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""nsu"" in den Verfassungsschutz Trends
  • Ermittlungen gegen die rechtsextremistische Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hat das Vertrauen in den Rechtsstaat empfindlich gestört. Vor dem Hintergrund beschlossen
1.5 Reformprozess 1.5.1 Reformprozess im Verfassungsschutzverbund Das Versagen der Sicherheitsbehörden auf Bundesund Länderebene bei den Ermittlungen gegen die rechtsextremistische Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hat das Vertrauen in den Rechtsstaat empfindlich gestört. Vor dem Hintergrund beschlossen die Innenminister und -senatoren der Länder auf ihrer Konferenz im Dezember 2012 die Neuausrichtung des Verfassungsschutzes im Verbund. Im Laufe des Jahres 2013 wurden auf Gremienebene unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Bund-Länder-Expertenkommission Rechtsterrorismus und des 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses für den Verfassungsschutzverbund Handlungsempfehlungen erarbeitet und durch die Innenminister und -senatoren der Länder auf ihrer Konferenz im Dezember 2013 zur Umsetzung an die Länder und den Bund freigegeben. Ein wichtiger Bestandteil der Empfehlungen ist die Intensivierung der Zusammenarbeit im Verfassungsschutzverbund durch eine umfassende gegenseitige Informationspflicht und die Stärkung der Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Ferner werden Verfahren festgeschrieben, wie die Erkenntnisse der Polizei und des Verfassungsschutzes frühzeitig zusammengeführt werden können. Weiterhin werden Vorschläge unterbreitet, die zu einer Verstärkung der Präventionsund Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes durch erweiterte Formen des Informationsund Beratungsangebotes ("Verfassungsschutz als Informationsdienstleister"), zu einer engeren Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen und zu einer engeren Vernetzung sowohl mit anderen Behörden und Einrichtungen als auch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren ("Verfassungsschutz als Partner in der Mitte der Gesellschaft") führen sollen. Im Themenfeld Personal ist das Konzept einer modularen Zusatzausbildung für die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung erarbeitet worden. Ebenso werden Eckpunkte für die Durchführung von Hospitationen und Personaltauschmaßnahmen bestimmt, die in dem spezifischen Aufgabenbereich der Verfassungsschutzbehörden zur erforderlichen Standardisierung der Ausbildung und zur fortlaufenden Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beitragen. Auch der Einsatz von Vertrauenspersonen (VP) wird zur Optimierung und Vereinheitlichung standardisiert. Verbindliche Festlegung von gemeinsamen Regelungen und Ausschlusskriterien für die Werbung und den Einsatz von VP im Verfassungsschutz werden in Gesetzen und / oder in Dienstvorschriften der Länder und des Bundes aufgenommen. Eine zentrale VP-Datei wird beim BfV eingerichtet, um künftig einen besseren Überblick über die Zugangslage bei dem jeweiligen Beobachtungsobjekt und eine Dokumentation über den Einsatz von VP im Verfassungsschutzverbund zu erhalten. Des Weiteren liegen konkrete Vorschläge für eine verstärkte Koordination der Internetaufklärung und Ausgestaltung der Internetnutzung durch die Verfassungsschutzbehörden vor. 11
  • Niedersächsischen Verfassungsschutzes Um die aus der Aufarbeitung des NSU-Komplexes gewonnenen Rückschlüsse auch für eine Neuausrichtung und die notwendigen Reform
Darin enthalten sind Maßnahmen wie die Einrichtung einer zentralen Indexdatenbank und einer gemeinsamen Mediendatei. Der Kernpunkt ist die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für operative Sicherheit im Internet beim BfV. 1.5.2 Arbeitsgruppe zur Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes Um die aus der Aufarbeitung des NSU-Komplexes gewonnenen Rückschlüsse auch für eine Neuausrichtung und die notwendigen Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes zu nutzen, setzte Innenminister Pistorius am 04.09.2013 eine aus externen Expertinnen und Experten bestehende Arbeitsgruppe zur Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes ein. Auf der Basis einer eingehenden Analyse der Ausgangssituation widmete sich die Arbeitsgruppe folgenden Kernthemen: Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit anderen Sicherheitsbehörden, Einsatz von VP, Personelle Ausstattung und Organisation und Anpassungsbedarf rechtlicher Grundlagen und Rahmenbedingungen. Bei der Erarbeitung der konkreten Handlungsempfehlungen wurde allen im Landtag vertretenen Parteien die Möglichkeit gegeben, ihre Vorschläge zur Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes einzubringen. Der Abschlussbericht mit Empfehlungen wurde dem Innenminister am 24.04.2014 vorgelegt und veröffentlicht. Nach sorgfältiger Analyse der Handlungsempfehlungen wird ein daraufhin vom Innenministerium erstellter Gesetzentwurf zur Novellierung des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes eingebracht. Eine Diskussion in den Ausschüssen sowie im Plenum des Niedersächsischen Landtages wird sich daran anschließen. 1.6 Informationsgewinnung Der niedersächsische Verfassungsschutz gewinnt die zur Erfüllung seiner Aufgaben relevanten Informationen überwiegend aus offen zugänglichen Quellen, die grundsätzlich jedem Bürger auch zur Verfügung stehen, wie z. B. aus dem Internet, aus Zeitungen, Zeitschriften, Flugblättern, Programmen und Broschüren. Darüber hinaus können - im Rahmen gesetzlich festgelegter Befugnisse und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - nachrichtendienstliche Mittel zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden. Nach SS 6 NVerfSchG darf der Verfassungsschutz zur Beschaffung der erforderlichen Informationen die hier abschließend aufgeführten nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen, soweit dies für die Erkenntnisgewinnung unverzichtbar ist. Dazu gehören z. B. der Einsatz von verdeckt arbeitenden Vertrauenspersonen (VP), Observationen, verdeckte Bildund Tonaufzeichnungen und sonstige verdeckte Ermittlungen und Befragungen. Die näheren Voraussetzungen für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel sind in den SSSS 6 bis 6 d NVerfSchG geregelt. 12
  • veröffentlichten Lied "DönerKiller" die Mordserie der Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verherrlicht zu haben. Das Urteil des LG Osnabrück sieht
ten Aufschluss, das im Januar 2013 auf dem Facebook-Profil "JN Niedersachsen",24 der so genannten Schulhofzeitung der JN, erschien: "Wenn einem etwas unter den Nägeln brennt, muss man es irgendwie raus lassen. Musik ist ein ganz probates Mittel, diese Energie kreativ zu kanalisieren und bei dieser Gelegenheit dem Einen oder Anderen Denkanstöße zu geben." Das Landgericht (LG) Osnabrück verurteilte GIESE am 06.06.2013 in einem Berufungsverfahren wegen Volksverhetzung zu einer inzwischen rechtskräftigen Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro. Die Verurteilung gründet sich auf Textinhalte des Liedes "Geschwür am After" von der 2010 veröffentlichten CD "Adolf Hitler lebt!", die von der BPjM im selben Jahr indiziert und in die Liste B der jugendgefährdenden Medien als strafrechtlich relevant aufgenommen wurde. Die Strafkammer des LG sah es als erwiesen an, dass darin der Holocaust geleugnet wird. In dem der Berufung zugrunde liegenden Verfahren im Jahr 2012 war GIESE wegen Volksverhetzung zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Man hatte ihm u. a. vorgeworfen, mit dem ebenfalls auf der o. g. CD veröffentlichten Lied "DönerKiller" die Mordserie der Gruppierung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verherrlicht zu haben. Das Urteil des LG Osnabrück sieht den Liedtext aufgrund seiner Mehrdeutigkeit jedoch nicht als strafbar an. "Nordfront" Mit dem Tonträger "Der letzte Streich" veröffentlichte die Band eine Neuauflage der im Jahr 2012 erschienenen CD "Tätervolk Geschichte", welche von der BPjM indiziert wurde. Bei der Neuauflage verzichtete "Nordfront" auf den für die Indizierung maßgeblichen Titel "Herzen wie Erz". In dem Liedtext sah die BPjM ein "deutliches Bekenntnis zur nationalsozialistischen Rassenlehre, die auf der biologischen Überlegenheit der arischen Rasse gegenüber anderen Ethnien beruht." "Alte Schule" Die Band aus Schneverdingen trat im Januar 2013 auf einem Skinheadkonzert in Koberg (Schleswig-Holstein) auf. "Terroritorium" Die aus der Region Hannover stammende Band war im März 2013 an einem Skinheadkonzert in Schönebeck (Sachsen-Anhalt) beteiligt. "Liedermacher Patrick KRUSE/Jugendgedanken" Der ebenfalls aus Hannover stammende Liedermacher Patrick KRUSE - ehemaliger Aktivist der verbotenen neonazistischen Gruppierung Besseres Hannover - trat 2013 bundesweit mehrfach und vorrangig bei Veranstaltungen der JN auf. Unter dem Namen "Jugendgedanken" veröffentlichte KRUSE Anfang des Jahres den Tonträger "Porno im Radio", dessen Texte 24 Ausdruck vom 20.01.2014. 40
  • zweite Jahrestag des Bekanntwerdens der Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). Insgesamt nahmen ca. 480 Personen an der Demonstration durch
Spontankundgebung am 15.10.2013 in Hannover-Linden mit ca. 30 Personen, bei der u. a. Parolen wie "Solidarität muss praktisch werden - Feuer und Flamme den Abschiebebehörden", "Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht für alle" und "Nazis morden - der Staat schiebt ab - das ist das gleiche Rassistenpack" skandiert wurden. Diese Versammlung fand mutmaßlich durch elektronische Mobilisierung von Personen der autonomen Szene statt. Dennoch bleibt innerhalb der linksextremistischen Szene immer eine Schnittmenge für kollektives, öffentlichkeitswirksames Engagement. Für den 29.11.2013 mobilisierte die linksextremistische Gruppierung Antifaschistische Linke International (A.L.I.) in Göttingen für eine Demonstration unter dem Motto: "Rassismus bekämpfen - Verfassungsschutz auflösen". Anlass war der zweite Jahrestag des Bekanntwerdens der Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). Insgesamt nahmen ca. 480 Personen an der Demonstration durch die Göttinger Innenstadt teil. Neben vereinzelten Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden von vermummten Teilnehmer Bengalfackeln und Pyrotechnik abgebrannt. Während der Demonstration gerieten auch zwei Pkw in Brand, die auf den Grundstücken zweier Studentenverbindungen geparkt waren. Die A.L.I. ist ebenso wie die redical [m] aus der ehemaligen Göttinger Autonomen Antifa [M] die sich Ende April 2004 aufgelöst hat, hervorgegangen. Sie ist inhaltlich antiimperialistisch ausgerichtet und grenzt sich dadurch ideologisch von den antideutschen Gruppierungen innerhalb der linksextremistischen autonomen Szene ab. Sie versteht sich als: "Teil einer weltweiten Linken, die sich den Zumutungen und existentiellen Bedrohungen durch den Kapitalismus in konkreten Kämpfen entgegenstellt ... Bezugspunkt und Subjekt von Befreiung sind für uns alle Menschen, die wie wir innerhalb der ihnen gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen den Kampf gegen den Kapitalismus, das Patriarchat, nationalistischen Chauvinismus, Rassismus und Antisemitismus entwickeln wollen; für eine Gesellschaft in der die Herrschaft des Menschen über den Menschen überwunden ist." (veröffentlicht auf der Internetseite der A.L.I., Ausdruck vom 13.03.2014) Neben dem allgemeinen Hauptaktionsfeld der A.L.I., dem Antifaschismus, haben die Themenbereiche Antirassismus, Antirepression und Antimilitarismus einen hohen Stellenwert. Diese Aktionsfelder werden von der A.L.I., auch aufgrund tagespolitischer Ereignisse, mit unterschiedlichen Schwerpunkten öffentlich durch unterschiedliche Veranstaltungen, Demonstrationen oder Kundgebungen thematisiert. Die A.L.I. agiert nicht nur in Göttingen sondern ruft auch zu überregionalen Aktionen auf. So mobilisierte sie über ihre Internetseite zu den Protesten gegen den "Tag der deutschen Zukunft" in Wolfsburg und den Protesten gegen den "Trauermarsch" der Neonaziszene in Bad Nenndorf. Neben ihrem regionalen Aktionsradius strebt die A.L.I. jedoch laut ihrem Selbstverständnis auch überregionale Strukturen an. "Parallel zu dieser regionalen Verankerung beteiligen wir uns an der Schaffung einer radikalen Linken, die bundesweite Handlungsfähigkeit erreichen will." (veröffentlicht auf der Internetseite der A.L.I., Ausdruck vom 13.03.2014) 92
  • Teilnehmer wurden u. a. über die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses, den Verratsfall auf der NATOBasis in Ramstein (Rheinland-Pfalz
Vorträge Die Mitarbeiter des Wirtschaftsschutzes hielten 112 Vorträge bei Tagungsveranstaltungen. Neben Industrieund Handelskammern, Universitäten und kommunalen Wirtschaftsförderungen werden die Vorträge des Wirtschaftsschutzes vermehrt von Unternehmen im Rahmen von Awareness-Veranstaltungen für Mitarbeiter und bei Führungskräftetrainings nachgefragt, um für eine Sensibilisierung zu sorgen. Zum Thema Wirtschaftsspionage wurde durch den Wirtschaftsschutz auch im Studiengang Risikound Sicherheitsmanagement an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen ein Gastreferat gehalten. Netzwerk Ein bedeutsamer Aspekt in der Arbeit des Wirtschaftsschutzes ist die Netzwerkarbeit. Ein wichtiger Partner hierbei ist die niedersächsische Polizei, die oft Hinweisgeber für mögliche Wirtschaftsspionagefälle sein kann. Deshalb werden Studierende an der Polizeiakademie Niedersachsen, aber auch Polizeidienststellen im Lande zu diesen Themen sensibilisiert. Gemeinsam mit dem Fachkommissariat Wirtschaftskriminalität der Polizeidirektion Hannover wird ein Präventionsprojekt durchgeführt, bei dem in Firmenveranstaltungen zu den Themen Korruption, Wirtschaftsspionage und Internetkriminalität referiert wird. Das Landeskriminalamt Niedersachsen informiert den Wirtschaftsschutz über Einbruchsdiebstähle bei Unternehmen, bei denen Know-how abhandengekommen und eventuell ein nachrichtendienstlicher Hintergrund gegeben ist. Darüber hinaus kommt es häufig zu einer Zusammenarbeit mit der dortigen Zentralstelle Internetkriminalität. Die Netzwerkarbeit des Wirtschaftsschutzes kommt auch in den nachfolgend beschriebenen Veranstaltungen zum Tragen. 7.2.3 17. Sicherheitstagung für geheimschutzbetreute Unternehmen Am 05. und 06.06.2013 fand in Braunlage die Tagung des Niedersächsischen Verfassungsschutzes für Sicherheitsbevollmächtigte der geheimschutzbetreuten Unternehmen in Niedersachsen statt. Rund 60 Vertreter von Wirtschaftsunternehmen nahmen an der Veranstaltung zum Thema "Die Realität in der Welt der Sicherheit" teil. Die Teilnehmer wurden u. a. über die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses, den Verratsfall auf der NATOBasis in Ramstein (Rheinland-Pfalz) und die Arbeit des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) informiert. 7.2.4 12. Wirtschaftsschutztagung des Niedersächsischen Verfassungsschutzes Am 14.11.2013 fand die 12. Wirtschaftsschutztagung in Hannover statt. Unter den etwa 140 Teilnehmern waren neben Vertretern der Wirtschaft auch Studenten der Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen (Institut für Polizei und Sicherheitsforschung) sowie Vertreter anderer Verfassungsschutzbehörden und der Polizei. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen Vorträge zum Thema Cybersicherheit. Des Weiteren wurde zu den Möglichkeiten der Informationsbeschaffung durch private Ermittler referiert. 156
  • deutschen Sicherheitsbehörden war die Existenz des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) über 13 Jahre hinweg verborgen geblieben. Die Ermordung von mindestens zehn
Warum wir den Verfassungsschutz brauchen Liebe Bürgerinnen und Bürger, der Verfassungsschutzbericht 2012 erscheint in einer Zeit, in der sich der Nachrichtendienst in ganz Deutschland fundamentaler Kritik von Politik, Medien und Öffentlichkeit gegenüber sieht. Nicht wenige Akteure in dieser Debatte stellen dabei die Frage, ob man den Verfassungsschutz - jedenfalls in der bisherigen Form - überhaupt noch braucht. Die Zweifel an der Daseinsberechtigung einer solchen Behörde gehen dabei weit über das übliche Milieu grundsätzlicher Kritiker des Verfassungsschutzes hinaus. Auch bei vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ansonsten nicht besonders für die bundesdeutsche Sicherheitsarchitektur interessieren, hat der Dienst an Vertrauen verloren. Er habe, so heißt es weithin, "versagt" oder sei gar mehr Teil des Problems als seiner Lösung. Er sei, so schreibt die Presse, "eine Gefahr für die Verfassung" (Süddeutsche Zeitung) und wird "der Kumpanei" mit "Neonazis" (taz) bezichtigt. Vermutlich standen Legitimität und Zweck des Verfassungsschutzes noch nie seit seiner Gründung so sehr in Frage wie heute. Die gegenwärtige mediale und gesellschaftliche Grundstimmung gegenüber dem Inlandsnachrichtendienst "kritisch" zu nennen, wäre daher eine krasse Untertreibung. Diese massive Legitimitätskrise des Verfassungsschutzes hat nachvollziehbare Gründe. Den deutschen Sicherheitsbehörden war die Existenz des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) über 13 Jahre hinweg verborgen geblieben. Die Ermordung von mindestens zehn Menschen in dieser Zeit wurde nicht auf rechtsextremistische, sondern kriminelle Motive zurückgeführt. Eine, wie wir seit November 2011 wissen, verhängnisvolle Fehleinschätzung. Wozu braucht es Sicherheitsbehörden, fragen viele Bürger, die offenbar "blind" und nicht in der Lage sind, derart schreckliche 7
  • sollte, meine ich, auch bei der Aufarbeitung des NSU-Debakels nicht vorschnell zu den einfachen und vermeintlich populären Lösungen greifen
Warum wir den Verfassungsschutz brauchen ableiter" für Kritik aller Art an einem komplexen Versagen von Sicherheitsbehörden, für das er weder ausschließlich verantwortlich ist, noch allein Verantwortung übernehmen kann. Zugespitzt formuliert: Wäre es tatsächlich so, dass allein der Verfassungsschutz "versagt" hätte", dann wäre das Problem um vieles geringer, als es tatsächlich ist. Man sollte, meine ich, auch bei der Aufarbeitung des NSU-Debakels nicht vorschnell zu den einfachen und vermeintlich populären Lösungen greifen. Sie könnten sich, wie so oft, als bloße Scheinlösungen entpuppen. Und wenn das der Fall ist, dann hätten wir die falschen Lehren gezogen. Die Vorstellungen der Öffentlichkeit über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes sind oft unscharf; nicht selten falsch. Ihn umgibt als Nachrichtendienst eine gewisse Aura des Geheimnisvollen. Das ist wohl ein Stück weit unvermeidlich, auch wenn gerade der brandenburgische Verfassungsschutz große und bundesweit vorbildliche Anstrengungen unternimmt, über seine Tätigkeit aufzuklären. Was also kann der Verfassungsschutz leisten? Was können Bürger und Gesellschaft von ihm erwarten? Und umgekehrt natürlich: Was nicht? Was gehört nicht zu seinen Aufgaben; was liegt außerhalb seiner Möglichkeiten? Und welche Konsequenzen sollten wir aus den Fehlern der Sicherheitsbehörden tatsächlich ziehen, um eine Wiederholung einer solchen Terrorserie in der Zukunft auszuschließen? Bevor wir zu Schlussfolgerungen über die Zukunft des Verfassungsschutzes in Deutschland kommen, sollten wir uns zuvor Klarheit über die Antwort auf diese entscheidenden Fragen verschaffen. Der Verfassungsschutz hat insbesondere die Aufgabe, Informationen über Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Er soll damit als eine Art "Frühwarnsystem" in der Demokratie wirken. Er soll informieren, aufklären, sensibilisieren und warnen. In dieser Rolle ist er im Idealfall ein wirksamer Demokratiedienstleister. Er hat keine exekutiven Eingriffsbefugnisse. Er kann niemanden verhaften, auch keine Wohnungen durchsuchen. Er ist keine "Neben-" und schon gar keine "Geheimpolizei". Extremistische Bestrebungen sind auch dann schon Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes, wenn sie sich unterhalb der Ebene der Strafbarkeit bewegen. Kritiker halten dies für "Gesinnungsschnüffelei". Es handele sich um ein Relikt des Kalten Krieges. Wer nichts "Verbotenes" tut, warum sollte der überhaupt die Aufmerksamkeit staatlicher Stellen auf sich 9
  • beschrieben: "Es scheint, als hätte das NSU-Trio nur in einem rechten Überwachungsstaat sicher gefasst werden können. In einem Staat
Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ziehen? Um alles andere, so manche Kritiker weiter, könne sich dann der polizeiliche Staatsschutz kümmern. Aber die Idee des Verfassungsschutzes, der den Extremismus schon dann ins Visier nimmt, wenn er sich nicht gewaltförmig äußert und noch nicht gegen Rechtsnormen verstößt, ist kein Relikt aus Zeiten des Kalten Krieges. Der Verfassungsschutz steht für die wehrhafte Demokratie. Sie ist eine Lehre aus den Anfechtungen und der Niederlage der ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik. Diese Lehre lautet: Die Gesellschaft und der Staat müssen totalitären und autoritären Gefahren frühzeitig und entschieden entgegentreten - denn sonst kann es zu spät sein. Der Verfassungsschutz wird dabei nie in der Lage sein, alle solche Bestrebungen vollständig und bis ins Detail aufzuklären. Er kann es nicht, denn seine personellen und materiellen Ressourcen sind begrenzt. Vor allem aber: Er soll es auch nicht können, denn dies bedeutet den Weg in genau den Überwachungsstaat, der mit der freiheitlichen Demokratie gänzlich unvereinbar wäre. Wer von den Möglichkeiten des Verfassungsschutzes redet, der darf von seinen (gewollten) Grenzen nicht schweigen. Das entschuldigt keine Fehler, die der Verfassungsschutz begangen hat. Das relativiert keinerlei berechtigte Kritik. Aber es lenkt den Blick auf die Begrenztheit der Möglichkeiten eines Nachrichtendienstes in der Demokratie. Der Nachrichtendienst sieht nicht "alles". Er kann es nicht. Er soll es nicht. Und das ist kein Defekt oder Mangel seiner Existenz, sondern - genau betrachtet - gewollt und richtig so. Christian Rath hat dies in der "taz" so beschrieben: "Es scheint, als hätte das NSU-Trio nur in einem rechten Überwachungsstaat sicher gefasst werden können. In einem Staat, in dem niemand unerkannt untertauchen kann, in dem niemand mit fremden Pässen durch den Alltag kommt, in dem alle Reisen registriert und Bewegungsbilder noch nach Jahren erstellt werden können. Deutschland ist weit davon entfernt ein solcher Überwachungsstaat zu sein. Zum Glück." Wir sind damit in der täglichen Arbeit oft konfrontiert. Journalisten fragen etwa, wie viele Personen denn zu einer bestimmten Gruppierung gehörten. Nicht selten können wir dazu nur begründete Schätzungen abgeben. Manches muss notwendigerweise im Ungefähren bleiben - als Tendenz, als Entwicklung, als Bestrebung. Macht dies die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes wertlos? Ist es wirklich besser gar nichts zu sehen, als nur einen Teil des Bildes? Ich meine: nein. 10
  • geben. Es war auch nicht allein der Verfassungsschutz beim NSU mit Blindheit geschlagen. Es waren nicht die Ermittler allein
Warum wir den Verfassungsschutz brauchen Ohne den Nachrichtendienst hätten wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten wesentliche Entwicklungen insbesondere innerhalb des Rechtsextremismus nicht so nachvollziehen und analysieren können, wie es der Fall war. Und dies ist - insbesondere in Ostdeutschland - nachweisbar nicht ohne Wirkung auf die Szene geblieben. Dies wird nicht dadurch dementiert, dass es den Behörden nicht gelungen ist, die durchaus vorhandenen Hinweise auf das abgetauchte rechte Terrortrio richtig zu deuten und den Ermittlungen zu der jahrelangen Mordserie eine andere Richtung zu geben. Es war auch nicht allein der Verfassungsschutz beim NSU mit Blindheit geschlagen. Es waren nicht die Ermittler allein, die es sich offenbar schlicht nicht vorstellen konnten, dass ein verschworenes Trio von Rechtsterroristen durch die Bundesrepublik zieht und kaltblütig Menschen ermordet. Die kritische Debatte über die Zukunft des Verfassungsschutzes ist notwendig und berechtigt. Aber es gibt auch Töne in dieser Debatte, die nicht frei sind von Selbstgerechtigkeit, Besserwisserei im Nachhinein und interessengeleiteten Verschwörungstheorien. Keine Frage: Der Verfassungsschutz muss sich ändern. Der Austausch von Informationen zwischen Nachrichtendienst, Polizei und Justiz muss besser werden, ohne dass das Trennungsgebot dabei in Frage gestellt wird. Der Dienst muss transparenter werden, er muss seinen Daseinszweck immer wieder neu begründen. Ein moderner, an den Kommunikationsbedürfnissen der Gesellschaft orientierter Nachrichtendienst gewinnt Vertrauen, indem er seine Funktion mit der Weitergabe seiner Expertise an die Öffentlichkeit unmittelbar verbindet. Als Demokratiedienstleister muss der Verfassungsschutz Gesichter und Namen haben. Die Vermittlung ständig aktualisierter Informationen und Analysen über extremistische Bestrebungen an die Öffentlichkeit zählt zu seinen Kernaufgaben. Zu vermitteln sind ebenso Auftrag und Arbeitsweisen der Verfassungsschutzbehörden sowie deren Kontrolle durch die Parlamente. Die Vorlage des aktuellen Verfassungsschutzberichtes für das Land Brandenburg leistet dazu einen Beitrag. Sie, liebe Leserin, lieber Leser, können sich so selbst ein Bild über die Gefährdungen der Demokratie in unserem Land machen und davon, was der Verfassungsschutz zu ihrer Aufklärung zusammengetragen hat. Wie in jedem Jahr, werden manche dieser Erkenntnisse sicher nicht unwidersprochen bleiben. Auch die Debatte darüber gehört zu einer lebendigen Demokratie dazu. Aber ich hoffe, dass Ihnen die Lektüre nützliche Informationen über ein Themenspektrum bieten wird, dass ohne den Verfassungsschutz nicht ausreichend aufge11
  • wirklich die letzte Konsequenz sein, die wir aus dem NSU-Desaster ziehen. Dr. Dietmar Woidke Minister des Innern
Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 hellt werden könnte, und das gleichwohl für unser aller friedliches Zusammenleben in der Demokratie von großer Bedeutung ist. Auch dies gilt es zu bedenken in der aktuellen Diskussion. Der Verfassungsschutz in Deutschland wird sich in vielen Punkten neu aufstellen und in Zukunft sicherlich auch anderes präsentieren - und manch Beispielgebendes hat Brandenburg zu dieser Debatte beizutragen. Aber: Ich bin überzeugt, dass der Verfassungsschutz als lernendes System auch in Zukunft seine sinnvolle Funktion und Existenzberechtigung hat. Denn seine Abschaffung würde die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gegen politischen und gewaltorientierten Extremismus in Deutschland schwächen. Und das sollte wirklich die letzte Konsequenz sein, die wir aus dem NSU-Desaster ziehen. Dr. Dietmar Woidke Minister des Innern 12
  • Funktionärs Ralf Wohlleben in die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) mögliche Sympathisanten der NPD bis auf weiteres abgeschreckt haben. Genauso
Rechtsextremismus Auch gegen den ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt verhängte das Landgericht Berlin eine zehnmonatige Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung. Nach Ansicht des Gerichts hatte Voigt am 25. März 2010 in einer Rede in der Bezirksverordnetenversammlung von TreptowKöpenick die Waffen-SS verherrlicht. Außerdem sprachen die Richter den ehemaligen NPD-Chef gemeinsam mit dem früheren Berliner NPDLandeschef Uwe Meenen schuldig, zur Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011 einen ausländerfeindlichen Werbespot verbreitet zu haben. Gegen Meenen verhängte das Gericht eine achtmonatige Bewährungsstrafe. Zu guter Letzt verließ mit Andreas Molau ein ehemaliger Funktionär und intimer Kenner der NPD die rechtsextremistische Szene und lieferte tiefe Einblicke in das Finanzgebaren der Partei. In Interviews legte er zudem die Orientierung der Partei am völkischen Nationalismus und den ungezügelten Hass ihrer Funktionäre und Mitglieder auf Ausländer offen. Besonders für die aggressive Feindfixierung der NPD fand Molau wenig schmeichelhafte aber bezeichnende Worte. So charakterisierte er die Schweriner Landtagsfraktion der NPD als "völkische Talibantruppe". Ebenso dürfte die mutmaßliche Verwicklung des langjährigen thüringischen NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben in die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) mögliche Sympathisanten der NPD bis auf weiteres abgeschreckt haben. Genauso abschreckend dürften die Schusswaffenfunde bei NPD-Mitgliedern in Bremen wirken. Hinzu kommt das drohende Parteiverbotsverfahren. Im eigenen Lager wird die NPD vom Hamburger Neonationalsozialisten Christian Worch herausgefordert. Der gründete im Mai 2012 die Partei "Die Rechte" (siehe Kapitel 1.6). Dadurch könnte die NPD Unterstützung bei Neonationalsozialisten verlieren. NPD in Brandenburg Ein eigenständiger Landesverband der NPD existiert in Brandenburg seit 2003. Bis dahin gab es einen gemeinsamen Landesverband mit Berlin. Durch die Neupositionierung der Gesamtpartei vor rund zehn Jahren durch den damaligen Bundesvorsitzenden Voigt öffnete sich auch der Landesverband Brandenburg für Neonationalsozialisten. Der NPD Brandenburg traten neonationalsozialistische Kader aus der verbotenen "Freiheitlichen Arbeiterpartei" (FAP), der "Nationalistischen Front" (NF), den "Nationalen" sowie der "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) bei. Ins67
  • festgenommen. Er wird verdächtigt, den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) unterstützt zu haben. Märkisch Buchholz (LDS) In Märkisch Buchholz steht ein zweigeschossiges
Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Mühlenfließ (PM) Im Mühlenfließer Ortsteil Grabow befindet sich eine aus mehreren kleinen Gebäuden bestehende Immobilie. Obwohl nahezu baufällig, dient sie Rechtsextremisten aus Brandenburg und benachbarten Bundesländern als Treffpunkt. Das Grundstück ist für die Blicke von außen gänzlich abgeschottet. Besitzer ist der aus den "Jungen Nationaldemokraten" (siehe 1.4) ausgetretene ehemalige Leiter des Potsdamer Stützpunktes, Maik Eminger. Am 24. November 2011 wurde sein Zwillingsbruder Andre Eminger an diesem Ort von der Spezialeinheit GSG 9 festgenommen. Er wird verdächtigt, den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) unterstützt zu haben. Märkisch Buchholz (LDS) In Märkisch Buchholz steht ein zweigeschossiges Wohnhaus, dessen Erdgeschoss als Gaststätte genutzt wurde. Auf dem Hof befindet sich ein Seitenflügel mit drei kleinen Wohneinheiten. Alle Gebäude haben einen hohen Sanierungsbedarf. Die Liegenschaft wird von dem NPD-Funktionär Sven Haverlandt bewohnt und ist gleichzeitig Sitz des NPD-Kreisverbandes Dahmeland. Zu der Immobilie wird eine eigene Internetseite unterhalten. Die NPD ist im Begriff, hier ein nationales Jugendund Freizeitzentrum einzurichten. Um diesen Anspruch zu unterstreichen, wurde im April 2012 der vierte brandenburgische Stützpunkt der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) ins Leben gerufen. In den darauf folgenden Monaten war die JN sehr aktiv (siehe Kapitel 1.4). Das Vorhaben der NPD, eine Szene-Immobilie zu etablieren, ist bislang gescheitert. Das ist vor allem dem geschlossenen Widerstand der Bürger vor Ort zu verdanken. Gescheiterter Kauf-Versuch in Forst (SPN) Im Herbst 2012 meldete sich ein Dr. Ernst Lehmann aus Halle (SachsenAnhalt) beim Tourismusverband Niederlausitz. Er suche eine Immobilie mit 88
  • Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ........... 18, 21, 41 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ........................................ 67, 88 NATO .................................................................................................. 171f. Natürlich ............................................................................................... 116 Naturschutzbund .................................................................................... 33 Neudeutsche Gesundheitskasse
Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Nationale Sozialisten Spremberg ........................................................... 33 Nationaler Widerstand ...................................................................... 18, 84 Nationaler Widerstand Berlin .................................................................. 48 Nationaler Widerstand Dortmund ........................................................... 84 Nationale Sozialisten ............................................................ 18, 33, 35, 37 Nationalisten Spremberg .................................................................. 32, 35 Nationalistische Front (NF) ..................................................................... 67 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ........... 18, 21, 41 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ........................................ 67, 88 NATO .................................................................................................. 171f. Natürlich ............................................................................................... 116 Naturschutzbund .................................................................................... 33 Neudeutsche Gesundheitskasse ........................................................ 107f. Neudeutsche Rentenkasse ................................................................ 107f. Neudeutschland.................................................................................. 107f. No Escape ............................................................................................ 116 Non Divine ............................................................................................ 116 Northsidecrew......................................................................................... 44 NS-Boys ................................................................................................. 48 O Obskur .................................................................................................. 116 Oderfront ..................................................................................... 30, 35-37 Oderland Stimme.................................................................................... 78 Odinversand ........................................................................................... 47 One People One Struggle Records (OPOS Records) ........................ 123f. Outlaws................................................................................................... 49 P Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) ..................................... 186f. PC Records ........................................................................................ 123f. 362
  • Verbotsforderungen und die medialen Mutmaßungen über eine Unterstützung des NSU durch die NPD, brachte die Partei noch weiter
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/770 Aufgrund der zunehmenden politischen Zurückhaltung der "Subkulturellen" stellt dieses Potenzial die Sicherheitsbehörden vor besondere Herausforderungen: Für die Zukunft sind sowohl Rückzüge aus der Szene als auch eine Hinwendung zu klandestinen Organisationsund konspirativen sowie gefährlicheren Aktionsformen denkbar. Die mit der Reduktion rechtsextremer Aktionen einhergehende reduzierte Wahrnehmung der bekannten rechtsextremen Protagonisten durch die Sicherheitsbehörden könnte jedoch zu einem Erkenntnisdefizit in der Lageund Gefährdungsbeurteilung führen. Wenn bisher bekannt gewordene Rechtsextremisten sich nicht mehr einschlägig betätigen, ist sowohl eine Herauslösung aus der Szene als auch eine Hinwendung zu klandestinen Organisationsund konspirativeren sowie gefährlicheren Aktionsformen denkbar. Es wurden 533 Straftaten gemeldet. Das ist ein Rückgang von 28 gegenüber 2011. Die Zahl der darin enthaltenen Gewalttaten reduzierte sich ebenfalls von 27 auf 23. Ursächlich für den Rückgang der rechtsextremistischen Gewalttaten dürfte in erster Linie die durch den "Verfolgungsdruck" ausgelöste Unterlegenheit der gewaltbereiten aktionistischen rechtsextremistischen Szene sein. Der offenkundig aus taktischen Gründen geübte derzeitige weitgehende Verzicht auf Gewalt gegenüber politischen Gegnern dürfte erfahrungsgemäß bei sich wieder ändernden Kräfteverhältnissen nicht dauerhaft sein. 2 Organisationen und Gruppierungen des rechtsextremistischen Spektrums 2.1 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 2.1.1 Aktivtäten auf Bundesebene Die anhaltenden Verbotsforderungen und die medialen Mutmaßungen über eine Unterstützung des NSU durch die NPD, brachte die Partei noch weiter in die Defensive. Auch unter dem am 12. November 2011 zum neuen Bundesvorsitzenden gewählten Holger Apfel gelang es der Partei nicht, einen Bedeutungszuwachs außerhalb des 17
  • Verbotsverfahren sowie die öffentliche Diskussion über die Verbrechen des NSU könnten hierfür ein Grund sein: Die jeweils letzten Wahlergebnisse
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/770 "Diese Straftaten gehen zwar vom linken Spektrum aus, jedoch sind die geistigen Urheber bei allen etablierten Parteien zu finden, die seit Monaten an der allgemeinen Diskriminierung gegen Patrioten teilnehmen. Das erneute, ungerechtfertigte Verbotsgeschrei gegen eine legale, in 2 Landtagen sitzende Partei, erzeugt Gewaltexzesse bei sog. Gutmenschen und selbsternannten Antifaschisten, die letzten Endes das Werk anderer erledigen." (Quelle: Internetbericht vom 21. Mai 2012, www.npd-sh.de) Bislang gibt es noch keine Hinweise darauf, dass NPD-Mitglieder Vergeltungsmaßnahmen vorbereiten. Dennoch besteht hierdurch das Risiko einer Aufschaukelung gegenseitiger Gewalt. 2.1.3 Beteiligung der NPD an Wahlen 2012 fanden in drei Bundesländern Landtagswahlen statt. Dabei musste die NPD ausnahmslos Verluste hinnehmen. Die ausführliche Berichterstattung in den Medien über ein mögliches Verbotsverfahren sowie die öffentliche Diskussion über die Verbrechen des NSU könnten hierfür ein Grund sein: Die jeweils letzten Wahlergebnisse der NPD nach Zweitstimmen im Länderüberblick 23
  • Gruppe "Besseres Hannover". Auch die nach dem Bekanntwerden des NSU verstärkte öffentliche Wahrnehmung und Berichterstattung über rechtsextremistische Bestrebungen spielte für
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/770 Die Fortführung von rechtsextremistischen Aktivitäten unter dem Schutz einer neuen Partei erinnert an die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP). Diese wurde Ende der achtziger Jahre von Anhängern Michael Kühnens aus dessen verbotener "Aktionsgemeinschaft Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) unterwandert. Die als Ersatzorganisation genutzte Partei konnte am 24. Februar 1995 vom Bundesinnenministerium - nach vorausgegangenem Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht - verboten werden, weil das Gericht die Parteieigenschaft der FAP verneinte. Ursächlich hierfür war die fehlende Beteiligung an Wahlen. Eine vergleichbare Situation ist aus heutiger Sicht jedoch noch nicht gegeben. Auch wenn die weitere Entwicklung der Partei "Die Rechte" noch mit Unsicherheiten behaftet ist, dürfte sie aufgrund der dargestellten Zusammenhänge nicht zu einer Ersatzorganisation für die NPD werden. 2.3 Aktionistische neonazistische Personenzusammenschlüsse in SchleswigHolstein Die Situation der neonazistischen Szene in Schleswig-Holstein ist seit Jahren durch das Fehlen von Führungspersönlichkeiten geprägt. Ein spürbarer Einfluss übergeordneter Kader im Hinblick auf Organisationsstrukturen, Aktivitäten oder Strategien ist im Bereich der aktionsorientierten Rechtsextremisten auch weiterhin nicht erkennbar. Im Gegenteil haben sich im Verlaufe des Jahres einige führende Rechtsextremisten merklich zurückgezogen. Neben persönlichen Gründen dürften auch die Verbote rechtsextremistischer Gruppierungen in anderen Bundesländern zu einer steigenden Verunsicherung beigetragen haben. Am 23. August wurden drei neonazistische Zusammenschlüsse in Nordrhein-Westfalen verboten, darunter der "Nationale Widerstand Dortmund". Am 25. September verbot das Land Niedersachsen die Gruppe "Besseres Hannover". Auch die nach dem Bekanntwerden des NSU verstärkte öffentliche Wahrnehmung und Berichterstattung über rechtsextremistische Bestrebungen spielte für diese Entwicklung eine nicht unwesentliche Rolle. Diese Umstände haben zumindest teilweise Eindruck auf ideologisch gefestigte Neonazis hinterlassen und deren Engagement spürbar verringert. Rechtsextremistische Kameradschaften oder Vereinigungen bestehen in SchleswigHolstein schon seit Jahren nicht mehr. Trotz der derzeit vergleichsweise geringen 31
  • ganz wesentlich an dem öffentlichen Diskurs zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU), den Überlegungen zum möglichen NPD-Verbotsverfahren und der Teilnahme
Drucksache 18/770 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode III. Linksextremistische Bestrebungen 1 Überblick Linksextremisten in Schleswig-Holstein richteten 2012 ihr politisches Handeln ganz wesentlich an dem öffentlichen Diskurs zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU), den Überlegungen zum möglichen NPD-Verbotsverfahren und der Teilnahme der NPD an den Landtagswahlen aus. In der Folge behielt der Themenzusammenhang "Anti-Faschismus" eine dominierende Stellung für die Szene in Schleswig-Holstein. Dabei war der Linksextremismus von einer hohen Aktionsfähigkeit und -bereitschaft der "klassischen" autonomen Szene gekennzeichnet. Ihre Bestrebung zu größerer Eigenständigkeit ist weiter fortgeschritten. Sie geht einher mit einer unverändert hohen Bereitschaft zur Begehung strafrechtlich relevanter Aktionen. Die weiterhin aktive Organisation "Avanti - Projekt undogmatische Linke" (Avanti) vermied aus bündnistaktischen Erwägungen jedoch die offene Unterstützung von gewalttätigen Aktionen. Es verstetigte sich der prägende Einfluss der undogmatischen Szene auf den Phänomenbereich Linksextremismus in Schleswig-Holstein. Der dogmatische Linksextremismus, also weitgehend die parteigebundenen Organisationen wie die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), verliert zunehmend an Bedeutung für die linksextremistische Szene. Kennzeichnend waren inhaltliche Stagnation und marginale Aktionsfähigkeit. Im Berichtszeitraum konnten dem Bereich des Linksextremismus rd. 730 Personen (2011: rd. 750 Personen) zugerechnet werden, davon waren rd. 300 Personen (2011: rd. 300 Personen) als gewaltbereit anzusehen. Das unveränderte Personenpotenzial in diesem Bereich zeigt, dass es speziell der "klassischen" autonomen Szene gelang, die in diesem Bereich szenetypischen Abgänge durch Neuzugänge auszugleichen. Gerade junge Menschen wurden durch die altersspezifisch ausgerichtete Agitation der Szene angesprochen. Auch offen propagierte, strafrechtlich relevante Aktionen schmälerten die Akzeptanz dabei kaum. Die erneut rückläufige 56
  • öffentliche Diskurs zum möglichen NPD-Verbotsverfahren und zum NSU. Damit einhergehend muss von einer unveränderten Bereitschaft zu strafrechtlich relevanten Aktionen
Drucksache 18/770 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Neben der Betrachtung des Gewaltaspekts legen die Aktionen nahe, dass in Teilen der linksextremistischen Szene weiterhin landesweit gute Kontakte bestehen bzw. der Aufbau solcher betrieben wird. Gleiches gilt für die Informationsgewinnung über den politischen Gegner, die sog. "Antifa-Recherche". Im Themenzusammenhang "Anti-Rassismus" wurde anlässlich des 20. Jahrestages fremdenfeindlicher Ausschreitungen in Mölln in der linksextremistischen Szene zu Gedenkdemonstrationen mobilisiert; am 17. November in Mölln und am 24. November in Kiel. Während die Veranstaltung in Mölln von Teilen der "klassischen" autonomen Szene initiiert wurde, beschränkten sich in Kiel linksextremistische Organisationen wie Avanti und die DKP auf die Unterstützung eines Aufrufes meist bürgerlicher Gruppierungen (siehe III. 4.3). Beide Veranstaltungen verliefen weitgehend störungsfrei. Über 700 Teilnehmer in Mölln und rd. 500 Teilnehmer in Kiel zeigen, dass einerseits innerhalb der Szene erhebliches Mobilisierungspotenzial besteht, andererseits die Mobilisierungsfähigkeit des bürgerlichen Spektrums für die eigene Sache genutzt wird. Im Ausblick auf 2013 dürfte der Bereich "Anti-Faschismus" Grundlage für eine weiterhin verstärkte Agitation und Aktionen der linksextremistischen Szene sein. Dabei wird die Teilnahme der NPD an den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein im Frühjahr und der Bundestagswahl im Herbst thematisiert werden, ebenso aber auch der öffentliche Diskurs zum möglichen NPD-Verbotsverfahren und zum NSU. Damit einhergehend muss von einer unveränderten Bereitschaft zu strafrechtlich relevanten Aktionen ausgegangen werden. Dies gilt ebenso für die Qualität einzelner strafrechtlicher Aktionen. Während die Strafund Gewalttaten in den Vorjahren meist spontaner Ausdruck der nach wie vor vorhandenen "latenten" Gewaltbereitschaft der gesamten undogmatischen Szene waren, war in einigen Landesteilen im Berichtszeitraum eine weitgehend planvolle und zielgerichtete Vorgehensweise festzustellen. Im Zusammenwirken mit der hohen Bereitschaft zu strafrechtlichen Aktionen und der Überzeugung sich "moralisch" vermeintlich im Recht zu befinden, resultiert ein unverändert hohes Gefährdungspotenzial des gewaltbereiten Linksextremismus. 58
  • Wahlperiode Drucksache 18/770 Gerade aus dem öffentlichen Diskurs zum NSU versuchte die linksextremistische Szene, eine "moralische" Berechtigung für ihren
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/770 Gerade aus dem öffentlichen Diskurs zum NSU versuchte die linksextremistische Szene, eine "moralische" Berechtigung für ihren sog. "antifaschistischen Kampf" abzuleiten und damit Strafund Gewalttaten zu rechtfertigen. Aber auch in anderen Begründungszusammenhängen war eine gestiegene Bereitschaft zu strafbaren Aktionen, insbesondere Sachbeschädigungen in Form von Farbschmierereien zu beobachten. Neben der "moralischen" Berechtigung ist besonders die veränderte Art der Gewaltbereitschaft zu beobachten. Auf der Internetseite der Kampagne "Farbe bekennen" wurde offen zu Strafund Gewalttaten gegen Rechtsextremisten und die NPD aufgerufen (siehe III. 4.1.4): "Flyer können zu Konfetti und Infostände zu Kleinholz verarbeitet werden. Nazis können sich auf Kundgebungen nicht mehr sicher fühlen, denn sie haben Namen und Adressen, die auf den öffentlich einsehbaren Wahllisten auftauchen. Türschlösser können verklebt, Autos zerdeppert werden. Plakate können farblich umgestaltet werden, genauso wie Nazis und Rassist_innen an sich. Homepages können gehackt und lahm gelegt (...) werden." Dieser Aufruf aus dem März 2012 stand nicht nur für einen bekannten "Verbalradikalismus" der Szene; ihm folgten dann tatsächlich eine Vielzahl an Strafund Gewalttaten verschiedener Qualität - bis hin zu gezielten, organisierten Aktionen gegen einzelne Protagonisten der rechten Szene. Im Frühjahr und Frühsommer 2012 kam es landesweit wiederholt zu Angriffen auf Mitglieder, insbesondere Landtagswahlkandidaten, der NPD und andere Angehörige der rechten Szene. Fahrzeuge wurden beschädigt, Häuser mit grüner Farbe beschmiert und Fensterscheiben eingeworfen. Das landesweite Aufgreifen des Kampagnenaufrufes zeigt, dass zwischen gewaltbereiten Linksextremisten in Schleswig-Holstein gute Kontakte bestehen. Wenn auch gewaltbereite Linksextremisten immer wieder versuchten, Demonstrationen als Basis für gewalttätige Aktionen zu nutzen, konnte dies von der Polizei weitgehend unterbunden werden. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Mitgliedern der rechten Szene kam es im Zusammenhang mit einer Gegendemonstration zu einer NPD-Demonstration am 1. Mai in Neumünster. Auch ist es der linksextremistischen Szene gelungen, "kleinere" Ereignisse als "Bühne" für gewalttätige Aktionen zu nutzen. Im Verlauf einer unangemeldeten "Spontandemo" zum "Tag der Befrei69
  • Verbotsverfahren und der Themenkomplex der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Speziell junge Menschen fühlten sich davon angesprochen. Auch offen propagierte
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/770 "Mainstream" übergehen. Diese Strategie wurde im Berichtszeitraum auch wieder von "Avanti - Projekt undogmatische Linke" (Avanti) verfolgt. 2012 konnten dem Bereich des Linksextremismus rd. 730 Personen (2011: rd. 750 Personen) zugerechnet werden; rd. 300 Personen (2011: rd. 300 Personen) waren als gewaltbereit anzusehen. Das unveränderte Personenpotenzial in diesem Bereich zeigt, dass es besonders der "klassischen" autonomen Szene gelang, mit ihrer Agitation Interesse bei "Neulingen" zu wecken. Damit konnten die gerade in diesem Bereich szenetypischen Abgänge ausgeglichen werden. Schwerpunkte bildeten dabei Ereignisse wie die Teilnahme der NPD an der Landtagswahl, die Diskussionen zum möglichen NPD-Verbotsverfahren und der Themenkomplex der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Speziell junge Menschen fühlten sich davon angesprochen. Auch offen propagierte, strafrechtlich relevante Aktionen schmälerten die Akzeptanz dabei offensichtlich kaum. 3.2 "Outing" Bereits in der Vergangenheit kam es auch in Schleswig-Holstein immer wieder zur Veröffentlichung vor allem persönlicher Informationen über tatsächliche oder vermeintliche Personen der rechten Szene durch Linksextremisten. Diese Form der Agitation gegen den politischen Gegner, von Linksextremisten als "Outing von Nazis" bezeichnet, hat in Schleswig-Holstein im Jahr 2012 einen hohen Stellenwert eingenommen. Gefördert durch eine im Berichtszeitraum allgemein starke Konzentration auf den Themenbereich "Anti-Faschismus" sowie die Teilnahme der NPD an der Landtagswahl im Mai 2012 kam es im gesamten Jahr zu einer Vielzahl von sog. "Outing-Aktionen" gegen NPD-Mitglieder, insbesondere Kandidaten der NPD zur Landtagswahl aber auch gegen andere Personen, die Linksextremisten der rechten Szene zuordneten. Auch die Kampagne "Farbe bekennen" (siehe III. 4.1.4) mit ihrem Aufruf, die Öffentlichkeit über Personen der rechten Szene "aufzuklären", dürfte diese Entwicklung forciert haben. Erklärtes Ziel war die Offenlegung von Aktivitäten, Strukturen und Vernetzungen der rechten Szene in Schleswig-Holstein und die "Aufklärung" der Gesellschaft - unter Parolen wie "das Leben zur Hölle machen" oder "Nazi sein heißt Probleme kriegen!". 71