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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Thüringer Autonome und wie Körperverletzung, Sachbeschädigung und ihr "Antifaschismus"-Verständnis Landfriedensbruch. Planungen und Rahmenbedingungen für öffentlichkeitswirksame und auch interne Aktivitäten
Persönliche Kontakte von Thüringer Autonomen verbalradikaler Militanz. Vermehrt richten sich insbesondere auch in bundesweite Szenehochjedoch auch hier durch zunehmende Brutaliburgen wie Leipzig, Berlin und Hamburg, das tät und Organisation auffallende Gewalttaten Aufgreifen aktueller Themen, die Mobilisierung unabhängig vom Veranstaltungsgeschehen für überregionale Veranstaltungen und Proteste, gegen Personen. Kleine, klandestin vorgehende Verlinkungen, Vernetzungsbemühungen und Gruppen agieren überfallartig - oft im Schutz die Beteiligung an Aktivitäten im Bundesgebiet der Dunkelheit und zahlenmäßig überlegen - belegen eine enge Einbindung und bundesweite gegen vorab gezielt ausgewählte Opfer. Selbst Verflechtung. Im Berichtszeitraum beteiligten Taten mit einer hohen Gewaltintensität scheinen sich Thüringer Autonome an Aktivitäten in szeneintern zunehmend als legitim zu gelten. anderen, insbesondere angrenzenden BundesSie finden keinen expliziten Widerspruch. Eine ländern wie Sachsen und Sachsen-Anhalt. gezielte Tötung politischer Gegner und Herausbildung terroristischer Strukturen erscheint so Das Aktionsspektrum und die Artikulationsnicht ausgeschlossen. In Thüringen kam es bei formen Autonomer sind vielfältig. Sie reichen Sachbeschädigungen und Brandstiftungen wievon Diskussionen, Vortragsveranstaltungen, derholt zu Anschlägen auf bewohnte Objekte. Protesten und Demonstrationen über StraßenEine Gefährdung von Menschenleben wird hier krawalle, Sachbeschädigungen bis hin zu zumindest billigend in Kauf genommen. Brandanschlägen. Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Autonomen. Strafund Ebenso fehlt weiterhin eine eindeutige und Gewalttaten richten sich insbesondere gegen unmissverständliche Distanzierung von linksPersonen und Objekte des rechtsextremistiterroristischen Gruppierungen, sei es die "Rote schen Spektrums und Einsatzkräfte der Polizei. Armee Fraktion" (RAF), die bereits 1999 ihre Soweit Demonstrationen gegen den politischen Auflösung erklärte und deren Straftaten auch Gegner möglich waren, konnten Ausschreitunwegen der anhaltenden Solidarisierung mit ihr gen zwischen den beiden verfeindeten Lagern noch immer nicht restlos aufgeklärt werden durch Einsatzkräfte der Polizei verhindert konnten, oder seien es ausländische "Befreiwerden. Wie üblich suchten Autonome den unungsbewegungen" und "Widerstandskämpfe". mittelbaren Kontakt zum politischen Gegner, um diesem "mit allen Mitteln" entgegenzutreten. So kam es auch im Berichtszeitraum zu Straftaten 3.2 Thüringer Autonome und wie Körperverletzung, Sachbeschädigung und ihr "Antifaschismus"-Verständnis Landfriedensbruch. Planungen und Rahmenbedingungen für öffentlichkeitswirksame und auch interne Aktivitäten und Veranstaltungen Recherche und Sachbeschädiunterlagen aufgrund der Corona-Pandemie den gungen, Brandanschläge und jeweils geltenden Einschränkungen. Explosionen Vermehrt kam es jedoch auch zu gezielten, Ein Grundkonsens der autonomen Szene gewalttätigen Übergriffen auf "politisch Andersbesteht darin, über Ideen, Aktivitäten sowie denkende" oder vermeintlich Verantwortliche die Anhängerschaft ihres politischen Gegners für szenerelevante "Missstände". Insbesondeaufzuklären. Methodische Mittel reichen dabei re gegen Polizisten im Einsatz scheint dabei von Recherchebis zu sog. Outing-Aktionen. jede Hemmschwelle zu fallen, sodass tödliche Mit diesen setzen Linksextremisten darauf, Verletzungen zumindest von einigen Akteuren mutmaßliche oder tatsächliche politische offenbar billigend in Kauf genommen werden. Gegner als "Nazis" z. B. durch InternetdarstelIn Thüringen zeigt sich dieser Trend bislang in lungen oder Flugblattaktionen im Wohnoder 72
  • linksextremistischen autonomen Szene zuzuordnende Gruppierung "DISSENS - Antifaschistische Gruppe Erfurt" (DISSENS) legt eigener Darstellung zufolge den Fokus auf emanzipatorische Theorie
Erneuter Angriff auf rechtsextremistisches nicht verletzt. Da die Anschläge in der Regel in Szenelokal "Bulls Eye" am 11. Januar in den frühen Morgenstunden verübt wurden, ist Eisenach bei (unmittelbar oder mittelbar betroffenen) bewohnten Objekten ein von den unbekannten In den frühen Morgenstunden kam es an dem Tätern zumindest einkalkulierter PersonenschaObjekt zu einer Explosion und Sachbeschäden zu unterstellen. Selbstbezichtigungsschreidigung. Unbekannte brachten an dem Mehrben wurden in allen Fällen nicht festgestellt. familienwohnund Geschäftshaus ein Graffiti Folgende Brandanschläge fanden statt: "FIGHT NAZIS EVERYDAY" an und entzündeten unmittelbar am Gebäude eine selbstgebaute * am 12. April in Ronneburg (Lkr. Greiz) und Sprengvorrichtung. Zusätzlich zu den nicht Schmölln (Lkr. Altenburg), unbeträchtlichen Explosionsschäden wurde * am 18. April auf das "Waldhaus" in zudem eine übel riechende Flüssigkeit, vermutSonneberg (Lkr. Sonneberg), lich Buttersäure, in das Gebäude eingebracht. * am 23. April auf das "Rittergut Personen kamen nicht zu Schaden. Der GesamtGuthmannshausen" (Lkr. Sömmerda) des sachschaden beläuft sich auf einen mittleren "Gedächtnisstätte e. V." und fünfstelligen Betrag. Auf "de.indymedia" wurde ein Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlicht. * am 28. Mai auf die Gaststätte "Goldener Neben vereinzelten überregionale Resonanzen Löwe" in Kloster Veßra (Lkr. Hildburgwurden in Thüringen Nachklänge des "Infolahausen). dens Sabotnik" in Erfurt, des "Infoladen Gotha" In diesem auch zu Wohnzwecken genutzten und von DISSENS32 festgestellt.33 Objekt nächtigten mehrere Personen zur Tatzeit. Der am höchsten zu beziffernde Sachschaden dieser Serie im sechsbis siebenstelligen Serie von Brandanschlägen im April und Mai Bereich entstand bei einer schweren BrandstifBereits in den Vorjahren war es wiederholt zu tung am Nachmittag des 23. April am ebenfalls szenetypischen Angriffen auf Immobilien mit bewohnten Rittergut Guthmannshausen. Dabei (mutmaßlichen) Bezügen zur "rechten" Szene geriet zunächst der Dachstuhl des Anwesens gekommen, insbesondere durch verschiedene in Vollbrand. In der zugehörigen GartenanlaFormen von Sachbeschädigungen, im Einzelfall ge befindliche Stelen wurden mit schwarzer auch durch schwerere Straftaten wie BrandstifBitumenmischung beschmiert, weitere Schäden tung. Die Schadenssummen waren zum Teil sehr entstanden an Zaun und Eingangstür. Bereits in hoch. Im April und Mai des Berichtszeitraumes den letzten Jahren fiel eine merkliche Zunahme kam es zu einer Serie von Brandanschlägen an entsprechenden Straftaten bundesweit auf. auf Immobilien, die von Rechtsextremisten für Brandanschläge sind aus Szenesicht ein beVeranstaltungen und weitere Aktivitäten genutzt währtes, einfach umzusetzendes und effektives wurden, teilweise aber auch Wohnzwecken Mittel, mit dem sowohl mediale Aufmerksamdienten. Die Sachschäden waren in allen Fällen keit als auch hohe Schäden leicht zu erreichen erheblich, zum Teil entstand Totalschaden an sind. Zunehmend sind dabei neben sehr hohen den Gebäuden. Personen wurden mit AusSachschäden auch Personenschäden zu vernahme eines Feuerwehrmannes im Einsatz zeichnen. 32 Die der linksextremistischen autonomen Szene zuzuordnende Gruppierung "DISSENS - Antifaschistische Gruppe Erfurt" (DISSENS) legt eigener Darstellung zufolge den Fokus auf emanzipatorische Theorie und damit verbundene Praxis und positioniert sich für "die Überwindung Deutschlands und des Kapitalismus", wobei "weder ein buntes, weltoffenes oder sogar besseres Deutschland" angestrebt werde, sondern dessen Abschaffung. DISSENS stellt zudem eine ablehnende bis feindliche Haltung gegenüber der Demokratie zur Schau und kann als gewaltbefürwortend eingeordnet werden. 33 Die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden dauerten zum Redaktionsschluss an. 74
  • Tesla in Brandenburg bis hin zur Soldarisierung mit der "Antifa Sachsen". Ein Solidaritätsaufruf für die Angeklagten im oben erwähnten Verfahren
das in direkter Nachbarschaft zum Flughafen BER in Schönefeld (Dahme-Spreewald) geplante Einund Ausreisezentrum das zentrale Hassobjekt. Im Verlauf des Jahres 2022 mehrten sich Sachbeschädigungen an Parteibüros, Störungen von Landtagssitzungen, Verfälschungen von Webseiten und Social-Media-Accounts sowie auch verbale Anfeindungen und Diffamierungen gegen einzelne Personen auf einschlägigen Plattformen wie "Indymedia". Hingegen blieben konkrete Beteiligungen an Demonstrationen gegen den "Abschiebeknast" und gegen die als "Abschiebeparteien" diffamierten SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trotz umfänglicher Mobilisierungen über diverse szenetypische Portale eher gering. Aktionsfeld "Antimilitarismus" Auf der vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuften Webseite "Indymedia" und auf anderen einschlägigen Webseiten wird unter der Überschrift "Rüstungsindustrie angreifen!" dazu aufgerufen, "Erkenntnisse und Recherchen über die deutsche Rüstungsindustrie zusammenzutragen". Erklärtes Ziel sei es, mit diesen Recherchen "zu einer Intensivierung der Angriffe auf diese Todesindustrie" beizutragen.210 Tatsächlich findet sich unter der beworbenen URL eine Liste mit Adressdaten von mehreren Unternehmen (geordnet nach Produzenten, Zulieferern, Logistik, Forschung, Finanzierung, Legitimierung), die nach Darstellung der Autoren in Zusammenhang mit deutschen Waffenexporten stünden und somit als potenzielle Anschlagsziele von Linksextremisten dienen würden. Unter anderem sind auch Unternehmen mit Sitz im Land Brandenburg gelistet. Im Rahmen seiner Zuständigkeit im Bereich Wirtschaftsschutz sensibilisierte der Verfassungsschutz gemeinsam mit der Polizei des Landes Brandenburg potenziell betroffene Firmen. Auch die Anfang September 2022 erfolgte Sabotage der Bahnstrecke zwischen der PCK-Raffinerie in Schwedt und Berlin erfolgte im Begründungszusammenhang "Antimilitarismus". Mit diversen Slogans wie "Kein Öl für Krieg - kein Krieg für Öl" und "Rettet das Klima - sabotiert die Kriegswirtschaft!" sowie Ausführungen über den russischen Angriffskrieg schlug das Selbstbezichtigungsschreiben211 einen breiten thematischen Bogen um bekannte linksextremistische Positionen. Es finden sich allgemeine Kapitalismuskritik, Klimaschutz und die Ablehnung von Projekten der Deutschen Bahn in Mexiko. Ebenso ging es gegen Rüstungskonzerne und Militär, gegen Tesla in Brandenburg bis hin zur Soldarisierung mit der "Antifa Sachsen". Ein Solidaritätsaufruf für die Angeklagten im oben erwähnten Verfahren vor dem Staatsschutzsenat des OLG Dresden wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung durfte auch nicht fehlen. Im Dezember 2022 beklebten Linksextremisten eine Tür des Lehrstuhls für "Militärgeschichte / Kulturgeschichte der Gewalt" an der Universität Potsdam mit Anti-Bundeswehr-Aufklebern und bezeichneten den verantwortlichen Professor in dem auf "Indymedia" veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben als "Kriegsfetischist und Wehrmacht-Tollfinder"212. Aktionsfeld "Kurdistansolidarität" Erneut waren 2022 seitens brandenburgischer Linksextremisten Solidaritätsbekundungen und Spendenaktionen im Zusammenhang mit Kurdistan und der extremistischen PKK zu vernehmen. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gelder nicht nur in zivile Projekte, sondern auch in den bewaffneten Kampf fließen.213 Auffällig jedoch ist, dass der wahrgenommene Umfang hiesiger Aktionen im Vergleich zu den Vorjahren nicht den anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen mit der türkischen Armee und dem Sicherheitsapparat in den Gebieten der Autonomieverwaltung Nordund Ostsyriens sowie den 210 vgl. Indymedia, 03.04.2022 (letzter Zugriff am 07.01.2023). 211 vgl. Webseite Rüstungsindustrie.NoBlogs: "Rüstungsindustrie angreifen." 06.09.2022 (letzter Zugriff am 12.01.2023). 212 vgl. Indymedia, 15.12.2022 (letzter Zugriff 16.12.2022). 213 vgl. Kap. 8 Auslandsbezogener Extremismus. 110
  • geprägt von Anti-Einstelbekannte "Arbeiterpartei Kurdistans". lungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", Derartige Organisationen unterliegen der Beob"antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und achtung durch
Entsprechend ihrer politischen Ausrichtung Autonome handelt es sich dabei zum Beispiel um linksextremistische Organisationen, soweit sie in Kennzeichnend für die Bewegung der Autonoihren Heimatländern ein sozialistisches bzw. men, die über kein einheitliches ideologisches kommunistisches Herrschaftssystem anstreben Konzept verfügt, ist die Ablehnung staatlicher oder um nationalistische Organisationen, die und gesellschaftlicher Normen und Zwänge, die ein überhöhtes Selbstverständnis von der eigeSuche nach einem freien, selbstbestimmten nen Nation haben und die Rechte anderer Völker Leben in herrschaftsfreien Räumen und der Wimissachten. Daneben gibt es separatistische derstand gegen den demokratischen Staat und Organisationen, die eine Loslösung ihres Herseine Institutionen, wobei Gewalt von Autonokunftsgebietes aus einem bereits bestehenden men grundsätzlich als Aktionsmittel ("militante Staatsgebilde und die Schaffung eines eigenen Politik") akzeptiert ist. Autonome bilden den Staates verfolgen. Die größte von den Verfasweitaus größten Anteil des gewaltbereiten linkssungsschutzbehörden beobachtete ausländerextremistischen Personenpotenzials. extremistische Organisation in Deutschland Das Selbstverständnis der heterogenen autoist nach wie vor die unter der Bezeichnung PKK nomen Bewegung ist geprägt von Anti-Einstelbekannte "Arbeiterpartei Kurdistans". lungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", Derartige Organisationen unterliegen der Beob"antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und achtung durch die Verfassungsschutzbehörden, kommunistische Ideologiefragmente ("Klassenwenn: kampf", "Revolution" oder "Imperialismus") bilden den Rahmen ihrer oftmals spontanen * sie sich gegen die freiheitliche demokraAktivitäten. Eine klassische Form autonomer tische Grundordnung der Bundesrepublik Gewalt ist die so genannte Massenmilitanz. Das Deutschland richten, indem sie hier sind Straßenkrawalle, die sich im Rahmen von z. B. versuchen, eine ihren Grundsätzen Demonstrationen oder im Anschluss daran ententsprechende Parallelgesellschaft zu wickeln. Hierbei kommt es regelmäßig auch zu errichten, Gewaltexzessen. * sie ihre politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen und dadurch die Sicherheit Autonome Nationalisten des Bundes oder eines Landes gefährden, Mit den "Autonomen Nationalisten" tritt eine Strömung innerhalb des deutschen Neona- * sie vom Bundesgebiet aus Gewaltaktiotionalsozialismus öffentlichkeitswirksam in nen in anderen Staaten durchführen oder Erscheinung, die sich in lokalen Gruppierununterstützen und dadurch auswärtige Begen organisiert. Angehörige der "Autonomen ziehungen der Bundesrepublik DeutschNationalisten" treten oft mit einem hohen Maß land zu diesen Staaten gefährden, an Gewaltbereitschaft gegen Polizeibeamte und * sich ihre Aktivitäten gegen den Gedanpolitische Gegner auf, dies insbesondere bei ken der Völkerverständigung, insbesonöffentlichen Veranstaltungen, wo sich "Autodere das friedliche Zusammenleben der nome Nationalisten" bisweilen vermummt zu Völker, richten. sog. Schwarzen Blöcken zusammenschließen. Zudem übernehmen sie in Teilen Stilelemente anderer Jugendsubkulturen und treten ähnlich gekleidet auf wie militante Linksextremisten (Autonome). Innerhalb der Neonazi-Szene sind 110
  • politische Mitte anschlussfähiger Themen. Im Zentrum stehen Aktionsfelder wie "Antifaschismus", "Antirassismus", "Kurdistansolidarität", "Klima" sowie "Antirepressions-" und "Antigentrifizierungsarbeit". In den letzten
6.1 Autonome Sitz / Verbreitung Autonome Szenen finden sich landesweit in größeren Städten wie Potsdam, Cottbus, aber auch in Kleinstädten wie Finsterwalde (EE). Gründung / Bestehen Ab dem Ende der 1970er-Jahre entwickelten sich in der Bundesrepublik nach der Studentenbewegung von 1968 sowie den Aktivitäten der "Sponti-Szene"186 lokale autonome Szenen. Nach der Wiedervereinigung schlossen sich auch in Brandenburg Personen zu derartigen Gruppierungen zusammen. Struktur / Repräsentanten Der autonome Linksextremismus stellt weder in Organisationsstruktur noch hinsichtlich Ideologie und Strategie eine homogene Struktur dar. Politische Weltanschauungen und Methoden zu deren Erreichung unterscheiden sich zwischen den regionalen Szenen ebenso wie innerhalb lokaler Bündnisse und Gruppen. Autonome haben ein ambivalentes - eher pragmatisches - Verhältnis zu festen Gruppenstrukturen. Die brandenburgischen Szenestrukturen sind somit zumeist nur lokal verankert und nicht dauerhaft in überregionale Bündnisse eingebunden. Im Zusammenhang mit szenetypischen Großveranstaltungen und aus der Notwendigkeit als geschlossene Einheit zu wirken, kommt es jedoch zu zeitlich befristeten Kooperationen mit anderen linksextremistischen Gruppierungen. Eine längerfristige Vernetzung und der Aufbau fester autonomer Strukturen scheitert häufig an der geringen Verweildauer einzelner Mitglieder in der Szene.187. Mitglieder / Anhänger / Unterstützer Der autonomen Szene werden im Land Brandenburg etwa 200 Personen zugerechnet. Veröffentlichungen Die autonome Szene in Brandenburg berichtet über ihre Aktivitäten zumeist über das Internet. Hierfür werden einschlägige Szene-Portale ebenso wie Blogs und soziale Netzwerke genutzt. Kurzportrait / Ziele Die autonome Szene besteht aus lokalen Personenzusammenschlüssen, deren Ziel die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist. Obwohl die autonome Szene zumeist kein in sich geschlossenes Weltbild vertritt, orientiert sie sich klar an anarchistischen Ideologien. So lehnen Autonome sowohl Staaten als auch Parlamentarismus als illegitime Herrschaftsapparate beziehungsweise -formen grundlegend ab. Bei genauerer Betrachtung fällt zudem auf, dass die autonome Szene vor allem durch eine "Anti-Haltung" geprägt ist. Autonome wissen zwar sehr genau, was sie politisch ablehnen und bekämpfen. Eine konkrete Ausgestaltung der von ihnen angestrebten "herrschaftsfreien Gesellschaft" bleiben sie jedoch schuldig. Die autonome Szene organisiert ihren politischen Kampf entlang unterschiedlicher, zum Teil bis weit in die politische Mitte anschlussfähiger Themen. Im Zentrum stehen Aktionsfelder wie "Antifaschismus", "Antirassismus", "Kurdistansolidarität", "Klima" sowie "Antirepressions-" und "Antigentrifizierungsarbeit". In den letzten Monaten traten verstärkt Aktionen im "Antimilitarismus" auf. 186 Als "Spontis" wurden in den 1970erund 1980er-Jahren politisch linksorientierte Gruppen bezeichnet, deren Grundidee es war, mit einer "Spontaneität der Massen" für eine revolutionäre Überwindung des bestehenden Systems zu kämpfen. Hierfür besetzte die "Sponti-Szene" zum Beispiel Häuser oder rief zu wilden Streiks in Betrieben auf. 187 Homepage Bundeszentrale für politische Bildung: "Die internationale Vernetzung von Linksextremisten", 12.03.2018 (letzter am Zugriff 02.12.2022). 103
  • linksextremistischer Prägung durchzusetzen. Letztendlich bildet vor allem das Themenfeld "Antifaschismus" eine inhaltliche Klammer für weite Teile des linksextremistischen (und zugleich
als Aktionsfelder vereinnahmt. Ziel ist, die Deutungshoheit zu gewinnen, die demokratische Klimabewegung zu radikalisieren und einen allumfassenden Systemwandel linksextremistischer Prägung durchzusetzen. Letztendlich bildet vor allem das Themenfeld "Antifaschismus" eine inhaltliche Klammer für weite Teile des linksextremistischen (und zugleich auch demokratisch-linken) Spektrums - auch über Differenzen der sehr heterogenen und oft zerstrittenen Akteure hinweg. Unter Gentrifizierung wird allgemein die soziale Verdrängung ansässiger Menschen durch wohlhabendere Bevölkerungsschichten verstanden. Diesem vor allem in städtischen Ballungszentren anzutreffenden Prozess kann nach Auffassung der autonomen Szene ebenfalls nur durch die Überwindung des Kapitalismus wirksam begegnet werden. Dabei erhalten Hausbesetzungen mit dem Ziel der Eroberung und Aneignung "herrschaftsfreier Rückzugsräume" eine symbolische Wirkung. Diese sollen bis weit in die gesellschaftliche Mitte reichende Sympathien erzeugen. Hieran wird deutlich, dass Autonome für die Lösung oftmals komplexer Probleme nur einfache monokausale Erklärungsansätze liefern. Klare Feindbilder sind bei Extremisten typisch anzutreffende Denkmuster. Die "Kurdistansolidarität" ist ein weiteres althergebrachtes Agitationsfeld brandenburgischer Linksextremisten - vor allem in Potsdam und Cottbus. Dabei versuchen Linksextremisten durch die Teilnahme an Demonstrationen Bündnisse mit kurdischen Aktivisten und Anhängern der PKK sowie YPG zu schmieden.190 Das im nördlichen Syrien gelegene kurdische Gebiet "Rojava" ist zudem ein verklärter Sehnsuchtsort für Linksextremisten, die dort vereinzelt auf kurdischer Seiten in den bewaffneten Kampf ziehen. Den im Kampf Getöteten - darunter auch Deutsche - wird in einigen linksextremistischen Gruppierungen ein Märtyrerstatus zugeschrieben. Mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gewinnt auch das Aktionsfeld "Antimilitarismus" wieder zunehmend an Bedeutung. In den Fokus gewaltorientierter Linksextremisten rücken dabei insbesondere Rüstungsunternehmen und ihre Zulieferbetriebe, die Bundeswehr, politische Parteien und Entscheidungsträger. Dabei versuchen sie, das Thema mit anderen Agitationsschwerpunkten wie den "Kampf um das Klima" zu verbinden. Finanzierung Die autonome Szene finanziert sich maßgeblich durch Spenden und Einnahmen aus der Organisation von Szeneaktivitäten, wie zum Beispiel Konzerten. Mitgliedsbeiträge gibt es nicht. Grund für die Beobachtung / Verfassungsfeindlichkeit Das politische Fernziel der Autonomen ist die Überwindung der gegenwärtigen Staatsund Gesellschaftsordnung zugunsten einer "herrschaftsfreien Gesellschaft". Zentrale und die diversen Spektren verbindende Ideologie ist die Ablehnung parlamentarischer und rechtsstaatlicher Strukturen sowie die Negierung des staatlichen Gewaltmonopols. Dafür befürwortet der Großteil der Szene den gezielten Einsatz von Gewalt. Gewalt ist für Autonome Ausdruck der Unversöhnlichkeit mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen oder der "Preis", den die in ihren Augen Verantwortlichen für die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Ordnung zahlen müssen. Die jeweiligen Einzeltaten haben für sich genommen in der Regel kaum revolutionären oder staatsgefährdenden Charakter. Vielmehr sollen vor allem Gewalttaten als revolutionärer Beitrag der Autonomen in der Summe politische Symbolkraft entfalten. In separaten Bekennerschreiben werden Begründungszusammenhänge formuliert und oft lediglich konstruiert, um Forderungen Nachdruck zu verleihen und die Gewalt zu legitimieren. Aus diesen Gründen richten sich Autonome eindeutig gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Folglich ergibt sich die Zuständigkeit nach SS 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes. 190 Für weitere Informationen zur PKK und YPG siehe Kapitel 8 "Auslandsbezogener Extremismus". 105
  • sammeln für das 129a-Verfahren gegen Lina und andere Antifaschist*innen. Wir freuen uns auf Euer Kommen und zahlreiche Spenden
oder Hausdurchsuchungen. Darüber hinaus organisiert sie Vorträge, Filmabende, Kundgebungen, Demonstrationen und "Solipartys".227 Das primäre Betätigungsfeld der RH ist die Verteidigung und Beratung linksextremistischer Straftäter. Insgesamt unterstützte die RH zwischen Mitte Oktober 2021 bis Ende September 2022 bundesweit 564 Anträge. Dafür wurden rund 380.000 Euro aufgewendet.228 Der Grundsatz einer möglichen finanziellen oder juristischen Hilfe ist an die Bedingung einer kategorischen Aussageund Kooperationsverweigerung gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft geknüpft. So wird in unterschiedlichen Artikeln, die die Solidarisierung mit Straftätern thematisieren, dazu aufgerufen, die Aussage zu verweigern. Für den Fall, dass dieser Aufforderung nicht nachgekommen wird, indem der Täter beispielsweise Reue zeigt oder sich gar für seine Tat entschuldigt, wird eine Unterstützung im Strafverfahren abgelehnt oder zurückgenommen. Regelmäßig werden auch in Brandenburg Spenden für Straftäter gesammelt, so nach eigenen Angaben durch die Ortsgruppe Königs Wusterhausen am 19.03.2022: "Wir sammeln für das 129a-Verfahren gegen Lina und andere Antifaschist*innen. Wir freuen uns auf Euer Kommen und zahlreiche Spenden."229 Folglich spielt das Handlungsfeld der "Antirepression" in jeder Ausgabe der "Roten Hilfe Zeitung" sowie auf den verschiedenen Internetauftritten des Vereins die zentrale Rolle. Die Öffentlichkeitsarbeit der RH dient dazu, die eigene Propaganda sowie die von Linksextremisten verübten Straftaten zu verharmlosen. Polizisten werden wiederholt als "Bullen" bezeichnet und Staatsanwaltschaft und Gerichte als "Klassenjustiz" diffamiert. Dieses Vorgehen wird auch im Zuge der Solidarisierung mit den vier Angeklagten im Prozess des OLG Dresden wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung verfolgt.230 Auch hier werden schwere Straftaten bagatellisiert, die angebliche Repression des Staates in den Vordergrund gestellt und strafrechtliche Ermittlungsbefugnisse gem. SSSS 129 des Strafgesetzbuches werden als "Gesinnungsparagraphen" diffamiert sowie deren Abschaffung wiederholt gefordert.231 So auch im Dezember 2022 in einer Erklärung der RH zur Solidarität mit Klimaaktivisten. Dabei fordert sie: "Lasst euch nicht einschüchtern, haltet eure Wohnungen und digitalen Geräte sauber. Klimaschutz und politischer Aktivismus ist wichtiger denn je!"232 Mit diesen Solidaritätsbekundungen versucht sie sich als Anwalt der Klimabewegung zu etablieren und diese gleichzeitig zu radikalisieren. Ähnliche Solidaritätsbekundungen äußerte sie bereits im Zusammenhang mit Besetzungsaktionen von Klimaaktivisten im Lausitzer Tagebaugebiet. Hiermit versucht sie die Straftäter auf ihre Seite zu ziehen und zu radikalisieren. Auch Gesetzesinitiativen des brandenburgischen Innenministeriums und der brandenburgischen Landesregierung wurden 2022 von der RH dazu instrumentalisiert, gegen eine "Aufrüstung von Polizei und Verfassungsschutz" und die angebliche "Schaffung eines Polizeistaates"233 zu agitieren. Die Bevölkerung solle laut RH-Ortsgruppe Potsdam mit einer herbeifantasierten Terrorgefahr eingeschüchtert und somit die Rechtfertigung geschaffen werden, einen Polizeistaat aufzubauen. Hinsichtlich der Diskussionen über die Einführung des "Verfassungstreue-Checks" für brandenburgische Landesbedienstete verunsichert die RH mit dem Szenario eines "neuen Radikalenerlasses" und schürt Ängste vor angeblich drohenden Berufsverboten.234 227 Homepage der RH-Kampagne "Aktiv werden", kein Datum (letzter Zugriff am 04.03.2022). 228 Gemäß Eigenangaben der RH in "Die Rote Hilfe Zeitung", Ausgaben 1 bis 4/2022 (letzte Zugriffe am 28.12.2022). 229 Homepage Rote Hilfe Königs Wusterhausen: "100 Jahre Rote Hilfe - Wir feiern 100 Jahre organisierte Solidarität!" 23.02.2022 (letzter Zugriff am 07.01.2023). 230 Vgl. Kap 6.1 Autonome, Aktionsfeld Antirepression. 231 "Die Rote Hilfe Zeitung", 3/2020, S. 16 f. (letzter Zugriff am 28.12.2022). 232 Homepage Rote Hilfe Potsdam, 14.12.2022 (letzter Zugriff am 28.12.2022). 233 Rote Hilfe Potsdam: "Innenminister Stübgen will den Polizeistaat", 30.11.2022 (letzter Zugriff am 28.12.2022). 234 Rote Hilfe Potsdam: Berufsverbote 2.0 im Land Brandenburg, 30.11.2022 (letzter Zugriff am 28.12.2022). 117
  • Spektrum des Linksextremismus unterstützten auch 2022 die "North East Antifa" (NEA), die MLPD und die postautonome "Interventionistische Linke
Grund für die Beobachtung / Verfassungsfeindlichkeit Aufgrund ihres auch in Deutschland gewalttätigen Vorgehens wurde die PKK am 26. November 1993 vom Bundesinnenminister mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegt.267 Seit 2002 ist sie von der Europäischen Union als terroristische Organisation gelistet. 2014 wurde diese Einstufung bekräftigt. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28. Oktober 2010 wird die PKK in Deutschland als terroristische Vereinigung im Ausland eingestuft. Damit können ihre Mitglieder nach SSSS 129a und b Strafgesetzbuch strafrechtlich verfolgt werden, was ein höheres Strafmaß und den Einsatz weitergehender Ermittlungsmaßnahmen ermöglicht. Bereits aufgrund des Gewaltbezuges der Organisation ergibt sich die Zuständigkeit des Verfassungsschutzes Brandenburg nach SS 3 Absatz 1 Satz 1 Nummern 3 und 4 BbgVerfSchG. Entwicklungen im Berichtszeitraum Nach Aufhebung der pandemiebedingten Einschränkungen gelang es PKK-Aktivisten im Jahr 2022 europaweit für Großkundgebungen zu mobilisieren - wenn auch bei weitem nicht mehr das Mobilisierungsniveau der Vorjahre erreicht wurde. Wesentliches Kampagnenthema der PKK war 2022 erneut die Aufhebung des Betätigungsverbots. Zum Abschluss einer bundesweiten Aktionswoche anlässlich des 29. Jahrestags des PKK-Betätigungsverbots zeigte eine Demonstration unter dem Motto "PKK-Verbot aufheben! Den Weg für Frieden ebnen!" die Vernetzung zwischen auslandsbezogenem Extremismus und Linksextremismus. An der Demonstration am 26. November 2022 nahmen in Berlin mehr als 1000 Personen teil. Das äußerst heterogene Spektrum reichte vom direkten PKK-Umfeld bis zu Organisationen der deutschen linksextremistischen Szene. Aus dem Spektrum des Linksextremismus unterstützten auch 2022 die "North East Antifa" (NEA), die MLPD und die postautonome "Interventionistische Linke" (IL) den Aufruf.268 Linksextremisten unterstützen seit jeher die sozialistische Vision des PKK-Gründers Öcalan, dessen Autonomiebestrebungen und die Forderungen nach Aufhebung des PKK-Verbots. Der konkrete Beitrag deutscher Linksextremisten umfasst unter anderem die Verbreitung von PKK-Propaganda, aber auch die Begehung von Strafund Gewalttaten in Solidarität mit dem "kurdischen Volk" und der PKK in Deutschland. Im Gegenzug versuchen Linksextremisten Kurdinnen und Kurden für andere linksextremistische Aktionsfelder zu gewinnen.269 Ein Beispiel hierfür ist die Initiative "Defend Kurdistan". Ähnlich der Kampagne "Riseup4Rojava" wird auch die international ausgerichtete Initiative "Defend Kurdistan" von Linksextremisten beeinflusst. So mobilisieren Linksextremisten immer wieder zu Aktionstagen der Initiative.270 Im Jahr 2022 ist die Gruppierung "Defend Kurdistan" bundesweit vor allem mit mehreren Besetzungsund Blockadeaktionen von Büros politischer Parteien, mit Demonstrationen und Störungen von Vorlesungen an Universitäten als auch von Blockaden von Turkish-Airline-Schaltern aufgefallen. Am 30. November 2022 blockierten Aktivisten der Initiative "Defend Kurdistan" den Abfertigungsschalter von TurkishAirline im Flughafen Berlin-Brandenburg. Derartige Aktionen sollen die öffentliche Wahrnehmung auf den Krieg in den kurdischen Siedlungsgebieten lenken. Auf diesem Wege soll auch Sympathie für die PKK geweckt werden. Somit wird niedrigschwellig die Rekrutierung deutscher Staatsangehöriger für den bewaffneten Kampf gefördert.271 Seit Juni 2013 haben sich 267 Das Betätigungsverbot gilt auch für die umbenannten Strukturen der PKK. 268 vgl. Homepage "PKK-Verbot aufheben" (letzter Zugriff am 01.12.2022). 269 Für Informationen zu linksextremistischen Aktionsfeldern siehe Kap. 6.1. 270 Homepage Anarchistische Föderation: "Wir sehen eure Verbrechen - Stoppt den Einsatz chemischen Waffen in Kurdistan", 03.11.2022 (letzter Zugriff am 15.12.2022). 271 Zu diesem Zweck werden zunehmend professionelle Videos für den deutschsprachigen Raum erstellt. 2019/20 wurde über Internetprofile von STERK TV das Video "Der Weg der Freiheit" veröffentlicht. Der in Deutschland produzierte Film richtet sich auf Deutsch, Türkisch und Kurdisch an junge Heranwachsende in Deutschland. In der Produktion werden die Kriegsleiden der kurdischen Zivilbevölkerung, der Mythos von den gefallenen deutschen Kämpfern und das Fernziel des sozialistischen, kurdischen Utopie-Staats "Rojava" propagiert. 149
  • Gewalt zerschlagen zu wollen. Ihre zentralen Agitationsund Aktionsfelder sind: Antifaschismus, Antirepression, Antimilitarismus, Antirassismus, Antiglobalisierung und Antiimperialismus. Aufgrund ihrer Ablehnung
Kapitel 3 Linksextremismus D ie Sammelbezeichnung "Linksextremismus" umfasst die zum Teil stark divergierenden Weltanschauungen und Organisationsformen einer sehr heterogenen Szene, deren verbindendes Element die radikale Betonung der sozialen Gleichheit und Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind. Je nach politisch-ideologischer Ausrichtung streben Linksextremisten eine sozialistische, kommunistische, autonome oder anarchistische Gesellschaftsordnung an. In den seltensten Fällen wird diese Ordnung, die die Demokratie ersetzen soll, genauer beschrieben. Zahlreiche Gruppierungen betrachten den Einsatz von Gewalt als ein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung. Die parlamentarische Demokratie ist nach linksextremistischer Überzeugung als "Herrschaftsinstrument des Kapitalismus" zu betrachten und daher zu beseitigen. Die größte Gruppe innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene sind die Autonomen. Sie haben in der Regel weder klare Strukturen noch gemeinsame politische Zielsetzungen, sind sich jedoch darin einig, den Staat und seine Einrichtungen notfalls mit Gewalt zerschlagen zu wollen. Ihre zentralen Agitationsund Aktionsfelder sind: Antifaschismus, Antirepression, Antimilitarismus, Antirassismus, Antiglobalisierung und Antiimperialismus. Aufgrund ihrer Ablehnung von Hierarchien und Herrschaft gibt es zwischen Autonomen und anderen linksextremistischen Gruppierungen, etwa orthodoxen Kommunisten oder Antiimperialisten, zum Teil große ideologische Differenzen.
  • solcher Straftaten im Themenfeld autonomem Verständnis immer auch vermitteldes "Antifaschismus" überzeugt. Schwere Körbar sein muss, wurde lange Zeit grundsätzlich perverletzungen
Das Militanzverständnis linksextremistischer Ein solches Vorgehen bedarf einer aufwändigen gewaltorientierter Gruppen ist ein zentrales EleVorbereitung und Planung. Die Täter wählen und ment ihres politischen Selbstbildes. Dabei kommt spähen ihre Opfer gezielt aus und dringen in es nicht zwingend darauf an, dass jedes einzelne deren persönliches Lebensumfeld ein. Militante Gruppenmitglied auch konkret gewalttätig Linksextremisten nutzen diese personalisierte agiert, sondern vielmehr darauf, dass die AnwenGewalt, politische Gegner einzuschüchtern und dung von Gewalt größtenteils befürwortet wird zu versuchen, ihre ideologischen Ziele mit diesen und gewaltsame Aktionen auf breite ZustimMitteln durchzusetzen. Sie überschreiten zunehmung in der Szene stoßen. Aus Sicht von Automend vormals gesetzte "rote Linien", die sich aus nomen geht Gewalt stets vom Staat aus, auf die den Grenzen der Vermittelbarkeit von Gewalt Linksextremisten lediglich mit Gegengewalt, ergeben, ohne dass sich im Jahr 2022 eine quasi als "legitime Notwehr", reagieren. In der grundsätzliche Diskussion innerhalt der Szene Szene wird seit Jahren darüber debattiert, wie über die Gewaltfrage entzündet hat. Vielmehr weit Gewalt als Mittel zur Durchsetzung der zeigte sich die linksextremistische Szene von der eigenen Interessen gehen darf. Da Gewalt nach Legitimität solcher Straftaten im Themenfeld autonomem Verständnis immer auch vermitteldes "Antifaschismus" überzeugt. Schwere Körbar sein muss, wurde lange Zeit grundsätzlich perverletzungen der Opfer bis hin zum mögligezielte Gewalt gegen Menschen abgelehnt. chen Tod werden in Kauf genommen. Der Schritt Davon ausgenommen waren allerdings immer zur Tötung eines politischen Gegners - gewollt Angriffe auf Polizeibeamte sowie tatsächliche oder als gebilligte Nebenfolge - ist damit nicht oder aus Sicht der Szene mutmaßliche Rechtsmehr völlig undenkbar. 67 extremisten. Sie gelten als personifizierte Feindbilder; ihre teilweise entmenschlichte DarstelDer 2021 begonnene Prozess gegen Lina E. in L i n ksex t re m i s m u s lung wird weitgehend akzeptiert. So gilt der Leipzig ist in diesem militanten Kontext zu sehen Polizist aus militant-linksextremistischer Sicht und wurde im Jahr 2022 fortgesetzt. 2023 soll nicht als menschliches Individuum, sondern als er voraussichtlich beendet werden. Der Generalfunktionierender Bestandteil des sogenannten bundesanwalt wirft Lina E., die im November "Repressionsapparates" - aufgrund der während 2020 festgenommen wurde, unter anderem vor, gewalttätiger Demonstrationen notwendigen führendes Mitglied einer linksextremistischen Schutzkleidung wird er auch als "Robocop" kriminellen Vereinigung nach SS 129 StGB zu sein bezeichnet. Ihm wird somit die Menschenwürde sowie gemeinschaftliche gefährliche Körperverabgesprochen und Gewalt gegen ihn als legitim letzung und besonders schweren Landfriedensund vermittelbar betrachtet. Der überwiegende bruch begangen zu haben (siehe dazu auch den Szenekonsens - keine gezielte Gewalt gegen Verfassungsschutzbericht 2021, S. 72). Menschen - ist in den vergangenen Jahren allerdings deutlich brüchiger geworden. Spätestens seit Anfang Januar 2019 gab es in und um Leipzig eine Personenvereinigung, die Wie bereits über mehrere Jahren festgestellt, regelmäßig politisch motivierte Straftaten haben schwere Strafund Gewalttaten in beging. Die Mitglieder dieser Vereinigung lehnen Deutschland, bei denen militante Linksextremisden demokratischen Rechtsstaat mit seiner ten auch Leib und Leben unbeteiligter Menschen Garantie einer freien politischen Meinungsäußein Gefahr brachten, eine Entwicklung genommen, rung sowie das staatliche Gewaltmonopol ab die als neue Eskalationsstufe der Gewalt betrachund teilen eine militante linksextremistische tet werden muss. Die Straftaten werden gewaltIdeologie. Ihr Ziel war es, tatsächliche oder vertätiger, persönlicher und professioneller und meintliche Rechtsextremisten geplant und orgaverschieben sich immer häufiger von der instinisiert anzugreifen. Speziell im Fall Lina E. zeigte tutionellen auf die persönliche Ebene. Hierbei sich, dass anlassbezogen bei symbolträchtigen muss auch von nicht zufälligen, sondern gezielten Ereignissen nach wie vor eine hohe Mobilisierung Attacken auf einzelne Körperregionen der Opfer und Vernetzung der gewaltorientierten linksextausgegangen werden, um den Angegriffenen ihr remistischen Szene vorhanden ist, zum Beispiel weiteres Leben zu erschweren. So kam es im bei Versammlungen in ganz Deutschland, die März 2021 in Sachsen zu einem Angriff auf einen sich solidarisch mit der Angeklagten erklärten. Rechtsextremisten, der offenbar kurz vor seiner Fahrlehrerprüfung stand. Die Täter verletzten das Opfer mit Hammerschlägen am Knöchel.
  • Entgrenzungsstrategien insbesondere in den Themenfeldern Klimaschutz und Antifaschismus linksextremistische Positionen in das demokratische Spektrum zu transportieren. Auslandsbezogener Extremismus Im säkularen
Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates Die Delegitimierer greifen statt der Corona-Pandemie neue Themen wie steigende Energiepreise, Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland auf und stellen die demokratisch gewählten politischen Eliten als bekämpfenswertes Feindbild dar. Linksextremismus Linksextremisten versuchten, ihre pandemiebedingten internen Kommunikationsund Mobilisierungsprobleme zu beheben und mit Entgrenzungsstrategien insbesondere in den Themenfeldern Klimaschutz und Antifaschismus linksextremistische Positionen in das demokratische Spektrum zu transportieren. Auslandsbezogener Extremismus Im säkularen auslandsbezogenen Extremismus hatten die politischen Entwicklungen in der Türkei generell Auswirkungen auf die Aktivitäten dieser Gruppierungen in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen. Insbesondere beim Aktionsverhalten der PKK haben die aktuellen Entwicklungen in der Türkei und auch die Kampfhandlungen in den kurdischen Siedlungsgebieten in Nordsyrien und im Nordirak zu einem Anstieg demonstrativer Aktivitäten geführt. 8. März Urteil des Verwaltungsgerichts Köln: Verfassungsschutz darf den AfD-Bundesverband und die Junge Alternative als Verdachtsfall beobachten 6. April Bundesweite Großrazzia gegen Neonazis der Gruppen Atomwaffen Division Deutschland, Combat18 und Knockout51 kompakt 13 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • Innenund Sicherheitspolitik (Rückgang von 588 auf 222 Erfassungen) und Antifaschismus (Rückgang von 149 auf 133 Erfassungen). Die Anzahl der Straftaten
Reichsbürger/Selbstverwalter Die Anzahl der Gesamtstraftaten im Zusammenhang mit Reichsbürgern/Selbstverwaltern ist 2022 im Vergleich mit dem Vorjahr von 69 auf 77 Taten um 11,6 Prozent gestiegen. Unter diesen Taten sind zwölf Gewaltdelikte zu verzeichnen. Alle zwölf Gewaltdelikte wurden 2022 aufgeklärt (100 Prozent). Politisch motivierte Kriminalität -linksDie Anzahl der Straftaten im Phänomenbereich der PMK -linksist mit 824 Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 31,7 Prozent gesunken (2021: 1.207 Straftaten). Im Vergleich zum Jahr 2020 (1.430 Straftaten) fand ein weiterer Rückgang der Fallzahlen von nunmehr etwa einem Drittel statt. Dies entspricht einer Verdopplung der Rückgangsrate von 15,6 Prozent auf 31,7 Prozent. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 308 (2021: 475) Tatverdächtige ermittelt. Davon waren 214 (69,5 Prozent) männlich und 94 (30,5 Prozent) weiblich. Die am höchsten belasteten Altersgruppen waren mit je 52 Personen die 25bis 29-Jährigen und die 30bis 39-Jährigen (2021: 98 Personen die der 25bis 29-Jährigen). Es folgte die Gruppe der 21-bis 24-Jährigen mit 50 Personen (2021: 97 Personen). 86 Tatverdächtige (27,9 Prozent) waren zuvor polizeilich in Erscheinung getreten (2021: 160 beziehungsweise 33,7 Prozent). Vorherrschende Themenfelder im Bereich der PMK -linkswaren in absteigender Reihenfolge Konfrontation/politische Einstellung (Rückgang von 989 auf 579 Erfassungen), Ökologie/Industrie/Wirtschaft (Anstieg von 224 auf 274 Erfassungen), Innenund Sicherheitspolitik (Rückgang von 588 auf 222 Erfassungen) und Antifaschismus (Rückgang von 149 auf 133 Erfassungen). Die Anzahl der Straftaten im Zusammenhang mit den Protesten im Rheinischen Braunkohlerevier ist gestiegen. In diesem Kontext wurden im Berichtszeitraum 153 Straftaten verübt, die dem Phänomenbereich PMK -linkszugerechnet werden (2020: 174 Straftaten; 2021: 123 Straftaten). Der Anstieg ist auf das Bekanntwerden des Zeitpunkts der Räumung des Weilers Lützerath im Januar 2023 und die seit Herbst 2022 zunehmenden Proteste gegen die Räumung zurückzuführen. Grundsätzlich konnte im Jahr 2022 eine sinkende Mobilisierungsfähigkeit linksextremistischer Akteure bezogen auf das Versammlungsgeschehen festgestellt werden. So wurden regelmäßig Versammlungen mit einer höheren erwarteten Teilnehmerzahl angemeldet, letztendlich jedoch mit einer geringeren Anzahl an Teilnehmern durchgeführt. Ferner gewannen mit Beginn des Ukraine-Konflikts unter anderem die Themenfelder Krisenherde/Bürgerkriege und Befreiungsbewegungen/Internationale Solidarität extremIsmus In zahlen 35 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • hielt dort eine Rede, in der er an "die Antifa" gerichtet sagte: "wir warten schon auf Euch [...] ich würde mich
Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit Die NPD lehnt die freiheitliche Demokratie in Deutschland ab und will diese beseitigen. So negiert die Partei die tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere, dass jeder Mensch als Individuum und ohne Vorbedingungen eine Würde besitzt. Die von der NPD verfolgten politischen Ziele laufen auf einen autoritären Staat hinaus. Die NPD verfolgt eine rechtsextremistische Ideologie, die auf das Prinzip der Volksgemeinschaft baut und sich vor allem durch Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus hervortut. Angesichts der vielfachen Bezüge auf die Ideologie der NSDAP gibt es eine inhaltliche Wesensverwandtschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus. Die Partei verfolgt ihre verfassungsfeindlichen Ziele überdies in einer aggressiv-kämpferischen Weise. Die NPD unterliegt deshalb nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW der nachrichtendienstlichen Beobachtung. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Landtagswahl 2022 und Veranstaltungen Die NPD verzichtete auf einen Antritt zur Landtagswahl. Um nicht um das gleiche rechtsextremistische Wählerklientel zu konkurrieren, traf die NPD eine Absprache mit der Partei Die Rechte und ließ dieser den Vortritt. Wie im vorangegangenen Jahr veranstaltete die NPD auch 2022 gemeinsam mit der Partei Die Rechte eine Demonstration am 1. Mai. Der stellvertretende NPD-Parteivorsitzende Thorsten Heise hielt dort eine Rede, in der er an "die Antifa" gerichtet sagte: "wir warten schon auf Euch [...] ich würde mich freuen, wenn ich ein Linachen mal mit einem Teleskopschlagstock auf meinem Grundstück in Fretterode erwischen würde. [...] Eins verspreche ich Euch, Mutti erkennt sie abends nicht wieder". Mit Linachen ist die mutmaßliche linksextremistische Gewalttäterin Lina E. gemeint. Im November 2022 versuchte die Jugendorganisation der Partei, die Jungen Nationalisten (JN), mit einer Veranstaltung, die Nachwuchsstrukturen in Nordrhein-Westfalen wiederzubeleben. Landesparteitag am 3. Juli 2022 und Parteireform Auf dem Landesparteitag wurde der bisherige Parteivorsitzende Claus Cremer wiedergewählt. Der Bundesvorsitzende Frank Frantz besuchte den Parteitag. Angesichts der desolaten Lage der NPD und der vorerst gescheiterten Umbenennung der Partei beim vorangegangen Bundesparteitag im Mai 2022 warb er in der zweiten Jahreshälfte rechtsextremIsmus 81 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • Organisationen", im Mai schlossen sich Akteure aus dem autonomen Antifaschismus zum "Recherche Kollektiv NRW" zusammen. Demgegenüber führten interne Konflikte
Zusammenfassung Das zweite Jahr der Corona-Pandemie war im linksextremistischen Spektrum in NRW geprägt von dem Bemühen, Kommunikation und Aktion aus dem digitalen Raum wieder stärker in die reale Welt zu verlagern. Autonome: Konflikte, Mobilisierungsschwäche und Massenaktion Insgesamt hielt im autonomen Linksextremismus eine Mobilisierungsschwäche, die seit geraumer Zeit erkennbar ist, weiter an. Insbesondere im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel in Elmau, der von verschiedenen Vortreffen im gesamten Bundesgebiet begleitet wurde, blieben Mobilisierung, Teilnehmerzahlen an Aktionen und auch die Aktionen selbst weit hinter den Erwartungen und Ansprüchen der Szene zurück. Zu anderen Anlässen, zum Beispiel zu einer anarchistischen 1. Mai-Demonstration in Dortmund, aber auch im Zusammenhang mit der bevorstehenden Räumung des Weilers Lützerath, konnten demgegenüber große Teilnehmerzahlen erreicht werden. Ein Trend schien sich im Berichtszeitraum mit der Bildung von Strukturen abzuzeichnen, die über typisch autonome lose Vernetzungen hinausgehen. So gründete sich etwa im April 2022 aus verschiedenen linksextremistischen Gruppen die bundesweite "Föderation klassenkämpferischer Organisationen", im Mai schlossen sich Akteure aus dem autonomen Antifaschismus zum "Recherche Kollektiv NRW" zusammen. Demgegenüber führten interne Konflikte in Teilen zum Verlassen von Strukturen durch einzelne Akteure bis hin zur Auflösung ganzer Gruppen. Ein Ereignis mit bundesweiten Konsequenzen war ein Sexismusvorwurf gegen einen Angehörigen der Interventionistischen Linken (IL). Während dieser Vorwurf in einer Szene, die den Antisexismus als ein wesentliches Themenund Aktionsfeld begreift, an sich bereits für Unruhe und Verunsicherung gesorgt hatte, führte der Umgang der IL mit den Vorwürfen zu hochgradigen Spannungen. Durch ein Entscheidungsgremium innerhalb der IL wurde ein umfassendes Outing des vermeintlichen Täters einschließlich seiner persönlichen Lebensumstände verfügt. Im Zentrum der szeneinternen Kritik standen die intransparente Verfahrensführung, die Entscheidungsfindung auf Basis unzureichender Erkenntnislage und insgesamt die hierarchisch-undemokratische Vor158 lInksextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • Beispiel hierfür ist das Outing des Kronzeugen im sogenannten "Antifa Ost"-Verfahren, Johannes D.. Diesem wurden durch eine ehemalige
Dieser Umstand sorgte bei einzelnen Akteuren für die ernüchternde Erkenntnis, dass ihrerseits kaum eine oder gar keine Anbindung in die von der Krise besonders betroffenen Teile der Gesellschaft vorhanden ist. Vor allem ideologisch geprägte Strukturen, die Menschen in prekären Lebensverhältnissen als ihre Zielgruppe - das revolutionäre Subjekt - betrachten und sich als deren Interessenvertretung wahrnehmen, mussten erkennen, dass diese Eigenwahrnehmung offenbar weitgehend unzutreffend ist. Outings Zusätzlich zu diesen thematisch-inhaltlichen Spaltungslinien gab es weitere, insbesondere zwischenmenschliche Konflikte, die zu Auseinandersetzungen innerhalb des Spektrums beitrugen. Dazu gehörten szeneinterne Outings. In Abgrenzung zu Aktionen, bei denen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten in ihrem sozialen Umfeld öffentlich als Rechtsextremisten bezeichnet werden, kommt es im linksextremistischen Spektrum zunehmend auch zu Outings von Personen des eigenen Lagers. Die Gründe für derartige Outings reichen von der Zusammenarbeit des "Geouteten" mit "Repressionsorganen", also mit Polizei und Justiz, bis hin zu - insbesondere sexualisiertem - Fehlverhalten. Ein Beispiel hierfür ist das Outing des Kronzeugen im sogenannten "Antifa Ost"-Verfahren, Johannes D.. Diesem wurden durch eine ehemalige Partnerin auf einer öffentlichen Szenewebsite sexuelle Übergriffe vorgeworfen. In der Konsequenz wurden durch die Szene auf derselben Website unter Bezugnahme auf die Tatvorwürfe öffentlich "Stadtverbote" für die Städte Berlin, Leipzig und Nürnberg gegen Johannes D. ausgesprochen. Ein weiteres bundesweites Outing im Berichtszeitraum richtete sich gegen einen langjährigen Angehörigen des linksextremistischen Spektrums in Köln. Der männliche Betroffene war zuletzt Angehöriger der Gruppe K2, einer Ortsgruppe der Interventionistischen Linken (IL) in Köln. In dem Outing wurde auch ihm sexualisierte Übergriffigkeit in mehreren Fällen vorgeworfen. Für den Ahndungsprozess richtete die IL intern Strukturen ein, die in der Folge ein "Verfahren" nach eigenen rechtlichen und prozessualen Standards führten. Im Ergebnis einer Abstimmung zwischen den Entscheidungsträgern wurde ein reichweitenstarkes Outing über die sozialen Netzwerke und weitere Szenewebsites beschlossen und durchgeführt. Neben den Tatvorwürfen führte insbesondere das Vorgehen der IL, die das Outing initiiert hatte, im linken Spektrum bundesweit zu Widerspruch. Im Fokus der Kritik standen und stehen bis heute das Verfahren der Entscheidungsfindung und die daran beteiligten Akteure. Neben der Langwierigkeit des Prozesses wurde unter anderem dessen mangelnde Transparenz kritisiert. Ferner kamen auch Zweifel an der Vereinbar162 lInksextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • Region lediglich auf die Absprache weitgehend getrennter Aktionsvorhaben bei "Antifa"-Kundgebungen beschränkt. Auch beim Protest gegen den G7-Gipfel selbst
Kaum Beteiligung an Aktionen gegen den G7-Gipfel Vom 18. bis 20. Mai 2022 fand in Königswinter das Treffen der Finanzminister der G7Staaten statt. Ein Bündnis mit dem Namen "G7 in den Rhein fallen lassen", an dem sich auch linksextremistische Gruppen maßgeblich beteiligten, protestierte gegen die Veranstaltung zeitlich parallel mit einer Aktionswoche, in der themengebundene Vorträge und Kundgebungen in Königswinter und Bonn stattfanden. Insbesondere die Demonstration am 21. Mai 2022 in Bonn blieb trotz versuchter bundesweiter Mobilisierung deutlich hinter den erwarteten Teilnehmerzahlen zurück. Das Ziel, die Mobilisierung gegen den bevorstehenden G7-Gipfel vom 26. bis 28. Juni 2022 in Elmau anzuheizen, wurde auf diese Weise verfehlt. Bei der Gründung des Aktionsbündnisses und den Kundgebungen kooperierten lokale Gruppen unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung in einem bis dahin nicht festgestellten Umfang. In der Vergangenheit hatte sich die Zusammenarbeit linksextremistischer Gruppen der Region lediglich auf die Absprache weitgehend getrennter Aktionsvorhaben bei "Antifa"-Kundgebungen beschränkt. Auch beim Protest gegen den G7-Gipfel selbst in München und vor Ort in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen fiel das Aktionspotenzial im Verhältnis zu den Gipfelveranstaltungen der jüngeren Vergangenheit gering aus. Im Vorfeld des G7-Gipfels fanden neben nur wenigen Kleinkundgebungen und Plakataktionen einige Mobilisierungsveranstaltungen in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens statt, die jedoch in der linksextremistischen Szene und darüber hinaus ohne Zugkraft blieben. Aus Nordrhein-Westfalen beteiligten sich letztlich nur Gruppen und Bündnisse mit antiimperialistischem Hintergrund und einer im Verhältnis zum Gesamtspektrum eher geringen Teilnehmerzahl am Demonstrationsgeschehen in Bayern. Die jeweiligen Ortsgruppen dieser Akteure standen weitgehend isoliert in der linksextremistischen Szene und konnten somit kein nennenswertes Personenpotenzial mobilisieren. Das Treffen der Außenminister der G7-Staaten im November 2022 in Münster wurde von Klima-Aktivisten als Anlass für eine Kundgebung genutzt, wobei Teile der Demonstranten sich vermummten und ohne nennenswerten Erfolg versuchten, polizeiliche Absperrungen gewaltsam zu durchbrechen. Demonstrative und sonstige Aktionen Am 1. Mai 2022 fand eine Kundgebung von Rechtsextremisten in Dortmund statt, gegen die auch seitens der linksautonomen Szene protestiert wurde. Im Zusammenhang mit den Gegenaktivitäten und Auseinandersetzungen zwischen den autonomlInksextremIsmus 183 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • weitere Personen aus der autonomen Szene sowie die lokalen "Antifa"-Gruppen, die bereits zuvor gegen den rechtsextremistischen Aufmarsch mobilisiert hatten
anarchistischen Akteuren mit der eingesetzten Polizei kam es zu Sitzblockaden, Beleidigungen und tätlichen Angriffen gegen die Polizisten. Später am Nachmittag beteiligte sich dann eine unerwartet hohe Anzahl von über 1.000 Demonstranten an einem linksextremistischen Aufzug unter dem Motto "Anarchistischer 1. Mai" und mit der Parole "Freiheit statt Patriarchat, Kapitalismus und Egoismus". Wenngleich anarchistische Gruppen im Berichtszeitraum kaum einen weitergehenden Einfluss über die eigene Anhängerschaft hinaus entfalteten, beteiligten sich neben losem Zulauf an dieser Veranstaltung auch weitere Personen aus der autonomen Szene sowie die lokalen "Antifa"-Gruppen, die bereits zuvor gegen den rechtsextremistischen Aufmarsch mobilisiert hatten. Im Berichtszeitraum wurden mehrere demonstrative Ereignisse durch Linksextremisten genutzt, um gegen das Verbot der PKK, gegen die Angriffe der Türkei auf das von Kurden besiedelte Rojava und für die Freilassung des Parteiführers Abdullah Öcalan zu protestieren. Auffällig war die im Verhältnis zu den Vorjahren starke Beteiligung von Personen aus dem linksextremistischen Spektrum in Deutschland und dem angrenzenden Ausland am "Internationalistischen Langen Marsch" der kurdischen Jugendbewegung, der im September 2022 über mehrere Tage hinweg durch mehrere Großstädte in Nordrhein-Westfalen lief. Die linksextremistischen Teilnehmer dokumentierten ihre Solidarität mit der PKK neben Sprechchören auch damit, dass sie in einem Block von etwa 50 Personen T-Shirts mit der Abbildung des in der Türkei inhaftierten PKK-Führers trugen. Daneben wurden wie bereits bei der Waldbesetzung im Hambacher Forst in der Vergangenheit auch bei der Besetzung des Weilers Lützerath im Protest gegen den Kohleabbau im Rheinischen Braunkohlerevier mehrfach Solidaritätsbekundungen mit der PKK und dem kurdischen Widerstand in Rojava festgestellt. Der Eingangsbereich einer Anwaltskanzlei in Leverkusen-Opladen wurde in der zweiten Jahreshälfte wiederholt großflächig mit Farbe und aufgesprühten beleidigenden Aussagen verunstaltet. Die Farbschmierereien wurden jeweils im Vorfeld von Demonstrationen verübt, welche die in der Kanzlei tätige Führungsperson der Wählergruppe Aufbruch Leverkusen e.V., Markus Beisicht, mit veranstaltet hatte. Ein Personenzusammenhang mit dem bisher nicht bekannten Pseudonym "Kommando Ernst Oberdörster" bekannte sich auf der von Linksextremisten genutzten Internetplattform Indymedia zu der ersten Aktion und begründete sie damit, dass die Kanzlei maßgeblich zur Vernetzung der rechtsextremistischen Szene beitrage und Markus Beisicht in diesem Spektrum fest verwurzelt sei. 184 lInksextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2022
  • Demonstrationen zum "Tag der Arbeit", beispielsweise durch das "Offene Antifaschistische Treffen Pforzheim" (OAT Pforzheim) für eine Veranstaltung in Karlsruhe
LINKSEXTREMISMUS 1 Entwicklungen im Jahr 2022 Linksextremismus im öffentlichen Raum wieder präsent Der Bund-Länder-Beschluss zur sukzessiven Aufhebung der pandemiebedingten staatlichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu Beginn des Berichtsjahres hatte auf die linksextremistische Szene in Baden-Württemberg spürbare Auswirkungen. Es kam zu einer zügigen Wiederaufnahme der Aktivitäten in Form von regelmäßigen Zusammenkünften. Bereits bei den linksextremistischen Agitationen rund um den 1. Mai stieg die Szeneaktivität auf ein annähernd hohes Niveau wie vor der Pandemie. So kam es im Vorfeld des 1. Mai 2022 zu vielen Mobilisierungsaufrufen zwecks Teilnahme an den jährlichen Demonstrationen zum "Tag der Arbeit", beispielsweise durch das "Offene Antifaschistische Treffen Pforzheim" (OAT Pforzheim) für eine Veranstaltung in Karlsruhe und durch das "Offene Treffen gegen Faschismus und Rassismus 1 Mobilisierungsplakat der "Revolutionären für Tübingen und die Region" (OTFR) für eine Demonstration Aktion Stuttgart" zur Beteiligung an Protesten zum 1. Mai 2022 in Tübingen. Im Großraum Stuttgart hat etwa die "Revolutionäre Aktion Stuttgart" (RAS) eine Vielzahl von Plakaten Abschnitt "Entwicklungen im ,Antimilitarismus'"). Zum angebracht und entsprechende Flyer verbreitet; dazu kamen anderen berührten aus dem Krieg folgende gesellschaftMobilisierungsaufrufe in sozialen Netzwerken. Außerdem liche und politische Herausforderungen, etwa hinsichtlich wurde die vom Bündnis "Perspektive Kommunismus" (PK) steigender Preise und einer gerechten Lastenverteilung, erstellte "1. Mai. Zeitung für Revolution und Klassenkampf" Themen mit hoher gesellschaftlicher Anschlussfähigkeit verteilt. Darin ruft das Bündnis zu einem "revolutionären für linksextremistische Argumentationen. So widmete Kommunismus" auf, der mit einem "Zerbrechen der Staatssich die linksextremistische Gruppierung "Solidarität und macht" verbunden wird. 1 Klassenkampf" (SoKa) aus Stuttgart seit Anfang 2022 Im Vorfeld des 1. Mai ereigneten sich in der Nacht auf inhaltlich dem Thema Inflation beziehungsweise Teueden 25. April 2022 in Karlsruhe Angriffe auf die Parteibüros rungen. Die Gruppe kündigte bereits für Anfang Februar von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP, und SPD. Laut eines ein Aktionstreffen unter dem Motto "Alles wird teurer. Was Selbstbezichtigungsschreibens vom 25. April auf der linkstun? Protest organisieren!" an und nahm an unterschiedextremistischen Internetplattform "de.indymedia.org" lichen Veranstaltungen teil, beispielsweise an der nichtsollten die Parteien "ausgebremst" werden: mit "Nadeln, extremistischen Kundgebung "Löhne? Rauf! Preise? Sekundenkleber und Bauschaum". Des Weiteren wird in dem Runter!" am 26. Februar 2022 in Waiblingen. Schreiben dazu aufgerufen, "sich die Straße zu nehmen" Protestveranstaltungen mit dem Schwerpunkt und "das Bestehende nicht mehr hinzunehmen". Bei einer Inflation, die ursprünglich anlässlich der Corona-Pandemie unangekündigten Demonstration am 30. April 2022 in Waibdurchgeführt worden waren, wurden nach Kriegsbeginn lingen/Rems-Murr-Kreis wurde eine Filiale der Deutschen unter den veränderten Rahmenbedingungen fortgeführt. Bank mit Farbe beschmiert. Laut einem Bekennerschreiben Von Mitte September bis Mitte Oktober 2022 gab es wöchentvom 1. Mai 2022 auf "de.indymedia.org" sollte die Nichtlich Kundgebungen gegen "Preisexplosionen" mit linksanmeldung zeigen, dass man sich nicht "in das Korsett extremistischer Beteiligung in Stuttgart und Waiblingen. bürgerlicher Gesetze" zwängen lasse. In Erwartung einer gesellschaftlichen Protestwelle wegen steigender Preise im Herbst mobilisierten auch andere linksextremistische Gruppen ab Mitte September Beeinflussung durch den 2022 für Demonstrationen. So veröffentlichte etwa die Ukrainekrieg "Interventionistische Linke" (IL) im September 2022 auf ihrer bundesweiten Homepage einen Aufruf unter dem Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Ende Motto "Winter Is Coming: Zeit, Feuer zu machen!", um viele Februar 2022 und die damit verbundenen politischen EntMenschen für die Beteiligung an den Protesten zu gewinnen. wicklungen prägten im Berichtsjahr Diskussionen und Der Aufruf wurde von Ortsgruppen aus Baden-Württemberg Agitation der linksextremistischen Szene in Baden-Württemüber soziale Medien geteilt, wie beispielsweise über den berg. Zum einen rückten die Entscheidungen der BundesInstagram-Account der IL Karlsruhe. 2 Darüber hinaus rief regierung hinsichtlich militärischer Unterstützung und des die IL-Ortsgruppe Rhein-Neckar zur Teilnahme an mehreren Sondervermögens für die Bundeswehr den "AntimilitarisMannheimer Veranstaltungen aus dem nichtextremistimus" verstärkt in den linksextremistischen Fokus (siehe schen Spektrum auf, bei denen ebenfalls Preissteigerungen 97
  • Kampagne Js 70327/21, Urteil nicht rechtskräftig) - zeige einen "klaren "antifascist action"6 von 2021 vorgeworfen wurden. Neben politischen Verfolgungswillen
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2022 "Solidarische" Prozessbegleitung Auch 2022 war die "Rote Hilfe e. V." ein wichtiger Akteur im linksextremistischen Spektrum in Baden-Württemberg. Der Verein trat besonders im Kontext mehrerer Strafverfahren in Erscheinung - beispielsweise im Zusammenhang mit der Anklage von zwei Linksextremisten, die im Verdacht standen, sich in Stuttgart in der Nacht auf den 21. Juni 2020, die bundesweit als Stuttgarter "Krawallnacht" bekannt wurde, gewalttätig an den Ausschreitungen in der Innenstadt beteiligt zu haben. Im September 2022 veröffentlichte die Stuttgarter Ortsgruppe der RH zum Prozessauftakt auf ihrer Homepage einen Aufruf zur Prozessbegleitung. Er war verbunden mit einer eigens gestarteten Kampagne unter dem Motto "Krawallnacht - Weil's uns angeht!". 10 Die An10 Logo der Kampagne zur Unterstützung geklagten seien "stellvertretend [...] für eine Linke angeklagt, der Angeklagten im Prozess zur Stuttgarter "Krawallnacht" die sich zu sozialen Widersprüchen aktiv in ein Verhältnis" setze, deshalb gelte es, die Beschuldigten "nicht alleine vor währungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt Gericht zu lassen", schreibt die Ortsgruppe in dem Aufruf. (Az.: 203 Ls 4 Js 70329/21 jug., Urteil nicht rechtskräftig). Neben der Prozessbegleitung der einzelnen VerhandlungsEin Verweis auf die "Rote Hilfe e. V." findet sich in tage organisierte die RH für Ende Oktober 2022 eine KundForm von Bankverbindungen darüber hinaus auch in gebung, die im Anschluss an die zweite von drei Urteilsveranderen Verfahrenskontexten, so etwa im Rahmen der kündungen am 26. Oktober 2022 stattfand. Die Höhe der Kampagne "Widerständig bleiben!", die das "Offene Antibeiden durch das Amtsgericht Stuttgart verhängten Haftfaschistische Treffen Karlsruhe" (OAT KA) gestartet hat und strafen - im ersten Prozess drei Jahre und neun Monate ab Mai 2022 bewarb, unter anderem auf Instagram. 11 Sie (Az.: 202 Ls 4 Js 11379/21 jug., Urteil rechtskräftig) und im zielte auf die Prozessbegleitung von Beschuldigten, denen zweiten Prozess drei Jahre und zwei Monate (Az.: 105 Ls 4 Gesetzesverstöße in Zusammenhang mit der Kampagne Js 70327/21, Urteil nicht rechtskräftig) - zeige einen "klaren "antifascist action"6 von 2021 vorgeworfen wurden. Neben politischen Verfolgungswillen", so die Stuttgarter Ortsgruppe mehreren Freisprüchen kam es im Laufe dieser Verfahren der RH. Die Angeklagten waren unter anderem wegen Landam Landgericht Karlsruhe auch zu Verurteilungen unter friedensbruchs im besonders schweren Fall in Tateinheit anderem wegen eines besonders schweren Falls des mit tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte und vertätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Eines der suchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Urteile hat bereits Rechtskraft erlangt (Az.: 2 Ds 541 Js Im Januar 2023 wurde in einem dritten Urteil eine weitere 10714/22 jug.); gegen ein weiteres wurde Berufung einLinksextremistin wegen ähnlicher Delikte zu einer Begelegt (Az.: 10 Ns 540 Js 10717/22, Urteil nicht rechtskräftig). 11 Instagram-Posting des OAT Karlsruhe mit Spendenaufruf zur Kampagne "Widerständig bleiben!" 6 Vgl. zu dieser Kampagne: Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2021, S. 95ff. 110
  • schaft der Organisation und ihrer Entscheidungsträger "Kriminalisierungsversuchen gegen Antifas"113 durch "staatzur freiheitlichen demokratischen Grundordnung führt liche Repressionsorgane"114: jedoch
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2022 "Denn wir bereiten eine viel grundlegendere Veränderung werden".116 Die "Repressionsbehörden" wollten sich durch eine vor, als Parlamente sie je beschließen könnten. Was wir in vermeintliche Kooperation mit Anwohnenden "gesellschaftunseren Bewegungen schaffen, reift heran, um im richtigen liche Legitimität" verschaffen.117 Indirekt in Frage gestellt wird Moment alles umzustrukturieren."109 das Gewaltmonopol des Staates, wenn es heißt: Postautonomen geht es in letzter Konsequenz also darum, "lasst uns versuchen, die Probleme und die sozialen Konflikte gesellschaftlich aktuelle Themen wie Klimaund Umwelt[...] selbst in die Hand zu nehmen, statt sie an die Polizei zu schutz dafür zu nutzen, um die parlamentarische Demokratie delegieren".118 zu diskreditieren und für ein anderes politisches System, den Kommunismus, zu werben.110 Die eigene Strategie wird dabei unverbrämt als Radikalisierungsprozess beschrieben. So hieß es in einem auf dem Debattenblog der IL veröffentlichten Diskussionspapier: "Wir brauchen mehr Militanz, um in einem gesellschaftlichen Klima-Diskurs mit einer radikalen Perspektive intervenieren zu können, um zum Investitionsrisiko der Konzerne zu werden, um ein revolutionäres Bewusstsein zu stärken, um den Slogan ROTE HILFE e. V. (ORTSGRUPPE BERLIN) 'Den Wandel selbst in die Hand nehmen' zur tatsächlichen Praxis zu machen (...)."111 So wurde beispielsweise als ein Ziel definiert, bei Aktionen GRÜNDUNG: 1995 einen "nachhaltigen Schaden" zu erzeugen.112 PERSONENPOTENZIAL 2 400 (2021: 2 350) Bislang stoßen diese Versuche der Instrumentalisierung des IN BERLIN: Themas Klimaund Umweltschutz durch Postautonome in der Berliner Klimaschutzbewegung auf keine Resonanz. Es wurDie "Rote Hilfe" wurde unter historischer Bezugnahme den zwar Debatten über Aktionsformen angestoßen, darunter auf einen von 1924 bis 1936 bestehenden gleichnabislang nicht vollends ausgereifte neue Protestformen wie migen Vorläufer 1975 als eingetragener Verein neu "friedliche Sabotage" oder verschärfter "Ziviler Ungehorsam" gegründet. 1995 entstand die Ortsgruppe Berlin, die ("ZU+"). Eine spürbare Beeinflussung des zivilgesellschaftlich sich mittlerweile zur mit Abstand größten linksextregeprägten Teils der Klimaschutzbewegung im linksextremistimistischen Organisation der Stadt entwickelt hat. Die schen Sinn ist in Berlin bislang jedoch nicht erkennbar. "Rote Hilfe" versteht sich gemäß Satzung als "linke Schutzund Solidaritätsorganisation" für alle, die aufBerliner Ortsgruppe des "Rote Hilfe e. V." grund ihrer politischen Betätigung verfolgt würden. Sie unterstützt von Strafermittlungen Betroffene materiell Die zahlenmäßig größte Gruppierung innerhalb des linksund politisch. Ausschlaggebend ist allein die politisch extremistischen Spektrums Berlins bleibt die Berliner Ortslinke Motivation der Tat. Sie sieht sich als Gegengegruppe des Vereins "Rote Hilfe e. V." Der Verein solidarisierte wicht zu "staatlichen Repressionsorganen", welche die sich u. a. mit den Beschuldigten eines Strafverfahrens vor bestehenden "Ausbeutungsund Unterdrückungsverdem OLG Dresden, die dort wegen mehrerer Überfälle auf hältnisse" verteidigen würden. Trotz der eindeutigen rechtsextremistische Akteure sowie der Bildung einer kriminelAusrichtung verfolgen nicht alle Mitglieder des Vereins len Vereinigung angeklagt sind. Losgelöst von den tatsächselbst verfassungsfeindliche Zielsetzungen. Die Gegnerlichen Hintergründen des Verfahrens spricht der Verein von schaft der Organisation und ihrer Entscheidungsträger "Kriminalisierungsversuchen gegen Antifas"113 durch "staatzur freiheitlichen demokratischen Grundordnung führt liche Repressionsorgane"114: jedoch zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Da alle Mitglieder Beiträge zahlen und zudem Spenden "Wir sind solidarisch mit den Genoss*innen, die wegen ihres akquiriert werden, verfügt die "Rote Hilfe" über erhebEngagements gegen Nazis vor Gericht gezerrt werden oder liche finanzielle Mittel. andere Repressionen erdulden müssen".115 Im Rahmen einer Kundgebung gegen die geplante Polizeiwache am Kottbusser Tor erklärte die Rechtshilfeorganisation, durch die Installierung einer Wache an diesem Ort solle dem "Immobilienkapital vermeintlich sichere Anlagemöglichkeiten verschafft und ein Eindruck von Recht und Ordnung simuliert 76