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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • Grundlagen für die Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: * Antifaschismus
"Kommunistischer Jugendverband Deutschlands" (KJVD) Von der Jugendorganisation der KPD, dem KJVD, gingen 2006 ebenfalls kaum Impulse und Aktivitäten aus. Die Probleme des Verbands, die bereits 2005 aufgetreten sind, dauerten auch im Berichtszeitraum fort. Die anhaltende Krise des Verbands kommt u.a. darin zum Ausdruck, dass das jährlich von ihm organisierte "Treffen der Jugend" letztmalig im September 2004 stattfand. Das Zentralkomitee will sich nun "entschiedener in Anleitung und Kontrolle der Probleme der Jugendarbeit annehmen". 3.5 "Rote Hilfe e.V." (RH) Gründungsjahr: 1975 Sitz: Göttingen Mitglieder: ca. 4.300 (Bund) Publikation: "Die Rote Hilfe" (vierteljährlich) Die RH versteht sich als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation", die vermeintlich politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum politisch und materiell unterstützt. Sie organisiere "die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden". Darüber hinaus gelte die Solidarität "den von der Reaktion politisch Verfolgten in allen Ländern der Erde". Die Organisation gliedert sich bundesweit in knapp 40 Ortsbzw. Regionalgruppen. In Thüringen existieren Ortsgruppen in Erfurt und Jena; letztere ist mit einer Homepage im Internet vertreten. Die Regionalgruppe Südthüringen, die lange bestand und ihren Sitz in Zella-Mehlis hatte, wurde vermutlich zu Anfang des Jahres aufgelöst. Schon in den Vorjahren war sie öffentlich nicht mehr in Erscheinung getreten. 4. Autonome 4.1 Allgemeines Autonome sind in der Bundesrepublik seit Ende der siebziger Jahre aktiv. Heute agieren sie in fast allen größeren Städten. Am stärksten treten sie in Ballungsräumen wie Berlin oder dem Rhein-Main-Gebiet hervor. Im Berichtszeitraum waren der Szene bundesweit etwa 5.500 gewaltbereite Autonome zuzurechnen. Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Gesetzen leben zu wollen. Fremde Vorgaben, staatliche und gesellschaftliche Zwänge lehnen sie ab, da sie sich von ihnen eingeengt fühlen. "Keine Macht für niemand!" lautet ihre paradoxe Devise. Kennzeichnend für Autonome ist eine generelle Anti-Haltung. Ihre ideologischen Vorstellungen sind oft diffus; anarchistische Elemente sind in sie ebenso eingegangen wie nihilistische, sozialrevolutionäre oder auch marxistische Versatzstücke. Die Autonomen sind entschlossen, die staatlichen Strukturen der Bundesrepublik zu zerschlagen, da sie den Lebensformen, die sie erstreben, entgegengerichtet sind. Ihr Individualismus ist mit in sich geschlossenen ideologischen Konzeptionen, die auf ein andersartiges Gesellschaftsmodell ausgerichtet sind, unvereinbar. Verschiedene Schwerpunktthemen bilden die Grundlagen für die Diskussionen und Aktionen der autonomen Szene: * Antifaschismus, 86
  • sich für Gewalt gegen Rechtsextremisten und einen "radika len Antifaschismus" aus. Am 5. September nahmen in Würzburg an einer Kundgebung
154 Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 | Linksextremismus Zusammenarbeit grundsätzliche Bereitschaft der Partei, mit gewaltbereiten Auto mit gewaltbereiten nomen zusammenzuarbeiten. So nahmen an dieser Veranstal Autonomen tung neben Angehörigen der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und der Linksjugend ['solid] auch rund 70 Aktivisten der autonomen Szene teil. Aktivisten der Partei wirkten überdies maßgeblich an einer Demonstration gegen Rechtsextremisten am 14. November in München mit. An der Versammlung unter dem Motto "Gegen Rassismus und Nationalismus, gegen Polizeigewalt, für Demokra tie und Versammlungsfreiheit, gegen Krieg und Besatzung" betei ligten sich auch etwa 350 Angehörige der autonomen Szene in Form eines "Schwarzen Blocks". Demonstrationsteilnehmer spra chen sich für Gewalt gegen Rechtsextremisten und einen "radika len Antifaschismus" aus. Am 5. September nahmen in Würzburg an einer Kundgebung unter der Losung "Kein Mensch ist illegal! Abschiebungen ver hindern! Gemeinschaftsunterkünfte schließen!" annähernd 400 Personen teil, darunter Aktivisten der Partei DIE LINKE. und der autonomen Szene. Während der Demonstration skandierten Teil nehmer die Parole: "Staat und Kapital abschaffen - Feuer und Flamme den Abschiebebehörden - Feuer und Flamme für den Staat - Revolution". 1.2 Proteste gegen die Konferenz für Sicherheitspolitik in München Die Konferenz für Sicherheitspolitik in München ist einer der wichtigsten Anlässe für Protestveranstaltungen von Linksextremisten. Es kommt dabei zu einem Zusammenwirken von organisierten und unorganisierten Linksextremisten, aber auch mit nicht extremistischen Organisationen. Linksextremisten gelingt es, auch Demokraten in die Protestveranstaltungen einzubinden.
  • Personen. Die 2009 re gistrierten Gewaltdelikte hatten mehrheitlich einen antifaschistischen Hintergrund und wurden hauptsächlich bei Protestaktionen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen
160 Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 | Linksextremismus mistisch motivierten Gewaltdelikte wieder den größten Teil der politisch motivierten Gewalttaten ausmachen. Gewaltbereitschaft Bei Linksextremisten bilden die Autonomen den weitaus größ der Autonomen ten Teil des gewaltbereiten Personenpotenzials. Ihre gewalt tätigen Angriffe richten sie gegen Sachen und Personen. Die 2009 re gistrierten Gewaltdelikte hatten mehrheitlich einen antifaschistischen Hintergrund und wurden hauptsächlich bei Protestaktionen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Veranstaltungen begangen. Die Taten richteten sich wie in der Vergangenheit aber nicht nur unmittelbar gegen Rechtsextremis Gewalt gegen ten als politischen Gegner. Vielmehr ist auch die Polizei als staat Polizei liches "Repressionsorgan" vermehrt das Ziel linksextremistisch aggressiven Verhaltens. Betroffen hiervon sind insbesondere die zur Gewährleistung des grundgesetzlich geschützten Versamm lungsrechts eingesetzten Polizeibeamten, die Übergriffe verhin dern sollen. Von den 127 Gewalttaten richteten sich allein 61 gegen Polizisten (2008: 66). 2. Ideologie und Strategie 2.1 Wurzeln des Linksextremismus Marxismus Im Spektrum des organisierten Linksextremismus stellt der Marxismus die Hauptströmung dar. Er ist ein Sammelbegriff für verschiedene Theorieansätze und Politikinhalte, die auf die Leh ren von Karl Marx (1818 - 1883) und Friedrich Engels (1820 - 1895) zurückgehen. Ihm liegt eine Sichtweise der Wirklichkeit zugrunde, der zufolge das politische, geistige, kulturelle und sonstige Leben von Gesellschaften durch die ökonomischen Strukturen und Ver hältnisse bestimmt wird. "Wissenschaft Die marxistische Theorie versteht sich dabei als "wissenschaft liche" Anleitung liche" Anleitung zum Handeln. Geleitet von dem Endziel einer zum Handeln klassenlosen Gesellschaft, in der "die freie Entwicklung eines
  • Dritten Reich" begangene Holocaust hat nach Ansicht der Antifaschisten zur Konsequenz, dass bis zur weltweiten Überwindung des Antisemitismus Israel
170 Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 | Linksextremismus Antideutsche Bei den so genannten Antideutschen handelt es sich um eine Strö mung innerhalb des linksextremistischen Spektrums, die im Ge gensatz zu traditionellen Linksextremisten eine klare proisra elische und proamerikanische Haltung vertritt und von einer besonderen Aggressivität eines spezifisch deutschen Faschismus ausgeht. Dieser "deutsche Faschismus" wird mit der deutschen Vergangenheit, insbesondere durch den auf Vernichtung aus gerichteten Antisemitismus begründet. Die Wiedervereinigung wurde daher als Gefahr der Entstehung eines "Vierten Reichs" angesehen. Der im "Dritten Reich" begangene Holocaust hat nach Ansicht der Antifaschisten zur Konsequenz, dass bis zur weltweiten Überwindung des Antisemitismus Israel als einziger Staat eine "Existenzberechtigung" habe. Diese kompromisslose proisraelische Haltung führt dazu, dass auch das außenpolitische Auftreten der USA zum Wohle Israels wohlwollend betrachtet wird. Die Golfkriege und insbesondere die von Palästinensern im Jahr IsraelSolidarität 2000 aufgenommene alAqsaIntifada ließen die IsraelSolidari tät zum zentralen Thema der antideutschen Strömung werden. Die herkömmlich linksextremistische Ansicht, wonach Israel als kapitalistische und imperialistische Besatzungsmacht zum Nach teil des palästinensischen Volkes handelt, wird von der antideut schen Strömung als antizionistisch und antisemitisch verurteilt. Mit der zunehmenden Bedeutung der antideutschen Strömung innerhalb des linksextremistischen Spektrums verstärkte sich dieser Konflikt und führte auch innerhalb der autonomen Szene zu einer inhaltlichen, organisatorischen und aktionistischen Spal tung in proisraelische und propalästinensische Strukturen. Antideutsche bezeichnen den Islamismus als "neuen Faschismus" und sehen das Streben des von ihnen als islamistisch bewerteten Iran nach nuklearen Waffen als die derzeit größte Bedrohung für den Staat Israel. Das antideutsche Politikverständnis zieht zum einen Linksextre misten aus dem revolutionärmarxistischen Spektrum an, die sich an der Lehre von Karl Marx orientieren und Wert auf ideolo gische Ausbildung, z.B. in Form von Seminaren und Vortrags veranstaltungen, legen; zum anderen fühlen sich auch Teile der
  • Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 | Linksextremismus ihrem Selbstverständnis als "Antifaschisten" ergeben. Die zen trale Frage dabei lautet: Richtet sich die Ablehnung
174 Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 | Linksextremismus ihrem Selbstverständnis als "Antifaschisten" ergeben. Die zen trale Frage dabei lautet: Richtet sich die Ablehnung nur gegen Rechtsextremismus oder richtet sich die Ablehnung gegen die Normen und Regeln eines demokratischen Verfassungsstaats als Vorstufe des Faschismus? Antimilitarismus Vor allem im Hinblick auf den Einsatz der Bundeswehr in Afghanis tan, die NATOKonferenzen oder die alljährlich in München statt findende Konferenz für Sicherheit hat das Aktionsfeld Antimilita rismus in der linksextremistischen Szene wieder an Bedeutung gewonnen. Antimilitarismus ist dabei ein klassisches kommunis tisches Agitationsfeld. So beschrieb Karl Liebknecht, dessen Name heute die Parteizentrale der Partei DIE LINKE. in Berlin trägt, im Jahr 1907 in seiner Streitschrift "Militarismus und Anti militarismus" die doppelte Funktion des Militärs. Danach diente es zum einen zur "Durchsetzung kapitalistischer Expansions bestrebungen" und zum anderen zur "Aufrechterhaltung der Aus beutungsstrukturen innerhalb der kapitalistischen Staaten". Die ses Gedankengut lebt in der linksextremistischen Szene weiter; zum Teil wird es aktuell auf die heutige Bundesrepublik Deutsch land umgedeutet. In Deutschland gibt es aktuell wieder Diskussionen über die Rolle des Militärs und die Bedeutung von Systemen kollektiver Sicher heit und Verteidigungsbündnissen. In Initiativen, die die Rolle des Militärs in der Gesellschaft thematisieren, engagieren sich neben Einbindung von Demokraten stets auch Linksextremisten. Letztere versuchen Linksextremisten dabei, Einfluss auf die jeweilige "Friedensbewegung" zu nehmen. Vor allem die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und ihre Vorfeldorganisationen nutzen das Thema, um gegen die Bundes wehr und die NATO zu agitieren. Die linksextremistische Ausrich tung wird auch dann deutlich, wenn öffentliche Gelöbnisse der Bundeswehr unter dem Motto "Gelöbnix" gestört werden. Anti-Globalisierung Der ökonomische, politische und kulturelle Wandel und die da mit einhergehende Veränderung der Gesellschaften und ihrer Lebensbedingungen haben in den letzten Jahren zu einer sich
  • für den Osten keiner "Entschul digung" bedürfe und die "antifaschistischdemokratischen Ver änderungen im Osten Deutschlands und das spätere Bestreben, eine
Verfassungsschutzbericht Bayern 2009 | Linksextremismus 177 Das im Oktober 2003 in Chemnitz verabschiedete und immer Chemnitzer noch gültige Parteiprogramm stellt fest, dass die Partei ein Parteiprogramm Zusammenschluss unterschiedlicher linker Kräfte sei, die - bei allen Meinungsverschiedenheiten - darin übereinstimmten, dass die Dominanz des privatkapitalistischen Eigentums überwunden werden müsse. Dieses Programm beschränkt sich in seiner ideo logischen Zielsetzung für eine sozialistische Ordnung aber nicht nur auf die Eigentumsfrage. Es hält vielmehr am "Manifest der Festhalten am Kommunistischen Partei", der Lehre von Marx und Engels sowie "Manifest der an Rosa Luxemburg fest. Die Partei stellt sich ganz bewusst in die Kommunistischen Tradition der revolutionären kommunistischen Arbeiterbewegung Partei" und wendet sich "aus historischer Erfahrung" entschieden gegen jegliche Form von "Antikommunismus". Eine klare und deutliche Distanzierung vom grundsätzlich demokratiefeindlichen und menschenverachtenden kommunistischen System, dessen Ver suche einer Umsetzung weltweit mit Massenmord und Millionen Toten verbunden waren, findet nicht statt. Die Partei ist in großen Teilen auch weiterhin vom gescheiterten Sozialismusversuch der früheren DDR überzeugt. Der Unrechtsgehalt des SEDRegimes Keine Distanzierung wird durch die Betonung "sozialer Errungenschaften der DDR" vom DDRUnrechts relativiert; es wird dabei hervorgehoben, dass der "Aufbau einer regime besseren Gesellschaftsordnung" für den Osten keiner "Entschul digung" bedürfe und die "antifaschistischdemokratischen Ver änderungen im Osten Deutschlands und das spätere Bestreben, eine sozialistische Gesellschaft zu gestalten" in "berechtigtem Gegensatz zur Weiterführung des Kapitalismus in Westdeutsch land" gestanden hätten. Auch die Verwendung marxistischer Kernbegriffe lässt erken nen, dass die Partei eine ideologische Nähe zum Marxis musLeninismus sucht. Im Besonderen wird in den "Program matischen Eckpunkten" mehrfach Bezug auf die Klasse bzw. den "Klassenkampf" genommen. Das Eckpunktepapier stellt den Vorläufer des geplanten neuen Programms der Partei DIE LINKE. dar und spiegelt wesentliche Ziel und Leitvorstellungen der Partei wider. Dazu gehört das Prinzip des "strategischen Drei ecks", das sich zusammensetzt aus parlamentarischer Opposition und außerparlamentarischem Widerstand sowie "über den Kapitalismus hinausweisende Alternativen". Dementsprechend finden gemeinsame Demonstrationen mit autonomen Gruppen statt.
  • Thema: Wirtschaftsund Finanzkrise..........................237 1.3 Wahljahr 2009 .............................................................................238 1.4 "Antifaschismus" als Aktionsfeld .................................................239 2. Gewaltbereiter Linksextremismus ..........................................239 2.1 Proteste gegen
4.2 "Deutsche Volksunion" (DVU) .....................................................211 4.2.1 Bedeutung innerhalb des deutschen Rechtsextremismus ..........211 4.2.2 Wahlen ........................................................................................213 4.2.3 Aktivitäten ...................................................................................215 5. Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten.............................215 5.1 Organisationsunabhängige rechtsextremistische Verlage in Baden-Württemberg: "GRABERT-Verlag"/"Hohenrain-Verlag" ...215 5.2 "Gesellschaft für freie Publizistik e.V." (GfP) ...............................217 6. Aktionsfelder .............................................................................217 6.1 "Das ist unsere Stunde!" - Rechtsextremistische Positionen zur Finanzund Wirtschaftskrise.................................................217 6.1.1 Rechtsextremistische "Ursachenforschung" in Sachen Finanzund Wirtschaftskrise: Verschwörungsideologien............218 6.1.2 Rechtsextremistische Hoffnungen auf die Finanzund Wirtschaftskrise...........................................220 6.2 Jugendspezifische rechtsextremistische Rekrutierungsmittel anhand zweier Beispiele aus dem Jahr 2009 .............................224 6.2.1 Der JN-Comic "Der große Kampf Enten gegen Hühner" ............225 6.2.2 Die Broschüre "Amalia Hinterwäldlerin vor Gericht und andere Geschichten"...................................................................230 E. LINKSEXTREMISMUS 234 1. Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen.................................235 1.1 Großereignis NATO-Gipfel 2009 .................................................235 1.2 Zentrales Thema: Wirtschaftsund Finanzkrise..........................237 1.3 Wahljahr 2009 .............................................................................238 1.4 "Antifaschismus" als Aktionsfeld .................................................239 2. Gewaltbereiter Linksextremismus ..........................................239 2.1 Proteste gegen den NATO-Gipfel ...............................................240 2.2 "Antimilitarismus-Kampagne" gegen Bundeswehr und NATO ....241 2.3 Kampf gegen "Rechts" ................................................................242 2.4 Reaktion auf polizeiliche "Repression"........................................242 3. Parteien und Organisationen...................................................244 3.1 "DIE LINKE." ...............................................................................244 10
  • auch als Verkleidung, in der sie von der linksextremistischen Antifa und von Sicherheitskräften nicht mehr ohne weiteres als Neonazis erkannt
3.3.1 Äußeres Erscheinungsbild Die Unterschiede der "Autonomen Nationalisten" (AN) zu den übrigen Neonazis bestehen vor allem in Äußerlichkeiten. Gerade aber diese rein äußerlichen Unterschiede bergen nicht nur gegenüber Linksextremisten und der demokratischen Mehrheitsgesellschaft, sondern auch gegenüber weiten Teilen der rechtsextremistischen Szene ein erhebliches Provokationsund Konfliktpotenzial. Denn das äußere Erscheinungsbild der AN ist in erster Linie durch eine Übernahme des Kleidungsstils der linksextremistischen autonomen Szene gekennzeichnet. Bei Demonstrationen treten sie in einheitlicher schwarzer Kleidung auf, tragen Baseballkappen oder Kapuzenpullover, Sonnenbrillen und gelegentlich auch sogenannte Palästinensertücher, letztlich also eine Bekleidung, die nicht nur ein geschlossenes Auftreten in einem "Schwarzen Block" ermöglicht, sondern auch der Vermummung dienen kann. Darüber hinaus sehen AN in ihrer Abkehr vom typischen Neonazi-Outfit noch einen weiteren Vorteil: Diese Kleidung dient ihnen offensichtlich auch als Verkleidung, in der sie von der linksextremistischen Antifa und von Sicherheitskräften nicht mehr ohne weiteres als Neonazis erkannt werden können. AN imitieren linksextremistische Autonome auch terminologischsprachlich und stilistisch. So sind Anglizismen, die von vielen anderen Rechtsextremisten seit jeher als "undeutsch" vehement abgelehnt werden, auf den Transparenten und in sonstigen Propagandamedien "Autonomer Nationalisten" ein gängiges Stilmittel. Auch verbreiten AN antikapitalistische und revolutionäre Parolen (zum Beispiel "Kapitalismus tötet!!!"276), die in ih186 276 Text einer Spuckivorlage auf der Homepage der AG Schwaben vom 9. November 2009.
  • Finanzund Wirtschaftskrise, "Links-Rechts-Auseinandersetzungen" innerhalb des linksextremistischen Aktionsfeldes "Antifaschismus" sowie die Bundestags-, Europaund Kommunalwahlen. BadenWürttemberg war im Jahr
LIN K S E X T R E M IS M U S menschlüssen geprägten Szene nicht auf ein Anwachsen des Personenpotenzials schließen. Die Entwicklung linksextremistisch motivierter Straftaten im Land war in den letzten Jahren zweigeteilt: Während die Zahl der Gewalttaten stark rückläufig war, stiegen die Straftaten insgesamt an. Im Jahr 2009 war für Baden-Württemberg demgegenüber ein deutlicher Anstieg sowohl der Strafals auch der Gewalttaten zu verzeichnen. Ursache dafür dürfte vor allem die Vielzahl szenerelevanter politischer Ereignisse und Themen gewesen sein, so vor allem der NATO-Gipfel, die Demonstrationen am 1. Mai, die Finanzund Wirtschaftskrise, "Links-Rechts-Auseinandersetzungen" innerhalb des linksextremistischen Aktionsfeldes "Antifaschismus" sowie die Bundestags-, Europaund Kommunalwahlen. BadenWürttemberg war im Jahr 2009 erstmals seit Jahren von mehreren schweren linksextremistisch motivierten Gewalttaten betroffen. 1. Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen 1.1 Großereignis NATO-Gipfel 2009 Das zentrale Großereignis des Jahres 2009 war für Linksextremisten der Jubiläums-Gipfel der NATO in Kehl und Straßburg (Frankreich) vom 3. bis 4. April 2009 anlässlich ihres 60-jährigen Bestehens.359 Mobilisierung und Planung zu Gegenaktionen hatten bereits im Frühjahr 2008 begonnen. Hoffnungen, diese Proteste zu einem für die Szene ähnlich bedeutsamen Ereignis werden zu lassen wie die Aktionen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007, erfüllten sich nicht. Die Teilnehmerzahlen lagen unter den Erwartungen. Die "internationale Großdemonstration" am 4. April 2009 stand im Schatten massiver gewaltsamer Ausschreitungen in Straßburg. Nicht nur die Straßenschlachten, sondern vor allem die Inbrandsetzung zweier Gebäude und die Plünderung einer Tankstelle auf französischer Seite trafen in der linksextremistischen Szene selbst auf ein geteiltes Echo. 359 Siehe Kap. E, 2.1. 235
  • erzielte vor allem im Saarland ein herausragendes Wahlergebnis. 362 "Antifaschistische Linke Freiburg": "Wir zahlen nicht für Eure Krise", Internetauswertung
wurde im kapitalistischen System selbst verortet und als Lösung für die Bewältigung der gegenwärtigen Lage die Abschaffung des Systems als solches propagiert. Entsprechend forderten insbesondere autonome Gruppen offen eine "revolutionäre Umwälzung der bestehenden Produktionsund Eigentumsverhältnisse." 362 Einen eigenen Akzent innerhalb der Auseinandersetzung mit der "Krise des Kapitalismus" setzte für Linksextremisten der "Bildungsstreik 2009", dessen Fortsetzung aus dem Jahr 2008 seit Mitte des Jahres auch als eine erste "Gegenbewegung" und als Anzeichen für "sozialen Widerstand" interpretiert wurde. Linksextremisten haben nicht nur zur Teilnahme am "Bildungsstreik" aufgerufen, sondern waren selbst bei den Protesten präsent, haben diese unterstützt und - in regional und örtlich unterschiedlicher Intensität sowie Art und Weise - aktiv gefördert. 1.3 Wahljahr 2009 Linksextremistischen Parteien bot das Wahljahr 2009 reichlich Gelegenheit zu Selbstdarstellung und Eigenwerbung. Zur Bundestagswahl traten die Partei "DIE LINKE.", die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) und die trotzkistische "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG) an. An der Europawahl nahm von diesen vier Parteien nur die MLPD nicht teil. Die Kommunalwahlen in Baden-Württemberg wurden überwiegend von der Partei "DIE LINKE." und mit nur wenigen örtlichen Einzelkandidaturen von der DKP bestritten. Im Ergebnis mussten außer der Partei "DIE LINKE." alle zu den verschiedenen Wahlen angetretenen linksextremistischen Parteien herbe Verluste einstecken, die sich vor allem in absoluten Zahlen zeigten. Es zeigte sich, dass "DIE LINKE." für linksgerichtete Wähler eindeutig am attraktivsten war und diese offenbar auch auf Kosten ihrer Konkurrenten aus dem eigenen Lager zulegen konnte. Das Resultat der Wahlen insgesamt bestätigte die überragende Rolle der Partei "DIE LINKE." im linksextremistischen Parteienspektrum. Bei ohnehin starker Präsenz in den ostdeutschen Bundesländern vermochte sie im Westen ihre Erfolgsserie fortzusetzen und erzielte vor allem im Saarland ein herausragendes Wahlergebnis. 362 "Antifaschistische Linke Freiburg": "Wir zahlen nicht für Eure Krise", Internetauswertung vom 238 2. November 2009.
  • Kein Frieden mit der NATO!" - Communique der "Autonomen Antifa Freiburg" vom 9. April 2009, in: Koraktor
2.1 Proteste gegen den NATO-Gipfel Die massiven Ausschreitungen und die Brandstiftung an Gebäuden in Straßburg während der Proteste gegen den NATO-Gipfel offenbarten ein hohes Maß an Aggression und Zerstörungswut. Wenngleich diese Aktionen nicht ausschließlich militanten Autonomen aus Deutschland zuzuschreiben waren und die Bewertung dieser Vorfälle in der linksextremistischen Szene unterschiedlich ausfiel, gab es beispielsweise aus dem autonomen Spektrum Freiburg Kommentare, die sich in erschreckender Deutlichkeit mit dem Vorgehen der Gewalttäter solidarisierten: "Mögen die Jugendlichen aus der Banlieue (Vorstadt) auch andere Lebenswirklichkeiten als die zugereisten Autonomen haben: Uns eint der Hass auf Staat und Polizei. Der französische Staat wollte in Strasbourg jeden Protest - ob friedlich oder militant - mit Gewalt unterdrücken. Die in einem grenzüberschreitenden Festakt abgefackelten Grenzgebäude sind ein Symbol des Scheiterns dieser Unterdrückungsstrategie, wie die entglaste Militärkaserne ein Symbol des Widerstands gegen die Kriegspolitik der NATO ist. Die Plünderung der Tankstelle war gelebte Enteignung und das niedergebrannte Hotel wird nie wieder Polizei beherbergen. Nur die verdammte Kirche (...) wollte partout nicht brennen."365 Andere Linksextremisten konzentrierten ihre kriminelle Energie auf eine "militante Begleitkampagne" im Vorfeld des NATO-Gipfels, mit der zu den Protesten mobilisiert werden sollte. So ereigneten sich seit Januar 2009 bundesweit acht Brandanschläge, die sich gegen das Postund Logistikunternehmen DHL in seiner Eigenschaft als Zulieferer und damit Unterstützer der Bundeswehr richteten.366 Solche Attacken gegen staatliche oder private Einrichtungen werden häufig von konspirativ agierenden militanten Kleingruppen begangen, die sich in der Regel unter wechselnden Eigenbezeichnungen schriftlich zu ihrer Tat bekennen und diese politisch begründen. 365 "Kein Frieden mit der NATO!" - Communique der "Autonomen Antifa Freiburg" vom 9. April 2009, in: Koraktor vom Mai 2009, S. 15, Übernahme wie im Original. 240 366 Die linksextremistische Szene nennt die DHL "Deutsche Heeres Logistik".
  • herausragendes Beispiel für die anhaltende Gewaltbereitschaft autonomer "Antifaschisten". Anlässlich einer von den "Jungen Nationaldemokraten" (JN), der Jugendorganisation der NPD, angemeldeten
Gruppe namens "autonome antimilitaristen" zu der Tat in Heilbronn. In einer Selbstbezichtigung erklärten sie: "unsere aktion richtet sich gegen diese propagandamaschinerie. bundeswehr und nato sind keine bewaffneten hilfsorganisationen mit humanitärer mission. sie sind mittel der herrschenden zur durchsetzung ihrer 'neuen weltordnung' (...) gegen die militarisierung der gesellschaft und imperialistischen krieg! feuer und flamme für die bundeswehr!"369 Zu dem Brandanschlag in Ulm bekannte sich eine Gruppe unter der Bezeichnung "Engagierte Antimilitarist_Innen". Dazu hieß es: "Ziel dieser Aktion war es nicht nur unserer Ablehnung gegenüber dem vorherrschenden System und dessen Instandhalter ausdruck zu verschaffen, sondern auch um direkt vor Ort gegen Bundeswehr und unterstützende bzw. von Krieg profitierende Firmen vorzugehen und für finanziellen Schaden und Unbrauchbarmachung von Kriegsmaschinen zu sorgen. (...) Bundeswehr an Schulen, Unis und Job-Centern abdrängen! Gegen Aufrüstung nach Innen und Außen! Die Kriegsindustrie lahm legen!"370 2.3 Kampf gegen "Rechts" Im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Rechtsextremisten waren die gewaltsamen Auseinandersetzungen am 1. Mai 2009 in Ulm ein herausragendes Beispiel für die anhaltende Gewaltbereitschaft autonomer "Antifaschisten". Anlässlich einer von den "Jungen Nationaldemokraten" (JN), der Jugendorganisation der NPD, angemeldeten Demonstration kam es zu schweren Ausschreitungen. Bei regelrechten Straßenschlachten wurden nicht nur Rechtsextremisten mit Steinen und Flaschen beworfen, auch Polizeibeamte gerieten in das Visier linksextremistischer Gewalttäter. In Bahnhofsnähe brannten Mülltonnen und mehrere Autos wurden beschädigt. Die Polizei schritt mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken ein und nahm 52 Demonstranten fest. Mehrere Beamte erlitten dabei Verletzungen. 2.4 Reaktion auf polizeiliche "Repression" In der Nacht zum 8. Juni 2009 wurde ein Streifenwagen der Polizei in Freiburg in Brand gesetzt. In einer Erklärung371 zu dem Anschlag hieß es: 369 Übernahme wie im Original. 242 370 Internetauswertung vom 3. Dezember 2009, Übernahme wie im Original. 371 Internetauswertung zuletzt vom 29. Januar 2010 (Fehler und Fettdruck wie im Original).
  • denen sich die "Linksjugend ['solid]" der Öffentlichkeit als ein "antifaschistischer Verband" zu präsentieren versuchte.381 Im Rahmen des Engagements gegen Rechtsextremismus
Kontakte und Zusammenarbeit gab es zu weiteren Linksextremisten: Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2009 wurden auch Kandidaturen der DKP auf Listen der Partei "DIE LINKE." bekannt, so beispielsweise in Mannheim. Dass trotz offizieller Distanzierung auf Bundesund Landesebene eine Zusammenarbeit mit der DKP auf kommunaler Ebene auch in BadenWürttemberg kein Tabu für die Partei ist, zeigte sich unter anderem daran, dass es in Heidenheim zu einer Fraktionsgemeinschaft zwischen beiden Parteien kam. 3.1.3 Beteiligung an Aktionen und Kampagnen Zusammenarbeit mit anderen linksextremistischen oder linksextremistisch beeinflussten Organisationen praktizierte "DIE LINKE." auch im Rahmen ihrer Beteiligung an verschiedenen Protestaktionen. Sie engagierte sich dabei in allen Themenbereichen, die 2009 für das linksextremistische Spektrum relevant waren. Ihr Jugendverband "Linksjugend ['solid]" und die Studentenorganisation "Die Linke. Sozialistisch-Demokratischer-Studierendenverband" ("Die Linke.SDS") stellten dabei die aktivsten Teile der Partei dar. Dies galt etwa für Kampagnen wie "Aufmucken gegen Rechts", mit denen sich die "Linksjugend ['solid]" der Öffentlichkeit als ein "antifaschistischer Verband" zu präsentieren versuchte.381 Im Rahmen des Engagements gegen Rechtsextremismus äußerte sich auf einer "Rock-gegen Rechts"-Veranstaltung in Tübingen/Reutlingen am 20. Mai 2009 ein Vertreter der Jugendorganisation: "Eine Gesellschaft, in deren Mitte rassistische und antidemokratische Einstellungen vorherrschen, bringt Nazis hervor. Das kapitalistische System befördert Konkurrenz, Rassismus und Nationalismus. Deshalb setzen wir uns für eine freie und solidarische Gesellschaft ein. Eine Gesellschaft ohne Rassismus, ohne Grenzen, ohne Nationen."382 Beim "Bildungsstreik 2009" traten "Linksjugend ['solid]" und "Die Linke.SDS" unter den beteiligten linksextremistischen Organisationen am deutlichsten und aktivsten in Erscheinung. Sie unterstützten neben den Protesten vom Sommer 2009 auch die Bildungsproteste in der Woche vom 17. bis 21. November 2009. Ein von "Die Linke.SDS" veranstalteter Kon381 "Landesinfo Baden-Württemberg" Nr. 2 vom August 2009, S. 16. 248 382 Ebd.
  • Kämpfen" (LuK), "REBELL" 404 Hier und im Folgenden: "AntiFa Nachrichten
LIN K S E X T R E M IS M U S "Wenn im 'Heidelberger Sicherheitsforum' über den Krieg nach innen und nach außen diskutiert wird, so ist dies kein 'Ausrutscher', sondern liegt völlig in der Logik der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und gehört zu den unabdingbaren Reaktionen des Kapitalismus auf seine immanenten Krisen." Der Aufruf endete mit der Losung "Gemeinsam gegen Krieg, Militarisierung und kapitalistische Verwertungslogik! (...)". Die VVN-BdA gehörte auch zu den Teilnehmern am Ostermarsch, der aus Anlass des NATO-Gipfels um eine Woche vorverlegt am 4. April 2009 in Kehl stattfand. Zum Ostermarsch zog der Landesgeschäftsführer der VVNBdA Baden-Württemberg eine positive Bilanz. 404 Die NATO habe sich in Kehl und Straßburg selbst feiern wollen: "Geschichte und Charakter eines aggressiven Militärbündnisses sollte als Erfolgsgeschichte der Völkerverständigung, der Friedenssicherung und des Einsatzes für Menschenrechte umgelogen werden. Es sollte Legitimation geschaffen werden für die Kriegsplanungen und Kriege der Zukunft". Stattdessen sei es gelungen, die NATO als ein "System, von dem Gewalt ausgeht und das auf demokratische Rechte pfeift", anzuprangern. Bedauert wurde, dass es seitens der Demonstranten auch zu gewaltsamen Reaktionen gekommen sei. "Unübersehbar" aber sei gewesen, "dass die Gewalt von der NATO, d. h. von Behörden und Polizei" ausgegangen sei. Man habe sie "bereits im Vorfeld herbeigeredet und dann auch herbeiorganisiert", indem der Zugang zur Auftaktkundgebung in Straßburg absprachewidrig versperrt "und dann mitten in die friedliche Menschenmenge Tränengas geworfen" worden sei. 3.4 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Gründung: 1982 Sitz: Gelsenkirchen Mitglieder: ca. 550 Baden-Württemberg (2008: ca. 600) ca. 2.000 Deutschland (2008: ca. 2.300) Publikationen: "Rote Fahne" (RF), "Lernen und Kämpfen" (LuK), "REBELL" 404 Hier und im Folgenden: "AntiFa Nachrichten" Nr. 1 vom Mai 2009, S. 13. 259
  • Roten Hilfe e.V." forderte die sofortige Freilassung eines Stuttgarter "Antifaschisten". Dieser war Anfang Oktober 2009 aufgrund einer vorausgegangenen tätlichen Auseinandersetzung
Proteste bereits zweimal erfolgreich gegen die Urteilsvollstreckung gerichtet hatten, sollte auch diesmal versucht werden, den "geplante(n) staatliche(n) Mord"412 zu verhindern. Aus diesem Anlass veröffentlichte die "Rote Hilfe e.V." im Internet einen von zahlreichen Unterstützern unterschriebenen Aufruf unter dem Motto "Macht Euch bereit für die Notfallproteste!".413 Darin rief sie zur Teilnahme an einer bundesweiten Demonstration am letzten Samstag vor dem voraussichtlichen Hinrichtungstermin vor der US-Botschaft in Berlin auf. Für den dritten Tag nach einer möglichen Bestätigung des Todesurteils war darüber hinaus ein dezentraler Aktionstag geplant, der sich mit Protesten und "Aktionen des zivilen Ungehorsams" gegen Einrichtungen der amerikanischen Regierung und amerikanische Konzerne richten sollte. Sollte die Entscheidung länger auf sich warten lassen, wurde zu einem weltweiten Aktionstag für die Freiheit ABU-JAMALs am 9. Dezember 2009 aufgerufen. Zuvor schon hatte die "Rote Hilfe e.V." zusammen mit dem Berliner "FREE MUMIA Bündnis" eine bundesweite "Infotour" organisiert414, die am 19. September 2009 auch in Karlsruhe Station machte und zugleich als Mobilisierungsveranstaltung zu der avisierten bundesweiten Demonstration in Berlin dienen sollte. Für den 12. Dezember 2009 hatte auch die Ortsgruppe Heidelberg der "Roten Hilfe e.V." eine Aktion unter dem Motto "Ein Leben am seidenen Faden - gegen die Hinrichtung von Mumia Abu Jamal" angekündigt.415 Die Stuttgarter Ortsgruppe der "Roten Hilfe e.V." forderte die sofortige Freilassung eines Stuttgarter "Antifaschisten". Dieser war Anfang Oktober 2009 aufgrund einer vorausgegangenen tätlichen Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten in einer Gaststätte nach "Denunziationen"416 aus dem rechtsextremistischen Spektrum in seiner Wohnung festund in Untersuchungshaft genommen worden. Die Stuttgarter Ortsgruppe der "Roten Hilfe e.V." gehörte auch zu den Organisatoren einer Kundgebung in Stuttgart am 16. Oktober 2009, die sich unter anderem gegen die Verurteilung der Angeklagten im Berliner "mg-Prozess"417 richtete. 412 Internetauswertung vom 28. September 2009. 413 Hier und im Folgenden: Internetauswertung vom 28. September 2009. 414 Internetauswertung vom 28. Oktober 2009. 415 Internetauswertung vom 25. November 2009. 416 Internetauswertung vom 9. November 2009. 264 417 Siehe zu dem Prozess auch Kap. E, 4.3.
  • Sicherheitsforum" auf. In dem Redebeitrag eines Vertreters der linksextremistischen "Antifaschistischen Initiative Heidelberg" (AIHD) während der Auftaktkundgebung hieß es unter anderem
LIN K S E X T R E M IS M U S 4.2 Antimilitarismus In kaum trennbarem Zusammenhang mit den Protesten gegen den NATOGipfel stand die Agitation gegen "Militarismus" und "Krieg". Außer der NATO rückten dabei die deutsche Bundeswehr und der Einsatz in Afghanistan, aber auch Veranstaltungen zu Fragen der militärischen Sicherheit in den Vordergrund. Gegen die Bundeswehr direkt richteten sich mehrere schwere Straftaten (zum Beispiel Brandstiftungen, Sachbeschädigungen). Betroffen waren jedoch auch Unternehmen, die die Bundeswehr logistisch unterstützen oder angeblich vom Afghanistankrieg profitieren. In Heidelberg rief Mitte Mai 2009 ein lokales Bündnis, darunter das linksextremistische "Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg" und die VVN-BdA, zu Protesten gegen das "Heidelberger Sicherheitsforum" auf. In dem Redebeitrag eines Vertreters der linksextremistischen "Antifaschistischen Initiative Heidelberg" (AIHD) während der Auftaktkundgebung hieß es unter anderem: "Offenherzig wird der Rüstungsindustrie ans Herz gelegt, sich die Aufstandsbekämpfung im Innern als neuen Markt zu erschließen und dabei den Weg hin zu Faschismus und Polizeistaat zu ebnen. Es ist legitim und angebracht, diese Gestalten aus dem Gruselkabinett des deutschen Militarismus, die sich heute zur exklusiven Konferenz im 'Crowne-Plaza'-Hotel treffen, als das zu bezeichnen, was sie sind: kaltblütige und menschenverachtende Profiteure von Krieg und Mord. (...) Es geht darum, ihnen ihr blutiges Handwerk zu legen - und das bedeutet eine Gesellschaftsordnung zu stürzen, in der der Mensch nicht mehr wert ist als der Gegenwert der Arbeitskraft, die sich ihm abpressen lässt."426 Vor dem Hintergrund des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan und der anstehenden Abstimmung im Deutschen Bundestag über eine Verlängerung des Truppeneinsatzes wurde unter dem Slogan "KEINE MANDATSVERLÄNGERUNG! BUNDESWEHR UND NATO RAUS AUS AFGHANISTAN!" 427 zur Teilnahme an einer Demonstration am 28. November 2009 in Stuttgart mobilisiert. Der Aufruf wurde auch von der Partei "DIE LINKE.", von der DKP, 426 Internetauswertung vom 26. November 2009, Übernahme wie im Original. 427 Flugblattaufruf. 269
  • Prozesse gegen linksextremistische Gewalttäter, Festnahmen anlässlich von Ausschreitungen bei "antifaschistischen" Demonstrationen, polizeiliche 428 Internetauswertung vom 16. November
der MLPD und der SAV unterstützt. Die linksextremistische "Revolutionäre Aktion Stuttgart" (RAS) rief ihrerseits zur Teilnahme an einem "antikapitalistischen Block" auf. Dabei hieß es: "Ebenso wie Krieg und Besatzung Folge einer nach Kapitalinteressen ausgerichteten Politik sind, ist eine Perspektive jenseits davon nur durch die Überwindung des Kapitalismus möglich (...). Lasst uns den Kriegstreibern zeigen, dass ihre Kriegspolitik mit unserem Widerstand rechnen muss! Engagiert euch gegen den Krieg. (...) Gemeinsam gegen Krieg und Kapitalismus! Für eine revolutionäre Perspektive!"428 Ein Beispiel dafür, auf welch vergleichsweise hohem Konfrontationsniveau die antimilitaristische Agitation von Linksextremisten geführt wurde, war eine Kampagne im Vorfeld des öffentlichen Rekrutengelöbnisses am 20. Juli 2009 vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. In der linksextremistischen Szenezeitschrift "INTERIM" wurde ein sechsseitiges Flugblatt veröffentlicht, in dem unbekannte Autoren offen zu Straftaten gegen Bundeswehrangehörige und deren Eigentum aufriefen. So hieß es: "Dies ist ein eindeutiger Aufruf, Soldatinnen und Soldaten nicht in Ruhe zu lassen, sie anzupöbeln, zu denunzieren, anzugreifen."429 Darüber hinaus wurden anhand abgebildeter Rangabzeichen die Dienstgruppen der Bundeswehr erläutert und gestaffelt "angemessene" Aktionen bis hin zu Gewalttaten empfohlen: "Ab General: Nicht zögern. Reinhauen. Und zwar richtig. Scheiben einhauen, Auto abfackeln, öffentliche Empfänge versauen etc." 4.3 "Antirepression" Prozesse gegen linksextremistische Gewalttäter, Festnahmen anlässlich von Ausschreitungen bei "antifaschistischen" Demonstrationen, polizeiliche 428 Internetauswertung vom 16. November 2009. 270 429 Hier und im Folgenden: INTERIM Nr. 694 vom 26. Juni 2009.
  • Szene auf die eingeleiteten Strafverfolgungsmaßnahmen. Dabei mahnte die linksextremistische "Antifaschistische Aktion Ulm/Neu-Ulm" eindringlich bei der Szene an, "solidarisch gegenüber Genossinnen
"Der Prozess richtet sich gegen Einzelne, gemeint sind wir alle!! Krieg dem Krieg und Feuer der Repression!! Kapitalismus abschaffen, Solidarität aufbauen!!" Nach den Ausschreitungen vom 1. Mai 2009 in Ulm reagierte die autonome Szene auf die eingeleiteten Strafverfolgungsmaßnahmen. Dabei mahnte die linksextremistische "Antifaschistische Aktion Ulm/Neu-Ulm" eindringlich bei der Szene an, "solidarisch gegenüber Genossinnen und Genossen zu handeln", was konkret "Keine Kooperation mit den Behörden!" bedeute.432 Kurze Informationen über die Rechte und Pflichten der Betroffenen im Umgang mit den Strafverfolgungsbehörden endeten mit dem Appell: "Es gibt keine entlastenden oder harmlosen Aussagen! Anna und Arthur halten immer noch das Maul!"433 Das Muster des Umgangs der linksextremistischen Szene mit "staatlicher Repression" besteht traditionell in einer umfassenden Verweigerungshaltung. Gleichzeitig werden "Soli-Partys" veranstaltet "zur Unterstützung der von Repressalien betroffenen Aktivistinnen und Aktivisten".434 Mit den bei solchen Veranstaltungen eingenommenen Geldbeträgen sollen die für die Betroffenen anfallenden Kosten wie vor allem Anwaltsgebühren gedeckt werden. Weiter anhaltenden Widerstand gegen die geplante Änderung des Versammlungsgesetzes dokumentierten zu Beginn des Jahres 2009 einzelne Gewalttaten: In der Nacht vom 2. auf den 3. Januar 2009 wurde das CDUBüro in Rastatt durch Steinwürfe "entglast", wie die Szene das Zerstören von Fensterscheiben bezeichnet. In der Nacht zum 10. Januar 2009 gab es einen Farbbeutelanschlag auf die Fassade des baden-württembergischen Innenministeriums in Stuttgart. Farbanschläge gegen die Fassade des Polizeireviers und des Rathauses der Stadt Bühl am 16. Juli 2009 waren offenbar die Antwort auf eine poli432 Internetauswertung vom 9. Dezember 2009. 433 Übernahme des Fettdrucks wie im Original. 272 434 Internetauswertung vom 9. Dezember 2009.
  • Autonome Antifa Freiburg 240 autonome antimilitaristen 242 Autonome Nationalisten 161, 163, 165f., 174, 177, 184ff., 225 Autonome
Autonome Antifa Freiburg 240 autonome antimilitaristen 242 Autonome Nationalisten 161, 163, 165f., 174, 177, 184ff., 225 Autonome 177, 186, 234, 240, 276f. Autoritarismus 161 Aydar, Zübeyir 122 Az-Zahar, Mahmud 70 Azzam, Abdallah 38 B Babbar Khalsa Germany (B.K.G.) 148 Babbar Khalsa International (BK) 147 Badi, Muhammad, Dr. 61 Bahceli, Devlet 128, 130, 132 Befreiungsarmee von Kosovo (UCK) 142 Befreiungseinheiten Kurdistans (HRK) 112, 117 Bewaffnete Einheiten der Armen und Unterdrückten (F.E.S.K.) 142 Bewegung des Islamischen Widerstands siehe HAMAS Bewegung für eine albanische sozialistische Republik in Jugoslawien (LRSSHJ) siehe Volksbewegung von Kosovo Bin Ladin, Usama 53 Black Tigers 150 Blue Max 167, 200 Blutrausch 167 Borgfeldt, Wolfgang (alias Siddiq, Muhammad) 59 Botschaft des Islam 36 Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) 197 C Carpe Diem 167, 194 Celebrity Centre 281 Celik, Ahmet 121 335
  • desinformieren". Der Linkspartei wurde vorgeworfen, "den Kreistag für ... antifaschistische' Propaganda [zu] missbrauchen", um "uns Deutsche als ganzes Volk [zu] diffamieren
Rechtsextremistische Parteien DVU und NPD Der Eklat aus Sicht Appels bestand letztendlich darin, dass er als eingeladenes Kreistagsmitglied "ohne Angabe von Gründen vom Veranstalter aus dem Saal des Bürgerzentrums verwiesen" wurde.1 Begleitet wurde Appels Aktion mit einem Flugblatt des NPD-Kreisverbandes Oberhavel ("Ein Bombenleger und Anti-Demokrat kann niemals ein Vorbild sein!"). Das NPD-Mitglied Andreas Rokohl begleitete diese Veranstaltung von außen. Er trug Schilder mit den Namen der Opfer des Bombenattentats um den Hals. Als sich jemand über diese Aktion beschwerte, soll Rokohl laut erwidert haben: "Dich hat man damals vergessen". Wegen Beleidigung wurde Rokohl am 11. Januar 2011 zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.750 Euro verurteilt. Seit 1996 ist der 27. Januar nationaler "Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus". Die NPD, die regelmäßig den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß "ehrt", hat damit offenkundig Probleme. Sie spricht daher vom "Holotag". Zwar befasste sich der Kreistag Oder-Spree am 27. Januar 2010 nicht mit diesem Ereignis, trotzdem veröffentlichten die drei NPDKreistagsmitglieder Klaus Beier, Manuela Kokott und Andreas Kavalir über die Internetseite der NPD Oderland einen aufschlussreichen "Protestbrief". Darin wehren sie sich "auf das Schärfste gegen den Versuch", den Kreistag "durch scheinheilige Gedenkrituale mit parteipolitisch einseitiger Belegung zu instrumentalisieren und mit diesem Trick die Öffentlichkeit zu desinformieren". Der Linkspartei wurde vorgeworfen, "den Kreistag für ... antifaschistische' Propaganda [zu] missbrauchen", um "uns Deutsche als ganzes Volk [zu] diffamieren". "Einen derartigen rassistisch motivierten Angriff" wolle die NPD nicht hinnehmen. Schließlich wurde die Frage nachgeschoben, "ob denn jetzt evtl. der Landrat, die Kreistagsvorsitzende oder gar die Fraktionsvorsitzenden wegen 'unterlassener Hololeistung' zur Rechenschaft gezogen werden. Also Frau Knobloch: übernehmen Sie!" Dass ihre angebliche Bürgernähe letztlich doch nur rassistisch motiviert ist, bewies die NPD in einer Stellungnahme am 24. März 2010. Im Zusammenhang mit der Kommunalisierung des Rettungsdienstes im Landkreis Oder-Spree titelte sie auf ihrer Homepage "Rettungsdienst bleibt in deutscher Hand". 1 Der Schreiner Georg Elser verübte am 8. November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller ein Bombenattentat auf Hitler. Da dieser den Saal früher als geplant verließ, wurden acht Personen getötet und 63 verletzt, 16 davon schwer. Auf Befehl Hitlers wurde Elser am 9. April 1945 im Konzentrationslager Dachau getötet. 31