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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Führungsgremien der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) vertreten. In Schleswig-Holstein nahmen - bedingt durch
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode Drucksache 16/64 "(...) Wir kämpfen dafür, heute Widerstand zu leisten gegen Sozialraub und Demokratieabbau und um Reformen im Interesse der Lohnabhängigen, der Arbeitslosen, Sozialhilfeempfänger. (...) Wir setzen uns dafür ein, im Bündnis mit anderen fortschrittlichen politischen Kräften eine breite außerparlamentarische Opposition zu schaffen. (...) Wir bringen in diese Bewegungen Klassenpositionen ein und machen darauf aufmerksam, dass es letztlich darum geht, die gesellschaftlichen Verhältnisse grundsätzlich zu verändern, wenn soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden durchgesetzt werden sollen. Unsere Aufgabe ist es, auf die Ursachen der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation aufmerksam zu machen und auf historische Erfahrungen aus den Kämpfen der Arbeiterbewegung. (...)" Mitglieder der DKP sind nach wie vor in den Führungsgremien der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) vertreten. In Schleswig-Holstein nahmen - bedingt durch die Altersstruktur - die Aktivitäten auf allen Ebenen ab. Zu den weiteren im Lande vorhandenen dogmatisch-linksextremistischen Organisationen gehört unter anderem die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD), die sich 2004 aktiv an den "Montags-Demonstrationen" gegen "Sozialabbau" und "Hartz IV" auch in Schleswig-Holstein beteiligte. Die MLPD versuchte, sich als Ansprechpartner für Betroffene bekannt zu machen und so ihren gesellschaftlichen Einfluss zu vergrößern. Die MLPD entstand 1982 aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund". Sie orientiert sich am traditionellen Kommunismusverständnis nach Marx und Engels, Stalin und Mao. Weiterhin gehören die aus dem ehemaligen "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) hervorgegangene "Arbeitsgemeinschaft Kommunistische Politik von unten in und bei der PDS", die trotzkistischen Organisationen "Sozialistische Alternative VORAN" (SAV), "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) und "Linksruck" sowie traditionell anarchistische Gruppen der "Graswurzelbewegung", wie die in der "Freien Arbeiterinnenund Arbeiter-Union" (FAU) organisierten Anarcho-Syndikalisten, diesem Spektrum an. Ihre Bedeutung ist marginal. 57
  • Eintreten für die Ziele der ArbeiterInnenbewegung, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische oder gewerkschaftliche Kampf und der Kampf gegen die Kriegsgefahr
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode Drucksache 16/64 "Die Rote Hilfe organisiert nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z. B. das Eintreten für die Ziele der ArbeiterInnenbewegung, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische oder gewerkschaftliche Kampf und der Kampf gegen die Kriegsgefahr. Unsere Unterstützung gilt denjenigen, die deswegen ihren Arbeitsplatz verlieren, Berufsverbot erhalten, vor Gericht gestellt und zu Geldund Gefängnisstrafen verurteilt werden oder sonstige Nachteile erleiden. Darüber hinaus gilt die Solidarität der Roten Hilfe den von der Reaktion politisch Verfolgten in allen Ländern der Erde." Der "Roten Hilfe" gehören bundesweit rund 4.500 - in Schleswig-Holstein rund 200 - Mitglieder an, die sich aus dem gesamten linksextremistischen Spektrum rekrutieren. Sie gliedert sich in über 30 Ortsgruppen, davon zwei in Schleswig-Holstein, mit einem Netz von über 50 Kontaktadressen. Der Verein verfügt über einen gut funktionierenden Informationsund Kommunikationsapparat mit engen Kontakten in die gesamte linksextremistische Szene. Sein bundesweit erscheinendes Publikationsorgan ist die Zeitung "Die Rote Hilfe". 2.3 Dogmatischer Linksextremismus Unter dem Begriff "Dogmatischer Linksextremismus" lassen sich linksextremistische Parteien und Gruppierungen zusammenfassen, die sich im Wesentlichen am Marxismus-Leninismus ausrichten. Sie verfügen über ein Weltbild, das wissenschaftlichen Anspruch erhebt. Geschichtliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen unterliegen danach bestimmten Gesetzmäßigkeiten, die unausweichlich die Beseitigung der bestehenden repräsentativen und pluralistischen Verfassungsordnung zur Folge haben, die als kapitalistisch, rassistisch und imperialistisch angesehen wird. An deren Stelle soll eine kommunistische Einheitsgesellschaft Das treten. Spektrum des dogmatischen Linksextremismus umfasst in Schleswig-Holstein rund 500 Personen, wovon rund 200 der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) zuzurechnen sind. 55
  • Gleichzeitig wird regelmäßig betont, dass es keine Spaltung im "antifaschistischen Lager" geben dürfe und jeder mit seinen Mitteln zum Kampf
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode Drucksache 16/64 In der praktischen Umsetzung ihrer theoretischen Grundlagen wird das taktische Verhalten von "Avanti", zweigleisig zu operieren, immer wieder deutlich. So brachte sich die Gruppe intensiv in die Vorbereitungen der bundesweiten Kampagne gegen die jährlichen Aufmärsche von Rechtsextremisten im bayerischen Wunsiedel zum Todestag von Rudolf Heß im August ein. Aus der Einsicht heraus, den Aufmarsch nicht verhindern zu können, setzte sich "Avanti" für ein langfristig angelegtes Konzept ein, gemeinsam mit demokratischen Organisationen als politisches Gegengewicht ein breites Bündnis zu bilden. Gleichzeitig wird regelmäßig betont, dass es keine Spaltung im "antifaschistischen Lager" geben dürfe und jeder mit seinen Mitteln zum Kampf gegen die Rechtsextremisten beitragen solle. Dies schließt militante Aktionen bewusst mit ein. Das staatliche Gewaltmonopol wird als Machtmittel eines Staates, den es zu überwinden gelte, nicht anerkannt. 2.1.4 Autonome Strukturen mit terroristischen Ansätzen Innerhalb der militanten autonomen Szene gibt es Strukturen, die mit ihren Anschlägen die Grenze zu terroristischem Gewalthandeln überschreiten. Die derzeit bedeutendste Gruppierung in dieser Kategorie ist die seit Mitte 2001 ganz überwiegend im Großraum Berlin/Brandenburg agierende "militante gruppe (mg)". Sie verübte auch im Jahre 2004 wiederum eine Anzahl schwerer Brandanschläge überwiegend vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktreformen ("Hartz IV" und "Arbeitslosengeld II"). Im Rahmen der maßgeblich von der mg geführten "Militanz-Debatte" erschien Ende August über Szene-Buchläden eine 66-seitige Broschüre "militanzdebatte - dokumentation einer diskussion 2001 - 2004". Sie enthält zum überwiegenden Teil bereits bekannte Beiträge. Darüber hinaus ist ein neuer mit Juli 2004 datierter Text der mg abgedruckt. In diesem sechsseitigen Abschnitt mit dem Titel "der aufbau einer militanten plattform - versuch einer zwischenbilanz" ziehen die Autoren ein verhalten positives Resümee des zurückliegenden Diskussionsund Organisationsprozesses: "Wir sehen es bereits jetzt als Erfolg an, dass sich seit etwa drei Jahren dieser Diskussionsprozess aufrechterhalten lässt. Es ist vor dem Hintergrund unserer allgemeinpolitischen Bedeutungslosigkeit als revolutionäre Linke und der internen Zerrissenheit in vielen Fragen von antagonistischer Politik nicht selbstverständlich, dass sich in diesem drei51
  • Missachtung von Normen; dies findet in diversen "Anti-Einstellungen" ("antifaschistisch", "antikapitalistisch", "antipatriarchal") seinen Ausdruck. Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente bilden
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode Drucksache 16/64 In Schleswig-Holstein ging die Anzahl gewaltbereiter Autonomer wie im Jahr 2003 nochmals um rund 5 % zurück und umfasst jetzt rund 320 Personen. Aus mehreren Gründen ist diese Angabe als Basiszahl mit Toleranz in beide Richtungen zu verstehen. Einerseits beteiligen sich zu besonderen Anlässen häufig ehemalige SzeneMitglieder, so genannte Alt-Autonome, die dann gelegentlich sogar zentrale Positionen einnehmen. Wegen der nur sporadischen Mitarbeit ist dieser Personenkreis nicht mitgezählt worden. Andererseits wirkt sich ein Trend der vergangenen Jahre weiterhin aus. In den Vorjahren kam es zur Auflösung einer Vielzahl fester Gruppenstrukturen zugunsten unverbindlicherer themenoder anlassbezogener, häufig auch zeitlich begrenzter Zusammenschlüsse. Dies kann fälschlicherweise den Eindruck erwecken, dass sich Personen aus der autonomen Szene zurückgezogen hätten. Soweit diese zu erfassen waren, wurden sie mitgezählt. Die Schwerpunkte der autonomen Szene finden sich weiterhin in Kiel (mit landesweiter Bedeutung), Flensburg, Neumünster, Norderstedt und Lübeck. Gruppen aus dem Umland orientieren sich in der Regel zum nächstgelegenen SzeneSchwerpunkt. 2.1.2 Strategien, Aktionsformen, Gewalt Die mehr oder weniger eigenständigen Gruppierungen innerhalb der autonomen Szene verfügen über kein einheitliches ideologisches Konzept; Anführer oder hierarchische Strukturen sind dem autonomen Spektrum fremd. Autonome propagieren den Widerstand gegen Autoritäten und die Missachtung von Normen; dies findet in diversen "Anti-Einstellungen" ("antifaschistisch", "antikapitalistisch", "antipatriarchal") seinen Ausdruck. Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente bilden den Rahmen ihrer oftmals spontanen Aktivitäten. Dabei zielen Autonome - wie alle Linksextremisten - im Kern auf die Überwindung des "herrschenden Systems", womit die freiheitliche demokratische Grundordnung gemeint ist. Die Anwendung von Gewalt halten Autonome in diesem Zusammenhang durchweg für legitim. Sie rechtfertigen Gewalt als angeblich erforderliches Mittel gegen "die strukturelle Gewalt" eines "Systems von Zwang, Ausbeutung und Unterdrückung". Allerdings werden Gewaltabsichten von einem Teil der autonomen Gruppie49
  • 16/64 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode "Diese aufgeblasene ANTI-Antifa, die von Gerhard Frey bis Thomas Wulff reicht, zeigte schon
Drucksache 16/64 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode "Diese aufgeblasene ANTI-Antifa, die von Gerhard Frey bis Thomas Wulff reicht, zeigte schon während des zurückliegenden NPD-Parteitags deutliche Risse. Zwischen DVU, 'Ehrenbund Rudel' und NPD'Freien' besteht zwar ewiggestrige Wesensverwandtschaft, aber die Mentalitätsunterschiede treten doch überdeutlich zutage. Der Krawattenträger Frey und der Mann mit der Schiebermütze Wulff passen irgendwie nicht recht gemeinsam ins Bild." Auch Schwab weist damit auf die wohl größte Schwachstelle im "Volksfront"-Bündnis hin. Um der Erzielung kurzfristiger politischer (Wahl-) Erfolge willen müssen durchaus vorhandene ideologische Differenzen zurückgestellt werden, und dies möglicherweise nicht nur vorübergehend. Dr. Frey wird sehr wohl wissen, dass seine DVU nur in einer parteienpluralistischen Ordnung nicht gleichgeschaltet werden wird. Will Voigt demgegenüber erfolgreich sein, muss er mit der NPD eine Klammer zwischen rechtsextremistischen Populisten einerseits und Neo-Nationalsozialisten andererseits bilden. Die Strategie einer neo-nationalsozialistisch geprägten NPD müsste aber auf eine Gleichschaltung hinauslaufen. Schwab stellt dazu fest, Udo Voigt habe auf dem Bundesparteitag die Frage, ob ein Neo-Nationalsozialismus zukunftsfähig sein könnte, nicht beantwortet: "Das wäre aus seiner Sicht auch ungeschickt, da er den bundesrepublikanischen Neo-Nationalsozialismus seit dem letzten Parteitag nun stärker als je zuvor in den Parteivorstand eingebunden hat. (...) Für die 'Scharnierfunktion' zu den überwiegend neo-nationalsozialistisch geprägten 'Freien Kameradschaften' wird nun das neue Vorstandsmitglied Thorsten Heise sorgen. (...) Und Heise spielt seine Rolle wirklich gut: Auf die Frage von ARD-Fernsehjournalisten nach seinem politischen Vorbild überhitlert er noch Udo Voigt, der Wochen zuvor in einem Gespräch mit der konservativen Wochenzeitung 'Junge Freiheit' Adolf Hitler als 'großen deutschen Staatsmann' bezeichnet hatte. (Heise über Hitler: 'Größter Mann des vergangenen Jahrtausends'.)" Schwab resümiert, auch wenn die "Volksfront von rechts" dazu diene, die NPD vom Volk zu isolieren (er vermutet sie auf dem Weg zur Parteidiktatur), so besitze die neue und vorübergehend erfolgreiche nationale Partei für einen gewissen Personenkreis durchaus Attraktivität. Manche begabte Paladine hätten plötzlich ihre Zuneigung zur NPD entdeckt, die sie vor noch nicht allzu langer Zeit als durchweg popelig und dumm empfunden hätten. Die Schalmeiengesänge und Lobreden an die 18
  • autonome Aktionismus ist gekennzeichnet von thematischen Ansatzpunkten wie Antifaschismus, Antirassismus, Antimilitarismus. Grund der Beobachtung Autonome sind insgesamt staatsfeindlich
Linksextremismus Kurzportrait / Ziele Den Großteil des gewaltorientierten Personenpotenzials stellen Autonome. Sie agieren in lockeren Kleingruppen. Autonome verweigern sich grundsätzlich gesellschaftlichen und staatlichen Normen und Verpflichtungen sowie einer Teilnahme am kapitalistischen Wirtschaftsleben. Autonome treten für eine herrschaftsfreie Gesellschaft nach einer erfolgten Revolution ein. Linksextremistische Theorien werden abgelehnt. Das politische Handeln ist daher von aktuellen politischen Themenfeldern abhängig und stark anlassund aktionsbezogen. Der autonome Aktionismus ist gekennzeichnet von thematischen Ansatzpunkten wie Antifaschismus, Antirassismus, Antimilitarismus. Grund der Beobachtung Autonome sind insgesamt staatsfeindlich, da der Staat aus ihrer Sicht die maximale Hierarchie mitsamt der größtmöglichen Unterdrückung verkörpert und damit der Selbstverwirklichung jedes Einzelnen im Wege steht. Demzufolge müssen der Staat und das gesellschaftliche System abgeschafft werden. Gewalt wird dabei als legitimes Mittel der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und der Polizei als Teil des "staatlichen Repressionsapparats" angesehen. Die politisch bestimmten Verhaltensweisen von Autonomen - insbesondere das Ablehnen des staatlichen Gewaltmonopols bei gleichzeitigem Befürworten von Gewalt, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen - sind mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum "Zusammen kämpfen" (ZK) ZK ist im Jahr 2008 aus anderen autonomen Zusammenschlüssen Magdeburgs hervorgegangen, fordert für sich selbst eine "verbindliche teilbereichsübergreifende Organisierung" und nutzt Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2018 111
  • Autonomen führten Aktionen durch, die aus ihrer Sicht dem Antifaschismus dienten. Von den in Thüringen existenten Gliederungen marxistisch-leninistischer Parteien
zu vermeiden. In jedem Fall ist die Entstehung von Szenetreffpunkten zu unterbinden. Die Erscheinungsformen des Linksextremismus in Thüringen blieben unverändert. Die Autonomen führten Aktionen durch, die aus ihrer Sicht dem Antifaschismus dienten. Von den in Thüringen existenten Gliederungen marxistisch-leninistischer Parteien gingen - abgesehen von traditionellen Gedenkveranstaltungen und einzelnen, meist in Erfurt ausgerichteten Informationsständen - kaum öffentlichkeitswirksame Aktivitäten aus. Islamistische Gruppierungen, die auf einer religiös motivierten Form des politischen Extremismus ausgerichtet sind, haben sich in Thüringen bislang kaum strukturell etabliert. Sympathisanten verschiedener islamistischer Organisationen bzw. solche, die salafistische Bestrebungen befürworten, frequentieren jedoch im Freistaat bestehende islamische Kulturzentren. Dort fanden auch 2011 von Multiplikatoren des Salafismus bestrittene Islamseminare und sonstige Vortragsveranstaltungen statt. Zudem lagen einschlägige Publikationen bei "Islamischen Informationsständen" aus. Als eine dem sonstigen Ausländerextremismus zuzuordnende, über ihre Untergliederungen in Europa auch in Deutschland aktive Organisation gilt weiterhin die "Arbeiterpartei Kurdistans". Ihre organisatorische Ausrichtung reicht seit Jahren auch bis nach Thüringen. Wenngleich sich die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der hier ansässigen Anhänger und Unterstützer 2011 auf sehr niedrigem Niveau bewegten, bleib die von ihnen aufgebrachte finanzielle Unterstützung der im Ausland bewaffnete Einheiten unterhaltenden Organisation ungebrochen. Im Rahmen der jährlichen Spendenkampagne wurden hier erneut beträchtliche Einnahmen erzielt. Die Bekämpfung des Extremismus muss auch weiterhin fortgeführt werden. Hierzu ist der Verfassungsschutz unverzichtbar, ein Verfassungsschutz, der seinem Selbstverständnis als Frühwarnsystem gerecht wird und der einer effektiven parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Extremismusprävention ist aber auch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Großen Dank möchte ich daher all jenen aussprechen, die in zivilgesellschaftlichen Initiativen mitwirken und in ihrem vielfältigen EnVorwort gagement gegen Extremismus - sei es in einem Bündnis gegen Rechtsextremismus, sei es bei der Betreuung von Jugendlichen in einem Verein - unermüdlich tätig sind. Sie leisten damit einen wertvollen Beitrag zu dem von der Landesregierung aufgelegten Programm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. Jörg Geibert Thüringer Innenminister Juli 2012 5
  • Szene in Thüringen 101 3.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 103 3.4 Autonomer "Häuserkampf" 109 4. Anarchisten
8 III. Linksextremismus Inhaltsverzeichnis 1. Überblick 96 2. Ideologischer Hintergrund 97 3. Autonome 98 3.1 Allgemeines 98 3.2 Die autonome Szene in Thüringen 101 3.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 103 3.4 Autonomer "Häuserkampf" 109 4. Anarchisten 113 4.1 "Freie Arbeiterinnenund Arbeiterunion" (FAU) mit Anbindung an die "Internationale Arbeiter Assoziation" (IAA) 114 5. Marxistisch-leninistische Parteien und sonstige Gruppierungen 115 5.1 "Kommunistische Plattform" (KPF) der Partei "DIE LINKE." 115 5.2 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 118 5.3 "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) 120 5.4 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 123 5.5 "Rote Hilfe e. V." (RH) 126 6. Politisch motivierte Kriminalität - Links im Überblick 128 IV. Islamismus /Ausländerextremismus 1. Überblick 129 2. Islamismus 130 2.1 Internationaler islamistischer Terrorismus 132 2.1.1 Aktuelle Entwicklungen 133 2.2 Die Lage in Thüringen 136 2.2.1 Islamistische Bestrebungen im Einzelnen 140 2.2.1.1 "Muslimbruderschaft" (MB) 140 2.2.1.2 Tablighi Jama'at (TJ - "Gemeinschaft der Verkündigung und Mission") 142 2.2.1.3 "Nordkaukasische Separatistenbewegung" (NKSB) 143
  • Autonomen Nationalisten" bevorzugten typischen Verhaltensformen der militanten Antifa, kategorisch abgelehnt. Zudem führte die schwindende Aktionsfähigkeit der NPD auch dazu, dass
ten zugleich als Führungspersonen lokaler neonazistischer Gruppierungen. Bei Thorsten HEISE ist dies auch heute noch der Fall. Die Kooperation beider Spektren äußert sich insbesondere in der gemeinsamen Organisation von Veranstaltungen und Kampagnen. Teilnehmer, Redner und Ordner treten oftmals auch auf Veranstaltungen des jeweils anderen Spektrums auf. Insgesamt war es dem Thüringer Landesverband der NPD im Laufe eines längeren Prozesses gelungen, das neonazistische Personenpotenzial weitgehend zu integrieren, wodurch dieses seine frühere Eigenständigkeit innerhalb des rechtsextremistischen Lagers eingebüßt hat. Wenngleich sich einzelne Neonazis dennoch neben der NPD zu behaupten suchen, unterstützen sie die Partei in der Regel auf Kreisund Landesverbandsebene. Trotzdem stößt die NPD bzw. ihr Versuch eines taktisch motivierten moderaten Auftretens in der Öffentlichkeit bei Teilen der Neonaziszene auch auf erhebliche Kritik. So werden die von der NPD für ihre Veranstaltungen aufgestellten Verhaltensund Bekleidungsregeln, insbesondere die Untersagung der von den "Autonomen Nationalisten" bevorzugten typischen Verhaltensformen der militanten Antifa, kategorisch abgelehnt. Zudem führte die schwindende Aktionsfähigkeit der NPD auch dazu, dass sich auf lokaler Ebene wieder parallele neonazistische Strukturen bildeten. Das Erstarken "freier Kräfte" im Berichtszeitraum belegt dies anschaulich. Diese Kräfte zeigen sich derzeit jedoch nicht als Konkurrenz Rechtsextremismus zur NPD, sondern zeugen eher von ihrem Unvermögen, einzelne rechtsextremistische Aktionsfelder wirkungsvoll zu besetzen. Verhältnis zum subkulturellen Spektrum Um das subkulturelle rechtsextremistische Spektrum zu umwerben, setzt der NPD-Landesverband nach wie vor auf Veranstaltungen, die einen Mix aus Parteipropaganda und rechtsextremistischer Musik darstellen. Die keine eigenständigen politischen Aktionen entfaltenden subkulturell geprägten Rechtsextremisten fühlen sich davon durchaus angesprochen und erhöhen so das Mobilisierungspotenzial der Partei. Da sie - sofern überhaupt - lediglich regional organisiert sind, basieren die Verbindungen zur NPD zumeist auf persönlichen Kontakten und sind lokal begrenzt. 33
  • Parolen wie "Nationaler Sozialismus, jetzt" und "hasta la vista antifascista" zu skandieren. Zudem sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen
42 eine Kundgebung am 15. September in Erfurt. Außerdem wurde eine Reihe von Informationsständen im Wartburgkreis abgehalten. Zudem wollte man mehrere Veranstaltungen - darunter "Rock für Deutschland" - zur Werbung insbesondere junger Menschen nutRechtsextremismus zen. Die Kampagne wurde durch eine Imagebroschüre und einen Infoflyer des Landesverbands begleitet. In der Broschüre "Thüringens starke Rechte" gerierte sich der Landesverband als einzige Alternative zu den "etablierten Parteien"18 in Thüringen; extremistische Positionen klangen lediglich verschleiert an. Auch die Internetauftritte der Thüringer NPD wurden im Erscheinungsbild überarbeitet. Ende August wandte sich der stellvertretende Landesvorsitzende und Landesgeschäftsführer, Patrick WIESCHKE, mit einer auf der Seite des Landesverbands eingestellten Videobotschaft an die Öffentlichkeit. Darin rief er u. a. mit Verweis auf den drohenden "Volkstod" zum Eintritt in die NPD auf. An der Demonstration in Eisenach unter dem Motto "Arbeit statt Zuwanderung - Westdeutsche Zustände verhindern!" beteiligten sich ca. 90 statt der erwarteten ca. 150 Personen; das Interesse der Öffentlichkeit war gering. Die betont positiven Eigendarstellungen im Nachgang - 120 Teilnehmer, großer Zuspruch - stießen auf gänzlich andere Reflexionen bei Szeneanhängern. In einem einschlägigen Internetforum wurde die Veranstaltung heftig diskutiert. Dort fanden sich Einträge wie "[...] positives konnte man heute aus Eisenach nicht mit nachhause nehmen" oder, dass dies "dann wohl der endgültige Bruch zwischen Nationalen Sozialisten und Nationaldemokraten (oder Freien und Partei) in Thüringen" gewesen sei. So wäre Demonstrationsteilnehmern durch die Veranstaltungsleitung untersagt worden, Parolen wie "Nationaler Sozialismus, jetzt" und "hasta la vista antifascista" zu skandieren. Zudem sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Versammlungsleiter und einzelnen Veranstaltungsteilnehmern gekommen. Zu der Kundgebung "Arbeit, Familie, Heimat" am 15. September vor dem Landtag in Erfurt erschienen lediglich noch ca. 20 Personen. Dennoch hieß es in einer späteren Veröffentlichung des 18 Von der NPD als abschätzige Bezeichnung für die anderen in deutschen Parlamenten vertretenen Parteien verwandt.
  • einen Gewaltigen drang nach Aktionen [...] der Antideutschen Antifa in Weimar die Stirn"33 bieten zu wollen, fiel die Gruppierung
60 "Autonome Nationalisten Weimar" (AN WE) auch: Aktionsgruppe Weimarer Land (AG WL) Sitz: Weimar/Weimarer Land Rechtsextremismus Mitglieder: etwa 15 Eigenen Angaben zufolge existiert die Gruppierung AN Weimar seit dem Frühjahr 2009, als sich eine "handvoll Aktivisten" zusammenfand mit dem Ziel, in der Region eine "aktive Alternative" anzubieten. In einer Selbstdarstellung der Gruppe heißt es u. a.: "Unser Sozialismus soll die Gesellschaftsform der Zukunft werden. Wobei der Sozialismus immer die Keimzelle in der Gemeinschaft finden müsse, begonnen bei der Familie und endend bei der Rassegemeinschaft". Und weiter: "Wir Deutschen haben keine Schuld für das was vor mehr als 2 Generationen passiert sein soll."32 Die AN WE befürworten die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele. In der Vergangenheit traten sie mit politisch motivierten Sachbeschädigungen in Erscheinung. Trotz der Ankündigung, im November 2011 "mit einen Gewaltigen drang nach Aktionen [...] der Antideutschen Antifa in Weimar die Stirn"33 bieten zu wollen, fiel die Gruppierung im Berichtszeitraum ausschließlich mit einzelnen Propagandaaktionen auf. Seit September trat das neonazistische Spektrum Weimars zudem unter der Bezeichnung "Aktionsgruppe Weimarer Land" (AG WL) in Erscheinung. Eigenem Bekunden nach handelt es sich hierbei um "Nationale Sozialisten aus dem Weimarer Land", die es als ihre Aufgabe verstehen, "den täglichen Kampf gegen ein Krankes und marodes System zu führen für ein Freies, Nationales und Sozialistisches Deutschland".34 Die Gruppierung bekennt sich auf ihrer Internetseite zum "autonomen Nationalismus" und befürwortet 32 Fehler im Original. 33 Fehler im Original. 34 Fehler im Original.
  • etwa 100 Personen teilnahmen, wurden Fahnen der Antifa und Transparente unter anderem mit den Aufschriften "Gegen Geschichtsverfälschung, Faschismus und Sozialabbau
Auf eine vermeintliche Fehleranalyse und eine Beurteilung der derzeitigen Verhältnisse "wo die Ausbeutung des Menschen durch das Kapital wieder an der Tagesordnung ist" folgte der Aufruf: "Wir sollten uns...im Kampfbund der Gleichgesinnten organisieren...Zunächst sollten wir Älteren uns finden und im nächsten Schritt die Jugend für unsere Sache gewinnen. Gerade Dich brauchen wir - Deine fundierten Kenntnisse in der Gesellschaftstheorie, Dein Wissen über die Geschichte der Arbeiterbewegung und Deine praktischen Erfahrungen beim Aufbau des Sozialismus." Am 8. November fand in Halle eine Demonstration statt, die durch die DKP Halle-Wittenberg angemeldet wurde und unter dem Motto "Gegen Geschichtsverfälschung, Faschismus und Sozialabbau" stand. Während der Demonstration, an der etwa 100 Personen teilnahmen, wurden Fahnen der Antifa und Transparente unter anderem mit den Aufschriften "Gegen Geschichtsverfälschung, Faschismus und Sozialabbau!", "Revolutionären Widerstand organisieren!", "Gegen Unterdrückung und staatlicher Repression DKP-SDAJ" mitgeführt und verschiedene Parolen skandiert. "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Die SDAJ ist die Jugendorganisation der DKP. In Sachsen-Anhalt existiert eine SDAJ-Gruppe in Halle. Die SDAJ organisierte Kundgebungen in Halle unter dem Motto "No-NPD! NPD-Verbot jetzt!". Am 14. Juni beteiligten sich etwa 50 Personen an einer solchen Veranstaltung. In ihrem Verlauf wurden Flugblätter der SDAJ und Exemplare der Hallenser DKP-Broschüre "Standpunkt Gegen Angriff" zum Verteilen an Passanten ausgegeben. Während der Demonstration wurde unter anderem die Losung "Gebt den Nazis die Straße zurück - Stein für Stein!" skandiert und es wurden rote Fahnen und ein Transparent "Kampf dem Faschismus heißt Kampf dem System - SDAJ" mitgeführt. 79
  • blieben ebenso bestehen wie die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus". Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen
96 III. Linksextremismus Linksextremismus 1. Überblick Bundesweit umfasst das Potenzial der revolutionären Marxisten etwa 25.000 Anhänger. Hinzu kommen ca. 7.100 Personen, die der gewaltbereiten linksextremistischen Szene zugerechnet werden. Hierzu gehören auch etwa 6.400 Autonome. Geschätzte Mitgliederbzw. Anhängerpotenziale Thüringen Bund 2011 2010 2009 2011 Gewaltbereite Linksextremisten, 7.100 davon Autonome 130 130 130 6.400 Anarchisten: FAU-IAA 10 10 10 700 KPF der Partei DIE LINKE. 100 100 100 1.250 DKP 40 40 40 4.000 KPD wenige Mitglieder 150 MLPD 40 40 40 2.000 Rote Hilfe e.V. 120 120 100 5.600 Die maßgeblichen Gruppen des autonomen Spektrums und ihre regionalen Schwerpunkte blieben ebenso bestehen wie die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus". Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene bzw. deren Strukturen. Dabei suchten Autonome durchaus die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und der Polizei. Trotz anhaltender Abneigung gegenüber der Zivilgesellschaft, die von einem "rechten" Konsens gekennzeichnet und daher ebenso zu bekämpfen sei wie der Rechtsextremismus, schlossen sich Autonome wiederum diversen Veranstaltungen breiter demokratischer Bündnisse an.
  • extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das Antifaschismusverständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient
Die in Thüringen vertretenen marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen vermochten es - abgesehen von einzelnen Informationsständen und traditionellen Gedenkveranstaltungen - im Berichtszeitraum kaum, durch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wahrgenommen zu werden. Das Bestreben, eine "Aktionseinheit" marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen zu bilden, hielt dennoch an. 2. Ideologischer Hintergrund Das in sich breit gefächerte linksextremistische Spektrum vertritt im Einzelnen ideologisch voneinander abweichende Positionen. Es schließt Anhänger der "wissenschaftlichen Sozialismusund Kommunismustheorien" ebenso ein wie Sozialrevolutionäre, Anarchisten und Autonome. Die Werke von MARX, ENGELS, LENIN, von STALIN, TROTZKI und MAO TSE-TUNG stellen die Grundlagen der unterschiedlichen Anschauungen und theoretischen Gebäude dar. Das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zu beseitigen, ist allen Linksextremisten gemein. Ihre - wie unterschiedlich auch immer gearteten - Bestrebungen richten sich letzten Endes gegen grundlegende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Linksextremisten wollen entweder einen marxistisch-leninistischen Staat oder eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" errichten. Sie verbindet das Bekenntnis zur revolutionären Gewalt, zum Klassenkampf und zur Klassenherrschaft. Ihr Grundsatz, dass sich die von ihnen angeLinksextremismus strebten gesellschaftlichen Veränderungen einzig durch den Einsatz revolutionärer Gewalt vollziehen lassen, wird aus taktischen Gründen oft verschwiegen. Bei tagespolitischen Auseinandersetzungen greifen sie häufig zu legalen, gewaltfreien Formen des politischen Engagements. Die eigene extremistische Ausrichtung wird dabei bewusst verschleiert. Mit dieser Taktik gelingt es Linksextremisten durchaus, auf bestimmten Politikfeldern Bündnispartner zu finden, die extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das Antifaschismusverständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient nicht nur als Mittel politischer Einflussnahme und zur Diffamierung politischer Gegner, sondern ist zugleich Grundlage kommunis97
  • Grundlagen der Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: * Antifaschismus, * "Häuserkampf"/Kampf gegen Gentrifizierung66, * Kampf gegen angenommenen "Geschichtsrevisionismus" und "Opfermythen
ter, die z. T. konspirativ verbreitet werden, als Informationsquellen. Die dazu zählende Zeitschrift "INTERIM", welche vierzehntäglich in Berlin erscheint, gilt aufgrund ihrer überregionalen Ausstrahlung als die bedeutungsvollste Publikation. Auf regionalem Niveau werden Szeneblätter inzwischen nicht nur in gedruckter Fassung veröffentlicht, sondern meist im Internet als Download angeboten. "Infoläden" sind bevorzugte Anlaufpunkte der gesamten Szene und ihrer Sympathisanten. Sie dienen als Kontaktund Treffmöglichkeit und zugleich als Vertriebsstätte linksextremistischer Schriften und Flugblätter. Kampagnenfähige Themen, Gewaltpotenzial Verschiedene Schwerpunktthemen bilden die Grundlagen der Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: * Antifaschismus, * "Häuserkampf"/Kampf gegen Gentrifizierung66, * Kampf gegen angenommenen "Geschichtsrevisionismus" und "Opfermythen" im Zusammenhang mit der öffentlichen Wahrnehmung der Zeit des Nationalsozialismus, * Repression und innere Sicherheit, * Antirassismus, * Kampf gegen angenommene "Großmachtrollen" der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, * Anti-Atomkraft-Bewegung, insbesondere Castor-Transporte, * Neoliberalismus und Globalisierung, Linksextremismus * Internationalismus. Intensität und Bedeutung der genannten Themen schwanken und werden oft vom Tagesgeschehen bestimmt. Die Artikulationsformen Autonomer sind vielfältig. Sie reichen von Diskussionen, Vortragsveranstaltungen und Demonstrationen über Straßenkrawalle, teils erhebliche Sachbeschädigungen bis hin zu Brandanschlägen. Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Autonomen. Bereitwillig setzen sie diese auch gegen Personen ein, vor allem im Rahmen von Protesten gegen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. Hier suchen Autonome die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner und den Einsatzkräften der Polizei. 66 Abgeleitet von gentry (engl.) - Bezeichnung für niederen englischen Adel und ihm sozial Nahestehende. Steht hier für die Umstrukturierung von Stadtteilen nach Verkauf und/oder Modernisierung von Gebäuden. Durch den Zuzug neuer (vermögenderer) Bewohner kommt es zu Veränderungen der Bevölkerungsstruktur. Autonome versuchen in Stadtteilen, die sie als ihren "Kiez" beanspruchen, diese Entwicklung auch mit gewalttätigen Mitteln zu bekämpfen. 99
  • Organisationsformen zu schaffen. Diese basieren jeweils auf dem linksextremistischen Antifaschismusverständnis, das über die Traditionslinien Nationalsozialismus und Faschismus hinaus die Auseinandersetzung
100 Dezentralisierung und ideologische Spaltung innerhalb der autonomen Szene Fest strukturierte, auf Dauer angelegte und übergreifende OrLinksextremismus ganisationsformen widersprechen dem Grundverständnis der Autonomen. Die Szene ist heterogen zusammengesetzt, sie kennt weder Hierarchien noch Führungsstrukturen. Autonome agieren meist in kleinen, unverbindlichen, lokal begrenzten, dezentralen Personenzusammenschlüssen. Um die allein schon wegen des niedrigen Organisationsniveaus begrenzten Wirkungsmöglichkeiten zu erweitern, gibt es dennoch immer wieder Versuche, übergreifende Organisationsformen zu schaffen. Diese basieren jeweils auf dem linksextremistischen Antifaschismusverständnis, das über die Traditionslinien Nationalsozialismus und Faschismus hinaus die Auseinandersetzung mit dem - autonomer Redart nach - in der Bundesrepublik vorherrschenden "imperialistischem System" einschließt, welches die Autonomen als Fortsetzung und Modifikation des Dritten Reichs deuten. Alle Versuche nach 2001, eine inhaltliche und organisatorische Erneuerung zu erreichen, blieben jedoch erfolglos. Seither ist es der Szene nicht gelungen, ihre Isolierung, die regionale Begrenztheit des Aktionsradius und die zahlenmäßige Schwäche zu überwinden. Übergreifende Vernetzungsversuche werden zudem durch gravierende ideologische Konfliktlinien innerhalb der autonomen Szene erschwert. Typisch dafür war das Aufkommen sog. antideutscher Positionen. Kernpunkt jener Anschauungen bildet der Massenmord an den europäischen Juden während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Hieraus resultieren sowohl die Ablehnung des deutschen Staats, der als modifizierte Fortsetzung der Nazidiktatur wahrgenommen wird, als auch eine bedingungslose Solidarität gegenüber dem Staat Israel. "Antideutsche" Gruppierungen sagen dem deutschen Staat ohnehin eine auf Ausgrenzung anderer Ethnien gerichtete Wesensart nach. Den europäischen Einigungs-
  • aktivsten autonomen Gruppen angesiedelt sind. Inhaltlich dominierte das Themengebiet Antifaschismus. Bedingt durch die 2009 erfolgte Räumung des "Besetzten Hauses
prozess interpretieren sie als ein deutsches Projekt, das auf friedlichem Wege zu Großmachtstatus verhelfen solle. Der Staat Israel wird von diesen Gruppen als Zufluchtsort des jüdischen Volkes, als Schutzraum für Juden vor antisemitischer Verfolgung verstanden, der gegen alle Angriffe verteidigt werden müsse. Jedwede Kritik an Israel setzen "Antideutsche" mit Antisemitismus gleich. Ähnlich werten sie die Kritik an den USA, da diese als Schutzmacht Israels angesehen wird. Diese Einstellung steht im krassen Gegensatz zu den traditionell im autonomen Spektrum vorhandenen "antiimperialistischen" Einstellungen, nach denen Israel als "imperialistischer Brückenkopf" der USA im arabischen Raum gilt. 3.2 Die autonome Szene in Thüringen Das Anhängerpotenzial der gewaltbereiten autonomen Szene Thüringens umfasste im Berichtszeitraum ca. 130 Personen. Zu einzelnen Aktionen, denen die Szene besondere Bedeutung beimaß, gelang es ihr, einen auch überregionalen Teilnehmerkreis zu mobilisieren. Regionale Schwerpunkte bestehen in Erfurt und Jena sowie um Arnstadt. Außerdem sind Autonome im Umkreis von Gera, Weimar und Saalfeld aktiv gewesen. Szenetypische Anlaufstellen waren u. a. sog. Infoläden in Arnstadt, Erfurt und Jena. Autonome Gruppen aus Thüringen nutzen überwiegend das Internet und E-Mail-Verbindungen, um untereinander Kontakt zu halten, zu agitieren und für Veranstaltungen zu mobilisieren. Über ihre Internetseiten veröffentlichen sie zum Teil umfangreiche Linksextremismus Rechercheberichte über den politischen Gegner. Auch Szenezeitschriften oder Audiostreams mit Informationen zum "rechten" Spektrum werden auf diesem Wege verbreitet. Die Schwerpunkte öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten lagen im Berichtszeitraum in der Landeshauptstadt Erfurt und in Jena - Regionen, in denen die personell stärksten und aktivsten autonomen Gruppen angesiedelt sind. Inhaltlich dominierte das Themengebiet Antifaschismus. Bedingt durch die 2009 erfolgte Räumung des "Besetzten Hauses" in Erfurt kam auch der "Schaffung von Freiräumen", also dem "Häuserkampf", weiterhin Bedeutung zu. Die Aktionen der autonomen Szene reichten von der Mobilisierung für die von breiten, nichtextremistischen Bündnissen orga101
  • nicht in "friedliche und angeblich gewaltbereite Autonome und bürgerliche Antifaschisten spalten" zu lassen. Auch die niedersächsische AKL positioniert sich offen
Linksextremismus Entstehung der WASG und ihrer späteren Fusion mit der PDS zur Partei DIE LINKE. versuchte Linksruck in diesen Parteien zu wirken. Dabei bediente sich die Organisation der für trotzkistische Gruppierungen typischen Taktik des Entrismus. Am 01.09.2007 löste sich Linksruck offiziell auf, existiert seitdem aber in der neu organisierten Gruppe marx21 und wirkt weiter innerhalb der Partei DIE LINKE. Die Mitglieder beider Organisationen stimmen größtenteils überein. Marx21 zählt dabei zu den aktivsten trotzkistischen Organisationen in Deutschland. Antikapitalistische Linke (AKL) Nachdem sich die AKL 2006 als loses Netzwerk gründete, beschloss sie im Jahr 2012 als innerparteilicher Zusammenschluss intensiver zu agieren. Das Hauptziel der AKL ist, wie bereits aufgezeigt wurde, die Transformation des politischen Systems der BRD in eine antikapitalistisch sozialistische Gesellschaftsform. Diese Maßgabe formuliert die AKL kontinuierlich unter Bezugnahme auf aktuelle politische Entwicklungen. In diesem Zusammenhang sei hier auf eine Positionierung der AKL vom September 2015 zu einem möglichen Austreten Griechenlands aus der Eurozone, dem sogenannten "Grexit", verwiesen: "Die AKL unterstützt einen möglichen Grexit aber nicht als Allheilmittel, sondern als Teil eines sozialistischen Programms, welches die politische Souveränität wieder in die Hände des griechischen Volkes legt und verbunden mit Maßnahmen ist, die darauf abzielen, den Kapitalismus zu überwinden." (veröffentlicht auf der Internetseite der AKL, 05.01.2016) Gezielt sucht die AKL den Schulterschluss mit anderen extremistischen Gruppierungen wie den gewaltbereiten Autonomen. So fordert sie in einer am 20.02.2013 auf ihrer Internetseite veröffentlichten Erklärung dazu auf, sich nicht in "friedliche und angeblich gewaltbereite Autonome und bürgerliche Antifaschisten spalten" zu lassen. Auch die niedersächsische AKL positioniert sich offen extremistisch, z. B. in Form von eigenen Vorschlägen zu den Wahlprogrammen der Partei DIE LINKE. oder durch spezielle Debattenbeiträge auf ihrer Internetseite. Bezeichnend ist der Änderungsantrag der 154
  • Farbe bekennen". Mit der Kampagne wurde von "autonomen und antifaschistischen Gruppen" aufgerufen, "den rassistischen Wahlkampf in Schleswig-Holstein [zu] sabotieren
Drucksache 18/770 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Aus Sicht der linksextremistischen Szene war dies neben der Demonstration in Lübeck am 31. März der zweite große Erfolg innerhalb kürzester Zeit. Der überwiegende Teil der Organisatoren sowie Teilnehmer der Protestaktionen war jedoch dem demokratischen Spektrum zuzuordnen. Linksextremisten konnten keinen großen Einfluss auf die vielfältigen Aktionen ausüben und wirkten nur am Rande mit. Deshalb kam es nur zu einigen wenigen strafrechtlich relevanten Aktionen. 4.1.3 Spontandemonstration von "klassischen" Autonomen in Lübeck Am 8. Mai kam es anlässlich des Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Lübeck zu einer Spontandemonstration mit rd. 60 zumeist sehr jungen Teilnehmern der örtlichen linksextremistischen Szene. Unter Mitführen von Transparenten und Skandieren von Sprechchören wurden Böller sowie bengalische Feuer entzündet. Als auch nach Eintreffen der Polizei das Werfen von Böllern in Geschäftseingänge und gegen Schaufensterscheiben nicht unterlassen wurde, stoppte die Polizei den Aufzug. Infolge dessen wurden die Polizisten unmittelbar von rd. 30 vermummten Personen angegriffen und mit Faustschlägen traktiert. Insgesamt wurden 20 Personen in Gewahrsam genommen. Bei einer späteren Lagesondierung durch die Polizei, so auch vor dem Szenetreff "alternative" in der Willy-Brandt-Allee in Lübeck, wurde dort eine durch Müllcontainer errichtete Blockade vorgefunden, die Zufahrt zum Gelände der "alternative" war verbarrikadiert. Es kam jedoch nicht zu erneuten Angriffen auf Polizisten, obwohl dort auch weitere Wurfgeschosse wie Steine und Flaschen bereit gelegt worden waren. 4.1.4 Kampagne "Farbe bekennen" Im Zuge der Teilnahme der NPD an den Landtagswahlen im Mai 2012 startete am 19. März die Kampagne "Farbe bekennen". Mit der Kampagne wurde von "autonomen und antifaschistischen Gruppen" aufgerufen, "den rassistischen Wahlkampf in Schleswig-Holstein [zu] sabotieren!". "Ein paar gute Ideen", so wörtlich, wurden im Aufruf gleich mitgeliefert. So sollten Plakate gepflückt, Flyer und Infostände zerstört werden. Aber auch zu schwerwiegenderen Strafund Gewalttaten wurde auf der Internetseite der Kampagne animiert: 80
  • zusätzlich bestehenden Unterstützerseite waren u. a. "Revolta Jena", die "Antifaschistische Aktion
106 Thüringen, Sachsen, Hessen und Niedersachsen. Die Polizei führte PerLinksextremismus sonenund Taschenkontrollen durch, leitete acht Ordnungswidrigkeitsverfahren ein und nahm mehrere Anzeigen wegen Sachbeschädigung bzw. Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz auf. Im Vorfeld der Protestdemonstration sollen Mobilisierungsund Informationsveranstaltungen in Eisenach, Jena, Weimar und Erfurt, vor allem aber in Niedersachsen und Hessen stattgefunden haben. Im Internet wurde die Veranstaltung überregional beworben. Einschlägige Szeneläden in Göttingen, Frankfurt/Main, Kassel und Marburg boten Busfahrkarten an. In einer Pressemitteilung auf der im Internet eigens eingerichteten Mobilisierungswebsite war von bis zu 500 Teilnehmern die Rede. Zudem wurde über Angriffe der Polizei auf Gegendemonstranten sowie willkürliche Feststellungen von Personalien berichtet, die Demonstration zugleich jedoch als Erfolg gewertet. Bereits am 17. Juni erschien ein Beitrag auf dem Internetportal "Indymedia" unter dem Tenor "Burschenschaften angegriffen", der Sachbeschädigungen in Jena als "kleines Warm-Up gegen den Burschentag in Eisenach" bezeichnete. Demnach wurden u. a. Fensterscheiben an Gebäuden der "Landsmannschaft Rhenania" und des "Corps Saxonia" mit Steinen beworfen. Zudem wurde das neben dem Hauptgebäude der Universität befindliche Burschenschaftsdenkmal mit grüner Farbe übergossen. Innerhalb der Thüringer autonomen Szene wurde die Veranstaltung im Internet thematisiert. Auf der zusätzlich bestehenden Unterstützerseite waren u. a. "Revolta Jena", die "Antifaschistische Aktion