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"antifa" in den Verfassungsschutz Trends
  • zwei Berliner Politikern um gezielte so genannte "Anti-Antifa-Aktivitäten" gehandelt haben. Die Geschädigten sollten eingeschüchtert und ihnen durch
Aktuelle Entwicklungen - Rechtsextremismus 63 eine Asylbewerberunterkunft im südlich von Berlin gelegenen Waßmannsdorf zum Ziel von Sachbeschädigungen und rechtsextremistischen Schmierereien. Die Ermittlungen in beiden Straftatenserien dauern an. Und obAndauernde Ermittlungen wohl noch keine konkreten Hinweise auf Tatbeteiligte vorliegen, lässt vor allem der an nahezu allen Tatorten hinterlassene Verweis auf die rechtsextremistische Internetseite "nw-berlin"35 auf einen bei vielen Straftaten identischen Täterkreis aus den Reihen aktionsorientierter Rechtsextremisten aus Berlin und dem näheren Umland schließen. 4 Unterschiede offenbaren sich allerdings im Hinblick auf die den beiMotive der Straftatenserie den Straftatenserien zugrunde liegenden Motive. Speziell die Strafim August taten im August waren auf das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse zurückzuführen. So dürfte es sich bei den Attacken auf die Wohnhäuser von zwei Berliner Politikern um gezielte so genannte "Anti-Antifa-Aktivitäten" gehandelt haben. Die Geschädigten sollten eingeschüchtert und ihnen durch die Bedrohung unter ihrer Wohnanschrift verdeutlicht werden, dass sie im Fokus gewaltbereiter Rechtsextremisten stehen. Andere Schmierereien im August ließen einen klaren Bezug zum Todestag des in rechtsextremistischen Kreisen glorifizierten Rudolf Heß36 erkennen. Um diesen Termin kam es bereits in den vergangenen Jahren immer wieder zu einer Häufung rechtsextremistischer Schmierund Klebeaktionen. Schließlich war ein großer Teil der Schmierereien und Sachbeschädigungen des Monats August auf die Verbote dreier rechtsextremistischer Kameradschaften in Nordrhein-Westfalen37 und den so 35 Vgl. S. 65 ff. 36 Rudolf Heß war ein führender Nationalsozialist und fanatischer Anhänger Adolf Hitlers. Berühmtheit erlangte Heß vor allem mit seinem so genannten "Friedensflug", mit dem er Großbritannien 1941 zum Friedensschluss mit dem nationalsozialistischen Deutschland bewegen wollte. Im Rahmen der "Nürnberger Prozesse" wurde Heß 1946 u.a. wegen der Planung eines Angriffskrieges zu lebenslanger Haft verurteilt. Heß starb 1987 im Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau. 37 Am 23. August hatte der Minister für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen die drei rechtsextremistischen Vereinigungen "Kameradschaft Aachener Land", "Nationaler Widerstand Dortmund" und "Kameradschaft Hamm" verboten. Im Zuge dieser Verbote kam es zu Durchsuchungen in 146 Wohnungen, Vereinsräumen und sonstigen Objekten, bei denen neben vielfältigem rechtsextremistischem Propagandamaterial u.a. auch Schusswaffen, Schlagringe, Springmesser und Baseballschläger sichergestellt wurden. Insbesondere zum "Nationalen Widerstand Dortmund" unterhielten auch Berliner Rechtsextremisten Kontakte.
  • bisher anonyme und aggressive Aktionsformen treten. Die "Anti-Antifa-Arbeit", das Bedrohen und Einschüchtern politischer Gegner, Ausländer und Menschen
68 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 Es ist nicht auszuschließen, dass alte und neue Konflikte zwischen der NPD und den "Freien Kräften" einerseits, aber auch innerhalb des Spektrums der aktionsorientierten Rechtsextremisten andererseits aufbrechen. Ideologische Differenzen, persönliche Animositäten und auch strategische Überlegungen können jederzeit dazu führen, dass die aktuelle Zusammenarbeit innerhalb der heterogenen rechtsextremistischen Szene Berlins wieder beendet wird. Schwindende AnzieVor allem die NPD dürfte durch den Zwang zur öffentlichen Mähungskraft der NPD durch Zwang zur öffentßigung, dem sie vor dem Hintergrund des angestrebten Verbotslichen Mäßigung verfahrens gegen die Partei unterliegt, für eine Vielzahl aktionsorientierter Rechtsextremisten zunehmend an Anziehungskraft verlieren. Dies dürfte sich auch auf die ohnehin bereits von immer weniger Teilnehmern frequentierten öffentlichen NPD-Demonstrationen und -Kundgebungen auswirken. An die Stelle solcher legalen politischen Aktionen werden für aktionsorientierte Rechtsextremisten kurzund mittelfristig noch stärker als bisher anonyme und aggressive Aktionsformen treten. Die "Anti-Antifa-Arbeit", das Bedrohen und Einschüchtern politischer Gegner, Ausländer und Menschen mit Migrationshintergrund wird dabei weiterhin den Aktionsschwerpunkt des Netzwerkes "Freie Kräfte" darstellen. Radikalisierung von Aus der Strukturlosigkeit und der zunehmenden Konspiration der Einzelpersonen rechtsextremistischen Szene erwächst zudem eine weitere Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. Einzelpersonen, deren rechtsextremistische Ideologie nicht mehr durch regelmäßige Aktivitäten und feste Gruppenstrukturen innerhalb der rechtsextremistischen Szene Berlins kanalisiert werden, könnten sich allein oder in Kleinstgruppen immer stärker radikalisieren und auf extremere Aktionsformen zurückgreifen. 4.3.2 Netzwerk "Rechtsextremistische Musik" ohne neue Impulse Zweiter integraler Bestandteil des aktionsorientierten Rechtsextremismus in Berlin ist das Netzwerk "Rechtsextremistische Musik". In diesem Netzwerk sind zum einen mehrere Bands und Liedermacher aktiv, zum anderen aber auch Einzelpersonen und Personenzusammenschlüsse wie beispielsweise die "Hammerskins"
  • für den Hass auf Ausländer, die Auseinandersetzungen mit der "Antifa" und die aggressive Verteidigung des zum "eigenen Kiez" erklärten Wohnviertels
64 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 genannten "Antikriegstag" in Dortmund zurückzuführen. Diese Maßnahmen zogen eine breite Welle der Solidarisierung innerhalb der rechtsextremistischen Szene nach sich. In Berlin wurden in diesem Zusammenhang vor allem SPD-Parteibüros, stellvertretend für das von der SPD geführte und für die Kameradschaftsverbote verantwortliche Ministerium in Nordrhein-Westfalen, von Rechtsextremisten attackiert und mit Schmierereien wie "Rache für Dortmund" versehen. Diese Aktionen, deren zeitliche Nähe mit dem ersten "Sturmabend" des gesamten Netzwerkes "Freie Kräfte" kein Zufall gewesen sein dürfte, sind zweifellos als koordinierte und zielgerichtete Angriffe zu bewerten. Motive der Um eine konzertierte Aktion dürfte es sich auch bei der zweiten AnStraftatenserie im Oktober schlagsserie vom Oktober gehandelt haben. Der zeitliche Zusammenhang der Taten, von denen der Großteil in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober begangen wurde, die sich ähnelnden Tatmuster und der wiederkehrende Verweis auf die rechtsextremistische Internetseite "nw-berlin" an den Tatorten legten eine gemeinschaftliche Planung der diversen Sachbeschädigungen nahe. Anders als im August, als ein Großteil der Straftaten eine Reaktion auf den Druck der Strafverfolgungsbehörden darstellte, wollte die rechtsextremistische Szene mit den Attacken vom Oktober ohne konkreten Anlass vor allem ihre Handlungsfähigkeit und ihre Gefährlichkeit öffentlich demonstrieren. Dabei hatten es die Täter mit den von ihnen ausgewählten Anschlagszielen auch bewusst auf ein möglichst breites Spektrum rechtsextremistischer Feindbilder abgesehen. Ihre Ziele standen symbolisch für den Hass auf Ausländer, die Auseinandersetzungen mit der "Antifa" und die aggressive Verteidigung des zum "eigenen Kiez" erklärten Wohnviertels. Auf diese Weise sollte der eigenen Anhängerschaft signalisiert werden, dass man sich dem gestiegenen Druck der Öffentlichkeit nicht ohne weiteres beugen werde. Zugleich sollte mit den diversen Sachbeschädigungen einmal mehr eine Drohkulisse gegenüber politischen Gegnern aufgebaut und so verlorene Macht im öffentlichen Raum zurückgewonnen werden.
  • ihnen ohnehin jederzeit und immer als ein legitimes Angriffsziel "antifaschistischer" Aktionen. In diesem Denkund Lebensumfeld agiert der überwiegende Teil
116 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 fällig vor Ort befindlicher Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma von Teilen der vermummten Gruppe zur Flucht genötigt und bis zu seinem Auto verfolgt, das dann noch durch Fußtritte und Farbe malträtiert wurde, bevor er entkam. Anfang März konnte ein Wachmann während Sachbeschädigungen bei einem Energieversorger in Mitte einen Tatverdächtigen ergreifen, wurde dann von dessen Mittätern jedoch so attackiert, dass er verletzt in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Konfrontative GewalttaMit zunehmender Schwere der Tat dominieren die Begründungsten typisch für "harten" Kern der Szene zusammenhänge Anti-Faschismus, Anti-Repression und auch AntiGentrifizierung. Vor allem konfrontative Gewalttaten sind typisch für den "harten", zum Teil subkulturell geprägten Kern der autonomen Szene Berlins. Sie fühlen sich durch bauliche Aufwertungen aus ihren Kiezen verdrängt und durch neu Hinzugezogene in ihrem Lebensstil bedroht. Polizisten sind in den teilweise zum "autonomen Freiraum" erklärten Straßenzügen sowieso schlecht gelitten; einige Autonome fühlen sich allein schon durch den Anblick einer Uniform unerträglich provoziert. Tatsächliche oder vermeintliche Neonazis gelten ihnen ohnehin jederzeit und immer als ein legitimes Angriffsziel "antifaschistischer" Aktionen. In diesem Denkund Lebensumfeld agiert der überwiegende Teil der Täter. 5.3 Die gewaltbereite linksextremistische Szene: Strukturen und Akteure Politisch motivierte Straftaten im Sinne der Polizeilichen Kriminalstatistik besitzen nicht in jedem Fall einen verfassungsfeindlichen Hintergrund. So manches Mal wird das Engagement für ein legitimes gesellschaftliches Anliegen - z.B. für den Umweltoder Mieterschutz - unverhältnismäßig "übertrieben", ohne dass gleich die "Systemfrage" gestellt wird. Wie die Vergangenheit gerade mit Blick auf die KfZ-Brandstiftungen gezeigt hat, steht auch nicht hinter jeder in der Medienberichterstattung als szenetypisch klassifizierten Straftat tatsächlich ein politisch motivierter Täter, geschweige denn ein Linksextremist. Eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist vor allem dann gegeben, wenn sich Personen zu Gruppen zusammenschließen, organisieren und
  • zumindest in Berlin - im Wesentlichen in einer Ausdifferenzierung von "Antifa" und "Anarcho"-Szene ausdrücken. Einige - dem Habitus nach - "autonome", also
Aktuelle Entwicklungen - Linksextremismus 117 vernetzen, deren verbindendes Element das politische Ziel der Abschaffung eben dieser Ordnung ist und die bereit sind, zur Erreichung dieses Zieles Gewalt anzuwenden. Insbesondere die aus solchen gewaltorientierten Bestrebungen bestehende autonome Szene der Stadt steht im Fokus des Verfassungsschutzes Berlin. Wer oder was sind also Autonome?105 Autonome sind insbesonAutonome dere seit den 1980er Jahren in gezielter Abgrenzung von anderen linksextremistischen Milieus, wie kommunistischen Kaderparteien, dogmatischen K-Gruppen und terroristischen Untergrundorganisationen, entstanden. Im Ursprung verbanden sie einen auf Systemüberwindung zielenden Politikansatz mit einem betont nonkonformistischen Lebensstil. Die politische Haltung wird allgemein mit den Attributen organisationskritisch, theoriefeindlich und mili- 5 tant beschrieben. Ihr Leitprinzip ist die "Politik der ersten Person", die auf selbstbestimmtes und eigeninitiatives Handeln von Individuen setzt und eine "Stellvertreterpolitik" ablehnt, die private und politische Sphären voneinander trennt. Der dem Gedanken von - radikaler - Autonomie immanente SubSchwierige Zusammenarbeit über Gruppenjektivismus prägt auch die politische Arbeit und macht es schwiegrenzen hinweg rig, gemeinsame Nenner für eine längerfristige Zusammenarbeit in größeren personellen Zusammenhängen zu finden. In ihrer Geschichte haben die Autonomen inzwischen eine Reihe von Organisationsund Militanzdebatten hinter sich, die sich - zumindest in Berlin - im Wesentlichen in einer Ausdifferenzierung von "Antifa" und "Anarcho"-Szene ausdrücken. Einige - dem Habitus nach - "autonome", also theoretisch undogmatische Gruppierungen, propagieren gar marxistisch-leninistisches Gedankengut - eigentlich ein Widerspruch in sich. Autonome kommen daher selten auf einen Nenner. Selbst die Einberufung "Autonomer Vollversammlungen" (AVV) konnte die einigende Wirkung nicht entfalten, die sich die Szene erhofft hatte.106 105 Vgl. S. 224 f. 106 Vgl. Senatsverwaltung für Inneres und Sport: Verfassungsschutzbericht 2010. Berlin 2011, S. 91 ff.
  • Anti-Repression, Anti-Militarismus, Anti-Imperialismus, Anti-Rassismus, AntiFaschismus, Anti-Kapitalismus, Anti-Globalisierung, Anti-Gentrifizierung usw. In fast allen diesen
118 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 Eine Zusammenarbeit über Gruppengrenzen hinweg entsteht daher meist anlassbezogen und findet im Rahmen von Kampagnen statt, für die temporär Bündnisse geschlossen werden. Als wichtiges verbindendes Element verbleiben ihre inzwischen "traditionellen" Großveranstaltungen, wie z.B. der "Revolutionäre 1. Mai" oder die "Silvio-Meier-Gedenkdemonstration", bei denen es der Szene regelmäßig gelingt, über ihren organisierten Kern hinaus Teilnehmer im vier-, zum Teil fünfstelligen Bereich zu mobilisieren. "Schwarzer Block" Der theoretisch wie praktisch verbindende, kleinste gemeinsame Nenner von Autonomen - und gleichzeitig die Grundlage ihrer Beobachtung durch den Verfassungsschutz - ist die Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols. Demonstrativ zur Schau getragen wird diese Haltung nicht zuletzt bei den eben genannten Großevents in Form des so genannten "Schwarzen Blocks", aus dem heraus regelmäßig Straftaten begangen werden und der den Tätern aktiven Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung bieten soll. Dennoch ist der "Schwarze Block" nicht identisch mit der autonomen Szene Berlins, denn er umfasst immer auch erlebnisorientierte Neugierige und rein gewaltfixierte "Eventhopper" sowie den Freund vom Freund, der mal eben zur Teilnahme überredet wurde. Autonome Szene Berlins Beschreiben kann man die ungefähr 870 Personen umfassende, zersplittert aber in etwa 30 Kleingruppen zersplitterte autonome Szene Berlins anschaulicher anhand der Themenfelder, in denen sie aktiv sind - im Szenejargon "Teilbereichsbewegungen" genannt. Diese lassen sich durchweg in Negationen formulieren, wie Anti-Repression, Anti-Militarismus, Anti-Imperialismus, Anti-Rassismus, AntiFaschismus, Anti-Kapitalismus, Anti-Globalisierung, Anti-Gentrifizierung usw. In fast allen diesen Feldern engagieren sich sowohl bürgerliche als auch subkulturell geprägte, ideologisch links orientierte Protestbewegungen, die mit Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu Großdemonstrationen ihrer Kritik überwiegend friedlichen Ausdruck verleihen. Strategie fließender Autonome unterscheiden sich von diesen durch die Mittel, mit deÜbergänge nen sie die vermeintlichen oder tatsächlichen Missstände bekämpfen - insbesondere eben durch die Anwendung von Gewalt -, und die politischen Ziele, die sie dabei verfolgen. Vor allem präsentieren
  • Tage" (2007), "Endlich wieder da!" (2007) und "Fuck off Antifa" (2008). 52 Aus dem Lied: "Nasenterror" der CD "Träume
Aktuelle Entwicklungen - Rechtsextremismus 73 teten bereits zum damaligen Zeitpunkt auf eine Erweiterung seines bis zu diesem Zeitpunkt vor allem auf Szenebekleidung sowie "Militaria & Campingbedarf" beschränkten Warenangebots hin. Mit der Übernahme eines rechtsextremistischen Versandhandels im September wurde der Vertrieb rechtsextremistischer Musik dann auch offiziell zu einem weiteren Geschäftsfeld des Landesvorsitzenden. Wie diese Aktivitäten mit der von der Bundes-NPD vorgegebenen Strategie der "seriösen Radikalität" in Einklang stehen, bleibt bislang das Geheimnis des Berliner NPD-Landesvorsitzenden.50 Während ein mögliches Gerichtsverfahren gegen den NPD-LanVerurteilung rechtsextremistischer Lieder- 4 desvorsitzenden wegen des Vertriebs volksverhetzender Musik macher noch aussteht, mussten sich ein Berliner Liedermacher und sein Vater bereits juristisch verantworten. Die beiden Rechtsextremisten hatten zwischen 2006 und 2008 mindestens fünf Tonträger51 produziert und veröffentlicht, auf denen sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung hetzten, den Nationalsozialismus glorifizierten sowie ausländische und jüdische Mitbürger beleidigten und bedrohten: "Lasst uns versuchen, etwas Gemeinsames zu finden! Och na ja, wir alle hassen die Juden! [...] Eure Lügen wurden längst durchschaut, und der Deutsche sich selbst nicht zu sagen traut. Eure Opfermaske zerschellt im Wind denn das deutsche Volk, es ist nicht länger blind. [Refrain:] An das deutsche Volk: Werdet militant, zerschlagt den Nasenterror in unserm Land. An das deutsche Volk: Nehmt die Waffen in die Hand, zeigt euch bereit zum Widerstand."52 50 Vgl. S. 83 f. 51 Hierbei handelt es sich um die CDs: "Endlich da" (2006), "Freiheit" (2006), "Träume an vergangene Tage" (2007), "Endlich wieder da!" (2007) und "Fuck off Antifa" (2008). 52 Aus dem Lied: "Nasenterror" der CD "Träume an vergangene Tage".
  • szene hält, polizei und justiz nicht müde werden, den antifaschistischen widerstand zu kriminalisieren, bleibt es an uns, sich der personalie
108 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 "während der verfaszungszchutz seine hände schützend über die braune szene hält, polizei und justiz nicht müde werden, den antifaschistischen widerstand zu kriminalisieren, bleibt es an uns, sich der personalie (...) und seinesgleichen anzunehmen. darum haben wir sein auto den flammen übergeben."96 Schwere der Angriffe auf Ebenso wie bei Rechtsextremisten wird bei Polizisten der UnverPolizisten nimmt zu sehrtheit der Person nicht der gleiche Stellenwert eingeräumt wie bei den direkt oder indirekt Betroffenen anderer linksextremistischer Angriffsziele. Auch wenn die quantitativen Zahlen der Gewalttaten gegen die Polizei ebenso wie die gegen Rechts rückläufig sind, so ist doch eine besorgniserregende Schwere der Angriffe auf Polizisten festzustellen. Im zurückliegenden Jahr wurden mehrfach - zum Teil besetzte und in Fahrt befindliche - Einsatzfahrzeuge der Berliner Polizei mit Steinen, aber auch Pyrotechnik und Brandsätzen angegriffen. Fast immer fanden diese Straftaten in Kreuzberg statt. Die Selbstbezichtigungsschreiben zeugen - viel stärker als solche zu symbolischen und sabotierenden Straftaten - von einem hohen Aggressionspotenzial. Begründet werden die Taten meist mit vermeintlich vorausgegangener Polizeigewalt. So wurden zwei derartige Anschläge auf der Oberbaumbrücke im Januar und am Görlitzer Park im März in Beziehung zu medienbekannten Fällen gesetzt, in denen Menschen bei Polizeieinsätzen zu Tode kamen. Zu letzterem heißt es: "Wir haben gestern Abend am Rande des Görlitzer Park einen Streife fahrenden Bullenwagen mit Pflastersteinen zerlegt um unsere Solidarität mit Oury Jallo der 2007 in einer Polizeizelle von (...) und seinen Schweinefreunde ermordet wurde zu zeigen. Wir hoffen auf nachahmung und bereiten uns damit auf Tag X zu ende des Prozesses vor. 96 Artikel "Aktion gegen (...)" auf der Internetpräsenz "linksunten" mit Datum vom 26.7.2012 (Fehler im Original).
  • Formulierung her ist unwahrscheinlich, dass der Text von der "Antifaschistischen Linken Berlin" stammt, wie das Kürzel "ALB" vordergründig suggeriert
110 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 nicht mehr einsatzfähig; zwei in der Nähe geparkte Pkw wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Am Tatort fand man anschließend 15 Steine. Die Täter konnten unerkannt flüchten. Am Nachmittag desselben Tages war auf einer einschlägigen Internetpräsenz unter dem Titel "Tötet Polizisten" ein Mordaufruf eingestellt worden. Danach gäbe es "nur eine Lösung um Staat, Demokratie und Verfassung auszulöschen (...) Das heißt der Tod von Polizisten kann und wird in jeder Form toleriert und befürwortet. Jeder Bulle der einen Genossen zusammenschlägt wird mit dem Tode bestraft (...) Schlagt sie, tretet sie und tötet sie wo ihr nur könnt."98 Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Zusammenhang zwischen der Einstellung des Artikels und dem Angriff auf das Polizeifahrzeug existiert. Bis dato gilt die gezielte Tötung von Menschen zur Erreichung politischer Ziele als nicht vermittelbar. Insofern ist die Tat durchaus typisch für die autonome Szene Berlins, der Aufruf zuvor in seiner Eindeutigkeit jedoch nicht. 5.2.4 Aufwiegelnde Straftaten Ziel: Massenmilitanz Aufwiegelnde Straftaten sollen ebenfalls auf das Verhalten wirken, jedoch nicht auf das des politischen Gegners, sondern auf das der eigenen Szeneangehörigen und von potenziellen Bündnispartnern, bei denen eine Art "aufrührerischer Geist" entfacht werden soll. Linksextremistische Gewalttäter versuchen sich dabei zunutze zu machen, dass sie aufgrund thematischer Schnittstellen über die eigene Anhängerschaft hinaus in verwandte Subkulturen und ideologisch nahestehende Milieus hinein gerade zu Großveranstaltungen Teilnehmer mobilisieren können. Dabei setzen sie sich zum Ziel, dieses per se weniger militant ausgerichtete Protestpotenzial für eigenes Gewalthandeln zu instrumentalisieren und hoffen darauf, 98 Artikel "ALB: Tötet Polizisten" auf der Internetpräsenz "indymedia" mit Datum vom 8.9.2012. Der Artikel wurde noch am selben Tag von der Internetpräsenz entfernt, liegt dem Verfassungsschutz Berlin aber vor. Von Vorgehen und Art der Formulierung her ist unwahrscheinlich, dass der Text von der "Antifaschistischen Linken Berlin" stammt, wie das Kürzel "ALB" vordergründig suggeriert.
  • Herz der Bestie" auf der Internetpräsenz der "Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin" mit Datum vom 16.5.2012 (Fehler im Original
Aktuelle Entwicklungen - Linksextremismus 121 und setzte dabei insbesondere auf das Thema "Finanzkrise". Unter dem Motto "Der Druck steigt - für die soziale Revolution" rief sie zum 1. Mai dazu auf, den Protest "in das politische Zentrum der Macht" zu tragen.109 In der Intention ganz klar im Vordergrund stand dabei der Versuch, an zivilgesellschaftlichen Protesten, wie z.B. der "Occupy"-Bewegung, anzuknüpfen und diese für extremistische Zwecke zu instrumentalisieren. Das Ergebnis warf die Gruppe jedoch auf ihre eigene Feststellung zurück: "'In der Klasse verankern' ist komplizierter, als einen Naziaufmarsch zu blockieren oder 'ne fette Demo gegen die Scheiß-Bullen' zu machen."110 Die ARAB lässt keinen Zweifel daran, dass sie zur Erreichung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele bereit ist, Gewalt einzusetzen. Im 5 Aufruf zu Protesten gegen die Finanzkrise in Frankfurt a.M. - kurz nach den aus ARAB-Sicht viel zu friedlichen 1. Mai-Demonstrationen - heißt es: "Wir werden unseren Widerstand ins Herzen der Bestie tragen und das ökonomische Zentrum des deutschen Imperialismus blockieren und angreifen. Damit wollen wir in Deutschland Klassenkämpfe entfalten und (...) sichtbar machen, dass auch in der BRD Menschen Widerstand gegen den deutschen Imperialismus und sein autoritäres Krisenbewältigungsregime leisten. Klasse gegen Klasse! Krieg dem Krieg! Für den Kommunismus!"111 109 Pressemeldung "Der Druck steigt - heraus zum revolutionären 1. Mai 2012!" auf der Internetpräsenz "Erster Mai" mit Datum vom 27.4.2012. 110 Artikel "Interview mit der ARAB zu den kommenden Krisenprotesten" auf der Internetpräsenz "linksunten" mit Datum vom 29.3.2012. 111 Artikel "16.-19. Mai FFM: Ins Herz der Bestie" auf der Internetpräsenz der "Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin" mit Datum vom 16.5.2012 (Fehler im Original).
  • Zerwürfnissen, Cliquenbildungen und Spaltungen führt - gerade im Bereich der "Antifa". Die mindestens zeitweise Schwäche der ALB ist ein Ausdruck dieser
136 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 Fazit und Ausblick Etwas mehr Personen, Noch einmal die quantitativen Entwicklungen im Überblick: Das deutlich weniger Straftaten linksextremistische Personenpotenzial Berlins ist leicht gestiegen, wobei unterschiedliche Entwicklungen in der gewaltbereiten autonomen Szene einerseits (abnehmend) und den eher legalistischen Organisationen andererseits (zunehmend) zu verzeichnen sind. Politisch links motivierte Straftaten sind um ein Drittel zurückgegangen, Gewalttaten sogar um die Hälfte. Berichte über Autobrandstiftungen, Bahnanschläge oder gewalttätig eskalierende Demonstrationen von "linken Chaoten" sind medial in den Hintergrund getreten. Man könnte meinen, hinsichtlich des Berliner Linksextremismus sei Entwarnung zu geben. Doch dem ist nicht so. Eine oberflächliche Bewertung abstrakter Zahlen greift zu kurz, um die dahinter stehenden Entwicklungen zu verstehen und Prognosen für die nähere Zukunft abgeben zu können. Strukturwandel der linksextremistischen Szene Berlins Demografischer Wandel Der Grund für die personellen Verschiebungen zwischen Autonoauch bei Linksextremisten men und Organisierten dürfte mindestens teilweise durch einen demografischen Effekt erklärbar sein, bei dem immer mehr dem Jugendalter entwachsene Autonome ihr politisches Engagement in weniger militanten Formen fortführen. Um den Verlust älterer, erfahrener und meist politisch stärker geschulter Aktivisten zu kompensieren, nehmen auch führende autonome Gruppierungen immer mehr erlebnisorientierte und bildungsferne Heranwachsende mit vergleichsweise geringen politischen Motivationen in ihren Reihen auf. Damit verändert sich zum Teil auch der Charakter der Gruppierungen, was zu internen Zerwürfnissen, Cliquenbildungen und Spaltungen führt - gerade im Bereich der "Antifa". Die mindestens zeitweise Schwäche der ALB ist ein Ausdruck dieser Entwicklung. Vergebliches Warten auf den Aufstand Martialisches Auftreten Mit ihrem oftmals milieuspezifischen Habitus unterminieren die wirkt nicht mobilisierend "Neuen" die Anschlussfähigkeit der Autonomen an gesellschaftlichen Protest eher, als das sie diesen unterstützen. Insbesondere die ARAB bekam in ihrem vergeblichen Bemühen, wenigstens Teile
  • Entwicklung erklärt sich aus einer Art "Gegenwehr" zur linken "Antifa" und als Reaktion auf staatlichen Repressionsdruck
Hintergrundinformationen - Rechtsextremismus 215 8 Rechtsextremismus 8.1 Aktionsorientierter Rechtsextremismus 8.1.1 Netzwerk "Freie Kräfte" (vorm. Netzwerk Kameradschaften) Das Netzwerk "Freie Kräfte" ist ein loser, hoher Fluktuation unterworfener Zusammenschluss von ca. 160 Rechtsextremisten, die anlassbezogen politisch agieren. Sie nehmen an Demonstrationen teil, erstellen und verbreiten Flugblätter, organisieren politische Schulungen und sind im Internet aktiv. Obwohl sich das Netzwerk "Freie Kräfte" in den letzten Jahren vor allem personell gewandelt hat, sind dessen regionale und informelle Grundstrukturen ebenso wie die Anzahl der rechtsextremistischen Aktivisten weitgehend identisch geblieben. In den letzten Jahren haben sich die Aktionsund Organisationsformen der "Autonomen Nationalisten" (siehe unten) zu den alles bestimmenden Wesensmerkmalen des ehemals von Kameradschaften dominierten Netzwerkes "Freie Kräfte" entwickelt. Kameradschaften, die zuvor noch die Strukturen des Netzwerkes beherrschten, spielen derzeit keine Rolle mehr. Durch polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Maßnahmen sowie durch Vereinsverbote, wie zuletzt 2009 gegen "Frontbann 24", wurden die Kameradschaftsstrukturen soweit geschwächt, dass diese zurzeit in Berlin faktisch nicht mehr existieren. Aktiv sind die Angehörigen des Netzwerkes "Freie Kräfte" vor allem in den Bezirken Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Neukölln. 8.1.2 "Autonome Nationalisten" Seit 2002 ist innerhalb des Netzwerkes "Freie Kräfte" in Berlin die Tendenz zu beobachten, sich hinsichtlich Habitus, Organisationsund Aktionsformen dem Stil autonomer Linksextremisten anzunähern. Von den traditionellen "Kameradschaften" grenzen sich diese rechtsextremistischen Personenzusammenschlüsse durch einen niedrigschwelligen Zugang, ein jugendnäheres Erscheinungsbild und ein aggressiveres Auftreten ab. Diese Entwicklung erklärt sich aus einer Art "Gegenwehr" zur linken "Antifa" und als Reaktion auf staatlichen Repressionsdruck.
  • zumindest in Berlin - im Wesentlichen in einer Ausdifferenzierung von "Antifa" und "Anarcho"-Szene ausdrücken. Einige - dem Habitus nach - "autonome", also
224 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 9 Linksextremismus 9.1 Aktionsorientierter Linksextremismus 9.1.1 Autonome Abkürzung - Entstehung / Gründung ab 1980 Mitgliederzahl Bund: ca. 7 100 (2011: ca. 7 100) Berlin: ca. 870 (2011: ca. 950) Sitz - Organisationsstruktur Netzwerk (etwa 30 Gruppierungen) Veröffentlichungen Internet, Flugund Faltblätter, mehrere Szenezeitschriften Autonome sind insbesondere seit den 1980er Jahren in gezielter Abgrenzung von anderen linksextremistischen Milieus, wie kommunistischen Kaderparteien, dogmatischen K-Gruppen und terroristischen Untergrundorganisationen, entstanden. Im Ursprung verbanden sie einen auf Systemüberwindung zielenden Politikansatz mit einem betont nonkonformistischen Lebensstil. Die politische Haltung wird allgemein mit den Attributen organisationskritisch, theoriefeindlich und militant beschrieben. Ihr Leitprinzip ist die "Politik der ersten Person", die auf selbstbestimmtes und eigeninitiatives Handeln von Individuen setzt und eine "Stellvertreterpolitik" ablehnt, die private und politische Sphären voneinander trennt. Der dem Gedanken von - radikaler - Autonomie immanente Subjektivismus prägt auch die politische Arbeit und macht es schwierig, gemeinsame Nenner für eine längerfristige Zusammenarbeit in größeren personellen Zusammenhängen zu finden. In ihrer Geschichte haben die Autonomen inzwischen eine Reihe von Organisationsund Militanzdebatten hinter sich, die sich - zumindest in Berlin - im Wesentlichen in einer Ausdifferenzierung von "Antifa" und "Anarcho"-Szene ausdrücken. Einige - dem Habitus nach - "autonome", also theoretisch undogmatische Gruppierungen, propagieren gar marxistisch-leninistisches Gedankengut - eigentlich ein Widerspruch in sich. Autonome kommen daher selten auf einen Nenner. Selbst die Einberufung "Autonomer Vollversammlungen" (AVV) konnte nicht die einigende Wirkung entfalten, die sich die
  • Philosophen 94 f North East Antifascists siehe NEA Revolutionäre VolksbefreiungsparteiNPD
274 Verfassungsschutzbericht Berlin 2012 Netzwerk "Freie Kräfte" 5, 48, 53 ff, 57 f, Ramadan, Said 212 67, 84 ff, 91, 215 f Rechtsextremismus-Datei siehe RED Netzwerk Freiheit für alle politischen RED 53, 252 Gefangenen siehe NFG Refah Partei siehe RP neue PKK 237 Reichsbewegung - Neue Gemeinschaft NFG 125 ff, 229 ff von Philosophen 94 f North East Antifascists siehe NEA Revolutionäre VolksbefreiungsparteiNPD 5 f, 48 f, 53, 55 f, 58 ff, 66 ff, 71 ff, Front siehe DHKP-C 107, 217, 219, 220 ff Revolutionärer 1. Mai 108 ff, 118, 120 ff, NSDAP 216 133, 137 f, 225 NSU 51 ff, 70, 123, 137, 223, 251 Revolutionäre Zellen siehe RZ nw-berlin 63 ff, 85 RH 96 f, 129, 231 Rigaer 94 111, 130 ff, 137, 233 O RNF 219 O., Yusuf 32 Roj TV 147 Öcalan, Abdullah 139 ff, 148, 236 ff Rote Armee Fraktion siehe RAF Office of Special Affairs siehe OSA Rote Hilfe e.V. siehe RH ooc 125, 127, 228 ff RP 208 OSA 153 RZ 126, 228 Out of Control siehe ooc S P S., Ahmad Wali 31 f PAJK 140, 143, 237 S., Reda 35 PJA 237 Saadet Partisi siehe SP PKK 139 ff, 149 f, 236 ff Salafimedia 42 Postautonome 134 f, 138 Salafismus 29, 34 f, 37, 183, 194 f Proliferation 156 Sauerland-Gruppe siehe Sauerland-Zelle Punk Front 69 f Sauerland-Zelle 24, 190 f PYD 146, 149 Scheich Ahmad Ashush 39 f Schmidtke, Sebastian 81 ff, 90 f Q Schulhof-CD Berlin 72, 83 Qutb, Sayyid 210 Scientology Organisation siehe SO Second Class Citizen 69, 72 R SeiB e.V. 59, 85 R., Danny 190 seriöse Radikalität 73, 76, 78 R., Ramazan 33 Sicherheitsüberprüfung 157 ff, 161 ff, RAF 125 f, 228 241, 259
  • Kampagne, die alljährlich stattfindenden "Heß-Demonstrationen", so genannte Anti-Antifa-Aktivitäten oder Aktionen gegen die "Wehrmachtsausstellung". Darüber hinaus wird Einfluss
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Drucksache 15/ 2608 Alle "Kameradschaften" sind miteinander informell vernetzt. Die steuernden Impulse gehen nur von einem äußerst kleinen, seit Jahren bekannten Kreis von Neo-Nationalsozialisten aus, die mit der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) oder der Subkulturbzw. Skinhead-Szene verbunden sind. Die Abstimmung der Aktionen findet auf konspirativ durchgeführten Treffen auf norddeutscher Ebene statt. Hier werden zukünftige Agitationsschwerpunkte festgelegt, wie z. B. die überwiegend antisemitisch/antiamerikanisch begründete Anti-Globalisierungs-Kampagne, die alljährlich stattfindenden "Heß-Demonstrationen", so genannte Anti-Antifa-Aktivitäten oder Aktionen gegen die "Wehrmachtsausstellung". Darüber hinaus wird Einfluss auf die "Kameradschaften" ausgeübt mittels eines bereits vor Jahren unter maßgeblichem Einfluss von Hamburger Neo-Nationalsozialisten entwickelten Propagandaund Steuerungsinstrumentariums, das im Wesentlichen aus dem "Aktionsbüro Norddeutschland", der InternetSeite "widerstandnord.com" und den "Info-Telefonen" besteht. Dadurch ist ein durch persönliche Kontakte geprägtes, über das gesamte Land reichendes, mehr oder weniger lockeres Netzwerk von Personen entstanden, geeint durch eine antipluralistische, fremdenfeindliche und teilweise offen rassistische Grundhaltung und im Kernbereich verknüpft über das Selbstverständnis einer am Nationalsozialismus orientierten Fundamentalopposition. Der in weiten Bereichen nur lockere Zusammenhalt hat eine starke Fluktuation der Szene zur Folge. Im Berichtsjahr überstieg aber erneut der Zulauf die Zahl derer, die sich zurückzogen. Allerdings waren die nach außen gerichteten Aktivitäten der verschiedenen "Kameradschaften" rückläufig. Die einzige Demonstration fand anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Lübecks am 30. März in Lübeck statt. Trotz der über die Landesgrenzen hinausgehenden Mobilisierungsbemühungen gab es nur 150 Teilnehmer. Die wenig erfolgreichen Bemühungen des Lübecker Neo-Nationalsozialisten Jürgen Gerg aus dem Jahre 2001, durch regelmäßige Demonstrationen in verschiedenen Teilen des Landes die rechtsextreme Szene stärker an die NPD und die neonationalsozialistischen Wortführer zu binden, fanden im Jahre 2002 keine Fortsetzung. Offensichtlich sind die oft lediglich anpolitisierten Szene-Angehörigen zu dauerhaftem politischem Engagement nicht bereit, sondern nur von Fall zu Fall zu mobilisieren. An vermittelbaren Themen fehlt es anscheinend. Außerdem dürften der behördliche Druck 11
  • Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Die so genannte Anti-Antifa-Arbeit gehört unverändert zum Einschüchterungs-Repertoire der rechtsextremen Szene. Politische
Drucksache 15/ 2608 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Die so genannte Anti-Antifa-Arbeit gehört unverändert zum Einschüchterungs-Repertoire der rechtsextremen Szene. Politische Gegner und Sicherheitsbehörden werden ausgespäht, persönliche Informationen zu ihnen gesammelt und aufgelistet. Bei polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen wurden immer wieder so genannte Erfassungsbogen und Listen aufgefunden, in denen neben personenbezogenen Informationen auch Treffpunkte und Versammlungsadressen notiert waren. Im August kam es zu einem Anschlag auf ein Treffobjekt der "linken" Szene in Flensburg; zwei Neonazis stehen unter Tatverdacht. 20
  • Flugblatt-Verteilungen sowie Unterstützungen im Bereich der "Anti-Antifa-Arbeit" als besonders aktiv. Die führenden Mitglieder der "Kameradschaft" verfügen über
Drucksache 15/ 2608 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode (Hilfsaktion anlässlich der Hochwasserkatastrophe) vom 20. bis 22. August in Geesthacht in Erscheinung getreten. 3.1.1.3 Kiel Der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene in Kiel gehörten 2002 rund 40 Personen an. Der seit Sommer 2000 bekannten "Kameradschaft Kiel" sind rund 15, vorwiegend neonationalsozialistisch geprägte Rechtsextremisten zuzurechnen, die teilweise Mitglied im Kreisverband Kiel/Plön der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) sind. Für die Kameradschaftsmitglieder stand 2002 die politische Arbeit in Form von Demonstrations-Teilnahmen und Unterstützungs-Aktionen (Sammeln von UnterstützerUnterschriften, Flugblatt-Verteilungen, Info-Tische) für die NPD im Rahmen der Bundestagswahl im September im Vordergrund. Öffentlich werden Bezüge zum historischen Nationalsozialismus vermieden. Statt dessen wurden - in der Regel unter dem Deckmantel des NPD-Kreisverbandes oder unter der Bezeichnung "Nationale Jugend Kiel" - tagespolitische Themen wie Sozialund Arbeitspolitik, Bundeswehreinsätze im Ausland, Anti-Globalisierung aufgegriffen. Szeneintern gilt die "Kameradschaft" aufgrund ihrer zahlreichen Beteiligungen bei Demonstrationen und Flugblatt-Verteilungen sowie Unterstützungen im Bereich der "Anti-Antifa-Arbeit" als besonders aktiv. Die führenden Mitglieder der "Kameradschaft" verfügen über regionale und überregionale Kontakte zu rechtsextremistischen Skinheads sowie zu führenden "Freien Nationalisten" aus dem gesamten norddeutschen Raum. Im Frühjahr 2002 gründete sich in der Landeshauptstadt eine weitere Gruppierung, die aus Mitgliedern der "Kameradschaft" hervorgegangen ist. Gewaltbereite Skinheads sowie eine ständig wechselnde Zahl von zum Teil noch unpolitischen jugendlichen Mitläufern bilden das Potenzial dieses Personenzusammenschlusses. Statt der politischen Arbeit steht zunächst die Freizeitgestaltung im Vordergrund, das Angebot von Gemeinschaftsgefühl, von "Kameradschaft" sowie die Bestätigung fremdenfeindlicher Grundstimmungen. 26
  • Allgemeinen Bedingungen" heißt es, "Journalisten, Polizisten, Staatsangestellten, Anhängern der Antifa und links-orientierten Menschen" sei das Betreten der Internet-Seite
Drucksache 15/ 2608 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode worben. In den vorangestellten "Allgemeinen Bedingungen" heißt es, "Journalisten, Polizisten, Staatsangestellten, Anhängern der Antifa und links-orientierten Menschen" sei das Betreten der Internet-Seite verboten. Am 23. März führte die HNG in Hessisch Lichtenau (Hessen) ihre jährliche Jahreshauptversammlung durch. Von den rund 300 Teilnehmern, darunter einige wenige aus Schleswig-Holstein, waren 75 % rechtsextremistische Skinheads. Der bisherige Vorstand mit der Vorsitzenden Ursula Müller (Mainz) wurde bis auf eine Veränderung bestätigt. 3.2 Parteien 3.2.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Die Mitgliederzahl der NPD ist bundesweit gegenüber dem Vorjahr um 400 auf nunmehr 6.100 gesunken. Trotz des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verbotsverfahrens ist die Partei von ihren auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichteten Zielen nicht abgerückt. 3.2.1.1 Fortsetzung des strategischen Drei-Säulen-Konzeptes Die NPD setzte ihr bereits 1997 beschlossenes strategisches Drei-Säulen-Konzept fort, das den "Kampf um die Straße" (Massenmobilisierung), den "Kampf um die Wähler" (Einzug in die Parlamente) und den "Kampf um die Köpfe" (Ideologie) umfasst. Dabei kooperierte sie weiterhin trotz zunehmender Ablehnung des Bundesvorstandes durch neo-nationalsozialistische Kräfte mit diesen. So führte die NPD wiederum Demonstrationen zum 1. Mai durch; zu regionalen Veranstaltungen in Berlin, Dresden, Fürth, Göttingen, Ludwigshafen und Mannheim mobilisierte sie über 3.000 Teilnehmer. 2001 wurden allerdings noch 4.400 Teilnehmer gezählt. Bereits in den Vorjahren war es der NPD insbesondere beim Thema "Wehrmachtsausstellung" gelungen, zahlreiche Neo-Nationalsozialisten für Demonstrationen zu mobilisieren. Hieran anknüpfend organisierte sie am 2. Februar in Bielefeld eine entsprechende Demonstration, an der 1.700 Personen teil34
  • autonome Themen und Anliegen", wie Kapitalismus-Kritik und "Antifa", zu kurz kämen. Dementsprechend fand diese Veranstaltung mit besonderer Ak51
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Drucksache 15/ 2608 Dem linksextremistischen Lager gelang es daher trotz zahlreicher Kampagnen und Aktivitäten sowie ständiger Befassung mit der Thematik in der Szene-Presse unverändert nicht, sich im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein eigenständiges Profil zu geben. In internen Diskussionen wurde dies immer wieder beklagt. Der im Vorjahr bereits gesuchte Ausweg, noch stärker Gewalt in die Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten zu tragen, erwies sich zunehmend als bloß noch reflexhafter Aktionismus. Er zeigte sich auf verschiedenen Veranstaltungen tatsächlicher oder vermeintlicher Rechtsextremisten. So wurde aufgrund eines NPD-Marsches durch Lübeck eine Gegendemonstration organisiert, wobei die Rechtsextremisten mit Steinund Flaschenwürfen angegriffen wurden. Eine Veranstaltung einer Kieler Burschenschaft sollte durch eine Blockade behindert werden. Im Rahmen des Bundestagswahlkampfes wurden in Itzehoe und Kiel NPDInfo-Tische zerstört. Verstärkt wurde das Mittel der persönlichen Konfrontation eingesetzt. In verschiedenen Orten des Landes, insbesondere in Flensburg und Eckernförde, griffen sich wechselseitig linksbzw. rechtsorientierte Personen oder Gruppen an, wobei die Auseinandersetzungen nicht selten eher als Schlägereien unterschiedlicher subkultureller Jugend-Cliquen erschienen, bei denen die unterlegene Seite dann gelegentlich sogar um staatlichen Schutz bei der Polizei nachsuchte. 3.2 "Anti-Rassismus" Eine stärkere Selbst-Motivierung gelang der linksextremistischen Szene im "AntiRassismus-Kampf" gegen den ihrer Meinung nach existierenden "staatlichen Rassismus" sowie dessen "Profiteure". Allerdings zeigten sich bei der Diskussion um die Ausrichtung eines "Antirassistischen Grenzcamps" ein Mangel an Kooperationsbereitschaft und Unfähigkeit zum Kompromiss innerhalb der "Anti-Rassismus"-Bewegung. So fanden erstmals drei "Grenzcamps" mit unterschiedlicher thematischer Schwerpunktsetzung in Jena (Thüringen), bei Cottbus (Brandenburg) und in Hamburg statt. Die Initiatoren des Hamburger "Land-in-Sicht-Camps" im August befürchteten, dass die speziellen Anliegen von Migranten, wie die so genannte Residenzpflicht-Kampagne, im Vordergrund stünden und "autonome Themen und Anliegen", wie Kapitalismus-Kritik und "Antifa", zu kurz kämen. Dementsprechend fand diese Veranstaltung mit besonderer Ak51
  • Aktivitäten von Linksextremisten gewidmet, die sich auf die Schlagworte "Antifaschismus". und "Anti-Globälisierung" konzentrieren. Insgesamtist der Bericht erneut ein Beleg
VORWORT terstreichen: Der Staat muss, um seine Verfassung wirksam schüt'zen zu können, deren Feinde und ihre Vorgehensweise kennen. Deshalb hat der Verfassungsschutz auch im vergangenen Jahr schwerpunktmäßig rechtsextremistische Bestrebungen "und das hiervon ausgehende Gewaltpotenzial beobachtet. Schließlich ist ein Teil des Berichts auch den Aktivitäten von Linksextremisten gewidmet, die sich auf die Schlagworte "Antifaschismus". und "Anti-Globälisierung" konzentrieren. Insgesamtist der Bericht erneut ein Beleg dafür, 'dass die Arbeit :des Verfassungsschutzes nach wie vor unverzichtbar für den Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist. Der Schutz unserer freiheitlichen Werteordnung vor. Verfassungsfeinden bedarf allerdings auch der Mithilfe. der Bevölkerung. Deshalb bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Wachsamkeit und Unterstützung des Verfassungsschutzes beim Kampf gegen Rechtsund Linksextremismus, beim. Kampf 'gegen Verfassungsfeinde von innen und 'außen. Den Mitarbeiterinnen und .Mitarbeitern des Verfassungsschutzes gebührt in diesem Jahr mein besonderer Dank -für die vielen, .nach dem11.:September geleisteten Überstunden. Insbesondere - ihrem Einsatz ist es zu verdanken,dass-wir heute, -gut:acht Monate.nach den schrecklichen Ereignissen in den USA, sagen können, dass sich die bislang eingeleiteten Maßnahmen bewährt haben. "Magdeburg,im Mai 2002 'Dr. Manfred Püchel - Minister des Innern