Verfassungsschutzbericht 2012 Ministerium für Inneres und Sport II Verfassungsschutzbericht 2012 - Berichtszeitraum 1.1. 31.12.2012 - Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt III IV Vorwort Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Liebe Bürgerinnen und Bürger, die fürchterliche NSU-Mordserie hat uns alle tief erschüttert. Jetzt kommt es nicht nur darauf an, dass die Taten komplett aufgeklärt werden, sondern dafür zu sorgen, dass solche schrecklichen Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland sich nicht wiederholen. Dazu gehört eine funktionierende Sicherheitsarchitektur mit einer engen Kooperation zwischen den verschiedenen Sicherheitsbehörden. Der Verfassungsschutz ist fester Bestandteil im Sicherheitsgefüge und ist unverzichtbar für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, die wir gegenüber jedweden Verfassungsfeinden verteidigen. Die NSU-Morde haben uns deutlich gemacht, dass eine stärkere Sicherheitskooperation längst überfällig ist. Sachsen-Anhalt hat mit einem Acht-Punkte-Programm bereits notwendige Schritte eingeleitet: Neben der Zusammenführung der Aufgaben von Auswertung und Beschaffung in einem Fachreferat steht insbesondere eine stärkere Transparenz mit einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit im Fokus. Der Verfassungsschutzbericht 2012 ist Teil dieser Öffentlichkeitsarbeit. Er informiert auf 183 Seiten darüber, welche verfassungsfeindlichen Bestrebungen für das Berichtsjahr in Sachsen-Anhalt relevant waren. Herausgreifen möchte ich ein Großkonzert der rechtsextremistischen Szene am 26. Mai 2012 im Schwanebecker Ortsteil Nienhagen, zu dem nahezu 1.800 Personen anreisten. Nicht nur mit Konzerten versucht die rechtsextremistische Szene, sich jugendadäquater zu gestalten. Im Internet nutzen Rechtsextremisten alle gängigen Formate und Darstellungsformen, um damit nicht nur in der V Vorwort Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 realen, sondern auch in der virtuellen Welt präsent zu sein und wahrgenommen zu werden. Dieser Bericht macht deutlich, wie vielfältig die Bedrohungen unseres Gemeinwesens sind. Er soll nicht nur informieren, sondern auch sensibilisieren. Damit leistet er einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger und unserer Verfassung. Mein besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes. Sie tragen durch ihre zuverlässige Arbeit dazu bei, dass sich die Menschen in unserem Land sicher fühlen können. Die Ereignisse des Berichtsjahres unterstreichen aber, wie unerlässlich die Arbeit des Verfassungsschutzes ist. Ihr Holger Stahlknecht Minister für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt VI Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 I. DER VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT 1 Verfassungsschutz und Demokratie 1 Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sowie Neuausrichtung des Verfassungsschutzes 4 Methoden und Mittel nachrichtendienstlicher 7 Tätigkeit Keine polizeilichen Befugnisse 9 Kontrolle des Verfassungsschutzes 9 Auskunftserteilung 10 Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes 10 II. RECHTSEXTREMISMUS 15 ÜBERBLICK UND AUSBLICK 15 GEWALTBEREITER RECHTSEXTREMISMUS 17 Allgemeines 17 Rechtsterrorismus 18 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten 19 "Blood & Honour" (B&H) und Hammerskinheads 23 Rechtsextremistisch beeinflusste Hooliganund Rockerszene 24 Rechtsextremistische Musik 24 Rechtsextremistische Vertriebe 28 RECHTSEXTREMISTISCHE SZENEN IN SACHSEN30 ANHALT Rechtsextremistische Szene in Halle (Saale) 30 Rechtsextremistische Szene im Saalekreis 31 Rechtsextremistische Szene im Burgenlandkreis 34 Rechtsextremistische Szene in Magdeburg 40 Rechtsextremistische Szene im Salzlandkreis 43 Rechtsextremistische Szene im Landkreis Jerichower Land 45 Rechtsextremistische Szene im Landkreis Börde 45 VII Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Rechtsextremistische Szene in der Altmark 45 Rechtsextremistische Szene im Landkreis Harz 47 Rechtsextremistische Szene im Landkreis Mansfeld48 Südharz Rechtsextremistische Szene in der Region Dessau48 Roßlau und in den Landkreisen Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld ORGANISATIONSÜBERGREIFENDE AKTIVITÄTEN 51 Aktivitäten zum Gedenken an die Bombardierung 51 Dresdens im Zweiten Weltkrieg Aktivitäten zum Hitlergeburtstag 52 Aktivitäten zum 1. Mai 53 Aktivitäten zum 8. Mai 54 Aktivitäten zum 17. Juni 55 Aktivitäten zum Todestag von Rudolf Heß 55 Trauermarsch" am 4. August in Bad Nenndorf (Niedersachsen) 56 Sommersonnenwendfeier 56 Aktivitäten zum "Heldengedenktag" (Volkstrauertag) in Sachsen-Anhalt 57 Aktionsform Die Unsterblichen 58 Rechtsextremistische Agitationsfelder Islamfeindlichkeit 60 NUTZUNG NEUER MEDIEN VON RECHTSEXTRE61 MISTEN Internetkriminalität im politischen Extremismus 61 Internetradios 61 Exekutivmaßnahmen gegen Betreiber der rechtsextremistischen Internetplattform "Thiazi-Forum" 62 Internet-Portal "Altermedia Deutschland" 63 Rechtsextremisten in sozialen Netzwerken des 64 Internets VIII Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 RECHTSEXTREMISTISCHE PARTEIEN UND VEREINIGUNGEN 65 Nationaldemokratische Partei Deutschlands - Die Volksunion (NPD) 65 Junge Nationaldemokraten (JN) 78 Partei "DIE RECHTE" 81 Exilregierung des Deutschen Reichs 82 Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) 83 Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. ( Artgemeinschaft ) 83 IX Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 III. LINKSEXTREMISMUS 84 ÜBERBLICK und AUSBLICK 84 AUTONOME 85 Selbstverständnis 85 Strafund Gewalttaten 86 Spezifische Aktionsfelder der Autonomenszene in Sachsen-Anhalt 89 LINKSEXTREMISTISCHE PARTEIEN UND SONSTIGE GRUPPIERUNGEN 99 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 99 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Ost) 101 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 101 Rote Hilfe (RH) 103 IV. SICHERHEITSGEFÄHRDENDE UND EXTREMISTISCHE BESTREBUNGEN VON AUSLÄNDERN 105 ÜBERBLICK UND AUSBLICK 105 ISLAMISTISCHE UND ISLAMISTISCH-TERRORISTISCHE BESTREBUNGEN 106 Salafistische Bestrebungen 106 Internationaler Terrorismus 109 SICHERHEITSGEFÄHRDENDE UND EXTREMISTISCHE BESTREBUNGEN VON AUSLÄNDERN (OHNE ISLAMISMUS) 112 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 112 Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) 119 X Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 V. SPIONAGEABWEHR 122 FREMDE NACHRICHTENDIENSTE 122 Russische Nachrichtendienste 122 Syrische Nachrichtendienste 125 Marokkanische Nachrichtendienste 127 PROLIFERATION 128 Arabische Republik Syrien 129 Islamische Republik Iran 129 Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea) 130 WIRTSCHAFTSSCHUTZ 132 MITARBEIT DER BEVÖLKERUNG 137 VI. GEHEIMSCHUTZ 138 Allgemeines 138 VII. ANHANG 140 GESETZ ÜBER DEN VERFASSUNGSSCHUTZ 140 IM LAND SACHSEN-ANHALT (VerfSchG-LSA) STRAFUND GEWALTTATENSTATISTIK 162 STICHWORTVERZEICHNIS 165 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 178 REGISTERANHANG DER EXTREMISTISCHEN ORGANISATIONEN 181 BILDNACHWEIS 183 XI Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 I. DER VERFASSUNGSSCHUTZ IN SACHSEN-ANHALT Verfassungsschutz und Demokratie Die Bekämpfung des Extremismus in jeglicher Form, der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Stärkung eines demokratischen und toleranten Bewusstseins unserer Gesellschaft gehören zu den zentralen Aufgaben unserer wehrhaften Demokratie. Die geschichtlichen Erfahrungen der Weimarer Republik, die sich den Angriffen von rechts und links schutzlos ausgesetzt sah und schließlich vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten kapitulieren musste, sowie der Willkürherrschaft der nationalsozialistischen Diktatur, die den Prinzipien der Menschenwürde, Freiheit und Demokratie Hohn sprach, veranlassten die Verfasser des Grundgesetzes, verbürgte Grundrechte mit dem obersten Prinzip der Achtung der Menschenwürde und staatsbürgerlicher Freiheiten als verfassungsrechtliche Grundlagen des demokratischen Staatswesens zu formulieren und die Bundesrepublik Deutschland als streitbare Demokratie zu gestalten. Deshalb enthält das Grundgesetz (GG) Vorkehrungen zum Schutz und zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung: die Unabänderlichkeit wesentlicher Grundsätze der Verfassung wie zum Beispiel der Schutz der Menschenwürde und fundamentale Verfassungsgrundsätze (Art. 79 Abs. 3 GG), das Recht, Parteien (Art. 21 Abs. 2 GG) und sonstige Vereinigungen (Art. 9 Abs. 2 GG) zu verbieten, wenn diese darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen, die Verwirkung bestimmter Grundrechte, wenn diese zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht werden (Art. 18 GG). 1 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land SachsenAnhalt (VerfSchG-LSA) zählen: das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung der parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, die Unabhängigkeit der Gerichte, der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt konkretisierten Menschenrechte. Auch die Einrichtung von Verfassungsschutzbehörden ist Ausdruck der Entscheidung des Grundgesetzgebers für eine wehrhafte Demokratie. Eine ihrer wesentlichsten Aufgaben ist die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel 2 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 haben. Damit sollen sie als Frühwarnsystem extremistische und die verfassungsgemäße Ordnung gefährdende Aktivitäten frühzeitig erkennen und in ihrer Bedeutung analysieren und bewerten. Hierüber haben sie zu berichten, um eine politische Einschätzung der Sicherheitslage zu ermöglichen. Ziel ist nicht die operative Gefahrenabwehr, sondern die politische Information. 1 Das Grundgesetz hat dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Art. 73 Nr. 10b und Nr. 10c GG) zugewiesen und ihn zur Einrichtung von Zentralstellen zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) ermächtigt. Das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) 2 regelt unter anderem den gemeinsamen Aufgabenrahmen der Verfassungsschutzbehörden und ihre Zusammenarbeit. Das BVerfSchG verpflichtet die Länder zur Einrichtung von Landesbehörden für den Verfassungsschutz. Die Länder haben ihre Verfassungsschutzbehörden entweder als Teil des Ministeriums des Innern oder als selbstständige Landesbehörde organisiert. In Sachsen-Anhalt wird die Aufgabe des Verfassungsschutzes von einer Abteilung des Ministeriums für Inneres und Sport wahrgenommen. Einrichtung, Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde werden durch das VerfSchG-LSA geregelt 3 . Das Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes im Land Sachsen-Anhalt (AG G 10-LSA) 4 beinhaltet die landesrechtlichen Aus- 1 Vgl. Urteil des BVerfG zur ATD vom 24. April 2013, Az.: 1 BvR 1215/07, RN 118. 2 BGBl. 1990, Teil I, S. 2954, 2970, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. August 2012 (BGBl. 2012, Teil I, S. 1798). 3 GVBl. LSA 2006, S. 236, geändert durch Gesetz vom 13. Juni 2012 (GVBl. LSA S. 187). 4 GVBl. LSA 2006, S. 12, 25, geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Januar 2012 (GVBl. LSA S. 2); Bundesrecht: Artikel 10-Gesetz - G 10 (BGBl. 2001, Teil I, S. 1254, 2298), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. 2011, Teil I, S. 2576). 3 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 führungsbestimmungen für Maßnahmen, die in das Grundrecht nach Art. 10 GG eingreifen. Das Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz (SÜGLSA)5 ist die gesetzliche Regelung für Sicherheitsüberprüfungen, die aus Gründen des Geheimschutzes oder des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes erforderlich werden. Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sowie Neuausrichtung des Verfassungsschutzes Aufgabe der sachsen-anhaltischen Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und die Auswertung von Informationen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, im Sinne der SSSS 94 bis 99, 129, 129a des Strafgesetzbuches, 3. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Grundgesetzes, 4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 5 GVBl. LSA 2006, S. 12, 14. 4 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 5. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 GG), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 GG) gerichtet sind. Der Verfassungsschutz ist eine Institution des demokratischen Rechtsstaats. Gleichwohl wird die Unverzichtbarkeit der Nachrichtendienste im Zusammenspiel der Sicherheitsbehörden für die Gewährleistung der inneren Sicherheit im demokratischen Rechtsstaat vor dem Hintergrund der Mordserie des rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zum Teil offen in Frage gestellt. Dieser kritischen Diskussion muss sich der Verfassungsschutz stellen. Die Innenministerkonferenz (IMK) hat bereits im August 2012 die aufkeimende Kritik zum Anlass genommen, den Arbeitskreis IV Verfassungsschutz zu beauftragen, die Strukturen im Verbund sowie das Zusammenwirken mit den Sicherheitsbehörden auf Optimierungsbedarf zu überprüfen und Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen zu erarbeiten. Eine Neuausrichtung des Verfassungsschutzes ist auch mit Blick auf die Wiederherstellung des Vertrauens in die Leistungsfähigkeit und Rechtmäßigkeit des Verfassungsschutzes und damit für seine gesellschaftliche Akzeptanz unumgänglich. Der für die IMK am 6. und 7. Dezember 2012 in RostockWarnemünde erarbeitete Bericht enthält eine Vielzahl von Optimierungsvorschlägen, deren Spannweite von der Auswahl und Qualifizierung des Personals über den wechselseitigen Informationsaustausch und die Arbeitsteilung im Verfassungsschutzverbund bis zur Standardisierung des Einsatzes von Vertrauenspersonen (V-Personen) und die stärkere Nutzung moderner Medien reicht. Zielsetzungen sind die frühzeitige Zusammenführung aller relevanten Erkenntnisse der beteiligten Sicherheitsbehörden, die deutlichere Definition der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern im Verbund, 5 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 die Schaffung eines übergreifenden, gemeinsamen Sicherheitsverständnisses, das über die Besonderheiten der jeweiligen Fachbehörden hinausgeht, eine bundeseinheitliche Qualitätssicherung, zum Beispiel in der Ausund Fortbildung oder im besonders sensiblen Bereich des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel, sowie ein stärkeres Gewicht von Prävention und Aufklärung der Öffentlichkeit im Aufgabenprofil des Verfassungsschutzes. Für den Erfolg der von der IMK beschlossenen Maßnahmen ist die vorbehaltslose Unterstützung seitens der politischen Verantwortungsträger sowie aller beteiligten Behörden einschließlich ihrer Mitarbeiter unerlässlich. Die gesellschaftliche Akzeptanz des Verfassungsschutzes hängt hiervon wesentlich ab. Das neue, erweiterte Aufgabenverständnis des Verfassungsschutzes erfordert von den Mitarbeitern neben methodisch analytischen auch zugleich soziale und kommunikative sowie besondere fachliche Kompetenzen. So soll der Verfassungsschutz seine Rolle als Frühwarnsystem in Bezug auf extremistische Bestrebungen und seine Aufgaben im Bereich der Prävention und Aufklärung der Öffentlichkeit zukünftig besser und zielgerichteter wahrnehmen. Zu den Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde zählt auch die Mitwirkung bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Aufenthalts-, dem Staatsangehörigkeits-, dem Luftsicherheits-, dem Sprengstoffund dem Atomgesetz sowie nach der Bewachungsverordnung. Im Rahmen des Geheimschutzes und des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes wirkt die Verfassungsschutzbehörde bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen des öffentlichen und nichtöffentlichen Bereichs mit. Sie berät zudem bei technischen Sicherheitsmaßnahmen. Um im Sinne eines ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes alle relevanten Erkenntnisse in Bezug auf den islamistischen Extremismus und Terrorismus zentral auswerten zu können, ist bereits im Jahr 6 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 2004 im Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt das Gemeinsame Informationsund Auswertungszentrum islamistischer Terrorismus (GIAZ) geschaffen worden. Im GIAZ arbeiten Mitarbeiter von Verfassungsschutz und Polizei unter Beachtung des Trennungsgebots und der für die jeweilige Behörde geltenden Rechtsvorschriften zusammen. Der sachsen-anhaltische Verfassungsschutz arbeitet zudem an den Standorten Köln und Meckenheim (Nordrhein-Westfalen) im gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) mit. Das GETZ nahm am 15. November seine Arbeit auf. Unter seinem Dach wird die Kooperation zwischen Polizei und Verfassungsschutz, zwischen Bund und Ländern in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus/-terrorismus, Linksextremismus/terrorismus, Ausländerextremismus, Spionageabwehr und Proliferation gebündelt. Ein Vertreter der Verfassungsschutzbehörde wirkt am Standort Berlin im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) des Bundes und der Länder mit, das sich mit der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus und Extremismus beschäftigt. Die gemeinsamen Abwehrzentren sind keine neuen Behörden, sondern bilden die zeitgemäße Ausformung einer Informationsund Kommunikationsplattform aller beteiligten Behörden. Ziel ist es, Fachexpertise aller Behörden unmittelbar zu bündeln und einen möglichst lückenlosen und schnellen Informationsfluss sicherzustellen. Methoden und Mittel nachrichtendienstlicher Tätigkeit Den überwiegenden Teil ihrer Informationen gewinnt die Verfassungsschutzbehörde aus allgemein zugänglichen, so genannten offenen Quellen. Das sind zum Beispiel Programme und Flugblätter, öffentliche Aussagen auf Versammlungen oder Veröffentlichungen im Internet. Wo diese offene Informationserhebung nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht, darf die Verfassungsschutzbehörde unter den Voraussetzungen der SSSS 7 und 8 VerfSchG-LSA und Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nachrichtendienstliche Mittel einsetzen. Hierzu zählen zum Beispiel der Einsatz von verdeckten Ermittlern, V-Personen, Ob- 7 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 servationen, Bildund Tonaufzeichnungen oder die Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel kann dann erforderlich werden, wenn eine Organisation oder Gruppierung sich nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit zusammenfindet oder sich generell konspirativ verhält, um ihre wahren Absichten zu verschleiern. Weil der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel einen Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen darstellt, ist er nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise nicht möglich ist. Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen (SS 8 Abs. 1 Satz 3 VerfSchG-LSA). Ein nach wie vor unverzichtbares nachrichtendienstliches Mittel ist der Einsatz von V-Personen. Bei ihnen handelt es sich um Personen, die gezielt zur verdeckten Beschaffung von Informationen eingesetzt werden. V-Personen sind keine Bediensteten der Verfassungsschutzbehörde. Die Steuerung extremistischer Gruppierungen oder Organisationen durch V-Personen ist unzulässig. Zu den nachrichtendienstlichen Mitteln zählt auch die Brief-, Postund Telefonkontrolle. Der hiermit verbundene Eingriff in das Grundrecht nach Artikel 10 GG ist nach Maßgabe des Artikel 10Gesetzes zulässig. Die Verfassungsschutzbehörde ist im Rahmen detaillierter gesetzlicher Regelungen befugt, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen, sowie die dem Briefoder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen und einzusehen. 6 6 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10), BGBl. 2001, Teil I, S. 1254, 2298, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. 2011, Teil I, S. 2576). 8 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Keine polizeilichen Befugnisse Die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde zielt nicht unmittelbar auf die Verhütung und Verhinderung von konkreten Straftaten oder die Vorbereitung entsprechender operativer Maßnahmen. Die Aufgabe beschränkt sich auf eine Berichtspflicht gegenüber den politisch Verantwortlichen beziehungsweise der Öffentlichkeit. 7 Die Verfassungsschutzbehörde hat deshalb keine polizeilichen Befugnisse. Ihre Mitarbeiter sind also nicht berechtigt, zu verhören, zu verhaften, festzunehmen, anzuhalten, zu beschlagnahmen oder zu durchsuchen. Die Verfassungsschutzbehörde darf auch nicht im Wege der Amtshilfe die Polizei um die Durchführung von Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. Kontrolle des Verfassungsschutzes Die Verfassungsschutzbehörde unterliegt der Kontrolle durch den Landtag. Diese Aufgabe nimmt die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) 8 wahr. Hiervon bleiben die anderen Rechte des Landtags und seiner Ausschüsse unberührt. Die Landesregierung hat diese Kommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. Die aus fünf Abgeordneten des Landtags bestehende PKK tritt mindestens vierteljährlich zusammen. Grundsätzlich hat die PKK das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde sowie auf Anhörung von Auskunftspersonen (SS 27 VerfSchG-LSA) 9 . In den Fällen der oben dargestellten Maßnahmen nach dem Artikel 10-Gesetz und der Wahrnehmung von besonderen Auskunftsbefugnissen nach SS 17a VerfSchG-LSA erfolgt die Kontrolle durch ein 7 Vgl. Urteil des BVerfG zur ATD vom 24.04.2013, Az.: 1 BvR 1215/07, RN 118. 8 Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung der Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission und der G 10-Kommission vom 12. Januar 2012 (GVBl. LSA S. 2) wurde die Anzahl der Kommissionsmitglieder von bislang vier auf nunmehr fünf Abgeordnete des Landtags von SachsenAnhalt erhöht. 9 Siehe Anhang. 9 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 eigens dafür eingesetztes Gremium, die G 10-Kommission. Deren Kontrollbefugnis erstreckt sich auf den gesamten Prozess der Verarbeitung und Nutzung der erlangten personenbezogenen Daten. Zusätzlich wird die Landesregierung auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes von dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, dem Landesrechnungshof und den Gerichten kontrolliert. Schließlich unterliegt die Verfassungsschutzbehörde einer faktischen Kontrolle durch die Berichterstattung der Medien und der öffentlichen Meinung. Auskunftserteilung Jeder kann unentgeltliche Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten beantragen. Die Verfassungsschutzbehörde ist nach SS 14 VerfSchG-LSA grundsätzlich verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Die Auskunft hat jedoch zu unterbleiben, wenn bestimmte, im Gesetz geregelte Ausschlussgründe vorliegen. Ein solcher Ausschlussgrund ist beispielsweise gegeben, wenn durch die Auskunftserteilung eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörde drohen würde. Im Berichtsjahr gab es 38 Auskunftsersuchen. Auskunft über die zur Person gespeicherten Daten 3 Negativauskunft, keine Daten gespeichert 21 Rücknahme des Auskunftsersuchens 1 Keine Bearbeitung mangels Identifizierung des Ersuchenden 10 13 Auskunftsersuchen insgesamt 38 Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes Aufgeklärte und interessierte Bürger treten für den Erhalt und Schutz unserer Demokratie ein. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsschutzes ist es daher, den Dialog mit den Bürgern ü- ber die Aufgabenfelder der Behörde zu führen. Die Öffentlichkeits10 Geht ein Ersuchen ein, wird der Ersuchende zunächst gebeten, eine Kopie seines Personalausweises oder eines entsprechenden Personendokuments zur Identitätsfeststellung zu übersenden. Dies soll den Ersuchenden davor schützen, dass möglicherweise andere Personen in seinem Namen Auskunft verlangen und Daten gegebenenfalls an Unberechtigte übermittelt werden. 10 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 arbeit des Verfassungsschutzes bietet Informationen über seine Erkenntnisse an. Um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen, bedarf es einer geistig-politischer Auseinandersetzung mit dem Thema Extremismus. Der Verfassungsschutz ist Teil der inneren Sicherheitsstruktur unseres Landes und nimmt hier eine wesentliche und unverzichtbare Rolle ein. Mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit leistet die Verfassungsschutzbehörde einen wichtigen Beitrag in der notwendigen Auseinandersetzung mit extremistischem und terroristischem Gedankengut. Regierung und Parlament, aber auch Bürger und Medien werden vom Verfassungsschutz über die Aktivitäten und Absichten der verfassungsfeindlichen Organisationen informiert. So kann sich die Allgemeinheit selbst ein Urteil über die Gefahren bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Bestrebungen drohen. Verfassungsschutzbericht Die Verfassungsschutzbehörde erfüllt mit diesem Bericht ihre gesetzlichen Unterrichtungspflichten, die in SS 15 Absatz 1 und 2 des VerfSchG-LSA normiert sind. Durch den Verfassungsschutzbericht wird daher auch die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von SS 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA informiert. Hierzu zählen insbesondere Bestrebungen von Extremisten, Islamisten und Terroristen. Soweit der Verfassungsschutzbericht einzelne Gruppierungen namentlich darstellt, handelt es sich sofern nicht anders erwähnt um Fälle, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Ziele im Sinne des SS 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA verfolgt, es sich mithin um eine extremistische Gruppierung handelt (siehe Anhang). Allerdings erwähnt der Verfassungsschutzbericht nicht alle Beobachtungsobjekte der Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt. Die Nennung lediglich extremistisch beein11 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 flusster Gruppierungen dient dem Verständnis des sachlichen Zusammenhangs. Hinweise auf Geschehnisse außerhalb Sachsen-Anhalts wurden in diesem Bericht aufgenommen, sofern sie für das Verständnis des Gesamtzusammenhangs erforderlich sind. Die in Anführungszeichen gefassten Textteile wurden, sofern es sich um Zitate handelt, in der Originalschreibweise wiedergegeben. Personenund Funktionsbezeichnungen in diesem Bericht gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form. Bei den Personenzusammenschlüssen wurden die jeweiligen Mitgliederzahlen zum Teil geschätzt und gerundet. Die Verfassungsschutzberichte der letzten fünf Jahre können im Internet unter der Adresse www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz unter Download weiterer Dokumente heruntergeladen oder bei der Verfassungsschutzbehörde kostenlos angefordert werden. Verfassungsschutz durch Aufklärung Das Ministerium für Inneres und Sport misst der präventiven Auseinandersetzung mit dem Extremismus eine besondere Bedeutung zu. So wird über entsprechende Programme gegen den Extremismus Stellung bezogen. Hier sei nur das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit genannt, das sich zur Aufgabe gemacht hat, die demokratische Kultur und die aktive Zivilgesellschaft in unserem Bundesland weiter zu stärken. 12 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Der Information der Allgemeinheit dienen auch die jüngsten Veröffentlichungen der Verfassungsschutzbehörde. So wurde mit der Neuauflage der Broschüre Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus auf Veränderungen in der rechtsextremistischen Szene im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild von Rechtsextremisten und deren Grußformeln, Parolen oder Musik eingegangen. Die Broschüre beschäftigt sich intensiv mit Flaggen, Runen, rechtsextremistischer Kleidung und Musik. Mittels Bildern wird dargestellt, welche dieser Ausdrucksformen strafrechtlich relevant sind. Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt hat unter dem Titel "Kein Raum für Rechtsextremisten" zwei neue Infoflyer herausgegeben, die in zusammengefasster Form Hinweise zum Umgang mit Mietgesuchen aus der rechten Szene enthalten. Damit werden Kommunen und private Vermieter über bestehende Möglichkeiten informiert, wie sie Extremisten ihre Räume für ihre menschenund demokratiefeindlichen Aktivitäten verwehren können. Die Infoflyer, die interessierten Verbänden und Privatpersonen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, sind ebenfalls beim Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt erhältlich und stehen unter der genannten Adresse zum Download bereit. Darüber hinaus halten Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde Vorträge über - offen verwertbare Ergebnisse der nachrichtendienstlichen Facharbeit, - die Präventionsmöglichkeiten und - die Institution des Verfassungsschutzes. Vortragsanfragen richten Sie bitte an: vschutz@mi.sachsenanhalt.de, oder wenden Sie sich direkt an uns. 13 Allgemeines Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Weitere Informationen erhalten Sie zudem auch über das Internetangebot des Verfassungsschutzes. Unter www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz können Sie nicht nur die oben beschriebenen Materialien und die Verfassungsschutzberichte der vergangenen fünf Jahre beziehen, sondern sich auch zu den Aufgabenfeldern der Behörde informieren. Der sachsen-anhaltische Verfassungsschutz beteiligt sich an dem gemeinsamen Internetangebot der norddeutschen Verfassungsschutzbehörden unter dem Titel "Für Demokratie und Toleranz - Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus". Das Angebot ist unter folgender Adresse abrufbar: www.verfassungsschutzgegenrechtsextremismus.de Weitere Publikationen anderer Landesämter und des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu fast allen Themenfeldern des Verfassungsschutzes stehen Ihnen unter der Homepage des Bundesamtes für Verfassungsschutz: www.verfassungsschutz.de zur Verfügung. Über die Pressestelle des Ministeriums für Inneres und Sport steht der Verfassungsschutz auch den Medienvertretern als Ansprechpartner zur Verfügung. 14 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 II. RECHTSEXTREMISMUS ÜBERBLICK UND AUSBLICK Die Beobachtung rechtsextremistischer und rechtsterroristischer Bestrebungen ist seit Jahren ein Arbeitsschwerpunkt der Verfassungsschutzbehörde. Wie die nachfolgende Übersicht über das erkannte rechtsextremistische Personenpotenzial zeigt, hat SachsenAnhalt mit einer zunehmenden rechtsextremistischen Belastung zu kämpfen, obwohl die Bevölkerungszahl sich in den letzten Jahren verringert hat. Rechtsextremisten 11 2011 2012 Parteien und Vereinigungen 250 250 Neonazis 290 330 Unstrukturierte, subkulturell geprägte und 760 780 gewaltbereite Rechtsextremisten sonstige Personenzusammenschlüsse 40 40 Gesamt: 1340 12 1400 13 Die Mehrzahl der Rechtsextremisten ist dem unstrukturierten Spektrum zuzurechnen, das durch einen geringen Organisationsgrad, subkulturelle Lebensart, Spontaneität und Aktionismus gekennzeichnet ist. Dieser Szene, die im Berichtszeitraum rund 780 Personen umfasste, muss eine weitgehende Gewaltbereitschaft attestiert werden. Hier sind diejenigen Rechtsextremisten zu verorten, die zum einen politisch motivierte Gewalt bereits praktiziert haben und zum anderen Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele grundsätzlich befürworten. Hier sind Angriffe auf Angehörige und Treffpunkte der linksextremistischen Szene auch künftig zu erwarten; eine Abkehr vom gesteigerten Gewaltpotenzial in der RechtsLinks-Konfrontation ist nicht in Sicht. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass sowohl Parteieinrichtungen als auch Personen des öffentlichen Lebens, die sich kritisch mit dem Rechtsextremismus auseinandersetzen, Ziel rechtsextremistischer Agitation werden 11 Zahlen zum Teil geschätzt und gerundet. 12 1320 nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften. 13 1350 nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften. 15 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 können. Daneben sind auch weiterhin schwere, insbesondere fremdenfeindliche Gewaltdelikte zu befürchten. Das rechtsextremistische Personenpotenzial, das sich bewusst einer Organisierung unterwirft und in unterschiedlicher Ausprägung und auf der Grundlage einer neonationalsozialistischen Ideenwelt zahlreiche Aktivitäten entfaltet, nahm im Jahr 2012 zu. Diese Personenzusammenschlüsse, denen allen kameradschaftsähnliche Formen mit unterschiedlichen Bezeichnungen eigen sind, konnten von der Schwäche der sachsen-anhaltischen NPD profitieren. Die NPD ist nach dem verfehlten Einzug in den Landtag von Sachsen-Anhalt im März 2011 in eine Starre verfallen. Einige wenige Kreisverbände treffen sich regelmäßig und versuchen ein Mindestmaß an Parteiarbeit umzusetzen, andere Kreisoder Ortsverbände stehen nur noch auf dem Papier. Im Wesentlichen beschränkt sich die NPD auf ihr Engagement im Rahmen des rechtsextremistischen Demonstrationsgeschehens in Stendal, Ortsteil Insel, sowie auf thematische Infostände oder Kundgebungen weniger Personen, die keine nennenswerte Resonanz in der Bevölkerung auslösten. Die NPD steht aber nach wie vor als Bündnispartner für die neonazistische Kameradschaftsszene bereit. Wie die Großdemonstration im Januar zum Gedenken an die Zerstörung Magdeburgs am Ende des Zweiten Weltkriegs zeigte, wird auch die rechtsextremistische Strategie einer Volksfront von rechts in Sachsen-Anhalt praktiziert. Derartige Veranstaltungen verdeutlichen aber auch die Fähigkeit der rechtsextremistischen Szene zur Vernetzung und länderübergreifenden Zusammenarbeit. Diesem Beziehungsgeflecht gilt es besondere Aufmerksamkeit zu schenken, denn Rechtsextremisten wollen ihre erkannte Regionalität überwinden, um die Potenziale anderer Gruppen zu nutzen und letztlich insgesamt schlagkräftiger in Erscheinung zu treten. 16 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Die aktuelle Berichterstattung zum Rechtsextremismus widmet sich stärker neonazistischen Aktivitäten im Internet, da alle gängigen Anwendungen des Internets auch von Rechtsextremisten genutzt werden. In Zukunft werden sich die Aktionsformen der rechtsextremistischen Szene jugendadäquater gestalten. Über das Internet schnell organisierte Flashmobs und Verabredungen zu Spontanaktionen werden verstärkt das Bild des Rechtsextremismus zeichnen. Klassisch agierende Parteien wie die NPD werden weiter an Bindungskraft einbüßen. Flexible mitunter aber auch kurzlebige Erscheinungsformen, die sowohl in der realen als auch in der virtuellen Welt verankert sind, werden den Rechtsextremismus in Deutschland in den nächsten Jahren charakterisieren. Es ist auch vorstellbar, dass mehr und mehr Einzelpersonen agieren, die keine Gruppenanbindung benötigen. Dies wird jedoch die Bekämpfung derartiger politisch extremer Umtriebe erschweren und die Sicherheitsbehörden vor neue Herausforderungen stellen. GEWALTBEREITER RECHTSEXTREMISMUS Eine Gruppe oder Person gilt als gewaltbereit, wenn sie für sich selbst gewalttätiges Handeln zur Durchsetzung politischer Ziele als legitimes Mittel ansieht. Allgemeines Die rechtsextremistische Szene nutzte erneut öffentliche Anlässe und Gedenktage für ihre eigenen propagandistischen Aktivitäten. Bei Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner sowie mit der Polizei ist die Hemmschwelle zum Einsatz körperlicher Gewalt oder gemeingefährlicher Mittel sehr niedrig. Die Anzahl der Angehörigen der subkulturell geprägten Szene blieb in Sachsen-Anhalt zum Vorjahr (2011: 760 Personen) mit etwa 780 Personen nahezu gleich. Im Bundestrend (subkulturelle Rechtsext17 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 remisten) ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen (2011: 7.600, 2012: 7.500 Personen). Rechtsterrorismus Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Mordserie des rechtsterroristischen NSU und der Anschläge des Anders Behring BREIVIK in Norwegen müssen Hinweise auf eine Radikalisierung und Bewaffnung der rechtsextremistischen Szene besonders aufmerksam beobachtet werden. Die Gefahr des Rechtsterrorismus bleibt so lange bestehen, wie die ideologischen Voraussetzungen weiter vorhanden sind sowie in der Szene fremdenfeindliche und rassistische Überzeugungen im Duktus eines drohenden Untergangs der Deutschen beschworen werden. Die Gefahr potenziert sich allgemein mit der Waffenaffinität der Rechtsextremisten. Wenngleich derzeit keine konkreten Anhaltspunkte auf Nachahmungstäter im Sinne des NSU oder BREIVIKs vorliegen, können derartige Taten von rechtsextremistisch motivierten Einzeltätern oder Gruppen nicht ausgeschlossen werden. Die rechtsextremistische Szene fühlt sich durch die vermehrten Exekutivmaßnahmen zwar unter Druck gesetzt, beschränkt sich aber bislang auf vereinzelte Solidaritätsbekundungen für die Betroffenen. Reaktionen beschränken sich ü- berwiegend auf verschwörungstheoretische Verlautbarungen. Lediglich beim mutmaßlichen Unterstützer des NSU, Ralf WOHLLEBEN, finden Solidarisierungsaktionen statt. Versuche, die Gewalttaten des NSU zu rechtfertigen, sind innerhalb der aktuellen Debatte unter Rechtsextremisten kaum zu beobachten. Verfassungsschutz und Polizei überprüfen ihre Aktenbestände auf NSU-Bezüge. Bislang konnten keine strategischen Verbindungen des NSU nach Sachsen-Anhalt festgestellt werden. Im Rahmen von Beweismittelbeschlüssen unterrichten Verfassungsschutz und Polizei fortlaufend den 2. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des 17. Deutschen Bundestags in Berlin. Am 18. April wurde der Polizei bekannt, dass auf dem Gelände Alte Halde in Thale-Benneckenrode (Landkreis Harz) Patronen und Reste einer Panzergranate zu finden sind. Vom Kampfmittelbesei18 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 tigungsdienst konnten weiterhin 1,5 kg Schwarzpulver, 1,5 kg TNT und Nitropenta 14 sowie Sprengkapseln aufgefunden und sichergestellt werden. Tatverdächtiger ist ein bekannter Rechtsextremist aus dem Landkreis Harz, dem Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz vorgeworfen werden. Gegen den Angeschuldigten wurde zwischenzeitlich Anklage erhoben. Politisch motivierte Strafund Gewalttaten Die Anzahl der von Straftätern der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) -rechtsverübten Delikte bewegt sich nach wie vor auf hohem Niveau. Im Jahr 2012 wurden insgesamt 2.031 politisch motivierte Strafund Gewalttaten registriert. 1.576 sind davon dem Bereich -rechtszuzuordnen. Unter ihnen befinden sich 84 Gewalttaten -rechts-, wobei hier ein Rückgang von 9 Prozent zu verzeichnen ist. 92 90 88 86 84 2010 82 2011 80 78 2012 76 74 Gewalttaten -rechtsin den vergangen drei Jahren Nach wie vor dominieren innerhalb der PMK -rechtsdie rechtsextremistischen 15 Strafund Gewalttaten, deren Anzahl sich auf insgesamt 1.494 beläuft. Diese erhöhte sich somit um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Des Weiteren befinden sich hierunter 68 rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten, was einem Anstieg um 8 Prozent entspricht. Betrachtet man die rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten bezogen auf 10.000 Einwohner, dann sind 14 Sprengstoff und Arzneimittel. 15 Nach den Grundsätzen des Definitionssystems Politisch motivierte Kriminalität bilden politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund eine Teilmenge der politisch motivierten Kriminalität. Siehe Anhang. 19 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Gewaltschwerpunkte in den Landkreisen Börde, Jerichower Land und im Burgenlandkreis festzustellen. Propagandadelikte Propagandadelikte bilden mit knapp 59 Prozent weiterhin den Schwerpunkt der PMK. Bei den rechtsmotivierten Propagandadelikten dominieren sie sogar mit etwa 72 Prozent. Fremdenfeindlich motivierte Straftaten Der überwiegende Teil rechtsextremistischer Gewalttaten war fremdenfeindlich motiviert. Hierbei kam es zu Gewaltdelikten von Einzeltätern oder losen Tätergruppen in Form von Körperverletzungen gegen Fremde. Neben einem situativen, durch Alkohol geförderten, Tatimpuls war gelegentlich auch ein planmäßiges und zielgerichtetes Vorgehen der Täter vorhanden. Geleitet von einer antisemitischen Ideologie waren auch jüdische Einrichtungen Ziele rechtsextremistischer Straftaten. Im Vordergrund derartiger Taten, mit denen auch in Zukunft gerechnet werden muss, steht zumeist 20 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 die Symbolträchtigkeit des Objekts, die Botschaft der Tat und die damit verbundene Öffentlichkeitswirkung. In Flechtingen, Ortsteil (OT) Behnsdorf (Landkreis Börde) ritzte am 20. Januar ein Täter zunächst Hakenkreuze auf Pkw. Danach entzündete er Altpapier in einer Tonne vor einem Mehrfamilienhaus einer polnischen Familie. Nachdem er das entstandene Feuer wahrgenommen hatte, verließ er den Tatort. Als Motivation gab er bei der polizeilichen Vernehmung an, dass er Rechtsextremist sei und Polen hasse. Am 29. April besuchte eine syrische Familie ein Volksfest in Lutherstadt Eisleben (Landkreis Mansfeld-Südharz). Als die Familienangehörigen sich unmittelbar vor dem Eingang des Festzelts befanden, wurden sie von Rechtsextremisten mit Teleskopschlagstöcken angegriffen. Durch den Angriff wurde ein Syrer schwer verletzt. Über einen Tatverdächtigen aus Eisleben lagen bereits Erkenntnisse über rechtsextremistische Aktivitäten vor. Am 18. November wurde ein chinesischer Student in Köthen (Anhalt) (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) vor einem Studentenwohnheim zunächst von einem Tatverdächtigen als Reisfresser verbal beleidigt und dann geschlagen. Anschließend erschienen vier weitere Tatverdächtige, die den Chinesen an den Armen festhielten, so 21 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 dass der Schläger ihn weiter mit Fäusten attackieren konnte. Als der Student flüchtete, zerschlug ein Tatverdächtiger die Hauseingangstür des Wohnheims mit einem Fahrrad. Antisemitisch motivierte Straftaten Jüdische Einrichtungen wie auch Gedenkstätten, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, bleiben Ziele rechtsextremistischer Straftaten. In Schönebeck (Elbe) (Salzlandkreis) entwendeten drei Tatverdächtige am 29. Januar das Eingangsschild an der ehemaligen Synagoge. Am 23. Januar wurde in Schönebeck (Elbe) ein Nutzer einer Internetplattform in einer Gruppe Netz gegen Nazis von Unbekannten dahingehend bedroht, dass man ihn vergasen, ihm die Kehle durchschneiden, in den Nacken schießen und so lange mit Stiefeln ins Gesicht treten werde, bis er an seinem eigenen Blut ersticke . Des Weiteren bekam er ein Bild mit einem Judenstern zugesandt. Hierzu war vermerkt, wer dieses Zeichen trägt, ist ein Feind unseres Volkes. Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner Bei Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der rechtsund linksextremistischen Szene ist vereinzelt auch ein Übergang von spontanen zu geplanten Aktionen zu verzeichnen. Dies gilt insbesondere, wenn sich das gegenseitige Aggressionspotenzial aufgrund verbaler Attacken und Outingaktionen aufgeschaukelt hat. Am 11. März stellte ein Unbekannter in SangerhausenOberröblingen (Landkreis Mansfeld-Südharz) unter einem Pseudonym in einem Internetportal insgesamt 31 Nachrichten mit bedrohenden und beleidigenden Inhalten ein. Unter anderem wurde ein Geschädigter in einer dieser Nachrichten als linke autonome Judensau" bezeichnet. Weiterhin drohte der Täter, den Geschädigten und dessen Familie auszulöschen". Der Täter verfügte über ge22 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 naue Ortskenntnisse zur Wohnanschrift des Geschädigten. Der Geschädigte ist engagiertes Mitglied im Jugendbereich der Partei DIE LINKE.". Unbekannte Täter verschütteten in den Nachtstunden des 4. Mai auf einem Grundstück der linksalternativen Szene in Halle (Saale) Buttersäure. Die Substanz wurde auf einem Teppich vor einem Bierwagen festgestellt, der sich im frei zugänglichen Innenhof des Grundstücks befand. Im gleichen Zeitraum wurden weitere Buttersäureanschläge auf vergleichbare Objekte in den Hansestädten Rostock und Anklam (beide Mecklenburg-Vorpommern) verübt. Darüber hinaus kam es vermehrt zu Sachbeschädigungen an und im Umfeld von Parteibüros der Partei DIE LINKE. , wie beispielsweise im November in Quedlinburg (Landkreis Harz). Hier beschmierten unbekannte Täter den Bürowegweiser der Partei mit dem Schriftzug SED-VERBRECHER". Im gleichen Zeitraum wurde das Wahlkreisbüro mit rechtsextremistischen Aufklebern beschädigt. Im Berichtsjahr wurden außerdem rechtsextremistisch motivierte Sachbeschädigungen an Parteibüros anderer demokratischer Parteien festgestellt. Blood & Honour (B&H) und Hammerskinheads (HS) Blood & Honour ist eine weltweit aktive Bewegung, die in Deutschland im September 2000 verboten wurde. Die seitdem immer noch existenten ausländischen Blood & Honour -Strukturen sind dadurch nicht beeinträchtigt. Für Sachsen-Anhalt liegen derzeit keine Erkenntnisse über die Fortführung der verbotenen Organisation vor, gleichwohl identifizieren sich Angehörige der rechtsextremistischen Szene auch weiterhin mit dieser Organisation, indem sie an deren Konzerten teilnehmen. Blood & Honour - Konzerte finden jedoch ausschließlich im Ausland statt. Daneben wird in Großbritannien jährlich in zeitlicher Nähe zum Todestag für den am 23. September 1993 verstorbenen Begründer der Organisation, Ian Stuart DONALDSON, ein Gedenkkonzert organisiert (ISD Memorial). 23 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Eine weitere internationale Skinheadbewegung, die Hammerskinheads, sind durch ihre länderinterne Unterteilung in Chapter fester strukturiert als Blood & Honour . Erklärtes Ziel ist es, weltweit alle weißen und rechtsextremistischen Skinheads unter einer Hammerskin-Nation zu vereinigen. Hammerskins vertreten rassistische Grundeinstellungen und betrachten sich selbst als Elite der Bewegung. In Sachsen-Anhalt liegen keine Erkenntnisse für ein eigenes Chapter vor. Rechtsextremistisch beeinflusste Hooliganund Rockerszene Verstärkte exekutive Maßnahmen und ein hoher Verfolgungsdruck als Folge der NSU-Ermittlungen führten dazu, dass Angehörige der subkulturellen rechtsextremistischen Jugendszene und Angehörige weiterer rechtsextremistischer Personenzusammenschlüsse sich anderen Subkulturen zuwandten. Die Zugehörigkeit zur sowie Aktivitäten in der so genannten Rockerszene finden außerhalb des Fokus der Verfassungsschutzbehörde 16 in eingetragenen Vereinen statt. Bindeglied ist die gemeinsame rassistische Einstellung. Rechtsextremistische Musik Unter rechtsextremistischer Musik versteht man die Kombination rechtsextremistischer Texte mit verschiedenen Musikstilen, wie Rock/Hardrock, Heavy Metal, Liedermacher, Gothic, Dark Wave, Schlager, Rockabilly oder Volkslieder. Diese Aufzählung zeigt, dass rechtsextremistische Musik nicht nur mit einem Musikstil, wie beispielsweise der Skinheadmusik verbunden ist, sondern ganz unterschiedlich klingen kann. Musik, das bestimmende Element innerhalb der rechtsextremistischen Jugendszene, ist nach wie vor die Einstiegsdroge in die rechtsextremistische Szene. Diese Musik spricht vor allem Jugend16 Die Abteilung Verfassungsschutz des sachsen-anhaltischen Ministeriums für Inneres und Sport beobachtet Personenzusammenschlüsse nach Maßgabe des SS 4 Absatz 1 VerfSchG-LSA. Derzeit liegen hier keine Erkenntnisse vor, dass hier ansässige Rockerklubs Bestrebungen im Sinne von SS 4 Absatz 1 VerfSchG-LSA entfalten. Gleichwohl ist aus der Beobachtung rechtsextremistischer Bestrebungen bekannt, dass einzelne Rechtsextremisten Mitglieder von Rockerklubs sind. 24 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 liche an, die im Allgemeinen im Laufe ihrer Entwicklung eine gewisse Protestphase durchlaufen, in der gegen alle vorgegebenen gesellschaftlichen Maßstäbe und Institutionen (Schule, Elternhaus, Gesellschaft) rebelliert wird. In dieser Phase werden Rechtsextremisten aktiv nicht selten erfolgreich. Beispielhaft seien hier die Versuche genannt, entsprechende Tonträger auf Schulhöfen zu verteilen. 17 Rechtsextremisten versuchen damit ihre neonazistische Weltanschauung zu propagieren. Die Texte dieser Musik verunglimpfen häufig Institutionen des demokratischen Rechtsstaats, verherrlichen Gewalt oder rufen zu Gewalttaten auf. Weiterhin propagieren sie ein rassistisches Weltbild und/oder glorifizieren führende Funktionsträger. Großen Raum nimmt auch die Selbststilisierung von Rechtsextremisten als Widerstandskämpfer gegen das bestehende politische System ein. Rechtsextremistische Musikveranstaltungen in Sachsen-Anhalt Im Berichtsjahr wurden zehn rechtsextremistische Konzerte festgestellt. Eines dieser Konzerte wurde von der Polizei abgebrochen und ein weiteres im Vorfeld verhindert. Außerdem fanden zehn Liederabende statt, in deren Verlauf so genannte Liedermacher der rechtsextremistischen Szene politisch rechtsorientiertes Liedgut vortrugen. Das in den letzten Jahren im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Musikveranstaltungen immer wieder im Mittelpunkt stehende Objekt des bekennenden Neonazis Enrico MARX im Allstedter Ortsteil Sotterhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) hat im Berichtszeitraum keinen herausgehobenen Stellenwert mehr eingenommen. Anfang des Jahres wurden mehrere Liederabende in einem Club in der Hansestadt Gardelegen (Altmarkkreis Salzwedel) veranstaltet. Durch einen Besitzerwechsel ist die Örtlichkeit nunmehr dem Zugriff der rechtsextremistischen Szene entzogen. 17 Siehe Seite 79. 25 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Ähnlich verhielt es sich mit einem Objekt in einem Gardelegener Industriegebiet. Dort sollte es unter anderem am 13. Oktober zu einer Musikveranstaltung kommen, die jedoch durch entsprechende polizeiliche Maßnahmen verhindert werden konnte. Als die Grundstückseigentümer darüber unterrichtet wurden, in welcher Art das vermietete Grundstück genutzt wurde, beendeten sie mit sofortiger Wirkung den Mietvertrag, so dass auch dieses Objekt der Szene nicht mehr zur Verfügung steht. Der Schwanebecker Ortsteil Nienhagen (Landkreis Harz) rückte auch im Jahr 2012 weiter in den Fokus der Ordnungsund Sicherheitsbehörden: Der bekannte Rechtsextremist Oliver MALINA, der bereits in Niedersachsen als Organisator von Konzertveranstaltungen der rechtsextremistischen Szene in Erscheinung trat, verlegte 2008 seinen Wohnort nach Nienhagen. MALINA verfügt über jahrelange Erfahrungen bei der Vorbereitung und Durchführung von Musikveranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. So organisierte er am 16. Juli 2011 ein Großkonzert mit mehreren, szeneintern als hochkarätig angesehenen Bands vor über 1.000 Teilnehmern. 18 Danach fanden in Nienhagen mehrere Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene mit Liedermachern und bekannten Szenebands aus dem Inund Ausland statt. Ihren Höhepunkt erreichten die Besucherzahlen bei einem Konzert am 26. Mai mit den Gruppen Endstufe (Hansestadt Bremen), Les Vilains (Belgien), Legittima Offesa (Italien), Brassic (USA) und der bayerischen Band Faustrecht . Hier reisten nahezu 1.800 Personen an. MALINA missachtete damit eine ihm erteilte Auflage (maximal 1.200 Besucher). Im Verlauf der Veranstaltung kam es zudem seitens der Teilnehmer vereinzelt zu strafbaren Handlungen (Propagandadelikte gemäß SS 86a StGB 19 ). Ein Banner an der rückwärtigen Hauswand des Objekts auf dem Veranstaltungsgelände wies mit der Aufschrift Honour & Pride auf die Gruppierung hin, die für die Or18 Vgl. Verfassungsschutzbericht 2011 des Landes Sachsen-Anhalt, Seiten 12 und 13. 19 Strafgesetzbuch. 26 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 ganisierung der Veranstaltungen verantwortlich war und der MALINA vorsteht. Mitte November kam es zu einer von einem Bürgerbündnis initiierten schriftlichen Bürgerbefragung unter den Einwohnern des Orts, in der diese sich mehrheitlich gegen weitere rechtsextremistische Konzertveranstaltungen aussprachen. Der Eigentümer des Veranstaltungsobjekts hatte sich zuvor verpflichtet, die Entscheidung der Bürger zu akzeptieren und umzusetzen. Dem eigentlichen Konzertveranstalter MALINA war das Gelände jeweils anlassbezogen verpachtet worden. Für die Zukunft muss mit einer Verlagerung der Musikveranstaltungen gerechnet werden. Herausragende rechtsextremistische Veranstaltungen außerhalb Sachsen-Anhalts Zu einem so genannten Nordic Summer Festival der Blood & Honour (B&H)-Supporter 20-Szene Finnlands am 14. Juli fanden sich etwa 250 Personen der internationalen B&H-Szene zusammen. Die Veranstalter zeigten sich aufgrund der relativ geringen Teilnehmerzahl sichtlich enttäuscht. Eine gleichzeitig durchgeführte Großveranstaltung in Italien könnte ursächlich dafür gewesen sein und zu einer Aufsplitterung der internationalen, in Deutschland seit 2000 verbotenen B&H-Szene geführt haben. Dies ist ein Indiz dafür, dass es innerhalb der B&H-Szene Europas keine übergeordneten Koordinationsmechanismen gibt. Eine Musikgruppe dieses Konzerts war Kraftschlag aus dem Raum Weißenfels (Burgenlandkreis) um den Frontmann Jens-Uwe ARPE. 20 Deutsch: Befürworter/Unterstützer. 27 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Rechtsextremistische Vertriebe In der rechtsextremistischen Szene haben sich seit Jahren umfangreiche nationale und internationale Produktionsund Vertriebsstrukturen entwickelt. Das Angebot ist vielfältig und reicht von teilweise in Eigenproduktion hergestellten Tonträgern, DVDs, Szenebekleidung, Fahnen, Aufnähern, Aufklebern, Büchern bis hin zu Alltagsgegenständen wie Tischwäsche, Handtücher und Geschirr mit heidnisch-germanischen Bezügen. Die Szeneartikel werden vorwiegend über Internetvertriebe, aber auch in einschlägigen Szeneläden und von mobilen Händlern am Rande von Musikveranstaltungen und Szenetreffen verkauft. Der professionelle Online-Versandhandel ist mit einem relativ geringen Aufwand für Betreiber und Kunden verbunden. Dies zeigt sich nicht zuletzt in geringeren Kosten für Miete, Nebenkosten und Personal sowie in der generellen Verfügbarkeit, Schnelligkeit und der Möglichkeit einer relativ anonymen Nutzung. Die Vertriebe werden meist von einer Person betrieben und unterliegen einer besonders hohen Fluktuation. Ein Grund dafür dürfte sein, dass derartige Online-Verkaufsplattformen relativ unkompliziert einzurichten und zu betreiben sind. Es ist davon auszugehen, dass die Onlinehändler häufig ohne unternehmerisches Hintergrundwissen einen solchen Versandhandel eröffnen. Das geschieht in der Hoffnung, derart hohe Umsätze zu erzielen, wie dies bei etablierten Vertrieben angeblich der Fall ist. Viele dieser neuen Händler scheitern jedoch nach kurzer Zeit. Zudem wird die Vertriebszene mit zunehmenden Geldeinbußen zu kämpfen haben, weil, wie in der allgemeinen Musikbranche auch, Tauschbörsen am Markt existieren und fast jeder Computer über die technische Voraussetzung verfügt, selbst CDs zu kopieren oder zu brennen. Nach Aussagen verschiedener Vertriebshändler fließt ein Teil der erzielten Verkaufserlöse in die Szene zurück, um politische Aktionen, Projekte und Veranstaltungen zu unterstützen. Im Allgemei28 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 nen dürften die Gewinne allerdings zu gering sein, um eine nachhaltige Finanzierung von Szeneaktivitäten zu ermöglichen und der eigene finanzielle Vorteil eher im Vordergrund stehen. Die bloße Ankündigung der Händler, einen Teil der Gewinne spenden zu wollen, ist für das Unternehmen schon eine nicht zu unterschätzende Eigenwerbung. Im Berichtsjahr waren in Sachsen-Anhalt sechs Online-Vertriebe aktiv, davon drei NSBM-Vertriebe. 21 Insgesamt ist die Anzahl der Händler gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken. Um diesen Unternehmern an dieser Stelle keine Werbeplattform zu bieten, wird von einer detaillierten Aufzählung abgesehen. 21 Nationalsozialistischer Black-Metal. 29 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 RECHTSEXTREMISTISCHE SZENEN IN SACHSEN-ANHALT Nachfolgend werden die nichtparteigebunden organisierten oder unstrukturiert agierenden rechtsextremistischen Personenzusammenschlüsse in Sachsen-Anhalt, wie sie sich im Berichtsjahr der Verfassungsschutzbehörde zeigten, dargestellt. Rechtsextremistische Szene in Halle (Saale) Das gesamte rechtsextremistische Spektrum im Bereich Halle (Saale) umfasst etwa 30 bis 40 aktive Personen. Die anhaltende Zersplitterung der dortigen Szene konnte nicht überwunden werden. In Halle (Saale) waren im Berichtsjahr die Personenzusammenschlüsse JN-Stützpunkt Halle und Aktionsgruppe Halle aktiv. JN-Stützpunkt Halle Der JN-Stützpunkt trat im Berichtsjahr nicht mehr mit eigenständigen Aktivitäten öffentlich in Erscheinung. Die Mitglieder nahmen meist sporadisch an Veranstaltungen des NPD-Kreisverbands Halle teil. Aktionsgruppe (AG) Halle Die Aktionsgruppe Halle war im Berichtszeitraum ein aktiver rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, der auch aufgrund guter Kontakte zu Enrico MARX und Stefan WAGNER (Sachsen) nicht nur regional, sondern auch überregional in Erscheinung trat. Der Gruppe können etwa 15 Szeneangehörige zugerechnet werden, die unter der Leitung von Kevin STEPHAN (Bad Lauchstädt, Saalekreis) stehen. Die AG verfügt über ein festes Szeneobjekt in Halle (Saale) und bietet dadurch Szeneangehörigen aus dem Umland, insbesondere aus Bad Lauchstädt und Landsberg (Saalekreis) die Möglichkeit, an ihren Kameradschaftsabenden teilzunehmen. 30 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Die Aktivitäten der AG nahmen zum Ende des Berichtszeitraums merklich ab. Die Fluktuation innerhalb der Gruppe ist relativ stark ausgeprägt. Ein Teil der Mitglieder wandte sich dem Personenkreis um MARX zu. Ein weiterer Teil zeigte kein Interesse für Aktivitäten. Dem Mitgliederschwund steht die Kameradschaftsführung hilflos gegenüber. Vereinzelt nahmen Mitglieder der AG an den so genannten Trauermärschen in Magdeburg und Dresden teil. 22 Im Zusammenhang mit der jährlich stattfindenden Aktionswoche Ein Licht für Dresden 23 im Februar wurden von Mitgliedern der AG Flugblätter, Aufkleber und Plakate in Halle (Saale) und Umgebung verteilt. Angehörige der AG wurden am 20. April ( Hitlergeburtstag ) in Allstedt, OT Nienstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz), festgestellt. 24 Dort waren Sieg-Heil -Rufe, Feuerwerk und Trommelgeräusche zu hören. Rechtsextremistische Szene im Saalekreis Der rechtsextremistischen ungebundenen Szene im Saalekreis können etwa 90 bis 95 Rechtsextremisten zugerechnet werden. Aktive Personenzusammenschlüsse waren die AG HalleSaalekreis mit ihren jeweiligen Ortsgruppen ( AG Querfurt und die bereits genannte AG Halle ) sowie die rechtsextremistische Szene Merseburg. Im Berichtszeitraum wurden Veranstaltungen durchgeführt, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurden. Aktionsgruppe (AG) Halle-Saalekreis Der Verbund Aktionsgruppe Halle-Saalekreis wird maßgeblich über die Aktivitäten der Ortsgruppen Halle und Querfurt definiert. Daneben ist noch die Aktionsgruppe Merseburg aktiv, welche ihre Eigenständigkeit bewahrt. Die seit Herbst 2011 festgestellten Bemühungen, weitere Ortsgruppen aufbauen zu wollen, sind zum Er22 Siehe Seite 41ff. 23 Siehe Seite 51. 24 Siehe Seite 52. 31 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 liegen gekommen. Die Ursache liegt in der mangelnden Führungstätigkeit einzelner Personen sowie den fehlenden Kontakten zu anderen Funktionsträgern innerhalb der rechtsextremistischen Szene. Die AG suggeriert durch ihre regelmäßig veröffentlichten Berichte auf ihrer Internetseite, dass es sich bei ihr um einen überregional aktiven Personenzusammenschluss handelt, der ständig neue Veranstaltungen stattfinden lässt. Tatsächlich handeln aber nur Einzelpersonen. Inhaltlich wurde auf der Internetseite der AG im Berichtszeitraum schwerpunktmäßig über tätliche Auseinandersetzungen zwischen Szeneangehörigen und dem politischen Gegner berichtet. Aufsehen erregte vor allem ein versuchtes Tötungsdelikt eines 28jährigen senegalesischen Staatsbürgers an einem 29-jährigen Deutschen in Dessau-Roßlau. Hier kam es am Abend des 16. Januar zu einer Eilversammlung im Stadtgebiet von Dessau-Roßlau. Insgesamt nahmen 400 bis 500 Personen, darunter laut Eigenangabe im Internet auch Angehörige der AG, teil. Weiterhin wurde auf der Internetseite zu einer geplanten Folgeveranstaltung am 21. Januar in Dessau-Roßlau, die aber untersagt wurde, berichtet. Rechtsextremisten nutzten dennoch die Möglichkeit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion. Etwa 50 Szeneangehörige, darunter auch Mitglieder der AG, marschierten in das Rathaus-Center und skandierten in der Einkaufspassage die Parole Deutschland den Deutschen, Ausländer raus! 25 Mit einem Beitrag vom 19. August rief die AG über ihre Internetseite zur Teilnahme an der verbotenen Antikriegstagsdemonstration am 1. September in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) auf. 26 Mit der Rechtfertigung, dass Deutschland völkerrechtswidrige Kriege unterstützen würde, sollte man schon im Vorfeld des 1. September an Mobilisierungsaktionen teilnehmen. Laut Eigenangabe auf ihrer Internetseite nahmen Mitglieder der AG an einer Demonstration am 13. Oktober in Dessau-Roßlau teil. Hierzu wurde unter der Rubrik Termine zur Teilnahme mobilisiert. 25 Siehe Seite 49. 26 Das Verbot war zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig. 32 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Unter dem Motto Deutsche Opfer Fremde Täter wollte man gemeinsam gegen die gescheiterte multikulturelle BRD-Politik protestieren . Unter der Überschrift Heldengedenken-Volkstrauertag beschreibt die AG auf ihrer Internetseite die Entwicklung des Volkstrauertags vor seinem vermeintlich geschichtlichen Hintergrund. Gleichzeitig wird auch an den Todestag von Jürgen Rieger 27 am 29. Oktober 2009 erinnert und der Tod Riegers als schwerer Schlag bezeichnet. Rechtsextremistische Szene Merseburg / Aktionsgruppe Merseburg Der rechtsextremistischen Szene in Merseburg werden etwa 30 Personen zugerechnet, die zum einen unorganisiert und zum anderen im NPD-Kreisverband Saalekreis organisiert sind. Am 15. Januar führten 22 Personen der rechtsextremistischen Szene in Merseburg eine Spontanversammlung durch, um einen Überfall des politischen Gegners am 14. Januar zu thematisieren. Die Aktion verlief störungsfrei. Zu dieser Aktion gab es eine Berichterstattung auf der Internetseite der AG, in der sich für die spontane Unterstützung der Kameraden aus Weißenfels und Umgebung bedankt wurde. Außerdem ist der mit einer gewissen Aggression versehene Aufruf enthalten: Von wegen rechter Terror der einzige Terror in diesem Land kommt von Links und den Verfassungsschützenden Organen. In diesem Sinne: Klagt nicht, kämpft! (Schreibweise wie im O- riginal). Des Weiteren wurde im Zusammenhang mit der Berichterstattung die Aussage getroffen: Wir werden uns unser Recht erkämpfen! Kein roter und feiger Überfall bleibt unbeantwortet! 27 2009 verstorbener Szeneanwalt, NPD-Mitglied und Neonazi. 33 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Im April wurden in Merseburg und in Braunsbedra (Saalekreis) Plakatierungen zum Thema Nationaler Widerstand festgestellt. Die Plakate enthielten die Aufschrift WIR WOLLEN EINE ZUKUNFT! NATIONALEN SOZIALISMUS DURCHSETZEN!... Aktionsgruppe (AG) Querfurt Das Gesamtbild der Aktionsgruppe Halle-Saalekreis wurde im Berichtsjahr anfangs vor allem von der Ortsgruppe Aktionsgruppe Querfurt bestimmt, die sich aber zunehmend durch eine gewisse Orientierungslosigkeit präsentierte. Der AG können zehn Personen zugerechnet werden. Mitglieder der AG Querfurt beteiligten sich am 13. Oktober in Dessau-Roßlau an einer Demonstration der rechtsextremistischen Szene und nahmen ansonsten an Aktivitäten der Aktionsgruppe Halle-Saalekreis teil. Rechtsextremistische Szene im Burgenlandkreis Die rechtsextremistische Szene im Burgenlandkreis ist eine der aktivsten Szenen in Sachsen-Anhalt und zeichnet sich durch umfangreiche Internetpublikationen aus. Derzeit sind etwa 80 Personen dieser Szene bekannt. Das Mobilisierungspotenzial dürfte aber höher sein. Personenzusammenschlüsse, die unter den Gruppenbezeichnungen AG Weißenfels , Freie Kräfte Naumburg , Freie Kräfte Burgenlandkreis firmieren sowie der NPD-Kreisverband Burgenlandkreis mit seiner Ortsgruppe Weißenfels bestimmen das Bild der rechtsextremistischen Szene im Burgenlandkreis. Im Berichtsjahr wurde festgestellt, dass sich die so genannten Freien Kräfte zunehmend sozialer Netzwerke im Internet bedienen. In diesem Zusammenhang wurden Accounts 28 der AG Weißenfels und der Freien Kräfte Naumburg festgestellt. In den Foren werden Diskussionen geführt und Kommentare veröffentlicht, die auf den ei28 Benutzerkonten in sozialen Netzwerken. 34 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 gentlichen Internetseiten der genannten Gruppierungen nicht zu finden sind. Im Account der Freien Kräfte Burgenlandkreis waren im Berichtszeitraum 145 Personen im Freundeskreis eingetragen. Aktionsgruppe (AG) Weißenfels Der Aktionsgruppe Weißenfels werden etwa 15 Personen zugeordnet, die zum Teil auch in der NPD-Ortsgruppe Weißenfels organisiert sind. Beide Gruppierungen sind eng verbunden. Dies zeigt sich vor allem an den gemeinsamen Veranstaltungen. Die AG war im Berichtszeitraum auch überregional aktiv. Hierbei dürften die engen Kontakte zur rechtsextremistischen Szene in Weimar, Erfurt und Hildburghausen (alle Thüringen) eine wesentliche Rolle gespielt haben. Mitte Januar nahmen Mitglieder der AG am jährlich stattfindenden Trauermarsch der Initiative gegen das Vergessen in Magdeburg teil. 29 Laut Eigenangabe auf ihrer Internetseite reisten Szeneangehörige aus Weißenfels auch nach Dresden, um am dortigen Trauermarsch der rechtsextremistischen Szene teilzunehmen. 30 Am Nachmittag des 1. Mai sollen laut Zeugenaussagen etwa 30 Personen der rechtsextremistischen Szene lautstark grölend durch Weißenfels gezogen sein. Die Polizei traf die Gruppe auf dem Bahnhofsvorplatz an und führte 15 Identitätsfeststellungen durch. Es handelte sich um rückreisende Demonstrationsteilnehmer einer versammlungsrechtlichen Aktion der rechtsextremistischen Szene in Weimar (Thüringen), die unter dem Motto: Wir wollen Arbeit, Freiheit und Recht Wir sind niemals euer Knecht stand. Im Zuge der Ermittlungen, insbesondere über einen Internetauftritt, stellte 29 Siehe Seite 41ff. 30 Siehe Seite 51. 35 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 sich heraus, dass dieser Aufzug durch Weißenfels in der Szene als versammlungsrechtliche Aktion in Fortsetzung der Demonstration in Weimar gewertet wurde. Die Polizei ermittelt wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Bis zum 13. Mai wurden in der Innenstadt etwa 100 Plakate und 20 Handzettel mit dem Wortlaut WIR WOLLEN EINE ZUKUNFT! , NATIONALEN SOZIALISMUS DURCHSETZEN! verteilt. Laut einer Eigenangabe auf der Internetseite der NPDOrtsbereichsgruppe Weißenfels wurden durch Mithilfe der so genannten Freien Kräfte etwa 3.000 Flugblätter im Mai und Juni in Weißenfels verteilt. In dem Flugblatt Die Heimat stellt sich die NPD-Ortsbereichsgruppe Weißenfels vor. Des Weiteren wird über Aktionen mit Freien Kräften , wie eine Flugblattverteilaktion im März, berichtet. Die NPD-Ortsbereichsgruppe Weißenfels rief im Internet zur Demonstrationsteilnahme am 16. Juli auf dem Weißenfelser Markplatz auf, da man gegen die Erhebung von Abwasserbeiträgen protestieren wollte. Fünf Personen, die mit T-Shirts Freie Kräfte Burgenlandkreis bekleidet waren, verteilten während der Montagsdemonstration NPD-Flugblätter. Von einem Jugendkulturverein wurde vom 25. bis 28. Juli das 11. No Silent Backlands Festival gegen rechte Gewalt" auf dem Schlosshof in Weißenfels organisiert. Unter der Überschrift No Silent Backlands abschaffen! veröffentlichte die AG auf ihrer Internetseite einen Beitrag, in dem sie erklärte, warum dieses Festival zukünftig nicht stattfinden sollte. Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass gerade der politische Gegner für gewaltsame Auseinandersetzungen verantwortlich sei. In einem Internetbericht der AG Weißenfels wurde dargelegt, dass 30 Kameraden am 12. August durch Weißenfels zogen, um auf einen Überfall auf zwei Szeneangehörige am 11. August im Weißenfelser Neustadtpark aufmerksam zu machen. Hierbei wur36 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 den sie von Szeneangehörigen aus Weimar und Erfurt (beide Thüringen) unterstützt. Einer Verlautbarung im Internet zufolge führten Angehörige der AG Weißenfels am 1. September eine Spontanaktion anlässlich des Antikriegstags in Weißenfels durch. Auf dem Marktplatz wurde Informationsmaterial der AG verteilt. Laut einer weiteren Eigenangabe nahmen Mitglieder der AG Weißenfels am 29. September an einer Demonstration der NPD und Freien Kräfte in Stendal teil. 31 Ende Oktober fand im Burgenlandkreis eine Outingaktion des politischen Gegners über Rechtsextremisten der Region statt. Mittels Flugblätter und Berichterstattung auf der Internetseite Indymedia wurden aktive, führende Szenemitglieder benannt. Diese Outingaktion führte zu einer Spontanversammlung am 3. November in Weißenfels, an der etwa 30 Angehörige der rechtsextremistischen Szene teilnahmen, um gegen diese Darstellung und eine zeitgleiche Demonstration der linksextremistischen Szene 32 zu protestieren. In einem Beitrag auf ihrer Internetseite bewertete die AG Weißenfels die vom Bundesverwaltungsgericht Anfang November bestätigte Entscheidung zur persönlichen Unzuverlässigkeit des Bezirksschornsteinfegers BATTKE 33 als staatliches Versagen auf allen Ebenen . Weiter hieß es: Ein Mann der sich für sein Volk einsetzt, wurde von den staatlichen Organen verraten. Wo bleibt der öffentliche Aufschrei? Wir stehen zu Lutz B. und allen verfolgten Nationalisten! Hoch die Nationale Solidarität! (Schreibweise wie im Original) Am 10. November fand in Hildburghausen (Thüringen) eine Demonstration der Freien Kräfte unter dem Motto Zukunft statt EUWahn statt. Organisator dieser Veranstaltung war Michel FI31 Siehe Seite 76. 32 Siehe Seite 91. 33 Siehe Seite 74. 37 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SCHER (Thüringen), Kameradschaftsführer der Kameradschaft Weimarer Land . Einer Angabe im Internet ist zu entnehmen, dass die Thüringer Unterstützung von Freien Kräften aus dem Burgenlandkreis und dem Raum Dessau-Roßlau erhielten. Zum gleichen Thema: Wir wollen Leben Zukunft statt EU-Wahn meldete Fischer für den 15. Dezember eine Demonstration im Stadtgebiet von Weißenfels an. Hieran beteiligten sich 115 Rechtsextremisten, darunter zahlreiche Personen aus Thüringen. Freie Kräfte Naumburg Im Februar wurde eine neue Internetseite mit der Bezeichnung Freie Kräfte Naumburg bekannt. Unter der Rubrik Wer wir sind! erklärt die Gruppierung: Wir sind eine junge und dynamische Gruppe aus dem Raume Sachsen-Anhalt. Wir sind treue Freunde und Kameraden, welche gemeinsam ihre Freizeit gestalten und politisch aktiv sind. Sie fordern, dass Einwanderung gestoppt werden müsse, es werden härtere Strafen gegen Kinderschänder gefordert und weiterhin sollen kriminelle Ausländer abgeschoben werden. Aus dem Selbstverständnis geht weiterhin hervor, dass die Freien Kräfte Naumburg regelmäßig Kameradschaftstreffen durchführen und keinen Mitgliedsbeitrag zahlen. Ihre Aktionen finanzieren sie über Spendengelder. Sie unterstützen szenetypische Veranstaltungen, wie Konzerte und Demonstrationen. Die Internetpräsenz wird unregelmäßig aktualisiert. Mitte Februar wurde ein Beitrag mit der Überschrift: Brief an die weiße Rasse" auf der Internetseite der Freien Kräfte Naumburg festgestellt. Hierzu wurde von einer Fremdgruppe, die einen Sinn für rassischen Zusammenhalt aufweist zu Feindseligkeiten gegen die weißen Völker Europas und Amerikas aufgerufen. Der Beitrag stellt fest, dass die öffentlichen Wohlfahrtskassen und alle erhältlichen Leistungen geplündert werden. Weiter wurde angedroht: Wir werden Eure Söhne zusammenschlagen und ermorden, wir wer38 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 den Eure Frauen und Töchter vergewaltigen . Wir kommen, um uns Eure JOBS zu nehmen, Euer GELD, Eure FRAUEN und am ENDE Euer LEBEN. Es wird nicht mehr lange dauern . (Schreibweisen wie im Original) Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung in Verbindung mit der Androhung von Straftaten. Anfang Oktober wurde auf derselben Internetseite ein Beitrag zum Thema Zeit zum Aufstand veröffentlicht. Darin hieß es, dass derzeit 16 Millionen Ausländer in Deutschland lebten. Hierbei handele es sich um Gesindel , welches Verbrechen begeht . Es wird angekündigt: Der deutsche Adler wird wieder fliegen und das Sonnenrad wird wieder auf der Deutschen Fahne wehen. Der Leser wird aufgefordert, sich an jedem Ort in Deutschland zu formieren, da Deutschland nicht tot sei. Man solle sich erheben und man werde zeigen, wozu das Deutsche Volk fähig sein kann . Naumburg (Saale), Bad Kösen, OT Saaleck Alljährlich gedenken NPD-Anhänger und parteiungebundene Neonazis in Bad Kösen, im Ortsteil Saaleck, den Rathenau-Mördern Fischer und Kern. Mittlerweile zählt diese Veranstaltung auch in überregionalen rechtsextremistischen Kreisen als Pflichtveranstaltung . So traten in den vergangenen Jahren neben den ortsansässigen Anhängern insbesondere Teilnehmer aus den Bereichen Leipzig, Delitzsch, (alle Sachsen) Altenburg (Thüringen) Merseburg, Halle (Saale) und Hof (Bayern) in Erscheinung. Im Berichtszeitraum erfolgte von unbekannten Tätern auf dem Friedhofsgelände an der Stelle der ehemaligen Gedenkstätte der RathenauMörder eine Rekonstruktion der Grabanlage. Am Abend des 17. Juli fand in der Gaststätte Burgblick eine Gedenkveranstaltung statt, an der 15 Personen teilnahmen. Darunter der Ortsbürgermeister der Ortschaft Krauschwitz (Stadt Teuchern, Burgenlandkreis), Hans PÜSCHEL, sowie das Kreistagsmitglied der NPD-Fraktion im Burgenlandkreis, Lutz BATTKE, (Laucha an der Unstrut). Beide hatten zuvor mit zwei weiteren Personen einen Blumenstrauß am ehemaligen Grabmal abgelegt. 39 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 21. Juli trafen sich erneut etwa 20 Rechtsextremisten unter anderem aus Bad Lauchstädt, Merseburg, Mücheln, (alle Saalekreis) Bad Kösen, Laucha an der Unstrut (Burgenlandkreis) und Bad Sulza (Thüringen) in Bad Kösen, um der Attentäter vor Ort zu gedenken. Der Mordanschlag auf den damaligen Reichsaußenminister Dr. Walther Rathenau wurde am 24.06.1922 in Berlin-Grunewald auf offener Straße aus einem offenen Kraftfahrzeug durch den damals 23jährigen Jurastudenten Erwin Kern und den 26jährigen Maschinenbauingenieur Hermann Fischer verübt. Er zielte auf die Destabilisierung und Beseitigung der jungen Weimarer Republik und der Demokratie. Wegen seines jüdischen Glaubens war Dr. Rathenau Ziel hasserfüllter antisemitischer Hetzkampagnen. Gerade wegen dieser doppelten Bedeutung des Mordanschlags solidarisierten sich die Nationalsozialisten und andere nationalistisch-terroristische Kreise noch während der Weimarer Republik mit den Attentätern. Die Nazis veranstalteten im Juli 1933 eine Gedächtnisfeier am Grab Kerns und Fischers in Saaleck, an der unter anderem der SS 34 - Führer Heinrich Himmler sowie Abordnungen von SS-Verbänden teilgenommen haben sollen. Die Nationalsozialisten stilisierten die Rathenau-Attentäter zu Vorkämpfern der nationalsozialistischen Sache. Hitler ließ am Grab der Attentäter einen Gedenkstein aufstellen. Nach 1990 stellten sich Organisationen der nationalen extremen Rechten in diese Tradition, indem sie alljährlich wiederum am 17. Juli Totenehrungen in Saaleck durchführen. 35 Rechtsextremistische Szene in Magdeburg Der teilweise neonazistisch ausgerichteten rechtsextremistischen Szene in Magdeburg werden unverändert etwa 50 bis 60 aktive Personen zugerechnet. Im Gebietsbereich kooperieren Angehörige der Freien Nationalisten , der Nationaldemokratischen Partei (NPD) und der Jungen Nationaldemokraten (JN) bei der Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen. Der bekannte Szenetreffpunkt im Magdeburger Norden wird weiterhin für gelegentliche Zusammenkünfte von Szeneangehörigen genutzt. Weiterhin wurde die Herausgabe des Szenemagazins Ein Fähnlein bekannt, für das im Impressum der Bremer Neonazi Henrik OSTENDORF 34 Schutzstaffel der NSDAP. 35 Vgl. juris PR-BVerwG/2013. 40 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 verantwortlich zeichnet. Zusammen mit Andreas BIERE (Klein Wanzleben, Landkreis Börde) und offensichtlich weiteren, nicht benannten Personen, bildet er die Redaktion. Einer Selbstdarstellung zufolge ist das Periodikum ein Magazin und Projekt, das Brücken bauen soll zwischen den Generationen. Es soll zur Verständigung und zum Verständnis der jungen Deutschen der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts und den jungen Deutschen des 21. Jahrhunderts beitragen". Das Magazin beinhaltet unter anderem Berichte über geschichtsrevisionistische Veranstaltungen wie zum Beispiel die jährlichen Gedenkmärsche in Magdeburg und Bad Nenndorf (Niedersachsen). Darüber hinaus werden Bücher beworben, die die Verbrechen der SS und der Wehrmacht als Heldentaten verklären. Eine Ausgabe enthielt einen Artikel über eine Zeitzeugenveranstaltung" in Sachsen-Anhalt. BIERE beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Pflege des Soldatentums, vornehmlich die Zeit des Dritten Reichs umfassend. Er hat inzwischen diverse im Selbstverlag Wanzleben erschienene Broschüren, die von früheren Soldaten, die mitunter auch der SS angehörten, herausgegeben. Die Zerstörung deutscher Städte am Ende des Zweiten Weltkriegs von alliierten Streitkräften nehmen Rechtsextremisten auch in Sachsen-Anhalt seit einigen Jahren zum Anlass, öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Demonstrationen oder Mahnwachen durchzuführen. Die jeweiligen Termine gewinnen in den Planungen von Szeneangehörigen zunehmend an Bedeutung, sind mittlerweile fest verankerte Treffdaten, besitzen stark identitätsstiftende Bedeutung und sind Ausdruck der länderübergreifenden Zusammenarbeit von Rechtsextremisten. Im Zuge dieser Veranstaltungen stellen die Verantwortlichen die geschichtlichen Ereignisse der damaligen Zeit aus ihrer eigenen Sichtweise dar und ignorieren historisch belegte Tatsachen. Zum 67. Jahrestag der Bombardierung der Stadt Magdeburg im Zweiten Weltkrieg meldeten Rechtsextremisten, wie in den Vorjahren, im Namen einer Initiative gegen das Vergessen für den 14. Januar eine Demonstration im Zentrum Magdeburgs unter dem Motto Eh41 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 renhaftes Gedenken statt Anpassung an den Zeitgeist an. Als Versammlungsleiter fungierte BIERE. Als stellvertretende Versammlungsleiter traten Sascha BRAUMANN und Andy KNAPE (beide Magdeburg) in Erscheinung. Zu der Veranstaltung informierte eine eigene Internetseite. Die Inhalte und der Aufbau der Internetpräsenz zeugen unverändert von einer sehr engen Verflechtung der Magdeburger Organisatoren mit den Verantwortlichen des alljährlichen Trauermarsches im Februar in Dresden. In die Unterstützerliste zum Trauermarsch in Magdeburg trugen sich neben Gruppierungen aus Sachsen-Anhalt auch Personenzusammenschlüsse aus Berlin, Brandenburg, Bremen, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen ein. Dass die Szene aus diesem Anlass bundesweit zusammenarbeitet, lässt sich erneut an der Tatsache feststellen, dass die Organisatoren im Vorfeld Personen aus dem gesamten Bundesgebiet benannten, die im Rahmen der Demonstration als Ordner fungieren sollten. An der Versammlung nahmen etwa 1.200 Rechtsextremisten (2010 und 2011 jeweils zirka 1.000 Personen) teil, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren. Hier trugen Szeneangehörige aus Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mehrere Redebeiträge zur Veranstaltungsthematik vor und es wurde in diesem Zusammenhang für die Teilnahme am Gedenkmarsch im Februar in Dresden geworben. Die Teilnehmer trugen schwarze Fahnen und zeigten Transparente unter anderem mit der Aufschrift: Bombenholocaust, kein Vergeben, kein Vergessen . Ein Aufeinandertreffen des Demonstrationszugs mit gewaltbereiten linksextremistischen Gegendemonstranten, die wiederholt versuchten den Veranstaltungsablauf zu behindern, konnte von Polizeikräften unterbunden werden. Mit der regelmäßigen Durchführung von so genannten Trauermärschen zeigen Rechtsextremisten öffentliche Präsenz und versuchen ein wichtiges geschichtspolitisches Feld zu besetzen. 42 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 7. April fand in Magdeburg eine versammlungsrechtliche Aktion unter dem Motto: Härtere Strafen für Kinderschänder statt, an der auch Rechtsextremisten teilnahmen. An dem Aufzug, der durch den Innenstadtbereich führte, nahmen insgesamt etwa 80 Personen teil. Eine Störung des Aufzugs von Gegendemonstranten wurde von eingesetzten Polizeikräfte verhindert. Im Vorfeld der Demonstration wurde bekannt, dass Personen, die der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen sind, in die Vorbereitung der Veranstaltung involviert waren, wobei als Informations und Kommunikationsmedium zu weiten Teilen das Soziale Netzwerk Facebook genutzt wurde. Im Nachgang wurde von Angehörigen der JNMagdeburg ein Internetartikel veröffentlicht, in dem es unter anderem hieß: Neben zahlreichen anderen Bürgern nahmen an der Veranstaltung auch Mitglieder der JN Sachsen-Anhalt teil und mischten sich unter die Anwesenden. Ausgestattet mit einem Transparent mit der Aufschrift Kinder sind unsere Zukunft wurde damit auch unser Standpunkt auf der Veranstaltung vertreten und für die Menschen in Magdeburg sichtbar. Wir werden auch weiterhin sämtliche Bestrebungen in dieser Richtung tatkräftig und aktiv unterstützen. (Schreibweise wie im Original) Rechtsextremistische Szene im Salzlandkreis Insgesamt agieren im Salzlandkreis etwa 50 bis 60 Rechtsextremisten, die überwiegend subkultureller Prägung sind, wobei besonders im Bereich Schönebeck (Elbe) verstärkt Aktivitäten zu verzeichnen waren. Am Abend des 25. Januar fand im Beth Shalom (Haus des Friedens) in Schönebeck (Elbe) eine Informationsveranstaltung zum Thema Israel statt. An der Veranstaltung nahmen auch Angehörige der Freien Kameradschaft Schönebeck ohne zu stören teil. Im Stadtgebiet von Schönebeck (Elbe) wurden im Zeitraum vom 4. bis 7. März vermehrt Aufkleber festgestellt, welche unter anderem mit der antisemitischen Parole JUDEN sind in unserem Ort nicht erwünscht", Nationaler Widerstand" versehen waren. Im Umfeld 43 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 der festgestellten Aufkleber wurden Schmierereien wie A.N.S." 36 und Frei sozial und national" festgestellt. Genaue Aussagen über diesen Personenkreis können bislang nicht getroffen werden. In den Morgenstunden des 15. April brachten unbekannte Personen im Stadtgebiet von Schönebeck (Elbe) an mehreren Stellen verschiedene Aufkleber mit rechtsgerichtetem Inhalt an. Diese thematisierten zum Teil die Heldenverehrung und waren mit Hakenkreuzen versehen. Darüber hinaus wurden mehrere Hakenkreuze mittels Sprühfarbe angebracht. Es wurden Aufkleber mit folgendem Inhalt festgestellt: Deutsche Jugend setz dich zur Wehr! Rein in die nationale Bewegung!!! Autonome Nationalisten Schönebeck , Vergiss nicht wofür sie starben: Für Dich! , Wir starben für Euch und Ihr wollt uns verraten??? Autonome Nationalisten Schönebeck , daneben waren zwei Soldatenköpfe abgebildet. Weitere Aufkleber enthielten eine symbolisierte Sonne mit Hakenkreuz sowie Darstellungen von fünf Gräbern mit Gewehren, Stahlhelm und den Schriftzug Ehre den tapferen Helden . Nationales Zentrum Mitteldeutschland (Schloss Trebnitz) in Könnern, OT Trebnitz Im Berichtsjahr wurden nur wenige Veranstaltungen in diesem Objekt durchgeführt, wie zum Beispiel ein so genanntes Kulturlager im September. In der rechtsextremistischen Szene hält sich die Bereitschaft für notwendige Arbeitseinsätze (Sanierung und Ausbau) in der Immobilie anscheinend weiterhin in Grenzen. Wie bekannt wurde, soll die Sicherung der Bausubstanz gegen Witterungseinflüsse noch immer im Vordergrund stehen, da noch nicht alle Hagelschäden eines Unwetters aus dem Jahr 2011 behoben werden konnten. Zudem sollen die Eigentümer planen, einige abgeschlossene Wohneinheiten herzurichten. 36 Autonome Nationalisten Schönebeck". 44 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 3. März fand im Schloss Trebnitz ein Konzert der rechtsextremistischen Szene statt. Die Polizei stellte hier etwa 150 Personen fest. Rechtsextremistische Szene im Landkreis Jerichower Land Der gewaltbereiten Szene werden etwa 80 bis 90 Personen zugerechnet. Unverändert verfügen Szeneangehörige über gute überregionale Kontakte und länderübergreifende Beziehungen zu Rechtsextremisten, zum Beispiel nach Brandenburg. Als exemplarisch für die aufgeführte Gewaltbereitschaft der Szenemitglieder kann unter anderem eine körperliche Auseinandersetzung am 24. November in Burg mit politisch Andersdenkenden genannt werden. Im Umfeld einer Diskothek kam es hier zu einem Übergriff von vermummten und bewaffneten Rechtsextremisten auf vermeintliche Linke . Rechtsextremistische Szene im Landkreis Börde Der rechtsextremistischen Szene im Landkreis Börde werden etwa 30 bis 40 Personen zugerechnet, die unstrukturiert agieren. Die nicht parteigebundene Szene in dem genannten Bereich wird als subkulturell geprägt und gewaltbereit eingeschätzt. Im Berichtszeitraum wurden im Internet Artikel des so bezeichneten JNStützpunkts Magdeburg-Börde 37 bekannt. Rechtsextremistische Szene in der Altmark In der Region agieren rund 120 bis 130 aktive rechtsextremistische Szeneangehörige. Unverändert gegenüber dem Vorjahr kann für die Bereiche Gardelegen, Klötze und Salzwedel von einer lose strukturierten Szene mit der Bezeichnung Freie Nationalisten Altmark-West (FNAW) gesprochen werden. 37 Siehe Seite 80. 45 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Rechtsextremistische Szene im Altmarkkreis Salzwedel Angehörige der genannten Szene beteiligten sich im Berichtszeitraum nur sporadisch an öffentlichkeitswirksamen Aktionen und zeigten kaum politische Aktivitäten. Weiterhin bestehen jedoch unverändert gute Kontakte zwischen Vertretern der NPD und den Freien Nationalisten . Die Internetseite der Freien Nationalisten Altmark-West wurde nicht mehr aktualisiert. Berichtszeitraumbezogene Aktivitäten In der Hansestadt Salzwedel versammelten sich am Abend des 25. Februar etwa 15 bis 20 Personen der rechtsextremistischen Szene auf dem Bahnhofsvorplatz und begaben sich zum Gedenkstein für die Opfer des Bombenangriffs vom 22. Februar 1945. Die Personen, die zum Teil schwarz gekleidet waren und brennende Fackeln mitführten, stellten sich vor dem Gedenkstein auf und verlasen nicht bekannte Texte. Bei Eintreffen der Polizei flüchteten die Teilnehmer. In einem Szeneobjekt in Gardelegen fand am Abend des 25. Februar eine Musik-Veranstaltung der rechtsextremistischen Szene mit vier Liedermachern statt. Die Veranstaltung, an der etwa 40 Personen teilnahmen, verlief ohne Vorkommnisse . Rechtsextremistische Szene im Landkreis Stendal Diese rechtsextremistische Szene ist im Wesentlichen unstrukturiert und weist keine hierarchische, homogene neonazistisch ausgerichtete Kameradschaftsstruktur auf. Die nicht parteigebundene Szene in den genannten Bereichen wird als subkulturell geprägt und gewaltbereit eingeschätzt. Szeneangehörige der Freien Kräfte beteiligten sich mehrmals an den regelmäßigen Protesten gegen ehemalige Sicherungsverwahrte in der Stendaler Ortschaft Insel. 46 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Der früher genannte Personenzusammenschluss mit der Bezeichnung Autonome Nationalisten Stendal (ANSDL) 38 trat im Berichtszeitraum nicht mehr in Erscheinung. Unverändert verfügen Rechtsextremisten aus der Region über gute Kontakte zu Szeneangehörigen im Land Brandenburg. Berichtszeitraumbezogene Aktivitäten Zum 197. Geburtstag von Otto von Bismarck fand am 14. April in Schönhausen eine Feierstunde der Vereinigung Altmärkischer Kreis der Bismarckfreunde am Geburtshaus Otto von Bismarcks statt, an der 34 Personen teilnahmen. Unter den Anwesenden befanden sich der NPD-Kreisvorsitzende Altmark, Heiko KRAUSE (Tangerhütte, Landkreis Stendal), der als Versammlungsleiter fungierte, und der NPD-Landesvorsitzende Peter WALDE (Hecklingen, OT Schneidlingen, Salzlandkreis). Rechtsextremistische Szene im Landkreis Harz Die rechtsextremistische Szene, die etwa 70 bis 80 Personen umfasst, ist im Wesentlichen unstrukturiert. Eine hierarchische, homogene neonazistisch ausgerichtete Kameradschaftszene existiert nicht. Die nicht parteigebundenen Rechtsextremisten werden als subkulturell geprägt und gewaltbereit eingeschätzt. Ebenfalls unverändert besteht im Landkreis, hauptsächlich in der Region Wernigerode/Quedlinburg, eine sehr enge Zusammenarbeit von Freien Nationalisten , der NPD und den JN. Im Berichtszeitraum wurde ein neuer Internetauftritt mit der Bezeichnung Freies Netz Harz bekannt. Zu verantwortlichen Vereinigungen oder Personen liegen bislang keine Informationen vor. Zudem wurde ein zunehmendes Engagement des BIERE in der Harzregion bekannt. Die Aktivitäten des BIERE führen zu einer Strukturierung der Szene, wie verschiedene Szeneveranstaltungen in der Harzregion belegen. Darüber hinaus nahmen Rechtsextre38 Vgl. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2011, Seite 26. 47 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 misten auch an Demonstrationen teil. Michael SCHÄFER (Wernigerode), der einst diese Funktion übernahm, hat sein Wirken in der Region auf ein Minimum reduziert. Rechtsextremistische Szene im Landkreis MansfeldSüdharz Zur rechtsextremistischen Szene in der Region Mansfeld-Südharz gehörten im Berichtsjahr etwa 20 bis 30 aktive Personen. Sie ist teilweise neonazistisch ausgerichtet und steht nach wie vor unter der Führung von Enrico MARX aus Allstedt, OT Sotterhausen. Im Berichtszeitraum sind die gruppenbezogenen Aktivitäten zurückgegangen. Berichtszeitraumbezogene Aktivitäten Auf dem Friedhof in Mittelhausen (Allstedt, OT Mittelhausen) versammelten sich am 26. Februar Personen der rechtsextremistischen Szene mit einer Nationalflagge des Deutschen Reichs sowie brennenden Fackeln und einer Trommel, um am Grab eines ehemaligen SS-Angehörigen einen Blumenstrauß abzulegen. Aus Anlass des Volkstrauertags am 18. November fanden in zahlreichen Städten Sachsen-Anhalts Mahnund Gedenkveranstaltungen statt, auch in Allstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz). Dort legte wie jedes Jahr eine Personengruppe der rechtsextremistischen Szene ein Trauergesteck am Ehrenmal ab. Rechtsextremistische Szene in der Region DessauRoßlau und in den Landkreisen Wittenberg und AnhaltBitterfeld Unverändert gegenüber dem Vorjahr werden der rechtsextremistischen Szene in der Region Dessau-Roßlau, in den Landkreisen Wittenberg und Anhalt-Bitterfeld etwa 40 bis 50 Personen zugerechnet, die in der Öffentlichkeit (zum Beispiel bei Demonstrationen) unter der Bezeichnung Freie Nationalisten AnhaltBitterfeld/Dessau auftreten. Gleichwohl hat sich gezeigt, dass das 48 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Mobilisierungspotenzial bei szenetypischen Veranstaltungen ungleich größer ist. Die Szene agiert unstrukturiert und wird als gewaltbereit eingeschätzt. Berichtszeitraumbezogene Aktivitäten Vor dem Hintergrund eines versuchten Tötungsdelikts eines 28jährigen senegalesischen Staatsbürgers an einem 29-jährigen Deutschen kam es am 16. und 21. Januar zu Eilversammlungen im Stadtgebiet von Dessau-Roßlau, an denen sich etwa 400 bis 500 Personen, vorwiegend aus dem bürgerlichen Spektrum beteiligten. Auch Anhänger der rechtsextremistischen Szene waren zugegen. Im Nachgang des Aufzugs am 21. Januar kam es zu einer strafrechtlichen Aktion von 50 rechtsextremistischen Personen. Diese marschierten in das "Rathaus-Center" in Dessau-Roßlau ein und skandierten in der Einkaufspassage die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!". Am 7. März organisierten etwa 20 Personen der rechtsextremistischen Szene eine Mahnwache mit Straßentheater unter dem Motto "Gegen das Vergessen - Wir gedenken der Bombenopfer von Dessau". Die Veranstaltung wurde von dem Rechtsextremisten A- lexander WEINERT aus Dessau-Roßlau sowie dem stellvertretenden Versammlungsleiter aus SandersdorfBrehna (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) angemeldet. Am 10. März führte die rechtsextremistische Szene anlässlich des 67. Jahrestags der Bombardierung der Stadt Dessau einen Aufzug unter dem Motto "Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der Opfer des Bombenangriffs auf Dessau am 07.03.1945" in DessauRoßlau mit etwa 150 Personen durch. Wie im Vorjahr trat WEINERT als Anmelder auf, stellvertretende Versammlungsleiterin war Carola HOLZ aus Bitterfeld-Wolfen (Landkreis Anhalt-Bitterfeld). Etwa 280 Personen der rechtsextremistischen Szene haben am 13. Oktober in Dessau-Roßlau einen Aufzug mit zwei Zwischenkundgebungen in der Dessauer Innenstadt unter dem Motto "Deutsche Opfer - Fremde Täter" durchgeführt. 49 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 In Dessau-Roßlau, OT Dessau, wurde am 18. November anlässlich des Volkstrauertags eine Mahnund Gedenkveranstaltung durchgeführt sowie ein Kranz abgelegt. An dieser Aktion beteiligte sich eine kleine Personengruppe der rechtsextremistischen Szene. 50 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 ORGANISATIONSÜBERGREIFENDE AKTIVITÄTEN Aktivitäten zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg Seit 2008 findet am Jahrestag der Bombardierung der Stadt Dresden ein zusätzlicher Marsch statt, der vom Aktionsbündnis gegen das Vergessen (AgdV) organisiert wird. Somit veranstaltete das AgdV am 13. Februar anlässlich des 67. Jahrestags der Zerstörung der Stadt Dresden im Zweiten Weltkrieg einen Gedenkmarsch. An diesem beteiligten sich insgesamt 1.600 Personen aus dem Bundesgebiet. Die Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt kamen aus Halle (Saale), Magdeburg und Umgebung sowie dem Saaleund dem Burgenlandkreis. Während des Marsches wurden Transparente mit Parolen wie Dresden Mord verjährt nie" oder Vergesst niemals die Hunderttausend Opfer des Bombenholocaust" gezeigt. Aufgrund von Blockaden des politischen Gegners wurde die Marschroute der Rechtsextremisten deutlich verkürzt. Auf der Abschlusskundgebung sprachen unter anderem die NPD-Politiker Eckhart BRÄUNIGER (Berlin) und Dr. Olaf ROSE (NordrheinWestfalen). Im Zusammenhang mit den Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene anlässlich der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg ist die seit Jahren durchgeführte Aktionswoche Ein Licht für Dresden fester Bestandteil der Gedenkkultur der Rechtsextremisten. Dies spiegelt sich in Solidaritätsund Gedenkkundgebungen wider, welche im gesamten Bundesgebiet abgehalten wurden. In Sachsen-Anhalt wurden mehrere Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Aktionswoche stehen, festgestellt. Unter anderem verteilten im Stadtgebiet von Merseburg Szeneangehörige Handzettel 51 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 in Briefkästen mit der Aufschrift DRESDEN 1945 DIE TOTEN MAHNEN UNS ZUR PFLICHT , auf denen sich auch ein Hinweis auf die Internetadresse der AG befand. Am 11. Februar wurde bekannt, dass auf einer Bank in Blankenburg (Landkreis Harz) zwei Puppen mit einem Schild angebracht wurden, welche auf die Bombardierung Dresdens hinwiesen. Nach außen wirkten sie wie verbrannte Personen. Auf dem Schild stand der Schriftzug 2 VON 330.000 TOTEN VERBRANNT IN DER HÖLLE VON DRESDEN IM FEBRUAR 45 . Auch hier befand sich ein Hinweis auf eine themenbezogene Internetpräsenz der rechtsextremistischen Szene. Darüber hinaus wurden entsprechende Schriftzüge in Seeburg (Landkreis Mansfeld-Südharz), Teutschenthal und Salzatal in den Ortschaften Fienstedt und Salzmünde (alle Saalekreis) festgestellt. Zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens 1945 zündeten laut Eigenangabe im Internet Mitglieder der JN-Stützpunkte Magdeburg und Börde am 13. Februar Lichter an Haltestellen des Nahverkehrs und vor Schulen in Magdeburg und Umgebung an. In Wolmirstedt und weiteren Gemeinden und Ortschaften im Landkreis Börde wurden am 14. Februar in einzelnen Bushaltestellen Flugblätter ausgelegt, die inhaltlich auf den Jahrestag der Bombardierung Dresdens 1945 hinwiesen. Aktivitäten zum Hitlergeburtstag Die Neonaziszene begeht meist im Verborgenen Feiern zum Hitlergeburtstag am 20. April. Es muss davon ausgegangen werden, dass derartige Veranstaltungen mit kleiner Teilnehmerzahl auf lokaler Ebene durchgeführt werden. Am 20. April wurde bekannt, dass von der Schachthalde in Allstedt, OT Nienstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) Sieg Heil"-Rufe, Feuerwerk und Trommelgeräusche zu hören waren. Vor Ort stellten Polizeikräfte im Bereich des Schachtgeländes 14 Personen fest, 52 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 darunter den bekannten Szeneangehörigen MARX. Nach Aufforderung verließen die Personen das Gelände und begaben sich zur Wohnanschrift von MARX. Aktivitäten zum 1. Mai Rechtsextremisten führten bundesweit aus Anlass des 1. Mai zehn langfristig angemeldete Demonstrationen, zwei Spontandemonstrationen sowie einen Fackelmarsch im Rahmen der so genannten Volkstod"-Kampagne der Unsterblichen" 39 durch. An den weitgehend friedlich verlaufenen Veranstaltungen beteiligten sich insgesamt rund 2.300 Personen (2011: 2.400). Die höchsten Teilnehmerzahlen waren bei einem von Neonazis organisierten Aufzug in Hof (Bayern) mit rund 420 Teilnehmern sowie bei den von der NPD organisierten Demonstrationen in Bautzen (Sachsen) mit rund 400 Teilnehmern und in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) mit etwa 350 Teilnehmern zu verzeichnen. Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Am Nachmittag des 1. Mai zogen etwa 30 Personen der rechtsextremistischen Szene lautstark durch Weißenfels (Burgenlandkreis). Dabei handelte es sich um rückreisende Demonstrationsteilnehmer einer versammlungsrechtlichen Aktion der rechtsextremistischen Szene in Weimar (Thüringen), die unter dem Motto: Wir wollen Arbeit, Freiheit und Recht Wir sind niemals euer Knecht" stand. Im Nachgang wurde über eine Interneteinstellung auf der Seite der Aktionsgruppe Weißenfels" bekannt, dass dieser Aufzug durch Weißenfels in der Szene als versammlungsrechtliche Aktion in Fortsetzung der Demonstration in Weimar gewertet wurde. 40 Ebenfalls am 1. Mai begaben sich etwa 30 Personen der rechtsextremistischen Szene aus unterschiedlichen Richtungen kommend auf ein Veranstaltungsgelände in Aschersleben (Salzlandkreis), wo zu diesem Zeitpunkt anlässlich des 1. Mai eine Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) mit anschließendem Fami39 Siehe Seite 58. 40 Siehe Seite 35. 53 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 lienfest stattfand. Die Personen verteilten Handzettel mit der Überschrift VOLKSTOD STOPPEN!!! und WERDE AUCH DU UNSTERBLICH! . Weitere Personen zeigten ein Plakat mit der Aufschrift Stoppt den Volkstod , skandierten mehrfach die Worte Frei, sozial und national und störten dabei erheblich die Veranstaltung. Als die Polizei die Aktion unterbinden wollte, entfernten sich alle Störer. Dabei warfen sie die am Informationsstand des SPD-Ortsverbands Aschersleben ausgelegten Handzettel zu Boden und zerstreuten sich in Kleinstgruppen im Stadtgebiet. Aktivitäten zum 8. Mai Auch am 8. Mai stellen Rechtsextremisten geschichtliche Ereignisse aus ihrer eigenen Sichtweise dar. Unter dem Motto 8. Mai Wir feiern nicht werden angebliche Verbrechen der Alliierten thematisiert. Exemplarisch werden hier genannt: Am 5. Mai verteilten unbekannte Personen in Blankenburg (Landkreis Harz) Zettel mit dem Aufdruck: 8. Mai 1945 Wir feiern nicht!". Als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts war MARX vermerkt. Am 8. Mai wurden im Stadtgebiet von Sangerhausen Holzkreuze mit verschiedenen Beschriftungen festgestellt. Die Aufschriften lauteten Vernichtung ist keine Befreiung", Vertrieben Vergewaltigt Ermordet Umerzogen!" und Völkermord an Deutsche". (Schreibweise wie im Original) Ferner wurde auf einem Videoportal im Internet ein Beitrag unter dem Titel 8. Mai Sangerhausen" veröffentlicht. Im Video ist eine Person mit weißer Maske und einem Kreuz mit der Aufschrift 8. Mai Tag der Befreiung Wir feiern nicht" im Stadtgebiet von Sangerhausen zu sehen, die Handzettel an Passanten und in Briefkästen verteilt. 54 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Aktivitäten zum 17. Juni Am 15. Juni fand eine Kundgebung der JN Sachsen-Anhalt anlässlich des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 statt, an der etwa 20 Szeneangehörige teilnahmen. Veranstaltungsort war hier der Bereich Ernst-Reuter-Allee/Ecke Otto-von-Guericke-Straße in Magdeburg. Die Kundgebungsteilnehmer zeigten ein themenbezogenes Transparent. Des Weiteren wurde Musik abgespielt. KNAPE hielt eine Ansprache. Im Anschluss an die Kundgebung in Magdeburg reisten die Teilnehmer nach Wernigerode (Landkreis Harz), um dort eine gleichgeartete Aktion durchzuführen. Aktivitäten zum Todestag von Rudolf Heß Die zentrale Kundgebung in der Stadt Wunsiedel (Bayern), in der Hitlers Stellvertreter Heß begraben war, ist bereits seit dem Jahr 2005 verboten. Wie schon im vergangenen Jahr gab es bundesweit keine zentrale Kundgebung. Ähnlich den Vorjahren fanden in Sachsen-Anhalt zahlreiche Propagandaaktionen in Form von Farbschmierereien, Plakatierungen, Flugblättern oder des Anbringens von Transparenten statt. Die Verteilung und Anbringung entsprechenden Propagandamaterials war landesweit bis zum Ende des Berichtszeitraums zu beobachten. Hier sind folgende anlassbezogene Aktionen von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene aus Sachsen-Anhalt bekannt geworden: Am 17. August führten in Apolda (Thüringen) etwa 25 bis 30 Personen, die komplett schwarz bekleidet waren, eine nicht angemeldete Demonstration durch. Die Personen trugen ein weißes Bettlaken mit der Silhouette von Heß und einem hier nicht bekannten Schriftzug. Polizeibeamte konnten zehn Personen auf dem Bahnhof Apolda feststellen und namentlich erfassen. Diese stammten ausschließlich aus Sachsen-Anhalt (Naumburg, Hohenmölsen und Weißenfels -alle Burgenlandkreis). Als Hintergrund ist hierbei an55 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 zumerken, dass Szeneangehörige aus Weißenfels über gute Kontakte zu Rechtsextremisten in Thüringen verfügen. Weiterhin wurde bekannt, dass am 17. August mindestens zwei schwarz gekleidete männliche Personen mit weißen Masken in Sangerhausen in der Bahnhofstraße gesehen wurden. Hierbei trugen sie ein Plakat mit Heß-Bezug". Am Abend des 17. August sollen etwa 20 bis 25 mit Kapuzen und Schals vermummte Personen mit Fackeln durch das Stadtgebiet von Querfurt (Saalekreis) gezogen sein und dabei die Parolen NS jetzt , Frei, Sozial, National und Rudolf Heß skandiert haben. Weiterhin sollen sie Böller geworfen haben. Bereits vor Eintreffen der Polizei hatten sich die Personen entfernt. Trauermarsch" am 4. August in Bad Nenndorf (Niedersachsen) Der seit 2006 alljährlich in Bad Nenndorf durchgeführte und bis in das Jahr 2030 angemeldete rechtsextremistische Trauermarsch" nimmt Bezug auf die Nutzung des ehemaligen Kurhauses Wincklerbad" als Militärgefängnis und Verhörzentrale des britischen Militärs in den Jahren 1945 bis 1947. Die Veranstaltung hat sich zu einer wichtigen Demonstration der Neonaziszene in Norddeutschland entwickelt. Am 4. August fand der Trauermarsch" unter dem Motto Gefangen, gefoltert, gemordet Damals wie heute: Besatzer raus" statt, an dem rund 460 Szeneangehörige, auch aus Sachsen-Anhalt, teilnahmen. Sommersonnenwendfeier Auf der Seite des JN-Bundesvorstands wurde über eine Sommersonnenwendfeier berichtet, die am 22. Juni in der Nähe von Blankenburg (Landkreis Harz) statttgefunden haben soll. 56 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Aktivitäten zum Heldengedenktag (Volkstrauertag) in Sachsen-Anhalt In Tangerhütte (Landkreis Stendal) beteiligten sich am 18. November 29 Personen der rechtsextremistischen Szene an zwei Kranzniederlegungen an einer Gedenktafel und im Anschluss auf dem Friedhof der Stadt. Dabei wurde auch ein Transparent mit der Aufschrift: Unsere Toten, sie suchen auf der ganzen Welt Ihresgleichen entrollt. Die Veranstaltungen waren von dem NPD-Mitglied KRAUSE angemeldet worden. In Allstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) legten 16 Szeneangehörige ein Trauergesteck an einem Ehrenmal ab. Das Mitführen von Fackeln und das Nutzen einer Trommel war der Gruppe von der Polizei untersagt worden. Auf dem Friedhof in Weißenfels (Burgenlandkreis) legten 29 Personen der rechtsextremistischen Szene zwei Kränze mit schwarzrot-weißer Schleife und der Aufschrift: Ruhm und Ehre, AG Weißenfels sowie Ruhm und Ehre den deutschen gefallenen Soldaten nieder. 15 Personen dieser Gruppe begaben sich im Anschluss zu einem Kriegerdenkmal in den Stadtpark Weißenfels, wo der Ortsbürgermeister eine Ansprache hielt. Danach löste sich die Gruppe auf. Beide Veranstaltungen verliefen ohne weitere Vorkommnisse. In Braunsbedra, OT Frankleben (Saalekreis), konnten sechs Szeneangehörige festgestellt werden, die auf dem Friedhof Blumengebinde mit der Aufschrift: Ehre wem Ehre gebührt niederlegten. Im Zuge einer Recherche zum Volkstrauertag wurde im Internet eine Bildaufnahme des Heldengedenkens der JN Magdeburg-Börde festgestellt. Nach Erkenntnissen der Polizei kann davon ausgegangen werden, dass die Veranstaltung auf dem Friedhof Wolmirstedt (Landkreis Börde) stattfand. Weiterhin wurde auf der Internetseite des NPD-Kreisverbands Wittenberg über eine Gedenkveranstaltung von Szeneangehörigen im 57 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Ortsteil Kropstädt sowie auf der Internetseite der Freien Nationalisten Dessau über eine Zusammenkunft auf einem Dessauer Friedhof berichtet. Aktionsform Die Unsterblichen Die im vergangenen Jahr erstmals bekannt gewordene neonazistische Demonstrationsoder Aktionsform unter dem Motto Die Un41 sterblichen" konnte im Berichtszeitraum in Sachsen-Anhalt in folgenden Orten festgestellt werden: Am 12. Februar in Aschersleben (Salzlandkreis), am 24. März in Halle (Saale), am 1. Mai in Aschersleben, 42 am 30. September in Halberstadt, am 10. November in Landsberg (Saalekreis) und am 28. Dezember in Schönebeck (Elbe), (Salzlandkreis). Exemplarisch sind hier folgende Abläufe aufgeführt: Am Abend des 30. September sollen etwa 70 schwarz gekleidete, vermummte und teilweise maskierte Personen durch die Altstadt von Halberstadt gezogen sein, bei denen es sich augenscheinlich um Angehörige der rechtsextremistischen Szene handelte. Aus dem Aufzug heraus sollen Parolen, deren Wortlaut nicht bekannt wurde, skandiert und Böller geworfen worden sein. Weiterhin sollen die Personen Fackeln und Transparente (Aufschrift nicht bekannt) mitgeführt haben. Beim Eintreffen der Polizei warfen die Rechtsextremisten ihre Masken und Fackeln weg und entfernten sich in Kleingruppen in verschiedene Richtungen. Bei Personenund Fahrzeugkontrollen wurde festgestellt, dass es sich teilweise um die Klientel handelte, welche am 29. September bei einem Konzert 41 Vgl. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2011, Seiten 38 und 39. 42 Siehe Seite 53/54. 58 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 der rechtsextremistischen Szene im Schwanebecker OT Nienhagen (Landkreis Harz) festgestellt wurde. Am 10. November teilten Zeugen der Polizei mit, dass in Landsberg (Saalekreis) rund zehn Personen, die dunkel gekleidet waren und weiße Masken trugen, mit einem Transparent (Aufschrift nicht bekannt) durch die Stadt liefen. Sie zündeten Pyrotechnik und riefen nach Zeugenaussagen Hitler . Nach kurzer Zeit bestiegen die Personen Kraftfahrzeuge und entfernten sich unerkannt. Am Abend des 28. Dezember wurde über mehrere Notrufe bei der Polizei bekannt, dass etwa 20 vermummte Personen mit Fackeln durch die Innenstadt von Schönebeck (Elbe) gezogen sein und dabei Pyrotechnik gezündet und Parolen gerufen haben sollen, deren Wortlaut jedoch nicht bekannt ist. Einige Anrufer sprachen dabei von einem vermutlich rechtsextremistischen Personenkreis. Die eintreffenden Polizeibeamten konnten die Personengruppe nicht mehr feststellen. Im Zuge von polizeilichen Ermittlungen zu der Aktionsform wurden am 28. Februar mehrere Objekte von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene in Sachsen-Anhalt durchsucht. Die Durchsuchungsmaßnahmen konzentrierten sich auf insgesamt vier Wohnungen und Nebengelasse in der Ortschaft Sotterhausen (Allstedt, Landkreis Mansfeld-Südharz). Darüber hinaus wurden in Klein Wanzleben (Landkreis Börde), Könnern (Salzlandkreis), Bad Lauchstädt (Saalekreis) sowie in Mansfeld, Sangerhausen und Lutherstadt Eisleben (alle Landkreis Mansfeld-Südharz) sieben weitere Wohnungen durchsucht. Es wurden diverse pyrotechnische Gegenstände ( Böller ) aufgefunden. Des Weiteren wurden Transparente mit rechtsgerichteten Motiven, eine Maske der so genannten Unsterblichen , diverse Fackeln und Hakenkreuzfähnchen, eine Langwaffe mit Zieleinrichtung (vermutlich Druckluftwaffe) sowie Schlagringe und Fallmesser sichergestellt. Die Fackelmärsche gehören zu einer Kampagne, die unter der Bezeichnung die Unsterblichen bundesweit Verbreitung gefunden 59 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 hat. Ideologisch steht die Aktionsreihe der Unsterblichen im Kontext zu der seit zirka 2008 bestehenden so genannten VolkstodKampagne . Die Unsterblichen wollen mit ihren Aktionen auf das Schandwerk der Demokratie hinweisen, das bedingt durch die Integrationsund Ausländerpolitik in Verbindung mit dem demographischen Wandel bis zum Jahr 2040 zum Tod des deutschen Volkes führen werde. Der eigentliche ideologische Kern der Kampagne liegt jedoch viel tiefer und kann unmittelbar aus der nationalsozialistischen Rassenideologie abgeleitet werden. Für Neonazis bilden Zuwanderer eine genetische Gefahr für den deutschen Volkskörper . Damit folgen sie ihrem Vorbild Adolf Hitler, der glaubte, dass ein Volk, das nicht auf Rassereinheit achte, dem Untergang geweiht sei. Rechtsextremistische Agitationsfelder Islamfeindlichkeit Islamfeindlichkeit ist ein Agitationsfeld, das zunehmend in der politischen Auseinandersetzung mit bestehenden klassischen rechtsextremistischen Strukturen an Bedeutung gewinnt. Akteure nutzen Vorurteile, Unwissenheit und Ängste der Bevölkerung aus, um über ein neues Feindbild ihre politischen Anschauungen zu publizieren. Hierbei wird ganz bewusst nicht zwischen Muslimen, Islam oder islamistischem Terror unterschieden. Eine verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit umfasst eine Islamkritik, die unter anderem den Gleichheitsgrundsatz oder aber auch die Religionsfreiheit nicht anerkennt oder einzuschränken versucht. Derartige Aktivitäten werden vornehmend in Großstädten bekannt. 60 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 NUTZUNG NEUER MEDIEN VON RECHTSEXTREMISTEN Im heutigen Medienzeitalter haben fast alle Rechtsextremisten ihren Platz in der multimedialen Welt eingenommen. Es gibt kaum Bereiche, die nicht auch von ihnen genutzt werden. Kommunikation untereinander, Austausch und Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda, Organisierung von Veranstaltungen und die Vernetzung der Szene insgesamt sind nur einige Beispiele für die intensive Nutzung neuer Medien. Internetkriminalität im politischen Extremismus Der Kampf gegen den politischen Gegner findet seit langem nicht nur auf der Straße statt. Analog gibt es eine Vielzahl von Versuchen der extremistischen Szenen, unerwünschte Internetpräsenzen mittels geeigneter Verfahren zu hacken, 43 unerreichbar zu machen oder gewonnene Daten für so genannte Outingaktionen zu gewinnen. Egal, mit welcher Motivation dieses Ziel in Angriff genommen wird werden Daten auf diesem Wege manipuliert, ausgespäht oder veröffentlicht, erfüllt das den Straftatbestand des e- lektronischen Hausfriedensbruchs , dem Ausspähen von Daten gemäß SS 202a StGB. Internetradios Im Berichtsjahr fanden mehrere Exekutivmaßnahmen gegen die Betreiber und Moderatoren rechtsextremistischer Internetradios statt. Zumeist handelte es sich dabei um Durchsuchungsmaßnahmen, die auf Grund des Verdachts der Volksverhetzung oder der Bildung krimineller Vereinigungen durchgeführt wurden. Im Rahmen einer Internetrecherche wurde dem LKA SachsenAnhalt der Radiosender Nationales Radio Volk und Heimat bekannt. Gesendet wurden Nachrichtenund Musikprogramme, wobei diese im Autobetrieb, wie auch im Live-Stream 44 mit Moderatoren übertragen wurden. Die Kommentare der Moderatoren und die 43 Illegales Eindringen in Computersysteme. 44 Ausstrahlung in Echtzeit. 61 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Musikauswahl erfüllten Straftatbestände, unter anderem Verstöße gemäß SSSS 86a, 130, 131 StGB. Seitens der Staatsanwaltschaft Halle wurde gegen die Verantwortlichen und Moderatoren des Internetradios ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet, welches später auf den Tatbestand der Bildung einer kriminellen Vereinigung (SS129 StGB) erweitert wurde. Das LKA Sachsen-Anhalt wurde mit weiteren Ermittlungen beauftragt. Bereits in der ersten Stufe wurden am 3. April zeitgleich Objekte in Braunsbedra (Saalekreis), Lüdenscheid (Nordrhein-Westfalen) und Chemnitz (Sachsen) durchsucht, die ehemaligen Moderatoren des Radios zuzuordnen waren. Dabei konnte umfangreiches Beweismaterial (Computer, Speichermedien und CDs) sichergestellt werden. Am 17. Juli wurden in der zweiten Stufe in sieben Bundesländern und in der Schweiz insgesamt 14 Objekte durchsucht, wobei ebenfalls insbesondere Rechner und sonstige umfangreiche PCTechnik sichergestellt wurden. Den Beschuldigten im Alter zwischen 16 und 46 Jahren wird vorgeworfen, das Internetradio seit mindestens 2010 fortlaufend und gemeinschaftlich betrieben und in moderierten Sendungen Musiktitel abgespielt zu haben, die unter anderem die Straftatbestände der Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung erfüllten. Seit 2009 werden verstärkt Strafverfahren gegen Betreiber rechtsextremistischer Internetradios durchgeführt. Die Betreiber wurden teilweise zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt. Dies hat zu einer Verunsicherung der Szene und zu einem Rückgang der Anzahl der Internetradios geführt. Exekutivmaßnahmen gegen Betreiber der rechtsextremistischen Internetplattform Thiazi-Forum Am 14. Juni vollstreckte das Bundeskriminalamt (BKA) Durchsuchungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Rostock in einem Ver62 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 fahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen insgesamt 26 Beschuldigte. Sie sollen die rechtsextremistische Internetplattform Thiazi-Forum betrieben haben. Die Polizei durchsuchte insgesamt 30 Objekte in elf Bundesländern, davon eines in Bad Lauchstädt (Saalekreis) und stellte Datenträger, schriftliche Unterlagen und PC-Systeme sicher. Zudem wurden Arrestbeschlüsse in Großbritannien und Deutschland vollstreckt. Das Thiazi-Forum stellte das bedeutendste deutschsprachige rechtsextremistische Internetforum dar. Es enthielt etwa 1,5 Millionen Forenbeiträge von über 30.000 registrierten Nutzern. 45 Der größte Teil des Forums war für jedermann frei zugänglich. Der Server befand sich in Houston (USA). In dem Forum fanden sich unter anderem mehr als 2.400 vollständige Liedtexte von Tonträgern und mehr als 1.400 Tonträger zum Download, von denen viele volksverhetzende Inhalte aufwiesen. Unter anderem wurde darin zu gewalttätigen Übergriffen gegen Ausländer, Juden und Menschen anderer Hautfarbe aufgestachelt und der Holocaust geleugnet. Auch in anderen Forumsinhalten wurde etwa die gezielte Ermordung von Juden in Konzentrationslagern gutgeheißen und die nationalsozialistische Gewaltund Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht oder gerechtfertigt. Internet-Portal Altermedia Deutschland startet Serie Deutschland sucht den Judenstar! Das rechtsextremistische Internet-Portal Altermedia Deutschland veröffentlichte am 5. Dezember den ersten Teil der Serie DSDJ Deutschland sucht den Judenstar Teil 1 . In dieser Fortsetzungsreihe ruft Altermedia die Leser zur aktiven Mitarbeit und Wahl des absoluten Judenstars auf. Sowohl der Artikel selbst, als auch die Kommentare enthalten verunglimpfende, beleidigende oder antisemitische Äußerungen mit teilweise strafrechtlicher Relevanz. 45 Stand vom 5. Juni 2012. 63 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Bereits am 6. Oktober startete Altermedia Deutschland die Artikel-Serie Sammelkarten: SUPERVERBRECHER des Nordens , in der namhafte Personen des öffentlichen Lebens, wie die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland oder Altbundespräsident Wulff, mit Serienmördern gleichgesetzt werden. Rechtsextremisten in sozialen Netzwerken des Internets Im Berichtsjahr wurden umfangreiche Sperrund Löschwellen des sozialen Netzwerks Facebook festgestellt. Betroffen waren rechtsextremistische Personenund Gruppenprofile. Grund hierfür sollen nach Angabe von Facebook Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen 46 gewesen sein. Facebook könnte dadurch bei Internetnutzern mit rechtsextremistischen Bezügen an Bedeutung verlieren. In diesen Kreisen stößt das russische Netzwerk vk.com" wegen der liberalen Umsetzung der Nutzungsbedingungen zunehmend auf Interesse. Bei einigen Profilen fällt auf, dass die Meinungsäußerungen nach dem Wechsel zu vk.com" eindeutig an Schärfe zugenommen haben. Bei vk.com" handelt es sich um ein kommerzielles Online-Netzwerk, das in seiner optischen Erscheinungsform Facebook stark ähnelt. Registrierte Benutzer können ebenso wie bei Facebook Profile anlegen und mit anderen Benutzern kommunizieren. Daneben werden umfangreiche Zusatzfunktionen 47 angeboten. Eigenen Angaben zufolge waren im November über 190 Millionen Nutzer bei vk.com" registriert. 46 Verbot rassistischer Äußerungen. 47 Suche, Bildung von Gruppen und Diskussionsforen, Fotoalben, Audiound Videofunktionen. 64 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 RECHTSEXTREMISTISCHE PARTEIEN UND VEREINIGUNGEN Nationaldemokratische Partei Deutschlands Die Volksunion (NPD) Trotz der Verschmelzung von NPD und der Deutschen Volksunion (DVU) zum Jahresende 2010 haben sich die Mitgliederzahlen für die 1964 in Hannover gegründete NPD in den letzten Jahren weiter nach unten entwickelt. Derzeit organisieren sich in der NPD bundesweit etwa 6.000 48 Personen. (2011: 6.300; 2010: 6.600). Der neue Bundesvorsitzende Holger APFEL (Sachsen), der 2011 den seit 1996 amtierenden langjährigen Parteivorsitzenden Udo VOIGT (Berlin) ablöste, konnte sein Professionalisierungsversprechen mit seinem Kurs der seriösen Radikalität und die sich daran knüpfenden Erwartungen nicht erfüllen. APFEL hat unter das Leitmotiv der seriösen Radikalität seine Amtszeit gestellt. Es geht um die Profilierung als Kümmererpartei, um die Verständlichkeit unserer Botschaften und die Vermittlung von I- dentifikation , so APFEL. Heterogene Personalentscheidungen verdeutlichten das in sich widersprüchliche Modernisierungskonzept. Eine innovative Erneuerung in der Außendarstellung bei gleichzeitig strikter Beibehaltung der ideologischen Positionen erwies sich als undurchführbarer Ansatz. Im zweiten Halbjahr deutete sich immerhin eine verbesserte parteiinterne Abstimmung und Binnenkommunikation an. Ein Mobilisierungsschub in der eigenen Mitgliederund Anhängerschaft resultierte daraus allerdings nicht. Als Gradmesser für die Erfolgsbilanz des neuen Bundesvorsitzenden APFEL fielen die Resultate der NPD bei den drei Landtagswahlen im Jahre 2012 äußerst enttäuschend aus. 48 Einer aktuellen Eigenangabe der NPD zufolge verfügt sie über 5.400 Mitglieder. 65 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Beteiligung an Wahlen Mittels der so genannten Vier-Säulen-Strategie , dem Kampf um die Köpfe, Kampf um die Straße, Kampf um die Parlamente und Kampf um den organisierten Willen versucht die NPD, den demokratischen Verfassungsstaat umfassend zu bekämpfen. Über die Teilnahme an Wahlen bemüht sich die NPD, auf die politische Willensbildung Einfluss zu nehmen und an der Vertretung des Volkes in Parlamenten mitzuwirken. Im ersten Halbjahr 2012 fanden Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen statt, wobei die NPD durchweg unter den eigenen Erwartungen blieb. Lediglich bei der Landtagswahl im Saarland konnte die NPD einen Stimmenanteil von 1,2 Prozent erzielen und erhält dort damit eine staatliche Teilfinanzierung. Die NPDErgebnisse zu den Landtagswahlen unterstreichen die anhaltende Bedeutungslosigkeit der Partei bei Wahlen in den westlichen Bundesländern. Entwicklung der Bundespartei Der Anfang 2011 begonnene Rechtsstreit darüber, ob die Fusion der NPD mit der DVU und die daraus folgende Auflösung der DVU rechtmäßig zustande gekommen sind, wurde beendet. In seinem Beschluss vom 27. Januar weist das Landgericht München I die gegen die Fusion klagenden DVU-Landesverbände Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein darauf hin, dass die in Fortsetzung des Verfahrens zum Erlass einer einstweiligen Anordnung erhobene Feststellungsklage bezüglich der Unwirksamkeit der DVU-Parteitagsbeschlüsse vom 12. Dezember 2010 sowie der Unwirksamkeit des notariell abgeschlossenen Verschmelzungsvertrags nach vorläufiger Einschätzung keine Chance auf Erfolg hat. Die NPD ist eine ideologisch festgefügte Partei mit einer geschlossenen rechtsextremistischen Weltanschauung. Die ethnisch homogene Volksgemeinschaft stellt für sie das ideologische Kernelement dar. Der darauf beruhende völkische Ansatz ist Mittelpunkt 66 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 der politischen, ökonomischen und sozialen Konzepte der Partei und Richtschnur für die Beschäftigung mit unterschiedlichen Themen. Auf ihrer Homepage stellte die NPD am 6. Juli eine Broschüre mit dem Titel Wortgewandt/Argumente für Mandatsund Funktionsträger vor. Die vom sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Jürgen GANSEL verfasste Handreichung soll laut NPD als wertvolle Hilfe im politischen Meinungskampf dienen und große Verbreitung im volkstreuen Lager finden. Zentrales Leitmotiv des gesamten Textes ist die Volksgemeinschaft , die ausdrücklich als ethnisch-homogener Gegenentwurf zur westlichen Demokratie in den Vordergrund gestellt wird. Das Kapitel zur Ausländerpolitik offenbart in besonderer Weise die völkischen Grundprämissen der NPD. Durch eine rechtsstaatlich abgesicherte Ausländerrückführung müsse Deutschland das Land der Deutschen bleiben beziehungsweise in Teilen wieder werden. Bezeichnenderweise geht die NPD im Abschnitt zur Ausländerpolitik auch auf das Thema Antisemitismus ein. Hierbei handele es sich um einen Kampfbegriff, um Kritik an Juden und Israel zu unterdrücken. Auch das Kapitel zur Wirtschaftsund Sozialpolitik enthält fremdenfeindliche Argumentationsmuster und einzelne antisemitische Anspielungen. Im Kapitel zu allgemeinen Fragen erläutert die NPD nicht zuvorderst alltagsund mehrheitsrelevante Themen, sondern vornehmlich ihre grundsätzliche Haltung zu Nationalismus, Grundgesetz und zum historischen Nationalsozialismus. Anlass für eine erneute, intensiv geführte NPD-Verbotsdebatte waren auch die im November 2011 bekannt gewordenen Geschehnisse im Zusammenhang mit der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund". Zuvor hatte bereits Sachsen-Anhalt aufgrund der nach der Landtagswahl im März 2011 zwischen CDU und SPD geschlossenen Koalitionsvereinbarung die Verbotsdebatte eröffnet. Nach Vorlage eines Berichts und Abschluss der Materialsammlung einer länderoffenen Arbeitsgruppe zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines neuen NPD-Verbotsverfahrens halten es die Innenminister und -senatoren der Länder für geboten, ein Verbot der NPD nach Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes vor dem Bun67 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 desverfassungsgericht (BVerfG) zu beantragen. Der Empfehlung hatten sich die Regierungschefs der Länder angeschlossen. Am 14. Dezember beschloss der Bundesrat, einen Antrag auf Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die NPD zu stellen. Am 8. November reichte die NPD beim BVerfG einen Antrag auf Feststellung der Verfassungskonformität ein. Hilfsweise sollte das BVerfG feststellen, dass die fortwährende Behauptung der Verfassungswidrigkeit der NPD einem faktischen Parteiverbot gleichkomme. Als Antragsgegner hatte die NPD den Bundestag, den Bundesrat und die Bundesregierung aufgeführt. Nach eigenem Bekunden ist damit die Intention verbunden, ein Signal zu setzen und angesichts der andauernden Verbotsdiskussion in die Offensive zu gehen. Für die Bundesregierung hatte das Bundesministerium des Innern am 5. Dezember Stellung genommen und im Wesentlichen auf die Unzulässigkeit der Anträge verwiesen. Bundestag, Bundesrat sowie die Länder hatten, soweit sie sich geäußert haben, von einer Stellungnahme abgesehen. Mit Beschluss vom 20. Februar 2013 hat das BVerfG die Anträge verworfen. Der Hauptantrag auf Feststellung der Verfassungskonformität der NPD war unzulässig, weil der NPD die Antragsberechtigung fehle, ohne dass dadurch eine Rechtsschutzlücke entstünde. Der erste Hilfsantrag sei wegen der fehlenden substantiierten Begründung unzulässig. Die NPD habe nicht aufgezeigt, durch Maßnahmen oder Unterlassungen der Antragsgegner in ihrem Parteistatus verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein. Den zweiten Hilfsantrag hielt das BVerfG für jedenfalls offensichtlich unbegründet. Eine von den Antragsgegnern für Parteiverbotsverfahren nicht im Bundesverfassungsgerichtsgesetz aufgenommene eigene Antragsbefugnis für (verfassungsfeindliche) Parteien verletze die NPD nicht in ihren Rechten. Es liege keine Rechtsschutzlücke vor, auch nicht mit Blick auf die Art. 10, 11, und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) befand am 12. Dezember im Rahmen eines Revisionsverfahrens über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung einer Zahlungsverpflichtung gegen die NPD 68 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 von der Bundestagsverwaltung aus dem Jahr 2009. Die Bundestagsverwaltung hatte rund 2,5 Millionen Euro Strafe verlangt, da der gesetzlich vorgeschriebene Rechenschaftsbericht, den die NPD dem Bundestag für das Jahr 2007 vorgelegt hatte, unrichtige Angaben enthielt. Das BVerwG erklärte diese Zahlungsverpflichtung teilweise für rechtswidrig und reduzierte den Betrag auf 1,27 Millionen Euro. Wenngleich die Finanzsituation der NPD wegen der vom BVerwG festgelegten Sanktionssumme von 1,27 Millionen Euro erheblich beeinträchtigt ist, sind die Aktionsfähigkeit der Partei und ihr Weiterbestand nicht substanziell in Frage gestellt. Aktivitäten der Bundespartei Zur Fußball-Europameisterschaft 2012 hatte die NPD einen EMPlaner mit dem Leitsatz Wir stehen zu Deutschland Nicht nur beim Fußball" veröffentlicht. Das Faltblatt trägt das Konterfei des NPD-Bundesparteivorsitzenden APFEL. Es enthält eine Spielübersicht und alle drei Strophen des Deutschlandliedes. Auf verschiedenen NPD-Internetseiten wird von bundesweiten Verteilungen dieser EM-Planer auch im Rahmen von Public-ViewingVeranstaltungen berichtet. In Sachsen-Anhalt wurden lediglich Verteilaktionen des EM-Planers durch die NPD in Wolmirstedt (Landkreis Börde) und Weißenfels (Burgenlandkreis) bekannt. Strafrechtlich relevante Inhalte sind nicht erkennbar. Die NPD hatte bereits zur FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland zwei Spielplaner mit offensichtlich rassistischen und volksverhetzenden Inhalten herausgebracht und vertrieben. Die Staatsanwaltschaft Berlin führte in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung und Beleidigung. Am 7. Juli fand in Gera (Thüringen) die vom örtlichen NPDKreisverband organisierte Konzertveranstaltung 10. Rock für Deutschland statt. Die unter dem Motto Meinungsfreiheit ist mehr als nur ein Wort angemeldete Versammlung wurde im Internet sowie auf Flugblättern unter dem Leitspruch Europas Zukunft liegt in Deutschlands Stärke nicht im Euro beworben. An dem Festi69 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 val nahmen in der Spitze etwa 990 Besucher (2011: 670) teil. Wie in den vergangenen Jahren wechselten sich Redeund Musikbeiträge ab. Die Dortmunder Band Oidoxie stellte für die Szene den musikalischen Höhepunkt dar. Während der Veranstaltung wurde auf der Bühne zeitweilig ein Transparent mit der Aufschrift Thüringer Heimatschutz Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte gezeigt. Eine Prüfung der straf-, ordnungsund versammlungsrechtlichen Relevanz des Transparents von der Ordnungsbehörde und dem diensthabenden Staatsanwalt verlief negativ; einer Bitte, das Transparent freiwillig zu entfernen, kam der Versammlungsleiter nicht nach. Die NPD bemühte sich im Berichtsjahr um eine Fortsetzung ihrer 2011 initiierten Anti-EU-Kampagne . Eine antieuropäische Schwerpunktkampagne unter dem Motto Raus aus dem Euro Nein zur EU-Diktatur forciert durch Propagandamaterialien, bundesweite Aktionstage sowie eine intensive Agitation in Zeitschriften und elektronischen Medien sollte der NPD als der Anti-EUPartei ein unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal gegenüber politischen Konkurrenten verschaffen. Eine bundesweite Deutschlandtour sowie ein diffamierender, polemisch formulierter Brief des NPD-Bundesvorsitzenden an Bundestagsabgeordnete sollten die öffentliche Aufmerksamkeit für die Agitation der Partei erhöhen. Darin diffamierte APFEL die Abgeordneten als Totengräber von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Selbstbestimmung . Die bundesweite Deutschlandtour der NPD startete am 12. Juli. Innerhalb eines Monats wurden in insgesamt 52 Städten Kundgebungen gegen EU und Euro durchgeführt. In Sachsen-Anhalt fand am 7. August in Halle (Saale) unter Teilnahme von Udo PASTÖRS (Mecklenburg-Vorpommern), Holger APFEL (Sachsen), Andy KNAPE (Magdeburg, zu diesem Zeitpunkt stellvertretender JNBundesvorsitzender) und regionaler NPD-Mitglieder eine Kundgebung statt. Am 8. August fanden in Dessau-Roßlau und Magdeburg Aktionen der NPD statt. Als Fazit der NPD-Sommertour in Sachsen-Anhalt lässt sich feststellen, dass eine geringe Anzahl von Anhängern und Sympathi70 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 santen der NPD einer großen Zahl von Gegendemonstranten gegenüberstand, die ihren Protest meist friedlich zum Ausdruck brachten. Im Rahmen bundesweiter Aktionstage der NPD zum Thema Raus aus dem Euro fanden in Sachsen-Anhalt mehrere Informationsstände, Mahnwachen und Kundgebungen statt. Am 11. August fand in Viereck bei Pasewalk (MecklenburgVorpommern) das diesjährige Pressefest der NPD-eigenen Deutschen Stimme Verlagsgesellschaft mbH (DS-Pressefest) statt. An der Veranstaltung nahmen etwa 1.200 Personen teil. Das musikalische Programm bestritten die rechtsextremistischen Bands Wiege des Schicksals (Mecklenburg-Vorpommern), Faust (Brandenburg/Hessen), Sachsonia (Sachsen) und Die LunikoffVerschwörung (Berlin) sowie die Interpreten Frank RENNICKE (Baden-Württemberg) und der Brite Ken MC LELLAN. Als Redner traten unter anderem APFEL, PASTÖRS, sowie die Bundesvorsitzende des Rings Nationaler Frauen (RNF), Sigrid SCHÜßLER (Bayern), auf. Presseberichten zufolge sprach APFEL bei seinem Auftritt von einem Staatsterrorismus der Geheimdienste : Die Mörder der Terrorgruppe NSU würden dazu missbraucht, um Nationale zu kriminalisieren . Das mit Unterbrechungen seit 2001 stattfindende Pressefest wurde bisher überwiegend in Sachsen durchgeführt. Auch wenn die Besucherzahlen 2012 abermals gesunken sind, stellt das DS-Pressefest weiterhin eine der bedeutendsten öffentlichen Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene dar. Bemerkenswert ist, dass die in der Szene populäre Musikgruppe Die Lunikoff-Verschwörung mit dem Frontsänger Michael REGENER, die noch vor Jahren Besucherrekorde bei rechtsextremistischen Veranstaltungen garantiert hatte, nicht für größeren Zulauf gesorgt hatte. 71 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Kommunalpolitische Vereinigung der NPD (KPV) Die 2003 gegründete Kommunalpolitische Vereinigung der NPD (KPV) versteht sich als bundesweite Interessenvertretung für kommunale Mandatsträger der Partei. Am 16. September führte die KPV in Plauen (Sachsen) ihren 5. Bundeskongress mit Neuwahlen durch. Hier wurde Hartmut KRIEN (Sachsen) in seinem Amt als Vorsitzender bestätigt. Stellvertreter bleibt weiterhin der Münchner Stadtrat Karl RICHTER, Schatzmeister Rolf DIETRICH aus Frankleben (OT von Braunsbedra, Saalekreis). Einem Bericht zur Veranstaltung aus dem Internet ist zu entnehmen, dass die KPV den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Wahlkampfaktivitäten 2014 legen wird, insbesondere auf die drei Länder Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Darüber hinaus wird auch Sachsen-Anhalt 49 als KPV-Schwerpunkt gesehen. Die NPD war nach hier vorliegenden Erkenntnissen im Berichtsjahr mit 13 Abgeordneten in sieben Kreistagen und 19 Abgeordneten in den verschiedenen Stadtund Gemeinderäten vertreten. Ring Nationaler Frauen (RNF) Am 28. April wurde Sigrid SCHÜßLER (Bayern) ohne Gegenkandidatur auf dem Bundeskongress des RNF in Halberstadt zur neuen Bundesvorsitzenden der NPDFrauenorganisation gewählt. Zu Stellvertreterinnen wurden die sächsische NPDLandtagsabgeordnete Gitta SCHÜßLER, die von 2006 bis 2009 als Vorsitzende des RNF amtierte, sowie die bisherige Schatzmeisterin Heidrun WALDE (Hecklingen, OT Schneidlingen, Salzlandkreis) bestimmt. Sigrid SCHÜßLER kündigte einen neuen Führungsstil an. Der RNF sei auch durch eigene, zu hoch gesetzte Erwartungen in eine Sackgasse geraten, aus der sie ihn durch neue Impulse und Ideen herausführen wolle. Jede Frau, die sich für unsere Heimat einsetzen und deutsche, nationale Interessen schützen und 49 Kommunalwahl 2014. 72 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 vertreten möchte , sei dabei willkommen, egal welcher Strömung oder Fraktion sie angehöre. Dem RNF gehören derzeit etwas mehr als 100 Mitglieder an, davon dem Landesverband Sachsen-Anhalt zirka zehn Frauen. Neue Vorsitzende des RNF-Landesverbands Sachsen-Anhalt ist Marita SCHÄFER (OT Etgersleben der Gemeinde Börde-Hakel, Salzlandkreis). SCHÄFER war 2000 Mitglied der DVU und Mitarbeiterin in der Landtagsfraktion der DVU in Sachsen-Anhalt. Seit 2008 ist sie Mitglied der NPD und des RNF. Der Bundesvorstand des RNF traf sich am 3. und 4. November zu einer so genannten Herbsttagung in Halberstadt. Neben Berichten aus den Ämtern und Regionen sowie der Besprechung aktueller Themen stand die Erarbeitung mehrerer Kampagnen im Mittelpunkt der Tagung. Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt waren die stellvertretende Bundesvorsitzende WALDE und die RNFLandesvorsitzende Sachsen-Anhalt, SCHÄFER. NPD-Landesverband Sachsen-Anhalt Dem NPD-Landesverband werden etwa 250 Mitglieder zugerechnet. Nach dem Misserfolg der Partei zur Landtagswahl 2011 in Sachsen-Anhalt und der darauf folgenden Neuaufstellung des Landesvorstands stagniert der Landesverband in seiner Entwicklung. Politische Aktivitäten sind bis auf wenige Aktionen einzelner Aktivisten im Berichtszeitraum kaum zu verzeichnen. Der sachsenanhaltische Landesverband gliedert sich in elf Kreisverbände und mehrere Ortsbereichsgruppen. Die Parteigliederungen sind unterschiedlich aktiv. Landesvorsitzender ist seit 2011 Peter WALDE. Einer Internetmeldung des NPD-Landesverbands vom 2. Juni ist zu entnehmen, dass sich eine Ortsgruppe Aschersleben des Kreisverbands Salzlandkreis gegründet hat. Mit der Ortsgruppe Bernburg arbeiten nunmehr zwei dieser Verbände in diesem Landkreis. Zum Vorsitzenden wurde Holger WNUCK und zu seinem Stellvertreter Hartmut SCHIRMER (beide Aschersleben) gewählt. Am 9. 73 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Juni trat die Ortsgruppe Aschersleben mit einem Infotisch zu einem weiteren Aktionstag der NPD Raus aus dem Euro erstmals in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Das BVerwG in Leipzig entschied am 7. November, dass die Bestellung eines Bezirksschornsteinfegermeisters wegen fehlender persönlicher Zuverlässigkeit widerrufen werden darf, wenn er außerberuflich eine antisemitische und rassistische Grundhaltung offenbart und damit zu erkennen gibt, dass er die geltenden Gesetze und Grundrechte von Mitbürgern auch von ethnischen und religiösen Minderheiten (Art. 3 Abs. 3 GG) nicht uneingeschränkt und verlässlich achtet. 50 Dem Schornsteinfeger BATTKE war der Kehrbezirk entzogen worden, weil er sich jahrelang aktiv an der öffentlichen Ehrung der Mörder des früheren deutschen Außenministers Walther Rathenau beteiligt hatte. 51 Des Weiteren betätigt er sich für die NPD (Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Laucha, Fraktionsmitglied im Kreistag Burgenlandkreis). Er ist kein Mitglied dieser Partei. Die Klage des Schornsteinfegers gegen den Widerruf der Bestellung hatte vor dem Verwaltungsgericht Halle und dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg Erfolg, weil die vorgehaltenen Aktivitäten nach Auffassung dieser Gerichte keinen Bezug zu seiner Berufstätigkeit aufwiesen. Diese Urteile hat das BVerwG mit seiner Entscheidung geändert. Das außerberufliche Verhalten dürfe bei der Beurteilung, ob der Schornsteinfeger verlässlich die Gewähr dafür biete, dass er bei der Ausübung seines Berufes die geltende Rechtsordnung und insbesondere die Grundrechte seiner Kunden beachten werde, nicht ausgeblendet werden. Der Direktkandidat der NPD zur Bundestagswahl 2013, Hans PÜSCHEL (Teuchern, Burgenlandkreis), engagierte sich bereits zur Landtagswahl 2011 für die NPD. PÜSCHEL ist Ortsbürgermeister im Ortsteil Krauschwitz der Einheitsgemeinde Stadt Teuchern im Burgenlandkreis und verfügt damit über kommunalpolitische Kompetenz. Mit seinen vielfältigen Äußerungen und Aktivitäten unter50 BVerwG 8 C 28/11. 51 Siehe Seite 39ff. 74 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 stützt PÜSCHEL das ideologische Konzept der NPD. In zahlreichen Beiträgen auf seiner privaten Internetseite äußert er sich unter anderem zur gesellschaftlichen Aufarbeitung mit der jüngeren und jüngsten deutschen Geschichte und belegt seine Nähe zum historischen Nationalismus. So kommentiert PÜSCHEL auf seiner Internetpräsenz zum oben genannten Urteil des BVerwG zu BATTKE: denn täglich findet deutsche Vergangenheitsbewältigung statt. Im Sinne und Auftrage der wohl ewigen Sieger und Deutschlandhasser ja, anders kann man sie nicht benennen geschieht dies inzwischen sogar durch höchste deutsche Richter. Sei es nun das bewußte Negieren mannigfacher Brüche europäischer Verträge durch das Verfassungsgericht oder nunmehr der Entzug des Kehrbezirks von Schornsteinfegermeister Battke durch das Bundesverwaltungsgericht aufgrund dessen angeblichen Judenhasses. Mit der Aufstellung PÜSCHELs als Kandidat der NPD versucht der Landesverband wiederholt, den Wahlkampf mittels der Person PÜSCHEL medienwirksam zu personalisieren und für sich zu beeinflussen. Weitere Aktivitäten des Landesverbands In Stendal, Ortsteil Insel, fanden seit Ende des Jahres 2011 Demonstrationen aufgrund des Zuzugs zweier aus der Sicherungsverwahrung Entlassener statt. Auch im Berichtsjahr nahmen an den Demonstrationen der Bürger Rechtsextremisten zumeist Angehörige der Freien Kräfte unter der Leitung von KRAUSE teil. Zu nennen sind hier insbesondere: eine versammlungsrechtliche Aktion der Bürgerinitiative Bürger von Insel am 21. Januar unter dem Motto: Sexualstraftäter in Insel mit der Teilnahme von 47 Personen der rechtsextremistischen Szene, 75 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 eine am 4. Februar angemeldete Versammlung mit zirka 60 Einwohnern der Gemeinde Insel und 50 Personen der rechtsextremistischen Szene, eine Kundgebung unter dem Motto Wir für Euch jetzt erst recht! , von KRAUSE für den 8. Juni angemeldet, wurde verboten. Das Verbot wurde auch damit begründet, dass es Zweck und Ziel der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung sei, in Insel eine pogromartige Lage zu schaffen, aufrechtzuerhalten und zu stützen, die objektiv auf eine Vertreibung der beiden Männer gerichtet ist, unter dem Motto: Für die Sicherheit der Bürger in Insel versammelten sich am 28. September 33 Personen des bürgerlichen Spektrums und 37 Personen der rechtsextremistischen Szene, darunter KRAUSE und WALDE. Es wurden anlassbezogene Transparente mitgeführt und die Parole Widerstand lässt sich nicht verbieten skandiert, am 29. September nahmen in Stendal 170 Personen der rechtsextremistischen Szene und 15 Bürger aus Insel an einem Aufzug unter dem Motto: Wir wollen leben - Härtere Strafen für Sexualtäter! teil, unter dem Thema: In Insel ticken die Uhren anders - Wahr oder Lüge versammelten sich am 17. November 25 Personen des bürgerlichen Spektrums und 33 Personen der rechtsextremistischen Szene. Die Redebeiträge von WALDE und KRAUSE mussten von der Polizei unterbrochen werden, da sie sich gegen eine in Insel lebende Unterstützerin der ehemals Sicherungsverwahrten richteten, Mordanschläge des NSU in Frage stellten und das Recht auf freie Wohnortwahl indirekt in Abrede stellten. Die Versammlungsteilnehmer der rechtsextremistischen Szene skandierten die Parolen: Widerstand lässt sich nicht verbieten! und Unsere Politiker im Lande sind eine Schande! , am 29. Dezember fand in Insel ein Aufzug unter dem Motto: Auf ein Neues ( Jahr )!!!! statt. Hier versammelten sich 20 Personen des bürgerlichen Spektrums, sowie 50 Personen der rechtsextremistischen Szene, darunter KRAUSE, WALDE und der Landespressesprecher der NPD, Michael GRUNZEL (Magdeburg). 76 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 28. Januar fand in Aschersleben (Salzlandkreis) ein Aufzug der NPD mit etwa 160 Personen der rechtsextremistischen Szene unter dem Motto Volkstod stoppen hier und jetzt statt. Die Teilnehmer führten zwei Transparente mit den Aufschriften Mach weiter so und erleide den Volkstod, Freies Salzland und Nationaler Sozialismus jetzt / Aktionsgruppe Erfurt sowie Fahnen mit. Einer Internetmeldung vom 19. Juni zufolge verteilten Mitglieder der NPD-Weißenfels sowie Freie Kräfte im Mai und Juni das Flugblatt Die Heimat und den EM-Planer 2012. 52 Bei dem Flugblatt Die Heimat handelt es sich um eine Selbstdarstellung der NPDOrtsbereichsgruppe Weißenfels mit ihren Führungskräften und den Vertretern der NPD in den Kommunen. Weitere Angaben werden zu den politischen Aktivitäten der Ortsgruppe gemacht. Es folgt die Aufforderung, bei Interesse an den monatlichen Mitgliederversammlungen teilzunehmen. Die Heimat hat eine Auflage von 3.000 Stück, welche in Tagewerben/Reichardtswerben 53 und der Weißenfelser Neustadt verteilt wurden, so die Aussage der NPDWeißenfels. Zur Oberbürgermeisterwahl am 1. Juli in Halle (Saale) kandidierte der stellvertretende Landesvorsitzende der NPD, Andreas KARL. Dieser errang mit 1,0 Prozent der Stimmen den siebten Platz von neun Kandidaten. In Vorbereitung auf die Wahl fand am 12. Juni in Halle (Saale) eine offizielle Vorstellung aller Kandidaten statt. Im Vorfeld dieser Veranstaltung betrieb die NPD einen von der Stadt Halle (Saale) genehmigten Informationsstand mit sieben Teilnehmern im Bereich der St.-Ulrich-Kirche. Einer Facebook-Meldung ist zu entnehmen, dass dem NPDMitglied im Landesverband Gustav HAENSCHKE (Magdeburg) vom Bundesvorsitzenden APFEL auf dem Pressefest der Deutschen Stimme das Goldene Parteiabzeichen verliehen wurde. HAENSCHKE habe sich durch seine außergewöhnlichen Leistungen in den letzten Jahren, 12 Wochen im Wahlkampf in Sachsen52 Siehe Seite 69. 53 Weißenfelser Ortschaften. 77 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern und seinen 8-wöchigen Einsatz bei der NPD-Deutschlandfahrt, verdient gemacht. Junge Nationaldemokraten (JN) Die JN sind laut Satzung integraler Bestandteil der NPD, der JNBundesvorsitzende Andy KNAPE (Magdeburg) ist kraft Amtes zugleich Mitglied des NPD-Parteivorstands. Der Organisation werden bundesweit etwa 350 Personen zugerechnet. Die Zeitschrift Der Aktivist dient als zentrales Publikationsorgan. Die JNBundesgeschäftsstelle, bisher in Wernigerode (Sachsen-Anhalt), befindet sich nunmehr in Riesa (Sachsen). Postalisch ist dies auch die Anschrift des Deutschen Stimme Verlags . Im Berichtsjahr führte die am 27. Oktober auf dem 39. JN-Bundeskongress neu gewählte Bundesführung ihre Aufbauarbeit fort. So unterstützte sie unter anderem die Gründung eines JN-Landesverbands in Rheinland-Pfalz. Der 39. JN-Bundeskongress unter dem Motto Wir schreien, wenn alle schweigen gehörte zu den wenigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen im Berichtszeitraum. In Kirchheim (Thüringen) kam es zu einem Führungswechsel. Zum Nachfolger des bisherigen Vorsitzenden Michael SCHÄFER wurde der bisherige stellvertretende JN-Bundesvorsitzende KNAPE gewählt. Als Stellvertreter fungieren Julian MONACO (bisheriger JN-Bundesgeschäftsführer und niedersächsischer JN-Landesvorsitzender) und Andreas KOLB (nordrhein-westfälischer JN-Aktivist). Die immer wieder von SCHÄFER betonte unterschiedliche strategische Ausrichtung von JN und NPD (propagierte Autonomie) und der Versuch als Akteur den vorpolitischen Raum zu gestalten, sollen auch unter dem neuen Vorsitzenden beibehalten werden. Er werde den Weg seines Vorgängers SCHÄFER fortführen, allerdings seien verschiedene Stellschrauben nachzujustieren , so KNAPE. 78 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Nach rund eineinhalb Jahren veröffentlichte die JN eine neue Ausgabe ihrer Publikation Der Aktivist . Layout und Aufmachung des JN-Zentralorgans wurden umfassend modernisiert und professionalisiert. Der Aktivist , so der Anspruch der JN, soll sich von einer JN-Mitgliederzeitschrift zu einem Blatt für die ganze Bewegung gewandelt haben. Mit Martin WIESE (Bayern) gab die JN in ihrer neuen Ausgabe einem verurteilten Rechtsterroristen die Möglichkeit, sich zum Thema Die hässliche Fratze des Rechtsstaats zu äußern. Der im November 2011 neu gewählte NPDBundesvorstand ging hingegen zu Führungsfiguren wie WIESE auf Distanz und verwies auf die zukünftige Vermeidung gemeinsamer Veranstaltungen. Die JN führten im Berichtszeitraum ihre bekannten Kampagnen wie zum Beispiel Bundeswehr Raus aus Afghanistan oder WIR o- der SCHARIA mit mäßigem Erfolg fort. Ihre neue Kampagne I- dentität Werde, wer Du bist wurde auf mehreren Internetpräsenzen publiziert. Hierzu wurde auch ein gleichnamiges KampagnenVideo auf einem Videoportal hoch geladen. Eine weiße Hand (die weiße Hand gegen alle, die IDENTITÄT zerstören: Wir sagen: Bis hierher und nicht weiter. ) auf einem schwarzen T-Shirt dient als Symbol und Erkennungszeichen dieser Kampagne. Die JN greifen hier die für sie erfolgversprechende IDENTITÄRE-Bewegung (Frankreich) auf. Seit Anfang Dezember verbreiten die JN unter dem Titel Die Zukunft im Blick einen von ihr herausgegebenen Tonträger nach dem Konzept der NPD-Schulhof-CD. Die CD enthält Lieder rechtsextremistischer Musiker und Musikgruppen sowie Videodateien. In dem auf der Schulhof-CD enthaltenen Video Ansprache an die Jugend unterstreicht der für die CD verantwortlich zeichnende neue JN-Bundesvorsitzende KNAPE die Systemfeindschaft der Jugendorganisation: Wir erheben unsere Stimme und unsere Fäuste gegen ein System, in dem unsere Zukunft schon längst nicht mehr gesichert ist. Es gelte, den Weg für 79 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 eine bessere Zeit zu bereiten. Ein zudem auf der CD enthaltener Werbefilm sowie das umfassende Booklet sollen bezüglich der JN das Bild einer eingeschworenen Gemeinschaft heimatverbundener Deutscher mit festen Wertevorstellungen suggerieren. Dies ist der deutlichste Unterschied zu den bisher bekannten Schulhof-CDs, die vornehmlich als Wahlkampfmittel eingesetzt worden sind. Seitens des LKA Mecklenburg-Vorpommern wurde am 11. Dezember bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) die Indizierung des Tonträgers angeregt. Die BPjM indizierte diese CD im März 2013. JN-Landesverband Sachsen-Anhalt Strukturiert sind die JN in Sachsen-Anhalt in einen Landesverband und drei Stützpunkte. Sie haben etwa 40 Mitglieder. Als zurzeit aktive JN-Stützpunkte des Landesverbands sind zu nennen: der Stützpunkt Magdeburg-Börde , der Stützpunkt Harz und der Stützpunkt Halle . In Sachsen-Anhalt entwickelten sich die JN fast ausschließlich aus der Neonaziszene heraus. Sie verstehen sich somit als Bindeglied zwischen der Partei und dieser Strömung, wobei klare Abgrenzungen zwischen NPD und JN wenig wahrgenommen werden können. Am 21. September führten die JN Sachsen-Anhalt in der Hansestadt Stendal, OT Insel, eine Kundgebung unter dem Motto Wir wollen leben härtere Strafen für Sexualstraftäter durch. Hieran nahmen etwa 45 Personen der rechtsextremistischen Szene und 25 Personen des bürgerlichen Spektrums teil. Die Teilnehmer versuchten über ihren Protest, den Wegzug von zwei ehemals sicherungsverwahrten Sexualstraftätern aus dem Ort zu erreichen. Die alljährliche Aktionswoche Ein Licht für Dresden (Zerstörung Dresdens 1945) ist ein fester Bestandteil der Gedenkkultur der Rechtsextremisten. Mitglieder der JN-Stützpunkte Magdeburg und Börde zündeten zum Gedenken am 13. Februar Lichter an Halte80 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 stellen, Plätzen und vor Schulen in Magdeburg und Umgebung an. 54 Die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der JN sind im Berichtszeitraum mangels Führungspersonals in der Fläche merklich zurückgegangen. Lediglich auf den Internetseiten der JN wird auf einzelne regionale Aktionen, wie die Durchführung einer Sonnenwendfeier in der Nähe von Blankenburg (Landkreis Harz) oder auf die gemeinsame Durchführung eines Aktionstags mit der NPDBrandenburg anlässlich des 17. Juni hingewiesen. Partei DIE RECHTE Am 27. Mai wurde in Hamburg in kleinem Kreis die Partei DIE RECHTE gegründet. Christian WORCH (MecklenburgVorpommern) wurde zum Bundesvorsitzenden der Partei gewählt. Weitere Gründungsmitglieder sind in der Hauptsache ehemalige DVU-Mitglieder. In einer Erklärung zur politischen Ausrichtung der neuen Partei, die WORCH am 8. Juni abgab, heißt es, das Parteiprogramm sei sprachlich und inhaltlich modernisiert und ergänzt von der DVU übernommen worden. DIE RECHTE sei weniger radikal als die NPD , aber radikaler als die REPs und die PROBewegung . Am 15. September gründete die DIE RECHTE in DortmundDorstfeld (Nordrhein-Westfalen) ihren ersten Landesverband. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Aktivisten der am 23. August vom Innenminister Nordrhein-Westfalens verbotenen neonazistischen Organisation Nationaler Widerstand Dortmund (NWDO). 55 Zwei ehemalige Führungsaktivisten des NWDO wurden am 13. Oktober auf dem zweiten Bundesparteitag in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) in den Bundesvorstand gewählt. Am 17. November wurde ein Landesverband in Hessen gegründet. 54 Siehe Seite 51. 55 Vereinsrechtliche Verbotsverfahren gegen rechtsextremistische Gruppierungen am 23. August in Nordrhein-Westfalen. 81 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Die personellen Ressourcen der Partei sind bislang gering, sie beschränkt sich im Wesentlichen auf virtuelle Aktivitäten. WORCH bezeichnet die Teilnahme an der Wahl zum Europaparlament im Jahr 2014 als erstes strategisches Ziel der Partei DIE RECHTE für die Bundestagswahl im Jahr 2013 habe er noch keine Ambitionen. In Sachsen-Anhalt sind im Berichtsjahr keine Strukturen der Partei DIE RECHTE bekannt geworden. Exilregierung des Deutschen Reichs (Exilregierung) Die Exilregierung wurde 2004 gegründet. Sie suggeriert das Fortbestehen des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 und strebt dessen Reorganisation an. Gleichzeitig wird die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneint. Im Berichtsjahr fanden die monatlichen Bürgertreffen der Exilregierung statt, die durchschnittlich von etwa 30 bis 40 Personen besucht wurden. Ein Bürgertreffen fand am 17./18. Februar in Wohlmirstedt (OT der Gemeinde Kaiserpfalz, Burgenlandkreis) im Hotel Zur Kaiserpfalz statt. Etwa 40 Personen aus den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Thüringen nahmen hier teil. Darüber hinaus fand ein weiteres Bürgertreffen der Exilregierung am 17./18. August in Kochstedt, einem Ortsteil der Stadt DessauRoßlau, statt. 82 Rechtsextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) Auf seiner Internetseite warb der JLO-Landesverband Sachsen für ein Osterlager , das in der Zeit vom 5. bis 9. April in dem bekannten JLO-Objekt in der Mansfelder Ortschaft Abberode, OT Steinbrücken (Landkreis Mansfeld-Südharz), stattfand. Auf dem Grundstück waren Zelte aufgebaut. Es nahmen etwa 70 Personen teil, darunter Familien mit Kindern. Einige Teilnehmer führten eine traditionelle Osterwanderung durch. An dieser Veranstaltung beteiligten sich bekannte Rechtsextremisten wie Steffen HUPKA (Landsberg, OT Hohenthurm, Saalekreis), der Liedermacher Manuel ZIEBER (Staßfurt, Salzlandkreis) und Kai PFÜRSTINGER (Sachsen, Landesvorsitzender der JLO Sachsen). Die Teilnehmer der Veranstaltung kamen aus BadenWürttemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und aus der Schweiz. Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (Artgemeinschaft) Die Artgemeinschaft ist eine neonazistische Organisation. Sie wurde 1951 gegründet. Der Verein vertritt völkisch-rassistisches und antisemitisches Gedankengut. Er versteht sich als Glaubensbund, der die Kultur der nordeuropäischen Menschenart bewahren, erneuern und weiterentwickeln will. Wie bereits in den vergangenen Jahren fanden im März, im Juni und im Dezember im Hotel Hufhaus in Ilfeld (Thüringen) die Gemeinschaftstage statt. Insgesamt nahmen zwischen 90 bis 270 Personen, darunter zahlreiche Familien mit Kindern, teil. Aus Sachsen-Anhalt beteiligten sich Rechtsextremisten aus den Landkreisen Börde und Stendal, dem Burgenlandkreis und sowie aus Magdeburg. 83 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 III. LINKSEXTREMISMUS ÜBERBLICK UND AUSBLICK Linksextremistische Strömungen und Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland werden maßgeblich von marxistischleninistischen Parteien, linksextremistischen Zusammenschlüssen und gewaltbereiten Linksextremisten bestimmt, die überwiegend anarchistischen oder autonomen Personenzusammenschlüssen angehören. Gerade diese gewaltbereiten autonomen Gruppierungen haben bundesweit Zulauf erhalten und sind für den Anstieg linksextremistischer Gewaltstraftaten verantwortlich. Hingegen unterlag das linksextremistische Personenpotenzial im Land Sachsen-Anhalt im Berichtszeitraum zahlenmäßig keinen Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr: Linksextremisten 2011 2012 Autonome 230 230 Parteien und sonstige Gruppierungen 290 290 Gesamt: 520 520 Schwerpunktregion der etwa 230 Personen umfassenden Autonomenszene in Sachsen-Anhalt ist nach wie vor Magdeburg mit den Aktivitäten der Gruppierung Zusammen Kämpfen (ZK) und des Arbeitskreises Antifa (AK Antifa). Nennenswerte Aktivitäten der Autonomenszene gab es ferner in Burg (Landkreis Jerichower Land) von der Antifaschistischen Aktion Burg . Die Jugendantifa Halle (JAH) und die AG No tears for Krauts 56 aus Halle (Saale) sind Vertreter des antideutschen Spektrums . Ideologisch werfen Antideutsche rivalisierenden linksextremistischen Gruppierungen Antisemitismus vor und lehnen einen deutschen Nationalstaat insgesamt ab. 56 Deutsch: Keine Tränen für Krauts (abschätzig für Deutsche). 84 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Von den autonomen Gruppierungen aus Sachsen-Anhalt gehen jedoch nur sehr selten Impulse für die Arbeit der bundesweiten autonomen Szene aus. Lediglich die Gruppierung ZK vernetzt sich mit den gleichnamigen Gruppierungen aus Berlin und Stuttgart. Zudem steht ZK in enger Verbindung zum Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen . Unter den linksextremistischen Parteien konnten im Berichtsjahr in Sachsen-Anhalt die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Ost) mit eigenen Strukturen festgestellt werden. Es ist zu erwarten, dass Autonome als die aktivste Kraft im linksextremistischen Lager in Sachsen-Anhalt auch in Zukunft den Phänomenbereich Linksextremismus dominieren, während die linksextremistischen Parteien ihre untergeordnete Rolle und die Problematik ihrer Überalterung nicht ablegen werden. Autonome, die für sich in Anspruch nehmen, einen wahren Antifaschismus zu vertreten und Gewaltanwendung als legitimes Mittel im Kampf gegen Nazis und Staat ansehen, prägen weiterhin die Straftatenstatistiken zum Linksextremismus. Im Zusammenhang mit den Aktionsfeldern Antifaschismus und Antirepression ist ein Anwachsen politisch motivierter Gewaltstraftaten zu befürchten. Aktionsformen wie das Outing tatsächlicher und vermeintlicher Rechtsextremisten finden ihre Fortsetzung. Zur Verhinderung rechtsextremistischer Veranstaltungen werden taktische Bündnisse eingegangen, ohne eigene, militante Positionen aufzugeben. AUTONOME Selbstverständnis von Autonomen Autonome propagieren ein Leben frei von Zwängen unter Missachtung von Normen und Autoritäten. Ihr Selbstverständnis ist geprägt von diversen Anti-Einstellungen wie antifaschistisch , antikapitalistisch oder antipatriarchal . Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente sind Grundlage ihrer oftmals sponta85 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 nen Aktionen. Die Angriffe von gewaltbereiten Linksextremisten zielen auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. Dabei wird die Nichtanerkennung des staatlichen Gewaltmonopols als ebenso notwendiger wie legitimer Grundpfeiler linksextremistischer Agitation verstanden. Linksextremistische Gewalt ist primär anlassbezogene Gewalt, die sich an der Agitation des politischen Gegners orientiert, sich gegen Vertreter des Staates wendet und auf Großereignisse oder szenerelevante Daten Bezug nimmt. Strafund Gewalttaten Das LKA Sachsen-Anhalt registrierte für das Berichtsjahr 351 politisch motivierte Straftaten -links-. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr (385 Delikte) einen Rückgang von 9 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der politisch motivierten Gewalttaten um 26 Prozent (2012: 77 Delikte, 2011: 61 Delikte). 57 80 70 60 50 40 2010 30 2011 20 2012 10 0 Gewalttaten -linksin den vergangenen drei Jahren Seit vielen Jahren bleiben die wesentlichen Aktionsfelder unverändert. Linksextremisten beziehen sich im Wesentlichen auf die Themenfelder Anti-Faschismus , Anti-Repression , AntiMilitarismus , Anti-Rassismus sowie Anti-Kapitalismus . Gewaltbereite Linksextremisten richten ihr Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung rechtsextremistischer Aktivitäten und subsumieren ihre Handlungen unter den Begriff Antifaschismus . Vor allem 57 Siehe Anhang. 86 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Rechtsextremisten stehen als Angriffsziel im Fokus von Linksextremisten. Eine wichtige Rolle nehmen aber auch der Widerstand gegen den vermeintlich repressiven Staat und die angebliche Militarisierung der Gesellschaft ein. Außerdem ist festzustellen, dass die Hemmschwelle gegenüber den im Rahmen von Demonstrationen eingesetzten Polizisten gering ist. Polizeikräfte geraten weiter zwischen die Fronten und werden als eigenständige Angriffsziele wahrgenommen. Während die Gewalt gegen Nazis und vermeintliche Rechtsextremisten in der linksextremistischen Szene stets vermittelbar war, wächst auch die szeneinterne Akzeptanz gewalttätiger Angriffe auf Vertreter des Repressionsapparats . 58 So wurden auch in der Anfang April erschienenen linksextremistischen Szenedruckschrift radikal (Ausgabe Nr. 165) Artikel mit folgenden Themen veröffentlicht: Massenmilitanz , Bewaffneter Kampf und die Aufstandsperspektive der revolutionären Linken , Organisierter Selbstschutz gegen Staatsund Naziterror sowie Für eine organisierte klandestine Militanz - ein Beitrag der RAZ . 59 Neben Publikationen nutzen Linksextremisten das Internet zweckorientiert zum Aufbau von Vernetzungsund Kommunikationsstrukturen sowie zur Verbreitung von Inhalten. Inzwischen besitzen fast alle Gruppierungen des linksextremistischen Spektrums eigene Webseiten. Das im Jahr 2000 entstandene Netzwerk Indymedia Deutschland wird überwiegend für die Berichterstattung von Veranstaltungen und Demonstrationen genutzt. Indymedia Deutschland ist Teil des globalen, weltweit betriebenen dezentralen Indymedia -Netzwerks. Bemerkenswert ist, dass prinzipiell jedermann von jedem internetfähigem Rechner aus Informationen im Portal von Indymedia direkt veröffentlichen kann. Lediglich ein aus mehreren Personen bestehendes Moderationskollektiv prüft anhand bestimmter Kriterien die Beiträge und sortiert diese in die jeweiligen 58 Siehe Seite 93ff. 59 Die Revolutionären Aktionszellen (RAZ) sind für mindestens drei Brandanschläge in Berlin in den Jahren 2009 bis 2011 verantwortlich. 87 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Rubriken. Daneben gibt es die Plattform linksunten.indymedia.org , die zunächst nur lokale Bedeutung hatte, mittlerweile aber bundesweit genutzt wird. Hier werden zum Beispiel Bekennerschreiben nach gewalttätigen Anschlägen gegen Personen oder Sachen veröffentlicht. Im Januar waren in drei Fällen Einrichtungen und Einsatzmittel der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt Ziel von Brandstiftungen: 18. Januar - schwere Brandstiftung am Dienstgebäude des Polizeireviers Dessau-Roßlau; 23. Januar - Brandstiftung an zwölf zur Übergabe bereitgestellte Funkstreifenwagen auf dem Gelände eines Autohauses in Magdeburg; 25. Januar - Brandstiftung an einem Funkstreifenwagen auf dem nicht umfriedeten Parkplatz des Revierkommissariats in Halle-Neustadt. Durch die Auswahl von polizeilichen Einrichtungen und Fahrzeugen als jeweiliges Tatobjekt sowie durch die Kommentierungen im Internet ergaben sich Anhaltspunkte auf politisch linksmotivierte Tatausführungen. So wurde auf Indymedia im Zusammenhang mit der Brandstiftung in Magdeburg über technische Lösungen informiert, in dem autonome gruppen eine Anleitung zum Bau eines zeitverzögerten Brandsatzes gaben. Auch über ihre Musik versuchen Linksextremisten erlebnisorientierte Jugendliche propagandistisch zu erreichen und für ihre Ziele zu werben. In den Liedtexten wird die Abschaffung des demokratischen Rechtsstaates gefordert, das Gewaltmonopol des Staates in Frage gestellt, zur Selbstjustiz aufgefordert und zu gewalttätigen Angriffen auf den politischen Gegner, staatliche Institutionen sowie Unternehmen der Wirtschaft aufgerufen. Eine weitere wichtige Funktion dieser linksextremistischen Musikszene ist die Beschaffung von Finanzmitteln. So genannte SoliSampler erscheinen beispielsweise zur Finanzierung der Arbeit 88 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 linker Organisationen, zur Unterstützung der Verteidigung in Strafverfahren oder für konkrete Szene-Projekte. Spezifische Aktionsfelder der Autonomenszene in Sachsen-Anhalt Antifaschismus Das Aktionsfeld Antifaschismus der Autonomenszene besteht vielfach in Recherchearbeiten zu rechtsextremistischen Bestrebungen. Die Autonomen sammeln Informationen zu rechtsextremistischen Strukturen und den handelnden Personen. Die Ergebnisse werden im Internet sowie im Wohnund Arbeitsumfeld der (vermeintlichen) Rechtsextremisten unter Nennung des vollen Namens und der Wohnanschrift sowie weiterer ermittelter Daten zu persönlichen Beziehungen veröffentlicht. Diese Outings werden unter Autonomen durchaus als indirekte Aufforderung zur Gewalt gegen die so bloßgestellten Personen gesehen. Weiter gehören regelmäßige Demonstrationen gegen die Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene sowie direkte körperliche Angriffe auf tatsächliche und vermeintliche Nazis zum Handlungsfeld des Antifaschismus . Im Zusammenhang mit einem geplanten Aufmarsch von Rechtsextremisten am 14. Januar in Magdeburg anlässlich des Jahrestags der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg mobilisierte auch die linksextremistische Szene zu Gegenveranstaltungen. Matthias KRAMER (DKP) und die Antifaschistische Aktion Burg (AAB) organisierten gemeinsam eine Antifa Demo unter dem Motto Faschismus heißt Krieg! Naziaufmarsch verhindern! für diesen Tag. Daneben existierte ein so genanntes Blockadebündnis , das bundesweite Mobilisierungsveranstaltungen durchführte. Bündnisteilnehmer waren laut einer eigens eingerichteten Internetseite der Arbeitskreis Antifa Magdeburg (AK Antifa), die Autonome Hochschulgruppe (AHG), die Gruppierung Autonome Medien und Aktionen (AMUA) sowie die Jugendantifa Magdeburg (JAM). In ihrem Aufruf machten sich die Autoren über engagierte Aktivitäten des demokratischen Spektrums lustig, indem sie 89 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 deren Aktivitäten als stationäre Protestmeile , BratwurstAntifaschismus und Bühnenprogramm mit Polizeiorchester bezeichneten. Tatsächliche Ziele der Antifaschisten waren die Gesamtblockade der rechtsextremistischen Veranstaltung sowie gewalttätige Angriffe auf deren Teilnehmer. Am Rand des rechtsextremistischen Aufzugs kam es seitens Autonomer zu Angriffen auf die Teilnehmer mit Flaschen, Steinen und Rauchfackeln sowie zu Angriffen auf Polizeibeamte. Weiterhin wurden mehrere Container in Brand gesetzt. Im Anschluss an das Demonstrationsgeschehen begaben sich etwa 50 Szeneangehörige unter Polizeibegleitung in Richtung Stadtfeld zum Szeneobjekt Infoladen in die Alexander-Puschkin-Straße. Dort hielten sich etwa 30 weitere Szeneangehörige auf, die Feuerwerkskörper zündeten. Als ein Feuerwerkskörper in Richtung eines Einsatzfahrzeugs der Polizei geworfen wurde, eskalierte die Situation. Fast gleichzeitig wurden Polizeikräfte aus den Fenstern des Gebäudes Alexander-Puschkin-Straße 20a von vermummten Personen massiv mit Flaschen, Blumentöpfen und anderen Gegenständen sowie einer schweren Betonplatte beworfen, die einen Polizeibeamten nur knapp verfehlte. Wäre der Beamte getroffen worden, hätte dies zu tödlichen Verletzungen führen können. Daher erfolgten die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen versuchten Totschlags und die Absperrung des Gebäudes zur Verhinderung der Flucht der Täter. Die Staatsanwaltschaft ordnete die Durchsuchung des Gebäudes an. Auch in dieser Situation verhielt sich die Polizei deeskalierend und wartete die Vermittlungsbemühungen der seitens der Angreifer herbeigerufenen Rechtsanwälte ab. Daraufhin verließen die Szeneangehörigen das Objekt und konnten namentlich erfasst werden. Das Verfahren wurde mittlerweile eingestellt. Am 10. März fand in Dessau-Roßlau eine Kundgebung der rechtsextremistischen Szene anlässlich der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg statt. Daneben wurden auch zahlreiche Gegenveranstaltungen durchgeführt. 90 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Die lokale linksextremistische Szene hatte auf eine Mobilisierung verzichtet und kommentierte dazu: Die Blockaden der letzten Jahre [wurden], auch wenn sie final nicht zu einer Verhinderung der Aufmärsche führten, wahlweise als extremistische Gewaltakte diffamiert oder als Zeichen für ein angeblich tolerantes und buntes Dessau genutzt Zudem warfen die Autoren den bürgerlichen Kräften Verzerrung und Umdeutung antifaschistischen Protestes vor. Die Antifaschistische Aktion Burg (AAB) entschied sich hingegen für eine kurzfristige Mobilisierung und Teilnahme. Am 2. Juni fand in Hamburg der von Rechtsextremisten initiierte 4. Tag der deutschen Zukunft unser Signal gegen Überfremdung Gemeinsam für eine deutsche Zukunft (TddZ) statt. An den Protesten gegen den rechtsextremistischen Aufmarsch beteiligten sich rund 3.500 Personen aus dem linksextremistischen Spektrum, darunter etwa 1.500 gewaltbereite Personen. Auch die AAB mobilisierte im Internet unter der Überschrift 02. Juni 2012: Burg fährt nach Hamburg Nazis entgegentreten! zur Teilnahme an den Protestaktionen. Im Anschluss stellte die AAB auf ihrer Internetseite eine Fotosammlung von Nazis aus Burg ein, die an dem Aufmarsch in Hamburg teilgenommen haben sollen und erläuterte zu den Bildern: Dabei sind hauptsächlich Personen zu sehen, die in der letzten Zeit öfter in Burg durch ihre rassistischen und antisemitischen Aktivitäten aufgefallen sind oder angaben, nichts mehr mit der regionalen Naziszene zu tun zu haben. Schaut euch deshalb die Fotos genau an und zieht daraus eigene Schlussfolgerungen . Am 3. November fand in Weißenfels (Burgenlandkreis) eine Antifa-Demonstration unter dem Motto National befreite Zonen aufmischen! Weißenfels ins rechte Licht rücken! statt. Dazu hatte ein bisher unbekanntes Bündnis Intervention statt Ignoranz aufgerufen. An der Demonstration nahmen etwa 160 Per91 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 sonen teil. In der Auswertung der Demonstration auf linksunten.indymedia.org hieß es unter Anspielung auf das überwiegende Desinteresse der Einwohner an der Aktion der Linksextremisten: Dabei konnte auch dem Letzten aufgezeigt werden, in welcher Form sich der Großteil der Weißenfelser Bevölkerung mit einem militant-aggressiven neonazistischen Mob auseinandersetzt nämlich gar nicht. Die AG No tears for Krauts aus Halle (Saale) bewertete mit einem auf ihrer Internetseite veröffentlichten Beitrag die Demonstration aus antideutscher Sicht. Darin werden diejenigen, die der zynischen Sichtweise der Antideutschen nicht folgen, beschimpft sowie für abgestumpft und minderbemittelt erklärt. So hieß es in dem Artikel: Auch wenn der Titel dieser Veranstaltung behämmert, der Aufruf unter Niveau ist es richtig, hier in Weißenfels zu demonstrieren wir sind hierher gekommen, weil es richtig ist, Nazis gerade dort auf den Nerven herumzutrampeln und sei es auch nur mit bescheidenen Mitteln , wo sie in der Übermacht sind und sich sonst ungestört austoben können Schon mittelfristig würden wir den Weißenfelsern unter Euch aber raten, was wir den wenigen vernünftigen Leuten auf dem flachen Land immer empfehlen... Haut hier ab, bevor es zu spät ist; verschwindet, bevor Ihr entweder zu tragischen Helden der antifaschistischen Bewegung oder genauso verbittert, lethargisch und stumpf geworden seid wie Eure Eltern, Nachbarn und minderbemittelten Mitschüler von früher! Da Ihr Euch im Aufruf zu dieser Demonstration fast ausschließlich über die einheimischen Nazis beschwert, scheinen die örtliche Lethargie und Abstumpfung dummerweise schon auf Euch übergegangen zu sein: Weder Eure Erzeuger, Nachbarn, Klassenkameraden und Arbeitskollegen noch das öffentliche Klima, die mangelnde Anonymität und die Enge scheinen Euch besonders zu stören: Alles prima außer Nazis. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte es für unseren Rat, hier abzuhauen, also leider schon zu spät sein. Für den Kommunismus! 92 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Im Kontext zu dieser Demonstration führte die so genannte Gruppierung Horst Krawutzke and friends 60 ein Naziouting durch. Dabei wurden in Weißenfels und Naumburg (Saale) (beide Burgenlandkreis) mutmaßliche Mitglieder der Aktionsgruppe Weißenfels sowie der Freien Kräfte Burgenlandkreis durch das Verkleben von Flugblättern im Umfeld der Wohnorte öffentlich bekannt gemacht. Auf den Flugblättern sind neben Hinweisen auf die Teilnahme dieser Personen an rechtsextremistischen Demonstrationen vor allem deren Adressen, Geburtsdaten sowie enge soziale Kontakte aufgeführt. Neben diesen Aktionen wird die direkte Konfrontation mit dem politischen Gegner gesucht. Mutmaßliche Nazis werden körperlich angegriffen. Opfer dieser Angriffe werden auch Personen, die von Antifaschisten als Rechte angesehen werden, wie die nachfolgenden Beispiele aus polizeilichen Meldungen zeigen. 26. Mai, Leuna (Saalekreis) Der Geschädigte befand sich mit Bekannten am Kanal und sah dort drei Personen mit zwei Hunden. Der Geschädigte sprach die Personen an, da die beiden Hunde nicht an der Leine geführt wurden. Daraufhin wurde er gefragt: Habt ihr was gegen Linke? Wenn ja, dann bekommt ihr eine auf die Fresse. Als der Geschädigte antwortete, dass er ein Deutscher sei, wurde ihm plötzlich mit der flachen Hand mehrmals ins Gesicht geschlagen. 30. August, Zeitz (Burgenlandkreis) Der Geschädigte wurde von den Tätern als "Rechter" betitelt. Obwohl er dies verneinte, wurde er plötzlich angegriffen und wiederholt mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Selbst als er am Boden lag, wurde er mehrfach getreten. Antirepression Das Handlungsfeld Antirepression spielte in den vergangenen Jahren eine immer größere Rolle. In der Agitation von Autonomen 60 Fiktive Person/Bezeichnung. 93 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 wird der demokratische Rechtsstaat als repressives Regime verunglimpft. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen versuchten Totschlags zum Nachteil eines Polizeibeamten am 14. Januar in Magdeburg 61 durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei am 6. September die Wohnung eines Tatverdächtigen in Magdeburg. Dabei wurden 96 Asservate beschlagnahmt, darunter Schlagwerkzeuge, Hiebund Stichwaffen, Computer, Speichermedien, Mobiltelefone, Schreckschusswaffen und linksextremistisches Propagandamaterial. Die Szene reagierte darauf, indem eine so genannte Soligruppe gegründet wurde, die organisatorisch zur Struktur von ZK gehört. Im November erschien unter dem Titel Linke Politik verteidigen auf der Internetseite von ZK eine gemeinsame Erklärung mit dem Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangene . Darin hieß es: 10 Jahre nach dem SS129a-Verfahren versuchten scheinbar die Repressionsbehörden mit Hilfe eines nebulösen Vorwands ihre Infos und Erkenntnisse auf den neuesten Stand zu bringen Die Angst der herrschenden Klasse vor Eigeninitiative und autonomer Selbstorganisation scheint groß zu sein auch im Hinblick der zu erwartenden Proteste gegen ihre kapitalistische Krisenlogik Um solche Repressionsmaßnahmen ins Leere laufen zu lassen ist offensive Solidarität gefragt. Dabei geht es nicht nur darum den Betroffenen kollektiv zur Seite zu stehen, sondern auch immer wieder die kriminalisierten Kämpfe für eine solidarische und klassenlose Gesellschaft in den Vordergrund zu rücken. In der Zeit vom 1. bis 18. März fanden in Halle (Saale) die so genannten Antirepressionswochen unter dem Motto Anna und Arthur halten s Maul 62 statt. Der dazu eigens eingerichteten Internetseite war zu entnehmen: 61 Siehe Seite 90. 62 Fiktive Personen, Moto einer Kampagne der autonomen Szene aus den 1990-er Jahren, bei der Szeneangehörige aufgefordert werden, jeglichen Kontakt zu Sicherheitsbehörden zu verweigern. 94 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 In den kommenden Wochen soll es darum gehen, wie Übergriffen durch den Staat entgegengewirkt werden kann, und was zu tun ist, wenn doch AktivistInnen in die Mühlen der Justiz geraten sind. Die AuAwochen sollen Gelegenheit geben sich mit der Thematik rund um Repression und Antirepression zu befassen. Dabei geht es nicht nur um die bekannten Informationen zur Aussageverweigerung, sondern auch um Maßnahmen, um sich bei Benutzung moderner Kommunikationsmittel zu schützen. Außerdem möchten wir über aktuelle Fälle von staatlicher Repression informieren und aufklären. Nur sehr wenige, spektakuläre Fälle erreichen überhaupt die Öffentlichkeit, die allermeisten Betroffenen verschwinden für mehr oder weniger viele Monate oder Jahre stillschweigend in den Knästen. Dazu sollten auch mehrere Partys , verschiedene Vorträge mit den Themen Gewalt gegen Polizei , Computersicherheit und Verschlüsselung , Sicherungsverwahrung und eine Ausstellung zum Thema Polizeigewalt stattfinden. Innerhalb der linksextremistischen Szene wurde für den 8. Dezember zu einem bundesweiten und dezentralen Aktionstag gegen Repression aufgerufen. In einem Indymedia -Eintrag hieß es dazu: Wenn in der kapitalistischen Logik Repression auf Widerstand folgt, so muss unsere Antwort darauf Solidarität heißen! Denn Solidarität ist unsere Waffe, um die Angriffe der Herrschenden auf uns und unsere Klasse zurückzuschlagen und schafft gleichzeitig die Basis auf der sich neuer Widerstand entwickeln kann. Um zu beginnen, all dem einen praktischen und öffentlichen Ausdruck zu geben, rufen auch wir am 08.12. zu einem bundesweiten Aktionstag gegen Repression auf. Beteiligt euch mit vielfältigen Aktionen! In Magdeburg-Stadtfeld wurden diesbezüglich Flugblätter verteilt mit der Losung: 5 Finger sind ne Faust! Unsere Solidarität gegen ihre Repression! Linke Politik verteidigen! 95 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Antikapitalismus / Kampf gegen Sozialabbau Das Thema Antikapitalismus wird oft verwoben mit anderen Themenbereichen wie Antiimperialismus , den Kampf um Freiräume , dem Sozialabbau, der Globalisierung sowie mit aktuellen Entwicklungen wie der Wirtschaftsund Finanzkrise. Linksextremisten geht es dabei um einen revolutionären Umsturz des kapitalistischen sowie des imperialistischen Systems . Die Gruppierung ZK rief auf ihrer Internetseite zu einer 1. MaiDemonstration in Magdeburg unter dem Motto Grenzenlose Klassensolidarität, statt einzwängendem Kapitalismus! auf. Im Aufruf hieß es: Wir müssen unsere Rolle als handelnde Akteure erkennen denn nur gemeinsam werden wir hier was ändern. Dabei sollten wir als Klasse der Besitzlosen dafür sorgen zum ökonomischem Hebel zu werden, um die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse grundsätzlich zu verändern. Das Privateigentum an Produktionsmitteln gehört abgeschafft. Die Selbstorganisation und selbstverantwortliche Organisierung der ganzen Gesellschaft werden zur Grundlage für ein herrschaftsfreies, staatenund klassenloses Miteinander Komm zum 1. Mai und lass uns gemeinsam mit einer Stimme sprechen! Kampf im Stadtteil, Amt und Betrieb gegen ausbeuterische Politik! Selbstverwaltung und Unabhängigkeit von unten organisieren! Für die soziale Weltrevolution! An der Demonstration nahmen etwa 130 Personen teil. Antirassismus Linksextremisten thematisierten im Berichtszeitraum wiederum den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh. Dieser kam am 7. Januar 2005 im Polizeigewahrsam in Dessau durch einen Brand in seiner Zelle ums Leben. Die in diesem Zusammenhang angeklagten Polizeibeamten wurden am 8. Dezember 2008 vom Landgericht Dessau-Roßlau vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung und der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen. Der anschließende Re96 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 visionsprozess beim Landgericht Magdeburg endete am 13. Dezember mit der Urteilsverkündung. Einer der angeklagten Polizeibeamten wurde wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt. Da seitens der Staatanwaltschaft und auch der Nebenklage eine weitere Revision angestrebt wird, ist dieses Urteil noch nicht rechtskräftig. An Oury Jallohs Todestag und begleitend zum Gerichtsverfahren fanden demonstrative Aktionen statt. An diesen von zivilen Organisationen und Personen vorbereiteten Versammlungen beteiligten sich auch Linksextremisten. Unbekannte haben am frühen Morgen des 25. Januar in Halle (Saale) einen Funkstreifenwagen in Brand gesetzt. 63 In unmittelbarer Nähe des Tatortes wurden zwei Schmierereien mit der Losung Oury Jalloh - Das war Mord festgestellt. Auf linksunten.indymedia.org wurde dieser Brandanschlag begeistert gefeiert und zugleich zu weiterer Gewalt aufgerufen sowie Tipps für diese Straftaten gegeben: Grandios! Vorbildliche Eigendynamik die sich hier entwickelt hat, nach dem was sich die Bullen in Dessau geleistet haben allerdings auch mehr als berechtigt. Gegen Spürhunde soll Ammoniak an den Schuhsohlen helfen, ansonsten sind handschriftliche Hinterlassenschaften grundsätzlich problematisch. Passt auf euch auf, weiter so! Am 25. Februar versammelten sich in Dessau-Roßlau zirka 400 Personen unter dem Motto Den rassistischen Konsens brechen Dessauer Verhältnisse angreifen Oury Jalloh das war Mord! . Bei einer Zwischenkundgebung am Polizeirevier Dessau-Roßlau wurde Mörder, Mörder skandiert. Auf Indymedia hieß es dazu: Anlass waren u.a. jüngste Entwicklungen in der Muldestadt, nach denen mensch aus unserer Sicht nicht umhinkommt, eine breite gesellschaftliche Zustimmung gegenüber rassistischen Tendenzen und Einstellungen zu konstatieren. 63 Siehe Seite 88. 97 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 9. März führte die linksextremistische Szene vor dem Landgericht Magdeburg einen Aufzug mit dem Thema Aufklärung im Fall Oury Jalloh" anlässlich der Revisionsverhandlung zu dessen Todesumständen durch. Die Teilnehmerzahl beschränkte sich auf rund 70 Personen. In einem Flugblatt zur Demonstration hieß es: An Staat und Justiz: Ein Menschenleben kann durch nichts ersetzt werden. Für einen so feigen, rassistischen Mord kann es keine Wiedergutmachung geben Ihr lügt und macht offensichtliche Falschaussagen im Zeugenstand, ihr droht und prügelt Menschen ohnmächtig, die euch nicht blind gehorchen, ihr mordet ohne Strafen zu erwarten. Aber, um in eurer abartigen Verwertungslogik zu sprechen, den Preis für euer Handeln bestimmen immer noch wir! In dem Sinne bleibt nur noch zu sagen: Oury Jalloh das Mord, Widerstand an jedem Ort! Antimilitarismus Ein Agitationsfeld neuerer Prägung stellt hier die War starts here, let s stop it here 64 - Kampagne dar, die darauf abzielt, international zu agieren und demokratisch eingestellte Militärgegner/ Pazifisten und Linksextremisten zu vereinigen. Bereits im Juni kündigten die Organisatoren ein so genanntes Internationales Diskussionsund Aktionscamp gegen das Gefechtsübungszentrum des Heeres (GÜZ) in der Altmark an. Anmelder war ein szenebekannter Linksextremist aus Mecklenburg-Vorpommern. Mehrere linksextremistische Gruppierungen unterstützten das Camp, das vom 12. bis 17. September stattfand. Auf der eigens eingerichteten Internetseite hieß es: Ebenso wollen wir praktisch vor Ort beweisen, dass wir den Krieg dort wo er beginnt auch aufhalten können. Uns sind in diesem Sinne alle Aktionsformen willkommen, die den laufenden Militärbetrieb markieren, blockieren, sabotieren! Für den 15. September wurde zu einem Aktionstag unter dem Motto Gefechtsübungszentrum entern, lahmlegen, umgestalten aufgerufen. Auf dem Gelände des GÜZ und um das Areal herum wurden während des gesamten Zeitraums mehrere Sachbeschädigun64 Deutsch: Krieg beginnt hier, lasst uns ihn hier stoppen. 98 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 gen an Bundeswehrgebäuden und -fahrzeugen in Form von Graffiti festgestellt. Außerdem wurden Zelte der Bundeswehr mit Farbbeuteln, die zusätzlich mit Glassplittern befüllt waren, beworfen. Insgesamt gelang es etwa 50 Personen der antimilitaristischen Szene, das Gelände des Truppenübungsplatzes widerrechtlich zu betreten. Diese Personen wurden von Sicherheitskräften der Bundeswehr gestellt und aus dem Sicherheitsbereich verwiesen. Die geplante Errichtung einer Übungsstadt der Bundeswehr (Schnöggersburg) in der Altmark dürfte zukünftig ein Thema des Agitationsfelds Antimilitarismus sein und zu weiteren demonstrativen Aktionen führen. LINKSEXTREMISTISCHE PARTEIEN UND SONSTIGE GRUPPIERUNGEN In Sachsen-Anhalt waren im Berichtszeitraum die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Ost) und die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) mit eigenen Strukturen aktiv. Diese revolutionär-marxistischen Organisationen setzten weiter auf traditionelle Konzepte eines langfristig betriebenen Klassenkampfes. Die Aktivitäten der wenigen Mitglieder beschränken sich zumeist darauf, Kontakte zu gesellschaftliche Protestkampagnen herzustellen, um von diesen anerkannt zu werden und so Bündnisse eingehen zu können. Damit hatten sie jedoch kaum Erfolg. Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Die DKP Sachsen-Anhalt besitzt eigenen Angaben zufolge Strukturen in den Regionen Halle-Merseburg, Magdeburg, Altmark und Nordharz . Sie hat ein Mitgliederpotenzial von zirka 30 Personen. Damit erreichen diese Gruppen innerhalb der Parteigesamtstruktur nicht den Status einer Bezirksoder Kreisorganisation. Die DKP verfügt daher in Sach99 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 sen-Anhalt lediglich über einen so genannten Koordinierungsrat . Vorsitzender dieses Gremiums ist KRAMER (Magdeburg). Die DKP-Gruppen traten kaum öffentlichwirksam in Erscheinung. Nur die DKP-Gruppe Halle-Wittenberg versuchte, sich durch das Veröffentlichen eines Flugblattes zur Schulpolitik zu profilieren. Unter der Überschrift: Lernen für das Leben oder Lernen für die Wirtschaft und den Profit ? hieß es auf ihrer Internetseite : Wir, die Kommunistinnen und Kommunisten in der DKP, kämpfen für eine Gesellschaft in der auf der Grundlage des gemeinsamen Eigentums an Produktionsmitteln das Leben so auch das Lernen und die Schule gemeinschaftlich geplant und durchgeführt wird. Für uns Kommunisten/innen stellt sich deshalb die Frage - Bildung für was. Dafür das ich mich bereitwillig als Lohnarbeiter/in ausbeuten lasse, das ich als Sozialarbeiter/in, Lehrer/in, Wissenschaftler/in, Manager/in eins der vielen Rädchen bin, die das System am Laufen halten oder aber Bildung und Wissen für die Organisation des Klassenkampfes. Und es stellt sich die Frage welcher Art Wissen wir uns aneignen. Das Wissen der Bürgerklasse ist in erster Linie ein Wissen über die Realisierung des Wertes. Das Wissen der Lohnarbeiter/innen hingegen ist ein Wissen über die Befreiung vom Kapitalismus Desweiteren wurden unter anderem Forderungen nach Abschaffung der Länderhoheit , einem einheitlichen Bildungssystem sowie nach gleichen Bedingungen für den Zugang zur Bildung erhoben. Das Flugblatt wurde zum Schuljahresbeginn 2012/2013 im Stadtteil Halle-Neustadt verteilt. KRAMER gab auf der Internetseite der DKP-Sachsen-Anhalt eine persönliche Erklärung zu den Ereignissen am 14. Januar in Magdeburg vor dem Infoladen ab, 65 in der er die Angriffe auf die Polizeibeamten umdeutet und zugleich das rechtsstaatliche Handeln des Staates diffamiert. Darin hieß es: Hiermit erkläre ich meine Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern von Stadtfeld Magdeburg, die gegen den Angriff des 65 Siehe Seite 90. 100 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Staates und seiner bezahlten Söldner auf das Soziale Zentrum in Magdeburg erfolgreich Widerstand leisteten. Der Angriff auf das Soziale Zentrum hat wieder verdeutlicht, dass der Kampf gegen den Neofaschismus auch immer ein Kampf gegen den bürgerlichen Staat - dem Machtinstrument der herrschenden Klasse und Auftraggeber der Neofaschisten - sein muss. Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Ost) Die KPD/Ost wird in Sachsen-Anhalt von einem Landesverband mit Sitz in Zeitz (Burgenlandkreis) und über drei Regionalorganisationen in Zeitz, Halle/Bernburg und Magdeburg vertreten. Sie verfügt hier über etwa 30 Mitglieder. Parteivorsitzender ist Dieter ROLLE, Landesvorsitzender Siegfried KUTSCHICK (beide Zeitz). Am 9. Juni fand in Berlin ein bundesweites Treffen von Kommunisten mit zirka 100 Teilnehmern statt, zu dem das Zentralkomitee der KPD/Ost eingeladen hatte. Auch Personen aus Sachsen-Anhalt nahmen daran teil. Sowohl in den einleitenden Beiträgen als auch in der Diskussion wurde von allen Rednern die Einheit der Kommunisten als wünschenswertes Ziel betont. Gleichwohl ging die Mehrheit davon aus, dass es sich dabei um einen längeren Parteibildungsprozess handeln werde, bei dem etliche Schwierigkeiten und Unterschiedlichkeiten überwunden werden müssten. Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die MLPD verfügt in Sachsen-Anhalt über die Kreisverbände DessauWolfen-Bitterfeld und MagdeburgSchönebeck sowie die Ortsgruppen in Halle-Merseburg und Zeitz. Außerdem existieren Gruppen ihres Jugendverbands REBELL in Magdeburg, Halle (Saale) und Bitterfeld-Wolfen. 101 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Bundesweit strukturiert sich die MLPD in sechs Landesverbänden. Die MLPD Sachsen-Anhalt ist im Landesverband Elbe-Saale organisiert und mit MLPD-Gruppen aus Sachsen und Thüringen zusammengeschlossen. Das Parteibüro der Landesleitung hat seinen Sitz in Leipzig. Die Landesleitung unter Vorsitz von Günter SLAVE (Sachsen) bringt etwa vierteljährlich die Publikation Stimme von und für Elbe-Saale heraus. Auffallend bei der MLPD ist ihre Tendenz zu übertriebener Geheimhaltung und Konspiration im Hinblick auf die Durchführung von Veranstaltungen sowie die üblichen Daten zur Organisation der Partei. So gibt die MLPD beispielsweise keine konkreten Mitgliederzahlen bekannt. Für Sachsen-Anhalt ist von einer Mitgliederzahl von bis zu 60 Personen auszugehen. Die MLPD feierte am 3. November in Dortmund (NordrheinWestfalen) ihr 30-jähriges Bestehen. Daran nahmen auch Mitglieder des Landesverbands Elbe-Saale der MLPD teil. Der Parteivorsitzende Stefan ENGEL (Nordrhein-Westfalen) erklärte in seiner Rede: Solange es Klassengesellschaften gibt, solange Ausbeutung und Unterdrückung die menschliche Gesellschaft prägen, solange wird es auch Klassenkampf und Revolutionen geben. Entsprechend diesem Grundgesetz der Geschichte steht die MLPD lebendig, optimistisch in die Zukunft schauend und gut gerüstet für die revolutionären Aufgaben im Klassenkampf heute vor euch und feiert mit Euch ihren 30. Geburtstag Die Totgeburt ist nicht die MLPD, nicht der Sozialismus! Dem Untergang geweiht ist vielmehr dieses marode, nur noch von Krisen geschüttelte imperialistische Weltsystem. Ja, es ist ein mächtiger, nicht ungefährlicher Gegner, den wir durchaus ernst nehmen müssen und nicht unterschätzen dürfen Proletarier aller Länder und Unterdrückte, vereinigt euch! Vorwärts zu den vereinigten sozialistischen Staaten der Welt! In einem Interview mit der MLPD-Zeitung Rote Fahne berichtete ENGEL über den im Oktober in Stuttgart stattgefundenen IX. Par102 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 teitag der Partei. ENGEL zufolge habe die MLPD ein hervorragendes Potenzial dafür entwickelt, in absehbarer Zeit die Entwicklung zur Partei der Massen voran zu treiben. Wie üblich waren Termin und Ort der Veranstaltung bis zuletzt von der Parteizentrale nicht bekannt gegeben worden. Im Dezember ist in Halle (Saale) eine Wahlinitiative innerhalb der MLPD-Ortsgruppe gegründet worden. Die Wahlinitiative soll als Organisationsteam für alle Wahlbelange der Partei fungieren. Frank OETTLER aus Halle (Saale) soll als Spitzenkandidat des MLPD-Landesverbands Elbe-Saale bei der Bundestagswahl antreten. Zu dessen Unterstützung und zur Sammlung von notwendigen Unterstützerunterschriften für die Bundestagswahl 2013 wurden Informationsstände geplant. Rote Hilfe (RH) Die RH versteht sich eigenen Angaben zufolge als eine parteiunabhängige strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation , deren Zweck darauf gerichtet ist, Straftäter aus dem linken Spektrum, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden zu unterstützen. Dementsprechend gewährt die RH nicht nur ideologischen und rechtlichen Beistand, sondern leistet darüber hinaus Beihilfen zu Prozesskosten und Geldstrafen. Mit Mitgliedsbeiträgen, Spenden und dem Verkauf der Publikation Die Rote Hilfe werden diese Aktivitäten finanziert. Die Arbeit vor Ort wird meist nur von wenigen Personen erledigt. Bundesweit besitzt die RH etwa 45 Ortsgruppen. In SachsenAnhalt gibt es Ortsgruppen in Halle (Saale), Magdeburg und Salzwedel. Eigene öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen führten diese Ortsgruppen im Berichtszeitraum nicht durch. 103 Linksextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Nach Lesart der RH muss der vermeintlich legitime revolutionäre Widerstand linksextremistischer Gruppen gegen das verhasste System entkriminalisiert werden. Daher spricht die RH bei politisch motivierten Straftätern von politischen Gefangenen . So positionierte sich auch die RH Magdeburg neben anderen linksextremistischen Gruppierungen zu den Ereignissen in Magdeburg am 14. Januar in der Alexander-Puschkin-Straße auf der Internetseite von ZK . Dort hieß es: Wie schon in Dresden im letzten Jahr zielte der gestrige Polizeieinsatz auf die größtmögliche Schwächung antifaschistischen Engagement und deren Kriminalisierung. Gegen diese Zustände müssen wir uns vehement zur Wehr setzen. Ein antifaschistisches Engagement, welches sich nicht auf die Hilfe des Staates und seiner Behörden stützt, ist von Nöten 104 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 IV. SICHERHEITSGEFÄHRDENDE UND EXTREMISTISCHE BESTREBUNGEN VON AUSLÄNDERN ÜBERBLICK UND AUSBLICK Im Rahmen der Beobachtung sicherheitsgefährdender und extremistischer Bestrebungen von Ausländern kommt dem Islamismus nach wie vor die größte Bedeutung zu. In den letzten Jahren ist hier bundesweit eine Zunahme der Aktivitäten von Salafisten festzustellen. Die Gewaltaffinität des Salafismus zeigte sich unter anderem in Ausbrüchen salafistischer Straßengewalt in Nordrhein-Westfalen. Im Mai kam es im Rahmen des Landtagswahlkampfes der rechtspopulistischen ProNRW -Bewegung in Nordrhein-Westfalen in der Nähe von Moscheen zu gewalttätigen Übergriffen salafistischer Gegendemonstranten. In Sachsen-Anhalt sind Einzelpersonen als Aktivisten des politischen Salafismus bekannt geworden. An den genannten Ausschreitungen waren diese nicht beteiligt. Von den ausländerextremistischen Organisationen unterhielt allein die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Strukturen, die wiederum meist versammlungsrechtliche Aktivitäten der seit 1993 mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegten Organisation nach sich ziehen. Im Berichtsjahr standen die Haftsituation des in der Türkei inhaftierten PKK-Führers, Abdullah ÖCALAN, die jeweils aktuelle Situation in Syrien und die Lage der Kurden in der Türkei im Mittelpunkt. Der Organisation gelingt es regelmäßig, bundesweit Tausende von Anhängern zu mobilisieren. Auf Grund des vergleichsweise geringen Ausländeranteils und bislang nicht festgefügter Strukturen in Sachsen-Anhalt wird mittelfristig von einer Beibehaltung des bisherigen Niveaus von Aktivitäten im Bereich Ausländerextremismus und Islamismus ausgegangen. Der Einfluss von Verlautbarungen und Gewaltaufrufen im Internet und die Verbreitung extremistischer Ideologie bis hin zur Radikalisierung in sozialen Netzwerken werden bundesweit zunehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Bundestagswahl 2013 ist mit einem Anstieg von islamkritischen und auch islamfeindlichen Medienund Propagandaaktionen und von entsprechenden Reak105 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 tionen darauf zu rechnen. Damit besteht die Gefahr der Radikalisierung oder spontaner Reaktionen Einzelner; Gewaltanwendungen sind dabei nicht auszuschließen. Die künftigen Aktivitäten der PKK-Anhänger im Land werden im Kontext zur weiteren Entwicklung der begonnenen Verhandlungen der PKK mit dem türkischen Staat zu betrachten sein. Bei positiver Entwicklung des Friedensprozesses und einer Verbesserung der Bedingungen für inhaftierte PKK-Funktionäre einschließlich Abdullah ÖCALAN könnte beispielsweise das Engagement hinsichtlich der Spendensammlungen für den bewaffneten Kampf rückläufig sein. Die PKK wird auch 2013 bestrebt sein, ihre Veranstaltungen und jährlichen Festivals in der gewohnten Form mit hohen Teilnehmerzahlen durchzuführen. Sie wird versuchen, mit medienwirksamen Aktionen die öffentliche Wahrnehmung und Meinungsbildung in ihrem Sinne zu beeinflussen. ISLAMISTISCHE UND ISLAMISTISCH-TERRORISTISCHE BESTREBUNGEN Nach wie vor kommt der Beobachtung islamistischer und islamistisch-terroristischer Bestrebungen eine große Bedeutung zu. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass Organisationen versuchen, spektakuläre Anschläge gegen symbolträchtige Ziele durchzuführen. In Sachsen-Anhalt sind bislang keine festgefügten Strukturen islamistischer Organisationen und Gruppierungen bekannt geworden. Gleichwohl sind Einzelpersonen, die in Sachsen-Anhalt wohnen, in islamistischen Gruppierungen in anderen Bundesländern aktiv. Zudem wurden Aktivitäten von Einzelpersonen aus Sachsen-Anhalt im Internet, zum Beispiel in sozialen Netzwerken, festgestellt. Salafistische Bestrebungen In den letzten Jahren ist bundesweit eine Zunahme der Aktivitäten von Salafisten festzustellen. Der Verfassungsschutz versteht unter Salafismus eine besonders radikale Strömung innerhalb des Is106 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 lamismus. Salafisten streben nach Wiederherstellung des authentischen Islam und nach Umsetzung der Scharia, die nach ihrer Auffassung als Gesetz Gottes prinzipiell für die gesamte Menschheit gültig ist. Die Verwirklichung des authentischen Islam steht für eine politische Agenda, die in der Errichtung eines islamischen Gottesstaates münden soll. Das verfassungsschutzrelevante salafistische Spektrum wird in die Kategorien jihadistischer Salafismus und politischer Salafismus unterteilt. Jihadistische Salafisten fordern die unmittelbare und sofortige Gewaltanwendung zur Durchsetzung ihrer Ziele. Politische Salafisten vermeiden offene Aufrufe zur Gewalt, sie wollen die Gesellschaft von innen heraus durch Propaganda und Missionierung islamkonform umgestalten. Beiden Strömungen gemein sind die i- deologischen Grundlagen und die grundsätzliche Befürwortung von Gewalt, wodurch die Übergänge zwischen beiden Richtungen fließend sind. Auf internationaler Ebene dokumentieren unter anderem die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Ägypten in den Jahren 2011 und 2012, bei denen Salafisten zur zweitstärksten Kraft wurden, den wachsenden Einfluss des Salafismus. In Deutschland liegt das geschätzte salafistische Personenpotenzial bei etwa 4.500 Personen mit steigender Tendenz. Die bereits Ende des Vorjahres begonnene Verteilung von Koranen im Rahmen der von salafistischen Protagonisten initiierten Aktion LIES! wurde bis Jahresmitte fortgesetzt. Arid UKA, der von salafistischen Botschaften radikalisiert am 2. März 2011 einen Anschlag auf US-amerikanische Soldaten am Flughafen Frankfurt/Main begangen hatte, wurde am 10. Februar des Berichtsjahres wegen Doppelmordes und dreifachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. 66 UKA hatte insbesondere über Facebook Bezüge ins salafistische Spektrum. 66 OLG Frankfurt/Main, Az.: 5-2 StE 7/11-2-4/11. 107 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 14. Juni hat das Bundesministerium des Innern den salafistischen Verein Millatu Ibrahim verboten und vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die salafistischen Vereine Dawa FFM und Die wahre Religion eingeleitet. Jihadsalafistische Protagonisten wie Mohamed MAHMOUD (Republik Österreich) und Dennis CUSPERT (Berlin) reisten im Frühjahr mit dem Ziel der Beteiligung am bewaffneten Jihad aus Deutschland aus und forderten ihre Anhänger auf, es ihnen gleich zu tun. Die Veröffentlichung des Trailers zum islamfeindlichen Film Innocence of Muslims löste Übergriffe auf die deutsche Botschaft im Sudan aus. In einschlägigen jihadsalafistischen Foren im Internet wurde zur Abrechnung mit Deutschland aufgerufen (Eröffnungsseite der Internetpublikation nebenstehend), konkret zum Mord an dem Schauspieler, der die Rolle des Propheten gespielt hatte, an ProNRW-Mitgliedern und Unterstützern, sowie an Politikern, die das Zeigen von Karikaturen des Propheten gut hießen. 67 Der nachfolgende islamkritische Film The Innocent Prophet hatte bisher keine vergleichbaren Auswirkungen. In Sachsen-Anhalt sind Einzelpersonen als Aktivisten des politischen Salafismus einzustufen. Einige von ihnen sind mit in anderen Bundesländern sowie mit bundesweit agierenden Salafisten vernetzt. An oben genannten Ausschreitungen und sonstigen Aktivitäten waren sie nicht beteiligt. Der Salafismus übt eine hohe Anziehungskraft auf nach Orientierung suchende Menschen aus. Auf längere Sicht kann sich diese Entwicklung auch in Sachsen-Anhalt quantitativ manifestieren. Die67 Unter Muslimen besteht auch außerhalb des salafistischen Spektrums weitgehend Konsens darüber, dass dieser Film nicht ungesühnt bleiben darf. Ein ägyptisches Gericht beispielsweise verurteilte acht an dem Film beteiligte Personen im November 2012 in Abwesenheit zum Tode. 108 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 ser Einschätzung liegt hauptsächlich die Zunahme der Einwohnerzahl in Sachsen-Anhalt mit islamischem Migrationshintergrund zugrunde. Es muss davon ausgegangen werden, dass von diesen Zuwanderern ein gewisser Prozentsatz für Salafismus empfänglich ist. Des Weiteren kann die bereits seit Jahren zu beobachtende Anziehungskraft charismatischer salafistischer Prediger auf nach Orientierung suchende Jugendliche zur Rekrutierung von salafistischem Nachwuchs führen. Internationaler Terrorismus Auch die Bundesrepublik Deutschland steht im Zielspektrum des internationalen islamistischen Terrorismus. Die Terrororganisation Al-Qaida und ihre Regionalorganisationen 68 halten an der Durchsetzung ihrer globalen und regionalen Ziele mit terroristischen Mitteln fest. Lag vor einigen Jahren noch die operative Planung und Führung terroristischer Zellen in den Händen Kern-Al-Qaidas, werden nunmehr autonome Zellen in westlichen Staaten gebildet, die relativ selbstständig bei der Wahl von Tatmittel, -ziel und -zeit handeln können. Denkbar ist grundsätzlich die gesamte Bandbreite terroristischer Tatausführungen von Anschlägen bis Entführungen, wobei der Modus Operandi in der Regel von den vorhandenen individuellen Möglichkeiten und der verfügbaren Logistik abhängig ist. Der Bewertung der Gefährdungslage liegen folgende Aspekte zugrunde: vorliegende aktuelle Informationen zu strategischen Zielsetzungen Kern-Al-Qaidas und ideologisch affiner Organisationen und Täter, die Existenz eines gewaltbereiten islamistischen Personenspektrums in Deutschland, 68 Der von Aiman AL-ZAWAHIRI geführten Kern-Al-Qaida haben sich in den letzten Jahren diverse terroristische Gruppierungen aus verschiedenen Regionen angeschlossen, zum Beispiel Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQM), Al-Qaida im Irak / Islamischer Staat Irak (AQI/IStI), Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAH). 109 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 anhaltende Reisebewegungen von Teilen dieses Spektrums in das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet und in andere Jihad-Gebiete zu terroristischen Ausbildungszwecken, Erkenntnisse, die im Rahmen der Ermittlungsverfahren gegen islamistische Gewalttäter gewonnen wurden und die anhaltende Thematisierung der Bundesrepublik Deutschland in phänomenrelevanten Verlautbarungen und Medien. Dabei kommt den Personen aus dem gewaltbereiten islamistischen Spektrum, die nach einer Ausbildung in einem ausländischen Terrorcamp mit einem operativen Auftrag in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt sind oder zurückkehren werden, eine besondere Bedeutung zu. Die wohl größte Gefahr geht von radikalisierten und fanatisierten Einzelpersonen und Kleinstgruppen aus, die ohne direkte Anbindung an bekannte terroristische Gruppierungen 69 einen Tatentschluss fassen und Anschläge begehen. Auslöser sind hier vor allem die islamistischen Publikationen. Das Online-Magazin INSPIRE ist besonders auf Radikalisierung und Rekrutierung ausgerichtet. Durch seine thematische Breite und eine professionelle Gestaltung ist es geeignet, weltweit Menschen für die ideologisch-terroristischen Ziele AlQaidas zu interessieren und zu gewinnen. Die im Berichtszeitraum veröffentlichten Ausgaben 8 und 9 enthalten neben Aufrufen zum Jihad auch praktische Handreichungen zum Umgang mit Schusswaffen und zum Bau von Fernzündungen. Zur Legitimierung werden religiöse Schriften und Koranpassagen herangezogen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland wurden bereits Personen durch diese Publikationen soweit beeinflusst, dass es zu konkreten Tatvorbereitungen kam. Besondere Bedeutung kommt der deutschsprachigen Internetpropaganda zu, die mit hoher Emotionalität vor allem Jugendliche anspricht. Hier sind die in Nordrhein-Westfalen auf69 Dazu zählen neben Al-Qaida und ihr nahe stehenden Organisationen die Islamische Bewegung Usbekistans (IBU) und die Islamische Jihad-Union (IJU). 110 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 gewachsenen Brüder Mounir und Yassin CHOUKA 70 zu nennen. Sie wenden sich speziell an deutsche Muslime. In mehreren Verlautbarungen und Videos, so zum Beispiel in den Videobotschaften Böses Vaterland und Ja, wir sind Terroristen , drohen sie mit einer Serie von Anschlägen in Deutschland. Sie rufen unter anderem dazu auf, der Tat Arid UKAs 71 nachzueifern. Ausschlaggebend für dessen Tatentschluss waren subjektiv von ihm als islamfeindlich empfundene Ereignisse, auf die er durch Veröffentlichungen im Internet aufmerksam geworden war. Ebenfalls an ein deutschsprachiges Publikum richten sich die bereits genannten Jihad-Salafisten Mohamed MAHMOUD und Dennis CUSPERT mit ihren Veröffentlichungen im Namen der Globalen Islamischen Medienfront (GIMF). Immer wieder verbreiten sie Drohbotschaften und Mordaufrufe, insbesondere gegen deutsche Interessen. Al-Qaida und andere Terrororganisationen wie IBU und IJU werden auch künftig ihre gegen den Westen und damit auch gegen Deutschland gerichtete Politik fortführen. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass zunehmend regionale Gruppierungen versuchen werden, mit einfachen Mitteln Anschläge durchzuführen. Die seit Beginn des Arabischen Frühlings geänderten Bedingungen lassen Ägypten für Islamisten und potenzielle Jihadisten attraktiv erscheinen. Im Berichtszeitraum war eine Zunahme von Ausreisen nach Ägypten festzustellen. Es ist nicht auszuschließen, dass ein Teil dieser ausgereisten Personen in benachbarten Regionen Nordafrikas eine Terrorausbildung absolvieren wird. Dieser Trend wird sich vermutlich fortsetzen, so dass die Ausbildung nicht mehr ausschließlich in Terrorcamps im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet erfolgen wird. Bisher sind keine Personen aus Sachsen-Anhalt bekannt, die diesem Personenkreis zuzurechnen sind. 70 Die in Bonn geborenen Brüder marokkanischer Abstammung besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und leben seit einiger Zeit im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. 71 Siehe auch Abschnitt Salafistische Bestrebungen. 111 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SICHERHEITSGEFÄHRDENDE UND EXTREMISTISCHE BESTREBUNGEN VON AUSLÄNDERN (OHNE ISLAMISMUS) In Sachsen-Anhalt ist in Bezug auf nichtislamistische Organisationen im Bereich des Ausländerextremismus, von denen sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen ausgehen, lediglich die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit eigenen Organisationsstrukturen aktiv. Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurde am 27. November 1978 in der Türkei von einer Gruppe um Abdullah ÖCALAN mit dem Ziel der Errichtung eines eigenen Kurdenstaates gegründet. Zur gewaltsamen Durchsetzung des Vorhabens begann der militärische Arm der PKK am 15. August 1984 im Südosten der Türkei einen Guerillakrieg gegen das türkische Militär. Ab 1991 erfolgten militante Operationen in Großstädten im Westen der Türkei. Die Guerillaeinheiten der PKK stellten im Sommer 1999 ihre Operationen in der Türkei ein und zogen sich in die Berge des Nordirak zurück. Eine Niederlegung der Waffen blieb aus. Seit dem Jahr 2000 bezeichnet sich der militärische Arm der PKK als Volksverteidigungskräfte (HPG). Gewaltfreie Protestaktionen in Westeuropa und bewaffnete Auseinandersetzungen in den Grenzgebieten der Türkei zum Nordirak prägten seither die Doppelstrategie der Organisation. Der Schwerpunkt terroristischer Aktionen lag in der Türkei und in den an diese grenzenden Siedlungsgebieten der Kurden. Außerhalb der Türkei versuchte die Organisation mittels Propagandaaktivitäten auf die Lage der Kurden aufmerksam zu machen und Sympathien zu gewinnen. Seit dem 2. Mai 2002 ist die PKK von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft. Um sich von dem Makel einer Terrororganisation zu befreien und eine politische, von Frie112 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 densund Demokratiegedanken getragene Neuausrichtung zu dokumentieren, wurden im Jahr 2002 der Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans (KADEK) und im Jahr 2003 der Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL) gegründet. Im Frühjahr 2005 verkündete ein im Nordirak abgehaltener Kongress die Gründung einer neuen PKK als eine Bewegung, welche die ideologische Vorreiterrolle für den KONGRA GEL übernehmen sollte. Der auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierte Abdullah ÖCALAN wurde jeweils zum Generalsekretär gewählt. In Deutschland trat die PKK im Jahr 1993 mit einer Serie von Brandanschlägen in Erscheinung. Gewalttätige Aktionen von Anhängern der PKK gegen türkische Einrichtungen führten am 22. November 1993 zum vereinsrechtlichen Betätigungsverbot der PKK sowie einiger ihrer Teilorganisationen. Nach einer Bewertung des Bundesministeriums des Innern vom 30. Juli 2004 und vom 16. Juli 2009 erstreckt sich das vereinsrechtliche Betätigungsverbot der PKK auch auf die vorgenannten Nachfolgeorganisationen. Es wurden keine Neugründungen vollzogen, sondern die Ursprungsorganisation PKK besteht fort und somit ist eine Organisationsidentität im Sinne des Vereinsgesetzes gegeben. Für den Unterhalt des Organisationsapparats der PKK und der Guerillakämpfer ist die Partei auf Geldspenden angewiesen. Westeuropa dient dabei als Raum finanzieller Beschaffung in Form von Spenden, Beiträgen und des Verkaufs von Publikationen sowie auch der personellen Rekrutierung. Die im Bundesgebiet jährlich stattfindende Spendensammlung ist die wichtigste Einnahmequelle der PKK. Weitere Einkünfte erzielt die PKK aus Mitgliedsbeiträgen, dem Vertrieb von Publikationen und aus Veranstaltungen wie dem jährlichen Kurdistan-Festival. Das Einsammeln der Spenden stellt eine Zuwiderhandlung gegen das in Deutschland bestehende Betätigungsverbot dar. Aus diesem Grund verurteilte das Landgericht Halle am 12. März Veysal CETIN (Magdeburg) zu einer Geldstrafe. 72 Das Urteil ist seit dem 20. März 72 Az. 8a KLs 2/10. 113 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 rechtskräftig. Laut der Urteilsbegründung war CETIN im Zeitraum von 2006 bis 2008 für die PKK in Deutschland tätig, ohne aber dem Kader der Vereinigung anzugehören. CETIN war mit einem Teil der Finanzbuchhaltung der in Deutschland tätigen PKK-Gruppierung beauftragt und wirkte insoweit bei der Erstellung von Listen über Einnahmen und Ausgaben der Organisation in dem Gebiet Sachsen, das die Bereiche Magdeburg, Halle (Saale), Leipzig, Dresden, Chemnitz und Zwickau umfasste, mit. In Sachsen-Anhalt wird von etwa 250 Anhängern und Unterstützern der PKK ausgegangen. Bundesweit gehören etwa 13.000 Personen zum Anhängerpotenzial der PKK. Die Aktivitäten für die Organisation vollziehen sich in den örtlichen kurdischen Vereinen, welche unter dem Dach der Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e. V. (YEK-KOM) zusammengefasst sind. Die YEKKOM mit Sitz in Düsseldorf wurde am 27. März 1994 gegründet. Laut Vereinsunterlagen pflegt YEK-KOM die kurdische Kultur, Sprache und Tradition in Deutschland. Die Organisation tritt als Anmelder und Organisator von Veranstaltungen in Erscheinung. Nach eigenen Angaben 73 zählt der Verein Mezopotamien Kultur Haus e. V. Halle (Saale) als Mitgliedsverein der YEK-KOM. In Deutschland und dem benachbarten Ausland versuchen die PKK-Anhänger für ihre politischen Vorstellungen zu werben. Zu diesem Zweck werden regelmäßig Kundgebungen und zentrale Großveranstaltungen sowie Unterschriftkampagnen, Hungerstreiks und Mahnwachen organisiert. Im Berichtsjahr standen die Haftsituation des so genannten kurdischen Volksführers und Vorsitzenden der Vereinigten Gemeinschaften Kurdistans (KCK) 74 Abdullah ÖCALAN, die jeweils aktuelle Situation in Syrien und die Lage der Kurden in der Türkei im Mittelpunkt. Der Organisation gelingt es regelmäßig, Tausende von Anhängern zu mobilisieren. Am 18. Februar fand in Straßburg (Frankreich) eine zentrale Großkundgebung unter dem Motto Wir verurteilen das internationale 73 Internetpräsenz der YEK-KOM. 74 Die KCK sind das oberste Exekutivorgan des vom KONGRA GEL ausgerufenen Systems des Demokratischen Konföderalismus , einer Idee eines überstaatlichen Gemeinwesens der Kurden. 114 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Komplott vom 15. Februar! mit etwa 10.000 Personen aus mehreren europäischen Ländern statt. Einem Bericht der türkischsprachigen PKK-nahen Tageszeitung Yeni Özgür Politika 75 vom 20. Februar zufolge erinnerte der Vorsitzende des KONGRA GEL, Remzi KARTAL, in seinem Redebeitrag daran, dass das vor 13 Jahren begonnene so genannte internationale Komplott 76 noch andauere. Der Vorsitzende des Exekutivrats der Vereinigten Gemeinschaften Kurdistans , Murat KARAYILAN, lobte in einer Videobotschaft das kurdische Volk und dessen Widerstand gegen das Komplott. Die zentrale bundesweite Newrozveranstaltung 77 der YEK-KOM unter dem Motto Freiheit für Abdullah ÖCALAN Umfassender Kampf! wurde am 24. März in Bonn (Nordrhein-Westfalen) mit mehreren Tausend Teilnehmern durchgeführt. In Halle (Saale) beteiligten sich etwa 100 Personen an einem störungsfrei verlaufenden Aufzug des Mezopotamien Kultur Haus e. V. . Am 4. April nahmen in Straßburg (Frankreich) etwa 10.000 Personen aus Frankreich, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz an einer Großveranstaltung anlässlich des Geburtstags Abdullah ÖCALANs 78 vor dem Gebäude des Europarats teil. In Ansprachen thematisierten Remzi KARTAL und der stellvertretende Vorsitzende der prokurdischen Partei des Friedens und der Demokratie (BDP) Gültan KISANAK die Haftsituation Ö- CALANs. Am Protest gegen die Haftbedingungen ÖCALANs beteiligten sich am 17. April vor dem Landtag in Magdeburg 27 Personen mit einer versammlungsrechtlichen Aktion. Seit dem 25. Juni gibt es vor dem Gebäude des Europarats in Straßburg eine ständige Mahnwache für die Freiheit ÖCALANs. Hiermit soll Druck auf den Europarat ausgeübt werden, damit dieser sich aktiv für die Freilassung ÖCALANs einsetzt. 75 Deutsch: Neue Freie Politik . 76 Im Herbst 1998 hatte die Regierung Syriens auf massiven Druck der Türkei Abdullah ÖCALAN ihre Unterstützung entzogen und ihn veranlasst, sein dortiges Exil aufzugeben. Dies wird von der PKK als Beginn eines internationalen Komplotts betrachtet, das zur Festnahme ÖCALANs am 15. Februar 1999 in Kenia und zu seiner Verurteilung in der Türkei führte. 77 Kurdisches Neujahrsfest. 78 Abdullah ÖCALAN wurde am 4. April 1949 geboren. 115 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Aus Anlass des seit einem Jahr bestehenden Kontaktverbots ÖCALANs zu seinen Rechtsanwälten führten Anhänger in Deutschland und Europa am 27. und 28. Juli zahlreiche Aktionen durch. An einer Flugblattverteilaktion zum Thema Ein Jahr Besuchsverbot für Öcalan in Magdeburg beteiligten sich am 27. Juli etwa 20 Personen. Zum Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK in der Türkei initiierten die Anhänger der Organisation am 15. August in Deutschland friedlich verlaufende Aktionen. An einem Autokorso unter dem Motto Gegen die syrische Regierung beteiligten sich in Magdeburg 37 Personen. Am 8. September fand in Mannheim (Baden-Württemberg) das von der YEK-KOM organisierte 20. Internationale Kurdische Kulturfestival statt. Polizeiangaben zufolge nahmen etwa 40.000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten europäischen Ausland teil. Der PKK-nahe Fernsehsender STERK TV 79 berichtete live von der Veranstaltung. Der YEK-KOM-Vorsitzende Y- üksel KOC bezeichnete in seiner Rede Abdullah ÖCALAN als Ansprechpartner des kurdischen Volkes bei der Lösung der Kurdenfrage. In einer Videobotschaft betonte KARAYILAN, dass die Grundvoraussetzungen für ein gemeinsames Leben zwischen Türken und Kurden die Freiheit ÖCALANs sowie die Anerkennung der Autonomie Kurdistans sind. Im Verlauf der Veranstaltung kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen, an deren Spitze sich laut Pressemeldungen bis zu 1.500 zumeist jugendliche Festivalbesucher beteiligten. Dabei wurden 80 Polizisten verletzt und dreizehn Dienstfahrzeuge beschädigt. Vom 12. September bis zum 18. November befanden sich in türkischen Gefängnissen etwa 770 inhaftierte Anhänger der PKK sowie Angehörige der Freiheitspartei der Frauen Kurdistans (PAJK) in einem Hungerstreik. Hiermit wollten sie eine Verbesserung der Haftsituation ÖCALANs erreichen und die Zulassung der kurdischen Sprache als offizielle Gerichtsund Schulsprache in der Tür79 Der Sender Roj TV hat am 19. Januar 2012 seinen Betrieb eingestellt. Als Ersatzsender hat sich unter anderem Sterk TV etabliert. 116 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 kei erzwingen. Die Anhänger der PKK organisierten deutschlandund europaweit Solidaritätsveranstaltungen, darunter auch kurzzeitige Besetzungsaktionen. So begann am 2. November vor dem Europaparlament in Brüssel (Belgien) ein Sitzstreik, an dem Personengruppen aus verschiedenen europäischen Ländern, darunter auch aus Deutschland, teilnahmen. Am 3. November fand in Brüssel eine friedlich verlaufende Solidaritätskundgebung statt, an der sich laut der Yeni Özgür Politika mehrere Tausend Kurden aus Deutschland, Frankreich, Belgien, der Schweiz und den Niederlanden beteiligten. Am 14. November stürmten 40 kurdischstämmige Personen ein Gebäude des Europarats in Straßburg (Frankreich) und drohten damit, sich von einer Balustrade zu stürzen. Die Aktion wurde friedlich beendet. Auch in Sachsen-Anhalt wurden der Hungerstreik und die Haftsituation ÖCALANs thematisiert: Am 13. Oktober verlief in Halle (Saale) eine Demonstration unter dem Motto Freiheit für ÖCALAN mit etwa 120 Personen störungsfrei. Anmelder waren Mitglieder des Vereins Mezopotamien Kultur Haus e. V. in Halle (Saale). Unter dem Motto Freiheit für ÖCALAN initiierten etwa zehn Personen vom 23. bis 24. Oktober auf dem Domplatz in Magdeburg einen Hungerstreik. Am 7. November versammelten sich im Bereich des MDRLandesfunkhauses in Magdeburg etwa 50 Personen kurdischer Volkszugehörigkeit. Es wurden Transparente mit den Aufschriften Wir unterstützen die Forderung nach Freiheit für ÖCALAN und die Hungerstreiks in der Türkei mitgeführt. Am 17. November nahmen in Magdeburg etwa 130 Personen an der Versammlung unter dem Motto Freiheit für ÖCALAN - Hungerstreik von 10.000 Gefangenen in der Türkei teil. Des Weiteren endete am 24. November die europaweite Bustour unter dem Motto Freiheit für Öcalan . Die von der Initiative für Ö- 117 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 calan 80 organisierte Bustour startete am 8. September im Anschluss an das 20. Internationale Kurdistan-Kulturfestival in Mannheim und führte durch insgesamt 67 Städte in acht europäischen Staaten. Im Rahmen dieser Tour machte der Bus auch in insgesamt 36 deutschen Städten unter anderem am 19. September in Magdeburg und in Halle (Saale) Station. Hier fanden zumeist begleitende Kundgebungen statt mit eher geringer Beteiligung und ohne öffentliche Resonanz. Seit Dezember berichten türkische Medien über Fortschritte bei den Bemühungen zwischen der türkischen Regierung und der PKK um eine Lösung des Kurdenkonflikts. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters vom 8. Januar 2013 zufolge sollen sich die Türkei und der Führer der PKK Abdullah ÖCALAN bei der so genannten Kurdenfrage geeinigt haben. Demnach soll die verbotene kurdische Arbeiterpartei einer Entwaffnung der Rebellen zustimmt haben. Im Gegenzug sollen den Kurden mehr Rechte in der Türkei eingeräumt werden Tausende Gefangene, denen Verbindungen zur PKK vorgeworfen werden, sollen außerdem freikommen. In Paris wurden am 9. Januar 2013 drei PKK-Aktivistinnen ermordet. Laut Aussage der französischen Behörden sind die Tatumständeund Hintergründe bisher unklar. 81 Einem Bericht der türkischen Zeitung Hürriyet zufolge bewertet der PKK-Funktionär Zübeyir AYDAR die Morde als Anschlag gegen die Gespräche mit ÖCALAN. Unter den Opfern befand sich eine junge Kurdin, die in Halle (Saale) aufgewachsen war. 80 Ein Zusammenschluss verschiedener, fast ausschließlich demokratischer Gruppen und Einzelpersonen aus Deutschland und dem Ausland, der sich selbst als eine multinationale Friedensinitiative für eine friedliche und demokratische Lösung der Kurdenfrage in einem friedlichen Zusammenleben zwischen Kurden und Türken versteht. 81 Ein Tatverdächtiger befindet sich derzeit in französischer Untersuchungshaft. Ein Weiterer wurde wieder auf freien Fuß gesetzt./ Stand vom 6. Februar 2013. 118 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) Die am 30. März 1994 in Damaskus (Syrien) gegründete marxistisch-leninistische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) verfolgt das Ziel, die bestehende Staatsordnung in der Türkei durch einen bewaffneten Kampf zu zerschlagen. Die Partei strebt die Schaffung einer türkischen sozialistischen Gesellschaft unter ihrer Führung an. Mit Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern vom 6. August 1998 ist die Organisation in Deutschland seit dem 13. August 1998 verboten. Von der Europäischen Union wurde die DHKP-C am 2. Mai 2002 in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs stellte mit Beschluss vom 28. September 2010 fest, dass es sich bei der DHKP-C um eine ausländische terroristische Vereinigung handelt. 82 In Deutschland gehören etwa 650 Personen zum Anhängerpotenzial der DHKP-C. Im Bundesgebiet entfaltet die Partei vor allem über ihre Umfeldorganisation Anatolische Förderation politischpropagandistischen Aktivitäten. In Protestaktionen und Unterschriftskampagnen will die Organisation auf die Situation der in Deutschland inhaftierten Genossen aufmerksam machen. Die Beteiligung der Anhänger ist zwar gering, dafür sind sie öffentlich kontinuierlich präsent. Am 9. Februar verurteilte der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf den türkischen Staatsangehörigen Sadi Naci ÖZPOLAT wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu einer Haftstrafe von sechs Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass ÖZPOLAT seit 2009 als Deutschlandleiter der DHKP-C fungiert hat. Das Urteil wurde am 4. Oktober rechtskräftig. 82 Az.: 3 StR 214/10. 119 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Anhänger der DHKP-C organisierten in Deutschland und anderen europäischen Staaten unter dem Motto Einheitskleidung ist Folter! Freiheit für Sadi Özpolat! verschiedene Protestaktionen. Am 29. Oktober demonstrierten etwa 20 Personen vor der Justizvollzugsanstalt Bochum (Nordrhein-Westfalen). Am 1. November protestierten Berliner DHKP-C-Anhänger vor dem Bundesjustizministerium. In der Türkei kommt es immer wieder zu Anschlägen von Anhängern der DHKP-C. Bei einem Selbstmordattentat am 11. September auf eine Polizeistation in Istanbul wurden zwei Menschen getötet und sieben weitere Personen verletzt. An Gedenkveranstaltungen für den verstorbenen Attentäter beteiligten sich am 14. und 16. September in Berlin, Hamburg und Mannheim (BadenWürttemberg) jeweils etwa 40 Anhänger der DHKP-C. Die Anschläge setzen sich auch 2013 fort. Am 1. Februar 2013 wurde auf die amerikanische Botschaft in Ankara ein Anschlag verübt. Dabei wurden zwei Menschen getötet und eine Person zum Teil schwer verletzt. Der Selbstmordattentäter hat sich lange Zeit in Deutschland aufgehalten. Zu dem Anschlag hat sich die DHKP-C in der Türkei bekannt. Nach zahlreichen Exekutivmaßnahmen gegen Funktionäre in den Jahren 2011 und 2012 scheinen die Aktivitäten der DHKP-C in Deutschland nachhaltig gestört worden zu sein. Es ist davon auszugehen, dass die Organisation ihre Aktivitäten auch 2013 auf niedrigem Niveau fortsetzt. Über Aktivitäten von Anhängern der DHKP-C in Sachsen-Anhalt liegen im Berichtsjahr keine Erkenntnisse vor. Allerdings trat das Umfeld der DHKP-C in den vergangenen Jahren auch in SachsenAnhalt in Erscheinung. 83 83 Vgl. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2011, Seiten 82 und 83. 120 Ausländerextremismus Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Strafund Gewalttaten Die Anzahl der Strafund Gewalttaten im Bereich Ausländerextremismus ist in Sachsen-Anhalt weiterhin auf sehr niedrigem Niveau. 121 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 V. SPIONAGEABWEHR FREMDE NACHRICHTENDIENSTE Russische Nachrichtendienste (RND) Die russischen Nachrichtendienste beschaffen sich unvermindert und systematisch in Deutschland Informationen. Hierzu nutzen sie vornehmlich die an ihren Auslandsvertretungen bestehenden Legalresidenturen. 84 Sie setzen aber auch Illegale 85 oder in der GUS86 geworbene deutsche Staatsbürger ein. Schwerpunkte dieser klassischen Spionage sind insbesondere die Bereiche Außenund Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Militär. Anklage gegen mutmaßliches Agentenpaar Wie bereits im Vorjahresbericht erwähnt 87 , nahmen im Oktober 2011 Beamte des BKA in Hessen und Baden-Württemberg ein Illegalenehepaar, welches für den zivilen russischen Auslandsnachrichtendienst SWR 88 handelte, wegen des dringenden Tatverdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit, fest. Der Festnahme waren umfangreiche Ermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) vorausgegangen. Am 14. September erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen das Ehepaar vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart. Laut Anklageschrift hat sich das Ehepaar wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in besonders schwerem Fall (SS 99 Abs. 2 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung (SS 271 Abs. 1 und 2 StGB) und Verstoßes gegen das NATOTruppenschutzgesetz strafbar gemacht. Wie die Angeklagten inzwischen eingestanden haben, handelt es sich bei ihnen um russi84 Stützpunkte eines fremden Nachrichtendienstes, abgetarnt in einer offiziellen oder halboffiziellen Vertretung seines Landes in einem Gastland. 85 Als Illegale bezeichnet man Mitarbeiter eines fremden Nachrichtendienstes, die mit einer falschen Identität in ein Operationsgebiet (zum Beispiel in die Bundesrepublik Deutschland) eingeschleust werden. 86 Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, Zusammenschluss ehemaliger Staaten der Sowjetunion. 87 Vgl. Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2011, Seite 88. 88 Sluschba Wneschnei Raswedki; deutsch: Auslandsnachrichtendienst . 122 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 sche Staatsangehörige. Das Ausforschungsinteresse der Eheleute und die nachrichtendienstlichen Ausforschungsaufträge richteten sich gegen politische, militärische und im Einzelfall auch wirtschaftliche Ziele der NATO und der EU. Die Eheleute waren daher als Mitglieder in verschiedenen, sich mit diesen Themen beschäftigenden Gesellschaften und politischen Stiftungen aktiv. Über die Veranstaltungen und die Personen, denen sie dort begegneten, verfassten sie Berichte. Diese Informationen wurden vom SWR für eigenständige nachrichtendienstliche Operationen genutzt. Der Ehemann führte zudem nachweislich von Oktober 2008 bis August 2011 einen Mitarbeiter des niederländischen Außenministeriums und ehemaligen Konsuls der Niederlande in Hong Kong (Sonderverwaltungsgebiet der Volksrepublik China) als Agenten. Am 24. März wurde dieser in den Niederlanden festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Er lieferte Dokumente zu allen Bereichen der Außenpolitik, insbesondere: politische und militärische Angelegenheiten der NATO, Militär-, Polizeisowie Zivilmissionen der EU, politische Verhandlungen und EU-Gremien, politische Tätigkeit von UN-Gremien, Einschätzung der innenpolitischen Situation in Ländern Osteuropas und Zentralasiens durch die Niederlande, die EU und die NATO, Angaben zu Meldeangelegenheiten, auch an Auslandsvertretungen und die Einführung biometrischer Pässe. Um diese Informationen zeitnah an die Zentrale zu leiten, traf sich der Ehemann mit seinem Agenten regelmäßig und verbrachte die erhaltenen Dokumente nach Sichtung in so genannte tote Briefkästen. 89 Von dort holten Mitarbeiter des SWR die Dokumente ab und gaben sie über die diplomatische Vertretungen der Russischen Föderation an die Zentrale weiter. 89 Versteckte Ablagestelle zur Übermittlung von nachrichtendienstlichem Material. 123 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Über die näheren Umstände der Treffen berichteten die Eheleute in verschlüsselten Berichten, meist per Satellitenübertragung, an die Zentrale in Moskau. Daneben nutzten sie Kurzwellenfunk, verschlüsselte Kurzinformationen via Internet, tote Briefkästen oder auch Briefe mit Geheimschrift zur Kommunikation. Darüber hinaus traf sich das Ehepaar mit Angehörigen des SWR in verschiedenen europäischen Ländern. Für ihre nachrichtendienstliche Tätigkeit erhielten beide monatlich feste Bezüge, die ihnen ein gemeinsames Jahreseinkommen aus nachrichtendienstlicher Tätigkeit von zuletzt etwa 100.000 Euro einbrachte. Dieser Fall belegt ebenso wie die Festnahme eines Agentenrings in den USA im Jahr 2010, dass der SWR sein extrem kostspieliges und aufwändiges Illegalenprogramm in Fortsetzung der Aktivitäten der Nachrichtendienste der Sowjetunion fortführt. Er bedient sich dabei scheinbar unkritischer Nationalitäten, die im Operationsgebiet kein Misstrauen auslösen. Es muss davon ausgegangen werden, dass bislang nicht alle Illegalen der russischen Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland identifiziert worden sind. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das Programm fortgesetzt und derartige Operationen können weiterhin neu initiiert werden. Bei dem Ehepaar handelt es sich um die erste Festnahme russischer Illegaler in Deutschland seit der Wiedervereinigung. Am 15. Januar 2013 begann vor dem OLG Stuttgart die Hauptverhandlung. 124 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Syrische Nachrichtendienste Die im Zuge des arabischen Frühlings im März 2011 in Syrien ausgebrochenen Aufstände haben bereits mehrere zehntausend Menschenleben gefordert. Die humanitäre Situation für die verbliebene und in die Nachbarstaaten geflohene Bevölkerung verschlechtert sich ständig. Die Opposition im Lande, wie auch im Ausland, steht unverändert im Fokus syrischer Geheimdienste. Nach umfangreichen staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Ermittlungen wurden am 7. Februar in Berlin ein Syrer und ein Deutsch-Libanese von Beamten des BKA festgenommen. Sie waren dringend verdächtig, Agenten syrischer Nachrichtendienste zu sein und sich einer Straftat gemäß SS 99 StGB (geheimdienstliche Agententätigkeit) schuldig gemacht zu haben. Am 5. Dezember verurteilte das Kammergericht Berlin den Deutsch-Libanesen wegen erwiesener Ausspähung der syrischen Opposition in Berlin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, 90 deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Bei der Strafzumessung wurde strafmildernd berücksichtigt, dass der Angeklagte den ihm zur Last gelegten Sachverhalt im Wesentlichen eingeräumt und sich von seiner Tat und seinen Auftraggebern distanziert hatte. Im Verfahren gab er zu, in den Jahren 2007 bis 2012 syrische Oppositionelle beobachtet zu haben. Unter anderem hatte er diese bei Demonstrationen gegen das ASSAD-Regime fotografiert und die Fotos seinem Führungsoffizier übergeben. Die Bundesanwaltschaft warf ihm vor, bewusst Menschen der Folter ausgeliefert zu haben. Der Angeklagte räumte ein, im Herbst 2011 Informationen über die Stürmung der syrischen Botschaft weitergegeben zu haben. Im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er sich nach deutschem Recht strafbar gemacht habe. Einen Agentenlohn habe er nicht erhalten. 90 Az. (5a) 3 StE 4/12-1 (4/12), das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 125 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Auch gegen den angeklagten syrischen Staatsbürger wurde inzwischen das Urteil verkündet. Am 19. Dezember verurteilte ihn das Kammergericht Berlin wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Staatsangehörigkeitsgesetz zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. 91 Von Sommer 2009 bis zu seiner Festnahme im Februar 2012 hatte er im Auftrag eines syrischen Nachrichtendienstes gearbeitet. Seine Aufgabe sei es gewesen, in Deutschland lebende syrische Oppositionelle zu beobachten und auszuspähen. Er habe seinen nachrichtendienstlichen Auftraggebern regelmäßig Informationen aus der syrischen Oppositionellenszene übermittelt, die er zuvor selbst beschafft oder von Kontaktpersonen erhalten habe. Ferner habe sich der Angeklagte - gesteuert von seinen nachrichtendienstlichen Auftraggebern - Ende 2010 als Jurist für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern beworben, vorzugsweise um eine Stelle beim BfV oder beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Seine Bewerbung sei allerdings erfolglos geblieben. Überdies wurde im Urteil festgestellt, dass der Angeklagte bereits im September 2009 seine Einbürgerung in Deutschland beantragt und hierbei falsche Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hatte. Unter anderem habe er verschwiegen, dass er seit Ende Oktober 2008 als Ortskraft 92 an der syrischen Botschaft in Berlin tätig gewesen sei. Bei der Strafzumessung wurde strafverschärfend das planvolle Vorgehen des Angeklagten berücksichtigt sowie der zielorientierte Einsatz Dritter in einem System der Ausforschung. In den vorliegenden Fällen waren auch Mitarbeiter der syrischen Botschaft involviert. Dieser Fakt bestätigt einmal mehr die Erkenntnis, wonach das Gros der Aktivitäten syrischer Nachrichtendienste in Deutschland aus der Botschaft entfaltet wird. Wegen des Verdachts für den syrischen Nachrichtendienst tätig zu sein, wurden im Laufe des Berichtsjahres insgesamt acht Beschäftigte der syrischen Botschaft in Berlin, unter ihnen auch der Botschafter, des Landes verwiesen. 91 Az. (5.A) 3 StE 3/12-1 (2/12), das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 92 Ortsansässiger, der bei einer diplomatischen Vertretung angestellt ist. 126 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Marokkanische Nachrichtendienste Der Ende 2010 in Tunesien seinen Ursprung genommene so genannte arabische Frühling ergriff in der Folgezeit auch diverse Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten. Bereits im Februar 2011 kam es im Königreich Marokko zu ersten Unruhen, welche in der Folge in einigen Städten zu Demonstrationen für politische Reformen und mehr Demokratie führten. Als Reaktion hierauf leitete König Muhammad VI. politische Reformen ein, die Ende Dezember 2011 in vorgezogenen Parlamentswahlen mündeten. Seither regiert dort die gemäßigt islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung . Die Rolle des Parlaments wurde gestärkt, die Position des Königs jedoch nicht angetastet. Einschneidende Veränderungen haben sich nicht ergeben, was sich auch auf die Aktivitäten der Nachrichtendienste auswirkte. Ihre im Wesentlichen unveränderte Aufgabe besteht darin, oppositionelle Aktivitäten im Inund Ausland zu beobachten und diese so weit wie möglich zu unterbinden. Dass der marokkanische Auslandsdienst Direction Generale d Etudes de Documentation (DGED) auch in Deutschland aktiv ist, belegen einige Anklagen und Verurteilungen von Personen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für den marokkanischen Dienst. Hauptausforschungsziel marokkanischer Nachrichtendienste sind politische Aktivitäten von Mitgliedern der Frente Polisario . 93 Im April 2011 war ein marokkanischer Staatsbürger vom 1. Strafsenat des OLG Celle wegen geheimdienstlichen Agententätigkeit (SS 99 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, ausgesetzt zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren, 94 rechtskräftig verurteilt worden. Im Laufe der Ermittlungen zu diesem Fall wurden weitere Personen bekannt, die im Verdacht standen für den marokkanischen Dienst tätig zu sein. Am 15. Februar wurde daraufhin ein Deutsch93 Die Frente Polisario versteht sich als Befreiungsbewegung der seit 1979 von Marokko annektierten Westsahara. Sie lehnt Vorschläge zur Lösung des Westsahara-Konflikts ab, die eine Unabhängigkeit der Westsahara ausschließen. 94 Az.: 3 StE 1/11. 127 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Marokkaner wegen des dringenden Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit festgenommen. Das Kammergericht Berlin verurteilte ihn am 7. September nach einem umfassenden Geständnis rechtskräftig zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe, 95 ausgesetzt zur Bewährung, wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Urkundenfälschung. Gegen einen weiteren Deutsch-Marokkaner erhob die Bundesanwaltschaft am 8. November Anklage wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit. Auch dieser Angeschuldigte, so die Anklageschrift vom 7. Dezember, verfügte über ein weit verzweigtes Netz von Kontakten zu in Deutschland lebenden Marokkanern. Im Jahr 2007 erklärte er sich gegenüber dem marokkanischen Auslandsgeheimdienst bereit, seine Kontakte zur Beschaffung von Informationen über marokkanische Oppositionelle in Deutschland zu nutzen. Bis Ende Februar 2012 stand er ununterbrochen in Kontakt zu seinen nachrichtendienstlichen Auftraggebern und unterrichtete sie über seine Erkenntnisse aus der marokkanischen Gemeinschaft. Insbesondere berichtete er seinen Führungsfunktionären von Demonstrationen oppositioneller Gruppierungen. Weitere im vergangenen Jahr anhängige Verfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Tätigkeit für den marokkanischen Dienst wurden aus Mangel an Beweisen beziehungsweise gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. PROLIFERATION Unter Proliferation versteht man die Weitergabe von atomaren, biologischen und chemischen Waffen (ABC-Waffen) und deren Trägersystemen sowie von Mitteln und Know-how zu deren Herstellung an Länder, von denen zu befürchten ist, dass diese Waffen von dort aus in einem bewaffneten Konflikt eingesetzt werden oder ihr Einsatz zur Durchführung politischer Ziele angedroht wird. 95 Az.: (5A) 3 StE 1/12-2 (1/12). 128 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Arabische Republik Syrien Die Gefahr, dass Massenvernichtungswaffen in den Krisenregionen der Welt eingesetzt werden könnten, stieg im Berichtszeitraum erheblich an. Es gibt ernstzunehmende Berichte über die immensen Vorräte an chemischen Waffen, die Syrien im Laufe vieler Jahre angehäuft hat und die überwiegend noch aus sowjetischen Beständen stammen sollen. Es ist zu befürchten, dass während des fortschreitenden Zerfalls seiner Macht das autoritäre ASSAD-Regime C-Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen wird. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das syrische Militär die Kontrolle über Teile der Bestände an Nervenund Hautkampfstoffen verlieren und diese in die Gewalt von Terroristen gelangen könnten, beispielsweise in die Hände von Jihadisten, die in Syrien auf der Seite der Aufständischen kämpfen. Islamische Republik Iran Das seit Jahren anhaltende diplomatische Ringen um umfassende Kontrollen der Internationalen Atomenergie-Agentur IAEA in verdächtigen Anlagen in der Islamischen Republik Iran ging in eine weitere Runde. Angelpunkt war eine Anlage auf einem Militärstützpunkt, von der Experten meinen, dass sie für Sprengversuche konzipiert worden ist. Die IAEA vertritt die Auffassung, dass diese Sprengversuche der Herstellung eines kleinformatigen, raketentransportablen atomaren Sprengkopfes dienen. Die Europäische Union erhöhte mit der Iranverordnung vom 23. März 96 den Druck auf Iran durch neue verschärfte Sanktionen. Diese richten sich zusätzlich zu den bislang wirksamen Maßnahmen gegen die Erdgasund Erdölförderung Irans. Betroffen sind insbesondere Auffinden und Erforschen von Lagerstätten, Gegenstände und Zubehör für die Förderung sowie die Finanzierung dieser Aktivitäten. Als besonders gravierend ist das Importverbot (Embargo) von Erdgasund Erdölprodukten zu bezeichnen. Zum Jahresende soll Iran begonnen haben, die fraglichen Anlagen zu demontieren. 96 Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rats vom 23. März 2012. 129 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Am 15. August ließ die Bundesanwaltschaft deutsche und iranische Staatsangehörige wegen des dringenden Verdachts des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz festnehmen. Zudem wurden ihre Wohnund Geschäftsräume in Hamburg, Niedersachsen und Thüringen sowie die Firma eines weiteren Beschuldigten in Halle (Saale) durchsucht. Die Beschuldigten sollen 2010 und 2011 an der Lieferung von Spezialventilen für den Bau eines Schwerwasserreaktors im Iran mitgewirkt und dadurch gegen das Iran-Embargo verstoßen haben. Zur Umgehung der Ausfuhrkontrollen gaben sie als Endabnehmer der Ventile Firmen mit Sitz in der Türkei und in Aserbaidschan an. Die Beschuldigten sollen gewusst haben, dass es sich bei diesen Unternehmen um Tarnfirmen eines Mittelsmanns des für den Reaktorbau zuständigen iranischen Unternehmens handelt. Die Lieferungen waren Teil eines Gesamtauftrags von mehreren Millionen Euro, mit dem der Iran versucht haben soll, die zur Fertigstellung des Schwerwasserreaktors notwendige Technologie zu erlangen. Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea) Das international beinahe vollständig isolierte, stalinistisch regierte Nordkorea führte 2006 und 2009 Nuklearwaffentests durch. Die IAEA bezeichnet das Land als Atomwaffenstaat. Entgegen den multinationalen Verträgen und UN-Resolutionen exportiert Nordkorea Waffenträgersysteme unterschiedlicher Reichweiten und Nukleartechnologie (horizontale Proliferation). Im April schlug ein Start einer Langstreckenrakete fehl. Einen Monat später bezeichnete sich das Land selbst per Verfassungsänderung als Nuklearmacht. Am 12. Dezember startete Nordkorea erfolgreich eine dreistufige ballistische Langstreckenrakete, die angeblich einen Satelliten in die Erdumlaufbahn getragen haben soll. Dieser Start stellt einen Verstoß gegen geltende UN-Resolutionen 97 dar. Die ballistische Langstreckenrakete hatte eine theoretische Reichweite von 10.000 km und wäre damit in der Lage, sowohl die Westküste der USA als auch Europa zu erreichen. 97 Zuletzt Resolution 1874 des UN-Sicherheitsrats. 130 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Auch in Sachsen-Anhalt gibt es Unternehmen, die Produkte herstellen, die für die Herstellung oder Erforschung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägersysteme genutzt werden können. Die genannten Staaten und zusätzlich Pakistan werden im Zusammenhang mit der Proliferationsabwehr als Risikostaaten bezeichnet. Sie versuchen, unter Umgehung der Exportkontrollvorschriften der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union in den Besitz solchen Materials zu gelangen. Bereits bestehende Arsenale und Produktionsanlagen sollen auf diese Weise modernisiert, komplettiert oder erweitert werden. Die Nachrichtendienste der Risikostaaten betreiben und unterstützen die Proliferation ihrer Staaten und setzen zur Umgehung der Exportkontrollen nachrichtendienstliche Mittel und Methoden ein. Die Lieferung der beschafften Güter kann bis zu einer bestimmten Größe im Diplomatengepäck erfolgen oder geht über Umweglieferländer an den jeweiligen Bestimmungsort. Eigens gegründete Tarnfirmen, an deren Spitze Strohmänner auch deutscher Nationalität stehen können, beschaffen die Güter und verschleiern den tatsächlichen Endkunden oder deklarieren die Güter falsch, um die beteiligten Zollbehörden zu täuschen. Aufgabe der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes ist es, von fremden Geheimdiensten gesteuerte oder von fremden Staaten mit verdeckten Mitteln und Methoden betriebene Proliferationsvorgänge im Zusammenwirken mit anderen Behörden aufzudecken und, wenn möglich, zu unterbinden. Primär geschieht dies mittels Sensibilisierungsgesprächen mit den in Frage kommenden Unternehmen. Wenn jedoch die Begleitumstände auf ein hohes Maß an Konspiration seitens der Unternehmen schließen lassen, muss die Verfassungsschutzbehörde die ihr gesetzlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einsetzen. Die Broschüre Proliferation. Wir haben Verantwortung , die von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder herausgegeben wird, kann im Internet unter www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz 131 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 unter Download weiterer Dokumente abgerufen oder als Druckschrift per E-Mail bei abwehr@mi.sachsen-anhalt.de angefordert werden. WIRTSCHAFTSSCHUTZ Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich weiterhin auf einem guten Weg. Sie verleiht dem Finanzund Wirtschaftssystem der Europäischen Union sowie der gemeinsamen Währung eine große Stabilität. Hohe Produktivität und Innovationsfähigkeit der deutschen Unternehmen bei gleichzeitig guter Qualität ihrer Produkte verleihen dem Siegel Made in Germany seinen fortwährenden guten Ruf und gute Absatzchancen rund um den Globus. Diese Chancen kommen nicht von ungefähr. Die Qualität eines Produkts wird durch mehrere Faktoren bestimmt und einige davon dürften als Betriebsgeheimnis zu qualifizieren sein. Ein Unternehmen, das zu wenig unternimmt, um seine Betriebsgeheimnisse zu schützen, kann trotzdem sicherlich eine zeitlang am Markt bestehen, aber nicht auf Dauer. Es sollte Maßnahmen ergreifen, zumindest den Zugang zum Kern-Know-how zu reglementieren und zu registrieren. Der sachsen-anhaltische Wirtschaftsschutz konnte im abgelaufenen Jahr rund 200 Firmen erreichen. Im Kontakt mit einigen Firmen berichteten diese vom Verlust vertraulicher Betriebsinformationen. Die Erfahrungen zeigen, dass es gut ist, wenn Sicherheit Chefsache ist und der ungewollte Informationsverlust als Risiko ins Visier genommen wird. Ein Notfallplan für den Fall des Risikoeintritts sollte vorbereitet sein. 132 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Aktuelle Studien zeigen, dass mehr als die Hälfte der festgestellten Informationsverluste durch eigene Mitarbeiter (so genannte Innentäter) der betroffenen Unternehmen verursacht wurden. Durch Kenntnis ihrer Motivlage könnte das Vorhaben im Frühstadium erkannt und vereitelt oder der Schaden zumindest begrenzt werden. Bevor Innentäter aktiv werden können, sollten durch innerbetriebliche Maßnahmen vorbeugend Schranken gesetzt werden. Der Verfassungsschutz kann diese Maßnahmen durch Sensibilisierungen der Führungskräfte und der Belegschaft flankieren. Dem sachsen-anhaltischen Verfassungsschutz sind einige Sicherheitsvorfälle bekannt geworden: Unter anderem wurden Zwischenprodukte auf dem Weg zur Endmontage demontiert und beschädigt. Das Produkt wird auf seinem Weg zum Einsatzort beschädigt. Ein Konkurrenzunternehmen versucht offen Mitarbeiter abzuwerben. Ein führender Manager verlässt im Streit die Firma und gründet ein konkurrierendes Unternehmen. Informationstechnik wird trotz physischer Sicherung gestohlen. Mögen auch manche Sicherheitsvorfälle durch das Agieren von Kriminellen verursacht sein, so ist doch bei der Feststellung eines Sicherheitsvorfalls sein Urheber zunächst unklar. Ungewollte Know-how-Verluste und Ausspähversuche können auch von fremden Nachrichtendiensten initiiert oder beauftragt sein. Gegebenenfalls bietet der Informationsdieb seine Informationen im Nachhinein einem Nachrichtendienst an. Daher plädiert der Verfassungsschutz für eine die ganze Firma umfassende Sicherheitsphilosophie, die: den Zutritt zum und die Bewegungsfreiheit im Unternehmen regelt, schützenswerte Informationen klassifiziert und abgestuft schützt und 133 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 den Umgang mit Informationstechnik (IT) regelt, das FirmenNetzwerk segmentiert, Zugriffsrechte nach dem Prinzip Kenntnis nur wenn nötig vergibt und Vorsorge trifft für den Notfall Schadensfälle und Sicherheitsvorfälle. Für bestimmte Unternehmen bestehen Sicherheitsrisiken auch durch die Aktivitäten von Extremisten. So zum Beispiel für Unternehmen, die im Sicherheitsbereich tätig oder Auftragnehmer der Bundeswehr sind. Die Anstellung von Extremisten im Unternehmen könnte geeignet sein, den Ruf der Firma zu schädigen und Geschäftspartner zu verprellen. Dienstleister laufen Gefahr, dass ihre Mitarbeiter für Spionageo- der Ausspähzwecke angeworben werden oder dass sie Kurzzeitpersonal einstellen, welches zuvor von einem Nachrichtendienst oder Firmenkonkurrenten für diese unlauteren Zwecke angeworben wurde. Servicebereiche im Unternehmen können zur unbefugten Informationsweitergabe mittels social engineering 98 missbraucht werden. Besonders exponiert sind Auslandsreisende. Sie können den fremden Nachrichtendiensten auf deren eigenem Territorium begegnen. Der Auslandsreisende benötigt zu seinem Schutz das Wissen um die Gefahren der von ihm mitgeführten Informationen. Zu diesen Gefahren gehört eine ungeschützte Kommunikation mit der Unternehmenszentrale in Deutschland oder den Angehörigen. Viele Staaten, wie die Russische Föderation oder die Volksrepublik China haben bereits umfangreiche technische und rechtliche Möglichkeiten, Internet und Telekommunikation zu überwachen. Andere Staaten bauen diese zurzeit auf wie zum Beispiel Indien, Iran und Staaten auf der Arabischen Halbinsel. Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass Sicherheitslücken in der Skype-Software 99 ausgenutzt werden konnten, um Telefongespräche über Internet mitzuschneiden. Einige Staaten wie zum Beispiel die Russische Förderation gestatteten erst Skypes Markteintritt, nachdem eine Schnittstel98 Zwischenmenschliche Beeinflussungen, um unberechtigt an Informationen zu gelangen oder in Infrastrukturen einzudringen. 99 Software zum Telefonieren über Computernetzwerke. 134 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 le für ihre Geheimdienste bereit gestellt wurde. Ein Virtual Private Network 100 (VPN) kann man nicht aus jedem Auslandshotel nach Deutschland aufbauen, diese Erfahrung mussten Chinaund USAReisende machen. VPN wird zudem als Verschlüsselungstechnologie angesehen, die in der Volksrepublik China zertifiziert werden muss, um legal verwendet werden zu können. Einige in der Volksrepublik China tätige Konzerne sahen sich mit der Zumutung konfrontiert, auf Druck der örtlichen Polizei in ihre Firmennetze eine Black Box zwischen Firewall und Router zu implementieren. Sie sind besorgt, dass sensible Daten vor der Verschlüsselung abgefangen und an Dritte weitergeleitet werden könnten. Bei einer Weigerung drohten finanzielle Strafen und sogar die Abschaltung der Internetverbindung. Fremde Nachrichtendienste handeln häufig mit umfassenden Befugnissen jenseits unseres rechtsstaatlichen Verständnisses: Hotelzimmer werden heimlich und zielgerichtet durchsucht. Unbeaufsichtigte mobile Datenträger und Endgeräte wie Smartphones, Notebookoder Tablet-PCs werden mit Schadsoftware verseucht . Kompromittierende Situationen werden geschaffen. Es kommt zu willkürlicher staatlicher Repression. Das BSI und das BfV berichten regelmäßig über zielgerichtete e- lektronische Angriffe auf deutsche Behörden zu bestimmten politischen Themenkomplexen. Die Auswahl dieser Inhalte lässt durchaus auf ein staatliches Interesse hinter diesen Angriffen schließen. Firmen sind genauso gefährdet. Die Angriffsmethodik können private Akteure ebenso nutzen. Sie benötigen eine existierende E-Mail-Adresse innerhalb des Firmennetzwerkes, Wissen über die Zielperson wird mittels social engineering erlangt und die eigens programmierte Schadsoftware besorgt man sich auf den dunklen Seiten des Internet. Der ProfiAngreifer testet seine Schadsoftware an den kommerziell beliebtesten, freiverkäuflichen Anti-Viren-Produkten. 100 Geschlossenes Rechnernetz, das auf der Infrastruktur des öffentlichen Internets aufbaut. 135 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Besorgniserregend sind die gemeldeten Fälle von mutmaßlich in staatlichem Auftrag programmierter Schadsoftware, die eigens erstellt wurde, um Informationen aus internen Netzen zu stehlen, zum Beispiel Flame oder GAUSS . Der hiesigen Verfassungsschutzbehörde sind solche Angriffe in Sachsen-Anhalt bisher nicht bekannt geworden. Dies bedeutet keinesfalls, dass Angriffe auf sachsen-anhaltische Firmen noch nicht stattgefunden haben oder keinerlei Gefahr besteht. Sporadische Erwähnung von mutmaßlichen Hackerangriffen auf Hochschuloder Unternehmensnetzwerke lassen den Schluss zu, dass die Betroffenen froh sind, wenn sie einen Einbruch in ihr Netz gemeistert haben, dann aber eine zeitweilige Stilllegung ihrer IT-Ressourcen im Rahmen von Ermittlungen befürchten. Dabei könnte ein zielgerichtetes Meldeverhalten zu einem realistischeren Bild der IT-Sicherheit in der Wirtschaft führen. Sachsen-anhaltische Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzten im Berichtsjahr mehr als noch zuvor die Verfassungsschutzbehörde, um ihre Belegschaft oder die Geschäftsführung zu sensibilisieren. Die Verfassungsschutzbehörde bietet weiterhin kostenfrei allen sachsen-anhaltischen Unternehmen und Verbänden, allen Hochschulen und Behörden eine Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen an. Sie liefert Informationen, bietet den vertraulichen Dialog und die Unterstützung bei der Abwehr von Spionageund Ausspähungsversuchen. Die Verfassungsschutzbehörde verteilt oder versendet auf Wunsch Faltblätter mit Informationen zu folgenden Themen: - Auslandsreisen, - Personalauswahl, - Besuchermanagement, - Verhalten in sozialen Netzwerken, - Elektronische Angriffe, - Sicherheit beim Know-how-Transfer, - Interne Sicherheit, - Wirtschaftsspionage durch (Einbruchs-) Diebstahl und - Wissenschaftsspionage. 136 Spionageabwehr Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Diese Materialien können ebenso wie die Broschüre Wirtschaftsspionage unter der Adresse www.mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz unter Download weiterer Dokumente abgerufen werden. MITARBEIT DER BEVÖLKERUNG Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt geht Hinweisen auf die Tätigkeit fremder Nachrichtendienste nach. Sie bittet alle Bürgerinnen und Bürger, die von derartigen Sachverhalten Kenntnis haben oder von fremden Nachrichtendiensten zur Mitarbeit aufgefordert werden, ihr Wissen im Interesse unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der eigenen Sicherheit weiterzugeben. Dies gilt auch für diejenigen, die bereits im fremden Interesse nachrichtendienstlich tätig geworden sind. Ihnen kann geholfen werden, sich aus einer ausweglos erscheinenden Situation zu befreien. Die Verfassungsschutzbehörden unterliegen nicht wie die Strafverfolgungsbehörden dem Legalitätsprinzip und sind daher nicht in jedem Fall verpflichtet, die Strafverfolgungsbehörden über Hinweise auf Spionagedelikte zu informieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch die freiwillige Aufgabe der nachrichtendienstlichen Tätigkeit und eine umfassende Offenbarung. Die Verfassungsschutzbehörde bietet hierzu jederzeit ihre Hilfe an und sichert Vertraulichkeit zu. Das Gleiche gilt für die Übermittlung etwaiger Verdachtsmomente, Sicherheitsvorfälle oder elektronischer Angriffe. Die Spionageabwehr der Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt ist wie folgt zu erreichen: Telefon: 0391/567 3900 Fax: 0391/567 5943 E-Mail:abwehr@mi.sachsen-anhalt.de 137 Geheimschutz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 VI. GEHEIMSCHUTZ Allgemeines Informationen, deren Bekanntwerden den Bestand, lebenswichtige Interessen oder die Sicherheit des Bundes oder eines seiner Länder gefährden, müssen vor der Kenntnisnahme durch Unbefugte geschützt werden. Dies ist für den demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar. Zu den besonders schützenswerten Interessen zählen Informationen über verteidigungswichtige militärische Einrichtungen und so genannte kritische Infrastrukturen wie Flughäfen. Hinzu kommen Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen, die im Zusammenhang mit Staatsaufträgen geheim zu haltende Informationen erlangen. Damit geheime Informationen auch geheim bleiben, sind bestimmte Vorkehrungen zu treffen. Die Gesamtheit dieser Maßnahmen wird mit dem Begriff Geheimschutz bezeichnet und gliedert sich in den personellen und den materiellen Geheimschutz. Die zu schützenden Informationen oder Gegenstände werden als Verschlusssachen (VS) bezeichnet und entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit mit den Geheimhaltungsgraden VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH VS-VERTRAULICH GEHEIM STRENG GEHEIM deutlich sichtbar gekennzeichnet. Personeller Geheimschutz Hierunter fallen Sicherheitsüberprüfungen (SÜ), die verhindern sollen, dass Personen mit Sicherheitsrisiken Zugang zu Verschlusssachen erhalten. In einem abgestuften Verfahren mit den Sicherheitsüberprüfungsarten 138 Geheimschutz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1), erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) und erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) werden vom zuständigen Geheimschutzbeauftragten der jeweiligen Beschäftigungsstelle alle erforderlichen Daten zusammengetragen, die es erlauben darüber zu entscheiden, ob die zu überprüfende Person für die sicherheitsempfindliche Stelle geeignet ist. Dies geschieht nur mit Wissen und Zustimmung der betroffenen Person. Das Geheimschutzverfahren ist im sachsen-anhaltischen Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz (SÜG-LSA) geregelt. Bei der Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen kommt der Verfassungsschutzbehörde als so genannte mitwirkende Behörde eine besondere Rolle zu, um weitestgehend auszuschließen, dass politische Extremisten oder Mitarbeiter fremder Nachrichtendienste zum Zuge kommen. Materieller Geheimschutz Der jeweilige Schutzbedarf der Verschlusssachen wird in Abhängigkeit ihres Geheimhaltungsgrades durch abgestufte Schutzvorkehrungen gewährleistet. Darunter fallen die Herstellung, Kennzeichnung, Weitergabe, Transport und Aufbewahrung der Verschlusssachen. Der Umgang mit Verschlusssachen ist in der Verschlusssachenanweisung des Landes (VSA-LSA) geregelt. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt berät die Behörden und geheimschutzbetreuten Wirtschaftsunternehmen des Landes in Angelegenheiten des materiellen Geheimschutzes, damit diese geeignete technische und organisatorische Sicherungsmaßnahmen planen und umsetzen. 139 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 236), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Juni 2012 (GVBl. LSA S. 187) Inhaltsübersicht Erster Teil: ORGANISATION UND AUFGABEN SS 1 Zweck des Verfassungsschutzes SS 2 Organisation und Zusammenarbeit SS 3 Bedienstete und Mitarbeiter SS 4 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde SS 5 Begriffsbestimmungen Zweiter Teil: ERHEBUNG, VERARBEITUNG UND NUTZUNG PERSONENBEZOGENER DATEN SS 6 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit SS 7 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde SS 8 Besondere Formen der Datenerhebung SS 9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten SS 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen SS 11 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in Dateien SS 12 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Daten in Akten SS 13 (weggefallen) Dritter Teil: AUSKUNFT SS 14 Auskunft an die betroffene Person Vierter Teil: INFORMATIONSÜBERMITTLUNG SS 15 Unterrichtungspflichten SS 16 Zulässigkeit von Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten SS 17 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde durch öffentliche Stellen SS 17a Übermittlung von besonderen Informationen an die Verfassungsschutzbehörde 140 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde SS 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an die Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes SS 20 Übermittlungsverbote SS 21 Minderjährigenschutz SS 22 Pflichten des Dritten, an den übermittelt wird SS 23 Nachberichtspflicht SS 23a Weitergabe personenbezogener Daten Fünfter Teil: PARLAMENTARISCHE KONTROLLE SS 24 Parlamentarische Kontrollkommission SS 25 Zusammensetzung und Wahl SS 26 Verfahrensweise SS 27 Aufgaben und Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission SS 28 Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz SS 29 Datenerhebung bei Mitgliedern des Landtages Sechster Teil: SCHLUSSVORSCHRIFTEN SS 30 Geltung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger SS 30a Einschränkung von Grundrechten SS 30b Sprachliche Gleichstellung SS 31 Inkrafttreten Erster Teil ORGANISATION UND AUFGABEN SS1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Er hat die Landesregierung und andere Stellen nach Maßgabe dieses Gesetzes über Gefahren für diese Schutzgüter zu unterrichten. Dadurch sollen diese Stellen rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können. (3) Er hat auch die Öffentlichkeit über seine Aufgabenfelder zu unterrichten. 141 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS2 Organisation und Zusammenarbeit (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden von der Verfassungsschutzbehörde wahrgenommen. Verfassungsschutzbehörde ist das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium. Es unterhält für diese Aufgabe eine besondere Abteilung. (2) Die für Verfassungsschutz zuständige Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium nimmt ihre Aufgaben gesondert von der Polizeiorganisation wahr. (3) Sie ist verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes mit dem Bund und den Ländern zusammenzuarbeiten. (4) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen in Sachsen-Anhalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde tätig werden. SS3 Bedienstete und Mitarbeiter (1) Die Mitarbeiter der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium haben sich einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren nach Maßgabe des Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetzes zu unterziehen, welches insbesondere auf Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für nationale Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik überprüft und in das der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik einbezogen wird. (2) Personen, die dem Repressionsapparat der Deutschen Demokratischen Republik angehörten, insbesondere hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, Mitarbeiter der Abteilung I der Kriminalpolizei und ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands dürfen nicht mit Aufgaben des Verfassungsschutzes betraut werden; Personen mit Offiziersrang der bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik dürfen Aufgaben des Verfassungsschutzes nur in zu begründenden Ausnahmefällen ü- bertragen werden. SS4 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 142 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 2. fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, im Sinne der SSSS 94 bis 99, 129, 129a des Strafgesetzbuches, 3. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Grundgesetzes, 4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 5. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt auf Ersuchen der zuständigen öffentlichen Stellen mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen nach Maßgabe des Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetzes sowie bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen, 2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. SS5 Begriffsbestimmungen (1) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen: a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen. b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv sowie zielund zweckgerichtet unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht 143 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung der parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt konkretisierten Menschenrechte. 144 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Zweiter Teil ERHEBUNG, VERARBEITUNG UND NUTZUNG PERSONENBEZOGENER DATEN SS6 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Eine Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Von mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. SS7 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (2) Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des SS 4 Abs. 1. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln, insbesondere durch Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observation, Bildund Tonaufzeichnungen und die Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen Informationen verdeckt erheben. Die nachrichtendienstlichen Mittel sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffung regelt. (4) Die Behörden des Landes sind verpflichtet, den Verfassungsschutzbehörden technische und verwaltungsmäßige Hilfe für Tarnmaßnahmen zu leisten. (5) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu; sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. (6) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 4 Abs. 2 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. (7) Die Verfassungsschutzbehörde ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). 145 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS8 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten mit nachrichtendienstlichen Mitteln erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass 1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Nachrichtenzugänge gewonnen werden können oder 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge der Verfassungsschutzbehörde gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn die Daten nicht auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise erhoben werden können. Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben einzelner Personen unerlässlich ist und geeignete verwaltungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in einer Wohnung. Die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel nach Satz 1 und 2 trifft der Richter. Bei Gefahr im Verzug kann der für den Verfassungsschutz zuständige Minister oder der für den Verfassungsschutz zuständige Staatssekretär einen solchen Einsatz anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Die Anordnung ist auf längstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als weitere drei Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor oder ist der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Informationsgewinnung nicht mehr erforderlich, so ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden. Ein Eingriff nach Satz 1 oder 2 ist der betroffenen Person nach seiner Beendigung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffes ausgeschlossen werden kann. (3) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen für den Verfassungsschutz tätigen Personen vorgesehen, kann der für den Verfassungsschutz zuständige Minister oder eine von diesem beauftragte Person deren Einsatz anordnen. Eine anderweitige Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse zu Zwecken der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. (3a) Maßnahmen nach Absatz 1, 2 oder 3 dürfen nur angeordnet werden, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. 146 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 (3b) Laufende Maßnahmen nach Absatz 1, 2 oder 3 sind unverzüglich zu unterbrechen, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung von der Datenerhebung erfasst wird. Ist eine Maßnahme nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf sie nur unter den in Absatz 3a genannten Voraussetzungen fortgeführt werden. Absatz 2 Satz 3 bis 8 bleibt unberührt. Erfasste Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. (4) Zuständiges Gericht für Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 3 ist das Amtsgericht am Sitz der Verfassungsschutzbehörde. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. (5) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über die nach Absatz 2 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 3 angeordneten Maßnahmen. (6) Gegen Unbeteiligte dürfen nachrichtendienstliche Mittel nicht gezielt angewendet werden. SS9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 erforderlich ist, 3. die Verfassungsschutzbehörde nach SS 4 Abs. 2 tätig wird oder 4. dies zur Erfüllung sonstiger gesetzlich zugewiesener Aufgaben erforderlich ist. (1a) Die Verfassungsschutzbehörde darf zum Zwecke der Vorgangsverwaltung personenbezogene Daten im Sinne des Absatzes 1 mit zur Erledigung anderer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten amtsintern zusammen in automatisierten Verfahren verarbeiten und nutzen, soweit dies nicht nach anderen Rechtsvorschriften ausgeschlossen ist. Die jeweiligen Vorschriften zur Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten, insbesondere zur Zweckbindung, bleiben unberührt. Ist der Zugriff auf personenbezogene Daten, deren Verarbeitung und Nutzung nach Satz 2 nicht vorgesehen ist, mit vertretbarem Aufwand nicht auszuschließen, ist die weitere Verarbeitung oder Nutzung dieser Daten unzulässig. (2) Zur Aufgabenerfüllung nach SS 4 Abs. 2 dürfen in automatisierten Dateien nur personenbezogene Daten über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung unterliegen oder in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden. (3) Die Speicherung von Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre der betroffenen Personen in Dateien ist unzulässig. 147 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 (4) Die Verfassungsschutzbehörde hat die Speicherungsdauer auf das für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. SS 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf unter den Voraussetzungen des SS 9 Abs. 1 Daten über Minderjährige nach Vollendung des 14. und vor Vollendung des 16. Lebensjahres speichern, verändern und nutzen. Die Speicherung in gemeinsamen Dateien im Sinne des SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), zuletzt geändert durch SS 32 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2590, 2597), ist nicht zulässig. (2) Gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 4 Abs. 1 angefallen sind. SS 11 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in Dateien (1) Die Verfassungsschutzbehörde hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat die nach SS 9 Abs. 1 in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. In diesem Fall sind auch die zu ihrer Person geführten Akten zu vernichten. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person übermittelt werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob nach SS 9 Abs. 1 gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 4 oder 5 sind spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Behördenleiter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden. SS 12 Berichtigung und 148 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Sperrung personenbezogener Daten in Akten (1) Stellt die Verfassungsschutzbehörde fest, dass in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind, oder wird ihre Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat personenbezogene Daten zu sperren, wenn sie im Einzelfall feststellt, dass ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden und die Daten für ihre künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen entfallen. SS 13 Dateianordnungen (weggefallen) 149 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Dritter Teil AUSKUNFT SS 14 Auskunft an die betroffene Person (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt der betroffenen Person über zu ihrer Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft. Die von der betroffenen Person nach Satz 1 mitgeteilten Informationen dürfen nur zum Zwecke der Prüfung des Auskunftsbegehrens verwendet werden. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, 2. durch die Auskunftserteilung Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde zu befürchten ist, 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Leiter der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. (3) Die Auskunftserteilung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. (4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist die betroffene Person auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die betroffene Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. Der Landesbeauftragte kann die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten, wenn sich für ihn im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunft an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muss. 150 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Vierter Teil INFORMATIONSÜBERMITTLUNG SS 15 Unterrichtungspflichten (1) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag mindestens einmal jährlich über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1. (2) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Öffentlichkeit periodisch und aus gegebenem Anlass im Einzelfall über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1. (3) Es darf dabei auch personenbezogene Daten bekannt geben, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppen erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstehen. SS 16 Zulässigkeit von Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten (1) Werden öffentliche Stellen, die nicht Nachrichtendienste sind, um Übermittlung personenbezogener Daten ersucht, so dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. (2) Absatz 1 gilt nicht für Ersuchen um solche Daten, die bei der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben bekannt werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörde braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. (4) Soweit nach anderen Rechtsvorschriften ein Übermittlungsersuchen durch den Behördenleiter zu stellen ist oder von seiner Ermächtigung abhängt, gilt als Behördenleiter der Leiter der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung im für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium. SS 17 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde durch öffentliche Stellen (1) Öffentliche Stellen im Sinne von SS 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die 151 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 ihnen bekannt gewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 4 Abs. 1 Nrn. 1, 4 und 5 genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 4 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden übermitteln auf Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde die zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen werden durch die Verfassungsschutzbehörde aktenkundig gemacht. Unter den gleichen Voraussetzungen darf die Verfassungsschutzbehörde 1. Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, Polizeien des Bundes und anderer Länder um die Übermittlung solcher Informationen ersuchen. (4) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 3 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder die betroffene Person unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf die Verfassungsschutzbehörde bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 4 Abs. 1 sowie bei der Beobachtung terroristischer Bestrebungen amtliche Register einsehen. (5) Über die Einsichtnahme nach Absatz 4 hat die Verfassungsschutzbehörde einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck und die Veranlassung, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (6) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die der Verfassungsschutzbehörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlagen findet SS 4 Abs. 1 und 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. (7) Übermittelte Informationen hat die Verfassungsschutzbehörde eigenständig zu bewerten. 152 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS 17a Übermittlung von besonderen Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen oder Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemediendienste (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Ausgenommen sind Telemediendienste, bei denen die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall Auskunft einholen bei 1. Luftfahrtunternehmen zu Namen und Anschriften des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg, 2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungseinund -ausgänge, 3. denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, zu den Umständen des Postverkehrs, 4. denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach SS 96 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und 5. denjenigen, die geschäftsmäßig von Absatz 1 erfasste Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, zu a) Merkmalen zur Identifikation des Nutzers eines Telemediendienstes, b) Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und c) Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemediendienste, soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung für die in SS 4 Abs. 1 genannten Schutzgüter vorliegen. Im Falle des SS 4 Abs. 1 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, 1. zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder 153 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (3) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich auch gegen Personen richten, bei denen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist 1. bei Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 5, dass sie die Leistung für den von einer Maßnahme nach Absatz 2 Betroffenen in Anspruch nehmen, oder 2. bei Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4, dass sie für den von einer Maßnahme nach Absatz 2 Betroffenen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4, dass der von einer Maßnahme nach Absatz 2 Betroffene ihren Anschluss benutzt. (4) Die Anordnung über die Einholung von Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 trifft der Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder sein Vertreter im Amt. Die Anordnung über die Einholung von Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 trifft der für den Verfassungsschutz zuständige Minister oder sein Vertreter im Amt. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 hat die Verfassungsschutzbehörde dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffes ausgeschlossen werden kann. (5) Über Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die G 10-Kommission (SS 1 Abs. 2 des Artikel 10-Gesetzes) vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann die Verfassungsschutzbehörde den Vollzug der Anordnung auch bereits vor der Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die G 10Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. Die Kontrollbefugnis der G 10-Kommission erstreckt sich auf den gesamten Prozess der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 erlangten personenbezogenen Daten. Anordnungen über Auskünfte, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat die Verfassungsschutzbehörde unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Fall einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen. Für die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Für die Mitteilung an den Betroffenen ist SS 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. (6) Die Verfassungsschutzbehörde darf, soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Abs. 1 erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung für ein in SS 4 Abs. 1 genanntes Schutzgut vorliegen, technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes oder zur Ermittlung der Geräteoder Kartennummer einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 die Ermittlung des Standortes oder die Ermittlung der Geräteoder Kartennummer aussichtslos oder wesentlich erschwert ist. Sie darf sich nur gegen den Betroffenen oder die in Absatz 3 Nr. 2 bezeichneten Personen richten. Für die Verarbeitung der Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Personenbezogene Daten eines Dritten dürfen anlässlich solcher Maßnah154 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 men nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. Die Absätze 4, 5 und 7 gelten entsprechend. (7) Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über die Durchführung des Absatzes 2. Dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben. Die Parlamentarische Kontrollkommission erstattet dem Landtag von Sachsen-Anhalt jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie über Art, Umfang und Anordnungsgründe der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen nach Absatz 2; dabei sind die Grundsätze des SS 26 Abs. 1 zu beachten. (8) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes über die nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 bis 5 durchgeführten Maßnahmen nach Maßgabe des SS 8a Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (9) Anordnungen sind dem Verpflichteten insoweit schriftlich mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung zu ermöglichen. Anordnungen und ü- bermittelte Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden. SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Auf Anfragen der Einstellungsbehörden erteilt der Verfassungsschutz auch Auskünfte zur Überprüfung der Verfassungstreue von Personen, die sich für den öffentlichen Dienst bewerben. Die Auskunft ist beschränkt auf gerichtsverwertbare Tatsachen aus vorhandenen Unterlagen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere wegen der Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden und die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, über die vorgenommene Verwendung der Daten um Auskunft zu bitten. 155 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 (4) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Rahmen ihrer Aufgaben nach SS 4 personenbezogene Daten an andere Stellen übermitteln, soweit dies für die Erhebung personenbezogener Daten erforderlich ist. Im Übrigen dürfen personenbezogene Daten an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder ferner zur Abwehr von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten einer fremden Macht erforderlich ist und das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium seine Zustimmung erteilt hat. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, über die vorgenommene Verwendung der Daten um Auskunft zu bitten. SS 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, der Polizei von sich aus die ihr bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. (2) Delikte nach Absatz 1 sind 1. die in SSSS 74a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten, 2. alle Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, a) dass sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, b) dass es sich um Bestrebungen handelt, die durch Anwendung von Gewalt oder durch darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (Artikel 73 Nr. 10 Buchst. b und c des Grundgesetzes). (3) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (4) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben dieser Stellen erforderlich ist (SS 21 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes). 156 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS 20 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Teils unterbleibt, wenn 1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen, insbesondere bei Daten aus der engeren Persönlichkeitssphäre, und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen, 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen, insbesondere wenn die Informationen zu löschen waren. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. SS 21 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 10 erfüllt sind. Liegen die Voraussetzungen nicht mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres aus nicht zur Person geführten Akten dürfen an ausländische, überoder zwischenstaatliche Stellen nicht übermittelt werden. SS 22 Pflichten des Dritten, an den übermittelt wird Der Dritte, an den übermittelt wird, prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass sie nicht erforderlich sind, hat er die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren und in den Akten entsprechend zu kennzeichnen. SS 23 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem Dritten, an den die Daten übermittelt 157 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 wurden, zu berichtigen, es sei denn, dass dies für die Beurteilung eines Sachverhaltes ohne Bedeutung ist. SS 23a Weitergabe personenbezogener Daten Für die Weitergabe personenbezogener Daten zwischen der für den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung und den anderen Abteilungen des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums gelten die SSSS 16 bis 23 entsprechend. Fünfter Teil PARLAMENTARISCHE KONTROLLE SS 24 Parlamentarische Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterliegt auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes der Kontrolle durch den Landtag. Diese Aufgabe nimmt die Parlamentarische Kontrollkommission wahr. (2) Die Rechte des Landtages und seiner Ausschüsse bleiben unberührt. SS 25 Zusammensetzung und Wahl (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus fünf Abgeordneten des Landtages. Der größten Oppositionsfraktion steht ein Sitz in der Kontrollkommission zu. (2) Der Landtag wählt zu Beginn jeder Wahlperiode die Mitglieder der Kommission sowie die gleiche Zahl von Stellvertretern mit der Mehrheit seiner Abgeordneten. (3) Scheidet ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Kommission; es ist unverzüglich ein neues Mitglied oder ein neues stellvertretendes Mitglied zu wählen. Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied aus der Kommission ausscheidet. (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Landtages solange aus, bis der nachfolgende Landtag eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gewählt hat; für die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission, die nicht dem neugewählten Landtag angehören, findet das Sicherheitsüberprüfungs und Geheimschutzgesetz keine Anwendung. 158 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS 26 Verfahrensweise (1) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Kommission. Die Pflicht zur Geheimhaltung gilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission ihre vorherige Zustimmung erteilt. (2) Die Kommission tritt mindestens vierteljährlich, zusätzlich auf Antrag eines Mitgliedes zusammen. (3) Sie wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese regelt auch, unter welchen Voraussetzungen Sitzungsunterlagen und Protokolle von den Mitgliedern der Kommission und ihren Stellvertretern eingesehen werden können. SS 27 Aufgaben und Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Hierzu gehört auch das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder und des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt. Sie berichtet auch über den Erlass von Verwaltungsvorschriften. Die Entwürfe der jährlichen Wirtschaftspläne der Verfassungsschutzbehörde werden der Kommission zur Mitberatung zugeleitet. Die Landesregierung unterrichtet die Kommission über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. Die Kommission hat das Recht, von sich aus Sachverhalte aufzugreifen. (2) Die Kommission hat auf Antrag mindestens eines ihrer Mitglieder das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde sowie auf Anhörung von Auskunftspersonen. Der für den Verfassungsschutz zuständige Minister kann einem bestimmten Kontrollbegehren widersprechen, wenn es im Einzelfall die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erheblich gefährden würde; er hat dies vor dem Ausschuss schlüssig zu begründen. Die besonderen Rechte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse bleiben unberührt. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission erstattet dem Landtag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über ihre bisherige Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des SS 26 Abs. 1 zu beachten. (4) Die Kontrolle der Durchführung des Artikel 10-Gesetzes obliegt der G 10-Kommission. Das Nähere wird durch das Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes geregelt. 159 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 SS 28 Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Die Parlamentarische Kontrollkommission hat auf Antrag eines Mitgliedes den Landesbeauftragten für den Datenschutz zu beauftragen, die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen, die die Verfassungsschutzbehörde durchgeführt hat, zu überprüfen. Die Befugnisse des Landesbeauftragten richten sich nach den Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger. SS 29 Datenerhebungen bei Mitgliedern des Landtages (1) Setzt die Verfassungsschutzbehörde nachrichtendienstliche Mittel gegen ein Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt ein, hat der für den Verfassungsschutz zuständige Minister die Parlamentarische Kontrollkommission und den Präsidenten des Landtages unverzüglich hiervon zu unterrichten. (2) Im Falle des Absatz 1 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Lässt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Sechster Teil SCHLUSSVORSCHRIFTEN SS 30 Geltung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 4 durch die Verfassungsschutzbehörde finden die SSSS 9 bis 13, 15, 16 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger keine Anwendung. SS 30a Einschränkung von Grundrechten Aufgrund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf 1. Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes und Artikel 17 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt), 2. Schutz personenbezogener Daten (Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt), 160 Verfassungsschutzgesetz Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 3. Schutz des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes und Artikel 14 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) eingeschränkt werden. SS 30b Sprachliche Gleichstellung Personenund Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in weiblicher und männlicher Form. SS 31 Inkrafttreten Satz 1 betrifft das Inkrafttreten. 161 Statistik Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 STRAFUND GEWALTTATENSTATISTIK 101 DEFINITIONSSYSTEM PMK Das Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität wurde nach einem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder (IMK) zum 1. Januar 2001 eingeführt. Danach werden als politisch motivierte Kriminalität bezeichnet und erfasst: Alle Straftaten, die einen oder mehrere Straftatbestände der so genannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Als solche klassischen Staatsschutzdelikte gelten die folgenden Straftatbestände: SSSS 80-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a des Strafgesetzbuches (StGB). Im Übrigen aber auch Straftaten, die ebenso in der Allgemeinkriminalität begangen werden können (wie zum Beispiel Tötungsund Körperverletzungsdelikte, Brandstiftungen, Widerstandsdelikte, Sachbeschädigungen), jedoch nur, wenn in Würdigung der gesamten Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte für eine politische Motivation gegeben sind, weil sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten, sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung beziehungsweise eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten o- der eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben, 101 Alle in dieser Statistik aufgeführten Daten entsprechen dem Stand 31. Januar 2013. 162 Statistik Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, sich gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status richten (so genannte Hasskriminalität); dazu zählen auch Taten, die nicht unmittelbar gegen eine Person, sondern im oben genannten Zusammenhang gegen eine Institution oder Sache verübt werden. Die erfassten Sachverhalte werden im Rahmen einer mehrdimensionalen Betrachtung unter verschiedenen Gesichtspunkten bewertet. Hierbei werden insbesondere Feststellungen zur Qualität des Delikts, zur objektiven thematischen Zuordnung der Tat, zum subjektiven Tathintergrund, zur möglichen internationalen Dimension der Tat und zu einer gegebenenfalls zu verzeichnenden extremistischen Ausprägung der Tat getroffen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Bereich der Gewaltdelikte erweitert und bundeseinheitlich festgelegt. Die differenzierte Darstellung ermöglicht eine konkret bedarfsorientierte Auswertung der Daten und bildet damit die Grundlage für den zielgerichteten Einsatz geeigneter repressiver und präventiver Bekämpfungsmaßnahmen. Die im Verfassungsschutzbericht genannten Zahlen zu den politisch motivierten Straftaten mit extremistischem Hintergrund basieren auf Angaben des LKA Sachsen-Anhalt. 163 Statistik Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Politisch motivierte Straftaten 2011 2012 nach Phänomenbereich -rechts1431 1576 -links385 351 Ausländerkriminalität 6 7 Davon waren: Extremistische Straftaten 2011 2012 nach Phänomenbereich -rechts1240 1494 -links48 50 Ausländerkriminalität 1 2 Politisch motivierte Gewalttaten 2011 2012 nach Phänomenbereich -rechts92 84 -links61 77 Ausländerkriminalität 1 1 Von den genannten politisch motivierten Gewalttaten waren: Extremistische Gewalttaten 2011 2012 nach Phänomenbereich -rechts63 68 -links23 19 Ausländerkriminalität 0 0 Fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten im 2011 2012 102 Phänomenbereich rechts - Fremdenfeindliche Straftaten 118 203 Antisemitische Straftaten 53 59 Propagandadelikte 2011 2012 Propagandadelikte rechts 975 1136 Propagandadelikte links- 6 11 102 Mit Umstellung der statistischen Erfassung zum 1. Januar 2001 kann es zur Doppelerfassung einer Straftat als fremdenfeindlich und als antisemitische Straftat kommen. 164 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 A Abberode, OT Steinbrücken (Landkreis Mansfeld-Südharz) 83 Ägypten 107, 111 Aktionsbündnis gegen das Vergessen (AgdV) 51 Aktionsgruppe (AG) Halle 30, 31 Aktionsgruppe Erfurt 77 Aktionsgruppe (AG) Merseburg 33 Aktionsgruppe (AG) Querfurt 34 Aktionsgruppe (AG) Weißenfels 35, 53, 93 Aktionsgruppe(n) (AG) Halle-Saalekreis 31, 34 Allstedt, (Landkreis Mansfeld-Südharz) 48, 57 Allstedt, OT Mittelhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) 48 Allstedt, OT Nienstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz) 31, 52 Allstedt, OT Sotterhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) 25, 59 al-Qaida (Kern-al-Qaida) 109, 110, 111 al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAH) 109 al-Qaida im Irak/Islamischer Staat Irak (AQI/IStI) 109 al-Qaida im islamischen Maghreb (AQM) 109 Altenburg (Thüringen) 39 Altermedia Deutschland 63, 64 Ankara 120 Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) 23 Antideutsche 84, 92 Antifaschismus/antifaschistisch 85, 86, 89, 90, 92, 93 Antifaschistische Aktion Burg (AAB) 84, 89, 91 Antimilitarismus 98, 99 Antirassismus 96 Antirepression 85, 93, 94, 95 Antirepressionswochen 94, 95 Antisemitismus/antisemitisch 20, 22, 40, 43, 63, 67, 74, 83, 84, 91, 164 APFEL, Holger 65, 69, 70, 71, 77 Apolda (Thüringen) 55 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 105, 106, 112ff Arbeitskreis Antifa Magdeburg (AK Antifa) 84, 89 ARPE, Jens-Uwe 27 165 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (Artgemeinschaft) 83 Aschersleben (Salzlandkreis) 53, 54, 58, 73, 74, 77 Ausbildungslager 110, 111 Auskunftserteilung 10 Ausländerextremismus 105ff Autonome Hochschulgruppe (AHG) 89 Autonome Medien und Aktionen (AMUA) 89 Autonome Nationalisten Schönebeck (A.N.S.) 44 Autonome Nationalisten Stendal 47 Autonomenszene 84, 85ff AYDAR, Zübeyir 118 B Bad Lauchstädt (Saalekreis) 30, 40, 59, 63 Bad Nenndorf (Niedersachsen) 41, 56 Bad Sulza (Thüringen) 40 BATTKE, Lutz 37, 39, 74, 75 Bautzen (Sachsen) 53 Berlin 7, 18, 40, 42, 69, 82, 85, 101, 120, 125, 126, 128 Bernburg (Saale) 73, 101 BIERE, Andreas 41, 42, 47 Bitterfeld-Wolfen (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) 49, 101 Blankenburg (Landkreis Harz) 52, 54, 56, 81 Blood & Honour 23, 24, 27 Bochum (Nordrhein-Westfalen) 120 Brassic (Band aus den USA) 26 BRAUMANN, Sascha 42 BRÄUNIGER, Eckhart 51 Braunsbedra (Saalekreis) 34, 62 Braunsbedra, OT Frankleben (Saalekreis) 57 BREIVIK, Anders Behring 18 Brüssel (Belgien) 117 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) 126, 135 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) 3, 12, 155, 156 166 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Bündnis Intervention statt Ignoranz 91 Burg (Landkreis Jerichower Land) 45, 84, 91 C CETIN, Veysal 113, 114 Chemnitz (Sachsen) 62, 114 CHOUKA, Mounir 111 CHOUKA, Yassin 111 CUSPERT, Dennis 106, 111 D Datenschutz 10, 141, 148, 150, 160 Dawa FFM 108 Delitzsch (Sachsen) 39 Demonstration 16, 32, 34ff, 41, 42, 43, 48, 53, 55, 56, 58, 75, 87, 89, 90ff, 117, 125, 127, 128 Der Aktivist (Zeitschrift) 78, 79 Dessau-Roßlau 32, 34, 38, 48, 49, 50, 70, 82, 88, 90, 96, 97 Dessau-Roßlau, OT Kochstedt 82 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 85, 89, 99ff Deutsche Volksunion (DVU) 65, 66, 73, 81 Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft mbH 71, 77, 78 Die Heimat (Flugblatt) 36, 77 DIE RECHTE 81ff Die Rote Hilfe (Publikation) 103 Die Unsterblichen (Aktionsform, siehe Unsterbliche) Die wahre Religion 108 DIETRICH, Rolf 72 Direction Generale d Etudes de Documentation (DGED), (marokkanischer Auslandsdienst) 127 Donaldson, Ian Stuart ( ) 23 Dortmund (Nordrhein-Westfalen) 32, 70, 81, 102 Dresden 31, 35, 42, 51, 52, 80, 104, 114 Düsseldorf 114, 119 167 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 E Ein Fähnlein (Szenemagazin) 40 Ein Licht für Dresden (Aktionswoche) 31, 51, 80 Eisleben (Lutherstadt, Landkreis Mansfeld-Südharz) 21, 59 Elektronische Angriffe 135ff Embargo 129, 130 Endstufe (Band) 26 ENGEL, Stefan 102, 103 Erfurt 35, 37, 77 Exilregierung des Deutschen Reichs (Exilregierung) 82 Extremismus 1, 6, 7, 11, 12, 61 F Faust (Band) 71 Faustrecht (Band) 26 Fischer, Hermann ( ) 39, 40 FISCHER, Michel 37, 38 Flame 136 Flechtingen, OT Behnsdorf (Landkreis Börde) 21 Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) 114, 115, 181, 182 Frankfurt/Main (Hessen) 107 Freie Kameradschaft Schönebeck 43 Freie Kräfte 34, 36, 38, 77 Freie Kräfte Burgenlandkreis 34, 36 Freie Kräfte Naumburg 34, 36, 38, 77 Freie Nationalisten 40, 46, 47 Freie Nationalisten Altmark-West (FNAW) 45 Freie Nationalisten Anhalt-Bitterfeld/Dessau 48 Freie Nationalisten Dessau 58 Freies Netz Harz (Internetpräsenz) 47 Freiheitliche demokratische Grundordnung 1, 2, 4, 11, 142, 143, 156, 162 168 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans (KADEK) 113 Freiheitspartei der Frauen Kurdistans (PAJK) 116 Fremde Nachrichtendienste 122, 135 Fremdenfeindlichkeit/fremdenfeindlich 16, 18, 20, 67 Frente Polisario 127 G G 10-Kommission 9, 10, 154, 159 Gardelegen (Hansestadt, Altmarkkreis Salzwedel) 25, 26, 45, 46 GAUSS 136 Gedenkmarsch 42, 51 Geheimschutz 138, 139 Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) 7 Gemeinsames Informationsund Auswertungszentrum islamistischer Terrorismus (GIAZ) 7 Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) 7 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) 2,3,7ff, 140ff Gewaltbereiter Rechtsextremismus 17ff Gewalttaten 18, 19, 20, 25, 86, 164 Globale Islamische Medienfront (GIMF) 111 Globalisierung 96 GRUNZEL, Michael 76 H HAENSCHKE, Gustav 77 Halberstadt 58, 72, 73 Halle (Saale) 23, 30, 31, 39, 51, 58, 70, 77, 84, 92, 94, 97, 101, 103, 114, 115, 117, 118, 130 Hamburg 81, 91, 120, 130 Hammerskin(head)s (HS) 23ff Heß, Rudolf ( ) 55, 56 Hildburghausen (Thüringen) 35, 37 169 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Hof (Bayern) 39, 53 Hohenmölsen (Burgenlandkreis) 55 HOLZ, Carola 49 Honour & Pride 26 Hooliganund Rockerszene (siehe Rockerund Hooliganszene) HUPKA, Steffen 83 I Illegale (Agenten) 122, 124 Indymedia 37, 87, 88, 95, 97 Initiative für Öcalan 117, 118 Initiative gegen das Vergessen 35, 41 Innocence of Muslims (Film) 108 Inspire (Magazin) 110 Internationales Kurdistan-Kulturfestival 116, 118 Internetradios 61, 62 Islamfeindlichkeit (Agitationsfeld) 60 Islamische Bewegung Usbekistans (IBU) 110, 111 Islamische Jihad Union (IJU) 111 Islamische Republik Iran 129, 130, 134 Islamismus/Islamist/islamistisch 106ff Istanbul (Türkei) 120 J Jihad 108, 110 Jugend Antifa Magdeburg (JAM) 89 Jugendantifa Halle (JAH) 89 Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) 83 Junge Nationaldemokraten (JN) 30, 40, 43, 45, 47, 52, 55, 56, 57, 70, 78ff 78ff 170 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 K Kaiserpfalz (Gemeinde), OT Wohlmirstedt (Burgenlandkreis) 82 Kameradschaft 16, 31, 38, 43, 46, 47 KARAYILAN, Murat 115, 116 KARL, Andreas 77 KARTAL, Remzi 115 Kern, Erwin ( ) 39, 40 Kirchheim (Thüringen) 78 KISANAK, Gültan 115 Klein Wanzleben (Landkreis Börde) 59 Klötze (Altmarkkreis Salzwedel) 45 KNAPE, Andy 42, 55, 70, 78, 79 KOC, Yükcel 116 KOLB, Andreas 78 Köln (Nordrhein-Westfalen) 7 Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) der NPD 72 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Ost) 85, 99, 101 Könnern, OT Trebnitz (Salzlandkreis) 44, 45 Kontrolle des Verfassungsschutzes 9 Konzerte 23, 24ff, 38, 45, 58, 69 Köthen (Anhalt) 21 Kraftschlag (Band) 27 KRAMER, Matthias 89, 100 KRAUSE, Heiko 47, 57, 75, 76 KRIEN, Hartmut 72 L Landsberg (Saalekreis) 30, 58, 59 Laucha (Burgenlandkreis) 40, 74 Legalresidenturen 122 Legittima Offesa (Band aus Italien) 26 Leipzig (Sachsen) 39, 102, 114 (MC) LELLAN, Ken 71 171 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Les Vilains (Band aus Belgien) 26 Leuna (Saalekreis) 93 Liederabende 25, 26 Linksextremismus/linksextremistisch 84ff Linksextremistische Parteien und Vereinigungen 99ff Lüdenscheid (Nordrhein-Westfalen) 62 Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) 81 Lunikoff-Verschwörung (Band) 71 M Magdeburg 16, 31, 35, 40ff, 51, 52, 55, 70, 80, 81, 83, 84, 88, 89, 94ff, 114ff MAHMOUD, Mohamed 108, 111 MALINA, Oliver 26, 27 Mannheim (Baden-Württemberg) 116, 118, 120 Mansfeld (Landkreis Mansfeld-Südharz) 59 Marokkanische Nachrichtendienste 127, 128 MARX, Enrico 25, 30, 31, 48, 53, 54 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 85, 99, 101ff Merseburg (Saalekreis) 31, 33, 34, 39, 40, 51 Mezopotamien Kultur Haus e.V. 114, 115, 117 Millatu Ibrahim 108 MONACO, Julian 78 Mücheln (Saalekreis) 40 Musikveranstaltungen (rechtsextremistische) 24ff N Nachrichtendienstliche Mittel 7, 131, 147, 160 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 16, 17, 30, 33ff, 46, 47, 51, 53, 57, 65ff, 81 Nationale Bewegung 44 Nationaler Widerstand Dortmund (NWDO) 81 Nationales Radio Volk und Heimat 61 Nationales Zentrum Mitteldeutschland (Schloss Trebnitz) 44, 45 172 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Nationalsozialismus 22, 67 Nationalsozialistischer Black-Metal 29 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) 5, 18, 24, 67, 71 Naumburg (Burgenlandkreis) 34, 38, 39, 55, 93 Naumburg, OT Bad Kösen (Burgenlandkreis) 39, 40 Naumburg, OT Bad Kösen, Saaleck (Burgenlandkreis) 39, 40 Neonaziszene 52, 56, 80 Neuausrichtung des Verfassungsschutzes 4, 5 Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) 53 Newroz 115 No tears for Krauts 84, 92 Nordkorea 130 O ÖCALAN, Abdullah 105, 106, 112 OETTLER, Frank 103 Öffentlichkeitsarbeit 10ff Oidoxie (Band) 70 OSTENDORF, Henrik 40 Outingaktionen 22, 37, 61, 85, 89, 93 ÖZPOLAT, Sadi Naci 119, 120 P Pakistan 110, 111, 131 Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) 9, 141, 158ff PASTÖRS, Udo 70, 71 PFÜRSTINGER, Kai 83 Plauen (Sachsen) 72 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten 15, 19, 162, 163, 164 Proliferation 7, 128ff PÜSCHEL, Hans 39, 74, 75 173 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 Q Quedlinburg (Landkreis Harz) 23, 47 Querfurt (Saalekreis) 31, 34, 56 R radikal (Szenedruckschrift) 87 Rassismus/rassistisch 18, 24, 25, 38, 69, 74, 83, 91, 97, 98 Rathenau, Walther ( ) 39, 40, 74 REBELL (Jugendverband der MLPD) 101 Rechtsextremismus/rechtsextremistisch 7, 13, 15ff Rechtsextremistische Musik 24ff Rechtsextremistische Parteien und Vereinigungen 65ff Rechtsextremistische Vertriebe 28, 29 Rechtsterrorismus 15, 18ff, 79 REGENER, Michael (Lunikoff) 71 RENNICKE, Frank 71 Revolutionäre Aktionszellen (RAZ) 87 Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) 119, 120 RICHTER, Karl 72 Rieger, Jürgen ( ) 33 Ring Nationaler Frauen (RNF) 71, 72 Risikostaaten 131 Rock für Deutschland 69 Rockerund Hooliganszene 24 ROLLE, Dieter 101 ROSE, Dr., Olaf 51 Rostock (Hansestadt, Mecklenburg-Vorpommern) 5, 23 Rote Fahne (Parteipublikation) 102 Rote Hilfe (RH) 103 Russische Nachrichtendienste 122, 123, 124 174 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 S Sachsonia (Band) 71 Salafismus 105ff Salzatal, OT Fienstedt und OT Salzmünde (Saalekreis) 52 Salzwedel (Hansestadt) 45, 46, 103 Sangerhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) 54, 56, 59 Sangerhausen-Oberröblingen (Landkreis Mansfeld-Südharz) 22 SCHÄFER, Marita 73 SCHÄFER, Michael 78 SCHIRMER, Hartmut 73 Schönebeck (Elbe, Salzlandkreis) 22, 43, 44, 58, 59, 101 Schönhausen (Landkreis Stendal) 47 Schulhof-CD 79, 80 SCHÜßLER, Gitta 72 SCHÜßLER, Sigrid 71, 72 Schwanebeck, OT Nienhagen (Landkreis Harz) 26, 59 Seeburg (Landkreis Mansfeld-Südharz) 52 Sicherheitsüberprüfung 6, 138ff Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz (SÜG-LSA) 4, 139 SLAVE, Günter 102 49, 175 Sommersonnenwendfeier 56 Spionageabwehr 122ff Stendal 37, 46, 47, 76, 83 Stendal, OT Insel 16, 46, 75, 76, 80 STEPHAN, Kevin 30 STERK TV 116 Stimme von und für Elbe-Saale (Publikation) 102 Straftaten 9, 19, 20, 22, 39, 84, 85, 86, 97, 125, 152, 156, 157, 162, 163, 164 Stuttgart 85, 102, 122, 124 Syrien 105, 114, 115, 119, 125, 129 Syrische Nachrichtendienste 125 175 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 T Tangerhütte (Landkreis Stendal) 47, 57 Terrorismus/terroristisch 5, 6, 7, 11, 15, 18ff, 79, 106, 109ff, 129 Teuchern, OT Krauschwitz (Burgenlandkreis) 39, 74 Teutschenthal (Saalekreis) 52 Thale-Benneckenrode, Alte Halde (Landkreis Harz) 18 Thiazi-Forum 62, 63 Tote Briefkästen 123, 124 Trauermarsch35 42, 56 U UKA, Arid 107, 111 Unsterbliche (Aktionsform Die Unsterblichen ) 53, 54, 58ff V Verbotsverfahren gegen die NPD 67, 68 Verschlusssache 138, 139 Vertriebe 28, 29 Viereck (Mecklenburg-Vorpommern) 71 Vier-Säulen-Strategie (der NPD) 66 Virtual Private Network 135 vk.com 64 VOIGT, Udo 65 Volksgemeinschaft 66, 67 Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL) 113, 115 Volksrepublik China 123, 134, 135 Volkstrauertag ( Heldengedenktag ) 33, 48, 50, 57ff Volksverteidigungskräfte (HPG) 112 V-Personen/V-Leute 5, 7, 8 176 Stichwortverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 W WAGNER, Stefan 30 WALDE, Heidrun 72, 73 WALDE, Peter 47, 73, 76 Weimar (Thüringen) 35, 53 WEINERT, Alexander 49 Weißenfels (Burgenlandkreis) 27, 33, 34ff, 53, 56, 57, 69, 77, 91, 92, 93, 177 Wernigerode (Landkreis Harz) 47, 55, 78 Wiege des Schicksals (Band) 71 WIESE, Martin 79 Wirtschaftsschutz 132 Wirtschaftsspionage 136, 137 Wittenberg (Lutherstadt) , OT Kropstädt 58 WNUCK, Holger 73 WOHLLEBEN, Ralf Wolmirstedt (Landkreis Börde) 52, 57, 69 WORCH, Christian 81, 82 Wunsiedel (Bayern) 55 Y Yeni Özgür Politika (Publikation) 115, 117 Z Zeitz (Burgenlandkreis) 93, 101 ZIEBER, Manuel 83 Zusammen Kämpfen (ZK) 84, 85, 94, 96, 104 177 Abkürzungsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 AAB Antifaschistische Aktion Burg AG Aktionsgruppe AgdV Aktionsbündnis gegen das Vergessen AHG Autonome Hochschulgruppe AK Arbeitskreis (Antifa Magdeburg) AMUA Autonome Medien und Aktionen A.N.S. Autonome Nationalisten Schönebeck AQAH al-Qaida auf der arabischen Halbinsel AQI/IStI Al-Qaida im Irak/Islamischer Staat Irak AQM al-Qaida im islamischen Maghreb BDP Bari ve Demokrasi Partisi Partei des Friedens und der Demokratie , kurdische Partei BPjM Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BVerfSchG Bundesverfassungsschutzgesetz DGED Direction Generale d Etudes de Documentation DHKP-C Devrimci Halk Kurtulu Partisi-Cephesi (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) DKP Deutsche Kommunistische Partei DS Deutsche Stimme (Verlagsgesellschaft mbH) DVU Deutsche Volksunion FNAW Freie Nationalisten Altmark-West G 10-LSA Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes im Land Sachsen-Anhalt GETZ Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum GIAZ Gemeinsames Informationsund Auswertungszentrum islamistischer Terrorismus GIMF Globale Islamische Medienfront GTAZ Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum GÜZ Gefechtsübungszentrum des Heeres GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten 178 Abkürzungsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 HPG HEZEN PARASTINA GEL Volksverteidigungskräfte HS Hammerskinheads IAEA Internationale Atomenergie-Agentur IBU Islamische Bewegung Usbekistans IJU Islamische Jihad Union ISD Ian Stuart DONALDSON (ISD Memorial-Konzert) JAH Jugendantifa Halle JAM Jugend Antifa Magdeburg JLO Junge Landsmannschaft Ostdeutschland JN Junge Nationaldemokraten KADEK Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane (Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans) KONGRA Kongra Gele Kurdistan GEL (Volkskongress Kurdistans) KPV Kommunalpolitische Vereinigung der NPD KPD/Ost Kommunistische Partei Deutschlands/Ost MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NSBM National Socialist Black Metal Nationalsozialistischer Black-Metal NWDO Nationaler Widerstand Dortmund NSU Nationalsozialistischer Untergrund OT Ortsteil PAJK Partiya Azadiya Jina Kurdistan Freiheitspartei der Frauen Kurdistans PKK Parlamentarische Kontrollkommission PKK Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans) 179 Abkürzungsverzeichnis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 RAZ Revolutionäre Aktionszellen RNF Ring Nationaler Frauen RH Rote Hilfe StGB Strafgesetzbuch SS Schutzstaffel der NSDAP SÜG-LSA Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz im Land Sachsen-Anhalt SWR Sluschba Wneschnej Raswedki (Ziviler Auslandsnachrichtendienst der Russischen Föderation) VerfSchGGesetz über den Verfassungsschutz im Land LSA Sachsen-Anhalt VS Verschlusssache YEK-KOM Yekitiya Komalen Kurd Li Elmanya (Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V.) ZK Zusammen Kämpfen 180 Registeranhang Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 REGISTERANHANG ZUM VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2012 In diesem Registeranhang sind die im vorliegenden Bericht genannten Parteien und Gruppierungen aufgeführt, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, es sich mithin um eine extremistische, in Sachsen-Anhalt sich betätigende Partei oder Gruppierung handelt. A Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (Artgemeinschaft) D Deutsche Kommunistische Partei (DKP) E Exilregierung des Deutschen Reichs (Exilregierung) F Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans (KADEK) J Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) Junge Nationaldemokraten (JN) 181 Registeranhang Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 K Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) der NPD Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Ost) M Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) N Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) R REBELL (Jugendverband der MLPD) Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) Ring Nationaler Frauen (RNF) Rote Hilfe (RH) V Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL) Z Zusammen Kämpfen (ZK) 182 Bildnachweis Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 2012 BILDNACHWEIS: Seite 12ff Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt Seite 35 aus http://logr.org/agweissenfels.de (7.5.2013) Seite 40 aus http://www.nuw-versand.de (7.5.2013) Seite 51 aus http://www.gedenkmarsch.de (7.5.2013) Seite 58 Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt Seite 63 aus http://altermedia-deutschland.info (7.5.2013) Seite 65 aus http://www.npd.de (30.1.2013) Seite 72 aus http://www.rnf-sachsen.de (7.5.2013) Seite 78 aus http://www.jn-buvo.de (28.3.2013) Seite 79ff. Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt Seite 99 aus http://www.dkp.de (7.5.2013) Seite 101 aus http://www.k-p-d-online.de (7.5.2013) Seite 102 aus http://www.mlpd.de (7.5.2013) Seite 103 aus https://systemausfall.org (7.5.2013) Seite 108ff Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt 183