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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • diese gemeinhin mit Repression gleich. Der von ihnen proklamierte "Antifaschismus" bezeichnet den Kampf gegen eine ihrer Auffassung nach insgesamt faschistisch
Vorwort "Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine Kräfte auszubilden noch die Frucht derselben zu genießen; denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit." (Wilhelm von Humboldt, 1767-1835) Trotz völlig unterschiedlicher ideologischer Ausrichtungen verfolgen politische Extremisten in Deutschland ein Ziel: Sie streben die Ablösung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an, um sodann ein Gesellschaftsmodell nach ihrer Fasson zu konstruieren. Rechtsextremisten etwa bekämpfen die von der Akzeptanz des Anderen geprägte demokratische Gesellschaftsordnung aufgrund ihres rassistischen und nationalistischen Weltbildes. Gleichwohl drängen sie durch Teilnahme an freien Wahlen in Parlamente, machen sich also die im demokratischen Willensbildungsprozess üblichen Mitbestimmungsrechte zu eigen, um im Falle des Erfolgs genau jene auszuhebeln. Gleichermaßen nutzen sie das hohe Gut der Versammlungsfreiheit für ihre Zwecke. "Reichsbürger" erkennen weder Verfassung noch Rechtsprechung an, bezeichnen die Bundesrepublik als GmbH, statten sich mit Pseudodokumenten aus und wähnen sich in ihrem ganz eigenen, von staatlichem Zugriff freien Kosmos. Diesen meinen sie auch mit Waffengewalt verteidigen zu können, wie die Ereignisse 2016 in Georgensgmünd dramatisch belegen, als ein Polizist im Einsatz gegen einen bewaffneten "Reichsbürger" zu Tode kam. Islamistische Extremisten erkennen weltliche Ordnungen mit von Menschen gemachten Gesetzen nicht an, erklären vielmehr ausschließlich gottgewollte Regeln und die islamische Rechtsordnung als verbindlich. Zugleich fordern sie u. a. das im demokratischen Wertesystem geltende Recht auf freie Religionsausübung für sich ein. Autonome Linksextremisten lehnen generell jede staatliche Ordnung ab, setzen diese gemeinhin mit Repression gleich. Der von ihnen proklamierte "Antifaschismus" bezeichnet den Kampf gegen eine ihrer Auffassung nach insgesamt faschistisch geprägte Gesellschaft. Mithin überschreiten politische wie islamistische Extremisten Grenzen bei der Wahrnehmung verfassungsmäßig verbriefter Grundrechte. Wegen ihrer den Grundgedanken einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft entgegenstehenden Zielrichtungen unterliegen sie der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 1
  • Betätigungen betraf. Diese blieben auf das Thema "Antifaschismus" fokussiert. Im Rahmen des Aktionsfeldes "Antigentrifizierung" kam der "Freiraumthematik" weiterhin Bedeutung
Im besonderen Fokus standen erneut "Reichsbürger" und "Selbstverwalter", deren Anhängerschaft einen deutlichen Zuwachs erfuhr. Der Personenkreis weist eine hohe Affinität zu Waffen auf, woraus eine besondere Gefährdung erwächst. Die Aktivitäten der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" richteten sich 2017 vorwiegend gegen Thüringer Kommunalbehörden aber auch Landes-, Polizeiund Justizbehörden. Mit querulatorischen Schreiben reagierten sie auf Maßnahmen der staatlichen Verwaltung. Die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus blieb unverändert hoch. Als Indikator für diese Einschätzung diente neben einer latenten Anschlagsgefahr, die westlich geprägte Gesellschaften weltweit betrifft, zuletzt verstärkt die Rückreisebewegung von Islamisten aus Deutschland, die sich zum Jihad im Namen des "Islamischen Staats" nach Syrien oder in den Irak begeben hatten. Zurück in Deutschland könnten die meist in hohem Maße radikalisierten Personen nach Einfluss in muslimischen Gemeinden streben und sich dort ggf. als Multiplikatoren für ihre extremistische Ideologie inszenieren. Hinweise auf einen Radikalisierungsverdacht unter oftmals jungen Flüchtlingen fielen im Berichtsjahr häufiger an. Darüber hinaus waren erste Anzeichen auszumachen, wonach der legalistische Islamismus versuchen könnte, auch in Thüringen Fuß zu fassen. Im Bereich des Linksextremismus dominierten erneut Gruppierungen des gewaltorientierten autonomen Spektrums sowohl hinsichtlich des Personenpotenzials als auch was die Betätigungen betraf. Diese blieben auf das Thema "Antifaschismus" fokussiert. Im Rahmen des Aktionsfeldes "Antigentrifizierung" kam der "Freiraumthematik" weiterhin Bedeutung zu. Zudem nahm das Thema "Antirepression" Raum ein. Kontakte von Thüringer Autonomen auch in bundesweite Szenehochburgen, Mobilisierungen für überregionale Veranstaltungen sowie Vernetzungsbemühungen verdeutlichten die enge Einbindung und bundesweite Verflechtung der Thüringer autonomen Szene. Da extremistische Personenzusammenschlüsse konstitutionell verankerte Freiheitsrechte missbrauchen, um das demokratische Wertesystem der Bundesrepublik abzuschaffen, müssen staatliche Abwehrmechanismen greifen. Dieses von Extremisten gern als undemokratisch bezeichnete Vorgehen ist Ausdruck staatlicher Verantwortung, mit der es die Freiheitsrechte für die Allgemeinheit vor Einschränkungen durch eine extremistische Minderheit zu sichern gilt. Denn "ohne Sicherheit ist keine Freiheit". Georg Maier Thüringer Minister für Inneres und Kommunales Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 3
  • Szene in Thüringen 87 5.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 90 5.4 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" 94 6. Sonstige linksextremistische
3. Gefährdungspotenzial 63 4. Maßnahmen 63 IV. Islamismus 1. Ideologischer Hintergrund 65 1.1 Islamismus 65 1.2 Salafismus 65 2. Trends in der salafistischen Szene 67 3. Lagebild Deutschland 68 4. Lagebild Thüringen 69 4.1 Islamisten in Thüringer Moscheevereinen 70 4.2 Hinweise auf Islamisten unter Migranten 71 4.3 Spannungsfeld Integration und Radikalisierung 73 V. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) 1. Hintergrund 75 2. Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 75 2.1 Allgemeine Lage 76 2.2 Organisatorische Situation/Strukturen 77 2.3 Finanzierung 78 2.4 Propaganda und Themenschwerpunkte 78 2.5 Bewertung 79 VI. Linksextremismus 1. Politisch motivierte Kriminalität - Links im Überblick 81 2. Überblick und Schwerpunktsetzung 82 3. Ideologischer Hintergrund 83 4. Das linksextremistische Personenpotenzial 83 5. Autonome - gewaltorientierte Linksextremisten 84 5.1 Allgemeines 84 5.2 Die autonome Szene in Thüringen 87 5.3 Thüringer Autonome und ihr "Antifaschismus"-Verständnis 90 5.4 Das Aktionsfeld "Antigentrifizierung" 94 6. Sonstige linksextremistische Organisationen 96 7. Thüringer Linksextremisten und die Bundestagswahl 101 Exkurs: Antisemitismus heute 105 6 Inhaltsverzeichnis
  • Versammlung fand Unterstützung des linksextremistischen Spektrums. Das vordergründige Veranstaltungsthema "Antifaschismus" wurde im Verlauf der Veranstaltung durch die PKK-Thematik überlagert
Ab August fanden bundesweit Kundgebungen der PKK zur Situation des seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Organisationsgründers Öcalan statt. Auch in öffentlichen Verlautbarungen der Organisation wurde die Freilassung Öcalans gefordert. Der Zeitpunkt der Aktionen stand in Zusammenhang mit dem Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK 1984 in der Türkei. Nachdem in türkischen sozialen Medien Anfang Oktober Meldungen verbreitet wurden, die von der angeblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes Öcalans bis zu seinem Tod reichten, kam es in Deutschland und Europa zu einer Vielzahl an Demonstrationen. So wurden am Abend des 15. Oktober mindestens 23 spontane Kundgebungen von PKK-Anhängern, unter anderem in Köln, Berlin, Dortmund und Essen, mit bis zu 200 Teilnehmern durchgeführt. Das Demonstrationsgeschehen hielt bundesweit mehrere Tage an. Am 4. November demonstrierten etwa 6.000 PKK-Anhänger in Düsseldorf unter dem Motto "NO PASARAN! Kein Fußbreit dem Faschismus, Schluss mit den Verboten kurdischer und demokratischer Organisationen aus der Türkei, Freiheit für Abdullah Öcalan und alle politischen Gefangenen". Hierbei kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den eingesetzten Polizeibeamten, wobei insgesamt 14 Personen verletzt wurden. Im Rahmen der Veranstaltung wurden entgegen polizeilicher Auflagen verbotene Fahnen mit dem Abbild Öcalans gezeigt. In der Folge erklärte die Versammlungsleiterin die Veranstaltung vorzeitig für beendet. Die Versammlung fand Unterstützung des linksextremistischen Spektrums. Das vordergründige Veranstaltungsthema "Antifaschismus" wurde im Verlauf der Veranstaltung durch die PKK-Thematik überlagert. 2.2 Organisatorische Situation/Strukturen Die "Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa" (kurdisch "Civata Demokratik a Kurdistan" - CDK)35 bestimmt die politischen Aktivitäten der PKK in Europa. In der Bundesrepublik Deutschland besteht die hierarchische Struktur der PKK aus 9 Regionen mit 31 "Gebieten", die sich wiederum in "Teilgebiete" untergliedern. Das "Teilgebiet Erfurt" stellt die einzige in Thüringen etablierte Struktur der PKK dar. Es ist dem "Gebiet Kassel" organisatorisch angeschlossen und umfasst neben dem Großraum Erfurt auch Weimar und Teile Nord-, Westsowie Südwestthüringens. Ein von der Partei bestimmter Teilgebietsleiter ist u. a. für die Mobilisierung zu Veranstaltungen, die Verteilung und den Verkauf von Propagandamaterial sowie die Spendensammlungen verantwortlich. Die PKK-Anhängerschaft im "Teilgebiet Erfurt" umfasst ca. 150 Personen. 35 Der vormals als "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) bezeichnete politische Arm der PKK war 1993 ebenfalls mit einem Betätigungsverbot belegt worden. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 77
  • Weimar, ebenso hält die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus" an. Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen
Maßgebliche Gruppen des autonomen Spektrums in Thüringen blieben bestehen. Regionale Schwerpunkte existieren weiterhin in Jena und Weimar, ebenso hält die Fokussierung auf das Betätigungsfeld "Antifaschismus" an. Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Aktionen richteten sich überwiegend gegen Veranstaltungen der "rechten" bzw. rechtsextremistischen Szene bzw. deren Strukturen. Dabei suchten Autonome durchaus die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und der Polizei. Im Zusammenhang mit der Bundestagswahl gelang es den in Thüringen vertretenen marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen im Berichtszeitraum teilweise durch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wahrgenommen zu werden. 5. Autonome - gewaltorientierte Linksextremisten 5.1 Allgemeines Die Entstehungsgeschichte der autonomen Bewegung reicht in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts zurück, in denen die radikalen und militanten Teile der Studentenbewegung zerfielen. Autonome sind in der Bundesrepublik seit Ende der 1970er Jahre aktiv. Heute agieren sie vor allem in größeren Städten. Schwerpunkte bilden Ballungsräume wie Berlin, Hamburg, das Rhein-Main-Gebiet und Leipzig oder auch Universitätsstädte. Der gewaltorientierten autonomen Szene waren 2017 bundesweit etwa 7.000 Anhänger zuzurechnen. Damit verzeichnete die weitaus größte Personengruppe des gewaltorientierten deutschen Linksextremismus erneut einen Zuwachs. Bestrebungen, verschiedene Strömungen des Linksextremismus zusammenzuführen, hielten an. Als ein maßgeblicher Akteur trat dabei erneut die "Interventionistische Linke" (IL) in Erscheinung. Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Gesetzen leben zu wollen. Fremde Vorgaben, staatliche und gesellschaftliche Zwänge lehnen sie ab. "Keine Macht für niemand!" lautet ihre paradoxe Devise. Ihre ideologischen Vorstellungen bleiben oft diffus, anarchistische Elemente mischen sich darin mit nihilistischen, sozialrevolutionären, mitunter auch marxistischen Versatzstücken. Autonome sind entschlossen, die ihnen hemmend oder einengend erscheinenden staatlichen Strukturen zu zerschlagen. Von einem ausgeprägten Individualismus getrieben verlangen sie dabei nicht nach in sich geschlossenen, theorielastigen Konzeptionen zur Veränderung der Gesellschaft. 84 Linksextremismus
  • sich Konzerte in Szeneobjekten, Veranstaltungen zu relevanten Themen - insbesondere "Antifaschismus" - sowie die Möglichkeiten universitärer Einrichtungen an. 39 Zum Verbot
Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Autonomen. Aus ihrer Selbstsicht heraus nehmen sie Handlungen anderer, z. B. des Staats, von Unternehmen oder des politischen Gegners, als Gewalt gegen sich wahr und versuchen damit ihre Aktionsformen als Selbstschutz zu legitimieren. Angriffe auf Personen meint man regelmäßig damit rechtfertigen zu können, dass es sich bei den Opfern um "Nazis" gehandelt habe. Diese Bezeichnung wird dabei zum Teil willkürlich verwendet, ohne dass es tatsächliche Anhaltspunkte für eine Zugehörigkeit zum rechtsextremistischen Spektrum gegeben haben muss. Letztlich dient sie nur als Staffage, um das eigene Handeln möglichst positiv darzustellen. Die Verfolgung der eigenen Straftaten wird wiederum als angebliche Kriminalisierung und Ausdruck eines repressiven Staats wahrgenommen. Gewalttätige Aktionsformen werden taktisch eingesetzt. Dabei spielen Überlegungen zur Haltung möglicher Bündnispartner ebenso eine Rolle wie Stärke und Vorgehensweise eingesetzter Polizeikräfte oder des politischen Gegners. Gelegentlich kommt es jedoch auch zu Gewaltausbrüchen zwischen Angehörigen des linksund rechtsextremistischen Spektrums, die jeweils "Vergeltungsaktionen" nach sich ziehen können. Die von Autonomen angestrebte Veränderung zielt auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung. Daher sind Autonome als Linksextremisten im Sinne der Definition zu bewerten. Die szeneinterne - oft auch konspirativ abgeschottete - Kommunikation erfolgt vorrangig unter Nutzung elektronischer Medien. Unter einer Vielzahl von Homepages und Portalen, die die Szene betreibt oder nutzt, hatte das linksextremistische Internetportal "linksunten.indymedia" in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und sich zu einem zentralen Angebot für die Szene insgesamt entwickelt.39 Darüber hinaus dienen diverse Szeneblätter, die z. T. konspirativ verbreitet werden, als Informationsquellen. Zur Werbung von Nachwuchs für die meist jugendliche, vielfältige und starker Fluktuation unterworfene Szene bieten sich Konzerte in Szeneobjekten, Veranstaltungen zu relevanten Themen - insbesondere "Antifaschismus" - sowie die Möglichkeiten universitärer Einrichtungen an. 39 Zum Verbot im Berichtszeitraum s. Kap. 5.3. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 85
  • folgende Themen die Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: "Antifaschismus", "Antirassismus", "Antikapitalismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung"40. Gewaltpotenzial Die Artikulationsformen Autonomer sind
Kampagnenfähige Themen Wie auch andere Linksextremisten engagieren sich Autonome in verschiedensten gesellschaftlichen Konfliktfeldern und sind bemüht, ihre grundsätzliche Systemkritik dort über den sachbezogenen Protest hinaus in den öffentlichen Diskurs einfließen zulassen. So versuchen sie Bündnispartner zu gewinnen und ihre extremistischen Ziele zu verfolgen. Im Berichtszeitraum bestimmten folgende Themen die Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: "Antifaschismus", "Antirassismus", "Antikapitalismus", "Antirepression", "Antigentrifizierung"40. Gewaltpotenzial Die Artikulationsformen Autonomer sind vielfältig. Sie reichen von Diskussionen, Vortragsveranstaltungen und Demonstrationen über Straßenkrawalle, teils erhebliche Sachbeschädigungen bis hin zu Brandanschlägen. Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Autonomen. Bereitwillig setzen sie diese auch gegen Personen ein, vor allem im Rahmen von Protesten gegen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. Hier suchen Autonome die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner und Einsatzkräften der Polizei. Ein Ausdruck der anhaltenden Gewaltorientierung von Linksextremisten und der grundsätzlichen Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt auch durch Autonome ist das Fehlen einer eindeutigen und unmissverständlichen Distanzierung von linksterroristischen Gruppierungen, sei es die "Rote Armee Fraktion" (RAF), die bereits 1999 ihre Auflösung erklärte und deren Straftaten auch wegen der anhaltenden Solidarisierung mit ihr noch immer nicht restlos aufgeklärt werden konnten, oder seien es ausländische "Befreiungsbewegungen" und "Widerstandskämpfe". Aktuell bestehen keine Anhaltspunkte, die auf eine Existenz linksterroristischer Strukturen schließen lassen. Derartige Entwicklung bereits im Ansatz zu erkennen, bleibt jedoch eine beständige Aufgabe und Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. (De)-Zentralisierung und ideologische Spaltung innerhalb der autonomen Szene Fest strukturierte, auf Dauer angelegte und übergreifende Organisationsformen widersprechen dem Grundverständnis der traditionellen Autonomen. Die Szene ist heterogen zusammengesetzt, sie lehnt Hierarchien und Führungsstrukturen ab. Autonome agieren meist in kleinen, unverbindlichen, lokal begrenzten, dezentralen 40 Abgeleitet von gentry (engl.) - Bezeichnung für niederen englischen Adel und ihm sozial Nahestehende, daher: Umstrukturierung von Stadtteilen nach Verkauf und/oder Modernisierung von Gebäuden. Durch den Zuzug neuer (vermögenderer) Bewohner kommt es zu Veränderungen der Bevölkerungsstruktur. Autonome versuchen in Stadtteilen, die sie als ihren "Kiez" beanspruchen, dieser Entwicklung auch mit gewalttätigen Mitteln entgegenzuwirken. 86 Linksextremismus
  • starken und aktiven autonomen Gruppen. Inhaltlich dominierte das Themengebiet "Antifaschismus". Im Rahmen des Aktionsfeldes "Antigentrifizierung" kam der "Freiraumthematik" weiterhin Bedeutung
Personenzusammenschlüssen. Um die wegen des niedrigen Organisationsniveaus begrenzten Wirkungsmöglichkeiten zu erweitern, gibt es immer wieder Versuche, übergreifende Organisationsformen und Strukturen zu schaffen. Mehrere bundesweite Zusammenschlüsse und Bündnisprojekte spiegeln die Dynamik und Widersprüchlichkeit im bundesweiten linksextremistischen Spektrum wider. Eines dieser Projekte ist die 2005 als bundesweites Netzwerk mit dem Ziel einer verbindlichen "Organisierung" autonomer Gruppierungen und Aktivisten gegründete IL. Als eine Art "Scharnier" zu nicht gewaltorientierten Linksextremisten und auch nicht extremistischen Gruppierungen lehnt sie Gewalt nicht grundsätzlich ab. Ihr Ziel ist die Zusammenführung von (links)extremistischen Akteuren unterschiedlicher ideologischer Prägung und auch Nichtextremisten, um eine erhöhte Handlungsfähigkeit - Interventionsmöglichkeit - zu erlangen. Die IL zielt dabei letztlich auf eine Überwindung des "Kapitalismus" durch einen revolutionären Umsturz ab. Auch Thüringer Gruppierungen weisen kontinuierlich Verbindungen zur IL auf. 5.2 Die autonome Szene in Thüringen Das Anhängerpotenzial der gewaltorientierten autonomen Szene Thüringens umfasste im Berichtszeitraum ca. 130 Personen. Zu einzelnen Aktionen, denen die Szene besondere Bedeutung beimaß, gelang es ihr, einen auch überregionalen Teilnehmerkreis zu mobilisieren. Regionale Schwerpunkte bestehen in Jena und Weimar. Szenetypische Anlaufstellen sind "Infoläden" in Arnstadt, Erfurt, Jena und Gotha. Autonome Gruppen aus Thüringen nutzen das Internet und E-Mail-Verbindungen, um untereinander Kontakt zu halten, zu agitieren und für Veranstaltungen zu mobilisieren. Über ihre Internetseiten veröffentlichen sie zum Teil umfangreiche Rechercheberichte über den politischen Gegner. Auch Szenezeitschriften oder Audiostreams mit Informationen zum "rechten" Spektrum werden auf diesem Wege verbreitet. Zudem wird die Möglichkeit, Nachrichten zu verschlüsseln genutzt bzw. regelmäßig angeboten. Der Schwerpunkt öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten lag im Berichtszeitraum vor allem in Jena, einer Region mit personell starken und aktiven autonomen Gruppen. Inhaltlich dominierte das Themengebiet "Antifaschismus". Im Rahmen des Aktionsfeldes "Antigentrifizierung" kam der "Freiraumthematik" weiterhin Bedeutung zu, auch hier insbesondere in Jena als einer überdurchschnittlich teuren Wohngegend. Zudem nahm das Thema "Antirepression" im Berichtszeitraum Raum ein. Von aktuellem Belang weit über Thüringen hinaus waren die G20-Proteste im Juli in Hamburg, das Verbot der linksextremistischen Internetplattform "linksunten.indymedia" sowie Aktivitäten im Zusammenhang mit der Bundestagswahl am 24. September, die für die auch sonst übliche Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner einen besonderen Rahmen bot. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 87
  • Auch das "Autonome antifaschistische Komitee Nordhausen" (AAKNdh) hat auf seiner Website zur "Solidarität mit Linksunten" aufgerufen. "So profiliert man sich
Auch das "Autonome antifaschistische Komitee Nordhausen" (AAKNdh) hat auf seiner Website zur "Solidarität mit Linksunten" aufgerufen. "So profiliert man sich wohl im Wahlkampf als Garant von law and order; es scheint als seien der Innenminister und die Behörden nicht so recht ausgelastet [...] Dies ist, so meinen wir, ein Vorgeschmack auf Angriffe gegen all jene, die Widerstand leisten, die die kapitalistische Ordnung tatsächlich bezweifeln. Ein Vorgeschmack auf die Repression der kommenden Jahre. Ein Vorgeschmack für alle, die im Juli gegen den G20 demonstriert haben - kurzum es ist ein Angriff auf alle Linke. Wir stehen solidarisch mit den Betroffenen in Freiburg!" Auf Facebook hat "PEKARI - linke Basisgruppe in Jena" (PEKARI) gepostet: "Schaffen wir ein, zwei, viele linksuntens!" Das Verbot sei eine "kleinliche Racheaktion für die G20-Proteste in Hamburg". Ein Flyer mit dem Symbol von "linksunten.indymedia" wird verwendet. Gegen die Exekutivmaßnahmen und das Verbot sind von den Betroffenen rechtliche Schritte eingeleitet worden. PEKARI rekrutiert "Nachwuchs für die radikale Linke in Jena". Die Gruppe ist im linksextremistischen Spektrum auch über Thüringen hinaus gut vernetzt. Sie wird der linksextremistischen (post)autonomen Szene zugerechnet. Gewalt als Aktionsmittel Autonomer Gewalt ist ein selbstverständliches Aktionsmittel der Autonomen. Aus ihrer kruden Selbstsicht heraus nehmen sie Handlungen anderer, z. B. des Staats, von Unternehmen oder des politischen Gegners, als Gewalt gegen sich wahr und versuchen damit ihre Aktionsformen als Selbstschutz zu legitimieren. Angriffe auf Personen meint man regelmäßig damit rechtfertigen zu können, dass es sich bei den Opfern um "Nazis" gehandelt habe. Diese Bezeichnung wird dabei zum Teil willkürlich verwendet, ohne dass es tatsächliche Anhaltspunkte für eine Zugehörigkeit zum rechtsextremistischen Spektrum gegeben haben muss. Letztlich dient sie nur als Staffage, um das eigene Handeln möglichst positiv darzustellen. Die Verfolgung der eigenen Straftaten wird wiederum als angebliche Kriminalisierung und Ausdruck eines repressiven Staats wahrgenommen. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 93
  • oder der Staatsmacht!". Der Abriss endet mit: "#Danke Antifa #No AfD #Keinen Meter der AfD".55 Im Zusammenhang mit Protesten
Aktivitäten von gewaltorientierten Linksextremisten in Thüringen Wiederholt kam es thüringenweit zu politisch-motivierten Sachbeschädigungen insbesondere an Wahlplakaten. Betroffen waren insbesondere Plakate der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD), die seit längerer Zeit aufgrund ihrer Positionierung zur Flüchtlingsthematik und ihrer aus linksextremistischer Sicht rassistischen und faschistischen Ausrichtung im Fokus linksextremistischer Agitation steht, aber auch der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD). In einzelnen Fällen kam es zu thematisch einschlägigen Schmierereien in der Öffentlichkeit, z. B. an Bänken, Brückenpfeilern und Hauswänden. Auch entsprechende Flyer wurden festgestellt. Schwerpunkt der Aktivitäten von gewaltorientierten Linksextremisten in Thüringen anlässlich der Bundestagswahl war Jena. Hier kam es z. B. am 20. Mai und 27. Juni zu Übergriffen auf Infostände der AfD. Tatbeteiligte waren z. T. vermummt. Zudem wurden Akteure der AfD mit sog. Wasserbomben beworfen. An den Übergriffen waren jeweils 20 bis 35 Personen beteiligt. Im Zusammenhang mit den Störungen kam es zu Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Diebstahl, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie gefährlicher Körperverletzung. Anlässlich des Vorfalls am 20. Mai gab es zudem verschiedene Szeneverlautbarungen. So äußerte PEKARI: "Samstagvormittag in Jena: Die AfD versucht mit Infostand ihre Scheiße in die Welt zu tragen. Aktivist*innen sagen "NÖ!". Zudem wurde in einem Beitrag unter der Überschrift "AFD SABOTAGE STARTERKIT" aufgezählt bzw. dargestellt, welche Hilfsmittel zur Sabotage eines AfD-Infostandes benötigt werden - was einer Aufforderung zu weiteren Aktionen dieser Art gleichkommt. In einem früheren Beitrag werden "Von Repression Betroffene" auf die "Rote Hilfe Jena" verwiesen. Hinsichtlich des Bundestagswahlkampfs wird zudem gefordert, "der AfD ordentlich die Suppe [zu] versalzen! Keinen Fussbreit den Faschisten! Wir lassen uns nicht einschüchtern: Nicht durch gewaltbereite Nazis, der AfD oder der Staatsmacht!". Der Abriss endet mit: "#Danke Antifa #No AfD #Keinen Meter der AfD".55 Im Zusammenhang mit Protesten gegen eine Veranstaltung der AfD am 12. September in Jena, die von demokratisch geprägten Kräften initiiert worden waren, kam es zu verschiedenen versammlungstypischen Straftaten, darunter Körperverletzung, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, insbesondere durch Vermummung. Zu den von polizeilichen Maßnahmen (25 Platzverweise, fünf Identitätsfeststellung) Betroffenen zählten auch einschlägig bekannte Personen. Bereits im Vorfeld war es am 5./6. September zu Sachbeschädigungen an Privatfahrzeugen von AfD-Politikern bzw. deren Familienangehörigen gekommen. Die Schadenssummen waren erheblich. 55 "Pekari" auf Facebook, Beitrag vom 20. Mai 2017. 102 Linksextremismus
  • heterogenen autonomen Bewegung ist geprägt von AntiEinstellungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", "antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente ("Klassenkampf", "Revolution" oder "Imperialismus") bilden
Entsprechend ihrer politischen Ausrichtung handelt es sich dabei zum Beispiel um linksextremistische Organisationen, soweit sie in ihren Heimatländern ein sozialistisches bzw. kommunistisches Herrschaftssystem anstreben oder um nationalistische Organisationen, die ein überhöhtes Selbstverständnis von der eigenen Nation haben und die Rechte anderer Völker missachten. Daneben gibt es separatistische Organisationen, die eine Loslösung ihres Herkunftsgebietes aus einem bereits bestehenden Staatsgebilde und die Schaffung eines eigenen Staates verfolgen. Die größte von den Verfassungsschutzbehörden beobachtete ausländerextremistische Organisation in Deutschland ist nach wie vor die unter der Bezeichnung PKK bekannte "Arbeiterpartei Kurdistans". Derartige Organisationen unterliegen der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden, wenn: * sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten, indem sie hier z. B. versuchen, eine ihren Grundsätzen entsprechende Parallelgesellschaft zu errichten, * sie ihre politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen und dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden, * sie vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten durchführen oder unterstützen und dadurch auswärtige Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu diesen Staaten gefährden, * sich ihre Aktivitäten gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker, richten. Autonome Kennzeichnend für die Bewegung der Autonomen, die über kein einheitliches ideologisches Konzept verfügt, ist die Ablehnung staatlicher und gesellschaftlicher Normen und Zwänge, die Suche nach einem freien, selbstbestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen und der Widerstand gegen den demokratischen Staat und seine Institutionen, wobei Gewalt von Autonomen grundsätzlich als Aktionsmittel ("militante Politik") akzeptiert ist. Autonome bilden den weitaus größten Anteil des gewaltbereiten linksextremistischen Personenpotenzials. Das Selbstverständnis der heterogenen autonomen Bewegung ist geprägt von AntiEinstellungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", "antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente ("Klassenkampf", "Revolution" oder "Imperialismus") bilden den Rahmen ihrer oftmals spontanen Aktivitäten. Eine klassische Form autonomer Gewalt ist die so genannte Massenmilitanz. Das sind Straßenkrawalle, die sich im Rahmen von Demonstrationen oder im Anschluss daran entwickeln. Hierbei kommt es regelmäßig auch zu Gewaltexzessen. Verfassungsschutzbericht Freistaat Thüringen 2017 113
  • Modelabel) 1, 3, 6, 77, 84 ff, 90, Antifaschismus 110 Antigentrifizierung 3, 86 f, 94 Antikapitalistisches Kollektiv 23 Antirepression
Register A Almadinah Islamischer Kulturverein e. V. 67 al-Qaida 68, 119 al-Shabaab-Miliz 71 f Amok (rechtsextremistische Band) 45 Ansgar Aryan (rechtsextremistisches 34 Modelabel) 1, 3, 6, 77, 84 ff, 90, Antifaschismus 110 Antigentrifizierung 3, 86 f, 94 Antikapitalistisches Kollektiv 23 Antirepression 3, 86 f, 100 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK - Partiya 6, 75 ff, 113 Karkeren Kurdistan) Armstroff, Klaus 50 1, 3, 6, 42, 82 ff, 93 ff, Autonome 109, 113 f, 121, 125 Autonome Nationalisten 42, 114, 125 B Biczysko, Enrico 48 Blutzeugen 29 f C Collegium Humanum (CH) 51 D Dahl, Sebastian 29 Demokratisches Gesellschaftszentrum der 78 KurdInnen in Deutschland e. V. (NAV-DEM) 128 Anhang
  • Informationen zu Einzelpersonen werden meist in Steckbriefen Flyer der "Antifa" zusammengefasst und im Rahmen so genannter "Outing-Aktionen
Gewaltsame Übergriffe von Linksextremisten gegenüber Rechtsextremisten In den vergangenen Jahren verübten gewaltorientierte Linksextremisten mehrere "militante Aktionen" auf (vermeintliche) Rechtsextremisten in Bremen, so wurden beispielsweise im Januar 2018 zwei Fahrzeuge von Rechtsextremisten durch Brandstiftung und Sachbeschädigung beschädigt. Im Jahr 2016 hatten Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens einzelne Rechtsextremisten 57 gezielt körperlich angegriffen. Mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksextremisten und Rechtsextremisten ist in Bremen regelmäßig insbesondere im Zuge von Fußballspielen zu rechnen, wo sich eine rechtsextremistisch beeinflusste Hooligan-Szene und "linke" Fußballfans der Ultra-Szene sowie gewaltorientierte Linksextremisten gegenüberstehen. Linksextremistische "Recherchearbeit" Die "Aufklärungsoder Recherchearbeit" gehört zu den zentralen Aktivitäten der autonomen Szene in Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Szene. In diesem Zusammenhang werden Beobachtungen und Informationen über Einzelpersonen, Gruppierungen und Strukturen der "rechten" Szene wie etwa Szeneläden gesammelt. Die Informationen zu Einzelpersonen werden meist in Steckbriefen Flyer der "Antifa" zusammengefasst und im Rahmen so genannter "Outing-Aktionen" in der Nachbarschaft der Betroffenen und im Internet veröffentlicht. In den Steckbriefen werden neben persönlichen Daten, wie z.B. Anschrift, Geburtsdatum oder Beruf, auch weitere Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen bekanntgemacht. Ziel dieser Aktionen ist es, vermeintliche Rechtsextremisten aus der Anonymität zu holen und ihre politischen Aktivitäten öffentlich zu machen, wobei dies eine Gefahr für die Betroffenen darstellt und insbesondere ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Solche "Outing-Aktionen" richteten sich Ende 2017/Anfang 2018 gegen (vermeintliche) Aktivisten der "Identitären Bewegung Bremen". 5.3.2 "Klimaproteste" - Kampagne "Ende Gelände" Ein Schwerpunktthema der linksextremistischen Szene in Deutschland im Jahr 2018 war der Klimaschutz. In der politischen Diskussion geht es seit mehreren Jahren um die globalen Auswirkungen des Klimawandels, eine Energiewende und die inzwiENDE Gelande! HAMBI BLEIBT! ONE STRUGGLE - ONE FIGHT! schen beschlossene Stilllegung von Kohlekraftwerken. Zum Symbol des Klimaschutzes sind im Verlaufe des Jahres 2018 die Proteste gegen die Rodung des Hambacher Forsts in Nordrhein-Westfalen durch den Energieversorger RWE geworden. Das Unternehmen will den Wald für den weiteren Abbau von Braunkohle roden. Linksextremisten brachten sich in die politische Diskussion mit dem Ziel ein, sowohl ihre extremistische Weltanschauung und ihre politischen Ziele zu verbreiten als auch ihre gesellschaftliche Akzeptanz zu vergrößern. Sie erreichten die Zusammenführung von 25.-29.10.2018 linksextremistischen und nichtextremistischen Aktivisten in Bündnissen, Initiativen Am Hambacher forst bei Köln und Kampagnen, wie in der Kampagne "Ende Gelände" (EG). At the Hambach Forest near cologne Kohle Stoppen. Klima Schützen Die 2014 initiierte linksextremistisch beeinflusste Kampagne organisiert Protestakwww.ende-gelaende.org tionen gegen den Braunkohleabbau. Die Kampagne wird sowohl von Gruppierungen Aufruf zu Protesten und Einzelpersonen des demokratischen Spektrums als auch des linksextremistiim Hambacher Forst im schen Spektrums unterstützt. Die bundesweit agierende linksextremistische GruppieOktober 2018 rung "Interventionistische Linke" (IL) ist maßgeblich in die Aktivitäten involviert.
  • veröffentlichen, die dem Sinne des Projektes entsprechen und eine antifaschistische, autonome und antinationale Grundhaltung haben" (Internetseite "end of road
In Bremen gibt es seit 2009 die Internetplattform "end of road". Die Betreiber erklärten, dass es sich um ein "antikapitalistisches Projekt" handele und sie "nur Dinge veröffentlichen, die dem Sinne des Projektes entsprechen und eine antifaschistische, autonome und antinationale Grundhaltung haben" (Internetseite "end of road", 06.09.2009). Die veröffentlichten Artikel, Aktionsberichte, Demonstrationsaufrufe und Terminankündigungen spiegeln ein breites Themenspektrum wider. Die Nutzer können die eingestellten Artikel kommentieren und sind darüber hinaus zum Einsen59 den von Berichten und Terminankündigungen aufgefordert. Die veröffentlichten Beiträge stammen jedoch auch aus anderen Medien. Ein zentrales Publikationsorgan ist die in Berlin herausgegebene Szene-Zeitschrift "Interim", die als eine von wenigen autonomen Schriften bundesweite Bedeutung genießt. Die Szene-Zeitschrift dient vor allem dem gewaltbereiten autonomen Spektrum zur Information und Diskussion. In der "Interim" finden sich Beiträge zu Titelbild der "Interim" aktuellen Themen, aber auch Rechtfertigungen zur Gewaltanwendung sowie Auffor2018 derungen und Anleitungen zu Gewalttaten. Um Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren, gibt es keine feste Redaktion, auch wird kein Impressum abgedruckt. 5.3.3 Proteste gegen "staatliche Repression" "Antirepression" stellt seit jeher einen Aktionsschwerpunkt der gewaltorientierten linksextremistischen Szene dar. Ihre individuelle, soziale oder politische Entfaltung sehen gewaltorientierte Linksextremisten durch den Staat und seine "Machtund Repressionsstrukturen" unterbunden, vor allem durch Sicherheitsgesetze, polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen oder technische Entwicklungen und digitale Vernetzung. Unter Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols bekämpfen sie "staatliche Repression". Die Polizei als Handlanger des "kapitalistischen Systems" stellt ein Angriffsziel für gewaltorientierte Linksextremisten dar. Polizisten werden nicht als Menschen betrachtet, sondern als personifizierte Hassobjekte. Vor diesem Hintergrund gelten Angriffe auf sie als legitim. Die Hemmschwelle, Polizisten zu verletzen, ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Das Ausmaß der Gewalt gegen Polizisten wurde insbesondere während des G20-Gipfels 2017 in Hamburg deutlich. Mit den Folgen der Proteste gegen den G20-Gipfel 2017 war die gewaltorientierte linksextremistische Szene auch im Verlauf des Jahres 2018 beschäftigt, so wurden bundesweit Strafverfahren gegen Demonstranten geführt. Im Rahmen von Demonstrationen oder Selbstbezichtigungserklärungen zu "militanten Aktionen" bekundeten Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene vielfach ihre Solidarität mit den Inhaftierten oder forderten deren Freilassung. Darüber hinaus bemühte sich die Szene darum, ihre Sicht der Ereignisse in die öffentliche Diskussion über die gewaltsamen Ausschreitungen während des Gipfels einzubringen. Sie betonte den ihrer Meinung nach unverhältnismäßigen Polizeieinsatz als auch die ihrer Meinung nach unverhältnismäßige Niederschlagung von legitimem Protest durch Polizeigewalt und rechtfertigte damit den "militanten Widerstand" als notwendige Konsequenz.
  • Militanzdebatte .............................................................. 147 Regionale Vernetzungsbemühungen der autonomen Szene ..................................... 149 Aktionsfeld Antifaschismus .......................................................................................... 152 Aktionsfeld Antirassismus.............................................................................................. 157 Aktionsfeld Antimilitarismus ......................................................................................... 158 Aktionsfeld Antirepression
Verbote neonazistischer Vereinigungen ........................................................................... 116 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V. (HNG) ........................................................................................................................... 118 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) .......................................................... 120 Organisationsund Mitgliederentwicklung ................................................................. 121 Ideologie und Strategie ................................................................................................. 122 Entwicklung in Niedersachsen....................................................................................... 128 Junge Nationaldemokraten (JN) ................................................................................... 133 Deutsche Volksunion (DVU) ............................................................................................... 134 Organisationsstruktur .................................................................................................... 135 Programmatik................................................................................................................. 135 Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Organisationen ....................... 138 LINKSEXTREMISMUS ....................................................................................................... 139 Mitglieder-Potenzial ........................................................................................................... 139 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) mit extremistischem Hintergrund ..................... 140 Einführung........................................................................................................................... 144 Autonome und sonstige gewaltbereite Linksextremisten ............................................... 145 Ursprünge und Ziele ...................................................................................................... 145 Gewalttätige Aktionen und Militanzdebatte .............................................................. 147 Regionale Vernetzungsbemühungen der autonomen Szene ..................................... 149 Aktionsfeld Antifaschismus .......................................................................................... 152 Aktionsfeld Antirassismus.............................................................................................. 157 Aktionsfeld Antimilitarismus ......................................................................................... 158 Aktionsfeld Antirepression ............................................................................................ 160 Einflussnahme von Linksextremisten auf die Proteste gegen Globalisierung und Neoliberalismus ........................................................................................................... 162 Widerstand gegen Atomenergie und Castortransporte.............................................. 165 DIE LINKE. ............................................................................................................................ 167 Deutsche Kommunistische Partei (DKP)............................................................................. 174 Zusammenarbeit mit der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend und der Assoziation Marxistischer StudentInnen....................................................................... 176 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ..................................................... 178 Freie Arbeiterinnenund Arbeiter-Union/Internationale Arbeiterinnen Assoziation (FAU/IAA) ............................................................................................................................. 180 Rote Hilfe e. V. (RH) ............................................................................................................ 183 "Antirevisionistische" Publikationen ................................................................................. 184 RotFuchs.......................................................................................................................... 184
  • Internetseite des NPDLandesverbandes veröffentlichten Beitrag wie folgt: "Dank ... der Antifaschistischen Aktion und diverser Presseund Medienvertreter, wurde unsere Anwesenheit
112 Rechtsextremismus dem Treffen aus Anlass der Vorbereitung des Landtagswahlkampfes nahmen u. a. Matthias BEHRENS (Snevern Jungs), Klaus HELLMUND und BÜHRIG (KS 73 Celle), Dieter RIEFLING (Hildesheim) sowie für die NPD u. a. MOLAU teil. Länderübergreifende Vernetzungsbestrebungen haben innerhalb der neonazistischen Szene bereits Tradition. Überregionale Treffen dienen hauptsächlich als Informationsbörse, in deren Rahmen eine gegenseitige Mobilisierung für - sowohl von örtlichen/regionalen neonazistischen Strukturen, ggf. unter Einbeziehung des "Berufsanmelders" WORCH, als auch von der NPD organisierte - Demonstrationen in den jeweiligen Bundesländern erfolgt. Gleiches gilt für den Bereich sonstiger szenerelevanter Veranstaltungen wie Partys, Konzerte oder sportliche Wettkämpfe. Auf Initiative der Snevern Jungs besuchten insgesamt ca. 30 Angehörige der rechtsextremistischen Szene, darunter Mitglieder der NPD/JN Verden/Rotenburg, das jährlich stattfindende Heideblütenfest in Schneverdingen. An dem in diesem Rahmen am 25. August veranstalteten Heidelauf beteiligten sich aus dieser Gruppe acht Läuferinnen und Läufer. Das hierdurch ausgelöste Medienecho kommentierte die Kameradschaft in einem auch auf der Internetseite des NPDLandesverbandes veröffentlichten Beitrag wie folgt: "Dank ... der Antifaschistischen Aktion und diverser Presseund Medienvertreter, wurde unsere Anwesenheit in die Öffentlichkeit gebracht und unser Bekanntheitsgrad, ohne eigene Mühen, gesteigert." Im Rahmen der am 15. September in Hannover abgehaltenen Wahlkampfauftakt-Veranstaltung der NPD präsentierten sich die Bürgerinitiative für Zivilcourage Wolfsburg, die Snevern Jungs und die GdF mit eigenen Infostände. Andere Kameradschaften hielten ebenfalls Informationsund Propagandamaterial bereit. U. a. verteilten Aktivisten der Aktionsgruppe Wiking - Wilhelmshaven/Friesland/Ostfriesland ein in Zusammenarbeit mit dem NPD-Unterbezirk Wilhelmshaven erstelltes Flugblatt mit dem Titel "Wie viele noch? Pädophile missbrauchen unsere Kinder! Das System schaut zu!", in dem die Todesstrafe für Kinderschänder gefordert wird. Die bereits im Vorjahr zu beobachtende enge Zusammenarbeit zwischen der Aktionsgruppe Wiking und dem NPD-Unterbezirk Wilhelmshaven hat sich seit der im Februar erfolgten Wahl des Neonazis Nicolas AHLRICHS zum NPDUnterbezirksvorsitzenden verfestigt. Wie in den Vorjahren nahmen auch in diesem Jahr Vertreter von Kameradschaft und NPD sowie örtliche DVU-Mitglieder am 27. September
  • sehr deutlicher Schwerpunkt bei der Straftatenbegehung mit der Zielrichtung Antifaschismus heraus. Der G8-Gipfel 2007 in Mecklenburg-Vorpommern wirkte sich
140 Linksextremismus Politisch motivierte Kriminalität (PMK) mit extremistischem 93 Hintergrund - links Die Erfassung der Politisch motivierten Kriminalität ist Aufgabe der Polizei. Seit dem Jahr 2001 wird die Politisch motivierte Kriminalität nach dem von der Innenministerkonferenz beschlossenen "Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK)" bundeseinheitlich erfasst. Im Jahr 2007 wurden in Niedersachsen 517 politisch motivierte Straftaten mit einem linksextremistischen Hintergrund erfasst. Im Vergleich zum Vorjahr (552 Straftaten) wurden somit etwa 6 % weniger Taten registriert. Als wesentliche Ursache dafür ist das Ausbleiben eines Castortransports im Jahr 2007 zu sehen, wodurch sich die Begehung von Straftaten durch Kernkraftgegner erheblich verringerte. Im Jahr 2007 bildete sich ein sehr deutlicher Schwerpunkt bei der Straftatenbegehung mit der Zielrichtung Antifaschismus heraus. Der G8-Gipfel 2007 in Mecklenburg-Vorpommern wirkte sich zwar auch in Niedersachsen im Hinblick auf die Straftatenbegehung durch Globalisierungsgegner aus, führte aber nicht zu einer bedeutenden Zunahme von schweren Straftaten. Größtenteils wurden in diesem Zusammenhang Sachbeschädigungen begangen. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Gewaltdelikte sank um ca. 30 % von 139 Delikten im Jahr 2006 auf 97 Delikte im Jahr 2007. Der starke Rückgang um nahezu ein Drittel ist im Wesentlichen auch auf das Ausbleiben eines Castortransports zurückzuführen. Im Jahr 2006 wurden im Zusammenhang mit dieser Thematik 66 linksextremistische Gewaltdelikte, insbesondere Landfriedensbrüche, Körperverletzungen, Widerstandsdelikte und gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffsoder Straßenverkehr, erfasst. Linksmotivierte Gewalttaten wurden im Jahr 2007 vorwiegend im Umfeld von Demonstrationen begangen. Besorgniserregend ist weiterhin die hohe Zahl von Brandstiftungen. Sie lag im Jahr 2006 bei 8 Taten und stieg im Folgejahr auf 11 Taten an. Während die Brandstiftungen im Jahr 2006 hauptsächlich einen Bezug zum Castortransport aufwiesen, gehörten sie im Jahr 2007 überwiegend zu einer Brandserie auf Kraftfahrzeuge in Göttingen durch eine linksextremistische Gruppierung. Bei den "sonstigen Straftaten" im Bereich des Linksextremismus ist im Vergleich zum Vorjahr ein geringer, für eine Bewertung nicht signifikanter, Anstieg um etwa 1,7 % von 413 auf 420 Taten im Jahr 2007 festzustellen. 93 S. Fußnote 3
  • auch in den vergangenen Jahren - insbesondere in dem Themenfeld Antifaschismus. Darüber hinaus war das Jahr 2007 geprägt durch
146 Linksextremismus rerseits, die sich auch als undogmatische Linke verstanden, strebten zwar wie die Vertreter der orthodoxen K-Gruppen die sozialistische Revolution an. Sie beantworteten die "Organisationsfrage" aber ganz anders. Statt eine staatliche Ordnung herbeizuführen, sprachen sich die autonomen Linksextremisten für die Selbstorganisation des Zusammenlebens aus, eine "herrschaftsfreie Gesellschaft". Auch heute noch ist es gemeinsames Ziel der autonomen Gruppierungen, den Staat und seine Institutionen gewaltsam abzuschaffen und durch eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" zu ersetzen. Die autonome Bewegung ist nicht wie kommunistische Organisationen von einer einheitlichen Ideologie geprägt. Sie verknüpft Elemente sowohl kommunistischer als auch anarchistischer Theoretiker miteinander. Die verschiedenen Gruppen der autonomen Bewegung definieren sich vorrangig über ihren politischen militanten Aktionismus. Ihre Aktionsund Themenfelder orientieren sich dabei zu einem erheblichen Teil an aktuellen politischen Ereignissen und Problemfeldern, um den autonomen Widerstand in der Öffentlichkeit besser zu vermitteln. Mit der Veränderung der politischen Agenda haben sich auch die Aktionsfelder der autonomen Bewegung verändert. So engagieren sich deren Anhänger - wie auch in den vergangenen Jahren - insbesondere in dem Themenfeld Antifaschismus. Darüber hinaus war das Jahr 2007 geprägt durch den G8-Gipfel in Heiligendamm und die damit zusammenhängenden Diskussionen und Aktionen im Themenbereich Anti-Globalisierung. In den letzten Jahren und insbesondere nach den im Mai 2007 in mehreren Bundesländern durchgeführten Exekutivmaßnahmen des Bundeskriminalamtes (BKA) hat das Aktionsfeld Antirepression im linksextremistischen Spektrum zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Verschärfung der Sicherheitsgesetze in der Bundesrepublik nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001 wird als eine neue Qualität "staatlicher Repression" wahrgenommen. Die Aktionsfelder Antirassismus und Anti-Castor stellten für die Autonomen im Jahr 2007 weiterhin keinen Schwerpunkt dar. Generell ist nach wie vor eine allgemeine Mobilisierungsschwäche in der autonomen Szene zu beobachten, die auf Ermüdungserscheinungen durch die Vielzahl der in Niedersachsen, aber auch bundesweit durchgeführten autonomen Veranstaltungen zurückzuführen ist. Zudem werden autonome Themenfelder zunehmend von demokratischen Organisationen und staatlichen Institutionen besetzt, so dass sich militante Aktionen in der Öffentlichkeit schlechter vermitteln lassen.
  • sich u. a. die linksextremistischen Göttinger Gruppierungen Antifa I Aktion & Kritik, Redical M und Gegenstrom Göttingen sowie linksextremistisch beeinflusste Gruppierungen
Linksextremismus 149 In ihrem ohne Nennung eines Gruppennamens nur mit "Mili tanzt!" unterzeichneten Artikel machen die Verfasser deutlich, dass "Militante Praxis" aus ihrer Sicht eine politische Haltung ist, die sie mit Unversöhnlichkeit und Unvereinbarkeit mit den herrschenden Verhältnissen beschreiben. Ihre Ziele, nämlich Herrschaftsfreiheit, weltweite Solidarität, globale Gerechtigkeit und ein lebenswertes Leben für Alle seien unvereinbar mit Kapitalismus und Neoliberalismus, die auf der Ausbeutung Anderer gründen. Ihnen gehe es darum, eine unvereinbare Haltung gegenüber dem herrschenden System einzunehmen, sowie durch das eigene Handeln den Auswirkungen dieses Systems direkt entgegenzuwirken. Aus ihrer Sicht müsse "Militante Praxis" sorgsam geplant und ausgeübt werden, vornehmlich gegen Einrichtungen der Herrschenden wie Lager, "Knäste", Zäune oder Kameras. Grundvoraussetzung sei die körperliche Unversehrtheit aller Beteiligten; allerdings käme der Polizei hierbei eine besondere Bedeutung zu. Um sie auf Distanz zu halten und Grenzen zu markieren sei das Werfen mit Steinen und Molotowcocktails legitim. Regionale Vernetzungsbemühungen der autonomen Szene Die autonome Szene wirkt zerrissen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass nach dem autonomen Selbstverständnis hierarchische und repressive Strukturen prinzipiell abgelehnt werden. Auch die fehlende einheitliche ideologische Basis sowie abweichende Positionen in wesentlichen Fragen der autonomen Szene (z. B. Militanzdebatte, Antideutsche/ Antiimperialisten) erschweren ein koordiniertes Vorgehen. Wenngleich sich immer wieder anlassund themenbezogene regionale Bündnisse und Vernetzungen bilden, ist ihr Bestand in der Regel nicht von langer Dauer. Dies zeigte sich an dem im Jahr 2006 anlässlich der Kundgebungen von Rechtsextremisten in Göttingen gegründeten linksradikalen Bündnis, zu dem sich u. a. die linksextremistischen Göttinger Gruppierungen Antifa I Aktion & Kritik, Redical M und Gegenstrom Göttingen sowie linksextremistisch beeinflusste Gruppierungen zusammengeschlossen hatten. Sie agierten in Zusammenhang mit den Protestaktionen gegen die rechtsextremistischen Veranstaltungen am 13.05. und 28.10.2006. Im Jahr 2007, in dem in Göttingen keine herausragenden Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene durchgeführt wurden, traten sie mit eigenen Aktionen nicht mehr in Erscheinung. Ein weiteres Beispiel für die in der autonomen Szene typischen lokalen und regionalen Vernetzungsbemühungen ist der im März 2006 im westlichen Niedersachsen unter
  • mobilisieren. Dies zeigt, dass im Gegensatz zum Thema Antifaschismus antirassistisch motivierte Aktionen weitaus weniger mobilisierend in der autonomen Szene wirken
158 Linksextremismus "Schließung aller Abschiebehaftanstalten und Lager! Freie Wahl des Lebensmittelpunktes! Entkriminalisierung irregulärer Aufenthalte! Recht auf Bewegungsfreiheit! Gleiche Rechte für Alle!" Die [AAH] begann ihren im Verlauf der Kundgebung gehaltenen Redebeitrag, den sie im Dezember auch im Internet veröffentlicht hat, mit der energischen Ankündigung, dass "der Kampf gegen Rassismus, Nationalismus und die kapitalistische Verwertungslogik noch lange nicht zu Ende" sei. Sie sei "hier", um ihre Solidarität zu den Inhaftierten zu zeigen, denn Solidarität sei als "Waffe gegen den herrschenden rassistischen Konsens" zu betrachten. Neben der Abschiebepraxis kritisierte die [AAH] erweiterte Befugnisse von Geheimdiensten102 und Polizei, durch die repressives Vorgehen gegen die Menschen im eigenen Land weiterhin die Folge sei. In Niedersachsen fanden versammlungsrechtliche Aktionen zum Themenfeld Antirassismus in der Bevölkerung nur geringe Resonanz. Linksextremistischen Initiativen gelang es wiederum nicht, Teilnehmer über den betroffenen Personenkreis der Flüchtlinge und Aktivisten hinaus zu mobilisieren. Dies zeigt, dass im Gegensatz zum Thema Antifaschismus antirassistisch motivierte Aktionen weitaus weniger mobilisierend in der autonomen Szene wirken und sich nicht so gut in der Öffentlichkeit vermitteln lassen. Aktionsfeld Antimilitarismus Der Bereich Antimilitarismus ist bisher kein Hauptaktionsfeld aber dennoch ein wichtiger Anknüpfungspunkt linksextremistischer Agitation und Aktion. Linksextremisten zielen mit ihren antimilitaristischen Protesten und Aktionen über den eigentlichen Demonstrationsanlass hinaus auf die Überwindung des bestehenden politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland und Abschaffung jeglicher Herrschaftsstrukturen. Neben der im Wesentlichen von Nicht-Extremisten getragenen so genannten "Anti-Kriegs-Bewegung" bzw. "Friedensbewegung" reklamieren aber auch Autonome - unter ausdrücklicher Einbeziehung für sie typischer militanter Aktionen - das Thema Antimilitarismus für sich. Kennzeichnend dafür sind Proteste und Aktionen der autonomen Szene u. a. gegen das in Hannover jährlich stattfindende "Sommerbiwak". Am 13. Juli veranstaltete das zu 102 Im Sprachgebrauch der linksextremistischen Szene sind damit alle verdeckt ermittelnden Sicherheitsorgane gemeint.