1992 25 JAHRE 2017 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT Verfassungsschutzbericht 2016 Verfassung Terrorismus Information Linksextremismus Bewertung Ausländerextremismus Schutz Spionageabwehr Extremismusprävention Rechtsextremismus Aufklärung Islamismus Analyse ScientologyOrganisation Sensibilisierung Wirtschaftsschutz Verfassungsschutzbericht 2016 Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt II III VORWORT Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, das zurückliegende Berichtsjahr 2016 ist das 25. Tätigkeitsjahr der Verfassungsschutzbehörde Sachsen-Anhalt. Mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt zum 30. Juli 1992 nahm das damalige Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt seine Arbeit auf. Im Jahr 1999 wurde das Landesamt dann als Abteilung in das damalige Ministerium des Innern eingegliedert. In den 25 Jahren ihrer Tätigkeit hat die Verfassungsschutzbehörde eine Reihe organisatorischer und personeller Veränderungen erfahren. Aufgaben und Selbstverständnis erfuhren Anpassungen an aktuelle Herausforderungen und Zeitumstände. Eines ist in all dieser Zeit stets gleich geblieben: Der wachsame und analytische Blick auf extremistische Bestrebungen und Akteure in unserem Land und der Anspruch, als Frühwarnsystem Bedrohungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung und die verfassungsmäßigen Werte unseres Zusammenlebens zu erkennen und Politik und Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, damit wir alle Bedrohungen durch Extremisten entschlossen entgegen treten können. Der Verfassungsschutz wird heute als anerkannter und gefragter Informationsdienstleister und kompetente BeratungsIV VORWORT instanz im Hinblick auf verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten wahrgenommen. Dies ist wesentlich das Verdienst aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit diesem Selbstverständnis ihre Aufgaben engagiert und kompetent erfüllen. Dass diese Arbeit wahrgenommen und geschätzt wird, zeigen die Nachfrage nach und die Resonanz auf die jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichte. Sie sind nicht nur die Visitenkarte der Verfassungsschutzbehörde, sondern auch eine gefragte und gehaltvolle Informationsquelle für Politik, Verwaltungen sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger. Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt ist ein wichtiger und unverzichtbarer Baustein im gemeinsamen Streben von Staat und Gesellschaft für ein demokratisches, vielfältiges und weltoffenes Sachsen-Anhalt. In diesem Sinne danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr Engagement und ihren Einsatz. Ihr Holger Stahlknecht Minister für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt V INHALT VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT 8 Gesetzliche Grundlagen und Funktion 8 Schwerpunktaufgaben 10 Arbeitsweise 11 Öffentlichkeitsarbeit 12 Präventionsarbeit 14 Auskunftserteilung 16 RECHTSEXTREMISMUS 17 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 22 Partei "DIE RECHTE" 29 Partei "Der III. Weg" 35 "Europäische Aktion" (EA) 38 Nationalsozialisten (Neonazis) 41 "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) 50 "Artgemeinschaft" 58 "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) 60 Subkulturell geprägte Rechtsextremisten 62 "MAGIDA 2.0" 83 Rechtsextremismus im Internet 86 REICHSBÜRGERSZENE 89 LINKSEXTREMISMUS 98 Gewaltbereite Linksextremisten, insbesondere Autonome 103 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 116 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 119 "Rote Hilfe" (RH) 123 SICHERHEITSGEFÄHRDENDE UND EXTREMISTISCHE BESTREBUNGEN VON AUSLÄNDERN 126 "Arbeiterpartei Kurdistans" "Partiya Karkeren Kurdistan" (PKK) 127 VI INHALT ISLAMISTISCHE UND ISLAMISTISCH-TERRORISTISCHE BESTREBUNGEN 136 Salafistische Bestrebungen 138 "Gemeinschaft der Verkündigung der Mission" ("Tablighi Jama'at", TJ) 145 "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) 147 SPIONAGEABWEHR 150 Spionage als politisches Hilfsmittel 150 Informationsbeschaffung durch Spionage 151 Russische Nachrichtendienste 152 Chinesische Nachrichtendienste 153 Westliche Nachrichtendienste 154 Weitere Nachrichtendienste 154 Wirtschaftsschutz 155 Elektronische Angriffe 157 Proliferationsabwehr 158 Mitarbeit der Bevölkerung 159 GEHEIMSCHUTZ 161 Allgemeines 161 Geheimschutz im öffentlichen Bereich 161 ANHANG Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) 163 Strafund Gewalttatenstatistik 201 Personenstatistik 202 Stichwortverzeichnis 203 Abkürzungsverzeichnis 214 Registeranhang der extremistischen Organisationen 217 Publikationsliste 219 VII VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT Gesetzliche Grundlagen und Funktion Die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung; sie soll den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder gewährleisten. Die Aufgaben des Verfassungsschutzes in unserem Bundesland nimmt das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt als Verfassungsschutzbehörde wahr. Der Verfassungsschutz informiert im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags die Landesregierung und andere Stellen. Diese sollen dadurch in die Lage versetzt werden, die erforderlichen Maßnahmen ergreifen zu können. Ebenso unterrichtet er die Öffentlichkeit über seine Aufgabenfelder (vgl. SS 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt; nachfolgend VerfSchG-LSA). Sie bestehen in der Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, im Sinne der SSSS 94 bis 99, 129 und 129a des Strafgesetzbuches, 3. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Grundgesetzes, Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 8 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT 4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 5. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Unter Bestrebungen im verfassungsschutzrechtlichen Sinn sind politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen in oder für einen Personenzusammenschluss zu verstehen, die sich gegen die oben unter den Nummern 1., 4. und 5. genannten Schutzgüter richten. Ein Personenzusammenschluss besteht aus mehreren, gemeinsam handelnden Personen. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, gelten nur dann als Bestrebung und werden vom Verfassungsschutz beobachtet, wenn sie auf die Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut des VerfSchGLSA erheblich zu beschädigen (vgl. SS 5 Abs. 1 VerfSchGLSA). Voraussetzung für das Sammeln und Auswerten von Informationen ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für vorstehend genannte Bestrebungen oder Tätigkeiten. Für das Handeln der Verfassungsschutzbehörde ist es nicht erforderlich, dass eine konkrete Gefahr besteht oder eine begangene Straftat vorliegt. Der Verfassungsschutz wird bereits im Vorfeld konkreter Gefahren oder Straftaten tätig. Insbesondere darin kommt auch die Frühwarnfunktion des Verfassungsschutzes zum Ausdruck. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 9 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT Schwerpunktaufgaben Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Eine Schwerpunktaufgabe des Verfassungsschutzes besteht im Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, mithin dem Schutz der nicht zur Disposition stehenden Elemente des Grundgesetzes (SS 4 Abs. 1 Nr. 1 und SS 5 Abs. 2 VerfSchG-LSA). Hierzu gehören - das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, - die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, - das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung der parlamentarischen Opposition, - die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, - die Unabhängigkeit der Gerichte, - der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und - die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt konkretisierten Menschenrechte. Spionageabwehr Die Spionageabwehr ist gemäß SS 4 Abs. 1 Nr. 3 VerfSchGLSA Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde. Sie beschäftigt sich mit der Aufklärung, Abwehr und Verhinderung von Spionageaktivitäten fremder Nachrichtendienste. Auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland und Völkerverständigung Ein anderer Arbeitsschwerpunkt des Verfassungsschutzes ist die Beobachtung von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete VorbereitungshandVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 10 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT lungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Dazu gehören in erster Linie gewaltbereite extremistische Gruppen mit Auslandsbezug, die von unserem Staatsgebiet aus gewaltsame Aktionen planen und vorbereiten, um die politischen Verhältnisse im Ausland, vordringlich in ihrem Herkunftsland, gewaltsam zu verändern und dadurch die staatlichen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den betroffenen Staaten beeinträchtigen (vgl. SS 4 Abs. 1 Nr. 4 VerfSchG-LSA). Sofern sich Bestrebungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker richten, unterliegen diese ebenfalls der Beobachtung durch den Verfassungsschutz (vgl. SS 4 Abs. 1 Nr. 5 VerfSchG-LSA). Davon erfasst sind Personenzusammenschlüsse die darauf abzielen, konfessionelle oder ethnische Gruppen im Ausland zu bekämpfen. Auf der Grundlage von SS 4 Abs. 2 VerfSchG-LSA wirkt die Verfassungsschutzbehörde auch im Rahmen des Geheimschutzes und des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen des öffentlichen und nichtöffentlichen Bereichs mit. Sie berät zudem bei technischen Sicherheitsmaßnahmen. Arbeitsweise Bei seiner Informationserhebung stützt sich der Verfassungsschutz weitgehend auf offen zugängliches Material wie Zeitungen, wissenschaftliche Veröffentlichungen, Rundfunkberichte, Interviews, Parteiprogramme und offene Internetinhalte. Er darf Informationen auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln, insbesondere durch Einsatz von Vertrauenspersonen und Gewährspersonen, Observation, Bildund Tonaufzeichnungen und die Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen verdeckt erheben (vgl. SS 7 Abs. 3 VerfSchG-LSA). Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 11 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT Zu den nachrichtendienstlichen Mitteln zählt auch die Brief,Postund Telefonkontrolle. Der hiermit verbundene Eingriff in das Grundrecht nach Artikel 10 GG ist nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes zulässig. Die Verfassungsschutzbehörde erhebt, verarbeitet und nutzt die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten. Dies geschieht unter Beachtung des Datenschutzgesetzes Sachsen-Anhalt und der besonderen Regelungen des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt. Die Landesregierung unterliegt auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes der Kontrolle des Landtages. Diese Aufgabe nimmt die Parlamentarische Kontrollkommission wahr (vgl. SSSS 24 ff. VerfSchG-LSA). Für besondere Aufgaben des Verfassungsschutzes waren im Haushaltsplan 2016 im Einzelplan 03 insgesamt 585.700 Euro angesetzt. Der Verfassungsschutzbehörde standen im Berichtsjahr 108 Dienstposten/Arbeitsplätze zur Verfügung. Öffentlichkeitsarbeit Mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit unterstützt die Verfassungsschutzbehörde die geistig-politische Auseinandersetzung mit extremistischem und terroristischem Gedankengut und dient damit dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Regierung und Parlament, aber auch Bürgerinnen und Bürger werden so über Aktivitäten und Absichten verfassungsfeindlicher Organisationen informiert. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 12 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT Verfassungsschutzbericht Die Verfassungsschutzbehörde erfüllt mit diesem Bericht ihre gesetzlichen Unterrichtungspflichten, die in SS 15 Abs. 1 und 2 VerfSchG-LSA normiert sind. Bitte beachten Sie folgende redaktionelle Hinweise: - Soweit der Verfassungsschutzbericht einzelne Gruppierungen namentlich darstellt, handelt es sich - sofern nicht anders erwähnt - um Fälle, bei denen die vorliegenden Erkenntnisse in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Ziele im Sinne des SS 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA verfolgt, es sich mithin um eine extremistische Gruppierung handelt (siehe Registeranhang). Allerdings erwähnt der Verfassungsschutzbericht nicht alle Beobachtungsobjekte der Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt. Die Nennung lediglich extremistisch beeinflusster Gruppierungen dient dem Verständnis des sachlichen Zusammenhangs. - Hinweise auf Geschehnisse außerhalb Sachsen-Anhalts sind in diesen Bericht aufgenommen, sofern sie für das Verständnis des Gesamtzusammenhangs erforderlich sind. - Die in Anführungszeichen gefassten Textteile sind, so es sich um Zitate handelt, in der Originalschreibweise wiedergegeben. - Die jeweiligen Mitgliederzahlen der Personenzusammenschlüsse sind zum Teil geschätzt und gerundet. - Personenund Funktionsbezeichnungen in diesem Bericht gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form. Die Verfassungsschutzberichte der letzten fünf Jahre können im Internet unter der Adresse: www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz heruntergeladen oder bei der Verfassungsschutzbehörde kostenlos angefordert werden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 13 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT Präventionsarbeit Die Extremismusprävention ist seit Jahren ein fester Bestandteil der Arbeit des Verfassungsschutzes SachsenAnhalt. Die Verfassungsschutzbehörde informiert Landtag, Landesregierung, Gerichte, Staatsanwaltschaften, Kommunen und weitere Behörden, um frühzeitig vor Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung zu warnen. Der Verfassungsschutz steht somit allen Menschen im Land als Informationsdienstleister zur Verfügung. Im Bereich der Spionageabwehr sowie des Wirtschaftsund Wissenschaftsschutzes bietet die Verfassungsschutzbehörde Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen Informationen und Hilfestellungen zum Schutz vor Spionage an. Im Berichtsjahr konnten mit Vorträgen und Informationsveranstaltungen des Verfassungsschutzes insgesamt rund 800 Personen zu den Themenfeldern und Aufgaben des Verfassungsschutzes informiert werden. Beispielsweise fand am 3. November 2016 im Roncalli-Haus Magdeburg unter dem Titel "Neue Strömungen im Rechtsextremismus/Parteien und Neue Rechte" eine Fachtagung für Bedienstete von des Landes und der Kommunen, der Polizei sowie aus dem Bereich der Justiz, insbesondere Richter, Staatsanwälte und Bedienstete der Justizvollzugsanstalten Polizei, Justiz und Landesverwaltung statt, zu der über 130 Teilnehmer begrüßt werden konnten. Die Fachtagung war darauf ausgerichtet, über die aktuellen Entwicklungen im Spektrum rechtsextremistischer Parteien und Bewegungen zu informieren und das Rekrutierungsund Gefahrenpotential aufzuzeigen. Ein weiteres Hauptaugenmerk gilt dem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Aufgabenfelder des Verfassungsschutzes. Der beste Demokratieschutz sind informierte Menschen. Deshalb ist uns die Unterrichtung der Öffentlichkeit ein wichtiges Anliegen. Sie geschieht durch den jährliVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 14 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT chen Verfassungsschutzbericht, öffentliche Vorträge und Fachtagungen sowie über unsere Internetseiten und auch über die Medien. Der Verfassungsschutz bietet im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages im Bereich der Präventionsund Öffentlichkeitsarbeit Vorträge über die verschiedenen Erscheinungsformen des politischen Extremismus sowie über Spionageaktivitäten fremder Mächte an. Von Veranstaltern kann dieses Angebot nachgefragt werden und Referenten des Verfassungsschutzes können zu Veranstaltungen eingeladen werden. Das Vortragsangebot nutzen auch diverse Bildungseinrichtungen. Dem jeweiligen Veranstalter oder dem unterrichtsgestaltenden Lehrer obliegt die Einbindung in das eigene Veranstaltungsoder pädagogische Konzept. Die Vorträge bilden insoweit Beiträge zur Information und die Grundlage für weiterführende Diskussionen. Wünschen Sie weitere Informationen? Dann wenden Sie sich bitte direkt an uns: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt Nachtweide 82 39124 Magdeburg Telefon: +49(0)391/567-3900 E-Mail: verfassungsschutz@mi.sachsen-anhalt.de oder besuchen Sie uns im Internet unter www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz Hier finden Sie weitere Informationen und unsere aktuellen Publikationen, die wir Ihnen auch am Ende dieses Berichts vorstellen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 15 VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSENANHALT Auskunftserteilung Jeder Bürger kann unentgeltliche Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten beantragen. Die Verfassungsschutzbehörde ist nach SS 14 Abs. 1 VerfSchG-LSA grundsätzlich verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Geht ein Ersuchen ein, wird der Ersuchende zunächst gebeten, eine Kopie seines Personalausweises oder eines entsprechenden Personendokuments zur Identitätsfeststellung zu übersenden. Dies soll die angefragte Person davor schützen, dass möglicherweise andere Personen in seinem Namen Auskunft verlangen und Daten gegebenenfalls an Unberechtigte übermittelt werden. Die Auskunft hat nach SS 14 Abs. 2 VerfSchG-LSA zu unterbleiben, wenn bestimmte, im Gesetz geregelte Ausschlussgründe vorliegen. Dies ist beispielsweise gegeben, wenn durch die Auskunftserteilung eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörde drohen würde. Im Berichtsjahr gab es 91 Auskunftsersuchen: Auskunft über die zur Person gespeicherten Daten 2 Negativauskunft, keine Daten gespeichert 71 Keine Bearbeitung mangels Identifizierung des Er18 suchenden Auskunftsersuchen insgesamt 91 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 16 RECHTSEXTREMISMUS RECHTSEXTREMISMUS Der Rechtsextremismus trat im Berichtsjahr mit vielfältigen Aktivitäten in Sachsen-Anhalt in Erscheinung und ist deshalb nach wie vor ein Arbeitsschwerpunkt des Verfassungsschutzes. Rechtsextremistische Aktivitäten zeigen sich in vielen Bereichen: auf der Straße (z.B. Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen, "Trauermärsche") oder in szeneinternen Zusammenkünften (z.B. Kameradschaftstreffen, Musikveranstaltungen, im Wahlkampf oder Aktionen an exponierter Stelle der Zeitgeschichte). Zum einen hat sich die Anzahl der Aktivitäten in den letzten Jahren deutlich erhöht und zum anderen sind sie von Vielfältigkeit gekennzeichnet. Rechtsextremisten bereiten zwar im Verborgenen ihre Aktivitäten vor, doch sie suchen bewusst mit ihrem Tun die Öffentlichkeit. Neue Kommunikationstechnologien unterstützen diese Strategie. Die sozialen Medien bieten ideale Möglichkeiten der Vernetzung der rechtsextremistischen Szene, der Planung und Absprache von Aktivitäten sowie der Verbreitung von Strategie und Taktik. Rechtsextremisten erreichen damit eine breite Rezeption, bleiben nicht mehr unter sich und dringen relativ ungefiltert in nicht-extremistische Kreise der Gesellschaft vor. Diese Entwicklung wurde besonders seit Mitte 2015 sichtbar, als die Zahl der nach Deutschland kommenden Geflüchteten und Schutzsuchenden stark anstieg. Rechtsextremisten initiierten im Kontext der Flüchtlingssituation Aktivitäten, die mitunter auch im bürgerlichen Bereich verfingen. Rechtsextremisten scheuten sich nicht, am bürgerlichen Protest teilzunehmen. Die Polizei registrierte zudem eine bedeutende Anzahl von Straftätern, die zuvor im Bereich der politisch motivierten Kriminalität nicht aufgefallen waren. Insbesondere der Krieg in Syrien und im Irak führte dazu, dass immer mehr Menschen ihre Heimat verlassen und in Deutschland Schutz suchen. Die schnell steigende Zahl der Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 17 RECHTSEXTREMISMUS Asylsuchenden beeinflusste die Sicherheitslage in den Jahren 2015 und 2016 erheblich. In ganz Deutschland ist ein Anstieg von Aktionen und Gewaltbereitschaft, insbesondere im Bereich des Rechtsextremismus, festzustellen. Sachsen-Anhalt gehört zu den Ländern mit den höchsten Kennziffern in diesem Bereich. In allen Spektren des Rechtsextremismus, in Parteien und Organisationen, in Kameradschaften und sogenannten Kampfbündnissen oder in der von Subkultur gekennzeichneten Szene werden Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus als ideologische Kernelemente sichtbar. Der Rechtsextremismus zeigt sich in verschiedenen Erscheinungsformen. Der Verfassungsschutz nimmt eine an der Struktur ausgerichtete Klassifizierung in parteigebundene und parteiungebundene Rechts-extremisten vor. Parteien besitzen wegen der aktiven Teilnahme an der politischen Willensbildung eine hohe Wirkungskraft. In Sachsen-Anhalt sind neben der bekannten "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) auch die noch jungen rechtsextremistischen Parteien "DIE RECHTE" (DR) und "Der III. Weg" im Begriff, sich zu etablieren. Gerade der parteigebundene Rechtsextremismus erlebt mit den Neugründungen der Parteien "DIE RECHTE" und "Der III. Weg" eine gewisse Renaissance. In Sachsen-Anhalt konnten die Impulse aus den westdeutschen Landesverbänden der Parteien allerdings nicht nachhaltig in die Praxis umgesetzt werden. Die schwachen Strukturen bedürfen weiterhin der Unterstützung von außen. "DIE RECHTE" ist in der Lage, zumindest temporär Allianzen im Kontext der Asylthematik zu schmieden. Sie kooperiert mit so genannten unorganisierten Freien Nationalisten. So hat sie bereits seit Mai 2016 für den 1. Mai 2017 zu ener Demonstration in Halle (Saale) aufgerufen. Der 1. Mai gehört zu den zentralen Terminen rechtsextremistischer Organisationen. Seit vielen Monaten wird hierfür bundesweit Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 18 RECHTSEXTREMISMUS geworben, um regionale und überregionale Anhänger der gesamten Bandbreite der rechtsextremistischen Szene anzuziehen. NPD und DR agieren als Parteien. Dazu müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen, die den Parteienstatus rechtfertigen. Neben dem Aufbau arbeitsfähiger Strukturen wie einem Landesverband mit Kreisverbänden gehört die Teilnahme an Wahlen zu den Voraussetzungen für den Parteienstatus. Daher nahmen beide rechtsextremistischen Parteien an der Landtagswahl teil, allerdings mit sehr bescheidenen Ergebnissen. Die NPD erreichte 1,9 Prozent, die DR 0,2 Prozent der Zweitstimmen (bei der Landtagswahl 2011 in SachsenAnhalt war die NPD nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert). Nach Einleitung eines Verbotsverfahrens Anfang 2013 war eine deutliche Schwäche der NPD zu konstatieren, was sich an zurückgehenden Mitgliederzahlen und Aktionen zeigte. Am 17. Januar 2017 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwar den Antrag des Bundesrats auf Verbot der NPD und ihrer Teilorganisationen und auf deren Vermögenseinziehung zurückgewiesen. Das BVerfG stellte jedoch die Verfassungsfeindlichkeit der Partei fest. Das Wirken von so genannten Neonazi-Kameradschaften ist zugunsten neuer Formen des Rechtsextremismus etwas in den Hintergrund geraten. Es gibt sie aber noch: Kameradschaftsstrukturen in der Altmark, Aktionsgruppen im Süden des Landes, Bruderschaften oder namenlose Freie Nationalisten. Ihre Aktivitäten wurden in den ersten sechs Monaten des Berichtsjahres von der Instrumentalisierung der Flüchtlingsthematik geprägt. Danach erfolgte wieder eine Konzentration auf ursprüngliche Themen, wie der Verherrlichung des Nationalsozialismus und des germanischen Brauchtums. Das Gesamtpotenzial der erkannten aktiven, also zielund zweckgerichtet handelnden Rechtsextremisten für das Jahr 2016 erreicht das Vorjahresniveau. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 19 RECHTSEXTREMISMUS Rechtsextremisten1 2015 2016 Parteigebundener Rechtsextremismus (Parteien) 280 265 Parteiungebundener Rechtsextremismus 390 410 Weitgehend unstrukturierter, meist subkulturell geprägter Rechtsextremismus 800 800 Summe: 1470 1475 Gesamt (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften) 1.400 1.400 Der gewaltbereite Rechtsextremismus steht im Fokus der Arbeit der Sicherheitsbehörden. Auf diesen Bereich ist der Schwerpunkt zu legen. Die subkulturell geprägte, gewaltbereite rechtsextremistische Szene stellt die größte Gruppe im rechtsextremistischen Personenpotenzial dar. Diese Gruppe zeichnet im Wesentlichen für die rechtsmotivierten Strafund Gewalttaten verantwortlich. Die politisch rechts motivierten Strafund Gewalttaten blieben im Berichtsjahr auf sehr hohem Niveau. Die Anzahl der Gewalttaten -rechtshat sich gegenüber dem Vorjahr erhöht. Der Rechtsextremismus modernisiert sich. Er passt sich an. Neue Strukturen und Formen der politischen Agitation zeigen sich. Sie werden von bekannten und unbekannten Personen getragen, die in der Regel einen hohen Bildungsstand besitzen und etwa dem studentischen Milieu angehören. Die "Identitäre Bewegung" (IB) nutzte das gesellschaftliche Klima im Lichte der Zuwanderung von Asylsuchenden, um sich in ganz Deutschland - auch in Sachsen-Anhalt - zu etablieren. 1 Zahlen zum Teil geschätzt und gerundet. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 20 RECHTSEXTREMISMUS Die IB geriert sich als Bewegung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche die eigene Kultur beziehungsweise das eigene Volk vor den vermeintlichen Gefahren von Multikulturalismus, Masseneinwanderung und Identitätsbeziehungsweise Werteverlust bewahren will. Ihre Ideologie, obwohl von der IB selbst bestritten, enthält Elemente der Fremdenfeindlichkeit und der Ablehnung von Migration und der Globalisierung. Hier sieht die IB ihre "ethnokulturelle Identität" durch Einflüsse anderer, nicht zum "ursprünglichen Lebensraum" gehörender Personen gefährdet. Sie propagiert die Auflösung der Europäischen Union und die Bildung eines Europas der "identitären Nationalstaaten", die selbstbestimmt koexistieren. Hier zeigt sich eine Verbindung zur NPD-Forderung nach einem "Europa der Vaterländer". Sie verallgemeinert und pauschalisiert die Muslime und den Islam als eine grundlegende Gefahr für die deutsche Identität. Sie trennt den islamistischen Terror bewusst nicht von der islamischen Religion. Sie zeigt sich auch in Teilen völkisch, siehe Sommersonnenund Wintersonnenwendfeiern. Darüber hinaus engagieren sich mitunter auch bekannte Rechtsextremisten in der und für die IB. In Sachsen-Anhalt sind Gruppen aus Halle (Saale), Magdeburg und dem Harz aktiv. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 21 RECHTSEXTREMISMUS "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Sitz Landesverband: postalisch Berlin Verbreitung Bundesverband: Berlin Gründung Bundesverband: 1964 Landesverband: 1990 (als Landesverband "Mitteldeutsche Nationaldemokraten") Struktur Landesvorsitzender: Peter WALDE (seit 2011) Aufbau (Hecklingen, OT Schneidlingen, Salzlandkreis) Bundesvorsitzender: Frank FRANZ (Saarland) Kreisverbände in Sachsen-Anhalt: Altmark, Anhalt-Bitterfeld, Börde, Burgenlandkreis, Halle, Harz, Magdeburg, MansfeldSüdharz, Saalekreis, Salzland, Wittenberg 24 Mandatsträger in den Kommunalvertretungen Sachsen-Anhalts2 Unterorganisationen: -"Junge Nationaldemokraten" (JN) -"Ring Nationaler Frauen" (RNF), -"Kommunalpolitische Vereinigung" (KPV) Mitglieder Land: 220 (2015: 220) Anhänger Bund: 5.000 (2015: 5.200) VeröffentWeb-Angebot: lichungen www.npd-sachsen-anhalt.de3 2 Stand Ende des Berichtsjahres. 3 Internetseite der NPD SachsenAnhalt, abgerufen am 31. März 2017. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 22 RECHTSEXTREMISMUS Publikationen: "Deutsche Stimme" (Bundesverband, monatlich) keine landesweiten oder lokalen Publikationen Kurzportrait Die NPD ist eine rechtsextremistische Partei. Ziele Sie will die Demokratie in Deutschland beseitigen und tritt für eine rassistische, antisemitische, revisionistische und fremdenfeindliche Ideologie ein, die sich auf die Ideologie des historischen Nationalsozialismus bezieht und eine enge Zusammenarbeit mit der gewaltbereiten Neonazi-Szene pflegt. FinanzierungStaatliche Parteienfinanzierung Mitgliedsbeiträge und Spenden Grund der Beobachtung Die NPD strebt die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. An ihre Stelle will die Partei einen autoritär geführten Staat setzen, in dem sich der Einzelne der Gemeinschaft unterzuordnen hat. Das ideologische Kernelement ist die Vorstellung einer ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft". In einer solchen Gesellschaft kommt eine Person nur dann in den Genuss der Gemeinschaft, wenn sie durch ihre Abstammung entsprechend qualifiziert ist. Die NPD verfolgt eine rechtsextremistische Ideologie, die sich vor allem durch Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auszeichnet. Die fremdenfeindliche Agitation der Partei belegt Minderheiten pauschal mit Negativeigenschaften und diffamiert diese als Bedrohung für die einheimische Bevölkerung. Die NPD glorifiziert in Beiträgen der "Deutschen Stimme" den historischen Nationalsozialismus. Es werden nicht nur antisemitische Äußerungen wiedergegeben, sondern auch der Holocaust oder die Zahl der Opfer des Nationalsozialismus bezweifelt und beschönigt. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 23 RECHTSEXTREMISMUS Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Landtagswahl 2016 Der Bundesorganisationsleiter Sebastian SCHMIDTKE aus Berlin, der den Landtagswahlkampf für die NPD SachsenAnhalt organisierte, meldete im Berichtszeitraum eine Vielzahl von Wahlkampfkundgebungen unter dem Motto "Mit Volldampf in den Landtag!" an. Das "Flaggschiff" 4 der NPD hielt im Zeitraum zwischen Februar und März 2016 in über 20 Kommunen Sachsen-Anhalts. Die Anzahl der Teilnehmer lag im Durchschnitt bei zehn bis fünfzehn Personen. Eine Ausnahme bildete der 15. Februar im Burgenlandkreis, wo bis zu 50 Teilnehmer verzeichnet werden konnten. Der Kreisverband Wittenberg lud am 5. März zu einer Kundgebung mit anschließendem Aufzug in die Lutherstadt Wittenberg ein. Der Einladung unter dem Motto "Mit Volldampf in den Landtag! Jetzt hilft nur noch NPD" folgten 90 Personen. Als Redner trat unter anderem der Europaabgeordnete der NPD Udo VOIGT auf. Unter den Teilnehmenden konnte auch der Landesvorsitzende der NPD Sachsen-Anhalt Peter WALDE aus Hecklingen, OT Schneidlingen (Salzlandkreis) festgestellt werden. Auch der NPD-Landesverband griff auf Altbewährtes zurück. Mit Plakatierungen, Verteilaktionen, Infotischen und ihrem "Flaggschiff" hoffte die Partei auf eine breite Wahrnehmung. Jedoch zeigten die Wahlkampfbemühungen kaum Öffentlichkeitswirkung. Die NPD Sachsen-Anhalt erhielt bei der Landtagswahl am 13. März insgesamt 21.230 Zweitstimmen (1,9 Prozent). Die Schwerpunkte lagen in folgenden Wahlkreisen (WK): Staßfurt (Salzlandkreis) im WK 17 (2,8 Prozent), DessauRoßlau-Wittenberg im WK 27 (3 Prozent), Halle (Saale) im WK 35 (2,6 Prozent), Querfurt (Saalekreis) im WK 40 4 Ein zu Wahlkampfzwecken umgebauter LKW. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 24 RECHTSEXTREMISMUS (2,8 Prozent), Zeitz (Burgenlandkreis) im WK 41 (4 Prozent), Naumburg (Burgenlandkreis) im WK 42 (2,8 Prozent) sowie in Weißenfels (Burgenlandkreis) im WK 43 (3,1 Prozent). Die Ergebnisse im Burgenlandkreis sind zum Teil auch dem Bekanntheitsgrad der Mitglieder der NPD-Fraktion im Kreistag des Burgenlandkreises Hans PÜSCHEL, Lutz BATTKE und Steffen THIEL geschuldet. In der Gesamtschau bestand zu keiner Zeit die Aussicht auf einen Einzug der NPD in den Landtag von Sachsen-Anhalt. Strukturelle Entwicklung Einer Internetmeldung des NPD-Landesverbandes vom 6. November zufolge führte dieser am 5. November seinen Parteitag mit einer Vorstandswahl durch. Erneut wurde Peter WALDE zum Landesvorsitzenden gewählt. Ihm zur Seite stehen als seine Stellvertreter Thomas GREY (DessauRoßlau) und neu im Vorstand der Vorsitzende des Kreisverbandes Börde Nick MACHTS (Haldensleben). Ebenfalls neu im Landesvorstand als Beisitzer sind Gustav HAENSCHKE (Magdeburg) und Jana HILDEBRAND (Oberharz am Brocken, Landkreis Harz) vertreten. Aktivitäten im Kontext der Flüchtlingspolitik / Asylthematik Rechtsextremisten versuchen weiterhin, über das Thema Asyl radikalisierenden Einfluss auf die gesamtgesellschaftliche Diskussion zu gewinnen sowie Versammlungen und Protestveranstaltungen des nichtextremistischen Spektrums zu beeinflussen. An einer Veranstaltung der "Freien Bürgerbewegung Köthen und Umgebung" zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober in Köthen mit ca. 100 Teilnehmern beteiligten sich laut einer Internetmeldung des NPD-Landesverbandes auch NPD-Mitglieder, darunter der Landesvorsitzende WALDE. Ziel sei es gewesen, "friedlich und parteiübergreifend für die Zukunft unserer Heimat und Familien zu demonstrieren". Das Motto "Merkel muss weg!" sei nicht ganz ohne Hintergedanken mit dem Zusatz "Wir schaffen das!" versehen worden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 25 RECHTSEXTREMISMUS Am 7. Oktober protestierten Mitglieder des NPDKreisverbandes Magdeburg, darunter Gustav HAENSCHKE und Jörg CZERSKI (beide Magdeburg) mit einem Banner "Asylbetrug macht uns arm" vor einer Flüchtlingsunterkunft im Herrenkrug. Das Internet dient dem NPD-Landesverband und seinen Kreisverbänden zur Propaganda, Rekrutierung sowie Mobilisierung unter anderem für Anti-Asyl-Aktionen. Mit zahlreichen Meldungen insbesondere in den sozialen Netzwerken wird meist mit pauschaler Ablehnung und Feindseligkeit gegenüber der islamischen Religion agitiert. Der NPD-Kreisverband Börde trägt auf seinem FacebookAccount mit zahlreichen Beiträgen erheblich zur Agitation gegen Geflüchtete bei. In einem Artikel vom 17. Dezember heißt es: "Solange viele Deutsche noch CDU, SPD, Linke und Grüne wählen ...., wird sich hier nichts ändern und weiter Vergewaltigungen und Anschläge viele deutsche Opfer fordern." Am gleichen Tag schreibt derselbe Kreisverband im Zusammenhang mit einer Demonstration der islamischen Gemeinde am 16. Dezember in Magdeburg "Wird Magdeburg zu einem Köln oder bekommt es den Charakter wie viele Städte in den alten Bundesländern??? Was sich diese Horde in einem Gastland erlaubt, ist eine bodenlose Frechheit!" In einem Beitrag vom 20. Dezember zum Anschlag am 19. Dezember auf einen Berliner Weihnachtsmarkt schreibt der Kreisverband Magdeburg: "So ist das wenn Zehntausende ohne Papiere reingelassen werden. Soll so unsere Zukunft aussehen? Terroranschläge und Gewaltverbrechen und wir sollen still zusehen?" Ebenfalls am 20. Dezember setzte der Kreisverband Börde eine Aussage der Bundeskanzlerin zu beruflichen Perspektiven für Geflüchtete "Es werden überall Kraftfahrer gesucht." (Zitat aus einem Artikel der Zeitung DIE WELT) in perfider Weise in Verbindung mit dem Anschlag in Berlin und resümierte: "Der erste hatte gestern seine praktische Prüfung. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 26 RECHTSEXTREMISMUS Mama Merkel rief sie und nun werden einzelne ihre Taten durchziehen." Der Kreisverband Halle nimmt in einer Presseerklärung ebenfalls Stellung zum Anschlag am 19. Dezember in Berlin. So schreibt der Vorsitzende BRÜCKNER: "Die Nationaldemokratische Partei Deutschland warnt seit Jahren die Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft vor den Folgen, diese sich aus der unkontrollierten und ungehemmten Zuwanderung von Personen aus anderer Kulturkreise nach Deutschland ergeben. In den letzten Jahren sind Millionen von Glücksrittern nach Deutschland und damit hauptsächlich in die deutschen Sozialsysteme eingewandert." Bewertung, Tendenzen, Ausblick Auch nach der Urteilsverkündung des BVerfG am 17. Januar 2017 wird die NPD an ihrem verfassungsfeindlichen und eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus indizierenden Konzept der ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft" festhalten. Zunächst aber steht für die Partei die Bündelung der eigenen Kräfte im Vordergrund, um den temporären Mobilisierungseffekt infolge des Nicht-Verbots zu nutzen. Des Weiteren könnte die NPD nach einer Phase der Selbstbeschränkung und des öffentlichen "Wohlverhaltens" während des laufenden Verfahrens nunmehr wieder offensiver auftreten und potenziell damit wieder frei werdende Aktionsund Agitationsspielräume nutzen, um ihren Führungsund Sammlungsanspruch innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums zu erneuern oder allmählich wieder auszubauen. Ob es dem NPD-Landesverband Sachsen-Anhalt gelingt, in diesem Sinne seinen seit Jahren stagnierenden Mitgliederbestand und überwiegend passive Strukturen zu reaktivieren, bleibt abzuwarten. Insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Konkurrenzen, wie der Partei "Die Rechte", wird er kaum Aussichten haben, seine Präsenz im Jahr 2017 zu verbessern. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 27 RECHTSEXTREMISMUS Vor allem die jüngsten Ereignisse mit Bezug zum islamistischen Terrorismus bzw. öffentlichkeitswirksame Straftaten von Geflüchteten sind geeignet, die rechtsextremistische Agitation im Internet und im Rahmen von Demonstrationen und sonstigen öffentlichen Aktionen gegen Muslime, Geflüchtete und Migranten weiter anzufachen. Auch der Landesverband wird hier weiterhin den thematischen Schwerpunkt seiner Agitation sehen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 28 RECHTSEXTREMISMUS Partei "DIE RECHTE" 5 Sitz Landesverband: Oranienbaum-Wörlitz Verbreitung (Landkreis Wittenberg) Bundesverband: Parchim (MecklenburgVorpommern) Gründung Landesverband: 30. November 2014 (Kreisverband Magdeburg/Jerichower Land bereits am 24. Mai 2014) Bundesverband: 27. Mai 2012 Struktur Landesvorsitzender: Ingo ZIMMERMANN Aufbau (Landeshauptstadt Magdeburg) Bundesvorsitzender: Christian WORCH (Mecklenburg-Vorpommern) Kreisverbände: Dessau-Roßlau/Wittenberg, Halle/Saale, Harz, Magdeburg/Jerichower Land Mitglieder Land: ca. 30 (2015: unter 50) Anhänger Bund: 700 (2015: 650) VeröffentWeb-Angebote: lichungen http://die-rechte.com http://www.rechte-sachsen-anhalt.com Kurzportrait Die Partei "DIE RECHTE" wurde in Hamburg Ziele von Mitgliedern der ehemaligen "Deutschen Volksunion" (DVU; Gegner der Fusion mit der NPD) und dem langjährigen Neonazi Christian WORCH gegründet. In einer Erklärung zur politischen Ausrichtung der neuen Partei, die WORCH am 8. Juni 20126 abgab, heißt es: "DIE RECHTE" sei weniger radikal als die NPD, 5 http://www.rechtesachsenanhalt.com, abgerufen 16.01.2017 6 http://www.dvunds.de, "Warum DIE RECHTE?", abgerufen 11.06.2012 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 29 RECHTSEXTREMISMUS aber radikaler als die Republikaner und die ProBewegung und stehe in der Tradition der DVU als freiheitliche Partei. Inzwischen spielen die ehemaligen DVU-Mitglieder keine Rolle mehr. Eine Vormacht aus neonazistischen "Freien Kräften" bestimmt die Tageshandlung und somit auch die Richtung der Partei. Diese Entwicklung begann mit der Gründung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen am 15. September 2012, dessen Mitglieder überwiegend den im August 2012 verbotenen neonazistischen Organisationen NWDO7, KS8 Hamm und KS Aachener Land angehörten. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen ist bis heute der mitgliederstärkste Landesverband der Partei. Festzustellen ist eine Fokussierung der Parteiarbeit auf die Flüchtlingspolitik. Ihren Aktionsschwerpunkt setzt sie auf Kundgebungen. Einen weiteren Schwerpunkt in Sachsen-Anhalt bilden die Proteste gegen den politischen Gegner. Ein stetiger Schwerpunkt, der das Handeln der Partei massiv beeinflusst, ist die Erfüllung der rechtlichen Anforderung zur Aufrechterhalt des Parteienstatus. So trat die Partei bereits 2013 mit einer Landesliste in NordrheinWestfalen zur Bundestagswahl an. 2016 beteiligte sich die Partei an der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. FinanzierungMitgliedsbeiträge, Spenden Grund der Beobachtung Teile des Parteiprogramms sind stark nationalistisch geprägt. Zur "Wahrung der Identität" der Deutschen und zum 7 "Nationaler Widerstand Dortmund" 8 KS steht für Kameradschaft Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 30 RECHTSEXTREMISMUS Schutz des "deutschen Staatsvolkes" fordert "DIE RECHTE" beispielsweise ein "Zurückdrängen der Amerikanisierung" und anderer "übermäßiger fremder Einflüsse", die "Eindämmung ungezügelter Zuwanderung", die "Aufhebung der Duldung von Ausländern" sowie ein "Werbeverbot in ausländischen Sprachen". Das Parteiprogramm weist gebietsrevisionistische Züge auf: "Die Abtrennung der deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße als Kriegsfolge widerspricht völkerrechtlichen Grundsätzen. Wir wissen aber auch, dass nicht Gewaltanwendung, sondern nur friedliches Einvernehmen unter den Völkern eine Linderung oder auch Korrektur dieser Lage herbeiführen kann und darf". Die Forderung von Zahlungen wie Sozialleistungen, Kindergeld oder Müttergeld nur an Deutsche sind weitere fremdenfeindliche Positionen im Parteiprogramm. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Landtagswahl 2016 Die Partei "DIE RECHTE" erreichte bei der Landtagswahl 2.309 Zweitstimmen (0,2 Prozent). Sie hat demnach keinen Anspruch auf staatliche Mittel im Rahmen der Parteienfinanzierung. Die Schwerpunkte lagen in folgenden Wahlkreisen (WK): Burg (WK 6), Oschersleben (WK 9), Magdeburg (WK 10 und 12), Halberstadt (WK 14), Dessau-Roßlau-Wittenberg (WK 27), Quedlinburg (WK 30), Halle (Saale) (WK 38) sowie Querfurt (WK 40). Die Partei setzte im Wahlkampf auf bewährte Mittel und auf Provokation. Mit Verteilaktionen und Infotischen versuchte sie, trotz überschaubarer personeller und finanzieller Ressourcen, Aufmerksamkeit zu erreichen. Die Anzahl den Teilnehmenden lag im Durchschnitt bei zehn Personen, das Motto variierte nur gering von "Perspektiven statt Massenzuwanderung" bis zu "Perspektiven schaffen, statt Masseneinwanderung zu akzeptieren!". Wahlwerbespots für Radio und TV sollten für einen flächendeckenden BekanntheitsVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 31 RECHTSEXTREMISMUS grad der Partei sorgen. Diese wirken jedoch eher phantasielos und altbacken. Mediale Aufmerksamkeit erlangte "DIE RECHTE" mit Plakatierungen. Mit dem Slogan "Wir hängen nicht nur Plakate", angebracht auch in der Nähe zu Gemeinschaftsunterkünften, polarisierte die Partei. Weitere Aktivitäten In Stendal veranstaltete der Landesverband am 23. Januar eine Demonstration unter dem Motto "Perspektiven schaffen, statt Massenzuwanderung zu akzeptieren". Hieran nahmen bis zu 152 Personen teil. Zweck dieser Veranstaltung war es, Präsenz auf der Straße zu zeigen und den Wahlkampf der Partei zu unterstützen. Am 12. März führte der Landesverband "DIE RECHTE" Sachsen-Anhalt in Magdeburg eine Versammlung mit Aufzug unter dem Thema "Das Licht ins Dunkle tragen" durch. An der Versammlung nahmen insgesamt 65 Personen teil. Die Teilnehmer führten Transparente mit der Aufschrift "Perspektiven schaffen statt Massenzuwanderung zu akzeptieren" und "Den Linken die Rechte geben. Auf der Straße und in den Parlamenten" mit. Eine "Mahnwache", die sich gegen den politischen Gegner richtete, fand am 13. Februar in Oschersleben (Landkreis Börde) mit 33 Teilnehmern statt. Organisiert wurde sie vom Kreisverband Magdeburg/Jerichower Land. Der Landesverband organisierte nach eigenen Angaben am 19. Februar in Burg (Landkreis Jerichower Land) eine "Mahnwache gegen Hetze und Gewalt der Linken" auf Grund eines angeblichen Anschlags auf die Wohnung eines Anhängers. Der Kreisverband Magdeburg/Jerichower Land meldete für den 20. August eine Kundgebung mit Infotisch auf dem Bahnhofsvorplatz in Magdeburg zum Thema "Gehört der Islam zu Deutschland" an. Als Redner traten die bekannte Revisionistin Ursula HAVERBECK-WETZEL (NordrheinVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 32 RECHTSEXTREMISMUS Westfalen) und der Gebietsleiter der "Europäischen Aktion" (EA) Sachsen-Anhalt, Marcel KRETSCHMER, auf. Rund 30 Personen nahmen teil. Der Kreisverband Halle/Saale demonstrierte am 10. September in Halle (Saale) unter dem Motto: "Gegen Gewalt in Halle". Anlass sollen Auseinandersetzungen zwischen Roma und Deutschen in der Südstadt der Saalestadt gewesen sein. Die Veranstaltung wurde auf Grund einer Brandstiftung (Brandanschlag auf das Kfz eines Mitgliedes des Landesvorstandes der Partei "DIE RECHTE" Sachsen-Anhalt) vorzeitig beendet. An dem Aufzug nahmen 77 Personen teil. Strukturelle Entwicklung Die Partei führte am 27. November in Halle (Saale) ihren Landesparteitag mit Vorstandswahlen durch. Neuer Landesvorsitzender ist Ingo ZIMMERMANN. Zum stellvertretenden Landesvorsitzenden wurde Veit HOLSCHEIDER (Landkreis Wittenberg) gewählt. Zwischen den Hallenser Kreisverbänden der NPD und der DR fand am 22. Mai ein Kooperationsgespräch statt. Der DR-Kreisverband Halle/Saale postete auf Facebook: "Von nun an wird eine Zusammenarbeit stattfinden! 2 Parteien, 2 Fahnen, 1 Ziel! Auf gute Zusammenarbeit!". Der Kreisverband Harz und der Kreisverband DessauRoßlau/Wittenberg entfalteten keine öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die parteipolitischen Erfolge sind marginal: keine signifikanten Erfolge bei den Landtagswahlen, einhergehender Statusverlust, nur zwei aktive Kreisverbände und Mitgliederrückgang. Sollte Ingo ZIMMERMANN damit scheitern, die Partei "DIE RECHTE" in Sachsen-Anhalt neu aufzustellen, wird sie in die Bedeutungslosigkeit fallen. Die Zugehörigkeit zum Aktionsbündnis Sachsen-Anhalt (ein Zusammenschluss aus "Europäische Aktion" Sachsen-Anhalt, Partei Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 33 RECHTSEXTREMISMUS "DIE RECHTE" Sachsen-Anhalt und den "Freien Kräften" Sachsen-Anhalt) soll helfen, Verbündete zu finden und das Mobilisierungspotenzial zu erhöhen. Die Bemühungen zum Erhalt des Parteienstatus werden weiter gehen. Ziel wird es bleiben, handlungsfähige Parteistrukturen zu schaffen. Mit ZIMMERMANN an der Spitze wird die Partei in Zukunft radikaler wahrgenommen werden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 34 RECHTSEXTREMISMUS Partei "Der III. Weg" 9 Sitz Bundesverband: Weidenthal (Rheinland-Pfalz) Verbreitung Gründung 28. September 2013 in Heidelberg (Baden-Württemberg) Struktur Bundesvorsitzender: Klaus ARMSTROFF Aufbau (Rheinland-Pfalz) Nach SS 9 der Satzung gliedert sich die Partei in die Gebietsverbände Süd, West, Nord und Mitte. Die Satzung ermöglicht in Gebieten, in denen keine Untergliederungen (Beispiel: Kreisverbände) bestehen, so genannte "Stützpunkte" einzurichten. Nach eigenen Angaben verfügt die Partei derzeit über 20 solcher Stützpunkte bundesweit. Mitglieder Land: etwa 10 (2015: etwa 10) Anhänger Bund: 350 (2015: 300) VeröffentWeb-Angebot: lichungen http://www.der-dritte-weg.info/ Publikationen: Leitfaden "Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft" (mit einer interaktiven Karte, die geplante oder bereits existierende Unterkünfte anzeigt) Leitfaden - "Achtung, Meinungsparagrafen!" Kampagne "Deutsche Winterhilfe" 9 http://www.derdritteweg.info/index.php/menue/72/ Werbebanner_der_Partei_Der_III._Weg.html, abgerufen 16.01.2017 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 35 RECHTSEXTREMISMUS Kurzportrait Insbesondere als Reaktion auf einen Streit Ziele innerhalb der NPD in Rheinland-Pfalz gründeten vornehmlich ehemalige Mitglieder dieses Landesverbandes die Partei "Der III. Weg". Als sich 2014 in Bayern ein Verbot des Neonazi-Netzwerkes "Freies Netz Süd" abzeichnete, trat ein Teil dieser Neonazis in die Partei "Der III. Weg" ein. Sie nutzen somit die Partei (Schutz des Parteienprivilegs) als Auffangstruktur, um staatlichen Exekutivund Verbotsmaßnahmen zu entgehen. Ideologisch lehnt sich "Der III. Weg", wie das 10-Punkte-Partei-Programm erkennen lässt, an das Gedankengut des historischen Nationalsozialismus an. Thematisch konzentriert sich die Partei "Der III. Weg" aktuell auf die Flüchtlingspolitik. FinanzierungMitgliedsbeiträge, Spenden Grund der Beobachtung Führungsaktivisten der Partei sind seit Jahren fest im rechtsextremistischen Spektrum verankert. Das Parteiprogramm lehnt sich begrifflich zum Teil an Vertreter des "linken" nationalsozialistischen Parteiflügels an und propagiert ein völkisch-antipluralistisches Menschenund Gesellschaftsbild. "Der III. Weg" agitiert antisemitisch, ausländerfeindlich und revisionistisch. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten konnten in SachsenAnhalt nicht festgestellt werden. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Mit der Gründung des Gebietsverbandes "West" im November setzte die Partei ihren Strukturausbau bundesweit fort. Der bereits im Januar gegründete Gebietsverband "Mitte" (Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin) hat sich fest etabliert. Es kann davon ausgegangen Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 36 RECHTSEXTREMISMUS werden, dass sich die Partei zukünftig vermehrt auf den Ausbau kleinteiliger Strukturen, auch in Sachsen-Anhalt, konzentrieren wird. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 37 RECHTSEXTREMISMUS 10 "Europäische Aktion" (EA) Sitz Tätigkeitsschwerpunkte: Verbreitung Deutschland, Schweiz, Liechtenstein und Österreich Gründung 2010 Struktur Gebietsleiter Sachsen-Anhalt: Marcel KRETAufbau SCHMER (Thale, Landkreis Harz) Landesleiter Deutschland: Rigolf HENNIG (Niedersachsen) Regionale, eigenständig handelnde Stützpunkte; mehrere Stützpunkte bilden ein Gebiet unter Verantwortung eines Gebietsleiters; höchste Instanz im Bundesgebiet ist die Landesleitung. Mitglieder Land: unter 10 (2015: etwa 10) Anhänger Bund: 100 (2015: 100) VeröffentWeb-Angebot: lichungen www.europaeische-aktion.org Publikation: Mitteilungsschrift "Europa ruft" Kurzportrait Die EA wurde zunächst unter der Bezeichnung Ziele Bund Freies Europa" (BFE) von einer Personengruppe um den ehemaligen Vorsitzenden des 2008 verbotenen VRBHV11, Bernhard SCHAUB, gegründet. Besondere Bedeutung erreicht die EA dadurch, dass unter ihrem organisatorischen und ideologischen Dach Rechtsextremisten mit unterschiedlichen Ausrichtungen zusammenarbeiten. Dazu bedarf es lediglich der Anerkennung der sieben Ziele der EA. Diese lauten: "Wieder10 https://www.facebook.com/pages/Europ%C3%A4ischeAktionSachsen Anhalt/157920224256426, abgerufen am 16.01.2017 11 "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten", am 18. April 2008 verboten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 38 RECHTSEXTREMISMUS herstellung der freien Rede", "Abzug aller fremden Truppen", "Repatriierung außereuropäischer Einwanderer", "Staatliche Selbstbestimmung für die Deutschen der BRD und die BRD", "Schaffung einer Europäischen Eidgenossenschaft", "Überführung des Geldund Medienwesens ins Volkseigentum", "Wiederaufbau der Tradition - Kampf der Dekadenz und Naturzerstörung". Die EA sieht sich als organisationsübergreifende Sammlungsbewegung innerhalb des Rechtsextremismus und versucht, ein internationales rechtsextremistisch-rassistisches Netzwerk aufzubauen. FinanzierungVerkauf des Periodikums "Europa ruft" Spenden Grund der Beobachtung Die EA zeichnet sich durch eine besonders ausgeprägte antisemitische und revisionistische Agitation aus. Ihr Ziel ist ein vollständiger Systemwechsel und die Bildung einer international agierenden "gesamteuropäischen Freiheitsbewegung" zur Einrichtung einer "Europäischen Eidgenossenschaft". Dies bezieht die Wiederherstellung eines "freien und souveränen deutschen Reiches" auf der Grundlage einer "ethnisch homogenen Volksgemeinschaft" mit ein. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum KRETSCHMER trat als Redner auf einer vom Kreisverband Magdeburg/Jerichower Land der Partei "DIE RECHTE" organisierten Veranstaltung am 20. August in Magdeburg auf. Nach den Anschlägen in München und Ansbach, färbte die EA Sachsen-Anhalt im August in Bernburg Brunnenwasser rot und bezeichnete dies als "lebendiges Mahnmal". Sie selbst erklärt ihre Aktion wie folgt: "Statt Wasser fließt in ihm Blut. Das Blut der Deutschen und der Europäer, die Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 39 RECHTSEXTREMISMUS Opfer von Merkels falscher und völkerfeindlichen Einwanderungspolitik wurden und werden." KRETSCHMER meldete für den 11. September eine Mahnwache unter dem Thema: "Fremde Täter Deutsche Opfer" in Thale an. Die Organisatoren griffen eine mutmaßliche Vergewaltigung eines minderjährigen Mädchens in Thale durch drei ausländische Jugendliche auf und instrumentalisierten sie für ihre Mahnwache. An der Veranstaltung nahmen 55 Personen teil. An der vor der St.-Ulrici-Kirche in Sangerhausen befindlichen Gedenkstele stellte die EA am 21. Dezember ein Kreuz mit der Aufschrift "Europas Totenglocken läuten" auf. Die EA sieht in dem Kreuz ein "Mahnmal für die Opfer von geheuchelter Menschlichkeit, den falschen Götzen der Moral und der universalistischen Ideologie des Christentums." Damit werden ausdrücklich die christlichen Kirchen von der EA diskreditiert. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die EA ist weit davon entfernt, ihrem selbstgesteckten Ziel einer Sammlungsbewegung europäischen Ausmaßes nahe zu kommen. Sie wird dennoch weiter versuchen, ihre Strukturen zu festigen und wenn möglich auszubauen. Die EA greift Veranstaltungsformen auf, die bisher nur bei der "Identitären Bewegung" festgestellt werden konnten. Diese Formen wird die EA Sachsen-Anhalt auch weiterhin nutzen, da sie mit geringem personellen und materiellen Aufwand gut umzusetzen sind und dennoch eine gewisse Öffentlichkeit garantieren. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 40 RECHTSEXTREMISMUS Nationalsozialisten (Neonazis) Gründung Neonazistische Organisationen etablierten sich Bestehen insbesondere in den 1970er Jahren und existieren in Sachsen-Anhalt seit der Wiedervereinigung. Struktur In den letzten Jahren hat sich die klassische Aufbau neonazistische Szene stark verändert. Auf Grund fehlender Führungskader sind die bislang etablierten Gruppierungen inaktiv, haben sich verkleinert oder sogar aufgelöst. Feste Strukturen der Szene wie das "Kameradschaftsmodell" verloren in den letzten beiden Berichtsjahren an Attraktivität. Zuspruch finden nunmehr aktionsorientierte Gruppierungen. Im Berichtsjahr nahmen die Aktivitäten in Bezug auf die Flüchtlingspolitik deutlich zu. Das Personenpotenzial ist dennoch nahezu konstant. Die neonazistische Szene ist vor allem in der Landeshauptstadt Magdeburg, in Halle (Saale), im Burgenlandkreis, im Raum Harz sowie im Landkreis Mansfeld-Südharz aktiv. Teile der Szene beteiligten sich verstärkt an Veranstaltungen der Partei "DIE RECHTE" und sympathisieren mit ihr. Mitglieder Land: 330 (2015: 330) Anhänger Bund: 5.800 (2014: 5.600) VeröffentWeb-Angebot: lichungen diverse, teils wechselnde Facebook-Auftritte Kurzportrait Neonazis stellen sich in die ideologische TradiZiele tion des historischen Nationalsozialismus. Sie treten bei geschichtsträchtigen Ereignissen, vornehmlich aus der Zeit des Dritten Reiches oder bei der Glorifizierung von einzelnen Personen aus dieser Zeit auch öffentlichkeitswirksam in Erscheinung (z.B. "Trauermärsche" zum Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 41 RECHTSEXTREMISMUS Gedenken an die Zerstörung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg, Veranstaltungen zum 1. und 8. Mai, Sonnenwendfeiern, das Gedenken an die Rathenau-Attentäter am 17. Juli und bei Heß-Gedenkaktionen). FinanzierungZumeist existiert in den Gruppierungen eine sogenannte "Kameradschaftskasse". In der Regel zahlen Teilnehmer einen Unkostenbeitrag bei Vortragsveranstaltungen. Es werden mitunter auch Spendengelder gesammelt. Grund der Beobachtung Neonazistische Gruppierungen zeichnen sich durch eine vor allem von Rassismus und Antisemitismus geprägte Ideologie aus, welche sich am Nationalsozialismus orientiert und somit im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht. Teile der Bevölkerung werden als minderwertig bezeichnet und ihnen werden in der Konsequenz ihre verfassungsrechtlich verbrieften Grundrechte, wie Menschenwürde und Gleichheit vor dem Gesetz, abgesprochen. Auf Grund ihrer Vorstellung von einer antipluralistischen Gesellschaft und einem autoritären Staat, in dem politischen Gegnern als Feinden das Existenzrecht abgesprochen wird, ist Neonazis eine grundsätzliche Gewaltorientierung zuzuschreiben. Gewalt gegen "Fremde" und "Feinde" wird auf dieser Basis legitimiert. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Aktionen im Kontext der Asylund Flüchtlingspolitik Im Berichtsjahr stand für die neonazistische Szene unverändert das Asylthema im Fokus ihrer Aktivitäten. Es fanden zahlreiche Veranstaltungen statt, von denen einige nachfolgend exemplarisch benannt werden: Im Bereich der Stadt Dessau-Roßlau fanden im ersten Halbjahr 2016 regelmäßig Versammlungen unter dem Motte "Nein zum Asylantenheim in Roßlau" statt, die maßgeblich von den in der örtlichen Neonaziszene verorteten Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 42 RECHTSEXTREMISMUS "Freien Kräften" initiiert wurden. Als Anmelder trat überwiegend der hinlänglich bekannte Rechtsextremist Alexander WEINERT auf. An den Versammlungen beteiligten sich in der Regel weniger als 100 Personen, darunter Rechtsextremisten aber auch Personen des nicht-extremistischen Spektrums. Weitergehende relevante Aktionen der "Freien Kräfte" in Dessau-Roßlau waren - insbesondere im zweiten Halbjahr des Berichtszeitraums - nicht zu verzeichnen. Am 20. Februar fand in Sangerhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) eine Kundgebung mit Aufzug unter dem Motto "Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch" statt. Als Anmelder fungierten Personen der lokalen rechtsextremistischen Szene. Zu den etwa 170 Teilnehmern zählten auch Personen aus dem bürgerlichen Spektrum. Am 16. April fand in der Lutherstadt Eisleben (Landkreis Mansfeld-Südharz) eine Versammlung unter dem Motto "Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch" mit etwa 40 Teilnehmern statt. Auch diese Kundgebung wurde von Personen der lokalen rechtsextremistischen Szene organisiert. Im Gegensatz zu den bisherigen Versammlungen gab es jedoch lediglich eine Kundgebung, der anschließende Aufzug wurde abgesagt. Die "Freien Kräfte Burgenlandkreis" veranstalteten unter Beteiligung von 50 Personen am 23. April eine Demonstration unter dem Thema "Anti Asyl" in Weißenfels (Burgenlandkreis). Neben den "Freien Kräften" nahm auch das "Kollektiv Mitteldeutschland", das "Nationale Kollektiv Anhalt" sowie Szeneangehörige aus Thüringen und Mitglieder der Partei "DIE RECHTE" teil. Vier Personen trugen ein Transparent mit der Aufschrift "Gemeinsam gegen Asylmissbrauch und Kriminalität Gemeinsam für unser Weißenfels". Als Redner fungierten Michel FISCHER (Thüringen), Andreas KARL (Burgenlandkreis, Mitglied im NPD-Landesvorstand Sachsen-Anhalt), Jennifer RODRIAN und Robert KLUG (beide Bitterfeld, beide "Nationales Kollektiv Anhalt"). Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 43 RECHTSEXTREMISMUS In Gräfenhainichen (Landkreis Wittenberg) kam es am 3. Juni zu einem spontanen Aufmarsch von etwa 15 bis 20 schwarz gekleideten und mit weißen Gesichtsmasken vermummten Personen. Diese marschierten mit Trommeln, Fackeln und einem Banner durch die Stadt und entzündeten auf dem Kirchplatz ein Feuer. Die Aktion erinnerte an die sog. "Die Unsterblichen"12. Einzelne im Nachgang bekannt gewordene beteiligte Personen sind der Verfassungsschutzbehörde hinlänglich als Rechtsextremisten bekannt und werden den "Freien Kräften" im Raum Gräfenhainichen und Wittenberg zugerechnet. Nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörde sollte sich die Aktion gegen das für den nächsten Tag geplante "Fest der Toleranz", eine Veranstaltung für Kinder, richten. Am 3. September fand in Nebra (Burgenlandkreis) eine versammlungsrechtliche Aktion unter dem Motto: "Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch" mit 45 Teilnehmern, darunter Rechtsextremisten aus dem Saalekreis, dem Landkreis Mansfeld-Südharz, dem Burgenlandkreis sowie aus Thüringen und Sachsen statt. Im Rahmen der Versammlung wurden unter anderem Transparente mit der Aufschrift "GESICHT ZEIGEN GEGEN ASYLMISSBRAUCH" gezeigt. Jahrestage alliierter Luftangriffe auf deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg Bereits am 13. Januar führten Szeneangehörige eine Gedenkaktion anlässlich des Jahrestages der Bombardierung von Magdeburg durch, die in den Nachtstunden auf dem Domplatz in Magdeburg stattfand. Von dieser Aktion existiert auf der Internetplattform "Youtube" ein Video mit dem Titel "2016 Gedenken Magdeburg". Anhand des Videos ist zu erkennen, dass etwa 25 bis 30 Personen an dieser Aktion beteiligt waren. Die Teilnehmer entzündeten Fackeln und schritten in Zweierreihen eine kurze Strecke ab. Des Weiteren wurden schwarze Fahnen mit12 Vgl. Verfassungsschutzbericht 2013, Seite 70. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 44 RECHTSEXTREMISMUS geführt. Am Ende der Videosequenz ist das Logo der "Initiative gegen das Vergessen" sichtbar. Weiterhin wurde am 15. Januar am Gedenkstein der Opfer der Bombardierung auf dem Magdeburger Westfriedhof ein unerlaubt abgelegter Gedenkkranz mit der Aufschrift "Ehrenhaftes Gedenken 2016 FSMD" 13 festgestellt und entfernt. Ein Aufzug der rechtsextremistischen Szene am 16. Januar in Magdeburg wurde von einer Person, die MAGIDA 2.0 ("Magdeburger gegen die Islamisierung des Abendlandes" - s.u. S. 83) nahe steht, angemeldet und fand unter dem Motto "16.000 unvergessen" mit bis zu 230 Teilnehmern statt, darunter Mitglieder der rechtsextremistischen Szene des Burgenlandkreises (ehemalige Mitglieder der "Aktionsgruppe Weißenfels" und des NPD-Kreisverbandes Burgenlandkreis). Im Verlauf kam es zu versammlungsrechtlichen Verstößen, als sich Teilnehmer des Aufzugs vermummten und Gegendemonstranten Störungsversuche unternahmen. Im Nachgang zum Demonstrationsgeschehen ereignete sich in Oschersleben (Landkreis Börde) ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs, als rückreisende Demonstrationsteilnehmer von mutmaßlichen Linksextremisten überfallen und zum Teil schwer verletzt wurden. Anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg fanden in den vergangenen Jahren im Rahmen der Aktions-woche "Ein Licht für Dresden" auch Veranstaltungen in Sachsen-Anhalt statt. Der Rechtsextremist Alexander WEINERT (Dessau-Roßlau) meldete in diesem Kontext eine Mahnwache für den 13. Februar in Dessau-Roßlau an. An der Mahnwache nahmen etwa 60 Personen, darunter Rechtsextremisten aus Magdeburg sowie Angehörige der Partei "DIE RECHTE" aus Coswig, teil. Es wurde ein Transparent mit folgender Aufschrift entrollt: "Der Himmel färbte sich rot... sie brachten Tod und Elend! Kein vergeben - kein vergessen! Freie Nati13 FSMD steht vermutlich für "Festungsstadt Magdeburg" Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 45 RECHTSEXTREMISMUS onalisten aus Dessau und Anhalt-Bitterfeld". (Schreibweise wie im Original) Das "Aktionsbündnis gegen das Vergessen" veröffentlichte hierzu einen Beitrag auf seiner Internetseite und sprach davon, dass sich Aktivisten aus Dessau-Roßlau wie bereits in den vergangenen Jahren mit der Aktionswoche solidarisiert hätten. Bismarckgeburtstag Am 2. April fand in Schönhausen (Landkreis Stendal) auf dem Parkgelände des Bismarck-Museums eine versammlungsrechtliche Aktion der rechtsextremistischen Szene anlässlich des 201. Geburtstags Otto von Bismarcks statt. Bei dem Anmelder und Versammlungsleiter handelte es sich in diesem Jahr um den Neonazi Felix WISCHER aus Schönhausen, der für den "Altmärkischen Kreis der Bismarckfreunde" die Zusammenkunft anmeldete. An der öffentlich zugänglichen Veranstaltung, die, wie in den Vorjahren, ähnlich einem Bürgerfest durchgeführt wurde, nahmen etwa 100 Personen, darunter auch Minderjährige, teil. Im Rahmen der Veranstaltung hielt unter anderem der bundesweit agierende Revisionist Wolfgang JUCHEM (Rheinland-Pfalz) einen Redebeitrag. Heß-Gedenkaktionen Auch in diesem Jahr wurden nur vereinzelte Aktionen in Form von illegalen Plakatierungen, Flyerund Aufkleberaktionen mit Rudolf-Heß-Bezug in Sachsen-Anhalt festgestellt. Damit setzt sich der in den letzten Jahren beobachtete Trend fort, dass das Gedenken an Heß in der rechtsextremistischen Szene weiter an Bedeutung verliert. Aktionen von Szeneangehörigen mit öffentlichkeitswirksamer Ausstrahlung waren in Sachsen-Anhalt nicht zu verzeichnen. Aktionsform "Schwarze Kreuze" Bereits zum dritten Mal führten Rechtsextremisten am 13. Juli in einem bundesweiten Zusammenwirken einen Aktionstag unter dem Motto "Schwarze Kreuze - Deutsche Opfer, fremde Täter" durch. Im Verlauf des Tages wurden in Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 46 RECHTSEXTREMISMUS zahlreichen deutschen Städten schwarze Kreuze mit dem Schriftzug des Mottos unter anderem an Ortsschildern und an Straßenkreuzungen aufgestellt, diese fotografiert und die Fotos auf der Facebook-Seite der "Aktion Schwarze Kreuze Deutschland" eingestellt. Ziel der Aktion ist es, einen "Volkstrauertag zum Gedenken an deutsche Opfer" zu erwirken, welche durch "Fremde" zu Schaden kamen. Im Internet wurden dazu Fotos eingestellt, nach denen die Aktionsform in mindestens dreizehn Bundesländern durchgeführt wurde, wobei der Schwerpunkt im Osten Deutschlands lag. In den Interneteinstellungen werden Aktionen in Magdeburg, Sangerhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) und Zeitz (Burgenlandkreis) für Sachsen-Anhalt veröffentlicht. Weiterhin veröffentlichte die "Brigade Magdeburg" in diesem Zusammenhang auf ihrer eigenen Facebook-Seite ebenfalls Bilder, die entsprechende Kreuze im Stadtgebiet der Landeshauptstadt zeigen sollen. Aktivitäten zum Todestag der Rathenau-Mörder Alljährlich begehen NPD-Anhänger und parteiungebundene Neonazis in Bad Kösen, OT Saaleck (Burgenlandkreis), das Gedenken an die Mörder des Außenministers Walther Rathenau. Die Attentäter kamen am 17. Juli 1922 bei ihrer Flucht aus Berlin auf der Burg Saaleck zu Tode. Am 17. Juli wurden dort etwa 20 Personen der örtlichen rechtsextremistischen Szene festgestellt, darunter Mitglieder der NPD, Angehörige der rechtsextremistischen Szene aus dem Saalekreis sowie aus dem Raum Leipzig (Sachsen) und Erfurt (Thüringen). Der Personenkreis traf sich in Bad Kösen (Burgenlandkreis), um anschließend gemeinsam auf dem Friedhof einen Kranz abzulegen. Die Polizei führte mit der Personengruppe eine Gefährderansprache durch. Infolgedessen begab sich die Gruppe von der ehemaligen Grabstelle weg und sang das Lied: "Ich hatt' einen Kameraden". Aktivitäten zum Volkstrauertag Rechtsextremisten begehen an diesem Datum den von ihnen so genannten "Heldengedenktag" in Anlehnung an und in ideologischer Bezugnahme auf den von den NationalVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 47 RECHTSEXTREMISMUS sozialisten 1934 umgewidmeten Volkstrauertag. Dabei beschränkt die rechtsextremistische Szene ihr Gedenken auf gefallene deutsche Soldaten der beiden Weltkriege sowie auf deutsche Bombenund Flüchtlingstote. Die größeren dezentralen Kundgebungen zeigen, dass das "Heldengedenken" für deutsche Rechts-extremisten einen im Vergleich zu den 1990er-Jahren zwar geringeren, aber dennoch wahrnehmbaren Rang einnimmt. Hinzu kommen eine Reihe von Mahnwachen und Kranzniederlegungen an vielen Orten fast im gesamten Bundesgebiet. In diesem Jahr ist besonders die Vielzahl dieser kleineren lokalen Veranstaltungen auffällig. Damit besitzt das "Heldengedenken" keine größere Mobilisierungskraft über Szenespektren hinweg, dient jedoch lokalen rechtsextremistischen Personen-zusammenschlüssen als einer der wenigen verbliebenen zeitgeschichtlichen Anlässe für öffentlichkeitswirksame Aktivitäten. In Sachsen-Anhalt wurden Internetveröffentlichungen des NPD-Kreisverbandes Börde und der NPD Weißenfels bekannt, die über die Durchführung eigener Kranzniederlegungen berichteten. Anlässlich des diesjährigen Volkstrauertages veröffentlichten die "Freien Kräfte Burgenlandkreis" auf ihrer Internetseite das Gedicht "Unsere Soldaten!"14. Des Weiteren wurde ein Foto eines Banners mit der Aufschrift "Tot sind jene, die vergessen werden!" abgebildet. Darunter abgelegt ist ein Kranz. Sonnenwendfeiern Zur Wintersonnenwende im Dezember konnten Aktivitäten von Szeneangehörigen in Form von Zusammenkünften festgestellt werden. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die neonazistische Szene erfuhr gravierende organisatorische Änderungen. Das herkömmliche Kameradschaftsmodell hat an Attraktivität eingebüßt. Vorträge und sogenannte 14 Verfasser nicht bekannt, mit dem Gedicht wollen die "Freien Kräfte Burgenlandkreis" der Gefallenen beider Weltkriege gedenken. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 48 RECHTSEXTREMISMUS Schulungsabende werden zwar noch durchgeführt und stärken den Gemeinschaftssinn, werden aber zunehmend von virtuellen sozialen Netzwerken verdrängt. Die neonazistischen Personenzusammenschlüsse agieren kurzlebiger und unter wechselnden Bezeichnungen. Die Namensgebung hat in der Regel einen regionalen Bezug und lehnt sich zunehmend an militärische Begriffe wie Division, Brigade und Kampfbündnis an. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 49 RECHTSEXTREMISMUS "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) 15 Sitz Leiter der IBD: Nils ALTMIEKS (Bayern) Verbreitung Bundesweit Gründung Oktober 201216 Struktur 15 Regionalgruppen bundesweit Aufbau lokale IBD-Gruppen, identitäre Projekte In Sachsen-Anhalt: Kontrakultur Halle - seit 2015 IB Harz - seit 2015 IB Magdeburg - seit 2016 IB Sachsen-Anhalt - seit 2012 beziehungsweise 2014 Mitglieder Land: ca. 50 (2015: - ) Anhänger Bund: 300 (2015: - ) VeröffentWeb-Angebote: lichungen soziale Netzwerke wie Facebook Kurzportrait Die IBD geriert sich als Bewegung von JugendZiele lichen und jungen Erwachsenen, welche die eigene Kultur beziehungsweise das eigene Volk vor den vermeintlichen Gefahren von Multikulturalismus, Masseneinwanderung und Iden15 https://www.facebook.com/IdentitäreBewegungMagdeburg313563245699587, abgerufen am 20.01.2017 16 Am 11. Oktober 2012 wurde die FacebookSeite "Identitäre Bewegung Deutschland" eingerichtet. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 50 RECHTSEXTREMISMUS titätsbeziehungsweise Werteverlust bewahren will. Sie betrachtet sich eigenen Aussagen zufolge als deutschen Ableger der rechtsextremistischen französischen Bewegung "Generation Identitaire" (GI). Die IBD agierte anfänglich nahezu ausschließlich virtuell und war überwiegend über soziale Netzwerke wie Facebook, YouTube sowie eigene Webseiten verbunden. Im August 2014 wurde der Verein "Identitäre Bewegung Deutschland e.V." gegründet. Ab diesem Zeitpunkt verstärkten sich Forderungen, Aktionen auch in der Realwelt durchzuführen. Seit 2015 setzt die IBD dies verstärkt um. Alle virtuellen Auftritte werden genutzt, um über Aktionen der IBD zu informieren und somit auch über deren Ziele. Ihre ideologischen Grundlagen veröffentlichte die IBD in vier Teilen im Internet: "100% Identität, 0% Rassismus", "Unser Weg führt nach Europa", "Unser Ziel ist demokratisch", "Weder Kippa noch Palituch" Die IBD distanziert sich als "Neue Rechte" ausdrücklich von der "Alten Rechten", worunter sie nach eigener Aussage Nationalisten, Rassisten und Neonazis versteht. FinanzierungSpenden Grund der Beobachtung Die IBD greift emotional besetzte Themen wie Zuwanderung, Globalisierung, "Migrantengewalt", aber auch die zunehmende Einbindung Deutschlands in die Europäische Union auf. "Ethnopluralismus", Einwanderung und die islamische Religion werden als Bedrohungen dargestellt. Die IBD bietet sich als "Ausweg aus der Misere" an und schafft so eine vermeintliche Bedrohungssituation. Ihre Ideologie Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 51 RECHTSEXTREMISMUS enthält Elemente der Fremdenfeindlichkeit und der Ablehnung von Migration und Globalisierung. Hier sieht die IBD durch Einflüsse anderer, nicht zum "ursprünglichen Lebensraum" gehörender Personen, ihre "ethnokulturelle Identität" gefährdet. Sie propagiert die Auflösung der Europäischen Union und die Bildung eines Europas der "identitären Nationalstaaten", die selbstbestimmt koexistieren. Hier besteht eine Verbindung zur NPD-Forderung nach einem "Europa der Vaterländer". Sie verallgemeinert und pauschalisiert die Muslime und den Islam als eine grundlegende Gefahr für die deutsche Identität. Islamistischer Terror und Religion werden in einen Kontext gestellt. Sie zeigt sich auch in Teilen völkisch. Teilweise engagieren sich auch bekannte Rechtsextremisten in der und für die IBD. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Bereits im Mai 2015 startete die IBD ihre überregionale Kampagne "Der große Austausch", die auch 2016 fortgeführt wurde. Die IBD prangert eine angebliche, politisch gewollte unkontrollierte Masseneinwanderung an, die mit einer gezielten politischen und ökonomischen Benachteiligung der einheimischen Bevölkerung einhergehe. Deren Ziel sei ein "multikulturalisiertes" Deutschland ohne Identität, Heimatverbundenheit, Patriotismus und Traditionen, in dem das Volk letztlich "ausgetauscht" werden soll. Als Verantwortliche dieser Entwicklung werden insbesondere politische Parteien und Institutionen gesehen, die aus Sicht der IBD mit ihrem Kurs die Interessen anderer Völker, Ethnien und Kulturen über die der eingesessenen Bevölkerung Deutschlands stellen würden. Die Kampagne der IBD wird sowohl virtuell (Webseiten, Texte, Videos, Fotomontagen) als auch real (Flugblattverteilungen, Transparente, Störaktionen) getragen. Die IBD organisierte am 27. August die Besetzung des Brandenburger Tores in Berlin. Dort befestigten "Identitäre" drei Transparente, die folgende Aufschriften trugen: "IdentiVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 52 RECHTSEXTREMISMUS täre Bewegung", "Grenzen sichern - sichere Zukunft" und "Grenzen schützen - Leben retten". Außerdem zündeten sie Pyrotechnik und zeigten Flaggen mit Lambda-Insignien. Am 12. September störten Mitglieder der IBD eine Diskussion zwischen der ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Margot Käßmann und dem Journalisten Jakob Augstein im Maxim-GorkiTheater in Berlin. Die rund 20 im Publikum verteilten Aktivisten der IBD unterbrachen die Diskussion, indem sie den Schriftzug "IHR SEID HEUCHLER" auf Papptafeln zeigten und gleichzeitig "Augstein, Käßmann, hört gut her - Die Zukunft wird identitär" skandierten, während des Verlassens des Saales "Europa - Jugend - Reconquista" riefen und eine Fahne mit Lambda-Symbol zeigten. Am 21. Dezember führten Angehörige der IBD eine Blockade der CDU-Parteizentrale in Berlin-Mitte durch. Ca. 50 Personen versperrten den Zugang zum Adenauer-Haus. Auch nach der Aufforderung der Polizei zur Auflösung der Blockade und der Androhung von Zwangsmaßnahmen lösten die Teilnehmer die Sitzblockade nicht auf. Bereits am 19. November hatte die IBD die Parteizentrale der "Bündnis 90/Die Grünen" in Berlin besetzt. An beiden Aktionen beteiligten sich auch Mitglieder der IB aus Sachsen-Anhalt. Aktivitäten in Sachsen-Anhalt "Kontrakultur Halle" Im Zusammenhang mit der Landtagswahl in SachsenAnhalt wählte die "Kontrakultur" verschiedene Aktionsformen, um ihren Unmut über den "Austausch des deutschen Volkes gegen illegale Einwanderer und die Abschaffung der Rechtsstaatlichkeit" zu äußern. Am 9. März veranstaltete sie ein Straßentheater, indem sich Mitglieder der "Kontrakultur" als Bundeskanzlerin Angela Merkel beziehungsweise als vollverschleierte Begleitung verkleideten. Unter dem Motto "Das Volk nervt - Wir importieren uns neue Wähler" verteilten sie "neue Wahlzettel" in arabischer Sprache, die Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 53 RECHTSEXTREMISMUS nur die Wahl zwischen CDU und SPD boten. Hintergrund war eine Initiative des LAMSA e. V.17 in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, die eine Probewahl für Migranten und Asylbegehrende initiierte. Darüber hinaus wurden neben den Eingang eines der geplanten Wahllokale Plakate18 geklebt und eine Plastikkette mit Vorhängeschloss vor dem Eingang gespannt. Der Eingang eines weiteren Wahllokals wurde zugemauert und mit dem Schriftzug "NO WAY" versehen. Die Kontrakultur bezeichnete die Probewahl als einen "Anschlag auf die deutsche Demokratie". Eine weitere, auf das Schüren von Angst abzielende Aktion führte die "Kontrakultur" am 5. Juni in Halle (Saale) durch. Sie verteilte ein Abwehrspray an Frauen. Das begleitende Flugblatt sollte die Frauen "aufklären". "Die Aktion ist eine Reaktion auf die erneute Welle von sexuellen Übergriffen auf Frauen durch Asylbewerber in Darmstadt. Nach den Ereignissen der Silvesternacht von Köln ist es in Darmstadt erneut zu massiven sexuellen Übergriffen auf Frauen und Mädchen gekommen. (...) Auch die Parks, Schwimmbäder und Innenstädte werden zunehmend zu einem Angstraum. Wenn Du einmal vom Riebeckplatz über die Leipziger Straße zum Marktplatz gelaufen bist, weißt Du, was wir meinen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es auch in Halle passiert. ..." Im Zeitraum zwischen dem 11. und 13. Juli, Halle (Saale) wurde an der Landesaufnahmeeinrichtung (ehemals Maritim Hotel) der Schriftzug "Geht nach Hause" aufgesprüht. Am 16. Juli veranstaltete sie in Halle (Saale) eine Straßentheateraktion mit Absperrung einer Straße und Zeigen eines Transparentes mit der Aufschrift "Terror als Normalzustand - so kann es nicht weitergehen!". 17 Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen SachsenAnhalt e. V. 18 Inhalte der Plakate: "IMMIGRANTS NO WAY. YOU WILL NOT EUROPE YOUR HOME. WE HAVE BEEN LIVING HERE FOR THOUSANDS OF YEARS.STAY WHERE YOU BELONG, OR YOU WILL BE SHIPPED BACK!" Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 54 RECHTSEXTREMISMUS Am 7. Oktober, dem Tag der Immatrikulationsfeier der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), organisierte die Kontrakultur auf dem Gelände der Universität in Halle (Saale) eine Bannerund Flugblattverteilaktion unter dem Motto "Willkommen auf unserem Campus". Im Flugblatt heißt es unter anderem: "... Die neue patriotische Protestgeneration... heißt Identitäre Bewegung. Wir sind die Jugend ohne Migrationshintergrund. Wir schweigen nicht mit und haben uns vorgenommen, dem linken Mainstream an der MLU und seiner Kultur des Selbsthasses eine Alternative entgegenzusetzen. Wir fordern eine Zukunft für unser Volk, die das Establishment und seine intellektuellen Stichwortgeber an den Universitäten rücksichtslos verspielen. Es ist an der Zeit, aktiv zu werden, um unsere Universität, unser Land und unsere Werte zu verteidigen! Willkommen in Halle. Willkommen auf unserem Campus." Teil 2 der "Campus"-Kampagne umfasste die Verteilung von "Willkommensbeuteln" im Nahbereich der MLU an Erstsemester. Diese waren unter anderem mit Flugblättern und einem erklärenden Schreiben gefüllt. "Identitäre Bewegung Harz" (IB Harz) Am 6. Februar nahmen mehrere Mitglieder der IB Harz als Akteure beim Karnevalsumzug in Derenburg (Landkreis Harz) teil. Die Mitglieder trugen während des Umzuges einen Nachbau eines Sarges mit der Aufschrift "DER LETZTE DEUTSCHE" und führten Spielzeugwaffen mit sich. Zudem waren die Teilnehmer mit einem schwarzen Niqab, einem Gesichtsschleier, welcher nur die Augenpartie ausspart, bekleidet. Die Aktion bezieht sich auf die Kampagne "Der große Austausch". Die IB Harz organisierte am 25. und 26. Juni eine "Sommersonnenwendfeier" im Harz mit Spielen und Wettkämpfen unter freiem Himmel. Diese Feier wurde auch dazu genutzt, Interessenten als mögliche neue Mitglieder zu werben. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 55 RECHTSEXTREMISMUS Am 24. Juli führte die IB Harz in Wernigerode (Landkreis Harz) einen "Burka-Umzug" unter dem Motto "Terror als Normalzustand?" durch, bei der Holzbretter mit Städtenamen von Anschlagszielen in einen Brunnen gestellt wurden. Am 11. Dezember kam es zur Wiederaufnahme der Kundgebungsreihe "Ein Licht gegen Gewalt" mit 40 Teilnehmenden. Die Wiederaufnahme wurde wie folgt begründet: "Ein Jahr ist der Start unserer friedlichen Aktion gegen die massenhafte unkontrollierte Einwanderung nun her, seitdem hat sich leider die Situation kaum verändert, dafür die Berichterstattung. ... Ob Terror oder Einzelfall, importierte Gewalt hat Symptome, Ursachen und Verantwortliche". In Wernigerode veranstaltete sie am 23. Dezember eine Versammlung unter dem Motto "Ein Zeichen gegen Terror" mit 25 Teilnehmenden. Sie übergaben dem Versammlungsleiter der Gegenkundgebung eine schwarze Fahne mit dem arabischem Schriftzug "Terroristen Willkommen - ISIS Freund". "Identitäre Bewegung Magdeburg" (IB MD) Mit einer "Schnipselaktion" am 13. Juli in Magdeburg im City Carre trat die IB MD erstmals in Erscheinung. Unzählige kleine Zettel mit dem Aufdruck "Remigration" wurden von der zweiten Etage aus in die Einkaufspassage geworfen. Ein Treffen am 1. August in Magdeburg befasste sich mit dem Thema: "Zukunft und unsere Rolle in dieser Zukunft" Am 3. August wurden in Magdeburg an zwei Brücken der Stadt-autobahn Banner mit der Aufschrift "Grenzen schützen, Leben retten" angebracht. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die IBD und ihre Anhängerschaft werden einen weiteren Aufwuchs erleben. Ihr Sinn für Neues, Unverbrauchtes, Schnelles und Überraschendes wird Nachahmer auf den Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 56 RECHTSEXTREMISMUS Plan rufen, die bisher ihr rechtsextremistisches Gedankengut in alt bewährten Formen wie Aufmärschen präsentierten. Mit weiteren öffentlichkeitswirksamen Aktionen, auch in Sachsen-Anhalt, muss gerechnet werden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 57 RECHTSEXTREMISMUS "Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" e.V. ("Artgemeinschaft") Sitz Berlin Verbreitung Bundesweit Gründung 1951 Struktur Jens BAUER (Burgenlandkreis) Aufbau fungiert seit Herbst 2015 als Vorsitzender. Mitglieder bundesweit: 100 (2015: 100) Anhänger VeröffentWeb-Angebote: lichungen www.nordzeit.de www.asatru.de Publikationen: "Nordische Zeitung" (NZ; vierteljährlich) eigener Buchdienst mit Büchern und Schriften zu heidnischen Themen und religiösem Brauchtum auf rassistischer Grundlage Kurzportrait Die Artgemeinschaft ist eine neonazistische Ziele Organisation und vertritt völkisch-rassistisches Gedankengut. Sie versteht sich selbst als Glaubensbund, der "die Kultur der nordeuropäischen Menschenart" bewahren, erneuern und weiterentwickeln will. FinanzierungMitgliedsbeiträge, Einnahmen aus Buchdienst, Spendengelder. Grund der Beobachtung Die "Artgemeinschaft" zeichnet sich durch eine rassistisch geprägte Ideologie aus. Die Mitglieder leben strikt nach dem "Sittengesetz ihrer Ahnen". Darin heißt es: "Das Sittengesetz in uns gebietet Einsatz für Wahrung, Einigung und Mehrung germanischer Art... Das Sittengesetz in uns gebietet Gefolgschaft dem besseren Führer, mit Recht und Pflicht zu abweichendem Rat, nach bestem Wissen und Gewissen." Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 58 RECHTSEXTREMISMUS Sie orientiert sich am Nationalsozialismus und versucht "völkische Strukturen" aufzubauen. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Die "Artgemeinschaft" führt jährlich mehrere "Gemeinschaftstagungen" durch, die unter den Bezeichnungen "Frühjahrstagung", "Herbsttagung" und "Sonnenwendfeier" in Ilfeld (Thüringen) stattfinden. Letztere wurde von rund 260 Personen besucht, darunter auch Teilnehmende aus Sachsen-Anhalt. Die Tagungen dienen nach außen vornehmlich der Pflege germanischen und neuheidnischen Brauchtums, beinhalten aber gleichzeitig die Vermittlung rechtsextremistischen Gedankengutes. Die Teilnehmenden aus Sachsen-Anhalt kamen aus dem Burgenlandkreis, der Altmark sowie aus Magdeburg. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Seit Jahren nimmt ein fester Personenkreis aus SachsenAnhalt an den "Gemeinschaftstagungen" der "Artgemeinschaft" teil. Mit dem neuen Vorsitzenden BAUER agiert eine langjährige Führungsperson der neonazistischen Szene aus Sachsen-Anhalt an der Spitze der Organisation. Er ist in der Lage, die bisherigen Strukturen innerhalb der "Artgemeinschaft" zu festigen und auszubauen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 59 RECHTSEXTREMISMUS "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) Sitz Berlin Verbreitung Bundesweit Gründung 1991 Struktur Landesverband Sachsen-Niederschlesien Aufbau Bundesverband Vorsitzender des Landesverbandes SachsenNiederschlesien: Kai PFÜRSTINGER (Sachsen) Bundesvorsitzender: Stephan ROTH (Sachsen) keine eigenständigen, aktiven JLO-Strukturen im Land Mitglieder bundesweit: 100 (2015: 100) Anhänger VeröffentWeb-Angebot: lichungen http://www.ostland.eu Kurzportrait Die JLO (vormals: "Junge Landsmannschaft Ziele Ostpreußen") verfügt über enge personelle und organisatorische Verbindungen und Verflechtungen zu rechtsextremistischen Organisationen (NPD, JN). Sie fordert "umfassende Volksgruppenrechte für Deutsche in ihren angestammten Siedlungsgebieten" und ein Deutschland in den Grenzen von 1937. Grund der Beobachtung Die Mitglieder und Anhänger der JLO versuchen sich als völkische Gemeinschaft in der Öffentlichkeit darzustellen. Auf ihren Treffen thematisieren sie die Folgen des Zweiten Weltkrieges und bedienen sich dabei revisionistischer Publizisten. Bis 2011 war die JLO für die Durchführung des jährlichen "Trauermarsches" als Großveranstaltung der rechtsextremistischen Szene im Februar in Dresden verantwortlich. Die JLO nimmt ideologisch auf den historischen NatioVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 60 RECHTSEXTREMISMUS nalsozialismus Bezug und vertritt gebietsrevisionistische Auffassungen. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Im Berichtsjahr wurde das Objekt in Abberode OT Steinbrücken (Landkreis Mansfeld-Südharz), für Veranstaltungen genutzt. Wie bereits in den Vorjahren lud die JLO erneut zum "8. Osterlager" für den Zeitraum 25. bis 28. März in den Harz ein. Angekündigt wurden in dem Einladungsschreiben ein traditioneller Singewettstreit, Wettkämpfe und eine Osterwanderung. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Seit 2006 werden in diesem Objekt Veranstaltungen durchgeführt. Allerdings ist die Besucherzahl seit Jahren rückläufig. Feste JLO-Strukturen sind in Sachsen-Anhalt nicht vorhanden. Anhaltend fehlen offensichtlich der Wille zur Schulung von Mitgliedern und die Bereitschaft zur Teilnahme an Vortragsveranstaltungen. Veranstaltungen der JLO werden in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 61 RECHTSEXTREMISMUS Subkulturell geprägte Rechtsextremisten Sitz Bundesweit Verbreitung Gründung Ging aus der Ende der 1960er Jahre in Großbritannien entstandenen Skinheadszene hervor und breitete sich in den 1970er Jahren auch in Deutschland aus. Struktur Die subkulturell geprägte rechtsextremistische Aufbau Szene weist keine Organisationsstrukturen auf. Sie ist als heterogene Szene ohne feste Strukturen zu beschreiben. Es mangelt an der Bereitschaft zur Bildung fester Strukturen, die über eher lose Cliquen mit örtlichem Bezug hinausgehen. Eine Ausnahme hiervon bilden die Hammerskinheads, die nach dem Verbot der Skinhead-Organisation "Blood & Honour" im Jahre 200019 die einzige relevante verbliebene bundesweite Organisation in diesem Bereich sind. In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit keine Strukturen der Hammerskinheads. Soweit einzelne Personen der Organisation angehören, sind diese in anderen regionalen Strukturen organisiert. Eine Aufnahme in die Organisation wird nur langjährigen Szeneangehörigen ermöglicht. Mitglieder Land: etwa 800 (2015: 800) Anhänger Bund: 8.500 (2015: 8.200) VeröffentWeb-Angebote: lichungen Bekanntgabe von Veranstaltungen durch Plakate und Foren im Internet; Agitationen in sozialen Medien 19 Blood & Honour wurde am 12. September 2000 verboten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 62 RECHTSEXTREMISMUS Kurzportrait Seit der Mitte der 1990er Jahre war eine zuZiele nehmende Politisierung der Skinheads und eine Verwischung der bis dahin klar abgrenzbaren Erscheinungsformen des Rechtsextremismus in Gestalt der Neonazis, des Parteienspektrums und der Skinheads zu beobachten. Aufgrund des subkulturellen und sehr vielschichtigen Charakters der Szene ist es heutzutage kaum mehr möglich, von "dem" Skinhead zu sprechen, der etwa durch einheitliche Dresscodes oder das seinerzeitige typische Erscheinungsbild erkennbar wäre. Vielmehr weist der dieser Szene zuzurechnende Personenkreis seit geraumer Zeit ein sehr heterogenes Erscheinungsbild auf und definiert sich hauptsächlich über szenetypische Musik und den damit verbundenen Lebensstil. Die Angehörigen der subkulturell geprägten rechts-extremistischen Szene verfügen in aller Regel nicht über ein in sich geschlossenes Weltbild, sondern werden von einzelnen rechtsextremistischen Einstellungen und Argumentationsmustern beeinflusst und geprägt. Als Kernfelder dienen hier vor allem Rassismus und Antisemitismus, untersetzt mit einer Gewaltaffinität, die sich wiederum insbesondere gegen Minderheiten und aus ihrer Sicht Andersdenkende richtet. Für einen nicht unerheblichen Teil des subkulturell geprägten rechtsextremistischen Personenpotenzials sind Gewalt und Gewaltbereitschaft kennzeichnend. Die daraus resultierenden, meist spontanen aggressiven und gewalttätigen Aktionen sind es sodann, durch die die subkulturelle rechtsextremistische Szene in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 63 RECHTSEXTREMISMUS Die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene weist keine übergreifenden Organisationsstrukturen auf, sondern tritt eher in kleinen Cliquen auf, die vornehmlich in ihren Regionen agieren. Gleichwohl waren bereits in den letzten Jahren die vormals wahrnehmbaren Abgrenzungen zwischen Neonaziund subkultureller (Skinhead-) Szene vielfach nicht mehr auszumachen. So adaptieren auch Gruppierungen wie "Brigade Halle", "Kampfbündnis Mitteldeutschland" oder "Brigade Bitterfeld", die im Kern der subkulturellen Szene zuzuordnen sind und deren Angehörige in der Vergangenheit eher durch eine hohe Affinität zu Strafund Gewalttaten aufgefallen sind als durch gefestigte Ideologieelemente, nunmehr Strukturelemente der Neonazis. Dies ist neben dem Vorhandensein von festen inneren Strukturen, autoritären Führungspersonen oder der Finanzierung über Mitgliedsbeiträge auch daran festzustellen, dass nicht mehr allein das aktionsorientierte Verüben von Straftaten im Vordergrund steht, sondern auch das Planen und Durchführen von versammlungsrechtlichen Aktionen in deren Betätigungsfeld rückt. Mit Blick auf die Beschreibung des Phänomens kommt erschwerend hinzu, dass gerade von der Mischszene auch Strukturen und Erscheinungsformen anderer, nicht-extremistischer Subkulturen übernommen und Mitglieder aus diesem Personenpotenzial rekrutiert werden. Grund der Beobachtung Bei dem diesem Teilsegment des Rechtsextremismus zuzuordnenden Personenpotenzial findet sich ein Weltbild mit rassistischen, Gewalt gegen Ausländer befürwortenden, antisemitischen, fremdenfeindlichen und das demokratische System ablehnenden Ideologiebestandteilen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 64 RECHTSEXTREMISMUS Dies drückt sich auch in zahlreichen Liedtexten der dem subkulturell geprägten Rechtsextremismus zuzurechnenden Musikgruppen aus. Die Liedtexte fungieren als wichtiges Medium zur Verbreitung rechtsextremistischer Inhalte und haben ebenfalls zum Teil Gewalt befürwortenden Charakter. Gewalt und Gewaltbereitschaft sind kennzeichnend für einen nicht unerheblichen Teil des subkulturell geprägten rechtsextremistischen Personenpotenzials. Diese Bestrebungen stehen im Widerspruch zu den Grundwerten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Politisch motivierte Kriminalität - rechts Im Berichtsjahr wurden 1.660 Strafund Gewalttaten - rechtsfestgestellt, was gegenüber dem Vorjahr (2015: 1.749) ein nahezu gleichbleibend hohes Niveau darstellt. Die in dieser Gesamtzahl enthaltenen Gewalttaten stiegen dabei erneut merklich auf nunmehr 149 an (2015: 109). Den größten Anteil bei den rechtsmotivierten Straftaten machen mit 1.050 erfassten Taten weiterhin die Propagandadelikte aus. Die Asylthematik stellt bei der Betrachtung der politisch motivierten Kriminalität - rechts das herausragende Betätigungsfeld innerhalb der rechtsextremistischen Szene dar, vor allem seitdem die Flüchtlingspolitik in Deutschland im Fokus der breiten Öffentlichkeit steht und Rechtsextremisten in den meist im bürgerlichen Spektrum geführten Debatten einen möglichen Nährboden für ihre Ideologien und politischen Ansichten verorten. Fremdenfeindlichkeit und der damit verbundene Rassismus bilden neben dem Antisemitismus die grundlegenden Ideologieelemente des Rechtsextremismus, die nicht nur die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene einen, sondern nahezu auf alle Ausprägungen des Rechtsextremismus zutreffen. Die aktuelle sicherheitspolitische Situation und hier vor allem die in Europa und zuletzt auch in Deutschland verübten Anschläge von militanten Islamisten werden in diesem ZusammenVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 65 RECHTSEXTREMISMUS hang von der rechtsextremistischen Szene für Agitationszwecke genutzt, um durch verallgemeinernde und überspitzte Darstellung fremdenfeindliche Parolen zu verbreiten. Rechtsextremisten greifen hierfür vermehrt auch auf die sozialen Medien zurück, was ihnen im Vergleich zu früheren Jahren eine breitere Resonanz in nahezu allen Bevölkerungsschichten verschafft. Der oftmals ungefilterte Konsum jederzeit verfügbarer, nicht auf ihre Wahrheit überprüfbarer Informationen aus den sozialen Netzwerken führt, gepaart mit einer zunehmenden Verrohung der Gesellschaft zu einer sinkenden Hemmschwelle bei der Anwendung von Gewalt gegen Personen und Sachen. Die Gruppe der Jugendlichen und Heranwachsenden ist in Folge ihres oftmals intensiven Konsums von im Wahrheitsgehalt kritischen Informationen im Zusammenhang mit der Asylund Sicherheitsthematik in fremdenfeindlich-ideologischer Hinsicht mit am leichtesten zu beeinflussen. Daraus folgt, dass nicht allein bekannte Rechtsextremisten, sondern auch bisher unauffällige Personen mit rechtsextremistischen Straftaten und Gewaltdelikten in Erscheinung treten oder daran beteiligt sind. Vor diesem Hintergrund wurden gerade im letzten Jahr die staatlichen Maßnahmen gegen fremdenfeindliche Hetze noch einmal intensiviert und derartige Einträge oder Kommentare in den einschlägigen sozialen Netzwerken stringent verfolgt. So war im Jahr 2016 ein leichter Rückgang gegenüber 2015 bei den fremdenfeindlichen Straftaten zu verzeichnen, also denen, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer Nationalität, Hautfarbe, Herkunft und Weltanschauung richten (2016: 529 Taten, 2015: 694 Taten). Diese Straftaten treten zumeist als Volksverhetzungen und Beleidigungen, oft im Internet, aber auch als Körperverletzungen im realen Raum auf. Diese Entwicklung könnte eine Folge des gestiegenen Verfolgungsdrucks im Internet sein, wonach die angenommene bzw. gewünschte Anonymität, auch aufgrund von Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 66 RECHTSEXTREMISMUS erfolgreichen Strafverfolgungsmaßnahmen, nicht mehr gegeben ist. Signifikante Straftaten mit Flüchtlingsbezug Insgesamt hat die Verfassungsschutzbehörde im Berichtszeitraum mehr als 145 Straftaten der politisch motivierten Kriminalität - rechts verzeichnet, die sich direkt gegen Asylbewerber bzw. Geflüchtete richteten. Dabei standen 60 Straftaten in einer unmittelbaren Kausalität zu einer Flüchtlingsunterkunft. Auch wenn hier im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist, muss unverändert von einem besorgniserregend hohen Niveau gesprochen werden. Die anhaltenden hohen Fallzahlen waren jedoch nicht ein nur auf Sachsen-Anhalt begrenztes Phänomen, sondern bundesweit festzustellen. Als signifikante Beispiele können die am 2. und 16. Januar sowie am 21. und 26. Februar erfolgten Angriffe auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Gräfenhainichen (Landkreis Wittenberg) benannt werden. Handelte es sich bei den ersten drei Taten "noch" um Sachbeschädigungen in Gestalt von Steinwürfen wurden bei dem letzten Übergriff mehrere Schüsse auf die Einrichtung abgegeben. Tatverdächtige ließen sich bislang nicht ermitteln. Ein Beispiel für eine fremdenfeindlich motivierte Gewalttat ist der am 14. Juni in Dessau-Roßlau verübte Angriff auf zwei Syrer. Diese wurden von drei Deutschen zuerst mit fremdenfeindlichen Parolen beschimpft und dann mit Holzstangen geschlagen und verletzt. Zwei der Tatverdächtigen waren der Verfassungsschutzbehörde bereits als Rechtsextremisten bekannt. Am 7. August attackierte eine Gruppe von Deutschen auf dem Heimatfest in Wiederstedt (Landkreis MansfeldSüdharz) mehrere syrische Asylbewerber zuerst verbal mit fremdenund religionsfeindlichen Äußerungen und in der Folge auch körperlich. Von den drei von der Polizei ermittelten möglichen Tatverdächtigen war lediglich eine bei der Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 67 RECHTSEXTREMISMUS Verfassungsschutzbehörde bereits als Rechtsextremist bekannt. Strafbewehrte Aufrufe im virtuellen Raum Neben den körperlichen Angriffen auf Geflüchtete und Asylbegehrende oder den Sachbeschädigungen an Einrichtungen zu deren Unterbringung war - wie auch schon im Vorjahr - eine unverändert hohe Anzahl von Delikten der Volksverhetzung, der Bedrohung und auch der Anstiftung zu Straftaten im virtuellen Raum zu verzeichnen. Ein Großteil der von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen war der Verfassungsschutzbehörde vorher nicht als Rechtsextremisten bekannt. Eine Einschätzung und Bewertung, inwieweit eine tatsächliche rechtsextremistische Gesinnung als Tatmotivation in Frage kommt, wird dadurch erschwert. Auch wenn die inhaltliche Auswertung der veröffentlichten, teils perfiden Beiträge oftmals unstreitig auf eine tatsächlich vorhandene rechtsextremistische Einstellung schließen lässt, dürften es auch die gefühlte Anonymität und die vermeintlich sichere Distanz im virtuellen Raum sein, die auch andere, unzufriedene Teile der Bevölkerung zu solchen Taten verleiten. Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner Des Weiteren richteten sich Angriffe von Rechtsextremisten und rechtsextremistisch motivierte Straftaten auch gegen demokratische Parteien und Politiker sowie politisch engagierte Personen. Vor allem im Zusammenhang mit der Landtagswahl kam es vermehrt zu solchen Angriffen. Die Rechtsextremisten argumentierten dabei unter Bezug auf die aktuelle Flüchtlingspolitik. Sie verstehen sich dabei als vermeintliches Sprachrohr von Teilen des bürgerlichen Spektrums und hoffen auf dessen Zuspruch. Neben überwiegend beschädigten Wahlplakaten waren vermehrt Sachbeschädigungen an Wahlkreisbüros festzustellen, wie etwa am 12. März in Oschersleben (Landkreis Börde). Hier wurde auf die Fassade des Wahlkreisbüros Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 68 RECHTSEXTREMISMUS der Partei "Die Linke" großflächig mit dem Wort "Asylpartei" beschmiert. Antisemitisch motivierte Straftaten Obgleich der Fokus der rechtsextremistischen Szene aktuell vor allem auf Geflüchtete und Einrichtungen zu deren Unterbringung gerichtet ist, treten Teile der gewaltbereiten subkulturellen rechtsextremistischen Szene auch weiterhin mit antisemitisch motivierten Aktionen in Erscheinung. Im Vordergrund derartiger Straftaten stehen in der Regel die Symbolträchtigkeit des Objekts und damit die Botschaft der Tat. Im Unterschied zu den Feststellungen zur Entwicklung des Täterkreises bei fremdenfeindlich motivierten Straftaten sind es hier vor allem Personen mit einer gefestigten rechtsextremistischen Einstellung, die mit derartigen Taten ihre von Hass geprägten Denkmuster in der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen wollen. In diesem Kontext wurde etwa am 10. Februar bekannt, dass Unbekannte unterhalb eines Werbebanners der Stadt Magdeburg mit der Aufschrift "Otto baut eine Synagoge" den Schriftzug "Zum Niederbrennen" aufgebracht hatten. Fremdenfeindlich motivierte Protestaktionen Im ersten Teil des Jahres haben "Bürgerbewegungen" mehrmals Demonstrationen gegen die aktuelle Asylpolitik in Deutschland angemeldet und durchgeführt. Da die Kritik an der Asylpolitik derzeit den Hauptschwerpunkt in der Agitation der Rechtsextremisten darstellt, beteiligten sich Szeneangehörige wiederholt auch an nicht-extremistischen Veranstaltungen. Am 10. Januar fand in Stendal eine Versammlung der "Bürgerbewegung Altmark" zum Thema "Mut zur Heimat" mit 110 Teilnehmern statt, darunter auch fünf Personen der rechtsextremistischen Szene. Der Aufzug wurde nach Rufen "Kriminelle Ausländer raus! Der Rest auch!" kurzzeitig von der Polizei gestoppt und der Versammlungsleiter entsprechend belehrt. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 69 RECHTSEXTREMISMUS In Merseburg (Saalekreis) fand am 10. Januar mit 30 Teilnehmern ein sogenannter "Lichterspaziergang" vor der Asylunterkunft in Merseburg-West statt. Eine von der "Bürgerbewegung Genthin" angemeldete Kundgebung mit Aufzug zum Thema "Zukunft für unsere Kinder, statt Volksaustausch" fand am 17. Januar in Genthin statt. Hieran nahmen bis zu 220 Personen teil, darunter auch bürgerliches Klientel. Gegendemonstranten versuchten, die Veranstaltung teils gewaltsam zu stören. Bei dem Aufzug wurden drei Transparente mit folgenden Aufschriften mitgeführt: "Asylflut stoppen; Partei der III. Weg", "Damals wie heute, Wir sind das Volk" sowie "Genthin wach auf - wir nehmen das Leben in unsere Hände". Aus dem Aufzug heraus wurde die Parole "Ausländerschweine" skandiert. Als Anmelder der Veranstaltung trat ein Rechtsextremist auf, der der Partei "Der III. Weg" nahesteht. An einer nicht angemeldeten versammlungsrechtlichen Aktion vor der Asylunterkunft in Merseburg-West nahmen am 17. Januar 15 Personen teil. Die Polizei erließ eine Auflösungsverfügung, es wurden zwölf Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Eine Kundgebung mit anschließendem Aufzug unter dem Motto "Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch" fand am 30. Januar mit 360 Teilnehmern in Querfurt (Saalekreis) statt. Am 31. Januar trafen sich in Burg 170 Personen zu einer Versammlung unter dem Motto "Asylflut stoppen - Wirtschaftsflüchtlinge ausweisen". Unter den Teilnehmern befanden sich auch Mitglieder der Partei "Die Rechte" und MAGIDA-Angehörige. Am Rande der Veranstaltung kam es zu Störungen durch Gegendemonstranten. Zum Thema "Mitwirkung der Bürger an der öffentlichen Meinung zur Flüchtlingspolitik" fand am 13. Februar ein Aufzug in Merseburg statt. Daran nahmen 100 Personen teil, darunter auch Mitglieder der "Brigade Halle/Saale". Als weitere Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 70 RECHTSEXTREMISMUS Veranstaltung zu diesem Thema ist am 26. März eine Kundgebung mit 60 Teilnehmern durchgeführt worden. Am 19. Februar fand in Burg eine von Rechtsextremisten angemeldete Mahnwache unter dem Motto "Gegen linke Gewalt" mit etwa 35 Teilnehmern statt. Im Nachgang zur Veranstaltung kam es im Stadtgebiet zu Auseinandersetzungen von Beteiligten mit Angehörigen der linksextremistischen Szene. Am 6. März fand in Burg eine Versammlung mit Aufzug unter dem Motto "Asylflut stoppen - Wirtschaftsflüchtlinge ausweisen und gegen linke Gewalt" statt. Daran nahmen etwa 80 Personen, darunter auch rechtsextremistische Szeneangehörige, teil. Eine versammlungsrechtliche Aktion zum Thema "Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch" fand am 19. März in Bad Lauchstädt (Saalekreis) mit 70 Teilnehmern statt, unter denen auch fünf Mitglieder der "Brigade Halle/Saale" waren. In Querfurt fand am 21. Mai mit 130 Teilnehmern eine versammlungsrechtliche Aktion zum Thema "Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch" statt. Ein prägnantes Beispiel für die Mobilisierungsfähigkeit der Szene stellt eine Aktion am 17. September in Köthen dar. Anlass waren Straftaten zweier minderjähriger Geflüchteter zum Nachteil von drei Deutschen am Vortag. Als Reaktion darauf kam es zu einer Spontanversammlung von bis zu 50 Personen, darunter Angehörige der rechtsextremistischen Szene. Die Teilnehmenden setzten sich aus der Versammlung heraus geschlossen in Bewegung und formierten sich - unter Nutzung der Fahrbahn - zu einem Aufzug, aus dem mehrfach die Parole "Kriminelle Ausländer raus" gerufen wurde. Im weiteren Verlauf wurde ein Funkstreifenwagen beschädigt. Eine kurz darauf angemeldete Eilversammlung unter dem Motto "Gegen kriminelle Ausländer und Solidarität mit dem Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 71 RECHTSEXTREMISMUS Opfer" fand in Form eines Schweigemarsches statt, an dem sich ebenfalls Rechtsextremisten beteiligten. "Brigade Halle/Saale" Die subkulturell geprägte rechtsextremistische und in Teilen auch neonazistisch geprägte Gruppierung "Brigade Halle/Saale" gilt als Beispiel für die eingangs erwähnte Mischszene. Die Gruppierung gründete sich im Rahmen der 2014 verstärkt im virtuellen Raum festgestellten Kampagnen gegen Geflüchtete und Asylbewerber sowie rumänische EU-Angehörige der Volksgruppe der Roma im Stadtteil Silberhöhe von Halle (Saale). Nach einem anfänglichen Auftreten der Gruppierung im virtuellen Raum trat diese vor allem im Jahr 2015 mit vermehrten Aktionen und Teilnahmen an Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene in Erscheinung. Im Berichtszeitraum 2016 ließen die Aktivitäten außerhalb des virtuellen Raumes jedoch nach, wenngleich die Gruppierung versuchte, ihre Aktivitäten erneut mehr auf die Anti-Asyl-Bewegungen der rechtsextremistischen Szene auszurichten und hier mit Flüchtlingsbezug in Halle-Neustadt im Bereich des Südparks Fuß zu fassen. Auch wenn die Gruppierung ihre Aktionen jeweils als Erfolg preiste, ist objektiv nur eine überschaubare Resonanz auf deren Bestrebungen festzustellen. So nahmen etwa an der von der "Brigade Halle/Saale" am 28. Mai in Halle-Neustadt durchgeführten und zuvor in der rechtsextremistischen Szene und im virtuellen Raum beworbenen Versammlung unter dem Motto "Gegen Asylmissbrauch" sowie an der Versammlung am 25. Juni im Stadtteil Silberhöhe von Halle (Saale) unter dem Motto "Meckert nicht - kämpft" jeweils rund 100 Personen teil, die überwiegend der rechtsextremistischen Szene und nicht dem dort wohnenden bürgerlichen Spektrum angehörten. Die mobilisierten Teilnehmer der Gegendemonstrationen übertrafen diese Anzahl dabei um das Vielfache. Auch die von der "Brigade Halle/Saale" augenscheinlich unterstützte Versammlung der Partei "DIE RECHTE" am 10. September in Halle-Neustadt mit Bezug zum Südpark dürfte mit weniVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 72 RECHTSEXTREMISMUS ger als 80 Teilnehmern eher hinter den eigenen Ansprüchen zurückgeblieben sein. Entgegen der Ankündigung schafften es die Protagonisten nicht, den bei früheren Veranstaltungen auffahrenden Lautsprecherwagen für die Verbreitung ihrer politischen Ansichten zu aktivieren. Die Versammlung verlief daher auch hier hinsichtlich der politischen Botschaften eher unauffällig und wurde mit Blick auf die Vielzahl der Gegendemonstranten erneut in den Hintergrund gerückt. An weiteren Aktionen oder Versammlungen der rechtsextremistischen Szene in und auch außerhalb von SachsenAnhalt nahmen im Berichtsjahr lediglich einzelne Personen der Gruppierung teil. Die Stärke der Gruppe lag in der Regel bei nicht mehr als zehn Personen. Ungeachtet dessen ist die "Brigade Halle/Saale" als rechtsextremistische Gruppierung zu bewerten, von der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehen. Der Gruppierung und deren Umfeld werden bis zu 40 Personen zugeordnet, die in Teilen der Verfassungsschutzbehörde als Rechtsextremisten bekannt sind und auch Schnittmengen zum Fanund Hooliganspektrum aufweisen. Wenngleich sich nur ein Teil dieser Personen zu Aktionen mobilisieren lässt, ist die Gruppierung allein schon wegen der Gewaltbereitschaft einzelner Mitglieder auch aktuell als aggressiv und kämpferisch zu bewerten. "Brigade Magdeburg" Neben der "Brigade Halle/Saale" trat im Berichtszeitraum erstmals die "Brigade Magdeburg" in Erscheinung. Aufgrund festgestellter Kontakte und der Art und Weise des Auftretens scheint sich die Gruppierung bei ihrer Gründung und Ausrichtung an der länger bestehenden "Brigade" aus Halle (Saale) orientiert zu haben. Das Personenpotenzial der "Brigade Magdeburg" wird auf unter zehn Personen eingeschätzt. Im Rahmen einer Versammlung am 9. April in Magdeburg waren vier Personen festzustellen, die entspreVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 73 RECHTSEXTREMISMUS chende Bekleidungsstücke mit der Aufschrift "Brigade Magdeburg" trugen. Auch an den folgenden Versammlungen der rechtsextremistischen Szene, etwa am 28. Mai in Halle (Saale) nahmen nicht mehr Personen aus der Gruppierung teil. Erstmals eigenständig trat die Gruppierung mit der Anmeldung und Durchführung einer Versammlung am 22. Oktober in Magdeburg unter dem Motto "Deutsche Opfer, fremde Täter" in Erscheinung, an der etwa 80 Personen teilnahmen. Die übrigen Teilnehmer waren überwiegend dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen, u. a. auch wenige Personen der "Brigade Halle/Saale". Abgesehen von der durchgeführten Versammlung, den vereinzelten Teilnahmen an anderen Versammlungen der rechtsextremistischen Szene und einer gegen die vermeintliche Islamisierung gerichteten Banneraktion am 31. Dezember in Magdeburg trat die "Brigade Magdeburg" bislang überwiegend im virtuellen Raum in Erscheinung. Eine Gewinnung von mobilisierungsbereiten Mitgliedern gelang ihr augenscheinlich nicht, wenngleich hierfür im virtuellen Raum geworben wird. "Nationales Kollektiv Anhalt" Im Zusammenhang mit den sogenannten "Brigaden" ist auch das "Nationale Kollektiv Anhalt" anzuführen, welches im Raum Dessau-Roßlau und Bitterfeld-Wolfen verortet wird und das aus der im Jahr 2015 in Erscheinung getretenen "Brigade Bitterfeld" hervorgegangen ist. Letztgenannte entwickelte sich nach dem Vorbild der "Brigade Halle/Saale". Anfang 2016 teilte die "Brigade Bitterfeld" im sozialen Netzwerk dann mit: "Aufgrund des weiträumigen Wachstums unserer Truppe, ändert sich der Name Brigade Bitterfeld in: NKA Nationales Kollektiv Anhalt! Wir sind die selben - nur mehr!" [sic!]. Ein merklicher Zuwachs des Personenpotenzials war für die Verfassungsschutzbehörde jedoch nicht zu verzeichnen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 74 RECHTSEXTREMISMUS Die Änderung der Bezeichnung dürfte eher dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass in der Gruppe auch Personen aus Dessau-Roßlau organisiert sind. Dem "Nationalen Kollektiv Anhalt" werden etwa 15 Personen zugerechnet, wobei sich das tatsächliche Mobilisierungspotenzial deutlich darunter bewegt. Die Mitglieder der Gruppierung treten vor allem zusammen mit der "Brigade Halle/Saale" bei rechtsextremistischen Versammlungen in Erscheinung, wie etwa am 9. April in Magdeburg oder am 28. Mai in Halle (Saale). Die Personen trugen bei diesen Anlässen oft auch schwarze Bekleidung mit der Aufschrift "Jungsturm Dessau". Verbindungen zu anderen Phänomenbereichen und Subkulturen Im Weiteren weist die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene Schnittmengen in andere Phänomenbereiche und Subkulturen auf. So werden regelmäßig Schnittmengen zwischen rechtsextremistischer Szene und Hooliganszene von der Verfassungsschutzbehörde festgestellt. Auch wenn eine gezielte Beobachtung der Hooliganszene durch die hiesige Verfassungsschutzbehörde nicht erfolgt, weil keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von dort Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehen, lassen sich Verbindungen jedoch immer dann abbilden, wenn bekannte Rechtsextremisten erkennbar in der Hooliganszene auftreten oder Mitglieder von Hooliganoder Fangruppierungen mit Straftaten der politisch motivierten Kriminalität - rechts - in Erscheinung treten. Zusammenfassend lagen bislang aber keine Erkenntnisse über eine zielgerichtete rechtsextremistische Unterwanderung von Hooligangruppen sowie von Fußballvereinen, Fanclubs und Ordnerdiensten in Sachsen-Anhalt vor. Die Schnittmenge liegt derzeit bei schätzungsweise unter 10 Prozent. Einend sind dabei für beide Szenen vor allem Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 75 RECHTSEXTREMISMUS der stark ausgeprägte Männlichkeitskult, der die jeweils andere Szene grundsätzlich attraktiv erscheinen lässt und die Möglichkeit körperlicher Auseinandersetzungen im Umfeld von Fußballspielen, die eine Anziehungskraft auch für gewaltorientierte Rechtsextremisten bewirken. Das bereits im Vorjahr beschriebene Phänomen der der Hooliganszene entstammenden Bündnisse "Hooligans gegen Salafisten" oder "Gemeinsam Stark Deutschland" erreichte im Berichtsjahr auch erstmalig belegbar Magdeburg. Zu Beginn des Jahres trat die Gruppe "Gemeinsam Stark Magdeburg" mit der Anmeldung einer Versammlung unter dem Motto "Gegen Asylmissbrauch und Linke Gewalt" in Erscheinung. Im Ergebnis der Auswertung der in diesem Zusammenhang gewonnenen und auch aus offenen Internetquellen stammenden Erkenntnisse konnten der Gruppe bis zu 35 Personen zugerechnet werden, von denen ein nicht unerheblicher Teil klare Schnittmengen zum Rechtsextremismus aufweist. An der am 9. April durchgeführten Versammlung nahmen in der Spitze bis zu 800 Personen teil, die nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörde überwiegend dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen und aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren. Die Versammlung verlief weitestgehend ohne Zwischenfälle, wohl auch weil aufgrund einer Einschätzung der Verfassungsschutzbehörde von der Versammlungsbehörde ein möglicher Auftritt der rechtsextremistischen Musikgruppe "Kategorie C - Hungrige Wölfe" (Bremen), die eine Nähe zum Hooliganspektrum aufweist, rechtzeitig unterbunden werden konnte. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 76 RECHTSEXTREMISMUS 20 Weitergehende relevante Aktivitäten zur Magdeburger Gruppe von "Gemeinsam Stark Deutschland" waren unmittelbar nach der Versammlung im Berichtsjahr nicht mehr festzustellen. Für die Schnittmenge zwischen der rechtsextremistischen Szene und der Rockerszene gilt eine im Ergebnis ähnliche Einschätzung wie zuvor bei der Hooliganszene dargestellt. Da bislang von der hiesigen Verfassungsschutzbehörde auch hier keine tatsächlichen Anhaltspunkte für von der Rockerszene ausgehende Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung festzustellen sind, erfolgt keine gezielte Beobachtung. Mit Blick auf die allgemeinkriminellen Betätigungsfelder befassen sich mit dieser Szene bislang die Strafverfolgungsbehörden. Unstreitig ist jedoch auch hier das Vorliegen teilweiser personeller Überschneidungen zwischen Rechtsextremisten und Rockern, die der Verfassungsschutzbehörde vor allem aus der Beobachtung rechts-extremistischer Bestrebungen bekannt wurden. Derzeit wird von einer Schnittmenge von unter 10 Prozent ausgegangen. Eine Möglichkeit für die Verfassungsschutzbehörde zur Schnittmengenabbildung stellte im Berichtszeitraum u. a. die Eröffnung des Klubhauses des neu gegründeten Charters des "Hells Angels MC" am 5. November in Salzwedel (Altmarkkreis Salzwedel) dar. Dessen "President" ist ein hinlänglich bekannter Rechtsextremist. An der Eröffnungs20 FacebookEvent: "GemeinsamStark Demonstration 09.04.2016", abgerufen am 03.02.2016 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 77 RECHTSEXTREMISMUS feier nahmen weitere Personen teil, die auch der rechtsextremistischen Szene zugeordnet werden. "Kampfbündnis Mitteldeutschland" Neonazis im Bereich Merseburg/Saalekreis traten in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Gruppenbezeichnungen auf. Aktuell werden die Gruppennamen "Kampfbündnis Mitteldeutschland" und "Kollektiv Mitteldeutschland" verwendet. Die Sichtung des Facebook-Accounts dieses Personenzusammenschlusses bestätigte, dass es sich um eine Personengruppe handelt, die nicht nur virtuell in Erscheinung tritt, sondern sich bemüht, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Im Berichtsjahr wurde erneut das Profilbild geändert. Seit Mitte des Berichtsjahres waren drei schwarz gekleidete und vermummte Personen mit Schlagstöcken abgebildet. Zusätzlich war die Aufschrift "Treue und Ehre Kampfbündnis" zu lesen. In weißer Schrift ist groß "Nationalisten Willkommen" aufgebracht. Auf der Internetseite wurde zur Teilnahme an der Demonstration von "Gemeinsam stark Deutschland" am 9. April in Magdeburg aufgerufen. Weiterhin wurde auf der Seite für den Kauf von Oberbekleidung mit dem Aufdruck "Kampfbündnis", "Treue und Ehre" sowie "Support Sektion Saalekreis" geworben. Mitglieder des "Kampfbündnisses" nahmen an mehreren Veranstaltungen anderer Gruppierungen teil, so z.B. an einer Demonstration der "Freien Kräfte Burgenlandkreis" am 23. April in Weißenfels und an der Veranstaltung "Rock für Identität" am 7. Mai in Hildburghausen (Thüringen). Das "Kollektiv Mitteldeutschland" warb für eine Demonstration am 18. Juni in Merseburg. An dieser Veranstaltung nahmen etwa 130 Personen teil, darunter Mitglieder der "Brigade Halle/Saale" und der Partei "DIE RECHTE" - Kreisverband Halle/Saale sowie rechtsextremistische Szeneangehörige aus dem Burgenlandkreis und Saalekreis. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 78 RECHTSEXTREMISMUS Rechtsextremistische Musik Musik ist aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken - so auch in rechtsextremistischen Kreisen. Hier hat sie jedoch nicht nur Unterhaltungswert, sondern dient darüber hinaus auch als Vermittler rechtsextremistischer Ideologie, fördert die Entwicklung sowie den Zusammenhalt der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene und besitzt somit nach wie vor eine herausragende Bedeutung für deren Bestand. Die Musik ist ein Lockmittel, um Jugendliche oder junge Erwachsene an die rechtsextremistische Ideologie heranzuführen und langfristig an die Szene zu binden. Dabei wird versucht, auf den "Mainstream" zu reagieren und sich auch verschiedener Genres zu bedienen, die ursprünglich nicht in der rechtsextremistischen Musik zu finden waren, wie beispielsweise Black Metal oder Rap. Inhaltlich stellen die Texte heute nur noch selten offen rechtsextremistische Feindbilder heraus, sondern vermitteln zumeist unterschwellig Fragmente einer nationalistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen und antidemokratischen Ideologie. Rechtsextremistische Musikveranstaltungen sind soziale Highlights und Treffpunkt für Szeneangehörige. Sie ermöglichen sowohl das ungestörte Ausleben der rechtsextremistischen Gesinnung als auch die überregionale Kontaktpflege. Rechtsextremistische Konzerte werden zumeist nur szeneintern durch SMS, über Messenger-Dienste oder Mund-zu-Mund Propaganda beworben. Durch den dadurch bestehenden konspirativen Charakter üben sie insbesondere auf Jugendliche einen besonderen Reiz aus. Bislang war die Summe der durchgeführten rechtsextremistischen Musikveranstaltungen (hauptsächlich Konzerte und Liederabende) in Sachsen-Anhalt konstant. Im Berichtsjahr 2016 veränderte sich die Gesamtzahl deutlich. Ursächlich für den Anstieg der rechtsextremistischen Musikveranstaltungen war die erheblich höhere Anzahl an so genannten rechtsextremistischen Liederabenden. Im aktuellen Berichtsjahr fanden in Sachsen-Anhalt insgesamt 13 rechtsextremistische Konzerte statt. Damit ist die Anzahl gegenVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 79 RECHTSEXTREMISMUS über dem Vorjahr (elf) leicht angestiegen. Anders bei den Liederabenden, deren Anzahl von sechs im Jahr 2015 auf 15 im Berichtsjahr signifikant zunahm. Die Gründe für das Ansteigen der Veranstaltungszahlen liegen hauptsächlich darin, dass die Veranstaltungen in der Mehrzahl auf Grundstücken stattfanden, die sich im (Privat-) Besitz von Rechtsextremisten oder rechtsextremistischen Gruppierungen befinden. Durch geeignete Abschottungsmaßnahmen werden Außenwirkungen nahezu verhindert. Darüber hinaus werden auch zunehmend Konzerte mit sehr kleinen Teilnehmerzahlen organisiert, die im Vorfeld nicht beworben, aber anschließend szeneintern oder über soziale Medien ausgewertet werden. Regional betrachtet heben sich hier insbesondere der Landkreis Mansfeld-Südharz, der Burgenlandkreis sowie der Raum Dessau-Roßlau heraus. Offiziell angemeldete Konzerte, wie sie in den Vorjahren beispielsweise im Schwanebecker Ortsteil Nienhagen unter behördlichen Auflagen durchgeführt wurden, waren in Sachsen-Anhalt im Jahr 2016 nicht zu verzeichnen. Die Szene weicht für derartige Veranstaltungen nach Thüringen, Sachsen oder ins Ausland aus. Die Teilnehmerzahlen bewegten sich auch 2016 zumeist im zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Bereich, was jedoch nicht zu dem Trugschluss führen darf, dass seitens der Musikszene kein Mobilisierungspotenzial mehr vorhanden ist: das Beispiel des am 15. Oktober in der Schweiz professionell durchgeführten Konzerts mit etwa 5.000 Teilnehmern beweist das Gegenteil. Keine Veränderungen waren bei den Musikgruppen aus Sachsen-Anhalt zu verzeichnen. Hier wurden 2016 - wie schon im Vorjahr - zwölf Bands bekannt, jedoch waren davon fünf (2015: drei) inaktiv. Darüber hinaus waren zwei Liedermacher aus Sachsen-Anhalt im Jahr 2016 aktiv. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 80 RECHTSEXTREMISMUS Rechtsextremistische Vertriebe Die Herstellung von einschlägigen Tonträgern erfolgt durch Musikvertriebe und Label der rechtsextremistischen Szene, die entweder über das Internet oder über ihre Internetpräsenzen ihre Sortimente zum Kauf präsentieren. Dabei wird darauf geachtet, möglichst kein strafrechtlich relevantes Material anzubieten. Daher werden die Texte von Tonträgern vor dem Erscheinen zumeist dahingehend anwaltlich geprüft. Gleicher Beliebtheit erfreuen sich Textilangebote innerhalb der Szene, durchaus auch ohne direkt erkennbaren rechtsextremistischen Bezug (z.B. so genannte StreetwearTextilien), mit denen man auch Interessenten außerhalb der rechtsextremistischen Szene ansprechen will. Hier wird gezielt auf das Modebewusstsein sowie den Abgrenzungswunsch diverser subkultureller Jugendszenen gesetzt (Black Metal, Dark Wave, Gothic, Hooligans). Allein daran wird schon ersichtlich, dass hier weniger der ideologische Grundgedanke als vielmehr das kommerzielle Interesse und die Marktbehauptung die entscheidenden Rollen spielen. In Sachsen-Anhalt bieten acht rechtsextremistische Vertriebe ihre Ware über das Internet zum Kauf an, von denen drei Online-Shops von einem Verkäufer betrieben und drei Online-Shops der NSBM21 Szene zugerechnet werden. Zu den angebotenen Artikeln zählen in den meisten Fällen Bildund Tonträger sowie Textilien. Daneben sind die Betreiber und/oder deren Mitarbeiter nicht selten auch auf rechtsextremistischen Konzerten vertreten, um dort ihre Waren gewinnbringend zu veräußern. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Auch die subkulturelle Szene in Sachsen-Anhalt unterliegt fortwährenden Änderungen. Bestrebungen, festere Struktu21 Nationalsozialistischer Black Metal. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 81 RECHTSEXTREMISMUS ren zu schaffen, sind indes nicht zu erkennen. Dennoch ist das Personenpotenzial zum Vorjahr konstant. Die Szene wird das Hauptaugenmerk auch weiterhin auf die Flüchtlingspolitik richten. Öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzungen mit Bezug zur Asylpolitik werden weiter auf einem hohen Niveau liegen. Es ist davon auszugehen, dass das hohe Personenpotenzial mit etwa 800 Personen nahezu konstant bleiben könnte. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 82 RECHTSEXTREMISMUS "Magdeburger gegen die Islamisierung des Abendlandes 2.0" - "MAGIDA 2.0" 22 Sitz Landeshauptstadt Magdeburg Verbreitung Gründung Juli/August 2015 Struktur Wird durch ein Organisationsteam Aufbau (OrgaTeam) vertreten. Mitglieder etwa 10 (2015: 20 bis 30) Anhänger VeröffentWeb-Angebot: lichungen Facebook-Seite Kurzportrait Die "MAGIDA 2.0" entstammt der GIDAZiele Bewegung23. Ursprünglich als "MAGIDA" gegründet und von der "PEGIDA"24, offiziell als "Ableger" anerkannt, bildete sich die "MAGIDA 2.0" auf Grund innerer Zerwürfnisse heraus. Seit Juli/August 2015 organisierte "MAGIDA 2.025" die sogenannten wöchentlich stattfindenden "Abend-spaziergänge". Laut Positionspapier haben sich in der "MAGIDA 2.0" "Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen, politischer Parteien, gesellschaftlicher Stellung und Konfessionen zusammengefunden, um den Missbrauch durch die politische Kaste in Deutschland anzuprangern und für ein identitäres Deutschland und Europa zu wirken." In Folge der rechtsextremistischen Beeinflussung der "MAGIDA 2.0" kann nicht mehr von einer allgemeinen Bürgerbewegung ausgegangen werden. 22 FacebookSeite MAGIDA, abgerufen am 11. Februar 2016. 23 Bewegung gegen die Islamisierung des Abendlandes. 24 Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. 25 Kein offizieller Ableger der PEGIDA. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 83 RECHTSEXTREMISMUS FinanzierungSpenden Grund der Beobachtung Die "MAGIDA 2.0" unterliegt einer rechtsextremistischen Beeinflussung seitens der NPD sowie der Partei "DIE RECHTE". Die "MAGIDA 2.0" versucht über die Begrifflichkeit "GIDA" ein nach außen unverfängliches Bild des bürgerlichen Protestes zu etablieren. Für die "MAGIDA 2.0"Kundgebungen werden gezielt bekannte Rechtsextremisten als Redner verpflichtet. Teilnehmer und Mitglieder des OrgaTeams der "MAGIDA 2.0" wurden auf verschiedenen Veranstaltungen der Partei "DIE RECHTE" festgestellt. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Im ersten Quartal: Wöchentlich immer montags stattfindende so genannte "Abendspaziergänge" wurden bis einschließlich 14. März durchgeführt. An diesem Tag verkündete das Orga-Team das Ende der bisherigen Veranstaltungsserie. Mit einem Aufzug - beworben als "Gedenkmarsch an die Opfer von Nizza, Paris, Würzburg und München" und durchgeführt unter dem sperrigen Motto: "Toleranz gegen religiösen Fanatismus und jede Art von Radikalismus. Gemeinsam gegen jede Gewalt - MAGIDA" - trat die "MAGIDA 2.0" am 25. Juli in Magdeburg in Erscheinung. Dem Aufruf folgten 43 Personen. Seit der Absetzung der "Abendspaziergänge" nahmen Mitglieder der MAGIDA 2.0 in der Hauptsache an verschiedenen anderen Veranstaltungen teil, beispielsweise an einer "Merkel muss weg"-Demonstration in Berlin am 7. Mai oder an einer Kundgebung der "Brigade Magdeburg" am 22. Oktober in Magdeburg. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Es gelang der "MAGIDA 2.0" nicht, sich dauerhaft im Bereich des "GIDAPhänomens" zu etablieren. Sie wird weiterhin gelegentlich auf von Anderen organisierten Veranstaltungen Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 84 RECHTSEXTREMISMUS feststellbar sein. Jedoch wird der Teil des noch verbliebenen OrgaTeams versuchen, die "Marke" "MAGIDA 2.0", aufrechtzuerhalten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 85 RECHTSEXTREMISMUS Rechtsextremismus im Internet Im Internet kann in hoher Zahl offen fremdenfeindliche, antisemitische und islamfeindliche Hetze gefunden werden. Viele Internetnutzer fühlen sich durch die weitgehende Anonymität geschützt. Die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankengutes verlagert sich jedoch immer mehr von eigenen Internetseiten hin zu sozialen Netzwerken. Rechtsextremisten nutzen die Foren, Kurznachrichtendienste oder Videoplattformen, um miteinander zu kommunizieren, vor allem aber, um innerhalb der "Internet-Community" ihre Ideologie zu verbreiten. Hier besteht noch mehr die Gefahr, dass Jugendliche und Heranwachsende unvermittelt und unvorbereitet rechtsextremistischen Inhalten ausgesetzt werden. Im Berichtszeitraum wurde die Facebook-Seite "Freie Patrioten Magdeburg" bekannt. Die bisher eingestellten Beiträge beziehen sich auf regionale und überregionale Vorkommnisse, die zu einem großen Teil mit der aktuellen Flüchtlingssituation in Deutschland zu tun haben. Hintergründe zu den Erstellern der Seite sind nicht bekannt. "Halle Max" Im Berichtsjahr wurden vermehrt Meldungen aus der Tagespresse unkommentiert eingestellt, die sich vor allem mit vermeintlichen Übergriffen von Migranten auf Frauen und Kinder in der Bundesrepublik Deutschland befasst haben. Im ersten Quartal des Jahres bestimmte die Landtagswahl für Sachsen-Anhalt in Verbindung mit dem dazugehörigen Wahlkampf die durchgeführten Aktionen der rechtsextremistischen Szene. Auf der Internetseite "HalleMax" wird in dem Beitrag "Wer AfD wählt, wählt auch eine massenweise Zuwanderung von kulturfremden" deutlich hervorgehoben, dass sich die AfD nicht von den "etablierten Parteien" unterscheide, da sie "nicht gerade ausnahmslos gegen einen ungezügelte Zuwanderung von kulturfremden ist,...". Vielmehr sei die NPD die "einzige Partei" welche klar gegen eine "ungezügelte Zuwanderung ist, sondern auch ein klaVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 86 RECHTSEXTREMISMUS res Konzept bei der Rückführung der sich bereits in Deutschland aufhaltenden kulturfremden hat. Die NPD setzt in Ihrem Wahlprogramm konsequent Ihre Ideologie der Förderung und der Entwicklung der Familie fort und begründet diese in klaren und verständlichen Worten."26 (Schreibweise wie im Original) "halle-leaks" Das Internetportal "halle-leaks" des amtsbekannten Sven LIEBICH aus Halle (Saale) will in Anlehnung an "WikiLeaks" eine Enthüllungsplattform sein, auf der Benutzer Dokumente hochladen und Mitteilungen an den Betreiber senden können. LIEBICH ist der Administrator der Internetseite und tritt vornehmlich als Provokateur und Verschwörungstheoretiker auf. Er versucht damit zu polarisieren. Dabei ist ihm Öffentlichkeit wichtig. So veröffentlicht er regelmäßig Videos zu seinen Redebeiträgen auf den sogenannten "Montagsdemonstrationen" im Internet. Darüber hinaus kommentiert er Beiträge aus der Tagespresse völlig irreal und diffus. Mitte August warb LIEBICH auf seiner Internetseite für Warnwesten mit der Aufschrift "ABSCHIEBEHELFER". Er fordert dazu auf: "Jetzt schon ausrüsten mit der ABSCHIEBEHELFER Weste bald ein gefragter Job, ehren-amtlich zum Freiwilligendienst"27 Diese Westen können im "Abschiebehelfershop" (Link zu seinen Versandhandel) mit dem Code "HALLEAKS" und 30% Rabatt erworben werden. Ein Nutzer kommentiert: "Sofort bin Dabei, raus mit diesem Pack."[Schreibweise wie im Original] Mitte September wurde auf der Facebook-Seite dazu aufgefordert, die Teilnehmer der "linksextremistischen Fahrraddemo und der Kundgebung der Kriminellen vom selbsternannten und steuerfinanzierten BGR Halle" 28 am 18. 26 http://www.hallemax.com/index.php/item/1728werafdw%C3%A4htl vom 15.02.2016 27 https://blog.halleleaks.de jetztschonausruestenmitderabschiebehelferweste/ vom 18.08.2016 28 BGR Halle = zivilgesellschaftlich organisiertes 'Bündnis gegen Rechts Halle' Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 87 RECHTSEXTREMISMUS September 2016 in Halle (Saale) zu fotografieren: "(...) bringt hochauflösende Kameras, Handys, Fotoapparate mit und liefert uns die Bilder von JEDEM Teilnehmer." Die Aktion wird unter anderem wie folgt begründet: "Es geht nicht an, dass von dieser Vereinsmafia jeder, der berechtigte Kritik an den von der Stadt verursachten Ungerechtigkeiten (Verslumung des Südparks) übt, pauschal als 'rechts' verunglimpft wird und um sein hart erarbeitetes Hab und Gut fürchten muss. Lasst uns endlich gemeinsam die Probleme dieser Stadt laut ansprechen."(Schreibweise wie im Original)29 Für den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt macht LIEBICH die Bundesregierung, insbesondere die Bundeskanzlerin, verantwortlich. In seinem Blog ist folgendes nachzulesen: "Das ist der Beweis, dass Merkel die Opfer von Berlin direkt zu verantworten hat durch ihren gesetzwidrigen Alleingang. Im Moment schützt sie nur ihre Abgeordneten-Immunität und die Vasallentreue all der anderen Politmaden im Bundestag".30 (Schreibweise wie im Original) Bewertung, Tendenzen, Ausblick Der Trend hin zur Nutzung sozialer Netzwerke und geschlossener Foren wird weiter zunehmen. Die Eröffnung neuer Infoportale wird in Zukunft vermutlich anlassorientiert sein und auf aktuelle Themen und Aktivitäten abstellen. Rückschlüsse auf rechtsextremistische Gruppen und ihre Strukturen werden dadurch erschwert. 29 http://www.facbook.com/Halle.Leaks.backup/?fref=ts vom 16.09.2016 30 http://blog.halleleaks.de/derterroristsassbereits4jahreinitalienweiler brandstifterwar vom 22.12.2016 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 88 REICHSBÜRGERSZENE REICHSBÜRGERSZENE Über die Beobachtung der rechtsextremistischen Szene gelangte der Verfassungsschutz an Informationen über sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter. Unbestreitbar existiert eine Nähe zum Rechtsextremismus. Einige Angehörige der klassischen rechtsextremistischen Szene sind offen Vertreter der "Reichsbürgeridee". Reichsbürger und Rechtsextremisten vertreten gleichermaßen verfassungsfeindliche und die Gesellschaft ablehnende Ideologien. Reichsbürger und Selbstverwalter sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen, unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren und deshalb bereit sind, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen. Dieser heterogenen Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter gemeinsam ist die fundamentale Ablehnung des Staates und seiner gesamten Rechtsordnung. Für die Verwirklichung ihrer Ziele treten sie aktiv ein, z.B. mit Werbeaktivitäten oder mit aggressiven und obstruktiven Verhaltensweisen gegenüber den Gerichten und Behörden der Bundesrepublik Deutschland. Mit der Beobachtung soll sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Bewertung der Reichsbürgerszene vorgenommen werden. Der Verfassungsschutz wird das Bild des Phänomens Reichsbürger durch eine systematische Beobachtung auf der Grundlage des Verfassungsschutzgesetzes SachsenAnhalt konturieren, damit Verwaltungen, Politik und ÖffentVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 89 REICHSBÜRGERSZENE lichkeit wissen, mit wem sie es zu tun haben und wie sich Behörden im Umgang mit Reichsbürgern verhalten müssen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 90 REICHSBÜRGERSZENE "Reichsregierungen", "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" Gründung Die seit Jahren in der Bundesrepublik Deutschland agierenden "Reichsregierungen" haben ihren Ursprung in der seit den 1980er Jahren bestehenden "Kommissarischen Reichsregierung" (KRR) um Wolfgang EBEL (+, Berlin). Verbreitung Reichsregierungen, Reichsbürger und Selbstverwalter gibt es im gesamten Bundesgebiet. Schwerpunktregionen in Sachsen-Anhalt sind die Altmarkkreise Stendal und Salzwedel und das südliche Sachsen-Anhalt Struktur Die Reichsbürgerszene ist nicht homogen. Sie Aufbau zeigt sich zersplittert und vielschichtig. Zum Teil stehen Reichsregierungen in Konkurrenz zueinander. Die Reichsbürgerszene lässt sich in Reichsregierungen, Reichsbürger und Selbstverwalter unterscheiden. Als "Reichsbürger" bezeichnen sich Einzelpersonen und verschiedene Gruppierungen, die sich als Angehörige eines "Deutschen Reiches" wähnen. Bei den "Selbstverwaltern" handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Einzelpersonen, die im Gegensatz zu den "Reichsbürgern" und "Reichsregierungen" nicht vom Weiterbestehen des Deutschen Reiches überzeugt sind, sondern behaupten, sie könnten durch eine Erklärung aus der Bundesrepublik Deutschland ausscheiden oder dass diese gar nicht existent sei. Entsprechend seien sie nicht mehr ihren Gesetzen unterworfen. Manche "Selbstverwalter" rufen sogar eigene "Staatsgebilde" aus. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 91 REICHSBÜRGERSZENE Mitglieder Land: etwa 330 Anhänger davon sind 10% der rechtsextremistischen Szene zuzurechnen Bund: 12.700 VeröffentWeb-Angebote: lichungen diverse, teils wechselnde Facebook-Auftritte und Homepages Kurzportrait Reichsregierungen, Reichsbürger und SelbstZiele verwalter beschädigen die freiheitliche demokratische Grundordnung, denn sie gehen extremistischen Ideologien nach. Gemeinhin vertreten sie folgende Botschaften: - Die Bundesrepublik Deutschland ist nach ihrer Auffassung kein echter Staat im völkerrechtlichem Sinn, sondern eine Firma mit staatsähnlichen Strukturen, eine "BRDGmbH". Es handle sich um ein reines "Verwaltungskonstrukt". - Reichsbürger bestreiten die Unabhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland. - Sie behaupten, die Bundesrepublik Deutschland sei juristisch nicht existent, also illegal. - Hingegen bestehe das Deutsche Reich völkerrechtlich fort. Dabei wird oft in den Grenzen von 1937 gedacht. Dieses gedachte Reich sei allerdings immer noch besetzt, wobei der Hinweis auf die Militärpräsenz, etwa der USA, selten fehlt. Daher gebe es auch nur eine Kommissarische Reichsregierung, die legal, aber machtlos sei. - Folgerichtig versuchen die Reichsbürger staatliche Strukturen aufzubauen, indem Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 92 REICHSBÜRGERSZENE sie so genannte Kommissarische Reichsregierungen und eigene Verwaltungsstrukturen schaffen. Um dieses zu unterstreichen werden eigene Legitimationspapiere, Ämter u.ä. ins Leben gerufen. Grund der Beobachtung Die fundamentale Ablehnung des Staates und seiner gesamten Rechtsordnung beinhaltet die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Darüber hinaus können Bestrebungen von Reichsregierungen, Reichsbürgern und Selbstverwaltern auch gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes und soweit sie im Einzelfall mit gebietsrevisionistischen Forderungen verbunden sind, auch gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sein. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Im Berichtsjahr war besonders die selbsternannte "Samtgemeinde Alte Marck" im Altmarkkreis Salzwedel und im Landkreis Stendal aktiv. Bei der "Samtgemeinde Alte Marck" handelt es sich um so genannte "Selbstverwalter". Die "Samtgemeinde" sieht sich als die erste Gebietskörperschaft in "Deutschland als Ganzes", die die Rechtsfähigkeit wiedererlangt habe. Mit der Aussage "Deutschland als Ganzes" suggerieren Reichsbürger den "Scheinstaat BRD". Es wird ausgeführt, dass "keinerlei Verordnungen, Anweisungen und Empfehlungen der BRD-Verwaltungen gelten ... rechtliche Klagen, Klagedrohungen und Abmahnungen werden ausnahmslos als unangemessen zurückgewiesen." Laut ihrer Selbstdarstellung im Internet handelt es sich bei der "Samtgemeinde Alte Marck" um einen "Gemeindeverband", welcher "autark und eigenverantwortlich agieren" und "vom Zusammenschluss auf wirtschaftlicher Basis profitieren" wolle. Den Kommunalbehörden der Landkreise wurde bekannt, dass sich die "Samtgemeinde Alte Marck" als eigenständige Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 93 REICHSBÜRGERSZENE Verwaltungsbehörde darstellt und von einigen Bürgern der Region auch als solche angenommen wird. Die "Gemeindevorsteherin" Ellen MARKTL bietet (Schein-)Hoheitsakte an, wie etwa Trauungsbescheide und Geburtsscheine. Gewerbetreibende aus Arendsee meldeten ihr Gewerbe ab und zahlten keine Gewerbesteuern mehr. In Burg und im Burgenlandkreis fanden so genannte "Stammtische" für "Reichsdeutsche" statt. Hier debattieren die Teilnehmer die Ziele der "Reichsdeutschen" und über die Gesetzeslage in Deutschland, die aus ihrer Sicht nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges von einer Militärregierung und den Alliierten bestimmt worden seien. Der Gründer des Staates "Ur", Adrian URSACHE31 (Elsteraue OT Reuden, Burgenlandkreis) hatte im Vorfeld seiner geplanten Zwangsräumung am 24. August über Youtube ein Video veröffentlicht, in dem er unter anderem äußert, sein "Hab und Gut mit seinem Leben zu verteidigen". Es kam etwa ab dem 15. August in einschlägigen Chats von Messengerdiensten (Threema, Telegram) zu Sympathiebekundungen von Rechtsexmisten und parallel zu Aufrufen, URSACHE bei seinem Vorhaben und "gegen das Unrecht" zu unterstützen. Am geplanten Termin der Zwangsräumung (24. August) waren etwa 120 Unterstützer nach Reuden gekommen, woraufhin die Zwangsräumung verschoben wurde. In den Morgenstunden des 25. August erfolgte die Zwangsräumung des Hauses, des selbsternannten Gründers des Staates "Ur". Zur Vollstreckung wurden Spezialkräfte der Polizei hinzugezogen. Beim Betreten des Grundstückes sind diese sofort attackiert, mit Steinen beworfen und von dem Grundstücksbesitzer mit einer Waffe bedroht worden. 31 Adrian URSACHE nutzt eine besonders krude Mischung von Versatzstücken aus der Argumentation von "Selbstverwaltern" und "Reichsbürgern". Er erkennt die Gerichte nicht an und will "kein Sklave" sein. Im Rahmen mehrerer Interviews sprach er Drohun gen aus. Für die Gewalt "der Firma Polizei" gebe es keine Rechtsgrundlage. Er hat sich zunehmend radikalisiert und mit einem missionarischen Eifer Unterstützer gewonnen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 94 REICHSBÜRGERSZENE Im weiteren Verlauf kam es zu einem Schusswechsel, bei dem ein Polizeibeamter und URSACHE verletzt wurden. Im Nachgang der Zwangsräumung kam es zu vermehrten Aktivitäten im Internet und in den sozialen Medien. So wurde am 27. August bei Recherchen die Seite "Der BRDSchwindel" mit dem Beitrag "DIE FREUDE AM TÖTEN" 32 festgestellt. Darin wird Rache gegenüber dem Gerichtsvollzieher und den teilnehmenden Polizeibeamten angekündigt. In dem Beitrag sind eindeutige rechtsextremistische Bezüge erkennbar. Neben dem Hakenkreuz sowie dem Abschluss "Sieg Heil" wurden auch in Kombination Odal-Rune, TyrRunen und Hagal-Rune verwendet. Wer der Verfasser des Beitrags ist, ist nicht bekannt. Ein Mitarbeiter des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt teilte im November mit, dass im Raum Bitterfeld eine Wurfsendung von Reichsbürgern verteilt worden war. Diese richtete sich an Hausund Grundstückeigentümer. Darin wird ausgeführt, dass die Besitzer ihre Grundrechte beim Katasteramt bis Ende des Jahres geltend machen sollten, da sie sonst ihren Besitz am 1. Januar 2017 an die Europäische Union über das Gewohnheitsrecht verlieren würden. Seither häufen sich im Katasteramt die Anträge auf Beglaubigungen und Apostillen33 für Eigentümer von Grundstücken. Bürger, die hierzu vorstellig wurden, wiesen sich zum Teil mit Phantasieausweisen aus. Im Dezember gingen bei Bürgermeistern im Landkreis Wittenberg, im Salzlandkreis und im Landkreis MansfeldSüdharz Schreiben einer "Religionsgemeinschaft heilsamer Weg e.V. i.G. (Buddhistische Religionsgemeinschaft)" ein. Die Unterzeichner der Erklärung behaupten sie hätten die Staatsangehörigkeit nach Abstammung. Sie widersprechen der Umwandlung der Gebietskörperschaften in 32 http:/brdschwindel.org/diejagdsisteroeffnet/ vom 29.08.2016 33 Apostille: Amtliche Bestätigung der Echtheit einer Urkunde Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 95 REICHSBÜRGERSZENE Deutschland in Firmen ("BRD-GmbH"). Die BRD "solle ihre Gebietskörperschaften jedoch treuhändisch verwalten, bis die volle Souveränität wieder hergestellt sei". Darüber hinaus werden weitere Länder dazu aufgefordert, Friedensverträge mit Deutschland bzw. dem Deutschen Reich zu schließen. Die Schreiben wurden im gesamten Bundesgebiet versandt. Ihren Sitz hat die "Religionsgemeinschaft" dem Anschreiben zufolge in Langenselbold (Hessen). Bisherige Internetrecherchen verliefen ergebnislos. Zu den Unterzeichnenden liegen keine Erkenntnisse vor. Bewertungen, Tendenzen, Ausblicke Nicht jeder "Reichsbürger" ist ein Rechtsextremist. Der kleinste gemeinsame Nenner von Rechtsextremisten und "Reichsbürgern" ist die antistaatliche Einstellung - sie wollen unseren Staat nicht. Dies bekunden sie mitunter gemeinsam. Ob der Grad einer strukturellen Vernetzung von bestimmten "Reichsbürgern" mit der Rechtsextremistischen Szene bereits erreicht ist oder sich formiert, bleibt zu beobachten. Aus der Beobachtung des Rechtsextremismus lässt sich eine gruppenorientierte Zusammenarbeit derzeit nicht ablesen. Richtig ist, dass es Kennverhältnisse zwischen den Szenen gibt und diese auch genutzt werden. Einen Großteil der Reichsbürgerszene machen sogenannte "Selbstverwalter" aus, die sich der "Reichsbürgeridee" bedienen. Sie versuchen damit, ihrer finanziellen Misere zu entgehen. Sie meinen, dass sie keine Steuern, keine Bußgelder oder Anschlussgebühren etc. zahlen müssen. Mit sogenannten Drohschreiben versuchen sie, die Behörden obstruktiv zu beeinflussen. Die Aktivitäten der Reichsbürger und Selbstverwalter haben in den meisten Bundesländern seit einiger Zeit deutlich zugenommen. Die Vernetzung der Szene im Internet wird erfolgreich zur Mobilisierung eines Unterstützerumfeldes genutzt. Besorgniserregend sind nicht nur Gewaltdelikte und der Waffenbesitz in der Szene, sondern auch die WerVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 96 REICHSBÜRGERSZENE bungsversuche von Reichsbürgern bei Angehörigen der öffentlichen Verwaltung. Gerichte, Polizei und Behörden der Länder werden zunehmend in ihrer Arbeitsweise behindert und deren Mitarbeiter bedroht. In Zukunft müssen im Zusammenhang mit der Durchsetzung staatlicher Maßnahmen auch weitere gewalttätige Eskalationen durch "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" einkalkuliert werden. Diese sind insbesondere dann zu befürchten, wenn die Personen über einen Zugang zu Waffen verfügen und ihre eigene Existenz bedroht sehen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 97 LINKSEXTREMISMUS LINKSEXTREMISMUS Das Engagement von Linksextremisten zielt auf eine revolutionäre Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, der bestehenden Gesellschaftsordnung und auf die Errichtung eines vermeintlich herrschaftsfreien oder kommunistischen Systems. Damit stellen sie eine Gefahr für die demokratische Gesellschaft dar. Linksextremisten sind bestrebt, gesellschaftliche Kritik im Sinne ihrer revolutionären Ziele zu instrumentalisieren. Dafür engagieren sie sich in verschiedenen gesellschaftlichen Aktionsfeldern, in denen sie radikalisierend intervenieren. Ideologische Grundlage bleibt dabei die Ablehnung des Kapitalismus. Militanz soll den politischen Forderungen Nachdruck verleihen. Gewaltorientierte Linksextremisten - in der Mehrzahl sog. Autonome - üben Gewalt als Straßenmilitanz und durch Aktionen wie Körperverletzungen, Brandanschläge oder Farbschmierereien aus. Als wesentliche Aktionsfelder wurden dabei vor allem die Themen "Antirassismus", "Nationalismus" sowie "Kapitalismus" als übergreifende Aspekte herangezogen und es fand teilweise eine Beteiligung an bundesweit propagierten linksextremistischen Kampagnen statt. Darüber hinaus wurde die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt von Linksextremisten in den Blick genommen und mit o. a. Aktionsfeldern verknüpft. Als verbindendes Element diente dabei einmal mehr das Bestreben, den "antifaschistischen Kampf" zu befördern. Besonders deutlich wurde dies bei der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, zu dem neben Rechtsextremisten vor allem auch rechtspopulistische Parteien bzw. Organisationen gezählt werden. Deren Vertreter, Einrichtungen, Objekte und Symbole stehen im Zielspektrum von Linksextremisten. Insbesondere die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) gilt als direkter politischer Gegner und legitimes Ziel entsprechender Agitationen und Aktionen von Linksextremisten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 98 LINKSEXTREMISMUS Zugenommen haben im Bereich des "Antifaschismus" die Recherchearbeiten zu rechtsextremistischen Strukturen und deren handelnden Personen. Diese Outings wurden zumeist auf der Internetplattform "linksunten.indymedia veröffentlicht. Daneben gründete sich ein so genanntes "Recherchenetzwerk Sachsen-Anhalt rechtsaußen". Die allgemein in der Gesellschaft vorzufindende Polarisierung spiegelte sich in einem erhöhten Aktionsniveau auch der linksextremistischen Szene wider. Neben situativ und teilweise spontan entstandenen Konfrontationen z. B. im Rahmen vom versammlungsrechtlichen Geschehen wurden auch einzelne Aktionen gegen missliebige Personen registiert, die gezielt und mit Vorbereitung verübt wurden. Die dabei verwirklichten Straftatbestände reichen von Beleidigungen, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen bis hin zu einem versuchten Tötungsdelikt. Dieses Handeln fand dabei nicht als Massenmilitanz statt, sondern wurde überwiegend von Kleingruppen verübt. Auch wenn eine überwiegend örtliche Bindung des linksextremistischen Personenpotenzials vorliegt, ist im Hinblick auf militante Aktionen von einer hohen Bereitschaft zur Mobilität auszugehen. Linksextremisten nutzten im Berichtszeitraum die öffentliche Debatte über die Asylthematik auch, um das Agitationsfeld "Antirassismus" aufzuwerten und in Verknüpfung mit anderen Aktionsfeldern ihre eigenen "politischen Ziele" zu befördern. Das Thema besitzt ein hohes Maß an Anschlussfähigkeit bis weit ins nichtextremistische Spektrum. Linksextremistische Personenzusammenschlüsse versuchten Proteste demokratischer Initiativen für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Insbesondere beteiligte sich die linksextremistische Szene an Gegenveranstaltungen zu rechtsextremistischen Demonstrationen gegen Asylbewerberund Flüchtlingsunterkünfte. Diese Gegendemonstrationen sind jedoch aus Sicht der linksextremistischen Szene sekundär für ihr eigenes Engagement im Bereich der Asylpolitik. Die AuseinanVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 99 LINKSEXTREMISMUS dersetzung mit dem politischen Gegner (Aktionsfeld "Antifaschismus") stand im Vordergrund. Bundesweit initiierten Linksextremisten die Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA), die nach einem bundesweiten "antirassistischen und antifaschistischen Treffen" am 31. Januar in Frankfurt am Main entstand, welches vom "antinationalen" linksextremistischen Bündnis "...ums Ganze!" organisiert worden war. Von überregionaler Bedeutung für die linksextremistische Szene waren die Ereignisse in Berlin im Zusammenhang mit Baumaßnahmen in der "Rigaer Str. 94", verbunden mit der Räumung des Szeneobjekts "Kadterschmiede". Diese Maßnahmen wurden von der linksextremistischen Szene Berlins und des gesamten Bundesgebiets als ein Angriff auf ihre "selbstverwalteten Freiräume" gesehen. Als sofortige Reaktion auf diese Maßnahme kam es zu einer Vielzahl von dezentralen Aktionen, u. a. wurden Sachbeschädigungen an Banken und Brandstiftungen an Fahrzeugen begangen. In einem Beitrag auf "linksunten.indymedia" heißt es unter der Überschrift: "Räumung Kadterschmiede - jetzt wird's teuer": "... Die letzte Nacht verlief gut, wir haben erfolgreiche Schritte in Richtung 1 Millionen Sachschaden gemacht ... Darum wurde auch der Preis erhöht, für den Angriff auf die Rigaer sind jetzt 10 Millionen Sachschaden fällig, wofür wir natürlich bundesweit für Zerstörungen dankbar sind. Autonome Gruppen" In diesem Zusammenhang ist auch die Zerstörung von Fensterscheiben zweier Immobilienmaklerbüros in Magdeburg am 22. Juni zu sehen. Struktur und der Organisationsgrad der Szene in SachsenAnhalt sind geprägt von marxistisch-leninistischen Parteien, linksextremistischen Zusammenschlüssen und gewaltorientierten Linksextremisten, die überwiegend anarchistischen oder autonomen Personenzusammenschlüssen angehören. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 100 LINKSEXTREMISMUS Das linksextremistische Personenpotenzial im Land Sachsen-Anhalt unterlag im Jahr 2016 zahlenmäßig leichten Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr. Linksextremisten34 2015 2016 Gewaltbereite Linksextremisten, 230 230 insbesondere Autonome Parteien und sonstige Gruppierungen, 250 260 unter anderem die "Rote Hilfe" Gesamt: 480 490 In Sachsen-Anhalt waren im Berichtszeitraum mit eigenen Parteistrukturen die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD), die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und die "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD/Ost) aktiv. Diese revolutionär-marxistischen Organisationen setzten weiter auf traditionelle Konzepte eines langfristig betriebenen Klassenkampfes. Keine dieser Parteien beteiligte sich an der Landtagswahl im März. Als sonstige feste Gruppierung ist ferner die "Rote Hilfe" zu nennen, die bundesweit in Ortsgruppen organisiert und in Sachsen-Anhalt mit drei entsprechenden Gliederungen vertreten ist. Linksextremistischen Parteien in Sachsen-Anhalt gelang es auch aufgrund ihrer hohen Altersstruktur kaum, neue Mitglieder zu werben. Sie arbeiteten meist theoriebezogen und konnten somit potenziell interessierte jüngere Menschen nicht für die Parteiarbeit begeistern. Ausnahme bildete die "Selbstschutzorganisation" "Rote Hilfe", die Zulauf zu verzeichnen hatte. Mitglieder dieser Gruppierung können sowohl Angehörige der Autonomenszene als auch linksextremistischer Parteien oder auch lediglich Sympathisanten sein, so dass auch Doppelzählungen vorliegen können. 34 Zahlen zum Teil geschätzt und gerundet. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 101 LINKSEXTREMISMUS Die Städte Magdeburg und Halle (Saale) bilden die Schwerpunktbereiche gewaltorientierter linksextremistischer Gruppierungen und Aktivitäten in Sachsen-Anhalt. Landesweit sind insgesamt rund 230 Personen dem gewaltorientierten autonomen und antiimperialistischen Spektrum zuzurechnen. Im Bereich der Strafund Gewalttaten gab es eine Steigerung der Fallzahlen im Jahresvergleich 2015/2016 von 230 auf 281 Taten, die darin enthaltenen Gewalttaten nahmen von 58 auf 52 ab. Nach wie vor muss von einer niedrigen Hemmschwelle zur Gewaltanwendung, insbesondere gegen Polizisten, ausgegangen werden. In Einzelfällen ist - wie beispielsweise in der Konfrontation Links-Rechts - die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung bei Teilen der gewaltbereiten linksextremistischen Szene deutlich herabgesetzt bzw. nicht existent. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 102 LINKSEXTREMISMUS Gewaltbereite Linksextremisten, insbesondere Autonome Sitz Schwerpunktregionen in Magdeburg und Verbreitung Halle (Saale) Lokale Hochburgen, vorwiegend in Großstädten außerhalb von Sachsen-Anhalt Gründung Entstanden Ende der 1970er-Jahre aus den Ausläufern der Studentenbewegung der 1968er-Jahre, der Sponti-Szene der 1970erJahre und der Punk-Subkultur. Seit Anfang der 1990er-Jahre auch in den östlichen Bundesländern. Struktur Autonome sind ihrem Selbstverständnis entAufbau sprechend hierarchiefeindlich und lehnen festgefügte Organisationen und Strukturen ab. Organisationsformen sind meist in Zusammensetzung und Namensgebung wechselnde Kleingruppen. Das Internet wird als offenes Kontaktmedium genutzt. Daneben gibt es geschlossene konspirative Foren. Überregionale Treffen mit Delegierten sind thematisch gebunden. Mitglieder Sachsen-Anhalt: etwa 230 gewaltbereite Linksextremisten, insbesondere Autonome (2015: 230) Bundesweit: 7.000 gewaltbereite Linksextremisten, darunter 6.300 Autonome VeröffentWeb-Angebote: lichungen Veröffentlichungen in szenebezogenen Internetportalen und in sozialen Netzwerken Publikationen: Szenepublikationen Kurzportrait Den Großteil des gewaltorientierten PersonenZiele potenzials stellen die Autonomen. Sie agieren in lockeren Kleingruppen. Autonome verweiVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 103 LINKSEXTREMISMUS gern sich grundsätzlich gesellschaftlichen und staatlichen Normen und Verpflichtungen sowie einer Teilnahme am kapitalistischen Wirtschaftsleben. Autonome treten für eine herrschaftsfreie Gesellschaft nach einer erfolgreichen Revolution ein. Linksextremistische Theorien werden abgelehnt. Das politische Handeln ist daher von aktuellen politischen Themenfeldern abhängig und stark anlassund aktionsbezogen. Der autonome Aktionismus ist gekennzeichnet von thematischen Ansatzpunkten wie Antifaschismus, Antirassismus, Antimilitarismus. Im Bewusstsein, dass eine Zusammenarbeit die eigenen Handlungsmöglichkeiten steigert, sind Autonome und Teile der linksextremistischen Szene nicht mehr grundsätzlich organisationsfeindlich; es gibt anlassbezogene Vernetzungsbestrebungen. FinanzierungAnlassbezogene Finanzierung von Aktionen und Kampagnen durch Solidaritätskonzerte und -partys oder Spenden. Grund der Beobachtung Autonome sind von Beginn an staatsfeindlich, da der Staat aus ihrer Sicht die maximale Hierarchie mitsamt der größtmöglichen Unterdrückung verkörpert und damit der Selbstverwirklichung jedes Einzelnen im Wege steht. Demzufolge müssen der Staat und das gesellschaftliche System abgeschafft werden. Gewalt wird dabei als legitimes Mittel der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und der Polizei als Teil des "staatlichen Repressionsapparats" angesehen. Die politisch bestimmten Verhaltensweisen von Autonomen - insbesondere das Ablehnen des staatlichen Gewaltmonopols bei gleichzeitigem Befürworten von Gewalt, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen - ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 104 LINKSEXTREMISMUS Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Gewaltbereite Gruppierungen In Magdeburg sind hierbei die Gruppierungen "Arbeitskreis Antifa" (AK Antifa) und "Zusammen kämpfen" (ZK) zu nennen. Letztere entfaltete in der zweiten Jahreshälfte kaum noch Aktivitäten. Treffpunkt einer derzeit lose agierenden Szene ist weiterhin der "Infoladen" in der AlexanderPuschkin-Straße. Das Bündnis "Magdeburg Nazifrei", an dem sich auch Linksextremisten beteiligten, löste sich im Juli 2016 auf. Als Begründung wurde angegeben, dass immer weniger Menschen bereits seinen, "sich als Teil einer Blockade zu engagieren." In Halle (Saale) agieren das "Offene Antifaplenum" (OAP) sowie die Gruppe "Gesellschaftskritische Odyssee" (GekO). Die Gruppe "GekO" vertritt einen eher theoretischen Ansatz mit einem hohen intellektuellen Anspruch. Das OAP versteht sich offenbar als Basis für links-interessierte Personen - auch ohne Gruppenanbindung. Des Weiteren sind noch die Gruppierungen "Antifaschistische Aktion Burg" (AAB, Landkreis Jerichower Land) und "Antifaschistische Aktion Salzwedel" (AAS, Altmarkkreis Salzwedel) in Sachsen-Anhalt aktiv. Die AAB existiert Internetangaben zufolge bereits seit knapp zehn Jahren. Angehörige der genannten Gruppierungen agierten, ihrem autonomen Selbstverständnis entsprechend hierarchiefeindlich und lehnten festgefügte Organisationen und Strukturen ab. Wesentlicher und fast hauptsächlicher Aktionsschwerpunkt der autonomen Szene in Sachsen-Anhalt im Berichtszeitraum war der "Antifaschismus". Im Mittelpunkt dabei stand die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner. Dabei werden derartige Tatgelegenheiten gezielt gesucht und provoziert. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 105 LINKSEXTREMISMUS Aktionen im Zusammenhang mit der Landtagswahl 2016 Im Vorfeld der Kommunalwahlen in Hessen und der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt am 13. März riefen diese linksextremistischen Personenzusammenschlüsse für das erste MärzWochenende bundesweit zu Aktionen gegen die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) "und ihre Freunde" auf. Dieses so genannte "Antifa-Aktionswochenende" stand unter dem Motto "Nationalismus ist keine Alternative - Die Brandstifter in Nadelstreifen besuchen!". Der aktuelle Wahlkampf der AfD solle auf allen Ebenen gestört werden, zudem wolle man gegen die auf eine Begrenzung des Flüchtlingszuzugs gerichtete Politik vorgehen. In Sachsen-Anhalt kam es vereinzelt zu Aktionen: Am 6. März wurde das Fahrzeug eines Direktkandidaten der AfD zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt von unbekannten Tätern in Halle (Saale) in Brand gesetzt. Auf der Internetplattform "Indymedia.org" bekannte sich ein Kommando "Aldo Raine" zum Brandanschlag. Daneben wurden im Stadtgebiet von Halle (Saale) mehrere gefälschte Wahlplakate der AfD aufgehängt. So waren vermeintliche Losungen der AFD zu lesen: "Nationale Bürgerwehren statt bürgerlicher Rechtsstaat" sowie "Zucht, Ordnung und Prügelstrafe wieder in die Schule". Am Wahltag wurden im Rahmen einer Versammlung auf dem Marktplatz in Halle (Saale) Sprechchöre wie "Scheiß AfD. Nationalismus aus den Köpfen. Nie, nie, nie wieder Deutschland. Allerta, allerta Antifaschista. Say it loud, say it clear, Refugees are welcome here." gerufen. Unter dem Titel "AfD Wahlparty enttarnt" erschien auf "Linksunten.Indymedia" ein Artikel, in dem es hieß: "Wir werden weiter Sand ins Getriebe streuen! ... Wir, das sind Antifaschistinnen und Antifaschisten, sowie linke Aktivistinnen und Aktivisten aus verschiedenen Zusammenhängen." Demonstrationen und andere öffentliche Aktionen Das Demonstrationsgeschehen im Berichtszeitraum spiegelt die Themenfelder von Autonomen wider. Neben AntifaVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 106 LINKSEXTREMISMUS schismus waren auch Antikapitalismus und Antirepression wesentliche Themen der jeweiligen Veranstaltungen. Herausragend war in den vergangenen Jahren das Demonstrationsgeschehen anlässlich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt Magdeburg im II. Weltkrieg. In diesem Jahr lagen bis kurz vor dem Termin weder von rechtsnoch von linksextremistischer Seite Anmeldungen für entsprechende Veranstaltungen vor. In Ermangelung einer Gegnerschaft in Form eines rechtsextremistischen Aufzuges fokussierten sich die Planungen der lokalen linksextremistischen Szene auf eine so genannte "AntifaVorabenddemo" 15. Januar in Magdeburg. Die Gruppierung "Zusammen Kämpfen Magdeburg" (ZK) rief gemeinsam mit der "Antifaschistischen Aktion Burg" (AAB) zur Teilnahme auf. 35 Bei dieser Demonstration unter dem Titel "Schulter an Schulter gegen Faschismus und imperialistische Kriege!" wollte man "gemeinsam ... unseren Widerstand und unsere Inhalte ... kraftvoll zum Ausdruck bringen." Weiter hieß es in dem Aufruf: "Kampf dem Faschismus heißt Kampf dem kapitalistischen System! - Deshalb gilt unsere Solidarität den Flüchtlingen und unser Kampf der herrschenden Klasse. Dafür müssen wir uns noch besser vernetzen und orga35 Fotografie eines Plakates in Magdeburg, Große Diesdorfer Straße. (c) Ministerium für Inneres und Sport des Landes AchsenAnhalt Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 107 LINKSEXTREMISMUS nisieren, um unsere klassenkämpferische Praxis, die den Kampf für eine klassenlose Gesellschaft auf die Tagesordnung setzt, zu stärken." Die Demonstration fand in Magdeburg mit 250 Teilnehmern unter massiven Störungen statt. Teilnehmer vermummten sich, Pyrotechnik wurde gezündet, Steine auf Einsatzfahrzeuge der Polizei geworfen. Aus dem Aufzug heraus wurde ein als rechtes Szenegeschäft angesehener Laden mit Farbe beschmiert. Am 16. Januar kam es zu mehreren Blockadeund Durchbruchversuchen von Personen der linksextremistischen Szene gegen einen kleineren Aufzug der rechtsextremistischen Szene. Zirka 40 linksextremistische Szeneangehörige aus dem Umfeld der "Antifaschistischen Aktion Burg" (AAB) sowie aus Magdeburg nahmen am 18. März an einer Kundgebung anlässlich des "Tages des politischen Gefangenen" 36 teil. Die Kundgebung fand unter dem Motto "Heraus zum Kampftag für die Freilassung aller politischen Gefangenen" vor der Justizvollzugsanstalt in Burg-Madel statt. Es wurden Transparente mitgeführt, unter anderem mit den Aufschriften "Kampf der Klassenjustiz", "Solidarität zeigen", "Getötet von Bullen" und "Freiheit für alle politischen Gefangenen". Des Weiteren wurden Rufe wie "Freiheit für alle politischen Gefangenen" und "Wir sind nicht alle - es fehlen die Gefangenen" skandiert. Die Kundgebung verlief friedlich. Die linksextremistische Szene in Magdeburg plante, eine Versammlung des HoGeSa-Ablegers "Gemeinsam Stark Deutschland"(GSD) am 9. April in Magdeburg zu stören bzw. zu verhindern, insbesondere weil man der Gruppie36 Ankündigung auf https://dede.facebokk.com/AntifaBurg, abgerufen am 17.03.2016 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 108 LINKSEXTREMISMUS rung sehr hohe Gewaltaffinität unterstellte. Auf einer eigens dafür eingerichteten Internetseite "abpfiff.blogsport.de" wurde eine bundesweite "Antifa-Mobilisierung" initiiert. An der von einem nicht extremistischen Bündnis getragenen Gegenveranstaltung beteiligten sich 250 Personen. Neben Verbalattacken wurde vereinzelt versucht, die polizeiliche Begleitung zu durchbrechen, um zu den GSD-Teilnehmern zu gelangen. Dies konnte jedoch verhindert werden. Auf der Internetplattform "linksunten.indymedia" erschien zur Auswertung das Statement: "Selbstkritisch müssen wir anmerken, dass es uns nicht gelang genügend Unterstützer*innen von außerhalb zu mobilisieren. Neben einer bemerkbaren Reisemüdigkeit in Antifakreisen ist sicherlich auch das Erstarken rechter Strukturen ... ein Grund dafür.... Generell zeigte sich ... die fehlende Initiative verschiedener Gruppen und Bündnisse, überhaupt Gegenprotest auf der Straße zu organisieren." Antifa-Gruppen aus Halle (Saale) und Leipzig riefen für den 28. Mai zur Blockade eines geplanten Aufzuges der rechtsextremistischen "Brigade Halle/Saale" auf. Dazu hieß es in einem Beitrag des "Offenen Antifaplenums Halle" auf "linksunten.indymedia": "Wenn sie am 28.05. den heimischen Netto verlassen, um in den Betonschluchten Neustadts ihre gewalttätige Verrohung zu demonstrieren, wollen wir da sein, um ihnen zu zeigen, dass auch wir ihnen das Leben zur Hölle machen können. Verschiedene "zivilgesellschaftliche" Organisationen werden sicher Kundgebungen anmelden, um eine gewisse Bewegungsfreiheit zu gewährleisten - also macht was draus! Reiht euch nicht in die Volksgemeinschaft gegen Rechts ein, sondern sorgt für einen unruhigen Tag in Halle-Neustadt! Mit freundlichen Grüßen, Eure Antifas aus Halle". Im Demonstrationsverlauf griffen vermummte Teilnehmer der Gegenveranstaltung Versammlungsteilnehmer der "Brigade Halle" an. Am 10. Juni wurden an der Martin-Luther-Universität HalleWittenberg Handzettel mit dem Titel "Achtung, Neonazi im Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 109 LINKSEXTREMISMUS Seminar" aufgefunden, auf denen mutmaßliche Rechtsextremisten samt Name und Foto veröffentlicht wurden. Der Text endet jeweils mit der Aufforderung: "Wir bitten deshalb Studierende, Dozenten und Professoren der Universität den Neonazis endlich energisch entgegenzutreten". Am 16. Juni wurden diese "Outings" mit dem Verfasser "Antifa Halle" textidentisch auf der Plattform "linksunten.indymedia" eingestellt. Antifarecherche gehört zu den Instrumentarien der Antifaszene in ihrem "Kampf" gegen Rechtsextremismus. Solche Outings werden von Autonomen durchaus als indirekte Aufforderung zur Gewalt gegen die genannten Personen gesehen. Am Abend des 12. November kam es in Magdeburg zu einem besonders schweren Fall des Landfriedensbruchs. Nach einer Auseinandersetzung zwischen zwei Personen in einem Spätverkauf erschienen dort etwa 20 teilweise vermummte Personen und attackierten die Anwesenden mit Schlägen, Tritten, Latten und Pfefferspray. Drei Geschädigte erlitten hierbei massive Verletzungen. Im Anschluss entfernte sich die Tätergruppe vom Tatort. Einige dieser Personen wurden von der Polizei in dem an diesem Tag neu eröffneten "ArbeiterInnenund Jugendzentrum ALEX" (sog. "Infoladen ALEX") 37 in Magdeburg festgestellt. Bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten wurden Pfeffersprays, Vermummungsgegenstände und Betäubungsmittel aufgefunden und sichergestellt. Mit dem "Infoladen ALEX" sollte ein weiterer Treffpunkt auch der linksextremistischen Szene in Magdeburg-Stadtfeld etabliert werden. Eine Eigendarstellung der Szene zum Projekt sowie zu dem Geschehen wurde im Internet unter der Überschrift "Stellung37 Ankündigung auf https://facebokk.com/ajzalex, abgerufen am 09.09.2016 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 110 LINKSEXTREMISMUS nahme zum Angriff der Polizei auf die Eröffnungsfeier vom ArbeiterInnenund Jugendzentrum ALEX" eingestellt. Man werte die Ereignisse als "einen konkreten Angriff auf... unsere Projekte der Selbstorganisierung". Man werde sich "von dieser Denunziationsund Kriminalisierungskampagne" nicht einschüchtern lassen. Mittlerweile wurden dem Verein die Räumlichkeiten von dem privaten Vermieter gekündigt. Die Verfasser "ALEXUnterstützerinnen" riefen in einem Internetbeitrag mit der Überschrift "[Magdeburg] Kämpferisch ins Jahr 2017 - Solidarität Aufbauen" zu einer so genannten "Silvester-Demonstration" auf. Sie solidarisierten sich mit dem "AJZ Alex" und den Protesten gegen die so genannte "Verdrängung mit dem Gummiknüppel der Polizei." Gegen Ende des Beitrages hieß es: "...So wie die Verdrängungsprozesse, Mietwucher, Repression und Rassismus Angriffe auf uns alle sind, ist unser Widerstand auf der Straße die Stimme der Ausgebeuteten und der unteren Klasse". Die Demonstration am 31. Dezember in Magdeburg mit einer Beteiligung von ca. 60 Personen verlief störungsfrei. Herausragende Straftaten Am 16. Januar waren in Magdeburg anlässlich des 71. Jahrestages der Bombardierung der Stadt verschiedene Veranstaltungen, darunter ein Aufzug der rechtsextremistischen Szene, zu verzeichnen. Zehn Teilnehmer dieses Aufzuges fuhren nach dessen Beendigung gemeinsam mit der Bahn von Magdeburg nach Oschersleben (Bördelandkreis). Auf dem dortigen Bahnhofsvorplatz wurden sie von einer Gruppe aus 20 bis 25 vermummten und mit Baseballschlägern, Eisenstangen und Teleskopschlagstöcken ausgerüsteten Personen unmittelbar und mit äußerster Brutalität angegriffen. Ein Geschädigter erlitt dabei lebensbedrohliche Kopfverletzungen und war erst nach einer Notoperation außer Lebensgefahr. Drei weitere Geschädigte erlitten bei dem Angriff teilweise Verletzungen am Kopf, Platzwunden, Prellungen sowie ein ausgekugeltes Schultergelenk. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 111 LINKSEXTREMISMUS Die Angreifer entfernten sich im Anschluss in unbekannte Richtung. Innerhalb der linksextremistischen Szene gab es zu diesem Übergriff keine öffentliche Stellungnahme. Unbekannte Täter setzten am 8. September sieben Dienstfahrzeuge der Bundespolizei, sechs Fahrzeuge der DB AG und fünf Privatfahrzeuge in Brand. Die Kfz waren auf einem Parkplatz am Hauptbahnhof in Magdeburg abgestellt, der überwiegend für Dienstfahrzeuge vorgesehen ist. Nach dem Brandanschlag wurde auf der Internetplattform "linksunten.indymedia" ein "Selbstbezichtigungsschreiben" (SBS) mit dem Titel "Brandanschlag auf Bundespolizei in MD" veröffentlicht. Zu der Tat bekannten sich "Autonome Gruppen". 38 In dem Schreiben hieß es: "In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag haben wir den Fuhrpark der Bundespolizei in Magdeburg in Brand gesetzt." und "Die Magdeburger Polizei ist jetzt mit Aufräumarbeiten, Spurensicherung und Gebrabbel über linksextreme Gewalt beschäftigt. Dabei stehen die letzten Vorbereitungen für die große Party an." Die Tat und das SBS wurden in Kontext zu einer Veranstaltung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord anlässlich der Berufsnachwuchswerbung am 9. September in Magdeburg gesetzt: "Während also alle mehr Bullen fordern, haben wir mit dem Abbau begonnen. ...Werben für die Bullen......heißt werben für mehr Überwachung, Kontrolle, Unterdrückung. Mehr Racial Profiling, Polizeigewalt, Abschie38 Bildschirmkopie eines Beitrags auf https://linksunten.indymedia.org/node/189999, abgerufen am 09.09.2016 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 112 LINKSEXTREMISMUS bungen. Mehr Einsperrungen von Auffälligen und Widerständigen. Mehr misshandelte Inhaftierte, mehr Tote in den Zellen. Ein Bulle ist kein Freund. Nie." In der linksextremistischen Szene Magdeburgs wurde der Brandanschlag nicht offen diskutiert. Lediglich in der Kommentar-Rubrik für das SBS wurde die politische Vermittelbarkeit diskutiert. Im Wesentlichen einig ist man sich, dass die Polizei als Teil der "Repressionsorgane" ein begründbares Ziel für Anschläge ist. Ein Kommentar lautete: "Den Hass auf die Bullen entwickelt man sowieso immer dann, wenn man ihrer stumpfen Repression ausgeliefert ist...Wir sind Autonome, für uns gilt das Prädikat der Aktion. Schönes Ding, vielen Dank dafür." Am Abend des 23. September warfen in Dessau-Roßlau mehrere unbekannte Personen eine Rauchbombe in den Innenhof eines Wohnhauses, das von einem Mitglied der örtlichen rechtsextremistischen Szene bewohnt wird. Außerdem schlug die Personengruppe mit Eisenstangen gegen das Hoftor des Grundstücks und sprühte AntifaZeichen darauf. Auf "linksunten.indymedia" wurde in einem Artikel über einen "Besuch" bei einem "Neonazikader" berichtet. Da der Betroffene nicht vor das Haus getreten sei, habe man ihm "als kleinen Gruß (...) vorerst nur etwas Sachschaden und ein wenig Rauch" hinterlassen. Am Ende des Artikels hieß es, man werde wieder an ihn "herantreten", falls es weiterhin zu Übergriffen und Bedrohungen durch seine Person vor "Geflüchtetenunterkünften" komme. In Burg kam es im Berichtsjahr vermehrt zu wechselseitigen körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der linksund rechtsextremistischen Szene. Am frühen Morgen des 3. Oktober bremsten in Burg acht vermummte Angehörige der linksextremistischen Szene mit ihrem Transporter einen Pkw aus, der mit zwei Angehörigen der rechtsextremistischen Szene besetzt war. Die vermummten Personen bewarfen den Pkw sofort mit Bierflaschen. Zwei der Angreifer versuchten, die Insassen des Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 113 LINKSEXTREMISMUS Pkw durch die halb geöffnete Seitenscheibe zu treten. In den Mittagsstunden des gleichen Tages kam es erneut zu Auseinandersetzungen. Unter der Überschrift "[BURG] Neonazis zurückgeschlagen - Oliver F. platt gemacht!" veröffentlichten sich "Proletarischer Selbstschutz" nennende Verfasser einen Beitrag auf "linksunten.indymedia" über diese Auseinandersetzungen. So habe man u. a. gegenüber Oliver F. und einer weiteren Person einen antifaschistischen "Platzverweis erteilt, der beide direkt in das Krankenhaus beförderte". Auch in Zukunft sei man gegenüber der rechtsextremistischen Szene "allzeit bereit", um "entsprechend zu reagieren". In den frühen Morgenstunden des 21. Dezember verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf ein Gebäude des Landeskommandos der Bundeswehr, welche diese Liegenschaft erst seit wenigen Tagen nutzte. Es wurde sowohl Feuer auf dem Dach gelegt als auch mittels eines Metalleimers mit brennbarer Flüssigkeit auf einer Fensterbank. Das Feuer griff auf das Gebäude über und verursachte einen Sachschaden in Höhe von 75.000 Euro. Zur Tatzeit befanden sich drei Angehörige der Bundeswehr im Objekt. Diese wurden durch die Brandmeldeanlage geweckt und konnten das Gebäude unverletzt verlassen. Eine Tatbekennung erfolgte nicht, ein linksextremistischer Hintergrund ist aber wahrscheinlich. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Größere Demonstrationen im wichtigsten Themenfeld der linksextremistischen Szene, dem "Antifaschismus", sind nicht gelungen, ebenso wenig die Beteiligung an bundesweiten Bündnissen. Ausgehend von den Erfahrungen im Berichtsjahr ist auch weiterhin zu erwarten, dass Aktionen zur Flüchtlingsthematik als "Kampffeld" betrachtet werden, um sich gegen vermeintliche Rechtsextremisten zu profilieren. Schwerpunkt werden die Aktivitäten vor Ort, im wahrsten Sinne "vor der eigenen Haustür", bleiben. Aktuell gibt es keine Anzeichen, Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 114 LINKSEXTREMISMUS dass Autonome aus Sachsen-Anhalt eine nennenswerte überregionale Bedeutung erringen. Es ist davon auszugehen, dass auch in den kommenden Jahren der gewaltbereite Linksextremismus in SachsenAnhalt von Aktionen der Autonomen dominiert und geprägt wird. Die Gewaltorientierung wird auch weiterhin als hoch eingeschätzt. Neben situativ begründeten Auseinandersetzungen ist auch mit geplanten militanten Aktionen aus Kleingruppen heraus zu rechnen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 115 LINKSEXTREMISMUS "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Sitz Bundesverband: Essen (NRW) Verbreitung bundesweite Verbreitung Gründung 1968 In Sachsen-Anhalt seit 1997 mit einzelnen Parteigruppen existent. Struktur Vorsitzender "Koordinierungsrat" SachsenAufbau Anhalt: Matthias KRAMER (Magdeburg) Parteivorsitzender: Patrick KÖBELE (Essen, NRW) Die Partei gliedert sich in Grund-, Kreis-, Bezirksund/oder Landesorganisationen sowie eine Bundesorganisation. In Sachsen-Anhalt gibt es Strukturen in den Städten Halle (Saale) und Magdeburg sowie in der Region Altmark. Diese Gruppen haben innerhalb der Parteigesamtstruktur noch nicht den Status einer Bezirksbzw. Kreisorganisation erreicht. Daher verfügt die DKP in Sachsen Anhalt lediglich über einen so genannten "Koordinierungsrat". Mitglieder Land: 25 (2015: 25) Anhänger Bund: 3.000 (2015: etwa 3.000) VeröffentWeb-Angebot: lichungen www.dkp.de, www.dkp-online.de, www.dkphalle.de Publikationen: UZ - "Unsere Zeit" (wöchentlich) "Marxistische Blätter" (alle zwei Monate) Kurzportrait Die DKP ist eine marxistisch-leninistische KernZiele organisation. Die Partei versteht sich als politische Nachfolgerin der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Sie verfolgt als Ziel die Errichtung einer sozialistischen/kommunistischen Gesellschaft durch einen revolutioVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 116 LINKSEXTREMISMUS nären Bruch mit den kapitalistischen Machtund Eigentumsverhältnissen. Sie bekennt sich zur Ideologie von Marx, Engels und Lenin als Richtschnur ihres politischen Handelns. Finanzierung Mitgliedsbeiträge, Spenden Grund der Beobachtung Die DKP strebt langfristig einen Systemwechsel in Richtung einer kommunistischen Gesellschaftsordnung an. Durch einen klassenkämpferisch-revolutionären Akt sollen die kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnisse, der Parlamentarismus und der politisch-gesellschaftliche Pluralismus überwunden werden. Gewaltanwendung wird dabei nicht ausgeschlossen. Die Partei ist aufgrund des hohen Durchschnittsalters ihrer Mitglieder, auch in Sachsen-Anhalt, allerdings nicht in der Lage, aktionsorientiert zu agieren und arbeitet daher meist theoriebezogen. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Auf der Internetseite der Hallenser DKP erschien ein Artikel unter dem Thema "Demokratie -Unsere Willkommenskultur heißt 'Zusammen kämpfen!'". Darin wurde ausgeführt: "...Diese soziale Spaltung ist der Nährboden für rechte Rattenfänger von AfD über Pegida bis hin zu den militanten faschistischen Organisationen. Hier liegt die Ursache dafür, dass rechte Aufmärsche Zulauf haben und wieder Flüchtlingsheime brennen. Wir setzen dieser Spaltung unsere Solidarität entgegen. Wir stehen mit den Flüchtlingen auf der gleichen Seite der Barrikade. Wir haben den gleichen Gegner: Die Banken und Konzerne und die in ihrem Interesse regierenden Parteien." Der Artikel endet mit den Worten: "Wir lassen uns nicht spalten. Gemeinsam gegen Rassismus und NATO-Kriege! Gemeinsam für Mindestlohn und bezahlbaren Wohnraum!" Zum "1. Mai" erfolgte ein 4-seitiger Aufruf der DKPGruppierung Halle (Saale) unter dem Motto "Heraus zum Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 117 LINKSEXTREMISMUS 1. Mai! Solidarität mit den Verfolgten! Gemeinsam kämpfen gegen das Kapital" auf der eigenen Internetseite. Darin wurden u.a. eine "Vergesellschaftung der Rüstungsindustrie", ein "Bundesweites Sofortprogramm für den Bau von Wohnungen, Bildungseinrichtungen und Infrastruktur", eine "Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden in der Woche bei vollen Lohnund Personalausgleich", ein Verbot der Leiharbeit gefordert. Abschließend hieß es, dass man über die Ursachsen der Zustände diskutieren müsse - "Wer von der Krise spricht, darf vom Kapitalismus nicht schweigen". Die DKP in Sachsen-Anhalt beabsichtigt, an der Bundestagswahl 2017 teilzunehmen. Das gab sie in einer so genannten Pressemitteilung auf ihrer Internetseite bekannt. Jede Stimme für die DKP sei eine Stimme des Protestes und eine Stimme gegen den Kapitalismus. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die DKP wird ihre seit Jahren vertretene kommunistische Ideologie auch künftig beibehalten. Es gelingt anhaltend nicht, neue Mitglieder zu gewinnen, die Parteifinanzen zu stabilisieren sowie die innerparteilichen ideologischen und strategischen Streitfragen zu klären. Die DKP ist nicht erfolgreich öffentlich wirksam geworden. Tragbare Bündnisse mit bürgerlichen Kräften sind nicht absehbar. Es ist daher nach wie vor nicht erkennbar, dass die DKP eine nennenswerte politische Bedeutung erlangen wird. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 118 LINKSEXTREMISMUS "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Sitz Landesverband Ost: Leipzig (Sachsen) Bundesverband: Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) Verbreitung bundesweit Gründung 1982 In Sachsen-Anhalt seit 1992 mit einzelnen Strukturen existent. Struktur Vorsitzender des Landesverbandes: unbekannt Aufbau Parteivorsitzender: Stefan ENGEL (NordrheinWestfalen) Die Partei ist in mehreren Ebenen organisiert. Betriebsund Wohngebietsgruppen bilden die erste Ebene der Partei. Die zweite Organisationsebene stellen die Ortsgruppen dar. Danach folgt der Kreisverband. Als letzte Ebene folgen die derzeit sechs Landesverbände. Die MLPD hat sich neu strukturiert. Die MLPD Sachsen-Anhalts ist jetzt in einem Landesverband Ost (Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) organisiert. Mitglieder Land: ca. 40 (2015: etwa 50) Anhänger Bund: etwa 1.800 (2015: etwa 1.800) VeröffentWeb-Angebot: lichungen www.mlpd.de, www.rf-news.de Publikationen: "Rote Fahne" (RF) (wöchentlich) "Lernen und Kämpfen" (LuK) (mehrmals jährlich); "Rebell" (zweimonatlich) "Stimme von und für Elbe-Saale" (sporadisch) Kurzportrait Die MLPD ist eine maoistisch-stalinistisch Ziele ausgerichtete Partei, die sich an den Lehren Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 119 LINKSEXTREMISMUS von Marx, Engels, Lenin, Mao Tsetung und Stalin orientiert. Ihrem Verständnis nach kann der Kapitalismus nicht reformiert werden, sondern muss revolutionär durch den "echten" Sozialismus abgelöst werden. Trotz Problemen und Niederlagen habe der Sozialismus seine wirtschaftliche, politische und moralische Überlegenheit über den Kapitalismus bewiesen. Über die Mitgliedschaft ihrer Angehörigen in Gewerkschaften versucht die MLPD, Einfluss auf die Arbeiter als "Subjekt des Klassenkampfes" zu erlangen. Sie unterstützt Forderungen der Gewerkschaften bei Streiks, verbindet deren Ziele aber jeweils mit ihrer fundamentalen Kapitalismuskritik und der Forderung nach einer kommunistischen Gesellschaft. FinanzierungMitgliedsbeiträge, Spenden In wirtschaftlicher Hinsicht stellt die MLPD eine der finanzstärksten linksextremistischen Parteien in Deutschland dar. Grund der Beobachtung Die MLPD versteht sich selbst als Repräsentantin einer radikal linken und revolutionären Perspektive des "echten" Sozialismus, dessen Errichtung sie propagiert. Ihre Zielsetzung ist eindeutig verfassungsfeindlich. So bekennt sie zum Beispiel in der Präambel ihrer Parteistatuten, dass ihr grundlegendes Ziel "der revolutionäre Sturz der Diktatur des Monopolkapitals und die Errichtung der Diktatur des Proletariats" [...] ist. Die Partei will sich zur Erreichung dieses Ziels "... mutig an die Spitze der Kämpfe der Arbeiterklasse stellen".... Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 120 LINKSEXTREMISMUS Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Die MLPD trat nicht zu den Landtagswahlen in SachsenAnhalt an. Auf der Internetseite der Partei erschien allerdings eine "Erklärung zu den Landtagswahlen im März 2016" unter der Überschrift "Es lebe der Internationalismus - Keine Stimme den Reaktionären, Rassisten und Volksverhetzern! Stärkt den Zusammenschluss der revolutionären und fortschrittlichen Kräfte in Deutschland!" Eingangs wird dort geschrieben: "... Um landespolitische Themen geht es beim Wahlkampf der bürgerlichen Parteien nur am Rande. Er ist davon geprägt, dass sich die bürgerlichen Parteien gegenseitig mit reaktionären Vorschlägen überbieten, wie man Flüchtlinge noch schäbiger behandeln und abschrecken kann: Stimmungsmache gegen Flüchtlinge, immer neue Vorschläge, wie sie kriminalisiert werden sollen, und es werden weitere Gesetze zum Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten gefordert." Am Ende der Erklärung wird gefordert: "Alle fortschrittlichen und revolutionären Menschen müssen gegen diese Politik zusammenarbeiten. Sie sind sich an vielen tagesaktuellen Forderungen einig, viele der Beteiligten stehen auch für eine revolutionäre Überwindung des krisenhaften Kapitalismus für eine sozialistische Alternative." Im Mai führte die MLPD vor den Werkstoren der "Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH" in Profen (Burgenlandkreis) mehrere Informationsveranstaltungen durch und verteilte Flyer, in denen es hieß: "Voller Sorge lesen wir - selbst Arbeiter, Angestellte, Ingenieure, Azubis Studenten u.v.m - vom angekündigten Personalabbau bei der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft. Das erzürnt uns einerseits und andererseits wollen wir euch helfen, wenn ihr bereit seid, nicht aufzugeben...Organisier dich in der revolutionären Arbeiterpartei MLPD ..." Die MLPD hat mutmaßlich im November ihren X. Parteitag durchgeführt. Das wöchentlich erscheinende MLPDOrgan "Rote Fahne" veröffentlichte ein ausführliches Interview, in Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 121 LINKSEXTREMISMUS dem der langjährige Parteivorsitzende Stefan ENGEL bekannt gibt, dass er im April 2017 aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz, den er seit Gründung der Partei innehat, an Gabi GÄRTNER abgeben wird. Der X. Parteitag bestätigte laut ENGEL "das bewährte Parteiprogramm von 1982 und erweiterte es um die programmatischen Erkenntnisfortschritte in unserer Arbeit seit dem Jahr 2000". Für GÄRTNER sei vor allem die "marxistisch-leninistische Jugendarbeit als Massentaktik des Parteiaufbaus" wichtig. Die MLPD hält alle vier Jahre einen Parteitag ab, hierbei handelt es sich um das höchste Organ der Partei. Logistische Vorbereitung und Durchführung der Parteitage der MLPD verlaufen äußerst konspirativ. Selbst "einfache" Mitglieder erfahren erst im Nachgang von der Durchführung. So wird in der Ausgabe des Wochenmagazins "Rote Fahne" zwar über die Ergebnisse, nicht aber über Ort und Zeitpunkt der Veranstaltung berichtet. Es ist davon auszugehen, dass die neue Parteivorsitzende an den stalinistischmaoistisch geprägten Führungsstrukturen der Partei festhalten wird. Internetangaben zufolge hat am 2. Oktober in BerlinNeukölln ein so genannter Wahlkongress des "Internationalistischen Bündnisses" stattgefunden. Dieser habe den Antritt des Wahlbündnisses zur Bundestagswahl als "Internationalistische Liste/MLPD" beschlossen. Die MLPD tritt somit nicht als einzelne Partei, sondern als "Zusammenschluss antifaschistischer, klassenkämpferischer, internationalistischer und revolutionärer Organisationen und Einzelpersonen" an. Träger der Liste sind neben der MLPD und REBELL unter anderen auch linksextremistische türkische Organisationen. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die MLPD wird von der seit Jahren vertretenen ideologischen Linie auch zukünftig nicht abweichen. Ihre Attraktivität oder Anschlussfähigkeit wird damit weiterhin äußerst begrenzt sein. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 122 LINKSEXTREMISMUS "Rote Hilfe" (RH) Sitz Sitz des Bundesverbandes: Göttingen Verbreitung Bundesweite Verbreitung Gründung 1975 In Sachsen-Anhalt seit 1996 mit der ersten Ortsgruppe in Halle (Saale) existent. Struktur In Sachsen-Anhalt existieren Ortsgruppe in Aufbau Halle (Saale), Magdeburg und Salzwedel. Bundesweit existieren 50 Ortsgruppen. Die lokalen Gruppen wählen auf Mitgliederversammlungen ihre Abgesandten für die Bundesdelegiertenkonferenz, diese tritt mindestens alle zwei Jahre zusammen. Der Bundesvorstand wird für eine Dauer von zwei Jahren gewählt und organisiert als oberstes Organ der RH deren bundesweite Arbeit. Er tagt mindestens zweimal jährlich, verwaltet die Finanzen des Vereins und gibt dessen Zeitung heraus. Mitglieder Land: etwa 180 (2015: etwa 170) Anhänger Bund: etwa 7.000 (2015: etwa 7.000) VeröffentWeb-Angebot: lichungen www.rote-hilfe.de Publikation: "Die Rote Hilfe" (quartalsweise) Kurzportrait Die "Rote Hilfe e. V" ist nach ihrem SelbstverZiele ständnis eine "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation" zur Unterstützung von Personen, die nach ihrer Auffassung in der "Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden". Dabei vertritt die RH kein eigenständiges weltanschauliches Programm, ist jedoch ein bedeutender Bestandteil Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 123 LINKSEXTREMISMUS der linksextremistischen Szene und wirkt organisationsübergreifend. Die zentrale Haltung besteht in der Überzeugung, einem mittels eines umfassenden Repressionsapparates herrschenden Staat gegenüber zu stehen. Die RH stellt die Sicherheitsund Justizbehörden als Unterdrückungsmittel dar, mit denen der Staat ihm politisch missliebige Personen unterdrückt, kriminalisiert und letztendlich wegsperrt. Dadurch spricht sie der Bundesrepublik Deutschland die Eigenschaft als Rechtsstaat ab und sieht in ihr stattdessen ein Willkürregime. Die RH unterstützt linksextremistische Straftäter auf mehrfache Weise. Mittels Kampagnen sollen die Sicherheitsund Justizbehörden diskreditiert werden. Zudem schult sie zu Straftaten bereite Szeneangehörige darin, das Risiko einer Strafverfolgung zu minimieren. Das wichtigste Vorgehen besteht in der direkten finanziellen Unterstützung linksextremistischer Straftäter. Erkennt die RH eine Person als "Unterstützungsfall" an, so beteiligt sie sich an Prozessund Anwaltskosten. FinanzierungMitgliedsbeiträge, Spenden Vertrieb von Büchern, Broschüren, Info-Material Grund der Beobachtung Die RH ist ein zentraler Bestandteil der linksextremistischen Szene und betätigt sich in deren Kampagnenfeld "Antirepression". Der Verein ist ein organisationsübergreifender Förderer von Straftätern aus den unterschiedlichen Bereichen der linksextremistischen Szene. Damit bekämpft die Vereinigung die Bundesrepublik Deutschland, die sie als einen Willkürstaat darstellt, von dem eine politische Verfolgung ausgeht. Nicht im Rahmen einer Rechtshilfe, sondern zur Bekämpfung dieses Staates berät sie angehende StrafVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 124 LINKSEXTREMISMUS täter dabei, möglichen strafrechtlichen Folgen zu entgehen und ermutigt sie damit zum Handeln. Die RH agiert nicht selbst gewalttätig, allerdings stabilisiert und motiviert sie das Spektrum der zu Straftaten bereiten Linksextremisten, unter Einschluss möglicher Gewalttäter. Sie erfüllt damit eine Gewalt unterstützende Funktion. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Die personell etwa gleich starken Ortsgruppen Halle (Saale), Magdeburg und Salzwedel haben sich im Berichtszeitraum mit verschiedenen Anträgen auf Unterstützung wegen strafrechtlicher Ermittlungstätigkeiten befasst. Bei den Antragstellern handelte es sich zumeist um Personen, gegen die wegen politisch motivierter Straftaten Ermittlungsverfahren eingeleitet worden waren. Einmal mehr wurde damit die enge Verbindung zwischen der RH und der gewaltorientierten linksextremistischen Szene deutlich. Darüber hinaus entfaltete sie keine wesentlichen öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Zunehmende politische Polarisierungen, insbesondere in extremistischen Kontexten, und damit in Zusammenhang stehende strafrechtlich relevante Aktivitäten haben das Interesse gewaltbereiter linksextremistischer Akteure an Unterstützung seitens der RH gesteigert. Ebenso steigt die Bereitschaft, linksextremistische Täter in ihrem vermeintlich "legitimen Widerstand gegen staatliche Repression" zu unterstützen. Personell hat dies zu einem Zulauf geführt. Eine Änderung dieses Handelns der RH ist unwahrscheinlich. Eine Fortsetzung des personellen und finanziellen Wachstumsprozesses der jüngeren Vergangenheit ist zu erwarten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 125 AUSLÄNDEREXTREMISMUS SICHERHEITSGEFÄHRDENDE UND EXTREMI STISCHE BESTREBUNGEN VON AUSLÄNDERN Der Verfassungsschutz beobachtet im nichtislamistischen Ausländer-extremismus in erster Linie sicherheitsgefährdende Bestrebungen im Sinne von SS 4 Abs. 1 Nr. 4 VerfSchGLSA, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) ist nach wie vor die einzige ausländische extremistische Organisation, die in Sachsen-Anhalt über nennenswerte Strukturen verfügt. Unverändert richten ihre Anhänger sich auf die Teilnahme an überregionalen Großveranstaltungen aus, auf denen stets die zentralen Forderungen der Partei nach Anerkennung der kurdischen Identität und Autonomie sowie die Aufhebung des PKK-Verbots propagiert werden. Als nennenswerte Zweigorganisation der PKK hat sich in Sachsen-Anhalt die "Partei der demokratischen Union" (PYD) etabliert. Die PYD wurde 2003 von ehemaligen PKKFunktionären in Syrien gegründet. In ihrer Satzung wird Abdullah ÖCALAN ausdrücklich als Führer aller Kurden anerkannt. Die PKK hat im Berichtsjahr bundesund europaweit sowohl zentrale kurdische Veranstaltungen als auch Versammlungen zu aktuellen politischen Themen organisiert, die hohen Zulauf (zum Teil mit mehreren tausend Teilnehmern) erfuhren. Als Anlässe dieser Aktionen dienten 2016 vorrangig die Situation in den kurdischen Siedlungsgebieten in Syrien und im Irak und darüber hinaus die fortgesetzten militärischen Auseinandersetzungen zwischen den türkischen Streitkräften und der Guerilla der PKK. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 126 AUSLÄNDEREXTREMISMUS "Arbeiterpartei Kurdistans" (kurdisch: "Partiya Karkeren Kurdistan", PKK) weitere ehemalige und bestehende Bezeichnungen: - "Freiheitsund Demokratiekongress" (KADEK) - "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA GEL) - "Gemeinschaften der Kommunen Kurdistans" (KKK) - "Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans"(KCK) Sitz Sitz der Parteiführung in den KandilBergen/Nord-Irak Verbreitung Verbreitung in Kurdistan (Teile der Türkei, Syriens, Iraks und Irans) sowie Europa Gründung 27. November 1978 in der Türkei Struktur Der KCK mit seinem Präsidenten Abdullah Aufbau ÖCALAN stellt das höchste Entscheidungsorgan der PKK dar. Gemeinsame Vorsitzende des KCK sind Cemil BAYIK und Bese HOZAT. In Europa werden die Aktivitäten der PKK maßgeblich von der "Koordination der kurdischdemokratischen Gesellschaft in Europa" (kurdisch: Civaka DemokratA(r)ka Kurdistan, kurz CDK) als politischem Arm der Partei bestimmt. Deren Weisungen werden durch regelmäßig wechselnde Führungskader an die Basis weitergegeben. Die Organisationsstruktur unterteilt das Bundesgebiet in mehrere Regionen, die Eyalets, die wiederum in verschiedene Gebiete (Bölge) aufgehen. Sachsen-Anhalt findet sich hierbei im Gebiet "Sachsen" wieder. Mitglieder Land: etwa 250 (2015: etwa 200) Anhänger Bund: etwa 14.000 (2015: etwa 14.000) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 127 AUSLÄNDEREXTREMISMUS Damit zählt die PKK zu den mitgliederstärksten nichtislamistischen ausländerextremistischen Ausländerorganisationen. VeröffentWeb-Angebote: lichungen diverse Internetauftritte Publikationen mit unterschiedlichen Erscheinungszyklen neben anderen: "Serxwebun" (Unabhängigkeit), "Sterka Ciwan" (Stern der Jugend), "Newaya Jin" (Erlebnisse der Frauen), "Yeni Özgür Politika" (Neue freie Politik) Fernsehsender: "NUCE TV" und "Mednuce" Kurzportrait Abdullah ÖCALAN gründete gemeinsam mit Ziele weiteren Protagonisten im Jahr 1978 die marxistisch ausgerichtete PKK, deren ursprüngliches Ziel in der Gründung eines eigenen kurdischen Staates auf den Gebieten Südostanatolien, Nord-Irak sowie Teilen des westlichen Irans und des nördlichen Syriens bestand. Zur Durchsetzung dieses Ziels rief ÖCALAN 1984 zum bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat auf. Seit 1993 unterliegen die PKK sowie ihre Nachfolgeorganisationen in Deutschland einem Betätigungsverbot, da sich der bewaffnete Kampf in Form von Terroranschlägen gegen türkische Einrichtungen auch auf Deutschland ausweitete. Seit 2002 ist die PKK darüber hinaus bei der Europäischen Union als terroristische Organisation gelistet und nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in ihrer Gesamtheit eine terroristische Vereinigung. Mit der Verhaftung Abdullah ÖCALANs im Jahr 1999 rückte die PKK von ihren separatistischen Zielen ab und bemühte sich seitdem um eine autonome Selbstverwaltung der KurVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 128 AUSLÄNDEREXTREMISMUS den innerhalb der bestehenden Ländergrenzen. Dabei erhebt sie den Anspruch, alleiniger Interessenvertreter der kurdischstämmigen Bevölkerung zu sein. Die nach Abbruch der Friedensverhandlungen neu entbrannte Gewalt zwischen den Guerillatruppen der PKK und dem türkischen Militär nahm 2016 weiter an Intensität zu. In Deutschland bemüht sich die PKK weiterhin um ein gewaltfreies Auftreten, nicht zuletzt um für eine Aufhebung des PKK-Verbots zu werben. Europa und insbesondere Deutschland stellen für die PKK eine unverzichtbare rückwärtige Basis dar, aus der die Organisation einen Großteil ihrer personellen und finanziellen Ressourcen schöpft. Zur Umsetzung ihrer Vorgaben bedient sich die PKK-Führung in Europa und Deutschland der örtlichen kurdischen Kulturvereine, die zu einem großen Teil in der Dachorganisation "Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland" (kurdisch: Navenda Civaka Demokratik ya Kurden li Almanya, kurz NAV-DEM) organisiert sind. Finanzierung Die PKK und ihre Folgeund Nebenorganisationen finanzieren sich zum größten Teil über jährliche "Spendensammlungen" sowie Einnahmen aus dem Verkauf kurdischer Publikationen und Eintrittskarten für diverse Großveranstaltungen. Auch Mitgliedsbeiträge der PKK nahe stehender kurdischer Vereine kommen der Organisation zugute. Die anhaltenden Kämpfe in Nordsyrien, Irak und in den kurdischen Siedlungsgebieten der Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 129 AUSLÄNDEREXTREMISMUS Türkei führten 2016 in der kurdischen Gemeinde zu einer hohen Spendenbereitschaft. Grund der Beobachtung Trotz ihres Kurswechsels Mitte der neunziger Jahre zu weitgehend friedlichem Verhalten in Deutschland stellt die PKK, insbesondere wegen ihrer fortwährenden Bereitschaft zu gewaltorientierten Aktionen zurückzukehren, nach wie vor eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Darüber hinaus setzt die PKK ihre Ziele in der Türkei weiterhin mit Waffengewalt durch, weshalb auch die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sind. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum: Die Aktivitäten der PKK in Deutschland wurden auch 2016 stark von den politischen und militärischen Entwicklungen und Geschehnissen in der Türkei und in Syrien beeinflusst. Die bereits 2015 begonnene militärische Offensive der türkischen Armee gegen kurdische Siedlungsgebiete in der Südosttürkei wurde auch 2016 mit unverminderter Härte fortgeführt. Die "Freiheitsfalken Kurdistans" (TAK), eine Splittergruppe der PKK, reagierte mit mehreren Anschlägen39 zumeist auf türkische Sicherheitskräfte. Ein Ende der Gewaltspirale scheint nicht in Sicht. Die sich dadurch zuspitzende Situation der kurdischen Bevölkerung vor Ort führte bei der kurdischen Diaspora in Deutschland zu unmittelbaren Reaktionen in Form von zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen. Auch in Sachsen-Anhalt beteiligte man sich an den Protesten. So organisierte der PKK nahe Verein "Mezopotamien Kulturhaus e.V." in Halle (Saale) am 15. Januar eine Kundgebung, um auf die prekäre Lage der Kurden im Südosten der Türkei aufmerksam zu machen. 39 23. Dezember 2015: Anschlag auf den Flughafen Istanbul; 17. Februar 2016: Bomben anschlag in Ankara; 13. März 2016: Bombenanschlag in Ankara (Aufzählung nicht ab schließend) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 130 AUSLÄNDEREXTREMISMUS Am 15. Juli kam es in der Türkei zu einem letztendlich gescheiterten Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs. Die Regierungspartei des türkischen Parlaments "Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung" (AKP) und der türkische Staatspräsident Erdogan erklärten den Führer der islamischem Gülen-Bewegung40 Fetullah Gülen zum Verantwortlichen des Putsches. Die darauf folgenden massenhaften Festnahmen innerhalb des Militärs, der Verwaltung und der Medienlandschaft führten zu einer weiteren Verschärfung der Sicherheitslage in der Türkei. Auch in Deutschland kam es in der Folge zu diversen Protestaktionen in Form von Kundgebungen und Demonstrationen von Teilen der türkischstämmigen Bevölkerung. Höhepunkt des in Zusammenhang mit dem Putsch stehenden Versammlungsgeschehens war eine Groß-demonstration am 31. Juli in Köln mit etwa 40.000 Teilnehmern. Die kurdische Diaspora reagierte auf den Putsch zunächst zurückhaltend. Doch mit zunehmender Sorge um ihren in Haft befindlichen Anführer Abdullah ÖCALAN nahmen auch ihre versammlungsrechtlichen Aktivitäten zu. Bundesweit fanden zahlreiche Protestaktionen gegen die Situation ÖCALAN statt. Teil der deutschlandweiten Proteste war auch eine störungsfrei verlaufene Mahnwache am 18. August in Magdeburg unter dem Motto "Freiheit für ÖCALAN". Eine weitere Intensivierung des Demonstrationsgeschehens trat mit der Festnahme mehrerer Abgeordneter der prokurdischen "Partei der demokratischen Völker" (HDP) in der Nacht zum 4. November ein. Diese Maßnahme war möglich geworden, nachdem im Mai dieses Jahres mittels Verfassungsänderung die Immunität von insgesamt 138 Abgeordneten des türkischen Parlaments aufgehoben worden war. Bereits in den Nachtstunden fanden bundesweit 40 Als GülenBewegung wird die religiöse (islamische) Bewegung unter Führung des Fetullah GÜLEN bezeichnet. Die Bewegung betreibt weltweit hunderte Schulen, da ihr Hauptaugenmerk auf der Bildung liegt, weitere Initiativen finden sich in den Bereichen Medien und Wirtschaft. Die türkische Regierung wirft den Anhängern der Bewegung vor, den türkischen Staat unterwandern zu wollen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 131 AUSLÄNDEREXTREMISMUS zahlreiche Spontanversammlungen gegen die Festnahme statt. Auch in Halle (Saale) beteiligten sich am Abend des 4. November etwa 120 Personen an einer Demonstration, organisiert vom Verein "Mezopotamien Kulturhaus e.V." Halle (Saale). Am 5. November konnten in Magdeburg etwa 200 Personen kurdischer Abstammung zu einer Kundgebung mit anschließendem Aufzug mobilisiert werden. Neben den die Proteste auslösenden Themen wurde der Großteil der Veranstaltungen von den klassischen Forderungen der kurdischen Gemeinschaft belegt. Nach wie vor steht dabei die Aufhebung des Verbotes der PKK im Vordergrund, ebenso wie die Forderung um Freilassung Abdullah ÖCALANs. Vermehrt wurde in Bezug auf den Umgang mit der Kurdenproblematik in der Türkei auch Kritik an der Politik Deutschlands geübt. Auch auf den alljährlich stattfindenden kurdischen Großdemonstrationen wurden die Kernthemen aufgegriffen. Beispielhaft sind hier die beiden größten Treffen zu benennen: Das "Newrozfest" (kurdisches Neujahrsfest) am 19. März in Hannover mit etwa 12.000 Teilnehmern sowie das "24. Internationale Kurdische Kulturfestival" am 3. September in Köln mit etwa 28.000 Teilnehmern. Die PKK nutzt diese teilnehmerstarken Veranstaltungen, um gezielte Propagandaarbeit zu leisten. Die sich aufgrund der anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen türkischer Armee und Guerilla der PKK weiter verhärtende Konfrontationslinie zwischen Kurden und Befürwortern der Politik des türkischen Staatspräsidenten Erdogan spiegelte sich in Deutschland wider. Wiederholt kam es insbesondere bei Aufeinandertreffen der beiden Personengruppen im Rahmen von versammlungsrechtlichen Aktionen zu gegenseitigen Provokationen und in weiterer Folge zu gewalttätigen Übergriffen. In mehreren Städten konnte selbst eine erhöhte Polizeipräsenz gewalttätige Auseinandersetzungen nicht verhindern. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 132 AUSLÄNDEREXTREMISMUS Vor dem Hintergrund der anhaltenden Kämpfe der Kurden gegen den sogenannten Islamischen Staat in Syrien sowie des militärischen Vorgehens der türkischen Armee in den kurdischen Siedlungsgebieten der Türkei, bewegen sich die Rekrutierungsbestrebungen der PKK weiterhin auf hohem Niveau. Hier spielt neben den Großveranstaltungen und den klassischen Medien insbesondere das Internet eine herausragende Rolle. Im November kam erstmalig auch ein aus Sachsen-Anhalt stammender junger Mann bei Kämpfen in Nordsyrien ums Leben. Er hatte sich zuvor den "Volksverteidigungseinheiten" (YPG), dem militärischen Arm der "Partei der demokratischen Union"(PYD) in Syrien, angeschlossen. Nachdem bereits 2015 in Rojava (Gebiet der kurdischen Siedlungsgebiete in Nordsyrien) die Autonomie ausgerufen worden war, wurde im März 2016 unter Federführung der PYD eine eigene Förderation gegründet. Ziel dieses Zusammenschlusses ist die Verbindung der drei selbstverwalteten Kantone Rojavas, Kobane, Afrin und Cizire zu einem zusammenhängenden autonomen Gebiet. Mit Bestehen dieser Föderation etablierte sich die PYD auch in Europa weiter, indem sie in mehreren Hauptstädten offizielle Vertretungen eröffnete - so auch in Berlin. Die PYD wurde 2003 von ehemaligen PKK-Kämpfern in Syrien gegründet. Ihrer Satzung nach ist sie Teil der KCK-Rojava (KCKWestkurdistan). Somit untersteht die PYD dem Exekutivrat der PKK. Trotz aller Bemühung einer selbständigen Darstellung ist die Nähe der PYD zur PKK anhand ihrer strukturellen Einbindung, ihrer Ideologie, ihrer Symbolik und Rhetorik sowie vor allem an der Übernahme der Führerfigur ÖCALAN leicht ersichtlich. Die öffentlichen Veranstaltungen und sonstigen Aktivitäten der kurdischen Gemeinschaft in Magdeburg waren größtenteils durch die "PYD Magdeburg" organisiert. Es handelt sich dabei um einen Anfang 2015 gegründeten regionalen Ableger der PYD. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 133 AUSLÄNDEREXTREMISMUS Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die dargestellten Geschehnisse zeigen auf, dass sich die politischen und militärischen Entwicklungen in der Türkei und Syrien unmittelbar auf die Aktivitäten der Anhänger der PKK in Deutschland auswirken. Sämtliche dort bestehenden Konfrontationslinien finden sich hier gleich einem abgeschwächten Spiegelbild wider. Zwar ist die Parteiführung nach wie vor um ein gewaltfreies Auftreten in Deutschland bemüht, um ihr neu erworbenes Ansehen als Streitmacht gegen den Islamischen Staat nicht zu gefährden. Jedoch ist erkennbar, dass es ihr zunehmend schwerer fällt, insbesondere die jugendlichen Anhänger in ihrem Verhalten entsprechend zu beeinflussen. Auch in Sachsen-Anhalt zeigten die Anhänger der PKK/PYD mit demonstrativen Aktivitäten unmittelbare Reaktionen auf die dargestellten Ereignisse in der Türkei und in Syrien, wobei eine teils sehr zeitnahe Mobilisierung von Teilnehmern festzustellen war. Wenn auch bei zunehmender Emotionalisierung, einhergehend mit den voraussichtlich anhaltenden militärischen Auseinandersetzungen in der Türkei, mit mehr öffentlichkeitswirksamen Protesten zu rechnen ist, können mit Blick auf bisherige Veranstaltungen gewalttätige Aktionen eher ausgeschlossen werden. Die PYD Magdeburg hat ihren Status als politische Größe innerhalb der kurdischen Gemeinschaft zumindest in Magdeburg festigen können. Insbesondere durch die Organisation von versammlungsrechtlichen Aktionen trat sie in Erscheinung und verfügte dabei auch über ein nicht unwesentliches Mobilisierungspotenzial. Neben den aus den tagesaktuellen Entwicklungen resultierenden Aktivitäten wird die PKK in Deutschland weiterhin öffentlichkeitswirksam ihre Kernthemen wie die Aufhebung des Betätigungsverbotes, die Freilassung Abdullah ÖCALANs und die Schaffung autonomer kurdischer Gebiete verfolgen. Eine gleichbleibende oder gar zunehmende Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 134 AUSLÄNDEREXTREMISMUS Intensität der Kämpfe in der Türkei und in Syrien wird zu einem hohen Bedarf an Kämpfern und finanziellen Mitteln führen. Diese Tatsache wird sowohl die Rekrutierungsbestrebungen als auch den Spendenbedarf weiter auf einem hohen Niveau halten. Die Beobachtung der PKK sowie ihrer diversen Schwesterund Nebenorganisationen bleibt daher von herausragender Bedeutung für die innere Sicherheit in Deutschland. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 135 ISLAMISMUS ISLAMISTISCHE UND ISLAMISTISCHTERRORISTISCHE BESTREBUNGEN Die seit geraumer Zeit für Deutschland zu verzeichnende Gefahr, von islamistischem Terror getroffen zu werden, konkretisierte sich im Jahr 2016 in mehreren Anschlägen. Die Prognose des Vorjahres hat sich daher leider bestätigt. Die Aktionen wurden überwiegend von allein handelnden Personen bzw. aus einer Kleingruppe heraus verübt. Darüber hinaus kam es zu mehreren Festnahmen wegen tatsächlicher oder vermuteter Anschlagsvorbereitungen. In diesem Zusammenhang sind das von einer jugendlichen Salafistin im Februar begangene Messerattentat auf einen Bundespolizisten im Hauptbahnhof Hannover, der von einer Kleingruppe in Essen im April begangene Sprengstoffanschlag auf einen Sikh-Tempel, der am 18. Juli in einer Regionalbahn nähe Würzburg verübte Axtangriff, der kurz darauf am 24. Juli verübte Selbstmordanschlag in Ansbach, die Festnahme eines tatbereiten Jihadisten am 8. Oktober in Chemnitz sowie schließlich der am 19. Dezember verübte Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt zu nennen. Festzustellen war, dass die dargestellten Taten überwiegend mit einfachen Tatmitteln begangen wurden und die Täter anscheinend den in verschiedenen Aufrufen von terroristischen Organisationen dargebotenen Vorschlägen für Attentate gefolgt sind. Damit setzte sich eine Entwicklung fort, die in einigen von islamistischem Terror betroffenen europäischen Ländern bereits seit langer Zeit eingetreten ist. Festzustellen war ferner, dass die handelnden Personen zwar die unmittelbare Tatausführung in fast allen Fällen allein vollzogen haben, in den meisten Fällen aber eine gewisse Beratung oder Steuerung über Dritte stattgefunden hat. Terrororganisationen insbesondere der sogenannte Islamische Staat (IS) profitierten von Anschlägen nicht nur dann, wenn von ihnen Taten dieser Art in Auftrag gegeben werVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 136 ISLAMISMUS den oder der Täter in Form eines Märtyrervideos sich zur Organisation bekennt. Auch die bloße Reklamation, dafür verantwortlich zu sein, wird als propagandistischer Erfolg verbucht. Bei der Betrachtung der geographischen Verteilung des Anschlagsgeschehens in Deutschland ist ferner erkennbar, dass nicht nur die Metropolen im Fokus stehen. Hinsichtlich der Gefährdung durch den Islamismus ist Sachsen-Anhalt grundsätzlich wie alle anderen Bundesländer betroffen, auch wenn das zu verzeichnende Personenpotenzial mit ca. 150 Personen erheblich geringer als insbesondere in den westlichen Bundesländern ausfällt. Allerdings ist die Anzahl der in Sachsen-Anhalt lebenden Muslime im Rahmen der aktuellen Migrationslage größer geworden. Verbunden damit sind ein gestiegener Bedarf an muslimischen Einrichtungen sowie ein Aufwuchs der islamischen Gemeinden im Land. Gleichzeitig steigt damit auch die Gefahr, dass islamistische Einflüsse auf einen größeren Resonanzboden stoßen. Bei der nachfolgenden näheren Beschreibung der derzeitigen Lage im Phänomenbereich des Islamismus liegt das Hauptaugenmerk in Sachsen-Anhalt auf salafistischen Aktivitäten. Der Salafismus übt auf nach Orientierung suchende Menschen eine hohe Anziehungskraft aus. Auf längere Sicht wird sich diese Entwicklung auch in Sachsen-Anhalt quantitativ manifestieren. Dieser Einschätzung liegt zum Einen die Zunahme der Einwohner von Sachsen-Anhalt mit islamischem Migrationshintergrund zugrunde, von denen ein gewisser Prozentsatz aufgrund kultureller Besonderheiten Nähe zum Salafismus aufweist. Zum Anderen ist die bereits seit Jahren zu beobachtende Anziehungskraft charismatischer salafistischer Prediger zur Rekrutierung von salafistischem Nachwuchs geeignet. Dies betrifft auch nach Orientierung suchende Jugendliche sowohl mit als auch ohne Migrationshintergrund. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 137 ISLAMISMUS Salafistische Bestrebungen Sitz Schwerpunkte in NRW und Ballungszentren Verbreitung In Sachsen-Anhalt keine gefestigten Strukturen Gründung Ursprung im Wahabismus (historische islamistische Strömung in Saudi-Arabien und Ägypten) Struktur In Sachsen-Anhalt sind nur einzelne Aktivisten Aufbau feststellbar Mitglieder Land: ca. 50 (2015: Einzelpersonen) Anhänger Bund: ca. 9.00041 (2015: 7.900) VeröffentWeb-Angebote: lichungen diverse Webseiten sowie soziale Netzwerke Kurzportrait Der Verfassungsschutz versteht unter Ziele "Salafismus" eine besonders radikale Strömung innerhalb des Islamismus. Salafisten streben nach Wiederherstellung des "authentischen Islam" und nach Umsetzung der Scharia, die nach ihrer Auffassung als Gesetz Gottes prinzipiell für die gesamte Menschheit gültig ist. Die Verwirklichung des "authentischen Islam" steht für eine politische Agenda, die in der Errichtung eines islamischen "Gottesstaates" münden soll. FinanzierungSpenden Grund der Beobachtung Das verfassungsschutzrelevante salafistische Spektrum wird in die Kategorien "jihadistischer Salafismus" und "politischer Salafismus" unterteilt. Beiden Strömungen gemein sind ideologische Grundlagen und die grundsätzliche Befürwortung von Gewalt, die Übergänge zwischen beiden 41 Stand Dezember 2016 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 138 ISLAMISMUS Richtungen sind fließend. Politische Salafisten vermeiden offene Aufrufe zur Gewalt, sie wollen die Gesellschaft von innen heraus durch Missionierung islamkonform umgestalten. Jihadistische Salafisten fordern die unmittelbare Gewaltanwendung zur Durchsetzung ihrer Ziele. Ihnen ist gemein, dass sie die islamische Religion als Ideologie verstehen, die es kompromisslos durchzusetzen gilt. Die von Gott gegebene Ordnung und die daraus abgeleiteten Regeln sollen über allem stehen. Salafismus steht damit im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen der Volkssouveränität, der Trennung von Staat und Kirche, der freien Meinungsäußerung und Religionsausübung sowie der allgemeinen Gleichberechtigung. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum Missionierungen In Sachsen-Anhalt bewegt sich die Zahl der Salafisten im mittleren zweistelligen Bereich mit steigender Tendenz. Zumeist sind es politische Salafisten, die vom am 15. November 2016 vom Bundesminister des Innern verbotenen Verein "Die Wahre Religion" beeinflusst worden sind. 43 42 Dieser Verein ist bis zu seinem Verbot in der Öffentlichkeit hauptsächlich durch die Verteilung deutschsprachiger Koranexemplare hervorgetreten. Diese "LIES!" genannte Koranverteilaktionen werden in Innenstädten durchgeführt. 42 Logo von "Die Wahre Religion" 43 LIES!Plakat; Werbung für die LIES!Kampagne Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 139 ISLAMISMUS Diese Kampagne spielt eine wichtige Rolle bei der Radikalisierung junger Muslime. Sie ist inzwischen Teil einer salafistischen Jugendkultur geworden. Radikalisierte Muslime sind von LIES! maßgeblich beeinflusst worden. Im Jahr 2016 wurden in Sachsen-Anhalt bzw. in anderen Bundesländern unter Beteiligung hier ansässiger Salafisten fünfzehn LIES!-Aktionen durchgeführt. Das Verteilen von Koranen allein ist juristisch unbedenklich und unterliegt der Religionsfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes. Die LIES!-Aktion als solche und das Verteilen von Koranen im Rahmen dieser Aktion sind allerdings klar salafistisch. Sie dienen der Heranführung und perspektivischen Bindung der Interessenten an die salafistische Szene. Die Auswertung von Ausreisefällen in das sogenannte Jihadgebiet hat gezeigt, dass die LIES!-Aktion zumindest als ein Baustein bei der Radikalisierung von Betroffenen anzusehen ist. Der "Islamische Staat" (IS) Der IS ist die derzeit bekannteste jihadsalafistische Organisation, die auch Jugendliche aus Sachsen-Anhalt angezogen hat. Da Deutschland an Waffenlieferungen und Ausbildungmaßnahmen für Gegner des IS beteiligt ist, ist eine Gefährdungslage für deutsche Einrichtungen und Interessen entstanden. Der IS ruft explizit zum Kampf u. a. gegen Deutschland auf, wodurch mehrere Anschläge inspiriert wurden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 140 ISLAMISMUS 44 45 Bundesweit lagen zum Ende des Berichtsjahres Erkenntnisse zu etwa 890 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien/Irak gereist sind, um dort auf Seiten des IS und anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilzunehmen oder diese in sonstiger Weise zu unterstützen. Ferner lagen zu ca. 140 Personen Hinweise vor, dass diese in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen sind. Als Ergebnis der kontinuierlichen Ausund Bewertung der Erkenntnislage zu zurückgekehrten Personen verfügten die Sicherheitsbehörden zu über 70 Personen über Erkenntnisse, wonach sie sich aktiv an Kämpfen in Syrien oder im Irak beteiligt oder hierfür eine Ausbildung absolviert haben. Zudem wurden weitere Ausreiseplanungen bekannt. Die deutschen Sicherheitsbehörden sind bestrebt, möglichst 44 Ausschnitt einer Titelseite eines ISOnlinemagazins, das den Anschlag auf den Weih nachtsmarkt in Berlin am 19.12.2016 thematisiert 45 TwitterMeldung einer ISMedienstelle nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 141 ISLAMISMUS viele dieser Ausreiseplanungen frühzeitig wahrzunehmen, um deren Verwirklichung zu unterbinden. Die Anzahl der behördlich verhängten Ausreiseverbotsverfügungen bewegte sich im niedrigen dreistelligen Bereich. Bearbeitung von Gefährdungshinweisen Wie bereits im Vorjahr war auch 2016 ein stetiger Aufwuchs von zumeist unspezifischen Hinweisen auf vermeintliche oder tatsächliche Angehörige islamistischer Terrorgruppen zu verzeichnen. Eine Vielzahl dieser Hinweise auf angebliche Jihadisten oder Sympathisanten jihadistischer Gruppen hatte einen Flüchtlingsbezug. Oftmals wurden in den Hinweisen konkrete Personen benannt, die häufig auch tatsächlich festgestellt werden konnten. Eine zufriedenstellende Bewertung der eingehenden Hinweise ist problematisch, da die genannten Personen in der Regel keine Vorgeschichte in Deutschland haben, die Hinweise wenig detailreich sind und zum Teil aus einer Denunziation entspringen. In den meisten Fällen lässt sich die jeweils zu Grunde liegende Bezichtigung nicht bestätigen. In wenigen Fällen war aber ein realer Hintergrund zu erkennen. Diese Fälle mündeten dann in sogenannte Gefahrenabwehrverfahren bei der Polizei bzw. in strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Weitere Einzelheiten können wegen der zum Teil noch andauernden verfassungsschutzrelevanten Überprüfungen oder polizeilichen und staatsanwaltlichen Verfahren an dieser Stelle nicht dargestellt werden. Die sehr aufwändige Bearbeitung dieser Hinweise stellt mittlerweile einen wesentlichen Arbeitsschwerpunkt der Verfassungsschutzbehörde dar und erfordert den Einsatz umfangreicher personeller Ressourcen. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Die Zahl der Aktivisten des politischen Salafismus in Sachsen-Anhalt wird 2017 voraussichtlich nicht sprunghaft ansteigen und sich weiterhin im zweistelligen Bereich bewegen. Zunehmen wird allerdings die bisher nur vereinzelt zu Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 142 ISLAMISMUS beobachtende versuchte Einflussnahme auf Moscheen sowie die Vernetzung mit Salafisten in anderen Bundesländern. Es muss damit gerechnet werden, dass der IS sich bietende Tatgelegenheiten gegen deutsche Interessen auch im Bundesgebiet nutzen wird. Dies muss nicht notwendigerweise durch sogenannte Rückkehrer geschehen, die nach einer ideologischen und paramilitärischen Schulung beim IS - oder die durch Kriegserfahrungen nachhaltig radikalisiert und verroht sind - in ihr Herkunftsland zurückkehren und operativ tätig werden. Ebenso müssen Personen in Betracht gezogen werden, die entweder behördlicherseits an einer geplanten Ausreise gehindert wurden oder deren Reisewunsch in ein Jihadgebiet aus anderen Gründen scheiterte und die ihren Wunsch nach einer Beteiligung am Jihad nun mit einfachen Tatmitteln im Inland umsetzen. Die geschickte mediale Darstellung der Erfolge des IS und der Anschläge in zum Feind erklärten Ländern wird 2017 fortgesetzt werden und zur Motivationsquelle für Aktionen von Gruppen oder Einzeltätern werden, die mit herkömmlichen nachrichtendienstlichen Mitteln nur eingeschränkt identifiziert oder beobachtet werden können. Ferner wird eine weitere militärische Schwächung und territoriale Eingrenzung des IS im Jihadgebiet nicht bedeuten, dass die jihadistische Internetpropaganda und die mit ihr verbundenen Zielrichtungen gleichermaßen zurückgedrängt werden könnten. Vielmehr steht zu befürchten, dass das Wirken des "Cyber-Kalifats" im Wesentlichen auch ohne das Bestehen von staatsähnlichen Strukturen fortgeführt werden wird. Eine militärische Schwächung des IS und anderer jihadistischer Gruppen sowie der Verlust von deren Operationsgebieten kann auch dazu führen, dass vermehrt ehemalige Kämpfer dieser Einheiten als Flüchtlinge nach Europa streben und hier als Personen mit ihren Kampferfahrungen und Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 143 ISLAMISMUS ihrer jihadistischen Grundeinstellung das sicherheitskritische Personenpotenzial erhöhen. Als besonders gefährdet für islamistische Radikalisierung ist darüber hinaus die Gruppe der muslimischen Asylbegehrenden und Schutz-suchenden anzusehen, auch wenn diese Personen zunächst einmal keine Berührung mit islamistischen Organisationen hatten. Unter dem Deckmantel vermeintlich humanitärer Hilfeleistung gelingt es islamistischen bzw. salafistischen Gruppen, Kontakt zu diesem Personenkreis aufzubauen und dort ihre Ideologie zu verbreiten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 144 ISLAMISMUS "Gemeinschaft der Verkündigung der Mission" (Urdu: "Tablighi Jama'at", TJ) Sitz Transnationale Massenbewegung mit drei Verbreitung religiösen Zentren in Neu-Delhi (Indien), Dhaka (Bangladesch) und Raiwind (Pakistan) Gründung 1926 in Dehli (Indien) Struktur Einzelne TJ-Akteure als Anlaufpunkte für Aufbau Missionierungsbestrebungen der Organisation Mitglieder Land: Im unteren zweistelligen Bereich. Anhänger Bund: Ca. 650 Veröffent- - lichungen - Kurzportrait Ca. 12. Mio. Anhänger weltweit folgen einem Ziele Führungszirkel (Schura) sowie den drei o. a. religiösen Zentren. Das Islamverständnis der TJ ist auf die islamische Frühzeit ausgerichtet und zielt darauf ab, eine nach diesem Verständnis genehme Herrschaft zu errichten. Weltliche Prinzipien werden abgelehnt und es erfolgt eine Abgrenzung gegenüber Nichtmuslimen. Auf Grund dieser Haltung wird die Bildung von Parallelgesellschaften begünstigt und ein Klima geschaffen, welches die Radikalisierung fördern kann. In Deutschland koordinieren zentrale Akteure über informelle Kontakte in einem hierarchisch aufgebauten Netzwerk die Arbeit der TJ. Als wesentliche Schwerpunkte werden dabei die Missionierung, die Gewinnung neuer Anhänger sowie die ideologische Schulung der Mitglieder betrieben. Finanzierung Spenden Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 145 ISLAMISMUS Grund der Beobachtung Die TJ propagiert eine wörtliche Auslegung des Korans und der Sunna, eine rigorose Abgrenzung zu Nichtmuslimen und eine Ausgrenzung von Frauen von der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe. Die absolute Ausrichtung am und Hinwendung zum Religionsstifter Mohammed drückt sich über ein detailliertes und verbindliches Regelwerk für das Verhalten im Alltag und über die traditionelle Gebetskleidung aus. Integrationsbemühungen werden konterkariert. Darüber hinaus wird ein Milieu geschaffen, das anfällig für Radikalisierungsprozesse macht. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum In Sachsen-Anhalt waren im Berichtszeitraum einzelne Aktionen von TJ-Gruppen festzustellen. In der Regel wurden von diesen Personen Straßenmissionierungen durchgeführt. Ausgangspunkt für die Aktivitäten waren verschiedene Moscheen im Land, die für die Gruppe auch als Übernachtungsort dienten sowie für Veranstaltungen genutzt wurden. Darüber hinaus wurde bekannt, dass TJ-Anhänger auch Kontakte zu Geflüchteten aufgenommen haben. Hier ist davon auszugehen, dass diese Kontakte auch der Verbreitung der TJ-Ideologie gedient haben. Bewertung, Tendenzen, Ausblick Es ist davon auszugehen, dass die TJ ihre Aktivitäten fortsetzt und verstärkt. Mit der Zuwanderung von Muslimen nach Deutschland erhöht sich der potentielle Adressatenkreis für Missionierungsbestrebungen der TJ. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 146 SCIENTOLOGY ORGANISATION "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) Sitz Los Angeles (USA) 46 Verbreitung "Scientology-Kirche Deutschland" (SKD) München weitere Niederlassungen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Main),Hamburg, Hannover, und Stuttgart Gründung 1954 in den USA von Lafayette Ronald HUBBARD 1970 erste Niederlassung in Deutschland Struktur Die Scientology-Organisation (SO) ist eine Aufbau internationale Organisation mit strikter Hierarchie und totalitärem Anspruch. Deutschland nimmt in Europa eine herausragende Bedeutung ein. Dachverband in Deutschland ist die "Scientology-Kirche Deutschland" (SKD) mit Sitz in München. Sie betreibt sieben "Kirchen", darunter zwei "Celebrity Centres" für die Gewinnung und Ausbildung von Mitgliedern. Die Aufbauen der SO sind nur scheinbar selbständig, sie sind in das weltweite, aus den USA gesteuerte System eingebunden. Nebenorganisationen der SO : "Office of Special Affairs"(OSA), "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (KVPM), "World Institute of Scientology Enterprise"(WISE), "Applied Scholastics" (ApS), 46 https://de.wikipedia.org/wiki/Scientology (abgerufen am 11.01.2016). Das "S" steht für Scientology. Das untere ARC Dreieck steht für Affinität, Realität und Kommunikation (Communication), das obere KRCDreieck steht für Wissen (knowledge), Verantwortung (responsibility) und Kontrolle (control). Das ScientologyKreuz: Die acht Enden des Kreuzes stehen für die "acht Dynamiken". Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 147 SCIENTOLOGY ORGANISATION Criminon, Narconon, "Sag NEIN zu Drogen - Sag JA zum Leben", "Jugend für Menschenrechte", "The Way to Happiness Foundation" (TWTHFoundation) Mitglieder Sachsen-Anhalt: im unteren einstelligen Anhänger Bereich bundesweit: 3.500 VeröffentWeb-Angebot: lichungen www.scientology.de Internationale Publikationen: Impact, Scientology News, Celebrity, Source, Freewinds, OT-Universe, The Auditor, Advance. deutschsprachige Publikation: Freiheit Kurzportrait Nach der unabänderlichen und bindenden Ziele Ideologie von HUBBARD wird der "ClearPlanet" angestrebt: Alle Menschen gehören der scientologischen Gesellschaft an. SO strebt die Weltherrschaft an. Die Einteilung der Menschen erfolgt in "Aberrierte", d.h. Nicht-Scientologen, geistig Gestörte, denen die Menschenrechte eingeschränkt werden müssen und "Nichtaberrierte". SO will Einfluss auf die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik ausüben, um die scientologische "Ethik" durchzusetzen, insbesondere sollen Positionen, die sich gegen Scientology richten, beseitigt werden. Finanzierung Vertrieb von kostenpflichtigen Kursen und Materialien, Spenden Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 148 SCIENTOLOGY ORGANISATION Grund der Beobachtung Die Lehre der SO stellt eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung dar. Nicht nur Einschränkungen wesentlicher Grundund Menschenrechte - wie Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung - sind Konsequenzen der Lehre, sondern es wird auch eine Gesellschaft ohne allgemeine und gleiche Wahlen angestrebt. Zum Erreichen der Ziele verfolgt die Organisation zumeist verdeckt die Beeinflussung sowohl der Gesellschaft und Wirtschaft als auch der Politik. Mit der Entscheidung des OVG Münster vom 12. Februar 2008 ist die Rechtmäßigkeit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bestätigt worden. Ereignisse und Entwicklungen im Berichtszeitraum In Sachsen-Anhalt hat die SO zunehmend Probleme bei der Mitglieder-werbung, selbst einstige Interessenten haben sich von SO wieder abgekehrt. Die Expansionsbestrebungen der SO bestehen in Deutschland jedoch fort. Bewertung, Tendenzen, Ausblick SO unternimmt weiterhin Anstrengungen, um gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen und ist unverändert bestrebt, die Organisation zu vergrößern und die finanziellen Einnahmen zu erhöhen, um ihr politisches Fernziel, eine scientologische Gesellschaft zu errichten, abzuschließen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 149 SPIONAGEABWEHR SPIONAGEABWEHR Die Nachrichtendienste vieler Staaten haben die Aufgabe, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militärtechnologie anderer Länder auszuforschen. Ihr Ziel ist es, die Erkenntnisse selbst zu nutzen oder die Möglichkeit zu haben, andere Staaten zu sabotieren. Politische Spionage ist auf Außen-, Europaund Bündnispolitik sowie auf die Wirtschaftsund Energiepolitik Deutschlands gerichtet. Die Bundesrepublik Deutschland ist als weltpolitischer Akteur und wegen ihrer Rolle in der Europäischen Union und der NATO sowie als Standort zahlreicher Unternehmen der Spitzentechnologie sehr attraktiv für fremde Nachrichtendienste. Die Spionageabwehr beschäftigt sich mit der Aufklärung, Abwehr und Verhinderung von Spionageaktivitäten fremder Nachrichtendienste gemäß SS 4 Abs. 1 Nr. 3 VerfSchG-LSA. Spionage als politisches Hilfsmittel Für Regierungen nahezu aller Staaten sind Informationen aus dem Ausland von entscheidender Bedeutung. Durch die unberechtigte und geheime Informationsbeschaffung erlangen andere Staaten Vorteile in politischen, militärischen, strategischen und wirtschaftlich-technologischen Zusammenhängen. Mit der Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage eng verbunden ist die Proliferation, also die Weiterverbreitung von Entwicklungen und Produkten, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen oder ihrer Trägersysteme geeignet sind. Proliferation ist ein globales Sicherheitsproblem. Nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland gehen von einer Vielzahl ausländischer Nachrichtendienste aus. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Nachrichtendienste einiger bestimmter Staaten in besonderer Weise Spionageaktivitäten gegen unser Land entfalten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 150 SPIONAGEABWEHR Eine herausragende Rolle spielen unverändert chinesische und russische Nachrichtendienste. Ein weiteres Ausforschungsziel fremder Nachrichtendienste sind systemoppositionelle Gruppen aus ihren Heimatländern, die in Deutschland leben. In der Oppositionellenausspähung sind insbesondere syrische und iranische Nachrichtendienste aktiv. Informationsbeschaffung durch Spionage Fremde Nachrichtendienste betreiben Spionage mit hohem organisatorischem und finanziellem Aufwand. Über getarnte Stützpunkte, sogenannte Legalresidenturen, befinden sich nachrichtendienstliche Zentralen in Medienagenturen, Konsulaten und Botschaften oder staatsnahen Unternehmen, die von dort nachrichtendienstliche Aktivitäten entwickeln, Agenten rekrutieren und führen. Darüber hinaus setzen Nachrichtendienste sogenannte "Illegale" ein, die unter falscher Identität autark und ohne Anbindung an die Legalresidenturen ihrer geheimdienstlichen Tätigkeit nachgehen. Allerdings steht ein großer Teil der relevanten Informationen den fremden Nachrichtendiensten auch offen über das Internet und anderen Medien, auf Messen und Tagungen zur Verfügung. Diese Informationen werden zielgerichtet und systematisch erfasst und ausgewertet. Fremde Nachrichtendienste nutzen zudem Delegationsbesuche und Gespräche mit Wissensträgern, um Informationen zu gewinnen. Nicht offen zu erlangende Informationen werden dann verdeckt beschafft, insbesondere über die Pflege von privaten Kontakten und die direkte oder indirekte Abschöpfung der Kontaktpersonen bis hin zu konspirativen Vorgehensweisen unter einer Legende. Im Ausland können für deutsche Geschäftsreisende belastende Umstände und persönlich kompromittierende Situationen herbeigeführt werden, um Informationsund Wissensträger erpressbar zu machen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 151 SPIONAGEABWEHR Russische Nachrichtendienste Trotz angespannter sozialer und wirtschaftlicher Lage gelang es Russland, seine eigene Position im Innern zu festigen. Obwohl sich die Russische Föderation traditionell als Teil Europas betrachtet, steht sie dem Westen kritisch gegenüber. Politisch ist das russische Regime zunehmend von den westlichen Ländern abgekoppelt und die wirtschaftlichen Sanktionen führten zu einer erkennbaren Verschlechterung der ökonomischen Lage des Landes. Seit Beginn des Ukraine-Konflikts sorgt sich Russland um seine Einflussmöglichkeiten in dem Nachbarland. Russland ist bestrebt, seinen historisch gewachsenen Einfluss in der Ukraine zu erhalten und auszubauen. Die Nachrichtendienste genießen in der Russischen Föderation einen hohen Stellenwert und dienen der Staatsführung zur Durchsetzung der Regierungspolitik. Drei Nachrichtendienste arbeiten aktiv gegen deutsche Sicherheitsinteressen, das sind SWR47, FSB48 und GRU49. Ihr Interesse liegt insbesondere an der Ausforschung der internationalen Sicherheitspolitik im Kontext zu aktuellen Krisenherden, Initiativen und Perspektiven der europäischen Integration im Hinblick auf die baltischen Staaten oder die Annäherung des westlichen Balkans an die Europäische Union. Ein weiteres Aufklärungsgebiet bildet die europäische Haltung zur politischen Entwicklung und zum Wandel in Osteuropa. Hierbei ist eine Kontinuität in den Zielrichtungen russischer Nachrichtendienste feststellbar. In Russland selbst richten die Nachrichtendienste ihren Blick auf Personen, die sich beruflich oder privat für längere Zeit dort im Land aufhalten. Persönliche Daten in Visaanträgen, Grenzkontrollen sowie die Internetund Telefonüberwa47 SWR: Sluschba Wneschnei Raswedki - russischer Auslandsnachrichtendienst. 48 FSB: Federalnaja Sluschba Besopasnosti - Inlandsgeheimdienst mit Führung von Ge genspionage. 49 GRU: Glawnoje Raswedywatelnoje UprawlenijeMilitärischer Auslandsnachrichten dienst. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 152 SPIONAGEABWEHR chung liefern dabei notwendige Informationen. Persönliche Schwächen, besonders aber tatsächliche oder vermeintliche Verstöße gegen russische Gesetze und Bestimmungen, dienen dabei als Druckmittel. Chinesische Nachrichtendienste Die Befugnisse des Ministeriums für Staatssicherheit MSS 50 wurden deutlich erweitert. Dazu kommen nachrichtendienstliche Aktivitäten, die vom Militärischen Nachrichtendienst MID51, vom Ministerium für Öffentliche Sicherheit MPS52 und vom "Büro 610"53 organisiert werden. Die Beschaffungsbemühungen der chinesischen Nachrichtendienste beschränken sich nicht nur auf den unautorisierten Wissensund Technologietransfer. Als aufstrebende politische und wirtschaftliche Macht stehen wie bisher ausgewählte deutsche Firmen und Hochschuleinrichtungen im Interesse der Nachrichtendienste, davon ist auch für das Land Sachsen-Anhalt auszugehen. Die Spionageabwehr sieht einen weiteren nachrichtendienstlichen Schwerpunkt in der Bekämpfung der von der Kommunistischen Partei Chinas als Bedrohung betrachteten und von ihr unter der Bezeichnung "Fünf Gifte" als staatsfeindlich beschriebenen Gruppen, zu denen die nachfolgenden Bestrebungen und Vereinigungen zählen: Mitglieder der turkstämmigen Vereinigung der (muslimischen) Uiguren, Anhänger der Eigenständigkeit Tibets und Taiwans, Praktizierende der Falun Gong-Bewegung und Anhänger der Demokratiebewegung. Durch Infiltration oder über Quellenführung gelingt es den chinesischen Nachrichtendiensten, Personen und Gruppen aus der Oppositionellenszene auszuforschen und Einblick in die Strukturen zu nehmen. Mit den gewonnenen Er50 MSS: Ministry of State Security. 51 MID: Military Intelligence Department. 52 MPS: Ministry of Public Security. 53 Der Name "Büro 610" geht auf das Gründungsdatum des Büros zurück (10.06.1999). Hauptaufgabe ist die Bekämpfung der regimekritischen Meditationsbewegung Falun Gong. Die Verwaltungs, Justiz und Polizeibehörden arbeiten dem "Büro 610" zu. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 153 SPIONAGEABWEHR kenntnissen sind die Sicherheitsbehörden in China besser in der Lage, gegen diese Bestrebungen vorzugehen. Westliche Nachrichtendienste Eine effektive Spionageabwehr muss die Aktivitäten aller fremden Nachrichtendienste im Blick haben. Diese sogenannte 360-Grad-Bearbeitung wurde neu ausgerichtet. Die Spionageabwehr muss sich auf den grundlegenden Wandel durch Globalisierung, geopolitische Veränderungen und variierende Bedrohungsszenarien einstellen. Der Verfassungsschutz geht gemäß seinem gesetzlichen Auftrag deshalb jedem Anfangsverdacht von Spionage nach. Aktivitäten von Nachrichtendiensten im Kontext der Flüchtlingsbewegungen Die Lage im syrischen Bürgerkrieg spitzte sich auch 2016 weiter zu. Aufgrund der Flüchtlingssituation ist davon auszugehen, dass sich auch die nachrichtendienstlichen Aktivitäten Syriens in Deutschland verstärken werden. Mit der sich in Deutschland vergrößernden Exilgemeinde könnten neue Ausforschungsmethoden über syrische oppositionelle Aktivitäten zur neuen Zielvorgabe für den syrischen Dienst in Deutschland werden. Schwerpunkte der Beschaffungsaktivitäten des iranischen Inund Auslandsdienstes Ministry of Information and Security (MOIS) orientierten sich an den politischen Vorgaben und wirtschaftlichen Interessen des Landes. Traditionell ist die Überwachung und Bekämpfung der iranischen Opposition im Inund Ausland ein wichtiger Aufgabenschwerpunkt. Vor diesem Hintergrund werden Mitglieder der oppositionellen Volksmodjahedin Iran-Organisation (MEK), die aus humanitären Gründen in Deutschland aufgenommen werden, vom MOIS beobachtet oder durch gezielte Propaganda diskreditiert. Auch arabische sowie nordafrikanische Nachrichtendienste werden in Deutschland in erster Linie in der Ausspähung von Oppositionellen aktiv. An dieser Strategie haben auch politiVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 154 SPIONAGEABWEHR sche Umwälzungen im arabischen und nordafrikanischen Raum nichts geändert. Wirtschaftsschutz Der Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland und seiner Bürgerinnen und Bürger hängt in großem Maß vom Export konkurrenzfähiger, innovativer Produkte ab. Unsere Partner in der Welt partizipieren von unserem Know-how, indem sie deutsche Produkte kaufen oder qualitativ hochwertige Vorprodukte liefern. Dabei bedingt jedes Vertragsverhältnis ein Minimum an Know-how-Transfer. Re-Engineering, die Rekonstruktion durch Zerlegen und Analysieren legal erworbener Produkte, stellt ein legales Mittel der Wirtschaftsspionage dar ("Competitive Intelligence"). Es ermöglicht dem Erwerber noch bessere Produkte erzeugen und verkaufen zu können. Manchen Unternehmen im Inland wie im Ausland genügt dies nicht, insbesondere erweisen sich Rekonstruktionsprozesse oftmals als fehlerträchtig oder als zu aufwändig. Als gleichermaßen attraktiv, weil mit weniger Aufwand verbunden, erweisen sich daher Methoden des Ausspähens oder Überwerbens der Mitarbeiter. Das Ausschalten der Konkurrenz mittels Erwerb des Konkurrenten oder mittels Eingehen einer Firmenkooperation war schon immer ein strategisches Instrument. Firmenkooperationen gerade mit Unternehmen autoritär regierter Staaten werden bei hinreichendem Interesse von Ausspäh-Delegationen, Anwerbeversuchen von Innentätern und Cyberangriffen begleitet. Mit wachsendem konspirativem Erfolg des "Partners" im Vorfeld der Kooperation sinkt der Wert des deutschen Unternehmens, es wird von innen ausgehöhlt. Das Interesse an der Übernahme oder der Kooperation kann dann ganz erlöschen. In der Folge gehen sachsen-anhaltische Arbeitsplätze verloren. Die Verfassungsschutzbehörde plädiert in diesem Zusammenhang für ein hohes Maß an Know-how-Schutz. Deshalb sollten Unternehmen in der Lage sein, den Umfang und den Zeitpunkt der Übergabe von geschäftsrelevantem Know-how nach Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 155 SPIONAGEABWEHR eigenem Ermessen festlegen zu können und nicht gezwungen sein, ihre "Kronjuwelen" übergeben zu müssen. Zum Schutz sachsen-anhaltischer Unternehmen kooperiert der Wirtschaftsschutz mit den Industrieund Handelskammern, Wirtschaftsverbänden, Hochschulen und Forschungsinstituten. Die Zusammenarbeit mit sachsen-anhaltischen Unternehmen im Berichtszeitraum zeigte, dass diese 2016 einer Vielfalt von Angriffen auf IT-Systeme und Mitarbeiter ausgesetzt waren, deren Urheber nicht unbedingt nachrichtendienstliche Interessen verfolgen mussten. Die Betrugsmethode des CEO-Fraud54 wurde im Berichtszeitraum zum Teil mit Erfolg verwendet. Firmenbeschäftigten, die berechtigt sind, Geldtransfers durchzuführen, wird hierbei suggeriert, dass der Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende für einen angeblich höchst geheimen und sehr eiligen Geschäftsvorfall eine hohe Geldsumme benötigt und diese unverzüglich unter Umgehung der üblichen Geschäftsprozesse überwiesen werden muss. Da die Methode grundsätzlich auch für den Know-how-Diebstahl verwendet werden kann, sensibilisiert der Wirtschaftsschutz Unternehmensmanagement und - mitarbeiter. Die Verfassungsschutzbehörde versendet auf Wunsch Faltblätter mit allgemeinen Informationen zum Wirtschaftsschutz in Sachsen-Anhalt, einem Lagebild und der Darstellung von spezifischen Risiken für Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Darüber hinaus halten wir Faltblätter mit Informationen zu folgenden Spezialthemen vor: Elektronische Angriffe. Gefahren für Informationsund Kommunikationstechnik. Sicherheitslücke Mensch. Gefahr durch Innentäter. Social Media. Risiken durch soziale Netzwerke. 54 CEO-Fraud = Chief Executive Officer - Vorstandsvorsitzender - Betrug Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 156 SPIONAGEABWEHR Social Engineering. Informationsbeschaffung durch soziale Manipulation. Geschäftsreisen. Sicherheit bei Auslandsreisen. Personalauswahl. Loyalität als Sicherheitsgewinn. Besuchermanagement. Umgang mit Besuchern und Fremdpersonal. Know-how-Schutz. Identifizieren. Bewerten. Schützen. Fokus Wissenschaft. Gefahren für Forschung und Lehre. Elektronische Angriffe Elektronische Angriffe sind eine gängige Methode fremder Nachrichtendienste, staatlicher, halbstaatlicher und privater Akteure, an Verschlusssachen und Geschäftsgeheimnisse zu gelangen, Sabotage zu verüben oder vorzubereiten, Propaganda zu platzieren oder zu Desinformationskampagnen beizutragen. Das Berichtsjahr verzeichnete international eine Vielzahl spektakulärer Cyberangriffe gegen Kritische Infrastrukturen, staatliche und private IT-Systeme. Angriffe mutmaßlich fremder Nachrichtendienste richteten sich gegen internationale Organisationen, IT-Netzwerke staatlicher Einrichtungen oder gegen namhafte Unternehmen. Da nur die wenigsten Unternehmen Sachsen-Anhalts über die technischen Voraussetzungen für die Detektion nachrichtendienstlich gesteuerter Cyberangriffe verfügen, kann davon ausgegangen werden, dass Angriffe aus der Russischen Föderation, der Volksrepublik China und der Islamischen Republik Iran, unbemerkt bleiben. Den Verantwortlichen in den Unternehmen seien als Indikatoren genannt: scharfe Konkurrenz auf dem Weltmarkt, Position als "hidden champion" (wenig bekannte Weltmarktführer), strategisches Interesse an den Firmenprodukten für den Herkunftsstaat der Angriffe, militärische Nutzbarkeit der Produkte, verhaltene Reaktion auf massive Geschäftsinteressen aus dem Ausland. In der Folge kann es zu unerklärbaren Daten-Uploads und Performanceeinbrüchen, manipulativen Anrufen oder Übersendung von E-Mails mit verseuchVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 157 SPIONAGEABWEHR ten Anhängen oder gefährlichen Links kommen. USBSticks werden mittels Drohnen auf dem Unternehmensgelände platziert. Weitere Angriffsvarianten bestehen in Cyberangriffen mittels E-Mail. Im Anhang kann sich ein Dokument mit einem Verschlüsselungstrojaner bei krimineller Absicht oder ein Dokument mit einem Wurm oder Keylogger usw. befinden. Der Wirtschaftsschutz hält aktuelle Informationen zur Absicherung von Firmennetzwerken gegen erkannte mutmaßlich nachrichtendienstliche Angreifer bereit. Sprechen Sie uns an: Telefon: 0391/567 3900 E-Mail: wirtschaftsschutz@mi.sachsen-anhalt.de Proliferationsabwehr Unter Proliferation versteht man die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen (ABC-Waffen) sowie ihrer potenziellen Trägersysteme. Des Weiteren fällt unter diesen Begriff auch die Weiterverbreitung der zu ihrer Herstellung verwendeten Produkte einschließlich des dafür erforderlichen Knowhows. Die Nachrichtendienste der Risikostaaten Pakistan, Nordkorea, Syrien und Iran stehen im Verdacht, Proliferation zu betreiben und zu fördern, indem sie diese Aktivitäten logistisch und personell unterstützen. Um illegale Exporte durchzuführen, wird beispielsweise der Endnutzer einer sensiblen Ware verschleiert, ein Lieferweg über Umweglieferländer gewählt, Tarnfirmen und Strohmänner werden genutzt. Die Sanktionen gegen Iran, die den Erdölund Erdgassektor betrafen, sind zum 16. Januar ("Joint Comprehensive Plan of Action") aufgehoben worden. Ausweislich der ÜberVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 158 SPIONAGEABWEHR prüfung durch die "Internationale Atomenergie Agentur" (IAEA) hat Iran seine militärisch nutzbaren Nuklearanlagen zurückgebaut. Ungemindert arbeitet die Islamische Republik Iran jedoch an ihrem Raketenprogramm. Mit den ballistischen Mittelund Langstreckenraketen wird sie in der Lage sein, nicht nur Europa bedrohen zu können. Seit April muss sich der Geschäftsführer eines ehemaligen sachsen-anhaltischen Unternehmens vor dem Kammergericht Berlin verantworten, weil er an der Lieferung von Spezialventilen für den mittlerweile unbrauchbaren Schwerwasserreaktor in Arak (Iran) maßgeblich beteiligt war. Weitere Hinweise und Merkmale für Proliferation finden Sie in der Broschüre "Proliferation. Wir haben Verantwortung", die von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder herausgegeben wird. Sie kann im Internet unter www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz abgerufen oder als Druckschrift per E-Mail bei wirtschaftsschutz@mi.sachsen-anhalt.de angefordert werden. Mitarbeit der Bevölkerung Die Verfassungsschutzbehörde des Landes SachsenAnhalt hat gemäß SS 4 Abs. 1 Nr. 3 VerfSchG-LSA den gesetzlichen Auftrag Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht zu sammeln und auszuwerten. Damit die Verfassungsschutzbehörde ihren Auftrag erfüllen kann, benötigt sie auch und gerade Hinweise auf die Tätigkeit fremder Nachrichtendienste. Alle Bürgerinnen und Bürger, die von derartigen Sachverhalten Kenntnis haben oder von fremden Nachrichtendiensten zur Mitarbeit aufgefordert wurden, werden gebeten, ihr Wissen im Interesse unserer freiheitliVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 159 SPIONAGEABWEHR chen demokratischen Grundordnung und ihrer eigenen Sicherheit an die Verfassungsschutzbehörde weiterzugeben. Auch demjenigen, der bereits im fremden Interesse nachrichtendienstlich tätig geworden ist, kann geholfen werden, sich aus einer ausweglos erscheinenden Situation zu befreien. Die Verfassungsschutzbehörden unterliegen nicht wie die Strafverfolgungsbehörden dem Legalitätsprinzip und sind daher nicht in jedem Fall verpflichtet, die Strafverfolgungsbehörden über Hinweise auf Spionagedelikte zu informieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch die freiwillige Aufgabe der nachrichtendienstlichen Tätigkeit und eine umfassende Offenbarung. Die Verfassungsschutzbehörde bietet hierzu jederzeit ihre Hilfe an und sichert Vertraulichkeit zu. Das Gleiche gilt für die Übermittlung etwaiger Verdachtsmomente sowie von Informationen über mögliche Sicherheitsvorfälle und elektronische Angriffe. Die Spionageabwehr der Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt ist wie folgt zu erreichen: Telefon: 0391/567 3900 Fax: 0391/567 3999 E-Mail: wirtschaftsschutz@mi.sachsen-anhalt.de Die Verfassungsschutzbehörde bietet allen Bürgern, Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Behörden Sensibilisierungen zu den Themen Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz und Elektronische Angriffe an. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 160 GEHEIMSCHUTZ GEHEIMSCHUTZ Allgemeines Verschlusssachen sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die - unabhängig von ihrer Darstellungsform - geheim zu halten und entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit mit einem der Geheimhaltungs-grade STRENG GEHEIM, GEHEIM, VS-VERTRAULICH oder VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH zu kennzeichnen sind. Alle Institutionen des Bundes und der Länder müssen sich darauf verlassen können, dass Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder gefährden können, als im staatlichen Interesse geheim zu haltende Informationen (Verschlusssachen - VS) wirkungsvoll geschützt werden. Jeder, dem eine Verschlusssache anvertraut oder zugänglich gemacht worden ist, trägt die persönliche Verantwortung für ihre sichere Aufbewahrung und vorschriftsmäßige Behandlung sowie für die Geheimhaltung ihres Inhalts gemäß den Bestimmungen der Verschlusssachenanweisung für das Land Sachsen-Anhalt (VSA-LSA). Geheimschutz im öffentlichen Bereich Personeller Geheimschutz Mit dem personellen Geheimschutz soll verhindert werden, dass Personen mit Sicherheitsrisiken Zugang zu VS erhalten. Das hierzu genutzte Instrument ist die Sicherheitsüberprüfung von Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden sollen. Die Verantwortung für diese Sicherheitsmaßnahmen liegt bei den zuständigen Stellen. Im öffentlichen Bereich des Landes ist die zuständige Stelle in der Regel die Beschäftigungsbehörde. Die zuständige Stelle bestellt zur Erfüllung ihrer Aufgaben einen Geheimschutzbeauftragten und einen Vertreter. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 161 GEHEIMSCHUTZ Das Sicherheitsüberprüfungsverfahren ist im Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SÜG-LSA) geregelt. Die Mitwirkung der Verfassungsschutzbehörde Sachsen-Anhalts beruht auf SS 4 Abs. 2 Nr. 1 VerfSchG-LSA in Verbindung mit SS 4 Abs. 3 SÜG-LSA. Gründe, die einem Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegenstehen, können sich insbesondere ergeben aus: - Zweifeln an der Zuverlässigkeit (z.B. aufgrund von Straftaten, Drogenoder Alkoholmissbrauch); - Gefährdungen durch Anbahnungsund Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (zum Beispiel im Falle einer Überschuldung, da dies ein Ansatzpunkt sein kann, um den Betroffenen gegen Geldzahlung zu einer Verletzung seiner Pflichten zu veranlassen); - Zweifeln am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (z.B. wegen politisch-extremistischer Betätigung). Die Frage, ob sich aus einem derartigen Umstand tatsächlich ein Sicherheitsrisiko ergibt, ist in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Art der vorgesehenen sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu prüfen. Eine Sicherheitsüberprüfung darf nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Betroffenen erfolgen. Materieller Geheimschutz Der materielle Geheimschutz befasst sich mit technischen und organisatorischen Sicherheitsvorkehrungen, die verhindern oder zumindest erschweren sollen, dass Unbefugte an geschützte Informationen gelangen. Die Verfassungsschutzbehörde hat hierbei die mitwirkende Aufgabe, öffentliche Stellen des Landes zu beraten, wie sie am besten technische Sicherungsmaßnahmen planen und durchführen können. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 162 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 236), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 3. Juli 2015 (GVBl. LSA S. 314, 317) Inhaltsübersicht Erster Teil: ORGANISATION UND AUFGABEN SS 1 Zweck des Verfassungsschutzes SS 2 Organisation und Zusammenarbeit SS 3 Bedienstete und Mitarbeiter SS 4 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde SS 5 Begriffsbestimmungen Zweiter Teil: ERHEBUNG, VERARBEITUNG UND NUTZUNG PERSONENBEZOGENER DATEN SS 6 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit SS 7 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde SS 8 Besondere Formen der Datenerhebung SS 9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten SS 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen SS 11 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in Dateien SS 12 Berichtigung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten in Akten, Vernichtung von Akten SS 13 (weggefallen) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 163 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Dritter Teil: AUSKUNFT SS 14 Auskunft an die betroffene Person Vierter Teil: INFORMATIONSÜBERMITTLUNG SS 15 Unterrichtungspflichten SS 16 Zulässigkeit von Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten SS 17 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde durch öffentliche Stellen SS 17a Übermittlung von besonderen Informationen an die Verfassungsschutzbehörde SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde SS 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an die Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes SS 20 Übermittlungsverbote SS 21 Minderjährigenschutz SS 22 Pflichten des Dritten, an den übermittelt wird SS 23 Nachberichtspflicht SS 23a Weitergabe personenbezogener Daten Fünfter Teil: PARLAMENTARISCHE KONTROLLE SS 24 Parlamentarische Kontrollkommission SS 25 Zusammensetzung und Wahl SS 26 Verfahrensweise Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 164 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS 27 Aufgaben und Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission SS 28 Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz SS 29 Datenerhebung bei Mitgliedern des Landtages Sechster Teil: SCHLUSSVORSCHRIFTEN SS 30 Geltung des Datenschutzgesetzes Sachsen-Anhalt und des Archivgesetzes Sachsen-Anhalt SS 30a Einschränkung von Grundrechten SS 30b Sprachliche Gleichstellung SS 31 Inkrafttreten Erster Teil ORGANISATION UND AUFGABEN SS1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Er hat die Landesregierung und andere Stellen nach Maßgabe dieses Gesetzes über Gefahren für diese Schutzgüter zu unterrichten. Dadurch sollen diese Stellen rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können. (3) Er hat auch die Öffentlichkeit über seine Aufgabenfelder zu unterrichten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 165 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS2 Organisation und Zusammenarbeit (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden von der Verfassungsschutzbehörde wahrgenommen. Verfassungsschutzbehörde ist das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium. Es unterhält für diese Aufgabe eine besondere Abteilung. (2) Die für Verfassungsschutz zuständige Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium nimmt ihre Aufgaben gesondert von der Polizeiorganisation wahr. (3) Sie ist verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes mit dem Bund und den Ländern zusammenzuarbeiten. (4) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen in Sachsen-Anhalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde tätig werden. SS3 Bedienstete und Mitarbeiter (1) Die Mitarbeiter der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium haben sich einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren nach Maßgabe des Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetzes zu unterziehen, welches insbesondere auf Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für nationale Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik überprüft und in das der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik einbezogen wird. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 166 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ (2) Personen, die dem Repressionsapparat der Deutschen Demokratischen Republik angehörten, insbesondere hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, Mitarbeiter der Abteilung I der Kriminalpolizei und ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands dürfen nicht mit Aufgaben des Verfassungsschutzes betraut werden; Personen mit Offiziersrang der bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik dürfen Aufgaben des Verfassungsschutzes nur in zu begründenden Ausnahmefällen übertragen werden. SS4 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, im Sinne der SSSS 94 bis 99, 129, 129a des Strafgesetzbuches, 3. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Grundgesetzes, Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 167 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ 4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 5. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt auf Ersuchen der zuständigen öffentlichen Stellen mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen nach Maßgabe des Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetzes sowie bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen, 2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. SS5 Begriffsbestimmungen (1) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen: a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 168 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv sowie zielund zweckgerichtet unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 169 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung der parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt konkretisierten Menschenrechte. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 170 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Zweiter Teil ERHEBUNG, VERARBEITUNG UND NUTZUNG PERSONENBEZOGENER DATEN SS6 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Eine Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Von mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. SS7 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (2) Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des SS 4 Abs. 1. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln, insbesondere durch Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observation, Bildund Tonaufzeichnungen und die Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen Informationen verdeckt erheben. Die nachrichtendienstlichen Mittel sind in einer Dienstvorschrift Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 171 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffung regelt. (4) Die Behörden des Landes sind verpflichtet, den Verfassungsschutzbehörden technische und verwaltungsmäßige Hilfe für Tarnmaßnahmen zu leisten. (5) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu; sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. (6) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 4 Abs. 2 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. (7) Die Verfassungsschutzbehörde ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). SS8 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten mit nachrichtendienstlichen Mitteln erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass 1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Nachrichtenzugänge gewonnen werden können oder Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 172 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge der Verfassungsschutzbehörde gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn die Daten nicht auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise erhoben werden können. Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben einzelner Personen unerlässlich ist und geeignete verwaltungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in einer Wohnung. Die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel nach Satz 1 und 2 trifft der Richter. Bei Gefahr im Verzug kann der für den Verfassungsschutz zuständige Minister oder der für den Verfassungsschutz zuständige Staatssekretär einen solchen Einsatz anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Die Anordnung ist auf längstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als weitere drei Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor oder ist der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Informationsgewinnung nicht mehr erforderlich, so ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden. Ein Eingriff nach Satz 1 oder 2 ist der betroffenen Person nach seiner Beendigung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffes ausgeschlossen werden kann. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 173 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ (3) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen für den Verfassungsschutz tätigen Personen vorgesehen, kann der für den Verfassungsschutz zuständige Minister oder eine von diesem beauftragte Person deren Einsatz anordnen. Eine anderweitige Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse zu Zwecken der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. (3a) Maßnahmen nach Absatz 1, 2 oder 3 dürfen nur angeordnet werden, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. (3b) Laufende Maßnahmen nach Absatz 1, 2 oder 3 sind unverzüglich zu unterbrechen, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung von der Datenerhebung erfasst wird. Ist eine Maßnahme nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf sie nur unter den in Absatz 3a genannten Voraussetzungen fortgeführt werden. Absatz 2 Satz 3 bis 8 bleibt unberührt. Erfasste Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. (4) Zuständiges Gericht für Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 3 ist das Amtsgericht am Sitz der Verfassungsschutzbehörde. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 174 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ (5) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über die nach Absatz 2 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 3 angeordneten Maßnahmen. (6) Gegen Unbeteiligte dürfen nachrichtendienstliche Mittel nicht gezielt angewendet werden. SS9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 erforderlich ist, 3. die Verfassungsschutzbehörde nach SS 4 Abs. 2 tätig wird oder 4. dies zur Erfüllung sonstiger gesetzlich zugewiesener Aufgaben erforderlich ist. (1a) Die Verfassungsschutzbehörde darf zum Zwecke der Vorgangsverwaltung personenbezogene Daten im Sinne des Absatzes 1 mit zur Erledigung anderer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten amtsintern zusammen in automatisierten Verfahren verarbeiten und nutzen, soweit dies nicht nach anderen Rechtsvorschriften ausgeschlossen ist. Die jeweiligen Vorschriften zur Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten, insbesondere zur Zweckbindung, bleiben unberührt. Ist der Zugriff auf personenbezogene Daten, deren Verarbeitung und Nutzung nach Satz 2 nicht vorgesehen ist, mit vertretbarem Aufwand nicht auszuVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 175 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ schließen, ist die weitere Verarbeitung oder Nutzung dieser Daten unzulässig. (2) Zur Aufgabenerfüllung nach SS 4 Abs. 2 dürfen in automatisierten Dateien nur personenbezogene Daten über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung unterliegen oder in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden. (3) Die Speicherung von Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre der betroffenen Personen in Dateien ist unzulässig. (4) Die Verfassungsschutzbehörde hat die Speicherungsdauer auf das für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. SS 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf unter den Voraussetzungen des SS 9 Abs. 1 Daten über Minderjährige nach Vollendung des 14. und vor Vollendung des 16. Lebensjahres speichern, verändern und nutzen. Die Speicherung in gemeinsamen Dateien im Sinne des SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), zuletzt geändert durch SS 32 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2590, 2597), ist nicht zulässig. (2) Gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 4 Abs. 1 angefallen sind. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 176 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS 11 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in Dateien (1) Die Verfassungsschutzbehörde hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat die nach SS 9 Abs. 1 in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten spätestens zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. In diesem Fall sind auch die zu ihrer Person geführten Akten zu vernichten. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person übermittelt werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob nach SS 9 Abs. 1 gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 oder 5 sind spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Behördenleiter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 177 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS 12 Berichtigung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten in Akten, Vernichtung von Akten (1) Stellt die Verfassungsschutzbehörde fest, dass in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind, oder wird ihre Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat personenbezogene Daten zu sperren, wenn sie im Einzelfall feststellt, dass ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden und die Daten für ihre künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen entfallen. (3) Personenbezogene Daten in Akten sind spätestens dann zu löschen, wenn die gesamte Akte zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde nicht mehr erforderlich ist. In diesem Fall ist auch die Akte, die solche personenbezogenen Daten enthält, zu vernichten. SS 13 Dateianordnungen (weggefallen) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 178 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Dritter Teil AUSKUNFT SS 14 Auskunft an die betroffene Person (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt der betroffenen Person über zu ihrer Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft. Die von der betroffenen Person nach Satz 1 mitgeteilten Informationen dürfen nur zum Zwecke der Prüfung des Auskunftsbegehrens verwendet werden. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, 2. durch die Auskunftserteilung Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde zu befürchten ist, 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Leiter der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung im für den Verfassungsschutz Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 179 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ zuständigen Ministerium oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. (3) Die Auskunftserteilung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. (4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist die betroffene Person auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die betroffene Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. Der Landesbeauftragte kann die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten, wenn sich für ihn im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunft an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muss. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 180 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Vierter Teil INFORMATIONSÜBERMITTLUNG SS 15 Unterrichtungspflichten (1) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag mindestens einmal jährlich über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1. (2) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Öffentlichkeit periodisch und aus gegebenem Anlass im Einzelfall über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1. (3) Es darf dabei auch personenbezogene Daten bekannt geben, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppen erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstehen. SS 16 Zulässigkeit von Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten (1) Werden öffentliche Stellen, die nicht Nachrichtendienste sind, um Übermittlung personenbezogener Daten ersucht, so dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 181 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ (2) Absatz 1 gilt nicht für Ersuchen um solche Daten, die bei der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben bekannt werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörde braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. (4) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften ein Übermittlungsersuchen durch den Behördenleiter zu stellen ist oder von seiner Ermächtigung abhängt, gilt als Behördenleiter der Leiter der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium. SS 17 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde durch öffentliche Stellen (1) Öffentliche Stellen im Sinne von SS 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 4 Abs. 1 Nrn. 1, 4 und 5 genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 4 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die ErfülVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 182 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ lung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden übermitteln auf Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde die zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen werden durch die Verfassungsschutzbehörde aktenkundig gemacht. Unter den gleichen Voraussetzungen darf die Verfassungsschutzbehörde 1. Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, Polizeien des Bundes und anderer Länder um die Übermittlung solcher Informationen ersuchen. (4) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 3 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder die betroffene Person unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf die Verfassungsschutzbehörde bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 4 Abs. 1 sowie bei der Beobachtung terroristischer Bestrebungen amtliche Register einsehen. (5) Über die Einsichtnahme nach Absatz 4 hat die Verfassungsschutzbehörde einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck und die Veranlassung, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 183 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (6) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die der Verfassungsschutzbehörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlagen findet SS 4 Abs. 1 und 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. (7) Übermittelte Informationen hat die Verfassungsschutzbehörde eigenständig zu bewerten. SS 17a Übermittlung von besonderen Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen oder Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemediendienste (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Ausgenommen sind Telemediendienste, bei denen die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall Auskunft einholen bei Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 184 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ 1. Luftfahrtunternehmen zu Namen und Anschriften des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg, 2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungseinund - ausgänge, 3. denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, zu den Umständen des Postverkehrs, 4. denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu a) Verkehrsdaten nach SS 96 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes, b) sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und c) Bestandsdaten, die nach den SSSS 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes erhoben werden (SS 113 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes), und 5. denjenigen, die geschäftsmäßig von Absatz 1 erfasste Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, zu a) Merkmalen zur Identifikation des Nutzers eines Telemediendienstes, Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 185 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ b) Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und c) Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemediendienste, soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung für die in SS 4 Abs. 1 genannten Schutzgüter vorliegen. Im Falle des SS 4 Abs. 1 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, 1. zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder 2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. Eine Auskunft nach Satz 1 Nr. 4 über Bestandsdaten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (SS 113 Abs. 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes), und über Bestandsdaten, die anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse bestimmt werden (SS 113 Abs. 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes), darf nur verlangt werden, wenn die Voraussetzungen des SS 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes vorliegen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 186 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ (3) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich auch gegen Personen richten, bei denen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist 1. bei Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 5, dass sie die Leistung für den von einer Maßnahme nach Absatz 2 Betroffenen in Anspruch nehmen, oder 2. bei Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4, dass sie für den von einer Maßnahme nach Absatz 2 Betroffenen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4, dass der von einer Maßnahme nach Absatz 2 Betroffene ihren Anschluss benutzt. (4) Die Anordnung über die Einholung von Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 trifft der Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder sein Vertreter im Amt. Die Anordnung über die Einholung von Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 trifft der für den Verfassungsschutz zuständige Minister oder sein Vertreter im Amt. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 hat die Verfassungsschutzbehörde dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffes ausgeschlossen werden kann. (5) Über Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die G 10Kommission (SS 1 Abs. 2 des Artikel 10-Gesetzes) vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann die Verfassungsschutzbehörde den Vollzug der Anordnung auch bereits vor der Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die G 10Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 187 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. Die Kontrollbefugnis der G 10-Kommission erstreckt sich auf den gesamten Prozess der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 erlangten personenbezogenen Daten. Anordnungen über Auskünfte, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat die Verfassungsschutzbehörde unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Fall einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen. Für die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Für die Mitteilung an den Betroffenen ist SS 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10Gesetzes entsprechend anzuwenden. (6) Die Verfassungsschutzbehörde darf, soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung für ein in SS 4 Abs. 1 genanntes Schutzgut vorliegen, technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes oder zur Ermittlung der Geräteoder Kartennummer einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 die Ermittlung des Standortes oder die Ermittlung der Geräteoder Kartennummer aussichtslos oder wesentlich erschwert ist. Sie darf sich nur gegen den Betroffenen oder die in Absatz 3 Nr. 2 bezeichneten Personen richten. Für die Verarbeitung der Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Personenbezogene Daten eines Dritten dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. Die Absätze 4, 5 und 7 gelten entsprechend. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 188 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ (7) Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über die Durchführung des Absatzes 2. Dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben. Die Parlamentarische Kontrollkommission erstattet dem Landtag von SachsenAnhalt jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie über Art, Umfang und Anordnungsgründe der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen nach Absatz 2; dabei sind die Grundsätze des SS 26 Abs. 1 zu beachten. (8) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes über die nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 durchgeführten Maßnahmen nach Maßgabe des SS 8a Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (9) Anordnungen sind dem Verpflichteten insoweit schriftlich mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung zu ermöglichen. Anordnungen und übermittelte Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden. (10) Für die Erteilung von Auskünften hat ein Diensteanbieter im Sinne von SS 3 Nr. 6 des Telekommunikationsgesetzes oder SS 2 Nr. 1 des Telemediengesetzes Anspruch auf eine Entschädigung entsprechend SS 23 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes; die Vorschriften über die Verjährung in SS 2 Abs. 1 und 4 des Justizvergütungsund - entschädigungsgesetzes finden entsprechend Anwendung. Aufgrund eines Auskunftsverlangens haben Diensteanbieter die zur Auskunft erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 189 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Auf Anfragen der Einstellungsbehörden erteilt der Verfassungsschutz auch Auskünfte zur Überprüfung der Verfassungstreue von Personen, die sich für den öffentlichen Dienst bewerben. Die Auskunft ist beschränkt auf gerichtsverwertbare Tatsachen aus vorhandenen Unterlagen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere wegen der Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden und die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, über die vorgenommene Verwendung der Daten um Auskunft zu bitten. (4) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Rahmen ihrer Aufgaben nach SS 4 personenbezogene Daten an andere Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 190 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Stellen übermitteln, soweit dies für die Erhebung personenbezogener Daten erforderlich ist. Im Übrigen dürfen personenbezogene Daten an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder ferner zur Abwehr von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten einer fremden Macht erforderlich ist und das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium seine Zustimmung erteilt hat. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, über die vorgenommene Verwendung der Daten um Auskunft zu bitten. SS 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, der Polizei von sich aus die ihr bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. (2) Delikte nach Absatz 1 sind 1. die in SSSS 74a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten, 2. alle Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu eiVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 191 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ ner Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, a) dass sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, b) dass es sich um Bestrebungen handelt, die durch Anwendung von Gewalt oder durch darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (Artikel 73 Nr. 10 Buchst. b und c des Grundgesetzes). (3) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (4) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben dieser Stellen erforderlich ist (SS 21 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes). SS 20 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Teils unterbleibt, wenn 1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen, insbesondere bei Daten aus der engeren PersönlichkeitssphäVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 192 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ re, und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen, 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen, insbesondere wenn die Informationen zu löschen waren. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. SS 21 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 10 erfüllt sind. Liegen die Voraussetzungen nicht mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres aus nicht zur Person geführten Akten dürfen an ausländische, überoder zwischenstaatliche Stellen nicht übermittelt werden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 193 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS 22 Pflichten des Dritten, an den übermittelt wird Der Dritte, an den übermittelt wird, prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass sie nicht erforderlich sind, hat er die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren und in den Akten entsprechend zu kennzeichnen. SS 23 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem Dritten, an den die Daten übermittelt wurden, zu berichtigen, es sei denn, dass dies für die Beurteilung eines Sachverhaltes ohne Bedeutung ist. SS 23a Weitergabe personenbezogener Daten Für die Weitergabe personenbezogener Daten zwischen der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung und den anderen Abteilungen des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums gelten die SSSS 16 bis 23 entsprechend. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 194 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Fünfter Teil PARLAMENTARISCHE KONTROLLE SS 24 Parlamentarische Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterliegt auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes der Kontrolle durch den Landtag. Diese Aufgabe nimmt die Parlamentarische Kontrollkommission wahr. (2) Die Rechte des Landtages und seiner Ausschüsse bleiben unberührt. SS 25 Zusammensetzung und Wahl (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus fünf Abgeordneten des Landtages. Der größten Oppositionsfraktion steht ein Sitz in der Kontrollkommission zu. (2) Der Landtag wählt zu Beginn jeder Wahlperiode die Mitglieder der Kommission sowie die gleiche Zahl von Stellvertretern mit der Mehrheit seiner Abgeordneten. (3) Scheidet ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Kommission; es ist unverzüglich ein neues Mitglied oder ein neues stellvertretendes Mitglied zu wählen. Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied aus der Kommission ausscheidet. (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Landtages solange aus, bis der nachfolgende Landtag eine neue ParVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 195 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ lamentarische Kontrollkommission gewählt hat; für die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission, die nicht dem neugewählten Landtag angehören, findet das Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz keine Anwendung. SS 26 Verfahrensweise (1) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Kommission. Die Pflicht zur Geheimhaltung gilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission ihre vorherige Zustimmung erteilt. (2) Die Kommission tritt mindestens vierteljährlich, zusätzlich auf Antrag eines Mitgliedes zusammen. (3) Sie wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese regelt auch, unter welchen Voraussetzungen Sitzungsunterlagen und Protokolle von den Mitgliedern der Kommission und ihren Stellvertretern eingesehen werden können. SS 27 Aufgaben und Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Hierzu gehört auch das Tätigwerden Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 196 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder und des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt. Sie berichtet auch über den Erlass von Verwaltungsvorschriften. Die Entwürfe der jährlichen Wirtschaftspläne der Verfassungsschutzbehörde werden der Kommission zur Mitberatung zugeleitet. Die Landesregierung unterrichtet die Kommission über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. Die Kommission hat das Recht, von sich aus Sachverhalte aufzugreifen. (2) Die Kommission hat auf Antrag mindestens eines ihrer Mitglieder das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde sowie auf Anhörung von Auskunftspersonen. Der für den Verfassungsschutz zuständige Minister kann einem bestimmten Kontrollbegehren widersprechen, wenn es im Einzelfall die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erheblich gefährden würde; er hat dies vor dem Ausschuss schlüssig zu begründen. Die besonderen Rechte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse bleiben unberührt. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission erstattet dem Landtag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über ihre bisherige Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des SS 26 Abs. 1 zu beachten. (4) Die Kontrolle der Durchführung des Artikel 10-Gesetzes obliegt der G 10-Kommission. Das Nähere wird durch das Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes geregelt. SS 28 Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Die Parlamentarische Kontrollkommission hat auf Antrag eines Mitgliedes den Landesbeauftragten für den DatenVerfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 197 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ schutz zu beauftragen, die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen, die die Verfassungsschutzbehörde durchgeführt hat, zu überprüfen. Die Befugnisse des Landesbeauftragten richten sich nach den Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger. SS 29 Datenerhebungen bei Mitgliedern des Landtages (1) Setzt die Verfassungsschutzbehörde nachrichtendienstliche Mittel gegen ein Mitglied des Landtages von SachsenAnhalt ein, hat der für den Verfassungsschutz zuständige Minister die Parlamentarische Kontrollkommission und den Präsidenten des Landtages unverzüglich hiervon zu unterrichten. (2) Im Falle des Absatz 1 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Lässt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 198 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ Sechster Teil SCHLUSSVORSCHRIFTEN SS 30 Geltung des Datenschutzgesetzes Sachsen-Anhalt und des Archivgesetzes Sachsen-Anhalt Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 4 durch die Verfassungsschutzbehörde finden die SSSS 9 bis 13, 15, 16 und 26 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes Sachsen-Anhalt keine Anwendung. Vor der Löschung personenbezogener Daten nach SS 11 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 oder SS 12 Abs. 3 Satz 1 oder der Vernichtung von Akten nach SS 11 Abs. 2 Satz 2 oder SS 12 Abs. 3 Satz 2 sind Dateien und Akten mit personenbezogenen Daten nach Maßgabe des Archivgesetzes Sachsen-Anhalt dem Landesarchiv Sachsen-Anhalt anzubieten und zu übergeben. SS 30a Einschränkung von Grundrechten Aufgrund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf 1. Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes und Artikel 17 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt), 2. Schutz personenbezogener Daten (Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt), 3. Schutz des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes und Artikel 14 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) eingeschränkt werden. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 199 VERFASSUNGSSCHUTZGESETZ SS 30b Sprachliche Gleichstellung Personenund Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form. SS 31 Inkrafttreten Satz 1 betrifft das Inkrafttreten. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 200 STATISTIK STRAFUND GEWALTTATENSTATISTIK Politisch motivierte Straftaten nach 2015 2016 Phänomenbereich (Stand 31.01.2017) -rechts1.749 1.660 -links230 281 Ausländerkriminalität 15 28 Davon waren: Extremistische Straftaten nach 2015 2016 Phänomenbereich (Stand 31.12.2016) -rechts1.553 1.446 -links38 57 Ausländerkriminalität Politisch motivierte Gewalttaten nach 2015 2016 Phänomenbereich (Stand 31.01.2017) -rechts109 149 -links58 52 Ausländerkriminalität Von den genannten politisch motivierten Gewalttaten waren: Extremistische Gewalttaten nach 2015 2016 Phänomenbereich (Stand 31.12.2016) -rechts83 119 -links15 22 Ausländerkriminalität 1 0 Fremdenfeindliche und antisemitische 2015 2016 Straftaten (Stand 31.12.2016) Fremdenfeindliche Straftaten 574 446 Antisemitische Straftaten 74 79 Propagandadelikte (Stand 31.01.2017) 2015 2016 Propagandadelikte -rechts1.037 1.050 Propagandadelikte -links- 1 3 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 201 STATISTIK PERSONENPOTENZIAL 2015 2016 Rechtsextremisten Parteigebundener Rechtsextremismus (Parteien) 280 265 Parteiungebundener Rechtsextremismus 390 410 Weitgehend unstrukturierter, meist subkulturell geprägter Rechts800 800 extremismus Summe: 1470 1475 Gesamt (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften) 1.400 1.400 Linksextremisten Gewaltbereite Linksextremisten, 230 230 insbesondere Autonome Parteien und sonstige Gruppierungen, 250 260 unter anderem die "Rote Hilfe" Gesamt: 480 490 Islamisten Mittlere zweistellige 150 Zahl Reichsbürger und Selbstverwalter Nicht (inkl. Rechtsextremisten innerhalb 330 erfasst dieser Szene) PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) 200 250 GESAMTZAHL aller Extremisten in Sachsen-Anhalt (nach Abzug von 2.590 Mehrfachmitgliedschaften) Anmerkung: Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 202 STICHWORTVERZEICHNIS STICHWORTVERZEICHNIS A Abberode, OT Steinbrücken 61 (Landkreis Mansfeld-Südharz) Altmärkischer Kreis der 46 Bismarckfreunde ALTMIEKS, Nils 50 Anmietversuche 219 (von Rechtsextremisten) Antifa 105 ff. Anti-Asyl-Agitationsformen 26, 72 Antifaschismus/antifaschistisch 98 ff., 104 ff., 122 Antifaschistische Aktion Burg (AAB) 105, 107 f. Antifaschistische Aktion Salzwedel 105 (AAS) Antikapitalismus/antikapitalistisch 107 Antimilitarismus 104 Antirassismus 98 ff., 104 Antirepression 107, 124 Antisemitismus/antisemitisch 26, 36, 39, 42, 63 ff., 69, 79, 86, 201 Applied Scholastics (ApS) 147 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 126 ff. Arbeitskreis Antifa Magdeburg 105 (AK Antifa) Arnstein, OT Wiederstedt 67 (Landkreis Mansfeld-Südharz) Arendsee (Altmarkkreis Salzwedel) 94 ARMSTROFF, Klaus 35 Artgemeinschaft - "Germanische 58 f. Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" e.V. Auskunftserteilung 16 Ausländerextremismus 126 ff. Autonomenszene / autonome 100 ff., 110, 115, 133 Gruppen Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 203 STICHWORTVERZEICHNIS B Bad Lauchstädt (Saalekreis) 71 BAUER, Jens 58 f. BATTKE, Lutz 25 BAYIK, Cemil 127 Berlin 22, 24, 26 f., 36, 47,52 f., 58, 60, 84, 88, 91, 100, 119, 122, 133, 136, 141, 147, 159 Bernburg (Saale) 39 (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) Bitterfeld-Wolfen 74 (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) Blood & Honour 62 Brigade Bitterfeld 64, 74 Brigade Halle/Saale 64, 70 ff., 78, 109 Brigade Magdeburg 47, 73 f., 84 Bruderschaften 19 BRÜCKNER 27 Bund Freies Europa (BFE) 38 Bundesverfassungsgericht 19, 116 Bundeswehr 114 Bundesministerium des Innern 139 Bürgerinitiative HalleMAX 86 f. Bürgerbewegung Altmark 25 Bürgerbewegung Genthin 70 Bürgerbewegung Köthen 69 Burg (Landkreis Jerichwoer Land) 31 f., 70 f., 94, 105, 107 f., 113 C Chinesische Nachrichtendienste 151, 153 f. Criminon, Narconon (SO-Kampagne) 148 CZERSKI, Jörg 26 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 204 STICHWORTVERZEICHNIS D Datenschutz 12 Demokratisches Gesellschaftszentrum 129 der KurdInnen in Deutschland (NAV-DEM) Der III. Weg (Partei) 18, 35f., 70 Dessau-Roßlau 24 f., 29, 31, 33, 42 f., 45 f., 67, 74 f., 80, 113 Demokratische Partei der Völker (HDP) 131 Deutsche Kommunistische Partei 101, 116 ff. (DKP) Deutsche Stimme (NPD-Publikation) 23 Deutsche Volksunion 29 f. (DVU - ehemalige Partei) DIE RECHTE (Partei) 29 ff., 39, 41, 43, 45, 70, 72, 78, 84 Die Rote Hilfe (Publikation) 123 Die Wahre Religion 139 Dortmund (Nordrhein-Westfalen) 30 Dresden 45, 60 Düsseldorf 147 E EBEL, Wolfgang 90 Eisleben (Lutherstadt, 43 Landkreis Mansfeld-Südharz) Elektronische Angriffe 157, 160, Elsteraue, OT Profen (Burgenlandkreis) 121 ENGEL, Stefan 119, 122 Europa ruft (Publikation) 38 f. Europäische Aktion (EA) 33, 38 Europäische Union (EU) 21, 51 f., 95, 128, 150, 153 F FISCHER, Michel 43 Flüchtlinge 17, 19, 25, 26, 30, 36, 41 f., 65, 67 f. 70 ff., 82, 86, 99, 106 f., 114, 117, 121, 142 f., 155 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 205 STICHWORTVERZEICHNIS Frankfurt am Main (Hessen) 100, 147 FRANZ, Frank 22 Freie Kräfte 30, 34, 43 f. Freie Kräfte Burgenlandkreis 43, 48, 78 Freie Nationalisten 18 f., 45 Freiheitliche demokratische 8, 10, 12, 14, 23, 42, 65, Grundordnung (FdGO) 73, 75, 77, 92 f., 98, 104, 149, 160, 162 Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) 130 Freiheitsund Demokratiekongress 127 Kurdistans (KADEK) Fremde Nachrichtendienste 10, 150 f., 154 f., 157 ff., 162 Fremdenfeindlichkeit/fremdenfeindlich 18, 21, 23, 31, 52, 64 ff., 69, 79, 86, 201 "Fünf Gifte" 154 G GÄRTNER, Gabi 122 Geheimschutz 11, 161 f. Gemeinsam Stark Deutschland (GSD) 76 ff., 108 Gemeinschaft der Verkündung der 145 f. Mission (TJ) Gemeinschaften der Kommunen 127 Kurdistans (KKK) Genthin (Jerichower Land) 70 Gesetz über den Verfassungsschutz 163 ff. im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) Gesellschaftskritische Odyssee (GekO) 105 Gewalttaten 20, 64 f., 102, 201 GIDA-Bewegung 45, 70, 83 ff., 117 Gräfenhainichen 44, 67 (Landkreis Wittenberg) GREY, Thomas 25 H HAENSCHKE, Gustav 25 f. Halberstadt (Landkreis Harz) 31 Haldensleben (Landkreis Börde) 25 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 206 STICHWORTVERZEICHNIS Halle (Saale) 18, 21 f., 24, 27, 29, 31, 33, 41, 50, 53 ff., 64, 70 ff., 86 ff., 102 f., 105 f., 109 f., 116 ff., 123, 125, 130 ,132 HalleMAX 86 f. Hamburg 29, 147 Hammerskinheads (HS) 62 Hannover (Niedersachsen) 132, 136, 147 HAVERBECK-WETZEL, Ursula 32 "Heldengedenktag" siehe Volkstrauertag HENNIG, Rigolf 38 HESs, Rudolf 42, 46 Hildburghausen (Thüringen) 78 Hildebrand, Jana 25 Hooliganund Rockerszene 73, 75 ff., 81 Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) 76 HOZAT, Bese 127 HUBBARD, Lafayette Ronald 147 f. I Identitäre Bewegung (IB) 20, 40 50 ff. Ilfeld (Thüringen) 59 Irak 17, 126 ff., 130, 141 (Islamische Republik) Iran 127 f., 151, 155, 158 f. Islamischer Staat (IS) 133 f., 136,140, 145 Islamismus/Islamist/islamistisch 136 ff. J Jihad 136, 140, 142 ff. JUCHEM, Wolfgang 46 Jugend für Menschenrechte 148 (SO-Kampagne) Junge Landsmannschaft 60 f. Ostdeutschland (JLO) Junge Nationaldemokraten (JN) 22, 60 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 207 STICHWORTVERZEICHNIS K Kameradschaft 17 ff., 30, 41 f., 48 Kameradschaft Aachener Land 30 Kameradschaft Hamm 30 Kampfbündnis Mitteldeutschland 64, 78 Kampfbündnisse 18, 49, 64, 78 KARL, Andreas 43 Kategorie C - Hungrige Wölfe (Band) 76 KLUG, Robert 43 KÖBELE, Patrick 116 Köthen (Anhalt) 25, 71 (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) Kollektiv 41, 74 f., 78 Kommunalpolitische Vereinigung 22 der NPD (KPV) Kommission für Verstöße der 147 Psychiatrie gegen Menschenrechte (KVPM) Kommunistische Partei Deutschlands 101, 116 Kommunistische Partei Deutschlands 101 (KPD/Ost) Kontrolle des Verfassungsschutzes 12, 195 Konzerte 79 ff., 104 Koordination der kurdischen 127 demokratischen Gesellschaft in Europa (CDK) KRAMER, Matthias 116 KRETSCHMER, Marcel 33, 38 L Landesregierung 8, 12, 14 Landtag 12, 14 Landtagswahl 19, 24 f., 30 f., 33, 53, 68, 86, 98, 101 ,106, 121 Langenselbold (Hessen) 96 Legalresidentur 151 Leipzig (Sachsen) 47, 54, 109, 119 Lernen und Kämpfen (LuK, Publikation) 119 LIEBICH, Sven 87 f. Liederabende 79 f. LIES!-Aktion 139 f. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 208 STICHWORTVERZEICHNIS Linksextremismus/linksextremistisch 98 ff. Linksextremistische Parteien und 116 ff. Vereinigungen Lutherstadt Wittenberg 24 (Landkreis Wittenberg) M Magdeburg 14, 21 f., 25 f., 29, 31 f., 39, 41, 44f., 47, 50, 56, 59, 69, 73 ff., 83 f., 86, 100, 102 f., 105, 107 f., 110 ff., 116, 123, 125, 131 ff. MAGIDA 70 MAGIDA 2.0 83 ff. Mahnwache 17, 32, 40, 45, 48, 71, 131 MARKTL, Ellen 94 Marxistisch-Leninistische Partei 119 ff. Deutschlands (MLPD) Marxistische Blätter (Publikation) 116 Mednuce (TV-Sender) 128 Mezopotamien Kulturhaus e.V. 130, 132 Musikveranstaltungen 17, 79 (rechtsextremistische) N Nationaldemokratische Partei 22 ff. Deutschlands (NPD) Nationaler Widerstand Dortmund 30 (NWDO) Nationalsozialismus 19, 23, 27, 36, 42, 59 ff. Nationalsozialisten 41 f., 47 Naumburg (Burgenlandkreis) 25 Naumburg, OT Bad Kösen 47 Naumburg, OT Bad Kösen, Saaleck 47 Nebra (Burgenlandkreis) 44 Neonaziszene 41 ff. Newaya Jin (Publikation) 128 Newroz 132 Nordische Zeitung (Publikation) 58 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 209 STICHWORTVERZEICHNIS Nordkorea 159 NUCE TV 128 O ÖCALAN, Abdullah 126 ff., 131 ff. Offene Antifaplenum (OAP) 88 Öffentlichkeitsarbeit 12, 15 Office of Special Affairs (OSA) 147 Oranienbaum-Wörlitz 29 (Landkreis Wittenberg) Oschersleben (Landkreis Börde) 31 f., 45, 68, 111 P (Islamische Republik) Pakistan 145, 158 Parlamentarische Kontrollkommission 12 Partei der demokratischen Union (PYD) 126, 133 f. PEGIDA-Bewegung 83, 17 PFÜRSTINGER, Kai 60 Politisch motivierte Strafund 65, 102, 201 Gewalttaten Präventionsarbeit 14 f. Proliferation 150, 158 f. PÜSCHEL, Hans 25 Q Quedlinburg (Landkreis Harz) 31 Querfurt (Saalekreis) 31, 70f. R Rassismus/rassistisch 18, 23, 39, 42, 51, 58, 63 ff., 111, 117, 121 Rathenau, Walther 42, 47 REBELL (Jugendverband der MLPD) 122 rebell (Publikation) 119 Rechtsextremismus/rechtsextremistisch 17 ff. Rechtsextremistische Musik 79 f. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 210 STICHWORTVERZEICHNIS Rechtsextremistische Parteien und 17 ff. Vereinigungen Rechtsextremistische Vertriebe 81 Reichsbürger 89 ff. Religionsgemeinschaft heilsamer Weg 95 e.V. i.G. (Buddhistische Religionsgemeinschaft) rf-news (Online-Portal) 119 Ring Nationaler Frauen (RNF) 22 Rockerund Hooliganszene siehe Hooliganund Rockerszene Rojava (Syrien) 133 Rote Hilfe e.V. (RH) 101, 123 ff. ROTH, Stephan 60 Russische Nachrichtendienste 151 ff. S Salafismus 137 ff. Salzwedel (Hansestadt; 77, 91, 93, 105, 123, 125 Altmarkkreis Salzwedel) Sangerhausen 40, 43, 47 (Landkreis Mansfeld-Südharz) SCHAUB, Bernhard 38 SCHMIDTKE, Sebastian 24 Schönhausen (Landkreis Stendal) 46 Schwanebeck, OT Nienhagen 80 (Landkreis Harz) Schwarze Kreuze (Aktionsform) 46 Scientology-Organisation 147 ff. Selbstverwalter 89 ff. Serxwebun (Publikation) 128 Sicherheitsüberprüfung 11, 162 f. Sicherheitsüberprüfungsund 163 ff. Geheimschutzgesetz (SÜG-LSA) Sonnenwendfeier 21, 42, 48, 55, 59 Spionageabwehr 150 ff. Staßfurt (Salzlandkreis) 24 Stendal (Hansestadt; 32, 69 Landkreis Stendal) Sterka Ciwan (Publikation) 128 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 211 STICHWORTVERZEICHNIS Stimme von und für Elbe-Saale 119 (Publikation) Straftaten 28, 64 ff., 71, 75, 111, 124 f., 162, 201 Stuttgart (Baden-Württemberg) 147 Subkulturelle Szene 62 ff., 75, 81 Syrien 17, 126 ff., 130, 133 ff., 141, 155, 158 T Tag des politischen Gefangenen 108 Terrorismus/terroristisch 128, 136, 141 The Way of Happiness Foundation 148 THIEL, Steffen 25 "Trauermarsch" 60 Türkei 127, 130 ff. U Unsere Zeit (UZ, Publikation) 116 URSACHE, Adrian 94 f. V Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans 127, 133 (KCK) Verbotsverfahren der NPD 19, 27 Verein zur Rehabilitierung der wegen 30 Bestreitens des Holocaust Verfolgten (VRBHV) Verschlusssache 157, 162 (rechtsextremistische) Vertriebe 81 f. VOIGT, Udo 24 Volkskongress Kurdistans 127 (KONGRA GEL) Volkstrauertag 47 f. (szeneintern "Heldengedenktag") Volksverteidigungseinheiten (YPG) 133 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 212 STICHWORTVERZEICHNIS W WALDE, Peter 22, 24f. Weißenfels (Burgenlandkreis) 25, 43, 45, 48, 78 WEINERT, Alexander 43, 45 Wernigerode (Landkreis Harz) 56 Wirtschaftsschutz 155 Wirtschaftsspionage 155 WISCHER, Felix 46 Wittenberg siehe Lutherstadt Wittenberg WORCH, Christian 29 World Institute of Scientology 147 Enterprises (WISE) Y Yeni Özgür Politika (Publikation) 128 Z Zeitz (Burgenlandkreis) 47 ZIMMERMANN, Ingo 29, 33 f. Zusammen Kämpfen (ZK) 105, 107 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 213 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AAB Antifaschistische Aktion Burg AAS Antifaschistische Aktion Salzwedel AK Arbeitskreis ApS Applied Scholastics (siehe Scientology) BFE Bund Freies Europa BpjM Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien CDK Civata Demokratik Kurdistan Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa DKP Deutsche Kommunistische Partei DDR Deutsche Demokratische Republik EA Europäische Aktion EU Europäische Union FSB Federalnaja Sluschba Besopasnosti Inlandsgeheimdienst der RF G 10-LSA Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes im Land Sachsen-Anhalt GRU Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije - Militärischer Auslandsnachrichtendienst der RF GSD Gemeinsam Stark Deutschland HoGeSa Hooligans gegen Salafisten IB(D) Identitäre Bewegung (Deutschland) IHK Industrieund Handelskammer IS Islamischer Staat JLO Junge Landsmannschaft Ostdeutschland e.V. JN Junge Nationaldemokraten Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 214 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS KADEK Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane (Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans) KCK Koma Civaken Kurdistan (Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans) KGB Komitet Gosudarstwennoj Besopasnosti (ehemaliger sowjetischer Inund Auslandsnachrichtendienst) KKK Koma Komlen Kurdistan Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan KONGRA GEL Kongra Gele Kurdistan (Volkskongress Kurdistans) KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPD/Ost Kommunistische Partei Deutschlands/Ost KPV Kommunalpolitische Vereinigung der NPD KVPM Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte LuK Lernen und Kämpfen (Publikation) MC Motorcycle Club (Motorradclub) MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MOIS Ministry of Information and Security, iranischer Nachrichtendienst NAV-DEM Navenda Civaka Demoratik ya Kurden li Almanya, Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland NKA Nationales Kollektiv Anhalt NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NRW Nordrhein-Westfalen NSBM National Socialist Black Metal Nationalsozialistischer Black Metal NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei NWDO Nationaler Widerstand Dortmund Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 215 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS OT Ortsteil OSA Office of Special Affairs (OSA) PKK Parlamentarische Kontrollkommission PKK Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans) PYD Partiya Yekitiya Demokrat Partei der demokratischen Union RF Russische Föderation RH Rote Hilfe RNF Ring Nationaler Frauen StGB Strafgesetzbuch SÜG-LSA Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz im Land Sachsen-Anhalt SWR Sluschba Wneschnej Raswedki (Ziviler Auslandsnachrichtendienst der Russischen Föderation) TJ Tablighi Jama'at Gemeinschaft der Verkündigung der Mission UZ Unsere Zeit (Publikation) VerfSchG-LSA Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt VS Verschlusssache WISE World Institute of Scientology Enterprises YDK Yekitiya Demokratik a Gele Kurd Kurdische Demokratische Volksunion YPK Yekineyen Paraszina Gel Kurdisch-syrische Verteidigungseinheiten ZASt Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber ZK Zusammen Kämpfen Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 216 REGISTERANHANG REGISTERANHANG zum Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2016 In diesem Registeranhang sind die im vorliegenden Bericht genannten Parteien und Gruppierungen aufgeführt, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, es sich mithin um eine extremistische, in Sachsen-Anhalt sich betätigende Partei oder Gruppierung handelt. A Antifaschistische Aktion Burg (AAB) Antifaschistische Aktion Salzwedel (AAS) Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Arbeitskreis Antifa Magdeburg (AK Antifa) Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. B Brigade Halle (Saale) Brigade Magdeburg D Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland (NAV-DEM) Der III. Weg (Partei) Deutsche Kommunistische Partei (DKP) DIE RECHTE (Partei) E Europäische Aktion Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 217 REGISTERANHANG F Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans (KADEK) G Gemeinschaften der Kommunen Kurdistans (KKK) Gesellschaftskritische Odyssee (GekO) I Identitäre Bewegung Deutschland e.V. (IBD) J Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) Junge Nationaldemokraten (JN) K Kampfbündnis Mitteldeutschland Kommunalpolitische Vereinigung der NPD (KPV) Koordination der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa (CDK) M MAGIDA 2.0 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) N Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Nationales Kollektiv Anhalt (NKA) O Offene Antifaplenum (OAP) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 218 REGISTERANHANG P Partei der demokratischen Union (PYD) R REBELL (Jugendverband der MLPD) Ring Nationaler Frauen (RNF) Rote Hilfe e.V. (RH) S Scientology-Organisation T Tablighi Jama'at (Gemeinschaft der Verkündigung der Mission) V Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans (KCK) Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL) Z Zusammen Kämpfen (ZK) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 219 PUBLIKATIONSLISTE PUBLIKATIONSLISTE Allgemeine / phänomenbereichsübergreifende Themen Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Welt-offenheit in Sachsen-Anhalt veröffentlicht im Mai 2012 Handreichung für hauptund ehrenamtlich Tätige in der Flüchtlingshilfe "Aktivitäten extremistischer Akteure im Zusammenhang mit Flüchtlingen" veröffentlicht im Dezember 2015 Faltblatt "Was macht der Verfassungsschutz?" veröffentlicht im Oktober 2015 Tagungsdokumentation "Hass als politisches Programm" Gemeinschaftsveranstaltung der Landesbehörden für Verfassungsschutz Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen am 15. Mai 2014 in Berlin veröffentlicht im November 2014; nur als PDF verfügbar Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 220 PUBLIKATIONSLISTE Rechtsextremismus Informationsblatt Informationsmöglichkeiten und Handlungsempfehlungen bei rechtsextremistischen Anmietversuchen -Private Räume veröffentlicht im Dezember 2012 Broschüre "Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus" überarbeitete Auflage 2013 veröffentlicht im Januar 2013 Tagungsdokumentation "Neue Erscheinungsund Aktionsformen im Rechtsextremismus" am 20. November 2013 an der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt veröffentlicht im April 2014 Reichsbürgerszene Tagungsdokumentation Reichsbürger" - Sonderlinge oder Teil der rechts-extremen Bewegung? Fachtagung am 8. Oktober 2014 an der Fachhoch-schule Polizei Sachsen-Anhalt veröffentlicht im Mai 2015 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 221 PUBLIKATIONSLISTE Informationsflyer "Reichsbürger" in Sachsen-Anhalt Was ist zu tun? veröffentlicht im Dezember 2016 Islamistischer Extremismus / Salafismus Broschüre "Salafistische Bestrebungen in Deutschland" Gemeinsame Broschüre des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Verfassungsschutzbehörden der Länder veröffentlicht im April 2012 Informationsflyer "Salafismus: Radikalisierung im Namen Allahs" Salafistische Mission erkennen - Radikalisierungen bemerken veröffentlicht im Dezember 2016 Wirtschaftsschutz / Proliferation Broschüre Wirtschaftsspionage Risiko für Unternehmen, Wissenschaft und Forschung veröffentlicht im Juli 2014 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 222 PUBLIKATIONSLISTE Broschüre Proliferation - Wir haben Verantwortung Gemeinsame Broschüre des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Verfassungsschutzbehörden der Länder veröffentlicht im März 2014 Faltblätter zum Wirtschaftsschutz zu den Themen - Verfassungsschutz - Ihr Ansprechpartner für Wirtschaftsschutz - Elektronische Attacken auf Informationsund Kommunikationstechnik - Besuchermanagement - Umgang mit Besuchern und Fremdpersonal - Geschäftsreisen - Schützen Sie Ihr Know-how! - Sicherheit im Know-how-Transfer - Personalauswahl - Sicherheitsaspekt im Unternehmen - Sicherheitslücke Mensch - Der Innentäter als größte Bedrohung für die Unternehmen - Wirtschaftsspionage durch Diebstahl und Einbruchdiebstahl - Schrankenlose Offenheit - "Soziale Netzwerke" im Web - Wissenschaftsspionage - Gefahr für Forschung und Lehre Informationsflyer Wirtschaftsschutz in Sachsen-Anhalt veröffentlicht im März 2015 Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 223 PUBLIKATIONSLISTE Tagungsdokumentation Wirtschaftsschutztag Sachsen-Anhalt - Effizienter Schutz für Unternehmen im Inund Ausland 1. Sachsen-anhaltischer Wirtschaftsschutztag am 16. September 2015 in Barleben Veröffentlicht im Juni 2016 Diese sowie weitere Publikationen der Verfassungsschutzbehörde Sachsen-Anhalt können Sie telefonisch bestellen unter 0391-5673900 oder im Internet unter www.mi.sachsenanhalt/verfassungsschutz abrufen. Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 2016 224