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"links or rechts" in den Verfassungsschutz Trends
  • sich bestenfalls noch als Aufruf zur Schaffung paralleler Rechtsstrukturen beschreiben lassen, fanden sich bis zuletzt in dem vereinseigenen Sprachrohr
men, oder nicht? Letztere, kann man leicht merken, helfen nur bei der weiteren Verbreitung der Verbrechen. Das defekte Körperglied muss amputiert werden, damit der Rest des Körpers gesund bleibt!" 31 Neben derartigen Aufforderungen zu einer Strukturierung der geltenden sozio-politischen Ordnung nach islamischen Maßgaben, die sich bestenfalls noch als Aufruf zur Schaffung paralleler Rechtsstrukturen beschreiben lassen, fanden sich bis zuletzt in dem vereinseigenen Sprachrohr des IIZ immer wieder Beiträge, die, wie in salafitischen Kreisen üblich, auf die Schaffung konkreter Freund-Feind-Denkmuster hinweisen. In einer Ausgabe der Zeitschrift "Denk mal islamisch" (DmiZ)32 stellt ein anonym schreibender Verfasser fest, dass es wohl nur noch eine Frage der Zeit sei, bis sich "die Muslime in Deutschland öffentlich durch Merkmale wie ein gelbes Zeichen auf einer Armbinde kennzeichnen müssen." An anderer Stelle spricht der Autor sogar von einer "versteckten Rassenverfolgung" und von "ethnischen Säuberungen". Die Behörden (in Deutschland), so wird weiter ausgeführt, würden "Ängste und Hass unter der Bevölkerung schüren". Nur weil Deutschland keine Truppen in den Irak gesandt habe, heiße das nicht, dass dieses Land nicht in diesen Kampf eingetreten sei. Deutschland sei Teil "im Kampf gegen den Islam". Die "deutsche Regierung sei Diener der Kriegsherren". Das geschürte Feinbild "Westen" wird mit gegenwärtigen Krisenregionen in der islamischen Welt in Verbindung gebracht. Die westlichen Länder brächten weder dem Irak noch Afghanistan noch sonst einem Land Freiheit und Gerechtigkeit, da sie nämlich selber keine hätten. Als Beleg dafür wird ein beliebter Vers aus dem Koran angeführt, der beweisen soll, dass die Muslime schon zur Zeit des Propheten vor den Juden und Christen gewarnt wurden: "Mit dir werden weder die Juden noch die Christen zufrieden sein, bis du ihrem Bekenntnis folgst." Kann diese religiös unterlegte "Dämonisierung des Feindes", die sich in der einseitigen Darstellung des Leides der islamischen Welt als vom Westen verursacht niederschlägt, schon auf internationaler Ebene zu schweren Zerwürfnissen im Rahmen der Völkerverständigung führen, so richten sie auf gesellschaftlicher Ebene umso größeren Schaden an. Die Stigmatisierung breiter gesellschaftlicher Gruppen als "feindselig", weil unislamisch, geht fast immer mit isolationistischen Tendenzen einher. Daraus resultiert nicht nur das Infragestellen des politischen Systems, sondern auch die Ächtung der eigenen Bevölkerung, die zu hassen als eine gottesgefällige Tat erschei31 Ebd., S. 120ff.; Übernahme wie im Original. 32 DmiZ, Ausgabe 22, S. 1ff. 44
  • Anschläge stehen - abweichend vom Vorjahr - nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden linksextremistische türkische Organisationen (Z> 3.3.2). 1995 wurde die Mehrzahl der Anschläge
Der drastische Anstieg von Brandanschlägen von 1994 auf 1995 (von 56 auf 188) hat sich erfreulicherweise nicht verfestigt. Die Vorjahreszahl hat sich um 68 auf nunmehr 120 im Jahre 1996 vermindert. Gleichwohl bedeutet dieses Ergebnis gegenüber den 7 Jahren von 1988 - 1994 immer noch eine Steigerung. Allein 50 Brandanschläge wurden im Zusammenhang mit Hungerstreiks in der Türkei verübt. Hinter der überwiegenden Zahl dieser Anschläge stehen - abweichend vom Vorjahr - nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden linksextremistische türkische Organisationen (Z> 3.3.2). 1995 wurde die Mehrzahl der Anschläge der PKK (O 3.2.2) zugerechnet. Gewalttaten und sonstige Gesetzesverletzungen 1995 1996 Tötungsdelikte 1 1 Versuchte Tötungsdelikte 0 1 Sprengstoffansch läge 1 1 Brandanschläge * 188 120 Summe der schweren Gewaltakte 190 124 Freiheitsberaubungen 4 13 Raub/Erpressung ** 13 44 Körperverletzungen 19 23 Landfriedensbrüche *** 15 27 Sachbeschädigungen mit erhebl. Gewaltanwendung 30 24 Nötigungen 12 14 Summe der sonstigen Gewaltakte 93 145 Gewalttaten insgesamt ^BJT*PS^M Gewaltandrohungen 31 15 Sonstige Gesetzesverletzungen 276 260 Insgesamt 590 544 *) umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln **) hohe Dunkelziffer bei Spendengelderpressungen ***) z.T. mit Körperverletzungen (1995 mind. 7, 1996 mind. 9) und Tötungsversuchen (1995: 1) In Hamburg ist die Zahl der Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund von 30 (1995) um 10 % auf 27 zurückgegangen (Diagramm: nächste Seite). In Hamburg wurden insgesamt 8 Brandanschläge gezählt (1995: 14). Sie richteten sich u.a. gegen Einrichtungen türkischer Organisationen, Reisebüros, und Vereinsräume. Allein 4 davon fanden im Januar als Reaktion auf Gefangenenmeutereien statt, die in der Türkei mehrere Todesopfer forderten. Die Urheber sind u.a. der DHKP-C 3 3.3.2.1) und den TKP-ML-Flügeln (O 3.3.2.3 und 3.3.2.4) zuzuordnen. Auf Hintergründe und Einzelheiten wird in den nachfolgenden Kapiteln - im Kontext mit den beschriebenen Organisationen - eingegangen. 213
  • dagegen die etwa 10.000 in Deutschland lebenden Anhänger der linksextremistischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Ihr bundesweites Sympathisantenumfeld beläuft sich auf etwa
Irak" (KPI) zusammengeschlossen sind. Dazu gehören die "Demokratische Partei Kurdistans-Irak" (DPK), die den Nordteil des Iraks zur Türkei hin beherrscht, und die "Patriotische Union Kurdistans" (PUK), die bisher im Süden des Nordiraks an der Grenze zum Iran politischen Einfluß beansprucht. Die KFI erstrebt einen föderativdemokratischen Teilstaat Kurdistan in einem Bundesstaat Irak. Sie streiten jedoch um die Vorherrschaft in der Region. Ende August flammten unter ihnen erneut Kämpfe auf, in die sich iranische Streitkräfte auf Seiten der PUK und irakisches Militär auf Seiten der DPK eingemischt haben sollen. Mit irakischer Hilfe gelang es der DPK, die PUK aus der Provinzhauptstadt Erbil zu vertreiben und vorübergehend fast das gesamte nordirakische Kurdengebiet zu kontrollieren. Mitte Oktober eroberte die PUK den größten Teil der verlorenen Gebiete zurück. Trotz Waffenstillstands schwelt der Konflikt weiter. Von Anhängern der DPK und PUK sind in Deutschland bisher keine Gewalttaten ausgegangen. Einen föderativen Staat Kurdistan innerhalb der Türkei erstrebt die marxistisch-leninistischen Idealen folgende "Sozialistische Partei Kurdistans" (PSK). Sie ist in Deutschland durch etwa 400 Anhänger des " KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan " vertreten. Diesem Dachverband gehört in Hamburg der " Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V. " an. "KOMKAR" ist bisher ebenfalls nicht militant aufgefallen. Äußerst militant agierten in der Vergangenheit dagegen die etwa 10.000 in Deutschland lebenden Anhänger der linksextremistischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Ihr bundesweites Sympathisantenumfeld beläuft sich auf etwa 50.000 Personen. Dem Hamburger Einzugsbereich werden etwa 500 PKK-Anhänger zugerechnet. Unter ihrem Gründer und mit diktatorischer Macht ausgestatteten Generalsekretär Abdullah ÖCALAN kämpfte die PKK anfänglich für einen sozialistisch geprägten Staat "Großkurdistan", sprach zeitweilig aber von der Errichtung eines autonomen Gebietes innerhalb der Türkei. Sie sieht sich als legitime Vertreterin des gesamten kurdischen Volkes. 1984 eröffnete der bewaffnete Flügel der PKK, die " Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK, damals: HRK) in der Südosttürkei einen militärischen - zum Teil terroristischen - Guerillakampf gegen den türkischen Staat. Bei uns tritt die PKK durchweg unter der Fahne ihrer Propagandaorganisation "Nationale Befreiungsfront Kurdistans " (ERNK) auf. Am 26.11.93 wurde gegen PKK und ERNK durch den Bundesminister des Inneren ein Betätigungsverbot erlassen. Eine Reihe von Nebenund Teilorganisationen wurde verboten und aufgelöst, darunter die Dachorganisation "FEYKA-Kurdistan". Im März 1994 entstand ein neuer Dachverband, die "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V." (YEK-KOM), der Funktionen der verbotenen "FEYKA-Kurdistan " übernommen hat. In Hamburg ist das " Kurdistan Volkshaus e. V. " Mitgliedsverein dieser Föderation. 215
  • März hatte eine Person aus dem Spektrum deutscher autonomer Linksextremisten eine Demonstration in Bonn anläßlich des "Internationalen Frauentages" - Motto: "Freiheitfür
staltung wurde verboten. Beide Verbote lösten - trotz ÖCALANs seinerzeitigen Interview-Drohungen - keine gewalttätigen Reaktionen aus. Für den 9. März hatte eine Person aus dem Spektrum deutscher autonomer Linksextremisten eine Demonstration in Bonn anläßlich des "Internationalen Frauentages" - Motto: "Freiheitfür Kurdistan! Für einen weltweiten revolutionären Frauen/Lesbenbefreiungskampß'" - angemeldet. Deutsche "Autonome Frauen/Lesbengruppen" wollten sich beteiligen. Tatsächlich bestritt die PKK-Frauenorganisation " Union der freien Frauen aus Kurdistan " (YAJK) diese Demonstration mit 1.200 bundesweit angereisten Personen (90% Frauen und Kinder) überwiegend kurdischer Volkszugehörigkeit. Unter ERNKund PKK-Fahnen bzw. sonstigen verbotenen Symbolen skandierten die Teilnehmer Parolen wie "Ich bin PKK!". Fahnenträgerinnen wurden systematisch von einigen Männern und Frauen mit Kinderwagen abgeschirmt. Der Versuch, über die Veranstalterin auf die Teilnehmer der Demonstration einzuwirken, blieb wirkungslos. Als die Polizei die verbotenen Gegenstände beschlagnahmen wollte, wurde sie mit Flaschen, Dosen und Pflastersteinen beworfen und mit Tränengas, Stangen und Brettern attackiert. 12 Polizeibeamte wurden erheblich verletzt. Eine ursprünglich für Hamburg am 16. März geplante Großdemonstration, die auf das Streben der Kurden nach staatlicher Autonomie und auf die o.g. Waffenstillstandserklärung hinweisen sollte, wurde nach Dortmund verlegt. Unter dem Eindruck der eine Woche zuvor in Bonn gewalttätig verlaufenen Frauendemonstration wurde für Dortmund ein - von der PKK ignoriertes - Versammlungsverbot erlassen. Europaweit mobilisierte Kurden versuchten, den verbotenen Demonstrationsort zu erreichen. An Grenzübergängen von und nach Belgien und den Niederlanden kam es zu erheblichen gewalttätigen Auseinandersetzungen. Polizeikräfte wurden brutal von knüppelbewaffneten PKK-Anhängern angegriffen und verletzt. Drei Dienstwaffen wurden entwendet. Zwei Beamte erlitten schwere Kopfverletzungen. Trotz Abriegelungen erreichten rund 2.000 Kurden ihr Dortmunder Ziel, wo Polizeieinsatzkräfte u.a. mit Pflastersteinen attackiert wurden. Es wurden Brandanschläge auf ein Reisebüro und ein Postamt verübt. Die Polizei erteilte 2699 Platzverweise, nahm 1166 Personen in Gewahrsam und 284 vorläufig fest. Am Hamburger ZOB trafen sich am späten Vorabend rund 275 Personen. Da lediglich 5 Busse in Richtung Dortmund abfuhren, blieben rund 100 unfreiwillig zurück, die in einem Aufzug Richtung Steindamm marschierten und dabei mit Steinwürfen auf Polizeibeamte zielten. 30 Personen wurden in Gewahrsam und 3 festgenommen. Am 16. März kehrten rund 200 überwiegend jugendliche PKK-Anhänger mit Bussen aus Richtung Dortmund zurück. Zusammen mit bereits am ZOB anwesenden Kurden bildeten sie einen Demonstrationszug, der friedlich verlief. Abends formierte sich ein "Spontanaufzug" vor dem "Rote Flora "-Zentrum. Etwa 50 zum Teil Vermummte - überwiegend Deutsche - liefen durch das Schanzenviertel, skandierten Parolen gegen das "PKK-Verbot", verteilten Flugblätter und klebten Plakate mit dem ERNK-Symbol. 217
  • Vermischung oder Unterwanderung mit bzw. durch deutsche und türkische Linksextremisten war hier seltener zu beobachten. Als Dachorganisation für Europa fungiert
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG ganisation intern mit illegalen Kaderstrukturen und mit Blick auf öffentliche Aktivitäten über nicht vom Betätigungsverbot umfasste legale Verbandsund Vereinsstrukturen. AUF EINEN BLICK * Regionen und Gebiete * Dachverbände PKK-naher Vereine * Weitere Teilorganisationen * PKK-nahe Medien * Weiteres Umfeld der PKK im Nahen Osten Regionen und Gebiete | Die PKK teilt Deutschland in neun Regionen mit insgesamt 31 Gebieten ein, wobei jede Region von einem konspirativ tätigen Führungskader geleitet wird, dessen Verwendung meistens zeitlich begrenzt ist. Mittels örtlicher kurdischer Vereine steuert die PKK sowohl Informationen als auch verschiedene Vorgaben an ihre Anhänger. Dachverbände PKK-naher Vereine | Als Dachverband der PKK-nahen Vereine in Deutschland fungiert die Almanya'daki Mezopotamya Topluluklar Konfederasyonu (KON-MED, Konföderation der Gemeinschaften Mesopotamiens in Deutschland). Ihr gehören fünf Föderationen an, darunter die FCDK-KAWA mit Sitz in Darmstadt. Gemessen am Mobilisierungspotenzial befand sich in Frankfurt am Main und in Darmstadt die größte kurdische Community in Hessen mit Bezug zur PKK. Im Unterschied zu Kassel, Gießen (Landkreis Gießen), Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) und Frankfurt am Main agierten die PKK-Anhänger in Darmstadt weitgehend autark. Eine signifikante Vermischung oder Unterwanderung mit bzw. durch deutsche und türkische Linksextremisten war hier seltener zu beobachten. Als Dachorganisation für Europa fungiert der KCDK-E. Weitere Teilorganisationen | Darüber hinaus trugen weitere Teilorganisationen die Aktivitäten der PKK: * Propagandabzw. Frontorganisation (politischer Arm): Koordinasyona Civaka Demokratik a Kurdistan (CDK, Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft), Sitz unbekannt. * Tevgera Ciwanen Soresger (TCS, Bewegung der revolutionären Jugend). * Jinen Ciwanen Azad (Bewegung junger Frauen). * Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V. (Civika Azad). * Heyva Sor a Kurdistane (HSK, Kurdischer Roter Halbmond). * Yekitiya Xwendekaren Kurdistan (YXK, Verband der Studierenden aus Kurdistan). 278 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • fast ausschließlich Kurden, nur wenige Deutsche - sowie vereinzelte Anhänger linksextremistischer türkischer Organisationen. Die konkreten Erfahrungen am 15. Juni haben gezeigt
deutende Ansammlungen von Kurden in anderen Städten, wo die Polizei intensive Vorkontrollen durchführte. Anläßlich des 2. Jahrestages der Selbstverbrennung zweier PKK-Aktivistinnen demonstrierten am 22. März rund 150 Personen in Mannheim. Nach Aufforderung durch die Polizei wurden mitgeführte PKK-Fahnen eingerollt. Ein vorwiegend von deutschen Organisationen gebildetes Aktionsbündnis "Frieden jetzt" rief zu einer Großdemonstration am 15. Juni in Hamburg auf. Dem Bündnis gehörten kirchliche, gewerkschaftliche und andere demokratische Funktionsträger sowie sonstige Einzelpersonen an. Auch Personen und Organisationen aus PKK-nahen Zusammenhängen waren im Aktionsbündnis vertreten. Das Veranstaltungsmotto lautete: " Frieden jetzt! - Für die Beendigung des Krieges und ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben des kurdischen und türkischen Volkes ". Kurdische Sprecher erwarteten von der Demonstration Unterstützungsimpulse für die Friedensbewegung in der Türkei. Sie sollte sich durch einen betont friedlichen Verlauf grundlegend von vorangegangenen Konfrontationen zwischen kurdischen Demonstranten und deutscher Polizei unterscheiden. Das Veranstaltungskomitee rief die gesamte demokratische Öffentlichkeit und alle Kurden dazu auf, auf einer " sensiblen, verantwortungsbewußten undfriedlichen Basis" zu demonstrieren. Dieses Ziel wurde erreicht. In Deutschland lebende kurdische Teilnehmer reisten überwiegend aus den westlichen Bundesländern an. Dänische Kurden wurden von dänischen Grenzbeamten an der Ausreise gehindert und reagierten darauf u.a. mit Blockadeaktionen. Die Hamburger Polizei zählte rund 37.000 Demonstranten - fast ausschließlich Kurden, nur wenige Deutsche - sowie vereinzelte Anhänger linksextremistischer türkischer Organisationen. Die konkreten Erfahrungen am 15. Juni haben gezeigt, daß innerhalb der Demonstrationsleitung maßgeblich das PKK-Spektrum Ablauf und Gestaltung der friedlichen Demonstration bestimmte. Die Teilnehmer verhielten sich äußerst diszipliniert. Allerdings wurden zahlreiche verbotene Symbole gezeigt. Die PKK hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren auf breiter Front durch zielgruppenorientierte Einflußorganisationen Zugang zu gesellschaftlichen, beruflichen und kulturellen Bezugsgruppen unter der kurdischen Bevölkerung verschafft. Auch in Sportvereine wurden Gefolgsleute eingeschleust und in Vorstandsfunktionen gebracht. Zu einem für den 20. Juli in München geplanten Fußballturnier zu Ehren eines als Märtyrer verehrten Gefallenen der PKK hatten sich 16 kurdische Fußballvereine angesagt. Es wurden etwa 1.500 Teilnehmer und Besucher aus dem Inund Ausland erwartet. Trotz eines Veranstaltungsverbotes, stellte die Polizei insgesamt etwa 1.000 Angereiste fest, die vereinzelt PKK-Parolen anstimmten. Eine Straßenblokkade (40 Personen) wurde durch vorläufige Festnahme von 23 Personen beendet. In den Fahrzeugen von 3 Personen fanden sich Materialien zur Herstellung von Molotowcocktails. 219
  • Neumünster ein kurdischer Jugendlicher im Streit mit rechtsgerichteten Türken erschossen worden. Ihm zu Ehren fand am 7. September eine Gedenkveranstaltung
Vor 12 Jahren hatte die ARGK (damals als HRK) ihren bewaffneten Kampf in der Türkei begonnen. Anläßlich des Jahrestages (15. August) veröffentlichte die der PKK nahestehende Zeitung "Özgür Politika" am 14. August eine Erklärung der ERNK, daß "das kurdische Volk weiterhin den psychologischen und terroristischen Angriffen des internationalen Imperialismus" ausgesetzt sei. Sie drohte sehr direkt mit "entschlossenen Kampfformen in Europa ", deutete zugleich aber auch diplomatische Initiativen an. Die Ambivalenz dieser Ankündigungen entsprach der wiederholt gepflegten PKK-Praxis, sich je nach Bedarf und anlaßbezogen wechselweise mit Drohgebärden oder eher friedlichen Tönen in Szene zu setzen. Im Gegensatz zur verbalen Drohkulisse verliefen die bundesweit angesetzten ARGK-Jahrestagsveranstaltungen ohne schwerwiegende Auseinandersetzungen. In Hamburg hatte die PKK-Jugendorganisation " Union der Jugendlichen aus Kurdistan" (YCK) für den 11. August ein Grillfest mit einem Laufwettbewerb im Stadtteil Harburg geplant, das u.a. wegen schlechter Witterung ausfiel. An einem vom ERNK-Bezirk Hamburg organisierten "Familienpicknick" im Volkspark Altona (18. August) beteiligten sich 500 - 700 Erwachsene und Kinder friedlich und ohne Zwischenfälle. 1995 war in Neumünster ein kurdischer Jugendlicher im Streit mit rechtsgerichteten Türken erschossen worden. Ihm zu Ehren fand am 7. September eine Gedenkveranstaltung in Neumünster statt, an der etwa 3.500 PKK-Anhänger und Sympathisanten der Partei teilnahmen. Sie skandierten PKK-Parolen und zeigten mehrere Fahnen mit Symbolen der verbotenen PKK. Einige verbrannten eine türkische Flagge. Bei Vorkontrollen hatte die Polizei Schlagwerkzeuge und eine Schreckschußpistole sichergestellt. Trotz spürbarer Aggressivität und Erregung der Teilnehmer befolgten sie im wesentlichen zuvor mit der Polizei getroffene Absprachen. Das diesjährige kurdische "Friedensfestival" am 21. September im Köln-Müngersdorfer Stadion sollte an die Tradition des früheren "Kurdistan-Festivals" anknüpfen. Initiator war die "Initiative Appell von Hannover c/o medico international, Frankfurt/M. " Der europaweiten Mobilisierung folgten rund 60.000 Menschen, die friedlich für ein Ende des Krieges in Kurdistan demonstrierten. Sie forderten u.a., das Verbot kurdischer Organisationen in Deutschland aufzuheben. Von der Bundesregierung verlangten sie politischen Druck auf die Türkei, damit dort die Menschenrechte geachtet und antikurdische Sondergesetze aufgehoben würden. In einer telefonischen Live-Übertragung kritisierte der PKK-Vorsitzende zwar das Vorgehen deutscher Strafverfolgungsbehörden, bemühte sich jedoch um Mäßigung, indem er u.a. auf demokratische Formen der politischen Auseinandersetzungen verwies. Die Veranstaltung hatte Volksfestcharakter. Allerdings wurden auch hier verbotene Symbole gezeigt. Am 24. September brach im Hochsicherheitsgefängnis der südosttürkischen Stadt Diyarbakir eine Gefängnisrevolte aus, in deren Verlauf mindestens 11 Häftlinge, zumeist PKK-Angehörige, ums Leben gekommen sein sollen. Hintergrund war eine beabsichtigte Umquartierung von Gefangenen, die angeblich Abmachungen mit der Ge220
  • ./22. November in Hamburg nahmen - zum Teil linksextremistisch beeinflußte - deutsche und ausländische Gruppen zum Anlaß, um mit demonstrativen Aktionen für
fangnisverwaltung widersprach. Vor diesem Hintergrund fanden am 28. September im Bundesgebiet Protestdemonstrationen statt. In Bremen forderten 800 Personen friedlich "Freiheitfür politische Gefangene" und "Stopp mit den Massakern in türkischen Gefängnissen"An Berlin protestierten 750 Menschen unter dem Motto "Massaker an Häftlingen in türkischen Gefängnissen". In Stuttgart versammelten sich 250 Kurden zu einer Spontandemonstration "Gegen das Massaker in Diyarbakir". Es wurden kurdische Parolen und vereinzelt PKK-Rufe skandiert sowie eine PKK-Fahne gezeigt. Dabei fiel auf, daß die Akteure sich bemühten, Konflikte mit Sicherheitskräften zu vermeiden, PKK-Anhänger sich mit verbotenen Parteisymbolen zurückhielten. 3.2.2.2 Hungerstreikaktionen und Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen Vom 3.24. Juni traten mutmaßliche PKK-Anhänger in Bonn in einen Hungerstreik, um ihre "Solidarität mit den hungerstreikenden Gefangenen in der Türkei und in Kurdistan" zu bekunden. Anmelder war ein Vorstandsmitglied des Bonner "Kurdistan-Centrums e. V. ". Hintergrund war ein Mitte April von politischen Gefangenen in türkischen Gefängnissen begonnener Hungerstreik für die Verbesserung ihrer Haftbedingungen. Ein "Solidaritätskomitee mit den Hungerstreikenden" informierte per Flugblatt, Hunderte von Kurden befänden sich in Bonn, Brüssel, London, Genf und Stockholm zur Unterstützung der hungerstreikenden Gefangenen in den türkischen Gefängnissen im Solidaritätshungerstreik. In den türkischen Gefängnissen stünden Folterungen, Repressalien und sonstige Angriffe auf der Tagesordnung. Der türkische Staat verweigere den vom PKK-Vorsitzenden ÖCALAN angebotenen Dialog für eine politische Lösung der Kurdenfrage. Nach wie vor werfen insbesondere Menschenrechtsorganisationen türkischen Behörden vor, politisch mißliebige Personen zu verschleppen. Seit Mai 1995 organisierten insbesondere im Istanbuler Stadtteil Taksim betroffene "Mütter der Verschwundenen" vor dem dortigen "Galatasaray-Gymnasium" Protestveranstaltungen. Die Idee wurde später auch in westeuropäischen Ländern mit ähnlichen Protestaktionen aufgegriffen. In Hamburg begannen entsprechende Samstagsaktionen Ende Juli jeweils am Bahnhof Altona. Die türkischen und kurdischen Frauen nannten sich ebenfalls "Samstagsmütter". Anläßlich eines Staatsbesuches des türkischen Staatspräsidenten DEMIREL in Deutschland trafen sich etwa 30 Personen aus dem Umfeld der Hamburger "Samstagsmütter" im Zusammenwirken mit Personen einer deutschen Kurdistan-Solidaritätsgruppe am 5. November zu einer friedlichen Kundgebung auf dem Rathausmarkt. Die Innenministerkonferenz am 21./22. November in Hamburg nahmen - zum Teil linksextremistisch beeinflußte - deutsche und ausländische Gruppen zum Anlaß, um mit demonstrativen Aktionen für eine politische Lösung der Kurdistan-Frage einzureten. PKK-Anhänger führten am 22. November in der Nähe des Konferenzortes eine 221
  • standen vermutlich im Zusammenhang mit der Niederschlagung von Gefängnisrevolten linksgerichteter Häftlinge in türkischen Gefängnissen. Ab 16. März folgten bundesweit insgesamt
Versammlung durch. Die Anmeldung hatte die deutsche Solidaritätsgruppe "Freunde des kurdischen Volkes" übernommen. Zwei weitere Aktionen sollten ebenfalls in der Nähe des Konferenzortes bzw. vor dem Untersuchungsgefängnis Holstenglacis stattfinden. Eine davon ging von der von Deutschen getragenen "Kurdistan-Solidarität Hamburg" aus. Auf der Innenministerkonferenz sollten auch Fragen des 1993 verhängten PKK-Verbotes erörtert werden. Die Versammlungen verliefen mit insgesamt nur etwa 180 Teilnehmern friedlich. Für den 7. Dezember plante die PKK im Hinblick auf den Tag der Menschenrechte (10. Dezember) eine bundesweite zentrale Veranstaltung in Köln. Zu einem Schweigemarsch wurden 25.000 Personen erwartet. Die Veranstaltung sollte von deutschen Unterstützern angemeldet werden. Nach einer Verschiebung auf den 14. Dezember und Verlegung des Versammlungsortes nach Bonn wurde die Veranstaltung verboten. Entgegen früher vielfach obligaten militanten Reaktionen auf Versammlungsverbote akzeptierten die Veranstalter das Verbot und hielten sich an den von ÖCALAN vorgegebenen friedfertigen Kurs. 3.2.2.3 Bombendrohungen, Anschläge und Barrikaden Den im Jahresverlauf registrierten Beispielen von Mäßigung ging in den ersten Monaten noch eine Zuspitzung von Gewaltvorkommnissen voraus. In der Nacht zum 8. Januar ging bei der Telefonauskunft der Telekom in Bonn eine gegen die türkische Botschaft gerichtete Bombendrohung ein, der allerdings keine Tatausführung folgte. Am frühen Morgen desselben Tages verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf den türkischen Kulturverein in Singen/Baden-Württemberg. Am Tatort wurde eine der PKK zugeordnete Fahne gefunden. In Mannheim wurden an diesem Tag von unbekannten Tätern zwei Brandsätze gegen ein türkisches Reisebüro geschleudert. Auch hier wurde eine PKK-Fahne gefunden. Die Anschläge standen vermutlich im Zusammenhang mit der Niederschlagung von Gefängnisrevolten linksgerichteter Häftlinge in türkischen Gefängnissen. Ab 16. März folgten bundesweit insgesamt 16 Brandanschläge - zumeist mit Molotowcocktails - die teils im Zusammenhang mit dem bevorstehenden kurdischen " Newroz "-Fest, teils auch mit Maßnahmen deutscher Sicherheitsbehörden gegen die PKK gestanden haben dürften. Bis auf zwei Ausnahmen waren stets deutsche Einrichtungen betroffen. In verschiedenen Städten, auch in Hamburg, errichteten unbekannte Täter im Zusammenhang mit dem "Newroz"-Y=est brennende Barrikaden auf Straßen, wobei bevorzugt Autoreifen und Müllcontainer angezündet wurden. Die Täter dürften in den Reihen der PKK und/oder deutscher Unterstützerkreise zu suchen sein. 222
  • Afghanistan (1979 bis 1989) entstanden. Damals hatte ein Rechtsgelehrter palästinensischer Abstammung, Abdallah AZZAM (1941 bis 1989), eine Internationalisierung des Djihad
Islamismus die Ansicht, dass von einem strategischen Blickwinkel aus betrachtet die Islamisierung der Gesellschaften einhergehend mit der Etablierung eines transnational übergreifenden Staatswesens nicht mehr nur mit friedlichen Mitteln erfolgen könne. Das Weltbild der Djihadisten basiert in Anlehnung an mittelalterliche Schriften auf einer Zweiteilung der Welt. Einerseits gäbe es Gebiete, wo die Scharia praktiziert würde und daher Gerechtigkeit und Frieden vorherrschen würden (Dar al-Islam). Andererseits würden weite Teile der Welt Gebiete umfassen, in denen "Ungläubige" lebten, die als Feinde gelten und denen auf Grund ihrer unislamischen Lebensweise prinzipielle Verachtung entgegen zu bringen sei (Dar al-Harb oder Dar al-Kufr). Von dieser GrundKampf gegen die haltung ausgehend könne zwischen "Ungläubigen" und den "wahren Mus"Ungläubigen" limen", d.h. Anhängern der eigenen Glaubensauslegung, keine gleichberechtigte Koexistenz herrschen. Andersdenkende werden zu Menschen zweiter Klasse degradiert, wobei sie allenfalls als ein Objekt gezielter Missionsarbeit betrachtet werden, was als Djihad angesehen wird. Dieser Djihad wird gemäß der Salafi-Djihadi-Interpretation, die im bewaffneten Kampf das einzige Mittel sieht, islamische Maßstäbe und Bestimmungen verbindlich durchzusetzen, mit maximaler Gewalt geführt. Hierin unterscheidet sich der Djihadismus geringfügig von anderen salafitischen Strömungen, die mit diesem zwar die Zielsetzung und damit die Islamisierung der Menschheit wie auch die Feindbilder, nämlich den Westen und seine Verbündeten, teilen, jedoch in Fragen der Gewaltanwendung Differenzen aufweisen. Ebenso wie Djihadisten betrachten alle anderen salafitischen Richtungen den Djihad im Sinne eines bewaffneten Kampfes als integrativen Bestandteil der Religion des Islam. Unterschiede erwachsen weniger aus exegetischen Kontroversen als vielmehr auf Grund von taktischen Erwägungen bei der Beurteilung der jeweiligen Situation.16 Die Übergänge können hier sehr fließend sein. Die Salafi-Djihadi-Strömungen sind als ein Produkt des Krieges gegen die sowjetische Besatzung in Afghanistan (1979 bis 1989) entstanden. Damals hatte ein Rechtsgelehrter palästinensischer Abstammung, Abdallah AZZAM (1941 bis 1989), eine Internationalisierung des Djihad herbeigeführt, indem er den bewaffneten Kampf zu einer persönlichen und individuellen Glaubenspflicht eines jeden Muslims erklärte, um alle Feinde aus der islamischen Welt (Dar al-Islam) zu vertreiben: "Wenn der Feind [sc. die Ungläubigen] die Grenzen 16 Internetauswertung vom 3. Mai 2007. 27
  • etwa 1.000 Personen geschätzt, bundesweit auf gut 28.000. 3.3.2 Linksextremisten 3.3.2.1 DHKP-C Die DHKP-C {"Devrimci Halk Kurtulus Partisi
  • besiegelten Spaltung der "Devrimci Sol" (Kürzel: Dev Sol, "Revolutionäre Linke") hervorgegangen. Die ursprüngliche Dev Sol - so auch heute noch
Integration in Deutschland ansässiger Moslems entgegen. Der besonders durch aggressive Polemik auffallende islamistische sog. KAPLAN-Verband (ICCB) ist in sich zerstritten und gespalten. Er besitzt in Hamburg keinen Stützpunkt. Die vom ICCB abgespaltene "Islamische Bewegung" (IH, O 3.3.3.2) betreibt im Stadtteil Wilhelmsburg eine Moschee. Das Mobilisierungspotential islamistischer türkischer Organisationen läßt sich schwer eingrenzen, zumal davon auszugehen ist, daß ihre Einrichtungen von Besuchern aufgesucht werden, für die religiöse und soziale Betreuung im Vordergrund steht. In Hamburg wird die engere Anhängerschaft unverändert auf etwa 1.000 Personen geschätzt, bundesweit auf gut 28.000. 3.3.2 Linksextremisten 3.3.2.1 DHKP-C Die DHKP-C {"Devrimci Halk Kurtulus Partisi -Cephesi / Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front") ist neben der THKP/-C (O 3.3.2.2) aus einer Anfang 1993 begonnenen und Ende 1994 auch in einer unterschiedlichen Namensgebung besiegelten Spaltung der "Devrimci Sol" (Kürzel: Dev Sol, "Revolutionäre Linke") hervorgegangen. Die ursprüngliche Dev Sol - so auch heute noch die DHKP-C - versteht sich als eine am Marxismus-Leninismus orientierte Volksbewegung, die auf dem Wege einer bewaffneten Revolution das türkischen Staatsgefüge zerschlagen will. Seit ihrer Gründung im Jahr 1978 bis heute hat sie in der Türkei durch Schußwaffenund Sprengstoffanschläge - insbesondere auf Personen des öffentlichen Lebens - die türkischen Sicherheitskräfte ständig herausgefordert. Nach einer Serie gewalttätiger Ausschreitungen in Deutschland im Jahre 1982 ist die Dev Sol hier seit Februar 1983 verboten, zählt aber ungeachtet ihrer Spaltung und trotz einer im Vergleich zur PKK nur begrenzten Mitgliederzahl (etwa 1.200) inzwischen wieder zu den gefährlichsten der in Deutschland operierenden türkischen Gruppierungen. Die Spaltung der Organisation war Anfang 1993 durch Differenzen um die Person ihres bis dahin unumstrittenen Leiters, Dursun KARATAS, ausgelöst worden. Ein Teil der Organisation warf und wirft ihm bis heute u.a. Führungsfehler sowie Verrat vor und bildete einen oppositionellen Flügel. Der von zahlreichen gegenseitigen Gewalttaten zwischen den rivalisierenden Lagern bis hin zu Tötungsdelikten begleitete Spaltungsprozeß hatte sich nachfolgend auf allen Ebenen sowohl in der Türkei als auch in Europa vollzogen. Unter den derzeit etwa 1.200 Mitgliedern beider inzwischen verselbständigten Parteien in Deutschland überwiegt die Anhängerschaft des KARATAS-Flügels - der jetzigen DHKP-C. Letztere tritt seit Mitte 1995 manchmal mit dem 230
  • weiter "Devrimci Sol", vorübergehend auch "Devrimci Sol Gücler" ("Revolutionäre Linke Kräfte"). Seit Herbst 1994 treten sie vermehrt unter der für
  • Türkei sofort bis nach Deutschland ausstrahlen. Anhänger linksextremistischer türkischer Organisationen in der Bundesrepublik fühlen sich von Ereignissen in der Heimat
tung, den Kräfteverhältnissen und zu den andauernden internen Rivalitäten in Deutschland wird auf die Ausführungen unter 3.3.2.1 verwiesen. Die Gegner des KARATAS-Flügels DHKP-C, zunächst nach ihrem im März 1993 in der Türkei erschossenen Führungsfunktionär als YAGAN-Flügel bezeichnet, nannten sich anfangs selbstbewußt weiter "Devrimci Sol", vorübergehend auch "Devrimci Sol Gücler" ("Revolutionäre Linke Kräfte"). Seit Herbst 1994 treten sie vermehrt unter der für größere Klarheit bei öffentlichen Auftritten sorgenden Bezeichnung THKP/-C auf. Damit griffen die Abspalter auf die alte historische Bezeichnung der Ursprungsorganisation zurück, aus der "Devrimci Sol" Anfang der siebziger Jahre in der Türkei hervorgegangen war. Gelegentlich ist der Abkürzung THKP/-C der Zusatz " Devrimci Sol" angehängt. Unter den in Hamburg dem Komplex Dev Sol insgesamt zugerechneten weniger als 100 Personen überwiegen - anders als in der bundesweiten Gegenüberstellung - Anhänger der THKP/-C. Mit gegenseitigen Bestrafungsund Einschüchterungsaktionen versuchen seit geraumer Zeit die beiden Lager, sich hier gegeneinander zu behaupten, wobei Gewaltaktionen in erster Linie von DHKP-C - Anhängern ausgehen. Durch das rabiate Vorgehen der KARATAS-Anhänger in Hamburg könnte die hiesige Anhängerschaft der THKP/-C allmählich in die Defensive gedrängt werden. Am 13. Mai kam es zu den bereits bei der DHKP-C ( 3 3.3.2.1) beschriebenen Auseinandersetzungen. Der Vorfall zeigt, daß sich THKP/-C und DHKP-C in ihrer grundsätzlichen Gewaltbereitschaft in nichts nachstehen. Angesichts der in einem Ballungsraum wie Hamburg hohen Wahrscheinlichkeit, daß Anhänger der rivalisierenden Organisationen in ihren sich ohnehin überschneidenden Wohnund Versammlungsumfeldern aufeinandertreffen, sind gewaltsame Zusammenstöße gleichsam vorprogrammiert. Daran ist besonders bedenklich, daß einzelne Personen mit Schußwaffen ausgerüstet sind. Auch am Beispiel der THKP/-C zeigte sich das Jahr über wieder deutlich, wie politische Vorkommnisse in der Türkei sofort bis nach Deutschland ausstrahlen. Anhänger linksextremistischer türkischer Organisationen in der Bundesrepublik fühlen sich von Ereignissen in der Heimat direkt mitbetroffen bzw. herausgefordert. Sie reagieren darauf äußerst sensibel sofort mit offenen und organisierten Protesten oder - zumeist nächtlichen - Anschlägen und Überfällen. Im Zeitalter moderner weltumspannender elektronischer Nachrichtenmedien ist die räumliche und zeitliche Distanz zwischen der Türkei und Deutschland dabei so gut wie bedeutungslos geworden. Auf das unter 3.3.2.1 erwähnte Hintergrundgeschehen in der Türkei (u.a. Gefangenenmeutereien mit mehreren Toten und Verletzten) reagierten auch Anhänger der THKP/-C in Hamburg. Am 6. Januar blockierten zunächst etwa 40 - 50 Personen im Hamburger Flughafen den Schalter einer türkischen Fluglinie, wenige Stunden später 234
  • EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG TÜRKISCHER LINKSEXTREMISMUS Sonstige Beobachtungsobjekte Neben der PKK gab es in Hessen weitere Organisationen, die einen bedeutenden Teil
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG TÜRKISCHER LINKSEXTREMISMUS Sonstige Beobachtungsobjekte Neben der PKK gab es in Hessen weitere Organisationen, die einen bedeutenden Teil des Spektrums im Phänomenbereich Extremismus mit Auslandsbezug bildeten. Die wichtigsten von ihnen sind unten aufgeführt. AUF EINEN BLICK * Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi (DHKP-C, Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) Gründung und Ideologie Strukturen - Anhängerpotenzial Solidarität mit "politischen Gefangenen" Aktivitäten von Grup Yorum Bewertung/Ausblick * Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist (TKP/ML, Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten) Entstehung und Ideologie - Mitgliederpotenzial Strukturen Parteijubiläum "30. Jugend-, Kunstund Kulturfestival" Kongresse in Frankfurt am Main Gedenkveranstaltungen "Gefangenensolidarität" Bewertung/Ausblick * Marksist Leninist Komünist Parti (MLKP, MarxistischeLeninistische Kommunistische Partei) Entstehung und Ideologie Strukturen - Anhängerpotenzial Veranstaltungen - Kampagne "Jugend gegen Krieg und Krise" Bewertung/Ausblick * Demokratik Isci Dernekleri Federasyonu e. V. (DIDF, Föderation Demokratischer Arbeitervereine e. V.) Entstehung und Ideologie - Anhängerpotenzial Strukturen Veranstaltungen "Frieden jetzt sofort!" Bewertung/Ausblick Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 281
  • Zitaten, die nicht den aktuell gültigen Regeln der deutschen Rechtschreibung entsprechen, wurde die Originalschreibweise beibehalten. Hervorhebungen wurden ebenfalls beibehalten. Redaktionsschluss
VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2024 IMPRESSUM (r) KLIMAPRINT CO2-NEUTRALISIERUNG DURCH ÖKOLOGISCHE WALDPROJEKTE Impressum Herausgeber Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg Willy-Brandt-Straße 41, 70173 Stuttgart Design & Layout orelunited Werbeagentur GmbH Fritz-Reuter-Straße 18, 70193 Stuttgart www.orelunited.de Druck PFITZER GmbH & Co. KG Benzstr. 39, 71272 Renningen Auflage 3.200 Exemplare Zitate In Zitaten, die nicht den aktuell gültigen Regeln der deutschen Rechtschreibung entsprechen, wurde die Originalschreibweise beibehalten. Hervorhebungen wurden ebenfalls beibehalten. Redaktionsschluss 31. März 2025 Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers - ISSN 0720-3381 256 257
  • beteiligte sich - gemeinsam mit Personen in den Phänomenbereichen Linksextremismus und Extremismus mit Auslandsbezug - an Kundgebungen und Demonstrationen. Dabei ist davon
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG Main ihren 16. Zentralkongress ab und wählten verschiedene Gremien neu: das Zentralkomitee, den Rat und die Delegierten für den Generalkongress der ATIK. Weitere Themen waren die 30-jährige Geschichte der Frauenorganisation und die daraus zu ziehenden politischen Schlussfolgerungen. Vom 23. bis 24. April fand in den Räumlichkeiten des ATIF-Vereins in Frankfurt am Main der Generalkongress der ATIK statt. Neben Grußworten, Jahresberichten und Neuwahlen wurde über die Anerkennung der Ermordung von Armeniern als Völkermord gesprochen. Gedenkveranstaltungen | Anlässlich des 50. Todestags von Deniz Gezmis, Yusuf Aslan und Hüseyin Inan, die am 6. Mai 1972 in einem türkischen Gefängnis hingerichtet worden waren, führte die TKP-ML mehrere organisationsinterne Gedenkveranstaltungen, unter anderem in Darmstadt, Frankfurt am Main und Offenbach am Main, durch. Da es sich, so die ANF News, um bedeutende "revolutionäre Führer der 68er-Bewegung in der Türkei" handelt, beteiligten sich weitere Organisationen wie MLKP und DIDF an den Veranstaltungen. Zudem wurde der "Märtyrer" mit Beiträgen im Internet gehuldigt und dazu aufgerufen, in ihre Fußstapfen zu treten. So hieß es auf der Internetseite der MLKP: "Deniz Gezmis war ein beispielhafter Revolutionär, der sein Leben der Sache des Sozialismus gewidmet hatte". "Gefangenensolidarität" | Wie in der Vergangenheit solidarisierten sich die ATÄdegF und ihre Unterorganisationen mit ihren vorrangig in der Türkei inhaftierten "politischen Gefangenen". Um mehr Aufmerksamkeit zu erlangen, rückte die ATIF traditionell einen medienwirksamen Sachverhalt in den Mittelpunkt ihrer Solidarisierung: Im Berichtsjahr war dies der Fall Ecevit Piroglu, der aufgrund eines türkischen Haftbefehls nach Serbien geflüchtet war, wo er sich nunmehr in Auslieferungshaft befand. Dort trat er in einen Hungerstreik, um seine Auslieferung zu verhindern. In diesem Kontext kam es bundesweit, auch in Frankfurt am Main, zu Solidaritätskundgebungen für Piroglu, an denen jedoch nur wenige Personen teilnahmen. Bewertung/Ausblick | Verschiedene Jubiläen im Berichtsjahr boten den Angehörigen der TKP-ML eine besondere Plattform, um sich mit ihrer Organisation zu identifizieren. Besonders in Frankfurt am Main verstärkte die ATIK ihre Aktivitäten und beteiligte sich - gemeinsam mit Personen in den Phänomenbereichen Linksextremismus und Extremismus mit Auslandsbezug - an Kundgebungen und Demonstrationen. Dabei ist davon auszugehen, dass die TKP-ML weiterhin das Vorgehen der Türkei in den kurdischen Siedlungsgebieten thematisieren und für entsprechende Proteste nutzen wird. 286 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • Türkei gegründet. Ideologisch ist sie dem dogmatischen Linksextremismus verhaftet und beschreibt sich als "Teil der antifaschistischen Bewegung in Deutschland". Faschismus
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG Im Mai startete Young Struggle die Kampagne "Jugend gegen Krieg und Krise" und kritisierte vor allem das Vorhaben eines 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr als einen "Schritt zur Aufrüstung und Militarisierung der deutschen Außenpolitik". Dies sei zugleich ein "Schlag ins Gesicht aller Schüler:innen und jungen Arbeiter:innen, für deren Gesundheit, Bildung und Freizeitangebote die BRD nie genug Geld hatte": "Besonders wir [...] sind betroffen von den zurück gehenden Sozialausgaben, von der Streichung von Subventionen für Zug Tickets bis zu den völlig maroden und unterfinanzierten Schulen und Berufsschulen, die Sparpolitik des Staates trifft uns alle in unserem Alltag". (Schreibweise wie im Original.) Young Struggle forderte unter anderem: "Nein zu jedem imperialistischen Krieg - ein Ende des Einmarschs Russlands in die Ukraine, ein Ende der kriegerischen Politik der NATOStaaten und ihrer Verbündeten in Kurdistan, Syrien, Palästina, Jemen, usw. [...] Milliarden in die Pflege, in die Bildung und in den Klimaschutz statt für Krieg und Aufrüstung; [...] Auflösung aller imperialistischen Bündnisse - ob NATO oder EU, die eine aggressive imperialistische Politik weltweit, aber vor allem aktuell in Osteuropa, ausüben!" Bewertung/Ausblick | Mit ihrer Themenauswahl, in der sich einige weltweite Krisenpunkte widerspiegelten, versuchten die MLKP und ihre Unterorganisationen Anschluss an die Mitte der Gesellschaft zu finden. Das galt vor allem für die Jugendorganisation Young Struggle, die sich im Kontext sozialer und bildungspolitischer Herausforderungen gezielt an "Schüler:innen, Student:innen und junge Arbeiter:innen" im Rahmen deren Alltagsbewältigung wandte. Demokratik Isci Dernekleri Federasyonu e. V. (DIDF, Föderation Demokratischer Arbeitervereine e. V.) Entstehung und Ideologie - Anhängerpotenzial | Die DIDF wurde 1980 in Deutschland als Dachverband von Arbeitervereinen aus der Türkei gegründet. Ideologisch ist sie dem dogmatischen Linksextremismus verhaftet und beschreibt sich als "Teil der antifaschistischen Bewegung in Deutschland". Faschismus begreift die DIDF dabei im marxistischen Sinne und sieht eine enge Verknüpfung zwischen "Kapitalismus" und "Faschismus". Die DIDF stellt die Wirtschaftsordnung in Deutschland und damit auch die politische Ordnung in Frage. Behörden, Justiz, Politik, Polizei und Medien wirft die DIDF einen strukturellen Rassismus vor, der dazu diene, die "Arbeiterklasse" zu 288 - Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022
  • erheblicher Veranstaltungszulauf dem breiten Umfeld sympathisierender bzw. ähnlich orientierter linksextremistischer türkischer Organisationen zuzuschreiben war. 3.3.3 Islamisten 3.3.3.1 Islamische Gesellschaft Neue
Im Januar und im Juni/Juli beteiligten sich MLKP-Anhänger in verschiedenen deutschen Städten an zahlreichen Protestaktionen vor dem Hintergrund der in den Kapiteln 3.3.2.1 bis 3.3.2.4 und 3.3.4 angesprochenen Gefängnisrevolten und Hungerstreiks in der Türkei. Zu dem breiten Repertoire der Aktionsformen gehörten Brandanschläge auf türkische Reisebüros, zu denen sich im Wechsel die Stammorganisation oder die Abspalter gemeinschaftlich mit der DHKP-C (O 3.3.2.1) bekannten, nämlich zu je einem Anschlag am 5. Januar in Dortmund (MLKP) und am 19. Juni in Berlin (KP/IÖ). In Hamburg beteiligten sich MLKP-Anhänger an Demonstrationen von jeweils etwa 20 Türken vor dem Türkischen Generalkonsulat am 5. Januar und 3. Mai. Die letztgenannte Aktion fand aus Protest gegen das Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte bei 1. Mai-Kundgebungen in Istanbul statt. Aus demselben Anlaß folgte am 11. Mai die Demonstration eines türkischen "Komitees gegen außergerichtliche Hinrichtungen". Unter den etwa 200 Demonstranten marschierten zahlreiche MLKP-Anhänger gemeinsam mit Anhängern von DHKP-C und TKP-ML (beide Flügel). An einem zeitweise unfriedlich verlaufenen Autokorso durch den Stadtteil Altona unter dem Tenor "Menschenrechte - Gedenken an die Verstorbenen des Hungerstreiks in der Türkei" nahmen am 3. August ebenfalls MLKP-Anhänger teil. Etwa die Hälfte von einem Dutzend beteiligter Fahrzeuge kam aus dem Hamburger Umland. Bemerkenswert ist das trotz relativ geringer Anhängerschaft vorhandene hohe Mobilisierungspotential der Organisation. So besuchten etwa 3.000 Personen aus dem Inund Ausland am 9. November in Köln das MLKP-"Kulturfestival". Selbst unter Berücksichtigung zahlreicher Familienmitglieder der engeren Anhängerschaft ist anzunehmen, daß ein erheblicher Veranstaltungszulauf dem breiten Umfeld sympathisierender bzw. ähnlich orientierter linksextremistischer türkischer Organisationen zuzuschreiben war. 3.3.3 Islamisten 3.3.3.1 Islamische Gesellschaft Neue Weltsicht e.V. (IGMG) Die vereinsrechtlich getrennten Organisationen IGMG (MG = "MUH Görüs", d.h. "Neue Weltsicht") und EMUG {"Europäische Moscheenbauund Unterstützungsgemeinschaft e. V. ") sind 1995 aus der AMGT (" Vereinigung der Neuen Weltsicht in Europa") hervorgegangen. Sie arbeiten im Sinne der politisch-religiösen Ziele der Vorläuferorganisation. Die EMUG verwaltet den nicht unerheblichen Immobilienbesitz der ehemaligen AMGT, die IGMG nimmt sich der religiösen, sozialen und kulturellen Belange der Mitglieder und Sympathisanten an. Mit der IGMG/EMUG verbindet sich neuerdings eine besondere Note, weil sie in enger Verbindung und inhaltli240
  • pluralistischen Demokratie und zu den Werten eines demokratischen Rechtsstaates. Unter Berufung auf Vorgaben des Islam behauptet die IGMG/EMUG, eine allen
Auch die Nachfolger der AMGT streben mittelfristig danach, die laizistische - auf Trennung von Staat und Religion bedachte - türkische Regierungsform zu beseitigen und in der Türkei einen theokratischen Staat zu errichten. Langfristig richten sich solche Absichten gegen "ungläubige " Staaten auf der gesamten Welt. Bestrebungen, als Verfassungsgrundlage und Maßstab staatlichen Handelns ausschließlich den Koran zuzulassen, begründen erhebliche Zweifel an verbalen bzw. formalen Bekenntnissen zur pluralistischen Demokratie und zu den Werten eines demokratischen Rechtsstaates. Unter Berufung auf Vorgaben des Islam behauptet die IGMG/EMUG, eine allen Muslimen obliegende Toleranz gegenüber Andersdenkenden zu praktizieren. Tatsächlich vertritt sie aber in ihren Veröffentlichungen Positionen, die westliche Länder, insbesondere aber den Staat Israel, verunglimpfen und als Bedrohung darstellen. Diese anti-zionistische Haltung vollzieht sich in einer Weise, die dem Gebot religiöser Toleranz und dem Gedanken der Völkerverständigung widerspricht. Antisemitische Polemik erscheint im Gegensatz zu früher seit einiger Zeit nicht mehr in den Verbandspublikationen. Ein Artikel im IGMG-Sprachrohr, der Tageszeitung "MUH Gazete" vom 13. August, behandelte das Treffen der G7-Staaten im August. In scharfer Form wurden die teilnehmenden Staaten u.a. als "siebenarmige Krake" angegriffen. Nicht die eigentlichen Volksvertreter verhandelten über wesentliche Wirtschaftsbelange, sondern "Strohmänner der Freimaurer", die den "zionistischen Zentralen" dienten. Zwielichtige Entscheidungen seien getroffen worden, indem darüber diskutiert worden sei, "wie die Weltherrschaft der Ausbeutung, die auf Blut und Rachsucht aufgebaut wurde...", aufrechterhalten werden könne. Der Zionismus wolle die gesamte Menschheit jüdischer Herrschaft unterordnen und auf der Erde ein konkurrenzloses israelisches Imperium schaffen. Die G7-Staaten würden dabei zum Erreichen der "Geheimen Weltherrschaft " eingesetzt. Die weiter expansionsbedachte IGMG/EMUG ist mit erheblicher Finanzkraft ausgestattet. Dieses belegen u.a. Grundstückskäufe sowie neu errichtete bzw. gegründete Moscheen, wodurch sie ihre Präsenz sichtbar verstärkt hat. Zugleich baute die Organisation in den vergangenen Jahren mittels verschiedener Zielgruppenorganisationen (für Jugendliche, Frauen, Wissenschaftler, Studenten) ihren Einfluß deutlich aus. Der Bereich Hamburg ("Hamburg Bölgesi") umfaßt knapp 20 Moscheen in einer Region, die Schleswig-Holstein und Niedersachsen einschließt. Als "Moschee" gilt auch schon ein für diesen Zweck hergerichteter, den Gläubigen der Umgebung zugänglicher Wohnraum (Gebetsraum). Mehrere dieser Moscheen werden von der IGMG/EMUG-nahen "Gesellschaft der türkischen Arbeiter in Hamburg und Umgebung zur Gründung und Erhaltung einer Moschee e. V. " betrieben. Die "Zentralmoschee" (Merkez Camii) liegt in der Böckmannstraße im Stadtteil St. Georg. Der gesamte regionale Bereich Hamburg betreut schätzungsweise 3.000 Mitglieder, der Stadtbereich 242
  • auch mit Nichtextremisten zusammen. Wie auch bei anderen türkischen linksextremistischen Organisationen war eine zunehmende Vernetzung mit anderen Organisationen - etwa
  • setzten sich die DIDF und ihre Jugendorganisation für die Rechte von Arbeitnehmern ein. Beide forderten zudem mehr Geld für Bildung
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG spalten und die gegenwärtigen Besitzverhältnisse zu zementieren. In Hessen verfügte die DIDF etwa über 350 Anhänger. Strukturen | In Hessen bestanden Vereine der DIDF in Darmstadt, Frankfurt am Main, Hanau (Main-Kinzig-Kreis), Kassel und Rüsselsheim (Kreis Groß-Gerau). Die DIDF-Jugend war der Mutterorganisation zwar angegliedert, agierte jedoch unabhängig von den lokalen DIDF-Vereinen. Jugendvertretungen existierten neben den oben genannten Vereinen in Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) und Gießen (Landkreis Gießen). Dabei lag der Schwerpunkt der Tätigkeit der DIDF in Hessen bei Vereinen und Gruppen in Frankfurt am Main, Hanau und in Mittelhessen. Veranstaltungen | In vielen Ortsvereinen gab es regelmäßige Treffen von Mitgliedern, sodass von deren starker Bindung an die Organisation auszugehen ist. Die DIDF, besonders die DIDF-Jugend, führte im Berichtsjahr eine Vielzahl von Veranstaltungen durch. Diese reichten von Diskussionsrunden, Gedenkund Protestveranstaltungen bis hin zu Kundgebungen und Demonstrationen, wobei diese vermehrt unter Beteiligung von Gewerkschaften, Parteien (darunter die DKP), Bündnissen und Initiativen stattfanden. Ziel der DIDF war es, "alle antifaschistischen Kräfte" zu bündeln. Vor diesem Hintergrund arbeitete die DIDF anlassbezogen sowohl mit Extremisten als auch mit Nichtextremisten zusammen. Wie auch bei anderen türkischen linksextremistischen Organisationen war eine zunehmende Vernetzung mit anderen Organisationen - etwa der SDAJ - zu erkennen; darunter befanden sich auch andere extremistische Strukturen. Verstärkt setzten sich die DIDF und ihre Jugendorganisation für die Rechte von Arbeitnehmern ein. Beide forderten zudem mehr Geld für Bildung und eine Verbesserung der Lernumgebung und führten selbst Veranstaltungen zu politischen Themen durch. Die DIDF organisierte regelmäßig kulturell ausgerichtete Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, teilweise als Familienveranstaltungen in Form von Festen. Darüber hinaus organisierte die DIDF Lesungen, Konzerte und Theatervorführungen für ihre Mitglieder. Letztlich dienten solche (Freizeit-)Angebote der organisatorischen, aber auch der ideologischen Bindung der DIDF-Angehörigen und darüber hinaus der potenziellen Gewinnung neuer Anhänger. Ebenso positionierte sich die DIDF "gegen Gewalt an Frauen", votierte für eine "Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes" und kritisierte die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von steigenden Energiekosten und Inflation. In der Erklärung "Energiepreise einfrieren, Preiserhöhungen stoppen!" vom 22. September hieß es: Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 289
  • gezielter sowohl mit deutschen nichtextremistischen als auch mit anderen linksextremistischen Organisationen in Kontakt zu kommen und sich als "verlässliche
  • engagierte" Partnerin für Organisationen und Personen im politisch linken Spektrum zu präsentieren. Wiederkehrende Kontakte im extremistischen Spektrum waren vor allem
EXTREMISMUS MIT AUSLANDSBEZUG Aktivitäten, unterstützende Aufrufe zu Aktionen oder auch gemeinsam durchgeführte Veranstaltungen versuchte die DIDF, sich gezielter sowohl mit deutschen nichtextremistischen als auch mit anderen linksextremistischen Organisationen in Kontakt zu kommen und sich als "verlässliche und engagierte" Partnerin für Organisationen und Personen im politisch linken Spektrum zu präsentieren. Wiederkehrende Kontakte im extremistischen Spektrum waren vor allem an relevanten Jahrestagen, zum Beispiel zur DKP, zu beobachten. EXTREMISTISCHE STRAFUND GEWALTTATEN MIT AUSLANDSBEZUG Im Vergleich zu den beiden letzten Jahren stieg die Gesamtzahl der Strafund Gewalttaten an, allerdings kam es 2022 im Fünfjahreszeitraum von 2018 bis 2022 erstmals zu keiner Gewalttat. Auch war die Anzahl der Sachbeschädigungen und Nötigungen/Bedrohungen sehr gering. Offensichtlich bemühten sich die Gruppierungen im Phänomenbereich Extremismus mit Auslandsbezug darum, keinen Hessischer Verfassungsschutzbericht 2022 - 291

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