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"links or rechts" in den Verfassungsschutz Trends
  • Thema der meisten NPD-Aktionen und Diskussionen. Der Berliner Rechtsanwalt Horst Mahler, der als Prozessbevollmächtigter die Interessen der Partei vertritt
  • benutzte das Verfahren bislang als Forum für rechtsextremistisches Gedankengut und antisemitische Agitationen. Finanziell scheint die Partei stark angeschlagen zu sein
  • durch das Verbotsverfahren und die damit verbundenen Kosten des Rechtskampfes finanziell ausbluten zu lassen. Lassen wir das nicht
Stimme" bekannte sich das NPD-Parteivorstandsmitglied Frank Schwerdt dazu, weiter mit freien Nationalisten zusammenzuarbeiten. Es sei, so SCHWERDT, durchaus verständlich, dass sich vor allem junge Aktivisten nicht in ein festes Parteigefüge einbinden lassen wollten. Hierdurch seien punktuelle Spannungen in der Zusammenarbeit nicht auszuschließen. Dennoch betrachte er die NPD immer noch als "politische Speerspitze". Sie müsse jedoch stärker als bisher die Flexibilität freier Gruppen und die Möglichkeiten, die sich hieraus ergäben, berücksichtigen. Die beiderseitige Zusammenarbeit sei "unerläßlich für den Erfolg" 9 . In einer Pressemitteilung von Anfang August verkündete der Landespressesprecher der NPD Thüringen außerdem: "Die NPD strebt zukünftig machtvolle Demonstrationen zusammen mit dem gesamten nationalen Widerstand Deutschlands an." Die Gründe für diese Sinnesänderung waren wohl vor allem taktischer Natur: Längst musste die NPD erkennen, dass die nach außen suggerierte Abgrenzu ohne Einfluss auf die Diskussion um das NPD-Verbot blieb. Darüber hinaus war die überwiegende Mehrheit der Parteibasis abgeneigt, vom "alten Kurs" abzugehen. Der außerordentliche Bundesparteitag der NPD fand am 3./4. März im niederbayerischen Lichtenhaag unter dem Motto: "Kampf für Deutschland" statt. Er artikulierte im Wesentlichen nochmals die bekannten Leitsätze der Parteiprogrammatik. Als Beispiel für dieses stereotype Wiederholen der üblichen Argumentationsmuster sei hier lediglich ein Leitartikel des Sonderbeauftragten des Parteivorsitzenden Udo Voigt, Waldemar Maier, in der "Deutschen Stimme" vom März 2001 angeführt. Hierin erläuterte Maier, dass Voigt in seiner Grundsatzrede auf dem Parteitag eindrucksvoll nachgewiesen hätte, dass nicht Deutschlands Nationalisten die Feinde der Freiheit seien, sondern diejenigen, die mit aller Macht versuchten, den Nationalstaat der Deutschen aufzulösen und die Deutschen in eine "multikulturelle" Gesellschaft zu entsorgen10 . Auch im Jahre 2001 blieb das vor dem Bundesverfassungsgericht anhängige Verbotsverfahren gegen die Partei das bestimmende Thema der meisten NPD-Aktionen und Diskussionen. Der Berliner Rechtsanwalt Horst Mahler, der als Prozessbevollmächtigter die Interessen der Partei vertritt, benutzte das Verfahren bislang als Forum für rechtsextremistisches Gedankengut und antisemitische Agitationen. Finanziell scheint die Partei stark angeschlagen zu sein, was wohl auch mit den erheblichen Aufwendungen zu tun hat, die der NPD im Zusammenhang mit dem vorgenannten Verbotsverfahren entstehen. Bereits zu Jahresbeginn warben Udo Voigt und der NPDBundesschatzmeister Erwin Kemna auf Flugblättern um Spenden und Darlehen zur "finanziellen Absicherung einer kompetenten juristischen Betreuung während des Verfahrens": "Bedenken wir: Erklärtes Ziel des politischen Gegners ist es, unsere NPD durch das Verbotsverfahren und die damit verbundenen Kosten des Rechtskampfes finanziell ausbluten zu lassen. Lassen wir das nicht zu !"11 9 Deutsche Stimme, Nr. 12/2000 - 1/2001 (Doppelausgabe). 10 Deutsche Stimme, Nr. 3/2001, S. 1. 11 Beilage zur "Deutschen Stimme" unter dem Titel Anleihe. Deutschland Spende. "Ja zu Deutschland Ja zur NPD. Mein Beitrag zur Existenzsicherung der nationalen Opposition". 12
  • Autonome Linksextremisten Sitz/Verbreitung Landesweite Verteilung mit lokalen Schwerpunkten in Ballungszentren Gründung/Bestehen seit Ende der 1970erbeziehungsweise Anfang der 1980erJahre
  • Netzwerken Kurzporträt/Ziele Die Autonomen als bekannteste Subkultur im Linksextremismus definieren ihre Ziele vorrangig durch Gegenproteste, wohingegen die Formulierung konkreter
  • gesellschaftliche Diskurse nach ihren Vorstellungen zu steuern. 170 lInksextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen
Autonome Linksextremisten Sitz/Verbreitung Landesweite Verteilung mit lokalen Schwerpunkten in Ballungszentren Gründung/Bestehen seit Ende der 1970erbeziehungsweise Anfang der 1980erJahre aus Ausläufern der Studentenbewegung der 1968er-Jahre, der "Sponti-Szene" der 1970er-Jahre und der Punk-Subkultur entstanden Struktur/ Repräsentanz weitgehend hierarchiefreie Netzwerke mit themenoder aktionsbezogener Ausrichtung; das Internet fungiert dabei als offenes Kontaktmedium; überregionale Treffen, Chatoder Telefonkonferenzen mit Delegierten örtlicher oder thematisch gebundener Zusammenhänge Mitglieder/Anhänger/ NRW: 975 Unterstützer 2019 Veröffentlichungen hauptsächlich Veröffentlichungen in szenebezogenen Internetportalen, Internetblogs und sozialen Netzwerken Kurzporträt/Ziele Die Autonomen als bekannteste Subkultur im Linksextremismus definieren ihre Ziele vorrangig durch Gegenproteste, wohingegen die Formulierung konkreter politischer Ziele - abgesehen von der Eroberung sogenannter "Freiräume" - kaum festzustellen ist. Staatliche Strukturen und insbesondere Hierarchien und staatliches Gewaltmonopol werden zugunsten eines "selbstbestimmten Lebens" abgelehnt. Gleichzeitig wenden Autonome zur Durchsetzung ihrer eigenen Auffassungen zunehmend enthemmte Gewalt gegen Meinungsgegner an und versuchen damit, diese einzuschüchtern und gesellschaftliche Diskurse nach ihren Vorstellungen zu steuern. 170 lInksextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2019
  • RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 101 3. "Die Republikaner" (REP) gegründet: 1983 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: Dr. Rolf SCHLIERER Mitglieder
  • waren bei den REP weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte Tatsächliche für rechtsextremistische Bestrebungen zu verzeichnen. Wenn auch Anhaltspunkte für nicht jedes Parteimitglied
  • verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und rechtsextremisti sche Bestrebungen die Anhaltspunkte insgesamt zurückgegangen sind, so lassen sich derartige Bestrebungen doch in allen
RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 101 3. "Die Republikaner" (REP) gegründet: 1983 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: Dr. Rolf SCHLIERER Mitglieder: 6.500 (2004: 7.500) Publikation: "Zeit für Protest!", Auflage: 10 000, zweibis dreimal monatlich Unterorganisationen: "Republikanische Jugend" (RJ), "Republikanischer Bund der öffent lich Bediensteten" (RepBB), "Republikanischer Bund der Frauen" (RBF), "Republikanischer Hochschulver band" (RHV) 3.1 Zielsetzung Auch 2005 waren bei den REP weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte Tatsächliche für rechtsextremistische Bestrebungen zu verzeichnen. Wenn auch Anhaltspunkte für nicht jedes Parteimitglied verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und rechtsextremisti sche Bestrebungen die Anhaltspunkte insgesamt zurückgegangen sind, so lassen sich derartige Bestrebungen doch in allen Parteigliederungen ausma chen. Sie finden sich vor allem dort, wo unterhalb der Ebene des Bun desvorstands und abseits dessen unmittelbarer Einflusssphäre eine rege innerparteiliche Debatte andauert. Die in diesen Kreisen formulierte Kritik an den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zeigt in ihrer Gesamtschau - bei unterschiedlicher Ausprägung und Dichte - Fremdenfeindlichkeit und Revisionismus. Über diesen Umstand vermag auch der Parteivorsitzende Dr. Rolf SCHLIERER nicht hinwegzutäuschen, der sich in vielen Erklärungen bemüht, den REP eine demokratische Fassade zu geben. BERICHT 2005
  • Russlanddeutschen Konservativen Die Herausgeber und Autoren der unregelmäßig erscheinenden rechtsextremistischen Zeitschrift Die Russlanddeutschen Konservativen sind weitgehend identisch mit den Hauptprotagonisten
  • rechtsextremistischen Partei Arminius Bund. Während die Partei ihre Aktivitäten mutmaßlich eingestellt hat, veranstaltete die Zeitschrift wie auch schon im Vorjahr
  • Lesertreffen in Nordrhein-Westfalen. Vor rund 50 Teil142 rechtsextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen
mus und damit als Feinde Europas zu diskreditieren. Im Artikel heißt es: "Die Drahtzieher der NWO [Neue Weltordnung] benutzen sowohl den islamischen Bevölkerungsüberschuß im Nahen und Mittleren Osten als auch den IS-Dschihadismus, um Europa platt zu machen. [...] Menschen jüdischer Abstammung oder Religion standen und stehen seit eh und je hinter allen Fronten gleichzeitig. Viele saßen während des 2. Weltkrieges sowohl an den Kabinettstischen von London, Paris und Washington als auch im Zentralkomitee der KPDSU. Man sitzt auch heute wieder gleichzeitig und synchron in Trumps Administration und in Putins Mannschaft. Und was die allerwenigsten wissen: Man sitzt auch in Riad und Mekka." Unabhängige Nachrichten Seit 1969 erscheint bundesweit die Monatszeitschrift Unabhängige Nachrichten, welche vom Oberhausener Freundeskreis UN e. V. herausgegeben wird. Die Herausgeber unterstellen, die deutsche Presselandschaft sei gleichgeschaltet und berichte einseitig. Die Ablehnung der freiheitlichen Demokratie sowie die Bagatellisierung der Verbrechen des Nationalsozialismus werden in dem Artikel "Europa gibt sich auf!" (Heft 8/2019) deutlich. Dort schreibt der ungenannte Autor: "Nicht die Abermillionen Toten oder die unvorstellbaren Zerstörungen sind historisch gesehen die europäische Katastrophe, sondern es ist der Ungeist der angloamerikanischen Sieger, der seit über 70 Jahren in Europa und vor allem in Deutschland die Gehirne vernebelt." Migranten, insbesondere Flüchtlinge, werden in den Beiträgen durchweg pauschal negativ dargestellt. So heißt es in dem Artikel "Die totgeschwiegenen Proteste": "Sie erinnern daran, dass weiterhin jährlich zehntausende Migranten, deren Kultur und deren Glaube im Mittelalter stehengeblieben sind, in unser Land strömen." Die Russlanddeutschen Konservativen Die Herausgeber und Autoren der unregelmäßig erscheinenden rechtsextremistischen Zeitschrift Die Russlanddeutschen Konservativen sind weitgehend identisch mit den Hauptprotagonisten der rechtsextremistischen Partei Arminius Bund. Während die Partei ihre Aktivitäten mutmaßlich eingestellt hat, veranstaltete die Zeitschrift wie auch schon im Vorjahr ein Lesertreffen in Nordrhein-Westfalen. Vor rund 50 Teil142 rechtsextremIsmus Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2019
  • Nerling, der sich als "Der Volkslehrer" auf mehreren Interpräsenzen rechtsextremistische Inhalte verbreitet. Die Treffen zielen darauf, den Diskurs innerhalb
  • rechtsextremistischen Szene zu fördern und Personen aus unterschiedlichen Organisationen zu vernetzen. Bereits beim Lesertreffen 2018 erläuterte ein Referent die Strategie
  • bekämpfen kann. Und das wichtigste ist vielleicht die Kultur." rechtsextremIsmus 143 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen
nehmern referierten der sogenannte "Schriftleiter" der neonazistischen Zeitschrift "Volk in Bewegung", ein ehemaliger "Stützpunktleiter" der revisionistischen "Europäischen Aktion" und der YouTuber Nikolai Nerling, der sich als "Der Volkslehrer" auf mehreren Interpräsenzen rechtsextremistische Inhalte verbreitet. Die Treffen zielen darauf, den Diskurs innerhalb der rechtsextremistischen Szene zu fördern und Personen aus unterschiedlichen Organisationen zu vernetzen. Bereits beim Lesertreffen 2018 erläuterte ein Referent die Strategie mit folgenden Worten: "Es gibt viele andere Wege wie man dieses System bekämpfen kann. Und das wichtigste ist vielleicht die Kultur." rechtsextremIsmus 143 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2019
  • gehören Attacken gegen Repräsentanten und Insti tutionen des demokratischen Rechtsstaats zum Repertoire der Zei tung. Den Autoren geht es dabei
  • Unsterbliche deutsche Soldaten", "Schweinejournalismus? - Wenn Medien hetzen, türken und linken", "Lexikon der antideut schen Fälschungen - 200 Lügen und populäre Irrtümer
94 RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 2.1 Zielsetzung und Methode Kernpunkt der verfassungsfeindlichen Ausrichtung der Partei ist ein übersteigerter, deutsche Interessen verabsolutierender Nationalis mus. Daraus speisen sich fremdenfeindliche, antisemitische und an tiamerikanische Agitationsmuster sowie ein umfassender Revisionis mus. Ausländer und Juden werden pauschal diskreditiert und dienen der Partei als antideutsche Feindbilder. Eine originäre Parteizeitung existiert nicht; wegen der uneinge schränkt beherrschenden Stellung FREYs kann jedoch die NZ als das Presseorgan der Partei angesehen werden, das deren programmati sche Linie widerspiegelt. Für den redaktionellen Teil der "national freiheitlichen" Zeitung werden - ebenso wie für die Eigendarstellung von DVU und DSZ-Verlag im Internet - vorzugsweise politische The men und Ereignisse ausgewählt, die sich durch verzerrte - häufig verschwörungstheoretisch geprägte - Darstellung in den rechtsex tremistischen Themenfeldern der Partei agitatorisch nutzen lassen. Viele NZ-Artikel enden mit dem Hinweis auf einschlägige Bücher aus FREYs Verlagen, die als weiterführende, das angeschnittene Thema vertiefende Literatur empfohlen werden. Bei diesen Publikationen handelt es sich häufig nur um Zusammenstellungen früherer NZ-Be richte. 40 In zahlreichen NZ-Beiträgen wird aber auch auf neu aufge legte oder in Vorbereitung befindliche Bücher hingewiesen. 41 Ein wesentliches Interesse FREYs besteht neben der politischen Agitation in der Umsatzund Gewinnmaximierung durch intensive Werbung für seine Verlagsgeschäfte. In der Agitation der NZ nimmt das Thema "Ausländer in Deutsch land" einen breiten Raum ein. Weitere Themen bilden tendenziöse und verharmlosende Beiträge zur nationalsozialistischen Vergan genheit und Artikel, in denen Ressentiments gegen Juden geschürt werden. Ferner gehören Attacken gegen Repräsentanten und Insti tutionen des demokratischen Rechtsstaats zum Repertoire der Zei tung. Den Autoren geht es dabei nicht um die sachliche Darstellung in ei nem demokratischen Meinungsstreit, sondern um Pauschalisierun gen und Herabwürdigungen. Dies machen die Vielzahl und ständige Wiederholung solcher Beiträge deutlich. Fremdenfeindlich Die fremdenfeindliche Einstellung der Partei zeigt sich in der einsei keit tig-negativen, stereotypen und verzerrenden Berichterstattung der 40 So beispielsweise die Bücher: "Helden der Wehrmacht - Unsterbliche deutsche Soldaten", "Schweinejournalismus? - Wenn Medien hetzen, türken und linken", "Lexikon der antideut schen Fälschungen - 200 Lügen und populäre Irrtümer von A - Z". 41 So beispielsweise die Bücher: "Mit der EU in den Abgrund? - Deutschlands Selbstvernich tung", "Befreiung? - Die Wahrheit über den 8. Mai 1945", "Schurkenstaat USA - Von der Indi anerausrottung bis zu den Untaten im Irak".
  • Einige der ursprünglich 26 Angeklagten sind inzwischen aus der rechtsextremistischen Szene ausgestiegen. Andere haben an Bedeutung innerhalb des Rechtsextremismus gewonnen
  • ehemals Beschuldigte Sven Skoda mittlerweile Bundesvorsitzender der Partei Die Rechte. Einige Neonazis legen ihren Schwerpunkt auf virtuelle Aktivitäten. Beispielsweise betreibt
  • Nordrhein-Westfalen ist überwiegend in den Parteien Die Rechte und Der III. Weg organisiert. Darüber hinaus existieren einige kleinere Gruppierungen
  • Kreisverband Dortmund der Partei Die Rechte stellt weiterhin das Gravitationszentrum der Neonaziszene in Nordrhein-Westfalen dar. rechtsextremIsmus 125 Verfassungsschutzbericht
Das Verfahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen das Aktionsbüro Mittelrhein (AB Mittelrhein) stellte das Landgericht Koblenz im September 2019 gegen den letzten Beschuldigten wegen Geringfügigkeit ein, weil Tatvorwurf und Prozessdauer nicht mehr im Verhältnis standen. Das AB Mittelrhein agierte bis 2012 als neonazistische Kameradschaft im Norden von Rheinland-Pfalz. Zugleich betrieb es gewissermaßen die Geschäftsführung der Aktionsgruppe Rheinland. Letztere diente der Vernetzung von neonazistischen Gruppen und Szenen im Rheinland. Das erste Verfahren dauerte von 2012 bis 2017 und richtete sich gegen 26 Personen. Es wurde eingestellt, weil der Richter in den Ruhestand ging. Das zweite Verfahren wurde im Oktober 2018 aus formellen Gründen nach einem Tag eingestellt. Das nunmehr letzte und dann auch eingestellte Verfahren begann im Februar 2019 gegen 14 Beschuldigte. Einige der ursprünglich 26 Angeklagten sind inzwischen aus der rechtsextremistischen Szene ausgestiegen. Andere haben an Bedeutung innerhalb des Rechtsextremismus gewonnen. Beispielseise ist der ehemals Beschuldigte Sven Skoda mittlerweile Bundesvorsitzender der Partei Die Rechte. Einige Neonazis legen ihren Schwerpunkt auf virtuelle Aktivitäten. Beispielsweise betreibt der Oberhausener Henry H. einen Blog, in dem er vor allem antisemitische Propaganda verbreitet. Das führte zu einem Strafverfahren vor dem Landgericht in Duisburg, das ihn im September 2019 wegen Leugnung des Holocaust zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilte. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die neonazistische Szene in Nordrhein-Westfalen ist überwiegend in den Parteien Die Rechte und Der III. Weg organisiert. Darüber hinaus existieren einige kleinere Gruppierungen. Der Kreisverband Dortmund der Partei Die Rechte stellt weiterhin das Gravitationszentrum der Neonaziszene in Nordrhein-Westfalen dar. rechtsextremIsmus 125 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2019
  • sein, insbesondere bei der ideologischen Selbstvergewisserung längst eingeschworener Rechtsextremisten, die es nicht mehr zu überzeugen gilt. Mit der Überholung
  • Propagandathemenkanons ist keine Aufgabe oder auch nur Relativierung althergebrachter rechtsextremistischer Positionen in der NPD beabsichtigt. Ganz im Gegenteil
  • Aufbereitung zeitgemäßer Themen soll rechtsextremistisches Gedankengut erfolgreicher transportiert werden. 4.1.4 Aktivitäten Sieht man insbesondere von ihren Wahlkampfaktivitäten ab, legte
weise szeneinternen Kommunikation zugedacht zu sein, insbesondere bei der ideologischen Selbstvergewisserung längst eingeschworener Rechtsextremisten, die es nicht mehr zu überzeugen gilt. Mit der Überholung des eigenen Propagandathemenkanons ist keine Aufgabe oder auch nur Relativierung althergebrachter rechtsextremistischer Positionen in der NPD beabsichtigt. Ganz im Gegenteil: Mit der Aufbereitung zeitgemäßer Themen soll rechtsextremistisches Gedankengut erfolgreicher transportiert werden. 4.1.4 Aktivitäten Sieht man insbesondere von ihren Wahlkampfaktivitäten ab, legte die NPD im Jahr 2008 weniger, zumindest weniger öffentlichkeitswirksame Aktivitäten an den Tag als noch 2007. Dies galt nicht zuletzt für ihren baden-württembergischen Landesverband. So fuhren die hiesigen JN ihre Demonstrationstätigkeit spürbar zurück. Am 18. Mai 2008 veranstaltete der NPD-Landesverband "im Raum Tuttlingen" seinen 44. ordentlichen Parteitag, auf dem allerdings keine Vorstandswahlen stattfanden. An dem Parteitag nahmen circa "100 Delegierte und Gäste" teil, darunter "als Vertreter des" NPD-Bundesvorstandes der hochrangige NPD-Multifunktionär Sascha ROßMÜLLER, der unter anderem als stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender fungiert.280 Am 8. November 2008 führte die NPD einen bundesweiten Aktionstag aus Anlass der internationalen Finanzkrise durch. Baden-württembergische NPDbeziehungsweise JN-Vertreter beteiligten sich daran nach eigenen Angaben mit verschiedenen öffentlichkeitswirksamen Aktionen (zum Beispiel mit Informationsständen) in Friedrichshafen, Ravensburg, Überlingen/Bodenseekreis,281 Heilbronn282 und Bretten/Krs. Karlsruhe.283 280 Bericht "Auf zu neuen Taten! Harmonischer Landesparteitag der NPD Baden-Württemberg", Homepage des NPD-Landesverbandes Baden-Württemberg vom 21. Mai 2008; Fettdruck nicht im Original. 281 Berichte "Informationsoffensive am Bodensee - Kampf dem Kapitalismus! NPD und JN klären in mehreren Städten über die Finanzkrise auf" und "Infostand der NPD in Überlingen", Homepage des NPDLandesverbandes Baden-Württemberg vom 14. beziehungsweise 24. November 2008. 282 Bericht "Gelungener Infostand im Rahmen des bundesweiten Aktionstages", Homepage des NPDKreisverbandes Heilbronn vom 21. November 2008. 283 Bericht "Bundesweiter Aktionstag der NPD: Informationsstand in Bretten", Homepage des NPD-Kreisverbandes Karlsruhe-Land/Regionalverbandes Karlsruhe-Mittelbaden vom 24. November 2008. 170
  • RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE Methoden Um dies zu erreichen, - fälschen sie Dokumente, - unterschlagen sie Quellen, die die nationalsozialistischen
  • nationalsozialistischen Vergangenheit findet schung in Deutsch vor allem in rechtsextremistischen Periodika wie "Deutschland in Ge land schichte und Gegenwart
  • Holo caust Verfolgten" (VRBHV) existiert seit 2003 eine rechtsextremisti sche Organisation, die den Völkermord zwar nicht selber negiert, sich aber
124 RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE Methoden Um dies zu erreichen, - fälschen sie Dokumente, - unterschlagen sie Quellen, die die nationalsozialistischen Un taten belegen, - berichten sie einseitig über scheinbar positive Aspekte des Drit ten Reichs, wie inszenierte Sportfeste oder den Autobahnbau, - setzen sie den Holocaust an den europäischen Juden mit Hand lungen der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs gleich; in diesem Zusammenhang erwähnen sie zum Beispiel den Ab wurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki oder das von den Deutschen während der alliierten Bombenangriffe er duldete Leid. Zwei Bereiche des In diesem Zusammenhang ist zwischen einem Revisionismus im en Revisionismus geren und im weiteren Sinn zu unterscheiden. Der Revisionismus im engeren Verständnis meint die konkrete Leugnung des Holocaust, während die weitere Variante alle Argumentationen betrifft, mit de nen Revisionisten zum Beispiel die Schuld Deutschlands am Aus bruch des Zweiten Weltkriegs oder den verbrecherischen Charakter der NS-Diktatur bestreiten. Da aber nur die Leugnung des Holocaust eine Straftat nach SS 130 StGB darstellt, sind - wegen der zu erwarten den strafrechtlichen Ahndung - die meisten Äußerungen so abge fasst, dass sie dem Revisionismus nur im weiteren Sinne zugeordnet werden können. Geschichtsfäl Eine Beschönigung der nationalsozialistischen Vergangenheit findet schung in Deutsch vor allem in rechtsextremistischen Periodika wie "Deutschland in Ge land schichte und Gegenwart" (DGG; vgl. Kap. VIII), "Deutsche Geschichte. Europa und die Welt" (vgl. Kap. V) und in der DVU-nahen "NationalZeitung/Deutsche Wo chen-Zeitung" (NZ; vgl. Kap. IV, Nr. 2) breiten Raum. Aufmerksamkeit erregte auch der NPD-Landtagsabgeordnete GANSEL, als er im Sächsischen Landtag die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 als "Bomben-Holocaust" bezeichnete (vgl. Kap. V) und durch diese Gleichsetzung der alliierten Luftkriegsführung mit dem Völkermord an den europäischen Juden den Holocaust relati vierte. Mit dem "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holo caust Verfolgten" (VRBHV) existiert seit 2003 eine rechtsextremisti sche Organisation, die den Völkermord zwar nicht selber negiert, sich aber eine Unterstützung der damit befassten Aktivisten in juristi
  • Jahr 2015 weiterhin auf die Bereiche Islamismus und Rechtsextremismus. Im Vordergrund stand dabei ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz, über den zahlreiche institutionelle
  • ausgeweitet worden. Der Verfassungsschutz bietet zudem mit eigenen Programmen Rechtsextremisten und seit Oktober 2014 Islamisten die Möglichkeit zum Ausstieg
  • wissenschaftliche Evaluation des beim Verfassungsschutz NRW angesiedelten Aussteigerprogramms für Rechtsextremisten. Die Ergebnisse sind am 18. Mai 2015 dem nordrhein-westfälischen
  • Verfassungsschutz am 25. November zur Fachtagung "Die Partei 'Die Rechte' - Ideologie, Aktionsformen, Gegenstrategien" eingeladen. Gemeinsam mit der Landeszentrale für politische
Präventionsarbeit und Aussteigerprogramme 223 Übergreifende Konzepte und Vernetzung .......................................................................... 226 Präventionsprogramm Wegweiser ..................................................................................... 230 Aussteigerprogramme des Verfassungsschutzes .............................................................. 232 Fachtagungen..................................................................................................................... 236 VIR...................................................................................................................................... 238 Vorträge und Fortbildungen ................................................................................................ 240 Veröffentlichungen .............................................................................................................. 244 Die Extremismusprävention des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes konzentrierte sich im Jahr 2015 weiterhin auf die Bereiche Islamismus und Rechtsextremismus. Im Vordergrund stand dabei ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz, über den zahlreiche institutionelle Stellen sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren systematisch und umfassend informiert und sensibilisiert worden sind. Das landesweite Präventionsprogramm "Wegweiser", das den Einstieg in die salafistische Szene zu verhindern versucht, ist auf vier weitere Regionen ausgeweitet worden. Der Verfassungsschutz bietet zudem mit eigenen Programmen Rechtsextremisten und seit Oktober 2014 Islamisten die Möglichkeit zum Ausstieg aus der extremistischen Szene. Ein wichtiger Schritt war in diesem Zusammenhang die wissenschaftliche Evaluation des beim Verfassungsschutz NRW angesiedelten Aussteigerprogramms für Rechtsextremisten. Die Ergebnisse sind am 18. Mai 2015 dem nordrhein-westfälischen Landtag vorgestellt worden. Bei der Prävention arbeitet der Verfassungsschutz NRW erfolgreich mit zahlreichen Partnern zusammen: Der verstärkte Austausch mit allen maßgeblichen Ressorts der Landesregierung bringt die Präventionsbemühungen voran. Zusammen mit der Stadt Dortmund hat der Verfassungsschutz am 25. November zur Fachtagung "Die Partei 'Die Rechte' - Ideologie, Aktionsformen, Gegenstrategien" eingeladen. Gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung hat das 224 Prävention, AussteigerProgrAmme Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2015
  • gemeinsame "Kulturausflüge" durchzuführen. Neben diesen Aktivitäten nahmen Angehörige des rechten Spektrums u. a. auch am Trauermarsch in Bad Nenndorf
  • Gaststätte statt. 4.7 Nördlicher Landesteil Die öffentliche Wahrnehmung rechtsextremistischer Aktivitäten wird in den nördlichen Landesteilen überwiegend durch die Internetseiten
  • Wesentlichen werden "Aktionsberichte" über die Teilnahme an rechtsextremistischen Aufmärschen oder anderen Veranstaltungen sowie demokratische Parteien und Politiker verunglimpfende Artikel veröffentlicht
  • Bedeutung solcher Meldungen für andere Rechtsextremisten wird
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2430 "Division Franken" aufgenommen haben. Nach der Selbstdarstellung im Internet sollen sich diese Gruppen bereits mehrfach getroffen haben, um gemeinsame "Kulturausflüge" durchzuführen. Neben diesen Aktivitäten nahmen Angehörige des rechten Spektrums u. a. auch am Trauermarsch in Bad Nenndorf und am "Antikriegstag" in Dortmund teil. 4.6 Westküste Die maßgebliche Gruppierung in dieser Region ist derzeit der NPD-Bezirksverband Westküste, der die Kreise Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen umfasst. Ausschlaggebend sind die Aktivitäten des Bezirksverbandsund stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD, Ingo Stawitz. Er betätigte sich als Redner auf überregionalen NPD-Veranstaltungen oder führte auch selbst Veranstaltungen durch. Die NPD im Kreis Dithmarschen hatte im Frühjahr das Interesse der Medien geweckt, weil der Eigentümer einer stillgelegten Gaststätte in Hemme seine Immobilie der NPD angeblich zum Kauf angeboten hatte. Wie sich schnell herausstellte, standen der Partei aber nicht genügend finanzielle Mittel für den Erwerb der Immobilie zur Verfügung. Hier wurde offenkundig versucht, durch den angeblich drohenden Erwerb einer Immobilie durch die NPD, die betroffene Gemeinde zum Kauf zu bewegen und den Preis hoch zu treiben. Der Eigentümer stellt die Immobilie der NPD aber weiterhin für Veranstaltungen zur Verfügung. So fand beispielsweise das NPD-Sommerfest am 20.08.2011 auf dem Gelände hinter der Gaststätte statt. 4.7 Nördlicher Landesteil Die öffentliche Wahrnehmung rechtsextremistischer Aktivitäten wird in den nördlichen Landesteilen überwiegend durch die Internetseiten des "Freier Widerstand Südschleswig" (FWSS) bestimmt. Deren Protagonisten fallen durch die regelmäßige Veröffentlichung von Berichten und Beiträgen auf. Im Wesentlichen werden "Aktionsberichte" über die Teilnahme an rechtsextremistischen Aufmärschen oder anderen Veranstaltungen sowie demokratische Parteien und Politiker verunglimpfende Artikel veröffentlicht. Die Bedeutung solcher Meldungen für andere Rechtsextremisten wird 43
  • weiterentwickelt. Zudem werden Informationsveranstaltungen über aktuelle Aspekte des Rechtsextremismus unter anderem für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte angeboten und Publikationen
  • Band "Erlebniswelt Rechtsextremismus" veröffentlicht. Derartige Maßnahmen der Rechtsextremismusprävention gehören zu grundlegenden Arbeitsfeldern des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen und sind langfristig
VIR und "Kommunen gegen Extremismus" kontinuierlich ausgeweitet und weiterentwickelt. Zudem werden Informationsveranstaltungen über aktuelle Aspekte des Rechtsextremismus unter anderem für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte angeboten und Publikationen wie der Band "Erlebniswelt Rechtsextremismus" veröffentlicht. Derartige Maßnahmen der Rechtsextremismusprävention gehören zu grundlegenden Arbeitsfeldern des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen und sind langfristig angelegt. Interministerielle Arbeitsgruppe "Salafismusprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe" Die Interministerielle Arbeitsgruppe "Salafismusprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe" (IMAG) wurde 2016 begründet, um dem gewaltbereiten Salafismus ganzheitlich und nachhaltig zu begegnen. Alle zuständigen Landesministerien, zivilgesellschaftliche Akteure und die Wissenschaft bildeten mit der IMAG ein landesweites Expertennetzwerk, um sich auszutauschen und Präventionsund Deradikalisierungsmaßnahmen zu erweitern, neue zu konzipieren und zu implementieren. Alle beteiligten Akteure der IMAG entwickelten gemeinsam ein Handlungskonzept, nach dem sich die Aktivitäten der Arbeitsgruppen an den altersabhängigen Lebenswelten wie Schule, Ausbildung und Erwerbsleben orientieren. In jeder Lebensphase und jedem Sozialraum sollen Heranwachsende und ihr Umfeld erreicht und ihre Resilienz gegen gewaltbereiten Salafismus gestärkt werden. Im Rahmen der IMAG wurden so zum Beispiel Sensibilisierungsangebote, Beratungen sowie Qualifizierungen erweitert und die Vernetzung der verschiedenen Akteure vorangetrieben. Die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure und wissenschaftlicher Expertisen bewährte sich dabei. Im ersten Zwischenbericht aus 2017 wurden aus sieben Themenschwerpunkten 27 Einzelprojekte konzipiert, die von den jeweiligen Landesministerien umgesetzt wurden. In diesen Maßnahmen stehen Sozialräume, Schulen, Justizvollzugsanstalten, Muslime als Akteure, Medien, Propaganda, Demokratieförderung sowie Frauen und Mädchen im Fokus. Extremistische Ideologien wie der gewaltbereite Salafismus verändern sich entsprechend der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern weltweit. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Lage in Ländern wie Syrien oder Irak. Dementsprechend ermittelt die IMAG fortwährend neue Tätigkeitsfelder, Zielgruppen sowie Programme und Projekte zur Präventionsstärkung und Demokratieförderung. Neue Unterarbeitsgruppen werden entsprechend gegründet und neue Akteure miteinbezogen. präventIonsarbeIt und aussteIgerprogramme 307 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2019
  • RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 73 IV. Parteien 1. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) gegründet: 1964 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender
  • Beseiti gung der parlamentarischen Demokratie und des demokra tischen Rechtsstaats, wobei der Einsatz von Gewalt aus taktischen Gründen derzeit offiziell
  • antisemitisch, revisionistisch und auf eine Verunglimpfung der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes angelegt. Die Partei hält unverändert an ihrer
RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 73 IV. Parteien 1. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) gegründet: 1964 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: Udo VOIGT Mitglieder: 6.000 (2004: 5.300) Publikation: "Deutsche Stimme", monatlich, Auflage: 21.000 Unterorganisationen: "Junge Nationaldemokraten" (JN), "Nationaldemokratischer Hochschulbund e. V." (NHB) 1.1 Zielsetzung Die Partei verfolgt weiterhin das Ziel einer "Volksfront der Nationalen mit NPD, DVU und parteiungebundenen Kräf ten", die sich zum Ausgangspunkt einer umfassenden "Deutschen Volksbewegung" entwickeln soll. 12 Unverhoh len zielt die aggressive Agitation der NPD auf die Beseiti gung der parlamentarischen Demokratie und des demokra tischen Rechtsstaats, wobei der Einsatz von Gewalt aus taktischen Gründen derzeit offiziell noch abgelehnt wird. Verlautbarungen der NPD belegen eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus; ihre Agitation ist rassistisch, antisemitisch, revisionistisch und auf eine Verunglimpfung der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes angelegt. Die Partei hält unverändert an ihrer offenen, aggressiv-kämpferi "Volksgemein schen Feindschaft gegenüber der freiheitlichen demokratischen schaft" als neue Grundordnung fest. An deren Stelle sieht die NPD - so der Parteivor Ordnung sitzende Udo VOIGT im Parteiorgan "Deutsche Stimme" 13 in der "Volksgemeinschaft" die "beste Lebensform für ein gedeihliches Zu sammenleben vieler Menschen". In einer vom NPD-Parteivorstand zur Bundestagswahl als Broschüre "Reichsidee" herausgegebenen Argumentationshilfe für Kandidaten und Funkti 12 Vgl. Pressemitteilung der NPD vom 24. Mai 2005. BERICHT 13 "Deutsche Stimme" Nr. 3/2005, S. 9. 2005
  • RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 71 "Durch das Bekenntnis zu einer die Grundsätze dieses Systems an greifenden Weltanschauung
  • intensivieren." Dieser Aussage stand die Veröffentlichung eines Wahlboykotts im rechtsextremistischen "Störtebeker-Netz" vom 6. August gegenüber: "Der Parlamentarismus ist nicht
  • haben. Bislang benötigt die Neonazi-Szene - wie das gesamte rechtsextremi stische Lager überhaupt - konsensfähige Themen wie das Heß-Ge denken
RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 71 "Durch das Bekenntnis zu einer die Grundsätze dieses Systems an greifenden Weltanschauung, die Propagierung eines vom Kapitalis mus abgewandten auf der Volksgemeinschaft fußenden Gesellschafts modells, positionieren wir uns absichtlich außerhalb der herrschen den Gesellschaft. ... Viele nationale Aktivisten, die sich auf Grund ih rer systemfeindlichen Haltung nicht in Parteien organisiert haben, sehen daher in der Unterstützung der NPD zur Bundestagswahl eine Möglichkeit die Akzeptanz nationaler Standpunkte in der Bevölke rung zu testen und die eigene Basisarbeit zu intensivieren." Dieser Aussage stand die Veröffentlichung eines Wahlboykotts im rechtsextremistischen "Störtebeker-Netz" vom 6. August gegenüber: "Der Parlamentarismus ist nicht nur die demokratische Kulisse für die Herrschaft des raffenden Kapitals, sondern auch der Todesengel unseres deutschen Volkes. ... Für uns gilt: NPD und DVU sind genauso BRD-Parteien wie CDU und SPD. Der Auftrag des Systems an die NPD ist, möglichst viele Unzufriedene und Systemgegner an das unsinnige Parlamentarische System zu binden und damit kalt zu stellen. Ohne uns." Das ungeklärte Verhältnis zur NPD ist ein Indiz für die fehlende Ge schlossenheit der Szene und weckt Zweifel, ob die Neonazis - abgese hen von der Adaption einzelner Versatzstücke aus der NS-Ideologie - überhaupt eine eigenständige politische Theorie entwickelt haben. Bislang benötigt die Neonazi-Szene - wie das gesamte rechtsextremi stische Lager überhaupt - konsensfähige Themen wie das Heß-Ge denken oder die Debatte über den angeblichen Sozialabbau, um den Anschein politischer Handlungsfähigkeit zu wahren. Am 9. März verbot der Berliner Innensenator mit der "Kamerad Verbot von schaft Tor" und der "Berliner Alternative Südost" (BASO) zwei neona neonazistischen Gruppierungen in zistische Gruppierungen. Die Verbotsbehörde begründete die Verfü Berlin und gungen mit einer vorhandenen Wesensverwandtschaft der Brandenburg Gruppierungen mit dem Nationalsozialismus sowie mit deren ag gressiv-kämpferischer Haltung gegenüber der freiheitlichen demo kratischen Grundordnung. In Brandenburg erließ der dortige Innenminister am 12. April eine Verbotsverfügung gegen die "Kameradschaft Hauptvolk" und deren Teilorganisation "Sturm 27". Letztere hatte sich nach einer ehemali gen SA-Gliederung in Brandenburg benannt. Zweck und Tätigkeit BERICHT 2005
  • Wunsiedel, wo Heß begraben liegt, stattfinden, obwohl der Hamburger Rechtsanwalt und Neonazi Jürgen RIEGER, der seit 2008 stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender
  • erfolgt war, und bejahte dabei zudem die Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsnorm.244 Wie vor diesem Hintergrund zu erwarten war, hatte daraufhin auch
  • zuständigen Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht245 Bestand. Auf demselben rechtsstaatlichen Weg konnte der Versuch RIEGERs unterbunden werden, in der Nähe
  • dass er die nationalsozialistische Gewaltund Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt." Siehe zur Vorgeschichte der Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung vom 25. Juni 2008: Verfassungsschutzbericht
Lüge und Fiktion im Dienste allliierter Siegerpropaganda skrupellos miteinander vertauscht werden." 242 Auch im Jahr 2008 konnte wie schon in den drei vorangegangenen Jahren kein zentraler "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" im bayerischen Wunsiedel, wo Heß begraben liegt, stattfinden, obwohl der Hamburger Rechtsanwalt und Neonazi Jürgen RIEGER, der seit 2008 stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender ist, schon vor geraumer Zeit bis einschließlich 2010 jährliche Gedenkveranstaltungen um den 17. August herum in Wunsiedel angemeldet hatte. Daraufhin konnte die Neonaziszene in den Jahren 2001 bis 2004 zentrale "Rudolf-Heß-Gedenkmärsche" in dieser Stadt durchführen. Die Zahl der Demonstrationsteilnehmer stieg dabei laut Polizeiangaben von rund 900 (2001) auf circa 3.800 (2004). Im Jahr 2008 mussten die neonazistischen Heß-Verehrer jedoch schon deutlich im Vorfeld des 17. August einen stätigung herben juristischen Rückschlag hinnehmen: Am 25. Juni 2008 bestätigte das Verbots Bundesverwaltungsgericht243 in letzter Instanz das Verbot des Wunsiedeler "Rudolf-Heß-Gedenkmarsches" von 2005, das wie auch in den folgenden Jahren auf der Basis des erst 2005 in Kraft getretenen Absatz 4 des SS 130 Strafgesetzbuch (StGB) erfolgt war, und bejahte dabei zudem die Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsnorm.244 Wie vor diesem Hintergrund zu erwarten war, hatte daraufhin auch das vom Landratsamt Wunsiedel ausgesprochene Verbot des "Rudolf-Heß-Gedenkmarsches" 2008 vor den zuständigen Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht245 Bestand. Auf demselben rechtsstaatlichen Weg konnte der Versuch RIEGERs unterbunden werden, in der Nähe von Wunsiedel zum selben Termin eine nichtöffentliche Ersatzveranstaltung abzuhalten. So musste die Szene zum wiederholten Male auf kleinere, dezentrale Veranstaltungen ausweichen. An diesen bundesweit neun Ersatzveranstaltungen am 16. und 17. August 2008 nahmen nur noch insgesamt rund 780 Personen teil, während zu den acht Ersatzveranstaltungen im Jahr 2007 noch circa 1.200 Teilnehmer erschienen waren. Die größten Heß-Gedenkveranstaltungen fanden im vorpommerschen Ueckermünde und im thüringischen Altenburg mit rund 250 beziehungsweise circa 230 Teilnehmern statt. Baden-Württemberg war im August 2008 nicht Schauplatz einer Heß-Demonstration. In Mannheim tra242 Bericht "Gedenken an Rudolf Heß auch im Bodenseekreis - Holzkreuze und Transparente zum 17. August", Homepage der baden-württembergischen JN vom 14. November 2008. 243 Az.: 6 C 21/07. 244 SS 130 Absatz 4 StGB lautet: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewaltund Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt." Siehe zur Vorgeschichte der Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung vom 25. Juni 2008: Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2007, S. 140. 245 Beschluss vom 13. August 2008. 148
  • RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 69 Personen aufweisen. An der Spitze der einzelnen Kameradschaften steht ein so genannter Kameradschaftsführer
  • gegrün gene und deren dete Gruppe widmet sich inhaftierten Rechtsextremisten, um deren Angehörige e. V." Abkehr von der Szene
  • ihrer Funktion als Sammelbecken für Personen aus dem gesamten rechtsex tremistischen Spektrum. So nahmen an der Jahreshauptversammlung am 16. April
RECHTSE X TREMISTISCHE BESTREBUNGEN UND VERDACHTSFÄLLE 69 Personen aufweisen. An der Spitze der einzelnen Kameradschaften steht ein so genannter Kameradschaftsführer, der die Ziele seiner Gruppe bestimmt und Kontakt zu den Leitern anderer Kamerad schaften hält. Die Treffen der - im Durchschnitt etwa Anfang 20 jährigen - Kameradschaftsmitglieder haben in der Regel "Stamm tischcharakter", teilweise werden die Treffen aber auch durch politische Schulungen oder Vorträge ergänzt. Kameradschaften tre ten in der Öffentlichkeit meist bei Demonstrationen oder bei der Ver teilung von Propagandamaterial in Erscheinung. Seit Ende der 90er Jahre gründen Neonazis "Aktionsbüros" oder "Ak tionsbündnisse", um fehlende Strukturen und die weitgehende Zer splitterung der Szene auszugleichen. Dadurch soll eine überregio nale Aktionsfähigkeit erreicht und insbesondere die Information der "Kameraden" über Großereignisse sichergestellt werden. So erfolgt über die "Aktionsbüros" und deren Internetauftritte beispielsweise die Mobilisierung für Demonstrationen oder die Berichterstattung über für die Szene wichtige Themen und Planungen. Die rund 600 Mitglieder zählende "Hilfsorganisation für nationale poli "Hilfsorganisation tische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) ist die einzige neo für nationale politische Gefan nazistische Vereinigung mit bundesweiter Relevanz. Die 1979 gegrün gene und deren dete Gruppe widmet sich inhaftierten Rechtsextremisten, um deren Angehörige e. V." Abkehr von der Szene zu verhindern. Durch Anzeigen in ihrer Publika (HNG) tion "Nachrichten der HNG" vermittelt sie Briefkontakte zu inhaftierten Gesinnungsgenossen und gibt diesen eine redaktionelle Plattform für eigene Erklärungen. Die Bedeutung der HNG liegt vor allem in ihrer Funktion als Sammelbecken für Personen aus dem gesamten rechtsex tremistischen Spektrum. So nahmen an der Jahreshauptversammlung am 16. April in Gremsdorf (Bayern) etwa 140 Personen teil. Nach Anga ben der HNG wurde u. a. eine Grußbotschaft der NPD vorgetragen. Die Zahl der von Neonazis durchgeführten Demonstrationen stieg Entwicklung der auf 145 an (2004: 87). Diese Entwicklung erklärt sich zum Teil durch Demonstrationen das Verbot des zentralen "Rudolf-Heß-Gedenkmarsches" in Wunsie del, an dessen Stelle die Szene eine große Zahl von Ersatzkundgebun gen organisierte. Ebenso nutzten Neonazis den Wahlkampf für die Bundestagswahl und den 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs zur Selbst darstellung. Wenn auch die Anzahl der Demonstrationen im Ver gleich zu 2004 anstieg, so konnte das parteiunabhängige Neonazila ger nur bei zwei Demonstrationen mehr als 1.000 Teilnehmer mobilisieren. Dies war zum einen bei der Kundgebung am 15. Januar in Magdeburg, welche sich thematisch mit dem 60. Jahrestag der Luftangriffe auf die Stadt beschäftigte, und zum anderen bei dem am BERICHT 2005
  • Trauermarsch zu gewinnen. Insgesamt nahmen ca. 250 Rechtsextremisten teil. Diese waren auch aus Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und NordrheinWestfalen
  • arbeitet. Wir erwarten gar nichts anderes - und werden trotz rechtswidriger Polizeischikanen entschlossen für unsere Toten auf die Straße gehen
  • Verbrechern und ihren heutigen Handlangern in der BRD!" Der Rechtsextremismus in der Region Lübeck/Ostholstein wird durch den dortigen
Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2430 fast an jedem Wochenende Infotische oder Mahnwachen im Großraum Lübeck/Ostholstein abgehalten. Hierdurch gelang es, fast die gesamte derzeit in Schleswig-Holstein mobilisierbare Szene für die Teilnahme an dem Trauermarsch zu gewinnen. Insgesamt nahmen ca. 250 Rechtsextremisten teil. Diese waren auch aus Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und NordrheinWestfalen angereist. Auch Einzelpersonen aus Dänemark konnten erneut festgestellt werden. Als Redner traten neben dem Veranstaltungsleiter die länderübergreifend tätigen Neonazis Thomas Wulff auch der Kölner Neonazi Axel Reitz sowie der amtierende NPD-Landesvorsitzende Jens Lütke auf. Im Gegensatz zur Vorjahresveranstaltung im März 2010 konnte die vereinbarte Route mit geringen Modifikationen eingehalten werden. Die Veranstalter kommentierten die Störversuche von Gegendemonstranten im Internet betont gelassen u. a. mit den Worten: "Wir lassen uns auch 2011 nicht von strafbaren Blockaden beeindrucken. Soll ruhig das ganze antideutsche Gesindel seine kriminelle Fratze zur Schau tragen, unterstützt von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und allem anderen, was in diesem System seit Jahrzehnten gegen uns Deutsche arbeitet. Wir erwarten gar nichts anderes - und werden trotz rechtswidriger Polizeischikanen entschlossen für unsere Toten auf die Straße gehen!" . Auf der ausschließlich für den Trauermarsch eingerichteten Internetseite (http://bombenterror.info/) fiel das Resümee der Veranstalter fast überschwänglich aus, indem sie u. a. äußerten: "Für dieses Jahr können wir ohne jede Übertreibung eine positive Bilanz ziehen. Unser Anliegen hat Lübeck über viele Wochen hinweg beschäftigt, die Beteiligung ist wieder deutlich gestiegen und der Marsch als krönender Abschluß der Kampagne konnte über zwei Stunden lang durchgeführt werden. Es bleibt dabei: Ehrenhaftes Gedenken den unschuldigen Opfern des Bombenterrors - kein Friede mit den alliierten Verbrechern und ihren heutigen Handlangern in der BRD!" Der Rechtsextremismus in der Region Lübeck/Ostholstein wird durch den dortigen NPD-Kreisverband geprägt, der zu den aktivsten NPD-Gliederungen in SchleswigHolstein gehört. Er führte wiederum diverse Flugblattaktionen und Infotische durch. Thematisiert wurden insbesondere "unverdächtige" Themen wie die geplante Fehmarnbelt-Querung und die "Euro-Krise". Zum Jahresende agitierte die Partei auf 39
  • 17/2430 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 4.1 Kiel Der Rechtsextremismus im Raum Kiel wird weiterhin durch Personen bestimmt, die primär
  • Lübeck und Ostholstein Die wiederum für Schleswig-Holstein bedeutsamste rechtsextremistische Veranstaltung fand - wie schon in den vergangenen Jahren - in Lübeck
  • Frieden - Im Gedenken an den Alliierten Bombenterror" erneut Rechtsextremisten durch die Stadt. Demonstrationsanmelder war das NPD-Landesvorstandsmitglied Roland Fischer
Drucksache 17/2430 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode 4.1 Kiel Der Rechtsextremismus im Raum Kiel wird weiterhin durch Personen bestimmt, die primär dem aktionistischen Spektrum zuzurechnen sind. Seit Jahren besteht eine enge Verknüpfung mit der NPD. Nach eigenen Angaben arbeiten Vertreter des NPDKreisverbands Kiel/Plön und der "Freien Nationalisten Kiel" bei Infotischen und Flugblattverteilaktionen zusammen. Der Kreisverband unterstützte Anfang des Jahres die Wahlkämpfe in Hamburg, Sachsen-Anhalt und Bremen. Angehörige des Kreisverbandes nahmen an verschiedenen Kundgebungen und Infotischen in verschiedenen Landesteilen teil. Insbesondere aber in den Sommermonaten war die NPD im Raum Kiel öffentlich kaum wahrnehmbar. Erst ab September trat die Partei in der Region zumindest mit Flugblattverteilaktionen und Infotischen wieder in die Öffentlichkeit. So wurden im September Flugblätter vor den Büros einiger Bundestagsabgeordneter verteilt. Die Aktion richtete sich gegen den Euro-Rettungsschirm. Sie war Ausdruck einer von dem NPD-Bundesverband ausgerufenen Kampagne gegen den Euro. Anschließend wurden am 8. Oktober und 12. November in Kiel sowie am 10. Dezember in Kiel und Lütjenburg Infotische registriert. Diese Infotische wurden zumeist am jeweiligen Aktionstag für ca. 2 Stunden an einem Standort aufgestellt und dann in einem anderen Stadtteil oder einer anderen Gemeinde für weitere 2 Stunden neu aufgebaut. Hierdurch sollte offenkundig vielfältige regionale Präsenz der Partei suggeriert werden. 4.2 Lübeck und Ostholstein Die wiederum für Schleswig-Holstein bedeutsamste rechtsextremistische Veranstaltung fand - wie schon in den vergangenen Jahren - in Lübeck statt. Am 26. März marschierten unter dem mittlerweile hinlänglich bekannten Motto "Bomben für den Frieden - Im Gedenken an den Alliierten Bombenterror" erneut Rechtsextremisten durch die Stadt. Demonstrationsanmelder war das NPD-Landesvorstandsmitglied Roland Fischer aus Kiel. Die Verantwortlichen begannen bereits im Spätherbst 2010 mit den Vorbereitungen für die Demonstration. Der Grund hierfür war die im Laufe der Jahre erkennbar nachlassende Anziehungskraft. Bereits an der Auftaktveranstaltung nahmen mehr als 50 Aktivisten teil. In der Folgezeit gab es eine Vielzahl weiterer Mobilisierungsveranstaltungen. So wurden insbesondere im Februar und März 38
  • Mittel zum Zwecke der Überwindung des demokratischen Rechtsstaates genutzt werden soll: "Bereits zum zweitenmal in Folge wird im Mai nächsten
  • Schleswig-Holstein Die Unterscheidungen zwischen den Hauptströmungen des Rechtsextremismus sind historisch gewachsen. Ihr liegen die Erfordernisse einer differenzierten Darstellung
  • modernen Rechtsextremismus zugrunde. Maßgebliche Kraft war die 1964 gegründete NPD. Später kam die dem so genannten "national-freiheitlichen" Spektrum zugerechnete
Drucksache 17/2430 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 17. Wahlperiode von der NPD abgelehnt wird und somit nur als Mittel zum Zwecke der Überwindung des demokratischen Rechtsstaates genutzt werden soll: "Bereits zum zweitenmal in Folge wird im Mai nächsten Jahres der Landtag im nördlichsten Bundesland vorzeitig neu gewählt - ein Offenbarungseid in Sachen Unfähigkeit der parlamentarischen Kaste. (...) Die NPD ist nicht nur die einzige Alternative zu den regierenden Versagerparteien, sondern auch eine Partei, die vor Ort in der Öffentlichkeit Gesicht zeigt. Daher wurden zusätzlich zur Landesliste für alle 35 Wahlkreise auch Direktkandidaten nominiert." Die NPD bereitete sich somit mit der frühzeitigen Aufstellung der Kandidaten auf einen engagierten Wahlkampf vor. Auf der Internetseite des Landesverbandes und fast aller Kreisverbände wird um Unterstützerunterschriften geworben. Die NPD verbreitet Zweckoptimismus für den Wahlkampf. Dabei dürfte der NPD klar sein, dass ihre Aussichten auf einen Wahlerfolg gering sind. Die Partei hat es in Schleswig-Holstein nur einmal, nämlich 1967 mit 5,8% (4 Sitze) in den Landtag geschafft. Seitdem lagen die Wahlergebnisse, soweit sich die NPD an den Landtagswahlen beteiligt hat, zwischen 0,2% und 1,9%. Bei den Landtagswahlen 2009 erreichte die NPD nur 0,9%. Sie erhält damit zur Zeit keine Mittel aus der Parteienfinanzierung. Diese finanziell ungünstige Ausgangslage und die Berichterstattung über die Taten der "Zwickauer Terrorzelle", die bundesweit auch einige Verbindungen zu Personen, die der NPD nahe stehen oder sogar Mitglied sind, aufzeigte, wird sich voraussichtlich negativ auf das Wahlergebnis der NPD auswirken. 3.2 Neonazistische ("aktionistische") Personenzusammenschlüsse in Schleswig-Holstein Die Unterscheidungen zwischen den Hauptströmungen des Rechtsextremismus sind historisch gewachsen. Ihr liegen die Erfordernisse einer differenzierten Darstellung des modernen Rechtsextremismus zugrunde. Maßgebliche Kraft war die 1964 gegründete NPD. Später kam die dem so genannten "national-freiheitlichen" Spektrum zugerechnete DVU dazu. In den siebziger Jahren entstandenen schließlich die neonazistischen Organisationen. Als neonazistisch (eigentlich: neonationalsozialistisch) wurden damals alle politischen Strömungen bezeichnet, die nach 1945 an die Tradi34
  • selbst gestellten Auftrag, inhaftierte Gesinnungsgenossen unter anderem durch Rechtsberatung, Überlassung rechtsextremistischer Literatur und Vermittlung von Briefkontakten moralisch und materiell
  • während der Haftzeit sozial und ideologisch weiter an die rechtsextremistische Szene zu binden und somit die staatlichen Ausstiegsangebote zu unterlaufen
Rhein-Neckar-Kreis zwei Vortragsveranstaltungen zum Thema statt. Zu der ersten Veranstaltung fanden sich circa 150 Personen ein, zu der zweiten sogar rund 250. Vortragender war unter anderem Dr. Olaf ROSE, der rund zwei Wochen später auf dem NPD-Bundesparteitag am 24./25. Mai 2008 in Bamberg in den NPD-Bundesvorstand gewählt wurde und bereits seit Ende 2006 dem Parlamentarischen Beratungsdienst der sächsischen NPD-Fraktion angehört. 3.2.2 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) Gründung: 1979 Sitz: Frankfurt am Main Mitglieder: ca. 50 Baden-Württemberg (2007: ca. 60) ca. 600 Bund (2007: ca. 600) Publikation: "Nachrichten der HNG" Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) ist die langlebigste und mitgliederstärkste Einzelorganisation in der deutschen Neonaziszene, für die vor dem Hintergrund der zahlreichen Verbote neonazistischer Vereinigungen in den 90er-Jahren feste Organisationsstrukturen wie die der HNG eigentlich untypisch geworden sind. In ihren Aktivitäten ist die HNG absolut spezialisiert: Sie verfolgt den selbst gestellten Auftrag, inhaftierte Gesinnungsgenossen unter anderem durch Rechtsberatung, Überlassung rechtsextremistischer Literatur und Vermittlung von Briefkontakten moralisch und materiell zu unterstützen, um sie auch während der Haftzeit sozial und ideologisch weiter an die rechtsextremistische Szene zu binden und somit die staatlichen Ausstiegsangebote zu unterlaufen. Ansonsten erschöpfen sich Aktivitäten und Bedeutung der HNG in der monatlichen Veröffentlichung ihrer 20-seitigen, 2008 im 30. Jahrgang erscheinenden Publikation "Nachrichten der HNG" und in der jährlichen Abhaltung einer Jahreshauptversammlung, die 2008 am 26. April mit circa 120 Teilnehmern in Großrinderfeld/Main-Tauber-Kreis stattfand. Mit Jürgen RIEGER sowie Thomas WULFF traten zwei bundesweit und mit Andreas THIERRY aus 150

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