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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Aktionsformen, die im Jahre 1990 verstärkt im Rahmen des "AntifaschismusKampfes" und bei Hausbesetzungen ("Häuserkampf") zum Ausdruck kamen. 1.3 Linksextremistischer Terrorismus
- 12 - 1.2 Revolutionäre Marxisten, Marxisten-Leninisten, Anarchisten Die früher wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem orthodoxen Kommunismus als "Neue Linke" bezeichneten Gruppen gerieten 1990 in den Sog der "Partei des Demokratischen Sozialismus Linke Liste" (PDS Linke Liste) und des Bündnisses "Radikale Linke". Dadurch mußten sie teilweise größere Einbußen bei ihrem Mitgliederbestand hinnehmen. In Rheinland-Pfalz betätigen sich marxistische Gruppen vor allem in Mainz und Ludwigshafen am Rhein. Unter den anarchistisch ausgerichteten Gruppierungen stellen die "Autonomen" mit nahezu 2.300 Personen in den westlichen Bundesländern schon seit Jahren ein beachtliches Protestpotential dar. Hervorzuheben sind ihre militanten Aktionsformen, die im Jahre 1990 verstärkt im Rahmen des "AntifaschismusKampfes" und bei Hausbesetzungen ("Häuserkampf") zum Ausdruck kamen. 1.3 Linksextremistischer Terrorismus Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch terroristische Anschläge hält unvermindert an, auch wenn ihre Zahl im Berichtsjahr 1990 auf 77 gegenüber 105 im Jahre 1989 zurückgegangen ist. Der weiterhin 15 bis 20 Mitglieder zählende Kommandobereich der "Rote Armee Fraktion" (RAF) hat am 27. Juli 1990 mit dem Anschlag auf den Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hans Neusei, erneut seine Fähigkeit zu brutalen kriminellen Handlungen unter
  • Gefangenen der spanischen Terrorgruppe GRAPO ("Grupos de Resistencia Antifascista de Primero de Octubre") und der mit ihr in enger Verbindung
- 13 - Beweis gestellt. Darüber hinaus bekannte er sich Anfang März 1990 zu einer geplanten Aktion gegen den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ignaz Kiechle, die tatsächlich jedoch nicht durchgeführt worden ist. Die "Militanten der RAF", die sogenannte zweite kämpfende Ebene, haben im Jahre 1990 zwei Sprengstoff anschlage und einen Brandanschlag verübt und damit die Offensive des Kommandobereichs unterstützt. Angehörige des RAF-Umfeldes, von dem etwa 250 Personen dem engeren Umfeld zugerechnet werden, waren 1990 für einen Sprengstoff anschlag und fünf Brandanschläge verantwortlich. Besondere Aktivitäten entwickelte das RAF-Umfeld im Berichtsjahr im Rahmen einer Solidaritätskampagne für die seit dem 30. November 1989 im Hungerstreik befindlichen 52 Gefangenen der spanischen Terrorgruppe GRAPO ("Grupos de Resistencia Antifascista de Primero de Octubre") und der mit ihr in enger Verbindung stehenden politischen Organisation PCE(r) ("Partido Communista de Espana (reconstituido)"). In diesem Zusammenhang wurden von RAF-Unterstützern sowie von Personen aus dem autonomen bzw. anarchistischen Spektrum Demonstrationen, Besetzungsaktionen, zahlreiche Schmierund Plakataktionen durchgeführt. In Rheinland-Pfalz beteiligte sich das RAFUmfeld vorwiegend in den Großräumen Mainz und Kaiserslautern an solchen Aktivitäten, wie dem wöchentlichen "Solidaritätstrommeln" in Mainz. Von den "Revolutionären Zellen" (RZ) gingen auch 1990 nur geringe Aktivitäten (ein Sprengstoffanschlag und vier Brandanschläge) aus, die vermutlich
  • Union" (DFU), - "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) , - "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ), - "Deutsche
- 24 - - "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), - "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB), sowie der von ihr beeinflußten Organisationen (sogenannte Vorfeldorganisationen), wie - "Deutsche Friedens-Union" (DFU), - "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) , - "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ), - "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen" (DFG-VK). Das Ausbleiben der bisherigen "SED-Millionen" trifft inzwischen alle orthodox-kommunistischen Organisationen in den westlichen Bundesländern. Dennoch ist ihr Handeln - selbst nach Kündigung aller hauptamtlichen DKP-Mitarbeiter und Aufgabe fast aller Parteibüros sowie der Schließung der zentralen Geschäftsstellen der DFU und der WN-BdA - nicht zum Erliegen gekommen, wie beispielsweise aus dem Aufruf der DKP zur Beteiligung am Aktionstag gegen die Abwendung eines Krieges in der Golfregion am 12. Januar 1991 hervorgeht ("Unsere Zeit" (UZ), Zentralorgan der DKP, vom 21. Dezember 1990). 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort Die nach dem Zerfall des "realen Sozialismus" in der früheren DDR stark geschwächte DKP betrachtet sich nach eigenen Angaben weiterhin als die "revolutionäre Partei der Arbeiterklasse" auf der von Marx, Engels und Lenin entwickelten "wissenschaftlichen
  • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) . Beide Organisationen vertraten jahrzehntelang kritiklos von der DKP vorgegebene Positionen
- 37 - An den Hochschulen in Rheinland-Pfalz trat der MSB im Jahr 1990 nicht mehr in Erscheinung. 1.3 DKP-beeinflußte Organisationen Von dem aufgezeigten Niedergang der DKP waren die orthodox-kommunistisch beeinflußten Organisationen ebenfalls betroffen. Zu den bedeutendsten DKP-beeinflußten Organisationen, die auch in Rheinland-Pfalz aktiv tätig sind, gehören: - die "Deutsche Friedens-Union" (DFU) und - die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) . Beide Organisationen vertraten jahrzehntelang kritiklos von der DKP vorgegebene Positionen. Als Instrumente kommunistischer Bündnispolitik hatten sie die Aufgabe, Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit Kommunisten abzubauen und kommunistische Nahziele zu fördern. Die Einstellung der konspirativen Finanzierung der DKP durch die SED - jetzt PDS - stellte die orthodoxkommunistisch beeinflußten Organisationen im Jahre 1990 vor die Existenzfrage. Einschneidende Maßnahmen waren die Folge. So mußte die DFU ihren umfangreichen Apparat weitgehend auflösen, den hauptamtlichen Mitarbeitern kündigen und die meisten ihrer Büros schließen. Auch die WN-BdA sah sich gezwungen, ihre hauptamtlichen Funktionäre und Mitarbeiter auf Bundesebene zu entlassen; die Bundesgeschäftsstelle in Frankfurt am Main mußte ihr Büro schließen und zog in die hessische Landesgeschäftsstelle Frankfurt am Main, Bockenheimer Landstraße 79.
  • Flugblätter und Rundbriefe der Kreisvereinigung Kaiserslautern zu den Themen "Antifaschismus" und "Golfkrieg
- 42 - Aus Anlaß der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Golfregion unterstellt die WN-BdA der Führung der USA, sie wolle "ihre globalstrategischen und ihre Öl-Interessen durch militärische Gewaltanwendung realisieren". Dazu fehle ihr "jede moralische und politische Legitimation". In Flugblättern und Aufrufen wendet sie sich an "alle Soldaten und jungen Männer" mit der Forderung: "Verweigert den Kriegsdienst! - Unterstützt Fahnenflüchtige und Deserteure". Die rheinland-pfälzische Landesvereinigung der W N - BdA mußte im Jahre 1990 erhebliche Mitgliederverluste hinnehmen. Sie verfügt derzeit über etwa 150 Mitglieder (Ende 1989: etwa 500). Aufgrund der finanziellen Krise der Organisation mußte das Landesbüro in Mainz Mitte April 1990 geschlossen werden. Als Kontaktadresse der Landesvereinigung fungiert derzeit das Büro der WN-BdA-Kreisvereinigung in Kaiserslautern, Ottostraße 8 ("Willi-Bleicher-Zentrum" ) . Die starke Abhängigkeit der rheinland-pfälzischen WN-BdA von der DKP - sowohl finanziell als auch personell - führte im Jahre 1990 wegen des Niedergangs der DKP dazu, daß etwa die Hälfte der Landesvorstandsmitglieder aus der Organisation und aus der DKP austrat. Die für den Herbst 1990 angekündigte Landesmitgliederversammlung, auf der endgültig über den Fortbestand der Organisation entschieden werden sollte, hat bisher nicht stattgefunden. Aufgrund dieser desolaten Situation der rheinland-pfälzischen WN-BdA entwickelten die Kreisvereinigungen im Jahre 1990 keine nennenswerten Aktivitäten. Bekannt wurden lediglich Flugblätter und Rundbriefe der Kreisvereinigung Kaiserslautern zu den Themen "Antifaschismus" und "Golfkrieg".
  • Gefangenen der spanischen Terrorgruppe GRAPO ("Grupos de Resistencia Antifascista de Primero de Octubre") und der mit ihr in enger Verbindung
- 71 - Zu den wichtigsten Aufgaben des RAF-Umfeldes zählt die Betreuung von inhaftierten terroristischen Gewalttätern und Unterstützern sowie die Öffentlichkeitsarbeit für die RAF. Eine wesentliche Funktion der Häftlingsbetreuung liegt in der Gewährleistung des Informationsaustausches zwischen den Häftlingen und dem im Untergrund lebenden Kommandobereich der RAF. Außerdem leisten Angehörige des RAF-Umfeldes logistische Unterstützungsarbeit, etwa durch Ausspähen von Angriffszielen, und werden so in die Vorbereitung und Durchführung terroristischer Aktionen eingebunden. Die RAF-Unterstützerszene verübte im Jahre 1990 insgesamt fünf Brandanschläge und einen Sprengstoffanschlag. Aktionsschwerpunkt des RAF-Umfeldes war im Jahre 1990 die "Solidaritätskampagne" für die seit 30. November 1989 hungerstreikenden 52 Gefangenen der spanischen Terrorgruppe GRAPO ("Grupos de Resistencia Antifascista de Primero de Octubre") und der mit ihr in enger Verbindung stehenden politischen Organisation PCE(r) ("Partido Communista de Espana (reconstituido)"). Ausgangspunkt für die Kampagne war der am 16. Januar 1990 begonnene und regelmäßig auf eine Woche befristete Solidaritäts-Hungerstreik der Inhaftierten der "RAF und aus dem Widerstand", den einige Häftlinge mehrfach wiederholten. Die Angehörigen des RAF-Umfeldes dokumentierten ihre Solidarität bundesweit u.a. mit folgenden Demonstrationen und Protestaktionen: - Am 7. Februar 1990 drangen in das Informationsbüro des Europäischen Parlaments in Bonn mehrere Personen ein, die sich als "Angehörige der politischen Gefangenen" ausgaben und erklärten, eine Pressekonferenz abhalten zu wollen.
  • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten 40 ff YJWK - Union der Patriotischen Frauen Kurdistans 151 YKWK - Union
- 199 - U.I.S.A. - Union Islamischer Studentenvereine in Europa 159 UZ - Unsere Zeit (Parteiorgan der DKP) 30 VA - Verwaltung Aufklärung 173 VDS - Vereinigte Deutsche Studentenschaften 36 VK - Verband der Kriegsdienstverweigerer 43 VOGA - Volksbewegung für Generalamnestie 108 VSP - Vereinigte Sozialistische Partei 50 f VSBD/PdA - Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit 119 VVN - Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes 40 WN-BdA - Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten 40 ff YJWK - Union der Patriotischen Frauen Kurdistans 151 YKWK - Union der Patriotischen Arbeiter Kurdistans 151 YRWK - Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans 151 YXK - Union der revolutionaren-patriotischen Jugend Kurdistans 151 YXWK - Verband der patriotischen Studenten aus Kurdistan in der BRD - Vorbereitungskomitee 151 ZK-Europa - Zentralkomitee für Europa 149
  • ENTWICKLUNGEN UND EREIGNISSE Vernetzungen im deutschen Rechtsextremismus 32 Anti-Antifa 39 Das "Deutsche Rechtsbüro" 42 Ideologie und Erscheinungsformen der "Neuen
INHALTSVERZEICHNIS SEITE AUFGABEN UND STRUKTURDATEN DES LANDESAMTES FÜR VERFASSUNGSSCHUTZ RECHTSEXTREMISMUS ALLGEMEINE SITUATION 1993 12 Grundlagen und Formen des Rechtsextremismus 25 BESONDERE ENTWICKLUNGEN UND EREIGNISSE Vernetzungen im deutschen Rechtsextremismus 32 Anti-Antifa 39 Das "Deutsche Rechtsbüro" 42 Ideologie und Erscheinungsformen der "Neuen Rechten" 45 Die Revisionismus-Kampagne 49 Rechtsextremistisch und fremdenfeindlich motivierte Straftaten 54 Rechtsterrorismus 59 IN HAMBURG VERTRETENE RECHTSEXTREMISTISCHE PARTEIEN Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 63 Deutsche Volksunion (DVU) 65 Die Republikaner (REP) 71
  • Linksextremisten gegen die Änderung des Asylrechts 111 Bestrebungen autonomer "Antifaschisten" zum Aufbau einer bundesweiten Organisation 114 Linksextremistisch motivierte Straftaten
Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 78 Hamburger Liste Ausländerstopp (HLA) 80 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 82 und Nebenorganisationen Nationale Liste (NL) 88 MILITANTE RECHTSEXTREMISTEN: INSBESONDERE SKINHEADS 95 LINKSEXTREMISMUS ALLGEMEINE SITUATION 1993 100 BESONDERE ENTWICKLUNGEN UND EREIGNISSE Aktivitäten von Linksextremisten gegen die Änderung des Asylrechts 111 Bestrebungen autonomer "Antifaschisten" zum Aufbau einer bundesweiten Organisation 114 Linksextremistisch motivierte Straftaten 116 LINKSTERRORISMUS Die Spaltung der RAF und die Entwicklung innerhalb des RAF-Umfeldes118 IN HAMBURG VERTRETENE LINKSEXTREMISTISCHE PARTEIEN UND ORGANISATIONEN Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 128 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 132 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 132
  • politischen Extremen. Durch die von Rechtsextremisten begonnene Anti-Antifa-Kampagne wird diese Gefahr noch erhöht. Die Mitgliederentwicklung rechtsextremistischer Organisationen
öffentlicher Aktivitäten durch anhaltende staatliche Repressionsmaßnahmen und die Übermacht der politischen Gegner, die z.T. auch militant die öffentliche Präsenz von Rechtsextremisten unterbindet. Diese Vorgehensweise insbesondere militanter linksextremistischer Autonomer birgt allerdings das Risiko gewalttätiger politischer Auseinandersetzungen zwischen den politischen Extremen. Durch die von Rechtsextremisten begonnene Anti-Antifa-Kampagne wird diese Gefahr noch erhöht. Die Mitgliederentwicklung rechtsextremistischer Organisationen in Hamburg seit Mitte der 80er Jahre hat zwar zu einer Verdoppelung der Gesamtzahlen von 700 auf 1.400 geführt, erklärt sich jedoch zum Teil aus der Einbeziehung der Partei Die Republikaner und dem Anwachsen der DVU. Der Zuwachs ist jedoch auch das Ergebnis des stärker gewordenen Neonazismus (von 60 auf 100) sowie der Entwicklung der rechtsextremistischen Skinheads. Seit 1991 sind die Gesamtmitgliedschaften konstant geblieben. Die 1993 etwa 1.400 bekannten Rechtsextremisten verteilten sich auf in: etwa 100 rechtsextremistische Skinheads etwa 100 Neonazis davon etwa 30 in der "Nationalen Liste" (NL) und etwa 10 in der FAP unter 700 Mitglieder der DVU etwa 200 Mitglieder der Republikaner etwa 100 Mitglieder der NPD etwa 130 Mitglieder der "Hamburger Liste für Ausländerstopp" (HLA) etwa 30 Mitglieder der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) sowie etwa 200 in sonstigen Organisationen organisierte Rechtsextremisten und unorganisierte Rechtsextremisten. (In der Aufstellung sind Doppelmitgliedschaften berücksichtigt.) Die meisten dieser Organisationen beschränkten sich auf die Abhaltung interner Veranstaltungen. Nur vereinzelt wurden in Hamburg hergestellte Propagandamaterialien verbreitet. In der Öffentlichkeit beachtete Aktivitäten gingen insbesondere von der auf Hamburg beschränkten neonazistischen Partei "Nationale Liste" aus, die durch ihre Zeitung "Index", durch Presseerklärungen, durch ihre bundesweite Mitwirkung an neonazistischen Aktivitäten und durch die häufige Präsenz ihrer führenden Person Christian Worch in den öffentlichen Medien auf sich aufmerksam machte. Neben Worch ist der bei seiner rechtsextremistischen Klientel angesehene Rechtsanwalt Jürgen Rieger einer der wenigen Hamburger Rechtsextremisten mit überregionaler Bedeu24
  • Christian Worch in Anlehnung an die Organisationsform der "Anti-Antifa"-Arbeit ein neues Modell der Fortführung und Stärkung der politischen
der Vernetzungsbestrebungen brachten die verschärften staatlichen Repressions-maßnahmen, die infolge der stark angestiegenen fremdenfeindlichen Straftaten Ende 1992 eingeleitet wurden. Die gegen neonazistische Organisationen ausgesprochenen Verbote, insbesondere die sich daraus ergebenden strafrechtlichen Möglichkeiten, eine Fortführung der politischen Arbeit dieser verbotenen Organisationen zu unterbinden, zwangen die betroffenen Rechtsextremisten zu neuen Organisationsund Aktionsmodellen, um die tatsächlichen Aktivitäten vor den Sicherheitsbehörden zu verschleiern. Die bloße Gründung direkter Nachfolgeorganisationen versprach wenig Erfolg. Als eine gangbare Möglichkeit wurde die Fortführung der politischen Arbeit unter dem Deckmantel bestehender, nicht neonazistisch orientierter Parteien angesehen. Insbesondere Mitglieder der verbotenen "Deutschen Alternative" (DA) nahmen an der Parteiarbeit insbesondere der NPD und der DLVH teil. Es zeigten sich jedoch nur bedingte Erfolge, da wegen der von den Bundesvorständen dieser Parteien weiter betriebenen Abgrenzungen gegenüber Neonazis nur eine punktuelle Zusammenarbeit auf regionaler Ebene möglich war. Die Kandidatur des ehemaligen DA-Bundesvorsitzenden Frank Hübner als Oberbürgermeisterkandidat für die DLVH bei der Kommunalwahl am 5. Dezember bildete eine Ausnahme. In dieser Situation entwarf wiederum der Hamburger Neonazi Christian Worch in Anlehnung an die Organisationsform der "Anti-Antifa"-Arbeit ein neues Modell der Fortführung und Stärkung der politischen Arbeit. Ausgangspunkt seiner Überlegung war, daß unter den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik die Gründung einer bundesweiten oder überregionalen neonazistischen Organisation ähnlich der ANS/NA unter der Führung von Michael Kühnen nicht möglich ist, ohne ein sofortiges Verbot zu provozieren. Als Alternative wird die Bildung einer Fülle regionaler Gruppen unterschiedlichster Organisationsformen vorgestellt, die als eingetragene oder nicht eingetragene Vereine, als Parteien, als Gruppen mit neutralem Namen, die nicht ohne weiteres als Rechtsextremisten zu erkennen sind, als autonome Kameradschaften oder Leserkreise auftreten können. Diese regionalen Gruppen sollen sich möglichst im gesamten Bundesgebiet bilden. Sie haben den Vorteil, den regionalen Zusammenhang zu festigen, vor Ort politische Arbeit leisten und sich in kleinem privaten Rahmen treffen zu können und sie bedürfen keines großen organisatorischen Aufwandes. Dieses Konzept kann jedoch nur unter bestimmten Bedingungen funktionieren: Es müssen genügend fähige regionale Führer vorhanden sein, die die politische Arbeit der jeweiligen Gruppe leiten und die Mitglieder motivieren können. Weiter muß ein enger Kontakt zu den bundesweit agierenden neonazistischen Führungspersonen berendes Kommunikationsnetz aufgebaut werden, das die einzelnen regionalen Gruppen vernetzt und damit sowohl den notwendigen 35
  • Auch dieses Konzept orientiert sich, ähnlich wie das "Anti-Antifa"-Konzept, in den Grundzügen an Vorbildern der linksextremistischen autonomen Szene
Informationsaustausch als auch eine umfassende und schnelle bundesweite Mobilisierung zur Verbesserung der eigenen Flexibilität gewährleistet. Auch dieses Konzept orientiert sich, ähnlich wie das "Anti-Antifa"-Konzept, in den Grundzügen an Vorbildern der linksextremistischen autonomen Szene. Die Durchsetzung eines derartigen Konzeptes wurde jedoch noch unter einem weiteren Gesichtspunkt aktuell. Fast noch gravierender als durch die Organisationsverbote wird die politische Arbeit der Rechtsextremisten durch nahezu flächendeckende Verbote öffentlicher Kundgebungen, Aufmärsche aber auch Saalveranstaltungen und Parteitage behindert. Insbesondere die für ihre Selbstdarstellung wichtigen öffentlichen Aktivitäten werden von den zuständigen Behörden kaum noch zugelassen. Davon betroffen sind nicht nur Neonazis. Die Rechtsextremisten sind sich darüber im klaren, daß sie in absehbarer Zeit praktisch keine öffentlichen Veranstaltungen im Bundesgebiet mit den herkömmlichen Mitteln mehr durchführen können. Da sie andererseits auf derartige Aktionen angewiesen sind, um ihre Anhänger motivieren und mobilisieren zu können, mußte ein neuer Ansatz für die politische Öffentlichkeitsarbeit gefunden werden. Um auf die veränderten Bedingungen reagieren zu können, entstand ein neues, flexibles Konzept der Vernetzung. Anstatt wie bisher bereits frühzeitig Datum, Ort und Umfang einer Veranstaltung festzulegen, sind die Rechtsextremisten dazu übergegangen, im Vorfeld einer geplanten Aktion eine Vielzahl von Demonstrationen an verschiedenen Orten anzumelden. Erst unmittelbar am Veranstaltungstag wird den Teilnehmern dann von einer Art mobilen Leitstelle der eigentliche Versammlungsort bekanntgegeben. Dem Verfasser dieses Konzeptes war von vornherein klar, daß dessen Verwirklichung entscheidend von der Nutzung der gesamten Bandbreite moderner Kommunikationsmittel, also dem Einsatz von Faxgeräten, BTX, Mobiltelefonen, Funkgeräten, Info-Telefonen und Mailboxen abhängig ist. Da diese Kommunikationsmittel in der rechtsextremistischen Szene kaum vorhanden waren, wurde zunächst mit dem beschleunigten Aufbau dieser technischen Netze begonnen. In Teilbereichen, wie bei Mailboxen, mußte auf Personen zurückgegriffen werden, die über die nötigen technischen Kenntnisse verfügten. Worchs Konzept ist auf breite positive Resonanz im Rechtsextremismus weit über den Neonazismus hinaus gestoßen und befindet sich sowohl im organisatorischen als auch im technischen Bereich in der Phase der Umsetzung. Nahezu im gesamten Bundesgebiet bilden sich neue neonazistische Gruppen und Kameradenkreise, die sich an diesem Konzept orientieren und die aufgrund ihrer regionalen Begrenztheit und ihrer teilweise konspirativen Verhaltensweise von den Behörden nur schwer erfaßt und beobachtet werden kön36
  • negative Berichterstattung in der Presse wurde als "Verteufelung" und "antifaschistischen Lügen" bezeichnet. Für die geplante Großveranstaltung
Wochenzeitung des Dr. Frey und den Erwerb von Artikeln aus dem "FZFreiheitlicher Buchund Zeitschriftenverlag GmbH". Die unter dem Motto "Deutschland muß leben!" am 2. Oktober durchgeführte DVU-Großveranstaltung in der Passauer Nibelungenhalle mit 2.000 - 3.000 Teilnehmern (nach DVU-Angaben 5.000 Teilnehmer) verlief im wesentlichen störungsfrei und wurde von der Freyschen Presse als voller Erfolg und "DVUTriumph von Passau" gewertet. Außer Dr. Frey trat als Hauptredner Wladimir Schirinowski auf. Der sich vertiefende Kontakt zwischen Dr. Frey und Schirinowski nach dessen Erfolg bei den russischen Parlamentswahlen erregte öffentliches Aufsehen in der Bundesrepublik. Dr. Frey begrüßte den Erfolg Schirinowskis als "Fanal zum Schulterschluß der beiden größten Völker des Abendlandes, den Russen und den Deutschen". In der Freyschen Presse wird Schirinowski als zuverlässiger Freund der Deutschen herausgestellt. Die Verweigerung des Visums zur Einreise nach Deutschland nach dem Wahlsieg stieß bei der DVU auf Unverständnis und Verärgerung, die negative Berichterstattung in der Presse wurde als "Verteufelung" und "antifaschistischen Lügen" bezeichnet. Für die geplante Großveranstaltung der DVU am 24. September 1994 wird Schirinowski bereits als Referent angekündigt. In seinen Wochenzeitungen veröffentlichte Dr. Frey auch Beiträge über seine langjährige und enge Zusammenarbeit mit demokratischen Persönlichkeiten. So wurde bekannt, daß der führende Grundgesetzkommentator, der Staatsrechtler Prof. Maunz, der DVU jahrelang als juristischer Berater zur Verfügung stand. Er habe die Satzung der DVU auf ihre rechtliche Vereinbarkeit mit dem Parteiengesetz überprüft. Desweiteren wurde in einem Nachruf auf den verstorbenen ehemaligen bayerischen Innenminister Seidl (CSU) auf die enge Verbundenheit zwischen Frey und Seidl und auf Seidls Beratertätigkeit für Frey hingewiesen. Die Wahlerfolge der DVU aus den Vorjahren setzten sich 1993 nicht fort. Ermutigt durch die Wahlerfolge im Jahre 1991 zur Bremer Bürgerschaft (6,2%, sechs Mandate) und 1992 zum Kieler Landtag (6,3%,sechs Mandate) trat die DVU bei den hessischen Kommunalwahlen am 7. März in Frankfurt an und erlitt dort mit 2,7% eine Niederlage. Politische Arbeit der DVU-Landtagsfraktionen in Bremen und Schleswig-Holstein fand so gut wie nicht statt. Querelen mit dem Bundesvorstand der Partei führten letztlich zum Auseinanderbrechen der Fraktionen und zum Austritt 67
  • Namen und Adressen politischer Gegner im Rahmen der "Anti-Antifa"-Arbeit bekannt. HAMBURGER LISTE FÜR AUSLÄNDERSTOPP ( HLA ) Die HLA wurde
meindeversammlung in Halstenbek und andere öffentliche Veranstaltungen besuchten und mit ausländerfeindlichen Äußerungen provozierten. Die von der FAP Hamburg erstellte Publikation "Standarte", die in ihren Beiträgen u.a. gegen Ausländer und Asylberwerber hetzt und gegen die Politik der etablierten Parteien polemisiert, wurde mit Wirkung vom September 1993 zum offiziellen Parteiorgan bestimmt. Herausgeber der nach eigenen Angaben in einer Auflage von 1.000 Exemplaren erscheinenden Schrift ist seitdem der Bundesvorsitzende Friedhelm Busse; die presserechtliche Verantwortung trägt der Hamburger Landesvorsitzende Andre Goertz. Als weitere Druckerzeug wer durch den Landesverband Berlin die Publikation "Aufbruch" sowie unter Beteiligung der Bayerischen FAP die Broschüre "Junges Franken - Zeit für die Sache des Volkes", die als Gemeinschaftsprojekt mehrerer nationaler Gruppierungen konzipiert ist, erstellt. Der FAP-Landesverband Hamburg konnte sich auf einem Niveau von 10-15 Mitgliedern stabilisieren. Seine Aktivitäten blieben allerdings im wesentlichen auf die Veranstaltung von Kameradschaftsabenden beschränkt. Am 20. September wurde durch Mitglieder der FAP das Nationale Info-Telefon Hamburg in Betrieb genommen. Der Ansagedienst, der sich als organisationsübergreifendes Kommunikationsmittel innerhalb der rechtsextremistischen Szene versteht, kommentiert politische Ereignisse und informiert über Termine und Kontaktadressen des rechtsextremen Lagers und gibt Namen und Adressen politischer Gegner im Rahmen der "Anti-Antifa"-Arbeit bekannt. HAMBURGER LISTE FÜR AUSLÄNDERSTOPP ( HLA ) Die HLA wurde am 4. April 1982 auf Initiative Hamburger NPD-Funktionäre mit Unterstützung des NPD-Parteivorstandes zur Teilnahme an der Hamburger Bürgerschaftswahl als Partei gegründet. Bei ihrer letzten Teilnahme an einer Hamburger Bürgerschaftswahl am 2. Juni 1991 erhielt sie 0,7%. Die HLA umfaßt rund 130 Mitglieder und versteht sich als politischer Zusammenschluß Hamburger Bürger deutscher Nationalität. In ihrem Propagandaorgan "HLA - Nachrichten" behauptet sie, "die Partei für deutsche Interessen in Hamburg" zu sein. Tatsächlich fördert sie mit ihrer Agitation hauptsächlich ausländerfeindliche Tendenzen und bekämpft mit platten, angstschürenden Parolen den europäischen Einigungsprozeß. Bestimmendes Thema der HLA im letzten Jahr war die Frage der Beteiligung an den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und den Bezirksversammlungen. 80
  • mangels einer tragfähigen Alternative im Amt. Wegen Störungen durch "antifaschistische" Demonstranten wurde der Parteitag vorzeitig beendet. Die Hamburger
DDR, die nach der Vereinigung spontan Mitglied wurden". Auf die Funktionärstätigkeit wurde in keiner Weise eingegangen. Im weiteren beteuerte die NPD, daß sie im "Kern urdemokratisch" sei, "keine Diktatur anstrebe und vor allem nicht gewalttätig sei". Wer als NPD-Mitglied zur Gewalt neige, würde aus der Partei ausgeschlossen. Scheinheilig wird darauf verwiesen, daß sich nach den gewaltlosen Demonstrationen in Leipzig niemand in der NPD vorstellen konnte, daß junge Leute der ehemaligen DDR Gewalt ausüben würden. Wiederholt unternommene, krampfhafte Bemühungen der NPD, die DVU und die Republikaner für gemeinsame Wahlbündnisse zu gewinnen blieben erfolglos. Dieses Angebot unterbreitete die NPD aus einer Position der Schwäche heraus, denn Republikaner und DVU waren bei Landtagswahlen im Gegensatz zur NPD erfolgreich. Am 18. September führte die NPD ihren 25. Bundesparteitag in Coppenbrügge/Niedersachsen durch. Die etwa 250 Delegierten bestätigten den Vorsitzenden Günther Deckert mangels einer tragfähigen Alternative im Amt. Wegen Störungen durch "antifaschistische" Demonstranten wurde der Parteitag vorzeitig beendet. Die Hamburger NPD, die von Ulrich Harder geführt wird, der gleichzeitig HLAVorsitzender ist (siehe HLA), verharrte in Lethargie. Trotz der etwa 100 Mitglieder gehen von dem Hamburger NPD-Landesverband kaum noch wahrnehmbare politische Impulse aus. Dies liegt zur Hauptsache daran, daß Harder sein Hauptaktionsfeld in Mecklenburg-Vorpommern sieht. Der Landesverband mit seinen sechs Kreisverbänden - in Bergedorf ist die NPD nicht präsent - hat es wie in der Vergangenheit nicht vermocht, öffentliche Veranstaltungen zu organisieren. Wenn überhaupt, versucht die Partei, die Mitglieder auf Kreisebene über interne Versammlungen zu erreichen. Ihre Publikation "Hamburger Nachrichten" (HN) wird zweimal im Jahr mit einer Auflage von ca. 800 Exemplaren verteilt oder auf Anforderung verschickt. Junge Nationaldemokraten (JN) Die JN sind als Jugendorganisation der NPD zur Mitarbeit in deren Gremien verpflichtet. Sie agieren als Kaderorganisation mit derzeit bundesweit rund 170 Mitgliedern (Mitgliedschaft ab 14 Jahre) und haben ihren Sitz in Wuppertal. Sie verstehen sich als "die nationalistische Alternative Deutschlands". In ihrem Theorieorgan "Einheit und Kampf werben sie für völkisch-kollektivistisches Gedankengut und erklären idealistisch, nicht in bürgerlichem Besitzdenken zu 84
  • etwa in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (WN/BdA) - aber mit immer geringerer Reichweite und öffentlicher Wahrnehmbarkeit. Völlig
Abschiebung von Asylbewerbern oder der Wahlteilnahme rechtsextremistischer Parteien). Sowohl inhaltlich als auch zeitlich eng begrenzt, boten solche Bündnisse die Möglichkeit, gemeinsam in der Öffentlichkeit aufzutreten, ohne gleich die eigene Ideologie komplett opfern zu müssen. Zugleich darf bei diesen Bündnissen allerdings nicht übersehen werden, daß nicht nur die Einigkeit gegen den "politischen Gegner" Motiv für die Zusammenarbeit ist, sondern daß auch die personelle Schwäche aller Organisationen zur Kooperation zwingt. Bundesweite Gruppierungen mit wenigen hundert Anhängern, wie die Volksfront oder die Vereinigte Sozialistische Partei (VSP), verfügen ganz einfach nicht (mehr) über die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen, um öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen zu organisieren. Und selbst eine Partei wie die DKP, die Mitte der 80er Jahre noch rund 40.000 Mitglieder hatte (1985), muß nach dem drastischen Mitgliederschwund der letzten Jahre (1993 noch 6.000 Mitglieder) und dem ersatzlosen Wegfall von Geldern aus der ehemaligen DDR die Begrenztheit ihrer organisatorischen Möglichkeiten erkennen. Vorbei sind für die DKP die Zeiten, da sie über ein breitgefächertes Instrumentarium von Nebenund beeinflußten Organisationen verfügte, die sie über finanzielle Mittel und personelle Rochaden auf der gewünschten ideologischen Linie hielt. Mit dem Zusammenbruch der DDR wurde zugleich die Bühne der tatsächlichen Abhängigkeiten innerhalb der DKP-Imperiums sichtbar mit der Folge des dramatischen Mitgliederschwundes. Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), die nie offizielle Jugendorganisation aber Bestandteil des DKP-Machtgefüges war, galt immer als bedeutendes Reservoir potentieller junger DKP-Mitglieder. Von 15.000 Mitgliedern im Jahre 1980 stürzte sie auf 300 in diesem Jahr ab. Geblieben sind der Partei die Altkommunisten auch in früheren beeinflußten oder gesteuerten Organisationen - etwa in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (WN/BdA) - aber mit immer geringerer Reichweite und öffentlicher Wahrnehmbarkeit. Völlig aufgegeben hat die DKP ihre Einwirkungsmöglichkeiten im studentischen Bereich. Der "Marxistische Studentenbund Spartakus" (MSB) hatte sich bereits 1990 aufgelöst. Die Einsicht vieler Linksextremisten in die Schwäche ihrer jeweiligen Organisation dürfte auch zur Bildung des Wahlbündnisses "Linke Alternative - Wehrt Euch!" zur Hamburger Bürgerschaftswahl beigetragen haben. Zwar erreichte auch sie nur 0,5% der Stimmen, von den Initiatoren wurde ihr Zustandekommen dennoch positiv bewertet. Ob dieses Bündnis, in dem zahlreiche linksextremistische Parteien und Gruppierungen vertreten waren, Modellcharakter haben wird, muß allerdings bezweifelt werden. 110
  • erscheinen. Außerdem nahm das ArT Aufgaben als "Ermittlungsausschuß" bei antifaschistischen Demonstrationen wahr. Im Oktober veröffentlichte es gemeinsam mit verschiedenen Flüchtlingsgruppen
und Wuppertal. Parlamentarier wurden mit Farbbeuteln beworfen und tätlich angegriffen. Mehrfach versuchten Gruppen, die Bannmeile zu durchbrechen und attackierten Polizeibeamte mit Molotowcocktails. Ihr Ziel, die namentliche Abstimmung über die Asylrechtsänderung durch eine Blockade des Bundestages zu verhindern, verfehlten die autonomen Gruppen gleichwohl, da die Abgeordneten per Hubschrauber oder per Schiff zum Parlamentsgebäude gelangten. Im August veröffentlichte das autonome Hamburger Blatt "Ohm" eine kritische Stellungnahme von "Einigen Leuten aus der Vorbereitungsgruppe" zum "Tag X". Zwar sei Hamburg die Stadt mit den meisten autonomen Blockierern gewesen, von einer erfolgreichen Aktion könne man aber dennoch nicht sprechen. Verantwortlich für den aus Sicht der Autonomen unbefriedigenden Verlauf seien vor allem organisatorische Mängel und persönliches Fehlverhalten einzelner Leute gewesen. So hätten Entscheidunge von Städtedelegierten aufgrund des fehlenden Lautsprecherwagens nicht effektiv umgesetzt werden können. In anderen Fällen seien vorher eingeteilte Personen einer Informationskette kurzerhand von ihren Plätzen verschwunden und hätten sich "in die Sonne gesetzt". Insgesamt wurde die Bundestagsblockade als "unorganisierter Sonntagsausflug" bezeichnet. Ein weiterer Beitrag von "Einigen Leuten, die in Hamburg und Bonn dabei waren" enthält im wesentlichen die gleichen Kritikpunkte. Darüber hinaus wird moniert, daß es zu Beginn des Hamburger Bündnisses keine inhaltliche Grundsatzdiskusssion über die "Tag X Kampagne" und den eigenen politischen Anspruch gegeben habe. Abschließend veröffentlichte "Ohm" die Namen derjenigen Abgeordneten, die am 26. Mai der Asylrechtsänderung zugestimmt hatten. Eine bundesweite Nachbereitung zum "Tag X" hat es nicht gegeben. Das Thema Asylrecht/Solidarität mit Flüchtlingen ist im gesamten linken Spektrum weiterhin aktuell und Anlaß für vielfältige Unterstützungsaktionen für Asylbewerber, gegen angeblich menschenunwürdige Unterbringung ("AntiLager-Kampagne") oder Abschiebung. Es bildeten sich in Hamburg zahlreiche Antirassismusgruppen, denen nur zum Teil Linksextremisten angehören. Das Hamburger Antirassistische Telefon (ArT) alarmiert die linke Szene über Telefonketten, wenn Fahrwachen oder Schutzmaßnahmen für Asylbewerberunterkünfte notwendig erscheinen. Außerdem nahm das ArT Aufgaben als "Ermittlungsausschuß" bei antifaschistischen Demonstrationen wahr. Im Oktober veröffentlichte es gemeinsam mit verschiedenen Flüchtlingsgruppen die Nullnummer der antirassistischen Zeitung "Off Limits", um die eigene Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Sie soll ein Forum sein, in dem kontroverse 113
  • Gegner verdächtigt wurden. Am 1. September störten einige linksextremistische Antifaschisten eine Versammlung der DVU so massiv, daß diese aufgelöst werden
Innerhalb der Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten gab es auch Angriffe auf Personen, die der Zusammenarbeit mit dem politischen Gegner verdächtigt wurden. Am 1. September störten einige linksextremistische Antifaschisten eine Versammlung der DVU so massiv, daß diese aufgelöst werden mußte. Anschließend vergossen sie Buttersäure im Versammlungsraum und drohten dem Wirt weitergehende Konsequenzen an, falls er seine Räume nochmals an "Rechte" vermieten sollte. Ende Dezember wurde das Restaurant erneut Ziel eines Buttersäureanschlags. Die Täter begründeten ihr Vorgehen damit, daß der Wirt im September, entgegen seiner vorgetäuschten Unwissenheit, genau gewußt habe, daß damals "Rechte" seine Räume angemietet hätten. Ein am Tatort hinterlassenes Schreiben endete mit der Forderung, "Keine Räume - Keine Unterstützung - Kein Fußbreit den Faschisten". LINKSTERRORISMUS DIE SPALTUNG DER RAF UND DIE ENTWICKLUNG INNERHALB DES RAF-UMFELDES Die Spaltung der RAF Die Rote Armee Fraktion (RAF) wurde auch 1993 von tiefgreifenden Auseinandersetzungen über Strategie und Taktik erschüttert, die ihre weitere Existenz mehrfach in Frage stellten. Gleichwohl bewies sie mit dem Sprengstoffanschlag auf die JVA Weiterstadt am 27. März, daß sie nach wie vor zu schwersten terroristischen Straftaten in der Lage ist. Die bestehenden, derzeit unüberbrückbaren Streitigkeiten innerhalb des RAFGefüges gehen auf eine Entscheidung der RAF aus dem Jahr 1992 zurück. Im April 1992 hatte sie ihre Strategie geändert und dem Staat eine "Deeskalation" des Konflikts angeboten. Um wieder Bewegung in die festgefahrene Frage nach einer vorzeitigen Entlassung inhaftierter Terroristen zu bringen, stellte man seinerzeit in Aussicht, für eine gewisse Zeit auf gezielte tödliche Anschläge zu verzichten. Vom Staat erhoffte die RAF für diesen Schritt Entgegenkommen in der Gefangenenfrage. Darüber hinaus verfolgte die RAF mit ihrer Deeskalationserklärung auch das Ziel, die eigene Akzeptanz 118
  • Mittelpunkt jeglichen politischen Handelns. Andere Themen wie der Antifaschismus oder soziale Problemfelder seien von gleicher Bedeutung. Weder die Kommandoebene noch
existenten Gefangenenkollektivs eine Mitschuld an dem gegenwärtigen Zustand zukommt. Etwaige Verhandlungen mit dem Staat mit dem Ziel, die Existenz der Guerilla in Frage zu stellen, um die Freilassung der Gefangenen zu erreichen, wird von der Mehrzahl der RAF-Umfeldangehörigen abgelehnt. Es setzt sich nach und nach die Einsicht durch, daß man gerade aus einer Position der Schwäche, in der sich die Linke derzeit befinde, nicht derartig vorgehen könne. Die Politik der Kommandoebene und der Celler Gefangenen um Karl Heinz Dellwo sei insoweit abzulehnen. Aber auch das Vorgehen der Hardliner-Gefangenen wird von vielen kritisiert. So sei deren Entscheidung, den endgültigen Bruch herbeizuführen, nicht ausreichend und genügend nachvollziehbar begründet. Beide Fraktionen wurden wiederholt aufgefordert, sich erneut zu erklären. Zur Zeit gibt es nur wenige RAF-Umfeldangehörige, die sich endgültig auf eine der beiden Fraktionen festgelegt haben, die Mehrheit scheint noch unentschlossen. Deutlich spürbar ist das gestiegene Bedürfnis nach einer neuen Verbindlichkeit und nach "Harmonie". Dabei sollen bestehende Widersprüche nicht übertüncht werden. Viele RAF-Unterstützer sind nicht bereit, stillschweigend die Argumentation der einen oder anderen Fraktion zu übernehmen. Erstaunlich selbstbewußt zeigen sich gerade die jüngeren Umfeldangehörigen sowohl gegenüber den Gefangenen als auch gegenüber der Kommandoebene. Sie argumentieren, daß sie sich nicht durch alte Streitigkeiten in ihrer politischen Arbeit lahmen lassen wollen. Sie würden nicht die Fortsetzung der Fraktionierung im Umfeld mitmachen. Insgesamt setzte sich im RAF-Umfeld die Auffassung durch, daß sowohl die RAF-Kommandoebene als auch die Gefangenen nicht mehr in der Lage seien, eine Orientierung zu vermitteln. Man sei vielmehr auf sich selbst angewiesen und müsse sich gegen die Vereinzelungstendenzen und die zunehmende Fraktionierung stemmen. Diese Einstellung zeugt von einem neuen Selbstbewußtsein und -Verständnis. Zwar ist auch für das Umfeld die Forderung nach Freilassung ajjer "politischen" Gefangenen wichtig und mit Nachdruck zu vertreten, aber die Gefangenen stehen nicht mehr im Mittelpunkt jeglichen politischen Handelns. Andere Themen wie der Antifaschismus oder soziale Problemfelder seien von gleicher Bedeutung. Weder die Kommandoebene noch die Gefangenen hätten (nach den gemachten Fehlern) Anspruch auf Meinungsführerschaft. Eine andere, vorwiegend aus jüngeren RAF-Unterstützern zusammengesetzte Gruppe initiierte unter maßgeblicher Hamburger Beteiligung die bundesweite Arbeitskonferenz "Über den Tag hinaus", die vom 17. bis 19. Dezember in Dassel/Niedersachsen stattfand. Auf dieser Arbeitskonferenz wurde deutlich, daß sich gerade die jüngeren Umfeldangehörigen von dem Bruch im RAF124
  • publizistischen Bereich aktiv. Die GNN drucken und verlegen "emanzipatorische, antifaschistische, antiimperialistische Literatur", darunter neben Publikationen des BWK auch Schriften
Die Partei umfaßt auf Bundesebene etwa 300 und in Hamburg rund 30 Mitglieder. Um trotz dieser geringen personellen Stärke und mangelnder politischer Akzeptanz politisch überleben zu können, war der BWK intensiv auf der Suche nach Kooperationsmöglichkeiten im linksextremistischen Spektrum. So verabschiedete er nach mehreren Diskussionen eine gemeinsame Plattform mit der VSP und beteiligte sich an Sitzungen des "Roten Tisches", einem Diskussionsforum, das die DKP zur gemeinsamen Beratung sozialistischer Programmatik initiiert hat. Zu einem konkreten Ergebnis haben die verschiedenen Sondierungen des BWK offensichtlich mit der PDS geführt. Nachdem sich, zunächst in den alten, später auch in den neuen Ländern, auf unterer Ebene eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien entwickelt und die PDS Doppelmitgliedschaften für möglich erklärt hatte, wurde auf der 13. Delegiertenkonferenz des BWK am 13./14.März in Köln "die Zusammenarbeit mit der Partei des demokratischen Sozialismus (PDS) beschlossen. Der Beschluß ermöglicht es den BWKLandesverbänden, Arbeitsgemeinschaften bei Landesverbänden der PDS zu bilden. In Hamburg sprach sich im Juni 1993 eine Mitgliederversammlung des BWK-Hamburg für einen solchen Schritt aus. Mit seiner Beteiligung an den linksextremistischen "GNN-Gesellschaften für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung mbH" (GNN) ist der BWK auch im publizistischen Bereich aktiv. Die GNN drucken und verlegen "emanzipatorische, antifaschistische, antiimperialistische Literatur", darunter neben Publikationen des BWK auch Schriften der "Volksfront", der VSP oder der PDS. EX-KB-MEHRHEIT Die knapp 100 Mitglieder zählende kommunistische Gruppierung "Ex-KBMehrheit", die aus dem am 20. April 1991 aufgelösten Kommunistischen Bund (KB) hervorgegangen ist, trat in Hamburg mit eigenen Veranstaltungen nicht an die Öffentlichkeit. Als Herausgeberin der in Hamburg gedruckten Zeitung "analyse und kritik" (ak), die im Bundesgebiet mit einer Auflage von 4.000 Exemplaren vertrieben wird, beansprucht sie, die "linke Debatte und Praxis" mitzubestimmen. 133