen die geplante BullenJuni 2022. wache am Kotti", vom 12.10.2022. 112 Ebd. 89 Szenenahes Internetportal: "[Berlin 4.11.2022] 2. Freitags-Demo 113 Vgl. Internetauftritt des "Rote Hilfe e. V.": "Unser Rahmen der Solidarigegen Inflation - für die soziale Revolution" vom 8.11.2022; sowie tät im Antifa Ost-Verfahren", vom 30.10.2022. Der Text wurde am ebd: "Ihr seid die Krise. Jetzt hat es Denn's Biomarkt getroffen", 31.10.2022 auch von der Berliner Ortsgruppe des Vereins veröffentvom 21.10.2022. Siehe auch szenenahes Internetportal: "Alles nur licht. geklaut!", vom 13.10.2022. 114 Ebd. 90 Szenetypischer Twitter-Account. 115 Ebd. 91 Szenenahes Internetportal: "Soziale Revolution gegen (hybride) Krie116 Vgl. Internetauftritt des "Rote Hilfe e. V." Berliner Ortsgruppe: "Die ge. Erfreuliche Nachbetrachtung einer Sabotageaktion zum Schutz Polizei löst keine Probleme, sondern sie ist eins", Redebeitrag vom des Klimas und gegen Krieg", vom 5.11.2022. 30.9.2022. 92 Ebd. 117 Ebd. 93 Ebd. 118 Ebd. 94 Szenenahes Internetportal: "Soliund Infoevent für das Prosfygika", 119 "Ransomware" steht für Schadprogramme, mit dem der Zugriff auf vom 15.4.2022. Daten oder Systeme eingeschränkt oder unterbunden wird. 95 Szenenahes Internetportal: "Internationaler Aktionstag und Solidari120 Mit DDoS-Attacken werden Webseiten mit einer Vielzahl künstlicher tät mit dem anarchistischen Hungerstreikenden Giannis M.", vom Anfragen überlastet, was zur Verzögerung oder dem Ausfall von Web20.6.2022. seiten führen kann. ("DDoS" steht für "Distributed Denial of Service".) 96 Szenenahes Internetportal: "Feuer für Hertz LKW - nicht nur für Hun121 Facebook-Account der SO Berlin: "Gesetz der Dritten Partei" (Video) gerstreiker M.", vom 28.5.2022 sowie ebd.: "Erklärung zur Brandstifvom 29.3.2022. tung gegen Fahrzeug der griechischen Botschaft", vom 5.9.2022. 122 Ebd. 97 Szenenahes Internetportal: "Intervention im griechischen Konsulat in 123 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in AnBerlin für den Hungerstreikenden G. M.", vom 16.7.2022. gelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für 98 Szenenahes Internetportal: "30. November: Aktionstag in Solidarität Verfassungsschutz. mit Alfredo und den anderen Hungerstreikenden", vom 22.11.2022. 124 SS 6 Abs. 2 Satz 2 BVerfSchG in Verbindung mit SSSS 10 und 11 Siehe auch szenenahes Internetportal: "Alfredo C.: Erste deutsche BVerfSchG. Übersicht zum Kampf", vom 22.11.2022. 125 SS 5 Abs. 1 VSG Berlin. 99 Szenenahes Internetportal: "[B] Soliaktion vorm Knast in Moabit - 126 Siehe www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/publikationen. Freiheit für Alfredo - Free them all + video", vom 4.12.2022. Der ver127 SS 5 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 3 VSG Bln, BSÜG vom 2.3.1998 (GVBl. S. 26) in urteilte italienische Linksextremist, mit dem sich die Szene solidarisiert, der Fassung vom 25.6.2001 (GVBl. S. 243), zuletzt geändert durch Art. sitzt im Hochsicherheitsgefängnis in Sassari (Sardinien) ein. 2 des Gesetzes vom 27.9.2021 (GVBl. S. 1 121). 127
  • Antifa 76, 105, 127 D.S.T. 31 Anti-Gentrifizierung 105 DDoS-Attacken 83, 127 Anti-Kapitalismus
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2022 Personenund Sachregister Bismarcks Erben 38 f, 110 BKA 98 BND 98, 119 A BRD GmbH 36 AAMB 65, 112 BSÜG 10, 96, 100, 115, 127 Abdallah, Georges Ibrahim 65 Bundesamt für Verfassungsschutz siehe BfV Abu Ali Mustafa-Brigaden siehe AAMB Bundeskriminalamt siehe BKA Abul Baraa 50, 52, 126 Bundesnachrichtendienst siehe BND Adalet ve Kalkinma Partisis siehe AKP Bundesverfassungsschutzgesetz siehe BVerfSchG Adil Düzen 55 Bundesvertriebenengesetz siehe BVFG ADÜTDF 62, 112, 131 BverfSchG 10, 96 f, 124, 127 AG Erde & Zukunft 30 BVFG 101 AG G10 96, 117, 121 f AKP 85 C Al-Muhajir, Abu Umar 21, 50 China 84 ff Al-Nakba-Tag 53 Clear 90 Al-Nur-Moschee 52, 111 Corona-Pandemie 17, 23, 28, 31, 43 ff, 56, 77, 102 al-Qaida 107, 111 Corona-Proteste 21, 28, 30, 32 al-Qaradawi, Yusuf 55 Cyberangriffe 80 f, 83 ff, 87 al-Quds-Demonstration 53 Cyberspionage 83 al-Wahhab, Muhammad Ibn Abd 50 Cybersabotageaktivitäten 83 Anarchismus 70, 72, 74, 104 f ANF 112, 127, 131 D Antifa 76, 105, 127 D.S.T. 31 Anti-Gentrifizierung 105 DDoS-Attacken 83, 127 Anti-Kapitalismus 75, 105 DKP 53, 112 Anti-Militarismus 22 Verfassungsschutzrelevante Staatsdelegitimierung 23, 42 ff Antipluralismus 102 Demokratische Komitees Palästina e. V." siehe DKP Anti-Repression 72 Demokratischer Widerstand 44, 53, 126 Antisemitismus 38, 103, 133 Der III. Weg 5, 17 f, 27 ff, 33, 102, 106, 110, 126, 131 APT31 85 Deradikalisierungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus 99 Arbeiterpartei Kurdistans siehe PKK Deradikalisierungsnetzwerk gegen Salafismus 99 As-Sahaba / Die Gefährten e. V. 52, 111 Desinformation 18 f, 38, 43, 83 f As-Sahaba-Moschee 52 Desinformationskampagnen 4, 80 f, 83 f ATB 62 Deutsch, Stolz, Treue siehe D.S.T. AtomG 101 Deutsche Muslimische Gemeinschaft e. V. (ehem. IGD) siehe DMG Atomgesetz siehe AtomG Deutsches Kaiserreich 38 Aufenthaltsrecht von Ausländern 100 Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi siehe DHKP-C AufenthG 128 Devrimci Sol ("Revolutionäre Linke") 64, 112 Auslandsbezogener Extremismus 11, 59 ff, 67, 108, 112 DHKP-C 59, 64, 67, 108, 112, 127, 131 Ausschuss für Verfassungsschutz 10, 116, 121, 123 Die Deutschlandfrage 20, 38, 110 Autonome 22 f, 69, 71 ff, 77, 105, 108 Die Heimat 30 Autonome Freiräume 74 Dimitroff-These 75, 127 Autonome Szene 71, 73 f DMG 55, 57, 107, 111 Autoritarismus 102 Dolchstoß-Legende 39 B E Berlin Breed 31 Einbürgerungsverfahren 30, 32, 37 f, 100, 115 Berliner Sicherheitsüberprüfungsgesetz siehe BSÜG Einsame Wölfe 21 Bestrebungen zur Delegitimierung und Destabilisierung der freiheitlichen Erbakan, Necmettin 55 demokratischen Grundordnung 11, 41 ff, 106, 113 Ethnopluralismus 103 BBP 62 Ewiger Bund 39, 110 Bewacherregister 101 Bewachungsverordnung 101 F Bewegung des islamischen Widerstands siehe HAMAS Federalnaja Slushba Besopastnosti siehe FSB BfV 83, 98, 114, 119 f, 127 Feindeslisten 45 130
  • benannt werden. Szenebeherrschende Themen | Im Vergleich zu 2021 nahmen "antifaschistische" Aktionen zu; hessenweit - mit einer Schwerpunktbildung im Raum Kassel - outeten
EXTREMISMUS IN HESSEN zierte. Nach wie vor bildete die Großstadtregion Frankfurt am Main - sowohl personell als auch strukturell - den Schwerpunkt der autonomen Szene in Hessen. Unverändert beobachtete das LfV aufgrund des spätestens seit 2019 in anderen Ländern erkennbaren Trends der zunehmenden (gewalttätigen) Konfrontation mit dem politischen Gegner sogenannte aufständische anarchistische Strukturen im autonomen Spektrum. Anhänger dieser anarchistischen Strömung zeichneten sich durch eine kompromisslose Opposition und permanente Attacken auf den gesellschaftlichen und politischen Gegner aus. Da diese Strukturen derzeit aufgeklärt werden, können keine Zahlenangaben hinsichtlich des Personenpotenzials gemacht oder regionale Schwerpunkte in Hessen benannt werden. Szenebeherrschende Themen | Im Vergleich zu 2021 nahmen "antifaschistische" Aktionen zu; hessenweit - mit einer Schwerpunktbildung im Raum Kassel - outeten Angehörige der autonomen/anarchistischen Szene Personen als "Faschisten", die sie als "Feinde" bzw. als Rechtsextremisten betrachteten. So bekannten sich Autonome auf der linksextremistischen Internetplattform de.indymedia.org zu einem Farbanschlag auf die Wohnung des Vorsitzenden der Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung und veröffentlichten dessen private Adresse. Ebenso stellten Unbekannte auf de.indymedia.org. ein Selbstbezichtigungsschreiben ein, worin sich "einige Autonome" zu einer Sach56 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Radikalenerlass - Weg mit Berufsverboten & Klassenjustiz!" Zusammen mit dem Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Kassel richtete die RH-Ortsgruppe Kassel unter
EXTREMISMUS IN HESSEN furt am Main Angeklagte bei Strafprozessen und wies auf ihrer Homepage auf anstehende Prozesse hin. Außerdem veranstaltete die Ortsgruppe eine Onlinepodiumsdiskussion über das Thema "50 Jahre Radikalenerlass - Weg mit Berufsverboten & Klassenjustiz!" Zusammen mit dem Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Kassel richtete die RH-Ortsgruppe Kassel unter dem Motto "Heraus mit den Gefangenen! Heraus zum 18. März" eine Demonstration sowie eine Veranstaltungsreihe aus. Weltweit gilt dieses Datum als "internationaler Tag der politischen Gefangenen". ISLAMISMUS Jihadistischer und politischer Salafismus | Die Gefahr eines jihadistischen Terroranschlags war in Europa und somit auch in Deutschland weiterhin unvermindert hoch. Im Berichtsjahr kam es in Norwegen und in Belgien zu islamistisch motivierten Anschlägen, bei denen insgesamt drei Menschen starben. Für die Radikalisierung von allein handelnden Personen oder Kleingruppen spielte weltweit die in dichter Folge veröffentlichte jihadistische Onlinepropaganda eine maßgebliche Rolle, indem sie unter anderem detaillierte Anleitungen für Anschläge in mehreren Sprachen zur Verfügung stellte. Onlinemagazine aus dem Spektrum der al-Qaida und des Islamischen Staats (IS) gewannen in diesem Rahmen im Berichtsjahr wieder mehr an Bedeutung. Vor allem allein handelnde Täter stellten die Sicherheitsbehörden wie in der Vergangenheit vor große Herausforderun60 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Freizeitangebote die BRD nie genug Geld hatte". Um "alle antifaschistischen Kräfte" zu bündeln, arbeitete die DIDF anlassbezogen sowohl mit Extremisten
EXTREMISMUS IN HESSEN (TKP/ML, Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten), die Marksist Leninist Komünist Parti (MLKP, Marxistische-Leninistische Kommunistische Partei) und die Demokratik Isci Dernekleri Federasyonu e. V. (DIDF, Föderation Demokratischer Arbeitervereine e. V.). Aus Protest gegen eine von der Bundesanwaltschaft veranlasste Verhaftung dreier DHKP-C-Funktionäre führten Anhänger der Organisation bundesweit, das heißt auch in Frankfurt am Main und Darmstadt, Solidaritätskundgebungen für "politische Gefangene" durch. Ein im Internet angekündigtes Konzert von Grup Yorum, ein der DHKP-C zuzurechnendes Musikerkollektiv, wurde kurzfristig abgesagt. Ein von der Gruppe produzierter Film, der die Implikationen einer Gentrifizierungskampagne in einem Stadtviertel in Istanbul (Türkei) beschrieb, wurde in Frankfurt am Main aufgeführt. Sowohl "Antigentrifizierung" als auch "Antikapitalismus" bildeten wichtige Themen für die DHKP-C. Anlässlich ihres fünfzigjährigen Bestehens führte die TKP/ML bundesweit, das heißt auch in Hessen, in Bezug auf ihre Geschichte und ihre "Märtyrer" eine Jubiläumsfeier durch. Die der TKP/ML zuzurechnende Yeni Demokratik Genclik (Neue demokratische Jugend) veranstaltete in Frankfurt am Main das 30. Jugend-, Kunstund Kulturfestival. Auch bei diesem Anlass wurde der "Märtyrer" gedacht und die Arbeit der im Umfeld der TKP/ML tätigen Organisationen gewürdigt. Darüber hinaus fanden unter anderem ein Kongress der Frauenorganisation Yeni Kadin und weitere "Märtyrergedenkveranstaltungen" statt. Auch die Almanya Göcmen Isciler Federasyonu (AGIF, Föderation der ArbeitsimmigrantInnen aus der Türkei in Deutschland e. V.), eine Umfeldorganisation der MLKP, widmete sich dem "Märtyrergedenken" und darüber hinaus der "Gefangenensolidarität". Zusammen mit der Jugendorganisation Young Struggle beteiligte sich die AGÄdegF an den Protesten gegen die türkischen Angriffe auf kurdische Siedlungsgebiete in Syrien. Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr kritisierte Young Struggle als einen "Schritt zur Aufrüstung und Militarisierung der deutschen Außenpolitik", was ein "Schlag ins Gesicht aller Schüler:innen und jungen Arbeiter:innen" sei, für deren "Gesundheit, Bildung und Freizeitangebote die BRD nie genug Geld hatte". Um "alle antifaschistischen Kräfte" zu bündeln, arbeitete die DIDF anlassbezogen sowohl mit Extremisten als auch mit Nichtextremisten zusammen. Verstärkt setzten sich die DIDF und ihre Jugendorganisation für die Rechte von Arbeitnehmern ein. Die DIDF protestierte "gegen Gewalt an Frauen" und kritisierte die staatlichen Maßnahmen 66 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • aber inhaltlich ein neonazistisches Gepräge, kombiniert mit "Anti-Antifa"Arbeit. So bildeten die AN bei Demonstrationen einen schwarzen Block
RECHTSEXTREMISMUS Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin ermordete sowie weitere Strafund Gewalttaten beging. Zunehmend lösten sich seit 2000 die Grenzen zwischen Neonazis, rechtsextremistischen Parteien - vor allem der NPD - und rechtsextremistischen Skinheads zugunsten eines Milieus auf, das von Aktionen, Gewaltorientierung und an bestimmten Orten von einer mitunter bedrohlichen Alltagspräsenz geprägt war. Nach dem Verbot der deutschen Division von Blood and Honour (2000), einer ursprünglich in Großbritannien tätigen Skinheadvereinigung mit neonazistischer Ausrichtung, kam seit 2002 mit den Autonomen Nationalisten (AN) in Ballungsräumen und Großstädten eine neue Gruppierung auf. Sie imitierte den Aktionsstil und das Gehabe (Kleidung) der linksextremistischen Autonomen, gab dem aber inhaltlich ein neonazistisches Gepräge, kombiniert mit "Anti-Antifa"Arbeit. So bildeten die AN bei Demonstrationen einen schwarzen Block und propagierten "antikapitalistische" Inhalte. Insgesamt durchlief die Neonaziszene eine "Modernisierung" und versuchte sich den Charakter einer "sozialen Bewegung" zu geben. Gleichzeitig erhöhte sich das von den Kameradschaften ausgehende Gefahrenpotenzial, da deren hohe Aktionsorientierung, die latente bis offene Gewaltaffinität und die stetige Indoktrinierung der Mitglieder eine Basis für eine tatsächliche Eskalation schufen. Parteigründungen - weitere Vereinsverbote | Auf das Verbot der Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V. (HNG) im Jahr 2011, des letzten bedeutsamen, fest organisierten neonazistischen Vereins, und die seit 2012 - auch in Hessen (Sturm 18, 2015 verboten) - verstärkt gegen Kameradschaften gerichteten Verbotsmaßnahmen reagierten Neonazis unter anderem mit zwei Parteigründungen: 2012 rief Christian Worch die Partei DIE RECHTE ins Leben, ein Jahr darauf gründete sich Der Dritte Weg. Über das grundgesetzlich verbürgte Parteienprivileg versuchten Neonazis auf diese Weise, staatliche Verbotsmaßnahmen zu umgehen bzw. verhindern. Auch wenn beide Parteien nicht verboten sind, sind sie bei Wahlen bislang unbedeutend. Kameradschaften und andere neonazistische Organisationen unterlagen hingegen weiterhin staatlichen Verboten. In den letzten Jahren gelang es Neonazis immer wieder, zu aktuellen Themen wie "Flüchtlinge" und "Corona-Proteste" zu mobilisieren und Anknüpfungspunkte für potenziell neue Szeneangehörige zu finden. So gaben zum Beispiel 2020 führende Protagonisten der Neonaziszene im Rahmen der Kampfsportveranstaltung "Kampf der Nibelungen" (KdN) Interviews, die unter anderem auf einem wöchentlichen KdN-Livestream auf Facebook zu verfolgen waren. Damit versuchten Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 105
  • seiner Gesinnung haltet! Für eine antifaschistische Uni - den Rechten entschlossen entgegentreten". * Kassel, 23. Juli: Etwa zehn schwarzgekleidete Personen, die jeweils
LINKSEXTREMISMUS zer Farbe unter anderem das Wort "Nazi" sowie das kommunistische Hammerund Sichelzeichen. Anschließend veröffentlichten unbekannte Personen auf der linksextremistischen Internetplattform de.indymedia.org einen Beitrag unter der Überschrift "Immenhausen/Nordhessen: Nazikarre beschädigt". * Kassel, 3. Mai: Autonome bekannten sich auf de.indymedia.org zu einem Farbanschlag auf die Wohnung des Vorsitzenden der AfD-Fraktion in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung und veröffentlichten dessen private Adresse sowie eine Darstellung seiner politischen Aktivitäten. * Frankfurt am Main, 29. Juni: Auf de.indymedia.org stellten Unbekannte einen Beitrag über den Geschäftsführer des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) in Frankfurt am Main ein: Dieser sei ein rechtsextremer Querdenker und seit Jahrzehnten für seine "rechten Umtriebe" bekannt. In dem Beitrag wurde zudem die Adresse der Eltern, nicht jedoch die Adresse des Betroffenen genannt. Die Verfasser riefen zu "Konsequenzen" auf: "Zeigt ihm [,] was ihr von seiner Gesinnung haltet! Für eine antifaschistische Uni - den Rechten entschlossen entgegentreten". * Kassel, 23. Juli: Etwa zehn schwarzgekleidete Personen, die jeweils einen Mundschutz trugen, beleidigten und bedrohten ein Mitglied der AfD bei einem Besuch eines Cafes in der Nähe der Universität. Es kam zu einem Wortgefecht, in dessen Zuge der Betroffene aufgefordert wurde, die Örtlichkeit zu verlassen. * Kassel, 8. September: Die Gruppierung T.A.S.K. veröffentlichte einen Recherchebeitrag über die JA Kassel und deren angebliche Verbindungen zu Burschenschaften in Hessen. In diesem Kontext publizierte T.A.S.K. auch private Wohnanschriften. * Kassel und Fuldabrück (Landkreis Kassel), 17. Oktober: Unbekannte Täter beschädigten zeitgleich in Kassel und Fuldabrück zwei Fahrzeuge von Mitgliedern der AfD-Fraktion im Hessischen Landtag. Hierzu veröffentlichten Unbekannte am 31. Oktober ein Selbstbezichtigungsschreiben mit den Privatanschriften der Betroffenen und den Fahrzeugkennzeichen auf de.indymedia.org. * Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf), 22. Oktober: Unter anderem über die Internetseite der regionalen linksextremistischen Rechercheund Outingplattform Stadt, Land, Volk mobilisierte die linksextremistische Szene zu Protesten ("Wir haben keinen Bock auf Nazipropaganda, Männlichkeitswahn und Körperkult") gegen eine Veranstaltung der Marburger Burschenschaft Germania. An der nicht angemeldeten Demonstration beteiligten sich etwa 170 Personen, darunter auch Linksextremisten. * Hattersheim am Main (Main-Taunus-Kreis), 3. November: Unbekannte Täter warfen mit roter und schwarzer Farbe sowie mit (mutmaßlich) Buttersäure gefüllte, dosenartige Gegenstände auf das Haus des Gründers der rechtsextremistischen GU. Am sel182 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Aufschriften "Autonome Zone - no cops, no nazis" und "antifaschistische Aktion": "Eine Aktivistin gab an, die Gruppe im Wald lebe antihierarchisch
LINKSEXTREMISMUS drei Baufahrzeuge, die im Umfeld des Riederwalds für Vorbereitungsarbeiten zum Ausbau der A66 abgestellt waren, in Brand. In einem tags darauf auf der Plattform de.indymedia.org veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben, unterzeichnet mit "Autonome Kleingruppe GmbH", hieß es in Bezug auf das "Potenzial" des Walds: "Menschen, die sich entschlossen gegen das Kapital und die Zerstörung unserer Lebensgrundlage stellen [...]. Menschen, die in ihrem selbstorganisierten Zusammenleben gemeinsam Schritt für Schritt ihre eigene Sozialisierung, die Fesseln, die dieses kranke System ihnen mit ihrer Geburt angelegt hat, zu überwinden. Wir sehen so verdammt viel Potenzial in diesem Ort. Darum ist unsere Aktion ein Zeichen unserer Verbundenheit zu diesem Ort und unserer Solidarität mit jenen, die ihn lebendig machen. Unsere Aktion ist auch ein Zeichen unserer eigenen Wut. Ein Zeichen unserer Hilflosigkeit". Im Frankfurter Riederwald erweiterten Aktivisten unter anderem die dort seit 2021 befindlichen Baumhäuser, Seilkonstruktionen und Gestelle, wobei sich die linksextremistisch beeinflusste Besetzung gegen die geplanten Rodungsmaßnahmen anlässlich des Baus des Riederwaldtunnels richteten. Laut eines Berichts der Frankfurter Rundschau vom 25. Oktober hingen im Wald Banner mit den Aufschriften "Autonome Zone - no cops, no nazis" und "antifaschistische Aktion": "Eine Aktivistin gab an, die Gruppe im Wald lebe antihierarchisch, anarchistisch und diskriminierungsfrei". Am Global Strike Bündnis Darmstadt beteiligten sich anlässlich des von der nichtextremistischen Fridays-for-Future-Bewegung ausgerufenen globalen Klimastreiks am 23. September in Darmstadt linksextremistische Gruppierungen. Darunter befanden sich die IL Darmstadt, die linksjugend ['solid] Darmstadt und DIE LINKE. Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband (DIE LINKE.SDS) Darmstadt. Am 6. Dezember besetzten Angehörige der nichtextremistischen Aktionskampagne EndFossil: Occupy! einen Hörsaal in der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Daran beteiligte sich auch das Bündnis StudentsDefendRojava, in dem unter anderem die IL vertreten war. Nachdem Gespräche zwischen der Universitätsleitung und den Besetzern gescheitert waren, räumte die Polizei den Hörsaal. "Antigentrifizierung": Angriffe auf Immobilienfirmen | Nach wie vor standen angeblich "antisoziale Stadtstrukturen" und der Kampf für selbstbestimmte "Freiräume" im Fokus von Autonomen. Im Rahmen einer linksextremistisch geprägten "Antigentrifizierungs"-Kampagne, die 2020 begonnen hatte, kam es auch im Berichtsjahr in Frankfurt 186 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Regel durch eine "Anti"-Haltung gekennzeichnet sind: "Antifaschismus", "Antirepression", "Antirassismus", "Antigentrifizierung" und "Antimilitarismus". "Antikapitalistische" Einstellungen von Autonomen, die im "Kapitalismus
LINKSEXTREMISMUS ENTSTEHUNG/GESCHICHTE Die autonome Bewegung wurzelt in den europaweiten Studentenprotesten der späten 1960er und der 1970er Jahre. In dieser Zeit entstand die Selbstbezeichnung Autonome. AUF EINEN BLICK * Gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei * "Anti"-Haltungen Gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei | Für die große Öffentlichkeit zum ersten Mal erkennbar agierten Autonome gewalttätig, als sie 1980 in Bremen gegen die Vereidigung von Bundeswehrrekruten demonstrierten. Dabei kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Als breite eigenständige Bewegung waren Autonome seit Anfang der 1980er Jahre auszumachen. Sie waren zunächst vor allem in der Friedensund in der Anti-Atomkraftbewegung sowie bei Hausbesetzungen aktiv. Gewalttätig agierten Autonome zum Beispiel gegen die in Wackersdorf (Bayern) geplante Wiederaufbereitungsanlage für Kernbrennstoffe; gleichfalls lieferten sich Autonome an der Startbahn West am Frankfurter Flughafen gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei, wobei während einer Demonstration am 2. November 1987 zwei Polizeibeamte erschossen wurden. Zuletzt waren Autonome hauptverantwortlich für die massiven Ausschreitungen bei den Protesten gegen die Eröffnung der neuen Zentrale der EZB 2015 in Frankfurt am Main und bei den Protesten gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg. Seitdem gab es - zum Beispiel bei Demonstrationen - bundesweit immer wieder teilweise auch sehr gezielte gewalttätige Angriffe, die sich insbesondere bei Veranstaltungen nicht nur gegen Polizeikräfte, sondern regelmäßig gegen tatsächliche oder vermeintliche "Faschisten" bzw. Rechtsextremisten richteten, wobei bei gezielten Attacken davon auszugehen ist, dass es im Vorfeld eine umfängliche Recherche zu der jeweiligen Person einschließlich ihrer Lebensumstände gegeben hatte. Anti"-Haltungen | Mit der Zeit erschlossen sich die Autonomen weitere Aktionsfelder, die in der Regel durch eine "Anti"-Haltung gekennzeichnet sind: "Antifaschismus", "Antirepression", "Antirassismus", "Antigentrifizierung" und "Antimilitarismus". "Antikapitalistische" Einstellungen von Autonomen, die im "Kapitalismus" die Wurzel allen Übels sehen, bilden die Grundlage für diese Aktionsfelder. Angepasst an sozialpolitische oder wirtschaftliche Entwicklungen können Autonome jederzeit neue Aktionsfelder schaffen. Dabei arbeiten Linksextremisten mit radikalen oder demokratischen Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 189
  • inhaltlich zum Teil diametral gegenüber. Nur über "antikapitalistische" und "antifaschistische" Grundhaltungen erzielen die drei Strömungen häufig einen Minimalkonsens. Zuletzt sind
LINKSEXTREMISMUS turen zu festigen. [...] Was wir machen können ist, den politischen Verantwortlichen, die, die durch ihre geistige Brandstiftung den Tätern erst den Nährboden geschaffen haben, die Konsequenzen für ihr Handeln aufzuzeigen. [...] Eine durch und durch gewalttätige Ideologie lässt sich nicht durch Worte oder Lichterketten stoppen". (Schreibweise wie im Original.) Linksextremisten in Hessen, vor allem gewaltbereite Autonome, zielen mit ihren "Aktionen" grundsätzlich auf Sachbeschädigungen ab oder kalkulieren diese ein. Bei diesen "aktionsorientierten" Handlungen kann es entsprechend spontan oder beabsichtigt zu gewaltsamen Angriffen auf Polizeibeamte oder ausgemachte "Feinde", also Anhänger des anderen politischen Lagers - in erster Linie Rechtsextremisten - kommen. In der Gesamttendenz treten diese konfrontativen, offenen Gewalthandlungen im Vergleich zu konspirativ durchgeführten Beschädigungsaktionen an Sachen, wie Fahrzeugen und Gebäuden, in Hessen deutlich zurück. Hauptströmungen der (post-)autonomen Szene in Hessen | Es sind tendenziell drei Hauptströmungen zu unterscheiden: Antiimperialisten, Antideutsche und Antinationale. Sie stehen sich inhaltlich zum Teil diametral gegenüber. Nur über "antikapitalistische" und "antifaschistische" Grundhaltungen erzielen die drei Strömungen häufig einen Minimalkonsens. Zuletzt sind szeneinterne Konfliktlinien schwieriger auszumachen, da "klassische" Ideologieansätze zunehmend zugunsten eines aktionistischen Vorgehens und frei interpretierter Denkmuster aufweichen. Antiimperialisten | Antiimperialisten machen die vorgeblich durch den "Kapitalismus" bedingte "imperialistische" Politik "westlicher" Staaten, vorrangig der USA und Israels, für weltpolitische Konflikte verantwortlich. Diese Linksextremisten stehen daher fest an der Seite von "antiimperialistischen Befreiungsbewegungen" etwa in Südamerika oder in der arabischen Welt. Im Unterschied zu den Antideutschen solidarisieren sich Antiimperialisten besonders mit dem von der Palestine Liberation Organization (PLO, Palästinensische Befreiungsorganisation) im Jahr 1988 ausgerufenen Staat Palästina und agitieren gegen Israel. Antideutsche | Antideutsche zeigen sich dagegen wegen der deutschen Verantwortung am Holocaust uneingeschränkt solidarisch mit Israel, aber auch mit den USA als dessen militärischer Schutzmacht. Arabische Regimes und islamistische Organisationen bezeichnen die Antideutschen als "rechtsradikal" oder "islamfaschistisch". Militärische Aktionen gegen eine mögliche Bedrohung Israels sehen Antideutsche grundsätzlich als positiv an. Damit widersprechen Anti194 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • verfolgten und häufig reaktionäre Ideologien verträten, die es aus "antifaschistischer" Perspektive zu bekämpfen gelte. Dies trifft aus Sicht der Antinationalen
LINKSEXTREMISMUS deutsche dem "antimilitaristischen" und gegen den Krieg gerichteten Selbstverständnis anderer autonomer Strömungen. Einige Autonome werfen Antideutschen daher "Kriegstreiberei" vor. Ferner sprechen Antideutsche der deutschen Nation mit Verweis auf den Holocaust die Existenzberechtigung ab. Den Antiimperialisten unterstellen sie - ebenso wie dem deutschen Volk im Allgemeinen - antizionistische und antisemitische Einstellungen. Antinationale | Mit den Antinationalen entwickelte sich spätestens seit 2006 bundesweit eine dritte ideologische Ausrichtung, die phasenweise in der autonomen Szene in Hessen prägend war und weiterhin präsent ist. Die Positionen der Antinationalen liegen zwischen Antiimperialisten und Antideutschen, sind jedoch den letzteren näher. Aus Sicht der Antinationalen ist jeder Staat im "Kapitalismus" zwangsläufig "imperialistisch". Kriege seien nur "Ausdruck der notwendigen Konflikte" im "kapitalistischen System", da die jeweiligen staatlichen Interessen gegenüber der globalen Konkurrenz durchgesetzt werden müssten. Die Antinationalen lehnen jedoch die einseitig positive Bezugnahme der Antiimperialisten auf revolutionäre "Befreiungsbewegungen" in der Dritten Welt ab, da diese letztlich auch nur nationalistische Ziele verfolgten und häufig reaktionäre Ideologien verträten, die es aus "antifaschistischer" Perspektive zu bekämpfen gelte. Dies trifft aus Sicht der Antinationalen insbesondere auf islamistische Gruppen zu. Den Antideutschen wiederum werfen Antinationale eine zu starke Fixierung auf den "historischen Sonderweg" Deutschlands und den daraus nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Staat Israel sowie eine Gleichsetzung von Islam und Islamismus vor. Zwar räumen Antinationale "Israel als Staat der Holocaustüberlebenden und als Schutzraum für die weltweit vom Antisemitismus bedrohten Jüdinnen und Juden" eine Sonderstellung ein, andererseits sehen sie in Israel - bei aller Solidarität mit dessen Volk - einen "kapitalistischen" Staat, der letztlich ebenso wie das gesamte Staatensystem abzuschaffen sei. STRUKTUREN Wie in der Vergangenheit war Frankfurt am Main sowohl personell als auch strukturell der autonome Szeneschwerpunkt in Hessen. Weitere autonome Szenen gab es in den Universitätsstädten Kassel, Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf), Gießen (Landkreis Gießen) und Darmstadt. Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 195
  • davon auszugehen, dass die linksextremistische Szene vor allem den "antifaschistischen Kampf" weiterhin nutzen wird, um politische Gegner anzugreifen und ihnen
LINKSEXTREMISMUS damit verbundene Strafund Gewalttaten zugänglich sein. Dort werden "Aktionen" gewalttätiger, stärker auf Personen anstatt auf Sachen ausgerichtet und "professioneller", wie vor allem die massiven Überfälle klandestin agierender Kleingruppen gegen Personen der rechtsextremistischen Szene zeigen. Eine Gesamtradikalisierung der autonomen/anarchistischen Szene mit entsprechenden "militanten Aktionen" ist in Hessen jedoch weiterhin (noch) nicht zu beobachten. Die Straftaten in anderen Ländern deuten offenbar auf eine steigende Gewaltbereitschaft hin. Darüber hinaus agieren entsprechende Kleingruppen anscheinend ganz oder teilweise in Abspaltung von der restlichen Szene. Es gibt Hinweise, dass diese Akteure im anarchistischen Spektrum zu verorten sind, das heißt in der individualistischen Strömung, die auch als insurrektionalistisch bzw. aufständisch zu beschreiben ist. Angehörige dieser Szene sind offensichtlich bundesweit aktionsfähig, wobei die Zahl direkter "Aktionen" gegen Personen und Sachen im Vergleich mit den zurückliegenden Jahren zunahm. Die Qualität der Angriffe zeigt, dass sich die Täter teilweise offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg mit ihren Angriffszielen und verschiedenen Tatoptionen beschäftigten. Autonome und Anarchisten behalten die für sie relevanten Themenfelder kontinuierlich im Fokus und besetzten diese - soweit nötig - zum Beispiel durch Veröffentlichungen. Grundsätzlich entspricht es der Strategie von Linksextremisten, bei gesellschaftlich strittigen Themen in "Protestbewegungen" einzusickern und dort zu versuchen, über eine gemeinsame Politisierung neue Anhänger zu gewinnen oder, wenn sich die Gelegenheit bietet, auf eine Radikalisierung der Aktionen und der politischen Ausrichtung hinzuwirken. Diesbezüglich spitzen Autonome und Anarchisten sich daraus ergebende Konflikte bei günstiger Gelegenheit bewusst zu, um vermeintlich "revolutionäre Momente" im Sinne der Entwicklung einer freien Gesellschaft der Individuen herbeizuführen. Entsprechend werden Autonome und Anarchisten auch in Zukunft politisch und in den Medien bedeutsame Themen aufgreifen und in ihrem Sinne instrumentalisieren. Dabei ist davon auszugehen, dass die linksextremistische Szene vor allem den "antifaschistischen Kampf" weiterhin nutzen wird, um politische Gegner anzugreifen und ihnen physisch und materiell zu schaden. Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 197
  • Campus Westend ab. * Für den 26. November mobilisierten die Antifa Main-Taunus und die kurdischen Studierendenverbände YXK und Jinen Xwendekaren
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG * Am 22. November führte Young Struggle eine nicht angemeldete Demonstration durch. * Am 23. November demonstrierten Anhänger der PKK und deutsche Linksextremisten gemeinsam "Gegen die Bombardierung von Rojava und Südkurdistan". Außerdem kam es am selben Tag zu einer gemeinsamen Aktion kurdischer und sich selbst als "internationalistisch" bezeichnender Studierender unter Beteiligung der YDG. Auch hier zeigten die Aktivisten verbotene PKK-Symbole. * Am 24. November hielt der Yekitiya Xwendekaren Kurdistan (YXK, Verband der Studierenden aus Kurdistan) eine "Notfallversammlung der Studierenden zu Kurdistan" auf dem Campus Westend ab. * Für den 26. November mobilisierten die Antifa Main-Taunus und die kurdischen Studierendenverbände YXK und Jinen Xwendekaren Kurdistan (JXK, Studierende Frauen aus Kurdistan) unter dem Motto "Stoppt die Angriffe auf Kurdistan" für eine Demonstration an der Hauptwache in Frankfurt am Main. Im Foyer des Fernsehsenders RTL Hessen führte die deutsche linksextremistische Gruppierung Defend Kurdistan am 7. Dezember ein "Die In" durch, um gegen den angeblichen Chemiewaffeneinsatz der Türkei zu protestieren. Besonders an der Goethe-Universität Frankfurt am Main setzten sich die Proteste bis zum Ende des Berichtjahrs fort. Spendenkampagne | Seit Jahren ist die jährliche "Spendenkampagne" der PKK ein zentrales Anliegen der Organisation: Tatsächliche oder vermeintliche Anhänger der Organisation werden aufgesucht und zur Überlassung eines vorgegebenen Geldbetrags aufgefordert. Ohne diese Finanzmittel wäre die logistische Unterstützung der Gesamtorganisation sowohl in Deutschland als auch im kurdischen Siedlungsgebiet im Nahen Osten nicht möglich. Förderlich für die "Spendenbereitschaft" dürften sich im Berichtsjahr insbesondere zwei Gründe bei den "Spendern" ausgewirkt haben: zum einen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Guerillaeinheiten der PKK und dem türkischen Militär, zum anderen die Haftsituation bzw. die Sorge um den Gesundheitszustand des PKK-Anführers Abdullah Öcalan. ENTSTEHUNG/GESCHICHTE 1978 als eine Partei mit marxistisch-leninistischer Ausrichtung gegründet, suchte die PKK mit ihren bewaffneten Einheiten seit dem 15. August 1984 die Auseinandersetzung mit dem türkischen Militär. Den Kampfhandlungen fielen seitdem mehrere zehntausend Menschen zum Opfer. 274 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Einbindung anderer Organisationen unter dem Motto "Freiheit für alle antifaschistischen und revolutionären Gefangenen - Nieder mit den NaziParagraphen 129, 129a
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG land als auch in Griechenland und in der Türkei in Haftanstalten einsitzende "politische Gefangene". Dabei gab es auch Aktionen vor den entsprechenden Generalkonsulaten. Des Weiteren demonstrierten regelmäßig einzelne Akteure vor dem Büro der Cumhurriyet Halk Partisi (CHP, Republikanische Volkspartei), da die DHKP-C diese für die Festnahmen verantwortlich machte. Auch in Darmstadt fanden thematisch gleichgelagerte Kundgebungen statt. Zudem "verbürgten" sich im Juni DHKP-C Aktivisten aus Darmstadt gegenüber dem Staat symbolisch für die Unschuld eines DHKP-C-Funktionärs und Grup-Yorum-Mitglieds, der im Mai festgenommen worden war. Mit Teilnehmerzahlen im einstelligen Bereich verliefen die Veranstaltungen friedlich. Darüber hinaus starteten DHKP-C-Anhänger kurz nach den Festnahmen ihre Kampagne "Weg mit dem Paragraphen SS129, SS129a und SS129b" und führten am 27. November in Berlin unter Einbindung anderer Organisationen unter dem Motto "Freiheit für alle antifaschistischen und revolutionären Gefangenen - Nieder mit den NaziParagraphen 129, 129a und 129b!" eine Demonstration durch: "Wer sich dem Faschismus nicht aktiv entgegenstellt, wird leicht zum Komplizen. Deshalb: Seid keine Komplizen, sondern geht auf die Barrikaden gegen den Faschismus!" Insgesamt fielen die Reaktionen der DHKP-C-Angehörigen auf die Festnahmen unterschiedlich aus. Ein Teil engagierte sich stärker für die Terrororganisation - etwa im Zuge der Solidaritätsveranstaltungen, ein anderer zog sich aus Furcht vor polizeilichen Maßnahmen zumindest von öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten für die Organisation zurück. Aktivitäten von Grup Yorum | Im Internet kündigte Grup Yorum im April ein für Juni geplantes Konzert in Frankfurt am Main an, das die Veranstalter schließlich kurzfristig absagten. Im Mai und Oktober kam der von Grup Yorum produzierte und von ihr mit einem Trailer beworbene Film "Mahalle - Das Viertel" in mehrere Kinos in Frankreich, Österreich und Deutschland, wobei in Hessen zwei Vorführungen in Frankfurt am Main stattfanden. Der Film handelt von einem Stadtviertel in Istanbul (Türkei), dessen Bewohner sich gegen die örtlichen Behörden auflehnen, als sie im Rahmen einer Gentrifizierungskampagne vertrieben werden sollen. Da Festnahmen und Durchsuchungen von an der Filmproduktion in der Türkei beteiligten Personen das Projekt nahezu zum Erliegen brachten, wurde der Film teilweise mit animierten Szenen fertiggestellt. Neben Gentrifizierung und Drogensucht war der Kampf gegen den "Kapitalismus" in diesem Kontext ein wichtiges Thema der DHKP-C. Bereits im Trailer gab es mehrere Bezüge zu der Organisation. Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 283
  • dogmatischen Linksextremismus verhaftet und beschreibt sich als "Teil der antifaschistischen Bewegung in Deutschland". Faschismus begreift die DIDF dabei im marxistischen
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG Im Mai startete Young Struggle die Kampagne "Jugend gegen Krieg und Krise" und kritisierte vor allem das Vorhaben eines 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr als einen "Schritt zur Aufrüstung und Militarisierung der deutschen Außenpolitik". Dies sei zugleich ein "Schlag ins Gesicht aller Schüler:innen und jungen Arbeiter:innen, für deren Gesundheit, Bildung und Freizeitangebote die BRD nie genug Geld hatte": "Besonders wir [...] sind betroffen von den zurück gehenden Sozialausgaben, von der Streichung von Subventionen für Zug Tickets bis zu den völlig maroden und unterfinanzierten Schulen und Berufsschulen, die Sparpolitik des Staates trifft uns alle in unserem Alltag". (Schreibweise wie im Original.) Young Struggle forderte unter anderem: "Nein zu jedem imperialistischen Krieg - ein Ende des Einmarschs Russlands in die Ukraine, ein Ende der kriegerischen Politik der NATOStaaten und ihrer Verbündeten in Kurdistan, Syrien, Palästina, Jemen, usw. [...] Milliarden in die Pflege, in die Bildung und in den Klimaschutz statt für Krieg und Aufrüstung; [...] Auflösung aller imperialistischen Bündnisse - ob NATO oder EU, die eine aggressive imperialistische Politik weltweit, aber vor allem aktuell in Osteuropa, ausüben!" Bewertung/Ausblick | Mit ihrer Themenauswahl, in der sich einige weltweite Krisenpunkte widerspiegelten, versuchten die MLKP und ihre Unterorganisationen Anschluss an die Mitte der Gesellschaft zu finden. Das galt vor allem für die Jugendorganisation Young Struggle, die sich im Kontext sozialer und bildungspolitischer Herausforderungen gezielt an "Schüler:innen, Student:innen und junge Arbeiter:innen" im Rahmen deren Alltagsbewältigung wandte. Demokratik Isci Dernekleri Federasyonu e. V. (DIDF, Föderation Demokratischer Arbeitervereine e. V.) Entstehung und Ideologie - Anhängerpotenzial | Die DIDF wurde 1980 in Deutschland als Dachverband von Arbeitervereinen aus der Türkei gegründet. Ideologisch ist sie dem dogmatischen Linksextremismus verhaftet und beschreibt sich als "Teil der antifaschistischen Bewegung in Deutschland". Faschismus begreift die DIDF dabei im marxistischen Sinne und sieht eine enge Verknüpfung zwischen "Kapitalismus" und "Faschismus". Die DIDF stellt die Wirtschaftsordnung in Deutschland und damit auch die politische Ordnung in Frage. Behörden, Justiz, Politik, Polizei und Medien wirft die DIDF einen strukturellen Rassismus vor, der dazu diene, die "Arbeiterklasse" zu 288 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Initiativen stattfanden. Ziel der DIDF war es, "alle antifaschistischen Kräfte" zu bündeln. Vor diesem Hintergrund arbeitete die DIDF anlassbezogen sowohl
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG spalten und die gegenwärtigen Besitzverhältnisse zu zementieren. In Hessen verfügte die DIDF etwa über 350 Anhänger. Strukturen | In Hessen bestanden Vereine der DIDF in Darmstadt, Frankfurt am Main, Hanau (Main-Kinzig-Kreis), Kassel und Rüsselsheim (Kreis Groß-Gerau). Die DIDF-Jugend war der Mutterorganisation zwar angegliedert, agierte jedoch unabhängig von den lokalen DIDF-Vereinen. Jugendvertretungen existierten neben den oben genannten Vereinen in Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) und Gießen (Landkreis Gießen). Dabei lag der Schwerpunkt der Tätigkeit der DIDF in Hessen bei Vereinen und Gruppen in Frankfurt am Main, Hanau und in Mittelhessen. Veranstaltungen | In vielen Ortsvereinen gab es regelmäßige Treffen von Mitgliedern, sodass von deren starker Bindung an die Organisation auszugehen ist. Die DIDF, besonders die DIDF-Jugend, führte im Berichtsjahr eine Vielzahl von Veranstaltungen durch. Diese reichten von Diskussionsrunden, Gedenkund Protestveranstaltungen bis hin zu Kundgebungen und Demonstrationen, wobei diese vermehrt unter Beteiligung von Gewerkschaften, Parteien (darunter die DKP), Bündnissen und Initiativen stattfanden. Ziel der DIDF war es, "alle antifaschistischen Kräfte" zu bündeln. Vor diesem Hintergrund arbeitete die DIDF anlassbezogen sowohl mit Extremisten als auch mit Nichtextremisten zusammen. Wie auch bei anderen türkischen linksextremistischen Organisationen war eine zunehmende Vernetzung mit anderen Organisationen - etwa der SDAJ - zu erkennen; darunter befanden sich auch andere extremistische Strukturen. Verstärkt setzten sich die DIDF und ihre Jugendorganisation für die Rechte von Arbeitnehmern ein. Beide forderten zudem mehr Geld für Bildung und eine Verbesserung der Lernumgebung und führten selbst Veranstaltungen zu politischen Themen durch. Die DIDF organisierte regelmäßig kulturell ausgerichtete Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, teilweise als Familienveranstaltungen in Form von Festen. Darüber hinaus organisierte die DIDF Lesungen, Konzerte und Theatervorführungen für ihre Mitglieder. Letztlich dienten solche (Freizeit-)Angebote der organisatorischen, aber auch der ideologischen Bindung der DIDF-Angehörigen und darüber hinaus der potenziellen Gewinnung neuer Anhänger. Ebenso positionierte sich die DIDF "gegen Gewalt an Frauen", votierte für eine "Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes" und kritisierte die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von steigenden Energiekosten und Inflation. In der Erklärung "Energiepreise einfrieren, Preiserhöhungen stoppen!" vom 22. September hieß es: Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 289
  • Partiya Yekitiya Demokrat (Partei der Demokratischen Union) OAT Offenes Antifaschistisches TrefR&AW fen Research & Analysis Wing OK RAC Organisierte Kriminalität
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS NZ PYD Nicht zuzuordnen Partiya Yekitiya Demokrat (Partei der Demokratischen Union) OAT Offenes Antifaschistisches TrefR&AW fen Research & Analysis Wing OK RAC Organisierte Kriminalität Rock Against Communism OLG RCDS Oberlandesgericht Ring Christlich-Demokratischer Studenten OMCG Outlaw Motorcycle Gang RH Rote Hilfe e. V. PAAF PhänomenbereichsübergreiRHD fende wissenschaftliche AnalyRote Hilfe Deutschlands sestelle Antisemitismus und RI Fremdenfeindlichkeit Realität Islam PCDK RIG Partiya Careseriya Demokratik Rat der Imame und Gelehrten a Kurdistane (Partei für eine poe. V. litische Lösung in Kurdistan) RIGD PIAS Rat der Imame und Gelehrten Polizeiliche Informationsund in Deutschland Analysestelle S. PJAK Seite Partiya Jiyana Azad a Kurdistane (Partei für ein freies Leben s. in Kurdistan) siehe PKK SA Partiya Karkeren Kurdistan (ArSturmabteilung beiterpartei Kurdistans) SDAJ PKV Sozialistische Deutsche ArbeiParlamentarische Kontrollkomterjugend mission Verfassungsschutz SP PLO Saadet Partisi (Partei der GlückPalestine Liberation Organizaseligkeit) tion (Palästinensische BefreiSPD ungsorganisation) Sozialdemokratische Partei PMK Deutschlands Politisch motivierte Kriminalität Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 327
  • oben gekürzten Glossareintrags, abgerufen im April 2023.) Faschismus s. "Antifaschismus" Fremdenfeindlichkeit ... richtet sich gegen Menschen, die sich durch Herkunft, Nationalität
GLOSSAR Aktivitäten ein wesentlicher Baustein in ihrer Radikalisierungsbiographie. Staatliche Maßnahmen, zum Beispiel Vereinsund Moscheeverbote, diverse Durchsuchungsaktionen, Ermittlungsund Strafverfahren gegen jihadistische Protagonisten und konsequente Abschiebungen führten zu einer Verhaltensänderung der salafistischen Szene: Es ist ein Trend zum Rückzug aus der Öffentlichkeit ins Private feststellbar. Szeneangehörige agieren vermehrt in geschlossenen Internetgruppen und vernetzen sich durch klandestine Treffen, zum Beispiel in Wohnungen (Home-Da'wa). - In Hessen ist wieder eine Zunahme öffentlicher Da'wa-Aktivitäten zu beobachten. (Vgl. https://www.verfassungsschutz.bayern.de/islamismus/ definition/strategie/dawaarbeit/index.html, unter dieser Adresse die komplette Fassung des oben gekürzten Glossareintrags, abgerufen im April 2023.) Dual-Use-Güter Mit der Verordnung (EU) 2021/821 (EU-Dual-Use-VO) hat die EU für alle EU-Mitgliedstaaten gemeinsame Genehmigungspflichten und Verfahrensweisen bei der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung, der Durchfuhr und der Verbringung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck festgelegt. Hierbei handelt es sich um Güter, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind (zum Beispiel bestimmte Chemikalien, Maschinen, Technologien und Werkstoffe, aber insbesondere auch Software oder Technologien). (Vgl. https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/AussenwirtschaftBargeldverkehr/Warenausfuhr/Waren/Dual-Use-Gueter/dual-usegueter_node.html, hier die komplette Fassung des oben gekürzten Glossareintrags, abgerufen im April 2023.) Faschismus s. "Antifaschismus" Fremdenfeindlichkeit ... richtet sich gegen Menschen, die sich durch Herkunft, Nationalität, (vgl. auch Rassismus) Religion oder Hautfarbe von der als "normal" erachteten Umwelt unterscheiden. Die mit dieser Zuweisung typischerweise verbundenen vermeintlich minderwertigen Eigenschaften werden als Rechtfertigung für einschlägige Straftaten missbraucht. Insbesondere das rechtsextremistische Weltbild ist geprägt von einer Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit, aus der unter anderem Fremdenfeindlichkeit resultiert. (Vgl. https://www.verfassungsschutz.bremen.de/oeffentlichkeitsarbeit/ glossar-11578?begriff=F&lang=de#glossar_2132, abgerufen im April 2023.) 338 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Staat und Kapital". (Vgl. https://www.verfassungsschutz-bw.de/,Lde/_Perspektive+ Kommunismus_+verteidigt+_antifaschistische+Gewalt_+und+fordert+_revolutionaeren+Aufbauprozess_, abgerufen im April
GLOSSAR Grundsätzlich werden einem Personenzusammenschluss bzw. einem Beobachtungsobjekt alle jene Personen zugerechnet, die ihm entweder erkennbar angehören oder dessen Ziele nachhaltig unterstützen. Ein Beobachtungsobjekt kann jedwede Gruppierung sein, von einer Partei bis hin zu einem losen Personenzusammenschluss. In der Folge ist auch die Art der Bindung der Personen an die jeweilige Gruppierung unterschiedlich. Zum Personenpotenzial zählen daher unter anderem Funktionäre, Mitglieder, Angehörige oder Aktivisten, aber auch solche Personen, die eine Gruppierung offen oder verdeckt unterstützen, etwa durch die Teilnahme an Veranstaltungen oder Spenden. Da nicht alle Personen über längere Zeiträume kontinuierlich in einer oder für eine Gruppierung aktiv sind, muss die Angabe eines Personenpotenzials unter Einbeziehung und sorgfältiger Abwägung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse geschätzt werden. ... ist ein antiimperialistischer Zusammenschluss von revolutionärPerspektive Kommunismus (PK) kommunistisch ausgerichteten Gruppen mit einem marxistisch-leninistischen Weltbild. Ihr Ziel ist die revolutionäre Überwindung des "kapitalistischen Systems". Hierfür bemüht sich die PK um eine "bundesweite revolutionäre Organisation" als "reale Gegenmacht zur Macht von Staat und Kapital". (Vgl. https://www.verfassungsschutz-bw.de/,Lde/_Perspektive+ Kommunismus_+verteidigt+_antifaschistische+Gewalt_+und+fordert+_revolutionaeren+Aufbauprozess_, abgerufen im April 2023.) Zum 1. Januar 2001 wurden mit Beschluss der InnenministerkonfePolitisch motivierte Kriminalität renz das Definitionssystem PMK sowie die Richtlinien für den Krimi(PMK) nalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität eingeführt, um für politisch motivierte Straftaten eine einheitliche polizeiliche Datenerhebung, -erfassung und -auswertung zu ermöglichen. Der PMK werden alle Straftaten zugeordnet, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, dies unabhängig davon, ob eine politische Motivation im Einzelfall festgestellt werden kann. Zu den Staatsschutzdelikten zählen unter anderem: Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit, Straftaten gegen ausländische Staaten, Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen, Bildung terroristischer Vereinigungen, Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen im Ausland sowie Volksverhetzung. Neben den Staatsschutzdelikten fallen unter die PMK auch diejenigen Straftaten, die in der Allgemeinkriminalität begangen werden können (wie zum Beispiel Tötungsund KörperverletzungsHessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 353