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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • distanzierten , räumte die zum Bündnis Interventionistische Linke (IL) gehörende Antifaschistische Linke Berlin (ALB) in einer Presseerklärung ein, dass es sich
164 Linksextremismus Motto "Eine andere Welt ist möglich" beteiligten sich etwa 30.000 Personen (Veranstalter: 80.000). Innerhalb eines der zwei Demonstrationszüge durch die Rostocker Innenstadt bildeten etwa 2.000 militante Autonome einen weitgehend geschlossen wirkenden "Schwarzen Block". Aus diesem heraus kam es bereits im Zugverlauf zu ersten massiven Verletzungen und Sachbeschädigungen durch das Werfen von Steinen, Flaschen und Molotow-Cocktails. Durch Störereinwirkung wurden insgesamt 421 Polizeibeamte verletzt, einige schwer. Militante Linksextremisten werteten die Ausschreitungen in Rostock als "Erfolg"; die militanten Aktionen seien "ein unmissverständliches Zeichen vieler internationaler Aktivisten" gewesen. Während die Organisatoren der Großdemonstration das von der Polizei praktizierte Deeskalationskonzept ausdrücklich lobten und sich gleichzeitig von den "Randalierern" distanzierten , räumte die zum Bündnis Interventionistische Linke (IL) gehörende Antifaschistische Linke Berlin (ALB) in einer Presseerklärung ein, dass es sich bei den "militanten Angriffe(n) auf die Polizei" um "zielgerichtete Aktionen" gehandelt habe. Nach den Aktionsplanungen des Vorbereitungskreises Aktionstag Rostock-Laage war beabsichtigt, am 6. Juni mit "mehreren Tausend Teilnehmern" den Militärflughafen Rostock-Laage zu blockieren, um eine "reibungslose Ankunft der GipfelteilnehmerInnen" zu bebzw. verhindern. Tatsächlich kam es lediglich auf der Autobahn in Höhe der Anschlussstelle Rostock-Laage zu einer mit einem Bus und mehreren Fahrzeugen errichteten Blockade, an der etwa 100 Personen beteiligt waren. Die Blockade wurde von der Polizei zügig beendet, alle Beteiligten wurden in Gewahrsam genommen. Im Verlauf des 7. Juni beteiligten sich wieder mehrere tausend Demonstranten - zumeist friedlich - an Blockaden. Allerdings musste eine von der Polizei eingerichtete Kontrollstelle in Hinter Bollhagen wegen des Zulaufs von in der Spitze bis zu 3.500 Aktivisten vorübergehend geschlossen werden. Dort eingesetzte Polizeibeamte wurden massiv angegriffen und mit Steinen beworfen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Auch am zweiten Blockadetag gelangten einzelne Demonstranten mittels der so genannten Fünf-Finger-Taktik105 bis unmittelbar an die technische Sperranlage, wo sie von der Polizei abgedrängt wurden. Die Proteste gegen den G8-Gipfel wurden am 8. Juni mit einer Abschlusskundgebung im Rostocker Stadthafen offiziell für beendet erklärt. An der Veranstaltung unter dem Motto "Den Protest gegen ungerechte Globalisierung in die Welt 105 Aufsplitten von größeren Gruppen in kleine, fünfköpfige Einheiten zum Umgehen von Polizeikräften im weitläufigen Gelände.
  • liegt zum einen daran, dass andere linksextremistische Themen wie Antifaschismus, der Abbau von Sozialleistungen und die zunehmende Prekarisierung106 von Arbeitsund
Linksextremismus 165 tragen, denn eine andere Welt ist möglich!" nahmen nach Polizeiangaben etwa 5.000 Personen friedlich teil. Von den von der Polizei durchgeführten Identitätsfeststellungen und Ingewahrsamnahmen waren Personen aus Niedersachen in hohem Maße betroffen. Tenor aus allen Mobilisierungsströmungen war der Wille, die jetzt gefundenen Kompromisse für eine verstärkte Zusammenarbeit gegen das gesellschaftliche System zu nutzen und für die weitere Arbeit auszubauen. Ob allerdings andere, weniger medienwirksame Themenfelder ein ähnliches Engagement hervorrufen werden, bleibt abzuwarten. Widerstand gegen Atomenergie und Castortransporte Für Linksextremisten ist der Kampf gegen die friedliche Nutzung der Atomenergie seit mehr als 30 Jahren ein Themenschwerpunkt ihres militanten Widerstandes. Dieses politische Aktionsfeld hat allerdings in den letzten Jahren an Bedeutung verloren, so dass sich Linksextremisten über die Grenzen Niedersachsens hinaus nur noch in geringem Maße für Widerstandsaktionen mobilisieren lassen. Das liegt zum einen daran, dass andere linksextremistische Themen wie Antifaschismus, der Abbau von Sozialleistungen und die zunehmende Prekarisierung106 von Arbeitsund Lebensbedingungen den Bereich Kernenergie überlagern. Zum anderen haben Bundesregierung und die Energieversorgungsunternehmen bereits im Jahr 2000 den Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie bis zum Jahr 2021 vereinbart. Dadurch geriet die linksextremistische Protestbewegung in ein Legitimationsdilemma, das den zunehmenden Bedeutungsverlust des Aktionsfeldes verstärkte. Von den auf eine systemüberwindende Zielsetzung ausgerichteten linksextremistischen Aktivitäten gegen Atomenergie und Castortransporte ist der Protest demokratischer Organisationen zu unterscheiden, der den überwiegenden Teil des Widerstandes ausmacht. Linksextremistische Atomenergiegegner zielen mit ihren Protesten über den eigentlichen Demonstrationsanlass hinaus auf die Überwindung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Die Anlässe für ihr Handeln sind nicht ausschließlich auf die Durchführung von Castortransporten beschränkt. Kennzeichnend dafür sind u. a. Aktionen und Veröffentlichungen der autonomen Szene im Vorfeld des diesjährigen G8-Gipfels. Am 29. April fand in Heiligendamm eine von Anti-Atom-Initia106 Prozess der relativen Zunahme von schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen in der nichtselbstständigen Erwerbsarbeit.
  • weitere Spendenkonten für von staatlichen Sanktionen betroffene Antifaschisten
Linksextremismus 183 Rote Hilfe e. V. (RH) Bundesgeschäftsstelle: Göttingen Mitglieder 2006 2007 Bund: 4.300 4.300 Niedersachsen: 600 600 Publikation: Die Rote Hilfe (vierteljährlich, Auflage 5.000) Der Ursprung der RH geht auf die in der Weimarer Republik gegründete und von der KPD dominierte Rote Hilfe Deutschland (RHD) zurück, der bis zu einer Million Mitglieder angehörten. Nach der Zerschlagung der Organisation durch die Nationalsozialisten wurde die RHD von der linksextremistischen Kommunistischen Partei Deutschlands/MarxistenLeninisten 1975 wieder gegründet. Ihre Hauptaufgabe sieht die RH im Kampf gegen "staatliche Repression", indem sie Rechtshilfe gewährt, Szeneangehörigen Anwälte vermittelt, Beihilfe zu Prozesskosten und Geldstrafen leistet und im Falle der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe die so genannten politischen Gefangenen betreut, um den Zusammenhalt der Häftlinge mit der linksextremistischen Szene zu bewahren. Strafandrohungen sollen im Vertrauen auf eine leistungsfähige Solidaritätsorganisation ihren abschreckenden Charakter verlieren. Die RH versteht sich nicht als karitative Rechtsschutzversicherung. Vielmehr soll sie ihrer Selbstdarstellung zufolge als Selbsthilfeorganisation für die gesamte Linke betrachtet werden. Die RH äußert sich in ihren Stellungnahmen ausschließlich zum Thema Repression, wobei sie mit ihrer Kritik auch auf das bestehende System der Bundesrepublik Deutschland zielt. So sei die "staatliche Repression" Ausdruck des Selbsterhaltungsprinzips der herrschenden Ordnung. Die Mitglieder der RH, die sich aus dem gesamten linksextremistischen Spektrum rekrutieren, entscheiden über Grundsätze und Schwerpunkte der Arbeit durch eine von ihnen gewählte Bundesdelegiertenversammlung. Die Organisation finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge und themenspezifische Spendenaktionen; so verwaltet z. B. die Göttinger Ortsgruppe ein "Castor-Konto", da der Bereich der Antiatomkraftbewegung den Schwerpunkt ihrer Unterstützungsarbeit darstellt. Darüber hinaus unterhält die RH weitere Spendenkonten für von staatlichen Sanktionen betroffene Antifaschisten.
  • Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 5. AKTIONSFELDER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.1 Antikapitalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.2 "Antifaschismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 5.2.1 Verhinderung von "Nazi-Aufmärschen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 5.2.2 Agitation gegen
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S 4. PARTEIEN UND ORGANISATIONEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4.1.1 Kreisverband Zollernalb begeht 63. Jahrestag der Gründung der DDR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 4.1.2 Bundesparteitag 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 4.1.3 Bedeutung der Kommunalpolitik stärker gewürdigt . . . . . 219 4.2 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) . . . . . . . 237 4.2.1 ICOR-Kampagne und IX. Parteitag als "Taktische Hauptaufgabe" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4.2.2 30 Jahre MLPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 4.2.3 Vorbereitungen für die Bundestagswahl 2013 . . . . . . . . . . . . . . . 223 4.3 Offen extremistische Strömungen und Zusammenschlüsse in der Partei "DIE LINKE." . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 4.3.1 "Kommunistische Plattform" (KPF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 4.3.2 "Antikapitalistische Linke" (AKL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4.3.3 "Sozialistische Linke" (SL) und "marx21" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 4.3.4 "Geraer Sozialistischer Dialog" (GSoD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 4.3.5 Jugendverband "Linksjugend ['solid]" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 4.3.6 Studentenverband "Die Linke. Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband" (DIE LINKE.SDS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 4.4 "Rote Hilfe e. V." (RH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4.4.1 "Tag der politischen Gefangenen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4.4.2 Kampf gegen "staatliche Repression" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 4.5 Sonstige Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 5. AKTIONSFELDER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.1 Antikapitalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 5.2 "Antifaschismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 5.2.1 Verhinderung von "Nazi-Aufmärschen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 5.2.2 Agitation gegen "Milde" des Staates gegenüber "Faschisten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 5.2.3 Weiterhin "Outing"-Aktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
  • OBERLERCHER, Reinhold * 85 ÖCALAN, Abdullah * 24, 47-54 Offene Antifa der Uni Hannover * 150, 157 Offensiv-Records * 99 Office
Stichwortverzeichnis 261 O OBERLERCHER, Reinhold * 85 ÖCALAN, Abdullah * 24, 47-54 Offene Antifa der Uni Hannover * 150, 157 Offensiv-Records * 99 Office of Special Affairs (OSA) * 190 Oidoxie * 102 Oi!-Skin * 94 Ostanatolisches Gebietskomitee (DABK) * 60f. ÖZDOGAN, Hassan * 39f. Özgür Politika * siehe Yeni Özgür Politika P Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) * siehe DIE LINKE. PASTÖRS, Udo * 124f., 131 PC Records * 99 PDS * siehe DIE LINKE. Phase 2 - Zeitschrift gegen die Realität * 145, 150 PKK * siehe Volkskongress Kurdistans Politisch motivierte Kriminalität * 12-15, 71-74, 140-143 PRABHAKARAN, Velupillai * 67, 69 PREUSS, Friedrich * 129, 132 Projekt Aaskereia * 96 Proliferation * 197, 203-206 Pulverturm * 174 R Race War * 99 radikal * 31, 42, 44-46, 55, 92, 121, 144f., 149f., 153, 163, 212, 224 RADJAVI, Maryam * 65f. RADJAVI, Massoud * 64f. Ragnarök * 99 Ratatösk * 92 Rassismus (Begriff) * 75-77, 97, 150, 153, 157f. REBELL (MLPD-Jugendverband) * 179f. Recht und Wahrheit * 90 Rechtsextremismus (Begriff) * 1, 2, 70, 75-138, 212f., 216-220, 223 Redical M * 149 Redskins * 94 Reichsbewegung * siehe Reichsbürgerbewegung Reichsbürgerbewegung * 89 Reichswehr * 95 Religious Technology Center (RTC) * 190 REP * siehe Die Republikaner Revisionismus * siehe Geschichtsrevisionismus Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front, KARATAS-Flügel (DHKP-C) * 57-59 RICHTER, Karl * 84
  • zwischen "antideutschen" und "antiimperialistischen" Gruppierungen noch dem gemeinsamen Ziel Antifaschismus untergeordnet wurden, hat sich der ideologische Streit zwischen den beiden
andererseits die bedingungslose Solidarität mit dem jüdischen Volk und dem Staat Israel. Dieser wird von den "antideutschen" Gruppierungen als Schutzraum für Juden vor antisemitischer Verfolgung verstanden, der deshalb gegen alle Angriffe verteidigt werden muss. Jedwede Kritik an Israel und dessen Politik gilt "Antideutschen" als Antisemitismus. Ähnlich werten sie die Kritik an den USA, da diese als Schutzmacht Israels begriffen werden. Im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts stellen sich "Antideutsche" klar auf die Seite Israels. Während sich die "antideutsche" Richtung bedingungslos zum Staat Israel und dessen Politik bekennt, sehen die traditionell "antiimperialistisch" ausgerichteten Gruppierungen Israel als "imperialistischen Aggressor" und "imperialistischen Brückenkopf" der USA in der arabischen Welt an. Sie solidarisieren sich mit dem Volk der Palästinenser, da es einen "antiimperialistischen" Kampf gegen Israel führe. Während in der Vergangenheit ideologische Differenzen zwischen "antideutschen" und "antiimperialistischen" Gruppierungen noch dem gemeinsamen Ziel Antifaschismus untergeordnet wurden, hat sich der ideologische Streit zwischen den beiden Richtungen des autonomen Spektrums im Berichtszeitraum immer wieder - wie zum Beispiel im Verlauf der oben geschilderten Demonstration in Hamburg - in gewalttätigen Auseinandersetzungen entladen. Linksextremisten nehmen an Protestaktionen am 13./14. Februar in Dresden teil Aus Anlass des 59. Jahrestages der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg fanden am 13./14. Februar in der Stadt verschiedene Protestaktionen statt, an denen sich auch Linksextremisten beteiligten. Am 13. Februar demonstrierten unter dem Motto "Den deutschen Opfermythos im Visier - Gegen jeden Geschichtsrevisionismus" ca. 450 Personen gegen die offiziellen Gedenkfeierlichkeiten der Stadt. Während der Demonstration wurden eine Fahne der Bundesrepublik Deutschland verbrannt und Feuerwerkskörper gezündet. Im Verlauf der offiziellen Gedenkkundgebung kam es zu Störversuchen. Einem Internetbeitrag der AAG nach sei die Veranstaltung "von einem Freudenfeuerwerk aus der Neustadt, Konfetti, Luftschlangen und lautstarken Sprechchören a la "Bomber Harris62 - do it again" begleitet worden. Gegen einen Aufmarsch der "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen" (JLO) demonstrierten am 14. Februar etwa 1.500 Personen, darunter auch Linksextremisten. An den Aktionen in Dresden sollen sich auch Thüringer Linksextremisten beteiligt haben. Eigenen Angaben zufolge nahm die AAG "an den Protesten gegen die völkische Mobilisierung anlässlich des Gedenkens der Bombardierung Dresdens" teil. Für Aktionen anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens war im Vorfeld vor allem im Internet mobilisiert worden. In einem dort veröffentlichten Aufruf einer "Gruppe Freitag der 13te, Dresden" wenden sich die Autoren gegen einen angeblichen deutschen Opfermythos, der aufgrund der Bombardierung der Stadt konstruiert worden sei. Der Aufruf, der mit dem Slogan "let's go together - fight german ideology - Keine Träne für Dresden!" endete, wurde auch von Thüringer Linksextremisten, so von der AAG und dem Jenaer Infoladen "Schwarzes Loch", unterstützt. Darüber hinaus veröffentlichte die AAG im Internet einen 62 Arthur Travers HARRIS (1892-1984), britischer Luftmarschall, Chef des britischen Bomberkommandos. HARRIS ordnete im Zweiten Weltkrieg Flächenbombardements deutscher Städte an, um die Moral der Zivilbevölkerung zu zermürben. 87
  • unter dem Motto "Soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen auf antifaschistischer Grundlage" in Eisenach 3. - 5. Dezember Gemeinschaftstagung der "Artgemeinschaft
9. Oktober 9. "Leserforum" der KPD in Viernau/Landkreis SchmalkaldenMeiningen 22. Oktober Kreisverband Erfurt-Gotha der NPD gegründet 22. - 24. Oktober Herbstlesertreffen der Zeitschrift "Recht und Wahrheit" in Nordthüringen 23. Oktober Ortsverband Tannroda der NPD gegründet 23. Oktober Demonstration von Neonazis unter dem Motto "Gegen Agenda 2010, gegen Hartz IV" in Weimar 28. Oktober Kundgebung von Neonazis unter dem Motto "Wie kann man soziale Gerechtigkeit durchsetzen?" 30. Oktober Skinheadkonzert in Gröben/Saale-Holzland-Kreis 30./31. Oktober Bundesparteitag der NPD in Leinefelde 14. November Gedenkveranstaltungen von Neonazis zum Volkstrauertag auf der Schmücke und in Friedrichroda 14. November Gedenkveranstaltungen der NPD zum Volkstrauertag in Blankenhais, Tannroda, Remschütz und Gera 20. November Rechtsextremisten veranstalten "Erste Antikapitalistische Kaffeefahrt" in Altenburg, Gera und Arnstadt 26. November Kameradschaftsabend von Neonazis in Eisenach 27. November "Lichterumzug" der rechtsextremistischen Szene in Apolda November - Dezember "Montagsdemonstrationen" von Neonazis gegen die Arbeitsmarktreformen unter dem Motto "Soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen auf antifaschistischer Grundlage" in Eisenach 3. - 5. Dezember Gemeinschaftstagung der "Artgemeinschaft" zum "Juleingang" in Nordthüringen 4. Dezember Große Saalveranstaltung von Neonazis unter dem Motto "Eine Bewegung werden! Gemeinsam die Volksfront von Rechts schaffen!" in Sondershausen 10. Dezember Rechtsextremistische Saalveranstaltung unter dem Motto "Wahrheit gegen Verleumdung und Lüge!" in Oberhof 121
  • Szene in Thüringen 119 4.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 120 4.4 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" 130 5. Anarchisten
2.4 Situation in Thüringen 100 3. Zusammenfassende Einschätzung 105 V. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) 106 1. Hintergrund 106 2. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 107 2.1 Überblick, allgemeine Lage 107 2.2 Organisatorische Situation/Strukturen 108 2.3 Finanzierung 109 2.4 Propaganda und Themenschwerpunkte 109 3. Zusammenfassende Einschätzung 110 VI. Linksextremismus - Marxismus-Leninismus, Stalinismus, Kommunismus, Autonome und Anarchismus 111 1. Politisch motivierte Kriminalität - Links im Überblick 111 2. Überblick 112 3. Das linksextremistische Personenpotenzial 113 4. Autonome und sonstige gewaltorientierte Linksextremisten 114 4.1 Allgemeines 114 4.2 Die autonome Szene in Thüringen 119 4.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 120 4.4 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" 130 5. Anarchisten 133 5.1 "Anarchistisches Schwarzes Kreuz Jena" (ASKJ) 133 6. Sonstige linksextremistische Organisationen 135 6.1 "Rote Hilfe e. V." (RH) 135 VII. Spionageabwehr 139 1. Überblick 139 2. Methoden der Nachrichtendienste 140 3. Wirtschaftsschutz 141 4. Proliferation 142 Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2016 5
  • gilt vor allem für gewaltorientierte Linksextremisten, die unter vermeintlichem "Antifaschismus" letztendlich auch gegen den demokratischen Rechtsstaat agitieren und agieren. Auch
Die Landesregierung trägt diesem Umstand weiter Rechnung und hält konsequent an ihrem Kurs gegen Rechtsextremismus fest. Als eine extremistische Erscheinungsform eigener Art, mit einer Schnittmenge zum Rechtsextremismus, ist im Jahr 2016 zunehmend das "Reichsbürger"-Spektrum in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit und der Sicherheitsbehörden geraten. Insbesondere die Tat von Georgensmünd dokumentiert die Gewaltaffinität, die sich in Teilen dieses heterogenen Spektrums offenkundig entwickelt hat. Der Thüringer Verfassungsschutz hat dieses Thema bereits 2013 aufgegriffen und frühzeitig auf Gefahren hingewiesen. Der Verfassungsschutz beobachtet und analysiert die Szene mit Hochdruck. Auf der Grundlage seiner Auswertungsergebnisse werden umfängliche Maßnahmen konzipiert und fortentwickelt, die dem Treiben der "Reichsbürger"-Kreise wirksam Einhalt gebieten sollen. Hiervon soll nicht zuletzt die öffentliche Verwaltung profitieren, die in erster Linie Ziel von "Reichsbürger"-Aktivitäten" ist. Wenngleich linksextremistische Bestrebungen in Thüringen auch 2016 im Vergleich mit anderen Ländern weniger stark ausgeprägt waren, blieb das Spektrum weiter im Blick des Verfassungsschutzes. Dies gilt vor allem für gewaltorientierte Linksextremisten, die unter vermeintlichem "Antifaschismus" letztendlich auch gegen den demokratischen Rechtsstaat agitieren und agieren. Auch die Spionageabwehr stellt nach wie vor eine zentrale Herausforderung für den Thüringer Verfassungsschutz dar. Im Fokus fremder Nachrichtendienste stehen vor allem (militär)politisch und strategisch relevante Entwicklungsund Entscheidungsprozesse des Westens. Dabei rücken die wissenschaftlich-technologischen Ressourcen der Bundesrepublik Deutschland immer stärker in ihren Fokus. Gezielte elektronische Angriffe spielen dabei eine zentrale Rolle. Im Rahmen des Wirtschaftsschutzes wird die Sensibilisierung und Beratung von Unternehmen durch den Verfassungsschutz in Thüringen fortgeführt und intensiviert. Der Thüringer Verfassungsschutzbericht 2016 informiert über all diese Beobachtungsfelder. Er schärft den Blick für demokratiefeindliche und extremistische Bestrebungen, die in unserem Land keinen Platz haben dürfen. Wer den Verfassungsschutzbericht liest, wird feststellen: Das Amt für Verfassungsschutz ist mit seinen vielfältigen Aufgaben eine tragende Säule unserer wehrhaften Demokratie. Seine Mitarbeiter leisten zur Abwehr vielfältiger Gefahren und für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft einen unverzichtbaren Beitrag. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung. Georg Maier Thüringer Minister für Inneres und Kommunales 2 Vorwort
  • extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das "Antifaschismus"-Verständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt
Bei Verstößen gegen das Versammlungsgesetz ist 2016 im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um etwa ein Viertel von 120 auf 92 Straftaten zu verzeichnen. Der erhebliche Anstieg im Jahr 2015 auf das Sechsfache der Vorjahreszahl kann damit jedoch nicht kompensiert werden. Im Berichtszeitraum war in allen Phänomenbereichen ein Anstieg von Straftaten festzustellen. Regionaler Schwerpunkt war den polizeilichen Statistiken zufolge der Raum Jena. Dies dürfte im Phänomenbereich der PMK-Links insbesondere auf Veranstaltungen/Aktivitäten, die ein Aufeinandertreffen der politischen Gegner und deren Konfrontation mit den Sicherheitskräften begünstigten, wie zum Beispiel am 20. April in Jena und am 21. Mai in Weimar, zurückzuführen sein. 2. Überblick Das in sich breit gefächerte linksextremistische Spektrum vertritt im Einzelnen ideologisch voneinander abweichende Positionen. Es schließt Anhänger der "wissenschaftlichen Sozialismusund Kommunismustheorien" ebenso ein wie Sozialrevolutionäre, Anarchisten und Autonome. Insbesondere die Werke von Marx, Engels und Lenin stellen die Grundlagen der unterschiedlichen Anschauungen und theoretischen Gebäude dar. Das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zu beseitigen, ist allen Linksextremisten gemein. Ihre - wie unterschiedlich auch immer gearteten - Bestrebungen richten sich letzten Endes gegen grundlegende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Linksextremisten wollen entweder einen marxistisch-leninistischen Staat oder eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" errichten. Sie verbindet das Bekenntnis zur revolutionären Gewalt, zum Klassenkampf und zur Klassenherrschaft. Ihr Grundsatz, dass sich die von ihnen angestrebten gesellschaftlichen Veränderungen einzig durch den Einsatz revolutionärer Gewalt vollziehen lassen, wird aus taktischen Gründen oft verschwiegen. Bei tagespolitischen Auseinandersetzungen greifen sie unter Umständen auch zu legalen, gewaltfreien Formen des politischen Engagements. Die eigene extremistische Ausrichtung wird in solchen Fällen bewusst verschleiert. Insoweit ist kein Generalverdacht gegeben. Gleichwohl gelingt es auf diese Weise Linksextremisten durchaus, auf bestimmten Politikfeldern Bündnispartner zu finden, die extremistischen Ansichten im Grunde genommen abgeneigt sind. Das "Antifaschismus"-Verständnis der Linksextremisten ist von einer ideologisch-strategischen Ausrichtung geprägt. Es dient nicht nur als Mittel politischer Einflussnahme und zur Diffamierung politischer Gegner, sondern ist zugleich Grundlage kommunistischer Bündnispolitik. Anders als die bürgerliche Gesellschaft interpretieren Linksextremisten das ihrerseits überwiegend als Faschismus bezeichnete Phänomen als Ausdruck eines "besonders aggressiven staatsmonopolistischen Kapitalismus". Eine endgültige 112 Linksextremismus
  • auch in den vergangenen Jahren - insbesondere in dem Themenfeld Antifaschismus. Die Aktionsfelder Antirassismus, Anti-Globalisierung und Anti-Castor stellen für
auch die Aktionsfelder der autonomen Bewegung entwickelt. So engagieren sich deren Anhänger - wie auch in den vergangenen Jahren - insbesondere in dem Themenfeld Antifaschismus. Die Aktionsfelder Antirassismus, Anti-Globalisierung und Anti-Castor stellen für die Autonomen weiterhin keinen Schwerpunkt dar. Die autonome Szene ist insgesamt geschwächt durch interne Auseinandersetzungen über grundsätzliche Fragen ihrer ideologischen Ausrichtung. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die Konfrontation zwischen den sog. Antideutschen/Antinationalen und den Antiimperialisten, die erhebliche Energie bindet. Insgesamt besteht zwar nach wie vor eine allgemeine Mobilisierungsschwäche, die unter anderem auf die Vielzahl der bundesweit durchgeführten Veranstaltungen zurückzuführen ist. Zudem werden autonome Themenfelder zunehmend von demokratischen Organisationen und staatlichen Institutionen besetzt, so dass sich militante Aktionen in der Öffentlichkeit schlechter vermitteln lassen. "Militanzdebatte" Bereits im Jahr 2001 hat die seit 2009 nicht mehr aktive "militante gruppe" (mg) eine Debatte darüber angestoßen, inwieweit Gewalt gegen Personen im politischen Kampf gerechtfertigt ist, und offen ihre Bereitschaft erklärt, im politischen Kampf "alle Aktionsformen unterhalb von politischen Exekutionen" praktizieren zu wollen ("Militanzdebatte"). Diese Debatte wurde szeneintern fortgesetzt, ohne dass sich eine einheitliche Meinung zum Einsatz von Gewalt gegen Personen durchsetzen konnte. Während autonome Zusammenschlüsse die Ausübung von Gewalt gegen Sachen grundsätzlich als Mittel der politischen Auseinandersetzung befürworten, wird die Ausübung von Gewalt gegen Personen mehrheitlich abgelehnt. Personenpotenzial, Zielsetzungen und Handlungsmuster Autonome sind in der Bundesrepublik seit Ende der 1970er Jahre aktiv. Heute agieren sie vor allem in mittleren und größeren Städten. Schwerpunkte bilden Ballungsräume wie Berlin, Hamburg, das Rhein-Main-Gebiet sowie Leipzig oder auch Universitätsstädte. Der gewaltorientierten autonomen Szene waren 2016 bundesweit etwa 6.800 Anhänger zuzurechnen. Damit verzeichnete die weitaus größte Personengruppe des gewaltorientierten deutschen Linksextremismus erneut einen Zuwachs. Bestrebungen zu neuen "postautonomen" Organisierungsbemühungen und der Versuch, bundesweite Zusammenschlüsse aufzubauen und zu festigen, hielten auch im Berichtszeitraum an. Als ein maßgeblicher Akteur trat dabei die "Interventionistische Linke" (IL) in Erscheinung. Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Gesetzen leben zu wollen. Fremde Vorgaben, staatliche und gesellschaftliche Zwänge lehnen sie ab. "Keine Macht für niemand!" lautet ihre paradoxe Devise. Ihre ideologischen Vorstellungen bleiben oft diffus, anarchistische Elemente mischen sich Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2016 115
  • starken und aktiven autonomen Gruppen. Inhaltlich dominierte das Themengebiet "Antifaschismus". Im Rahmen des Aktionsfeldes "Antigentrifizierung" kam der "Schaffung von Freiräumen
tonomen" Entwicklung. Eine Thüringer Gruppierung gab in der Vergangenheit an, in der IL organisiert zu sein. Eine beständige strukturelle Verbindung zwischen Gruppierungen der Thüringer autonomen Szene und bundesweit bestehenden Organisierungen bzw. Bündnissen ist aktuell nicht feststellbar. 4.2 Die autonome Szene in Thüringen Das Anhängerpotenzial der gewaltorientierten autonomen Szene Thüringens umfasste im Berichtszeitraum ca. 130 Personen. Zu einzelnen Aktionen, denen die Szene besondere Bedeutung beimaß, gelang es ihr, einen auch überregionalen Teilnehmerkreis zu mobilisieren. Regionale Schwerpunkte bestehen in Erfurt, Jena, Weimar sowie um Gotha. Szenetypische Anlaufstellen waren u. a. sog. Infoläden in Arnstadt, Erfurt, Jena und Gotha. Autonome Gruppen aus Thüringen nutzen überwiegend das Internet und E-Mail-Verbindungen, um untereinander Kontakt zu halten, zu agitieren und für Veranstaltungen zu mobilisieren. Über ihre Internetseiten veröffentlichen sie zum Teil umfangreiche Rechercheberichte über den politischen Gegner. Auch Szenezeitschriften oder Audiostreams mit Informationen zum "rechten" Spektrum werden auf diesem Wege verbreitet. Der Schwerpunkt öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten lag im Berichtszeitraum vor allem in Jena, einer universitär geprägten Region mit personell starken und aktiven autonomen Gruppen. Inhaltlich dominierte das Themengebiet "Antifaschismus". Im Rahmen des Aktionsfeldes "Antigentrifizierung" kam der "Schaffung von Freiräumen" bzw. deren Erhalt weiterhin Bedeutung zu; hier insbesondere in Jena als einer aus Sicht der Szene überdurchschnittlich teuren Wohngegend. Zudem nahm das Thema "Antirepression" im Berichtszeitraum Raum ein. Von Belang war die auch von Linksextremisten besetzte Flüchtlingsthematik. Dabei zielten die Aktionen und Provokationen vor allem auf den politischen Gegner - Anhänger von SÜGIDA/THÜGIDA, "besorgte Bürger" und rechtspopulistisch zu verortende Kräfte. Die Aktionen der autonomen Szene reichten von der Mobilisierung für die von breiten, nichtextremistischen Bündnissen organisierten Proteste gegen rechtsextremistische Veranstaltungen und die gewaltfreie Beteiligung daran bis hin zu gezielten Blockadeaktionen sowie Gewalttaten gegen Personen des rechtsextremistischen Spektrums, aber auch gegen Einsatzkräfte der Polizei. Gegenaktionen, die etwa die Umleitung eines rechtsextremistischen Aufzugs, die Verzögerung oder die vorzeitige Beendigung der Veranstaltung erforderlich machten, wertete die autonome Szene als äußerst positiv. Gleichwohl gelang es ihren Anhängern bislang nicht, innerhalb des breitgefächerten Spektrums von Gegendemonstranten größeren Einfluss zu gewinnen. Standen Autonome diesen taktisch motivierten Kooperationen stets skeptisch gegenüber, distanzieren sie sich zunehmend deutlich von den ihren Idealen widerstrebenden Zweckbündnissen. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2016 119
  • unter anderem auch auf dessen Vorbereitungstreffen. Ferner mobilisierte die "Antifa Koordination Weimar" (AKW) zu den Protesten. Die Verfasser des über
Beispiele für Aktivitäten bei Protestveranstaltungen in Thüringen Linksextremisten beteiligen sich an Protesten gegen rechtsextremistischen "Trauermarsch" am 6. Februar in Weimar Aus Protest gegen den von ca. 130 Personen besuchten "Trauermarsch" der Partei "DIE RECHTE" in Weimar fanden Gegenveranstaltungen mit insgesamt ca. 1.000 Teilnehmern statt. Aus den Reihen der Gegendemonstranten wurden Durchbruchversuche, teils von bis zu 100 Personen, unternommen. Zu deren Abwehr setzte die Polizei auch Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Des Weiteren löste sie mehrere Sitzblockaden auf. Im Zuge des Versammlungsgeschehens wurden vier Polizeibeamte durch Teilnehmer der Gegenveranstaltung leicht verletzt. Die Proteste wurden von einem Bündnis verschiedener Institutionen, Vereine, Parteien und Privatpersonen organisiert. Im Vorfeld hatte sich das Bündnis u. a. in dem eigenen Arbeitskreis "Ziviler Ungehorsam" zum Thema "Versammlungsrecht und Ziviler Ungehorsam" schulen lassen. Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Jena-Weimar" (SDAJ Jena-Weimar) schloss sich der Mobilisierung des Bündnisses an und verwies unter anderem auch auf dessen Vorbereitungstreffen. Ferner mobilisierte die "Antifa Koordination Weimar" (AKW) zu den Protesten. Die Verfasser des über "linksunten.indymedia" verbreiteten Aufrufs äußerten sich abwertend über den bürgerlichen so "friedlichen, kreativen und lauten Protest", distanzierten sich hiervon und riefen dazu auf: "den Naziaufmarsch ernsthaft [zu] blockieren" und besser "eigene dezentrale Konzepte [zu] entwickeln". Entsprechend distanzierten sie sich explizit von dem organisierenden Bündnis: "Gegen Transparente, wie 'Platzverweis für Extremisten' [...] oder auch den Namen 'Weimar gegen Rechts' verwehren wir uns aber in jeglicher Form. Ein buntes Deutschland ist nicht existent, wird es nie sein und liegt nicht in unserem Interesse. Wir wollen kein buntes Deutschland, wir wollen gar keins!" Wer sich dem Naziaufmarsch konsequent entgegenstellen möchte, solle Mitstreiter außerhalb des Bündnisses suchen, sich vernetzen und nicht "der trägen Masse" hinterherlaufen. Zudem wurde auf der Website der AKW ein Mobilisierungsvideo eingestellt. Es zeigt in martialischer Art und Weise vermummte Personen, teilweise mit Molotowcocktails und Pyrotechnik, und wird mit Hintergrundmusik eines bekannten Rappers untermalt. Beim Abbild des rechtsextremistischen Veranstalters ist ein Schuss zu hören und am Ende Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2016 123
  • einer Nachbetrachtung auf der AKW-Website zeigten sich die "antifaschistischen Kleingruppen aus Weimar und anderen Städten" frustriert, "schlugen doch alle
des Videos wird ein Transparent mit der Aufschrift "6.2.16 - NAZIS WAMSEN - Das Dichterpaar" gezeigt. In einer Nachbetrachtung auf der AKW-Website zeigten sich die "antifaschistischen Kleingruppen aus Weimar und anderen Städten" frustriert, "schlugen doch alle Möglichkeiten durch Polizeiketten" zu gelangen "aus mangelnder Initiative, zu wenig nachrückenden Menschen oder Pfeffersprayeinsatz fehl". Zumindest habe man jedoch auf der Kundgebung des Bündnisses eigene Flyer verteilt, um die "Kritik an den dort stattfindenden Protestritualen auszudrücken." Ein weiteres Fazit der AKW vom 29. März "Zur Kritik am bürgerlichen Naziprotest", eingestellt auf "linksunten.indymedia", kommt zu der Erkenntnis: "Die Ablehnung der herrschenden Verhältnisse schließt eine Ablehnung Deutschlands und allem was dazu gehört mit ein. [...] Für die befreite Gesellschaft!" Beteiligung von Linksextremisten an Protesten gegen rechtsextremistischen Aufmarsch am 20. April in Jena Am 20. April schlossen sich in Jena bis zu 3.000 Personen dem Protest gegen eine Versammlungen von THÜGIDA mit ca. 200 Teilnehmern an. Mehrere Durchbruchversuche von Gegendemonstranten wurden polizeilich unterbunden. Zudem kam es aus ihren Reihen zu Würfen von Flaschen und mit Flüssigkeit gefüllten Luftballons auf THÜGIDA-Teilnehmer. Polizisten wurden mit Steinen beworfen; 14 Beamte trugen dadurch Verletzungen davon. Während der Versammlungslage wurden mehrere Pkw sowie drei Polizeifahrzeuge beschädigt. Die Anzahl der den Gegendemonstranten zuzuordnenden Straftaten belief sich auf 24. Fünf Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Unter dem Titel "Keine Fackeln für Adolf!" hieß es in einem Aufruf aus dem Kreis der demokratische Initiatoren, man wolle dem "Nazi-Fackelmarsch in Jena entgegentreten!" und diesen "blockieren". Und weiter: "Dabei gilt für uns erneut, dass es nicht auf den Heldenmut einzelner, sondern auf die Entschlossenheit vieler ankommt. Wir handeln gemeinsam und verständigen uns basisdemokratisch über unser gemeinsames Vorgehen. Dabei wird von uns keine Eskalation ausgehen. Und mit allen, die unser Ziel teilen, die Nazis nicht laufen zu lassen, sind wir solidarisch." Zudem wurden die Proteste auf einem auch von Linksextremisten genutzten "was tun"-Kalender sowie weiteren einschlägigen Websites beworben. Infound Mobilisierungsveranstaltung für den Protest fanden am 30. März, 13., 14. und 15. April in Jena statt. Es wurden Telefonnummern für den "Ermittlungsausschuss"56 und die "Demo-Sanis"57 bekanntgegeben sowie zu Spenden aufgerufen. 56 Ein "Ermittlungsausschuss" ist ein unentgeltliches Rechtshilfeangebot, oft anlässlich von Demonstrationen und Aktionen, das von der Telefonbetreuung, der Organisation von Anwälten bis hin zur Betreuung bei Festnahmen oder in U-Haft reicht. Zum Teil handelt es sich um temporäre Einrichtungen, deren telefonische Erreichbarkeit kurzfristig bekanntgegeben wird, zum Teil sind es dauerhafte, fest etablierte Einrichtungen, mitunter begleitet von Sprechstundenangeboten. 57 "Demo-Sanis" meint Demo-Sanitäter, die bei Ausschreitungen und Verletzungen Erste Hilfe leisten. 124 Linksextremismus
  • szenetypische Symbole wie jene für "Antifaschistische Aktion" und "Anarchie" verwendet. Es wurde mehrfach versucht, die Absperrungen zu durchbrechen
szenetypische Symbole wie jene für "Antifaschistische Aktion" und "Anarchie" verwendet. Es wurde mehrfach versucht, die Absperrungen zu durchbrechen und die THÜGIDA-Teilnehmer anzugreifen. Durch die Blockaden musste die genehmigte Marschroute nach etwa der Hälfte beendet und eine Ausweichstrecke genutzt werden. Es wurden etwa 30 Anzeigen, u. a. wegen Körperverletzung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz erstattet. Unter den Teilnehmern befanden sich offenbar auch Linksextremisten. Auf eine Beteiligung der SDAJ weist ein Dankesgruß, der nachträglich via Facebook gepostet wurde.59 Das linksextremistische Internetportal "linksunten.indymedia" wies auf den Protestaufruf hin und veröffentlichte die geplante Demonstrationsroute des politischen Gegners. JURI - Linke Gruppe rief schließlich dazu auf, den "THÜGIDA-Aufmarsch am 17. August [zu] verhindern!" Von den AGST, der SDAJ Jena-Weimar sowie über eine hier in der Vergangenheit bereits im Zusammenhang mit Hausbesetzungen in Erscheinung getretene Website "wolja" erging der Appell, die Proteste zu unterstützen. Ebenso trat die AAJ im Zusammenhang mit den Protestaufrufen in Erscheinung. In einer Auswertung fasst JURI - Linke Gruppe zusammen, "die Stadt verhängt den Ausnahmezustand und Demo Verbote über einen ganzen Stadtteil. Der Polizei ist nichts zu brutal, um den Nazis den Weg frei zu räumen. [...] Uns drängt sich aber der Verdacht auf, die Nazis sind nicht das Problem. [...] Das Problem hier ist die Stadt, die Verwaltung und die Thüringer Polizei!" Sowohl der durch Blockaden, Störungen und Gewalttätigkeiten begleitete Ablauf der demokratisch initiierten Proteste gegen THÜGIDA als auch einzelne Verlautbarungen der am Protest Beteiligten zeigen das - mitunter distanzlose - Miteinander von demokratischen und nicht demokratischen Protestformen. Linksextremisten unterstützen Protest gegen rechtsextremistische Demonstration am 1. Oktober in Gotha und bekennen sich nachdrücklich zu Gewalt Zum Protest gegen die von Rechtsextremisten am 1. Oktober in Gotha durchgeführte Demonstration "Gegen Linke Gewalt" waren von demokratischen Bündnissen mehreren Gegenveranstaltungen angemeldet worden, an denen sich insgesamt 80 Personen beteiligten. 59 Zu einer Hausbesetzung im Vorfeld der Proteste vgl. Kapitel 4.4. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2016 127
  • sieht daher nun vor allem zivilgesellschaftliche und antifaschistische Kräfte in der Pflicht: "Auf die lokale Politik ist hier offensichtlich kein
PEKARI richtet in einem zudem erstellten Flyer Antisemitismusvorwürfe an die "Mitte der Gesellschaft" und formuliert antideutsche Statements. Dem Bundespräsidenten wird Unglaubwürdigkeit vorgeworfen. Seiner "Erzählung des 'geläuterten Deutschlands' " wird widersprochen: "Dass diese Verbrechen auch die heutige Nation noch belasten, liegt an den ideologischen, strukturellen, gesetzlichen und personellen Kontinuitäten zwischen Drittem Reich und heutigem Deutschland. [...] Diese Kontinuitäten sind ein Grund mehr, hierzulande die (ohnehin zu kritisierende) Identifikation mit der eigenen Nation zu hinterfragen." Im späteren Fazit erging die szenetypische Kritik am Vorgehen von Polizei, Stadt und Justiz: "Die Stadt Jena hat heute alles daran gesetzt, den Neofaschisten einen Aufmarsch am geschichtsträchtigen 9. November zu ermöglichen". Sie "scheine sich mittlerweile mehr um das Gelingen der Thügida-Aufmärsche zu sorgen als um ihre Zivilgesellschaft!", heißt es. Die AAJ sieht daher nun vor allem zivilgesellschaftliche und antifaschistische Kräfte in der Pflicht: "Auf die lokale Politik ist hier offensichtlich kein Verlass. Wir müssen den Kampf gegen die Neonazis selber in die Hand nehmen". Empfehlungen der "Roten Hilfe Jena" zufolge sollten sich alle, "wenn Post von Polizei oder Staatsanwalt" kommt, bei der "Roten Hilfe" in Jena melden. 4.4 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" Autonome nutzen das Thema "Gentrifizierung", um eigene Interessen - die Schaffung und den Erhalt von "Freiräumen" (z. B. besetzte Häuser, kollektive Wohnprojekte) - in einen breiteren gesellschaftlichen Rahmen und dort bestehende soziale Fragen einzubringen. Das Streben nach derartigen von "kapitalistischer Verwertungslogik" und staatlichem Zugriff freien Objekten reicht bis in die Anfangstage der Autonomen zurück. Entsprechend hoch ist der Stellenwert einzelner, noch verbliebener Szeneobjekte. Auf den drohenden Verlust reagiert die Szene daher meist äußerst aggressiv. So löste im Juni die Teilräumung des bekannten Szeneobjektes Rigaer Straße 94 in Berlin zeitnah eine Vielzahl von Resonanzstraftaten in der Stadt und dem übrigen Bundesgebiet aus. Als Reaktion auf die Teilräumung kam es in Thüringen zu Sachbeschädigungen durch Graffiti und Farbanschläge in Weimar und Jena. So brachten unbekannte Täter in Jena an einer Hausfassade den Schriftzug "Rigaer 94" an und warfen Farbkugeln. Ein Transparent "Ein Angriff auf wenige gemeint sind Wir ALLE" sowie "RIGAER 94" fand sich am Balkon eines 2014 kurzzeitig besetzten Gebäudes in der Carl-Zeiss130 Linksextremismus
  • Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" 2.1.2 Wiederbelebung der "Anti-Antifa" 13 2.2 Gewalt 15 2.2.1 Entwicklung der Strafund Gewalttaten
Drucksache 15/ 108 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode I Inhaltsverzeichnis Seite I. Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein 1 Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Kontrolle 8 2 Verarbeitung personenbezogener Daten 9 3 Organisation, Personal, Haushalt 10 II. Rechtsextremismus 1 Überblick 11 2 Schwerpunkte 12 2.1 Der Kampf um die Straße - eine unübersehbare Radikal i- 12 sierung des Neo-Nationalsozialismus 2.1.1 Aktionen gegen die Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. 13 Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" 2.1.2 Wiederbelebung der "Anti-Antifa" 13 2.2 Gewalt 15 2.2.1 Entwicklung der Strafund Gewalttaten 1999 15 2.2.2 Diskussion zur Gewaltfrage 16 2.3 Kommunikationsmedien 17 3 Organisationen und unstrukturierte Zusammenschlüsse 17 3.1 Neo-Nationalsozialismus 17 3.1.1 Stand der Vernetzung 17 3.1.2 Die Rolle der NPD im Kalkül der Neo-Nationalsozialisten 19 3.1.3 Neo-nationalsozialistisches Personenpotenzial bleibt gering 20 4
  • Hegemonie", in deren Rahmen es "legitim" sei, "Maßnahmen gegen 'Antifa'-Unruhestifter oder kriminelle 'ausländische Mitbürger' zu treffen" (Nr. 10/99
Drucksache 15/ 108 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode 2 Schwerpunkte 2.1 Der Kampf um die Straße - eine unübersehbare Radikalisierung des NeoNationalsozialismus Die seit 1997 erkennbare Entwicklung eines zunehmenden Aktionismus zumeist in Form provokanter Präsenz auf der Straße hat sich auch 1999 fortgesetzt. Getragen wird sie von einem Spektrum von Neo-Nationalsozialisten unter der selbst gewählten Bezeichnung "Freie Nationalisten", der NPD und der Skinhead-Szene. Möglich wurde diese Entwicklung durch Vernetzung und einen Anstieg der aktionsbereiten Anhänger, aber auch durch die Schaffung eines gemeinsamen ideologischen Rückhaltes. Die größere Präsenz der Szene, die vereinzelt sogar zu vierstelligen Teilnehmerzahlen bei Demonstrationen führte, ist in erster Linie eine Folge der zunehmenden Politisierung rechtsorientierter Subkultur-Gruppen, zumeist der Skinhead-Szene. Während die Anhängerzahlen in den politischen Kernbereichen des Neonazismus stagnieren, hat die Zahl der grundsätzlich gewaltgeneigten Skinheads zugenommen. Dieser Personenkreis steht politischer Betätigung - zumindest auf der Straße - im Gegensatz zu den Skinheads vergangener Jahre weitaus positiver gegenüber. Die Mobilisierbarkeit dieser Kreise hängt aber, wie die stark schwankenden Teilnehmerzahlen bei Demonstrationen im Berichtsjahr gerade in Schleswig-Holstein gezeigt haben, von verschiedenen Faktoren, auch von Zufällen ab. Selbst die Veranstalter der Demonstrationen haben häufig keine zuverlässigen Informationen über zu erwartende Teilnehmerzahlen. Da die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern bewusst einkalkuliert wird, erhöht insbesondere die Unberechenbarkeit und Skrupellosigkeit von Angehörigen dieser Gruppen das Risiko von Gewalttaten. Die NPD, für die wegen des ausgebliebenen Wählerzuspruchs parlamentarische Ambitionen gegenwärtig nachrangig gegenüber außerparlamentarischen Aktionen sind, liefert den ideologischen Rahmen. Ihr Vorsitzender Udo Voigt äußerte zuletzt Ende 1999 seine Verbundenheit mit den freien Kräften in der neonationalsozialistischen Postille "Hamburger Sturm". Er erklärte, die NPD sei nicht ausschließlich Wahlpartei, sondern auch nationale außerparlamentarische Opposition (NAPO). Die Mobilisierung der Massen wird von der NPD als "Schlacht um die Straße" definiert. In diesem Zusammenhang ist auch die am Ende des Jahres von der NPD-Publikation "Deutsche Stimme" wieder aufgegriffene Debatte zum Thema "Befreite Zonen" zu sehen. Sie beschreibt diese als "kulturelle und faktische Hegemonie", in deren Rahmen es "legitim" sei, "Maßnahmen gegen 'Antifa'-Unruhestifter oder kriminelle 'ausländische Mitbürger' zu treffen" (Nr. 10/99). Die Folgeausgabe der "Deutschen Stimme" setzt die Debatte fort. Gemeint seien Immobilien, die Wohnraum für "Kameraden", Versammlungsmöglichkeiten, Kneipen als Treffpunkte und Ladenräume böten und damit Rückzugsorte und "Kraftquelle" in einem "überall" geführten "Krieg" sicherstellen sollen. Den Vertretern dieser Strategie schwebt die wirtschaftliche Unabhängigkeit ihrer Aktivisten durch die Gründung eigener Betriebe vor. Durch Immobilienerwerb oder Betrieb eigener Gaststätten will man sich von der "Willkür" von Vermietern und Gastwirten befreien. In Schleswig-Holstein passt in dieses Schema in erster Linie der über die Landesgrenzen hinaus bekannte SkinheadTreffpunkt "Club 88" in Neumünster. Das Bemühen, sich als "nationale außerparlamentarische Opposition" in Szene zu setzen, war 1999 in Schleswig-Holstein und angrenzenden Bundesländern in zahlreichen rechtsextremistischen Demonstrationen zu erkennen. Besonders hervorzuheben sind die in Quickborn, Henstedt-Ulzburg und Ahrensburg durchgeführten, die als Ersatzveranstaltungen für eine am 1. Mai in Bremen angemeldete, aber verbotene Demonstration anzusehen sind. Die größte Veranstaltung aber fand am 30. Januar in Kiel statt. Neo-Nationalsozialisten und NPD nutzten hier gemeinsam die so genannte Wehrmachtsausstellung zur öffentlichkeitswirksamen Selbstdarstellung. 12
  • einer im Oktober in Flensburg durchgeführten "Anti-Antifa"-Demonstration ein größeres Echo. Ein Achtungserfolg für den Vorsitzenden
Drucksache 15/ 108 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode 3.4.2 Personenkreis um Andre Goertz (Halstenbek) Goertz tritt öffentlich wahrnehmbar nur noch als Betreiber "Nationaler Info-Telefone" in Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und NordrheinWestfalen, mit der Internet-Homepage "Nachrichten - Informationen - Theorie" sowie mit seinem Vertriebsdienst "Nord-Versand" in Erscheinung. Infolge seiner Ausgrenzung aus der neo-nationalsozialistischen Szene ist seine politische Wirkung äußerst begrenzt. Er orientiert sich zunehmend in Richtung eines eher sektiererischen rechtsextremistischen Umfelds, zu dem ein "national-marxistischer" Vordenker in Hamburg zählt. 3.4.3 "Bündnis Rechts" Die im Mai 1998 gegründete Wählergemeinschaft "Bündnis Rechts SchleswigHolstein" ist zumindest in der Person des Vorsitzenden Dieter Kern (Lübeck) und Teilen der Mitglieder eine Nachfolgeorganisation des "Bündnis Rechts für Lübeck". "Freien Nationalisten" und losen Kameradschaften, die abgrenzende Parteistrukturen ablehnen, bietet das Bündnis ebenso wie Mitgliedern von NPD, "Republikanern", DLVH und DVU eine politische Plattform. Über Internet-Seiten und ein Info-Telefon in Lübeck werden Informationen der rechten Szene verbreitet. Seit Juli erscheint das politische Mitteilungsblatt des Bündnisses, der "Lübsche Aufklärer". Ziel des Bündnisses ist die Vernetzung aller nationalen Kräfte sowie eine organisationsübergreifende Zusammenarbeit. Durch Weglassen der Landesbezeichnung im Laufe des Jahres versucht das Bündnis, seinen Wirkungsbereich zu erweitern. Seit August 1999 ist das "Bündnis Rechts" auch in Kiel vertreten. Nachdem die Aktivitäten des Vorsitzenden in der Szene zunächst nicht recht ernst genommen wurden, hat das "Bündnis Rechts" durch den Zugang weiterer ideologisch gefestigter Rechtsextremisten an Bedeutung gewonnen. Diese personellen Veränderungen lassen erwarten, dass sich der Schwerpunkt auf das Thema "AntiAntifa" verlagern wird. Während eine zu diesem Thema im Juli in Lübeck angemeldete Demonstration keinerlei Unterstützung aus der Szene fand, gab es bei einer im Oktober in Flensburg durchgeführten "Anti-Antifa"-Demonstration ein größeres Echo. Ein Achtungserfolg für den Vorsitzenden war es, in der September-Ausgabe des NPD-Zentralorgans "Deutsche Stimme" seine Gruppierung bundesweit vorstellen zu dürfen. Er forderte dabei einen Zusammenschluss aller rechten Gruppierungen und eine "gemeinsame Volksfront gegen dieses linke Staatssystem" und die "Gesinnungsjustiz". Den eigentlichen Durchbruch, nämlich die Akzeptanz im Bereich der Neo-Nationalsozialisten und Gewaltbereiten, aber brachte die Herbst-Ausgabe des "Hamburger Sturm". Diese Ausgabe enthielt sowohl Werbung für sein InfoTelefon als auch eine Empfehlung für den "Lübschen Aufklärer". 26
  • eine Zusammenarbeit mit Gruppierungen des demokratischen Spektrums in "antifaschistischen Aktionsbündnissen" bemüht. Die sich daraus bei Demonstrationen für die Sicherheitsund Ordnungsbehörden
III. Linksextremismus 1 Überblick Mit der Selbstauflösung der "Roten Armee Fraktion" (RAF) im März 1998 und der Zerschlagung der "Antiimperialistischen Zelle" durch die 1996 erfolgte Festnahme und zwischenzeitliche Aburteilung zweier Mitglieder dieser Gruppierung hat sich die Gefährdungslage im Bereich des linksextremistischen Terrorismus weiter entspannt. Hieran hat sich auch durch einen Schusswechsel der mutmaßlichen RAF-Mitglieder Horst Ludwig Meyer und Andrea Klump mit der österreichischen Polizei am 15. September in Wien, bei dem Meyer getötet und Klump festgenommen wurde, nichts geändert. Reste des ehemaligen RAF-Sympathisantenund UnterstützerSpektrums bemühen sich überwiegend um die Freilassung noch inhaftierter Terroristen. Demgegenüber will ein anderer Teil des gewaltbereiten linksextremistischen Spektrums, der so genannte Antiimperialistische Widerstand, an der Option des bewaffneten Kampfes festhalten. Eine praktische Umsetzung neuer Terrorismuskonzepte ist allerdings derzeit nicht erkennbar. Herausragendes Thema der gesamten linksextremistischen Szene war erneut der so genannte Anti-Faschismus-Kampf. In diesem Aktionsfeld ist in den letzten Jahren insgesamt ein deutlicher Anstieg der Zahl und Schwere von Gewalttaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten zu verzeichnen gewesen. Um sich bei militanten Aktionen nicht von vornherein zu isolieren und um Maßnahmen der Polizei zu unterlaufen, sind Linksextremisten um eine Zusammenarbeit mit Gruppierungen des demokratischen Spektrums in "antifaschistischen Aktionsbündnissen" bemüht. Die sich daraus bei Demonstrationen für die Sicherheitsund Ordnungsbehörden ergebende unübersichtliche Lage wird von Autonomen für Ausschreitungen genutzt, deren Ziel erklärtermaßen gerade auch Polizeibeamte sind. Belege für diese auch in Schleswig-Holstein praktizierte Strategie sind die Proteste gegen den Aufmarsch der "Jungen Nationaldemokraten" am 30. Januar anlässlich der Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" in Kiel sowie gegen eine Demonstration des "Bündnis Rechts" am 23. Oktober in Flensburg. Das militärische Engagement der NATO unter Beteiligung der Bundesrepublik im Kosovo-Konflikt nutzte die linksextremistische Szene, um ihren Kampf gegen ein angebliches Großmachtstreben Deutschlands zu forcieren. Dabei kam es am 6. Mai in Kiel anlässlich einer Veranstaltung zum 50-jährigen Bestehen der NATO zu gewalttätigen Ausschreitungen. 29