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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Keltenkreuz wird von Rechtsextremisten oft in Zusammenhang mit "Anti-Antifa"-Aktivitäten gebraucht. Es soll den Eindruck eines Fadenkreuzes hervorrufen
AK T UE L LE E N TW IC K L UN G E N - R E C H T S E X T R E M IS M US 35 der Strategiewechsel des letzten Jahres fort,68 die regelStrategiewechsel mäßige öffentlichkeitswirksame Agitation im Namen einer Kameradschaft zugunsten anlassbezogener, eher konspirativer Aktivitäten im Rahmen von Aktionsgemeinschaften aufzugeben.69 Infolgedessen verringerte sich die Bedeutung der Berliner Kameradschaften weiter. Die Vermeidung identifizierbarer Strukturen zielt darauf ab, Vereinsverboten zu entgehen. Damit verbunden ist ein Nachlassen demonstrativer Aktivitäten sowie die Zunahme gewalttätiger Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner. Hinwendung zu autonomen Aktionsgemeinschaften Im Kameradschaftsnetzwerk haben sich drei autonome Aktionsgemeinschaften () gebildet, wobei die UmstrukUmstrukturierung turierung des Netzwerks noch nicht abgeschlossen scheint. nicht abgeschlossen Der bedeutendste Personenzusammenschluss sind die "Autonomen Nationalisten Berlin". Den ANB können ca. 80 ANB Rechtsextremisten zugerechnet werden, die 2006 vor allem in den östlichen Stadtbezirken, aber auch in Neukölln "AntiAntifa-Arbeit () betrieben. Sie setzten dabei auf das Ausspähen der politischen Gegner zum Beispiel durch das Fotografieren am Rande von Veranstaltungen und auf deren Einschüchterung durch das Verbreiten von aggressiven Parolen im öffentlichen Raum. So wurden u. a. in Neukölln die Schriftzüge "Wir kriegen euch alle", "linke Zentren muss man zerschlagen", "deutsche Jugend wehrt euch" und in Treptow-Köpenick "Israel Du Opfer!" festgestellt. Alle Schriftzüge waren mit dem Keltenkreuz versehen und mit "ANB" unterzeichnet.70 68 Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Verfassungsschutzbericht 2005. Berlin 2006, S. 220 ff. 69 An der in den vergangenen Jahren eingeführten Bezeichnung "Netzwerk Kameradschaften" wird trotz der zunehmenden Bedeutung autonomer Aktionsgemeinschaften festgehalten. Dies verdeutlicht, dass es sich weitgehend um denselben Personenkreis handelt. 70 Das Keltenkreuz wird von Rechtsextremisten oft in Zusammenhang mit "Anti-Antifa"-Aktivitäten gebraucht. Es soll den Eindruck eines Fadenkreuzes hervorrufen.
  • Themenfeldern setzt sich fort Sozialabbau, Antiglobalisierung und Antifaschismus aktiv, konnte sich aber bei Demonstrationen zu zentralen Themen nicht koordinieren
AK T UE L LE E N TW IC K L UN G E N - L IN K S E X T R E M IS M US 71 3. Oktober zugeschrieben wurde. Sie dementierte die Verantwortung und kritisierte die Anschläge, weil diesen die notwendige Zielgenauigkeit fehle. Bei Anschlägen auf "Nobelkarossen" sei darauf zu achten, dass keine unbeteiligten Kleinwagen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Ansonsten habe eine solche Aktion zu unterbleiben. Auch der Brandanschlag auf einen FIAT-Vertragshändler am 20. Juli wird abgelehnt: "Bei dem Autohaus handelt es sich unseres Wissens nach lediglich (wenn überhaupt) um einen FIAT-Vertragshändler, der den entstandenen Schaden aus eigener Tasche zu zahlen hat. Im Gegensatz dazu, wenn man eine direkt dem Konzern unterstellte Niederlassung aufgesucht hätte. Eine materielle Schädigung des italienischen Konzerns tritt hier nicht ein, stattdessen ist eine ziemlich heruntergekommene deutsche Auto-Klitsche Ziel eines Brandanschlages geworden."144 Aufgrund ihrer inhaltlichen Argumentation und der Behandlung ihrer Kritiker scheint die mg ziemlich isoliert zu sein. Mit weiteren Anschlägen der mg ist dennoch zu rechnen. 2.4 Geringe Mobilisierungsfähigkeit der linksextremistischen Szene in Berlin Nachdem sich die linksextremistische Szene 2005 bereits deutlich geschwächt gezeigt hatte, setzte sich diese EntwickSchwäche lung 2006 fort. Sie war zwar weiterhin in den Themenfeldern setzt sich fort Sozialabbau, Antiglobalisierung und Antifaschismus aktiv, konnte sich aber bei Demonstrationen zu zentralen Themen nicht koordinieren und das linksextremistische Personenpotenzial in der Regel nicht umfassend mobilisieren. Zentrale jährlich wiederkehrende Ereignisse verliefen ruhig oder fielen aus. Am 1. Mai zeitigte das "neue" Konzept einer "Mayday"-Parade keinen Erfolg. Auch eine Kampagne bei der Fußball-WM blieb ohne Resonanz. Die Schwäche der Organisationen wurde auch strukturell deutlich, da sich die Gruppe "Kritik & Praxis B3rlin" (KP) im Oktober auflöste. Fluktuation ist zwar kennzeichnend für 144 Ebenda.
  • einer öffentlichen Diskussion über die Hintergründe. Als sich die "Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB) 2003 spaltete, gab es von den Nachfolgegruppen
72 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 das linksextremistische autonome Spektrum und nur wenige Gruppen bestehen langfristig; es fiel aber auf, dass die Auflösungserklärung einer Gruppe, die bestimmenden Einfluss auf Teile der linksextremistischen Szene ausüben wollte, reaktionslos zur Kenntnis genommen wurde.145 2.4.1 Kampagnen zum 1. Mai Geringe Im Gegensatz zu den Vorjahren fiel die Mobilisierung zum Mobilisierung 1. Mai im linksextremistischen - insbesondere im autonomen - Spektrum deutlich geringer aus. Während man 2004 und 2005 mit den "Mai-Steinen" eine umfangreiche Kampagne organisiert hatte, war eine gemeinsame Aktion 2006 nicht zu verzeichnen. Die ALB, die in der Vergangenheit wesentlich zur Vorbereitung und Durchführung der "Revolutionären 1. Mai-Demonstrationen" beigetragen hatte, zog sich 2006 in Berlin zurück. Stattdessen mobilisierte sie zu Protesten gegen eine Demonstration der NPD in Rostock. Weiterhin aktiv war die Gruppe "Für eine linke Strömung" (F.e.l.S.), die gemeinsam mit den "Internationalen Kommunisten" aber auch mit nichtextremistischen Gruppierungen eine Demonstration zum Thema "Mayday" vorbereitete. Aktionsform Bei der "Mayday-Parade" handelt es "Mayday-Parade" sich um eine aus Italien stammende Aktionsform, die sich im Sinne eines Notrufs (Mayday! Mayday!) vorwiegegen die soziale Verschärfung der Lebensund Arbeitsverhältnisse ("Prekarisierung") in Europa richtet. Bereits am 1. Mai 2005 hatte eine solche "Mayday-Parade" in Hamburg stattgefunden. Ziel der Demonstration sollte sein, den 1. Mai wieder attraktiver zu machen und alte 145 Die Auflösung kleinerer Gruppen erfolgt meist ohne öffentliche Thematisierung. Löst sich jedoch eine bedeutsame Gruppe auf, geschieht dies oft mit einer Auflösungserklärung und einer öffentlichen Diskussion über die Hintergründe. Als sich die "Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB) 2003 spaltete, gab es von den Nachfolgegruppen Erklärungen und eine Diskussion in linksextremistischen Medien. Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Verfassungsschutzbericht 2003. Berlin 2004, S. 97 f.
  • erklärte die "Antifaschistische Initiative weinrotes Prenzlauer Berg" (AIWP): "Selbst innerhalb der Linken wird die Illusion in die parlamentarische Demokratie geschürt
82 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 erklärte die "Antifaschistische Initiative weinrotes Prenzlauer Berg" (AIWP): "Selbst innerhalb der Linken wird die Illusion in die parlamentarische Demokratie geschürt. Man solle wählen gehen, um den Einzug der NPD zu verhindern. Faschismus ist jedoch teil des kapitalistischen Systems. Wahlen werden faschistoide Tendenzen niemals aufhalten. Es ist umgekehrt ein Fehler, Hoffnungen ins bürgerliche Parlament zu tragen. Denn politische Macht beruht in erster Linie auf ökonomischer Macht und das Kapital entscheidet, was zu tun ist. Im besten Fall ist die parlamentarische Demokratie eine 'Demokratie' von oben nach unten, im schlimmsten, eine Diktatur des Kapitals." 162 Die Mehrheit der Mitglieder der WASG sahen diese Entwicklungen zunehmend als bedenklich an. So erklärte nach einem Bericht der "Tageszeitung" ein Vertreter des Gewerkschaftsflügels der WASG, dass die vom Landesvorstand in einem Aufruf vertretenen Positionen "sektiererisch" seien. Er kritisierte, dass der Vorstand immer stärker und offener trotzkistische Positionen der SAV "zu WASG-Positionen umetikettiert"163 habe. Schon jetzt ist absehbar, dass die Extremisten innerhalb der Mögliche Berliner WASG bei einer Vereinigung der beiden BundesVereinigung parteien WASG und "Linkspartei.PDS" deutlich an Einfluss verlieren werden. Der Landesverband der WASG lehnte Anfang 2007 eine Vereinigung beider Parteien ab. Ob die Linksextremisten bei Zustandekommen einer Vereinigung die neue Partei verlassen oder ein eigenes Projekt ins Leben rufen, bleibt abzuwarten. 162 AIWP: Wahlen, Wahlen, Nazis, Wahlen. In: "INTERIM" Nr. 642, S. 4 - 6. 163 Die Spalter spalten sich weiter. In: "tageszeitung" vom 31.8.2006.
  • über SMS-Ketten mobilisiert wird. Zentrale Aktionsfelder sind Anti-Antifa-Aktivitäten () das Ausspähen und Sammeln von Daten sowie die Auseinandersetzung
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - R E C H T S E X TR E M I S M U S 181 Im Gegensatz zu den konventionellen Kameradschaften sind autonome Aktionsgemeinschaften Gruppen ohne feste Bindung (formale Mitgliedschaft, Kassenund Buchführung) und regelmäßige Basisarbeit (Kameradschaftsabende, politische Schulungen). Bei den autonomen Aktionsgemeinschaften gilt das Prinzip "Mitgliedschaft durch Mitmachen". Es werden anlassbezogene erlebnisorientierte politische Aktionen durchgeführt, zu denen oft spontan über SMS-Ketten mobilisiert wird. Zentrale Aktionsfelder sind Anti-Antifa-Aktivitäten () das Ausspähen und Sammeln von Daten sowie die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern. Zum Aktionsrepertoire gehört die öffentliche Darstellung durch das Anbringen von Aufklebern ("Spuckis"), Farbschmierereien sowie die Bildung "schwarzer Blöcke" bei rechtsextremistischen Demonstrationen. In Berlin existieren die neonazistischen autonomen Aktionsgemeinschaften "Autonome Nationalisten Berlin" (ANB), "Aktionsgruppe Rudow" (AGR) und "Freie Kräfte Berlin" (FKB). Während die erstmals 2002 in Erscheinung getretenen ANB und die 2005 entstandene AGR um Konspiration bemüht sind, tritt die 2005 nach den Kameradschaftsverboten gebildete FKB auch öffentlich mittels einer Homepage und als Veranstalter von rechtsextremistischen Demonstrationen auf. Den autonomen Aktionsgemeinschaften sind in Berlin etwa 100 Personen zuzurechnen, die fast ausschließlich in den östlichen Bezirken agieren. Lokale Schwerpunkte sind Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Neukölln. 2.2.3 "Blood & Honour" ÜBERSICHT Abkürzung B&H Entstehung / Gründung 1986 Großbritannien 1994 Deutschland Organisationsstruktur 2000 Vereinsverbot Der in Deutschland verbotene neonazistische Skinhead-Zusammenschluss Blood & Honour (B & H) ist neben den Hammerskins ( HS) eines der beiden international agierenden rechtsextremistischen Skinhead-Netzwerke ( Skinheads). Gegründet wurde B & H 1986 von
  • Öffentlichkeit zu vermitteln.402 Die Auseinandersetzung mit den Themen Antifaschismus, Antimilitarismus, Antiimperialismus, Antisexismus, Antikapitalismus und Antirassismus verläuft dabei nicht in geraden
206 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 Während sie ihren Hass auf das politische und gesellschaftliche System durch gezielte militante, bisweilen terroristische Aktionen zum Ausdruck bringt, lehnt sie zugleich das staatliche Gewaltmonopol kategorisch ab: "Manche werfen ihren ersten Stein als offensiven Akt der Befreiung, andere aus Notwehr gegen die Bullen. Aber allen ist gemeinsam, dass die Militanz zum identitätsstiftenden, prägenden Bestandteil der Bewegungserfahrung wird."400 Ihre Aktionsfelder beziehen sich auf Themen, die in hohem Maße polarisieren: Faschismus, Imperialismus, Kapitalismus, Militarismus, Rassismus, Sexismus werden als wesentliche Bestandteile des herrschenden politischen Systems betrachtet, das es abzuschaffen gilt.401 Die Autonomen diffamieren den Verfassungsstaat, lehnen das parlamentarische System ab und vertreten Versatzstücke kommunistischen und anarchistischen Gedankenguts. Das Ziel einer "unterdrückungsfreien Gesellschaftsordnung" versuchen autonome Gruppen mittels Anschlägen zumeist gegen Firmen oder staatliche Stellen, die in ihren Augen das System repräsentieren, der Öffentlichkeit zu vermitteln.402 Die Auseinandersetzung mit den Themen Antifaschismus, Antimilitarismus, Antiimperialismus, Antisexismus, Antikapitalismus und Antirassismus verläuft dabei nicht in geraden Linien: Zum einen ist eine geschlossene theoretische Fundierung vielen Anhängern verdächtig, da sie ihrem Anspruch, autonom zu leben, widerspricht. Zum anderen versuchen sie, Protestbewegungen zu instrumentalisieren, um über sie ihre Ideologie zu vermitteln. Das Verhältnis zur Theorie ist bei den einzelnen Gruppierungen der Autonomen unterschiedlich. Zu nennen sind zum einen die so genannten Altautonomen, die sich der autonomen Szene seit deren Entstehung403 bis Mitte der 80er Jahre anschlossen. Sie suchten die Vernetzung mit 400 Mehr als nur eine kämpferische Haltung: Autonome Militanz. In: Autorenkollektiv AG Grauwacke: Autonome in Bewegung. Berlin 2003, S. 141 - 160, hier S. 142. 401 Vgl. S. 71 ff. 402 Vgl. S. 69 ff. 403 Die öffentliche Rekrutenvereidigung in Bremen am 6.5.1980, die zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten führte, gilt als die Geburtsstunde der autonomen Szene in Deutschland. Die Gewaltwelle der Jahre 1980 / 81 blieb bisher der quantitative Höhepunkt dieser Szene. Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Verfassungsschutzbericht 1995. Berlin 1996, S. 14 ff.
  • Ereignisse bzw. Kampagnen zu lenken. 3.2 Aktionsfelder militanter Linksextremisten Antifaschismus Öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Störung und Verhinderung von Aufzügen rechtsextremistischer Parteien/Organisationen
Milieu und in Subkulturen zu agieren, kam es am 6. Dezember 2013 in Worms. Aktivisten aus dem regionalen autonomen Spektrum hefteten Flugblätter mit der Überschrift "Nazi in der Nibelungenstadt" an die Windschutzscheiben mehrerer Fahrzeuge. Zudem wurden "Steckbriefe" mit Fotos und Angaben über beruflichen und politischen Werdegang am Wohnort des "Geouteten" in umliegende Hausbriefkästen geworfen und im Internet verbreitet. Unter anderem wurde bekundet, man "beobachte die lokale Naziszene genau" und werde sich "Bestrebungen der NPD (...) entschieden und solidarisch entgegenstellen". Weiterhin agiert das linksextremistische Spektrum verstärkt in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+, nutzt Kurznachrichtendienste wie Twitter oder stellt (gewaltverherrlichende) Videos auf YouTube ein, vor allem, um für ihre politischen Ziele zu werben und die Aufmerksamkeit auf bestimmte Ereignisse bzw. Kampagnen zu lenken. 3.2 Aktionsfelder militanter Linksextremisten Antifaschismus Öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Störung und Verhinderung von Aufzügen rechtsextremistischer Parteien/Organisationen haben bei den (gewaltbereiten) Linksextremisten einen fortgesetzt hohen Stellenwert. So störten im Zusammenhang mit der Bundestagswahl am 22. September 2013 linksextremistische Gruppen zahlreiche Wahlkampfveranstaltungen rechtsextremistischer sowie rechtspopulistischer Parteien und initiierten Kampagnen mit dem Ziel, die Wahlkampfauftritte politischer Gegner zu bekämpfen und zum Boykott der Bundestagswahl aufzurufen. Eine Kampagne richtete sich gegen die "Deutschlandfahrt" der NPD. Auf verschiedenen Internetseiten riefen vor allem Linksextremisten zu "bundesweiten Aktionen gegen das NPD-Flaggschiff" auf, einen LKW, der bei der sechswöchigen "Deutschlandfahrt" der NPD zum Einsatz kam. Im August und September 2013 führte die NPD mit Stationen in mehreren 59
  • linksextremistische Spektrum nutzt weiterhin intensiv das Internet für seine "Antifa"-Arbeit und für die Veröffentlichung von Daten und Bildmaterial über
Mittlerweile hat sich die rechte Szene auf die immer größer werdende Anzahl mobiler Internet-Nutzer eingestellt. Durch Apps für das Smartphone lassen sich in der Szene beliebte Computerspiele oder das Hitler-Buch "Mein Kampf" als E-Book herunterladen. Rechtsextremistische Gruppierungen nutzen zudem QR-Codes, die - über Kamera ins Smartphone eingelesen - zu deren Webseiten führen. Linksextremismus Linksextremisten nutzen das Internet, um auf Ereignisse oder Veranstaltungen hinzuweisen oder die Aufmerksamkeit auf bestimmte Kampagnen zu lenken. Sie verbreiten als "unregistrierte Nutzer" oder unter falschem Namen ihr extremistisches Gedankengut innerhalb der sozialen Netzwerke. Der Austausch von Informationen erfolgt nicht nur über ein Personenprofil oder einen Account, sondern über eigens eingerichtete Seiten. Für die Durchführung spontaner "Aktionen" ist es durch internetfähige Smartphones oder Kurznachrichtendienste wie Twitter relativ einfach geworden, während einer Demonstration in Echtzeit ("live") zu Protestund Blockadeaktionen zu mobilisieren. Vor allem das gewaltorientierte linksextremistische Spektrum nutzt weiterhin intensiv das Internet für seine "Antifa"-Arbeit und für die Veröffentlichung von Daten und Bildmaterial über den politischen Gegner ("Outings"). So hat das linksextremistische Spektrum unter anderem das Anfang Januar 2013 in Facebook eingerichtete Profil "We're watching you" für sich entdeckt. Bei den Veröffentlichungen handelt es sich in erster Linie um Hinweise auf vermutet rechtsextremistische Profile, oft verbunden mit der Aufforderung, durch Meldungen an Facebook gegen diese vorzugehen oder ausgemachte Seiten und Betreiber "mit anderen Mitteln" als nur mit Anzeige zu "bekämpfen". Zur Verschleierung ihrer Kommunikation nutzen sie darüber hinaus spezielle Verschlüsselungsprogramme, verfälschen rechtsextremistische Webseiten oder blockieren deren Abruf. Vorwiegend linksextremistische Parteien und Organisationen sind mit eigenen Informationsangeboten präsent, die beispielsweise der politischen Selbst104
  • Konsequenzen zu leben! Organisiert die Anti-Antifa! Gegen die roten Faschisten und Ihre Hintermänner!" Seit Juli existiert im Internet eine
RECHTSEXTREMISMUS der rechtsextremistischen Szene, der sich auf dem Weg zur Demonstration nach Schönebeck befunden hatte. An der genannten Spontankundgebung, die in der Nähe des Magdeburger Hauptbahnhofes durchgeführt wurde, nahmen etwa 70 Personen teil. Rechtsextremistische Szene im Harz und im Harzvorland In dem sich auf die Landkreise Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode erstreckenden Gebiet sind etwa 50 Rechtsextremisten aktiv. Lediglich im Raum Wernigerode existiert eine festere Gruppenstruktur. Im Berichtsjahr trat erstmalig der als bandenähnlich zu charakterisierende Personenzusammenschluss "Wernigeröder Aktionsfront" (WAF) auf, dem 20 bis 30 Personen zugerechnet wurden. Die als gewaltbereit einzustufende Gruppierung - Beleg hierfür waren gezielt herbeigeführte Auseinandersetzungen mit Personen des linksextremistischen Spektrums in Wernigerode - besaß keine festgefügte Struktur. In der Nacht vom 26. zum 27. Januar wurden im Stadtgebiet von Wernigerode Plakate festgestellt, die mit "Wernigeröder Aktionsfront" unterzeichnet waren. Auf ihnen hieß es: "Finger weg von unserer Jugend! Wer sich der Bewegung in den Weg stellt, hat mit den Konsequenzen zu leben! Organisiert die Anti-Antifa! Gegen die roten Faschisten und Ihre Hintermänner!" Seit Juli existiert im Internet eine Seite, die über Aktivitäten der Szene in Wernigerode und Umgebung berichtet. Neben üblichen Hinweisen zu szenetypischen Veranstaltungen und der Auswertung solcher Zusammenkünfte war dort auch eine Unterseite mit dem Titel "Wernigeröder Aktionsfront Wer wir sind und was wir wollen!" abrufbar. Dort hieß es zum Selbstverständnis der WAF: 19
  • Anti-Einstellungen", so definieren Autonome sich zum Beispiel als "antifaschistisch", "antikapitalistisch" und "antipatriarchal". Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente bilden
LINKSEXTREMISMUS III. LINKSEXTREMISMUS Im Vergleich zum Vorjahr blieb die Anzahl von Linksextremisten im Land Sachsen-Anhalt in ihrer Gesamtheit konstant. Während das Personenpotenzial der Autonomenszene leicht anstieg, ging die Anzahl der Mitgliedschaften in linksextremistischen Parteien und Vereinigungen im gleichen Umfang zurück. Linksextremisten 2004 2005 Parteien und sonstige Gruppierungen 275 245 Autonome 260 290 Gesamt: 535 535 AUTONOME Selbstverständnis Autonome propagieren ein Leben frei von Zwängen unter Missachtung von Normen und Autoritäten. Ihr Selbstverständnis ist geprägt von diversen "Anti-Einstellungen", so definieren Autonome sich zum Beispiel als "antifaschistisch", "antikapitalistisch" und "antipatriarchal". Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente bilden den Rahmen oftmals spontaner Aktivitäten. Dabei zielen Autonome, wie alle Linksextremisten, im Kern auf die Überwindung des "herrschenden Systems" ab. Die Anwendung von Gewalt halten Autonome in diesem Zusammenhang für legitim. Strafund Gewalttaten17 Die Anzahl politisch motivierter Straftaten im Bereich Linksextremismus stieg im Berichtsjahr stark an. Dies trifft auch auf die entsprechenden Gewalttaten zu, die in aller Regel im Zuge von Aus17 Genauere Angaben können der auf Seite 127f dieses Berichts auszugsweise wiedergegebenen Statistik des Landeskriminalamtes entnommen werden. 48
  • an.18 Die dortige linksextremistische Szene, namentlich der aktionsbezogene Zusammenschluss "Antifaschistische Gruppen Halle", rief insbesondere im Internet zu Gegenaktivitäten auf. Unter
LINKSEXTREMISMUS Dazu war im Internet unter dem Motto "12. März - Naziaufmarsch smashen" bundesweit mobilisiert worden. Geplant war, die rechtsextremistische Demonstration dezentral zu stören. Gewaltbereite Kleingruppen versuchten, das polizeiliche Raumschutzkonzept zu unterlaufen und die Kundgebungen sowie den Aufmarsch der Rechtsextremisten direkt anzugreifen. Dies gelang jedoch nicht. Es kam vereinzelt zu Steinund Flaschenwürfen auf Polizeibeamte, an einem Dienstfahrzeug entstand Sachschaden. Innerhalb der Autonomenszene wertete man die eigenen Aktivitäten als Misserfolg, da der Aufzug der rechtsextremistischen Szene nicht nachhaltig gestört werden konnte. Grund hierfür seien das sehr hohe Polizeiaufgebot und eine mangelnde Kommunikation untereinander gewesen. Bereits im Vorfeld der Demonstration wurden Schmierereien an verschiedenen Häuserwänden in Dessau festgestellt: "Nazis folgt eurem Führer - Begeht Selbstmord!" "Deutsche Opfer sind nur Täter. Nazis raus!" "Ihr habt den Krieg verloren!" "Nazis stoppen! Stalingrad - schönes deutsches Grab" Für den 17. Juni meldete die rechtsextremistische Szene einen Aufzug in Halle an.18 Die dortige linksextremistische Szene, namentlich der aktionsbezogene Zusammenschluss "Antifaschistische Gruppen Halle", rief insbesondere im Internet zu Gegenaktivitäten auf. Unter dem Motto "Smash the Naziscum! Den Fackelaufmarsch verhindern! Kein Naziaufmarsch in Halle" hieß es dazu: "Dieser Aufmarsch ist nach langer angenehmer Stille der erste Versuch der rechten Szene sich in Halle zu artikulieren. Dass sie gleich mit dem Feuer spielen müssen ist wohl so eine Art natürlicher Reflex. Dazu kann einem eigentlich nur eins einfallen: Es ist Sommer, es ist Wochenende und eine Einladung zum Barbecue schlägt man nur ungern aus." 18 Siehe Seite 14f. 52
  • Projekt undogmatische Linke 125 3.5 Aktionsfelder 129 3.5.1 Aktionsfeld "Antifaschismus
12 Inhaltsübersicht 2.9 Junge Nationaldemokraten (JN) 94 2.9.1 Geschichte und Entwicklung 94 2.9.2 Entwicklung in Niedersachsen 95 2.10 Die Rechte 96 2.10.1 Organisation und Entwicklung 96 2.10.2 Ideologie und Programmatik 97 2.10.3 Aktivitäten 98 2.10.4 Entwicklung in Niedersachsen 98 2.11 Rechtsextremistischer Geschichtsrevisionismus 100 2.11.1 Europäische Aktion (EA) 101 2.11.2 Revisionistische Aktivitäten in Niedersachsen 104 2.11.3 Verein Gedächtnisstätte e. V. 106 2.11.4 Bewertung 108 2.12 Intellektualisierungsbemühungen im Rechtsextremismus 108 2.12.1 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) 109 2.12.2 Bewertung 110 2.13 Immobiliengeschäfte mit rechtsextremistischem Hintergrund 111 2.13.1 Kontaktdaten 112 3. LINKSEXTREMISMUS 3.1 Mitglieder-Potenzial 113 3.2 Einführung 113 3.3 Entwicklungen im Linksextremismus 115 3.4 Autonome, Postautonome und sonstige gewaltbereite Linksextremisten 116 3.4.1 Ursprünge, Ziele und Vorgehensweise der Autonomen 116 3.4.2 Postautonome 119 3.4.3 Postautonome Vernetzungsstrukturen 121 3.4.3.1 Bündnis ...ums Ganze! Kommunistisches Bündnis (Bündnis ...ums Ganze!) 121 3.4.3.2 Interventionistische Linke (IL) 124 3.4.3.3 Gruppierung AVANTI - Projekt undogmatische Linke 125 3.5 Aktionsfelder 129 3.5.1 Aktionsfeld "Antifaschismus" 130
  • Rahmen einer Nahbereichsfahndung aufgegriffen. Im Internetportal "Indymedia" kommentierte ein "Antifaschist" den Überfall mit den Worten: "Och wie traurig...Die Nasen
LINKSEXTREMISMUS auch dessen Kundschaft. Nachdem drei der Demonstranten versucht hatten, den Fahrradständer aus der Verankerung zu reißen und Pflastersteine lockerten, rief der Ladeninhaber die Polizei. Diese sprach Platzverweise aus. In diesem Zusammenhang versahen unbekannte Täter in der Nacht zum 5. November in Wittenberg zahlreiche Gebäudefassaden mit Farbschmierereien. Autonome suchten auch im Jahr 2005 die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner und gingen dabei mitunter äußerst brutal vor. Am Abend des 7. Oktober begingen etwa 40 Angehörige der linksextremistischen Szene in Wernigerode einen schweren Landfriedensbruch. Die Gruppe griff auf einem Parkplatz acht bis zehn Rechtsextremisten mit Baseballschlägern, Zaunlatten und Schlagringen an. Zwei zu Boden geschlagene Geschädigte wurden getreten und erlitten Kopfverletzungen und Prellungen. Die anderen Angegriffenen konnten trotz Verfolgung flüchten. Als die Polizei am Tatort eintraf, ergriffen die Täter ihrerseits die Flucht. Zwei von ihnen wurden sofort festgenommen, sieben im Rahmen einer Nahbereichsfahndung aufgegriffen. Im Internetportal "Indymedia" kommentierte ein "Antifaschist" den Überfall mit den Worten: "Och wie traurig...Die Nasen heulen sich schon auf diversen Internet-Foren die Seele aus dem Leib...Auch wenn ich einen Überfall mit so deutlich zahlenmäßiger Überlegenheit nicht bejubeln kann, aber wie heißt es so schön? 'Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus', Nazis aufs Maul!" Aufgrund dieser Auseinandersetzungen führten beide Szenen am 14. Oktober Demonstrationen in Wernigerode durch. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen beider Gruppierungen. 55
  • rund 80 Personen beteiligten. Die Demonstration, zu der die "Antifa Dessau" aufgerufen hatte, verlief störungsfrei. Zur Mobilisierung wurden unter anderem
LINKSEXTREMISMUS "Proteste gegen Geschichtsrevisionismus" Am 30. April führte das "Jugendbündnis Merseburg" eine so genannte "Party-Demonstration" unter dem Motto "Dank den Alliierten für die Zerschlagung Nazideutschlands" durch. In dem mit so genannten antideutschen Positionen durchzogenen Aufruf hieß es: "Der konstruierte Gegensatz von guten Deutschen und bösen Nazis und der Opfermythos der Landsleute macht dieses Gedenkdeutschland anno 2005 so widerwärtig, wie es schon immer war...Da das Ende der Barbarei am 8. Mai 1945 von der übergroßen Mehrheit der Deutschen eher als Niederlage denn als Befreiung aufgefasst wurde, und die Deutschen bis zuletzt loyal zu Führer und Massenmord standen, danken wir den Siegermächten, dass sie der deutschen Mordmaschine mit allen Mitteln ein Ende setzten. Deshalb werden wir in diesem Jahr auf unserer Maidemo den 60. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus ausgiebig feiern." An der weitgehend störungsfreien Demonstration nahmen etwa 120 Personen teil. Unter dem Motto "Kraut(s) wegrauchen - Gegen Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus" veranstaltete die linksextremistische Szene am 7. Mai in Dessau einen Aufzug mit Abschlusskundgebung, an dem sich rund 80 Personen beteiligten. Die Demonstration, zu der die "Antifa Dessau" aufgerufen hatte, verlief störungsfrei. Zur Mobilisierung wurden unter anderem in Dessau selbst, in Leipzig (Sachsen), Halle, Bitterfeld und Magdeburg Plakate geklebt. 57
  • andere linksextremistische Gruppen wie zum Beispiel die "Antifaschistische Linke Berlin" (ALB). In dem über Internet verbreiteten Mobilisierungsaufruf hieß es: "Seien
LINKSEXTREMISMUS "Abschaffung des SS 129a" "Kapitalismus ist Scheiße" "Organisiert Euch für eine freie Gesellschaft! Solidarität mit Daniel und Marco" Die linksextremistische "Soligruppe Magdeburg/Quedlinburg" meldete für den 18. Juni unter dem Motto "Kriminell ist das System und nicht der Widerstand" eine Demonstration in Magdeburg an. Unterstützer bei der Vorbereitung waren vor allem die "Rote Hilfe" (RH) und andere linksextremistische Gruppen wie zum Beispiel die "Antifaschistische Linke Berlin" (ALB). In dem über Internet verbreiteten Mobilisierungsaufruf hieß es: "Seien wir solidarisch, lasst uns am 18. Juni 2005 in Magdeburg unsere Wut über diese Schikanen auf die Straße tragen - Spucken wir Ihnen in die Suppe!...Linke Strukturen aufbauen und verteidigen! Unsere Gefangenen müssen raus!...Für den Aufbau einer starken, libertären Linken!...Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen - weltweit!" Die Demonstration und die Zwischenkundgebungen verliefen im Wesentlichen störungsfrei. Nachdem sich zu Beginn des Aufzuges etwa 480 Personen beteiligt hatten, erreichten den Endpunkt schließlich nur noch 200 Personen. Im Internetportal "Indymedia" hieß es später: "Im Vergleich zu der Demo 2003 ganz schön mau oder? Woran lag's? Schlechtere Mobilisierung oder sind doch zu viele nach Braunschweig gefahren? Schade, dabei ist Antirepression ein wichtiges und leider ein viel zu wenig beachtetes Thema..."23 23 In Braunschweig (Niedersachsen) fand zur gleichen Zeit eine Demonstration der NPD statt. 60
  • sind. Zentrales autonomes Handlungsfeld ist nach wie vor der Antifaschismus. Im autonomen Verständnis richtet sich dieser zwar formell gegen
Vorwort 7 Linksextremismus Die Zahlen im Bereich der Autonomen und der sonstigen gewaltbereiten Linksextremisten sind in der niedersächsischen Statistik 2014 von 880 auf 685 Personen gesunken. Der starke Rückgang ist auf die Überprüfung der Personenspeicherungen durch die vom Innenminister eingesetzte "Task Force" zurückzuführen, da beanstandete Datensätze nicht mehr in die Zählung eingeflossen sind. Zentrales autonomes Handlungsfeld ist nach wie vor der Antifaschismus. Im autonomen Verständnis richtet sich dieser zwar formell gegen den Rechtsextremismus, zielt darüber hinaus aber auch auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. In den letzten Jahren ist zudem ein Wandel im Selbstverständnis von Teilen der autonomen Szene zu beobachten. Diese sich als "postautonom" bezeichnenden Gruppierungen streben breit gefächerte Bündnisse an und wollen die autonome Szene besser organisieren, vernetzen und ideologisieren. Diese Entwicklung kann als Reaktion auf die zunehmende interne Kritik an der Selbstbezogenheit und Unorganisiertheit der Autonomen gewertet werden. Salafismus/Islamismus Ebenso wie international und bundesweit ist der Salafismus in Niedersachsen die dynamischste und radikalste islamistische Bewegung. Die Anhängerzahl in Niedersachsen ist im Jahr 2014 von 330 auf 400 Personen gestiegen, mit weiterhin steigender Tendenz. Zwar ist die Mehrheit von ihnen politisch-missionarisch ausgerichtet, die Übergänge vom politischen zum jihadistischen Salafismus sind jedoch fließend. Im jihadistischen Salafismus setzen sich 2014 die Trends von 2013 fort: In westlichen Demokratien treten sogenannte lone-wolf-Attentäter auf, die unabhängig von einem Terrornetzwerk vorgehen. Organisierte Netzwerke verüben dagegen in Teilen der islamischen Welt eine jihadistisch dominierte Willkürherrschaft. Die große Resonanz in der jihadistischen Szene, die der Ausruf des Kalifats durch die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Juni des Jahres fand, bereitet den Sicherheitsbehörden zunehmend Sorge. Die anhaltende Ausreisewelle in Kampfgebiete wie Syrien oder den Irak zeigt deutlich, dass der sogenannte Islamische Staat mit seiner Medienstrategie - vor allem in den sozialen Netzwerken - überwiegend bei jungen Menschen erschreckende Rekrutierungserfolge erzielt.
  • erstmals 2002 in Berlin als Anti-Antifa-Projekt in Erscheinung traten, bildete sich ein neues Phänomen im Bereich des Neonazismus
RECHTSEXTREMISMUS 61 2.6.2 Autonome Nationalisten Mit den Autonomen Nationalisten (AN)22, die erstmals 2002 in Berlin als Anti-Antifa-Projekt in Erscheinung traten, bildete sich ein neues Phänomen im Bereich des Neonazismus heraus. Für die aktionsorientierten AN steht die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner im Mittelpunkt. Symbolik, Rhetorik und Aktionsformen lehnen sich an linksextremistische Vorbilder an. Ein Beispiel hierfür ist die Bildung eines als NS-Block bezeichneten rechtsextremistischen Schwarzen Blocks bei Demonstrationen. Die strategische und stilistische Orientierung am politischen Gegner und das revolutionär-elitäre Selbstverständnis der AN führten zunächst zu szeneinternen Kontroversen. Der NPD, aber auch Teilen der traditionellen Neonaziszene, muteten die AN zu individualistisch und "liberal" an. Im Unterschied zu den Anhängern des herkömmlichen Kameradschaftsmodells definieren die häufig in sogenannten Aktionsgruppen auftretenden AN ihre jeweilige Zugehörigkeit nicht durch "Mitgliedschaft", sondern durch "Mitmachen": "... wir sind für den politischen Gegner nicht so einfach 'greifbar' und trotzdem durch unseren Autonomen Aktivismus (welcher viele Formen hat) ständig präsent! ... Bei uns ist nicht 'die Gruppe' national und sozialistisch, sondern auch jeder einzelne innerhalb der Gruppe! Dabei liegt jedem die Idee des DIY[do it yourself] Aktivismus zugrunde. ... Daraus folgt ein Konzept des politischen Partisanen, welcher sich anonym in der Gesellschaft bewegt - und somit die Ideen seiner politischen Arbeit unter die Menschen trägt." (Interneterklärung Autonomer Nationalisten Wolfenbüttel/Salzgitter zum Thema "Autonomer Aktivismus", 23.11.2012) Ungeachtet des hiermit propagierten "führerlosen Widerstandes" existieren innerhalb der AN Hierarchien mit regional dominierenden Führungsaktivisten. Das Aufkommen der AN hatte verschiedene Ursachen. Teile der neonazisProvokatives Auftreten und tischen Szene, insbesondere die strikten Verfechter eines parteifreien NatiGewaltbereitschaft onalismus, betrachteten die NPD-Eintritte führender Neonazis im Jahr 2004 mit kritischer Distanz. Sie befürchteten eine Vereinnahmung durch eine "zu gemäßigte" NPD. Parallel wurde in der Szene eine kontroverse Diskussion über den grundsätzlichen Umgang mit staatlicher Repression geführt. Radikale Vertreter der rechtsextremistischen Szene sind nicht mehr bereit, 22 Der Begriff Autonome Nationalisten taucht innerhalb der rechtsextremistischen Szene vereinzelt bereits seit Mitte der 1990er Jahre auf.
  • genommen wird. Von Linksextremisten bevorzugte Aktionsfelder, insbesondere die Bereiche "Antifaschismus", "Antirassismus" und "Antirepression", finden eine gleichbleibend starke Resonanz
LINKSEXTREMISMUS 115 3.3 Entwicklungen im Linksextremismus Im Mittelpunkt der Entwicklung im Linksextremismus stand im Jahr 2014 Organisierungsund Vernetzungsdie autonome Szene. Als Reaktion auf zunehmende interne Kritik an der wille bei Theorieferne, der Unorganisiertheit und Selbstbezogenheit der autonomen sogenannten Postautonomen Bewegung, haben einige von ihnen begonnen, der Ideologieund Organisationsfrage mehr Raum zu geben. Diese sich als "postautonom" verstehenden Gruppierungen kennzeichnet eine undogmatische marxistisch-leninistische Ideologie, eine breit gefächerte Bündnispolitik und der Wille, sich zu organisieren und zu vernetzen, um so in einem langfristigen Prozess die vorherrschenden Verhältnisse zu überwinden. Im Zuge dieser Entwicklung haben sich bundesweite Zusammenschlüsse wie die antiimperialistisch79 ausgerichtete Interventionistische Linke (IL) und das antideutsch ausgerichtete Bündnis "... ums Ganze! Kommunistisches Bündnis" (Bündnis ... ums Ganze!) herausgebildet. Sie versuchen das autonome Spektrum stärker zu ideologisieren und zu vernetzen, um durch organisiertes Handeln die Schlagkraft der autonomen Bewegung zu erhöhen. Die Entwicklung des Jahres 2014 zeigt aber auch, dass die Hemmschwelle zur Anwendung von Gewalt vor allem gegenüber Polizeibeamten sehr niedrig ist und eine Gefährdung von Menschen billigend in Kauf genommen wird. Von Linksextremisten bevorzugte Aktionsfelder, insbesondere die Bereiche "Antifaschismus", "Antirassismus" und "Antirepression", finden eine gleichbleibend starke Resonanz in der Öffentlichkeit wie auch in der linksautonomen Szene selbst. Das Personenpotenzial des gewaltbereiten linksextremistischen Spektrums ist um fast 200 Personen auf 685 Personen zurückgegangen. Im Bereich des parteigebundenen Linksextremismus setzte sich der politische Abstieg der orthodox marxistisch-leninistisch ausgerichteten Parteien DKP und MLPD weiter fort. So beteiligte sich die DKP zwar an den Wahlen zum Europäischen Parlament am 25.05.2014, erhielt aber insgesamt lediglich 25.147 Stimmen, davon 1.511 Stimmen in Niedersachsen. Ihre Mitgliederzahlen stagnieren seit Jahren auf niedrigem Niveau. Noch weniger Stimmen als die DKP erzielte die MLPD. Sie erhielt bundesDKP und MLPD in Niedersachsen zurweit 18.198 Stimmen, davon 916 Stimmen in Niedersachsen. Ähnlich wie zeit nicht relevant die DKP ist die MLPD in Niedersachsen in der Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar. 79 Zu den Begriffen "antiimperialistisch" und "antideutsch" siehe Kapitel 3.4.1.
  • eigener Aussage eine Organisation, die hauptsächlich zu den Themenfeldern "Antifaschismus", "Antimilitarismus", "Antirassismus" und "Soziale Kämpfe" Stellung bezog. Ihre Keimzelle
126 LINKSEXTREMISMUS unserem gemeinsamen Aufbruch - in und mit der IL, die im Begriff ist, zu einer lokal verankerten, bundesweit handlungsfähigen und europäisch vernetzten linksradikalen Organisation zu werden." (veröffentlicht auf der Internetseite von AVANTI, 06.10.2014) Mit dieser weitreichenden Entscheidung versucht AVANTI einer Stagnation oder gar einem Niedergang der erarbeiteten Grundlagen entgegen zu wirken und die bisherigen Erfahrungen in einen kontinuierlichen Prozess des politischen Wirkens einzubringen. "Revolutionäre Organisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss stets fragen, welchen Beitrag sie zur Entwicklung einer linken gesellschaftlichen Gegenmacht leistet, die die Macht des Staates und des Kapitalismus ernsthaft herausfordern und eine Perspektive zur Überwindung sozialer, patriarchaler und rassistischer Unterdrückung eröffnen kann." (veröffentlicht auf der Internetseite von AVANTI, 06.10.2014) AVANTI war nach eigener Aussage eine Organisation, die hauptsächlich zu den Themenfeldern "Antifaschismus", "Antimilitarismus", "Antirassismus" und "Soziale Kämpfe" Stellung bezog. Ihre Keimzelle war der Zusammenschluss der Autonomen Gruppe Kiel mit dem Lübecker Arbeitskreis antiimperialistischer Widerstand (AKAW). Im Gegensatz zur sonst eher üblichen "Einzelkämpfermentalität" der Autonomen sollten bei AVANTI Organisationsstrukturen geschaffen werden, die "gemeinsames Handeln und die Entwicklung eines solidarischen Zusammenhalts ermöglichen". Ortsgruppen bestanden in Berlin, Bremen, Flensburg, Hamburg, Hannover, Kiel, Lübeck und Norderstedt. AVANTI strebte danach, sich sowohl von der autonomen Szene als auch von orthodoxen Kommunisten zu unterscheiden. AVANTI beanspruchte keinen "Alleinvertretungsanspruch der radikalen Linken", sondern stellte sich der politischen Diskussion über Lösungen zur Überwindung der herrschenden Gesellschaftsordnung: "Wir sehen zwischen revolutionärer Zielsetzung und dem Kampf für konkrete Teilforderungen keinen grundlegenden Widerspruch. Im Gegenteil: Nur durch eine offensive Beteiligung an politischen Tageskämpfen kann revolutionäre Politik an Glaubwürdigkeit und Stärke gewinnen." (veröffentlicht auf der Internetseite von AVANTI, 10.12.2013) Das umfangreiche Grundsatzpapier aus dem Jahr 2004 propagierte die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform:
  • Panzerdivision in Hannover. Mit der Auswahl der Themen Antiglobalisierung, Antifaschismus und Antimilitarismus wird ein breiter Bogen innerhalb der Aktionsfelder
128 LINKSEXTREMISMUS Strukturierte Obwohl die IL bereits seit Jahren einen intensiven Diskurs über die MöglichMobilisierung und lokale keiten einer strukturierten bundesweiten Mobilisierung zu den einschlägigen VernetzungsKampagnen wie z. B. Blockaden von überregionalen rechtsextremistischen bestrebungen Aufmärschen oder zu "Castor schottern"-Aktionen führt, zeigt diese lokale Vernetzungsbestrebung deutlich, dass auch auf lokaler Ebene die Akzente für Widerstand und Protest wirkungsvoll zusammengeführt werden sollen. Im Fokus standen für diese AVANTI, A.L.I. und RAK im Jahr 2014 drei Projekte, die durch konzertiertes Vorgehen das Zusammenwachsen fördern sollten: Blockupy-Proteste gegen Kapitalismus und autoritäres Krisenmanagement in Frankfurt am Main, Proteste gegen den rechtsextremistischen sogenannten Trauermarsch in Bad Nenndorf und Proteste gegen das Sommerbiwak der 1. Panzerdivision in Hannover. Mit der Auswahl der Themen Antiglobalisierung, Antifaschismus und Antimilitarismus wird ein breiter Bogen innerhalb der Aktionsfelder der autonomen Szene geschlagen. Übersicht über Autonome Zentren in Niedersachsen A Lüneburg Oldenburg A Hannover A A Braunschweig Osnabrück A A Göttingen Autonome Zentren sind selbstverwaltete und unabhängige kulturelle Einrichtungen. Sie sind in erster Linie Versammlungsund Veranstaltungszentren und dienen Linksextremisten als Rückzugsräume zur Planung politischer