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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Parolen wie "Nationaler Sozialismus, jetzt" und "hasta la vista antifascista" zu skandieren. Zudem sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen
42 eine Kundgebung am 15. September in Erfurt. Außerdem wurde eine Reihe von Informationsständen im Wartburgkreis abgehalten. Zudem wollte man mehrere Veranstaltungen - darunter "Rock für Deutschland" - zur Werbung insbesondere junger Menschen nutRechtsextremismus zen. Die Kampagne wurde durch eine Imagebroschüre und einen Infoflyer des Landesverbands begleitet. In der Broschüre "Thüringens starke Rechte" gerierte sich der Landesverband als einzige Alternative zu den "etablierten Parteien"18 in Thüringen; extremistische Positionen klangen lediglich verschleiert an. Auch die Internetauftritte der Thüringer NPD wurden im Erscheinungsbild überarbeitet. Ende August wandte sich der stellvertretende Landesvorsitzende und Landesgeschäftsführer, Patrick WIESCHKE, mit einer auf der Seite des Landesverbands eingestellten Videobotschaft an die Öffentlichkeit. Darin rief er u. a. mit Verweis auf den drohenden "Volkstod" zum Eintritt in die NPD auf. An der Demonstration in Eisenach unter dem Motto "Arbeit statt Zuwanderung - Westdeutsche Zustände verhindern!" beteiligten sich ca. 90 statt der erwarteten ca. 150 Personen; das Interesse der Öffentlichkeit war gering. Die betont positiven Eigendarstellungen im Nachgang - 120 Teilnehmer, großer Zuspruch - stießen auf gänzlich andere Reflexionen bei Szeneanhängern. In einem einschlägigen Internetforum wurde die Veranstaltung heftig diskutiert. Dort fanden sich Einträge wie "[...] positives konnte man heute aus Eisenach nicht mit nachhause nehmen" oder, dass dies "dann wohl der endgültige Bruch zwischen Nationalen Sozialisten und Nationaldemokraten (oder Freien und Partei) in Thüringen" gewesen sei. So wäre Demonstrationsteilnehmern durch die Veranstaltungsleitung untersagt worden, Parolen wie "Nationaler Sozialismus, jetzt" und "hasta la vista antifascista" zu skandieren. Zudem sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Versammlungsleiter und einzelnen Veranstaltungsteilnehmern gekommen. Zu der Kundgebung "Arbeit, Familie, Heimat" am 15. September vor dem Landtag in Erfurt erschienen lediglich noch ca. 20 Personen. Dennoch hieß es in einer späteren Veröffentlichung des 18 Von der NPD als abschätzige Bezeichnung für die anderen in deutschen Parlamenten vertretenen Parteien verwandt.
  • einen Gewaltigen drang nach Aktionen [...] der Antideutschen Antifa in Weimar die Stirn"33 bieten zu wollen, fiel die Gruppierung
60 "Autonome Nationalisten Weimar" (AN WE) auch: Aktionsgruppe Weimarer Land (AG WL) Sitz: Weimar/Weimarer Land Rechtsextremismus Mitglieder: etwa 15 Eigenen Angaben zufolge existiert die Gruppierung AN Weimar seit dem Frühjahr 2009, als sich eine "handvoll Aktivisten" zusammenfand mit dem Ziel, in der Region eine "aktive Alternative" anzubieten. In einer Selbstdarstellung der Gruppe heißt es u. a.: "Unser Sozialismus soll die Gesellschaftsform der Zukunft werden. Wobei der Sozialismus immer die Keimzelle in der Gemeinschaft finden müsse, begonnen bei der Familie und endend bei der Rassegemeinschaft". Und weiter: "Wir Deutschen haben keine Schuld für das was vor mehr als 2 Generationen passiert sein soll."32 Die AN WE befürworten die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele. In der Vergangenheit traten sie mit politisch motivierten Sachbeschädigungen in Erscheinung. Trotz der Ankündigung, im November 2011 "mit einen Gewaltigen drang nach Aktionen [...] der Antideutschen Antifa in Weimar die Stirn"33 bieten zu wollen, fiel die Gruppierung im Berichtszeitraum ausschließlich mit einzelnen Propagandaaktionen auf. Seit September trat das neonazistische Spektrum Weimars zudem unter der Bezeichnung "Aktionsgruppe Weimarer Land" (AG WL) in Erscheinung. Eigenem Bekunden nach handelt es sich hierbei um "Nationale Sozialisten aus dem Weimarer Land", die es als ihre Aufgabe verstehen, "den täglichen Kampf gegen ein Krankes und marodes System zu führen für ein Freies, Nationales und Sozialistisches Deutschland".34 Die Gruppierung bekennt sich auf ihrer Internetseite zum "autonomen Nationalismus" und befürwortet 32 Fehler im Original. 33 Fehler im Original. 34 Fehler im Original.
  • blieben ebenso bestehen wie die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus". Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen
96 III. Linksextremismus Linksextremismus 1. Überblick Bundesweit umfasst das Potenzial der revolutionären Marxisten etwa 25.000 Anhänger. Hinzu kommen ca. 7.100 Personen, die der gewaltbereiten linksextremistischen Szene zugerechnet werden. Hierzu gehören auch etwa 6.400 Autonome. Geschätzte Mitgliederbzw. Anhängerpotenziale Thüringen Bund 2011 2010 2009 2011 Gewaltbereite Linksextremisten, 7.100 davon Autonome 130 130 130 6.400 Anarchisten: FAU-IAA 10 10 10 700 KPF der Partei DIE LINKE. 100 100 100 1.250 DKP 40 40 40 4.000 KPD wenige Mitglieder 150 MLPD 40 40 40 2.000 Rote Hilfe e.V. 120 120 100 5.600 Die maßgeblichen Gruppen des autonomen Spektrums und ihre regionalen Schwerpunkte blieben ebenso bestehen wie die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus". Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene bzw. deren Strukturen. Dabei suchten Autonome durchaus die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und der Polizei. Trotz anhaltender Abneigung gegenüber der Zivilgesellschaft, die von einem "rechten" Konsens gekennzeichnet und daher ebenso zu bekämpfen sei wie der Rechtsextremismus, schlossen sich Autonome wiederum diversen Veranstaltungen breiter demokratischer Bündnisse an.
  • extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das Antifaschismusverständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient
Die in Thüringen vertretenen marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen vermochten es - abgesehen von einzelnen Informationsständen und traditionellen Gedenkveranstaltungen - im Berichtszeitraum kaum, durch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wahrgenommen zu werden. Das Bestreben, eine "Aktionseinheit" marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen zu bilden, hielt dennoch an. 2. Ideologischer Hintergrund Das in sich breit gefächerte linksextremistische Spektrum vertritt im Einzelnen ideologisch voneinander abweichende Positionen. Es schließt Anhänger der "wissenschaftlichen Sozialismusund Kommunismustheorien" ebenso ein wie Sozialrevolutionäre, Anarchisten und Autonome. Die Werke von MARX, ENGELS, LENIN, von STALIN, TROTZKI und MAO TSE-TUNG stellen die Grundlagen der unterschiedlichen Anschauungen und theoretischen Gebäude dar. Das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zu beseitigen, ist allen Linksextremisten gemein. Ihre - wie unterschiedlich auch immer gearteten - Bestrebungen richten sich letzten Endes gegen grundlegende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Linksextremisten wollen entweder einen marxistisch-leninistischen Staat oder eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" errichten. Sie verbindet das Bekenntnis zur revolutionären Gewalt, zum Klassenkampf und zur Klassenherrschaft. Ihr Grundsatz, dass sich die von ihnen angeLinksextremismus strebten gesellschaftlichen Veränderungen einzig durch den Einsatz revolutionärer Gewalt vollziehen lassen, wird aus taktischen Gründen oft verschwiegen. Bei tagespolitischen Auseinandersetzungen greifen sie häufig zu legalen, gewaltfreien Formen des politischen Engagements. Die eigene extremistische Ausrichtung wird dabei bewusst verschleiert. Mit dieser Taktik gelingt es Linksextremisten durchaus, auf bestimmten Politikfeldern Bündnispartner zu finden, die extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das Antifaschismusverständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient nicht nur als Mittel politischer Einflussnahme und zur Diffamierung politischer Gegner, sondern ist zugleich Grundlage kommunis97
  • Grundlagen der Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: * Antifaschismus, * "Häuserkampf"/Kampf gegen Gentrifizierung66, * Kampf gegen angenommenen "Geschichtsrevisionismus" und "Opfermythen
ter, die z. T. konspirativ verbreitet werden, als Informationsquellen. Die dazu zählende Zeitschrift "INTERIM", welche vierzehntäglich in Berlin erscheint, gilt aufgrund ihrer überregionalen Ausstrahlung als die bedeutungsvollste Publikation. Auf regionalem Niveau werden Szeneblätter inzwischen nicht nur in gedruckter Fassung veröffentlicht, sondern meist im Internet als Download angeboten. "Infoläden" sind bevorzugte Anlaufpunkte der gesamten Szene und ihrer Sympathisanten. Sie dienen als Kontaktund Treffmöglichkeit und zugleich als Vertriebsstätte linksextremistischer Schriften und Flugblätter. Kampagnenfähige Themen, Gewaltpotenzial Verschiedene Schwerpunktthemen bilden die Grundlagen der Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: * Antifaschismus, * "Häuserkampf"/Kampf gegen Gentrifizierung66, * Kampf gegen angenommenen "Geschichtsrevisionismus" und "Opfermythen" im Zusammenhang mit der öffentlichen Wahrnehmung der Zeit des Nationalsozialismus, * Repression und innere Sicherheit, * Antirassismus, * Kampf gegen angenommene "Großmachtrollen" der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, * Anti-Atomkraft-Bewegung, insbesondere Castor-Transporte, * Neoliberalismus und Globalisierung, Linksextremismus * Internationalismus. Intensität und Bedeutung der genannten Themen schwanken und werden oft vom Tagesgeschehen bestimmt. Die Artikulationsformen Autonomer sind vielfältig. Sie reichen von Diskussionen, Vortragsveranstaltungen und Demonstrationen über Straßenkrawalle, teils erhebliche Sachbeschädigungen bis hin zu Brandanschlägen. Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Autonomen. Bereitwillig setzen sie diese auch gegen Personen ein, vor allem im Rahmen von Protesten gegen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. Hier suchen Autonome die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner und den Einsatzkräften der Polizei. 66 Abgeleitet von gentry (engl.) - Bezeichnung für niederen englischen Adel und ihm sozial Nahestehende. Steht hier für die Umstrukturierung von Stadtteilen nach Verkauf und/oder Modernisierung von Gebäuden. Durch den Zuzug neuer (vermögenderer) Bewohner kommt es zu Veränderungen der Bevölkerungsstruktur. Autonome versuchen in Stadtteilen, die sie als ihren "Kiez" beanspruchen, diese Entwicklung auch mit gewalttätigen Mitteln zu bekämpfen. 99
  • Organisationsformen zu schaffen. Diese basieren jeweils auf dem linksextremistischen Antifaschismusverständnis, das über die Traditionslinien Nationalsozialismus und Faschismus hinaus die Auseinandersetzung
100 Dezentralisierung und ideologische Spaltung innerhalb der autonomen Szene Fest strukturierte, auf Dauer angelegte und übergreifende OrLinksextremismus ganisationsformen widersprechen dem Grundverständnis der Autonomen. Die Szene ist heterogen zusammengesetzt, sie kennt weder Hierarchien noch Führungsstrukturen. Autonome agieren meist in kleinen, unverbindlichen, lokal begrenzten, dezentralen Personenzusammenschlüssen. Um die allein schon wegen des niedrigen Organisationsniveaus begrenzten Wirkungsmöglichkeiten zu erweitern, gibt es dennoch immer wieder Versuche, übergreifende Organisationsformen zu schaffen. Diese basieren jeweils auf dem linksextremistischen Antifaschismusverständnis, das über die Traditionslinien Nationalsozialismus und Faschismus hinaus die Auseinandersetzung mit dem - autonomer Redart nach - in der Bundesrepublik vorherrschenden "imperialistischem System" einschließt, welches die Autonomen als Fortsetzung und Modifikation des Dritten Reichs deuten. Alle Versuche nach 2001, eine inhaltliche und organisatorische Erneuerung zu erreichen, blieben jedoch erfolglos. Seither ist es der Szene nicht gelungen, ihre Isolierung, die regionale Begrenztheit des Aktionsradius und die zahlenmäßige Schwäche zu überwinden. Übergreifende Vernetzungsversuche werden zudem durch gravierende ideologische Konfliktlinien innerhalb der autonomen Szene erschwert. Typisch dafür war das Aufkommen sog. antideutscher Positionen. Kernpunkt jener Anschauungen bildet der Massenmord an den europäischen Juden während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Hieraus resultieren sowohl die Ablehnung des deutschen Staats, der als modifizierte Fortsetzung der Nazidiktatur wahrgenommen wird, als auch eine bedingungslose Solidarität gegenüber dem Staat Israel. "Antideutsche" Gruppierungen sagen dem deutschen Staat ohnehin eine auf Ausgrenzung anderer Ethnien gerichtete Wesensart nach. Den europäischen Einigungs-
  • aktivsten autonomen Gruppen angesiedelt sind. Inhaltlich dominierte das Themengebiet Antifaschismus. Bedingt durch die 2009 erfolgte Räumung des "Besetzten Hauses
prozess interpretieren sie als ein deutsches Projekt, das auf friedlichem Wege zu Großmachtstatus verhelfen solle. Der Staat Israel wird von diesen Gruppen als Zufluchtsort des jüdischen Volkes, als Schutzraum für Juden vor antisemitischer Verfolgung verstanden, der gegen alle Angriffe verteidigt werden müsse. Jedwede Kritik an Israel setzen "Antideutsche" mit Antisemitismus gleich. Ähnlich werten sie die Kritik an den USA, da diese als Schutzmacht Israels angesehen wird. Diese Einstellung steht im krassen Gegensatz zu den traditionell im autonomen Spektrum vorhandenen "antiimperialistischen" Einstellungen, nach denen Israel als "imperialistischer Brückenkopf" der USA im arabischen Raum gilt. 3.2 Die autonome Szene in Thüringen Das Anhängerpotenzial der gewaltbereiten autonomen Szene Thüringens umfasste im Berichtszeitraum ca. 130 Personen. Zu einzelnen Aktionen, denen die Szene besondere Bedeutung beimaß, gelang es ihr, einen auch überregionalen Teilnehmerkreis zu mobilisieren. Regionale Schwerpunkte bestehen in Erfurt und Jena sowie um Arnstadt. Außerdem sind Autonome im Umkreis von Gera, Weimar und Saalfeld aktiv gewesen. Szenetypische Anlaufstellen waren u. a. sog. Infoläden in Arnstadt, Erfurt und Jena. Autonome Gruppen aus Thüringen nutzen überwiegend das Internet und E-Mail-Verbindungen, um untereinander Kontakt zu halten, zu agitieren und für Veranstaltungen zu mobilisieren. Über ihre Internetseiten veröffentlichen sie zum Teil umfangreiche Linksextremismus Rechercheberichte über den politischen Gegner. Auch Szenezeitschriften oder Audiostreams mit Informationen zum "rechten" Spektrum werden auf diesem Wege verbreitet. Die Schwerpunkte öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten lagen im Berichtszeitraum in der Landeshauptstadt Erfurt und in Jena - Regionen, in denen die personell stärksten und aktivsten autonomen Gruppen angesiedelt sind. Inhaltlich dominierte das Themengebiet Antifaschismus. Bedingt durch die 2009 erfolgte Räumung des "Besetzten Hauses" in Erfurt kam auch der "Schaffung von Freiräumen", also dem "Häuserkampf", weiterhin Bedeutung zu. Die Aktionen der autonomen Szene reichten von der Mobilisierung für die von breiten, nichtextremistischen Bündnissen orga101
  • zusätzlich bestehenden Unterstützerseite waren u. a. "Revolta Jena", die "Antifaschistische Aktion
106 Thüringen, Sachsen, Hessen und Niedersachsen. Die Polizei führte PerLinksextremismus sonenund Taschenkontrollen durch, leitete acht Ordnungswidrigkeitsverfahren ein und nahm mehrere Anzeigen wegen Sachbeschädigung bzw. Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz auf. Im Vorfeld der Protestdemonstration sollen Mobilisierungsund Informationsveranstaltungen in Eisenach, Jena, Weimar und Erfurt, vor allem aber in Niedersachsen und Hessen stattgefunden haben. Im Internet wurde die Veranstaltung überregional beworben. Einschlägige Szeneläden in Göttingen, Frankfurt/Main, Kassel und Marburg boten Busfahrkarten an. In einer Pressemitteilung auf der im Internet eigens eingerichteten Mobilisierungswebsite war von bis zu 500 Teilnehmern die Rede. Zudem wurde über Angriffe der Polizei auf Gegendemonstranten sowie willkürliche Feststellungen von Personalien berichtet, die Demonstration zugleich jedoch als Erfolg gewertet. Bereits am 17. Juni erschien ein Beitrag auf dem Internetportal "Indymedia" unter dem Tenor "Burschenschaften angegriffen", der Sachbeschädigungen in Jena als "kleines Warm-Up gegen den Burschentag in Eisenach" bezeichnete. Demnach wurden u. a. Fensterscheiben an Gebäuden der "Landsmannschaft Rhenania" und des "Corps Saxonia" mit Steinen beworfen. Zudem wurde das neben dem Hauptgebäude der Universität befindliche Burschenschaftsdenkmal mit grüner Farbe übergossen. Innerhalb der Thüringer autonomen Szene wurde die Veranstaltung im Internet thematisiert. Auf der zusätzlich bestehenden Unterstützerseite waren u. a. "Revolta Jena", die "Antifaschistische Aktion
  • Saalfeld", die "Autonome Antifa Gruppe Weimar" und "Anarchist Resistance Wartburgkreis" verzeichnet. In einem Beitrag auf der Seite des Erfurter "Infoladens
Saalfeld", die "Autonome Antifa Gruppe Weimar" und "Anarchist Resistance Wartburgkreis" verzeichnet. In einem Beitrag auf der Seite des Erfurter "Infoladens Sabotnik" hieß es: "Alle studentischen Verbindungen verstehen ihre Gemeinschaften als Beitrag zur Herausbildung einer gesellschaftlichen akademischen ,Elite', die im Sinne eines rechtskonservativen Weltbildes tätig ist. Ihre Ideologie beinhaltet die Legitimation der Ungleichheit von Männern und Frauen, Deutschen und MigrantInnen oder akademischer Elite und ungebildeter Masse. In der deutschen Burschenschaft findet sich diese radikalisiert zu einem extrem rückständigen Frauenbild, völkischem Rassismus und Großdeutschem Nationalismus". Autonome beteiligten sich am Protest gegen "Rock für Deutschland" Den von demokratischen Initiativen und Organisatoren angemeldeten Protesten gegen die rechtsextremistische Veranstaltung "Rock für Deutschland" am 6. August in Gera schlossen sich etwa 1.000 (2010 ca. 1.100) Personen an, darunter auch Angehörige der autonomen Szene. Nach einem auf dem Internetportal "Indymedia" eingestellten Beitrag vom 8. August suchten diese auch die direkte Konfrontation mit anreisenden mutmaßlichen Rechtsextremisten. Linksextremismus In diesem Zusammenhang wurden 12 Personen in Gewahrsam genommen, gegen 44 weitere ergingen Platzverweise. Bereits am Vorabend des 6. August hatten sich in Gera etwa 180 Personen zu einer Demonstration unter dem Motto "Diese Stadt hat Nazis satt" versammelt. Nach der Abschlusskundgebung kam es noch zu einer Spontanversammlung. Im Vorfeld hatte auch die autonome Szene zu Protesten mobilisiert und u. a. zu "Chaostagen" in Gera aufgerufen. Teile der Szene kritisierten die von dem demokratischen Bündnis hervorgehobene Gewaltfreiheit und lehnten eine Unterstützung deshalb ab. "Wir erachten es als unmöglich, das RfD nur gewaltfrei zu verhindern, 107
  • vorübergehend in Gewahrsam genommen. Einem Beitrag auf der Website "Antifaschistische Gruppen Südthüringen" zufolge sollten die Betroffenen jede Aussage verweigern
"(Räumung der liebig14) Sponti: TAG X+1 TAG 18Uhr Treff: Krämerbrücke nichts posten.aktuell halten.sags persönlich weiter.bildet banden!" Auf Thüringer Szeneseiten im Internet war der Aufruf "LIEBIG 14 - Der Countdown läuft ..." verlinkt und um Bezüge nach Erfurt ergänzt. Auch im Nachgang wurde die Veranstaltung dort thematisiert. In Saalfeld führten ca. 10 bis 15 teils vermummte Personen am 4. Februar eine nicht angemeldete Veranstaltung durch. Es wurde ein Transparent mit der Aufschrift "Miethaie zu Fischstäbchen" mitgeführt. Bei Eintreffen der Polizei flüchteten die Versammlungsteilnehmer. Ein Einsatzfahrzeug der Polizei wurde dabei beschädigt. Zu einer nicht angemeldeten Veranstaltung versammelten sich am 5. Februar 30 Personen in Arnstadt. Sie führten Transparente und Flaggen mit und verteilten Flyer. Neun Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Einem Beitrag auf der Website "Antifaschistische Gruppen Südthüringen" zufolge sollten die Betroffenen jede Aussage verweigern und sich im Falle weiterer polizeilicher Maßnahmen an die "Rote Hilfe Südthüringen"73 wenden. Unbekannte befestigten zwischen dem 1. und dem 2. Februar an Linksextremismus einem ehemaligen Bahngebäude in Berga/Elster (Landkreis Greiz) sowie einem leer stehenden Mehrfamilienhaus in Greiz Laken mit der Aufschrift "Freiraum erkämpfen / Verteidigen / Handeln" bzw. "Dieses haus ist jetzt besetzt / Liebigstraße expansion". In einer mit "Zusammenschluss junger AktivistInnen" unterzeichneten Presseerklärung an die Stadtverwaltung Berga/Elster war von einer Hausbesetzung als Reaktion auf die Räumung der Liebigstraße 14 in Berlin die Rede. Auch an der Eisenbahnbrücke "Schwarze Hohle" über der B 85 Richtung Rudolstadt sowie der Sternbrücke im Goethepark 73 Zum Verein "Rote Hilfe e. V." siehe Kapitel 5.5. 111
  • gleich braun." Als Fazit bliebe einzig die Möglichkeit, antifaschistische Aktionen zu intensivieren. Linksextremismus In Thüringen blieb die KPF weitgehend inaktiv
Im Rahmen der 3. Tagung der 15. Bundeskonferenz der KPF am 2. April in Berlin bekräftigte ein Vertreter des Sprecherrats, das neue Programm müsse seinen antikapitalistischen Charakter beibehalten. Ein Vertreter der KPF-Thüringen pflichtete dem an anderer Stelle bei und unterstrich die Bedeutung der in dem Entwurf verankerten Analyse des gegenwärtigen Kapitalismus. Auf der am 19. November in Berlin durchgeführten 4. Tagung des Gremiums hieß es zu dem inzwischen beschlossenen Parteiprogramm, es orientiere "letztlich auf einen Systemwechsel - die Überwindung der Diktatur des Profits". Dem Beschluss zur Tagung nach müsse "diese zunehmend ins Chaos trudelnde kapitalistische Ordnung überwunden werden". Bezug nehmend auf aktuelle Ereignisse führte ein Vertreter des Bundessprecherrats in einem Bericht über die Morde der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU80 aus, "wie akut die Gefahr faschistischer Exzesse heute auch hierzulande schon wieder" sei. Man könne "erleben, wie die demokratischen geheimen Dienste sich aus der Affäre ziehen." Vielleicht gäbe es Bauernopfer. Was aber wirklich geschah, werde wohl nie zu erfahren sein. Das in diesem Zusammenhang von politischer Seite in Erwägung gezogene Verbotsverfahren gegen die NPD halte man für wenig chancenreich. Eine "rechte" Partei zu verbieten und "linke" arbeiten zu lassen, richte sich gegen die Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland, die besage: "Rot gleich braun." Als Fazit bliebe einzig die Möglichkeit, antifaschistische Aktionen zu intensivieren. Linksextremismus In Thüringen blieb die KPF weitgehend inaktiv. An der Landeskonferenz am 30. Juli in Erfurt sollen sich 60 Personen beteiligt haben.81 80 Siehe Kapitel 4.4.5 im Abschnitt Rechtsextremismus. 81 "Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE", Heft 9/2011. 117
  • ihrem aktuellen Parteiprogramm charakterisiert sie sich als antifaschistische, revolutionäre Partei der Arbeiterklasse, als Partei des proletarischen Internationalismus und des Widerstands
118 5.2 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Bund Thüringen Linksextremismus Gründung 1968 1996 Sitz Essen - Mitglieder 2011 ca. 4.000 ca. 40 2010 ca. 4.000 ca. 40 2009 ca. 4.200 ca. 40 Jugendorganisation "Sozialistische - Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Publikationen "Unsere Zeit" (UZ) "Thüringenreport"82 (wöchentlich) Internet eigener eigener Internetauftritt Internetauftritt83 Die DKP versteht sich als Nachfolgeorganisation der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). In ihrem aktuellen Parteiprogramm charakterisiert sie sich als antifaschistische, revolutionäre Partei der Arbeiterklasse, als Partei des proletarischen Internationalismus und des Widerstands gegen die sozialreaktionäre, antidemokratische und friedensgefährdende Politik der Herrschenden, die sich von den Zukunftsund Gesamtinteressen der Arbeiter und Angestellten als Klasse leiten lässt. Weltanschauung, Politik und Organisationsverständnis der DKP gründen dem Programm zufolge auf dem wissenschaftlichen Sozialismus, den Theorien von MARX, ENGELS und LENIN. Die Partei überträgt die Lehren des Marxismus auf die derzeitigen Bedingungen des Klassenkampfs, um so zu deren Weiterentwicklung beizutragen. Ihr Ziel sieht sie im Sozialismus/Kommunismus, wofür es die Arbeiterklasse und die Mehrheit der Werktätigen zu gewinnen gelte. Nur der revolutionäre Bruch mit den kapitalistischen Machtund Eigentumsverhältnissen beseitige letztendlich die Ursachen von Ausbeutung und Entfremdung, Krieg, Verelendung und Zerstörung der natürlichen Umwelt. 82 Im Berichtszeitraum konnte keine Ausgabe festgestellt werden. 83 Der Auftritt wurde nur sporadisch gepflegt.
  • Kommunisten in Deutschland herzustellen. Diese müsse letztendlich "zu einer antifaschistisch/ antiimperialistischen demokratischen Volksfront führen." 90 Ihre 1919 entstandene Vorläuferorganisation ging
Die KPD wurde am 31. Januar 1990 im damaligen Ost-Berlin von ehemaligen SED-Mitgliedern "wiedergegründet".90 In ihrem Statut definiert sie sich als "marxistisch-leninistische Partei", als "revolutionäre Partei der Arbeiterklasse und des ganzen werktätigen Volkes", die "fest in den Traditionen des 'Bundes der Kommunisten', des 'Spartakusbundes', der KPD und SED sowie ihrer hervorragenden Persönlichkeiten" stehe. Zu denen zählt sie in erster Linie Ernst THÄLMANN, aber auch Karl LIEBKNECHT, Rosa LUXEMBURG, Wilhelm PIECK; Walter ULBRICHT und Erich HONECKER gelten als Vorbilder. Die Partei sieht sich als "Erbe und Bewahrer der Erfahrungen und Erkenntnisse des Klassenkampfes der revolutionären Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten in Deutschland" sowie "des Besten, was die deutsche Arbeiterklasse bisher erkämpfte, der sozialistischen Erfahrungen und Errungenschaften der DDR". Als weitere Aufgabe wurde festgelegt, "insbesondere die Arbeiterklasse und alle objektiv antiimperialistischen Kräfte für die Überzeugung zu gewinnen, dass die einzige Alternative zur gegenwärtigen imperialistisch geprägten Gesellschaft noch immer die Schaffung der sozialistischen Gesellschaftsordnung ist." Politisch-ideologische Markenzeichen der KPD sind dogmatischer Stalinismus, DDR-Verherrlichung sowie permanente Huldigungen an die "Koreanische Demokratische Volksrepublik" (KDVR) und deren Führung. Linksextremismus Ihren organisatorischen Schwerpunkt hat die Partei in den neuen Bundesländern. Seit April 1993 besteht die KPD-Landesorganisation Thüringen. 27. Parteitag der KPD Am 26. November fand in Berlin der 27. Parteitag der KPD statt. Dem Rechenschaftsbericht zufolge sei es angesichts der "komplexen Krisensituation des imperialistischen Systems"91 von besonderer Bedeutung, die Aktionseinheit der Kommunisten in Deutschland herzustellen. Diese müsse letztendlich "zu einer antifaschistisch/ antiimperialistischen demokratischen Volksfront führen." 90 Ihre 1919 entstandene Vorläuferorganisation ging nach der Zerschlagung während der Zeit des Nationalsozialismus und der erneuten Zulassung nach dem Zweiten Weltkrieg in der 1946 gegründeten "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) auf. In Westdeutschland war sie 1956 verboten worden. 91 "Die Rote Fahne", Ausgabe Dezember 2011. 121
  • November Linksextremisten unterstützen Kundgebung "Verfassungsschutz auflösen. Rassismus bekämpfen. Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren." in Erfurt
10. September Demonstration der NPD Thüringen "Arbeit statt Zuwanderung - Westdeutsche Zustände verhindern!" in Eisenach 15. September Kundgebung der NPD Thüringen "Arbeit, Familie, Heimat" in Erfurt 17.-18. Treffen des "Gedächtnisstätte e. V." September in Guthmannshausen 23.-25. Herbsttreffen der AG - GGG in NordthürinSeptember gen 2. Oktober Nachttanzdemo in Erfurt "disco ohne deutschland. selbstverwaltete zentren ertanzen" 8. Oktober Rechtsextremistische Kundgebung "Opferschutz statt Täterschutz - Höchststrafe für Sexualstraftäter und Kinderschänder" in Erfurt 15. Oktober Rechtsextremistische Demonstration "Nationale Souveränität statt europäische Wirtschaftsregierung" in Weimar 15. Oktober Vortragsveranstaltung des "Gedächtnisstätte e. V." in Guthmannshausen 16. Oktober Brandstiftungen in Weimar nach einer rechtsextremistischen Kundgebung am Vortag 12. November Fünftes "Treffen der Generationen" mit anschließendem rechtsextremistischen Konzert in Unterwellenborn Ereigniskalender 13. November Rechtsextremistisches "Heldengedenken" u. a. im Weimarer Land, in Friedrichroda, auf der "Schmücke" bei Oberhof, in Gera und Eisenach 19. November Rechtsextremistische Kundgebungen "Wir wollen leben - Zukunft statt EU-Wahn" in Erfurt und Weimar 19. November Linksextremisten unterstützen Kundgebung "Verfassungsschutz auflösen. Rassismus bekämpfen. Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren." in Erfurt 159
  • Szene in Thüringen 71 3.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 73 3.4 Autonomer "Häuserkampf" 82 4. Anarchisten
4.4 Die Neonaziszene in Thüringen 39 4.4.1 Kameradschaften 39 4.4.2 Sonstige Personenzusammenschlüsse 43 4.4.3 Vereinsaktivitäten von Neonazis 47 4.4.4 Gewaltpotenzial der Neonaziszene 49 4.4.5 Aktivitäten und Themenschwerpunkte der Neonaziszene 50 5. Subkulturell geprägter Rechtsextremismus und rechtsextremistische Musikszene 53 5.1 Personenpotenzial des subkulturell geprägten Rechtsextremismus 55 5.2 Erscheinungsformen, Botschaften und Wirkung rechtsextremistischer Musik 55 5.3 Produktionsund Vertriebsstrukturen 56 5.4 Organisation und Ablauf rechtsextremistischer Konzerte im Allgemeinen 57 5.5 Die rechtsextremistische Musikszene in Thüringen 58 5.6 Rechtsextremistische Konzerte in Thüringen 59 6. Immobiliennutzung von Rechtsextremisten 62 7. Sonstige rechtsextremistische Gruppierungen 64 8. Politisch motivierte Kriminalität - Rechts im Überblick 66 III. Linksextremismus 1. Überblick 67 2. Ideologischer Hintergrund 68 3. Autonome 69 3.1 Allgemeines 69 3.2 Die autonome Szene in Thüringen 71 3.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 73 3.4 Autonomer "Häuserkampf" 82 4. Anarchisten 84 4.1 "Freie Arbeiterinnenund Arbeiterunion" (FAU) mit Anbindung an die "Internationale Arbeiter Assoziation" (IAA) 84 5. Marxistisch-leninistische Parteien und sonstige Gruppierungen 85 5.1 "Kommunistische Plattform" (KPF) der Partei "DIE LINKE." 85 5.2 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 87 5.3 "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) 89 5.4 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 91 5.5 "Rote Hilfe e. V." (RH) 94 6. Politisch motivierte Kriminalität - Links im Überblick 96 4 Inhaltsverzeichnis
  • blieben ebenso bestehen wie die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus". Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen
III. Linksextremismus 1. Überblick Bundesweit umfasst das Potenzial der revolutionären Marxisten etwa 21.600 Anhänger. Hinzu kommen ca. 6.900 Personen, die der gewaltbereiten linksextremistischen Szene zugerechnet werden. Hierzu gehören auch etwa 6.100 Autonome. Geschätzte Mitgliederbzw. Anhängerpotenziale Thüringen Bund 2013 2012 2011 2013 Gewaltbereite Linksextremisten, 6.900 davon Autonome 130 130 130 6.100 Anarchisten 10 10 10 400 KPF der Partei DIE LINKE. 100 100 100 1.200 DKP 25 40 40 3.500 wenige wenige wenige KPD 100 Mitgl. Mitgl. Mitgl. MLPD 40 40 40 1.900 Rote Hilfe e.V. 120 120 120 6.000 Die maßgeblichen Gruppen des autonomen Spektrums und ihre regionalen Schwerpunkte blieben ebenso bestehen wie die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus". Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene bzw. deren Strukturen. Dabei suchten Autonome durchaus die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und der Polizei. Trotz anhaltender Abneigung gegenüber der Zivilgesellschaft, die von einem "rechten" Konsens gekennzeichnet und daher ebenso zu bekämpfen sei wie der Rechtsextremismus, schlossen sich Autonome wiederum diversen Veranstaltungen breiter demokratischer Bündnisse an. Die in Thüringen vertretenen marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen vermochten es - abgesehen von einzelnen Informationsständen und traditionellen Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2013 67
  • extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das Antifaschismusverständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient
Gedenkveranstaltungen - im Berichtszeitraum kaum, durch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wahrgenommen zu werden. Das Bestreben, eine "Aktionseinheit" marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen zu bilden, hielt dennoch an. 2. Ideologischer Hintergrund Das in sich breit gefächerte linksextremistische Spektrum vertritt im Einzelnen ideologisch voneinander abweichende Positionen. Es schließt Anhänger der "wissenschaftlichen Sozialismusund Kommunismustheorien" ebenso ein wie Sozialrevolutionäre, Anarchisten und Autonome. Das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zu beseitigen, ist allen Linksextremisten gemein. Ihre - wie unterschiedlich auch immer gearteten - Bestrebungen richten sich letzten Endes gegen grundlegende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Linksextremisten wollen entweder einen marxistisch-leninistischen Staat oder eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" errichten. Sie verbindet das Bekenntnis zur revolutionären Gewalt, zum Klassenkampf und zur Klassenherrschaft. Ihr Grundsatz, dass sich die von ihnen angestrebten gesellschaftlichen Veränderungen einzig durch den Einsatz revolutionärer Gewalt vollziehen lassen, wird aus taktischen Gründen oft verschwiegen. Bei tagespolitischen Auseinandersetzungen greifen sie häufig zu legalen, gewaltfreien Formen des politischen Engagements. Die eigene extremistische Ausrichtung wird dabei bewusst verschleiert. Mit dieser Taktik gelingt es Linksextremisten durchaus, auf bestimmten Politikfeldern Bündnispartner zu finden, die extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das Antifaschismusverständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient nicht nur als Mittel politischer Einflussnahme und zur Diffamierung politischer Gegner, sondern ist zugleich Grundlage kommunistischer Bündnispolitik. Anders als die bürgerliche Gesellschaft, die im Rechtsextremismus eine Randerscheinung sieht, interpretieren Linksextremisten das ihrerseits überwiegend als Faschismus bezeichnete Phänomen als Ausdruck eines "besonders aggressiven staatsmonopolistischen Kapitalismus". Eine endgültige Beseitigung des Faschismus könne daher nur durch die Abschaffung des Kapitalismus erreicht werden. Diese Anschauungen werden insbesondere von Linksextremisten verbreitet, die ein geschlossenes marxistisch-leninis68 Linksextremismus
  • aktivsten autonomen Gruppen angesiedelt sind. Inhaltlich dominierte das Themengebiet Antifaschismus. Bedingt durch die 2009 erfolgte Räumung des "Besetzten Hauses
Die Schwerpunkte öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten lagen im Berichtszeitraum in der Landeshauptstadt Erfurt und in Jena - Regionen, in denen die personell stärksten und aktivsten autonomen Gruppen angesiedelt sind. Inhaltlich dominierte das Themengebiet Antifaschismus. Bedingt durch die 2009 erfolgte Räumung des "Besetzten Hauses" in Erfurt kam auch der "Schaffung von Freiräumen", also dem "Häuserkampf", weiterhin Bedeutung zu. Zudem nahm das Thema "Antirepression" im Berichtszeitraum breiteren Raum ein. Die Aktionen der autonomen Szene reichten von der Mobilisierung für die von breiten, nichtextremistischen Bündnissen organisierten Proteste gegen rechtsextremistische Veranstaltungen und die gewaltfreie Beteiligung daran bis hin zu gezielten Blockadeaktionen sowie Gewalttaten gegen Personen des rechtsextremistischen Spektrums, aber auch gegen Einsatzkräfte der Polizei. Gegenaktionen, die etwa die Umleitung eines rechtsextremistischen Aufzugs, die Verzögerung oder die vorzeitige Beendigung der Veranstaltung erforderlich machten, wertete die autonome Szene als äußerst positiv. Gleichwohl gelang es ihren Anhängern bislang nicht, innerhalb des breitgefächerten Spektrums von Gegendemonstranten größeren Einfluss zu gewinnen. Standen Autonome diesen taktischen motivierten Kooperationen stets skeptisch gegenüber, distanzierten sie sich zuletzt immer deutlicher von den ihren Idealen widerstrebenden Zweckbündnissen. Herausragendes Beispiel hierfür war die 2013 erstmals ausgebliebene Unterstützung der Proteste gegen die NPD-Großveranstaltung "Rock für Deutschland"53. Bei Demonstrationen gegen Rechtsextremisten konnten Ausschreitungen zwischen den beiden verfeindeten Lagern in der Regel durch Einsatzkräfte der Polizei verhindert werden. Autonome hatten meist im Vorfeld zu Blockadeund Störaktionen aufgerufen. Oft suchten sie den unmittelbaren Kontakt zum politischen Gegner, um den "Naziaufmarsch" mit allen Mitteln zu verhindern. Mitunter missachteten sie dabei bewusst Vorgaben und Auflagen der Behörden. Im Rahmen ihrer Aktionen kam es auch im Jahr 2013 zu Straftaten wie Körperverletzung, Sachbeschädigung und Landfriedensbruch. Thüringer Autonome beteiligten sich im Berichtszeitraum an verschiedenen Aktionen in anderen Bundesländern bzw. thematisierten diese im Internet durch Terminhinweise. Hier sind neben den Protestaktionen gegen das von Rechtsextremisten instrumentalisierte Gedenken der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 194554 auch die Proteste gegen einen rechtsextremistischen Aufmarsch am 12. Januar in Magdeburg (Sachsen-Anhalt)55, die Proteste gegen den rechtsextremistischen "Trauermarsch" 53 Siehe Kapitel 3.1.2.6 im Abschnitt Rechtsextremismus. 54 Der rechtsextremistische "Trauermarsch" wurde aufgrund massiver Blockadeaktionen nicht wie geplant durchgeführt. 55 Polizeibeamte wurden aus einer Personengruppe heraus mit Flaschen und Steinen beworfen; zudem kam es vereinzelt zur Zündung von Rauchbomben und Feuerwerkskörpern. Darüber hinaus wurden mehrere Gebäude und Einsatzfahrzeuge beschädigt. Es wurden 19 Polizeibeamte verletzt. 72 Linksextremismus
  • Anarchist Resistance Wartburgkreis" (AR-WAK)62 und die Erfurter "Antifa Gruppe 17" (AG17) angegeben. Für die von einer Person
von Linksextremisten genutzten Portal "indymedia". Dabei sollte ursprünglich über die als "Höhepunkt der Aktionswoche" gewertete NPD-Veranstaltung in Sonneberg hinaus mit dem Motto "NPD-Aktionswoche angreifen!" auch der Auftakt zum Bundestagswahlkampf insgesamt in den Fokus der Protestierenden gerückt werden. Linksextremistische autonome Szene an Protesten gegen Veranstaltungen der Deutschen Burschenschaft vom 24. bis 26. Mai in Eisenach beteiligt Gegen die vom 24. bis 26. Mai in Eisenach durchgeführten sog. Burschentage der Deutschen Burschenschaft61 organisierte ein Bündnis, in dem auch Angehörige der linksextremistischen autonomen Szene mitwirkten, Proteste. Als Bündnisgruppen wurden auf der Internetseite neben Gruppen aus Marburg (Hessen) und Göttingen (Niedersachsen) u. a. "Anarchist Resistance Wartburgkreis" (AR-WAK)62 und die Erfurter "Antifa Gruppe 17" (AG17) angegeben. Für die von einer Person aus Göttingen angemeldeten Demonstration "Gegen den Burschentag 2013: Kein Burgfrieden in Eisenach!" am 24. Mai war bundesweit über Internet mobilisiert worden. Die ca. 250 bis 300 Protestierenden reisten überregional an. Die Gegenproteste werden seit mehreren Jahren von der linksextremistischen Szene Göttingen verantwortlich organisiert. Eine eigens hierfür erstellte "Zeitung gegen Burschentage" enthält Abhandlungen einschlägiger Gruppierungen aus Niedersachsen, welche den "völkischen Nationalismus", Geschichtsrevisionismus, Antisemitismus und Antifeminismus der Deutschen Burschenschaft und damit ihre Nähe zum Rechtsextremismus belegen sollen. Die hiesige linksextremistische Szene beteiligt sich an den Protesten und unterstützt diese. "Antirepressionsdemo" am 6. Juni in Jena An einer unter dem Motto "Demonstration gegen Repression und Polizeigewalt, für Solidarität mit von Repression Betroffenen" angemeldeten Kundgebung am 6. Juni in Jena beteiligten sich etwa 150 bis 200 Personen. Der Protest richtete sich Angaben des "Infoladens Sabotnik" zufolge u. a. "gegen die Gewalt der Polizei [...] während der 61 Die Deutsche Burschenschaft ist kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes. 62 Laut Interneterklärung aufgelöst am 25. Dezember 2013. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2013 77
  • Motto "Soziale Freiräume schaffen" statt. Auf der Website "Antifaschistische Gruppen Südthüringen" (AGST) wurden im Nachgang der Polizeieinsatz sowie das Einwirken
werden z. B. unter dem Dach eines Vereins geführt. Nur wenige haben überregionale bzw. bundesweite Bedeutung oder werden sogar im europäischen Zusammenhang wahrgenommen. Im Dezember beteiligten sich Thüringer Autonome an Protesten zum Erhalt eines "alternativen Kulturprojekts" in Hamburg.71 Hausbesetzung am 19. Oktober in Ilmenau Die linksextremistische Szene thematisiert im Internet die Besetzung eines leer stehenden Gebäudes am 19. Oktober in Ilmenau, Langewiesener Str. 17. An der Aktion waren 25 Personen beteiligt. Auf Flugblättern wurde erklärt, ein alternatives Kulturund Solidaritätszentrum mit Wohnräumen schaffen zu wollen. Die Besetzer verließen das Objekt noch am selben Tag nach entsprechender Einwirkung durch behördliche und städtische Vertreter. Im Anschluss daran fand ein Aufzug unter dem Motto "Soziale Freiräume schaffen" statt. Auf der Website "Antifaschistische Gruppen Südthüringen" (AGST) wurden im Nachgang der Polizeieinsatz sowie das Einwirken des Bürgermeisters kritisiert, der Räumungsgrund, wonach sich das Gebäude in privatem Besitz befindet, angezweifelt und Veröffentlichungen der lokalen Presse "richtiggestellt". Man distanzierte sich von den "Hausbesetzern", weil diese Gespräche mit Behörden und Stadt zugelassen haben, warf ihnen "Denunziation der autonomen Linken" vor und rief dazu auf, die Zusammenarbeit mit ihnen einzustellen. Mögliche Beteiligung von Linksextremisten an einer Hausbesetzung am 6. Dezember in Jena Am 6. Dezember wurde in Jena, Neugasse 17, ein leer stehendes Gebäude besetzt. Auf der Internetseite "linksunten.indymedia" hieß es, dass es seit "der vorübergehenden Besetzung des leer stehenden Horten-Gebäudes am Inselplatz im Jahr 2007" in Jena keine Versuche mehr gegeben habe, "sich Häuser zu nehmen". Weiterhin wurden Bezüge zu den Hausbesetzungen am 19. Oktober in Ilmenau und am 1. Mai72 Erfurt erkennbar. 71 Am 21. Dezember fand in Hamburg eine bundesweit beworbene Demonstration zum Erhalt des linksextremistischen Szeneobjekts "Rote Flora" statt, bei der es zu massiven Ausschreitungen kam. Auch aus Thüringen angereiste Demonstranten wurden unter dem Verdacht des Landfriedensbruchs in Gewahrsam genommen. 72 Siehe dazu den Beitrag "Linksextremisten beteiligen sich an Aktivitäten anlässlich des 1. Mai in Erfurt", Kapitel 3.3. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2013 83