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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Themen die direkte Konfrontation mit dem politischen wie insbesondere "Antifaschismus" und die Gegner und Einsatzkräften der Polizei. Vermehrt Möglichkeiten universitärer
Linksextremismus Medien. Die Szene betreibt oder nutzt eine tischen Ziele zu verfolgen. Im Berichtszeitraum Vielzahl von Homepages und Portalen. Unter bestimmten folgende Themen die Diskussionen diesen hatte in den letzten Jahren das linksund Aktionen der autonomen Szene: "Antiextremistische Internetportal "linksunten. faschismus", "Antirepression", "Antigentrifiindymedia" zunehmend an Bedeutung gewonzierung", "Antirassismus", "Antikapitalismus", nen und sich zu einem zentralen Angebot für "Antiglobalisierung", "Klimaund Umweltdie Szene insgesamt entwickelt. Nach seinem schutz". Verbot im Jahr 2017 und der zwischenzeitlich abgeschlossenen juristische Aufarbeitung37 hat Gewaltpotenzial sich die Internetplattform "de.indymedia.org" zum wichtigsten Informationsund PropaganDie Artikulationsformen Autonomer sind vieldamedium für die linksextremistische Szene fältig. Sie reichen von Diskussionen, Vortragsin Deutschland entwickelt.38 Darüber hinaus veranstaltungen und Demonstrationen über dienen diverse Szeneblätter, die z. T. konspirativ Straßenkrawalle, teils erhebliche Sachbeschäverbreitet werden, als Informationsquellen. digungen bis hin zu Brandanschlägen. Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Zur Werbung von Nachwuchs für die meist Autonomen. Bereitwillig setzen sie diese auch jugendliche, vielfältige und starker Fluktuation gegen Personen ein. Im Rahmen von Protesten unterworfene Szene bieten sich szenetypische gegen Veranstaltungen der rechtsextremistiKonzerte, verschiedene Angebote in Szeneobschen Szene suchen Autonome regelmäßig jekten, Veranstaltungen zu relevanten Themen die direkte Konfrontation mit dem politischen wie insbesondere "Antifaschismus" und die Gegner und Einsatzkräften der Polizei. Vermehrt Möglichkeiten universitärer Einrichtungen an. kam es jedoch darüber hinaus in weiteren Themenfeldern zu gezielten, gewalttätigen ÜberKampagnenfähige Themen griffen auf "politisch Andersdenkende" oder vermeintlich Verantwortliche für szenerelevante Wie auch andere Linksextremisten engagieren "Missstände". Insbesondere gegen Polizisten sich Autonome in verschiedensten gesellschaftim Einsatz scheint dabei jede Hemmschwelle zu lichen Konfliktfeldern und sind bemüht, ihre fallen, sodass tödliche Verletzungen zumindest grundsätzliche Systemkritik dort über den sachvon einigen Akteuren offenbar billigend in bezogenen Protest hinaus in den öffentlichen Kauf genommen werden. Vermehrt richten sich Diskurs einfließen zulassen. So versuchen sie Gewalttaten, deren zunehmende Brutalität und Bündnispartner zu gewinnen und ihre extremisOrganisation auffallen, auch unabhängig vom Veranstaltungsgeschehen gegen Personen. Kleine, klandestin vorgehende Gruppen agieren 37 Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig wies am überfallartig - oft im Schutz der Dunkelheit und 29. Januar 2020 die Klage von fünf betroffenen Aktivisten zahlenmäßig überlegen - gegen Opfer, welche gegen das Vereinsverbot aus formalen Gründen ab. Sie hatten das Verbot als Einzelpersonen, die eine Mitgliedschaft in zum Teil vorab gezielt ausgewählt werden. dem Verein bestritten, angefochten, vgl. Pressemitteilung des Selbst Taten mit einer hohen Gewaltintensität BVerwG Nr. 5/2020 vom 30. Januar 2020. Die Verhandlung war Anlass für eine bundesweite Solidarisierung mit scheinen szeneintern zunehmend als legitim "linksunten" und der Forderung nach "uneingeschränkter und zu gelten und finden keinen expliziten Widergrenzenloser Pressefreiheit" sowie für gewaltsame Proteste spruch. Eine Herausbildung terroristischer und Ausschreitungen unter Beteiligung von Linksextremisten in Leipzig; vgl. dazu auch Kapitel 5, "Rote Hilfe e. V.". Strukturen erscheint so möglich und in diesem 38 Das Portal wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz zum Zusammenhang eine gezielte Tötung politischer Verdachtsfall erklärt und war in dieser Eigenschaft GegenGegner nicht mehr völlig undenkbar. Auch bei stand der öffentlichen Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht des Bundesministeriums des Inneren (BMI) Sachbeschädigungen und Brandstiftungen kam 2019. 79
  • dort sicher vor der staatlich finanzierten und medial legitimierten "Antifa" und könnten beispielsweise ungestört "nationale Konzerte" veranstalten. Man werde dort
34 Rechtsextremismus bens der NPD, über den außerparlamentarischen Kampf politische Macht in Deutschland zu erringen. Der NPD-Theoretiker Jürgen Schwab propagierte im Parteiorgan "Deutsche Stimme" (Nummer 4/2002) das Modell einer autonomen Gegengesellschaft. Diese werde sich dem staatlichen Zugriff entziehen und langfristig als Brückenkopf für eine gesamtpolitische Umgestaltung dienen. Unter der Überschrift "Warum nationalbefreite Zonen?" trat Schwab für regionale Schutzräume ein, in denen "nationale Bürger" unbehelligt leben könnten. Die totalitäre Gesellschaft habe den Staat erobert und führe ihren Vernichtungskampf nicht nur gegen die Mitglieder der NPD, sondern darüber hinaus gegen einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung. Damit werde das von dem politischen Philosophen Thomas Hobbes geforderte Gewaltmonopol des Staates untergraben; seine nun ungeschützten Bürger schuldeten ihm somit auch keinen Gehorsam mehr. "Nationalbefreite Zonen", wie sie sich in "Mitteldeutschland" bereits bildeten, böten den vom Staat nicht gewährten Schutz. Im Idealzustand seien "nationale Bürger" dort sicher vor der staatlich finanzierten und medial legitimierten "Antifa" und könnten beispielsweise ungestört "nationale Konzerte" veranstalten. Man werde dort im Berufsleben nicht diskriminiert, dürfe seine Meinung sagen sowie politisch mitwirken und müsse nicht fürchten, dass die Kinder "rechter Eltern" benachteiligt würden. Der Artikel lässt offen, mit welchen Mitteln diese Zonen gegen Dritte gesichert werden sollen. Voigt hält weiter an der Strategie fest, die NPD auf eine möglichst breite Basis zu stellen und unterschiedlichste Strömungen des "Nationalen Widerstands" zu bündeln. Hierbei genießt die themenund aktionsbezogene Zusammenarbeit mit Neonazis Priorität. Dem aus 19 Personen bestehenden NPD-Bundesvorstand gehören derzeit zwei ehemalige Aktivisten verbotener neonazistischer Gruppierungen an. In den NPD-Landesverbänden sind mehrere Personen mit neonazistischem Vorlauf bekannt, die zum Teil herausgehobene Funktionen ausüben. Darüber hinaus betrachtet die NPD Skinheads als natürliche Bündnispartner. Ihre Nähe zur gewaltbereiten Skinhead-Szene entspricht ihrem eigenen Verhältnis zur Gewalt. Mit einer Neuorientierung hin zum "Nationalen Sozialismus", einer Verknüpfung von "Nation" und "Sozialismus", wirbt die NPD insbesondere in den neuen Bundesländern um Anhänger. Zugleich sieht
  • Überschrift "Unser Telemagenta gegen ihre Repression" berichtete die "Autonome Antifa Freiburg", dass man in der Nacht auf den 19. Oktober
LINKSEXTREMISMUS ehemaligen Jugendzentrums "Z" nach Eintreffen der Polizei aufgegeben. Unmittelbar danach bildete sich dort eine Spontandemonstration. An den Aktionen im und um das ehemalige Jugendzentrum beteiligten sich ca. 150 Personen, darunter ca. 50 Personen aus dem gewaltorientierten Spektrum. Neben Sachbeschädigungen am besetzten Gebäude kam es zu einem Farbbeutelangriff auf ein Streifenfahrzeug der Polizei. Eingesetzte Beamte wurden mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Auch nach dem offiziellen Ende der "Freiraum-Aktionstage" riss die Anschlagsserie in Freiburg im Breisgau nicht ab. Unter der Überschrift "Unser Telemagenta gegen ihre Repression" berichtete die "Autonome Antifa Freiburg", dass man in der Nacht auf den 19. Oktober 2010 das Amtsgericht "telemagenta gefärbt" habe. Anonyme Täter begründeten die Aktion im Internet damit, "auf die Repressionswelle, die die Aktionstage begleitete", eine Antwort geben zu wollen. 4. PARTEIEN UND ORGANISATIONEN 4.1 "DIE LINKE." GRÜNDUNG: Hervorgegangen aus der 1946 gegründeten SED, danach mehrfach umbenannt, zuletzt am 16. Juni 2007 nach dem Beitritt der Partei "Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" (WASG). SITZ: Berlin VORSITZENDE: Gesine LÖTZSCH, Klaus ERNST (seit Mai 2010) Oskar LAFONTAINE, Lothar BISKY (bis Mai 2010) MITGLIEDER: ca. 3.000 Baden-Württemberg (2009: ca. 3.000) ca. 73.300 Deutschland (2009: ca. 77.600) PUBLIKATIONEN: "Landesinfo Baden-Württemberg" als Organ des Landesverbandes, erscheint vierbis fünfmal jährlich; zusätzlich verschiedene Publikationen auf Bundesebene, darunter z. B. "Disput", "Clara" 222
  • setzen. Leben nach eigenen Vorstellungen und Die "Autonome Antifa Freiburg" komRegeln genutzt. Am 16. Oktober 2010 mentierte die letztlich misslungenen
LINKSEXTREMISMUS tion auf den Polizeieinsatz im Stuttgarter Aktionen vom 15. und 17. Oktober 2010 Schlossgarten am 30. September 2010 auf ihrer Homepage: "Mit den Brandandargestellt; hier waren bei der Auflöschlägen scheint es wie mit dem Wetter wähsung von Protesten gegen das Bahnrend der Aktionstage zu sein: kann ja nicht projekt "Stuttgart 21" über hundert immer klappen." Menschen verletzt worden. Dieser Einsatz zeige das "Gesicht eines Staates", der Zeitgleich geriet auch die Akademie "wirtschaftliche Interessen mit allen Mitteln" der Polizei in Freiburg im Breisgau ins durchsetze und "dabei auch nicht vor GeVisier autonomer Aktivisten. Dazu walt gegen Menschen" zurückschrecke. verlautete in einer Bekennung: Da "Repressionen" tägliche Erfahrung "Wir haben in der Nacht auf den 17. Okvon "Menschen aus linken Zusammenhäntober Farbeier auf die Freiburger Bullengen" seien, sei diese Attacke als "Angriff akademie geworfen. Nachdem bereits in der Nacht auf den 16. Oktober eine auf Repressionsorgane des Staates (...) und ähnliche Aktion durch geführt wurde, nicht in erster Linie als Ausdruck des S21 dachten wir uns: Viel hilft viel. Den Bullen soll es zu bunt werden, am besten Protestes" zu verstehen. schon in der Ausbildung. Wir kommen wieder, in der Nacht auf den (...)" In Freiburg im Breisgau wurde am 14. Oktober 2010 eine HausbesetzungsAuch im Zusammenhang mit weiteren aktion durch die Polizei beendet. Noch Ereignissen der Freiburger "Freiraumin der Nacht auf den 15. Oktober 2010 Aktionstage" berichtete die Polizei von kam es daraufhin zu einem versuchten einer aggressiven und aufgeheizten AtBrandanschlag auf ein Polizeifahrzeug. mosphäre. Mit diesen "Aktionstagen" Auf der Internetplattform "Indymedia" wollte die Freiburger autonome Szene bekannten sich anonyme Aktivisten auf Wohnungsnot und Wohnungsleerdazu, "in der nacht auf den 15.10. das bulstand in der Stadt aufmerksam machen. lenrevier nord besucht" und "eine wanne (...) Damit verbunden waren - teils verdabei angekokelt" zu haben. suchte - Besetzungen unbewohnter Gebäude. Längerfristig besetzte GeIn der Nacht auf den 17. Oktober 2010 bäude werden von Linksextremisten versuchten unbekannte Täter erneut, als "Freiräume" für "selbstbestimmtes" ein Polizeifahrzeug in Brand zu setzen. Leben nach eigenen Vorstellungen und Die "Autonome Antifa Freiburg" komRegeln genutzt. Am 16. Oktober 2010 mentierte die letztlich misslungenen wurde eine kurzfristige Besetzung des 221
  • Kampf gegen den Faschismus" zu rechtfertigen. Das Thema "Antifaschismus" wird auch in Zukunft eines der wichtigsten Aktionsfelder autonomer Politik
94 Linksextremismus Mitglieder 40.000 33.800 30.000 31.100 Deutschland * 20.000 10.000 Bayern 3.465 3.960 0 1993 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 * Die Kurve für die bundesweite Entwicklung beruht auf Zahlen des Bundesamts für Verfassungsschutz, das von den Mitgliedern der PDS nur die der Kommunistischen Plattform (KPF) erfasst. Die PDS hatte im Jahr 2002 insgesamt 77.000 Mitglieder, davon 1.500 in der KPF. Die Zahl der Anhänger autonomer Gruppen blieb ebenfalls unverändert. Sie werden von anderen linksextremistischen Organisationen wie der PDS als Bündnispartner für Aktionen akzeptiert. Die Entwicklung der Zahl linksextremistischer und linksextremistisch beeinflusster Organisationen in Bayern und ihrer Mitgliederstärken ist aus der Übersicht auf Seite 93 dieses Berichts zu ersehen. Erkannte Mehrfachmitgliedschaften sind jeweils nur bei einer Organisation erfasst. 1.3 Linksextremistische Gewalt Die Zahl linksextremistisch motivierter Gewalttaten ist in Deutschland von 750 auf 371 zurückgegangen. In Bayern reduzierte sich die Zahl der Gewalttaten von 39 auf 21. Die linksextremistischen Gewalttaten wurden wieder zu über 80 % von Gruppen und Einzeltätern aus dem gewaltbereiten autonomen und anarchistischen Spektrum begangen. Schwerpunkt mit 16 Gewalttaten waren wie im Vorjahr tätliche Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten. Die Angriffe richteten sich dabei vor allem gegen rechtsextremistische Veranstaltungen. Einzelne Rechtsextremisten wurden auch gezielt angegriffen. Linksextremisten versuchen die Gewalttaten als "Kampf gegen den Faschismus" zu rechtfertigen. Das Thema "Antifaschismus" wird auch in Zukunft eines der wichtigsten Aktionsfelder autonomer Politik und damit auch autonomer Militanz bleiben.
  • anderen revolutionären und "volks-demokratischen" Bewegungen verbunden und dem Antifaschismus verpflichtet. Die Berufung auf Marx und Engels, die historische Entwicklung
Linksextremismus 97 len der Partei, die vor allem außerparlamentarisch erreicht werden müssten. Das Bekenntnis der Partei zum außerparlamentarischen Kampf und zum Widerstand gegen die "Herrschenden" und die "gegebenen Verhältnisse" ist mit der Grundidee der parlamentarischen repräsentativen Demokratie des Grundgesetzes unvereinbar. Die PDS vertritt einen konsequenten Internationalismus und ist dem Erbe von Marx und Engels, den vielfältigen Strömungen der revolutionären und internationalen Arbeiterbewegung sowie anderen revolutionären und "volks-demokratischen" Bewegungen verbunden und dem Antifaschismus verpflichtet. Die Berufung auf Marx und Engels, die historische Entwicklung der Partei sowie die politische Herkunft ihrer Mitglieder aus kommunistischen Organisationen, insbesondere der SED, müssen auch bei der Auslegung ihrer programmatischen Äußerungen berücksichtigt werden. Die PDS verwendet Begriffe wie Demokratie und Menschenrechte, die sie auch schon als SED gebraucht hat. Die Realität der DDR bewies jedoch, dass diese Begriffe dort anders, nämlich freiheitsund demokratiefeindlich, definiert waren. Ursache für die andere Interpretation politischer Begriffe ist deren bewusste Umwidmung im Lehrgebäude des Marxismus-Leninismus, in dessen Denkschule die Mehrheit der Mitglieder der PDS erzogen wurde. Deshalb besitzen die in ihrer Programmatik verwendeten Begriffe eine Doppeldeutigkeit. Die Parteivorsitzende der PDS Gabi Zimmer präsentierte der Öffentlichkeit am 27. April 2001 in Berlin den Entwurf eines neuen Parteiprogramms. Bereits die Präambel formuliert in Anlehnung an das "Manifest der Kommunistischen Partei", dass sich die PDS das Programm in der Tradition der sozialistischen Bewegungen der letzten zweihundert Jahre gebe. Die Rolle der PDS im "kapitalistischen System" der Bundesrepublik wird im Programmentwurf wie folgt beschrieben: "Der moderne Kapitalismus, die Vorherrschaft des 'Nordens' über den 'Süden', das heutige Patriarchat, die exzessive Naturausbeutung und Degeneration der Lebensbedingungen heutiger und zukünftiger Generationen sind Herrschaftsund Ausbeutungsverhältnisse. Durch sie werden die Potenziale dieser neuen gesellschaftlichen Entwicklungsweise im Interesse weniger und auf Kosten anderer angeeignet. Wir wollen diese Verhältnisse verändern und letztlich überwinden." Innerparteilich stieß das Papier trotzdem, vor allem bei orthodox-kommunistischen Kräften, auf heftige Kritik und wurde als "Kniefall vor der SPD" interpretiert. Anlässlich der 1. Tagung des
  • Linksextremismus beeinflusst Münchner Bündnis gegen Rassismus 40 München Antifaschistisches Aktionsbündnis 20 Nürnberg Münchner Kurdistan-Solidaritätskomitee 20 München
Linksextremismus 137 Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 2002 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Deutschland Erscheinungsweise u. Auflage) 2. Autonome und sonstige gewaltbereite Linksextremisten Autonome etwa über zum Teil unregelmäßig 450 5.500 erscheinende Szeneblätter wie: radikal, INTERIM; auf lokaler Ebene u.a: barricada 3. Von mehreren Strömungen des Linksextremismus beeinflusst Münchner Bündnis gegen Rassismus 40 München Antifaschistisches Aktionsbündnis 20 Nürnberg Münchner Kurdistan-Solidaritätskomitee 20 München
  • heterogenen autonomen Bewegung ist geprägt von Anti-Einstellungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", "antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente ("Klassenkampf", "Revolution" oder "Imperialismus
schutzbehörden beobachtete ausländerextremistische Organisation in Deutschland ist nach wie vor die unter der Bezeichnung PKK bekannte "Arbeiterpartei Kurdistans". Autonome Kennzeichnend für die Bewegung der Autonomen, die über kein einheitliches ideologisches Konzept verfügt, ist die Ablehnung staatlicher und gesellschaftlicher Normen und Zwänge, die Suche nach einem freien, selbstbestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen und der Widerstand gegen den demokratischen Staat und seine Institutionen, wobei Gewalt von Autonomen grundsätzlich als Aktionsmittel ("militante Politik") akzeptiert ist. Autonome bilden den weitaus größten Anteil des gewaltbereiten linksextremistischen Personenpotenzials. Das Selbstverständnis der heterogenen autonomen Bewegung ist geprägt von Anti-Einstellungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", "antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente ("Klassenkampf", "Revolution" oder "Imperialismus") bilden den Rahmen ihrer oftmals spontanen Aktivitäten. Eine klassische Form autonomer Gewalt ist die so genannte Massenmilitanz. Das sind Straßenkrawalle, die sich im Rahmen von Demonstrationen oder im Anschluss daran entwickeln. Hierbei kommt es regelmäßig auch zu Gewaltexzessen. Autonome Freiräume Als "autonome Freiräume" können vor allem besetzte Häuser, Wohnprojekte und selbstverwaltete Jugendund Kulturzentren gelten, deren Existenz und Erhalt Linksextremisten bedroht sehen, wenn sich die Besitzund Eigentumsverhältnisse ändern. Bestrebungen, extremistische Bestrebungen sind nach allgemeinem Sprachgebrauch alle auf ein Ziel gerichtete Aktivitäten. Extremistische Bestrebungen im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes sind politisch zielgerichtete Aktivitäten, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen. Dazu gehören Vorbereitungshandlungen, Agitation und Gewaltakte. Es ist zu unterscheiden zwischen * Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes, 115
  • August 2010, der offenkundig als Ersatzveranstaltung für 1.4 "ANTIFASCHISMUS" BLEIBT den früheren "Rudolf-Heß-GedenkZENTRALES AKTIONSFELD marsch" im bayerischen Wunsiedel
LINKSEXTREMISMUS Ebenso wandten sich Linksextremisabgehalten. Linksextremisten feierten ten gegen die angebliche "Militarisiees als überragenden Erfolg mit Vorrung der Bildung". Gemeint war die bildcharakter für die Zukunft, dass sie Beteiligung von Bundeswehrvertretern die Durchführung des rechtsextremisan Bildungsund Informationsvertischen "Trauermarsches" dieses Jahr anstaltungen verschiedener Art, insbedurch massenhafte Sitzblockaden versondere an Schulen, bei denen laut hindern konnten. Aussage der Kritiker angeblich gezielt Nachwuchsrekrutierung ("Werben fürs Mobilisiert wurde außerdem gegen den Sterben") betrieben wird. rechtsextremistischen "Aufmarsch" in Karlsruhe vom 21. August 2010, der offenkundig als Ersatzveranstaltung für 1.4 "ANTIFASCHISMUS" BLEIBT den früheren "Rudolf-Heß-GedenkZENTRALES AKTIONSFELD marsch" im bayerischen Wunsiedel gedacht war. Obwohl der "Aufmarsch" aufgrund eines Verbots nicht stattfand, kam es zur Durchführung der geplanten Gegenkundgebung. In Karlsruhe fand - neben Stuttgart - erstmals seit Jahren wieder eine "revolutionäre 1. Mai Demonstration" statt. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Der Kampf gegen Rechtsextremismus Demonstrationsteilnehmern und der ("Faschismus") konzentrierte sich auf Polizei, wie es sie 2009 bei der "1. Mai Veranstaltungen, die für die rechtsexDemonstration" in Ulm gegeben hatte, tremistische Szene von herausragender wiederholten sich jedoch nicht. Bedeutung waren. Dazu gehörte der "Nazi-Aufmarsch" in Dresden am 13. Im Kampf gegen "Nazi-Zentren" richFebruar 2010; dieser wurde aus Anlass tete sich der Protest der linksextremisdes offiziellen Gedenkens an die Bomtischen Szene auf die Gaststätte "Zum bardierung der Stadt im Februar 1945 Rössle" in Rheinmünster-Söllingen (Kr. 210
  • wurden Parolen, wie "Good Night left Side" oder "Smash Antifa" gesprüht, in 7 Fällen wurden mittels körperlicher Gewalt Beschädigungen
ANHANG 333 1.3.6 Rechts-Links-Auseinandersetzungen 2004 2005 Gewaltdelikte Körperverletzung 12 20 Landfriedensbruch 1 Summe Gewaltdelikte 13 20 Andere Straftaten Beleidigung / Üble Nachrede / Verleumdung 2 1 Diebstahl / Unterschlagung 2 Gewaltdarstellung 1 Hausfriedensbruch 1 Nötigung / Bedrohung 1 4 Öffentliche Aufforderung zu Straftaten 1 Propagandadelikte 12 26 Sachbeschädigung 2 22 Urheberrechtsgesetz 1 Vereinsgesetz 1 Versammlungsgesetz 3 10 Volksverhetzung 3 2 Waffengesetz 1 Summe Andere Straftaten 25 71 Gesamt 38 91 Im Jahr 2005 stiegen die Gewaltdelikte im Bereich der Rechts-LinksAuseinandersetzungen um 7 Fälle (53 %) von 13 Fällen (2004) auf 20 Fälle (2005) an. Konkrete Anhaltspunkte, die auf die Ursache des Anstiegs schließen lassen, sind aus den vorliegenden Sachverhalten, bei denen es sich in allen Fällen um Körperverletzungen zum Nachteil vermeintlich oder erkannter Personen der "linken Szene" handelte, nicht zu erkennen. Auch bei den "Anderen Straftaten" ist eine Steigerung der Fallzahlen von 25 (2004) auf 71 (2005) zu erkennen, wobei die höchste Steigerung bei den Sachbeschädigungen (um 20 Fälle) zu verzeichnen ist. In 15 Fällen wurden Parolen, wie "Good Night left Side" oder "Smash Antifa" gesprüht, in 7 Fällen wurden mittels körperlicher Gewalt Beschädigungen an Pkw oder Gebäuden durchgeführt. 12 der 22 Sachbeschädigungen wurden im Verwaltungsbezirk Lichtenberg begangen, sind jedoch nicht konkret gegen bestimmte Personen oder Objekte gerichtet.
  • Beteiligung an und Organisierung von Demonstrationen vorrangig zum Thema Antifaschismus setzte sie die Theoriearbeit fort. Sie war federführend mitverantwortlich für
H I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N - LI N K S E X TR E M I S M U S 253 "Solange Existenzangst als Grundlage des Lebens der eigentumslosen Lohnarbeiter akzeptiert wird und Demokratie in der Wirtschaft tabuisiert ist, ist die kapitalistische Demokratie keine Demokratie."398 2005 agierte KP auf mehreren Ebenen. Neben der Beteiligung an und Organisierung von Demonstrationen vorrangig zum Thema Antifaschismus setzte sie die Theoriearbeit fort. Sie war federführend mitverantwortlich für den Kongress "Kapitalismus reloaded" in der Zeit vom 11. bis 13. November in Berlin. 3.1.5 "militante gruppe" ÜBERSICHT Abkürzung mg Entstehung / Gründung Vor 2001 Die "militante gruppe (mg)" ist eine klandestine Gruppe, die - ähnlich den "Revolutionären Zellen" (RZ) in den 80er Jahren - in Berlin und Umgebung Anschläge verübt. Erstmals trat die mg im Sommer 2001 in Aktion, als sie Patronen an den damaligen Regierungsbeauftragten für die Entschädigung der Zwangsarbeiter Otto Graf Lambsdorff und an zwei Mitglieder der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft schickte. Ihre militanten Aktionen richteten sich seitdem im Wesentlichen gegen Autos und Gebäude von Behörden. Begründet hat die "militante gruppe (mg)" ihre Anschläge bisher vor allem mit den Themengebieten Zwangsarbeiterentschädigung, Sozialabbau und Antiimperialismus. Bis zum Jahreswechsel 2005/2006 hat sie sich zu sechzehn Brandanschlägen bekannt. Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen die Gruppierung wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Im Zusammenhang mit den Brandanschlägen versucht die "militante gruppe (mg)", mit anderen militanten Gruppierungen eine Diskussion über die Zukunft der Anschlagsaktivitäten zu führen. Ziel dieser so genannten "Militanzdebatte"399, die über das autonome Szeneblatt 398 KP: Kommunismus und politische Praxis. In: Demopunk / Kritik & Praxis (Hg.): "Indeterminate! Kommunismus". Münster 2005, S. 313 - 322, hier S. 318. 399 Vgl. S. 95 ff.
  • B3rlin" (KP) versteht sich als den Flügel der ehemaligen "Antifaschistischen Aktion Berlin" (AAB), der durch Theoriearbeit eine Langzeitperspektive für
H I N T E R G R U N D I N F O R M A T I O N E N - LI N K S E X TR E M I S M U S 251 der ALB zu Protesten gegen den Irak-Krieg zum Ausdruck: "NO NATION - NO WAR - NO CAPITALISM! - WE WILL STOP YOU!" und in Slogans wie "SMASH CAPITALISM!". Noch deutlicher wird die Organisation in ihrem Aufruf zur LiebknechtLuxemburg-Demonstration 2005: "Der Kapitalismus ist nicht das Ende vom Lied. Die Revolution war, ist und bleibt großartig. Freiheit ist auch die Freiheit, den Staat zu zerstören und im Übrigen sind wir der Meinung, dass alles andere Quark mit Soße ist!"391 An anderer Stelle heißt es: "Die radikale Abschaffung der bestehenden Herrschaftsund Ausbeutungsverhältnisse in Form einer Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise kann die einzig sinnige Forderung sein. [...] Der Staat ist keine neutrale Instanz, die nur anders geführt oder besetzt werden muss, sondern Garant für den möglichst reibungslosen Ablauf der kapitalistischen Verwertung. [...] Eine Linke, die es mit der Abschaffung der Ausbeutung ernst meint, sollte sich aber stets bewusst sein, dass dies nicht ein Kampf um den Staat, sondern nur gegen den Staat sein kann."392 3.1.4 "Kritik & Praxis B3rlin" ÜBERSICHT Abkürzung KP Entstehung / Gründung 2003 Mitgliederzahl Ca. 30 (2004: ca. 30) Organisationsstruktur Gruppe Sitz Berlin Veröffentlichungen Flugund Faltblätter "Kritik & Praxis B3rlin" (KP) versteht sich als den Flügel der ehemaligen "Antifaschistischen Aktion Berlin" (AAB), der durch Theoriearbeit eine Langzeitperspektive für die Systemüberwindung entwickeln möchte und weniger aktionsbezogen agiert. 391 Internetauftritt der ALB, Aufruf am 19.1.2005. 392 ALB: ALLES LÜGE - FASCHISTEN MACHEN AUF SOZIAL. Berlin 2005, S. 9 f.
  • Öffentlichkeit zu vermitteln.371 Die Auseinandersetzung mit den Themen Antifaschismus, Antimilitarismus, Antiimperialismus, Antisexismus, Antikapitalismus und Antirassismus verläuft dabei nicht in geraden
244 V E R F AS S U N GS S C H U TZ B E R I C H T B E R L I N 2 0 0 5 Während sie ihren unversöhnlichen Hass auf das politische und gesellschaftliche System durch gezielte militante, bisweilen terroristische Aktionen zum Ausdruck bringt, lehnt sie zugleich das staatliche Gewaltmonopol kategorisch ab: "Manche werfen ihren ersten Stein als offensiven Akt der Befreiung, andere aus Notwehr gegen die Bullen. Aber allen ist gemeinsam, dass die Militanz zum identitätsstiftenden, prägenden Bestandteil der Bewegungserfahrung wird."369 Ihre Aktionsfelder beziehen sich auf Themen, die in hohem Maße polarisieren: Faschismus, Imperialismus, Kapitalismus, Militarismus, Rassismus, Sexismus werden als wesentliche Bestandteile des herrschenden politischen Systems betrachtet, das es abzuschaffen gilt.370 Die Autonomen diffamieren den Verfassungsstaat, lehnen das parlamentarische System ab und vertreten Versatzstücke kommunistischen und anarchistischen Gedankenguts. Das Ziel besteht darin, eine "unterdrückungsfreie Gesellschaftsordnung" zu erkämpfen. Ihre Ziele versuchen autonome Gruppen regelmäßig mittels Anschlägen zumeist gegen Firmen oder staatliche Stellen, die in ihren Augen das System repräsentieren, der Öffentlichkeit zu vermitteln.371 Die Auseinandersetzung mit den Themen Antifaschismus, Antimilitarismus, Antiimperialismus, Antisexismus, Antikapitalismus und Antirassismus verläuft dabei nicht in geraden Linien: Zum einen ist eine geschlossene theoretische Fundierung vielen Anhängern verdächtig, da sie ihrem Anspruch, autonom zu leben, widerspricht. Zum anderen versuchen sie, Protestbewegungen zu instrumentalisieren, um über sie - mit unterschiedlichem Erfolg - ihre Ideologie zu vermitteln. Das Verhältnis zur Theorie ist bei den einzelnen Gruppierungen der Autonomen unterschiedlich. Zu nennen sind zum einen die so genannten Altautonomen, die sich der autonomen Szene seit deren Entstehung372 bis 369 Mehr als nur eine kämpferische Haltung: Autonome Militanz: In: Autorenkollektiv AG Grauwacke: Autonome in Bewegung. Berlin 2003, S. 141 - 160, hier S. 142. 370 Vgl. S. 83 ff und S. 95 ff. 371 Vgl. S. 95 ff. 372 Die öffentliche Rekrutenvereidigung in Bremen am 6.5.1980, die zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten führte, gilt als die Geburtsstunde der autonomen Szene in Deutschland. Die Gewaltwelle der Jahre 1980/81 blieb bisher der quantitative Höhepunkt dieser Szene. Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Verfassungsschutzbericht 1995. Berlin 1996, S. 14 ff.
  • Protestbewegungen für ihren Kampf gegen den Staat zu mobilisieren. "Antifaschismus" ist für die Autonomen in Bayern nach
Linksextremismus 121 meisten der linksextremistisch motivierten Gewalttaten verantwortlich. Ziel der Autonomen ist die gewaltsame Zerschlagung des Staates und die Errichtung einer "herrschaftsfreien Gesellschaft". Diesem Ziel versuchen sie über eine Reihe von Aktionsthemen näher zu kommen. Dabei nutzen sie aktuelle politische Themen für ihre Zwecke. Durch geschickte Agitation versuchen sie, auch demokratische Protestbewegungen für ihren Kampf gegen den Staat zu mobilisieren. "Antifaschismus" ist für die Autonomen in Bayern nach wie vor das vorrangige Agitationsund Aktionsfeld. Zusätzlich beschäftigen sich Autonome verstärkt mit dem Themenfeld "Anti-Globalisierung". Nach dem NATO-Einsatz in Afghanistan und vor dem Hintergrund eines möglichen militärischen Eingreifens im Irak werden auch der "Antiimperialismus" und die Beteiligung der Bundeswehr an Militäraktionen wieder verstärkt von Angehörigen der autonomen Szene aufgegriffen. Dagegen spielten andere Themenfelder, wie die Asyl-, Ausländerund Flüchtlingspolitik ("Antirassismus") und die Kernenergie ("Anti-Atomkraft") in der politischen Agitation eine eher untergeordnete Rolle. Besorgniserregend ist eine Strategiedebatte um terroristische Gewalt vor allem in Kreisen Berliner Autonomer. Linksextremistische Strukturen mit terroristischer Zielsetzung sind in Bayern derzeit nicht feststellbar. 3.1.2 Ideologische Ausrichtung und Aktionsformen Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept. Sie folgen unklaren anarchistischen und anarchokommunistischen Vorstellungen. Die einzelnen Gruppen bilden sich meist über Aktionsthemen. Einig sind sich die Autonomen in der Ablehnung von Staat und Gesellschaft. Ihr Ziel ist die gewaltsame Abschaffung des Staates und seiner Institutionen, um an seiner Stelle eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" zu errichten. Das provozierende Auftreten der Autonomen in der Öffentlichkeit, ihre staatsfeindliche Haltung, die Ablehnung gesellschaftlicher Normen und Werte, aber auch das Bejahen von Gewalt zur Durchsetzung ihrer Forderungen und Ziele kommen der Protesthaltung mancher junger Menschen entgegen, vor allem, wenn diese mit Problemen im Elternhaus oder in der Schule bzw. Ausbildung konfrontiert werden. Angehörige bzw. Aktivisten der Auto-
  • über SMS-Ketten mobilisiert wird. Zentrale Aktionsfelder sind "Anti-Antifa"-Aktivitäten - also das Ausspähen und Sammeln von Daten - sowie
206 V E R F AS S U N GS S C H U TZ B E R I C H T B E R L I N 2 0 0 5 2.1.2 "Autonome Aktionsgemeinschaften" Seit 2002 gibt es innerhalb des Kameradschaftsspektrums die Tendenz, sich hinsichtlich Habitus, Kleidung und Aktionen dem Stil autonomer Linksextremisten anzunähern. Diese "autonomen Rechtsextremisten" sind für Außenstehende, aber auch teilweise für die jeweiligen Szeneangehörigen, nicht mehr ohne Weiteres in der Öffentlichkeit von Linksautonomen zu unterscheiden. Zu den identitätsstiftenden Merkmalen zählen inzwischen auch ein eigener Slang, bestimmte Musik und eigene Codes. Gleichzeitig ist eine zunehmende Gewaltbereitschaft festzustellen. Im Gegensatz zu den konventionellen Kameradschaften handelt es sich bei autonomen Aktionsgemeinschaften um Gruppen ohne feste Bindung (z. B. formale Mitgliedschaft, Kassenund Buchführung) und Basisarbeit (z. B. Kameradschaftsabende, politische Schulungen). Bei den autonomen Aktionsgemeinschaften gilt vorwiegend das Prinzip "Mitgliedschaft durch Mitmachen". Es werden hauptsächlich anlassbezogene erlebnisorientierte politische Aktionen durchgeführt, zu denen oftmals spontan über SMS-Ketten mobilisiert wird. Zentrale Aktionsfelder sind "Anti-Antifa"-Aktivitäten - also das Ausspähen und Sammeln von Daten - sowie die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern. Zum Aktionsrepertoire gehört darüber hinaus die öffentliche Darstellung durch das Anbringen von Aufklebern ("Spuckis"), Farbschmierereien sowie die Bildung "schwarzer Blöcke" bei rechtsextremistischen Demonstrationen. In Berlin existieren die neonazistischen autonomen Aktionsgemeinschaften "Autonome Nationalisten Berlin" (ANB) und "Freie Kräfte Berlin" (FKB). Während die erstmals 2002 in Erscheinung getretene ANB um Konspiration bemüht ist, tritt die 2005 nach den Kameradschaftsverboten gebildete FKB auch öffentlichkeitswirksam mittels einer Homepage und als Veranstalter von rechtsextremistischen Demonstrationen auf. Insgesamt sind den autonomen Aktionsgemeinschaften in Berlin etwa 100 Personen zuzurechnen, die fast ausschließlich in den östlichen Bezirken agieren. Besondere lokale Schwerpunkte sind Lichtenberg und Treptow-Köpenick.
  • Entwicklung nicht unberührt. So veröffentlichten die undogmatischen (autonomen) Gruppierungen "Antifaschistische Linke Berlin" Aktionsorientierte (ALB) und "Für eine linke Strömung" (F.e.l.S
A K T U E L LE E N T W I C K L U N GE N - LI N K S E X TR E M I S M U S 105 einem Bündnis mit der Linkspartei interessiert waren. Sie grenzte sich vom Wahlbündnis kategorisch ab: "Im neuen Bündnis schließen sich die Erben der beiden großen bürokratischen Apparate zusammen, die während der Nachkriegszeit im Osten und im Westen Deutschlands die tragenden Säulen der bestehenden Ordnung waren - Sozialdemokratie und Stalinismus. [...] Ihr Ziel [Anm.: das der Linkspartei.PDS] ist es, eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse zu ersticken. Diese Partei stellt keine Alternative zur Sozialdemokratie dar. Sie versucht vielmehr, die Sozialdemokratie zu retten".160 Die PSG trat in vier Bundesländern (Berlin, NordrheinWestfalen, Sachsen und Hessen) mit eigenen Landeslisten zur Wahl an. Aber nicht nur parlamentsorientierte Linksextremisten bezogen zum "Linksbündnis" Stellung, auch den eher aktionsorientierten Teil der Szene ließ diese Entwicklung nicht unberührt. So veröffentlichten die undogmatischen (autonomen) Gruppierungen "Antifaschistische Linke Berlin" Aktionsorientierte (ALB) und "Für eine linke Strömung" (F.e.l.S.) am 8. Juli Szene: Offener Brief einen offenen Brief an die "Linkspartei" (PDS / WASG), in an Linksbündnis dem die Bildung einer gemeinsamen Liste positiv aufgegriffen wurde: "Wir hoffen, dass dieser Schritt dazu beiträgt, linke Positionen insgesamt zu stärken und damit auch die Rahmenbedingungen unserer Arbeit zu verbessern."161 In der Pressekonferenz zum offenen Brief ging der Vertreter von F.e.l.S. sogar soweit, ähnlich der Aussagen von SAV und "Linksruck" die Vision einer linken SammlungsbeweVision einer linken Sammlungsgung zu malen. Dies gäbe Anlass, das Verhältnis von bewegung "Linkspartei" und sozialer Bewegung zu überdenken. Es sei "an der Zeit, da in etwas klarere Kommunikation zu treten".162 160 Internetauftritt der PSG, Aufruf am 5.10.2005. 161 Offener Brief, Internetauftritt von F.e.l.S., Aufruf am 15.7.2005. 162 Pressekonferenz der ALB und F.e.l.S. am 14.7.2005.
  • vollständige Liste der Übergriffe verdeutlicht die Gewaltbereitschaft der autonomen "Antifa"-Szene. Das eigene Vorgehen wird von diesen Gruppen als gerechtfertigt
92 V E R F AS S U N GS S C H U TZ B E R I C H T B E R L I N 2 0 0 5 Am selben Tag zerstörte eine Gruppe von ca. 20 bis 40 überwiegend vermummten und teilweise mit Schlagwerkzeugen Angriffe auf Wahlkampfstände sowie Reizstoffsprühgeräten ausgerüsteten Personen auf der politischer Gegner Marzahner Promenade die dortigen Informationsstände der "Republikaner" (REP) und der "Partei Rechtsstaatliche Offensive" (PRO). Zwei Mitglieder der "Republikaner" mussten medizinisch versorgt werden, nachdem sie geschlagen, getreten und mit Reizgas besprüht worden waren. Am 1. Juni griff eine Gruppe von 15 vermummten Personen sieben Personen der rechtsextremistischen Szene am Ostbahnhof mit Teleskopschlagstöcken und Reizgas an. Am selben Tag fand eine Gerichtsverhandlung in Potsdam gegen einen Straftäter aus der rechtsextremistischen Szene statt. Hierzu waren ca. 50 Personen der rechtsextremistischen und ca. 30 Personen der linksextremistischen Szene angereist. Die Angegriffenen befanden sich auf der Rückreise von diesem Prozess. Am 18. Juni wurden zwei Rechtsextremisten auf der RückPolizei verhindert reise von einer rechtsextremistischen Demonstration in HalEskalation der be (Brandenburg) von einer Gruppe von 18 Personen der Gewalt linksextremistischen Szene am Berliner Bahnhof Lichtenberg angegriffen. Weitere am Bahnhof anwesende Rechtsextremisten eilten den Angegriffenen zu Hilfe. Polizeibeamte konnten die Gruppen trennen. In ihrem Einsatzbericht wird deutlich, dass die "aggressive Stimmung beider politischer Lager" bei einem ungehinderten Aufeinandertreffen nach ihrer Einschätzung zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Verletzten geführt hätte. In Lichtenberg wurde am 23. Juni ein Rechtsextremist von drei maskierten männlichen Personen mit Teleskopschlagstöcken angegriffen. Er erlitt leichte Verletzungen am Kopf und Oberkörper. Diese keineswegs vollständige Liste der Übergriffe verdeutlicht die Gewaltbereitschaft der autonomen "Antifa"-Szene. Das eigene Vorgehen wird von diesen Gruppen als gerechtfertigt angesehen. Die ALB führt dazu aus:
  • akzeptierten "Gewalt gegen Sachen" und der außerhalb der antifaschistisch orientierten Gruppen eher abgelehnten "Gewalt gegen Personen" zu überwinden. "Verantwortliche
126 Linksextremismus eine Neuorientierung der autonomen Szene in Deutschland wurde fortgeführt. 3.1.6.1 Strategiedebatte - neue Gewaltdiskussion In der gewaltbereiten linksextremistischen Szene dauert die "Militanzdebatte" an. Seit Jahren diskutieren unterschiedliche autonome Gruppierungen, mit dem Ziel die bisher im autonomen Spektrum weitgehend vorherrschende Trennung zwischen der akzeptierten "Gewalt gegen Sachen" und der außerhalb der antifaschistisch orientierten Gruppen eher abgelehnten "Gewalt gegen Personen" zu überwinden. "Verantwortliche des Herrschaftssystems" wie Polizisten, Politiker, Militärangehörige und führende Repräsentanten von Wirtschaftsund Finanzunternehmen sollen wieder Ziel von Angriffen werden. Die theoretische Diskussion wird auch von Anschlägen zumeist in Form von Brandanschlägen begleitet. Diese - schwerpunktmäßig im Berliner Raum begangenen - Straftaten richteten sich bisher gegen staatliche Gebäude und Fahrzeuge von Großunternehmen. In der Berliner Szenepublikation "INTERIM" erschienen einige Diskussionspapiere autonomer Gruppen, aus denen eine überwiegend positive Reaktion auf die bis dahin publizierten Papiere und die begangenen Anschläge deutlich wurde. Teile der autonomen Szene haben Interesse an einer konstruktiven Diskussion um die Fortentwicklung "militanter Politik". So enthielt die "INTERIM", Nummer 542 vom 24. Januar, ein Diskussionspapier einer autonomen Gruppe aus Magdeburg. Die Verfasser sprechen sich für eine Überwindung der bisherigen "autonomen Kleingruppenmilitanz" aus sowie dafür, langfristig eine "neue militante Organisierung" in Deutschland zu etablieren. Damit werden nicht nur gemeinsame politisch-inhaltliche Vorstellungen gefordert, sondern vielmehr ein organisatorischer Rahmen für gewaltbereite Gruppen. Nach dem Vorbild der ehemaligen linksterroristischen Strukturen "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Bewegung 2. Juni" solle ein Organisationsgeflecht autonomer Gruppen entstehen, die eigenständig aus der Legalität heraus militante Aktionen durchführen sollen. Entscheidend dabei sei die Vermittelbarkeit derartiger Aktionsformen und die Verankerung in den regionalen Spektren. In der "INTERIM", Nummer 550 vom 9. Mai, führt die in Berlin aktive und maßgeblich an dieser Diskussion beteiligte "militante gruppe
  • zwei mutmaßliche Rechtsextremisten von etwa 30 Personen aus der "Antifa Rostock" mit Fahnenstangen angegriffen und verletzt. Im Bereich des Demminer
teiligung der linksextremistischen Szene. An insgesamt 31 Mahnwachen und mehreren Sitzblockaden beteiligten sich ca. 400 Personen ohne besondere Vorkommnisse. Hervorzuheben sind jedoch verschiedene Aktionen gewaltbereiter Linksextremisten, deren Anteil an der Gesamtzahl der Gegendemonstranten mit ca. 150 deutlich höher war als in den Vorjahren. Gewaltbereite Linksextremisten - teilweise aus Hamburg und Berlin angereist - zeigten ein hohes Aggressionspotenzial und suchten offenbar gezielt die Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und der Polizei. So wurden zwei mutmaßliche Rechtsextremisten von etwa 30 Personen aus der "Antifa Rostock" mit Fahnenstangen angegriffen und verletzt. Im Bereich des Demminer Hafens wurden Polizeibeamte von insgesamt mehr als 150 Personen, die dem linksextremistischen Spektrum zugerechnet werden, in zwei Gruppen angegriffen, die ein hohes Aggressionspotenzial zeigten. Weiterhin wurden drei Polizeibeamte durch Bisse und Tritte von einem Teilnehmer der Gegendemonstrationen verletzt. * Aktionsfeld "Antirepression" Innerhalb des Aktionsfeldes "Antirepression" kritisieren Linksextremisten die - aus ihrer Sicht - unverhältnismäßige staatliche Überwachung und Verfolgung "linker Strukturen". Ihre Aktionen richten sich gegen die Justiz sowie Sicherheitsund Ordnungskräfte des Staates und werden überwiegend mit der Solidarität gegenüber "Opfern der Repression" begründet. 82 82 Die Rote Hilfe (RH e.V.) ist nach wie vor die mitgliederstärkste Organisation im Bereich des undogmatischen Linksextremismus. Sie unterstützt vornehmlich linksextremistische Strafund 82 Internetseite "rotehilfegreifswald", abgerufen am 24.01.2014 77
  • Meinung nach förderten "staatlicher Rassismus" und die "Kriminalisierung des antifaschistischen Kampfes" auch in der Bevölkerung die Entwicklung "rechter" Tendenzen
So kam es in der Nacht des 5./6. Februar zu einer Reihe von Brandanschlägen bzw. Brandstiftungen in und um Jena. Dabei entzündeten unbekannte Täter u. a. auf dem Grundstück einer Burschenschaft zwei Fahrzeuge, die unmittelbar am bewohnten Haus parkten. Ein Privatfahrzeug und ein Fahrzeug einer Autovermietung wurden völlig zerstört. Es entstand außerdem ein Brandschaden an der Fassade des Burschenschaftsgebäudes. Die im Objekt befindlichen Personen kamen nicht zu Schaden. Des Weiteren verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf dem Wohngrundstück eines Lokalpolitikers der AfD in Ruttersdorf-Lotschen/Saale-Holzland-Kreis. Sein Privatfahrzeug wurde völlig zerstört. Als er ein weiteres Familienfahrzeug aus dem Gefahrenbereich entfernte, zog er sich leichte Verletzungen zu. Sieht man von den nicht unerheblichen Sachschäden ab, wurde zumindest im erstgenannten Fall eine Verletzung der im Burschenschaftsgebäude nächtigenden Personen in Kauf genommen, da aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mit einem Überspringen des Brandes von den Fahrzeugen auf das Wohnobjekt gerechnet werden musste. Zahlreiche weitere Übergriffe gegen bekannte Objekte aller in Thüringen vertretenen Parteien richteten sich landesweit insbesondere auch gegen Bürgerund Wahlkreisbüros. Neben zahlreichen Farbschmierereien kam es etwa zu Glasund Gebäudeschäden, die zum Teil erheblich waren. So wurden neben Pflastersteinen und Metallstangen auch aus der Straße gerissene Gullydeckel als Tatmittel eingesetzt. Bei diesen Taten handelt es sich mutmaßlich um Aktivitäten politischer Gegner, von denen einige auch aus den extremistischen Szenen stammen dürften. Stellung zum Staat und zur Zivilgesellschaft Autonome sehen in der Politik der Regierung und in vermeintlichen gesellschaftlichen Missständen Auslöser für "faschistische" Tendenzen. Ihrer Meinung nach förderten "staatlicher Rassismus" und die "Kriminalisierung des antifaschistischen Kampfes" auch in der Bevölkerung die Entwicklung "rechter" Tendenzen. Die Kritik und die Aktionen des autonomen Spektrums richten sich deshalb auch gegen die Zivilgesellschaft. In diesem Zusammenhang distanzieren sich Autonome von den Aktivitäten demokratischer Bündnisse, schließen sich deren Veranstaltungen, insbesondere solchen gegen Rechtsextremismus, aber auch immer wieder an. Dies geschieht einerseits in der Annahme, über szenetypische Slogans und Darstellungen autonome Anschauungen transportieren und die Veranstaltun84