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"links or rechts" in den Verfassungsschutz Trends
  • Deutschland lebende schiitische Muslim:innen auf die verfassungsfeindlichen islamistischen Rechtsnormen zu verpflichten, und widerspricht somit den Grundpfeilern der freiheitlich-demokratischen
  • führte am 4. Februar 2021 zu einer inzwischen rechtskräftigen Verurteilung zu 20 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen versuchten Mordes
100 7 ISLAMISMUS VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2021 Khomeini ein und gewährleistet damals wie heute die absolute Herrschaft des Klerus im Iran. Ein theokratisches System ist grundsätzlich nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar. Der Iran strebt eine Islamisierung der westlichen Nationen, auch "Export der islamischen Revolution" genannt, an und verfolgt dabei eine antiisraelische und generell antiwestliche ausgerichtete Politik. Deutschlandweite Aktivitäten von Anhängern des iranischen Regimes Die iranische Staatsdoktrin erhebt für sich einen Absolutheitsanspruch, der keinen Raum für andere bzw. liberale Wertesysteme lässt. Die Propaganda ist darauf ausgerichtet, in Deutschland lebende schiitische Muslim:innen auf die verfassungsfeindlichen islamistischen Rechtsnormen zu verpflichten, und widerspricht somit den Grundpfeilern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Daher werden extremistische Bestrebungen von Anhänger:innen des iranischen Regimes vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Fall des Iraner Assadollah A., der als Diplomat an der Botschaft in Wien tätig war. Er plante mit drei weiteren Tatverdächtigen einen Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung der iranischen Oppositionsorganisation "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) in Frankreich. Der im November 2020 begonnene Prozess in Antwerpen gegen Assadollah A. führte am 4. Februar 2021 zu einer inzwischen rechtskräftigen Verurteilung zu 20 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen versuchten Mordes und der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Assadollah A. Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes Ministerium für Nachrichtenwesen (MOIS) war und es daher möglich ist, dass der Anschlagsplan auf Anweisung des iranischen Regimes erfolgte. Anhänger des iranischen Regimes in Bremen und Umgebung Ein norddeutsches schiitisch-islamistisches Netzwerk mit Bezügen nach Bremen steht ebenfalls im Fokus der Verfassungsschutzbehörden. Es verfolgt das Ziel, die Ideologie des iranischen Regimes zu verbreiten und dabei Hass auf die vermeintlichen Feinde jenes Regimes, insbesondere Israel sowie den Westen im Allgemeinen, zu schüren. Die Darstellungen der Islamist:innen zielen auf die Etablierung klassischer Feindbilder wie "des zionistischen Regimes" Israel, die USA oder sunnitisch-arabische Regime wie beispielsweise Saudi-Arabien ab. Darüber hinaus sind Homosexuelle und Transsexuelle vermehrt Ziel von Hass und Hetze. Teilweise wird der Zustand einer "homosexualisierten" Gesellschaft heraufbeschworen, die angeblich schlimme Folgen habe. Vorwiegend nutzen die Akteur:innen eigens betriebene Internetforen, Videoplattformen oder soziale Netzwerke, um ihre Propaganda zu verbreiten. Sie greifen in regelmäßigen Abständen tagesaktuelle Nachrichten aus der Politik oder auch religiöse Belange auf und wenden dann ihr Weltbild auf diese Themenfelder an. Es werden vermehrt Themen ausgewählt, die auch nicht-extremistische Muslime ansprechen sollen, wie beispielsweise das Thema Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst, wobei die Debatte einseitig für die eigenen Zwecke instrumentalisiert wird. 2021 wurden sowohl Veranstaltungen in Präsenz als auch online abgehaltene Vortragsveranstaltungen, bei denen die Ideologie des iranischen Ayatollah Khamenei stets eine zentrale Rolle spielte, organisiert. Die norddeutschen Protagonist:innen des schiitischen Islamismus widmeten sich, wie bereits im Jahr zuvor, intensiv der Corona-Pandemie. Vor allem seit der Zulassung der Impfstoffe gegen das Coronavirus und der Debatte um eine allgemeine Impfpflicht wurden vermehrt eigens produzierte Videos, Forenbeiträge sowie Posts in den sozialen Medien im Umlauf gebracht, die Desinformationen und Verschwörungsmythen verbreiteten. Dabei wurden gezielt Personen aus der Politik und dem Gesundheitswesen denunziert, die Wirkung der Impfstoffe systematisch angezweifelt und bewusst Verunsicherung geschürt. Hierdurch gelang es der Szene, nicht nur die schiitische-islamis-
  • LINKSEXTREMISMUS VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2021 In einem am 31. Dezember 2020 auf der Internetplattform "de.indymedia.org" veröffentlichten Beitrag unter der Überschrift "Bundesweiter Aufruf
  • seit 1990 besetztes Gebäude, welches für die gewaltorientierte linksextremistische Szene ein Symbol im Kampf um die Schaffung und Erhaltung
72 6 LINKSEXTREMISMUS VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2021 In einem am 31. Dezember 2020 auf der Internetplattform "de.indymedia.org" veröffentlichten Beitrag unter der Überschrift "Bundesweiter Aufruf: Subversiv & unkontrollierbar - Für ein offensives Jahr 2021!" riefen unbekannte Verfasser:innen zu "Angriffen auf den Staat, seine Repressionsorgane und Institutionen der Justiz" auf. Weiterhin sagen sie "Knastprofiteur*innen, Ausländerbehörden und privaten Sicherheitsdiensten den Kampf an. Wir wollen die ständigen Angriffe auf uns und unsere Ideen von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität nicht unbeantwortet lassen. Wir wollen die herrschende Ordnung zerstören!" (Internetseite "de.indymedia.org", 31.12.2020). Diesem Aufruf folgend wurde am 4. Januar 2021 ein Brandanschlag auf die "Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven" verübt. Im entsprechenden Bekennerschreiben beziehen sich die Verfasser:innen auf den genannten Beitrag: "In dem Aufruf "Subversiv und unkontrollierbar" geht es vor allem um den Angriff auf Repressionsorgane wie Bullen und Justiz. Wir verstehen jedoch auch das Jobcenter als wichtiges Standbein deutscher Repressionsbehörden." (Internetseite, "de.indymedia.org", 04.01.2021). Auch im SBS zu einer Sachbeschädigung am Gebäude von Zoll und Bundeswehr am 28. Februar 2021 zitierten die Verfasser:innen aus dem Aufruf und begründeten die Auswahl ihres Ziels folgendermaßen: "Die Knechte vom Zoll sichern bewaffnet die wirtschaftlichen Interessen des Staates. [...] Die sich ausbreitende Repression gegen militante und autonome Strukturen werden wir weiterhin beantworten. Viele Mittel haben wir nicht. Was wir haben schleudern wir diesem Staat und seinen Behörden mit Wucht entgegen." (Internetseite "de.indymedia.org", 01.03.2021). Ein Brandanschlag auf drei Fahrzeuge des Gebäudemanagementunternehmens Dussmann Service am 1. April 2021 richtete sich gegen die Existenz von Gefängnissen und Unternehmen, "die durch ihre Zuarbeit die staatliche Herrschaft am Leben halten". Unbekannte Verfasser:innen konstatierten: "Knäste lösen keine Probleme, sondern sind fester Bestandteil dieser kapitalistischen, rassistischen und sozial-chauvinistischen Gesellschaftslogik." Das Schreiben endet mit den Grüßen "Viel Kraft für die Rigaer94 in Berlin!" und der Forderung "Freiheit für Lina und Freiheit für alle Gefangenen!" (Internetseite "de.indymedia.org", 01.04.2021). Exkurs: "Rigarer94" Die "Rigaer94" steht szeneintern für die Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain. Dabei handelt es sich um ein seit 1990 besetztes Gebäude, welches für die gewaltorientierte linksextremistische Szene ein Symbol im Kampf um die Schaffung und Erhaltung von "autonomen Freiräumen" ist. Gegen eine angekündigte Brandschutzbegehung des Gebäudekomplexes wehrten sich die Bewohner:innen mit der Errichtung von Barrikaden um das Gebäude im Juli 2021. Als sich die Polizei schließlich gewaltsam Zugang zum Gebäude verschaffte, kam es zu schweren Auseinandersetzungen. Einen weiteren Brandanschlag in diesem Zusammenhang verübten unbekannte Täter:innen auf ein Fahrzeug des Multitechnik-Dienstleisters SPIE am 21. September 2021. In ihrem nach der Tat veröffentlichtem SBS mit dem Titel "Erneut Karre von Knastprofiteuren in Bremen abgefackelt" begründen die unbekannten Verfasser:innen, ihre Tat sei "[i]nspiriert von den Gefährt*innen die bereits Anfang des Jahres die Dussmann Service GmbH um drei Fahrzeuge erleichtert haben". SPIE habe sich sowohl als Teil der französischen Atomindustrie als auch durch die Zusammenarbeit mit RWE beim Braunkohleabbau im Hambacher Forst zu einem berechtigten Ziel gemacht. Für die Verfasser:innen sei SPIE aber vor allem ein "Knastprofiteur" und bilde mit seinen Angeboten "die technologische Grundlage, die Knast und Überwachungsstaat erst möglich machen" und sei so "selbst teil der Ordnung, die Knast und andere Organe zur Disziplinierung benötigt, um seine Existenz zu sichern." (Fehler im Original, Internetseite "de.indymedia.org", 23.09.2021).
  • erlassen dürfe. Des Weiteren verletzen die in der salafistischen Rechtsauffassung vorgeschriebenen Körperstrafen für Kapitalverbrechen, die Legitimierung der körperlichen Züchtigung
  • Gott der alleinige Souverän und die salafistische Rechtsauffassung das einzig legitime Gesetz ist. Der Staat, die Bundesrepublik Deutschland und seine
7 ISLAMISMUS VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2021 89 versuchen deren Lebensweise detailgetreu zu kopieren. Die Anhängerschaft dieser Ideologie ist der Überzeugung, dass Probleme der Gegenwart durch die Rückbesinnung auf den vermeintlich "wahren Ur-Islam" gelöst werden können. Anpassungen der Islamauslegung an veränderte gesellschaftliche und politische Gegebenheiten werden durch die Salafist:innen als "unislamisch" kategorisch abgelehnt und führen - so die Vorstellung - zwangsläufig zum "Unglauben". Die Ideologie des Salafismus lässt sich in eine politische und eine jihadistische Strömung unterteilen. Die gewaltorientierte jihadistische Variante ist gleichzusetzen mit dem im vorherigen Kapitel behandelten islamistischen Terrorismus. Vertreter:innen des politischen Salafismus hingegen stützen sich auf intensive Propagandatätigkeiten, um ihre extremistische Ideologie zu verbreiten sowie politischen und gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen. Diese Missionierungstätigkeit wird von ihnen als da'wa bezeichnet. da'wa-Arbeit da'wa bedeutet wörtlich übersetzt "Ruf" und kann als "Einladung zum Islam" verstanden werden. Einige Muslim:innen sehen es als ihre besondere Pflicht an, andere Menschen über den Islam aufzuklären und sie auf diese Weise zu bekehren. So heißt es im Koran (Sure 16, Vers 125): "Ruf [die Menschen] mit Weisheit und einer guten Ermahnung auf den Weg deines Herrn und streite mit ihnen auf eine möglichst gute Art." Nach islamischer Lehre erfolgt die Bekehrung ohne Androhung oder Anwendung von Gewalt. Insofern sind da'wa-Aktivitäten ohne extremistischen Hintergrund von der Religionsfreiheit gedeckt und für die Arbeit des Verfassungsschutzes entsprechend irrelevant. Eine fundamentalistische Religionsausübung ist nicht zwangsläufig verfassungsfeindlich. Da jedoch der politische Salafismus seiner Islaminterpretation absoluten Geltungsanspruch einräumt, stellt er eine gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete extremistische Bestrebung dar. So lehnen Salafist:innen die Demokratie als politisches System grundsätzlich ab, da nur Gott Gesetze erlassen dürfe. Des Weiteren verletzen die in der salafistischen Rechtsauffassung vorgeschriebenen Körperstrafen für Kapitalverbrechen, die Legitimierung der körperlichen Züchtigung der Frau und die Beschränkung ihrer Freiheitsrechte sowie die fehlende Religionsfreiheit die im Grundgesetz konkretisierten Grundbzw. Menschenrechte. Salafistische Aktivitäten in Deutschland Die salafistische Szene in Deutschland war lange Zeit maßgeblich über verschiedene überregional vernetzte Vereine organisiert. Diese wurden von ausschließlich männlichen Predigern, sog. "Szenegrößen", geleitet, deren Anhängerschaft weit über die Vereine hinausging. Frauen agieren gemäß der Ideologie im Hintergrund. In den letzten Jahren hat sich die Szene intern in großen Teilen zerstritten und öffentlichkeitswirksame Aktionen gingen weitestgehend zurück. Grund hierfür war zum einen ein interner Disput über die Legitimität des sog. "Islamischen Staats" (IS) und andererseits ein gestiegener Druck durch sicherheitsbehördliche Maßnahmen. So wurden nahezu alle überregional tätigen Vereinigungen durch das BMI verboten. 2021 erfolgte durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport in Berlin das Verbot des Vereins "Jama'atu Berlin" alias "Tauhid Berlin". Die "Jama'atu Berlin" alias "Tauhid Berlin" richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung, so die Begründung des Verbots. Die Vereinigung strebte eine Ordnung an, in der Gott der alleinige Souverän und die salafistische Rechtsauffassung das einzig legitime Gesetz ist. Der Staat, die Bundesrepublik Deutschland und seine Vertreter wurden von der "Jama'atu Berlin" alias "Tauhid Berlin" rigoros abgelehnt und die Legitimität staatlicher Institutionen, insbesondere der Polizei und Justiz,
  • besonderen Stellenwert ein, wobei erstere eher linksextremistisch und die zuletzt genannte eher rechtsextremistisch ausgerichtet ist. 8.1 "Arbeiterpartei Kurdistans
104 8 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2021 same Aktionen im Heimatstaat unterstützen, etwa durch Aufrufe zur Gewalt oder durch logistisch-finanzielle Hilfe. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung wird durch ausländerextremistische Bestrebungen gefährdet, wenn Kaderstrukturen beabsichtigen, demokratische Grundregeln in Deutschland außer Kraft zu setzen bzw. demokratische Strukturen gezielt zu unterwandern, um ihre Positionen in den politischen Willensbildungsprozess einzubringen. Im Jahr 2020 umfasste das extremistische Personenpotenzial mit Auslandsbezug in Deutschland rund 30.000 Personen, wobei die Gruppierungen aus verschiedenen Herkunftsländern stammen. In Bremen nehmen die zwei türkischen Organisationen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und die "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) einen besonderen Stellenwert ein, wobei erstere eher linksextremistisch und die zuletzt genannte eher rechtsextremistisch ausgerichtet ist. 8.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Die größte Gruppe unter den ausländischen Extremist:innen in Deutschland bildete im Jahr 2021 mit etwa 14.500 Anhänger:innen nach wie vor die verbotene kurdische Organisation PKK. Die PKK sowie ihre Nachfolgeorganisationen sind in Deutschland seit 1993 bzw. 2004 aufgrund vielfältiger, teilweise gewaltsamer Unterstützungshandlungen ihrer hier lebenden Anhänger:innen für die Mutterorganisation verboten. Die EU stuft die PKK seit 2002 als terroristische Organisation1 ein. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jedoch am 15. November 20182 entschieden, dass die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der sog. EU-Terrorliste geführt wurde. Nach Ansicht des Gerichts habe der EU-Ministerrat nicht hinreichend begründet, weshalb die PKK auf der Liste zu führen sei. Außerdem hätten u. a. die aktuellen Entwicklungen und der Friedensaufruf des PKK-Gründers Abdullah Öcalan zum Newroz-Fest 2013 beachtet werden müssen. Der Antrag auf rückwirkende Streichung von der Terrorliste seit 2002 wurde aber zurückgewiesen. Seit dem Jahr 2019 lag ein neuer, gleichlautender Beschluss seitens des Ministerrats zur Nennung auf der EU-Terrorliste vor, der seitens des EuGH nicht infrage gestellt wurde3. In dem Urteil heißt es: "Im Übrigen wird der Antrag, die Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates vom 27.12.2001 [...] für die PKK unanwendbar zu erklären, zurückgewiesen." Die kurdischen Extremisten:innen stellen, wie auch im Vorjahr, mit rund 750 Anhänger:innen auch in Bremen die mitgliederstärkste Gruppe unter den extremistischen Organisationen mit Auslandsbezug dar. Sie organisieren sich überwiegend im "Verein zur Förderung demokratischer Gesellschaft Kurdistans" ("Birati e.V."), der als regionales Ausführungsorgan der PKK fungiert. In den 1990er-Jahren waren im Zusammenhang mit dem Verbot der PKK in Bremen vier "Unterstützervereine" sowie deren Flagge der PKK-Nachfolgeorganisation Nachfolgeorganisationen verboten worden. Die PKK-Anhänger:innen in Bremen grün"KCK" (Koma Civaken Kurdistan) deten jedoch jeweils unmittelbar nach den Verboten neue Vereine. Entwicklung der PKK Die 1978 von dem noch heute amtierenden PKK-Führer Abdullah Öcalan gegründete Organisation erhebt den Anspruch, alleinige Vertreterin aller Kurd:innen zu sein. Die Kurd:innen bilden eine ethnische Volksgruppe, die vorwiegend in der Türkei, jedoch auch im Irak, im Iran und in Syrien lebt. Während das anfängliche Ziel der PKK in der Errichtung eines kurdischen Nationalstaates bestand, kämpft sie nunmehr für die politisch-kulturelle Autonomie der Kurd:innen innerhalb des türkischen Staates. Hierfür 1 EU-Durchführungsverordnung 2021/138 vom 05.02.2021, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union am 08.02.2021 2 EuGH vom 15.11.2018, Az.: T-316/14 3 EuGH vom 15.11.2018, Az.: T-316/14
  • Graue Wölfe" Allgemein Die "Ülkücü" ("Idealisten") sind eine türkisch-rechtsextreme Bewegung, deren Ursprünge nahezu 100 Jahre zurückreichen. Sie bezeichnet heute
  • Anschauungen. "Innere" Feinde sind traditionell Kurd:innen, Kommunist:innen, linke Oppositionelle sowie die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, welche
  • demokratisch. In der Vergangenheit forderten führende Mitglieder, die demokratischen Rechte in Deutschland wahrzunehmen und sich gezielt politisch und gesellschaftlich
  • Bundesregierung auf Kleine Anfrage zum Thema "Aktivitäten der rechtsextremen Grauen Wölfe", Drucksache 19/21060
110 8 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2021 8.2 "Ülkücü"-Bewegung / "Graue Wölfe" Allgemein Die "Ülkücü" ("Idealisten") sind eine türkisch-rechtsextreme Bewegung, deren Ursprünge nahezu 100 Jahre zurückreichen. Sie bezeichnet heute eine Ideologie, die eine nationale Einigung aller Turkvölker in einem einzigen, als ethnisch homogen verstandenen Staat zum Ziel hat. Dieses angestrebte "großtürkische Reich" wird mit dem Begriff "Turan" bezeichnet. Zu Vordenkern der Bewegung werden Nihal Atsiz (1905 - 1975) und der spätere Gründer der türkischen Partei MHP4, Alparslan Türkes (1917 - 1997), gezählt. In der Gründungszeit der MHP zeigte sich vor allem deren Jugendorganisation "Bozkurtlar" ("Graue Wölfe") äußerst gewalttätig. Die "Ülkücü"-Ideologie basiert auf nationalistischen, rassistischen und islamischen bis hin zu islamistischen Elementen und ist in der Gesamtschau antidemokratisch. Der übersteigerte Nationalismus der "Ülkücü"-Bewegung zeigt sich vor allem in der Forderung nach der "Wiedervereinigung" aller Turkvölker in einem Staat "Turan". Die Anhängerschaft geht von einer Überlegenheit des Türkentums gegenüber anderen Völkern und Staaten aus. Auch wenn die verschiedenen (Unter-)Organisationen der "Ülkücü"-Bewegung in ihren Publikationen in der Regel auf offenen Rassismus verzichten, bleiben sie diesem Gedankengut stets verbunden. Die "Ülkücü"-Ideologie ist geprägt von einem Freund-Feind-Denken. Die identitätsstiftenden Feindbilder stützen sich auf rassistische - vornehmlich kurdenfeindliche und antisemitische - Anschauungen. "Innere" Feinde sind traditionell Kurd:innen, Kommunist:innen, linke Oppositionelle sowie die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, welche von der türkischen Regierung für den 2016 gescheiterten Putschversuch verantwortlich gemacht und in Folge dessen zur Terrororganisation erklärt worden ist.5 Jüd:innen wird in der "Ülkücü"-Ideologie eine negative Sonderstellung zugeschrieben. Dies offenbart sich unter den Anhängern zumeist offen, wenn der Staat Israel durch eine sich wie zuletzt im Mai 2021 verschärfende Lage im Nahost-Konflikt im Fokus steht und stellvertretend für alle Jüd:innen als Feind gebrandmarkt wird. In der Rhetorik der "Ülkücü"-Bewegung wird auch Gewaltbefürwortung deutlich. Die Verherrlichung der kriegerischen Vergangenheit des Osmanischen Reiches und antiker "Turk"-Kriegsherren in Verbindung mit konkreten Territorialansprüchen, die das Staatsgebiet zahlreicher souveräner Staaten umfassen, impliziert eine Neigung zur notfalls gewalttätigen, jedenfalls völkerverständigungswidrigen Durchsetzung der ideologischen Ziele. Die "Ülkücü"-Vereine in Deutschland vermeiden einen zumindest offenen Antisemitismus und geben sich nach außen überwiegend legalistisch und demokratisch. In der Vergangenheit forderten führende Mitglieder, die demokratischen Rechte in Deutschland wahrzunehmen und sich gezielt politisch und gesellschaftlich zu betätigen, um Einfluss auszuüben. In der Vergangenheit wurden Fälle bekannt, in denen Mitglieder örtlicher Ülkücü-Vereine in Integrationsräte gewählt wurden oder Ülkücü-Vereine mit eigener Liste erfolgreich an Integrationswahlen teilgenommen haben.6 Dies darf insoweit nicht als Anerkennung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstanden werden, sondern als gezielte politische Einflussnahme bzw. Unterwanderung im Sinne einer türkisch-nationalistischen Ideologie. "Ülkücü" sehen sich nicht nur als alleinige Hüter der Ideologie der "Nationalistischen Bewegung" in Deutschland, sondern generell als Hüter türkischer Werte und Kultur. Eine derartige auf Volkszugehörigkeit und übersteigertem Nationalismus gründende Identität kann in einer pluralistisch geprägten Gesellschaft jedoch unterschiedliche Konflikte hervorrufen. Sie führt 4 "Milliyetci Hareket Partisi" - "Partei der Nationalistischen Bewegung" 5 In diesem Zusammenhang wird von türkischer Seite auch der Begriff FETÖ, "Fethullahistische Terrororganisation" verwendet. 6 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage zum Thema "Aktivitäten der rechtsextremen Grauen Wölfe", Drucksache 19/21060 vom 14.07.2020.
  • tivierte Kriminalität - rechts". Im Jahr 2021 wurden 108 entsprechende Delikte registriert (2020: 69). Diese Zunahme hatte der Verfassungsschutz für
  • Bundestagswahljahr 2021 auch prognostiziert. Die rechtsextremistische Musikszene konnte trotz der Corona-Schutzmaßnahmen ihre Aktivitäten im Jahr 2021 aufrechterhalten. Die Zahl
  • rechnen. Diese werden jedoch weiterhin eher außerhalb Brandenburgs stattfinden. Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 1993 - 2021 (ohne Liedermacher
tivierte Kriminalität - rechts". Im Jahr 2021 wurden 108 entsprechende Delikte registriert (2020: 69). Diese Zunahme hatte der Verfassungsschutz für das Bundestagswahljahr 2021 auch prognostiziert. Die rechtsextremistische Musikszene konnte trotz der Corona-Schutzmaßnahmen ihre Aktivitäten im Jahr 2021 aufrechterhalten. Die Zahl der Bands lag unverändert hoch bei 24 (2020: 24). Hinzu kommen zusätzlich 19 Liedermacher (2020: 18). Aufgrund des hohen und erfolgreichen Drucks der Sicherheitsbehörden, insbesondere der brandenburgischen Polizei, und den pandemiebedingten Einschränkungen konnten im Jahr 2021 nur zwei Konzerte (2020: 1) stattfinden. Die Zahl der Liederabende ist auf drei gesunken (2020: 5). Die Szene ließ Bands und Liedermacher jedoch verstärkt im Rahmen privater Feierlichkeiten auftreten, um staatliche Exekutivmaßnahmen zu erschweren. Der Verfassungsschutz zählte hier sechs Ereignisse mit Auftritten von Liedermachern und drei Ereignisse mit Auftritten von Bands. Teilweise nahmen bis zu 100 Personen daran teil. Die Sicherheitsbehörden werden sich auf diesen Trend einstellen. Die Veröffentlichung neuer Tonträger ist auf 16 gestiegen (2020: 13). Wenn die Infektionslage vollständig überwunden sein wird, ist ebenso mit einer deutlichen Belebung der Konzertaktivitäten zu rechnen. Diese werden jedoch weiterhin eher außerhalb Brandenburgs stattfinden. Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 1993 - 2021 (ohne Liedermacher) 26 26 24 24 24 24 23 23 23 22 22 20 13 9 4 1993 2002 2005 2007 2009 2010 2011 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Bei der E rstellung der Diagramme wurde auf die Darstellung von J ahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu G unsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Zusammenfassung 15
  • Linksextremismus in Brandenburg 1997 - 2021 anhand ausgewählter Kategorien
  • Mitglieder linksextremistischer Parteien Rote Hilfe e.V. Autonome Bei der E rstellung der Diagramme wurde auf die Darstellung von J ahreszahlen
Linksextremismus in Brandenburg 1997 - 2021 anhand ausgewählter Kategorien 450 400 400 350 350 360 360 360 340 300 300 305 250 240 240 240 240 225 215 210 200 190 175 180 170 150 155 155 130 130 130 100 100 95 85 65 50 60 60 60 50 40 0 1997 2001 2003 2010 2012 2013 2016 2018 2019 2020 2021 Mitglieder linksextremistischer Parteien Rote Hilfe e.V. Autonome Bei der E rstellung der Diagramme wurde auf die Darstellung von J ahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu G unsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Islamischer Extremismus Die Zahl islamischer Extremisten steigt seit dem Jahr 2013 kontinuierlich an. Im Jahr 2021 wurden 210 gezählt (2020: 200), was einen neuen Höchststand markiert. Das salafistische Personenpotenzial beträgt unverändert 160. Der Salafismus ist der geistige Nährboden für den Jihadismus und sich schnell radikalisierende Einzeltäter. Im Jahr 2021 wurden mehrere salafistische Bestrebungen bundesweit verboten. Bei zweien davon war Brandenburg betroffen. Die eine verbreitete Propaganda des terroristischen "Islamischen Staats" (IS), die andere unterstützte Islamisten und Terrororganisationen finanziell unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe. Rund 80 Personen (2020: 70) weisen Bezüge zur "Islamistischen Nordkaukasischen Szene" auf. Diese sind relevant, denn Gruppierungen im Kaukasus hatten sich teilweise dem terroristischen "Islamischen Staat" (IS) unterstellt. Eine erhöhte Gefährdung ergibt sich nach wie vor daraus, dass in den letzten Jahren unter Ausnutzung der Flüchtlingsmigration auch islamische Extremisten nach Deutschland gekommen sind. Darunter solche, die über Kampferfahrung als Jihadisten verfügen. Durch den militärischen Zusammenbruch des terroristischen "Islamischen Staats" versuchen zudem diejenigen nach Deutschland zurückzukehren, die zuvor aus Deutschland ausgereist waren, um sich dem IS oder anderen Terrororganisationen anzuschließen. Gleichzeitig steht Brandenburg vor der Herausforderung, Einflussnahmeversuche von Islamisten auf die 18 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • Verfassungsschutz vor der intensiven Nutzung sozialer Medien durch Extremisten. Rechtsextremistische Inhalte werden mit dem Ziel getarnt, mittelbis langfristig Begriffe
  • Eine Verbindung zu den durch den sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung eingestuften "Freien Sachsen" konnte nicht festgestellt werden. 32 Telegram
Telegram-Kanäle mit Bezügen nach Brandenburg: Seit Längerem warnt der brandenburgische Verfassungsschutz vor der intensiven Nutzung sozialer Medien durch Extremisten. Rechtsextremistische Inhalte werden mit dem Ziel getarnt, mittelbis langfristig Begriffe zu besetzen, um die Deutungshoheit über wichtige gesellschaftliche Entwicklungen zu erlangen. Hierfür werden verschiedene Strategien genutzt. Zum einen versucht die Szene, ihre Agenda zielgruppenorientiert zu veröffentlichen. Dafür werden sogar teilweise eher unpolitische Telegram-Kanäle genutzt, um auf diesem Wege neue Mitglieder zu ködern. Zum anderen setzt die Szene auf eine breite Präsenz im Internet, um eine weitläufige Verbreitung ihrer Inhalte zu erzwingen. Die erhöhte Reichweite ist vor allem für unerfahrene Internetnutzer und Jugendliche gefährlich, da der Eindruck entsteht, fremdenfeindliche und rassistische Positionen seien gesellschaftsfähig.30 Genau dies ist ein niederschwelliges Element der Entgrenzung von Extremismus, also dem Herstellen von Anschlussfähigkeit extremistischer Positionen in der Mitte der Gesellschaft. Im Zuge der Pandemie gründeten sich innerhalb kürzester Zeit mehrere Gruppen und Kanäle auf Telegram mit regionalem Bezug nach Brandenburg, welche sich gegen die Corona-Schutzmaßnahmen richteten. Dazu zählt beispielsweise der Kanal "Freie Brandenburger31 - der INFO-Kanal", welcher zusätzlich über untergeordnete Kanäle wie etwa "Freie Brandenburger - Chat" verfügt. Er gehört zu den am längsten bestehenden Kanälen und wurde bereits im August 2020 erstellt.32 30 Vgl. CEMAS: "Die Bundestagswahl 2021. Welche Rolle Verschwörungsideologien in der Demokratie spielen." 2021, https://cemas.io/publikationen/die-bundestagswahl-2021-welcherolle-verschwoerungsideologien-in-der-demokratie-spielen/die-bundestagswahl-2021-welcherolle-verschwoerungsideologien-in-der-demokratie-spielen.pdf (letzter Zugriff am: 07.04.2022). 31 Eine Verbindung zu den durch den sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung eingestuften "Freien Sachsen" konnte nicht festgestellt werden. 32 Telegram-Kanal "Freie Brandenburger - der Info-Kanal" (letzter Zugriff am 25.02.2022). 38 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • TikTok wurde in den vergangenen Jahren bereits von bekannten rechtsextremistischen Akteuren genutzt. Beispielsweise verfügen der Verdachtsfall "AfD Brandenburg
  • rechtsextremistischen Bestrebungen "DER DRITTE WEG", COMPACT sowie die "Identitäre Bewegung Berlin Brandenburg" über einen TikTok-Account. Derzeit wird dort allerdings
schaften schnell, kostengünstig und direkt an Jugendliche weiterzuleiten. Die Absichten der Absender sind nicht gleich erkennbar und Jugendliche konsumieren die Inhalte, ohne diese kritisch zu hinterfragen.45 Extremisten nutzen dabei aus, dass es insbesondere jungen Menschen schwerfällt, extremistische Inhalte zu erkennen, sie entsprechend einzuordnen und zu verstehen. Laut dem Vorsitzenden der Kommission für Jugendmedienschutz werden Minderjährige von Extremisten zielgruppenspezifisch angesprochen, um sie schrittweise an verfassungsfeindliche Ideologien heranzuführen.46 60 Prozent der TikTok-Nutzer sind zwischen 16 und 24 Jahre alt. Das macht sie für Extremisten und deren Nachwuchsrekrutierungsstrategien interessant. TikTok wurde in den vergangenen Jahren bereits von bekannten rechtsextremistischen Akteuren genutzt. Beispielsweise verfügen der Verdachtsfall "AfD Brandenburg"47 und die rechtsextremistischen Bestrebungen "DER DRITTE WEG", COMPACT sowie die "Identitäre Bewegung Berlin Brandenburg" über einen TikTok-Account. Derzeit wird dort allerdings verhältnismäßig wenig - bislang nur ein Video - veröffentlicht.48 COMPACT folgen lediglich wenige Personen. 45 Vgl. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen: "Forschungsbericht Nr. 151. Perspektiven von Jugendlichen." 2019, https://kfn.de/wp-content/uploads/Forschungsberichte/ FB_151.pdf (letzter Zugriff am: 04.01.2022). 46 Vgl. Homepage Fachkräfte Portal der Kinderund Jugendhilfe: "Flüchtige Social-Media Formate enthalten extremistische Inhalte." 29.10.2021, https://www.jugendhilfeportal.de/fokus/ digitalisierung-und-medien/artikel/fluechtige-social-media-formate-enthalten-extremistischeinhalte/ (letzter Zugriff am: 07.01.2022). 47 Siehe FN 6. 48 Vgl. TikTok-Kanal von Compact: Video vom 13.08.2021 (letzter Zugriff am: 07.04.2022). Aktuelle Entwicklungen im Cyber-Extremismus 43
  • Schutzschirm für Kameradschaften, Freie Kräfte und andere wenig organisierte Rechtsextremisten an. Diese nutzten die Möglichkeit sehr intensiv, unter dem gesetzlichen
  • davon inspiriert werden können. 74 Siehe FN 6. Rechtsextremismus
Bewertung / Ausblick Die NPD ist eine verfassungsfeindliche Partei. Sie bot sich über Jahre als Schutzschirm für Kameradschaften, Freie Kräfte und andere wenig organisierte Rechtsextremisten an. Diese nutzten die Möglichkeit sehr intensiv, unter dem gesetzlichen Schutz des Parteienprivilegs ihren neonationalsozialistischen Geschäften nachzugehen. Im Mittelpunkt der Parteiarbeit stand 2021 die Opposition gegen die pandemiebedingten Einschränkungen. Nennenswerte Erfolge erzielte die NPD aber nicht. Der Landesverband der NPD lebt weiterhin von einigen wenigen Multifunktionären. Die Kreisverbände liegen weitgehend brach. Schon der Ausfall eines Aktivpostens kann solche Stagnationen herbeiführen. Zudem verliert die NPD durch die sich stramm neonationalsozialistisch gebende Organisation "DER DRITTE WEG" und durch die AfD74 zusehends an Attraktivität. Ob sich die NPD von diesem Niedergang erholt, ist derzeit offen. In den vergangenen Jahrzehnten ist es ihr jedoch immer wieder gelungen, schwere Krisen zu überwinden. Einzig die Jugendorganisation der Partei, die Jungen Nationalisten, streben in Brandenburg zumindest danach, ein gewisses Aktivitätsniveau aufrechterhalten zu wollen. Es bleibt abzuwarten, ob die Mutterpartei noch Restpotenziale hat, die davon inspiriert werden können. 74 Siehe FN 6. Rechtsextremismus 59
  • kungen versuchte die Kleinstpartei, neben vielen anderen rechtsextremistischen Akteuren, zu vereinnahmen. In Brandenburg unterhielt "DER DRITTE WEG" im Jahr
  • Akteuren der verbotenen Gruppierung "Weiße Wölfe Terrorcrew" und von Rechtsextremisten aus anderen Bundesländern. 75 Für weiterführende Informationen zu "Freien Kräften
kungen versuchte die Kleinstpartei, neben vielen anderen rechtsextremistischen Akteuren, zu vereinnahmen. In Brandenburg unterhielt "DER DRITTE WEG" im Jahr 2021 nach eigener Darstellung die drei Stützpunkte "Uckermark", "Mittelmark (Havel)" und "Potsdam/ Mittelmark". Obgleich öffentlich kaum wahrnehmbar wird mit der Nennung der Stützpunkte auf der Partei-Webseite eine größere Basis und tiefere Verwurzelung im kommunalen Raum vorgetäuscht. Hinzu kommen einzelne regionale Akteure ohne formale Anbindung an offizielle regionale Strukturen. Aus innerparteilicher Perspektive ist die Wahl des in der Uckermark wohnhaften Matthias Fischer zum neuen Bundesvorsitzenden hervorzuheben. Mit dieser Entscheidung vom 13. November 2021 löste ein ideologisch geschulter Parteikader, der den Aufbau und die Festigung der Kleinstpartei weiter gezielt vorantreiben wird, den bisherigen Vorsitzenden Klaus Armstroff ab. Da Armstroff jedoch weiterhin als stellvertretender Bundesvorsitzender aktiv bleibt, kann der Wechsel an der Parteispitze letztlich als Personalrochade bezeichnet werden. Mitglieder und Sympathisanten der Partei traten im Jahr 2021 zumeist mit Flugblattverteilungen, Infoständen, Demonstrationen und angeblichen "Streifengängen" öffentlich in Erscheinung. Einen Schwerpunkt in Brandenburg bildete der regionale Wirkungskreis des Stützpunktes "Uckermark" und der Nordwesten des Bundeslandes. In diesem Zusammenhang ist ein zunehmender Expansionsdrang der Partei "DER DRITTE WEG" festzustellen. Insbesondere im letzten Drittel des Jahres 2021 zeigte die Kleinstpartei in den Landkreisen Prignitz und OstprignitzRuppin Präsenz. Der Umfang der verteilten Flyer in der Region und die Verstetigung der Demonstrationen unter Beteiligung der Partei sprechen für einen Aufbau weiterer regionaler Parteistrukturen. Zudem wurden altbekannte Neonationalsozialisten mit langem Vorlauf in der NPD und in der 2006 verbotenen Organisation "Schutzbund Deutschland" augenscheinlich in die Partei integriert. Maßgeblich waren diese Akteure in die Organisation regionaler Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, insbesondere in Wittenberge (PR) und Wittstock (OPR), eingebunden. Unterstützung erhielt die Partei dabei von Protagonisten der selbst aufgelösten "Freien Kräfte Prignitz" (FKP), der "Freien Kräfte Neuruppin/ Osthavelland" (FKN/O)75 sowie von Akteuren der verbotenen Gruppierung "Weiße Wölfe Terrorcrew" und von Rechtsextremisten aus anderen Bundesländern. 75 Für weiterführende Informationen zu "Freien Kräften" siehe Kap. 3.4. 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • Veranstaltungsauftakt bildete am 13. Februar 2021 - ein Pflichttermin der rechtsextremistischen und geschichtsrevisionistischen Szene - die Teilnahme am "Trauermarsch" anlässlich des Jahrestages
  • Dieses gilt zum Beispiel für den ehemaligen Vorsitzenden des rechtsextremistischen "Bürgerbündnis Havelland e.V.", der sich in Olpe ganz
Während im Jahr 2020 die pandemiebedingten Einschränkungen auch die Kleinstpartei selbst betrafen, da Veranstaltungen nicht durchgeführt werden konnten, kam es 2021 zu Lockerungen, die der Partei beispielsweise Möglichkeiten eröffnete, Demonstrationen und andere Aktivitäten durchzuführen. Den Veranstaltungsauftakt bildete am 13. Februar 2021 - ein Pflichttermin der rechtsextremistischen und geschichtsrevisionistischen Szene - die Teilnahme am "Trauermarsch" anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens (Sachsen) durch die Alliierten im Februar 1945. Fast schon traditionell mobilisierte "DER DRITTE WEG" danach bundesweit zum nationalrevolutionären Arbeiterkampftag, dem 1. Mai. Die geplante Veranstaltung sollte im Jahr 2021 in Zwickau (Sachsen) stattfinden. Ein Veranstaltungsverbot setzte diesem jedoch schnell ein Ende. Die Partei versuchte daraufhin kurzfristig nach Leipzig (Sachsen) auszuweichen, was jedoch gerichtlich ebenfalls untersagt wurde. Letztlich konnte lediglich in Plauen (Sachsen) eine sehr kleine Veranstaltung stattfinden. Am 3. Juli 2021 organisierte "DER DRITTE WEG" in Olpe (Nordrhein-Westfalen) den "Tag der Heimattreue". Die Partei versuchte mit der Vorstellung ihrer verschiedenen Arbeitsgruppen, diversen Redebeiträgen, einem Handwerkermarkt, Kampfsportvorführungen und einem geselligen Beisammensein auf Bierbänken eine Art Volksfest für Deutsche auf die Beine zu stellen. Neben Matthias Fischer waren viele andere brandenburgische Akteure anwesend. Dieses gilt zum Beispiel für den ehemaligen Vorsitzenden des rechtsextremistischen "Bürgerbündnis Havelland e.V.", der sich in Olpe ganz in der Kleidung der Partei "DER DRITTE WEG" zeigte. Das ist durchaus bemerkenswert, da die Person ehemaliger brandenburgischer Landesvorsitzender der Republikaner ist. Überregionale Beachtung fand Ende Oktober 2021 die Kampagne "Werde G renzgänger". Hier versuchte die Partei unter anderem an der deutsch-polnischen Grenze das Gewaltmonopol des Staates durch selbst durchgeführte Streifengänge zu unterlaufen. "DER DRITTE WEG" beabsichtigte in bürgerwehrähnlicher Weise, die Grenze und die "Heimat vor illegal einreisenden Ausländern [zu schützen!]"78 Hintergrund waren die seinerzeit zunehmenden Grenzübertritte von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze zu Belarus Richtung Westen. Wieder einmal versuchte die Partei, die Migrationssituation für sich zu nutzen und sprach von einer nie aufhörenden Asylflut, von Asylfordernden, von "sogenannten Geflüchteten" und stellte diese pauschal unter Terrorismusverdacht. 78 Homepage "DER DRITTE WEG": "Werde Grenzgänger - Schütze Deine Heimat vor illegal einreisenden Ausländern!" 17.10.2021 (letzter Zugriff am 28.02.2022). 64 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • sind diese Strukturen und deren Akteure in das bundesweite rechtsextremistische Netzwerk eingebunden. Der hohe Organisationsgrad der einzelnen Mitglieder gepaart
  • sich und seine Mitglieder stellt, werden von der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg nur selten erfüllt. Das Personenpotenzial der Partei wird
Bemerkenswert ist, dass auch die "Identitäre Bewegung" 2021 versuchte, an dieser Kampagne zu partizipieren. Die IB verkündete am 24. Oktober 2021 auf ihrer Webseite "erfolgreiche "G renzgänge" in Sachsen und Brandenburg" durchgeführt zu haben.80 Trotz pandemiebedingter Einschränkungen konnte Mitte November 2021 das alljährliche "Heldengedenken" mit einem Aufmarsch in Wunsiedel (Bayern) stattfinden. Doch selbst hier tat sich die Partei schwer. Es konnten deutlich weniger Teilnehmer als in den Vorjahren mobilisiert werden. Zur Bundestagswahl am 26. September 2021 trat "DER DRITTE WEG" in Bayern und Sachsen an, scheiterte aber mit relativ wenigen Stimmen. In Sachsen wurden 4.288 Zweitstimmen gewonnen, in Bayern lediglich 3.544.81 Bereits während des Wahlkampfes provozierte die Kleinstpartei mit Plakaten, auf denen der Slogan "HÄNG T DIE G R ÜNE N!" zu lesen war. Sowohl in Bayern als auch in Sachsen musste die Partei Niederlagen vor den Verwaltungsgerichten hinnehmen und die Plakate abhängen. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht begründete dies unter anderem vor dem Hintergrund des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Jahr 2019. Im Urteil heißt es, es handelt "sich bei einem Aufruf 'HÄNG T DIE G R ÜNE N!' nicht um eine im R ahmen der M einungsfreiheit hinzunehmende Aussage, sondern um die Schaffung einer Gefahr für den politischen und gesellschaftlichen F rieden."82 Bewertung / Ausblick Die Kleinstpartei "DER DRITTE WEG" hat im Land Brandenburg in den letzten Jahren gefestigte Strukturen aufgebaut. Mit dem Parteivorsitzenden Fischer sind diese Strukturen und deren Akteure in das bundesweite rechtsextremistische Netzwerk eingebunden. Der hohe Organisationsgrad der einzelnen Mitglieder gepaart mit dem oftmals uniformierten Auftreten in der Öffentlichkeit soll ein heimatverbundenes, politisch engagiertes und diszipliniertes Bild vermitteln. Die hohen Anforderungen, die "DER DRITTE WEG" an sich und seine Mitglieder stellt, werden von der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg nur selten erfüllt. Das Personenpotenzial der Partei wird, abgesehen von geringfügigen Steigerungen, insgesamt eher niedrig bleiben. 80 Homepage "Identitäre Bewegung": "Erfolgreiche "Grenzgänge" in Sachsen und Brandenburg", 24.10.2021 (letzter Zugriff am 28.02.2022). 81 Vgl. Der Bundeswahlleiter: "Bundestagswahl 2021", Ergebnisse (letzter Zugriff am 12.02.2022). 82 Sächsisches OVG, Beschluss v. 21.09.2021, Az. 6 B 360/2.1. 66 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • entgehen. Sie traten geschlossen in die Partei "DIE RECHTE" ein und bildeten den "Kreisverband Märkisch-Oderland-Barnim". Auf diese Weise
  • hier aktionshemmend. 83 Für weiterführende Informationen zu Immobilien der rechtsextremistischen Szene siehe Kap. 3.12. Rechtsextremismus
Grund für die Beobachtung / Verfassungsfeindlichkeit Kameradschaften bekennen sich zur nationalsozialistischen Weltanschauung und zeichnen sich durch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt aus. Sie überhöhen sich als "politische Soldaten". Vermeintlich Fremde und auch politische Gegner gelten als Feinde, denen das Existenzrecht abgesprochen wird. Damit wird Gewalt gegen diese legitimiert. Ideologische Grundlage ist ein rassenbiologisch geprägtes, völkisches Menschenbild und die Vorstellung einer antipluralistischen Gesellschaft sowie eines autoritären Staates. Kameradschaften huldigen nationalsozialistischen Gallionsfiguren wie Horst Wessel und Rudolf Heß. Sie glorifizieren NS-Organisationen wie die Wehrmacht sowie die Waffen-SS und führen Traditionen aus der Zeit des Nationalsozialismus fort. Insbesondere begehen sie "Szene"-Feiertage, die sie als "Heldengedenktage" missdeuten. Die Szene feiert beispielsweise Hitlers Geburtstag. Entwicklungen im Berichtszeitraum "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) Die "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) ist in Bad Freienwalde (MOL) verortet. Sie verfügt dort über eine Liegenschaft, welche als Treffort für Szeneveranstaltungen dient.83 Bereits 2010 verkündete die Gruppierung ihre Selbstauflösung. Allerdings sind seither weiterhin Aktivitäten feststellbar. Dabei spielt innere Betriebsamkeit eine wichtigere Rolle als Aktionen mit Außenwirkung. Bewusst nutzten die Mitglieder 2014 das Parteienprivileg des Grundgesetzes, um einem möglichen Verbot zu entgehen. Sie traten geschlossen in die Partei "DIE RECHTE" ein und bildeten den "Kreisverband Märkisch-Oderland-Barnim". Auf diese Weise konnten sie ihr Label KMOB beibehalten. Zum 31. Januar 2018 verließen die Mitglieder dann geschlossen wieder die Partei. Seither führt KMOB ihren "Kampf um Deutschland" und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erneut als Kameradschaft fort. Trotz dieser Ankündigung sind öffentliche Auftritte der KMOB auch im Jahr 2021 nicht bekannt geworden. Die Einschränkungen durch die pandemische Lage wirkten hier aktionshemmend. 83 Für weiterführende Informationen zu Immobilien der rechtsextremistischen Szene siehe Kap. 3.12. Rechtsextremismus 71
  • antiquierte Konzept "Kameradschaft" hat mittlerweile selbst für brandenburgische Rechtsextremisten massiv an Bedeutung verloren. Öffentliche Aktionen und Auftritte finden quasi nicht
  • Wirkung gezeigt. Andere Organisationsformen - insbesondere im Spektrum der "Neuen Rechten" - haben aufgrund ihres jugendaffinen Auftretens eine höhere Anziehungskraft auf heranwachsende
  • Rechtsextremisten. 72 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg
Bewertung / Ausblick Das antiquierte Konzept "Kameradschaft" hat mittlerweile selbst für brandenburgische Rechtsextremisten massiv an Bedeutung verloren. Öffentliche Aktionen und Auftritte finden quasi nicht mehr statt. Nur noch wenige Akteure verfolgen das Konzept und bekennen sich zu den kaum anschlussfähigen Strukturen. Diese alten Kameradschaften finden kaum noch einen Platz zwischen den streng hierarchisch organisierten Bruderschaften, den eher informellen Netzwerken und den weitgehend lose organisierten "Freien Kräften", die bewusst auf Strukturen verzichten. Häufig sind es bereits jahrzehntelang aktive Mitglieder, die an der Struktur festhalten, ohne dabei noch Anspruch auf Mobilisierungen oder Breitenwirkung zu entfalten. Unattraktiv sind herkömmliche Kameradschaften unter anderem aufgrund ihrer nicht vorhandenen Massenkompatibilität, ihrer Nichtpräsenz in den Sozialen Medien und ihrer geringen Ausstrahlung. Staatliche Repressionen und Vereinsverbote haben zudem Wirkung gezeigt. Andere Organisationsformen - insbesondere im Spektrum der "Neuen Rechten" - haben aufgrund ihres jugendaffinen Auftretens eine höhere Anziehungskraft auf heranwachsende Rechtsextremisten. 72 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • Konferenzen für Souveränität" aus. Dort treten Personen aus dem rechtsextremistischen, neurechten und verschwörungsideologischen Milieu auf. Die Konferenzen dienen dem inhaltlichen
  • Medien beziehen sich auf den Stand von Dezember 2021. Rechtsextremismus
Parteiunabhängige Strukturen 5: COMPACT-Magazin GmbH Sitz / Verbreitung Die COMPACT-Magazin GmbH hat ihren offiziellen Sitz in Werder an der Havel (PM). Von dort aus werden Formate wie das COMPACT-Magazin für Souveränität und die Sonderausgaben des Magazins verlegt. Die Printmagazine werden bundesweit sowie im Ausland vertrieben. Neben der Printausgabe existiert eine Online-Version des Magazins. Darüber hinaus werden vom Unternehmen auf einer eigenen Webseite und Online-Plattformen sowohl Online-Beiträge als auch Videos verbreitet.114 Gründung / Bestehen Die Printausgabe des COMPACT-Magazins erscheint seit dem Jahr 2010. Chefredakteur ist Jürgen Elsässer. Struktur / Reichweite Eigenen Angaben zufolge lag die monatliche Auflage des COMPACT-Magazins 2020 bei etwa 40.000 Exemplaren.115 Neben der Zeitschrift wird ein eigener YouTube-Kanal mit dem Namen "COMPACT TV" betrieben. Er verfügt über rund 153.000 Abonnenten. Zudem ist COMPACT in den Sozialen Medien auf Twitter (etwa 32.000 Follower), vk.com (etwa 3.000 Abonnenten), Telegram (etwa 62.000 Abonnenten) und Instagram (etwa 300 Follower) aktiv.116 Darüber hinaus verfügt das Magazin über eine eigene Webseite. Des Weiteren richtet COMPACT seit 2012 jährliche "Konferenzen für Souveränität" aus. Dort treten Personen aus dem rechtsextremistischen, neurechten und verschwörungsideologischen Milieu auf. Die Konferenzen dienen dem inhaltlichen Austausch und der Vernetzung. Personenpotenzial: Mitglieder / Anhänger / Unterstützer Im Berichtsjahr 2021 schrieben sechs offizielle Redakteure und eine Reihe an Gastautoren regelmäßig für die Printausgabe des Magazins. 114 In die Bewertung der COMPACT GmbH werden alle Publikationsformate des Magazins sowie Social-Media-Auftritte berücksichtig. Bei der Verwendung des Namens COMPACT sind entsprechend alle Publikationsformen eingeschlossen. 115 Vgl. COMPACT 08/2020, S. 8. 116 Die Abonnentenund Followerzahlen in den Sozialen Medien beziehen sich auf den Stand von Dezember 2021. Rechtsextremismus 89
  • zeitweise mehr als 3.000 Personen teil.109 Im Demonstrationsgeschehen zogen rechtsextremistische Protagonisten den Vergleich der Pandemie-Situation mit dem Leben
  • Facebook-Seite Zukunft Heimat, 18.12.2021 (letzter Zugriff am 20.12.2021). Rechtsextremismus
Deutschen zum internationalen Siedlungsgebiet zu machen, das bedeutet eben, kaputt zu machen, was G enerationen vor uns in harter und liebevoller Arbeit aufgebaut haben."106 Auch im Rahmen der Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen wirkten Akteure von "Zukunft Heimat" und der AfD107 Brandenburg gemeinsam, um ihre Anschlussfähigkeit in der Bevölkerung zu erhöhen. Am 18. Dezember 2021 initiierte unter anderem der AfD-Kreisvorsitzende Jean-Pascal Hohm im Schulterschluss mit "Zukunft Heimat" einen von vielen Protesten in Cottbus. Unter dem Motto "Unsere F reiheit ist nicht verhandelbar" mobilisierten Hohm, Hans-Christoph Berndt sowie "Zukunft Heimat" über ihre jeweiligen Online-Profile mit einem identischen Flyer zum "3. C ottbusser Abendspaziergang".108 An dem Protestzug nahmen zeitweise mehr als 3.000 Personen teil.109 Im Demonstrationsgeschehen zogen rechtsextremistische Protagonisten den Vergleich der Pandemie-Situation mit dem Leben in einer Diktatur. So verunglimpfte Hohm in seiner Rede den brandenburgischen Ministerpräsidenten als Repräsentanten einer Diktatur und setzte dessen Rhetorik mit der des früheren Ministers für Staatssicherheit der DDR, Erich Mielke, gleich.110 Im Nachgang dokumentierte "Zukunft Heimat" über Facebook den "Abendspaziergang" als Erfolg "gegen Staatswillkür".111 Das Szeneobjekt "Die Mühle" schloss nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie. In dem Objekt fanden ab März 2020 keine Veranstaltungen mehr statt. 106 YouTube-Video mit Hans-Christoph Berndt, 04.09.2021 (letzter Zugriff am 10.09.2021). 107 Siehe FN 6. 108 Vgl. Facebook-Seite Jean-Pascal Hohm, 13.12.2021 (letzter Zugriff am 30.12.2021), TwitterAccount Hans-Christoph Berndt, 18.12.2021 (letzter Zugriff am 20.12.2021) sowie FacebookSeite Zukunft Heimat, 14.12.2021 (letzter Zugriff am 15.12.2021). 109 Vgl. RBB 24: "Protestzug gegen Corona-Regeln mit tausenden Teilnehmern in Cottbus aufgelöst", 18.12.2021, https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/12/brandenburgberlin-corona-proteste-hennigsdorf-rathenow-cottbus.html (letzter Zugriff am 30.12.2021). 110 Vgl. Facebook-Seite Jean-Pascal Hohm, 19.12.2021 (letzter Zugriff am 20.12.2021). 111 Facebook-Seite Zukunft Heimat, 18.12.2021 (letzter Zugriff am 20.12.2021). Rechtsextremismus 87
  • Herrenmenschen".123 Entwicklungen im Berichtszeitraum Im Zuge der zunehmenden rechtsextremistischen Agitation gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verschärfte
  • Homepage COMPACT: "Heiko Maas (SPD): 'Rechte' ohne Führer sehen Lockdown als Chance!", 22.11.2020 (letzter Zugriff am 28.02.2022). 125 Homepage COMPACT
  • Söder will Skigebiete plattmachen", 25.11.2020 (letzter Zugriff am 28.02.2022). Rechtsextremismus
ber hinaus fordert COMPACT eine Ungleichbehandlung von Muslimen. Diese stehen neben Migranten und Geflüchteten im besonderen Fokus von COMPACT. Die genannten Personengruppen werden in einer die Menschenwürde verletzenden Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, kriminalisiert oder anderweitig herabgewürdigt. COMPACT baut ein populistisches Freund-Feind-Schema auf: "Es findet ein Krieg gegen Deutsche statt [...]. Dieser Krieg findet statt von innen: durch P olitiker - und von außen: durch kulturfremde G ruppenvergewaltiger, M esserstecher, Totschläger und M örder. Deutsche werden gejagt, vergewaltigt, geschlagen, gemessert, vertrieben, ermordet - im eigenen Land."120 Des Weiteren ist Antisemitismus, zum Beispiel in Form von Verschwörungserzählungen mit antisemitischen Chiffren, ein zentrales Element von COMPACT. So beschreibt COMPACT die EU und die UN beispielsweise als "Attrappen-Institution der Hochfinanz"121, womit sich COMPACT klassisch antisemitischen Verschwörungsmythen aus der Zeit des Nationalsozialismus bedient. Diese Strategie zielt darauf ab, Sprache mit nationalsozialistischem Bezug zu normalisieren und somit den Nationalsozialismus selbst zu relativieren. Beispielsweise verwendet COMPACT den Begriff "atomarer Holocaust".122 "Holocaust" bezeichnet jedoch ein singuläres Ereignis. Den Begriff anderweitig zu verwenden, führt zu einer bewussten Verharmlosung der industriellen Ermordung der Juden im Dritten Reich. Weitere Beispiele für eine angestrebte Normalisierung des NS-Sprachgebrauchs sind Begriffe wie "Umvolkung" und "Herrenmenschen".123 Entwicklungen im Berichtszeitraum Im Zuge der zunehmenden rechtsextremistischen Agitation gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verschärfte auch COMPACT 2021 den Tonfall gegenüber dem liberalen demokratischen Verfassungsstaat und seinen Akteuren und bekräftigte dabei seinen demokratiefeindlichen, verschwörungsideologischen Umgestaltungswillen. So verbreitete COMPACT bereits zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 etwa die Erzählung einer "E inführung eines E rmächtigungsgesetzes"124 und eines "C orona-Notstandsgesetzes"125 und setzte 120 COMPACT-Online: "'Verzeichnis der Schande': Unsere toten und vergewaltigten Frauen beschwiegen und ignoriert", 26.07.2019 (letzter Zugriff am 17.03.2022). 121 COMPACT 08/2019, S. 3. 122 COMPACT 04/2019, S. 3. 123 Vgl. COMPACT-Geschichte Nr. 9: "Dresden 1945", 2020, S.29 ff., S. 46 ff., S. 51 ff., S. 69-82. 124 Homepage COMPACT: "Heiko Maas (SPD): 'Rechte' ohne Führer sehen Lockdown als Chance!", 22.11.2020 (letzter Zugriff am 28.02.2022). 125 Homepage COMPACT: "Neue Apartheid? CDU-Politiker fordert Konzertverbot für Nichtgeimpfte - Söder will Skigebiete plattmachen", 25.11.2020 (letzter Zugriff am 28.02.2022). Rechtsextremismus 91
  • Wortführer, Antreiber und Einiger einer systemfeindlichen Massenbewegung, welche neben rechtsextremistischen Akteuren, auch Reichsbürger, Anhänger der QAnon Bewegung, Verschwörungsideologen und rechte
  • Potenzial, dass COMPACT seine Reichweite auch weit über die rechtsextremistische Szene hinaus ausdehnen und neue Einflussräume gewinnen kann. 138 Siehe
IB, AfD138, Ein Prozent, Compact) hinaus und sieht sich vielmehr als Wortführer, Antreiber und Einiger einer systemfeindlichen Massenbewegung, welche neben rechtsextremistischen Akteuren, auch Reichsbürger, Anhänger der QAnon Bewegung, Verschwörungsideologen und rechte Bürgerbewegungen integriert. Es wird zukünftig auch weiterhin allen Akteuren einen Raum bieten, welche dem Ziel der Destabilisierung der Demokratie bis hin "zum Sturz des R egimes"139 dienlich sind. Vor diesem Hintergrund dürften neben der anhaltenden Corona-Pandemie auch im Jahr 2022 andere komplexe Konflikte und Krisensituationen von COMPACT instrumentalisiert werden. Dies gilt insbesondere für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.140 Zunehmende Unsicherheiten und wankendes Vertrauen gegenüber demokratischen Institutionen innerhalb der Bevölkerung bergen hierbei das Potenzial, dass COMPACT seine Reichweite auch weit über die rechtsextremistische Szene hinaus ausdehnen und neue Einflussräume gewinnen kann. 138 Siehe FN 6. 139 COMPACT 05/2018: 29. 140 Vgl. Homepage Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg: Pressemitteilung des Verfassungsschutzes. "COMPACT - Putins Lakaien an der Havel." 11.04.2022, https://mik.brandenburg.de/mik/de/detail-pm-und-meldungen/~11-04-2022-compactputins-lakaien-an-der-havel# (letzter Zugriff am 28.04.2022). 96 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021
  • davon auszugehen, dass sich das Aggressionspotenzial von Rechtsextremisten, die in körperlicher Auseinandersetzung geschult sind, zunehmend erhöht. "Kämpfe ohne Regeln" können
  • Handlungsdruck bis hin zu schweren Straftaten führen. Zudem nutzen Rechtsextremisten den Kampfsport als Rekrutierungsfeld für Jugendliche. Durch konsequentes behördliches Einschreiten
Bewertung / Ausblick Es ist davon auszugehen, dass sich das Aggressionspotenzial von Rechtsextremisten, die in körperlicher Auseinandersetzung geschult sind, zunehmend erhöht. "Kämpfe ohne Regeln" können zu einer Enthemmung der Gewalt führen. "Tag X"-Phantasien und die Vorstellungen eines vermeintlichen "Volkstodes" können insbesondere in dieser Szene zu einem aggressiven Handlungsdruck bis hin zu schweren Straftaten führen. Zudem nutzen Rechtsextremisten den Kampfsport als Rekrutierungsfeld für Jugendliche. Durch konsequentes behördliches Einschreiten sowie durch die Einschränkungen für Veranstaltungen bedingt durch die Corona-Pandemie ist es der Szene 2021 nicht gelungen, eine größere Kampfsportveranstaltung durchzuführen. Insbesondere der behördliche Druck auf diese Großevents hat eine spürbare Verunsicherung der Szene zur Folge. Diese Entwicklung könnte zukünftig dazu führen, dass entsprechende Veranstaltungen im grenznahen Ausland organisiert werden. 104 Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021

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