Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 1/2906 Erste Wahlperiode 29.07.1993 Unterrichtung Der Ministerpräsident des Magdeburg, den 06.07 1993 Landes Sachsen-Anhalt Sehr geehrter Herr Präsident, de Landesregierung hatn hrer heutigen Sitzung den Verfasssungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt 1992/1993 beschlossen Ich habe Herm Minister des Innern Perschau gebeten, Ihnen den Bericht gemäß $ 15 Abs1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt vom 14.07.1992 (GVBI.LSAS. 590) zu Ihrer Unterrichtung zu überreichen. Mit freundlichen Grüßen Mitteilung des Präsidenten: Die Unterrichtung wird gemäß $49 Abs. 1 Satz 1GO.LT befürwortet. Prof. Dr. Werner Münch Dr. Klaus Keitel Magdeburg, den 29.07.1993 (Ausgegeben am 03.08.1993) Verfassungsschutzbericht des Landes SachsenAnhalt 1992/ 1993 Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt Verfassungsschutzbericht 1992/1993 Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Berichtszeitraum: 01.08.1992 - 30.04.1993 ---- Vorwort Mit Inkrafttreten des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt am 30. Juli 1992 hat auch das neugegründete Landesamt für Verfassungsschutz seine Tätigkeit aufgenommen. Der von der Landesregierung vorgelegte Verfassungsschutzbericht 1992/93 - der erste seiner Art in Sachsen-Anhalt - dient der Unterrichtung des Landtages und derbreiten Öffentlichkeit über - rechtsund linksextremistische Bestrebungen, - fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen DDR, - sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht und - sicherheitsgefährdende oder extremistische Bestrebungen von Ausländern. Der Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information des Parlamentes, der Regierung und der Bürger über die Gefahren, die den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat bedrohen. Einer solchen Information - gerade auch der Bevölkerung - bedarf es schon deshalb, weil die Gegner unserer Verfassung nicht selten ihre wahren Ziele_in der Öffentlichkeit verschleiern. Daherist es erforderlich, daß der Verfassungsschutz als Frühwarnsystem unsererfreiheitlichen Demokratie rechtzeitig und umfassend auf die Gefahren hinweist, die unserer Verfassung drohen, um denstaatlichen Organen ein angemessenes und rechtzeitiges Reagieren zu ermöglichen. Die Landesregierung ist sich jedoch bewußt, daß die Verteidigung der Demokratie gegen ihre Gegner nicht alleine von denstaatlichen Stellen geleistet werden kann. Vielmehr sind alle Bürger aufgerufen, aktiv an der Bewahrung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung mitzuwirken. Der vorliegende Verfassungsschutzbericht will daher dem interessierten Bürger die notwendigen Informationen vermitteln, die es ihm ermöglichen sollen, sich selbst ein abschließendes Urteil über die Gefahren zu bilden, die unseren demokratischen Rechtsstaat bedrohen. Er versteht sich aber auch als eine Orientierungshilfe für die politische Auseinandersetzung, da letztlich wohl die profunde, geistig-politische Auseinandersetzung aller Bürger mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen der beste Verfassungsschutzist. Hartmut Perschau Minister des Innern des Landes Sachsen-Anhalt Inhaltsverzeichnis Vorwort Rechtsextremismus Allgemeines Militanter Rechtsextremismus 2.1 Erscheinungsformen 2.1.1 Skinheads 2.1.2 Andere militante Rechtsextremisten 2.2 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 2.2.1 Übersicht über die Strafund Gewalttaten a) Gewaltdelikt mit Todesfolge b) Angriffe gegen Asylbewerberheime ce) Sonstige Gewalttaten d) Örtliche Schwerpunkte der Taten e) Altersstruktur der mutmaßlichen Gewalttäter Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Rechtsund Linksextremisten 2.2.3 Antisemitische Vorfälle 2.2.4 Kein Rechtsterrorismus in Sachsen-Anhalt Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 15 3.1 Ideologisch-politischer Standort 15 3.2 Organisation 15 3.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 16 3.4 Junge Nationaldemokraten (JN) 17 H Deutsche Volksunion (DVU) 17 4,1 Ideologisch-politischer Standort 17 4.2 Organisation 19 4.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 19 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DL) 20 Ideologisch-politischer Standort 20 Organisation 20 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 21 Neonazistische Organisationen 2] 6.1 Ideologisch-politischer Standort 2] 6.2 Organisation 22 6.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 22 1. Partei "Die Republikaner" (REP) 24 Ideologisch-politischer Standort 24 Organisation 25 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 25 Linksextremismus 26 Allgemeines 26 Autonome 26 IH 2.1 Ideologisch-politischer Standort 26 2.2 Aktionsformen 27 2.3 Kommunikation zwischen den Autonomengruppen 28 2.4 Anzahl der Autonomen in Sachsen-Anhalt 29 2.5 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 29 2.6 Räumliche Schwerpunkte in Sachsen-Anhalt 30 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 31 Ideologisch-politischer Standort 31 Organisation 31 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 31 Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) 4.] Ideologisch-politischer Standort 32 4.2 Organisation 32 4.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 33 Kein Linksterrorismus in Sachsen-Anhalt 33 IV. Fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen DDR 34 IV Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden 35 Beobachtungsauftrag 35 Doc Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern im Bundesgebiet 35 Keine Aktivitäten in Sachsen-Anhalt 36 VI Spionageabwehr 37 Allgemeiner Überblick 37 Nachrichtendienste der ehemaligen DDR 37 Nächrichtendienste sonstiger ehemaliger Warschauer-PaktStaaten 38 Nachrichtendienste der ehemaligen Sowjetunion 38 Spionageabwehr mit Hilfe der Bevölkerung 39 Vu. Geheimschutz 40 Allgemeines 40 w0Personeller Geheimschutz Materieller Geheimschutz 40 41 VII. Verfassungsschutz in SachsenAnhalt 42 Grundlagen und organisatorische Ausgestaltung des Verfassungsschutzes 43 Aufgaben des Verfassungsschutzes 44 2.1 Extremismus (Rechtsund Linksextremismus, Terrorismus) 45 2.1.1 Freiheitliche demokratische Grundordnung 46 2.1.2 Bestrebungen 48 2.1.3 Rechtsund Linksextremismus 48 2.1.4 Terrorismus 49 2.1.5 Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder die ungesetzliche Beeinträchtigung ihrer Verfassungsorgane oder Mitglieder 49 2.2 Fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen DDR (MfS und AfNS) 49 2.3 Spionagebekämpfung 50 2.4 Ausländerextremismus 5i 2.5 Geheimschutz 51 2.5.1 Personeller Geheimschutz 51 2.5.2 Materieller Geheimschutz 52 VI Organisation des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt 53 Methoden und Mittel der Informationsgewinnung 55 4.1 Keine Zwangsbefugnisse 55 4.2 Methoden und Mittel nachrichtendienstlicher Tätigkeit 56 4.3 Datenschutz 57 4.4 Auskunftserteilung 57 Kontrolle 58 IX. Anhang Grundgesetz (Auszug) Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG - LSA) "Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) (G 10) Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz im Land SachsenAnhalt (G 10-AG LSA) Strafgesetzbuch (Auszug) I. RECHTSEXTREMISMUS 1. Allgemeines Die unter dem Begriff Rechtsextremismus zusammengefaßten Parteien, Organisationen oder Gruppierungen verfügen nicht über ein gefestigtes theoretisches Systern. Die rechtsextremistische Weltanschauung besteht vielmehr aus ideologisch-mythischen Versatzstücken. Die Bestrebungen rechtsextremistischer Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie die Grundlagen der Demokratie ablehnen und - aus taktischen Gründen meist nicht offen erklärt - eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips anstreben, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren ist. Die wichtigsten Elemente des Rechtsextremismus sind - ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender, übersteigerter, oft aggressiver Nationalismus, verbunden mit menschenverachtender Fremdenfeindlichkeit, - die offene oder verdeckte Wiederbelebung des Antisemitismus und anderer rassistischer Thesen, wie die Warmung vor einer "Rassenmischung" als Gefährdung des "deutschen Volkscharakters", die mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Gleichheitsprinzip nicht vereinbar sind, - die pauschale Überbewertung der Interessen der "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Interessen und Rechte des einzelnen, die auf eine Aushöhlung der Grundrechte abzielt (völkischer Kollektivismus), - immer wiederkehrende Versuche, die nationalsozialistische Gewaltherrschaft unter Herausstellung angeblicher positiver Leistungen des Dritten Reiches zu rechtfertigen, die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime zu diffamieren und die Verbrechen der na- 2 tionalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verschweigen, zu verharmlosen oder sogar zu leugnen (Revisionismus), - eine Überbetonung militärischer und soldatischer Werte und hierarchischer Prinzipien ("Führer" und "Gefolgschaft"), verbunden mit der Propagierung einer autoritären und diktatorischen staatlichen und sozialen Ordnung sowie der Überbetonung der Notwendigkeit eines nach innen und außenstarken Staates (Etatismus). Hinzu kommtdie allen Extremisten gemeinsame planmäßige Verunglimpfung der bestehenden Staatsform und ihrer Repräsentanten in der Absicht, die Demokratie in den Augen der Bevölkerung als Wert zu erschüttern. Diese Merkmale sind nicht immer vollständig bei allen rechtsextremistischen Organisationen zu beobachten. Manchmal sind nur Teilaspekte bestimmend; auch die Intensität und die Mittel des Kampfes gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind unterschiedlich. Während die Neonazis offen alle wesentlichen demokratischen Verfassungsgrundsätze ablehnen und sie langfristig durch ein System des "Dritten Weges" ersetzen wollen, versuchen die rechtsextremistischen Parteien, wie die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und die Deutsche Volksunion (DVU), ihre wahren Ziele vielfach hinter der Verfolgung tagespolitischer Forderungen zu verbergen. Gewalt zur Durchsetzungihrer politischen Ziele lehnen sie verbal ab. Dagegen fordern Neonazis schon seit Jahren offen zur Gewaltanwendung auf. In letzter Zeit richtet sich diese überwiegend gegen Ausländer und deren Unterkünfte. Das heräusrfagende gemeinsame Merkmal aller rechtsextremistischen Bestrebungen ist der Rassismus, der im Neonazismus und in der Skinhead-Bewegung am stärksten artikuliert wird. Hier kommt die rechtsextremistische Ideologie von der angeblichen Ungleichheit der Menschen und der angeblich unterschiedlichen "Wertigkeit" der einzelnen Menschenrassen zum Vorschein. Neben Juden sind Ausländer, vor allem Türken, von dieser Aggression betroffen. Gegenwärtig steht die rassistisch begründete allgemeine Ausländerfeindlichkeit im Vordergrund, während der Antisemitismus dahinter zurücktritt. Rechtsextremisten orientieren sich dabei an den Kriterien der "Fremdartigkeit" der Ausländer: Je "fremdrassiger" der Ausländer, besonders der Asylbewerber oder Flüchtling nach ihrer Auffassung ist, desto deutlicher wird er als potentielle Gefahr für die deutsche "Volkssubstanz" bzw. "Volksgemeinschaft" hingestellt. Infolgedessen fordern sie, - dem Antisemitismus vergleichbar - die "Entfernung" dieser Ausländergruppen. 2. Militanter Rechtsextremismus Im Berichtszeitraum ist die Zahl der von militanten Rechtsextremisten begangenen Strafund Gewalttaten bundesweit deutlich angestiegen. Daneben ist ferner zu beobachten, daß die Gewalttaten zunehmend brutaler werden und auch Todesopfer zu beklagen sind. Wesensmerkmal rechtsextremistischer Militanz ist das Fehlen fester Organisationsstrukturen, was sich insbesondere darin zeigt, daß die meisten Gewalttaten spontan begangen werden und eine organisierte, von langer Hand vorbereitete Vorgehensweise die Ausnahme darstellt. Bundesweit ist für 1992 von etwa 6.400 militanten Rechtsextremisten auszugehen; davon entfallen auf die neuen Länder 3.800 und auf Sachsen-Anhalt 800. Nach neueren Erkenntnissen dürften aber in Sachsen-Anhalt für 1993 etwa 1.200 Personen als rechtsextremistische Gewalttäter einzustufen sein. Eine Trennung in Skinheads, Neonazis und sonstige gewalttätige Rechtsextremisten ist nicht möglich, weil nur selten feste Gruppenstrukturen bestehen und das äußere Erscheinungsbild der Gewalttäter nicht mehr so differenziert ist wie noch vor zwei Jahren. Im übrigen sind die Übergängefließend. 2.1 Erscheinungsformen Bei militanten Rechtsextremisten ist zu unterscheiden zwischen Skinheads einerseits und sonstigen Gewalttätern andererseits. 2.1.1 Skinheads Skinheadstreten im politischen Extremismus zunehmend in den Vordergrund. Sie bilden lose Personenzusammenschlüsse. Verbindende Elemente sind - bisher einzigartig im politischen Extremismus - ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild, das jugendliche Alter und eine meist durch soziale Konflikte und beruflichen Mißerfolg verursachte Orientierungslosigkeit. Insbesondere letztere führt zur Ausbildung eines Feindbildes: "Die Fremden" werden als die an ihrem Schicksal Schuldigen angesehen und deshalb zur Zielscheibe ihrer Unzufriedenheit erklärt. Ihre Fremdenfeindlichkeit bildet den Ausgangspunkt der politischen Polarisierung und der Übernahme nationalsozialistischer Gedanken und Ausdrucksformen, die in aktuellen Parolen wie "Deutschland den Deutschen", "Nieder mit allem Fremden" sowie in den Songs ihrer Musik und in zahlreichen Skinhead-Magazinen (sogenannten Fanzines) am deutlichsten sichtbar werden. Während sich die Hinwendung der - in ihrem Ursprung eher unpolitischen - Skinheads zum rechtsextremistischen Gedankengut in den alten Bundesländern erst seit einigen Jahren allmählich vollzieht, ist die neonationalsozialistische Einstellung bei den Skins in den neuen Bundesländern stärker ausgebildet. Schon zu DDR-Zeiten haben sich ostdeutsche Skins oft als nationalsozialistische Opposition gegen den kommunistischen Apparat verstanden. Ihre Ziele verfechten die Skinheads nicht im politischen Meinungskampf, soridern in gewalttätigen Aktionen gegen Asylbewerberinsbesondere Andersfarbige und Ausländer aus osteuropäischen Staaten - aber auch gegen "linksorientierte" Deutsche, Homosexuelle, Prostituierte und Stadtstreicher wegen ihres angeblich undeutschen Wesens. Diese Gewaltgeneigtheit spiegelt sich auch schon im eigenen Szenejargon wider: Skins sprechen davon, daß "Türken plattgemacht" oder "Fidschis geklatscht" werden. Bei Angriffen gegen die "Linken" (Anarchos, Autonome, Punks usw.) treten Skins mit Parolen wie "Rotfront verrecke" auf. Skinhead-Magazine enthalten Hetzparolen gegen Juden, Asylbewerber werden hierin als "Asylantenpack" oder "Ausländische Schmarotzer" bezeichnet. 5 Gewaltmotivierend und zugleich integrierend wirkt die szeneeigene Musik, die im Hardrockstil zu rechtsextremistischen Liedertexten gespielt wird. Konzertveranstaltungen von Skin-Bands bieten die bedeutendsten Gelegenheiten für überregionale Zusammenkünfte von Skinheads. Bei Skin-Konzerten wird die Stimmung nicht selten durch die Lieder und die besondere Art des Auftretens der Bands (zum Beispiel: "Sieg-Heil"-Rufe, "Hitlergruß") sowie durch erheblichen Alkoholkonsum so aufgeheizt, daß sie schnell in gewalttätige Aktionen umschlägt. Skin-Musik wirkte beispielsweise gewaltmotivierend bei dem Brandanschlag auf ein Ausländerheim in Hünxe (NordrheinWestfalen) im Oktober 1991, bei dem zwei libanesische Kinder lebensgefährlich verletzt wurden. Die Täter gaben bei ihrer Vernehmung an, vor der Tat gemeinsam Skinhead-Musik gehört zu haben, die sie in Stimmung gebracht habe. Die besondere Gefährlichkeit gewaltgeneigter Skinheads liegt vor allem darin begründet, daß sie sich spontan und zumeist nach Alkoholexzessen zu Gewalttaten entschließen, die dann in zufälliger Zusammensetzung ("Wer Lust hat") begangen werden. 2.1.2 Andere militante Rechtsextremisten Nach bisherigen Erkenntnissen handelt es sich bei den sonstigen militanten Rechtsextremisten überwiegend um Einzeltäter, die sich aus dumpfem Ausländerhaß aus dem Augenblick heraus zu einer Gewalttat hinreißen ließen. Eine Zuordnung zu rechtsextremistischen Strukturen ist nicht möglich. 2.2 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Feste organisatorische Strukturen militanter Rechtsextremisten sind in Sachsen-Anhalt nicht bekanntgeworden. Vereinzelte organisierte Aktivitäten gingen vorrangig von der aus Magdeburg stammenden SkinBand "Elbsturm" aus. Die Texte ihrer Lieder offenbaren neonazistischen Rassismus und Nationalismus und rufen offen zur Gewalt auf. 6 Zusammen mit anderen Skin-Bands nahm "Elbsturm" am 03. und 04. April 1993 an einem Skin-Konzert in Birkholz (Landkreis Stendal) teil, zu dem 450 Rechtsextremisten anreisten. Dort traten neben "Elbsturm" folgende Gruppen auf: "Proisensoie" aus Berlin, "Macht und Ehre" aus Berlin, "Boots Brothers" aus Delmenhorst und "Oistar Propper" aus Leipzig. 2.2.1 Übersicht über die Strafund Gewalttaten In der Zeit vom 1. August 1992 bis 30. April 1993 wurden 272 Straftaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation erfaßt, davon 189 Gewalttaten und 83 sonstige Straftaten. Von den 189 Gewalttaten waren 163 fremdenfeindlich motiviert (86,24%). Diese können wie folgt zugeordnet werden (siehe auch die Übersicht auf Seite 8): Körperverletzung 26 16% Brandstiftung 43 26% Landfriedensbruch 30 18 % Sachbeschädigung 64 40% 163 100% Die fremdenfeindlichen Gewalttaten verteilen sich auf den Berichtszeitraum wie folgt: August 1992 25 15,44 % September 50 30,86 % Oktober 18 10,49 % November 25 15,44 % Dezember 15 926% 133 81,49% Januar 1993 11 6,79% Februar 7 4,32% März 3 1,85 % April 9 5,55% 30 18,51 % a) Gewaltdelikt mit Todesfolge Im Berichtszeitraum! wurde ein Gewaltdelikt mit Todesfolge begangen, das der Skinhead-Szene zuzuordnenist. - Etwa 40 bis 50 vermummte Skinheads aus Bad Lauchstädt und Halle drangen in der Nacht vom 24. auf den 25. April 1993 in eine Diskothek in Obhausen ein. Einige von ihnen schlugen mit Baseballschlägern auf drei Gäste ein. Eines dieser Opfer erlag zwei Tage später seinen schweren Schädeiverletzungen. Die Polizei konnte mehrere Tatverdächtige festnehmen, von denen einer nachweislich mehrfach auf das Opfer eingeschlagen hatte. b) Angriffe gegen Asylbewerberheime Die fremdenfeindlichen Übergriffe in Rostock (22. - 25.08.1992) wirkten auch in Sachsen-Anhalt mobilisierend auf das weitgehend rechtsextremistische Gewaltpotential und führten zu einem deutlichen Anstieg von Gewalttaten gegen Asylbewerberheime. Sofern sich aus der Sicht der Rechtsextremisten ein "lohnendes" Angriffsziel herauskri-- -stallisierte, reisten rechtsextremistische Gewalttäter aus anderen Orten des Landes (teilweise auch aus den alten Bundesländern) an, um ihre Gesinnungsgenossen vor Ort ! Bereits vor dem Berichtszeitraum war im Mai 1992 der von Skinheads verursachte Tod des Torsten LAMPRECHT im Lokal "Elbterrassen" in Magdeburg zu beklagen. Die Tater wurden zwischenzeitlich vom Landgericht Magdeburg zum Teil wegen versuchten Totschlags verurteilt. OKörpevrletzunBgLadireOSnscbhrueschikdgun Apbi1A9ugsru32ilt Bi 20181814 2- uMfmiGremodwtinavfel tdiocehnr 1Bran0dstif-ung . '- 9 zu unterstützen. Dies führte mitunter zu tagelangen Angriffen auf Asylbewerberunterkünfte und Auseinandersetzungen mit der Polizei in einem bislang nicht gekannten Ausmaß an Brutalität, so beispielsweise bei den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Stendal und Quedlinburg. Folgende Gewalttaten sind hervorzuheben: Stendal 27. - 30.08.1992 Am 27. August randalieren rund 40 jugendliche Gewalttäter vor einem Asylbewerberheim. Sie rufen ausländerfeindliche Parolen und richten hohen Sachschaden an. Die Polizei verhindert Auseinandersetzungen mit Jugendlichen, die versuchen, die Eingänge des Heimes zu schützen. In den beiden Folgenächten werden insgesamt 39 Randalierer festgenommen. Bei ihnen werden unter anderem Baseballschläger und Molotowcocktails sichergestellt. Quedlinburg 07. - 13.09.1992 In Quedlinburg wird ein Asylbewerberheim zwischen dem 07. und 09. September 1992 von zahlreichen Gewalttätern mehrmals mit Brandflaschen und Steinen angegriffen. In den darauffolgenden Tagen richten sich die Gewalttaten vornehmlich gegen die Polizei und Gegendemonstranten, die sich als Mahnwache vor der Unterkunft aufhalten. Thale 17.10.1992 In Thale dringen am 17. Oktober 1992 13 Täter in ein _Asylbewerberheim ein und begehen umfangreiche Sachbeschädigungen. Die in der Unterkunft wohnenden Vietnamesen werden mit Gasdruckpistolen beschossen und dann mit Schlägen und Tritten durch das Haus getrieben. Außerdem werden drei vietnamesische Frauen sexuell genötigt. Eine Vergewaltigung Kann nur durch eintreffende Polizei verhindert werden. 10 c) Sonstige Gewalttaten Halle 22.02.1993 Sechs Skinheads versperren am 22. Februar 1993 in der Unterführung des Hauptbahnhofes in Halle einem amerikanischen Journalisten den Weg. Da er der deutschen Sprache nicht mächtig ist und dadurch als Ausländer erkannt wird, springt ihm einer der Skinheads in den Rücken, schlägt brutal zu undtritt ihm ins Gesicht. Magdeburg 03.04.1993 Sechs Skinheads überfallen am 3. April 1993 in Magdeburg drei Medizinstudenten: einen Kameruner, einen Norweger und eine Kölnerin. Mit gezückten Messern wenden sich die Skinheads gegen den Kameruner. Als die Kölnerin sie auffordert, friedlich zu bleiben, wird sie zusammengeschlagen und schwer verletzt. d) Örtliche Schwerpunkte der Taten In folgenden Orten ereigneten sich mehr als fünf fremdenfeindliche Gewalttaten : Halberstadt 1 Weißenfels S0iIn-J30 Magdeburg Halle Oschersleben - Quedlinburg Altersstruktur der mutmaßlichen Gewalttäter In der Zeit vom 1. August 1992 bis zum 30. April 1993 sind 644 Personen als mutmaßliche Täter oder Tatbeteiligte erfaßt worden. Ihre Altersstruktur ergibt folgendes Bild (siehe auch die Graphik auf der folgenden Seite ): J1Da6h-1rJme7a8h-2Jrme0a1h-2JDre4a25h-r2e9 1,5% 2|J[71a,34h0%re+ T6Avalter4osdätcnhukiger: 91,853% 12 16 - 17 Jahre 176 27,35% 18 - 20 Jahre 279 43,34% 21 - 24 Jahre 118 18,32% 25 - 29 Jahre 61 9,47% 30 Jahre und älter 10 1,52% 644 100% Der Anteil der Heranwachsenden und Jugendlichen beträgt damit über 70% . 2.2.2 Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Rechtsund Linksextremisten Mit der Eskalation fremdenfeindlicher Gewalttaten verschärft sich auch der "antifaschistische Kampf" der militant-autonomen Linksextremisten und damit die Konfrontation beider Lager. Während der "Kampf gegen Rechts" für Linksextremisten, insbesondere für die Autonomen, seit Jahren zum festen Bestandteil ihrer Aktivitäten gehört, ist die gewalttätige Formierung von Neonazis als "Anti-Antifa" gegen Linksextremisten relativ neu. Die Praxis der Linksextremisten, die Personendaten von "Faschos" zusammenzutragen und zu veröffentlichen, wird mittlerweile von Neonazigruppen auch den "linken Zecken" gegenüber angewendet. Damit hat sich die Gefahr gegenseitiger Angriffe erheblich gesteigert. Von den 189 erfaßten Gewalttaten richteten sich 25 (13,22 %) gegen "Linke". Die bisher bekanntgewordenen Angriffe gegen politische Gegnerverteilen sich dabei im wesentlichen auf folgende Orte: Klötze 6 Eisleben 4 Halle 3 Wernigerode 3 2.2.3 Antisemitische Vorfälle Im Berichtszeitraum sind in Sachsen-Anhalt fünf derartige Vorfälle bekanntgeworden: 13 Köthen 06. - 09.11.1992 Auf dem jüdischen Friedhof in Köthen werden in der Zeit vom 6. bis zum 9. November 1992 Grabsteine durch Aufmalen von Hakenkreuzen, SS-Runen und Parolen wie "Sieg Heil" und "Juda verrecke" geschändet. Schönebeck 09.11.1992 In der Jüdischen Gemeinde in Schönebeck gehen am 9. November 1992 mehrere Drohanrufe ein, weil ein öffentlicher Platz, der vor 1945 den Namen "A. Hitler" getragen hatte, den Namen einer ermordeten jüdischen Familie erhalten soll. Halle 09./10.11.1992 In der Nacht der 54. Wiederkehr der Reichspogromnacht werden im Stadtgebiet von Halle mehrere antisemitische Farbschmierereien begangen. Helbra 22.11.1992 In Helbra werden am 22. November 1992 zwei Pkw jüdischer Übersiedler durch Einritzen von Hakenkreuzen in den Lack der Fahrzeuge beschädigt. Osternienburg, 07.12.1992 Am 7. Dezember 1992 werden in Östernienburg an einer Mauer entlang der B 183 Schmierereien wie "Juden raus" entdeckt. 2.2.4 Kein Rechtsterrorismus in Sachsen-Anhalt Die Auswertung der bisher bekanntgewordenen Gewalttaten militanter Rechtsextremisten hat zu dem Ergebnis geführt, daß diese keinen rechtsterroristischen Hintergrund hatten. Nach den Regeln des Strafrechts macht sich derjenige der Bildung einer terroristischen Vereinigung gemäß $ 129 a Absatz I StGB: strafbar, der eine Vereinigung gründet odersich an ihr als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung der im Gesetz aufgeführten Katalogstraftaten (schwerste Straftaten) gerichtet ist. Zur ? Gesetzestext im Anhang 14 Ausfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale sind von der höchstrichterlichen Rechtsprechung verschiedene Kriterien verbindlich festgelegt worden, deren Vorliegen bei den ermittelten Gewalttaten militanter Rechtsextremisten bislang noch nicht nachgewiesen werden Konnte. Zum einen konnte bei den bekanntgewordenen Gewalttätergruppen der zur Annahme einer terroristischen Vereinigung erforderliche Organisationsgrad nicht festgestellt werden. Zum anderen fehlte es in sämtlichen der bekanntgewordenen Fälle den "Gemeinschaften" nach dem bisherigen Erkenntnisstand bereits an einem auf gewisse Dauer angelegten und zu einern gemeinsarnen Zweck erfolgten Zusammenschluß mit fester Zusammengehörigkeit der Tatbeteiligten. Schließlich konnte auch nicht festgestellt werden, daß sich die Tatbeteiligten verbindlichen Regeln über die Willensbildung unterworfen hatten. Aus diesen Gründen können auch nicht solche gemeinschaftlichen Überfälle, wie der von Skinheads auf das Lokal "Elbterrassen" in Magdeburg mit einem Todesopfer (siehe Seite 7), als Taten einer terroristischen Vereinigung angesehen werden, da es sich hierbei um eine "Spontan-Tat" ("Wer Lust hat") handelte. Zwar hatte es in diesem Fall eine vorherige Verabredung gegeben, jedoch war es dem Augenblick und dem Zufall überlassen, wer sich wie daran beteiligen wollte. Die Erfahrungen aus dem Bundesgebiet, daß die Gewalttaten von Rechtsextremisten fast sämtlich von Einzelpersonen oder Zufallsgemeinschaften begangen wurden, werden damit auch in Sachsen-Anhalt bestätigt. 15 3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands ( NPD ) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Obwohl die NPD in ihrem Parteiprogramm betont, sie trete für die freiheitliche demokratische Grundordnung ein, lehnt sie wesentliche Prinzipien dieser Grundordnung ab. Trotz ihres Lippenbekenntnisses zum Grundgesetz strebt die NPD in Wirklichkeit einen Volksstaat mit einer von völkisch-kollektivistischen Strukturen bestimmten Volksgemeinschaft an, in dem die Interessen des Volksganzen und des Volkswohles Vorrang vor den Freiheitsrechten des einzelnen haben. Damit knüpft sie an ein Leitbild an, das wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war. In ihren Propagandaschriften, zu denen maßgeblich die Parteizeitung "Deutsche Stimme" zählt, agitiert die NPD gegen Ausländer, insbesondere gegen Asylbewerber. Ferner klingen in den Veröffentlichungen der Partei rassistische und übersteigerte nationalistische Zielsetzungen und Denkweisen an. Diese versucht die NPD unter Berufung auf "die Vielfalt des Lebens und seiner Erscheinungen" zu rechtfertigen. Sie sieht sich als Gegnerin des "längst überholten Dogmas der vorgeblichen Gleichheit aller Menschen". Diese Grundeinstellung beruht auf dem vermeintlich "lebensrichtigen Menschenund Weltbild der Ungleichheit". 3.2 Organisation Die NPD wurde am 28. November 1964 in Hannover mit dem Ziel gegründet, die rechte Opposition in einer neuen Partei zu sammeln und in die bundesdeutschen Parlamente zu bringen. Heute hat die Partei ihren Sitz in Stuttgart. Der Sitz ihres Landesverbandes Sachsen-Anhalt ist Magdeburg. Bundesweit mußte die NPD einen Mitgliederschwund hinnehmen. So hatte die Partei am Ende des Jahres 1992 noch rund 5.100 Mitglieder gegenüber 6.100 im Vorjahr. Ähnlich erging esihr in Sachsen-Anhalt. Nach anfänglichen Erfolgen und Mitgliederzuwächsen überwiegen 16 derzeit die Parteiaustritte. Der NPD-Landesverband Sachsen-Anhalt gehören heute noch etwa 110 Mitglieder an. Die Partei verfügt derzeit über 15 Landesverbände, die je nach Mitgliederstärke in Bezirks-, Kreisund Ortsverbände untergliedert sind. Seit der Gründung des NPD-Landesverbandes Sachsen-Anhalt konnten mindestens neun Kreisverbände gegründet werden und zwar in Halle, Naumburg, Halberstadt, Eisleben, Magdeburg, Salzwedel, Bad Kösen sowie zuletzt in Sangerhausen und Aschersleben. Für den beabsichtigten Aufbau weiterer Kreisverbände fehlen der NPD die finanziellen Mittel. 3.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Beim ersten ordentlichen Landesparteitag des NPD-Landesverbandes Sachsen-Anhalt am 25. Oktober 1992 in Kleineichstädt (Landkreis Querfurt) wurde der Student Waldemar MAIER aus Bad Kösen zum Landesvorsitzenden gewählt. An dieser Veranstaltung nahmen etwa 70 Personen teil, die jedoch nicht alle stimmberechtigt waren. Mit etwa 100 Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet - auch aus Sachsen-Anhalt - und zahlreichen Fahnen war die NPD, ebenso wie verschiedene Neonazi-Organisationen, am 15. August 1992 beim "Rudolf-HESS-Gedenkmarsch": im thüringischen Rudolstadt vertreten. In der Zeit vom 14. bis 28. November 1992 unternahm der rechtsextremistische Liedermacher Frank RENNICKEauf Einladung der NPD eine Auftrittsreise durch Sachsen-Anhalt. In regelmäßigen Zeitabständen führt die NPD in Sachsen-Anhalt sogenannte "Nationale Stammtische" durch. Gäste dieser Stammtische waren bisher Frank RENNICKE und der Bundesvorsitzende Günter DECKERT.Ziel dieser Veranstaltungen ist es, die Partei in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und neue Mitglieder zu werben. PRechtsextremisten. speziell Neonazis. nutzen seit 1988 den Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf HESS (IT. August 1987) zu Gedenkmärschen und Zusammenkuünften an dessen Grabstätte in Wunsiedel/Bayern. 17 3.4 Junge Nationaldemokraten (JN) Die IN sind als Jugendorganisation der NPD zur aktiven Mitarbeit in deren Gremien verpflichtet. Sie bekennen sich zwar zur Ideologie, zur Zielsetzung und zum Programm der Mutterpartei, artikulieren und verhalten sich aber in der Öffentlichkeit wesentlich aggressiver. Die Mitgliederzahlen sind bundesweit rückläufig. Auf Bundesebene konnten Ende 1992 noch 200 Mitglieder (1991: 550) registriert werden. In Sachsen-Anhalt ist es den JN bisher kaum gelungen, Fuß zu fassen. Sie sind neben der Mutterpartei lediglich im November 1992 als Veranstalter der Auftrittsreise des rechtsextremistischen Liedermachers Frank RENNICKE in Erscheinung getreten. 4. Deutsche Volksunion (DVU) 4.1 Ideologisch-politischer Standort Das Programm der DVU ist wie bei anderen extremistischen Parteien bewußt allgemein und zurückhaltend formuliert, um verfassungsfeindliche Ziele und Ansätze möglichst zu verschleiern. Die DVU hat sich das Ziel gesetzt, den "Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm zu wenden". Ihr "ganzes Streben gilt der Durchsetzung von Recht und Freiheit für das deutsche Volk und Vaterland, eines gleichen Rechts für alle Deutschen" . Ferner verbreitet die DVU Schlagworte wie "Deutschland soll deutsch bleiben", "Deutschland zuerst" und "Gleichberechtigung für das deutsche Volk". Sie setzt sich dafür ein, den Ausländeranteil zu begrenzen, den "zunehmenden Ausländerzustrom" in das Bundesgebiet zu stoppen und die "Zuweisung von Kollektivschuld und Kollektivverantwortung an die Deutschen" einzustellen. Diese und ähnliche deutsch-nationale Parolen werden begleitet von ausländerfeindlicher Agitation verschiedener DVU-Funktionäre. Ihre großflächige Verbreitung erfolgt durch die vom Parteigründer und Bundesvorsitzenden Dr. FREY als Verleger herausgegebenen Wochenzeitungen "Deutsche Wochenzeitung/Deutscher Anzeiger" und "Deutsche Nationalzeitung" mit einer Gesamtauflage von 86.000 Exemplaren. Die herabsetzende Art und Weise, in der gegen Asylbe- 18 werber gehetzt wird, insbesondere der diskriminierende Unterton, ist als Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde zu werten. Die Tatsache, daß das Grundrecht auf Asyl nach Artikel 16 Absatz 1 Grundgesetz teilweise auch von Menschen in Anspruch genommen wird, die aus wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind, wird von der DVU zum Anlaß genommen, die hier lebenden Ausländer in ihrer Gesamtheit durch eine übertriebene Darstellung und verzerrende Wertung der tatsächlichen Verhältnisse pauschal als Schmarotzer hinzustellen. Neben diesen primitiven ausländerfeindlichen Angriffen wird auch heftig gegen die in Deutschland lebenden Juden und ihre Repräsentanten agitiert. Die Politik des Staates Israel ist hierbei ständige Ziel publizistischer Attacken des Dr. FREY. Diese sind geprägt durch eine unverkennbare Parteinahme für die arabischen Nachbarn sowie das einseitige negative Herausstellen israelischer Verhaltensweisen in kriegerischen Auseinandersetzungen. Einen besonderen Stellenwert in den Publikationen des Dr. FREY nimmt außerdem die Verharmlosung der Verbrechen des Dritten Reiches ein. Ob es dabei um die Judenverfolgung oder die Schuld am Ausbruch des 2. Weltkrieges geht, immer relativiert Dr. FREY diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Gegenüberstellung und Aufrechnung mit den Verbrechen anderer kriegsführender Völker. Angriffsziel der DVU sind auch die Repräsentanten und Institutionen des demokratischen Rechtsstaates. Die in den Publikationen und Reden der DVU geführten Angriffe zeichnen sich durch erhebliche Begründungsdefizite und unsachliche Kritik, insbesondere durch drastische Formulierungen aus. Beispielsweise wirft die DVU den Abgeordneten vor, den Staat als "Selbstbedienungsladen" zu betrachten und seine "Ausplünderung" zu betreiben. Ausgewählten Repräsentanten, wie dem Bundespräsidenten, wird sogar die Fähigkeit und die Absicht abgesprochen, im Interesse Deutschlands zu handeln. Dem Führerprinzip der NSDAP folgend richtet Dr. FREY die DVU zentralistisch ganz auf seine Person aus. Mit seinem diktatorischen Führungsstil erstickt Dr. FREY jeden Ansatz von Demokratie in "seiner" Partei im Keim. Auch den Bundesvorstand dominiert er, bei 19 dem formell die Beitragshoheit für Mitgliedsbeiträge liegt. Die Landesverbände haben keinerlei Mitwirkungsrechte an der Verteilung des Beitragsaufkommens. Die DVU verstößt damit gegen Artikel 21 Abs. 1 S. 3 Grundgesetz, der besagt, daß die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen muß. 4.2 Organisation Die DVU wurde am 5. März 1987 in München von Dr. FREY gegründet. Sie hat bundesweit rund 26.000 (1991: 24.000) Mitglieder, davon etwa 100 in Sachsen-Anhalt: . Die DVU verfügt in allen Bundesländern über Landesverbände. Der Landesverband Sachsen-Anhalt wurde am 6. Oktober 1991 in Magdeburg gegründet. Seitdem ist die Lage der DVU in Sachsen-Anhalt gekennzeichnet durch ständige Auseinandersetzungen undStreitigkeiten zwischen dem Bundesvorsitzenden und dem Landesvorstand. So kam es seither zu mehreren Parteiausschlüssen, Amtsenthebungen und Rücktritten innerhalb des Landesvorstandes. 4.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Am 10. Oktober 1992 fand in Halle der erste Landesparteitag der DVUstatt. Die Einberufung des Parteitages war notwendig geworden, nachdem wegen eigenmächtiger und diktatorischer Entscheidungen des Bundesvorsitzenden fast der gesamte Landesvorstand zurückgetreten war. Ein wesentlicher Bestandteil des von etwa 100 Personen besuchten Parteitages war die Rede des Bundesvorsitzenden Dr. FREY, die.schwerpunktmäßig die aus seinen Wochenzeitungen bekannten Themen Asylpolitik, Ausländerkriminalität und Europapolitik behandelte. Beim Tagesordnungspunkt "Wahl des Landesvorstandes" offenbarte Dr. FREY seine Einstellung zu innerparteilicher Demokratie und seine Fähigkeit, seine Vormachtstellung innerhalb der Partei auszunutzen. So überraschte er den Parteitag mit einer vorgefertigten Kandidatenliste. Diese brachte er als Wahlvorschlag sofort zur Abstimmung, ohne den Parteitagsmitgliedern die Möglichkeit einzuräumen, eigene Kandidaten zu benennen. Aufgrund seiner 4 Dr. FREY nennt höhere Mitgliederzahlen 20 Wahlvorschläge wurde der Apotheker Dr. Dieter HAUBRICH aus Mühlhausen in Thüringen zum Landesvorsitzenden des Landesverbandes Sachsen-Anhalt gewählt. Dieser zeigte sich später von seiner Wahl überrascht, da er über seine Nominierung vorher nicht informiert worden war. 5. Deutsche Liga für Volk und Heimat (DL) 5.1 Ideologisch-politischer Standort Das bewußt zurückhaltend formulierte Parteiprogramm enthält Anhaltspunkte für eine nationalistische, rassistische und völkisch-kollektivistische Grundhaltung. So lehnt die DL "Gleichmacherei, Überfremdung und Bevormundung" ab, bekennt sich zur Völkervielfalt und betont die "Eingebundenheit des Menschen in Volk und Heimat" sowie die "Unterschiedlichkeit der Menschen und Nationen". Nach Auffassung der DL hat der Staat die Freiheit des einzelnen dort zu begrenzen, wo "die Rechte anderer und der Bestand der Gemeinschaft gefährdet sind". Der zunehmende Mangel an Wertvorstellungen und moralischen Grundsätzen verursache Schäden am "Gemeinschaftsbewußtsein". Außerdem fordert die DL eine wahrheitsgemäße Geschichtsschreibung, die sich nicht für "Kollektivschuldthesen und andere politische Manipulationen mißbrauchen" lasse sowie eine Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung, die nicht zur "politischen Erpressung" führen dürfe. 5.2 Organisation Die DL ist im Jahre 1991 aus dem Verein "Deutsche Allianz - Vereinigte Rechte" hervorgegangen. Sie wurde am 3. Oktober 1991 aufeinem Gründungskongreß in Villingen-Schwenningen (SchwarzwaldBaar-Kreis) konstituiert. Dort wurden der Europaabgeordnete und bekannte Rechtsextremist Harald NEUBAUER (ehemaliger DVUund NPD-Funktionär), der ehemalige stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Jürgen SCHÜTZINGERsowie Rudolf KENDZIA (ehemaliger 21 NPD-Funktionär) zu gleichberechtigten Bundesvorsitzenden gewählt. Dem Vorstand gehören weitere ehemals führende Repräsentanten von rechtsextremistischen Gruppierungen, unter anderem aus der NPD, an. Im Januar 1993 ist der Landesverband Sachsen-Anhalt der DL in Halle gegründet worden. Der organisatorische Aufbau der Partei in Sachsen-Anhalt ist derzeit nicht besonders ausgeprägt. So verfügt die Partei nur über zwei Kreisverbände im Raum Halle. Als Landesvorsitzender wurde Andreas MERKELaus Halle eingesetzt. Die DL verfügt in Sachsen-Anhalt über etwa 80 Mitglieder, bundesweit hat sie rund 800 Mitglieder. 5.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Aktivitäten der Deutschen Liga in Sachsen-Anhalt sind bisher nicht festgestellt worden. 6. Neonazistische Organisationen 6.1 Ideologisch-politischer Standort Der Neonazismus (neuer Nationalsozialismus) umfaßt alle Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus ablegen und auf die Errichtung eines vom Führerprinzip bestimmten autoritären oder totalitären Staates gerichtet sind. Neonazigruppen fallen besonders durch ihre hemmungslose Agitation auf, die eindeutig gegen die vom Grundgesetz garantierte Menschenwürde, das Demokratieprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Sie propagieren Bestrebungen zur Wiedereinführung des NS-Systems, unverhohlenen Antisemitismus und sonstigen Rassismus, die Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen sowie die Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitler-Diktatur. Teilweise ist auch eine Orientierung an der nationalrevolutionären Frühform des Nationalsozialismus zu beobachten. Eine geistige Durchdringung der 22 eigenen Ziele und Methoden findet kaum statt. Die Auseinandersetzung mit den bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen beschränkt sich meist auf die kritiklose Übernahme von Parolen der ehemaligen NSDAP. Aber auch Gewalt wird emotional bejaht und angewendet. In neonazistischen Aktivitäten sind häufig auch militante Rechtsextremisten, vor allem Skinheads, eingebunden. An einer Mitgliedschaft und Mitarbeit in Neonazi-Parteien sowie - Organisationen zeigt die Skinheadszene jedoch keinInteresse. Da von der stark ausgeprägten Gewaltbereitschaft neonazistischer Gruppierungen eine Gefährdung der inneren Sicherheit ausgeht, hat der Bundesinnenminister drei neonazistische Organisationen verboten: - am 27. November 1992 die "Nationalistische Front" (NF) - am 10. Dezember 1992 die "Deutsche Alternative" (DA) und - am 22. Dezember 1992 die "Nationale Offensive" (NO). 6.2 Organisation Die Zahl der Neonazis im Bundesgebiet ist gegenüber dem Vorjahr von rund 2.100 auf 1.400 gesunken. Etwa 90 % von ihnen sind den neonazistischen Organisationen als Mitglieder zuzurechnen. 6.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt In Sachsen-Anhalt übersteigt die Zahl der unorganisierten "Einzelgänger" bei weitem die Zahl der Mitglieder der neonazistischen Organisationen (landesweit weniger als 20). Bisher ist es noch keiner neonazistischen Gruppierung gelungen, in Sachsen-Anhalt Organisationsstrukturen aufzubauen. Die 1979 gegründete "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) versucht derzeit, sich in Sachsen-Anhalt zu organisieren. Aus diesem Grunde führte sie am 26. Februar 1993 eine Propagandaveranstaltung in Wernigerode durch. An diesem Treffen haben etwa 60 Mitglieder und Sympathisanten - größtenteils aus Niedersachsen - teilgenommen. Ziel der FAP ist es, mit solchen Veranstaltungen öffentlich auf sich 23 aufmerksam zu machen und dadurch Mitglieder in Sachsen-Anhalt zu gewinnen. Im Zusammenhang mit dem Verbot der Nationalistischen Front (NF) kam es in Sachsen-Anhalt zur Durchsuchung einiger weniger Wohnungen, in denen neonazistisches Propagandamaterial gefunden wurde. 24 I. Partei "Die Republikaner" (REP) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder stimmten am 15. Dezember 1992 darin überein, daß bei der Partei "Die Republikaner" tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen. Das Bundesministerium des Innern hat deshalb einer Beobachtung dieser Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz zugestimmt. Die Verfassungsschutzbehörden der Länder vereinbarten daraufhin, über die Partei "Die Republikaner" gezielt Informationen zu beschaffen und auszuwerten, um den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen verifizieren oder ausschließen zu können. 1. Ideologisch-politischer Standort Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen zeigen sich unter anderem in einer nationalistischen und betont feindseligen Haltung gegenüber Ausländern, insbesondere Asylbewerbern. Dies beweisen Flugschriften einzelner regionaler Gliederungen der REP wie "Das neue Deutschlandlied", "Ausländer rein", "Die Zigeuner kommen" oder "Zeit für neue Zeichen". Sie erzeugen bei der deutschen Bevölkerung Ängste mit dem Ziel, bei dieser rassistisch motivierte Abwehrreaktionen zu schüren. Nach wie vor sind starke Elemente des Kollektivismus kennzeichnend für das Parteiprogramm 1990, in dem die "Republikaner" das Volksganze gegenüber dem Individuum deutlich in den Vordergrund stellen, und ein auf die Begriffe "Volk", "Nation" und "Staat" fixiertes Denken dominiert. Durchgängig werden die Gemeinschaft und die Rechte des Volksganzen erwähnt, wenn von Freiheitsrechten die Rede ist. Das "Menschenund Gesellschaftsbild"" des Programms beruht "auf der schöpfungsgegebenen Vielfalt von Völkern und Stämmen, von Staaten und Nationen". Dagegen werdendie zentrale Stellungje- 25 des einzelnen Menschen und die Rechte des Individuums, die Grundlage des Menschenbildes im Grundgesetz sind, nicht erwähnt. 2. Organisation Die Partei "Die Republikaner" wurde 1983 in Bayern gegründet. Bundesvorsitzender ist derzeit der Journalist Franz SCHÖNHUBER. 3. Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Die REP haben in Sachsen-Anhalt einen Landesverband und mehrere Kreisverbände aufgebaut. Die Mitgliederzahl beträgt derzeit mehr als 500 Personen. Damit ist diese Partei größer als sämtliche rechtsextremistischen Parteien in Sachsen-Anhalt zusammen. Als Landesvorsitzender fungierte bis vor kurzem Dr. Ekkehard BIRKHOLZaus Frose (Landkreis Aschersleben). Nach seinem plötzlichen Rücktritt übernahm die Bundesschriftführerin Martina ROSENBERGERaus Bayern kommissarisch den Landesvorstand. Mit den jüngsten Übertritten sind der Bundestagsabgeordnete Dr. Rudolf KRAUSE aus Bonese sowie der in der Quedlinburger Stadtverordnetenversammlung und im Kreistag vertretene Heinz-Otto HOHMANN die ersten sachsen-anhaltischen Mandatsträger der Republikaner ohne entsprechenden Wählerauftrag. 26 III. Linksextremismus 1. Allgemeines Der Linksextremismus wird durch zwei Geistesströmungen repräsentiert, den Marxismus(-Leninismus) und den Anarchismus. Die Propagierung der sozialistischen Revolution und der Diktatur des Proletariats des Marxismus-Leninismus sowie ihre Anwendungen in der Praxis verstoßen vor allem gegen das vom Grundgesetz garantierte Mehrparteienprinzip, die Prinzipien der Gewaltenteilung, der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der Unabhängigkeit der Gerichte sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Grundgedanke des Anarchismus ist die freie herrschaftslose Gesellschaft. Da diese "Staatsform" keine rechtlichen Schranken kennt, gilt in einem solchen Gemeinwesen zwangsläufig das Recht des Stärkeren. Diese Verhältnisse führen notwendigerweise zu einer Gewaltund Willkürherrschaft unter Ausschluß jeglicher rechtsstaatlichen Herrschaftsordnung. Von dem breitgefächerten Spektrum linksextremistischer Gruppen sind in Sachsen-Anhalt nur Autonome, die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) und die Trotzkistische Gruppe "Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD) bekanntgeworden. 2. Autonome 2.1 Ideologisch-politischer Standort Die Autonomen verfügen über keine einheitliche Ideologie. Ihre "Szene" besteht aus einer großen Anzahl uneinheitlicher Gruppenstrukturen, die von einer ständigen personellen Fluktuation geprägt sind. So wenig einheitliche Gruppenstrukturen erkennbar sind, so wenig sind auch übereinstimmende Motivationen und Ziele unter den Autonomen vorhanden. Allerdings sind der Mehrheit der Autonomen einige - bisweilen recht diffuse - Ideen gemeinsam : 27 - die völlige Ablehnung und das Ziel der Beseitigung derstaatlichen Ordnung in jeglicher Form, - das Erstreben der Anarchie, - ein stark ausgeprägter Haß auf die bürgerliche Gesellschaft, ihre Normen und Lebensformen, - die Befürwortung und/oder Anwendung von Gewalt (Militanz). Die Autonomen selbst beschreiben die von ihnen vertretene Politik als - antikapitalistisch, - antiimperialistisch, - antipatriarchalisch und - antirassistisch. 2.2 Aktionsformen Militante Autonome begnügen sich nicht mit legalen Aktionen wie dem Verteilen von Flugblättern und der bloßen Teilnahme an genehmigten Demonstrationen. Sie propagieren vielmehr in ihren Schriften die Anwendung von Gewalt und werden bei Auseinandersetzungen auf der Straße auch regelmäßig gewalttätig. Dabei legen sie weniger Wert auf die Artikulierung und Verbreitung politischer Ziele, sondern vielmehr auf die gewaltsame Konfrontation mit dem Staat. Willkommenen Anlaß bieten Demonstrationen, die sie entweder selber durchführen oder an denen sie teilnehmen. Sie versuchen, StraBenkrawalle aus dem Demonstrationszug heraus mit der Polizei zu provozieren und dabei friedliche Demonstrationsteilnehmer miteinzubeziehen. Es werden aber auch Demonstrationen des politischen Gegners - insbesondere von Rechtsextremisten - gewaltsam angegriffen. Diese Aktionsform wird bei Demonstrationen und Aufmärschen von Rechtsextremen insbesondere deshalb gern gewählt, weil sie sich gegen den politschen Gegner und die Polizei gleichermaßen richtet. Während gegen die Demonstranten gewaltsam vorgegangen wird, veranlassen sie die Polizei, den Demonstrationszug - wozu diese gesetzlich verpflichtet ist - zu schützen, um sie dann als "Beschützer der Faschisten" zu diffamieren. 28 Neben der Gewalt im Zusammenhang mit Demonstrationen, die sich zumeist erst spontan entwickelt, gehen Autonome auch gezielt gegen Sachen und Personen vor. Diese Aktionsform wird gewählt, um besonders ausgesuchte Gegner einzuschüchtern. So werden Autos "abgefackelt", Fensterscheiben eingeschlagen, Sprengsätze gezündet und Anschläge auf Leib und Gesundheit verübt, um die Zielperson für ihre angeblich gesellschaftsschädliche Tätigkeit zu "bestrafen". Solche Bestrafungsaktionen waren ursprünglich "nur" auf die Verletzung des Körpers gerichtet. Jedoch führte im Jahre 1991 eine solche Bestrafungsaktion zum Tode der Zielperson: Am 12. Juni 1991 wurde der Referatsleiter beim Berliner Senator für Bauund Wohnungswesen, Hanno KLEIN, durch eine Briefbombegetötet. Nach dieser Aktion setzte unter den Autonomengruppen eine DisKussion darüber ein, ob auch der politische Mord ein geeignetes Mittel im Kampf gegen das "System" darstelle. Seitdem ist strittig, ob der Anschlag auf das Leben des politischen Gegnersals eine zulässige Aktionsform angesehen werden kann. Für Teile der autonomen Szene muß jede Aktion "begründbar" sein und positive Breitenwirkung erzielen können, d. h. die Gesellschaft von dem Nutzen solcher Bestrafungsaktionen zu überzeugen: Hierzu soll vor einer Aktion geprüft werden, ob durch die Gesamtheit ihrer Aktionen die "Massenmilitanz" erreicht werden kann, die für einen revolutionären Sturz des "Systems" notwendig wäre. Nachdem jedoch eine "Grundentscheidung" über die Zulässigkeit des politischen Mordes im autonomen Lager nicht getroffen wurde, muß auch weiterhin mit Attentaten autonomer Gruppierungen gerechnet werden. 2.3 Kommunikation zwischen den Autsnomengruppen Neben dem Einsatz der üblichen Kommunikationsmittel wie Telefon, Telefax, Postschließfächer haben die Autonomen auch ein besonderes Kommunikationsnetz aufgebaut. Sogenannte Infoläden dienen als Multiplikatoren und Knotenpunkte autonomer Politik. Über sie werden Treffen organisiert, die einen Meinungsaustausch und die Erarbeitung neuer Konzepte zum Ziel haben. Darüber hinaus finden über sie auch Treffen zur Mobilisierung und Vorbereitung von bestimmten Einzelaktionen statt. 29 Autonome führten in den letzten Jahren mehrere sogenannte "Wunsiedel-Vorbereitungstreffen" durch, um Aktionen gegen die "Wunsiedel-Treffen"' der Rechtsextremisten zu planen und ein gemeinsames Vorgehen zu verabreden. Ein solches Treffen der Autonomen fand im Berichtszeitraum auch in Halle statt. Der Aufruf zu Aktionen oder Treffen erfolgt meist in einschlägigen Szenepublikationen, wie zum Beispiel den bundesweit vertriebenen Schriften "Interim" und "radikal": , die darüber hinaus auch alle sonstigen für Autonomengruppen relevanten Themen behandeln (beispielsweise Anleitungen zur Herstellung von Sprengsätzen und Veröffentlichung von Personalien rechtsextremer Gewalttäter und Rädelsführer). In Sachsen-Anhalt sind lediglich zwei Publikationen aus Halle und Magdeburg bekanntgeworden, die allerdings nur für den jeweiligen Stadtbereich Bedeutung haben und im wesentlichen auf bereits in "Interim" oder "radikal" behandelte Themen zurückgreifen. 2.4 Anzahl der Autonomen in Sachsen-Anhalt Nach bisherigen Erkenntnissen nimmt die Zahl militanter Autonomer in Sachsen-Anhalt zu. Derzeit sind der hiesigen Autonomenszene mindestens 450 Personen zuzurechnen. Allerdings ist davon auszugehen, daß weitere tausend Personen mobilisiert werden können. Dies hat sich mehrfach bei Demonstrationen gezeigt. 2.5 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Ein wichtiges Aktionsfeld autonomer Politik in Sachsen-Anhalt war in den letzten Monaten - dem Bundestrend folgend - der Antifaschismus. Dieser zielt darauf ab, rechtsextreme und sonstige als "faschistisch" bezeichnete Organisationen und Gruppierungen direkt zu bekämpfen. Auf die Zunahme rechtsextremistischer Gewalt haben 4 Rechtsextremisten. insbesondere Neonazis. nutzenseit 1988 den Todestag des Rudolf HESS (17. August 1987) zu Zusammenkünfien an dessen Grabstätte in Wunsiedel/Bayern $ In Berlin erscheinende autonome Szenezeitschrift 6 Als "Zeitung aus dem Untergrund"erscheinende Szenepublikation 30 insbesondere Autonome mit der Bildung der "Antifaschistischen Selbsthilfe" durch "Autonome Antifas" reagiert. Diese "Autonomen Antifas" haben die Aufgabe, rechtsextreme Strukturen auszuspionieren und die gewonnenen Erkenntnisse für Antifa-Aktionen, zum Beispiel für gezielte Überfälle auf Rechtsextremisten, zu nutzen. In Sachsen-Anhalt wurden insgesamt zwölf Übergriffe auf Rechtsextremisten festgestellt, die von solchen, zumeist aus Autonomen bestehenden "Antifas" begangen wurden. Hierbei kam es teilweise zu schweren Körperverletzungen. Im Berichtszeitraum wurden in Sachsen-Anhalt 20 von Linksextremisten (in der Regel: Autonomen) organisierte Demonstrationen festgestellt, an denen zusammengenommen fast 4500 Personen teilnahmen. Bei einem Viertel dieser durchgeführten Demonstrationen kam es zu Ausschreitungen; in einem Fall wurde ein Polizeihubschrauber mit Leuchtspurmunition beschossen. Die Beteiligung von Autonomen aus anderen Bundesländern an Aktionen in Sachsen-Anhalt belegt die guten Verbindungen der Autonomengruppen untereinander. In zwei Fällen wurden Demonstrationen in Sachsen-Anhalt sogar nachweislich von Autonomen aus Niedersachsen organisiert. 2.6 Räumliche Schwerpunkte in Sachsen-Anhalt Als Zentren autonomer Zusammenhänge in Sachsen-Anhalt sind die Städte Halle, Stendal und Magdeburg zu sehen. Dort befinden sich autonome Informationszentren (sogenannte "Infoläden") und - in Halle und Magdeburg - besetzte Häuser, die als Anlaufpunkte auch für Autonome aus anderen Städten ihre Bedeutung haben. Darüber hinaus existieren weitere Autonomengruppen in verschiedenen anderen Orten Sachsen-Anhalts. 31 3. Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 3.1. Ideologisch-politischer Standort Die MLPD bekennt sich zum Marxismus-Leninismus in seiner Weiterentwicklung durch STALIN und MAO TSETUNG. Das Scheitern der KPdSU ist für sie eine Folge der Verfälschung des MarxismusLeninismus in der früheren Sowjetunion. Sie versteht sich selbst als "Vorhutorganisation der Arbeiterklasse". Ihr erklärtes Ziel ist der "revolutionäre Sturz der Monopolkapitalisten" und die Errichtung einer "Diktatur des Proletariats". 3.2 Organisation Die MPLD wurde 1982 in Bochum gegründet und umfaßt derzeit etwa 1.700 Mitglieder bundesweit. Erst seit Juni 1992 betrachtet sie die Vereinigung Deutschlands als "hauptsächlich fortschrittlich". Folglich betreibt sie auch erst seit diesem Zeitpunkt den "gesamtnationalen Parteiaufbau". 3.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt In Sachsen-Anhalt hat sie bisher in verschiedenen Industriebetrieben Fuß gefaßt. Im Berichtszeitraum hat die MLPD Tarifauseinandersetzungen in der ostdeutschen Industrie für sich zu Propagandazwecken zu nutzen versucht. Sie verquickt ihre Parteiarbeit mit Gewerkschaftsund Betriebsarbeit in der Absicht, eine "Arbeitereinheit in Ost und West" zu schaffen und in Diskussionen und Agitationsveranstaltungen allgemeingültige Themen zur unterschwelligen Verbreitung linksextremistischer Ideologie zu verbinden. So nutzte die MLPD bisher mehrere Gewerkschaftsveranstaltungen zur Verteilung ihres "Sofortprogramms" "Arbeitsplätze für Millionen", das allgemeine Gewerkschaftsforderungen (z. B. Schaffung der 35-StundenWoche) übernimmt, um das politische und wirtschaftliche System der Bundesrepublik insgesamt in Frage zustellen. 32 Bemerkenswert ist die Aggressivität der Wortwahl in der sogenannten "Jugendarbeit" ihres neugegründeten Jugendverbandes "REBELL". Hierüber versucht die MLPD, verstärkt Jugendliche für sich zu mobilisieren. Unter dem Motto "Internationalismus ist Trumpf" warb "REBELL" im MLPD-Zentralorgan "Rote Fahne" für die Teilnahme am MLPD-Pfingstjugendtreffen 1993 in Essen. Werbeveranstaltungen für dieses Treffen fanden im Berichtszeitraum außer in Leipzig und Jena auch in Halle statt. Ferner versucht die MLPD, mit der "Jugendarbeit" die Proteste gegen Rechtsextremismus und Gewalt für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. 4. Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) 4.1 Ideologisch-politischer Standort Die Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) beruft sich auf die Lehren Trotzkis und seiner 1938 gegründeten "TV. Internationale". Sie bezeichnet sich auch als "Deutsche Sektion" der "Internationalen Kommunistische Liga" (IKL) und propagiert den sogenannten "Entrismus", d.h. die gezielte Unterwanderung und Einwirkung auf Parteien und Massenorganisationen, so auch auf Teile der demokratischen Arbeiterbewegung und deren Kampagnen. 4.2 Organisation Die Partei ist Anfang 1990 aus der "Trotzkistischen Liga Deutschlands" (TLD) und neugegründeten "Spartakist-Gruppen" in der ehemaligen DDR hervorgegangen. Der Sitz der Partei ist Berlin. 33 4.3 Aktivitäten in Sachsen-Anhalt Seit letztem Jahr verfügt die SpAD auch in Sachsen-Anhalt über ein auf Flugblättern als "Kontaktadresse" bezeichnetes Büro in Halle und ist bemüht, ihre Strukturen weiter auszubauen. Neben ihrem monatlich erscheinenden Organ "Spartakist" gibt die SpAD sporadisch Flugschriften zu aktuellen Themen heraus, in denen sie gezielt die Auseinandersetzungen der Rechtsextremisten mit dem demokratischen Rechtsstaat nutzt, um gegen die Polizei zu agitieren ("Bullen raus aus dem DGB"). Die SpAD wertet die Veröffentlichung der 4500 Namen von Mitarbeitern des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit in Presseorganen der neuen Länder als "Wunsch der Kapitalisten, durch Denunziantenlisten die Arbeiterklasse zu spalten und einzuschüchtern", und ruft dazu auf, "alle Kollegen gegen diese Angriffe zu verteidigen." 5, Kein Linksterrorismus in SachsenAnhalt Aktivitäten der bundesweit agierenden linksterroristischen Vereinigungen konnten in Sachsen-Anhalt nicht festgestellt werden. Ähnlich wie im Bereich der rechtsextremistischen Militanz (vergleiche hierzu oben D. 2.2.4) konnten unter den in Sachsen-Anhalt bekanntgewordenen Strukturen linksextremistischer Gewalttäter bislang keine Gruppierungen ausgemacht werden, die die Voraussetzungen einer "terroristischen Vereinigung" im Sinne des $ 129 a Abs. 1 StGB: erfüllen. 3 Gesetzestext im Anhang 34 IV.Fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen DDR Nach der Wiedervereinigung trafen und organisierten sich Offiziere des ehemaligen MfS, die sich zum Teil aus privaten Gründen oder aus alter Verbundenheit in zahlreichen Zirkeln zusammenfanden. Mitunter vertraten sie dort aber auch politische Anliegen und begannen, sie in die Praxis umzusetzen. Eine überörtliche Organisierung politisch orientierter Kreise beginnt, sich abzuzeichnen. Es wird zu beobachten sein, ob und inwieweit sich daraus Aktivitäten entwickeln, die strafrechtlich relevant sind. 35 V. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden 1. Beobachtungsauftrag Ausländer, die sich nicht in deutschen linksund rechtsextremistischen Gruppen betätigen, werden auch dann vom Verfassungsschutz beobachtet, wenn es sich bei ihrer Tätigkeit um Bestrebungen handelt, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden. Das ist immer dann der Fall, wenn eine Gruppe von Ausländern terroristische Aktivitäten in ihrem Heimatland vom Boden der Bundesrepublik Deutschland aus vorbereiten oder steuern will. Ihre Beobachtung ist aber auch erforderlich, wenn sie terroristische Auseinandersetzungen ihres Heimatlandes in Deutschland selbst fortsetzt. Die Nichterwähnung des Begriffs "Ausländer" in der gesetzlichen Aufgabenzuweisung des $ 4 Abs. 1 Nr. 4 VerfSchG - LSA gründet sich auf die Erkenntnis, daß auch Deutsche allein oder im Zusammenwirken mit Ausländern auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden können. Allerdings ist die Zahl der in diesem Zusammenhang tätigen Deutschen verschwindend gering. Die Beobachtung konzentriert sich nahezu ausschließlich auf die sicherheitsgefährdenden und extremistischen Bestrebungen von Ausländern. 2. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern im Bundesgebiet Nach den bisherigen Beobachtungen der Verfassungsschutzbehörden waren von mehr als sechs Millionen in Deutschland lebenden Aus- 36 ländern etwa 43.000 Mitglieder von Gruppen, von denen sicherheitsgefährdende Bestrebungen ausgingen. Zu diesen Gruppen gehören beispielsweise die "Arbeiterpartei Kurdistan" (PKK) und die seit 1983 in der Bundesrepublik Deutschland durch den Bundesinnenminister verbotene türkische "Revolutionäre Linke" (DevSol), die in der Türkei terroristische Anschläge verüben. Weiterhin zu nennen sind die "Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando" (PFLPGC), die in der Vergangenheit Anschläge gegen den zivilen Luftverkehr geplant hat und islamistische Gruppen wie die Hizb Allah, die erheblichen Zulauf erhalten. 3. Keine Aktivitäten in Sachsen-Anhalt In Sachsen-Anhalt sind Aktivitäten extremistischer Ausländer bislang nicht festgestellt worden. 37 VI. Spionageabwehr 1. Allgemeiner Überblick Tätigkeitsschwerpunkt der Spionageabwehr war im Berichtszeitraum die Auswertung von Erkenntnissen, die im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Straftaten der ehemaligen DDR-Nachrichtendienste gewonnen werden konnten. Dabei hat sich gezeigt, daß die Aufklärungsdienste der ehemaligen UdSSR und anderer früherer Warschauer-Pakt-Staaten durch ihre 40jährige Zusarnmenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit über ein umfangreiches Potential an nachrichtendienstlich nutzbaren Erkenntnissen verfügen. Es besteht die begründete Gefahr, daß die neustrukturierten östlichen Nachrichtendienste dieses Potential zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland einsetzen. 2. Nachrichtendienste der ehemaligen DDR Durch die Aufklärung der Strukturen der ehemaligen DDR-Nachrichtendienste und vornehmlich die damit verbundene Enttarnung und Identifizierung bislang unentdeckt gebliebener MfS-Agenten soll eine Fortführung der nachrichtendienstlichen Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland durch andere Dienste unterbunden werden, die über die nachrichtendienstliche Verstrickung dieses Personenkreises Kenntnis haben und dieses Wissen als Druckmittel verwenden Können. Als Ergebnis der Aufarbeitung konnte die Spionageabwehr den Strafverfolgungsbehörden eine Reihe von Hinweisen geben, die zur Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit führten. 38 3. Nachrichtendienste sonstiger ehemaliger Warschauer-Pakt-Staaten Die politischen Umwälzungen im Osten und Südosten Europas haben es den ehemaligen Satellitenstaaten ermöglicht, sich weitgehend von der starken Beeinflussung und Bevormundung zu befreien, die die ehemalige UdSSR auch im Bereich der Nachrichtendienste ausübte. Die Hinwendung dieser Staaten zur Demokratie bestimmt auch die Umstrukturierung der dortigen Nachrichtendienste. Allerdings wird die Notwendigkeit der Auslandsaufklärung in all diesen Ländern nicht in Frage gestellt. Erkennbar ist jedoch die Tendenz, die Auslandsaufklärung nicht mehr in den Vordergrund zu stellen. Vermutlich bedingt durch vorrangig innenpolitisch zu lösende Probleme konnten bislang aggressive nachrichtendienstliche Aktivitäten in Sachsen-Anhalt nicht festgestellt werden. 4. Nachrichtendienste der ehemaligen Sowjetunion Trotz der politischen Ereignisse in der ehemaligen Sowjetunion und der Turbulenzen um die dortigen Nachrichtendienste zeigen sich bisher noch keine Auswirkungen auf die Aufklärungsarbeit. Die Fortsetzung der Spionageaktivitäten durch einen früheren sowjetischen Aufklärungsdienst belegt folgender Fall: - Im September 1992 wurde ein hoher Offizier des Militärgeheimdienstes-GRU wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland in Tateinheit mit Bestechung vom Berliner Kammergericht zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Offizier war bis zu seiner Festnahme im November 1991 für den Geheimdienst der Sowjetunion und später Rußlands tätig, seit Mitte 1989 als Leiter des Aufklärungsstützpunktes Magdeburg. In dieser Funktion hatte er 40 - 45 Mitarbeiter unter sich, deren Aufgabe es war, bei den Streitkräften der Bundeswehr und der NATO zu spionieren. Der Offizier war verhaftet worden, als er bei einem 39 nachrichtendienstlichen Treff in Sachsen-Anhalt einen Polizeiangehörigen anwerben wollte. 5. Spionageabwehr mit Hilfe der Bevölkerung Wirkungsvolle Spionageabwehr ist nur mit Hilfe der Bevölkerung möglich. Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt bittet daher jede Bürgerin und jeden Bürger, die von der Tätigkeit fremder Geheimdienste gegen die Bundesrepublik Deutschland und ihre Verbündeten Kenntnis haben oder von solchen Nachrichtendiensten angesprochen oder zur Mitarbeit aufgefordert worden sind, ihr Wissen im Interesse unseres freiheitlichen Staatswesens, aber auch der eigenen Sicherheit, zu offenbaren. Das gilt auch für diejenigen, die schon im fremden Interesse nachrichtendienstlich tätig geworden sind. Ihnen können die Verfassungsschutzbehörden helfen, sich aus einer vermeintlich ausweglosen Lage zu befreien. Voraussetzung hierfür ist die freiwillige Aufgabe der nachrichtendienstlichen Tätigkeit und eine umfassende Offenbarung. Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt bietet jederzeit seine Hilfe an. Vertraulichkeit wird zugesichert. Das Amt ist in der Jean-Burger-Straße 12/13 39112 Magdeburg unter der Rufnummer (0391) 567-5900 zu erreichen. 40 VII. Geheimschutz 1. Allgemeines Geheimschutzaufgaben (siehe auch unten VII. 2.5) wurden im Land Sachsen-Anhalt schon vor dem Berichtszeitraum von Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz und ab Dezember 1991 von der im Ministerium des Innern gebildeten Arbeitsgruppe "Verfassungsschutz" wahrgenommen. Grundlage der Geheimschutztätigkeit waren bis zum Inkrafttreten landesrechtlicher Vorschriften die Sicherheitsrichtlinien (SiR) und die Verschlußsachenanweisung des Bundes (VSA-Bund). Die "Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Personen im Rahmen des Geheimschutzes" (SiR-LSA) sowie die "Verschlußsachenanweisung für das Land Sachsen-Anhalt" (VSA-LSA) sind vom Kabinett am 19. Oktober 1992 beschlossen und am 27. November 1992 in Kraft gesetzt worden. Mit Errichtung des Landesamtes für Verfassungsschutz am 30. Juli 1992 wurden die Geheimschutzbeamten der Arbeitsgruppe in dessen Dienste übernommen. Seit diesem Zeitraum werden die Geheimschutzaufgaben des Ministeriums des Innern von einem eigenen Geheimschutzbeauftragten wahrgenommen. Die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde beschränkt sich seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt am 30. Juli 1992 auf die Mitwirkung in Geheimschutzangelegenheiten. 2. Personeller Geheimschutz Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in der Zeit vom 30. Juli 1992 bis zum 30. April 1993 im Rahmen des personellen Geheimschutzes an mehr als 400 Sicherheitsüberprüfungen mitgewirkt. 4} 3. Materieller Geheimschutz Im Bereich des materiellen Geheimschutzes setzte das Landesamt für Verfassungsschutz die Beratungstätigkeit fort, die die Arbeitsgruppe "Verfassungsschutz" schon vor dem 30. Juli 1992 begonnen hatte. Es veranstaltete im Berichtszeitraum, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Ministerium des Innern, drei große Tagungen für die Geheimschutzbeauftragten der Landesbehörden Sachsen-Anhalts. Daneben führte es individuelle Beratungen im Bereich des materiellen Geheimschutzes durch. Gegenstand dieser Beratungen war die Umsetzung der Verschlußsachenanweisung in den einzelnen Behörden des Landes. Daneben fertigte das Landesamt mehrere Gutachten zu Einzelfragen an, mit denen die Geheimschutzbeauftragten der Landesbehörden an das Landesamt herangetreten waren. 42 VINM. Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 traten in den neuen Bundesländern neben dem Grundgesetz auch - soweit dies der Einigungsyertrag vorsah - eine Reihe von Bundesgesetzenin Kraft. Hierzu zählte auch das Bundesverfassungsschutzgesetz, das Bund und Länder zur Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes und damit auch zur Einrichtung jeweils einer Stelle zur Wahrnehmung von Verfassungsschutzaufgaben verpflichtet. Mit dem Aufbau einer solchen Stelle wurde in Sachsen-Anhalt bereits 1991 eine beim Ministerium des Innern eingerichtete Arbeitsgruppe beauftragt. Nachdem das "Gesetz über den Verfassungsschutz im Land SachsenAnhalt (VerfSchG - LSA)" vom Landtag beschlossen und am 30.Juli 1992 in Kraft getreten war, konnte zeitgleich das durch Organisationserlaß des Ministeriums des Innern gegründete Landesamt seine Tätigkeit in Magdeburg aufnehmen. Das neue Gesetz verpflichtet die Landesregierung, dem Landtag alljährlich einen Bericht über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten in Sachsen-Anhalt vorzulegen. Dieser Bericht soll der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und einen Beitrag zur politischen Auseinandersetzung leisten. Weil in einem neuen Land wie Sachsen-Anhalt der Verfassungsschutz eine weitgehend unbekannte Einrichtung darstellt, soll im folgenden etwas näher auf den Auftrag, die Organisation und die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde eingegangen werden. 43 1. Grundlagen und organisatorische Ausgestaltung des Verfassungsschutzes Nicht zuletzt die geschichtlichen Erfahrungen der Weimarer Republik, die sich den Angriffen von rechts und links schutzios ausgesetzt sah und schließlich vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten kapitulieren mußte, veranlaßten die Väter des Grundgesetzes, das Modell "Bundesrepublik Deutschland" im Sinne einer streitbaren Demokratie auszugestalten. Zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wurde daher im Grundgesetz ein komplexes Schutzsystem installiert. Hierzu gehört: - die Verwirkung bestimmter Grundrechte, wenn diese zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht werden (Artikel 18 Grundgesetz), - das Recht, Parteien und sonstige Vereinigungen zu verbieten, wenn diese darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen (Artikel 9 Abs. 2, 21 Abs. 2 Grundgesetz), - die Unabänderlichkeit wesentlicher Grundsätze des Grundgesetzes, wie zum Beispiel der Schutz der Menschenwürde und fundamentale Verfassungsgrundsätze (Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz). Bereits der Grundgesetzgeber war der Auffassung, daß dem Verfassungsschutz in diesem komplexen Schutzsystem eine wichtige Rolle zukommt. Daher hat er den Bund zur Errichtung von Zentralstellen zur Sammlung von Nachrichten und Unterlagen über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit von Bund und Ländern ermächtigt (Artikel 73 Nr. 10 b; Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz). Von dieser Ermächtigung hat der Bund bereits 1950 Gebrauch gemacht und das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erlassen, das Bund 6 Gesetzestext im Anhang 44 und Länder nicht nur zur Zusammenarbeit, sondern auch zur Ertichtung von Verfassungsschutzbehörden verpflichtete. Auf Bundesebene wurde daraufhin das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln gegründet. Die alten Länder haben ihre Verfassungsschutzbehörden entweder als Teil des Innenministeriums (so Schleswig-Holstein, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz) oder als selbständige Landesbehörde (so Bremen, Niedersachsen, Berlin, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Saarland) organisiert. Der Verfassungsschutz ist im Bundesgebiet somit föderativ organisiert, das heißt, jede Verfassungsschutzbehörde arbeitet selbständig. Die Verfassungsschutzbehörden der Länder unterstehen daher nicht dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieses hat als zentrale Sammelstelle für Nachrichten lediglich eine koordinierende Funktion. Das Bundesverfassungschutzgesetz ist zur Jahreswende 1990/91 novelliert worden. Es enthält nunmehr detaillierte Bestimmungen über die Aufgaben und Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz und einen strengen Katalog datenschutzrechtlicher Vorschriften. Danach sind die Landesverfassungsschutzgesetze in den alten Bundesländern überarbeitet worden oder befinden sich noch in Überarbeitung. In den fünf neuen Ländern wurden neue Gesetze geschaffen. Wie in den meisten Fällen hat auch im Land Sachsen-Anhalt das Bundesgesetz als Vorlage gedient.' 2. Aufgaben des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz hat gemäß $ 4 Abs. 1 Nrn. 1 - 4 VerfSchG - LSA die Aufgabe, "Auskünfte, Nachrichten und sonstige Unterlagen" zu sammeln und auszuwerten über " Bestrebungen, die - gegendie freiheitliche demokratische Grundordnung, - gegen den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind ? Das Landesgesetz ist im Anhang dieses Berichtes vollständig. vom Bundesgeseiz sind die ersten sieben Bestimmungenabgedruckt. 45 oder - eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben (Extremismus, Terrorismus), " fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, im Sinne der 88 94 - 99, 129, 129 a des Strafgesetzbuches, " sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Grundgesetzes (Spionagebekämpfung) und " Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (Ausländerextremismus). Ferner wirken die Verfassungsschutzbehörden gemäß $ 4 Abs. 2 VerfSchG - LSA auf Ersuchen der zuständigen Stellen beim personellen und materiellen Geheimschutz mit. 2.1 Extremismus (Rechtsund Linksextremismus, Terrorismus) Hauptaufgabe des Verfassungsschutzes ist die Sammlung und Auswertung von Unterlagen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Solche Bestrebungen werden als "extremistisch" oder als "verfassungsfeindlich" bezeichnet. Der Gesetzgeber hat die Begriffe "freiheitliche demokratische Grundordnung" und "Bestrebungen" im Gesetz definiert. 46 2.1.1 Freiheitliche demokratische Grundordnung Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist nicht die Verfassung selbst, sondern die Gesamtheit der obersten Wertprinzipien, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zum Verbot der Sozialistischen Reichspartei - SRP - (1952) und der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD - (1956) herausgearbeitet hat. Diese Wertprinzipien sind in $ 5 Abs. 2 VerfSchG - LSA wiedergegeben. Zurfreiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes SachsenAnhalt Konkretisierten Menschenrechte. 48 2.1.2 Bestrebungen Bestrebungen sind nach dem allgemeinen Sprachverständnis alle auf ein Ziel gerichteten Aktivitäten. Folglich sind extremistische oder verfassungsfeindliche Bestrebungen Aktivitäten, die auf Beseitigung zumindest eines der vorgenannten obersten Wertprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen. Der Gesetzgeber definiert dies in $5 Abs. 1 c VerfSchG - LSA wiefolgt: - Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. 2.1.3 Rechtsund Linksextremismus Beim politischen Extremismus ist je nach inhaltlicher Zielrichtung zwischen Rechtsund Linksextremismus zu unterscheiden. Rechtsextremisten begnügen sich in aller Regel damit, willkürlich einzeine Ideologiesplitter zu einer rechten Idee zusammenzusetzen. Als "Fundgrube" dienen Nationalismus und Rassismus: Angestrebt wird eine völkische Gemeinschaft, in der die Pflichten gegenüber der Gemeinschaft auf Kosten der Grundrechte des einzelnen überbewertet werden und dem Ausländer (Fremden) kein Platz in Staat und Gesellschaft eingeräumt wird. Linksextrenisten verfügen zumeist über eine in sich geschlossene Ideologie; sie wollen die Demokratie revolutionär beseitigen und an ihrer Stelle eine kommunistische Diktatur oder die Anarchie errichten. Der Auftrag des Verfassungsschutzes beschränkt sich auf die Beobachtung extremistischer Bestrebungen. Um radikale politische Auffassungen(r) dagegen hat sich der Verfassungsschutz nicht zu sorgen, 8 Das heißt solche.die eine an die Wurzel einer Fragestellung gehende Zielsetzung haben. 49 solange die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht angetastet werden. 2.1.4 Terrorismus Extremisten, die ihre politischen Ziele planmäßig mit schwersten Straftaten, wie sie in $ 129 a StGB? genannt sind (zum Beispiel Mord, Totschlag, bestimmte gemeingefährliche Straftaten) durchzusetzen versuchen, sind als Rechtsoder Linksterroristen vom Verfassungsschutz zu beobachten. 2.1.5 Bestrebungen gegen den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder die ungesetzliche Beeinträchtigung ihrer Verfassungsorgane oder Mitglieder Neben der Beobachtung von Rechtsund Linksextremisten ist dem Verfassungsschutz auch die Beobachtung von Bestrebungen eingeräumt, die sich gegen die Sicherheit des Staates richten. Voraussetzung ist, daß diese Bestrebungen politisch bestimmt sind. Dies ist der Fall, wenn politische Vorstellungen durch sicherheitsgefährdende Störhandlungen zum Beispiel gegen Verwaltungs-, Verkehrsoder Versorgungseinrichtungen umgesetzt oder hierdurch die Verfassungsorgane des Bundes oder eines der Länder in ihrer Amtsführung beeinträchtigt werden sollen. 2.2 Fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen DDR (MfS und AfNS) Schon vor dem 3. Oktober 1990 war festzustellen, daß Teile der Aufklärung-und Abwehrdienste der DDR, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS), ihre Konspirative Tätigkeit auf dem Gebiet des wiedervereinigten Deutschlands fortsetzen würden. Um einen ungestörten Aufbau in den neuen Bundesländern zu gewährleisten, wurde daher der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt durch den 9 Gesetzestext im Anhang 50 Landesgesetzgeber mit der Beobachtung von solchen "fortwirkenden Strukturen und Tätigkeiten" beauftragt, durch die folgende Straftatbestände erfüllt werden können: " Landesverrat ($ 94 StGB), " Offenbarung von Staatsgeheimnissen ($ 95 StGB), " Landesverräterische Ausspähung; Auskundschaften von Staatsgeheimnissen ($ 96 StGB), " Preisgabe von Staatsgeheimnissen ($ 97 StGB), " Verrat illegaler Geheimnisse ($ 97 a StGB), " Verrat in irriger Annahme eines illegalen Geheimnisses (8 97 b StGB), " Landesverräterische Agententätigkeit ($ 98 StGB), " Geheimdienstliche Agententätigkeit ($ 99 StGB), " Bildung krimineller Vereinigungen ($ 129 StGB), " Bildung terroristischer Vereinigungen ($ 129 a StGB). Der Beobachtungsauftrag betrifft jedoch nur solche Strukturen, die nach der Wiedervereinigung fortwirken, und Tätigkeiten, die nach diesem Zeitpunkt begonnen oder fortgesetzt wurden. Eine Aufarbeitung der MfS-Aktivitäten durch den Verfassungsschutz aus der Zeit vor der Wiedervereinigung findet dagegen nicht statt. Diese Aufgabe bleibt Justiz und Geschichtsforschung vorbehalten. 2.3 Spionagebekämpfung Das Landesamt für Verfassungsschutz ist außerdem zuständig für die Sammlung und Auswertung von Informationen über die unerlaubte Tätigkeit fremder Nachrichtendienste gegen die Bundesrepublik Deutschland. Auf diesem Arbeitsgebiet ist die Rolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz als zentrale Auswertungsstelle hervorzuheben. Dort werden die Einzelfallerkenntnisse aus den Ländern mit dem Ziel geprüft, methodische Arbeitsansätze oder Vorgehensweisen der fremden Nachrichtendienste zu erkennen, um hierdurch die Verfassungsschutzbehörden der Länder in ihrer Spionagebekämpfung zu unterstützen. 51 2.4 Ausländerextremismus Die Beobachtung politischer Aktivitäten von Ausländern durch den Verfassungsschutz findet nur statt, soweit " sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wenden, z. B. wenn Ausländer mit deutschen Extremisten Hand in Hand arbeiten, " ausländische Gruppen ihre politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen und dadurchdie Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden, oder " Ausländergruppen vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten durchführen oder vorbereiten und dadurch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. 2.5 Geheimschutz Alle Organe des Bundes und der Länder sowie die Bevölkerung selbst müssen sich darauf verlassen können, daß Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder gefährden könnten, als staatliche Verschlußsachen wirkungsvoll geschützt werden. Bestimmte vorbeugende Maßnahmen, der sogenannte personelle und materielle Geheimschutz, sollen dies gewährleisten. Zudem ist die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der NATO und anderer übersowie zwischenstaatlicher Einrichtungen gehalten, bestimmte Sicherheitsnormen zu erfüllen. Durch die Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder ist den Verfassungsschutzbehörden der Auftrag erteilt, an der Durchführung der Sicherungsaufgaben des Geheimschutzes mitzuwirken. 2.5.1 Personeller Geheimschutz Kernstück des personellen Geheimschutzes ist die Sicherheitsüberprüfung. Sie ist notwendige Voraussetzung für die Ermächtigung einer Person zum Umgang mit im staatlichen Interesse geheimzuhaltenden 52 Informationen (Verschiußsachen) und für die Tätigkeit in sicherheitsempflindlichen Bereichen. Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung ist es Aufgabe des Verfassungsschutzes herauszufinden, ob eine Person für eine sicherheitsempfindliche Position geeignet ist. Dabei gilt es, etwaige Sicherheitsrisiken festzustellen. Dies können zum Beispiel sein: Charakterliche Schwächen, die fremde Geheimdienste für erpresserische Anwerbungen auszunutzen pflegen oder persönliche und berufliche Verbindungen in bestimmte Staaten, deren Nachrichtendienste eine feindselige, aggressive Politik gegenüber der Bundesrepublik Deutschland betreiben. Die Sicherheitsrichtlinien zwingen niemanden, sich einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, sondern setzen die Zustimmung des Betroffenen zur Überprüfung voraus. Auch die Einbeziehung von Ehegatten, Verlobten oder Lebenspartnern in die Sicherheitsüberprüfung bedarf deren ausdrücklicher vorheriger Zustimmung. Zuständig für die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung ist immer der Geheimschutzbeauftragte derjenigen Dienststelle, die einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zuweisen will: Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt bei der Sicherheitsüberprüfung lediglich mit. Nach Abschluß der Überprüfung entscheidet der Geheimschutzbeauftragte der betreffenden Dienststelle auf der Grundlage des vom Landesamt mitgeteilten Ergebnisses, ob und inwieweit der Betroffene für eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit verwendet werden kann. 2.5.2 Materieller Geheimschutz Der materielle Geheimschutz befaßt sich mit technischen und organisatorischen Sicherheitsvorkehrungen, die erschweren sollen, daß Unbefugte an geschützte Informationen gelangen können. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat hierbei die Aufgabe, öffentliche Stellen des Landes zu beraten, wie sie am besten technische Sicherungsmaßnahmen planen und durchführen können. Hierzu gehören zum Beispiel Informationen über Alarmsysteme, Stahlschränke und Schließanlagen. Im Rahmen seiner technischen Unterstützung führt das Landesamt für Verfassungsschutz auch Lauschabwehr maßnahmen 53 Die Beratungstätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz erstreckt sich aber auch auf innerbehördliche Maßnahmen: Durch Änderungen von organisatorischen Abläufen in Behörden lassen sich die Sicherheitsstandards erhöhen. Hierzu gibt es einheitliche Richtlinien, wie Verschlußsachen zu behandeln sind. Im übrigen ist es auch Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz, die Bediensteten des Landes durch Beratung, Schulung und Aufklärung für den korrekten Umgang mit Verschlußsachen zu sensibilisieren. 3. Organisation des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden in Sachsen-Anhalt vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Landesamt gehört als obere Landesbehörde zum Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und unterliegt somit dessen Fachund Dienstaufsicht. Das Amt, das von einem Präsidenten und einem Vizepräsidenten geleitet wird, gliedert sich in vier Abteilungen, deren Zuständigkeiten sich aus der folgenden Grafik ersehen lassen. Die Abteilungen sind in Dezernate untergliedert. Seit Ende Juli 1992 befindet sich das Landesamt im Aufbau. Vorrangige Aufgabe ist derzeit die Besetzung der insgesamt 150 Planstellen. Nach den Vorgaben der Landesregierung sollen diese Stellen nur zu einem Drittel mit Bediensteten aus den alten Bundesländern und zu zwei Dritteln mit Personal aus den neuen Bundesländern besetzt werden. Bisher konnten bereits 30 Bewerber (Stand: 01. 07. 1993) aus Sachsen-Anhalt eingestellt werden. Obwohl die Auswahlverfahren für die meisten der noch zu besetzenden Stellen bereits abgeschlossen sind, kann die Einstellung erst erfolgen, wenn sich die Bewerber einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren (siehe auch oben 2.5.) unterzogen haben, in dem insbesondere geprüft wird, ob sie als ehemalige hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für 55 Nationale Sicherheit, Mitarbeiter der Abteilung I der Kriminalpolizei oder hauptamtlich für die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands tätig gewesen waren. War dies der Fall, darf nach $ 3 Abs. 2 VerfSchG - LSA eineEinstellung nicht erfolgen. Dieses Überprüfungsverfahren, in das auch die Behörde des Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR einbezogen wird, nimmt regelmäßig einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr in Anspruch. Zu erreichen ist das Landesamt für Verfassungsschutz wie folgt: Jean-Burger-Straße 12/13 oder Postfach 18 49 39112 Magdeburg 39008 Magdeburg Tel.: 0391/567 5900 Telefax: 0391/567 5999 4. Methoden und Mittel der Informationsgewinnung Der Verfassungsschutz sammelt seine Informationen (Nachrichten, Unterlagen etc.) sowohl durch die Auswertung von Pressemeldungen, den Besuch von öffentlichen Veranstaltungen, freiwillige Auskünfte (offene Informationserhebung) als auch unter Einsatz der sogenannten nachrichtendienstlichen Mittel (verdeckte Informationserhebung). 4.1 Keine Zwangsbefugnisse Dem Verfassungsschutz stehen für seine Aufgabenerfüllung keinerlei Zwangsbefugnisse zu. Er ist also nicht berechtigt zu verhören, zu verhaften, festzunehmen, anzuhalten, zu beschlagnahmen oder zu durchsuchen. Dies obliegt allein der Polizei. Die Verfassungsschutzbehörde darf daher auch nicht die Polizei bitten, an ihrer Stelle tätig zu werden. Die Entscheidung, den Verfassungsschutzbehörden keine Zwangsbefugnisse einzuräumen, geht auf die Erfahrungen mit der Geheimen Staatspolizei im Dritten Reich zurück. fLVearünsduegrsacmhutz Sachsen-A halt 2Abteilung Nachri tenbschafung D3ez rnate 56 4.2 Methoden und Mittel nachrichtendienstlicher Tätigkeit Wo die offene Informationserhebung nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht, darf die Verfassungsschutzbehörde gemäß $ 7 Abs. 3 VerfSchG - LSA die sogenannten nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen. Hierzu gehören insbesondere der Einsatz von Vertrauensleuten, Gewährspersonen, Observanten, Bildund Tonaufzeichnungen und die Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen. Der Einsatz solcher nachrichtendienstlicher Mittel kann insbesondere dann erforderlich werden, wenn eine Organisation oder Gruppe sich nur unter Ausschluß der Öffentlichkeit zusammenfindet oder sich generell konspirativ verhält, um ihre wahren Absichten zu verschleiern. Besonders deutlich wird dies bei den in der Illegalität agierenden rechtsund linksterroristischen Organisationen. Weil der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel einen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Privatsphäre und die allgemeinen Freiheitsrechte darstellt, ist er nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, die Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise nicht möglich ist und er nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht. Die nachrichtendienstlichen Mittel, die das Landesamt für Verfassungsschutz einsetzen darf, sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für deren Anordnung regelt. Das einschneidendste nachrichtendienstliche Mittel ist die Brief-, Postund Telefonkontrolle. Weil hierdurch das Grundrecht gemäß Art. 10 Grundgesetz beeinträchtigt wird, kann der Einsatz eines solchen Mittels nur auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen. Mit dem Bundesgesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (allgemein "G 10" genannt)! und dem entsprechenden Landesausführungsgesetz sind in Sachsen-Anhalt die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen worden. 10 Gesetzestexte sind im Anhang abgedrucki 57 4.3 Datenschutz Der Verfassungsschutz sieht sich einem bürgernahen Datenschutz verpflichtet. Die zur Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörde erhobenen personenbezogenen Daten werden daher gemäß den im Verfassungsschutzgesetz enthaltenen Vorschriften über die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung solcher Daten behandelt. Hierdurch wird sichergestellt, daß die strengen Maßgaben des Datenschutzrechtes in jeder Phase der Datengewinnung und -bearbeitung eingehalten werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten nicht unbegrenzt oder auf Vorrat speichern. Wird festgestellt, daß eine Speicherung unzulässig war oder die Kenntnis der gespeicherten Daten nicht mehr erforderlich ist, müssen diese gelöscht werden. Ergibt sich, daß die Daten zu löschen sind, müssen auch die zur Person geführten Akten vernichtet werden (näheres siehe $ 11 VerfSchG - LSA). Zum Schutz des Bürgers vor einer unberechtigten Datenerhebung, - erarbeitung und -nutzung enthält das Gesetz die Bestimmung, daß Daten zu Minderjährigen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Dateien nicht gespeichert werden dürfen. Weiterhin sind Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Im übrigen dürfen Daten des Amtes für Verfassungsschutz nur unter genau festgelegten engen Voraussetzungen an Dritte übermittelt werden. Es ist selbstverständlich, daß das Landesamt für Verfassungsschutz den Strafverfolgungsbehörden personenbezogene Daten übermittelt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Datenübermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. 4.4 Auskunftserteilung Jederman hat die Möglichkeit, das Landesamt für Verfassungsschutz um unentgeltliche Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu bitten. Das Landesamtfür Verfassungsschutz ist gemäß $ 14 58 VerfSchG - LSA grundsätzlich verpflichtet, die Auskunft zu erteilen, soweit der-Bürger auf einen konkreten Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. Die Auskunftserteilung hat aber zu unterbleiben, wenn die Verweigerungsgründe vorliegen, die bereits das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger von Sachsen-Anhalt in $ 15 Abs. 4 nennt. Zu diesen Verweigerungsgründen kommt als spezieller gesetzlicher Auskunftsverweigerungsgrund für das Landesamt für Verfassungsschutz hinzu die Gefahr der Gefährdung von Quellen oder der Ausforschung seines Erkenntnisstandes oder seiner Arbeitsweise. 5. Kontrolle Das Landesamt für Verfassungsschutz unterliegt wie jede andere Landesbehörde einer umfassenden Kontrolle durch verschiedene staatliche Institutionen und die Öffentlichkeit, nämlich - der Dienstund Fachaufsicht des Ministeriums des Innern, - der Prüfung durch den Landesrechnungshof, - der Kontrolle durch das Parlament, - der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten, - der Kontrolle durch die Gerichte und - der Kontrolle durch die Medien, die seit Jahren die Arbeit von Verfassungsschutzbehörden kritisch begleiten. Wie sonst keine andere Behörde in Sachsen-Anhalt unterliegt das Landesamt für Verfassungsschutz außerdem der besonderen parlamentarischen Kontrolle durch eine sogenannte Parlamentarische Kontrollkommission. Diese Kommission wird von der Landesregierung umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Verfassungsschutzes und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichtet. Die aus fünf Abgeordneten des Landtages bestehende Kontrollkommission tritt mindestens vierteljährlich zusammen. Sie hat das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen des Landesamtes für Verfassungsschutz sowie auf Anhörung von Auskunftspersonen. IX. Anhang 1. Grundgesetz (Auszug) Artikel 73 (Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung) Der Bund hatdie ausschließliche Gesetzgebung über 10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und c) zum Schutz gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, Artikel 87 (Gegenstände bundeseigener Verwaltung) (1) ... Durch Bundesgesetz können ... Zentralstellen ... zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden. 61 2. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) Auszug Erster Abschnitt Zusammenarbeit, Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden $1 Zusammenarbeitspflicht (1) Der Verfassungsschutz dienst dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (3) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. 62 82 Verfassungsschutzbehörden (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesminister des Innern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz dar einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. 83 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratischen Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oderihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Die Verfassungschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit 63 1. beider Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffenlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oderihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberpüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungsempfindlichen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Besteht die Mitwirkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz an der Sicherheitsüberprüfung nach Satz 1 lediglich in der Auswertung bereit vorhandenen Wissens der Beschäftigungsstelle, der Strafverfolgungsoder Sicherheitsbehörden, ist es erforderlich und ausreichend, wenn der Betroffene von der Einleitung der Überprüfung Kenntnis hat. Im übrigen ist die Zustimmung erforderlich, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. In die Sicherheitsüberprüfung dürfen mit ihrer Zustimmung der Ehegatte, Verlobte oder die Person, die mit dem Betroffenen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, miteinbezogen werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). 84 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politischen bestimmten, zielund zweck- 64 gerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuhebn, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen; b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von >Informationen im Sinne des $ 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln, sind Bestrebungen im sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignetsind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 65 b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f} der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. 85 Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verfassungsschutzbehörden (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sammeln Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. (2) Das Bundesamtfür Verfassungsschutz dar in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen im Sinne des $ 3 sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des $ 3 Abs. I Nr. 1 bis 3 ist Voraussetzung, daß 1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bundrichten, 2. sie sich über den Bereich eines Landes hinaus erstrecken, 66 3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren oder 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz das Bundesamt für Verfassungsschutz um ein Tätigwerdenersucht. Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgelagerter Fälle hergestellt werden. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Landesbehörden für Verfassungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. 86 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichtet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung Unterrichtungspflichten nach $ 5 gemeinsame Dateien zu führen, die sie im automatisierten Verfahren nutzen. Diese Dateien enthalten nur die Daten, die zum Auffinden von Akten und der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind. Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur unter den Voraussetzung der $8 10 und 11 zulässig. Der Abruf im automatisierten Verfahren durch andere Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt jede Verfassungsschutzbehörde nur für die von ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese Daten verändern, sperren oder löschen. Die eingebende Stelle muß feststellbar sein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz trifft für die gemeinsamen Dateien die technischen und organisatorischen Maßnahmen nach $ 9 des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Führung von Textdateien oder Dateien, die weitere als die in Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unter den Voraussetzungen dieses Paragraphen nur zulässig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete zur Aufklärung von 67 sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten. Die Zugriffsberechtigung ist auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwendungsgebiet betraut sind; in der Dateianordnung ($ 14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme von Textzusätzen in der Datei zu begründen. 87 Weisungsrechte des Bundes Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bunderforderlichen Weisungen erteilen. {Vom Abdruck der $$ 8 bis 27 wurde abgesehen, weil diese Bestimmungen die besonderen Verhältnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz regeln.) 68 3. | Gesetzüber den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA). Vom 14. Juli 1992 (GVBl. LSA Nr. 30/1992, ausgegeben am 16. 7. 1992) Inhaltsübersicht Erster Teil: Organisation und Aufgaben $ 1 Zweck des Verfassungsschutzes $ 2 Organisation und Zusammenarbeit & 3 Bedienstete und Mitarbeiter 8 4 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde $ 5 Begriffsbestimmungen Zweiter Teil: Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten $ 6 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit $ 7 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde $ 8 Besondere Formen der Datenerhebung $ 9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten $ 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen $ 11 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogen Daten in Dateien $ 12 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Datenin Akten $ 13 Dateianordnungen Dritter Teil: Auskunft $ 14 Auskunft an die betroffene Person 69 Vierter Teil: Informationsübermittlung $ 15 Unterrichtungspflichten $ 16 Zulässigkeit von Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten $ 17 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde $ 18 Übermittlung personenbezogener Daten durchdie Verfassungsschutzbehörde $ 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes 8 20 Übermittlungsverbote $ 21 Minderjährigenschutz 8 22 Pflichten des Empfängers $ 23 Nachberichtspflicht Fünfter Teil: Parlamentarische Kontrolle $ 24 Parlamentarische Kontrollkommission 8 25 Zusarnmensetzung und Wahl 8 26 Verfahrensweise $ 27 Aufgaben und Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission $ 28 Beteiligung des Datenschutzbeauftragten $ 29 Datenerhebung bei Mitgliedern des Landtages Sechster Teil: Schlußvorschriften 8 30 Geltung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger $ 31 Inkrafttreten 70 Erster Teil Organisation und Aufgaben S1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Er hat die Landesregierung und andere Stellen nach Maßgabe dieses Gesetzes über Gefahren für diese Schutzgüter zu unterrichten. Dadurch sollen diese Stellen rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können. (3) Er hat auch die Öffentlichkeit über seine Aufgabenfelder zu unterrichten. 82 Organisation und Zusammenarbeit (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes nimmt die Verfassungsschutzbehörde wahr. Verfassungsschutzbehörde ist das Landesamt für Verfassungsschutz, das als obere Landesbehörde dem Ministerium des Innern untersteht. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf mit Polizeidienststellen organisatorisch nicht verbunden werden. (3) Sie ist verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes mit dem Bund und den Ländern zusammenzuarbeiten. (4) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen in SachsenAnhalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes nur im Ein- 7 vernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde tätig werden. $ 3 Bedienstete und Mitarbeiter (1) Die Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz haben sich einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren zu unterziehen, welches insbesondere auf Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für Nationale Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik überprüft und für das die Behörde des Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik einbezogen wird. (2) Personen, die dem ehemaligen Repressionsapparat der Deutschen Demokratischen Republik angehörten, insbesondere ehemalige hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, Mitarbeiter der Abteilung I der Kriminalpolizei und ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands dürfen nicht mit Aufgaben des Verfassungsschutzes betraut werden; Personen mit Offiziersrang der ehemaligen bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik dürfen Aufgaben des Verfassungsschutzes nur in zu begründenden Ausnahmefällen übertragen werden. 84 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegendie freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oderdie Sicherheit des Bundes odereines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung 72 der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes odereines Landes oderihrer Mitglieder zum Ziel haben; fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, insbesondere des Ministeriums für Staatssicherheit oder des Amtes für Nationale Sicherheit, im Sinne der $$ 94 bis 99, 129, 129 a des Strafgesetzbuches; sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Grundgesetzes; Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt auf Ersuchen der zuständigen öffentlichen Stellen mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oderihn sich verschaffen können; bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens-oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, welche das zuständige Ministerium im einzelnen bestimmt hat; bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Für die Mitwirkung des Verfassungsschutzes an der Sicherheitsüberprüfung nach Satz 1 ist die Einwilligung der betroffenen Person erforderlich. Ehegatten, Verlobte oder die 73 Person, die mit der betroffenen Person in Lebensgemeinschaft zusammenlebt, dürfen in die Sicherheitsüberprüfungen ebenfalls nur mitihrer Einwilligung einbezogen werden. (3) Die Mitwirkung der Verfassungsschutzbehörde gemäß Absatz 2 setzt im Einzelfall voraus, daß die betroffene Person und andere in die Überprüfung einbezogene Personen über Zweck und Verfahren der Überprüfung einschließlich der Verarbeitung der erhobenen Daten durch die beteiligten Dienststellen vorab unterrichtet werden. 85 Begriffsbestimmungen (1) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen: a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, ziel-und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen. b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes sind solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. 74 Für einen Personenzusarnmenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv sowie zielund zweckgerichtet unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder auf Grund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a). das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der Vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, die Unabhängigkeit der Gerichte, der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft und 8) die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt konkretisierten Menschenrechte. '5 Zweiter Teil Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten 86 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Eine Maßnahmeist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Von mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. 87 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger vom 12. März 1992 (GVBI LSA S. 152) oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (2) Voraussetzungen für die Sarnmlung.und Auswertung von.Informationen ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des $ 4 Abs. 1. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln, insbesondere durch Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observation, Bildund Tonaufzeichnungen und die 76 Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen Informationen verdeckt erheben. Die nachrichtendienstlichen Mittel sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnungsolcher Informationsbeschaffung regelt. Die Dienstvorschrift ist der Parlamentarischen Kontrollkommission zu übersenden. (4) Die Behörden des Landes sind verpflichtet, den Verfassungsschutzbehörden technische und verwaltungsmäßige Hilfe für Tarnmaßnahmen zu leisten. (5) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu; sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugtist. (6) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach $ 4 Abs. 2 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. (7) Die Verfassungsschutzbehörde ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). 88 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf-Informationen; insbesondere personenbezogene Daten, mit nachrichtendienstlichen Mitteln erheben, wenn Tatsachen die Annahmerechtfertigen, daß 1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder 77 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen der Verfassungsschutzbehörde gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich st. Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigungist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach $ 17 Abs. 3 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines nachrichtendienstlichen Mittels darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen; insbesondere nicht außer Verhältnis zu der Gefahr, die von der jeweiligen Bestrebung oder Tätigkeit im Sinne des $ 4 Abs. 1 ausgeht. (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben einzelner Personen unerläßlich ist und geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in einer Wohnung. (3) Bei Erhebungen nach Absatz 2 und solchen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, ist 1. die Parlamentarische Kontrollkommission zu unterrichten und 2. der Eingriff nach seiner Beendigung der betroffenen Person mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffs ausgeschlossen werden kann. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist spätestens drei Jahre nach Beendigung des Eingriffs zu unterrichten, sofern eine Mitteilung an die betroffene Person nicht erfolgt ist. Die durch solche Maßnahmen erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des $ 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 78 Grundgesetz vom 13. August 1968 (BGBl. IS. 949), zuletzt geändertdurch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBI. IS. 372), verwendet werden. (4) Mit der Ausnahme von Eigensicherungsmaßnahmen ist die Erhebung nach Absatz 1 und 2 in den Fällen des $ 4 Abs. 2 unzulässig. (5) Gegen Unbeteiligte dürfen nachrichtendienstliche Mittel grundsätzlich nicht gezielt angewendet werden. 59 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien und Akten speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Abs. ] vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Abs. 1 erforderlich ist oder 3. die Verfassungsschutzbehörde nach $ 4 Abs. 2 tätig wird. (2) Zur Aufgabenerfüllung nach $ 4 Abs. 2 dürfen in automatisierten Dateien nur personenbezogene Daten über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung unterliegen oderin die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden, (3) Die Speicherung von Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre der betroffenen Personen in Dateien ist unzulässig. (4) Die Verfassungsschutzbehörde hat die Speicherungsdauer auf das für ihre Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. 79 $ 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen Daten über das Verhalten einer Person vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen in Dateien nicht gespeichert werden. Daten über das Verhalten einer Person nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 18 Lebensjahres sind spätestens zwei Jahre nach der Erkenntnis auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach $ 4 Abs. 1 angefallen sind. Für die Führung von Akten zu Minderjährigen gelten Satz 1 und 2 entsprechend. 811 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in Dateien (1) Die Verfassungsschutzbehörde hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. In diesem Fall sind auch die zu ihrer Person geführten Akten zu vernichten. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß durch sie schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person übermittelt werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, 80 ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen-sind. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach $ 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2 oder 4 sind, spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Behördenleiter begründet im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung und legt die Prüffrist erneut fest. (4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden. $ 12 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Daten in Akten (1) Stellt die Verfassungsschutzbehörde fest, daß in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind, oder wird ihre Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat personenbezogene Daten zu sperren, wenn sie im Einzelfall feststellt, daß oline die Sperrung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden und die Daten für ihre künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Spemung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen. $ 13 Dateianordnungen (1) Für jede automatisierte Datei sind in einer Dateianordnung, die der Zustimmung des Ministeriums des Innern bedarf,festzulegen: 8 Bezeichnung der Datei, une Zweck der Datei, Voraussetzungen der Speicherung, Übermittlung und Nutzung (betroffener Personenkreis, Arten der Daten), Anlieferung oder Eingabe, au" Zugangsberechtigung, Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, Protokollierung. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist vor Erlaß einer Dateianordnung anzuhören. (2) Die Speicherung personenbezogener Daten ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. In angemessenen Abständenist die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung der Dateien zu überprüfen. (3) In der Dateianordnung über automatisierte personenbezogene Textdateien ist die Zugriffsberechtigung auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in dem Gebiet betraut sind, dem die Textdateien zugeordnet sind; Auszüge aus Textdateien dürfen nicht ohne die dazugehörenden erläuternden Unterlagen übermittelt werden. Dritter Teil Auskunft $ 14 Auskunft an die betroffene Person (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt der betroffenen Person über zu ihrer Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft, sowie sie hierzu auf einen konkreten Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. 82 Die von der betroffenen Person nach Satz 1 mitgeteilten Informationen dürfen nur zum Zwecke der Prüfung des Auskunftsbegehrens verwendet werden. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgenist, 2. durch die Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde zu befürchtenist, 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. (3) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. (4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist die betroffene Person auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, daß sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das Ministerium des Innern im Einzelfalle feststellt, daß dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die betroffene Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. Der Landesbeauftragte kann die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten, wenn sich 83 für ihn im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunft an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muß. Vierter Teil Informationsübermittlung 815 Unterrichtungspflichten (1) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag mindestens einmal jährlich über Bestrebungen und Tätigkeiten nach $ 4 Abs. 1. (2) Die Landesregierung und die Verfassungsschutzbehörde unterrichten die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach $ 4 Abs. 1. (3) Sie dürfen dabei auch personenbezogene Daten bekanntgeben, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppen erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstehen. $ 16 Zulässigkeit von Ersuchen der Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten (1) Werden öffentliche Stellen, die nicht Nachrichtendienste sind, um Übermittlung personenbezogener Daten ersucht, so dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. 84 (2) Absatz 1 gilt nicht für Ersuchen um solche Daten, die bei der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben bekannt werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörde braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. 817 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Öffentliche Stellen des Landes unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in $ 4 Abs. 1 Nrmn. 1 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach $ 4 Abs. 1, wenn tatsächlich Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme 85 erhoben werden können. Die Ersuchen sind aktenkundig zu machen. Unter gleichen Voraussetzungen darf die Verfassungsschutzbehörde 1. Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts. 2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, Polizeien des Bundes und anderer Länder um die Übermittlung solcher Informationen ersuchen. (4) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 3 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder die betroffene Person unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf die Verfassungsschutzbehörde bei der Wahmehmung der Aufgaben nach $ 4 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 sowie bei der Beobachtung terroristischer Bestrebungen amtliche Register einsehen. (5) Über die Einsichtnahme nach Absatz 4 hat die Verfassungsschutzbehörde einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck und die Veranlassung, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (6) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die auf Grund einer Maßnahme nach $ 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in $ 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die der Verfassungsschutzbehörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlagen findet $ 7 Abs. 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechende Anwendung. (7) Übermittelte Informationen hat die Verfassungsschutzbehörde eigenständig zu bewerten. 86 $ 18 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Auf Anfragen der Einstellungsbehördenerteilt der Verfassungsschutz auch Auskünfte zur Überprüfung der Verfassungstreue von Personen, die sich für den öffentlichen Dienst bewerben. Die Auskunft ist beschränkt auf gerichtsverwertbare Tatsachen aus vorhandenen Unterlagen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zur Wahrungerheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen, insbesondere wegen der Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfängerist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden und die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, über die vorgenommene Verwendung der Daten um Auskunft zu bitten. (4) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Rahmen ihrer Aufgaben nach $ 4 personenbezogene Daten an andere Stellen übermitteln, soweit dies für die Erhebung personenbezogener Daten erforderlich ist. Im übrigen dürfen personenbezogene Daten an andere Stellen 87 nicht übermittelt werden, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder ferner zur Abwehrvon sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten einer fremden Macht erforderlich ist und das Ministerium des Innern seine Zustimmung erteilt hat. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfängerist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, daß die Verfassungsschutzbehörd sich vorbehält, über die vorgenommene Verwendung der Daten um Auskunft zu bitten. $ 19 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an StrafverfolgungsundSicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfasssungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, der Polizei, von sich aus die ihr bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. (2) Delikte nach Absatz 1 sind l. die in 8$ 74 a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten, 2. alle Straftaten, bei denen auf Grund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, a) daß sie sich gegen die freiheitliche demokratischen Grundordnung, gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, b) daß es sich um Bestrebungen handelt, die durch Anwendung von Gewalt oder durch darauf gerichtete 88 Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (Artikel 73 Nr. 10 Buchst. b und_c des Grundgesetzes, Gesetzestext ist ebenfalls im Anhang abgedruckt). (3) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (4) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Empfängers erforderlich ist ($ 21 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes). 8% Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Teils unterbleibt, wenn l. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Informationen, insbesondere bei Daten aus der engeren Persönlichkeitssphäre, und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen, insbesondere wenn die Informationen zu löschen waren. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen 89 Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. 8 21 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach $ 10 erfüllt sind. Liegen die Voraussetzungen nicht mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutungerforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres aus nicht zur Person geführten Akten dürfen an ausländische, überoder zwischenstaatliche Stellen nicht übermittelt werden. 8 22 Pflichten des Empfängers Der jeweilige Empfänger prüft, ob die nach Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß sie nicht erforderlich sind, hat er die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbaren Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren und in den Akten entsprechend zu kennzeichnen. % $ 23 Nachberichtspflicht | Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, es sei denn, daß dies für die Beurteilung eines Sachverhaltes ohne Bedeutungist. Fünfter Teil Parlamentarische Kontrolle 8 24 Parlamentarische Kontrollkommission (1) Die Landestegierung unterliegt auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes der Kontrolle durch den Landtag. Diese Aufgabe nimmt die Parlamentarische Kontrollkommission wahr. (2) Die Rechte des Landtages und seiner Ausschüsse bleiben unberührt. 8 25 Zusammensetzung und Wahl (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus fünf Abgeordneten des Landtages. Die Sitze stehen den Fraktionen nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren im Verhältnis ihrer Stärke zu. (2) Der Landtag wählt die Mitglieder der Kommission sowie die gleiche Zahl von Stellvertretern mit der Mehrheit seiner Abgeordneten. 9 (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Landtages solange aus, bis der nachfolgende Landtag eine neue . Parlamentarische Kontrollkommission gewählt hat. (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Kommission. Absatz 3 bleibt unberührt. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus der Kommission ausscheidet. $ 26 Verfahrensweise (1) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder und ihre Stellvertreter sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Kommission. Die Pflicht zur Geheimhaltunggilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln das anwesenden Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission ihre vorherige Zustimmungerteilt. (2) Die Kommission tritt mindestens vierteljährlich, zusätzlich auf Antrag eines Mitgliedes zusammen. (3) Sie wählt eine Vorsitzende und gibt sich eine Geschäftsordnung. Diese regelt auch, unter welchen Voraussetzungen Sitzungsunterlagen und Protokolle von den Mitgliedern der Kommission und ihren Stellvertretern eingesehen werden können. 8 27 Aufgaben und Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Hierzu gehört auch das Tätigwerden von Verfassungschutzbehörden anderer Länder und das Bundesamtfür Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt. Sie berichtet auch über den Erlaß von Verwaltungsvorschriften. Die Entwürfe der jährlichen Wirtschaftspläne der Verfassungsschutzbehörde werden der Kommission zur Mitberatung überwiesen. Die Landesregierung unterrichtet die Kommission über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. Die Kommission hat das Recht, von sich aus Sachverhalte aufzugreifen. (2) Die Kommission hat auf Antrag mindestens eines ihrer Mitglieder das Recht auf Erteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde sowie auf Anhörung von Auskunftspersonen. Der Minister des Innem kann einem bestimmten Kontrollbegehren widersprechen, wenn es im Einzelfall die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erheblich gefährden würde; er hat dies vor dem Ausschuß schlüssig zu begründen. Die besonderen Rechte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse bleiben unberührt. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission ist auch das Gremium nach dem Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz, das nach $ 11 Abs. 1 und 5 dieses Gesetzes über die angeordneten Beschränkungsmaßnahmen unterrichtet wird. $ 9 Abs. 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz bleibt unberührt. (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission erstattet dem Landtag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über ihre bisherige Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des 8 26 Abs. 1 zu beachten. 93 . $ 28 Beteiligung des Datenschutzbeauftragten Die Parlamentarische Kontrollkommission hat auf Antrag von mindestens zwei Mitgliedern den Landesbeauftragen für den Datenschutz zu beauftragen, die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen, die die Verfassungsschutzbehörde durchgeführt hat, zu überprüfen. Die Befugnisse des Beauftragten richten sich nach den Bestimmungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger. 8 29 Datenerhebungen bei Mitgliedern des Landtages (1) Setzt die Verfassungsschutzbehörde nachrichtendienstliche Mittel gegen ein Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt ein, hat der Minister des Innen die Parlamentarische Kontrollkommission und den Präsidenten des Landtages unverzüglich hiervon zu unterrichten. (2) Im Falle des Absatz 1 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Läßt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. 94 Sechster Teil Schlußvorschriften $ 30 Geltung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger Bei der Erfüllung der Aufgaben nach $ 4 durch die Verfassungsschutzbehörde finden die $$ 7 und 9 bis 16 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger keine Anwendung. 8 31 Inkrafttreten Dieses Gesetztritt vierzehn Tage nach seiner Verkündung in Kraft 95 4. Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) (G 10) Vom 13. August 1968 (BGBl. IS. 949, (BGBl. III 190-2) zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 1992 (BGBi. IS. 997) sl (1) Zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantik-Vertrages oder der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der drei Mächte sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, das Amt für den militärischen Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst berechtigt, dem Brief-, Postoder Fernmeldegeheimnis unterliegende Sendungen zu öffnen und einzusehen sowie den Fernmeldeverkehr zu überwachen und aufzuzeichnen. (2) Die Deutsche Bundespost hat der. berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über den Postverkehr zu erteilen und Sendungen, die ihr zur Übermittlung auf dem Postweg anvertraut sind, auszuhändigen. Die Deutsche Bundespost und jeder andere Betreiber von Femmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, haben der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über den nach Wirksamwerden der Anordnung durchgeführten Fernmeldeverkehr zu erteilen, Sendungen, die ihnen 9% zur Übermittlung auf dem Fernmeldeweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs zu ermöglichen. Sie haben für die Durchführung der vorstehend genannten Anordnungen das erforderliche Personal bereitzuhalten, daß gemäß $ 3 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes des jeweiligen Geheimhaltungsgrades ermächtigt ist. $2 (1) Beschränkungen nach $ 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß jemand l. Straftaten des Friedensverrates oder des Hochverrates ($$ 80, 80a, 81, 82 und 83 des Strafgesetzbuches), 2. Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (88 84, 85, 86, 87, 88 89 des Strafgesetzbuches, $ 20 Abs. 1 Nr. 1,2, 3 und 4 des Vereinsgesetzes), 3. Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit ($$ 94, 95, 96, 97a, 97b, 98, 99, 100, 100a des Strafgesetzbuches), 4. Straftaten gegen die Landesverteidigung ($$ 109e, 109f, 109g des Strafgesetzbuches), 5. Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantik-Vertrages oder der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der drei Mächte ($8 87, 89, 4,95, 96, 98, 99, 100, 109e, 109f, 109g des Strafgesetzbuches in Verbindung mit Artikel 7 des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 1. Juni 1957 in der Fassung des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes), 97 6. Straftaten nach $ 129a des Strafgesetzbuches oder 7. Straftaten nach $ 92 Abs. 1 Nr. 8 des Ausländergesetzesplant, begeht oder begangen hat. (2) Eine Anordnung nach Absatz 1 ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder daß der Verdächtige ihren Anschluß benutz. Abgeordnetenpost von Mitgliedern der Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet. Das gilt nicht, wenn und soweit die Kommission festgestellt hat, daß konkrete Umstände die Annahme rechtfertigen, daß die Post nicht von dem Abgeordneten stammt. $ 9 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. $3 (1) Außer in den Fällen des $ 2 dürfen Beschränkungen nach $ 1 für Postund Fernmeldeverkehrsbezeichnungen abgeordnet werden, die der nach $ 5 zuständige Bundesminister mit Zustimmung des Abgeordnetengremiums gemäß $ 9 bestimmt. Sie sind nur zulässig zur Sammlung von Nachrichten über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig zu erkennen und einer solchen Gefahr zu begegnen. (2) Die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen nicht zum Nachteil von Personen verwendet werden. Dies gilt nicht, wenn gegen die Person eine Beschränkung nach $ 2 angeordnet ist oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß jemand eine der in $ 2 dieses Gesetzes, 98 $ 138 des Strafgesetzbuches, 8 34 und 35 des Außenwirtschaftsgesetzes oder $$ 19 bis 21, 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen genannten Handlungen geplant, begeht oder begangenhat. s4 (1) Beschränkungen nach $ 1 dürfen nur auf Antrag angeordnet werden. (2) Antragsberechtigt sind im Rahmenihres Geschäftsbereichs 1. indenFällendes$2 a) das Bundesamt für Verfassungsschutz durch seinen Präsidenten oder dessen Stellvertreter, b) die Verfassungsschutzbehörden der Länder durch ihre Leiter oder deren Stellvertreter, ce) bei Handlungen gegen die Bundeswehr das Amt für den militärischen Abschirmdienst durch seinen Leiter oder dessen Stellvertreter, d) bei Handlungen gegen den Bundesnachrichtendienst dieser durch seinen Präsidenten oder dessen Stellvertreter. 2 in den Fällen des $ 3 der Bundesnachrichtendienst durch seinen Präsidenten oder dessen Stellvertreter. (3) Der Antrag ist unter Angabe von Art, Umfang und Dauer der beantragten Beschränkungsmaßnahme schriftlich zu stellen und zu begründen. Der Antragsteller hat darin darzustellen, daß die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 99 85 (1) Zuständig für die Anordnungnach $ 1 ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehörden der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im übrigen ein vom Bundeskanzler beauftragter Bundesminister. (2) Die Anordnung ergeht schriftlich; sie ist dem Antragsteller und der Deutschen Bundespost oder dem anderen Betreiber von Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmtsind, mitzuteilen. In ihr sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahmezu bestimmen und die zur Überwachungberechtigte Stelle anzugeben. (3) Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehrals drei weitere Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. (4) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet das jeweilige Landesamt für Verfassungsschutz über die in dessen Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen. Die Landesämter für Verfassungsschutz teilen dem Bundesamt für Verfassungsschutz die ihnen übertragenen Beschränkungsmaßnahmen mit. (5) Beschränkungsmaßnahmen sind den Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen werden kann. Läßt sich in diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zweckes der Beschränkung ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht eingetreten. ist. Nach der Mitteilung steht den Betroffenen der Rechtsweg offen; $ 9 Abs. 6 findet keine Anwendung. 86 (1) In den Fällen des $ 2 muß die Anordnung denjenigen bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme richtet. 100 (2) Soweit sich in diesen Fällen Maßnahmen nach $ 1 auf Sendungen beziehen, sind sie nur hinsichtlich solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen vorliegen, aus welchen zu schließen ist, daß sie von dem gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. 87 (1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Maßnahmen nach $ 1 Abs. 1 sind unter Verantwortung der antragsberechtigten Stelle und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat. (2) Liegen die Voraussetzungen der Anordnungnicht mehr vor oder sind die sich aus der Anordnung ergebenden Maßnahmen nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu beenden. Die Beendigung ist der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und der Deutschen Bundespost oder dem anderen Betreiber von Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, mitzuteilen. (3) Die durch die Maßnahme erlangten Kenntnisse und Unterlagen dürfen nicht zur Erforschung und Verfolgung andererals der in $ 2 genannten Handlungen benutzt werden, es sei denn, daß sich aus ihnen tatsächliche Anhaltspunkte ergeben, daß jemand eine andere in $ 138 des Strafgesetzbuches genannte Straftat zu begehen vorhat, begeht oder begangenhat. Die in $ 1 Abs. ] genannten Behörden des Bundes dürfen die durch die Maßnahmen erlangten Kenntnisse und Unterlagen auch zur Erforschung und Verfolgung der in $ 34 Abs. 1 bis 6, auch in Verbindung mit $ 35 des Außenwirtschaftsgesetzes oder $ 19 Abs. 1 bis 3, 8 20 Abs. 1 und 2, jeweils auch in Verbindung mit $ 21 oder $ 11a Abs. I Nr. 4, 5, und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen genannten Straftaten benutzen. 101 (4) Sind die durch die Maßnahmen erlangten Unterlagen über einen am Postund Fernmeldeverkehr Beteiligten zu dem in Absatz 3 genannten Zweck nicht mehr erforderlich, so sind sie unter Aufsicht eines der in Absatz 1 genannten Bediensteten zu vernichten. Über die Vernichtungist eine Niederschrift anzufertigen. 88 (1) Sendungen des Postverkehrs, die zur Öffnung und Einsichtnahme der berechtigten Stelle ausgehändigt worden sind, sind unverzüglich dem Postverkehr wieder zuzuführen. Telegramme dürfen dem Postverkehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme berechtigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu übergeben. (2) Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschlagnahme von Sendungen des Postverkehrs bleiben unberührt. 89 (1) Der nach $ 5 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständige Bundesminister unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten ein Gremium, das aus fünf vom Bundestag bestimmten Abgeordneten besteht, über die Durchführung dieses Gesetzes. (2) Der zuständige Bundesminister unterrichtet monatlich eine Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann er den Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Die Kommission entscheidet von amts wegen oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Anordnungen, die die Kommission für 102 unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat der zuständige Bundesminister unverzüglich aufzuheben. (3) Der zuständige Bundesminister unterrichtet monatlich die Kommission über von ihm vorgenommene Mitteilungen an Betroffene ($ 5 Abs. 5) oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. In den Fällen des $ 5 Abs. 5 Satz 3 unterrichtet er die Kommission spätestens fünf Jahre nach Einstellung der Beschränkungsmaßnahmen überseine abschließende Entscheidung. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, hat der zuständige Bundesminister diese unverzüglich zu veranlassen. (4) Die Kommission besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muß, und zwei Beisitzern. Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie werden von dem in Absatz 1 genannten Gremium nach Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahlperiode des Bundestages mit der Maßgabe bestellt, daß ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode endet. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des in Absatz 1 genannten Gremiums bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hören. (5) Durch den Landesgesetzgeber wird die parlamentarische Kontrolle der nach $ 5 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständigen obersten Landesbehörden und die Überprüfung der von ihnen angeordneten Beschränkungsmaßnahmen geregelt. (6) Im übrigen ist gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahme und ihren Vollzug der Rechtsweg nicht zulässig. 103 5. Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz im Land SachsenAnhalt (G 10-AG LSA). Vom 27. April 1993 $1 Zuständige Landesbehörde Oberste Landesbehörde im Sinne des Artikels 1 $ 5 Abs. 1 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (BGBl I S 949), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Mai 1992 (BGBl. IS. 997), die Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses anordnen kann, ist das Ministerium des Innern. 82 Anordnungsund Antragsbefugnis Über den Antrag, Beschränkungendes Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses anzuordnen, sowie über die Mitteilung von Beschränkungsmaßnahmen an den Betroffenen entscheidet der Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung der Staatssekretär im Ministerium des Innern. Antragsberechtigt ist der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, im Falle.seiner Verhinderung sein Stellvertreter. 104 83 Aufgaben und Befugnisse der Kommission (1) Das Ministerium des Innern unterrichtet unverzüglich eine Kommission über die angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Die Kommission prüft den Sachverhalt. Die angeordneten Beschränkungsmaßnahmen sind vollziehbar, nachdem die Kommission festgestellt hat, daß sie zulässig und notwendig sind. (2) Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Landtages des Landes Sachsen-Anhalt, des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Beschränkungsmaßnahme einbezogen werden, die sich gegen Dritte richtet. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Kommission festgestellt hat, daß konkrete Umstände die Annahme rechtfertigen, daß die Post nicht von einem Abgeordneten stammt. $ 3 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) Bei Gefahr im Verzuge kann der Minister des Innern oder sein Vertreter den Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor Unterrichtung der Kommission anordnen. In diesem Falle hat das Ministerium des Innern die Unterrichtung der Kommission unverzüglich, spätestens binnen einer Woche, nachzuholen. Widerspricht die Kommission dieser Anordnung, ist die Maßnahme unverzüglich aufzuheben. (4) Die Kommission entscheidet von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden über die Zuverlässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. $4 Mitteilung an den Betroffenen (1) Das Ministerium des Innern unterrichtet die Kommission innerhalb von drei Monaten nach Einstellung einer Maßnahme über die Mitteilung an Betroffene oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. Kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend 105 über eine Mitteilung entschieden werden, ist die Kommission innerhalb einer von ihr festzusetzenden Frist erneut zu unterrichten. (2) Bedarf es einer Mitteilung nicht, weil eine Gefährdung des Zweckes der Beschränkung auch fünf Jahre nach Einstellung einer Maßnahme immer noch nicht ausgeschlossen werden kann, so hat das Ministerium des Innern die Kommission unverzüglich nach Ablauf dieser Frist über seine abschließende Entscheidung zu unterrichten. (3) Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, ist diese durch das Ministerium des Innern unverzüglich zu veranlassen. 85 Zusammensetzung der Kommission und Verfahrensweise (1) Die Kommission besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muß, und zwei Beisitzern. Die Mitglieder der Kommission sowie für jedes Mitglied ein Vertreter werden von der Parlamentarischen Kontrolikommission nach Anhörung der Landesregierung bestellt; sie dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder oder stellvertretende Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission sein. Die Amtsdauer der Kommissionsmitglieder endet nach Ablauf einer Wahlperiode des Landtages mit der Bestellung einer neuen Kommission. (2) Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. (3) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung der Parlamentarischen Kontrollkommission bedarf. Vor ihrer Zustimmung ist die Landesregierung zu hören. 106 86 Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission Das Ministerium des Innern unterrichtet im Abstand von längstens drei Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über die Durchführung dieses Gesetzes. 87 Inkrafttreten Dieses Gesetztritt vierzehn Tage nach seiner Verkündungin Kraft. 107 6. Strafgesetzbuch (Auszug) $129a Bildung terroristischer Vereinigungen (1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, l. Mord, Totschlag oder Völkermord ($$ 211, 212 oder 220 a), Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des $ 239a oder des $ 239 b und 3. Straftaten nach $ 305 oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der $$ 306 bis 308, 310 b Abs. 1 des $ 311 Abs. 1 des $ 311 a Abs. 1 der $$ 312, 315 Abs. 1 des $ 316 b Abs. 1, des $ 316 c Abs. 1 oder des $ 319 zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren zu erkennen. (3) Wer eine in Absatz 1 bezeichnete Vereinigung unterstützt oder für sie wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (4) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der 108 Absätze 1 und 3 die Strafe nach seinem Ermessen (8 49 Abs. 2) mildern. (5) $ 129 Abs. 6 gilt entsprechend. (6) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (8 45 Abs. 2). (7) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen ( $ 68 Abs. 1). "anusnauenenneen teen neun en een En EEE EEE LEE LEE EEE ET ee nr er ee