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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Bereich des der Corona-Pandemie vielerorts Angewaltorientierten Linksextremisknüpfungspunkte für "antifaschismus in Deutschland. Obwohl Autische" Aktionen und Gegenprotonome weder ideologisch noch
anstaltungen. Auch im Jahr 2021 das Personenpotenzial unverändert wurde der gewaltorientierte Linksgegenüber dem Vorjahr etwa 65 Anextremismus in Deutschland primär gehörige der autonomen und antivon der Corona-Pandemie geprägt. imperialistischen Szene. Die andauernden flächendeckenden Schutzund Beschränkungs2.2.1. Autonome Szene maßnahmen brachten das übliche Autonome bilden unverändert nach Szeneleben weitestgehend zum wie vor mit etwa 8.000 Aktivisten Erliegen. Gleichzeitig boten Veran(2020: ca. 7.500) die mit Abstand staltungen im Zusammenhang mit größte Gruppierung im Bereich des der Corona-Pandemie vielerorts Angewaltorientierten Linksextremisknüpfungspunkte für "antifaschismus in Deutschland. Obwohl Autische" Aktionen und Gegenprotonome weder ideologisch noch teste, da sich dort regelmäßig das strategisch und organisatorisch zivilgesellschaftliche Klientel (inseine homogene Struktur darstellen, besondere Impfgegner, Verschwöverfügen sie über eine einheitliche rungserzähler und Verschwörungsinhaltliche Grundlage. gläubige) mit Aktivisten aus dem rechtsextremistischen Spektrum Das Individuum und seine vermischte. Abseits von entspreSelbstverwirklichung stechenden Versammlungslagen, hen im Mittelpunkt des politiV. beispielsweise in Berlin, Hamburg schen Handelns. Jede Form der und Leipzig, stellte der gewaltoriFremdbestimmung wird abgeentierte Linksextremismus dennoch lehnt. Demnach wird auch die erneut sein hohes Gewaltpotenzial bestehende und als autoritär gegenüber tatsächlichen oder vererachtete Staatsund Gesellmeintlichen Rechtsextremisten in schaftsform abgelehnt und soll Form gewalttätiger Übergriffe unter zugunsten einer herrschaftsBeweis. Im Saarland waren im Gefreien Ordnung überwunden gensatz dazu militante Aktionen bei werden. den pandemiebedingten wenigen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der Szeneangehörigen gegen Durch die ständige Eroberung und Faschismus, rechtsextremistische Verteidigung von sogenannten Parteien und Protagonisten sowie "Freiräumen" sollen Teile des gesellgegen "Verschwörungstheoretiker schaftlichen Zusammenlebens der und ImpfschutzgegnerInnen" je"kapitalistischen Verwertungslogik" doch nicht festzustellen. und staatlichen Einflüssen entzogen werden. Beispielsweise versuDem gewaltorientierten Spektrum chen Autonome, mit der Besetzung waren im Jahr 2021 bundesweit ca. leerstehender Häuser, der Gründung 10.300 Personen (2020: ca. 9.600) von Wohngemeinschaften sowie zuzurechnen. Im Saarland umfasste der Eröffnung autonomer Zentren, 53
  • Erscheinungsbild sowie im Aktionsverhalten auf den zentralen Aktionsfeldern (Antifaschismus, Antirassismus und Antirepression) zumindest in der näheren Zukunft zu rechnen. Daher
stetig abnehmenden Mitgliederzahl reitschaft bzw. eine Eskalation der durch Parteiaustritte und natürliche Auseinandersetzungen sowie ein Abgänge sowie dadurch sinkender Absinken der hohen Hemmschwelle finanzieller Einnahmen ist deren gegenüber der Polizei sind bei den Fortbestand zumindest in der jetzisaarländischen Szeneangehörigen gen Form gefährdet. Ein personelnach hiesiger Einschätzung zuminler Zulauf in naher Zukunft dürfte dest derzeit nicht zu erwarten. nach hiesiger Einschätzung für beide Parteien eine Wunschvorstellung bleiben. Dies wird durch ihre enttäuschenden Ergebnisse bei der Bundestagswahl 2021 belegt. Beiden linksextremistischen Parteien ist es im Rahmen ihres Wahlkampfes offensichtlich nicht gelungen, Menschen für ihre Ziele zu mobilisieren bzw. für eine Mitarbeit zu gewinnen. Innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene im V. Saarland ist nicht mit wesentlichen Veränderungen in den Strukturen einschließlich des Personenpotenzials und dem Erscheinungsbild sowie im Aktionsverhalten auf den zentralen Aktionsfeldern (Antifaschismus, Antirassismus und Antirepression) zumindest in der näheren Zukunft zu rechnen. Daher dürften zwar weiterhin gewalttätige Konfrontationen insbesondere in Form von Gruppenmilitanz am Rande von Demonstrationen und gegen Einrichtungen der rechten Szene, wobei zwangsläufig Verletzungen politischer Gegner in Kauf genommen werden, nicht auszuschließen sein. Aber eine Erhöhung der Gewaltbe58
  • Kommunistische Partei" (DKP) "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) "REBELL" "Antifa Saar - Projekt AK" "ConnAct Saar" Auslandsbezogener Extremismus "Arbeiterpartei Kurdistans
Registeranhang In diesem Registeranhang sind die im vorliegenden Lagebild Verfassungsschutz genannten extremistischen Organisationen bzw. Gruppierungen aufgeführt, die im Berichtszeitraum im Saarland strukturell vertreten oder aktiv waren. Organisation/Gruppierung Rechtsextremismus "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) "Freie Bürger Union" (FBU) Landesverband Saar Partei "Die Rechte - Partei für Volksabstimmung, Souveränität und Heimatschutz" Partei "Der Dritte Weg" "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD)/"IBD Sympathisantenkreis Saar/Regionalgruppe Saar" "Hammerskins" (HS) Linksextremismus "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) "REBELL" "Antifa Saar - Projekt AK" "ConnAct Saar" Auslandsbezogener Extremismus "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) "Ülkücü-Bewegung" "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) Islamismus/Islamistischer Terrorismus "Islamischer Staat" (IS) 94
  • sozialismuss.de/dkp Seite 52 www.mlpd.de Seite 54 http://antifa-saar.org Seite 62 http://de.wikipedia.org Seite 64 Ministerium für Inneres, Bauen
Bildnachweis Titelseite Ministerium für Inneres, Bauen und Sport Seite 5 Ministerium für Inneres, Bauen und Sport Seite 11 Ministerium für Inneres, Bauen und Sport Seite 12 www.pinterest.de Seite 14 Ministerium für Inneres, Bauen und Sport Seite 24 www.npd.de Seite 28 www.wikiwand.com Seite 50 http://sozialismuss.de/dkp Seite 52 www.mlpd.de Seite 54 http://antifa-saar.org Seite 62 http://de.wikipedia.org Seite 64 Ministerium für Inneres, Bauen und Sport Seite 64 http://de.wikipedia.org Seite 64 http://de.wikipedia.org Seite 65 http://turkfederasyon.com Seite 70 IS Propagandamagazin "Rumiyah" Seite 71 IS Propagandamagazin "Rumiyah" Seite 72 Ratgeber "Islamismus erkennen", Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz Seite 73 IS Propagandamagazin "Rumiyah" Seite 79 http://de.wikipedia.org Seite 89 www.bfv.de Seite 90 http://pixabay.com 95
  • einen ideologiekritischen Vortrag heißt. Dementsprechend positionierte sich das "Offene Antifaplenum Halle" (OAP) während einer pro-ukrainischen Kundgebung am 16. April
Linksextremismus anarchistische Spektrum in Magdeburg am 4. März 2022 eine antimilitaristische Demonstration unter dem Motto "Nieder mit den Waffen. We stand with the people". Der Antimilitarismus der Anarchisten ist weitgehend internationalistisch ausgerichtet und sucht nach Organisationsformen für eine "weltweite und unabhängige Friedensbewegung". Während Antiimperialisten und Anarchisten den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands und eine militärische Intervention des Westens ablehnten, positionierten sich Teile des ideologiekritischen Spektrums auf Seiten der Ukraine. Angesichts eines neuen Imperialismus, der von Russland ausgehe, könne es "neben dem Abzug der russischen Truppen nur eine Forderung geben [...]: Waffen für die Ukraine!", wie es in einer Ankündigung für einen ideologiekritischen Vortrag heißt. Dementsprechend positionierte sich das "Offene Antifaplenum Halle" (OAP) während einer pro-ukrainischen Kundgebung am 16. April 2022 in Halle (Saale) mit einem Banner unmissverständlich: "Friede den Menschen - Krieg dem Kreml". Gleichwohl spielte die pro-ukrainische Positionierung für die weitere Aktionsorientierung des Linksextremismus in Halle (Saale) kaum eine Rolle. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 135
  • diesem szeneinternen Konflikt vor allem um die Ausdeutung des Antifaschismus. Zwar bekämpfen beide Seiten die Rechtsextremisten, doch bedingt ein unterschiedlicher
Linksextremismus Generation der Frankfurter Schule1 wurden nun die Werte des Westens (Individualität, Freiheit und Gleichheit) gegen totalitäre Ideologien wie Nationalsozialismus, Islamismus oder marxistisch-leninistischer Antiimperialismus verteidigt. Dabei begreifen Antideutsche den Antisemitismus nicht ausschließlich als Feindschaft gegenüber Juden, sondern immer auch als eine materialistische Komponente, die aus dem "kapitalistischen System" erwachse. In diesem Sinne verwerfen sie auch den "Massenansatz" im traditionellen Linksextremismus. Während orthodoxe Marxisten-Leninisten versuchen, die Arbeiterklasse für die revolutionäre Umwälzung zu mobilisieren, sehen die Antideutschen im Holocaust einen kollektiven Akt der "deutschen Volksgemeinschaft", zu der eben auch die Klasse der Arbeiter und nicht allein die Kapitalisten gehört hätten. Dementsprechend richtet sich die Strategie der Antideutschen weniger auf die Umsetzung eines revolutionären Umbruchs als vielmehr auf die Verhinderung einer Revolution unter den falschen Vorzeichen. Kritik und Provokation sind dabei die Mittel, welche antideutsch beeinflusste Gruppen in der Auseinandersetzung mit ihren politischen Gegnern - hier vor allem den Antiimperialisten - ins Feld führen. Seither geht es bei diesem szeneinternen Konflikt vor allem um die Ausdeutung des Antifaschismus. Zwar bekämpfen beide Seiten die Rechtsextremisten, doch bedingt ein unterschiedlicher Begründungszusammenhang eine verschobene Feindbildkonstruktion. Antiimperialisten argumentieren weitgehend materialistisch, das heißt sie sehen die Wurzeln des Nationalsozialismus (sie sprechen unterschiedslos vom Faschismus) im 1 - Eine geistesund sozialwissenschaftliche Denkschule, die von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno begründet wurde und als deren geistiges Zentrum das an der Goethe-Universität Frankfurt am Main angesiedelte Institut für Sozialforschung gilt. Die erste Generation der Frankfurter Schule hat unter anderem einflussreiche Analysen des zeitgenössischen Autoritarismus und Antisemitismus vorgelegt, die stark von der Hegelschen Dialektik, der Marx'schen Ideologiekritik und der Psychoanalyse Sigmund Freuds beeinflusst sind. 146 Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022
  • Kapitalismus, wodurch nicht nur Rechtsextremisten unter das Feindbild im Antifaschismus fallen, sondern auch Polizisten, "Kapitalisten" oder konservative Kräfte. Die Antideutschen
Linksextremismus Kapitalismus, wodurch nicht nur Rechtsextremisten unter das Feindbild im Antifaschismus fallen, sondern auch Polizisten, "Kapitalisten" oder konservative Kräfte. Die Antideutschen argumentieren dagegen vermehrt auf einer historisch-ideellen Ebene, wodurch sie den Nationalsozialismus als Referenzrahmen heranziehen und auf dieser Grundlage neben Rechtsextremisten auch Islamisten (sie sprechen vom Islamofaschismus) zu ihren Gegnern zählen. Für Sachsen-Anhalt ergibt sich folgende Besonderheit: Die beiden Zentren des gewaltorientierten Linksextremismus, Magdeburg und Halle (Saale), stehen sich ideologisch unversöhnlich gegenüber. Während in Magdeburg ein Großteil der Szene antiimperialistisch aufgestellt ist, gelten Linksextremisten in Halle (Saale) nach wie vor als antideutsch geprägt. Seit einigen Jahren verliert der Konflikt jedoch auch in Sachsen-Anhalt an Bedeutung. Jüngere Generationen im gewaltorientierten Linksextremismus positionieren sich vermehrt unabhängig von einer antiimperialistischen oder antideutsch geprägten Zuschreibung. Anarchisten Anarchisten berufen sich nicht auf ein starres Ideologiegebäude; charakteristisch ist eine Vielzahl an Strömungen, die mehr oder weniger stringent nebeneinander existieren. Während alle Anarchisten die prinzipielle Realisierbarkeit einer herrschaftslosen Ordnung behaupten, vertreten sie unterschiedliche Positionen hinsichtlich der Stellung des Individuums und der Frage der Gewalt. Zudem unterscheiden sich anarchistische Gruppierungen in ihrem Organisationsgrad. Zu differenzieren ist zwischen einem individualistischen und einem kollektivistischen sowie zwischen pazifistischem und aufständischem Anarchismus. Dabei konnte einzig der gewerkschaftlich organisierte Anarchismus, der bis heute als Anarchosyndikalismus existiert, eine gewisse gesellschaftspolitische Stringenz entwickeln. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 147
  • Linksextremisten weitere Aktionsfelder ab - allen voran das Gebiet des "Antifaschismus" und das der "Antirepression". Grund der Beobachtung Da gewaltorientierte Linksextremisten
Linksextremismus Bei aller Heterogenität werden gewaltorientierte Linksextremisten auf den immer gleichen Aktionsfeldern aktiv. Auf der Grundlage des Antikapitalismus als genuines Thema leiten sich für Linksextremisten weitere Aktionsfelder ab - allen voran das Gebiet des "Antifaschismus" und das der "Antirepression". Grund der Beobachtung Da gewaltorientierte Linksextremisten die Prinzipien Freiheit und Gleichheit verabsolutieren, betrachten sie jede Form staatlicher Herrschaft als illegitim, so auch den demokratischen Rechtsstaat. Missstände in der Demokratie sollen nicht gelöst, sondern mitsamt der freiheitlichen Verfassungsordnung abgeschafft werden. Unabhängig von den divergierenden Zielen sehen alle Akteure und Gruppen dieser Szene Gewalt als ein legitimes Mittel an. Diese politisch bestimmten Verhaltensweisen - insbesondere das Ablehnen des staatlichen Gewaltmonopols bei gleichzeitigem Befürworten von Gewalt, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen - sind mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Die gewaltorientierte linksextremistische Szene verfügt in Sachsen-Anhalt lediglich in Magdeburg über weitgehend feste Strukturen. Im übrigen Land ist die Szene eher locker organisiert. 148 Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022
  • nichtextremistischen Bereich. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind die Aktionsfelder Antifaschismus und AntikapitaVerfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt
Linksextremismus "Freie Arbeiter*innen-Union" (FAU) Die 1977 gegründete FAU versteht sich als ein Verbund anarchistisch organisierter Gewerkschaften und beruft sich hierbei auf den Anarchosyndikalismus. Mit diesem strebt die FAU die Abschaffung jeglicher Herrschaft von Menschen über den Menschen an. Regierungen, Parlamente oder Gesetze werden dementsprechend als Instrumente zur Unterdrückung der natürlichen Freiheit wahrgenommen. Die Aktivitäten der FAU sind daher vor allem gegen den Staat als Herrschaftsapparat gerichtet. In der Frage der Gewalt laviert die FAU zwischen einer mittelbaren Gewerkschaftsarbeit einerseits und dem Aufbau revolutionärer Gewerkschaftsund Betriebsgruppen andererseits. Ziel bleibt das unmittelbare Überwinden der bestehenden staatlichen Ordnung. Dementsprechend kooperiert die FAU auch mit gewaltorientierten Linksextremisten. Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich die FAU mehr als deutlich von den etablierten Gewerkschaften. In Sachsen-Anhalt existieren Ortsgruppen in Magdeburg und Halle (Saale). "Interventionistische Linke" - Ortsgruppe Halle (IL) In Halle (Saale) ist ein Ableger des postautonomen Zusammenschlusses "Interventionistische Linke" (IL) aktiv. Im Rahmen ihrer Scharnierfunktion kooperiert die IL mit verschiedenen Bündnissen, sowohl mit Linksextremisten aus dem gewaltorientierten und dem legalistischen Spektrum als auch mit Gruppierungen aus dem nichtextremistischen Bereich. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind die Aktionsfelder Antifaschismus und AntikapitaVerfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 153
  • weitere Themengebiete aus. An erster Stelle stehen dabei der Antifaschismus und das Themenfeld der Antirepression. Allerdings sind die jeweiligen Aktionsschwerpunkte
Linksextremismus Der Kapitalismus wird dabei als Ursache für alle Missstände und Verwerfungen herangezogen, die einer solchen Utopie entgegenstehen. Die Frage, was im Einzelnen unter Kapitalismus zu verstehen ist und wie dieser bekämpft werden soll, beantworten linksextremistische Akteure jedoch ganz unterschiedlich. Nicht nur vor diesem Hintergrund weichen Linksextremisten auf weitere Themengebiete aus. An erster Stelle stehen dabei der Antifaschismus und das Themenfeld der Antirepression. Allerdings sind die jeweiligen Aktionsschwerpunkte der linksextremistischen Szene immer auch Ausdruck der aktuellen gesellschaftlichen Problemlagen. So griffen Linksextremisten aufgrund des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Berichtszeitraum vermehrt Fragen des Antimilitarismus auf. Antikapitalismus Linksextremisten verstehen den Kapitalismus nicht nur als Wirtschaftsordnung, sondern immer auch als eine Herrschaftsform. Kapitalismus und demokratischer Verfassungsstaat werden dabei gleichgesetzt, sodass aus linksextremistischer Sicht beide zu bekämpfen sind. Die jeweiligen Strategien und bevorzugten Handlungsfelder linksextremistischer Akteure variieren je nachdem, was genau ein Akteur unter dem kapitalistischen System versteht und welche konkrete Utopie er diesem entgegensetzt. Vor allem Akteure aus dem antiimperialistischen Spektrum bedienen einen dogmatischen Marxismus, mit dem sie alle gesellschaftlichen Konflikte als Auswuchs eines allumfassenden "Klassenkampfes" deuten. Vor diesem ideologischen Hintergrund beteiligten sich Linksextremisten aus dem Umfeld von ZK am 3. Januar 2022 erstmalig an einem "Spaziergang" gegen Corona-Schutzmaßnahmen in Magdeburg. Unter dem Titel "Corona ist das Virus, Kapitalismus ist die Krise! Impfpflicht? Nicht in diesem System!" versuchten sie, Teile der Protestbewegung für eine antikapitalistische Agenda zu gewinnen. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 155
  • Allgemeinen und des antiimperialistischen Spektrums im Besonderen gesehen werden. Antifaschismus Neben der Kritik am Kapitalismus ist der Kampf gegen
Linksextremismus Bereits am 30. April 2022 veranstaltete die OJD in Dessau-Roßlau unter der Losung "Jugend, Zukunft, Sozialismus" eine 1. MaiVorabenddemonstration. In ihrem Aufruf beschwor die Gruppe den marxistischen Allgemeinplatz von der permanenten Krise des Kapitalismus, um sogleich auszurufen: "Die Jugend wird sich nicht weiter unterdrücken lassen! Gegen Krieg und Kapitalismus! Für den Klassenkampf! Für den Sozialismus!" Aufgrund der Anreisen von Gruppen und Einzelpersonen aus Magdeburg und Leipzig (Sachsen) beteiligten sich letztlich 80 Personen an der Demonstration. Dementsprechend verbuchte die OJD ihre Veranstaltung in einem Resümee als Erfolg: "Mit unseren Forderungen und unserem Auftreten stellte diese Demonstration die erste klassenkämpferische Demonstration in Dessau seit Jahren dar. [...] Wir sind durch diesen Erfolg wieder einmal bestärkt worden, linke Politik in Dessau zu verankern und eine Organisation zu schaffen, welche noch Jahre weiter die Stadt prägen wird." Vor diesem Hintergrund kann die OJD als etablierter Bestandteil der linksextremistischen Szene im Allgemeinen und des antiimperialistischen Spektrums im Besonderen gesehen werden. Antifaschismus Neben der Kritik am Kapitalismus ist der Kampf gegen den "Faschismus" der zentrale Aktionsschwerpunkt im gewaltorientierten Linksextremismus. Dabei ist es für Linksextremisten zunächst unerheblich, ob es sich bei dem politischen Gegner tatVerfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 159
  • anschließend auf Instagram veröffentlichten Video heißt es: "Antifaschistischer Selbstschutz ist legitim und bleibt notwendig
Linksextremismus Antirepression Der Kampf gegen eine vermeintliche Unterdrückung durch staatliche Institutionen ist eines der entscheidenden Aktionsfelder gewaltorientierter Linksextremisten und ihres Unterstützerfeldes. Die linksextremistische Szene sieht den Staat als ein "Repressionsinstrument" der Herrschenden zur Verhinderung eines revolutionären Prozesses. Rechtsstaatliche Maßnahmen, insbesondere der Justizund Polizeibehörden, seien daher "Repression" und somit nichts anderes als ein Akt der Herrschaftssicherung des Kapitals. Vor diesem Hintergrund organisiert sich die Szene in regionalen und überregionalen "Solidaritätsnetzwerken". Die wichtigste und größte Organisation ist dabei die "Rote Hilfe". Im Rahmen der "Antirepression" werden linksextremistische Straftäter vollumfänglich unterstützt, während entsprechende Gerichtsverfahren als politische Verfahren und inhaftierte Szeneangehörige als "politische Gefangene" deklariert werden. Vor diesem Hintergrund verbindet das Aktionsfeld der "Antirepression" die linksextremistische Szene selbst über ideologische und strategische Gräben hinweg. Zuletzt zeigte sich dies am zweiten Jahrestag der Inhaftierung der Linksextremistin Lina E. aus Leipzig (Sachsen). Ihr und drei weiteren Angeklagten wird zur Last gelegt, eine kriminelle Organisation gemäß SS 129a StGB gegründet zu haben, um systematisch, konspirativ und wiederholt Rechtsextremisten bzw. Personen, die sie für Rechtsextremisten hielten, zu überfallen und ihnen schwerwiegende Verletzungen zugefügt zu haben. Die linksextremistische Szene übt sich hierbei geschlossen in Solidarität mit den Angeklagten. In Magdeburg posierten Linksextremisten mit Pyrotechnik und der aufgemalten Parole "Free Lina" auf dem Dach des "Infoladens" in Magdeburg-Stadtfeld. In dem Begleittext zu dem anschließend auf Instagram veröffentlichten Video heißt es: "Antifaschistischer Selbstschutz ist legitim und bleibt notwendig - weg mit SS 129 a & b! Freiheit für Lina & ihre Mitangeklagten!" Die Taten der Gruppe, bei denen Rechtsextremisten wiederholt mit einem Hammer angegriffen wurden, 166 Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022
  • Jahrestag zum Anlass, neben einem stilisierten Hammer den "konsequenten Antifaschismus" einzufordern. Die Szene dürfe sich nicht einschüchtern lassen: "Denn
Linksextremismus werden hier als Akt des präventiven Selbstschutzes der Szene verteidigt. Auch das OAT nahm den Jahrestag zum Anlass, neben einem stilisierten Hammer den "konsequenten Antifaschismus" einzufordern. Die Szene dürfe sich nicht einschüchtern lassen: "Denn wir sind nicht kriminell, kriminell ist das System!" Andere Aktionen auf dem Feld der Antirepression richteten sich direkt gegen die unmittelbaren Vertreter des staatlichen Gewaltmonopols: die Polizei. So mobilisierte das OAP für den 16. Dezember 2022 in Halle (Saale) zu einer Demonstration gegen vermeintliche Polizeigewalt und stellte den Aufruf unter den Titel: "Bullen töten und ihr schweigt!". Zu einem Polizeieinsatz in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) vom 8. August 2022, bei dem ein Jugendlicher von der Polizei tödlich verwundet worden war, schrieb das OAP: "Wir wollen nicht schweigend dastehen und vergessen, welche Gefahr von bewaffneten, autoritätsverliebten Menschen in Uniform ausgeht. Kommt daher am 16.12. mit uns in Halle auf die Straße, gegen Polizeigewalt und gegen die Umstände, die sie hervorbringen." Die Demonstration verlief mit 75 Personen zwar störungsfrei, doch war eine durchgehend aggressive Grundstimmung zu verzeichnen. Die Teilnehmer brannten Pyrotechnik ab und riefen Parolen wie: "Hass wie noch nie, All Cops Are Bastards A.C.A.B.", Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 167
  • linksextremistischen Szene ausgegangen werden. Vor allem im Aktionsfeld des Antifaschismus nutzen Linksextremisten militante Aktionsformen, um die Infrastruktur des politischen Gegners
Linksextremismus Am 16. Februar 2022 sprühten Unbekannte die Parole "VIVA PALESTINA IHR RASSISTEN" an die Hauswand eines Gebäudes, in dem der Stadtverband Magdeburg der Partei "DIE LINKE" über ein Büro verfügt. Zwei zum Büro gehörende Fenster wurden zudem mit Pflastersteinen eingeworfen. Aufgrund der Botschaft ist davon auszugehen, dass die Täter aus dem antiimperialistischen Spektrum stammen dürften. Darauf deutet auch ein mittlerweile gelöschter Beitrag auf "de.indymedia" hin, dessen Autoren die Tat kritisieren und auf einen internen Szenekonflikt verweisen, mit dem die Tat im Zusammenhang stehe. Derartige Aktionen hätten in Bereichen der "linken Szene Magdeburgs eine krude Tradition und mithin abscheuliche Ausmaße angenommen". Man nenne bewusst keine Namen oder Strukturen, sei sich jedoch gewiss, dass die Betroffenen wüssten, dass sie gemeint seien. Am 23. April 2022 griffen Unbekannte die Geschäfte des (unter Rechtsextremisten beliebten) Modelabels "Thor Steinar" in Magdeburg und Halle (Saale) sowie in Erfurt (Thüringen) und Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) an. Dabei stürmten in Magdeburg drei Vermummte kurz nach der Öffnung den Verkaufsraum, um die dort ausgelegten Bekleidungsstücke mit einer Bitumenmischung aus einem eigens dafür präparierten Feuerlöscher zu besprühen und zusätzlich im Innenraum des Geschäfts Buttersäure zu verschütten. In allen vier Fällen konnten die Täter unerkannt flüchten. Insgesamt kann aufgrund des Angriffsziels und des Tathergangs von einer koordinierten Aktion der linksextremistischen Szene ausgegangen werden. Vor allem im Aktionsfeld des Antifaschismus nutzen Linksextremisten militante Aktionsformen, um die Infrastruktur des politischen Gegners anzugreifen und damit dessen Kosten hochzutreiben. Zu diesen Kosten zählen Linksextremisten neben materiellen Werten auch die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit ihrer politischen Gegner. Dabei ist es aus ihrer Sicht unerheblich, ob es sich bei den angegriffenen Personen um 178 Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022
  • erklärte die RH sich "mit allen von Repression betroffenen Antifaschist:innen uneingeschränkt solidarisch" und sicherte diesen zu, sie "auch weiterhin
Linksextremismus Im Fokus der Arbeit der RH stehen neben der Bearbeitung individueller Unterstützungsfälle vor allem die Beteiligung an szeneund spektrenübergreifenden Veranstaltungen der linksextremistischen Szene, zum Beispiel an der Vorabenddemonstration am 21. Januar 2022 in Magdeburg. Hier beklagte die Ortsgruppe der RH in altbewährter Manier die rechtsstaatliche Duldung von Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene, während sie zugleich den Ordnungsund Sicherheitsbehörden vorwarf, den Gegenprotest zu kriminalisieren. Die Gruppe drohte den Vertretern dieser Behörden, insbesondere den Polizeikräften, unverhohlen, wenn sie "politische und persönliche Konsequenzen für diejenigen" forderte, "die für das Durchsetzen solcher Naziaufmärsche verantwortlich sind". Des Weiteren erklärte die RH sich "mit allen von Repression betroffenen Antifaschist:innen uneingeschränkt solidarisch" und sicherte diesen zu, sie "auch weiterhin mit all unseren Mitteln unterstützen" zu wollen. Ein zentraler Agitationstag für die RH ist in jedem Jahr der 18. März, der sogenannte "Tag der Freiheit für alle politischen Gefangenen".1 Seit 1996 ruft die linksextremistische Szene an diesem Tag alljährlich mit verschiedenen Veranstaltungen zur Solidarisierung mit inhaftierten Linksextremisten auf. So organisierte etwa die Ortsgruppe in Magdeburg eine Kundgebung unter unter dem Motto "Linke Politik Verteidigen! Solidarität ist unsere Ant- 1 - Den Hintergrund für die Wahl dieses Datums bildet die blutige Niederschlagung eines Aufstandes in Berlin am 18. März 1848. Im Zuge der Märzrevolution kam es an diesem Tage in Berlin zu Barrikadenkämpfen zwischen dem preußischen Militär und Demonstranten, überwiegend Handwerker, Arbeiter und Studenten. Es starben 270 Demonstranten ("Märzgefallene"), weitere 1.000 wurden verletzt. Unter den Soldaten gab es etwa 200 Tote und 250 Verletzte. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2022 185
  • Allgemeines ................................................................................................................. 70 3.2 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis ............................................. 72 3.3 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" ........................................................................... 79 4. Sonstige linksextremistische Organisationen
VI. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) ................................................................................................................. 65 1. Hintergrund ....................................................................................................................... 65 2. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) ...................................................................................... 65 2.1 Überblick, allgemeine Lage .......................................................................................... 65 2.2 Strukturen der Organisation ......................................................................................... 66 2.3 Themenschwerpunkte der Organisation ........................................................................ 66 2.4 Bewertung ................................................................................................................... 67 VII. Linksextremismus.................................................................................................................. 69 1. Überblick, Ideologie, Schwerpunktsetzung, Radikalisierung .............................................. 69 2. Das linksextremistische Personenpotenzial ........................................................................ 69 3. Autonome .......................................................................................................................... 70 3.1 Allgemeines ................................................................................................................. 70 3.2 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis ............................................. 72 3.3 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" ........................................................................... 79 4. Sonstige linksextremistische Organisationen ..................................................................... 80 5. Politisch motivierte Kriminalität - Links im Überblick ......................................................... 84 Exkurs: Extremisten bei Telegram und TikTok ................................................................................ 87 VIII. Spionageabwehr ................................................................................................................... 95 1. Aufgabe und Überblick ....................................................................................................... 95 2. Methoden fremder Nachrichtendienste .............................................................................. 97 3. Wirtschaftsschutz / Cyberabwehr ...................................................................................... 99 4. Proliferation .................................................................................................................... 101 IX. Geheimschutz ..................................................................................................................... 103 1. Allgemeines ..................................................................................................................... 103 2. Personeller Geheimschutz ............................................................................................... 103 3. Materieller Geheimschutz ................................................................................................ 104 4. Sonstige Überprüfungen .................................................................................................. 105 Anhang ...................................................................................................................................... 107 4
  • Staat" fronten eingeschlagen, Wände und Scheiben gezeigten Verfolgungswillen "gegen Antifas und mit Farbbomben und Sprühfarbe, Schriftzügen Linke" auf die Website
Linksextremismus Nächtlicher Angriff und "Entglasungsaktion" würde eine "Repressionsmaschinerie" angeworan Bankfilialen am 2. Mai fen. Zudem solidarisierten sich die Protestteilnehmer mit möglichen Tatverdächtigen: "Wer Erneut griffen in den frühen Morgenstunden Ver'ne Razzia hatte - auf dessen Seite stehen wir." mummte in der Jenaer Innenstadt Bankfilialen Zu der Demonstration war regional in Jena und an. Scheiben und Fassaden von zwei BankgeErfurt mobilisiert worden. DISSENS hatte dabei bäuden wurden schwer beschädigt, Fensterin Anbetracht des "durch den deutschen Staat" fronten eingeschlagen, Wände und Scheiben gezeigten Verfolgungswillen "gegen Antifas und mit Farbbomben und Sprühfarbe, Schriftzügen Linke" auf die Website des linksextremistischen und szenetypischen Symbolen markiert. So ist Vereins "Rote Hilfe e. V." verlinkt, wo Broschüauch eine Fensterfront über 25 Meter hinweg ren für von Repression Betroffene bereitgestellt "entglast" worden. Die Täter flüchteten bei werden. Erscheinen der Polizei, Fluchtfahrräder wurden sichergestellt. Der Sachschaden liegt im mittleren fünfstelligen Bereich. In einer auf "de. 3.3 Das Aktionsfeld "Antigenindymedia" veröffentlichten Selbstbezichtigung bekennen die Autoren, die Banken heute Nacht trifizierung" "eingeknallt und ihre Fassaden verschönert" zu Autonome nutzen das Thema "Gentrifiziehaben", da diese den "faschistischen Angriffsrung"44, um eigene Interessen - die Schaffung krieg der Türkei in Rojava" unterstützen würden. und den Erhalt von "Freiräumen" (z. B. besetzte Die Türkei, ein zutiefst menschenverachtender, Häuser, kollektive Wohnprojekte) - in einen patriarchaler, faschistischer und islamistischer breiteren gesellschaftlichen Rahmen und dort Staat, dessen Verbrechen bislang zu geringe bestehende soziale Fragen einzubringen. Das Aufmerksamkeit gelte, erfahre in Deutschland Streben nach derartigen von "kapitalistischer stillschweigend Unterstützung: "Nur eine kaputVerwertungslogik" und staatlichem Zugriff te Scheibe, ist eine gute Scheibe. In dem Sinne freien Objekten reicht bis in die Anfangstage Smash capitalism and fascism worldwide." der Autonomen zurück. Entsprechend hoch ist der Stellenwert einzelner, noch verbliebener Szeneobjekte. Auf staatliche Maßnahmen oder Demonstration "Solidarität ist eine Waffe! bei drohendem Verlust reagiert die Szene daher Gegen Naziterror und Repression" am 3. Juli meist äußerst aggressiv. Es kommt zu Protesten, Im Nachgang zu o. g. Straftaten in Jena am 1. Strafund Gewalttaten sowie SolidaritätsaktioJuli durchgeführte Durchsuchungsmaßnahmen nen bis ins europäische Ausland. Der Kampf um waren Anlass für Proteste unter dem Motto "Freiräume" ist Vorstufe und Teil des Kampfes "Schluss mit den Repressalien!". An einer Deum eine herrschaftsfreie klassenlose Gesellmonstration mit Zwischenkundgebung nahe der schaft, ein Leben ohne fremde Zwänge und örtlichen Polizeidienststelle nahmen ca. 200 Vorgaben, nach eigenen Regeln. Daher sind sie Personen störungsfrei teil. Jugendliche hätten zugleich auch Symbole des Widerstandes gegen mit einem Banner "Gegen die politische HässHerrschaft und alle Formen der Herrschaftslichkeit in dieser Stadt" protestiert, ein Sprecher ausübung. Auch Thüringer Linksextremisten habe die Maßnahmen als unverhältnismäßig unterstützen regelmäßig Hausbesetzungen und kritisiert, "wegen ein paar kaputter Scheiben" von Räumung bedrohte "Freiräume". So bot die 44 Abgeleitet von gentry (engl.) - Bezeichnung für niederen englischen Adel und ihm sozial Nahestehende, daher: Umstrukturierung von Stadtteilen nach Verkauf, Neubau und/oder Modernisierung von Gebäuden. Durch den Zuzug neuer (vermögenderer) Bewohner kommt es zu Veränderungen der Bevölkerungsstruktur und "Verdrängung" vormals etablierter Bevölkerungsschichten. Gewaltorientierte Linksextremisten wie Autonome versuchen insbesondere in Stadtteilen, die sie als ihren "Kiez" beanspruchen, dieser Entwicklung auch mit gewalttätigen Mitteln entgegenzuwirken. 79
  • BalPlakate "Rigaer 94 verteidigen" und Sachbekonen Fahnen der "Antifaschistischen Aktion" schädigungen durch Graffiti "R94 bleibt" und und zündeten Nebelbomben
gerichtlich verfügte Brandschutzbegehung des Transparente u. a. die Aufschriften "BESETZT", bekannten Berliner Szeneobjektes "Rigaer 94" "Köpi und Rigaer verteidigen", "Gentrifizierung im Juni Anlass für Ausschreitungen insbesonstoppen...", "Fight the Power, Fight the Cistem, dere in Berlin und für bundesweite Resonanz. Reclaim the City". Auf Fotos, die die Besetzer Diese fiel in Thüringen zwar deutlich, jedoch veröffentlicht hatten, trat ein Vermummter eine vergleichsweise moderat aus. So wurden in Jena Tür ein, schwenkten Besetzer auf Dach und BalPlakate "Rigaer 94 verteidigen" und Sachbekonen Fahnen der "Antifaschistischen Aktion" schädigungen durch Graffiti "R94 bleibt" und und zündeten Nebelbomben. Die Aktion wurde Anarchiezeichen festgestellt. DISSENS schrieb: auch als PR-Maßnahme vermarktet. Von einem "Ey wenn euch Brandschutz so wichtig ist, dass Twitteraccount wurden noch in den Morgenstunihr Häuser stürmt, gibt es haufenweise Nazi-Imden des Folgetages Tweets abgesetzt, dass insmobilien, deren Brandschutz in der letzten Zeit besondere gegen die Gentrifizierung Weimars sehr mangelhaft war... Verpisst euch aus der ein Zeichen gesetzt und Solidarität mit anderen Rigaer! An alle anderen die nicht in #Berlin sind: Hausbesetzungen bekundet werden solle. Diese Bereitet Soli-Aktionen vor!" seien "ein notwendiges und legitimes Mittel einer kämpferischen Bewegung für ein Recht Sehr hoher Sachschaden entstand bei einer auf Wohnen für alle". Weitere Hausbesetzungen nächtlichen Sachbeschädigung durch Steinoder Aktionen, bei denen es auch "krachen" würfe und Graffiti am 25./26. Januar in Jena. Unkönnte, werden avisiert. bekannte beschädigten das - offenbar als "Aushängeschilder für neoliberale Stadtpolitik und Gentrifizierung" verstandene - Neubauprojekt eines Bürokomplexes, Fenster mit Sicherheits4. Sonstige linksextreglas waren Ziel von Steinwürfen, Wände erhielmistische Organisationen ten großflächige Graffiti wie "Fight Capitalism", "Fight Gentrification" und Anarchiezeichen. In einem Selbstbezichtigungsschreiben auf "de. "Rote Hilfe e. V." (RH) indymedia" äußern sich anonyme Verfasser zu ihrer "Wut über die alltägliche Verdrängung in Jena, immer neue Großbauprojekte" und "steigende Mieten". Die Stadt solle "das Feuer nicht weiter anheizen". In Weimar kam es am 30. März und 13. Oktober zur Besetzung leerstehender Häuser. Zeitnah versammelten sich jeweils ca. 50 bis 60 Sympathisanten und Unterstützer zu einer friedlich verlaufenden Spontankundgebung vor Ort. Im ersten Fall wurde in einem Beitrag "Die Disteln im Beton - Hausbesetzung Weimar" auch auf "de.indymedia" erklärt, das seit zehn Jahren leerstehende Haus sei besetzt worden, um sich "von kapitalistischen Strukturen zu lösen". Diese "Art des Widerstandes" sei "legitim", da man mit einer Besetzung nicht Einzelpersonen, sondern "nur staatlichen Institutionen" schade. Im zweiten Fall trugen am Gebäude angebrachte 80
  • Zukunft Heimat, 17.01.2022 (letzter Zugriff 18.01.2022). 72 Twitter Account Antifa Zeckenbiss, vom 28.02.2022 (letzter Zugriff
anderem in der Medienarbeit. Zusätzlich erfährt "Zukunft Heimat" breite Unterstützung vom völkisch-nationalistischen Lager der AfD67. Diese nutzen Veranstaltungen und Demonstrationen des Vereins zur Verbreitung ihrer rechtsextremistischen Ideologie. Der Verein "Zukunft Heimat" fungiert als länderübergreifendes Scharnier zwischen unterschiedlichen rechtsextremistischen Akteuren: von der gewaltbereiten Hooliganund Kampfsportszene bis hin zu führenden Köpfen des intellektuellen Rechtsextremismus und der AfD.68 Entwicklungen im Berichtszeitraum Im Berichtsjahr 2022 trat "Zukunft Heimat" zunächst vor allem im Zuge des Protestgeschehens gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen der Landesund Bundesregierung in Erscheinung, um wie in den Jahren zuvor maximales politisches Kapital aus der Pandemie zu schlagen. In der zweiten Jahreshälfte bezog der Verein vor allem Stellung zum russischen Angriffskrieg und den daraus abgeleiteten Versorgungskrisen. Auch hier stand durch Skandalisierung vor allem die Mobilisierung von Menschen auf der Straße im Vordergrund. Dies wird verdeutlicht in einem Interview mit dem Gesicht des Vereins HansChristoph Berndt. Dieser forderte im August 2022 am Rande einer Veranstaltung des rechtsextremistischen "Instituts für Staatspolitik" (IFS) "dezentral so wie es im letzten Winter war (...) an tausenden Orten gleichzeitig auf die Straße [zu] gehen, überall Initiativen zu bilden, überall aktiv werden, sich überall vernetzen. Das entfaltet eine Kraft, (...) der wird die Regierung nicht widerstehen können."69 Auf den Demonstrationen des Vereins wurde das Handeln der Regierung regelmäßig als "Staatswillkür" oder Machtkartell verunglimpft, welche einen "Impfzwang" durchsetzen wolle.70 Die wiederholte und oftmals diffamierende Unterstellung, "der Staat" würde im Rahmen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen willkürlich gegen seine Bürger handeln, untergräbt den demokratischen Rechtsstaat. Die im Parlament beschlossenen Gesetze und deren Umsetzung wurden wiederholt als Willkür delegitimiert. Auch die Polizei wurde zunehmend als Feindbild aufgebaut. Hierbei boten die Sozialen Medien und Telegram Raum für Radikalisierung. Dort wurden aggressive, menschenverachtende Aussagen gegen die Polizei getroffen, welche bis hin zu konkreten Gewaltaufrufen reichten. So entfachte etwa das am 17. Januar 2022 auf dem Facebook-Profil von "Zukunft Heimat" geteilte Video zu einem "Spaziergang" heftige Reaktionen über den Polizeieinsatz und wurde unter anderem von einem Nutzer folgendermaßen kommentiert: "jetzt muss die Knüppeltruppe nur noch dezimiert werden. Wenn sie mit Gewalt agieren muss mit Gewalt geantwortet werden." [sic!]71 Hieraus wird ersichtlich wie die gezielte, anhaltende virtuelle Agitation durch "Zukunft Heimat" als Radikalisierungsmotor wirkt. Der Verein verbreitete wie schon in den Vorjahren verschwörungsideologisches Gedankengut. Ein Beispiel bietet der Redebeitrag einer Aktivistin auf einer Demonstration am 28. Februar 2022 in Cottbus. In ihrer Rede kontextualisiert sie die Debatte über die Corona-Eindämmungsmaßnahmen mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und bettet dies verschwörungsideologisch ein: "Die Lügenkonstrukte müssen zum Einsturz gebracht werden. Nur dann ist ein rechtmäßiger Status für uns und unser Land zu erreichen. Corona ist auf einmal von der Bildfläche verschwunden. Wahrscheinlich mit an die Front nach Osten ausgerückt. Wahrscheinlich kehrt es von dort aus mit seinem Bruder nicht Omicron, sondern Vitalicron zurück. Pünktlich im September, siehe da, Simsalabim zückt unser Karlchen die allgemeine Impfpflicht für alle ab 18 aus der Schublade."72 67 Siehe Fußnote 6. 68 Siehe Fußnote 6. 69 Info-direkt. Das Magazin für Patrioten: Widerstands-Tipps für den heißen Herbst von Hans-Christoph Berndt (AfD), 04.08.2022 (letzter Zugriff 15.12.2022). 70 Telegram-Seite Zukunft Heimat, 06.02.2022 (letzter Zugriff am 12.08.2022). 71 Facebook Zukunft Heimat, 17.01.2022 (letzter Zugriff 18.01.2022). 72 Twitter Account Antifa Zeckenbiss, vom 28.02.2022 (letzter Zugriff 01.03.2022). 53
  • Jena und in Weimar. Die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus" hält an. Die Autonome, die den weitaus größten Anteil
Thüringen Bund 2019 2020 2021 2019 2020 2021 Gewaltorientierte 140 140 140 9.200 9.600 10.300 Linksextremisten davon: Autonome 130 130 130 7.400 7.500 8.000 Anarchisten 27 10 10 10 800 1.000 1.200 Linksextremistische 70 70 85 5.650 5.650 5.650 Parteien28 Rote Hilfe e. V. 140 150 160 10.500 11.000 12.000 Tabelle 6: Geschätzte linksextremistische Mitgliederbzw. Anhängerpotenziale In Thüringen verloren ehemals maßgebliche Gruppen des autonomen Spektrums an Be3. Autonome deutung, blieben inaktiv oder erklärten ihre Auflösung.29 Regionale Schwerpunkte bestehen 3.1 Allgemeines in Jena und in Weimar. Die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus" hält an. Die Autonome, die den weitaus größten Anteil der in Thüringen vertretenen marxistisch-leninistigewaltorientierten deutschen Linksextremisten schen Parteien und Organisationen rückten im stellen, sind seit Ende der 1970er Jahre aktiv. Berichtszeitraum erneut kaum in die öffentliche Sie agieren heute vor allem in Großstädten wie Wahrnehmung. Einzig der in diesem Spektrum Berlin, Hamburg, Leipzig, in Universitätsstädten isolierten MLPD gelang es, ihre politischen oder Ballungsräumen wie dem Rhein-MainAnliegen in der Öffentlichkeit darzustellen.30 Gebiet. Der gewaltorientierten autonomen Maßgebliche Aktivitäten der DKP wurden nicht Szene waren bundesweit etwa 8.000 (2020: festgestellt.31 7.500) Anhänger zuzurechnen. Damit hat sich das Potenzial - bei geringem Zuwachs - auf hohem Niveau konsolidiert. Bestrebungen, verschiedene Strömungen des Linksextremismus zusammenzuführen, hielten ebenso an wie das Bemühen durch eine Entgrenzung zwischen Extremisten und Nichtextremisten eine Anschluss27 Die Zahlenangaben beziehen sich auf das personell stärkste anarchistische Teilspektrum, die "Freie Arbeiterinnenund ArbeiterUnion" (FAU). Die FAU ist in geringem Umfang in Thüringen vertreten. Ihr Aktionsschwerpunkt beschränkt sich wie in den Vorjahren auf Jena. 28 Die Zahlenangaben beziehen sich auf die organisatorisch in Thüringen vertretenen Parteien "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD). 29 "PEKARI - Linke Basisgruppe Jena", die nach eigenen Angaben "Nachwuchs für die radikale Linke in Jena" rekrutierte und im linksextremistischen Spektrum auch über Thüringen hinaus gut vernetzt war, kündigte im Dezember ihre Auflösung an und trat seither nicht mehr in Erscheinung. 30 Die Partei beteiligte sich an der Bundestagswahl am 26. September und entfaltete auch in Thüringen entsprechende Aktivitäten zur Vorbereitung. Während sie bundesweit Verluste hinnehmen musste, gelang es ihr in Thüringen in allen Wahlkreisen Erstund Zweitstimmen hinzuzugewinnen. Dies sei "ein Erfolg der ganzen MLPD, die dort in den letzten Jahren eine konzentrierte Aufbauarbeit" geleistet habe. Bereits bei der Landtagswahl 2019 in Thüringen hatte die MLPD ihr bislang bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl erzielt. 31 Neben der DKP Erfurt trat im Berichtszeitraum eine Grundorganisation in Sonneberg publizistisch in Erscheinung. Das Potenzial der DKP Thüringen wird auf ca. 25 Personen geschätzt, ihre Bedeutung in der Bundespartei ist marginal. 70