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"links or rechts" in den Verfassungsschutz Trends
  • Maßnahme sind dem Einsatz von V-Personen aber enge rechtsstaatliche Grenzen gesetzt. Voraussetzung beim Einsatz von V-Personen
260 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 3 ARBEITSWEISE Der Verfassungsschutz Berlin hat laut VSG Bln die Aufgabe, den Senat und das Abgeordnetenhaus, andere zuständige staatliche Stellen und die Öffentlichkeit über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung zu unterrichten.500 Die Behörde beschafft Informationen, analysiert sie und unterrichtet Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit über ihre Erkenntnisse. 3.1 Informationsbeschaffung Bei der Informationsbeschaffung ist zwischen offenen und verdeckt erhobenen Informationen zu unterscheiden. Der Verfassungsschutz erhält einen hohen Anteil seiner Informationen aus allgemein zugänglichen Veröffentlichungen und Veranstaltungen. Nachrichtendienstliche Mittel dürfen nach dem VSG Bln eingesetzt werden, wenn verfassungsfeindliche Bestrebungen weitgehend konspirativ agieren und sich wegen der Abschottung auf andere Weise keine Informationen gewinnen lassen. Nach den Vorgaben des VSG Bln darf der Einsatz dieser Mittel nur erfolgen, wenn sie im Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel kommt deshalb erst dann in Betracht, wenn die anderen Mittel der Nachrichtenbeschaffung erschöpft sind, d. h. wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Zu den nachrichtendienstlichen Mitteln zählen der Einsatz von Vertrauenspersonen (so genannten V-Personen, die aus Beobachtungsobjekten berichten),501 die Observation sowie die Überwachung des Postund 500 Vgl. SSSS 1, 5 und 6 VSG Bln. 501 Die Informationsbeschaffung durch V-Personen ist ein Kernbereich nachrichtendienstlicher Arbeit, der in einem außerordentlichen Spannungsfeld steht: Einerseits bedarf es des Schutzes unserer freiheitlichen Demokratie, andererseits der Beschaffung von Informationen durch Mitglieder extremistischer Organisationen. V-Personen sind Privatpersonen, die in der Regel der zu beobachtenden verfassungsfeindlichen Organisation angehören oder ihr nahe stehen. Sie berichten über deren Strukturen und Aktivitäten. Der Gesetzgeber hat dieses Mittel der Informationsbeschaffung den Verfassungsschutzbehörden ausdrücklich zugewiesen (SS 8 Abs. 2 Nr. 1 VSG Bln). Aufgrund der besonderen Sensibilität der Maßnahme sind dem Einsatz von V-Personen aber enge rechtsstaatliche Grenzen gesetzt. Voraussetzung beim Einsatz von V-Personen ist die Vertraulichkeit (so genannter Quellenschutz). Vgl. auch Senatsverwaltung für Inneres: Verfassungsschutz - nehmen Sie uns unter die Lupe. Berlin 2002.
  • Referat II C Referat II D Grundsatz, Recht, Auswertung Auswertung AusBeschaffung Öffentlichkeitsarbeit, Rechtsextremismus, länderextremismus Verwaltung, InforLinksextremismus Geheimschutz mationstechnik Spionageabwehr Während
  • Grundsatzreferat II A Querschnittsaufgaben wie Verwaltung, Recht, Informationstechnik und Öffentlichkeitsarbeit abdeckt, sind die Auswertungsreferate II B und II C für
256 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 1 STRUKTUR Verfassungsschutzbehörde für das Land Berlin ist die Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Die Aufgaben werden durch die Abteilung II wahrgenommen: Abteilung II - Verfassungsschutz - Abteilungsleiterin Referat II A Referat II B Referat II C Referat II D Grundsatz, Recht, Auswertung Auswertung AusBeschaffung Öffentlichkeitsarbeit, Rechtsextremismus, länderextremismus Verwaltung, InforLinksextremismus Geheimschutz mationstechnik Spionageabwehr Während das Grundsatzreferat II A Querschnittsaufgaben wie Verwaltung, Recht, Informationstechnik und Öffentlichkeitsarbeit abdeckt, sind die Auswertungsreferate II B und II C für die Analyse und Bewertung von Informationen zuständig. Das Referat II D beschafft Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Für die Aufgaben des Verfassungsschutzes standen im Jahr 2006 Haushaltsmittel in Höhe von 9,06 Mio. EUR zur Verfügung (2005: 8,4 Mio. EUR). Der Abteilung waren 186 Stellen zugewiesen (2005: 192).
  • TAYAD). 488 Die DHKP-C ist die einzige türkische linksextremistische Organisation, deren Mitglieder weiterhin versuchen, ihre politischen Ziele durch Hungerstreikaktionen
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - A US L Ä N D E R E X T R E M I S M U S 251 Faschismus regierten Land unmöglich" sei, die Machtverhältnisse durch Wahlen zu verändern. Deshalb könne "die faschistische Macht, die unter der Kontrolle des Imperialismus und der Oligarchie [stehe], nur durch den bewaffneten Kampf des Volkes zerstört werden". Personen, deren Aktivitäten sich gegen die "Revolution" richten, droht die DHKP-C eine "gnadenlose Bestrafung"486 an. Nach einer zeitlichen Unterbrechung ist die DHKC seit 2003 in der Türkei terroristisch aktiv. Selbstbezichtigungen der Organisation erscheinen jeweils zeitnah im Internet und sind sogar in deutscher Übersetzung verfügbar. In Deutschland engagieren sich DHKP-C-nahe Organisationen wie zum Beispiel das "Tayad-Komitee" ("Solidaritätsverein der Familien von Inhaftierten und Verurteilten"487) seit November 2000 in Form von Solidaritätskundgebungen für die Hungerstreikenden in den türkischen Gefängnissen488 und führten auch in diesem Jahr Protestkundgebungen in Berlin durch. 486 Programm der DHKP. 487 Abgeleitet aus der türkischen Bezeichnung Tutuklu Hükümlü Aileleri Yardmlasma Dernegi (TAYAD). 488 Die DHKP-C ist die einzige türkische linksextremistische Organisation, deren Mitglieder weiterhin versuchen, ihre politischen Ziele durch Hungerstreikaktionen durchzusetzen.
  • zugehörige Organisationen für über drei Viertel der Anschläge linksextremistischer Gruppierungen in der Türkei verantwortlich. In Deutschland agiert die MLKP
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - A US L Ä N D E R E X T R E M I S M U S 249 4.4.2 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" ÜBERSICHT Abkürzung MLKP Entstehung / Gründung 1994 Türkei Mitgliederzahl Bund: ca. 600 (2005: ca. 600) Berlin: ca. 25 (2005: ca. 25) Organisationsstruktur Türkei: Verbotene Organisation Deutschland: Vereine, MLKP-Verbindungen verschleiert Veröffentlichungen Atlm (Vorstoß) (überregional, täglich) "Partinin Sesi" ("Stimme der Partei") (überregional, täglich) Ziel der "Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei" (MLKP) ist die Errichtung eines kommunistischen Gesellschaftssystems in der Türkei auf der Basis der Ideologie des Marxismus-Leninismus. Hierbei versteht sich die Organisation als die authentische Stimme des Proletariats einer gemeinsamen türkisch-kurdischen Nation sowie als Vertreterin nationaler Minderheiten. In der Türkei versucht die MLKP, ihre politischen Ziele auch mit terroristischen Mitteln durchzusetzen. Hierzu bedient sie sich ihres militärischen Arms, der so genannten "Bewaffneten Streitkräfte der Armen und Unterdrückten" (FESK). Bereits seit mehreren Jahren sind die MLKP und ihr zugehörige Organisationen für über drei Viertel der Anschläge linksextremistischer Gruppierungen in der Türkei verantwortlich. In Deutschland agiert die MLKP vor allem auf öffentlichen Veranstaltungen, die sich hauptsächlich auf aktuelle Ereignisse in der Türkei beziehen. Auf Spruchbändern und Flugblättern wird anstelle der Bezeichnung MLKP meist der Begriff "Föderation der Arbeitsimmigranten aus der Türkei in Deutschland e. V. (AGIF) verwendet. Bei der AGÄdegF handelt es sich um einen Dachverband MLKP-orientierter Vereine
  • Linksextremisten470 4.4.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" / "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" / "Volkskongress Kurdistans" ÜBERSICHT Abkürzung PKK KADEK KONGRA-GEL Entstehung / Gründung 1978 Türkei Mitgliederzahl
246 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 4.4 Linksextremisten470 4.4.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" / "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" / "Volkskongress Kurdistans" ÜBERSICHT Abkürzung PKK KADEK KONGRA-GEL Entstehung / Gründung 1978 Türkei Mitgliederzahl Bund: ca. 11 500 (2005: ca. 11 500) Berlin: ca. 1 000 (2005: ca. 1 050) Organisationsstruktur Türkei: Verbotene Organisation Deutschland: 1993 vereinsrechtliches Betätigungsverbot (gilt in der Nachfolge auch für KADEK und KONGRA-GEL) Veröffentlichungen "Serxwebun" ("Unabhängigkeit") (überregional, monatlich) Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK)471 wurde 1978 vor dem Hintergrund des jahrzehntelangen Konflikts der im Ländereck Türkei, Iran, Irak und Syrien lebenden 25 Millionen Kurden im Südosten der Türkei gegründet. Erklärtes Ziel der Organisation war die Anerkennung der Kurden als Nation und die Erlangung der politischen Autonomie für die kurdische Minderheit innerhalb des türkischen Staatsgebiets. Von 1984 bis 1999 führte die PKK in der südöstlichen Türkei einen Guerillakrieg für ein unabhängiges Kurdistan. 1992 und 1993 verübten Anhänger der PKK zahlreiche Brandanschläge auf türkische Einrichtungen in Deutschland; bei Demonstrationen kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen. Am 24. Juni 1993 besetzten 13 Kurden das türkische Generalkonsulat in München und nahmen 20 Gei470 Es handelt sich um Organisationen, die regional im Ausland (z. B. im jeweiligen Heimatland) mit Gewalttaten in Erscheinung treten. In Deutschland verhalten sich die Anhänger dieser Organisationen weitgehend gewaltfrei. 471 Kurdisch: "Partiya Karkeren Kurdistan".
  • getarnte Kampagne bedient ein weit verbreitetes Narrativ der "Neuen Rechten": Die Forderung nach "Remigration" durch Massenabschiebungen wird um die freiwillige
  • Flügel" und "Junge Alternative" Zum Netzwerk der "Neuen Rechten" zählt der informelle Personenverbund "Der Flügel" der Partei "Alternative für Deutschland
  • diese Wahl ein Beispiel für den Erfolg der Rechtsextremisten
deutschen oder europäischen Kultur dargestellt. Die "Identitäre Bewegung" fordert eine "identitäre Demokratie", die die Homogenität des Volkes voraussetzt, und die repräsentative Demokratie ablehnt. Das Konzept des Ethnopluralismus begreift sie somit als Gegenmodell zur bestehenden pluralistischen Gesellschaftsordnung und wendet sich somit von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. 30 Agitation der "Identitären" Die "Identitären" treten in der Öffentlichkeit mit "Flashmobs", Plakat-Aktionen und der Verteilung von Flugblättern mit dem Ziel auf, in die mediale Berichterstattung zu gelangen, um ihre fremdenund islamfeindlichen Positionen in die gesellschaftspolitischen Diskussionen zum Thema Asyl und Einwanderung einzubringen. Von ihren Aktionen erstellen sie in der Regel kurze Videoclips. In den Videos steht die Aktion im Vordergrund, wie z.B. die Aufsehen erregende "Kletteraktion" am Brandenburger Tor in Berlin 2016. Mit ihren professionell gestalteten Videos und Internetseiten sprechen die "Identitären" insbesondere jüngere Personen an. Die Aktionen der Gruppierung sind häufig in Kampagnen eingebettet, wobei der 2015 ausgerufenen Kampagne "Großer Austausch" eine zentrale Bedeutung zukommt. Die Parole bezieht sich auf das Konzept des Ethnopluralismus und damit auf die Forderung nach ethnisch und kulturell homogenen Staaten. Die Kampagne richtet sich gegen "die ungebremste Masseneinwanderung und die daraus resultierende Islamisierung", die mit einer politischen und ökonomischen Benachteiligung der einheimischen Bevölkerung einhergehe (Fehler im Original, Facebook-Seite der IBD, 07.02.2017). InsbesonFlugblatt der "Identitären" dere die islamische Religion und Kultur halten die "Identitären" für unvereinbar mit europäischen Werten und nehmen sie als Bedrohung wahr. Ihrer Ansicht nach zielen die politisch Verantwortlichen auf ein "multikulturalisiertes" Deutschland ohne Identität, Patriotismus und Traditionen ab und fördern den "Austausch" des deutschen Volkes. Das Hauptaugenmerk der Aktionen der "Identitären" lag zuletzt auf der vermeintlich staatlich gelenkten "Massenmigration". In diesem Zusammenhang gründeten die "Identitären" 2018 die Kampagne "Alternative Help Association" (AHA), die auf die Verhinderung von Migration ziele, indem sie vor Ort Migrationsursachen bekämpfe und Perspektiven für den Wiederaufbau schaffe. Die als humanitärer Akt getarnte Kampagne bedient ein weit verbreitetes Narrativ der "Neuen Rechten": Die Forderung nach "Remigration" durch Massenabschiebungen wird um die freiwillige Rückkehr von Geflüchteten in ihre Heimatländer erweitert. Dem liegt das ethnokulturelle Volksverständnis zugrunde, das auf die Erhaltung eines ethnisch homogenen Staates zielt. 3.4.3 AfD-Teilorganisationen "Der Flügel" und "Junge Alternative" Zum Netzwerk der "Neuen Rechten" zählt der informelle Personenverbund "Der Flügel" der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD). Seine Stärke und seinen Einfluss innerhalb der Partei bewies "Der Flügel" beispielsweise am 5. Februar 2020, als der FDP-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, ungeachtet des eigenen, zur Wahl stehenden AfD-Kandidaten. Wenngleich der mit den Stimmen der AfD gewählte Kemmerich bereits einen Tag später seinen Rücktritt als Ministerpräsident erklärte, so ist diese Wahl ein Beispiel für den Erfolg der Rechtsextremisten
  • Forderung nach "Anwendung der Scharia", des islamischen Rechts und der Schaffung eines islamistischen Staatswesens. Da in diesem islamistischen Staatswesen Religion
  • zwangsläufig ein Staat, der westlichen Vorstellungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zuwiderläuft. Ambivalenz kennzeichnet nach wie vor die Haltung
  • spezifischen Konflikten - etwa im israelisch-palästinensischen Konflikt. Hier rechtfertigt die MB den militanten Jihad mit einer Verteidigungssituation und erklärt
244 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 "Takfir wa'l-Hijra"468 und "al-Jihad al-Islami"). Darauf folgte eine Phase der Integrationsbereitschaft in das politische System. Der Entschluss der MB, sich im politischen System Ägyptens auch an Wahlen zu beteiligen und im Parlament mitzuarbeiten, wird teilweise als ein "Marsch durch die Institutionen" gewertet. Ideologisch verkörpert die MB ein breites Spektrum, das bis zur Schaffung einer so genannten "islamischen Demokratie" reicht. Aus den 30er Jahren stammt der Anspruch der MB, dass es eine "Ordnung des Islams" gebe. Dieser relativ unkonkrete Anspruch definiert die islamische Religion als ein "System", das "zu jeder Zeit und an jedem Ort" anwendbar sein soll und das den Koran und die Sunna zur Richtschnur politischen Handelns erhebt. Zeitgenössische Vorstellungen zu Staat und Gesellschaft vertritt die MB mit der Forderung nach "Anwendung der Scharia", des islamischen Rechts und der Schaffung eines islamistischen Staatswesens. Da in diesem islamistischen Staatswesen Religion und Staat nicht getrennt sein sollen, wäre das von der MB angestrebte Staatswesen zwangsläufig ein Staat, der westlichen Vorstellungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zuwiderläuft. Ambivalenz kennzeichnet nach wie vor die Haltung der MB in der Gewaltfrage. Zwar lehnt sie seit den 70er Jahren Gewaltanwendung zur Durchsetzung ihrer politischen Agenda ab. Andererseits befürwort die MB Gewalt in spezifischen Konflikten - etwa im israelisch-palästinensischen Konflikt. Hier rechtfertigt die MB den militanten Jihad mit einer Verteidigungssituation und erklärt ihn für vermeintlich legitim. In einschlägigen Äußerungen führender MB-Vertreter, die bis zur expliziten Verneinung des Existenzrechts Israels reichen, werden Jihad und Selbstmordanschläge mit der militärischen Unterlegenheit der Palästinenser gegenüber Israel sowie mit dem vermeintlich militärischen Charakter der israelischen Gesellschaft zu begründen versucht. So äußerte der seit 2004 amtierende "Oberste Führer" der ägyptischen MB, Mohammad Mahdi Akif, dass es "für Israels Existenz in der Region keinen Grund gibt". Ferner prophezeite er, dass die MB bei einer Macht468 Wörtlich übersetzt: "Exkommunizierung [des bestehenden Gesellschaftssystems] und [innere] Emigration". Das Wort "Hijra" (wörtlich "Auswanderung") bezieht sich zugleich auf die 622 a. D. erfolgte "Auswanderung" des Propheten Muhammad von Mekka nach Medina, wo er die Grundlagen des ersten islamischen Gemeinwesens schuf.
  • deutsches Opfer Merkels Willkommenspolitik und eines nicht funktionierenden Rechtsstaats. Ohne eine 180deg-Wende in unserer Rückführungspolitik, wird es nicht
Die Bremer JA vertritt ein exkludierendes Volksverständnis, wonach bestimmten Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer Ethnie, Kultur und Nation die Zugehörigkeit zum deutschen Volk abgesprochen wird. Sie betrachtet die Einwanderung nach Deutschland als Gefahr für den Erhalt des "deutschen" Volks und warnt vor seinem "Austausch", d.h. der Verdrängung der "Deutschen" aus Deutschland. So beklagt sie in einem 2017 veröffentlichten Beitrag ein "multikulturalisiertes" Deutschland: "In Gröpe32 lingen ist der Große Austausch bittere Realität! Wie häufig müssen wir uns anhören, dass unsere Einwanderungskritik Hetze oder blanker Unsinn sei? Wie hart gehen Medien und die Altparteien gegen unser Begehren eines deutschen und nicht multikulturalisierten Deutschlands ins Gericht? (...) Deutschland stirbt in vielen Großstädten und die kritischen Parallelgesellschaften werden nicht nur die Mehrheit stellen, sie werden dominieren." (Facebook-Seite der JA, 20.02.2017). Zudem spricht die JA Bevölkerungsteilen die Fähigkeit ab, jemals Teil des deutschen Volkes zu werden: Sie kommentierte 2018 einen Artikel des Weser-Kuriers zu überfüllten Schulen im Bremer Stadtteil Blumenthal: "'Die Kinder sollen hier in Deutschland ankommen. Integration braucht einen langen Atem. Aber am Ende des Weges sind das Deutsche.' Nein? Man kann aus Arabern keine Deutschen zaubern." (Facebook-Seite der JA, 23.05.2018). Pauschale Abwertung von Flüchtlingen Das ethnische Volksverständnis der JA geht einher mit der Abwertung von Personen aufgrund ihrer Ethnie, Nationalität und ihres politischen oder religiösen Hintergrundes. Die pauschale Herabwürdigung von Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit richtet sich gegen die Menschenwürde als Kernelement der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. In einem 2018 veröffentlichten Beitrag der JA werden Flüchtlinge zum Beispiel pauschal diskriminiert und verunglimpft, indem sie als nutzlos und kriminell bezeichnet werden: "Weiteres, trauriges Puzzlestück zur Realität im Jahre 2018: Die Polizei muss kapitulieren vor den Invasoren, die uns als wertvoll verkauft werden. In den Heimatländern mindestens gesellschaftlicher Bodensatz, im Aufnahmeland nicht nur nutzlos, sondern kriminell. #abschieben #remigration" (Fehler im Original, Facebook-Seite der JA, 02.05.2018). Eine pauschale Diffamierung von Asylbewerbern erfolgt auch in einer weiteren Veröffentlichung der Bremer JA 2018, in der ihnen ausnahmslos unterstellt wird, Menschen zu töten: "Wieder ein bestialischer Mord durch einen 20-jährigen abgelehnten (!) Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern. Wieder ein deutsches Opfer Merkels Willkommenspolitik und eines nicht funktionierenden Rechtsstaats. Ohne eine 180deg-Wende in unserer Rückführungspolitik, wird es nicht der letzte Tote gewesen sein. Wir fordern: Abschieben JETZT!" (Fehler im Original, Facebook-Seite der JA, 19.11.2018). Die Bremer JA verzerrt bewusst Medienberichte oder stellt sie überspitzt dar, so dass der Eindruck entsteht, die deutsche Bevölkerung würde durch von "Migranten" begangene Straftaten massiv gefährdet. Die Beiträge werden verbunden mit der Forderung nach "Remigration", der Massenabschiebung von Menschen, die der ethnopluralistischen Vorstellung nach nicht zum "deutschen" Volk gehören. Übernahme von Parolen der "Identitären" Die Bremer JA übernimmt Ideologiefragmente sowie Parolen der "Identitären". Die häufige Verwendung der Parole des "großen Austausches" sowie die Forderung nach einer "Reconquista" - also der Rückeroberung des "christlichen Abendlandes" durch die Zurückdrängung muslimischer Einflüsse - belegen die ethnopluralistische Weltanschauung des Bremer Landesverbandes. Der "große Austausch" ist das Negativszenario eines ethnokulturell veränderten Europas, in dem die europäischen Völker in ihrer
  • Angesichts der Programmatik der SP, die den demokratischen Rechtsstaat zugunsten einer islamistischen Staatsordnung abschaffen will, ist Ücüncüs Bekenntnis zur Demokratie
242 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 einbar sind. So bekannte sich der IGMG-Generalsekretär Oguz Ücüncü in zwei Zeitungsinterviews467 zu Menschenrechten, Gleichberechtigung und Pluralismus, erklärte aber gleichzeitig, dass er bei der Parlamentswahl 2002 Necmettin Erbakans SP gewählt habe und dass Erbakan für die IGMG eine Integrationsfigur sei. Angesichts der Programmatik der SP, die den demokratischen Rechtsstaat zugunsten einer islamistischen Staatsordnung abschaffen will, ist Ücüncüs Bekenntnis zur Demokratie widersprüchlich und damit fragwürdig. Die ambivalenten Äußerungen des Generalsekretärs Ücüncü zeigen, dass die IGMG eine Distanzierung von Necmettin Erbakan und seiner islamistischen Milli Görüs-Ideologie vermeidet. Mit dieser Strategie ist es der IGMG-Führung bislang gelungen, eine Spaltung zu verhindern; die Glaubwürdigkeit des Verbandes in der deutschen Öffentlichkeit fördert dies nicht. Eine programmatische Neuausrichtung und Reformierung des Verbandes ist nicht zu erwarten. 467 Vgl. "Welt" vom 11.8.2004; "tageszeitung" vom 7.5.2004.
  • Prinzipien von Koran und Sunna orientiert. Erbakan lehnt wesentliche rechtsstaatliche Prinzipien wie Volkssouveränität oder Parteienpluralismus als unvereinbar mit der "gerechten
  • keine 'gerechte Ordnung' herrscht, wirst du nicht zu deinem Recht kommen. Alles hängt letztlich davon ab, ob aus der hiesigen
238 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 gingen daraus die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V. (IGMG) und die "Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e. V." (EMUG) hervor. Die EMUG ist für die Verwaltung des Immobilienbesitzes der Vereinigung verantwortlich. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V. vertritt eine islamistische Ideologie, die auf das politische Konzept von Necmettin Erbakan zurückgeht, das dieser 1973 in dem gleichnamigen Buch Milli Görüs ("Nationale Sicht") veröffentlichte. Erbakans Ziel ist es, die türkischen Bürger unter dem Dach von Nationalismus und Islamismus zu einen und in der Türkei ein islamistisches Staatswesen zu errichten. Als politisches und gesellschaftliches Ordnungsmodell propagiert er eine "gerechte Ordnung" ("Adil Düzen"), in welcher die Scharia gilt und politisches Handeln sich an den Prinzipien von Koran und Sunna orientiert. Erbakan lehnt wesentliche rechtsstaatliche Prinzipien wie Volkssouveränität oder Parteienpluralismus als unvereinbar mit der "gerechten Ordnung" ab. Im Juli 2002 war im Internet ein Videomitschnitt von Erbakan zu sehen, in dem er einen Systemwechsel nicht allein für die Türkei, sondern auch für die Bundesrepublik Deutschland forderte: "Du willst dich von diesen Sorgen befreien? Um dich von diesen Sorgen befreien zu können, muss aus der Staatsordnung in Deutschland eine 'gerechte Ordnung' werden. Bevor hier keine 'gerechte Ordnung' herrscht, wirst du nicht zu deinem Recht kommen. Alles hängt letztlich davon ab, ob aus der hiesigen Staatsordnung eine gerechte Ordnung wird."458 Eine Äußerung Erbakans anlässlich eines im Oktober 2005 in Istanbul veranstalteten Iftar-Essens zeigt, dass er den Islam als Gesellschaftsmodell betrachtet, das sämtlichen westlichen Gesellschaftssystemen überlegen sein soll: "Wo immer die Imperialisten hinkommen, verbreiten sie Tod und Verderben. Die islamische Zivilisation wird den Menschen Frieden und Gerechtigkeit bringen."459 Auszüge aus einer Rede Erbakans, anlässlich einer Konferenz von ESAM460 am 29. und 30. Mai 2006 in Istanbul, belegen, dass er bis heute an der Milli Görüs-Ideologie festhält: 458 Rede von Necmettin Erbakan: "Adil Düzen" ("Gerechte Ordnung"), 1990. 459 "Milli Gazete" vom 20.10.2005. 460 Ekonomik ve Sosyal Arastrmalar Merkezi (Zentrum für Wirtschaftsund Sozialforschung"). Vorsitzender des ESAM ist der SP-Vorsitzende Recai Kutan.
  • Jahr 1995 übernahm sein Sohn Metin den Titel. Die Rechtmäßigkeit des neuen "Kalifen" war umstritten und spaltete 1996 die Organisation
  • Kalifatsstaat". Das nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsund des Bundesverfassungsgerichts453 rechtskräftige Verbot wurde durch die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz möglich
234 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 1994 ließ sich Cemaleddin Kaplan von seinen Anhängern zum Kalifen ausrufen, woraufhin die Organisation in "Hilafet Devleti" ("Kalifatsstaat") umbenannt wurde. Nach dem Tod Cemaleddin Kaplans im Jahr 1995 übernahm sein Sohn Metin den Titel. Die Rechtmäßigkeit des neuen "Kalifen" war umstritten und spaltete 1996 die Organisation. Der frühere Vertraute von Cemaleddin Kaplan, Dr. Halil Ibrahim Sofu, wurde zum "Gegenkalifen" ausgerufen. Sofu wurde im Mai 1997 in seiner Berliner Wohnung von Unbekannten erschossen. Metin Kaplan wurde daraufhin am 15. November 2000 vom Oberlandesgericht Düsseldorf wegen zweifacher öffentlicher Aufforderung zur Ermordung Sofus zu vier Jahren Haft verurteilt. Als er im Mai 2003 aus dem Gefängnis entlassen wurde, lag gegen ihn ein Auslieferungsantrag der Türkei wegen Hochverrats vor, dem am 12. Oktober 2004 stattgegeben wurde.452 Ein Istanbuler Schwurgericht verurteilte das Oberhaupt des "Kalifatsstaats" wegen Attentatsplanung gegen die türkische Staatsspitze am 20. Juni 2005 zu lebenslanger Haft. Wegen Verfahrensfehlern hob die 9. Strafkammer des Kassationshofs in Ankara am 30. November 2005 diese Verurteilung auf und das Verfahren wurde 2006 vor der 14. Kammer des Istanbuler Landgerichts fortgesetzt. In Deutschland übernahm Harun Aydin am 25. März 1999 die Leitung des Verbandes, wobei das ideologische Konzept Cemaleddin Kaplans beibehalten und die aggressive, demokratiefeindliche und antisemitische Agitation fortgeführt wurden. Am 12. Dezember 2001 verbot der Bundesminister des Innern den "Kalifatsstaat". Das nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsund des Bundesverfassungsgerichts453 rechtskräftige Verbot wurde durch die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz möglich.454 Begründet wurde es damit, dass sich der "Kalifatsstaat" offen gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie den Gedanken der Völkerverständigung richtet und die innere Sicherheit sowie außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland gefähr452 Vgl. Senatsverwaltung für Inneres: Verfassungsschutzbericht 2004. Berlin 2005, S. 138 ff. 453 Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Az.: BVerwG 6 A 4.02; Bundesverfassungsgericht, Az.: BVerfG 1 BvR 536/03. 454 Vgl. Erstes Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes (BGBl. I S. 3319).
  • Personenpotenzial Rheinland-Pfalz 2016 2015 Gesamt 600 600 Linksextremisten / Separatisten 500 500 Extreme Nationalisten 100 100 (Angaben gerundet) 3. "Arbeiterpartei
2. Personenpotenzial Rheinland-Pfalz 2016 2015 Gesamt 600 600 Linksextremisten / Separatisten 500 500 Extreme Nationalisten 100 100 (Angaben gerundet) 3. "Arbeiterpartei Kurdistans" (Partiya Karkeren Kurdistan) - PKK Gründung: 1978 in der Türkei Umbenennungen: April 2002 in "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) Anfang November 2003 in "Volkskongress Kurdistan" (KONGRA GEL) Seit 2005 in "Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan" (KKK) 2007 in "Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans" (KCK) Militärischer Arm in der Türkei: "Volksverteidigungskräfte" (Hezen Parastina Gel) HPG Führung in Europa: "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa" (KCD-E) Mitglieder/Anhänger Bund: ca. 14.000 (2015: ca. 14.000) Mitglieder/Anhänger Rheinland-Pfalz: ca. 450 (2015: ca. 450) Betätigungsverbot in Deutschland: seit 22. November 1993 Listung durch die EU als seit 2002 terroristische Organisation: Politische Ausgangslage Die von dem seit 1999 in der Türkei inhaftierten Abdullah Öcalan gegründete "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) kämpft seit vielen Jahren für eine erweiterte politische und kulturelle Eigenständigkeit der kurdischen Bevölkerung. 75
  • Ausländerextremismus in Rheinland-Pfalz ist zum größten Teil von linksextremistischen und ethnisch motivierten Autonomiebestrebungen geprägt. Politik, Strategie und Aktionismus
V. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) 1. Überblick Der insgesamt ein Potenzial von rund 600 Personen umfassende nichtislamistische Ausländerextremismus in Rheinland-Pfalz ist zum größten Teil von linksextremistischen und ethnisch motivierten Autonomiebestrebungen geprägt. Politik, Strategie und Aktionismus der hier in Erscheinung tretenden Organisationen werden maßgeblich von den Entwicklungen und Ereignissen in deren Herkunftsländern bestimmt. Die dort zum Teil terroristisch agierenden Organisationen sehen Deutschland als sicheren Rückzugsraum, von dem aus heimatliche, zentrale Organisationseinheiten propagandistisch, materiell und finanziell unterstützt werden. Besondere Bedeutung kommt in Rheinland-Pfalz der seit 1993 in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten und seit 2002 von der EU als terroristische Organisation gelisteten "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) zu, die zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele in der Türkei fortgesetzt auf terroristische Mittel zurückgreift. Der seit Dezember 2015 offen ausgebrochene Kampf zwischen der PKK und dem türkischen Staat mit zahlreichen Toten, der gescheiterte Putschversuch am 15. Juli 2016, dessen Auswirkungen sowie viele weitere Anschläge in der Türkei führten zu einer fortwährenden Verschärfung der Sicherheitslage vor Ort. Die PKK-Anhängerschaft in Deutschland reagierte darauf mit einer Reihe von überwiegend friedlich verlaufenen Protestveranstaltungen. Parallel dazu kam es zu Besetzungsaktionen gegen Medienanstalten und zu Brandanschlägen gegen türkische (halb-) staatliche Einrichtungen, für die vorwiegend die PKK-Jugend ("Komalen Ciwan") verantwortlich war. 74
  • terroristische Ausbildung der "Mujahidin". Hierzu gehörten ein weitgehend rechtsfreier Raum, Kampfgebiete sowie die Tatsache, dass sich im Bürgerkrieg
222 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 4 AUSLÄNDEREXTREMISMUS 4.1 Gewaltorientierte Islamisten 4.1.1 Transnationale Terrornetzwerke 4.1.1.1 "Mujahidin-Netzwerke" / "al-Qa'ida" ÜBERSICHT Entstehung / Gründung Anfang 80er Jahre Afghanistan / Pakistan Organisationsstruktur Transnationale Netzwerke Veröffentlichungen Audiound Video-Botschaften Der Begriff "Mujahidin" bezeichnet pan-islamistisch orientierte Kämpfer unterschiedlicher ethnischer Herkunft, die an Kampfeinsätzen etwa in Afghanistan, Bosnien, Tschetschenien oder im Kaschmir teilgenommen haben. Das Entstehen der - häufig als Jihadisten bezeichneten - "Mujahidin" geht auf den Afghanistan-Krieg zurück, als sich 1979 freiwillige "Kämpfer" ("Mujahidin") dem - unter dem Motto des Jihad geführten - Krieg gegen die sowjetische Besatzung anschlossen und dafür vor allem in afghanischen und pakistanischen Militärlagern ausgebildet wurden. Die Lage im von Krieg und Bürgerkrieg gezeichneten Afghanistan bot ideale Bedingungen für die ideologische Schulung und terroristische Ausbildung der "Mujahidin". Hierzu gehörten ein weitgehend rechtsfreier Raum, Kampfgebiete sowie die Tatsache, dass sich im Bürgerkrieg 1996 die islamistischen "Taliban-Kämpfer" durchsetzten. Die terroristischen Aktivitäten der "Mujahidin" richteten sich ab 1992 vor allem gegen Ägypten und Algerien, nachdem sich einzelne kampferprobte "Mujahidin" des Afghanistan-Kriegs den dortigen militanten islamistischen Gruppierungen angeschlossen hatten. Im Zentrum der "Mujahidin" steht die von Usama Bin Ladin Ende der 80er Jahre gegründete Organisation "al-Qa'ida" ("Die Basis"), die sich vermutlich Mitte der 90er Jahre mit Teilen der militanten ägyptischen Gruppen "al-Jihad al-islami" ("Der islamische Kampf") und "al-Jama'a
  • Bundestagswahl 2005. Ihr Interesse, sich am Wahlbündnis von der "Linkspartei.PDS" und der "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit" (WASG) zu beteiligen
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - LIN K S E X T R E M IS M US 219 "Der Verrat an den kommunistischen Idealen, die Verbrechen entarteter Elemente an der Spitze der Partei-, Staatsund Wirtschaftsführung in der ehemaligen DDR, ihre Machtergreifung als neue Bourgeoisie und der moderne Revisionismus haben den Begriff des 'Kommunismus' bei den Werktätigen in Misskredit gebracht." 432 Die MLPD versteht sich dabei als Vorhut der Arbeiterklasse. Die Ziele der Partei implizieren die Aufhebung wesentlicher Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung: "Ihr grundlegendes Ziel ist der revolutionäre Sturz der Diktatur des Monopolkapitals und die Errichtung der Diktatur des Proletariats für den Aufbau des Sozialismus als Übergangsstadium zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft."433 Der politische Einfluss der Partei ist gering. Zu den Europawahlen 2004 trat sie nicht an, jedoch beteiligte sie sich mit Landeslisten in allen Bundesländern an der Bundestagswahl 2005. Ihr Interesse, sich am Wahlbündnis von der "Linkspartei.PDS" und der "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit" (WASG) zu beteiligen, war auf keine Resonanz gestoßen. In Berlin erreichte die MLPD bei der Bundestagswahl 0,1 Prozent der Zweitstimmen (1 290 Stimmen), was auch ihrem bundesweiten Ergebnis entsprach. Im Berliner Wahlkreis 83 (Neukölln) trat die MLPD mit einem Direktkandidaten an, der 0,2 Prozent der Erststimmen erhielt. An den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen im September 2006 beteiligte sie sich nicht. Schwerpunktthemen der Partei sind Arbeit und Soziales. Das von der MLPD ins Leben gerufene und dominierte "Berliner Bündnis Montagsdemo" organisiert regelmäßige Montags-Protestzüge gegen Arbeitsmarktund Sozialreformen und mobilisierte bundesweit zu einem Sternmarsch "gegen die neue Regierung" im November 2005, an dem sich - im Gegensatz zu den von der MLPD zunächst genannten 25 000 Teilnehmern - etwa 4 000 Personen beteiligten. 432 Präambel zum Statut der MLPD. Internetauftritt der MLPD, Aufruf am 19.2.2007. 433 Ebenda.
  • Parlamentsorientierter Linksextremismus 3.2.1 "Deutsche Kommunistische Partei" ÜBERSICHT Abkürzung DKP Entstehung / Gründung 1968 Mitgliederzahl Bund: ca. 4 200 (2005: deutlich unter
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - LIN K S E X T R E M IS M US 215 3.2 Parlamentsorientierter Linksextremismus 3.2.1 "Deutsche Kommunistische Partei" ÜBERSICHT Abkürzung DKP Entstehung / Gründung 1968 Mitgliederzahl Bund: ca. 4 200 (2005: deutlich unter 4 500) Berlin: ca. 100 (2005: ca. 110) Organisationsstruktur Partei Sitz Essen Veröffentlichungen "Unsere Zeit" (UZ) (überregional, wöchentlich) Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) wurde am 25. September 1968 von früheren Funktionären der 1956 verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) gegründet. Der Aufbau einer Parteiorganisation in Berlin begann 1990.425 In einem Leitantrag vom 15. Parteitag (Juni 2000) hält die Partei am Marxismus-Leninismus fest und bekennt sich zur revolutionären Überwindung der bestehenden Gesellschaftsordnung in Deutschland: "Das Ziel der DKP ist der Sozialismus als erste Stufe auf dem Weg zur klassenlosen Gesellschaft. Sie strebt den grundlegenden Bruch mit den kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnissen an, orientiert auf die Arbeiterklasse als entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft. Grundlage 425 Während der Teilung Deutschlands gab es aufgrund von Chruschtschows "DreiStaaten-Theorie" (Deutschland zerfalle in drei Staaten: BRD, DDR, Berlin) in Berlin keinen Landesverband der DKP. Statt dessen gründete sich die "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW), die ebenso wie die DKP massiv durch die DDR unterstützt wurde. Nachfolgerin der SEW wurde 1990 die "Sozialistische Initiative" (SI), welche sich 1991 schon wieder auflöste. Sie propagierte einen Erneuerungsprozess hin zu einem "zutiefst demokratischen Sozialismus" (Leitgedanken für Grundsätze und Ziele der SI. In: Landesamt für Verfassungsschutz Berlin: Verfassungsschutzbericht 1990. Berlin 1991, S. 64). Noch im gleichen Jahr haben "SEWund SIMitglieder, die in der Wandlung der SEW zur SI eine Abkehr von der Klassenpartei sahen, eine DKP-Gruppe Berlin gegründet" (Ebenda, S. 66).
  • Ende der 80er Jahre begann auch eine Erosion der linksextremistischen autonomen Szene. Ideologische Konzeptionslosigkeit und Legitimationsdefizite sorgten für einen kontinuierlichen
  • Jahr 2003 auf. Aus der AAB entstanden die "Antifaschistische Linke Berlin ( ALB) sowie Kritik & Praxis ( KP). 2006 löste sich
208 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 Verbindendes Element zwischen den Generationen der Autonomen ist die hasserfüllte Ablehnung der bestehenden staatlichen Ordnung. Im Unterschied zu den Altautonomen und denen der zweiten Generation verfügen die Jugendlichen jedoch zumeist nicht über konkrete politische Vorstellungen, wie eine Gesellschaftsordnung nach der beabsichtigten Zerschlagung des demokratischen Verfassungsstaates aussehen soll. Dieses jugendliche Mobilisierungspotenzial instrumentalisieren die in ihrer Weltanschauung gefestigten Autonomen zur Umsetzung ihrer Aktionen. Mit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus Ende der 80er Jahre begann auch eine Erosion der linksextremistischen autonomen Szene. Ideologische Konzeptionslosigkeit und Legitimationsdefizite sorgten für einen kontinuierlichen personellen Rückgang bei den Autonomen. Seit Beginn der 90er Jahre verstärkte sich aufgrund einer wachsenden Kritik an der Unverbindlichkeit autonomer Strukturen die Tendenz, auch innerhalb des autonomen Lagers Organisierungsmodelle zu erproben, um zu einer dauerhaften Umsetzung von Theorie in Praxis zu gelangen. Insbesondere im Bereich des Antifaschismus wurden Vorstöße unternommen (z. B. "Antifaschistische Aktion Berlin" / AAB408), die allerdings nur einen Teil der Szene erfassten und sich als nicht beständig erwiesen. Die Autonomen sind zunehmend zerstritten und damit in ihrer Handlungsfähigkeit beeinträchtigt. Die früher feststellbare "Kiezbezogenheit" sowie die hohe Mobilisierungskraft der 80er Jahre gingen weitgehend verloren.409 Wenn auch das empirische Wissen zur autonomen Szene gering ist, lassen sich doch einige Feststellungen treffen: Die Angehörigen der autonomen Szene, deren Alter in der Regel zwischen dem 16. und 28. Lebensjahr liegt, wobei ein Anstieg des Eintrittsalters feststellbar ist, sind zumeist deutsche Staatsbürger - in Teilen aus bürgerlichen Eltern408 Die AAB löste sich im Jahr 2003 auf. Aus der AAB entstanden die "Antifaschistische Linke Berlin ( ALB) sowie Kritik & Praxis ( KP). 2006 löste sich KP ebenfalls wieder auf. 409 Vgl. Die Ästhetik des Widerstands und andere Fragen. In: "INTERIM" Nr. 474 vom 22.4.1999, S. 26 ff. Die Ästhetik des Widerstands: "[...] daß die bisherigen politischen Konzepte der Autonomen in dieser veränderten Welt seit Jahren nicht mehr greifen, streitet doch heute kaum noch jemand ab."
  • sind zumeist im Ausbildungsalter und haben oft lediglich vage linksextremistische Vorstellungen, verbunden mit einem hohen Aggressionspotenzial, das sich ein Ventil
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - LIN K S E X T R E M IS M US 207 Hausbesetzern und bürgerlichen Protestbewegungen wie AKW-Kritikern, Startbahn-West-Gegnern und der Friedensbewegung. 404 In ihrer Selbstsicht verstehen sie sich als gesellschaftliche Avantgarde: "Unser Problem besteht vielmehr darin, es mit einer Bevölkerung zu tun zu haben, die zum überwiegend großen Teil mit den hier herrschenden Verhältnissen identifiziert ist, und zwar unabhängig davon, inwieweit diese ihr zum Vorteil gereichen oder nicht."405 Die Altautonomen gehören einem zahlenmäßig kleinen, ideologisch gefestigten und theoretisch fundierten Kreis mit engen persönlichen Verbindungen an, der über szeneinterne Autorität verfügt und vorwiegend klandestin, abseits vom Tagesgeschehen operiert. Von diesen Autonomen der ersten Generation sind jene zu unterscheiden, die ebenfalls stark motiviert sind, allerdings erst ab den späten 80er Jahren zur Szene stießen. Sie bilden gegenwärtig den harten Kern und sind federführend bei der Organisation von Veranstaltungen, Protestaktionen und Anschlägen. Ideologisch gefestigt verfügen sie jedoch nur selten über ein ähnlich theoretisch fundiertes Wissen wie die Altautonomen.406 Aufgrund ihrer aktionistisch ausgerichteten Vorgehensweise binden und rekrutieren sie Autonome der jungen Generation. Deren Angehörige fluktuieren stark, sind zumeist im Ausbildungsalter und haben oft lediglich vage linksextremistische Vorstellungen, verbunden mit einem hohen Aggressionspotenzial, das sich ein Ventil im Hass auf das politische und gesellschaftliche System sucht.407 404 Bürgerinitiativen, die sich in den benannten Bereichen engagiert haben, sind nicht Gegenstand der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Jedoch haben Vertreter des autonomen Spektrums häufig versucht, Protestbewegungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Dies gelang in unterschiedlicher Intensität und mit wechselnder Nachhaltigkeit. 405 Fridolin: Wo ist Behle? In: "INTERIM", Sonderheft "Bewegung - Militanz - Kampagne" vom März 1998, S. 24. 406 Vgl. Die Ästhetik des Widerstands und andere Fragen. In: "INTERIM" Nr. 474 vom 22.4.1999, S. 26 ff. Die Ästhetik des Widerstands: "Soziale Bewegungen und als ein Teil davon die Autonomen waren ein ernstzunehmender Faktor der Gesellschaft. Dies hat sich seit Ende der 80er Jahre geändert. Wenn man nur noch eine x-beliebige Subkultur in einer beliebigen Gesellschaft ist, hat das keine Sprengkraft mehr." 407 Vgl. Matthias Mletzko: Merkmale politisch motivierter Gewalttaten bei militanten autonomen Gruppen. In: Uwe Backes / Eckhard Jesse (Hg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie Nr. 11/1999, S. 180 - 199.
  • Öffentlichkeit gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitstellen."392 Weiterhin beschließen die Unterzeichner, "die Wiederaufnahme aller Strafverfahren
H IN TE R G R UN D IN F O R M A TIO N E N - R E C H T S E X TR E M I S M U S 203 Zweck des VRBHV ist in der Gründungserklärung niedergelegt. Darin heißt es: "Der von den Unterzeichnern hiermit gegründete "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten" soll durch organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufheben, ihrem Kampf um Gerechtigkeit die notwendige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gewährleisten und die finanziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitstellen."392 Weiterhin beschließen die Unterzeichner, "die Wiederaufnahme aller Strafverfahren zu fordern, die zur Verurteilung wegen Verstoßes gegen SS 130 StGB mit der Begründung geführt haben, daß der Holocaust in dem beschriebenen Sinne eine 'offenkundige Tatsache' sei, die keines weiteren Beweises mehr bedürfe."393 Allerdings zielte der VRBHV vielmehr darauf ab, die historische Tatsache des Holocaust zu widerlegen. Mittel zu diesem Zweck sollte ein neuer "Auschwitzprozess" werden, der als Revision des Frankfurter Auschwitzprozesses (1963 - 1965) konzipiert werden soll. Laut Mahler stehe die internationale Gemeinde der revisionistischen "Wissenschaftler" bereit, sich in einem solchen Prozess zu engagieren.394 Das "Dogma" des Holocaust sei das ideelle Fundament der Bundesrepublik Deutschland, die von den Siegermächten nach dem Zweiten Weltkrieg völkerrechtswidrig als "Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft" (OMF) installiert worden sei. Als tatsächlicher Zweck des VRBHV wird daher in der Gründungserklärung angegeben: "Reichsbürger treten dem VRBHV bei, um endlich den Allgemeinen Volksaufstand zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit des deutschen Reiches durch einen organisierten und geordneten Angriff auf die Auschwitzlüge als dem Fundament der Fremdherrschaft über das Deutsche Reich zu beginnen."395 392 Gründungserklärung. Internetauftritt des VRBHV, Aufruf am 19.3.2007. 393 Ebenda. 394 Vgl. Horst Mahler: Offener Brief an den Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, datiert vom 16.3.2004. 395 Gründungserklärung. Internetauftritt des VRBHV, Aufruf am 19.3.2007.
  • schen Rechtsextremisten Germar Rudolf. In beiden Studien wird mit pseudo-naturwissenschaftlichen Methoden versucht, die Massenermordung in Auschwitz als technisch unmöglich
202 VE R F ASSU N GSSC HUT Z B E R IC HT B E RL IN 2 0 0 6 schen Rechtsextremisten Germar Rudolf. In beiden Studien wird mit pseudo-naturwissenschaftlichen Methoden versucht, die Massenermordung in Auschwitz als technisch unmöglich darzustellen. Die Holocaustleugner in Deutschland konzentrieren sich um den "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten ( VRBHV), dessen Hauptagitator bis zu seinem Haftantritt Horst Mahler war. Durch die Inhaftierung der führenden international kooperierenden Holocaust-Leugner Germar Rudolf, Siegfried Verbeke, Erich Zündel und Horst Mahler im Jahr 2006 in der Bundesrepublik Deutschland sowie David Irving in Österreich wurde die Revisionisten-Szene erheblich geschwächt.390 2.3.6 "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten e. V." ÜBERSICHT Abkürzung VRBHV Entstehung / Gründung 2003 Mitgliederzahl Bund: ca. 120 (2005: ca. 120) Berlin: unter 20 (2005: unter 20) Organisationsstruktur Eingetragener Verein Sitz Berlin Sporadische Veröffentlichung einzelner Texte im Internet Veröffentlichungen Der "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" (VRBHV) wurde am 9. November 2003 in Vlotho (Nordrhein-Westfalen) gegründet. Der Verein hat seinen Sitz in Berlin. Führender Kopf, Vorsitzender und Initiator des Vereins war bis zu seiner Inhaftierung im Dezember 2006 Horst Mahler.391 Das Konzept trägt Mahlers Handschrift. Er verfasste nahezu alle Texte des VRBHV. Der 390 Vgl. S. 47 - 49. 391 Vgl. S. 51 - 52.

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