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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Anarchist Skinheads") am 20. Mai über ihren antifaschistischen Kampf im Heimatland. Am 24. Juni befassten sich die "Prolos
Linksextremismus Verfassungsschutzbericht Bayern 2022 Mit diesem Programm wollen wir erklären [...] warum wir der Ansicht sind, dass wir eine freie kommunistische Gesellschaft brauchen, in der die Produktionsmittel vergesellschaftet sind und die politische Planung von Produktion, Repro duktion, Leben, Gesellschaft, Kultur und Wissen schaft in der Hand aller im Sinne basisdemokra tischer Räte und Kommunen organisiert wird. Wir [...] hoffen, dass euch die [...] Texte anregen [...], den Kampf gegen das kapitalistische Sys tem aufzunehmen. (Fehler aus dem Original übernommen) Die Gruppierung setzte sich 2022 insbesondere mit den Ursachen des Russland-Ukraine-Krieges auseinander, pflegte Kontakte zu inländischen wie ausländischen Linksextremisten und befasste sich auch mit der Ideologie totalitärer Staaten und linksradikaler ausländischen Gruppierungen. So nahm sie bereits am 5. März an einer Veranstaltung mit dem Titel "Krieg in der Ukraine" teil und beteiligte sich an der traditionellen "Revolutionärer 1. Mai"-Demonstration. Im Rahmen einer Vortragsveranstaltung berichteten Aktivisten der linksgerichteten kolumbianischen Gruppierung "RASH Bogota" ("Red and Anarchist Skinheads") am 20. Mai über ihren antifaschistischen Kampf im Heimatland. Am 24. Juni befassten sich die "Prolos" mit den Schriften des nordkoreanischen Diktators Kim Il-Sung und stellten Nordkorea als Opfer einer ihrer Ansicht nach imperialistischen, mörderischen USA dar. Am 22. Juli engagierten sich Angehörige der "Prolos" bei Protestveranstaltungen gegen die Rüstungsfirma Diehl mit dem Titel "Diehl entwaffnen - Kein Ehrenbürgertitel für Holocaustprofiteure" und "Gegen Krieg und Hochrüstung - Friedensverhandlungen statt Waffen". Dabei entrollten Linksextremisten zwei Transparente von je 30 Meter Länge. 321
  • Szene entstanden, die u. a. unter der Bezeichnung "Offenes antifaschistisches Plenum Rosenheim" (OAPR) auftritt. Mit dem "Z - linkes Zentrum
Linksextremismus Verfassungsschutzbericht Bayern 2022 Am 31. Dezember 2021 behinderten SRA-Aktivisten in Regensburg einen Autokorso von Gegnern der staatlichen CoronaMaßnahmen durch eine Sitzblockade. Die Polizei löste zur Gewährleistung des Versammlungsrechts die Sitzblockade auf. Darüber hinaus schloss sich die SRA unter dem Motto "Internationale Solidarität gegen die globale Ausbeutung und Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch den Kapitalismus!" zusammen mit anderen linksextremistischen Gruppierungen, u. a. dem "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD", der SDAJ, der DKP, der alljährlichen "1.Mai-Kundgebung" des DGB an. An der traditionellen Demonstration beteiligten sich in der Spitze circa 370 Personen. Autonome Szene Rosenheim In Rosenheim und Umgebung ist eine linksextremistische, autonome Szene entstanden, die u. a. unter der Bezeichnung "Offenes antifaschistisches Plenum Rosenheim" (OAPR) auftritt. Mit dem "Z - linkes Zentrum in Selbstverwaltung" verfügt die Szene über einen Treffpunkt, an dem sie regelmäßig Veranstaltungen durchführen kann. Das OAPR verhielt sich in der Vergangenheit gegenüber der Aufrufe zur Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) besonders aggressiv. Gewaltanwendung In sozialen Netzwerken rief das OAPR offen zur Gewalt gegen AfD-Politiker auf. Am 23. April fand in Rosenheim das "Europäische Kommunalpolitische Forum" der AfD statt. Bei der Gegenveranstaltung unter dem Motto "Gegen die Festung Europa und deren Nazis! Gegen Rassismus, Antifeminismus, Antisemitismus und die AfD! Für eine solidarische Gesellschaft" wurden Rauchtöpfe gezündet. In den sozialen Medien wurde hierüber u. a. auch durch das OAPR selbst berichtet. Auf Social-Media-Kanälen von OAPR sind Bezüge zur linksextremistischen Szene in München ersichtlich. 8.2.2 Postautonome Gruppierungen Interventionistische Linke (IL) Bayern Gründung ca. 2005 Sitz Aschaffenburg, Nürnberg 323
  • Auch Aktivitäten gegen rechtsextremistische Akteure werden unter dem Stichwort "Antifaschismus" oft gemeinsam oder zumindest in Kooperation durchgeführt. Der Zusammenhalt
Verfassungsschutzbericht Bayern 2022 Im Blickpunkt Prominentes Beispiel für eine solche, auch real-weltlich agierende, staatsund demokratiefeindliche Struktur ist die mutmaßlich terroristische Vereinigung, gegen die am 7. Dezember eine großangelegte bundesweite Razzia durchgeführt wurde. Innerhalb der Gruppe waren nicht nur Personen der Reichsbürgerund Selbstverwalterszene, sondern auch Rechtsextremisten und Anhänger der verfassungsfeindlichen Delegitimierung des Staates vertreten. Ungeachtet der unterschiedlichen Ideologiezugehörigkeiten soll das gemeinsame Ziel der Gruppe die Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gewesen sein. Ähnliche ideologisch inkohärente Konstellationen sind regelmäßig auch in sozialen Netzwerken und in MessengerChatgruppen feststellbar. Ein weiteres Beispiel sind anlassbezogene Kooperationen zwischen deutschen Linksextremisten einerseits und türkischen Linksextremisten und der PKK-Anhängerschaft aus dem Phänomenbereich des auslandsbezogenen Extremismus andererseits. Dieses Milieu agiert auf Basis gemeinsamer Feindbilder und Solidaritätsaktionen ungeachtet der ideologischen Differenzen gemeinschaftlich, beispielsweise in Form von gemeinsamen Demonstrationen in Reaktion auf türkische Militäreinsätze in kurdisch besiedelten Regionen. Auch Aktivitäten gegen rechtsextremistische Akteure werden unter dem Stichwort "Antifaschismus" oft gemeinsam oder zumindest in Kooperation durchgeführt. Der Zusammenhalt in diesem phänomenbereichsübergreifenden Agitationsfeld ist vor allem auf den gemeinsamen politischen Gegner, insbesondere aus dem rechten bis rechtsextremistischen Spektrum zurückzuführen. Auch subtil transportierte islamistische Ideologiefragmente innerhalb sozialer Netzwerke erschweren eine eindeutige Verortung zu einem bestimmten Phänomenbereich. So tauschen sich in Kommentarsektionen etwa legalistische Islamisten ohne Gewaltaffinität mit gewaltbereiten Jihadisten über ihre Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates und der freiheitlichen Werteordnung aus. Eine ideologische Grundüberzeugung wird hier zwar geteilt, die zu ergreifenden Mittel - etwa zur Erreichung eines Scharia-Staates in Deutschland als auch dessen Ausgestaltung - divergieren jedoch deutlich. 400
  • Anarcho-Syndikalismus 291 Batil Düzen ("Nichtige Odnung") 85 Antifaschismus 294, 296-297, Bayerische Informationsstelle gegen 326-327, 400 Extremismus (BIGE
Anhang Verfassungsschutzbericht Bayern 2022 STICHWORTREGISTER A Antimilitarismus 53-54, 146, Adil Düzen 294, 298, 326 ("Gerechte Ordnung") 85-86 Antirassismus 294, 296-297 Advanced Persistent Threat 372 Antirepression 294, 296 Aktion, direkte 280, 318 Antisemitismus 30, 50, 74-76, Aktionsmelder (IB-Webseite ) 224 140-142, 158, 165, 174-176, Al-Intiqad ("Die Kritik"), 212, 214, 238, 267, 323 (Publikation) 129 Antiziganismus 50, 180, 214 Al-Manar Artikel 10-Gesetz 25 ("Der Leuchtturm") 76, 129-130 Assists ("Beistände") 335 Alperen/Alperen-Genclik Attentäter-Fanszene 167 (Publikation) 146 Auditing 342-343 Al-salaf al-salih ("Die frommen Avantgardeanspruch Altvorderen") 96, 124 (Kommunismus) 289 Anarchismus 288, 291-293, 317-318 Anarchisten 277, 292-293, B 315, 317-318 Bakunin, Anarchistische Zeitung und Michail Alexandrowitsch 288, 291 anarchistisches Organ 279,303 Bandidos MC 383, 385-386, Anarcho-Primitivismus 293 388,390-391 Anarcho-Syndikalismus 291 Batil Düzen ("Nichtige Odnung") 85 Antifaschismus 294, 296-297, Bayerische Informationsstelle gegen 326-327, 400 Extremismus (BIGE) 27-29, 32-34, Antigentrifizierung 280, 294, 297-298 162, 258 Antiglobalisierung 294, 299 Bayerisches Aussteigerprogramm 28 Antiimperialismus 142, 146, 294-295 Bayerisches Handlungskonzept Antiinstitutionalismus 317 gegen Rechtsextremismus 32 403
  • Antimilitarismus" und "Soziale Kämpfe" zunahmen. So versuchte die "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) bspw. über die Themen der steigenden Inflation
78 LINKSEXTREMISMUS 6 Linksextremismus In Bremen gab es in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an sog. "militanten Aktionen" der gewaltorientierten linksextremistischen Szene, die sich vornehmlich in Sachbeschädigungen an Gebäuden und Fahrzeugen sowie in Brandanschlägen auf Fahrzeuge zeigten. Obwohl die Zahl der "militanten Aktionen" im Jahr 2022 deutlich hinter den Zahlen der letzten drei Jahre zurückfällt, ist das Radikalisierungsniveau der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens weiterhin hoch. Dies zeigte der von gewaltorientierten Linksextremist:innen begangene Anschlag auf das Firmengebäude des Raumund Luftfahrtunternehmens OHB in der Silvesternacht 2021/2022 nachdrücklich, bei dem die Gefährdung von Menschenleben billigend in Kauf genommen worden war. Einen Schwerpunkt der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens bildeten auch im Jahr 2022 die Proteste gegen die als "rechts" geltenden Kundgebungen gegen die staatlichen Maßnahmen zur Einschränkung der Corona-Pandemie. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 und die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen für die deutsche Bevölkerung führten in Bremen dazu, dass die "Klima-Proteste" vorübergehend an Bedeutung verloren und die Aktivitäten der gewaltorientierten linksextremistischen Szene in den Aktionsund Themenfeldern "Antimilitarismus" und "Soziale Kämpfe" zunahmen. So versuchte die "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) bspw. über die Themen der steigenden Inflation und den damit einhergehenden Preiserhöhungen und mit der Initiierung eines "Bremer Bündnisses gegen Preiserhöhungen", Anschluss an die bürgerliche Mitte der Gesellschaft zu erlangen. 6.1 Linksextremistisches Weltbild und linksextremistische Strukturen Linksextremist:innen eint das Ziel der Überwindung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung und der Errichtung eines herrschaftsfreien oder kommunistischen Systems. Während dogmatische Kommunist:innen die Überwindung des politischen Systems und die Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft über eine Diktatur des Proletariats unter Führung einer "proletarischen Avantgarde" anstreben, zielen Anarchist:innen, Antiimperialist:innen und Autonome auf die Abschaffung jeglicher Form von "Herrschaftsstrukturen". In der linksextremistischen Ideologie wird die Forderung nach sozialer Gleichheit unter Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates verabsolutiert. Das Ziel soll dabei unter Missachtung der Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erreicht werden und würde grundlegende
  • Bündnispolitik gelingt es Autonomen immer wieder, insbesondere im Bereich "Antifaschismus", mit bürgerlich-demokratischen Gruppen zusammenzuarbeiten, die ihre extremistischen Ansichten
LINKSEXTREMISMUS 79 Prinzipien der Verfassung außer Kraft setzen. Betroffen ist davon nicht nur das in der Verfassung verankerte Rechtsstaatsoder Demokratieprinzip, insbesondere die grundrechtlich geschützten Freiheiten würden dadurch weitgehend außer Kraft gesetzt. Autonome Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Regeln leben zu können, und streben nach einem hierarchiefreien, selbstbestimmten Leben innerhalb "herrschaftsfreier" Räume. Sie beziehen sich ideologisch vor allem auf anarchistische und kommunistische Theoriefragmente, wobei ihre ideologischen Vorstellungen insgesamt diffus bleiben. Da formelle Strukturen und Hierarchien grundsätzlich abgelehnt werden, ist die autonome Szene stark fragmentiert und besteht hauptsächlich aus losen Personenzusammenschlüssen, die anlassbezogen gegründet werden und sich ebenso kurzfristig wieder auflösen. Autonome Linksextremist:innen erachten ihre Eigenund Selbstständigkeit für so wichtig, dass sie sich in der Regel in keine festen politischen Strukturen integrieren. Teile der autonomen Szene beteiligen sich jedoch an bürgerlich-demokratischen Bündnissen und nutzen diese, um zivilgesellschaftliche Proteste in ihrem Sinne zu radikalisieren und ihre politischen Vorstellungen in die Gesellschaft zu tragen. Mit der Taktik der Bündnispolitik gelingt es Autonomen immer wieder, insbesondere im Bereich "Antifaschismus", mit bürgerlich-demokratischen Gruppen zusammenzuarbeiten, die ihre extremistischen Ansichten im Grunde ablehnen. Ein Teil der autonomen Szene lässt sich inzwischen deutlich von der ursprünglichen autonomen Szene abgrenzen und wird als "postautonom" bezeichnet. Während sich Autonome traditionell insbesondere durch ihre Organisationsfeindlichkeit, Gewaltbereitschaft und Theorieferne auszeichnen, können Postautonome lediglich noch als organisationskritisch, weniger gewaltbereit und oftmals als theoretisch gefestigter beschrieben werden. Ihre gesellschaftliche Isolation wollen sie vor allem dadurch durchbrechen, dass sie eine Scharnierfunktion zwischen gewaltorientierten Linksextremist:innen und gemäßigten, bürgerlichen "Linken" einnehmen. Gewalt als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung Die Anwendung von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele ist dabei einer der strittigsten Punkte innerhalb der linksextremistischen Ideologie. Während der Großteil der Linksextremist:innen auch aus taktischen Gründen auf die konkrete Ausübung von Gewalt verzichtet, ist die Notwendigkeit von Gewalt innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene unumstritten. Zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene zählen nicht nur Personen und Gruppierungen, die selbst gewalttätig handeln oder gewaltbereit gegen ihre "politi-
  • beiden postautonomen Gruppierungen "Interventionistische Linke" (IL) und "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) ein. Die seit März 2020 andauernde Corona-Pandemie sorgte für
LINKSEXTREMISMUS 81 "Militante Aktionen" "Militante Aktionen" in Form von Sachbeschädigungen und Brandanschlägen werden von konspirativ agierenden Kleingruppen zumeist nachts durchgeführt. Gebäude und Fahrzeuge von Behörden, Parteien, Unternehmen und auch Privatpersonen werden u. a. durch Steinwürfe und Farbe beschädigt oder in Brand gesetzt. Darüber hinaus richten sich "militante Aktionen" gezielt gegen Personen. Konspirative Kleingruppen greifen vor allem (vermeintliche) Rechtsextremist:innen vorwiegend in ihrem privaten Wohnumfeld an. Diese gezielten und geplanten Anschläge sollen eine Signalwirkung entfalten. Zum einen geht es den Täter:innen um mediale Resonanz und zum anderen sollen die betroffenen Institutionen oder Personen zu einer Verhaltensänderung genötigt werden. Im Nachhinein werden die Taten oftmals in Selbstbezichtigungsschreiben ideologisch begründet und im Internet veröffentlicht. Unterzeichnet werden die Selbstbezichtigungsschreiben häufig mit fiktiven Gruppennamen. Mit ihrer Einstellung, politische Ziele gewaltsam zu verfolgen, setzen sich gewaltorientierte Linksextremist:innen über das Gewaltmonopol des Staates und den Grundkonsens demokratischer Verfassungsstaaten hinweg, gesellschaftspolitische Veränderungen ausschließlich auf demokratischem Wege herbeizuführen. Daher steht dieser gewaltorientierte Teil der linksextremistischen Szene im Fokus der Beobachtung durch das LfV. 6.2 Gruppierungen des gewaltorientierten Linksextremismus In Bremen kann die linksextremistische Szene zu bestimmten Anlässen, beispielsweise zu Spontandemonstrationen, erfahrungsgemäß auch sehr kurzfristig über 200 Personen mobilisieren. Eine maßgebliche Funktion bei der Organisierung von Protesten nehmen in Bremen seit Jahren die beiden postautonomen Gruppierungen "Interventionistische Linke" (IL) und "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) ein. Die seit März 2020 andauernde Corona-Pandemie sorgte für einen deutlichen Rückgang von Demonstrationen, Protestaktionen und Veranstaltungen der linksextremistischen Szene Bremens. Mit dem Wegfall der Beschränkungsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und dem allgemeinen Rückgang des Infektionsgeschehens war im Verlauf des Jahres 2022 wieder ein deutlicher Anstieg der Aktivitäten der gewaltorientierten linksextremistischen Szene festzustellen.
  • innen Neben den für Linksextremist:innen zentralen Aktionsund Themenfeldern "Antifaschismus" und "Antirepression" standen im Jahr 2022 die Themen "Klimaschutz", "Antimilitarismus
LINKSEXTREMISMUS 91 6.3 Aktivitäten gewaltorientierter Linksextremist:innen Neben den für Linksextremist:innen zentralen Aktionsund Themenfeldern "Antifaschismus" und "Antirepression" standen im Jahr 2022 die Themen "Klimaschutz", "Antimilitarismus" und "Soziale Kämpfe" im Fokus der Agitation, während es in den Vorjahren vor allem "Gentrifizierung" war. Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung macht den fortwährenden Anspruch der linksextremistischen Szene deutlich, ihre Weltanschauung zu aktuellen politischen Themen zu propagieren. "Militante Aktionen" Im Vergleich zum Vorjahr, in dem insgesamt 27 Sachbeschädigungen und Brandanschläge in Bremen zu verzeichnen waren, ging die Anzahl der "militanten Aktionen" im Jahr 2022 mit lediglich 16 Sachbeschädigungen deutlich zurück. Gleichwohl zeigte sich insbesondere in einer in der Silvesternacht 2021/2022 begangenen Brandstiftung eine besondere Qualität, die nicht nur zu einem Sachschaden im hohen sechsstelligen Bereich geführt hat: Mit dem Brandanschlag auf das Firmengebäude des Luftund Raumfahrtunternehmens OHB wurde die Gefährdung von Menschenleben in Kauf genommen, insbesondere eines im Gebäude befindlichen Wachmannes. Im Vergleich zu vorherigen, ähnlich gelagerten Brandanschlägen in den letzten Jahren kam es nach dem Brand bei OHB innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene zu keiner grundlegenden kritischen Auseinandersetzung bzgl. einer möglichen Gefährdung von Menschenleben bei Brandanschlägen. Ihre Beweggründe und ihre politische Motivation zur Begehung des Brandanschlags, der im Begründungszusammenhang "Antimilitarismus" steht, versuchten unbekannte Täter:innen, die sich als "Autonome Anti-Militarist*innen" bezeichnen, in einem am 30. März 2022 auf der linksextremistischen Internetseite "indymedia" veröffentlichten Beitrag zu erklären. Wenngleich sie bedauern, dass sie den Wachmann in Lebensgefahr brachten, halten sie grundsätzlich an der Richtigkeit der Begehung der Tat fest: "Die Panzer rollen durch Europa und der Krieg bestimmt seit Wochen die Schlagzeilen. [...] Der aktuelle Krieg ist die direkte Folge einer militarisierten Welt. Es ist das gleiche dreckige rassistische und mörderische System, das wir in der Silvesternacht angegriffen haben. [...] Zum Jahreswechsel setzten wir ein Firmengebäude von OHB in Bremen in Brand. [...] Aus den Medien mussten wir erfahren, dass sich eine Wachperson in einem Vorraum des angegriffenen Gebäudes aufgehalten haben soll. Unserer Beobachtung nach war zur Tatzeit niemand im komplett verdunkelten Gebäude. Wir wollten niemanden mutwillig in Gefahr bringen. Der Angriff galt selbstverständlich nicht dieser vermutlich prekär beschäftigten Person, die in der Silvesternacht in einem millionenschweren Konzern arbeiten muss. Wir wollten den
  • schlägt derzeit an vielen Stellen auf anarchistische, autonome und antifaschistische Strukturen ein. Wir werden uns gegenseitig nicht im Stich lassen
98 LINKSEXTREMISMUS "Militante Aktionen" im Themenfeld "staatliche Repression" Während sich im Jahr 2021 eine Vielzahl der "militanten Aktionen" im Aktionsfeld "Antirepression" insbesondere gegen Einrichtungen und Fahrzeuge der Polizei, Behörden und Unternehmen richtete, die mit dem von der linksextremistischen Szene so bezeichneten "staatlichen Repressionsapparat" zusammenarbeiten, gab es im Jahr 2022 lediglich zwei Sachbeschädigungen in diesem Kontext. Am 18. Mai 2022 wurden vier, mit Farbe gefüllte Christbaumkugeln gegen das Gebäude des Polizeireviers in Findorff geworfen. Das hierzu veröffentlichte Selbstbezichtigungsschreiben stellte die Tat in den Zusammenhang mit einem laufenden Gerichtsverfahren in München, welches sich gegen die Herausgeber der linksextremistischen Zeitschrift "Zündlumpen" richtete: "Der bunte Gruß geht raus an die Anarchisten in München, die im Mai von harter Repression getroffen wurden. Gegen sie wird nach Paragraph 129 ermittelt, weil sie unter anderem die anarchistische Zeitschrift Zündlumpen produziert und verteilt haben sollen. Bei der Razzia wurden einige Wohnungen durchsucht und eine ganze Druckerei beschlagnahmt. [...] Der Staat schlägt derzeit an vielen Stellen auf anarchistische, autonome und antifaschistische Strukturen ein. Wir werden uns gegenseitig nicht im Stich lassen und uns weiterhin solidarisch aufeinander beziehen: auf der Straße, im gemeinsamen Kampf, in den Nächten der Aktion! Solidarität mit den von Repression betroffenen Anarchisten!" (Internetseite "de.indymedia.org", 18.05.2022). 6.3.3 "Antimilitarismus" In dem Aktionsund Themenfeld "Antimilitarismus" stehen im Fokus der Kritik zum einen die deutsche Sicherheitspolitik und die Rüstungsindustrie und zum anderen der Einsatz und die Existenz der Bundeswehr. Linksextremist:innen erachten die Bundeswehr als ein "Werkzeug der imperialistischen Unterdrückungspolitik" und betrachten sie und Unternehmen, die mit ihr zusammenarbeiten, als legitimes Ziel "militanter Aktionen". Während das Aktionsund Themenfeld bereits in den vergangenen Jahren zu den Agitationsschwerpunkten der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens gehört hatte, verstärkten sich die Aktivitäten und Protestaktionen mit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 und den Investitionen der deutschen Bundesregierung im Rüstungssektor nochmals. In Bremen steht insbesondere das Rüstungsunternehmen Rheinmetall im Fokus linksextremistischer Agitation. Die linksextremistische Gruppierung IL nutzt das Thema "Antimilitarismus", um durch breit angelegte Kampagnen und Bündnisarbeit ihren Einflussbereich insbesondere im nichtextremistischen, bürgerlichen Spektrum auszuweiten. So schloss sich die Gruppie-
  • finanzielle Bedrängnis und Existenznot. Die linksextremistische Gruppierung "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) nahm sich bereits im April 2022 des Themas der steigenden
LINKSEXTREMISMUS 101 6.3.4 "Soziale Kämpfe" Im Aktionsund Themenfeld "Soziale Kämpfe", das überwiegend von nichtextremistischen Akteuren, Initiativen und Gruppen getragen wird, geht es um die Verbesserung der Lebensund Arbeitsbedingungen der Menschen. Die in diesem Zusammenhang häufig geübte und legitime Kritik am Kapitalismus und den kapitalistischen Verhältnissen wird von Linkextremist:innen geteilt, ihre Stoßrichtung geht jedoch weit über eine reine Kapitalismuskritik hinaus und zielt auf die Beseitigung nicht nur des wirtschaftlichen Systems des Kapitalismus, sondern des demokratischen Verfassungsstaates. Der im Februar begonnene russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat nicht nur einschneidende politische und wirtschaftliche Auswirkungen auf Deutschland und die deutsche Bevölkerung, sondern auch soziale. Die steigende Inflation und die Preiserhöhungen für Lebensmittel und den Lebensunterhalt, infolge der durch den Krieg verursachten Verknappung von Strom und Gas, bringen weniger wohlhabende Menschen in finanzielle Bedrängnis und Existenznot. Die linksextremistische Gruppierung "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) nahm sich bereits im April 2022 des Themas der steigenden Inflation und Preiserhöhungen an. Im Juli 2022 initiierte sie die Gründung des "Bremer Bündnisses gegen Preiserhöhungen" und organisierte mehrere Kundgebungen. Im Rahmen einer Kundgebung am 16. Juli 2022 in Bremen erklärte die BA: "Wir unterstützen deswegen das Bündnis gegen Preiserhöhungen, weil es zunächst einer Bewegung bedarf, die die Interessen von unten ausspricht und sich dabei nicht auf die Interessen von Staat, Nation, Kapital bezieht. Eine Bewegung, die es überhaupt wieder denkbar macht, dass der jetzige Zustand so aufzuheben ist, dass eine Gesellschaft, in der die Bedürfnisse der Menschen den Zweck bilden möglich ist. Diese Bewegung nennen wir Kommunismus. Staat, Kapital, Preise - Scheiße!" (Internetseite der BA, 17.07.22). Die BA initiierte das Bündnis mit dem Ziel, den Protest auf eine breite Basis zu stellen, und das Personenpotenzial neben gewaltorientierten Linkextremist:innen insbesondere um Personen aus dem bürgerlichen, nichtextremistischen Spektrum zu erweitern. In der aktuellen Schwerpunktsetzung auf Themen wie Inflation, Preissteigerungen und Energiekrise sieht die BA ihre Chance, Anschluss an größere Teile der Gesellschaft zu erlangen. Der BA war es im November 2022 gelungen, die linksextremistische Gruppierung IL für die Mitarbeit im Bündnis zu gewinnen. Die Zusammenarbeit der beiden aktivsten Gruppierungen der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens in einem Bündnis stellt eine Besonderheit dar, da es in der Vergangenheit vorwiegend anlassbezogene Kooperationen der Gruppierungen gab.
  • seiner Wirtschaftsordnung kennzeichnend ist. Linksextremisten dienen Themen wie "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung", "Antimilitarismus" "Antirassismus" oder insbesondere in der jüngsten Zeit
Linksextremismus Um an das demokratische Spektrum anschlussfähig zu sein, greifen "Autonome", insbesondere "Postautonome", Themen auf, die wie der Klimaschutz bis weit in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig sind und viele Menschen zum zivilgesellschaftlichen Engagement herausfordern. Dabei wähnen sie sich im Einklang mit der Mehrheitsgesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist eine zunehmende Entgrenzung des Linksextremismus in die Mitte der Gesellschaft bei gleichzeitiger Erosion der Abgrenzung des demokratischen Spektrums gegenüber Linksextremisten erkennbar. Insofern ist der mittlerweile auch im Rechtsextremismus konstatierte Prozess einer Entgrenzung im Linksextremismus bereits Realität. Im Gegensatz zum demokratischen Protest, der frei ist von systemüberwindenden Forderungen, basiert der linksextremistische auf ideologischen Grundannahmen, für die eine prinzipielle Gegnerschaft zum politischen System der Bundesrepublik und seiner Wirtschaftsordnung kennzeichnend ist. Linksextremisten dienen Themen wie "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung", "Antimilitarismus" "Antirassismus" oder insbesondere in der jüngsten Zeit der Einsatz für den Klimaschutz daher vor allem als Plattform für ihren Kampf gegen den demokratischen Rechtsstaat. Auch niedersächsische Linksextremisten sind in diesen Themenfeldern aktiv, wobei der "Kampf gegen den Faschismus" und derjenige gegen den "Kapitalismus" für sie zwei Seiten einer Medaille sind und aus diesem Grunde auch im Vordergrund stehen. Denn erst wenn der Kapitalismus als "Wurzel allen Übels" überwunden ist, lassen sich ihrer Auffassung nach "Faschismus" und alle anderen gesellschaftlichen Probleme lösen. Neben der Corona-Pandemie, die noch zu Beginn des Jahres das öffentliche Leben bestimmte, stand das Jahr 2022 vor allem im Zeichen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und seinen Folgen. Während im linksextremistisch-dogmatischen Spektrum - wie es die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) verkörpert - insbesondere die Rolle des Westens und somit der USA und damit verbunden die der NATO stark kritisiert wurde, lehnte die autonome Szene Niedersachsens die Intervention Russlands in die Gebiete der Ukraine zwar ab und solidarisierte sich mit der Bevölkerung der Ukraine, nicht aber mit dem ukrainischen Staat. Zudem gab sie 139
  • Niedersächsischen Landtag und dem Auftreten rechtsextremistischer Gruppierungen wird der "Antifaschismus" auch 2023 eine zentrale Rolle für die linksextremistische Szene
Linksextremismus bestehenden politischen Ordnung der Bundesrepublik an und wollen diese durch ein sozialistisches bzw. kommunistisches System ersetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, versuchen sie Einfluss auf das politische Profil der Partei "DIE LINKE." und deren inhaltliche Ausrichtung zu nehmen. So beteiligen sich ihre Mitglieder beispielsweise mit eigenen Delegierten an den Parteitagen der Partei "DIE LINKE." und bringen sich dort mit eigenen Anträgen ein. Diese Vorgehensweise dient ihnen dazu, die Deutungshoheit bei bestimmten Themen, wie dem Umgang mit der SED-Diktatur, zu erlangen. Aus diesem Grunde geht der Niedersächsische Verfassungsschutz davon aus, dass die beiden extremistischen Zusammenschlüsse der Partei "DIE LINKE." auch 2023 versuchen werden, Einfluss auf ihre Partei in Niedersachsen auszuüben. Ausblick Das Jahr 2023 scheint nach jetzigem Stand ein Jahr ohne überregionale Großereignisse zu werden, denn es finden weder Wahlen in Niedersachsen noch Gipfeltreffen mit internationalem Charakter in Deutschland oder dem nahen europäischen Ausland statt. Aus diesem Grunde verfügt die linksextremistische Szene 2023 in Niedersachsen bislang über kein öffentlichkeitswirksames Großereignis wie einen G7oder G20-Gipfel, mit dem sie planbar überregionale Aufmerksamkeit generieren könnte bzw. das sie für ihre systemüberwindenden Ansätze nutzen könnte. Vor dem Hintergrund des Wahlerfolges der in Teilen rechtsextremistischen "Alternative für Deutschland" (AfD) bei der Wahl zum 19. Niedersächsischen Landtag und dem Auftreten rechtsextremistischer Gruppierungen wird der "Antifaschismus" auch 2023 eine zentrale Rolle für die linksextremistische Szene in Niedersachsen spielen. Daneben werden vor allem der Klimaschutz und die Gentrifizierung52 von großer Bedeutung für das linksextremistische Spektrum sein. Sofern die Klimaschutzbewegung weiterhin hohe gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit erfährt, werden Linksextremisten 52 Siehe im Einzelnen Kapitel 3.4, Abschnitt "Antigentrifizierung". 141
  • Linksextremismus Gegenwärtig sind die Themenfelder "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung" und "Antimilitarismus" und vor allem der Klimaschutz für das autonome Spektrum
Linksextremismus Gegenwärtig sind die Themenfelder "Antifaschismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung" und "Antimilitarismus" und vor allem der Klimaschutz für das autonome Spektrum in Niedersachsen von Bedeutung. Die autonome Szene sieht sich seit mehreren Jahren mit der Problematik konfrontiert, dass sie aufgrund interner Streitigkeiten, mangelnder Organisationsfähigkeit und einer oftmals brüchigen Vernetzung nur unzureichend agieren kann. Um diesem Umstand etwas entgegenzusetzen, haben sich bundesweit sogenannte postautonome Zusammenhänge etabliert, die mit langfristigen Bündnisstrukturen versuchen, die "Autonomen" aus der auch von ihnen selbst beklagten Krise zu holen. Für Niedersachsen sind dabei vor allem die "Interventionistische Linke" (IL) und das Bündnis "...ums Ganze! Kommunistisches Bündnis" (uG) relevant. Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit Gemeinsames Ziel aller autonomen Gruppierungen ist es, den Staat und seine Institutionen auch gewaltsam abzuschaffen und durch eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" zu ersetzen. Hiermit richten sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und sind demnach verfassungsfeindlich (SS 3 Abs. 1 Nr. 1 NVerfSchG). "Postautonome" Autonome Gruppierungen sind nicht wie kommunistische Organisationen von einer einheitlichen Ideologie geprägt. Sie verknüpfen vielmehr Elemente kommunistischer und anarchistischer Weltbilder miteinander. "Autonome" im klassischen Sinne verstehen sich zwar auch als undogmatische Linke und streben wie die Vertreter der orthodoxen bzw. dogmatischen K-Gruppen53 die sozialistische Revolution an, beantworten die "Organisationsfrage" aber anders. Sie lehnen eine staatliche Ordnung und jegliche Form von Machtund Herrschaftsstrukturen wie Hierarchien ab und sprechen sich für die Selbstorganisation des Zusammenlebens aus. 53 Der Begriff "K-Gruppen" ist eine Sammelbezeichnung für politische Gruppierungen wie den "Kommunistischen Bund Westdeutschlands" (KBW) oder die MLPD, die sich seit dem Ende der 1960er Jahre am Marxismus-Leninismus maoistischer Prägung orientieren und sich die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel gesetzt haben. 144
  • wurde Mitte 2022 ein niedersächsischer AfD-Landtagsabgeordneter von einer "Antifaschistischen Vernetzung Oldenburger Land" mit Blick auf seine sozialen Kontakte über
Linksextremismus den Carport eines Landtagsabgeordneten der AfD in Lehrte mit Stickern auf denen "Smash Fascim" ("Zerschlagt den Faschismus") und "Wald statt Asphalt" zu lesen war. Als der Betroffene einen Tag später die Täter sah, wie sie eine Straßenlaterne mit solchen Stickern beklebten und sie zur Rede stellen wollte, drohten sie ihm damit: "Dich kriegen wir auch noch, wir kennen dich, bald brennen wir deinen Carport ab". Auch von Outing-Aktionen war die AfD betroffen. So wurde Mitte 2022 ein niedersächsischer AfD-Landtagsabgeordneter von einer "Antifaschistischen Vernetzung Oldenburger Land" mit Blick auf seine sozialen Kontakte über das Internet geoutet. Links-Rechts-Auseinandersetzungen in Braunschweig und im Raum Göttingen Gewalttätige Auseinandersetzungen prägen seit Jahren das Verhältnis zwischen Linksund Rechtsextremisten in Stadt und Raum Göttingen. Immer wieder wurde der politische Gegner gezielt provoziert und angegriffen. Betroffen von der Konfrontationsgewalt war in jüngster Zeit verstärkt auch die Stadt Braunschweig, wo es häufig zu Übergriffen zwischen beiden Extremismen gekommen und eine Radikalisierung der Szenen zu beobachten war. Vor allem die Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Partei "Die Rechte" stand häufig im Vordergrund. Mittlerweile hat sich die Lage in Braunschweig wieder etwas beruhigt, von Entwarnung kann aber nicht die Rede sein. Im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten bzw. denjenigen, die Linksextremisten dafür halten, spielte auch 2022 Göttingen eine bedeutende Rolle. So nahm der Konflikt zwischen Linksextremisten und Verbindungsstudenten wieder zu. Außerdem gab es in Göttingen immer wieder szenetypische Delikte wie Beleidigungen, Pöbeleien, Sachbeschädigungen und körperliche Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten. Ereignisse im Zusammenhang mit Burschenschaften Vor allem in Göttingen, aber auch in anderen niedersächsischen Universitätsstädten sind immer wieder Übergriffe auf 156
  • angenommen worden. Dort sind die aus der Spaltung der "Antifaschistischen Linken International" (A.L.I.) hervorgegangene Gruppierung "Sozialistische 54 An folgenden deutschen
Linksextremismus Veränderungen des kapitalistischen Wirtschaftssystems geht, sondern um die revolutionäre Überwindung des demokratischen Rechtsstaates: "Wir wollen eine radikale Linke, die aktiv nicht nur gegen die Zumutungen und Grausamkeiten, sondern gegen den Kapitalismus insgesamt kämpft, die dabei immer wieder neue Allianzen sucht, die Brüche vertieft und Chancen ergreift, die lieber Fehler macht und aus ihnen lernt, anstatt sich im Zynismus der reinen Kritik zu verlieren. Wir wollen eine radikale Linke, die auf den revolutionären Bruch mit dem nationalen und dem globalen Kapitalismus, mit der Macht des bürgerlichen Staates und allen Formen von Unterdrückung, Entrechtung, Diskriminierung orientiert. Kurz: Wir wollen eine neue, gesellschaftliche radikale Linke, die um politische Hegemonie ringt und Gegenmacht organisiert." (Internetseite der IL, 10.11.2022) Was die IL vom demokratischen Rechtsstaat und seinen Regeln, insbesondere vom Parlamentarismus hält, verdeutlicht sie in einer Stellungnahme zur Bundestagswahl 2021: "Für uns ist aber auch klar: Der Sozialismus kann nicht auf parlamentarische Mehrheiten und reformistische Kleckerstrategien zählen. Die Strategie linker Regierungen ist eine Sackgasse, denn der Weg der Reformen ist zu begrenzt und die Antworten auf den globalen Kapitalismus ohnehin nicht innerhalb der Nationalstaaten zu finden. Die grundsätzliche Ausrichtung auf Kapitalinteressen ist in die DNA aller bürgerlicher Staaten einprogrammiert. Daran kann keine Regierungskonstellation und kein Parteiprogramm Grundsätzliches ändern. Wer als Antikapitalist:in auf eine Systemüberwindung per Wahl und Regierungspolitik hofft, wird enttäuscht werden... Denn am Ende entscheidet die Straße." (Internetseite der IL, 22.11.2021) Gegenwärtig bestehen offiziell noch in 24 deutschen Städten 54 sowie in Graz (Österreich) Ortsgruppen der IL, zwei davon in Niedersachsen (Göttingen und Hannover). Die IL folgt eigentlich dem Prinzip, wonach pro Stadt nur eine Ortsgruppe bestehen soll. In Göttingen ist diese Ausrichtung jedoch bislang nicht angenommen worden. Dort sind die aus der Spaltung der "Antifaschistischen Linken International" (A.L.I.) hervorgegangene Gruppierung "Sozialistische 54 An folgenden deutschen Standorten gibt es IL-Ortsgruppen: Aschaffenburg, Berlin, Bielefeld, Bremen, Darmstadt, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Göttingen, Halle, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, Lübeck, Mannheim, Marburg, Norderstedt, Nürnberg, Rostock, Stuttgart, Tübingen. 147
  • Neustart im Jahr 2021" hat die Göttinger linksextremistische Gruppierung "Antifaschistische Linke International" (A.L.I.) Ende Dezember 2021 auf ihrer Website ihren
Linksextremismus das "Zwischenstandspapier" der IL bis heute noch nicht erkennbar weiterentwickelt worden. Stieg die Anzahl ihrer Ortsgruppen in den letzten Jahren zunächst kontinuierlich, so nimmt sie seit 2020 ab. Neben den Ortsgruppen aus Freiburg, Kassel, München und Münster hat sich nunmehr auch die Heilbronner Ortsgruppe aufgelöst bzw. ist aus der IL ausgetreten. In ihrer Austrittserklärung übt z. B. die IL Münster massive Kritik. So wirft sie der IL vor, sie habe "... versucht, die eigene Ratlosigkeit und den Ideenverlust durch eine große, vermeintlich schlagkräftige, nach innen funktionstüchtige Organisation zu ersetzen ...", um dann zu dem vernichtenden Fazit zu gelangen: "Wir wollten eine Organisierung neuen Typs und haben eine Organisation bekommen, die ihre Politik eher als Verwaltung denn als Suche nach radikalen Antworten versteht." (Internetseite münster alternativ vom 30.11.2021) Auch in Niedersachsen ist diese Entwicklung wahrnehmbar. Unter der Überschrift "Die A.L.I. trennt sich - unser Neustart im Jahr 2021" hat die Göttinger linksextremistische Gruppierung "Antifaschistische Linke International" (A.L.I.) Ende Dezember 2021 auf ihrer Website ihren Austritt aus der IL bekannt gegeben. In ihrer Austrittserklärung kritisiert die A.L.I., dass sich in der IL "... in den letzten Jahren Tendenzen verstärkt [hätten], die eine parteiförmige Organisation aufbauen wollen und in der strittige Fragen durch Abstimmungsstatuten oder ausgelagerte Kleingruppen mehr verwaltet als produktiv diskutiert werden." (Internetseite der A.L.I. vom 21.12.2021) Zugleich beschwert sich die A.L.I. darüber, dass ihnen ihre "Bündnispartner*innen die Solidarität entzogen [hätten]" als sie "von Seiten der Polizei und von Neonazis Gewalt" erfahren hätten und beklagen, "immer, wenn es zu inhaltlichen Auseinandersetzungen kam, knallte es zwischen uns." Aus diesen Gründen kommt die A.L.I. zu der Erkenntnis, dass sich die "Differenzen in unserer Gruppe ... nicht mehr in gemeinsame Praxis überführen" lassen und zieht daraus den Schluss: 149
  • gern auf Fotos und 58 Die beiden Göttinger Gruppen "Antifaschistische Linke International" und "Basisdemokratische Linke Göttingen" (BL) sind Teil
Linksextremismus Ablegern in Hannover und Göttingen als antiimperialistisch zu charakterisieren, während das Bündnis uG eindeutig antideutsch geprägt ist.58 Nicht selten führen diese Diskrepanzen zur Lähmung der politischen Arbeit innerhalb der autonomen bzw. postautonomen Szene, da beide Seiten nur bedingt dazu bereit sind, miteinander zu kooperieren. Autonome Gewalt "Autonome" kennzeichnet ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft. Die autonome Gewaltbereitschaft basiert dabei auf einem klaren Feindbild, zu dessen tragenden Säulen der Staat und seine Repräsentanten sowie Rechtsextremisten, aber auch szenekritische Wissenschaftler zählen. Politisch motivierte Gewalt dient Autonomen als "Geburtshelfer einer neuen Gesellschaft", denn um die angestrebte herrschaftsfreie Gesellschaft zu errichten, muss zuvor der demokratische Rechtsstaat als Garant der bisherigen Ordnung beseitigt werden. Gewalt hat für "Autonome" immer eine Außenund eine Binnenwirkung. Nach außen dient sie u. a. dazu, öffentliche, insbesondere mediale Aufmerksamkeit zu erregen und Unterstützung für die eigenen Positionen zu finden. Darüber hinaus soll sie die Kosten für bestimmte politische Entscheidungen so in die Höhe treiben, dass diese langfristig politisch nicht mehr durchsetzbar sind.59 Zugleich wirkt die Gewalt nach innen integrationsund identitätsstiftend für die jeweiligen Bezugsgruppen. Die gewaltsame Auseinandersetzung mit der Polizei ist oft der förmliche Ritterschlag für den einzelnen "Autonomen", denn sie befördert seinen Aufstieg in den formal nicht existenten Hierarchien innerhalb seiner Bezugsgruppe. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Gewalt - wie auch in anderen Extremismusbereichen - ästhetisiert und heroisiert wird. So stilisieren sich "Autonome" gern auf Fotos und 58 Die beiden Göttinger Gruppen "Antifaschistische Linke International" und "Basisdemokratische Linke Göttingen" (BL) sind Teil der antiimperialistisch ausgerichteten IL. Die "Redical [M]" aus Göttingen und "In/Progress" aus Braunschweig sind die niedersächsischen Ortsgruppen des antideutsch ausgerichteten Bündnisses uG. In Hannover gibt es eine IL-Ortsgruppe Hannover, die ursprünglich zum Bündnis uG gehörende Gruppierung "Fast Forward Hannover" hat sich bereits im Jahr 2020 aufgelöst. 59 Die Castor-Transporte sind hierfür ein gutes Beispiel. Ihre Gegner wussten, dass sie die Züge mit den Castoren auf dem Weg ins atomare Zwischenlager nach Gorleben nicht aufhalten können. Durch Blockaden und sogenannte Schotter-Aktionen versuchten Teile von ihnen aber, die Transporte möglichst lange aufzuhalten. So wollten sie die Kosten für die Castor-Transporte in die Höhe treiben, in der Hoffnung, dass sie irgendwann allein aus Kostengründen nicht mehr durchführbar sein würden. 151
  • Haustür und die Glasfassade einer Burschenschaft mit dem Schriftzug "Antifa" und den Symbolen "Hammer und Sichel". In den frühen Morgenstunden
Linksextremismus Verbindungsstudenten und deren Einrichtungen zu verzeichnen, mit zunehmender Tendenz. Den Korps-Angehörigen werden vor allem von der linksextremistischen Szene Affinitäten ins rechtsextremistische Milieu unterstellt. Aus diesem Grunde gehören sie zu den erklärten Feindbildern der Autonomen auch in Niedersachsen. Der Konflikt zwischen Linksextremisten und Verbindungsstudenten scheint in den niedersächsischen Universitätsstädten im Jahr 2022 wieder zuzunehmen. So beschmierten am 13.03.2022 in Hannover unbekannte Täter die Haustür und die Glasfassade einer Burschenschaft mit dem Schriftzug "Antifa" und den Symbolen "Hammer und Sichel". In den frühen Morgenstunden des 16.05.2022 bewarfen ebenfalls in Hannover unbekannte Täter die Hausfassade eines Verbindungshauses und einen im Eingangsbereich geparkten Pkw mit Farbbeuteln. Am 16.07.2022 kam es kurz nach Mitternacht in einer Gaststätte in Göttingen zu einer Auseinandersetzung zwischen vier Mitgliedern einer örtlichen Studentenverbindung und mehreren unbekannten Personen. Nach Angaben der Verbindungs studenten wurden sie unvermittelt angepöbelt und aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Als sie dem nicht nachkamen, eskalierte die Situation. Die Verbindungsstudenten wurden in der Folge teilweise ins Gesicht geschlagen und getreten. Als die alarmierte Polizei eintraf, seien die Angreifer in einen gegenüberliegenden, vornehmlich von Angehörigen der linksextremistischen Szene bewohnten Gebäudekomplex geflüchtet. Die jüngsten Ereignisse verdeutlichen, dass sich Verbindungsstudenten und ihre Örtlichkeiten weiterhin im Fokus der linksextremistischen Szene in Niedersachsen befinden. Dabei schrecken die Täter anscheinend auch vor körperlichen Übergriffen nicht zurück. Aus diesem Grunde muss auch künftig mit linksextremistisch motivierten Angriffen auf Burschenschaftler und ihre Einrichtungen gerechnet werden. Weitere Aktionen in Niedersachsen In den Morgenstunden des 15.06.2022 wurde ein in Thüringen wohnhafter Rechtsextremist in Hannover auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz von acht bis zehn vermummten Personen angegriffen. Die Täter zwangen das Opfer, sein Auto anzuhalten und nötigten 157
  • Auftretens rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Parteien und Gruppierungen wird der "Antifaschismus" 2023 weiterhin im Mittelpunkt der Aktivitäten der autonomen Szene
Linksextremismus Vor diesem Hintergrund wenden sich Teile des niedersächsischen linksextremistischen Spektrums gegen die deutsche Asylund Abschiebepraxis und solidarisieren sich mit den von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen. Das Aktionsfeld "Antirassismus" hatte im Zuge des Flüchtlingszuzugs in den zurückliegenden Jahren auch innerhalb der autonomen Szene an Bedeutung gewonnen. Waren die Flüchtlingszahlen nach ihrem starken Anstieg 2015 in den Jahren 2016 und 2017 zunächst wieder rückläufig, so stiegen sie 2022 insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wieder deutlich an. Dennoch spielte das Thema 2022 eher eine untergeordnete Rolle für die autonome Szene. Angeblich rassistisch motivierte Erschießungen von Flüchtlingen durch die Polizei wie in Dortmund behauptet, wo die Polizei angeblich am 08.08.2022 einen 16-jährigen Flüchtling vorsätzlich getötet haben soll, führten zu Solidarisierungsadressen auch von der "Redical [M]". Sie erklärte, sie sei "... fassungslos und entsetzt von dieser brutalen Gewalt der Polizei ..." und forderte, "... dieser Polizei gehören die Waffen abgenommen. " (Social Media-Account der "Redical [M]" vom 19.10.2022) Bewertung, Tendenzen, Ausblick Vor dem Hintergrund des offensiven Auftretens rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Parteien und Gruppierungen wird der "Antifaschismus" 2023 weiterhin im Mittelpunkt der Aktivitäten der autonomen Szene in Niedersachsen stehen. Aufgrund der hohen Priorität der Klimafrage und der daraus resultierenden Popularität der Klimaschutzbewegung wird der Klimaschutz weiterhin von großer Bedeutung vor allem für die postautonome Szene sein. Sie wird weiterhin versuchen, Einfluss auf einzelne Organisationen der Klimaschutzbewegung zu nehmen, um sie für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt, vor allem die steigenden Mieten und die Stadtteilumgestaltungen, aber auch die Übernahme des Immobilienunternehmens Deutsche Wohnen durch den Wohnungskonzern Vonovia, in dessen Zuge das größte private Immobilienunternehmen Europas entsteht, lassen den 174
  • hatte sie bereits einen gemeinsamen Aufruf mit der linksextremistischen "Antifaschistischen Linken International" (A.L.I.) für die Demonstration
Linksextremismus Ihr erklärtes Ziel ist es, "... eine Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung, die auf kollektiver Selbstverwaltung basiert ..." (Internetseite der FAU, 14.10.2022) zu errichten. In der Praxis bedeutet dieses, dass die FAU "eine libertäre, klassenlose Gesellschaft" anstrebt, wie sie ebenfalls auf ihrer Internetseite ausführt. Der von der FAU angestrebte Systemwechsel soll dabei von basisdemokratisch strukturierten Lokalund Betriebsgruppen organisiert werden, die unter Rückgriff auf direkte und z. T. auch militante Aktionsformen, wie z. B. Fabrikbesetzungen, Streiks und Sabotageaktionen, vor Ort agieren sollen. Im Rahmen ihrer Gewerkschaftsarbeit setzt sich die FAU für bessere Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein. Sie unterstützt sie in prekären Situationen und stellt juristische Hilfe bereit. Mit ihrem Engagement für Gewerkschaftsbelange und ihren Solidarisierungsbekundungen mit streikenden Arbeiterinnen und Arbeitern versucht die FAU aber immer auch anschlussfähig an demokratische Organisationen zu werden. Zugleich möchte sie auf diesem Wege neue Mitglieder für ihre darüber hinausgehenden systemablehnenden Ziele gewinnen. Den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nutzte sie, um vor dem Hintergrund gestiegener Energieund Lebensmittelpreise auf sich als Interessensvertretung der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer aufmerksam zu machen. So beteiligte sich die FAU Göttingen an einer von der linksextremistischen "Basisdemokratischen Linken" (BL)) in Göttingen organisierten Demonstration zum Thema Preissteigerung unter dem Motto "Die Preise müssen runter! Wir zahlen nicht für eure Krise!" am 15.08.2022 in Göttingen. Zuvor hatte sie bereits einen gemeinsamen Aufruf mit der linksextremistischen "Antifaschistischen Linken International" (A.L.I.) für die Demonstration zum 1. Mai in Göttingen verfasst. Zudem veranstaltete sie vom 30.09. bis zum 02.10.2022 die 2. bundesweite Sommerschule der FAU mit internationalen Gästen im Naturkundehaus in Hannover. 179