MINISTERIUM DES INNERN UND FÜR SPORT VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2019 Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport 55116 Mainz, Schillerplatz 3-5 55022 Mainz, Postfach 3280 Tel.: 06131/16-3773 Mail: info.verfassungsschutz@mdi.rlp.de Internet: www.verfassungsschutz.rlp.de Verfassungsschutzbericht 2019 ISSN 0948-8723 1 2 Vorwort Zwei erschütternde Ereignisse haben uns 2019 von neuem die Bedrohung der Inneren Sicherheit durch den Rechtsextremismus und -terrorismus vor Augen geführt. Am 2. Juni wurde der Kasseler Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke von einem mutmaßlichen Rechtsextremisten ermordet. Am 9. Oktober wurden zwei Menschen Opfer eines antisemitisch motivierten Anschlags auf eine Synagoge in Halle an der Saale. Die Spur des rechten Terrors setzte sich zu Beginn des Jahres 2020 fort. In Hanau wurden am 19. Februar neun Menschen aus offenkundig rassistischen Motiven getötet und mehrere schwer verletzt, bevor der Attentäter seine Mutter und sich selbst erschoss. Die schrecklichen Taten haben tiefe Wunden hinterlassen, sie trafen Menschen aus unserer Mitte. Und die Taten stehen nicht allein. Sie reihen sich ein in den Terror von Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen, Hoyerswerda und die NSUMorde. Mehrere rechtsterroristische Gruppierungen wurden zudem in den letzten Jahren von den Sicherheitsbehörden zerschlagen, bevor sie Taten begehen konnten. Im Februar 2020 wurden nach Durchsuchungen in mehreren Ländern zwölf Personen festgenommen, die in Verdacht stehen, eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet zu haben, darunter auch eine Person aus Rheinland-Pfalz. Angesichts dieser unwiderlegbaren Fakten steht es außer Frage, dass der Rechtsextremismus die zentrale Herausforderung unserer Zeit für Staat und Zivilgesellschaft ist. Rechtsextremismus ist ein Angriff auf die Menschenwürde und die 3 Demokratie - damit trifft er uns alle. Rechtsextremismus ist ein Zivilisationsbruch - unsere Geschichte lehrt eindringlich, was passieren kann, wenn Rechtsextremisten die Macht in Händen haben. Rechtsextremismus hat viele Gesichter - es gibt Agitatoren, Handlanger und Mitläufer. Und es gibt mit den Rechtspopulisten geistige Brandstifter. Auch wenn sie es abstreiten, tragen sie doch dazu bei, dass der innergesellschaftliche Friede und Zusammenhalt nachhaltig gestört wird. Sie polarisieren, provozieren und diskreditieren. Sie grenzen Mitmenschen aus und rütteln am demokratischen Fundament unserer Verfassungsordnung. Damit spielen sie den Rechtsextremisten in die Hände. In jüngerer Zeit richtet sich der Blick des Verfassungsschutzes auf ein weiteres sicherheitspolitisches Gefahrenpotenzial von großer Tragweite - das Verbreiten von Hass und Hetze in der virtuellen Welt des Internets. Insbesondere kommunalpolitisch Verantwortliche, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden und nicht zuletzt Menschen, die sich in unterschiedlichster Weise für andere einsetzen, sind verstärkt Ziele übelster, vielfach rechtsextremistisch motivierter Diffamierungen, bis hin zu unverhohlenen Gewaltaufrufen. Dass Worten Taten folgen können, dokumentiert der Mord an Dr. Lübcke. Dem allen entschieden zu begegnen, Hass und Hetze zu widerstehen und dem Treiben der Extremisten Einhalt zu gebieten, ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Für die Landesregierung ist dies ein zentrales Anliegen, denn der Staat steht in besonderer Verantwortung. Er muss für ein Höchstmaß an Sicherheit für alle hier lebenden Menschen Sorge tragen. Für die Landesregierung ist es daher unabdingbar, ihren Kurs beizubehalten. Das Land setzt weiter auf konsequentes Einschreiten, eine umfassende Prävention und Ausstiegshilfen für diejenigen, die sich vom extremistischen Gedankengut lösen möchten. Dem Verfassungsschutz kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Die Beobachtung des Rechtsextremismus erfolgt in Rheinland-Pfalz seit langem mit Priorität und großer Intensität. Dabei trägt er stets den Erfordernissen der Lageentwicklung Rechnung. So nahm am 1. August 2019 die Taskforce "Gewaltaufrufe rechts" ihre Arbeit auf, die seitdem das Internet-Monitoring zielgerichtet vorantreibt, um rechtsextremistische Hetzer zu entlarven. Sie arbeitet Hand in Hand mit den Ermittlungsbehörden. Ein Ziel ist es, möglichst viele Personen, die Hass und Hetze im Internet verbreiten, zur Verantwortung zu ziehen. 4 Der Verfassungsschutz in Rheinland-Pfalz zeigt sich zu Beginn des neuen Jahrzehnts gut aufgestellt. Im Februar 2020 trat das neue Landesverfassungsschutzgesetz in Kraft, das mit großer Mehrheit im Landtag verabschiedet wurde, was ich sehr begrüße. Das Gesetz normiert die für eine effiziente Arbeit unabdingbaren Befugnisse des Verfassungsschutzes. Es trägt insbesondere den heutigen Herausforderungen zur Datenerhebung in digitalen Medien Rechnung. Zugleich wird die parlamentarische Kontrolle nachhaltig gestärkt und ausgedehnt. Der Verfassungsschutz wird weiterhin als unverzichtbares Element der wehrhaften Demokratie seine Aufgaben mit Sachkunde und Engagement erfüllen. Verfassungsfeindliche Bestrebungen gleich welcher Richtung bleiben in seinem Blickfeld. Das gilt neben dem Rechtsextremismus ebenso für den Islamismus, den Linksund den Ausländerextremismus, wie auch für das "Reichsbürger"Spektrum. Daneben bleiben die Themenfelder Spionageabwehr und Cybersicherheit Arbeitsschwerpunkte. Der vorliegende Bericht informiert die Öffentlichkeit über die wesentlichen Erkenntnisse ohne Anspruch auf eine abschließende Aufzählung. Roger Lewentz Minister des Innern und für Sport 5 6 INHALTSVERZEICHNIS Seite A. Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz I. Verfassungsschutz in der wehrhaften Demokratie 12 II. Verfassungsschutzbericht 2019 13 III. Strukturdaten 14 IV. Öffentlichkeitsund Präventionsarbeit 14 1. Extremismusprävention 15 2. Wirtschaftsschutz und Sicherheitspartnerschaft 19 B. Verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen I. Brennpunktthemen 23 1. Wenn Worten Taten folgen - rechtsextremistische Hetze und Gewaltaufrufe im Internet 24 2. Feind Mensch - Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im Extremismus 28 3. Umwelt schützen - Extremisten im grünen Gewand 37 II. Rechtsextremismus und -terrorrismus 43 1. Überblick und Entwicklungen 2019 44 2. Personenpotenzial 48 3. Rechtsextremistisches Spektrum 48 3.1 Gewaltorientierter Rechtsextremismus 50 "Combat 18" (C18) 51 "Kameradschaft Aryans" 52 "Freikorps Deutschland" / "Freikorps Heimatschutz Division 2016" 53 7 3.2 Rechtsterrorismus 54 3.3 Rechtsextremistische Parteien 56 3.3.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 57 "Junge Nationalisten" (JN) 61 "Ring Nationaler Frauen" (RNF) 61 3.3.2 "Der III. Weg" 62 3.3.3 "DIE RECHTE" 66 3.3.4 Extremistische Strukturen in der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) 69 3.3.4.1 "Der Flügel" 70 3.3.4.2 "Junge Alternative" 70 3.4 Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen 71 3.4.1 "Neue Rechte" 71 "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) 73 3.4.2 Neonationalsozialisten / Neonazis 76 3.5 Weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial 78 3.5.1 Subkulturell geprägte Rechtsextremisten 79 "Hammerskins" 80 3.5.2 Rechtsextremistische Musikszene 81 III. "Reichsbürger"-Spektrum und "Selbstverwalter" 85 1. Überblick und Entwicklungen 2019 86 2. Personenpotenzial 87 3. Weltanschauung 89 4. Strukturen und Strömungen 89 IV. Linksextremismus 93 1. Überblick und Entwicklungen 2019 94 2. Linksextremistisches Personenpotenzial 96 8 3. Gewaltbereiter Linksextremismus 96 3.1 Autonome 97 3.2 Aktionsfelder militanter Linksextremisten 97 V. Islamismus 101 1. Überblick und Entwicklungen 2019 102 2. Islamistisches Personenpotenzial 103 3. Ereignisse und Entwicklungen im Bereich des jihadistischen Terrorismus 103 3.1 International 103 3.2 Bundesrepublik Deutschland 106 3.2.1 Anschlagsgefahr 106 3.2.2 Reisebewegungen 107 4. Islamismus in Rheinland-Pfalz 109 4.1 Salafistische Bestrebungen 111 4.2 HAMAS ("Islamische Widerstandsbewegung") 115 4.3 "Hizb Allah" ("Partei Gottes") 116 4.4 "Kalifatsstaat" 117 4.5 "Muslimbruderschaft" 118 4.6 "Türkische Hizbullah" 120 VI. Sicherheitsgefährdende und extremistische 121 Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) 1. Überblick und Entwicklungen 2019 122 2. Personenpotenzial 123 3. "Arbeiterpartei Kurdistans" (Partiya Karkeren Kurdistan) PKK 123 4. "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 129 9 VII. Spionageabwehr und Cyberangriffe 131 1. Aufgabe und allgemeine Lage 132 2. Aktivitäten der Spionageabwehr 133 2.1 Themenfeld Spionage 133 2.2 Themenfeld Proliferation 138 2.3 Wirtschaftsspionage/-sabotage 140 2.4 Cyberangriffe 141 VIII. Geheimund Sabotageschutz 145 C. Anhang 147 I. Übersichten Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 148 II. Register 149 III. Rechtliche Grundlagen 153 Grundgesetz (Auszug) Landesverfassungsschutzgesetz 10 A. Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz 11 I. Verfassungsschutz in der wehrhaften Demokratie Der Verfassungsschutz als Element der wehrhaften Demokratie dient dem Schutz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die föderative Verfassungsschutzstruktur in Deutschland umfasst das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und 16 eigenständige Landesbehörden. Verfassungsschutzbehörde in Rheinland-Pfalz ist das Ministerium des Innern und für Sport, wahrgenommen durch die Abteilung 6. Als "Frühwarnsystem" hat die VerfasDie Mütter und Väter unserer sungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz Verfassung wollten nicht nur den gesetzlichen Auftrag, insbesondeeine wehrhafte, eine streitbare re alle politisch bestimmten, zielund Demokratie, sie wollten auch zweckgerichteten Verhaltensweisen eine wertebasierte Demokratie. zu beobachten und auszuwerten, die Bundespräsident a.D. Joachim Gauck, auf eine Beeinträchtigung oder gar Auszug seiner Abschiedsrede vom 18. Beseitigung der freiheitlichen demoJanuar 2017 kratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zielen (vgl. SSSS 4 und 5 Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG). Gemeint sind damit verfassungsfeindliche, d.h. extremistische Bestrebungen. Vom gesetzlichen Beobachtungsauftrag nicht umfasst sind hingegen radikale Bestrebungen oder Verlautbarungen sowie bloße Meinungsbekundungen und politische Einstellungen. Entsprechende Äußerungen, erst recht populistische, mögen provokativ und polemisch sein; gleichwohl sind sie von der grundgesetzlich verbürgten Meinungsfreiheit gedeckt. Insofern beschränken sich die in dem Verfassungsschutzbericht dargelegten Erkenntnislagen der einzelnen, vielschichtigen Phänomenbereiche allein auf die jeweiligen Verhaltensebenen, d.h. auf einen (vom Gesetzgeber definierten) Ausschnitt. Darüber hinaus ist der Verfassungsschutz für die Abwehr von Spionage zuständig und wirkt bei Sicherheitsund Einbürgerungsüberprüfungen mit. 12 Die Analysen, Lagebilder und Operativmaßnahmen des Verfassungsschutzes sind wichtige Beiträge für die politische Auseinandersetzung mit Extremisten und Grundlage für exekutive Maßnahmen, etwa Vereinigungsverbote oder strafprozessuale Ermittlungsverfahren. Seine Erkenntnisse gewinnt der Verfassungsschutz in einem nicht geringen Maße aus öffentlich zugänglichen Quellen. Er setzt zudem - unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und auf der Basis der einschlägigen gesetzlichen Regularien - nachrichtendienstliche Mittel zur verdeckten Informationsbeschaffung ein (z.B. Vertrauenspersonen). Bei der Aufgabenerfüllung sind ihm polizeiliche oder strafprozessuale Zwangsmittel untersagt; er darf weder Personen kontrollieren oder festnehmen, noch Wohnungen durchsuchen oder Sachen beschlagnahmen. Die Tätigkeit des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes unterliegt einer vielschichtigen Kontrolle. Die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags wird fortlaufend und umfassend über die Arbeit des Verfassungsschutzes unterrichtet. Darüber hinaus gibt die Landesregierung der Kommission auf Verlangen Einsicht in Akten und Dateien und gestattet die Anhörung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Daneben hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit umfassende Kontrollrechte. Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Grundgesetz (GG) sind von der vom Landtag eingesetzten unabhängigen G10Kommission im Einzelfall zu genehmigen. II. Verfassungsschutzbericht 2019 Der Verfassungsschutzbericht des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport dient der Unterrichtung und Aufklärung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen, von denen Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehen. Der Bericht enthält keine abschließende Aufzählung, Darstellung und Bewertung verfassungsfeindlicher Personenzusammenschlüsse. Bei den genannten Parteien, Organisationen und Gruppierungen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz vor. Es 13 wird nur zu Organisationen berichtet, die nachweislich verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Bewertung einer Organisation im Verfassungsschutzbericht als extremistisch nicht bedeutet, dass alle ihre Mitglieder extremistische Bestrebungen entwickeln. Dem Verfassungsschutz liegen auch nicht zu allen Extremisten personenbezogene Daten vor. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass der Verfassungsschutz in erster Linie einen Strukturbeobachtungsauftrag hat. Die Zahlenangaben sind daher teilweise geschätzt und datieren mit Stand 31. Dezember 2019. Die im Verfassungsschutzbericht genannten Strafund Gewalttatenzahlen wurden nach dem von der Innenministerkonferenz beschlossenen polizeilichen Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK) erfasst, welches die die Tat auslösende politische Motivation in den Vordergrund stellt. Es umfasst damit sowohl Taten mit erkennbar extremistischem Hintergrund wie auch politisch motivierte Delikte, bei denen (noch) nicht von einem extremistischen Hintergrund gesprochen werden kann. III. Strukturdaten Der vom Landtag Rheinland-Pfalz beschlossene Haushaltsplan der Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz weist für 2019 insgesamt 195 Stellen (2020: 203) aus. Das Budget für Sachausgaben ohne Personalkosten im Haushaltsjahr 2019 betrug 1.754.000 EUR und 1.500.000 EUR für Investitionen. IV. Öffentlichkeitsund Präventionsarbeit Unter dem Leitgedanken "Prävention durch Information" betreibt der rheinlandpfälzische Verfassungsschutz eine offensive, auf weitgehende Transparenz angelegte Öffentlichkeitsund Präventionsarbeit. In diesem Sinne informiert er beispielsweise umfassend über sich und seine Arbeit im jährlichen Verfassungs14 schutzbericht. Hierfür gibt es gute Gründe: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte können nicht ohne politische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen des Extremismus bewahrt werden. Hierzu leistet der Verfassungsschutz, seinem gesetzlichen Auftrag folgend, mit seinen Informationen einen wichtigen Beitrag. Auf Anfrage werden Vortragsund Diskussionsveranstaltungen zu AufHaben Sie Interesse an einer Vortragsgaben und Befugnissen des Verfasveranstaltung? Bitte wenden Sie sich an: sungsschutzes sowie zu allen verfasMinisterium des Innern und für Sport sungsschutzrelevanten Themenfeldern Abteilung Verfassungsschutz durchgeführt. Allein im Jahr 2019 nahSchillerplatz 3-5 men an insgesamt 49 Vortragsund 55116 Mainz Diskussionsveranstaltungen des rheinTel.: 06131/16-3773 land-pfälzischen Verfassungsschutzes Fax: 06131/16-3688 Mail: info.verfassungsschutz@mdi.rlp.de oder unter dessen Beteiligung rund 2.400 Personen teil. Darüber hinaus informiert der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz durch themenbezogene Publikationen. Informationsbroschüren können über die Internetadresse http://www.verfassungsschutz.rlp.de abgerufen werden. 1. Extremismusprävention In Rheinland-Pfalz hat die frühzeitige, dauerhafte und vielgestaltige Prävention gegen jede Form des Extremismus einen hohen Stellenwert. Ihre Ausrichtung und Schwerpunkte orientieren sich stets an den aktuellen Gefährdungsund Gefahrenlagen. Besonderes Augenmerk wird angesichts der aktuellen Entwicklung auf die Rechtsextremismusprävention gelegt. Bei der Prävention wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt. Unter dem Aspekt der Generalprävention setzt sie bereits bei der Verbesserung von Lebenssituationen an. Schließlich gehören Menschen in prekärer Lage unter dem Aspekt der Nachwuchsgewinnung zu den Zielgruppen von Extremisten. Ein weiterer wesentlicher Teil der Präventionsangebote des Landes hat zum Ziel, Jugendliche mit den Wer15 ten unserer freiheitlichen Staatsund Verfassungsordnung vertraut zu machen. Demokratiebewusstsein, Toleranz und Zivilcourage sollen so gestärkt werden, um den Gefahren menschenverachtender Ideologien begegnen und widerstehen zu können. Ebenso viel Raum nehmen die Förderung von Partizipation und bürgerschaftlichem Engagement als gelebte Demokratie sowie die Festigung und Verstetigung der Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger ein. Zu den vielfältigen Präventionsmaßnahmen zählt nicht zuletzt auch die intensive Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes über extremistische Umtriebe unter dem Motto "Prävention durch Information" durch die Präventionsagentur gegen Extremismus. Präventionsagentur gegen Extremismus Mit Ministerratsbeschluss vom 10. Juni 2008 wurde beim rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz zur Intensivierung der themenbezogenen Präventionsarbeit zunächst die Präventionsagentur gegen Rechtsextremismus eingerichtet. Seit Mitte 2017 besteht die Agentur als Präventionsagentur gegen Extremismus fort. Mit diesem Schritt wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Fokussierung allein auf das Thema Rechtsextremismus nicht ausreicht, um den aktuellen Anforderungen einer umfassenden Information über alle verfassungsschutzrelevanten Themenfelder gerecht zu werden. Die Arbeitsschwerpunkte der Präventionsagentur gegen Extremismus liegen auf den Feldern Koordination, Kooperation, Dokumentation und nicht zuletzt der Information. Dabei wird schwerpunktmäßig über extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen informiert, damit die Adressaten der Informationen sich gegen extremistische Umtriebe wappnen und Gegenmaßnahmen ergreifen können. Die Präventionsagentur steht Mandatsund Amtsträgern, Bediensteten und Gremien der Landesund Kommunalverwaltung als Ansprechpartner und 16 Dienstleister zur Verfügung. Dabei hilft die personelle und fachliche Nähe der Präventionsagentur zum rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz, da sie hierdurch über aktuelle Lageinformationen verfügt. Ergeben sich Probleme mit extremistischem Bezug in Landkreisen, Städten und Gemeinden, werden diese, auf Wunsch auch vor Ort, individuell informiert. 1.1 Programme des Landes gegen Rechtsextremismus In Rheinland-Pfalz steht die konsequente und nachhaltige Bekämpfung des Rechtsextremismus seit Jahren auf folgenden Säulen: # Konsequentes Einschreiten (Null Toleranz gegenüber der Intoleranz!). # Umfassende Prävention. # Hilfen für Menschen, die den Ausstieg suchen. Konsequentes Einschreiten - keine Foren für Rechtsextremisten Das Leitbild "Null Toleranz!" richtet sich direkt gegen die rechtsextremistische Ideologie und ihre Protagonisten. Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene wie Aufmärsche, die Verbreitung von Propagandamaterial und Konzertveranstaltungen werden konsequent im Vorfeld aufgeklärt und mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft. Dadurch werden der Bewegungsspielraum der Rechtsextremisten und ihre Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, soweit wie möglich eingeschränkt. Hilfen für Aussteiger: Aussteigerprogramm "(R)AUSwege aus dem Extremismus" und Programm "Rückwege" Für alle, die in den Rechtsextremismus abzugleiten drohen oder schon verstrickt sind, gilt: Niemand wird aufgegeben. Deshalb hat die Landesregierung das Aussteigerprogramm "(R)AUSwege aus dem Extremismus" beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung eingerichtet. Es wendet sich mit einer kostenlosen Telefonhotline (0800 4546 000) und über ein Internetportal (www.komplexrlp.de) besonders an junge Mitläufer und Sympathisanten der rechtsextremistischen Szene und bietet ihnen Hilfe an, den Weg aus dem menschenfeindlichen Milieu zu finden. 17 Seit Ende 2010 gibt es daneben das Programm "Rückwege", das unter der gleichen Hotline-Nummer erreichbar ist. "Rückwege" setzt dort an, wo Jugendliche und junge Menschen an der Schwelle zum Einstieg in ein rechtsextremes Umfeld stehen. Ihnen werden die Konsequenzen ihres Handelns und mögliche Alternativen aufgezeigt, bevor sich extremistische Haltungen verfestigen können. Die Angebote können auch besorgte oder betroffene Eltern wahrnehmen, für die eigens eine Elterninitiative im Rahmen des Aussteigerprogramms geschaffen worden ist. "(R)AUSwege" steht für den Mut zu einem Neubeginn und ein Leben ohne Hass und Gewalt. 1.2 Programme des Landes gegen Antisemitismus Am 2. Mai 2018 nahm der Beauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen in Rheinland-Pfalz seine Arbeit auf. Er fungiert als Ansprechpartner für Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer jüdischen Glaubens, als ein Bindeglied zwischen der Landesregierung und den jüdischen Gemeinden im Land und als Koordinator aller Bemühungen zur Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus. 1.3 Programme des Landes gegen Islamismus Der Ministerrat hat im September 2015 das "Konzept zur Verhinderung islamistischer Radikalisierung junger Menschen in Rheinland-Pfalz" beschlossen. Es wurde unter Federführung des Jugendministeriums in enger Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium, dem Justizministerium und dem Innenministerium erarbeitet. Ausgangspunkt für diesen ressortübergreifenden Ansatz war die Überzeugung, dass die Komplexität des Islamismus ein Präventionskonzept erfordert, in dem die Expertise unterschiedlicher Behörden gebündelt ist. Das Konzept beruht im Wesentlichen auf zwei Säulen: der allgemeinen und spezifischen Prävention einerseits und einer Beratungsstelle zur Verhinderung islamistischer Radikalisierung und einzelfallbezogener Intervention andererseits. Die Koordinierung der Präventionsprojekte obliegt dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung. 18 Der Verfassungsschutz leistet im Bereich der allgemeinen Prävention einen Beitrag, indem er Informationen zum Islamismus zur Verfügung stellt: # im Internet unter www.mdi.rlp.de, # in der Broschüre "Salafistische Radikalisierung - Ursachen und Auswege", die gemeinsam mit der Polizei erstellt wurde, # in der Broschüre "Islamismus erkennen - Logos, Symbole, Medienorganisationen, Publikationen, Ideologen", # in Fachvorträgen, Informationsveranstaltungen und Workshops für unterschiedliche Berufsund Zielgruppen. Zweck der Informationsvermittlung ist es, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlicher Behörden und Einrichtungen für die Thematik der islamistischen Radikalisierung zu sensibilisieren und sie bei der frühzeitigen Erkennung von Radikalisierungsverläufen oder einer bereits eingetretenen Radikalisierung zu unterstützen. Seit März 2016 existiert in Rheinland-Pfalz die Beratungsstelle "Salam" mit folgenden Aufgaben: # Beratung von Angehörigen und pädagogischen Einrichtungen, # Beratung und Deradikalisierung von Radikalisierten, # Ausstiegshilfen, z.B. für Syrienrückkehrer. Träger der Beratungsstelle ist das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Mainz (Telefon: 0800-7252610, Email: salam@lsjv.rlp.de). 2. Wirtschaftsschutz und Sicherheitspartnerschaft Zum Schutz der rheinland-pfälzischen Unternehmen haben die Landesregierung, die Kammern und Unternehmensverbände sowie die Vereinigung für die Sicherheit der Wirtschaft im Jahr 2005 eine förmliche Sicherheitspartnerschaft vereinbart, deren Wurzeln bis zur Mitte der 90er Jahre zurückreichen und die bundesweit hohe Beachtung findet. 19 In der Gemeinsamen Erklärung zur Bildung einer Sicherheitspartnerschaft haben sich die Unterzeichner darauf verständigt, insbesondere die mittelständischen und exportorientierten Betriebe im Handel, Handwerk und Gewerbe hinsichtlich der Gefährdungen durch Wirtschaftsspionage, Proliferation, Sabotage, Extremismus und Terrorismus zu sensibilisieren und durch vielfältige Informationsangebote die erforderliche betriebliche Eigenvorsorge zu fördern. Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz nimmt dabei eine koordinierende Rolle wahr. Weitere Informationen zur Sicherheitspartnerschaft mit der Wirtschaft sind unter https://mdi.rlp.de/de/unsere-themen/sicherheit/verfassungsschutz/spionageabwehr-und-wirtschaftsschutz/ abrufbar. 20 B. Verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen im Überblick 21 22 I. Brennpunktthemen 23 Wie erstmals im Verfassungsschutzbericht 2017 werden dem vorliegenden Bericht Brennpunktthemen vorangestellt, die von besonderer Relevanz sind. Das erste Thema befasst sich mit der in jüngerer Zeit verstärkten rechtsextremistisch motivierten Hetze und damit einhergehenden Gewaltaufrufen im Internet. Mit den Beiträgen "Feind Mensch" und "Umwelt schützen" werden zwei Querschnittsthemen aufgegriffen. Ersteres ist bezogen auf alle Phänomenbereiche von besonderer Aktualität, das zweite Thema hat im Jahr 2019 insbesondere aus linksextremistischem Blickwinkel an Dynamik gewonnen. 1. Wenn Worten Taten folgen - rechtsextremistische Hetze und Gewaltaufrufe im Internet Am 18. Juni 2019 erhielt ein Kommunalpolitiker in Neuwied ein an ihn gerichtetes anonymes Schreiben, in dem dieser als "Volksschmarotzer" tituliert und indirekt mit Mord bedroht wird. Am 25. Juni 2019 wurde bekannt, dass drei Wochen zuvor im Eingangsbereich des Grundstücks einer rheinland-pfälzischen Abgeordneten des Deutschen Bundestages eine Patronenhülse 9mm gefunden worden war. Am 27. Juni 2019 wurde ein an eine Mitarbeiterin des Stadtjugendamtes Bad Kreuznach gerichtetes Schreiben mit der unverhohlenen Drohung "Die Jagt hat begonnen Du bist die Nächste" [sic!] bekannt. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Den Ereignissen voraus ging am 2. Juni Allesamt aufknüpfen! Weit 2019 der Mordanschlag eines mutsichtbar bis nur noch Knochen maßlichen Rechtsextremisten auf den baumeln. Soll jeder sehen was Kasseler Regierungspräsidenten Dr. passiert wenn man sein Volk beWalter Lübcke. Diese Tat war ein Fanal. trügt! Sie dokumentiert, wohin weltanschauliche Verblendung in Kombination mit Beispiel aus dem Internet für Hetze geHass und Hetze führen können. Der gen Politikerinnen und Politiker Mordanschlag ist Teil einer Entwicklung, die in jüngerer Zeit zunehmend Sorgen bereitet. Politisch motivierte Hetze, hasserfüllte Anfeindungen und Gewaltaufrufe gegen kommunalund parteipolitisch Aktive sowie gegen Menschen, die sich in vielerlei Hinsicht für ihre Mitmenschen einsetzen oder sich gegen Rechtsextremismus engagieren, haben kontinuierlich zugenommen. 24 Eine besondere Rolle bei der Verbreitung politisch motivierter Hetze spielt das Internet mit den Sozialen Medien.1 Der Grad der Enthemmung und die sprachliche Verrohung, die dabei zu Tage treten, sind signifikant. Es steht außer Frage, dass mit den in höchstem Maße verunglimpfenden verbalen Ausfällen und ebensolchen Bilddarstellungen neben einem politischen Diskurs ohne jegliche sachliche Faktenlage eine starke Emotionalisierung provoziert wird. Diese kann ein Impulsgeber für individuelle Radikalisierungsprozesse sein. Diesen Einschätzungen liegen neben dem Erkenntnisaufkommen der Sicherheitsbehörden nicht zuletzt Veröffentlichungen der Medien zugrunde. So wurde einer nicht repräsentativen Umfrage des Südwestrundfunks (SWR) vom Sommer 2019 unter rund 500 rheinland-pfälzischen Kommunalpolitikern zufolge, bereits jeder zweite der Befragten bedroht oder angefeindet; 54 Prozent gaben die Sozialen Medien als Ort der Anfeindungen an. Knapp die Hälfte der Betroffenen hat das Gefühl, die Anfeindungen hätten zuletzt zugenommen.2 Das Internetportal "kommunal.de" unterstreicht gestützt auf eine Umfrage unter 1.055 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern: "Einschüchterungsversuche sind an der Tagesordnung. Und das längst nicht mehr nur anonym im Netz. ... Der Hass findet seinen Weg raus aus der Anonymität der sozialen Medien immer häufiger direkt in die Amtsstuben und in das Privatleben von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. Ob auf Veranstaltungen oder in persönlichen Gesprächen - der Hass wird immer offener und direkter ausgesprochen".3 Für den Verfassungsschutz sind politisch motivierte Hetze und Gewaltaufrufe in der virtuellen Welt entsprechend seiner gesetzlichen Aufgaben stets dann von Belang, wenn sich zugleich Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ergeben. Aus der fachlichen Sicht des Verfassungsschutzes ist dies bei einer nicht unerheblichen Zahl der bislang erkannten Fälle festzustellen. Dabei ist ein großer Teil der Hetze zumindest rechtsextremistisch motiviert oder geht erkennbar von Rechtsextremisten aus. Gestützt wird diese Einschätzung auch auf polizeiliche Erkenntnisse. So werden in einer Anfang Mai 2019 vom Bundesinnenmi- 1 Siehe hierzu auch Verfassungsschutzbericht Rheinland-Pfalz 2018, Kapitel I. Brennpunktthemen, S. 24ff. 2 https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/Viele-bedrohte-und-angefeindete-Kommunalpolitiker-denken-ansAufhoeren,bedrohte-politiker-100.html, aufgerufen am 7. August 2019. 3 Auszug aus: https://kommunal.de/hasswelle-alle-Zahlen, aufgerufen am 25. Juni 2019. 25 nister veröffentlichten bundesweiten Statistik für 2018 über politisch motivierte Kriminalität 1.130 der insgesamt festgestellten 1.472 Hasspostings im Internet ein rechtsextremer Hintergrund zugeschrieben - das sind rund 77 %. Neben dem rechtsextremistischen Spektrum spielt zweifelsohne auch die "Reichsbürger"-Szene eine nennenswerte Rolle bei der Verbreitung von Hetze und mehr oder weniger offenkundigen Drohungen. Der Staat mit seinen Repräsentantinnen und Repräsentanten auf allen Ebenen fällt in das Feindbildraster von "Reichsbürgern". Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung sind in jüngerer Zeit verstärkt Ziel von Aggressionen. Gefahrensituationen können zu schweren Gewalttaten führen.4 Festzuhalten bleibt: Rechtsextremismus wie auch das "Reichsbürger"-Phänomen fußen auf Weltanschauungen, denen ein ausgeprägtes Feindbilddenken gemein ist. Die jüngere Entwicklung belegt hinlänglich, dass kommunalund parteipolitisch Aktive - aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und der Justiz - sowie Menschen, die sich für andere einsetzen, verstärkt in den Fokus dieses Feindbilddenkens gerückt sind. Diese Entwicklung steht in Korrelation mit einer deutlich forcierten Agitation in der virtuellen Welt. Eine zunehmend verrohte Sprache findet ihre Verbreitung via Sozialer Medien. Dass Worten Taten folgen können, ist dokumentiert. Taskforce Gewaltaufrufe rechts Angesichts der beschriebenen Entwicklung lag es auf der Hand, beim rheinlandpfälzischen Verfassungsschutz das Internetmonitoring zu intensivieren und die Taskforce Gewaltaufrufe rechts einzurichten, die am 1. August 2019 ihre Arbeit aufgenommen hat. Primäre Ziele der Taskforce sind, in der virtuellen Welt rechtsextremistische Hetzer und potenzielle Täter mit Rheinland-Pfalz-Bezug zu identifizieren sowie 4 Dies dokumentieren nicht zuletzt die tödlichen Schüsse eines Szeneangehörigen auf einen Polizeibeamten am 19. Oktober 2016 im Bayerischen Georgensmünd während einer polizeilichen Maßnahme zur Sicherstellung der Waffen des "Reichsbürgers". 26 Netzwerke und mögliche Radikalisierungsprozesse zu erkennen. Ein weiteres Ziel ist es, die Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall in die Lage zu versetzen, in eigener Zuständigkeit tätig zu werden und ggf. weiter zu ermitteln. Wichtig ist: Keiner der Extremisten darf sich sicher fühlen; Mitläufer gilt es abzuschrecken. Die Sicherheitsbehörden Verfassungsschutz und Polizei - wie auch die Justiz - arbeiten in Rheinland-Pfalz zu diesen Zwecken eng und intensiv zusammen. Die Arbeit der Taskforce Gewaltaufrufe rechts ist mit Herausforderungen verbunden. Technische Grenzen und die Möglichkeiten der Anonymisierung erschweren die Identifizierung von Tätern. Dem Spannungsverhältnis zwischen dem Tatbestand der Beleidigung nach SS 185 StGB und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist Rechnung zu tragen. Hochdynamische Radikalisierungsprozesse und fließende Übergänge zwischen virtueller Welt und Realwelt erschweren die Früherkennung und die Gefahrenbewertung. Um nur einige Herausforderungen zu nennen. Hinzu kommen die tagtäglich anfallenden immensen Datenmengen, die im Internet bewegt werden. Wichtiges von weniger Wichtigem zu trennen ist und bleibt ein ambitioniertes Unterfangen. Den Herausforderungen begegnet die Taskforce Gewaltaufrufe rechts mit einer Langzeitstrategie, die auf kontinuierliche, fokussierte Suche setzt. Die ersten Arbeitsergebnisse nach einem halben Jahr (Stand Ende Januar 2020) sind vielversprechend. Was das "Kerngeschäft" der Taskforce im engeren Sinne anbelangt, wurden in den ersten Monaten ihrer Arbeitsaufnahme nach mitunter sehr zeitaufwendigen Recherchen annähernd drei Dutzend Sachverhalte von Relevanz ermittelt und an die Strafverfolgungsbehörden zur weiteren Bearbeitung übergeben. Im Zuge der Aufdeckung der Sachverhalte konnten darüber hinaus Kontakte und Vernetzungen von Rechtsextremisten aufgeklärt werden. In mehr als 60 Fällen erfolgten im ersten halben Jahr Strukturaufklärungen. Wichtige Erkenntnisse konnten durch das Internet-Monitoring darüber hinaus über die Vorgehensweisen rechtsextremistisch motivierter Hetzer in der virtuellen Welt gewonnen werden. Dies ist insbesondere für die Gefährdungseinschätzung und die Erstellung von Lagebildern bzw. dem Aufzeigen von Entwicklungstendenzen von Belang. 27 Ebenso von Bedeutung sind "Zufallsfunde". Die Taskforce stieß bereits wiederholt auf sicherheitsrelevante Sachverhalte, die für Sicherheitsbehörden außerhalb unserer Landesgrenzen von hohem Interesse sind. Dabei waren auch solche, die andere europäische Länder berühren. So wurde man auf ein osteuropäisches Social-Media-Profil mit Verbindungen zu deutschen Rechtsextremisten und antisemitischen Inhalten aufmerksam, auf dem auch Waffen und Munition des Nutzers zur Schau gestellt wurden. Diese ersten Arbeitsergebnisse bestätigen den Nutzen und die Wirksamkeit der Taskforce Gewaltaufrufe rechts bereits in ihrer Aufbauphase. 2. Feind Mensch - Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im Extremismus Das Thema Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit hat im politisch-gesellschaftlichen Diskurs und nicht zuletzt in der Wissenschaft aus guten Gründen einen zunehmenden Stellenwert. Es ist wichtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen, denn Feindschaft gegenüber sozialen Gruppen ist ein Angriff auf das gesellschaftliche Gefüge insgesamt und damit auf den gesellschaftlichen Frieden. Das Wechselspiel von subjektiv wahrgenommener Bedrohung durch bestimmte Gruppen und deren Diskriminierung ist somit auch eine Bedrohung für die Innere Sicherheit und auf lange Sicht für unsere Verfassungsordnung. Als Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bezeichnen wir abwertende und ausgrenzende Einstellungen gegenüber Menschen aufgrund ihrer zugewiesenen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Eine in diesem Sinne menschenfeindliche Haltung kann sich auch in ausgrenzender oder sogar gewalttätiger Handlung zeigen oder Einfluss auf die Gestaltung von diskriminierenden Regeln und Prozessen in Institutionen und den Aufbau von diskriminierenden Strukturen haben. Aus dem Artikel "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit", Beate Küpper, Andreas Zick in: www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/214192/gruppenbezogenemenschenfeindlichkeit, aufgerufen am 16. Dezember 2019 28 Das Phänomen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit hat eine lange und dunkle Geschichte. Zwar sind es nicht nur Extremisten mit ideologisch unterfütterten politischen Ambitionen, die eine Feindseligkeit gegenüber diversen Gruppen entwickeln und ausleben. Doch ist keine Form des Extremismus politischer Prägung ohne ihm innewohnende Feindbilder denkbar. Mit diesem Beitrag soll das Themenfeld Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aus dem Blickwinkel des Verfassungsschutzes betrachtet werden. Skizziert werden daher ausschließlich relevante Bezüge aus dem einschlägigen Beobachtungsspektrum. Der Text ist keine sozialwissenschaftliche Beschreibung des Phänomens. Rechtsextremismus Rechtsextremismus bedeutet Menschenfeindlichkeit. Die rechtsextremistische Weltanschauung gründet auf einem biologistischen Menschenbild der Ungleichwertigkeit und der Konstruktion von Gegensätzen. Die Fiktion eines ethnisch homogenen (deutschen) Volkes, dem "rassisch wertvolle" Merkmale nachgesagt werden, schließt diverse soziale Gruppen aus, die von Rechtsextremisten als minderwertig charakterisiert werden. Rechtsextremisten sehen sich als Elite und wähnen sich zugleich durch vielerlei Feinde verfolgt. So befinden sie sich quasi in einer Art dauernden Ausnahmezustand. Die Folgen liegen auf der Hand: Rassismus in Kombination mit einem exzessiven Feindbilddenken bereitet einen Nährboden für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Fünfundsiebzig Jahre nach der Befreiung des Konzentrationsund Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 sollte nicht vergessen werden, wohin rechtsextremistisch motivierte Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit führen kann, wenn alle Dämme der Zivilisation brechen. Am Anfang stand die Entmenschlichung, am Ende der Genozid. Rechtsextremisten sind in ideologisch-weltanschaulicher Hinsicht rückwärtsgewandt. Die Abwertung und Ausgrenzung einer Vielzahl sozialer Gruppen prägen unverändert und unvermindert ihr Denken und Handeln. Auch an der Methodik ihres Vorgehens hat sich gegenüber den verhängnisvollen historischen "Vorbildern" nichts wesentlich geändert. Angehörige unterschiedlicher sozialer Grup29 pen werden systematisch stigmatisiert. Man nimmt ihnen ihre Würde, indem man sie entmenschlicht, grenzt sie aus und versucht sie zu entrechten. Die Folgen für das betroffene Individuum und für die Gesellschaft insgesamt sind bekanntermaßen verhängnisvoll. Gängige Instrumente der RechtsexHeute ist Halloween, bringt jetremisten zur Diffamierung sozialer den um, den ihr hasst! Schießt Gruppen sind vor allem Verleumdunihnen mitten ins Gesicht, ampugen, das Schüren von Ressentiments tiert ihre Genetalien! Haut ihnen und Vorurteilen sowie nicht zuletzt die den Hammer voll auf die Stirn. Pflege von Verschwörungstheorien.5 Blut muss bis zum Randstein Der Sprachgebrauch ist von abwertenstehen. Schlachtet menschliden, menschenverachtenden Etikettiechen Müll, der humanoide Gerungen geprägt (z.B. "Untermenschen" nozid. Schneidet ihnen, den Hals und "Minusexistenzen" für "rassisch durch...[sic!] Minderwertige", "Langnasen" für Juden, "Zecken" für sogenannte Linke Auszug aus einem Sozialen Netzwerk als usw.). Ebenso alltäglich wie verwerfBeispiel für sprachliche Verrohung. lich ist die sprachliche Gleichsetzung von Menschen mit Katastrophenszenarien (z.B. "Flutwelle von Einwanderern"), Krankheiten und Seuchen oder gar mit Ungeziefer (z.B. "Ratten"). Die Sprache der Rechtsextremisten war schon immer verroht. Doch der Grad der Verrohung hat in jüngerer Zeit kontinuierlich zugenommen. Das wichtigste Medium der Rechtsextremisten, in dem sich ihre Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit entfaltet, ist das Internet. Neben bekannten Sozialen Netzwerken und Online-Plattformen werden Imageboards, Messenger-Dienste, private Chatgruppen und Foren sowie unverfängliche "Ausweichplattformen" etc. intensiv genutzt, um Hetze und Gewaltaufrufe zu verbreiten (vgl. Brennpunktthema 1). Entsprechend hoch ist mittlerweile deren Verbreitungsgrad. Informationsblasen, die sich stetig mit Hetze gegen soziale Gruppen füllen, forcie- 5 Zu den immer noch gängigsten Verschwörungstheorien in rechtsextremistischen Kreisen zählt das antisemitische Narrativ von der jüdischen Weltverschwörungsund Eroberungsstrategie. 30 ren eine Polarisierung in Teilen der Gesellschaft und provozieren Aggressionen gegen diejenigen, die von der Hetze unmittelbar betroffen sind. Die Übergänge von virtueller Welt zur Realwelt sind fließend; die Identifizierung anonymer Hetzer ist oft schwierig. Erschreckend sind heute neben dem Grad der sprachlichen Verrohung der Agitation rechter Demagogen und deren deutlich höherer Verbreitungsgrad. Eine weitere ernstzunehmende Bedrohung für die Innere Sicherheit und den innergesellschaftlichen Frieden ergibt sich nicht zuletzt aus der Bandbreite des rechtsextremistischen Feindbildspektrums. Es bleibt kaum eine gesellschaftlich relevante soziale Gruppe von rechtsextremistischen Anfeindungen ausgenommen, es sei denn, sie ist aus rechtsextremistischer Sicht weltanschaulich "auf Linie" oder sie entspricht physisch den abstrusen, rassistischen Vorstellungen der Rechtsextremisten. Kurzum, es trifft viele: Angehörige bestimmter Glaubensrichtungen, ethnische Minderheiten, Migranten, politisch Andersdenkende, Menschen, die sich für Gleichberechtigung einsetzen (Stichwort: Antifeminismus), Menschen mit Behinderung oder Obdachlose, Homosexuelle, um nur einige gängige Feindbilder zu nennen. Zu den tradierten Feindbildgruppen der Rechtsextremisten zählt insbesondere das Judentum (Stichwort: Antisemitismus). Zwar agitieren und agieren nicht ausschließlich Rechtsextremisten antisemitisch (vgl. Thema Islamismus in diesem Artikel). Unstreitig ist jedoch, dass Antisemitismus immer noch zumeist von rechtsextremistischer Seite ausgeht oder zumindest eine rechtsextremistische Motivation zu Grunde liegt. Dabei treten heute noch deutliche Parallelen zum Rassen-Antisemitismus nationalsozialistischer Prägung zu Tage. Jüdinnen und Juden werden von Rechtsextremisten weiterhin vor allem als Angehörige einer "minderwertigen Rasse" definiert. Menschen jüdischen Glaubens sind immer wieder Ziele rechtsextremistischer Agitation. Neben vergleichsweise subtileren Formen des rechtsextremistisch motivierten Antisemitismus dominieren dabei heute Schmähungen übelster Art, wie der dem Internet entnommene aktuelle Text in dem Schaubild exemplarisch verdeutlicht. 31 Eine ebenso "traurige Tradition" im Rechtsextremismus hat die gleichsam rassistisch determinierte Feindschaft gegenüber Roma und Sinti (Stichwort: Antiziganismus). Bis heute machen unter Rechtsextremisten einschlägige Stereotype die Runde und werden propagiert, so Behauptungen über die vermeintliche "rassische Minderwertigkeit" und die "Verdorbenheit" dieser Volksgruppen. Vergleichsweise stärker von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit von rechts sind in den letzten Jahren Musliminnen und Muslime betroffen (Stichwort: Islamophobie). Vor dem Hintergrund zeitweise deutlich gestiegener Flüchtlingszahlen aus islamisch geprägten Herkunftsräumen ist die Agitation in diese Richtung kontinuierlich stärker geworden. Auch heute, unter dem Eindruck rückläufiger Flüchtlingszahlen, hat sich daran nichts grundlegend geändert. Zugenommen hat in jüngster Zeit die menschenverachtende Hetze von Rechtsextremisten gegen Repräsentanten der Politik aller Ebenen. Betroffen sind aber auch verstärkt Menschen, die sich bürgerschaftlich wie ehrenamtlich engagieren oder sich privat auf vielfältige Weise für Mitmenschen einsetzen, z.B. in der Flüchtlingshilfe, und auch Presse und Medien (Stichwort: "Lügenpresse"). Das ist durch Statistiken und Erfahrungsberichte vieler Betroffener aus Politik und Gesellschaft belegt (vgl. Brennpunkte, Artikel Nr. 1). Islamismus Der Islamismus weist unterschiedliche Feindbilder auf. Ein beliebtes Narrativ ist der "Westen" als Grund allen Übels in der islamischen Welt. Hierbei wird jedoch weniger gegen Personen als vielmehr gegen Staaten und ihre Politik Position bezogen. Anders verhält es sich mit menschenfeindlichen Ansichten, die sich gegen soziale Gruppen wie "die Juden" oder "die Ungläubigen" richten. 32 Antisemitismus Der Antisemitismus ist ein fester Bestandteil im Weltbild von Islamisten. Antisemitische Äußerungen finden sich in den Schriften und Reden vieler islamistischer Gelehrter und Meinungsführer. Zumeist werden hierbei Juden negative Charaktereigenschaften sowie feindliche Handlungen gegenüber den Muslimen zugeschrieben. Bei Vertretern des jihadistischen, d.h. militanten Islamismus sind darüber hinaus auch Aufrufe festzustellen, Juden zu bekämpfen. Die Ausrufung der "Internationalen Front für den Jihad gegen Juden und Kreuzzügler" aus dem Jahr 1998 unter der Führung Usama Bin Ladins legt hierfür ein aussagekräftiges Zeugnis ab. Dem Antisemitismus von Islamisten liegt zumeist eine politische Motivation zugrunde. Konkret steht er im Zusammenhang mit dem ungelösten Nahostkonflikt und der Situation der Palästinenser, mit denen sich Islamisten vor allem aufgrund der gemeinsamen Religionszugehörigkeit solidarisch erklären. Anders als in anderen Konfliktsituationen herrscht in dieser Frage Einigkeit zwischen sunnitischen und schiitischen Islamisten, nicht zuletzt hinsichtlich der Zionisten als Feindbild sowie, hiervon nur unscharf abgegrenzt, den Juden allgemein. Der politisch motivierte Antisemitismus wird von Islamisten häufig religiös untermauert. Sie verweisen auf Textpassagen im Koran, in denen Juden negativ dargestellt werden, und ziehen eine Parallele zwischen den "Feindseligkeiten der Juden" gegenüber der frühislamischen Gemeinde um Muhammad sowie den Muslimen der heutigen Zeit. Dabei beschränken sie sich nicht auf das Schicksal der Palästinenser, sondern sehen Zionisten, Juden und den Staat Israel als Drahtzieher hinter vielen Konflikten und Krisensituationen im muslimischen Raum, ohne hierbei Beweise vorzulegen. Insoweit stehen Zionisten, Juden und Israel vielfach im Zentrum islamistischer Verschwörungstheorien. Die Unterscheidung zwischen den drei Begriffen ist im Übrigen häufig rein rhetorischer Natur; tatsächlich vermengen Islamisten diese Begriffe. 33 Antischiitische Positionen im Salafismus Die islamistische Strömung des Salafismus (s. hierzu S. 111) weist zusätzliche Feindbilder auf, unter denen dasjenige der sogenannten Ungläubigen besonders verbreitet ist. Der Vorwurf des Unglaubens trifft hierbei nicht nur Angehörige von Religionen, die außerhalb des Islam stehen, sondern sogar bestimmte muslimische Gruppen. Als Vertreter eines äußerst rigiden sunnitischen Islam verwenden Salafisten vor allem im Hinblick auf schiitische Muslime abwertende Begriffe wie Rawafid, d.h. "Leugner (der Wahrheit)", und Kuffar, d.h. "Ungläubige". Da der Glaubensabfall islamrechtlich betrachtet sogar die Todesstrafe nach sich ziehen kann, enthält die entsprechende Bezichtigung (takfir) durchaus Gefahrenpotential. Das antischiitische Feindbild unter Salafisten geht auf theologische Differenzen zurück. So ist der schiitische Islam durch eine ausgeprägte Verehrung von Imamen gekennzeichnet, also der religiös-historischen Führungspersönlichkeiten der Schiiten. Die wird von Salafisten als "Heiligenverehrung" verurteilt und stellt nach ihrem Verständnis Polytheismus (shirk) dar - und somit automatisch einen Verstoß gegen das islamische Zentraldogma des Monotheismus (tauhid). Bei der Mehrzahl der Salafisten in Deutschland ist das Feindbild Schiiten jedoch lediglich rhetorischer Natur und hat hierzulande nicht zu Übergriffen auf Angehörige der schiitischen Minderheit oder ihrer Moscheen geführt. Islamfeindlichkeit und ihre Instrumentalisierung durch Islamisten Islamfeindliche Positionen beschränken sich nicht nur auf den Rechtsextremismus. Auch bei Einzelpersonen und Gruppierungen aus der vermeintlichen "Mitte der Gesellschaft" sind Aussagen festzustellen, die Muslimen das im Grundgesetz verankerte Recht auf Religionsfreiheit absprechen. Hier wird der Islam mit Islamismus oder islamistischem Terrorismus gleichgesetzt und die Religion als faschistische Ideologie bezeichnet. 34 Islamfeindlichkeit hat durchaus Züge einer Ideologie, indem sie ein zweigeteiltes Weltbild zeichnet. Damit weist sie ungewollt Parallelen zum Islamismus auf. Durch eine polarisierende Rhetorik ist beiden Phänomenen das Ziel einer Spaltung der Gesellschaft gemein. Islamisten greifen die islamophoben Strömungen in Europa und Deutschland in ihren Diskursen auf und nehmen sie sogar zum Anknüpfungspunkt für die Entwicklung einer eigenen Antidiskriminierungsund Antirassismus-Agenda. Allerdings überschreiten Islamisten die Grenze berechtigter Kritik an realen Missständen dort, wo sie beispielsweise die Inhaftierung islamistischer Terroristen als Muslimenfeindlichkeit brandmarken. Insgesamt hat die islamistische Antirassismus-Rhetorik einen oftmals konfrontativen Charakter gegenüber der nichtmuslimischen Bevölkerung und der Politik. Er kommt u.a. in Holocaust-Vergleichen oder in Begriffen wie "Wertediktatur" und "Assimilationsterror" zum Ausdruck, wie sie vor allem von den Gruppierungen "Generation Islam" und "Realität Islam" verwendet werden. Ein solcher Diskurs konterkariert die Verständigung zwischen muslimischen und nichtmuslimischen Bevölkerungsgruppen. Linksextremismus Die Ablehnung der parlamentarischen Demokratie und des marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems durch Linksextremisten geht nahezu deckungsgleich mit einer ausgeprägten Feindseligkeit bis zum Hass gegenüber Personen einher, die aus ihrer Sicht das "System" verkörpern. Der in Frage stehende Personenkreis reicht weit. Betroffen von Hass und Hetze sind - je nach Aktionsund Agitationsfeld - Politikerinnen und Politiker, Polizeibeamtinnen und -beamte, echte und vermeintliche Rechtsextremisten, aber auch Vertreterinnen und Vertreter der 35 Medien, der Wissenschaft und der Wirtschaft (z.B. von Banken, Immobiliengesellschaften oder von Firmen anderer, aus Sicht der Linksextremisten relevanter Branchen wie dem Sicherheitsgewerbe). Auch das linksextremistische Weltbild ist traditionell durch eine Entmenschlichung des politischen Gegners geprägt. Mitglieder verhasster sozialer Gruppen werden als Schweine bezeichnet, dem als Symboltier die Attribute gierig, unsauber, dumm, verschlagen und grausam zugeschrieben werden. Dieser Duktus reicht lange zurück und setzt sich fort, wie die folgenden zwei Beispiele zeigen. Bereits in der Weimarer Republik von 1919 bis 1933 wurden Industrielle von Kommunisten als "Kapitalistenschweine", die zu "schlachten" eine natürliche Handlung sei, diffamiert. In den sogenannten Kommandoerklärungen der ehemaligen terroristischen Vereinigung "Rote Armee Fraktion" (Gründung 1970, Selbstauflösung 1998) kam das Wort Schwein als Synonym für Polizeibeamte und andere "Feinde" regelmäßig vor.6 Auch aktuell hat diese menschenverachtende Analogie in Bildern und Sprache vornehmlich gewaltorientierter linksextremistischer Kreise einen festen Platz. Zum gängigen Vokabular insbesondere linksextremistischer Antifa-Gruppen gehören Begriffe wie "Bullenschwein(e)" und Aussprüche wie "All cops are bastards"(ACAB).7 In einer Veröffentlichung auf der linksextremistischen Online-Plattform "indymedia" vom 10. Januar 2020 hieß es nach Krawallen in der vorausgegangenen Silvesternacht in Leipzig, bei denen ein Polizist schwer verletzt wurde: "Wir haben es geschafft, die Schweine vor Ort ...in die Schranken zu weisen". Der Polizeipräsident von Leipzig wurde als "Oberschwein" bezeichnet. Dieser hatte zuvor in Interviews von einer zunehmend der RAF-Sprache ähnelnden Wortwahl der Antifa gesprochen. In den letzten Jahren, gerade auch im Berichtsjahr 2019, nahm das Freund-FeindDenken in der linksextremistischen Szene, insbesondere in linksextremistischen 6 Zitat der früheren RAF-Angehörigen Ulrike Meinhof: "Die Bullen sind Schweine (...) der Typ in der Uniform ist kein Mensch (...) wir haben nicht mit ihm zu reden, (...) und natürlich kann geschossen werden." 7 Übersetzung in etwa "Alle Bullen sind Schweinehunde" (Bastard als "uneheliches Kind" hat den ursprünglichen Wortsinn verloren.) 36 Antifa-Gruppierungen, eine neue Qualität an. Die Aggression richtet sich nunmehr zunehmend gegen einzelne Personen mit Bezügen zu den Aktionsfeldern der Linksextremisten wie "Antirepression", "Antirassismus" und nicht zuletzt "Antigentrifizierung". Diese werden gezielt bedroht und in einzelnen Fällen auch angegriffen. Dabei sind deren Privatsphäre und das familiäre Umfeld kein Tabu mehr. In Leipzig kam es im November 2019 zu einem tätlichen Angriff auf die Prokuristin einer Immobiliengesellschaft in ihrer Privatwohnung; die Frau wurde im Gesicht verletzt. Auf der Internetplattform "indymedia" wurde ein Bekennerschreiben verbreitet, in dem es heißt: "Wir haben uns entschieden, die Verantwortliche für den Bau eines 'problematischen Projekts' da zu treffen, wo es ihr ... wirklich weh tut: in ihrem Gesicht." 3. Umwelt schützen - Extremisten im grünen Gewand Extremisten haben das Thema Umwelt für sich entdeckt - möchte man annehmen. Dies ist allerdings nicht so neu, wie es den Anschein haben mag. Das Thema Umwelt bzw. Schutz der Umwelt spielt bereits seit geraumer Zeit eine, wenn auch nicht immer hervorstechende Rolle im Rechtswie im Linksextremismus. Die Interessenlagen sind dabei so unterschiedlich wie die jeweiligen ideologischen Bestimmungsgrößen der beiden extremistischen Erscheinungsformen. Während im Rechtsextremismus das Thema Umwelt vor allem eine tiefgehende weltanschauliche Dimension hat, spielt es auf linksextremistischer Seite eher als Mittel zum (politischen) Zweck eine Rolle. Rechtsextremismus - "Umweltschutz ist Heimatschutz" Rechtsextremisten nehmen die Umwelt in ihrer ureigenen weltanschaulichen Weise wahr, nämlich als angestammten Lebensraum des Volkes, d.h. der nach ihren Vorstellungen ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft". Sie mystifizieren den Begriff Lebensraum und heroisieren diejenigen Linientreuen, die zu seinem Erhalt beitragen. Begriffe aus der Zeit des historischen Nationalsozialismus, wie insbesondere "Blut und Boden"8 oder "Herrenbauern" in Analogie zum "Herren- 8 Im rechtsextremistischen Verständnis wird der Begriff "Blut" mythisch überhöht und auch synonym für Rasse oder rassisch geprägte Erbmasse eines Volkes verwendet. Die Begriffskombination "Blut und Boden" soll die Verbundenheit des Volkes (Blutsgemeinschaft) mit dem besiedelten Territorium symbolisieren. Vgl. Cornelia Schmitz-Berning, Vokabular des Nationalsozialismus, S. 109ff. 37 menschen", prägen auch heute noch - wenn auch nicht immer offen artikuliert - die rechtsextremistische Gedankenwelt. In diesem Umwelt-, genauer NaturverMan zerstört unsere Umwelt ständnis der Rechtsextremisten spieund sorgt für eine Veränderung gelt sich deren zentrale weltanschauunseres Volkes in Aussehen und liche Position wider, die Fiktion von der Charakter. Man vernichtet die Ungleichwertigkeit der Menschen. Die Natur. Phrase, "Deutsche Landschaften sind Kulturlandschaften", hat für RechtsexAuszug aus "Das Heimatvertriebenen Lied" des rechtsextremistischen Liedertremisten eine ganz besondere Bedeumachers Frank Rennicke. tung. Den Kulturlandschaften wird von rechtsextremistischer Seite - ebenso haltlos wie wissenschaftlich widerlegt - ein "Wert" beigemessen, so wie den Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit. Aus Sicht der deutschen Rechtsextremisten steht es demnach außer Frage, dass den "Deutschen (Kultur-)Landschaften" im innerwie außereuropäischen Vergleich ein deutlich höherer Wert zukommt. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die rauen deutschen Urlandschaften (Stichwort: Mythos Germanien) Menschen mit einer überlegenen Erbsubstanz hervorgebracht hätten. Dies mache die Deutschen quasi von Natur aus überlegen. Die Umwelt zu zerstören bedeute daher, das Volk zu zerstören. Umweltschutz und Landschaftspflege gehen für Rechtsextremisten folgerichtig weit über den eigentlichen Sinn und Zweck hinaus. Sie sehen darin auch und gerade den "Schutz der kulturellen Entwicklung und der Erhaltung des Volkes" in seiner vermeintlich ethnischen Homogenität. In diesem Sinne ist die von Rechtsextremisten explizit als Umweltschutz verstandene "Reinhaltung der Natur" deckungsgleich mit der "ras- 9 Die gedankliche Parallele zur in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur propagierten und praktizierten "Rassenhygiene" ist offenkundig. 38 sischen Reinhaltung" des Volkes.9 Die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen ist daher nach rechtsextremistischem Verständnis auf das Engste mit der Ausgrenzung und letzthin der Zurückweisung aller "Fremden" ("Artfremden") verknüpft. Entsprechend wird Zuwanderung regelmäßig mit Worten wie "Landnahme" gleichgesetzt, die es abzuwehren gelte. Aktuell nimmt das Thema Umwelt bei Rechtsextremisten wieder einen breiteren Raum ein, wie insbesondere Veröffentlichungen und Kommentare im Zusammenhang mit der gewachsenen und vornehmlich von Jugendlichen getragenen demokratischen Protestbewegung (insb. Fridays-for-Future) zeigen. Mehrheitlich wird der Protest von rechtsextremistischer Seite aber nicht als Chance gesehen, die bisherige strikte Abgrenzung aufzugeben und sich mit dem Ziel und der Einflussnahme an das demokratische Spektrum anzuschließen, wie beispielsweise bei asylkritischen Demonstrationen. Die ideologischen Gräben zwischen ihnen und der Klimaschutzbewegung sind aus Sicht der Rechtsextremisten offenkundig unüberbrückbar. Dies zeigt beispielsweise die massive, diffamierende Kritik an der Person Greta Thunberg. Vielmehr versucht man weiter, sich entlang der einschlägigen weltanschaulichen Überzeugungen zu bewegen. So greift aktuell im rechtsextremistischen Spektrum insbesondere die neonazistische Partei "Der III. Weg" das Thema Umwelt auf. Die Parteimitglieder bleiben dabei ihrem am historischen Nationalsozialismus orientierten "Zehn-Punkte-Programm" treu und propagieren einen völkisch-nationalen Umweltschutz als ganzheitlichen Ansatz, in dessen Mittelpunkt der Erhalt und die Entwicklung "der biologischen Substanz" des Volkes stehen sollen. Das heißt, die aufstrebende Klimabewegung wird aufgrund des eigenen Ansatzes zwar gänzlich abgelehnt, die Thematik an sich wird jedoch für die eigene ideologische Auslegung instrumentalisiert. Linksextremismus Linksextremisten streben seit jeher eine möglichst hohe mediale und öffentliche Aufmerksamkeit an, um ihr verfassungsfeindliches Gedankengut zu verbreiten und um auf ihre politischen Ziele, die Überwindung des "kapitalistischen Systems" und des demokratischen Rechtsstaats, hinzuarbeiten. Zu ihren Vorgehens39 weisen zählt es, sich populären bürgerlichen Protestbewegungen anzuschließen, die sich entlang tagespolitischer Reizthemen entwickeln. Damit will man sich in Szene setzen und versuchen, Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. In diesem Sinne traten Linksextremisten bereits in der Vergangenheit im Kontext mit dem Thema Umwelt in Erscheinung, so z.B. bei Anti-AKW-Protesten und bei Demonstrationen gegen Castor-Transporte oder den Bau der Startbahn West am Frankfurter Flughafen. Aktuell sehen Linksextremisten eine Chance darin, unter dem Deckmantel des hochaktuellen Themas Klimaschutz verstärkt auf sich öffentlich aufmerksam zu machen. Dabei ist offenkundig: Mit dem Thema Klimaschutz verbinden Linksextremisten nicht nur eine dringende gesellschaftliche Frage, sondern auch die Systemfrage. So heißt es in dem Parteiorgan "Rote Fahne", Ausgabe 06/2019, der linksextremistischen "Marxistisch Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD) unter Bezugnahme auf die Fridays-for-Future-Bewegung: "Natürlich, die Jugend muss für ihre Zukunft kämpfen - aber wer ist ihr Gegner? Das ist nicht die 'ältere Generation', das sind die Monopole und ihr Staat". Konkret versuchen Linksextremisten, sich das große Mobilisierungspotenzial der Klimabewegungen wie "Fridays for Future" sowie "Ende Gelände" zu Nutze zu machen, auch mit dem Ziel der Einflussnahme. Ihnen ist vor allem an einer "Entgrenzung" zwischen dem bürgerlichen und extremistischen Spektrum gelegen. "Fridays for Future" und "Ende Gelände" verfolgen zwar die gleichen Ziele, bringen aber ihren Protest unterschiedlich zum Ausdruck. Während die "Fridays for Future" Bewegung friedlich demonstriert, geht die "Ende Gelände" Bewegung einen Schritt weiter und setzt auf "Massenblockaden des zivilen Ungehorsams". Seit 2014 organisiert "Ende Gelände" maßgeblich den Protest gegen den Braunkohleabbau, so vor allem in Nordrhein-Westfalen. Die Bewegung wird von Gruppen des bürgerlichen als auch des linksextremistischen Spektrums, insbesondere von der "Interventionistischen Linken" (IL) und der "Sozialistischen Alternative" (SAV) unterstützt. 40 Prominentestes Beispiel und Symbol für den Klimaprotest unter linksextremistischer Beteiligung in Deutschland ist der Braunkohleabbau im Hambacher Forst (Nordrhein-Westfalen). Bei der bereits mehrere Jahre andauernden Besetzung des angrenzenden Waldes geht es linksextremistischen Aktivisten auch um die Schaffung autonomer Gebiete und damit letztlich um die gewaltsame Überwindung des "kapitalistischen Systems". So ruft beispielsweise "Ende Gelände" dazu auf, neben dem Kohleausstieg "einen radikalen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen und den Kapitalismus mit seinem Wachstumszwang und seinen Ausbeutungsmechanismen zu überwinden". Im Jahr 2019 standen insbesondere zwei große Klimaprotestbewegungen gegen den Braunkohleabbau im Fokus von Aktivisten. Im Juni fanden "Massenproteste des zivilen Ungehorsams" in Garzweiler und im November in der Lausitz statt. Es liegen Anhaltspunkte vor, die auch auf eine Beteiligung rheinland-pfälzischer Linksextremisten hindeuten. 41 42 II. Rechtsextremismus und -terrorismus 43 1. Überblick und Entwicklungen 2019 Das Jahr 2019 markiert einen weiteren tragischen Abschnitt in der Entwicklung des Rechtsextremismus und -terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland. Am 2. Juni ermordete ein mutmaßDie Würde des Menschen, auch licher Rechtsextremist den Kasseler eines verstorbenen Menschen, Regierungspräsidenten Dr. Walter muss unantastbar bleiben, auch Lübcke heimtückisch. Sein Tod wurde im Netz. in den sozialen Medien von Gleichgesinnten mit zutiefst menschenverachDer Bischof der Evangelischen Kirche tenden Kommentaren bejubelt. von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, anlässlich der Beerdigung von Dr. Walter Am 9. Oktober beging ebenfalls ein Lübcke am 13. Juni 2019. mutmaßlicher Rechtsextremist einen Anschlag auf eine Synagoge in Halle (Sachsen-Anhalt). Sein offensichtlicher Plan, möglichst viele Jüdinnen und Juden an ihrem höchsten Feiertag zu töten, scheiterte nur aufgrund glücklicher Umstände. Der Täter erschoss daraufhin kaltblütig und wahllos zwei Menschen, bevor er festgenommen werden konnte. Bilder seiner Tat versuchte er gleichzeitig im Internet zu verbreiten. Kennzeichnend für beide Täter ist nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden, dass diese sich weitestgehend außerhalb der bekannten rechtsextremistischen Strukturen bewegten und sich selbst radikalisierten. In der virtuellen Welt fanden sie Echokammern für ihr Gedankengut und fortwährende Hetze, die sich in jüngerer Zeit verstärkt gegen Kommunalpolitiker richtet. Im Fall der Tat von Halle dürften die von Rechtsextremisten im neuseeländischen Christchurch und im texanischen El Paso 2019 begangenen Anschläge eine verhängnisvoll inspirierende Wirkung entfacht haben.10 Im Verfassungsschutzbericht 2018 wurde bereits ausführlich auf die Gefahren eingegangen, die sich aus der intensiven Nutzung des Internets durch Rechtsextremisten ergeben - diese haben seitdem noch zugenommen. Die Virtualisie10 Am 15. März 2019 erschoss ein aus Australien stammender Rechtsterrorist im neuseeländischen Christchurch bei einem Anschlag auf zwei Moscheen 51 Menschen mit Schusswaffen und verbreitete Liveaufnahmen des Anschlags im Internet. Am 3. August 2019 tötete ein mutmaßlicher Rechtsextremist in einem Supermarkt in El Paso, Texas, 22 Menschen. In einem im Internet verbreiteten Pamphlet bezog sich der Täter auf den Anschlag in Christchurch. 44 rung des Rechtsextremismus entwickelt sich weiter hoch dynamisch. Dies gilt für die Agitation ebenso wie für die fortschreitende Vernetzung, insbesondere mittels Sozialer Medien. Besondere Gefahren erwachsen dabei neben den individuellen Radikalisierungsprozessen aus den neuerdings zunehmend überregional organisierten Szenen. Netzwerke, über regionale und nationale Grenzen hinaus, entstehen längst nicht mehr schwerpunktmäßig aufgrund langjähriger Kennund Vertrauensverhältnisse oder beruhen auf Zugehörigkeiten in seit längerem bestehenden Gruppierungen. Sie entwickeln sich heute eher durch "Zufallsbekanntschaften" in der virtuellen Welt, auch und gerade von bislang in politisch-extremistischer Hinsicht weitestgehend unauffälligen Personen. Online-Netzwerke gewährleisten eine fortwährende Kommunikation und generieren in der virtuellen Welt ein Zusammengehörigkeitsgefühl wie es in herkömmlichen Organisationen als ein wichtiger Faktor zum Tragen kommt. Entwicklung in Rheinland-Pfalz Das Rechtsextremismus-Potenzial wuchs in Rheinland-Pfalz im Jahr 2019 nach mehreren Jahren der Stagnation auf nunmehr ca. 735 Personen an. Hintergrund hierfür ist, dass erstmals die Zahl der Personen aus dem "Reichsbürger"-Spektrum, die zugleich einen rechtsextremistischen Hintergrund aufweisen (vgl. Kapitel B III.), sowie das der AfD-Strömung "Der Flügel" und der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) zuzurechnende Personenpotenzial (vgl. Nr. 3.3.4) eingerechnet werden. Konstant geblieben ist hingegen die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten. Nach wie vor ist deren prozentualer Anteil am Gesamtpotenzial in Rheinland-Pfalz mit ca. 20 % deutlich geringer als im Bundesdurchschnitt (etwa 53 %). Konstant geblieben ist auch die Zahl der in rechtsextremistischen Parteien organisierten Personen. Mitgliederstärkste und bedeutsamste rechtsextremistische Partei in RheinlandPfalz ist weiterhin die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD). Der Landesvorstand unterstützt den rassistisch-nationalistischen "völkischen Flügel" der Bundespartei; sein Einfluss im Bundesvorstand ist hingegen gesunken. Bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 verlor die NPD ihre letzten Mandate in Rheinland-Pfalz. Bei der Europawahl am selben Tag erzielte sie in 45 Rheinland-Pfalz einen Stimmenanteil von 0,2 % (2014: 0,7 %). Die öffentlichen Aktivitäten der NPD lagen zwar insgesamt unter dem Vorjahresniveau, sorgten aber weiter für Aufmerksamkeit. In mehreren Städten und Gemeinden wurde die 2018 begonnene "Schutzzonen"-Kampagne fortgeführt, bei der bürgerwehrähnliche, zumeist abendliche "Streifengänge" durchgeführt wurden. Betroffen waren vornehmlich Stadtteile mit einer aus Sicht der NPD erhöhten Kriminalitätsbelastung und einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. Die neonazistische Partei "Der III. Weg" baute 2019 in Rheinland-Pfalz ihre Strukturen nicht weiter aus, die Mitgliederzahl stieg minimal an. Die Partei blieb damit ihrem Anspruch, eine "elitäre" Gruppierung zu sein, die besonderen Wert auf die Auswahl ihrer Mitglieder legt ("Klasse statt Masse"), gerecht. Hohen Stellenwert hatten und haben in diesem Zusammenhang die intensiven parteiinternen Aktivitäten zur ideologischen und strukturellen Festigung der Partei. Einem ganzheitlichen Ansatz verfolgend, werden dabei alle Lebensbereiche, vor allem die Familien, einbezogen. Im Mai 2019 beteiligte sich "Der III. Weg", wenngleich mit einem Stimmenanteil von 0,0 % erfolglos, in RheinlandPfalz an der Europawahl. Die Teilnahme erfolgte augenscheinlich mit dem Ziel, den Anforderungen des Parteiengesetzes Genüge zu tun, um den Schutz des Parteienprivilegs nicht zu verlieren. Die ebenfalls neonazistisch ausgerichtete Partei "DIE RECHTE" blieb 2019 in Rheinland-Pfalz zwar mit Blick auf ihre anhaltend geringe Mitgliederzahl eine Randerscheinung. Mit mehreren öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen gelang es der Partei gleichwohl, sich in Szene zu setzen. Ihr Aktionsschwerpunkt verlagerte sich dabei vom Raum Alzey nach Ingelheim am Rhein; unterstützt wurde "DIE RECHTE" wiederum von neonazistischen "Kameradschaften". Auch ihre Teilnahme an der Europawahl endete mit einem vernichtenden Ergebnis von 0,0 %. Das Spektrum nicht parteigebundener Neonazis umfasst in Rheinland-Pfalz konstant etwa 200 Personen. Ein Teil von ihnen ist in sogenannten Kameradschaften organisiert, der zahlenmäßig überwiegende Teil in eher lose strukturierten, regionalen Gruppierungen. Als räumliche Schwerpunkte des Neonazispektrums waren 2019 die Regionen Koblenz-Trier, Rheinhessen, Vorderund 46 Westpfalz auszumachen. Gänzlich eigenständige öffentliche Aktionen blieben eher die Ausnahme. Zumeist traten neonazistische Gruppen wie die "Kameradschaft Rheinhessen" zusammen mit anderen rechtsextremistischen Organisationen bei Demonstrationen etc. in Erscheinung. Eine Randerscheinung blieb in Rheinland-Pfalz die "Neue Rechte". Weder gibt es hier einen namhaften Wortführer, noch eine beträchtliche Anhängerzahl dieses heterogenen Spektrums. Einzig die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) verfügt über gewisse Strukturen im Land bei gleichgebliebener Mitgliederzahl im unteren zweistelligen Bereich. Die öffentlichen Aktivitäten der IBD stagnierten bis auf vereinzelte, kleinteilige Propagandaaktionen, wie beispielsweise in Koblenz. Weiterhin von Bedeutung und daher im Fokus des Verfassungsschutzes blieb 2019 das rechtsextremistische Musikmilieu. Musik ist und bleibt in der rechtsextremistischen Szene ein wichtiger Integration und Zusammenhalt stiftender Faktor; sie trägt zur Vernetzung, Kontaktpflege und Nachwuchsgewinnung bei. Ihre emotionalisierende Wirkung ist unbestritten. In Rheinland-Pfalz waren 2019 acht rechtsextremistische Musikgruppen und vier Einzelinterpretinnen und -interpreten bekannt, die jedoch überwiegend außerhalb der Landesgrenzen auftraten. Die Zahl von sieben rechtsextremistischen Musikveranstaltungen blieb annähernd auf Vorjahresniveau. Im Bundesdurchschnitt nimmt Rheinland-Pfalz damit weiterhin keinen vorderen Platz ein. 47 2. Personenpotenzial Rheinland-Pfalz 2019 2018 Gesamt 735 650 Gewaltorientierte* 150 150 Parteien und parteiabhängige Strukturen 315 250 * NPD 180 <200 * "Der Dritte Weg" 50 50 * "DIE RECHTE" 15 15 * "Der Flügel"/ "Junge Alternative" 70 - Parteiunabhängige Strukturen 200 200 Unstrukturiertes Personenpotenzial 220 200 Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet. Gesamtzahlen ohne Mehrfachmitgliedschaften. * Die Zahl der Gewaltorientierten ist eine Schnittmenge und beinhaltet vor allem Teile des unstrukturierten Personenpotenzials sowie Neonazis. ** Einschließlich ca. 20 Personen aus dem "Reichsbürger"-Spektrum (vgl. Kapitel B III.). 3. Rechtsextremistisches Spektrum Das rechtsextremistische Spektrum bildet in strukturell-organisatorischer Hinsicht keine geschlossene Einheit. Es existieren unterschiedliche Organisationsformen (z.B. Parteien, Vereine, "Kameradschaften", virtuelle Netzwerke etc.) und variierende Organisationsgrade, die von festen, komplexen Strukturen mit streng hierarchischer Führung bis hin zu losen informellen Zusammenschlüssen ohne erkennbare Hierarchie reichen. Ebenso unterschiedlich sind die weltanschauliche Substanz sowie das politische Verhalten von Rechtsextremisten. Letzteres kann beispielsweise mit Schwerpunkt und grob gerastert eher aktions-, diskursoder parlamentsorientiert sein. Während Rechtsextremisten auch versuchen, im klassischen Sinne politische Ziele zu verfolgen und der theoretischen Auseinandersetzung vergleichsweise breiten Raum geben, legen andere Rechtsextremisten heute eher Wert auf den Erlebnisfaktor in einer nur oberflächlich an ernsthaften politischen Ambitionen orientierten Weltanschauungsgemeinschaft. Letztere wird 48 nicht zuletzt durch ein diffuses Gefühl weltanschaulich determinierten Hasses zusammengehalten. Weite Teile der rechtsextremistischen Szene sind vor allem durch persönliche Kontakte in der Realwelt wie auch in der virtuellen Sphäre des Internets vernetzt. Auch Doppelund Mehrfachmitgliedschaften in Gruppierungen tragen zur Vernetzung bei, die oftmals über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinausreicht. Bündnisbestrebungen, um die Zersplitterung des rechtsextremistischen Lagers durch enge organisatorische Verzahnung in größerem Stil zu überwinden, waren bislang allerdings erfolglos. Ungeachtet dessen existieren vielerlei Formen der Zusammenarbeit und einer, wenn auch zumeist losen, aktionsorientierten Verknüpfung. Dies zeigt sich nicht zuletzt im öffentlichen Raum bei Aufmärschen und Kundgebungen wie auch bei szenetypischen rechtsextremistischen Konzertoder Kampfsportveranstaltungen. Die beschriebene Heterogenität erschwert seit jeher eine überschaubare und zugleich differenzierte Kategorisierung des rechtsextremistischen Personenpotenzials. Im Verfassungsschutzverbund hat man sich, orientiert an Organisationsform und -grad, auf folgende drei Kategorien geeinigt: # Parteien, # parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen, # weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial. Extra ausgewiesen wird die Gruppe der gewaltorientierten Rechtsextremisten (vgl. Statistik unter Nr. 2). Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige Strömung im rechtsextremistischen Spektrum, sondern um eine "Schnittmenge", die sich in Rheinland-Pfalz vornehmlich aus dem unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial sowie aus Angehörigen der Neonaziszene zusammensetzt. 49 3.1 Gewaltorientierter Rechtsextremismus11 Rechtsextremismus bedeutet oftmals Gewalt. Dies dokumentieren nicht nur die bundesweit anhaltend hohen Zahlen gewaltorientierter Rechtsextremisten oder die Daten aus der polizeilichen KrimiDer alte Grundsatz Auge um nalstatistik. Schon die rechtsextremisAuge macht schließlich alle tische Weltanschauung ist ein Hort blind. der Aggressivität. Die ihr innewohnenMartin Luther King de Menschenverachtung bereitet den Nährboden für Diffamierung, Ausgrenzung und Hass. Der kollektiven, überhöhten Selbstwahrnehmung der Rechtsextremisten steht die herabsetzende Fremdwahrnehmung aller "Andersartigen" gegenüber. Feindbilddenken gehört zum Wesen des Rechtsextremismus. Entsprechend konditioniert verfügen Rechtsextremisten per se über ein dem Grunde nach militantes Politikverständnis. Sie wähnen sich in der Rolle eines "politische Soldaten" und verstehen die politische Bühne als eine Art Kriegsschauplatz. Diese Überzeugungen führen bei ihren Protagonisten zwar nicht in jedem Einzelfall zur Gewaltausübung. Es bedarf aber oft nur eines Impulses. Die Geschichte des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland ist jedenfalls auch eine Geschichte fortwährender Gewaltausübung. Seit Ende der siebziger Jahre sorgen terroristische Taten für Schlagzeilen. Mehr oder weniger spontane, situative Gruppentaten ohne nennenswerte vorausgehende Planung sind ebenso kennzeichnend wie kaltblütig kalkulierte, gezielte Terrorakte einzelner Personen oder kleiner, konspirativer Gruppen. Bei der Radikalisierung auf dem Weg zur Gewalt, der Vernetzung und der Auslösung gruppendynamischer Prozesse spielen die Sozialen Medien eine zentrale Rolle. Entsprechendes gilt für die propagandistische Verbreitung von Tatgeschehen im Internet möglichst in Echtzeit. Nachahmungseffekte werden so zumindest einkalkuliert, wenn nicht provoziert. 11 Zu den gewaltorientierten Rechtsextremisten zählen Personen, die Gewalt befürworten, die Anwendung von Gewalt unterstützen, gewaltbereit oder als Gewalttäter in Erscheinung getreten sind. 50 Gewaltorientierte rechtsextremistische Gruppierungen werden vom Verfassungsschutz mit Priorität beobachtet. Dabei werden fortlaufend die rechtlichen wie tatsächlichen Möglichkeiten eines Verbots solcher Strukturen geprüft. "Combat 18" (C 18) Zum gewaltorientierten neonazistischen rechtsextremistischen Spektrum wurde u.a. die Gruppierung "Combat 18" (C 18) gerechnet.12 In Deutschland lagen seit Mitte der 2010er Jahre Erkenntnisse über einen kontinuierlichen Ausbau von festen C 18-Strukturen vor. Im Bundesgebiet gehörten mindestens 20 Mitglieder der Gruppierung an, wobei intern zwischen "Vollmitgliedern" und "Supportern" unterschieden wurde. Innerhalb von C 18-Deutschland gab es eine feste Struktur mit einer bundesweiten Führungsebene und einzelnen regionalen "Sektionen"13 mit jeweils einem Leiter. Das Bundesinnenministerium vollzog am 23. Januar 2020 das Verbot und die Auflösung der Vereinigung "Combat 18 Deutschland". Dies umfasst auch das Verbot, Ersatzorganisationen zu bilden. Zweck und Tätigkeit von C 18 Deutschland erfüllten den Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Die Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz war in die Vorbereitungen des Verbots inhaltlich einbezogen und hat entsprechende Belege in das Verfahren eingebracht. 12 "Combat 18" bedeutet "Kampfgruppe Adolf Hitler". Die Zahl 18 verweist auf den ersten und achten Buchstaben des Alphabets und damit auf die Initialen Adolf Hitlers. Ihre Wurzeln hat die Gruppierung C18 in England. Dort wurde sie 1992 von Angehörigen der rechtsextremistischen "British National Party" als "Saalschutz" gegründet und erlangte mediale Bekanntheit durch Gewaltakte und gezielte Einschüchterung politischer Gegner. Später wurde C18 in der rechtsextremistischen Musikszene um die ebenso in England gegründete neonazistische Skinheadorganisation "Blood & Honour" (B&H) aktiv; die 1994 gegründete "Division Deutschland" von B&H wurde im Jahr 2000 verboten. Von England aus entwickelte sich ein Netzwerk, das sich über viele europäische Länder erstreckt. 13 Der Begriff "Sektion" ist organisatorisch zu verstehen. Er weist auf eine Untergliederung einer Gruppierung hin, lässt jedoch keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Personenzahl zu. 51 Die Gruppierung C 18 richtete sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung insofern, als sie eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufwies. Dies machte sie bereits in der Organisationsbezeichnung deutlich, die codiert auf Adolf Hitler Bezug nahm. Aufgrund des verwendeten Kampfbegriffes "Combat" war der Gruppierung grundsätzlich auch eine Gewaltbereitschaft zur Erreichung der Ziele zu unterstellen, wenngleich der Gruppierung bis zu ihrem Verbot keine Straftat zugerechnet werden konnte. C 18 Deutschland nahm darüber hinaus eine aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung ein, was durch den Handel mit rechtsextremistischer Musik und die Organisation von Konzerten belegt werden konnte. Bei den Aufnahmeprüfungen für neue Mitglieder von C 18 Deutschland wurden neben einem theoretischen Teil auch praktische Sportübungen durchgeführt. Hierbei handelte es sich um Tests mit paramilitärischem Charakter. So waren mehrstündige Fußmärsche mit Gepäck und militärischem Drill bis zur Erschöpfung vorgesehen. Die Mitglieder der Gruppierung beabsichtigten, sich damit für die Umsetzung ihrer nationalsozialistischen Ideologie bereit und fit zu halten. Für eine aggressiv-kämpferische Grundhaltung sprachen zudem durchgeführte Schießtrainings in den Niederlanden im Mai 2014 und in Tschechien im September 2017. Im Zusammenhang mit dem Verbot fanden Durchsuchungsmaßnahmen zur Sicherstellung des Vereinsvermögens und weiterer Beweismittel bei sieben Personen in den Bundesländern Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen statt. Betroffen waren u.a. der Organisationsleiter von C 18 Deutschland und sein Stellvertreter - beide nicht in Rheinland-Pfalz wohnhaft - sowie fünf weitere ausgewählte Akteure, darunter einer aus Rheinland-Pfalz, die durch ihre Aussagen oder Aktivitäten eine herausgehobene Stellung innerhalb der Gruppierung einnahmen "Kameradschaft Aryans" Bei der im Dezember 2016 gegründeten "Kameradschaft Aryans" handelt es sich um eine gewaltorientierte neonazistische Gruppierung mit etwa 15 Mitgliedern in mehreren Bundesländern. Anhänger der Gruppierung wurden in der Vergan52 genheit vereinzelt bei Demonstrationen festgestellt. Sie trugen dabei u.a. Pullover mit der Aufschrift "Support your race" (Unterstütze deine Rasse). Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) führt seit 2018 ein Ermittlungsverfahren gegen zuletzt sechs Angehörige der "Kameradschaft Aryans" wegen des Verdachts der Gründung einer und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß SS 129a StGB.14 "Freikorps Deutschland" / "Freikorps Heimatschutz Division 2016"15 Das dem gewaltorientierten rechtsextremistischen Spektrum zuzurechnende "Freikorps Deutschland" bzw. "Freikorps Heimatschutz Division 2016" beschreibt sich selbst als Gruppe, die sich auf den "Tag X" vorbereitet, an dem es zum Krieg komme und es um die Verteidigung der Familien und des Vaterlands gehe. In diesem Zusammenhang wird die Bundesrepublik Deutschland als "BRD Verwaltung" bezeichnet; der Duktus weist Parallelen zur "Reichsbürger"-Szene auf. In Rheinland-Pfalz verfügt die Gruppierung über einzelne Anhänger. Am 13. und 14. Juli 2019 hat das "Freikorps Deutschland" in der Gemeinde Ruschberg (Kreis Birkenfeld) ein Sommerfest mit sogenannten Wikingerspielen durchgeführt. Dabei wurde es von der rechtsextremistischen Partei "DIE RECHTE" und von der neonazistischen "Kameradschaft Nationaler Widerstand Zweibrücken" unterstützt. Polizeiangaben zufolge nahmen knapp unter 30 Personen aus diesem Spektrum an dem Sommerfest teil. 14 Die Ermittlungen richten sich nicht gegen Personen aus Rheinland-Pfalz. 15 Beide Gruppenbezeichnungen werden gleichermaßen verwendet. 53 3.2 Rechtsterrorismus Der Rechtsterrorismus ist seit geraumer Zeit Realität. Seit Ende der 1970er Jahre treten in Deutschland rechtsterroristische Täter und Gruppierungen in Erscheinung und begehen zum Teil schwerste Gewalttaten. Ein frühes Fanal war der Bombenanschlag auf das Münchener Oktoberfest am 26. September 1980, bei dem 12 Menschen getötet und mehr als 200 zum Teil erheblich verletzt wurden. Weitere Anschläge in den Folgejahren, wiederholte Waffenund Sprengstofffunde und eine in Teilen der rechtsextremistischen Szene geführte Diskussion über gewaltorientierte Strategien haben die Bedrohungslage durch Rechtsterrorismus immer wieder vor Augen geführt. Dass der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) zwischen 2000 und 2007 unentdeckt eine beispiellose Mordserie begehen konnte, bleibt mahnend im Gedächtnis. Die Bedrohungslage hat sich weiter verschärft - die Terrorgefahr von rechts ist gewachsen. Dies dokumentieren der Mordanschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke am 2. Juni 2019, der Anschlagsversuch auf eine Synagoge in Halle an der Saale am 9. Oktober 2019, in dessen Verlauf zwei Menschen getötet wurden und nicht zuletzt der offenkundig rassistisch motivierte Anschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau, in dessen Verlauf der mutmaßliche Täter neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss. Die Täterprofile weisen Parallelen auf. Halle und die vielen anderen GeCharakteristisch sind nach bisherigem walttaten sind in Wahrheit die Erkenntnisstand individuelle Radikaligrausame Spitze eines Eisberges sierungsverläufe auch abseits bekannvon Verrohung und Polarisieter rechtsextremistischer Strukturen. rung, der doch inzwischen ganz Dabei spielten offensichtlich Internettief in unsere Alltagskultur einAktivitäten eine nicht unerhebliche gedrungen ist. Rolle. Hierzu zählt die Verbreitung eigener "Botschaften" in Text, Bild Bundespräsident Frank-Walter Steinund Film. Zudem finden potenzielle meier, Auszug aus der Rede "DemokraTäter in der virtuellen Welt vielerlei tie unter Druck - für eine neue politische Streitkultur", gehalten am 17. Oktober Anknüpfungspunkte, um sich zu mo2019 tivieren und zu radikalisieren. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes 54 liegt nahe, dass eine Wahrnehmung, die sich allein auf Fake-News, Verschwörungstheorien und Hetze in übelster Form bis hin zu Gewaltaufrufen (vgl. Brennpunktthema 1) stützt, solche Prozesse befeuern kann. Der Übergang in eine Art Wahnwelt ist fließend. Auffällig ist auch, dass Täter einander kopieren und in vorausgegangenen Terrortaten Vorbild und Ansporn sehen, diese noch zu übertreffen. So nahm der Tatverdächtige des Anschlags von Halle Anleihen bei dem Attentäter von Christchurch und versuchte, dessen Vorgehen zu kopieren. Neben dem Typus des einzelnen Täters hält die Gefahr der Gründung von terroristischen Gruppen unvermindert an. Nach dem Bekanntwerden des NSU Ende 2011 erfolgte die Zerschlagung mehrerer solcher rechtsterroristischer Vereinigungen durch die Sicherheitsbehörden; zu nennen sind die Gruppierungen "Oldschool Society", "Gruppe Freital" und "Revolution Chemnitz". Am 14. Februar 2020 wurden nach Durchsuchungsmaßnahmen in sechs Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz und Sachsen-Anhalt) 12 Personen vorläufig festgenommen, davon eine aus Rheinland-Pfalz. Gegen alle wurden Haftbefehle erlassen und in Vollzug gesetzt. Vier der Festgenommenen werden der Mitgliedschaft in einer (rechts-)terroristischen Vereinigung beschuldigt, die anderen acht deren Unterstützung. Der Generalbundesanwalt äußert sich zu den mutmaßlichen Zielen der Gruppierung wie folgt: "Ziel der Vereinigung soll es gewesen sein, die Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden. Zu diesem Zweck sollten durch bislang noch nicht näher konkretisierte Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Personen muslimischen Glaubens bürgerkriegsähnliche Zustände herbeigeführt werden".16 Urteile und Gerichtsverfahren Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 16. Mai 2019 die gegen Mitglieder der (rechts-)terroristischen Vereinigung "Gruppe Freital" vom Oberlandes16 Quelle: www.generalbundesanwalt.de - Pressemitteilung vom 14. Februar 2020. 55 gericht (OLG) Dresden im Jahr 2018 verhängten Haftstrafen bestätigt und die Revisionen der Angeklagten verworfen (Az.: 3 StR 575/18).17 Am 30. September 2019 begann vor dem OLG Dresden der Prozess gegen acht mutmaßliche Rechtsextremisten. Den Angeklagten im Alter von 21 bis 31 Jahren wird die Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die Männer sollen sich im September 2018 zusammengeschlossen haben, um als Gruppe "Revolution Chemnitz" in Chemnitz und anderen Orten tödliche Anschläge zu begehen. Der Staatsschutzsenat des OLG Dresden hat die acht Angeklagten am 24. März 2020 wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, einer davon als Gründer und Rädelsführer, zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten und fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt (Az.: 4 St 3/19). 3.3 Rechtsextremistische Parteien Rechtsextremistische Parteien existieren in wechselnder Konstellation, Mitgliederstärke und Repräsentanz in verschiedenen Parlamenten seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. In der frühen Phase prägten vor allem Funktionäre und Mitglieder, die bereits in der NSDAP Funktionen einnahmen und der Partei angehörten, das Bild in einer Reihe von Splitterparteien von zumeist regionaler Bedeutung. Exemplarisch ist die im Jahr 1952 durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte und damit aufgelöste "Sozialistische Reichspartei" (SRP) zu nennen. Im Laufe der weiteren Entwicklung wurden diese nach und nach von Personen abgelöst, die zwar keine unmittelbaren Bezüge mehr zum historischen Nationalsozialismus aufwiesen. Ungeachtet dessen ist die aktuelle rechtsextremistische Parteienlandschaft immer noch durch eine Wesensverwandtschaft mit der menschenverachtenden nationalsozialistischen Weltanschauung gekennzeichnet. 17 Die sieben angeklagten Männer und eine Frau wurden am 7. März 2018 unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen und versuchten Mordes beziehungsweise Beihilfe dazu schuldig gesprochen. Zwei Männer waren vom OLG wegen Rädelsführerschaft und die übrigen Angeklagten jeweils wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden (Az.: 4 St 1/16). 56 3.3.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Gründung: 1964 Sitz: Berlin Teil-/Nebenorganistationen: "Junge Nationalisten" (JN)18 "Kommunalpolitische Vereinigung" (KPV) "Ring Nationaler Frauen" (RNF) Mitglieder Rheinland-Pfalz: ca. 180 (2018: weniger als 200) Organisation in Rheinland-Pfalz: Landesverband mit drei Kreisverbänden Publikationen: "Deutsche Stimme" (DS) Hintergrund Die NPD wurde 1964 gegründet und ist damit die älteste und derzeit immer noch mitgliederstärkste rechtsextremistische Partei in Deutschland. Sie ist im gesamten Bundesgebiet aktiv und hat gefestigte Strukturen. Mit den "Jungen Nationalisten" (JN) verfügt die NPD über eine eigene Jugendorganisation. Weitere Parteiorganisationen sind die 2003 gegründete "Kommunalpolitische Vereinigung der NPD" (KPV) als bundesweite Interessenvertretung der kommunalen Mandatsträger und der 2006 gegründete "Ring Nationaler Frauen" (RNF). NPD-Bundesvorsitzender ist seit dem 1. November 2014 der Saarländer Frank Franz, der vordergründig für einen gemäßigteren Kurs der Partei steht und weiterhin versucht, ihr ein modernes Gesicht zu geben. Der völkisch-neonationalsozialistische Parteiflügel um den stellvertretenden Parteivorsitzenden Thorsten Heise, der vom Landesvorstand der NPD Rheinland-Pfalz unterstützt wird, vertritt hingegen weiter die konsequente Ausrichtung der NPD als Weltanschauungspartei und eine Orientierung hin zum sonstigen rechtsextremistischen Spektrum. Frank Franz wurde beim Bundesparteitag vom 30. November bis 1. Dezember 2019 in seinem Amt bestätigt, ebenso Thorsten Heise als einer seiner Stellvertreter. Der rheinland-pfälzische NPD-Landesverband ist mit Ricarda Riefling als Bei18 Vormals "Junge Nationaldemokraten" (JN), umbenannt im Januar 2018. 57 sitzerin im neuen Bundesvorstand vertreten. Der rheinland-pfälzische NPD-Landesvorsitzende Markus Walter wurde hingegen nicht mehr als Beisitzer gewählt. Damit schwindet der rheinland-pfälzische Einfluss innerhalb der Bundespartei. Ideologie und Programmatik Die NPD sieht sich als "einzige Partei, Die NPD weist eine Wesensverdie sich zum deutschen Volk bekennt wandtschaft mit dem Natiound dabei am Abstammungsprinzip nalsozialismus auf. Das Konzept festhalten wird". Im Mittelpunkt ihrer der "Volksgemeinschaft", die an das Gedankengut des historischen antisemitische Grundhaltung Nationalsozialismus angelehnten und die Verächtlichmachung der Weltanschauung steht das Konzept bestehenden demokratischen einer ethnisch homogenen "VolksgeOrdnung lassen deutliche Parmeinschaft", das auf Ausgrenzung und allelen zum Nationalsozialismus Entrechtung von Minderheiten hinauserkennen. läuft. Infolge dessen werden von der Auszug aus dem Urteil des BundesverPartei insbesondere Flüchtlinge und fassungsgerichts vom 17. Januar 2017 Migranten diskriminiert und krimina(2 BvB 1/13) lisiert. Auch Menschen jüdischen Glaubens sind weiterhin Ziel der NPD-Agitation. Die rheinland-pfälzische NPD äußerte sich 2019 wiederholt auf ihren Facebook-Profilen antisemitisch und bezeichnete Israel beispielsweise als "Judenstaat" oder "zionistischer Terrorstaat". In diesem Zusammenhang wird auch die antiamerikanische Haltung der NPD in Rheinland-Pfalz deutlich. Die NPD in Rheinland-Pfalz stehe für ein freies und souveränes Deutschland und fordert den sofortigen Abzug aller US-amerikanischer Soldaten und die Schließung aller US-Basen mit den Worten "Ami Go Home und nimm deine blutigen Werkzeuge mit". NPD-Finanzentzugsverfahren Am 20. Juli 2017 trat eine Grundgesetzänderung in Kraft, wonach verfassungsfeindliche Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung gemäß Art. 21 Abs. 2 GG ausgeschlossen werden können. Sodann fasste der Bundesrat am 2. Februar 2018 (gefolgt von der Bundesregierung am 18. April und vom Bundestag am 58 26. April 2018) den Beschluss, beim Bundesverfassungsgericht den Ausschluss der NPD von der staatlichen Finanzierung für sechs Jahre zu beantragen. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2019 wurde der Antrag auf Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gestellt. Rheinland-Pfalz Der NPD-Landesverband Rheinland-Pfalz ist seit der Gründung der Bundespartei im Jahr 1964 aktiv. Die Partei ist im gesamten Landesgebiet mit drei Kreisverbänden Mittelrhein, Trier und Westpfalz vertreten. Landesvorsitzender ist seit dem Jahr 2013 Markus Walter, der auf dem NPD Landesparteitag am 5. November 2017 im Amt bestätigt wurde. Alleinige Stellvertreterin ist Ricarda Riefling. Aus den Kreisverbänden wurden sieben Beisitzer gewählt. Inhaltlich stellte der Landesvorsitzende in seinem Rechenschaftsbericht heraus, dass die NPD die einzige Partei bleibe, die sich konsequent für "deutsche Interessen" einsetze, und die politische Lage insgesamt der NPD letztendlich in die Hände spiele. Als zukünftige Schwerpunkte formulierte er die Förderung der innerparteilichen Gemeinschaft und die Einbindung neuer Mitglieder. Jede Stimme für die NPD stelle einen Kinnhaken für die "Volksverräter, Moscheenbauer und Ausländerintegrierer" dar. Zu Beginn des Jahres 2019 standen die Europawahl und die Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz am 26. Mai im Fokus der Parteiarbeit des NPDLandesverbands, der sich an beiden Wahlen beteiligte. Die im Jahr 2018 auf den NPD-Listenplatz 3 für die Europawahl gewählte Ricarda Riefling wurde vom Landesverband und dem Kreisverband Westpfalz auf Facebook als genau die Richtige bezeichnet, "um den EU-Moloch zu zerschlagen" und das "EU-System zu Fall (zu) bringen". Die NPD erzielte in Rheinland-Pfalz bei der Europawahl 3.565 Stimmen (0,2 %) und gewann damit kein Mandat. Bei der Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz trat die NPD mit einer Liste von 15 Kandidaten für den Stadtrat in Pirmasens an. Spitzenkandidat war erneut Markus 59 Walter, der die NPD schon seit 2009 im Stadtrat Pirmasens vertreten hatte. Er erzielte 148 Stimmen (1,0%) und verlor damit seinen Sitz im Stadtrat. Auch im Jahr 2019 führte die NPD in Rheinland-Pfalz öffentlichkeitswirksame Aktionen durch. Über diese wird regelmäßig in Sozialen Netzwerken, insbesondere Facebook, berichtet. Die Aktionen werden genutzt, um sich vor Ort als Weltanschauungspartei in Szene zu setzen und um neue Mitglieder zu werben. Besonders die im Juni 2018 initiierte NPD-Bundeskampagne "Schutzzone" wird von der NPD in Rheinland-Pfalz mitgetragen. Auf der Homepage der NPD wird u. a. erläutert, dass der Bürger "der importierten Kriminalität oft schutzlos ausgeliefert sei. Wenn der Staat nicht fähig oder willens sei, seine Bürger zu schützen, müssten die Bürger sich selbst schützen". Dies sei einer der Gründe, Schutzzonen zu schaffen. Seit Ende Juli 2018 nimmt die NPD in Rheinland-Pfalz regelmäßig an der Kampagne teil, mit der man sich auf einfache Weise öffentlichkeitswirksam präsentieren kann. Im Jahr 2019 beteiligten sich alle drei Kreisverbände an der NPD-Bundeskampagne. Die NPD führte in Rheinland-Pfalz etwa 20 Aktionen u. a. in den Städten Primasens, Worms, Trier, Alzey und Bad Neuenahr-Ahrweiler durch. Besondere mediale Aufmerksamkeit erzielte die Aktion "Schutzzone" auf dem Weihnachtsmarkt in Worms. Dort mietete die Partei unerkannt für einen Tag einen sogenannten Wechselstand und bot Weihnachtsschmuck, Schlüsselanhänger aus Holz für Kinder und "selbstgemachte Plätzchen aus Biozutaten" an. Zugleich wurden Werbeflyer für die am 6. Juni 2020 in Worms geplante rechtsextremistische Veranstaltung "Tag der deutschen Zukunft" verteilt. Kontinuität bei der Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktionen zeigt vorwiegend der Kreisverband Westpfalz, der in der öffentlichen Wahrnehmung aktivste zu sein scheint. Neben der Aktion "Schutzzone" wurde beispielsweise am 15. Mai 2019 eine Banneraktion "Migration tötet" in Worms durchgeführt. Mit diesem Slogan polemisiert die NPD verallgemeinernd gegen "tödliche Messerangriffe durch abgelehnte Asylbewerber". Ebenfalls am 15. Mai 2019 postete 60 der Kreisverband Westpfalz Fotos einer Aktion mit der Überschrift "VORSICHT ANSTECKUNGSGEFAHR - DER ASYLWAHN GEHT UM!". Die Teilnehmer der Aktion waren mit weißen Maleranzügen bekleidet und trugen Mundschutz: "Das mobile Einsatzkommando der NPD Westpfalz war am vergangenen Montag am Ort des Geschehens, um die Bevölkerung zu warnen und aufzuklären". "Junge Nationalisten" (JN; bis Januar 2018: "Junge Nationaldemokraten") Gründung: 1969 Sitz: Bernburg (Sachsen-Anhalt) Mitglieder Rheinland-Pfalz: weniger als 20 (2018: weniger als 20) Organisation in Rheinland-Pfalz: Ein "Stützpunkt" Ein Ziel der JN als integraler Bestandteil der NPD ist die Verbreitung nationalistischer und völkischer Positionen. Dabei richtet sie sich vornehmlich an Jugendliche und Erstwähler. Ihren Schwerpunkt sieht die Gruppierung im vorpolitischen Raum. Am 13. Januar 2018 haben sich die "Jungen Nationaldemokraten" in "Junge Nationalisten" umbenannt. Ende des Jahres 2019 wurde bekannt, dass der rheinland-pfälzische Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Mittelrhein, Christian Häger, nicht mehr Bundesvorsitzender der JN ist. Nun hat der aus Sachsen stammende Paul Rzehaczek den Vorsitz inne. "Ring Nationaler Frauen" (RNF) Der im Jahr 2006 gegründete "Ring Nationaler Frauen" (RNF) wurde 2013 formal als Bestandteil der NPD in der Parteisatzung verankert. Von März 2014 bis Mai 2017 war die stellvertretende Vorsitzende des NPD-Landesverbandes RheinlandPfalz, Ricarda Riefling, RNF-Bundesvorsitzende. Sie gehört dem Bundesvorstand weiterhin als Beisitzerin an. 61 Am 2. März 2019 beteiligte sich der RNF Rheinland-Pfalz an der Aktion "Allah hopp" des NPD-Kreisverbandes Westpfalz in Worms. Auf der Facebook-Seite des RNF wurde ein Foto eingestellt und kommentiert "Unsere Frauen sind heute in Worms aktiv". Die zwei "aktiven Frauen" auf dem Foto tragen Burka und halten Schilder mit den Schlagwörtern "Kinderehe", "Scharia", "Polygamie" und "Zwangsheirat". Mit der Aktion will die NPD auf die "Folgen der stattfindenden Islamisierung aufmerksam machen". 3.3.2 "Der III. Weg" Gründung: 2013 Sitz: Weidenthal Mitglieder Rheinland-Pfalz: ca. 50 (2018: ca. 50) Organisation: "Gebietsverbände" und "Stützpunkte" Publikationen/Internet: Website Allgemeine Entwicklung Zu Beginn des Jahres 2019 kündigte die neonazistische Partei "Der III. Weg" eine "Kraftanstrengung nach außen" an, um ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu erhöhen. In diesem Sinne fand bereits am 5. Januar 2019 in Speyer eine Demonstration unter dem Motto: "Wir werden aktiv! - Komm und mach mit! UN-Migrationspakt und Multikulti-Chaos stoppen" mit ca. 50 Teilnehmern statt. Im weiteren Jahresverlauf wurde die öffentliche Bühne mehrfach für "Anti-AsylAgitationen" und die Glorifizierung des historischen Nationalsozialismus missbraucht. Weder bei der Gedenkdemonstration "Ein Licht für Dresden" am 16. Februar 2019 in Fulda, noch bei dem alljährlichen "Heldengedenken" im bayerischen Wunsiedel gelang der Partei allerdings der erhoffte Anschluss an die bürgerliche Mitte. Die Resonanz blieb aus. 62 Bei der am 1. Mai 2019 durchgeführten, traditionellen "MaiDemonstration" wurde im sächsischen Plauen das Bürgerund Parteibüro ("P 130") feierlich eröffnet. Unter Beteiligung von ca. 550 Mitgliedern und Sympathisanten wurde versucht, die drei Säulen der Partei ("Politischer Kampf, Kultureller Kampf, Kampf um die Gemeinschaft") bei der Veranstaltung öffentlichkeitswirksam darzustellen. Insbesondere kulturell-völkische Elemente, wie Volkstänze oder Informationsstände der parteieigenen Arbeitsgruppen dokumentierten einen neuen Veranstaltungstypus. Innerhalb der Parteistrukturen wurde das Ereignis als "neuer Maßstab" für die Szene propagiert. Auch medial erzeugte der Aufmarsch im Stile der "SA" ein verhältnismäßig großes Echo. Ferner wurden neben bereits bekannten Aktionsformen wie Demonstrationen, Kundgebungen und Flugblattaktionen im Jahr 2019 auch neue Kampagnen initiiert. So fand im Oktober erstmalig eine Aktion unter dem Motto "Unser Europa ist nicht eure Union!" statt, die auf der Partei-Homepage mit den folgenden Worten beworben wurde: "Ob das öffentliche Verbrennen einer EU-Fahne bzw. eine sonstige Schändung oder andere politische Aktionen, es gibt viele Wege, klarzumachen, was man von diesem System hält" (sic!). Ende 2019 führte die Partei Aktionswochen zum Thema: "Rudi Dutschke wäre heute einer von uns!" durch. Die bewusst provokant ausgerichtete Kampagne zielte auf eine breite Öffentlichkeitswahrnehmung ab. Trotz der hohen aktionistischen Intensität konnte aber keine überregionale Resonanz, wie etwa bei der 2014 initiierten Kampagne "Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft!", erzielt werden. Die Partei "Der III. Weg" hat im Jahr 2019 ihre Anstrengungen verstärkt, den Parteienstatus und damit den Schutz des Parteienprivilegs aufrecht zu halten und zu festigen. Erstmals trat die Partei bei der Europawahl am 26. Mai 2019 im gesam63 ten Bundesgebiet an. Spitzenkandidat war der rheinland-pfälzische Bundesvorsitzende Klaus Armstroff. Wie zu erwarten, verfehlte die Partei mit 671 Stimmen in Rheinland-Pfalz und 12.756 Stimmen im gesamten Bundesgebiet die selbst gesteckten Wahlziele deutlich. Einzelne Erfolge im östlichen Bundesgebiet bei parallel durchgeführten Kommunalwahlen wurden intern bejubelt. Auf dem 6. Bundesparteitag des "III. Wegs" am 28. September 2019 in Thüringen wurde der Bundesvorstand neu gewählt. Der Bundesvorsitzende Armstroff wurde hierbei in seinem Amt bestätig. Der langjährig in der Szene verwurzelte rheinland-pfälzische Aktivist Rene Rodriguez-Teufer wurde in seinem Amt als Beisitzer im Bundesvorstand ebenso wiedergewählt. Auf internationaler Ebene versuchte die Partei "Der III. Weg" im Jahr 2019 den Grad der Vernetzung und das Ansehen im nationalen Lager weiter zu steigern. So wurden Reisen in die Ukraine, Italien, Estland, Lettland und Finnland unternommen. Insbesondere die Kontakte zur "Nordischen Widerstandsbewegung" nach Schweden und dem politischen Arm des "Bataillon Azov" in der Ukraine sind anhaltend eng. An den Reisen sind regelmäßig rheinland-pfälzische Funktionäre und Mitglieder beteiligt. Ideologie und Programmatik Die Partei "Der III. Weg" sieht sich selbst innerhalb der rechtsextremistischen Szene weiterhin als "elitäre Speerspitze", die erst nach entsprechender Prüfung der Interessenten eine Mitgliedschaft in Aussicht stellt. Bereits innerhalb der kleinsten Organisationsstruktur sind sowohl Handeln als auch die Argumentationsmuster geprägt von der Ideologie und den Ideen des historischen Nationalsozialismus. Damit gehen nicht zuletzt Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit einher. Programmatisch rückte die Partei "Der III. Weg" im Jahr 2019 die Umweltund Klimaschutz-Debatte analog der öffentlichen Wahrnehmung weiter in den Fokus (s. Brennpunktthema 3). Mit ihrer neuen Grundlagenschrift "Der Nationalrevolutionär", die im April 2019 im parteieigenen Materialvertrieb erschien, propagiert der "III. Weg" eine "na64 tionale Gegenkultur als Alternative zum bestehenden System". Herausgeber der optisch sehr hochwertigen Broschüre, die unverhohlen versucht, die nationalsozialistische Weltanschauung an die Umstände und Erfordernisse der modernen Zeit anzupassen, ist der Bundesvorsitzende Armstroff. Auch die im Laufe des Jahres 2019 visuell überarbeitete Homepage des "III. Weges" lässt Bezüge zum historischen Nationalsozialismus erkennen. Verweise auf nationalsozialistische oder nationalistische Schriftsteller und die von der Partei postulierten Eckpfeiler "Nationalismus", "Sozialismus" und "Revolution" belegen dies. Beiträge wie der folgende verdeutlichen die via Internet-Webseite betriebene fortwährende Verächtlichmachung des demokratischen Rechtsstaats: Wir leben in einer entwurzelten und kulturlosen liberalkapitalistischen Konsumgesellschaft, die nur ein Heute und kein Morgen kennt. Aufgeblasen und völlig degeneriert wird unser Volk immer mehr vom Egoismus zerfressen. Der Sinn des Daseins und das Bewusstsein, wer man ist und woher man kommt, gehen vollends verloren in einer identitätsraubenden multikulturellen Gesellschaft."(sic!) Rheinland-Pfalz In Rheinland-Pfalz existieren weiterhin drei "Stützpunkte" der Partei "Der III. Weg", davon zwei mit Überschneidungen in das Nachbarland Hessen. Das Personenpotenzial stagnierte zuletzt bei ca. 50 Aktivisten. Die übergeordnete Organisationsstruktur, die die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, das Saarland und Rheinland-Pfalz umfasst, ist der "Gebietsverband West". Innerhalb der "Stützpunkte" spielen kulturell-völkische Aspekte eine herausragende Rolle. Regelmäßig finden gemeinsame Feiern (z.B. Sonnwendfeiern, Herbstfeste, Heldengedenken) statt, die einen entsprechenden Zusammenhalt der Mitglieder suggerieren sollen. Über die durchgeführten Veranstaltungen wird fortlaufend auf der Webseite der Partei berichtet. Insbesondere vor der Europawahl zeigten alle rheinland-pfälzischen "Stützpunkte" rege Aktivitäten, die durch Flugblattaktionen oder Plakatierungen auch Außenwirkung entfalteten. 65 Die in Rheinland-Pfalz parallel zur Europawahl durchgeführten Kommunalwahlen nutzte die Partei "Der III. Weg" um im Heimatort des Bundesvorsitzenden Armstroff für den Gemeinderat zu kandidieren. Hierbei verfehlte die Partei trotz vieler öffentlicher Aktionen mit nur 13 Stimmen (1,3 %) den Einzug deutlich. Erneut standen bei den "Stützpunkten" Kampagnen im Fokus, die sich bereits über mehrere Jahre etabliert hatten. So wurden wiederholt Aktionen wie die "Deutsche Winterhilfe" oder die bundesweite Aktion "Tierfutter statt Böller" zu den entsprechenden Jahreszeiten durchgeführt. Zentrales Veranstaltungsformat für die "Stützpunkte" bilden die in einem regelmäßigen Turnus durchgeführten "Stützpunktabende". Neben der Besprechung aktueller Themen wird im Rahmen dieser Veranstaltungen durch die Funktionäre versucht, Sympathisanten längerfristig an die Partei zu binden und entsprechend ideologisch zu indoktrinieren. 3.3 "DIE RECHTE" Gründung: 2012 Sitz: Dortmund Teil- / Nebenorganisation: keine Mitglieder Rheinland-Pfalz: ca. 15 (2018: ca. 15) Organisation in Rheinland-Pfalz: Landesverband Südwest Publikationen/Internet: Webseite Der im Mai 2012 in Hamburg gegründeten Partei werden bundesweit zahlreiche bekannte gewaltorientierte Personen aus der neonazistischen Kameradschaftsszene zugerechnet. Das Jahr 2019 stand parteipolitisch ganz im Zeichen der Europawahl am 26. Mai 2019. Nachdem eine geplante Teilnahme 2014 66 noch an fehlenden Unterstützungsunterschriften gescheitert war, konnte die Hürde zur Wahlzulassung diesmal genommen werden. Das für die Europawahl eigens angefertigte Wahlprogramm ("25 Punkte für Europa") verfügt nicht nur rein zufällig über die identische Anzahl von Programmpunkten, wie jenes der historischen NSDAP. Auch inhaltlich zeigt das Programm, dass seitens der Partei auch weiterhin nationalistische, fremdenfeindliche und geschichtsrevisionistische Positionen vertreten werden. So wird u.a. gefordert, den 20. April - den Geburtstag von Adolf Hitler - zum "NationalfeierEhrt die Helden unseres Volkes: tag" zu erheben. Mit dieser und weiMacht den 20. April zum deutteren teils gezielt provozierenden schen Nationalfeiertag. Forderungen konnte bundesweit nur Auszug aus dem Europawahlprogramm ein Stimmenanteil von 0,1 % (24.598 2019 Stimmen) erreicht werden, so dass kein Sitz im neuen Europaparlament errungen wurde. In Rheinland-Pfalz zeigt sich die mangelnde Anschlussfähigkeit im breiten Bürgertum an dem Stimmenanteil von 0,0 % (940 Stimmen). Bei der ebenfalls am 26. Mai 2019 stattgefundenen Bürgerschaftswahl in Bremen konnte "DIE RECHTE" ebenfalls keinen Sitz erringen. Die Wahlergebnisse dokumentieren die anhaltende Bedeutungslosigkeit der Partei in der hiesigen Parteienlandschaft. Um der Bedeutungslosigkeit entgegenzuwirken und Kräfte zu bündeln, gründete sich im Oktober 2019 das "Nationale Bündnis Ruhrgebiet - Die Ruhralternative" als ein Zusammenschluss zwischen den Parteien DIE RECHTE und der NPD. Mit Blick auf die im September 2020 stattfindende Wahl für das Ruhrparlament19 verspricht man sich davon Synergieeffekte. Der Wahl kommt aufgrund der weiterhin vorherrschenden innerparteilichen Dominanz durch den Landesverband Nordrhein-Westfalen eine besondere Bedeutung zu. Entsprechende Bündnisbestrebungen sind in Rheinland-Pfalz bis dato nicht feststellbar. 19 Regionalparlament des Regionalverbands Ruhr (RVR) in Nordrhein-Westfalen, einem Zusammenschluss von 11 kreisfreien Städte und vier Kreisen. 67 Rheinland-Pfalz Am 30. März 2019 führte der Landesverbands Südwest, der die Gebiete Rheinland-Pfalz und Saarland umfasst, seinen 4. ordentlichen Landesparteitag durch. In den Landesvorstand des Verbandes wurden vier Personen gewählt. Die Mitgliederzahl in Rheinland-Pfalz stagnierte 2019. Im Gesamtgefüge der Partei spielt der Landesverband Südwest keine nennenswerte Rolle. Seine Mobilisierungsfähigkeit ist nach wie vor gering, was sich in den in der Regel geringen Teilnehmerzahlen bei öffentlichen Aktionen zeigt. Vor der Europawahl konnten auch in Rheinland-Pfalz vereinzelt Wahlkampfaktivitäten (wie Flyerverteilung und Plakatierungen) der Partei festgestellt werden. Im Zentrum der Parteiarbeit standen darüber hinaus Aktivitäten im rheinhessischen Raum. So wurde am 2. Februar 2019 die "Tour der Gerechtigkeit" mit Stationen in Alzey, Wörrstadt und Wöllstein unter dem Motto: "Volksgemeinschaft statt Überfremdung! National Sozialismus durchsetzen" abgehalten. Am 20.April 2019 (dem Geburtsdatum Adolf Hitlers) fand in Ingelheim am Rhein die als Wahlkampfauftakt beworbene Demonstration unter dem Motto: "Heimat erhalten, Familien fördern, Zukunft gestalten!" statt. Ebenso in Ingelheim wurde am 17. August 2019 eine Demonstration unter dem Motto: "Mord verjährt nicht! Gebt die Akten frei - Recht statt Rache!" anlässlich des 32. Todestages des ehemaligen Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß durchgeführt. Die Teilnehmerzahl lag mit ca. 30 Personen über den sonst bei öffentlichen Aktionen der Partei erreichten Zahlen von zumeist weniger als 20 Personen. Im Anbetracht dessen, dass Rudolf Heß innerhalb der rechtsextremistischen Szene weiterhin über ein hohes Ansehen verfügt und 2019 keine Hauptdemonstration für Heß in Berlin stattfand, ist die Teilnehmerzahl vergleichsweise gering. Am 9. März 2019 beteiligen sich Aktivisten der Partei "DIE RECHTE" an der "Fahrt der Erinnerung" der neonazistischen Kameradschaft "Nationaler Widerstand 68 Zweibrücken" in Blieskastel, Neunkirchen und Kaiserslautern. Am 14. und 23. März 2019 nahmen sie an Fackelmärschen der "Kameradschaft Zweibrücken" in Zweibrücken teil. 3.3.4 Extremistische Strukturen in der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat am 15. Januar 2019 nach vorausgegangener intensiver Prüfung die Einstufung der der AfD zuzurechnenden Gruppierungen "Der Flügel" und "Junge Alternative" (JA) zu Verdachtsfällen erklärt. In beiden Fällen liegen hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, d.h. Bestrebungen, die auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung des grundgesetzlichen Kernbestandes abzielen. Die Einstufung ermächtigt den Verfassungsschutz entlang seiner gesetzlichen Bestimmungen zu folgenden Maßnahmen: # Personenbezogene Auswertung und Speicherung personenbezogener Daten in Dateien u. Akten. # Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (stets unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips). Die Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz verwendet die Bezeichnung Verdachtsfall nicht. Gleichwohl ist sie bei Vorliegen von Anhaltspunkten für den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesetzlich befugt zu beobachten und die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen. Am 12. März 2020 gab das Bundesamt für Verfassungsschutz die Einstufung des "Flügels" als gesichert extremistische Bestrebung bekannt; die bisherigen verfassungsfeindlichen Anhaltspunkte haben sich zur Gewissheit verdichtet.20 Diese Bewertung ist eine bundeseinheitliche, da mangels regionaler Organisationsstrukturen keine gesonderte Einstufung seitens der Verfassungsschutzbehörden der Länder mehr erforderlich ist. 20 Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/vortraege/eingangsstatement-p-20200312-pressekonferenz-zum-stand-der-bekaempfung-des-rechtsextremismus, aufgerufen am 24. März 2020. 69 3.3.4.1 "Der Flügel" Die Gruppierung "Der Flügel" ist eine Strömung bzw. Sammlungsbewegung ohne länderspezifische Organisationsstrukturen innerhalb der Partei AfD. Nach Angaben des Bundessprechers der Partei, Prof. Dr. Jörg Meuthen, soll knapp jedes fünfte Mitglied der AfD dem "Flügel" zugerechnet werden können: "Diejenigen, die sich explizit dem 'Flügel' zugehörig fühlen, das sind wahrscheinlich nicht einmal 20 Prozent der Mitglieder. Aber das ist nur ein grober Richtwert". Weiter führte er aus: "Wenn man diejenigen mitzählt, die mit dieser Strömung der Partei sympathisieren, dann sind wir vielleicht bei 30 Prozent".21 Bei der innerparteilichen Strömung "Der Flügel" liegen zur Gewissheit verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei ihr um eine extremistische Bestrebung handelt. Das Politikkonzept des "Flügels" zielt auf die Exklusion bestimmter sozialer Gruppen wie Ausländer, Migranten - darunter insbesondere Muslime - und politisch Andersdenkende ab. Demgegenüber wird ein ethnisch homogenes Volk angestrebt. Insofern verletzt bereits das Politikkonzept alle Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die Menschenwürdegarantie sowie das Demokratieund das Rechtsstaatsprinzip. Hinzu kommt die Relativierung des historischen Nationalsozialismus durch Aussagen von "Flügel"-Vertretern. Einzelne Mitglieder des "Flügels" weisen zudem Bezüge zu bereits als extremistisch eingestuften Organisationen auf. Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss "Der Flügel" und seine Protagonisten auf die Gesamtpartei AfD nehmen werden. Die weitere Entwicklung wird daher auch ungeachtet einer formellen Auflösungserklärung im Blick zu behalten sein. 3.3.4.2 "Junge Alternative" Die "Junge Alternative für Deutschland" (JA) ist laut der Bundessatzung der AfD die offizielle Jugendorganisation der AfD. Sie ist als eigenständiger Verein konstituiert und verfügt über Satzungs-, Programm-, Finanzund Personalautonomie. 21 www.stern.de/politik/deutschland/afd-chef-meuthen--hoechstens-20-prozent-der-mitglieder-beim--fluegel--8812912.html , abgerufen am 23.07.2019, Az.: 051-S-580002-0000-0046/2019. 70 Dem Verfassungsschutz liegen hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die Jugendorganisation der AfD extremistische Bestrebung verfolgt, die u. a. gegen die grundgesetzliche Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) gerichtet sind. Aussagen der JA kann entnommen werden, dass sie auf den Vorrang eines ethnisch-homogenen Volksbegriffs abzielt. Menschen, die dieser ethnisch geschlossenen Gemeinschaft nicht angehören, macht die JA verächtlich. Insgesamt wird eine migrationsund insbesondere islamfeindliche Haltung eingenommen, der mit aggressiver Rhetorik Nachdruck verliehen wird. Ebenso richtet sich die JA nach den bisherigen Erkenntnissen gegen das Demokratieprinzip. Belegt wird dies durch zahlreiche pauschal diffamierende Aussagen über die Regierung und das politische System der Bundesrepublik Deutschland vor. In der Gesamtschau kann von einer Verächtlichmachung des Parlamentarismus gesprochen werden. 3.4 Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen 3.4.1 "Neue Rechte" Aus Sicht des Verfassungsschutzes, der sich nach der Gesetzeslage ausschließlich der Beobachtung und Analyse verfassungsfeindlicher Bestrebungen widmet (vgl. Kapitel A I.), können Teile der heterogenen Strömung der sogenannten Neuen Rechten dem Rechtsextremismus zugerechnet werden. Deren Vertreter und Anhänger orientieren sich maßgeblich am etatistisch-antidemokratischen Gedankengut der als "Konservative Revolution" bekannt gewordenen intellektuellen Strömung in der Weimarer Republik.22 Zugleich wahren sie - mehr oder weniger glaubhaft - Distanz zum historischen Nationalsozialismus und weitestgehend auch zu Gruppierungen aus dem übrigen rechtsextremistischen Spektrum. Feste Organisationsformen sind innerhalb der "Neuen Rechten" die Ausnahme. Vielmehr versteht man sich als (außerparlamentarische) politische Bewegung oder als Netzwerk abseits der herkömmlichen Organisationsstrukturen. Der Begriff Bewegung soll etwas aus dem Volk heraus Erwachsenes suggerieren, das 22 Die als "Konservative Revolution" bezeichnete antiliberale, antidemokratische und nationalistische Strömung in der Zeit der Weimarer Republik gilt als ein geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus. 71 sich quasi wie eine Naturerscheinung unaufhaltsam und dynamisch entwickelt. Nicht etwa eine formelle Mitgliedschaft, sondern bereits ein bloßes Zugehörigkeitsgefühl soll Identität schaffen. Fernziel neurechter Kreise ist es, durch kontinuierliches Einwirken auf den innergesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess eine "Kulturrevolution von rechts" herbeizuführen. Es geht ihnen um das Erringen der Meinungsund Deutungshoheit. Im Klartext bedeutet dies, maßgebliche Teile der Gesellschaft dazu zu bringen, rechtsextreme weltanschauliche Positionen zu teilen, um die politische Willensbildung entlang dieser Überzeugungen beeinflussen oder gar steuern zu können. Von wissenschaftlicher Seite ist daher auch von einer Art "Brückenspektrum" zwischen dem rechten Rand des demokratischen Mainstreams und dem Rechtsextremismus die Rede. Die Akteure der "Neuen Rechten" agieren in erster Linie auf der politischen Metaebene. Es geht ihnen vor allem darum, Kultur und Sprache als weltanschauliche Ideenträger punktgenau einzusetzen, um die Wahrnehmung der Menschen im eigenen Sinne zu formen und zu verändern. Charakteristisch für die Protagonisten der "Neuen Rechten" ist dabei vor allem ihr Sprachgebrauch: Sie verschleiern einschlägige Begriffe, indem sie sprachliche Täuschung betreiben. Weltanschauliche Muster und Merkmale werden systematisch kaschiert. Beispielsweise verbirgt sich hinter dem in der Szene gängigen Begriff "Ethnopluralismus" die klassische rechtsextremistische Vorstellung von einer ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft". Der Begriff ist nur dem Anschein nach ein Bekenntnis zur Vielfalt der Völker auf Augenhöhe. Der Wesenskern des "Ethnopluralismus" ist vielmehr die Vorstellung von einer Separierung unterschiedlicher Ethnien und deren ausschließliche Konzentration auf definierte Herkunftsräume, was einer Form der Apartheit im großen Stil gleichkommt. Damit wird nicht nur die Lebenswirklichkeit der ethnischen Vielfalt innerhalb der Gesellschaften negiert. Durch regelmäßige, in aller Regel verklausulierte Betonung von vermeintlichen abstammungsbedingten Unterschieden werden auch eindeutig rassistische Positionen vertreten. 72 "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) Gründung: 2012 (zunächst im Internet) Sitz: Paderborn (Vereinssitz) Mitglieder Rheinland-Pfalz: Konstant im niedrigen zweistelligen Bereich Organisation in Rheinland-Pfalz: Regionalgruppe Publikationen/Internet: Website, Soziale Medien Die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) gründete sich im Oktober 2012 - zunächst als rein virtuelle Facebook-Gruppe. Sie sieht sich in der Tradition der Nouvelle Droite in Frankreich und insbesondere als Ableger der französischen Generation Identitaire (GI). Ihren Ursprung hat die "Identitäre Bewegung" im "Bloc Identitaire", einer aus verschiedenen regionalen Gruppen entstandenen politischen Bewegung in Frankreich, die der "Neuen Rechten" zugeordnet wird. Die Generation Identitaire bzw. der "Bloc Identitaire" gelten als rechtsextreme Bewegungen. Ideologischer Mittelpunkt ihres Weltbilds sind ein strikter Ethnopluralismus sowie eine Ablehnung des Islams. Ziel ist ein ethnisch und kulturell möglichst homogener Staat. Struktur der IBD Die IBD besteht aus "Regionalgruppen", die sich ursprünglich nicht an den Grenzen der einzelnen Bundesländer orientierten. Im Jahr 2017 passte die IBD ihre Gliederung an die Grenzen der Länder an und machte dies auch auf ihrer Internetseite publik. Die Regionalgruppen wiederum gliedern sich in Ortsgruppen, die meist in regelmäßigen Abständen "Stammtische" veranstalten und Aktionen planen bzw. durchführen. Eine charismatische Führungspersönlichkeit ist bei der IBD bislang weder auszumachen, noch in Sicht. Anders in Österreich. Der dortige IB-Aktivist Martin Sellner spielt auch für die IBD eine entscheidende Rolle, indem er beispielsweise regelmäßig in Deutschland auf Demonstrationen der IBD auftritt. Der Fokus der IBD-Aktivitäten liegt nach wie vor auf dem Internet. Obwohl 2018 einige ihrer wichtigsten Medienkonten bei Facebook und auch Instagram ge73 löscht wurden, gelang es der IBD weiterhin, ihre Aktionen via Twitter oder über Beiträge auf der eigenen Homepage zu verbreiten. Ideologie Für die IBD steht der "Kampf um die Kultur" im Fokus ihres Handelns. "Kulturfremde" Einflüsse hält sie für schädlich. Zentrale Punkte ihrer Ideologie sind der Erhalt der "ethnokulturellen Identität" sowie der Begriff des "Ethnopluralismus". Den Ethnopluralismus definiert die IBD als Vorstellung, in der jedes Volk mitsamt seiner ureigenen Kultur über einen angestammten Lebensraum verfügt. Für "Identitäre" sind nicht in erster Linie genetische, sondern kulturelle Unterschiede maßgeblich. Diese verschleierte Begriffswahl rührt Als Identitäre Bewegung gilt daher, dass die "Neue Rechte" um Abfür uns bei jeder Aktion und in grenzung von der "alten Rechten" beder gesamten politischen Arbeit müht ist, die sich nicht zuletzt des Vostets das Gebot der Gewaltfreikabulars des historischen Nationalsoheit. Wir setzen auf friedlichen zialismus bedient und dessen wesentund kreativen Protest, der ohne lichen weltanschaulichen Positionen Bedrohungsszenarien oder Einteilt. Am Ende läuft allerdings auch der schüchterungsversuche ausvon der IBD propagierte Ethnopluraliskommt. mus auf eine völkisch definierte Blutund-Boden-Ideologie hinaus. IB (FAQ - Sind eure Ziele nicht rassistisch/extremistisch?) Die IBD behauptet insbesondere eine Unvereinbarkeit der Muslime mit der einheimischen Bevölkerung und schreibt ihnen pauschal negative Wesensmerkmale zu. Die eigene ethnische Zugehörigkeit wird zugleich überhöht, auch um bestehende fremdenund islamfeindliche Ressentiments in der Bevölkerung schüren zu können. Nach der Vorstellung der IBD gehören Migrantinnen und Migranten von außerhalb Europas nicht in die europäischen Gesellschaften. Massenmigration steht im Widerspruch zur Vorstellung der IBD eines "Europas der Vaterländer". Um die unterstellte "Umvolkung" aufzuhalten, müsse eine Remigration stattfinden. Diese Remigration ist Teil der Reconquista (Wiedereroberung) Europas. Das 74 heißt, dass bereits hier lebende Migranten, die sich nach Ansicht der IBD nicht assimiliert haben und auch nicht assimilieren lassen, umgehend abgeschoben werden sollen. Erscheinungsform, Aktivitäten, Vorgehen Primäre Zielgruppe der IBD sind junge, besser gebildete "Aktivisten", die möglichst keinen Vorlauf in der herkömmlichen rechtsextremistischen Szene haben. Die IBD präsentiert sich insofern gerne als eine junge, moderne Bewegung. Charakteristika ihres Markenkerns sind Jugendlichkeit, ein popkulturelles Verständnis und vor allem eine ausgeprägte Medienaffinität. Bei ihren Aktionen konzentriert sich die IBD hauptsächlich auf öffentlichkeitswirksame Plakatbzw. Banneraktionen. Sie versucht mit einem relativ geringen Einsatz von Mitteln eine größtmögliche mediale Reichweite zu generieren. Über die Aktionen werden im Anschluss regelmäßig Berichte auf der Homepage bzw. den Twitter-Kanälen veröffentlicht. Unter dem Motto "Europa verteidigen - Es bleibt unsere Heimat" organisierte die IBD am 20. Juli 2019 in Halle an der Saale ein "Straßenfestival" mit anschließender Demonstration, bei dem einige Stände aufgebaut wurden und "Identitäre" aus ganz Deutschland und Europa anreisten. Im Verlauf der Veranstaltung kam es zu massiven Protesten unter Beteiligung gewaltorientierter Linksextremisten. Die IBD lehnt nach eigenen Angaben Gewaltanwendung bei ihren Aktionen ab. Trotzdem kam es in der Vergangenheit zu vereinzelten gewalttätigen Aktionen bzw. Straftaten. Rheinland-Pfalz Die Mitgliederzahl der IBD in Rheinland-Pfalz liegt konstant im niedrigen zweistelligen Bereich. Erste Aktivitäten entfaltete die IBD im Jahr 2015 in Trier und 75 ab 2016 auch in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz. 2017 wurden weitere IBAktivitäten in Trier und Mainz bekannt. Aktivisten der "Identitären Bewegung" Saarland und Trier führten gemeinsam im Sommer 2019 zwei Banneraktionen durch. Das Banner mit der Aufschrift "Heimatliebe" wurde zuerst an einem Hochhaus und später auf dem Saarbrücker Schloss entfaltet. Zudem wurden im Berichtszeitraum diverse Aufkleber der IBD im Stadtgebiet Koblenz festgestellt. Im Ergebnis ist allerdings festzuhalten, dass die IBD in Rheinland-Pfalz nahezu bedeutungslos ist. 3.4.2 Neonationalsozialisten / Neonazis Neonationalsozialisten (Neonazis) bekennen sich offen zur Ideologie und Programmatik des historischen Nationalsozialismus. Sie bilden die Leitlinie für das Selbstverständnis der Szene und sind Vorbilder für deren politische Ziele und Überzeugungen. Die weltanschauliche Nähe zum Nationalsozialismus zeigt sich in vielfältiger Weise, wie vor allem in der Verwendung einschlägiger Begriffe, Parolen und Kennzeichen. Protagonisten des Naziregimes von 1933 bis 1945 werden verherrlicht, die Zeit der Nazidiktatur wird verklärt, Gewalttaten bis hin zum Völkermord werden relativiert oder gar geleugnet. Ein Pseudo-Gedenkkult soll die Erinnerung an Nazigrößen und an aus Szenesicht relevante historische Ereignisse wachhalten.23 23 Exemplarisch sind u.a. jährliche Aufmärsche der Szene in der Nähe ehemaliger Kriegsgefangenenlager der Alliierten wie beispielsweise in Remagen um den Volkstrauertag, der in Anlehnung an die Nationalsozialisten als "Heldengedenktag" glorifiziert wird (vgl. obige Abbildung der neonazistischen Publikation "N.S. Heute"). 76 Aus ihren zweifelsfrei verfassungsfeindlichen Zielsetzungen machen Neonazis in aller Regel kein Hehl. Einschlägige Begriffe werden kaum verschleiert. So sprechen Neonazis von einem (neuen) "nationalen Sozialismus" statt vom "Nationalsozialismus". Weltanschauliche Prämissen wie nicht zuletzt die Fiktion von einer rassistischen, ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft" oder die Idee eines diktatorisch gelenkten Staates werden offen propagiert. Ein exzessives Feindbilddenken prägt seit jeher das Selbstverständnis der Neonazis und bedingt ein hohes Aggressionspotenzial. Beträchtliche Teile der Neonaziszene gelten daher als gewaltorientiert. Die neonazistische Szene ist ungeachtet ihrer weitestgehend einheitlichen historischen Orientierung nicht homogen. So gibt es durchaus unterschiedliche Bewertungen innerhalb des Neonazismus, was die Rolle der Person Adolf Hitlers und seinen Stellenwert für die heutige politische Auseinandersetzung anbelangt. Einige Neonazis orientieren sich an linksnationalistischen, sozialrevolutionären Vorstellungen, wie sie beispielsweise eine Minderheit innerhalb der NSDAP in den 1920er Jahren in Opposition zur Hitler'schen Parteilinie vertrat. In struktureller Hinsicht reicht das Neonazispektrum von vergleichsweise kleineren regionalen, eher informellen Gruppierungen bis hin zu überregional vernetzten Strukturen mit höherem Organisationsgrad wie z.B. "Kameradschaften". Ein Teil der Neonazis ist auch in den Parteien "Der III. Weg" und "DIE RECHTE" organisiert. Rheinland-Pfalz Dem neonazistischen Spektrum in Rheinland-Pfalz können seit mehreren Jahren konstant rund 200 Personen zugerechnet werden; die Zahl hat sich im Jahr 2019 nicht verändert. Diese gehören überwiegend losen, informellen Zusammenschlüssen mit niedrigem Organisationsgrad sowie mehreren vergleichsweise straff organisierten "Kameradschaften" an. Regionale Schwerpunkte der neonazistischen "Kameradschaftsszene" sind die Räume Rheinhessen und Westpfalz. Des Weiteren konnte eine Gruppierung dieser Organisationsform im Großraum Koblenz ausgemacht werden. Die älteste, bis heute existente "Kameradschaft" ist die Gruppierung "Nationaler Widerstand Zweibrücken", die seit Beginn der 2000er Jahre Aktivitäten wie 77 Demonstrationen und "Mahnwachen" in der Region entwickelt. Aktuell sind der Gruppe weniger als zehn Anhänger zuzurechnen; die Teilnehmerzahlen an von ihr initiierten Aktionen bewegen sich jeweils im unteren zweistelligen Bereich. Darüber hinaus beteiligen sich Angehörige der Zweibrücker Gruppe an Demonstrationen Gleichgesinnter in anderen Landesteilen und an überregionalen rechtsextremistischen Aufmärschen. So nahmen Aktivisten des "Nationalen Widerstands Zweibrücken" am 17. August 2019 an einer Demonstration von ca. 30 Rechtsextremisten in Ingelheim am Rhein aus Anlass des Todestages des ehemaligen Hitler-Stellvertreters und verurteilten Kriegsverbrechers Rudolf Heß teil.24 Zur neonazistischen "Kameradschaftsszene" in Rheinland-Pfalz zählt auch die im Jahr 2018 gegründete "Kameradschaft Rheinhessen". Diese Gruppierung weist personelle Überschneidungen zur neonazistisch ausgerichteten Partei "DIE RECHTE - Landesverband Südwest" auf. Neben den "Kameradschaften" existieren informelle, lose Zusammenschlüsse von regionalem Zuschnitt in Rheinland-Pfalz, so in der Vorderpfalz mit Überschneidungen zum Rhein-Neckar-Raum. 3.5 Weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial Unter den Begriff weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial fallen u.a. organisationsungebundene Rechtsextremisten und rechtsextremistische Internetaktivisten, die keiner Organisation zugeordnet werden. Der Begriff weitgehend 24 Heß verstarb am 17. August 1987 während der Verbüßung einer lebenslangen Haftstrafe. Von Rechtsextremisten wird seitdem das Narrativ einer angeblichen Ermordung durch staatliche Stellen aufrechterhalten. Insbesondere von Neonazis wird er als eine Art "Märtyrer" und "Opfer des Systems" verehrt. In der Vergangenheit fanden aus Anlass des Todestages im Bundesgebiet regelmäßig größere Aufmärsche statt; die Aktionen sind zwischenzeitlich an Zahl und Teilnehmerschaft deutlich zurückgegangen. 78 unstrukturiert bedeutet nicht, dass in allen Fällen zwingend von einer völligen Strukturlosigkeit ausgegangen werden kann. Die Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz zählt zu diesem Spektrum auch Personenzusammenschlüsse wie die "Hammerskin-Szene" oder rechtsextremistische Musikgruppen, die für sich genommen zwar jeweils einen gewissen Organisationsgrad aufweisen, zu deren Selbstverständnis aber zugleich gehört, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit bzw. Eigenständigkeit zu bewahren. Wesentliche Teile dieses Spektrums umfassen subkulturell geprägte Rechtsextremisten und die rechtsextremistische Musikszene. 3.5.1 Subkulturell geprägte Rechtsextremisten Kennzeichnend für die Zusammensetzung des subkulturell geprägten rechtsextremistischen Spektrums ist ein im Vergleich zur übrigen Szene relativ niedriges Durchschnittsalter; Jugendliche und junge Erwachsene sind hier deutlich stärker vertreten. Es ist vor allem der erlebnisorientierte Lebensstil subkultureller Rechtsextremisten, der junge Menschen anspricht. Als ein Identität wie auch Zusammenhalt stiftendes Element spielt dabei die Musik eine, wenn nicht die zentrale Rolle. Währenddessen bleibt die ideologische Reflexion nur oberflächlich. Von einer ernsthaften Befassung mit weltanschaulichen oder politischen Inhalten kann daher zumeist nicht die Rede sein. Dieser Umstand tut aber den zweifelsfrei rassistischen, antisemitischen, fremdenund demokratiefeindlichen Überzeugungen der Szeneangehörigen keinen Abbruch. In struktureller Hinsicht dominieren im subkulturell geprägten rechtsextremistischen Spektrum informelle, lose Zusammenschlüsse mit niedrigem bis kaum vorhandenem Organisationsgrad. Vergleichsweise straff organisierte, hierarchisch aufgebaute Gruppen wie die "Hammerskins" waren und sind die Ausnahme. Ungeachtet des überwiegend informellen Charakters der Szene gibt es vielfältige, über die Jahre gewachsene überregionale (persönliche) Kontakte und Vernetzungen. Beim Besuch von Szene-Events wie Konzerten und vor allem durch die Nutzung sozialer Medien, verfestigt und verstetigt sich die Vernetzung kontinuierlich. 79 Der Reiz und die Anziehungskraft des Rechtsextremismus auf Jugendliche werden in der Regel nicht durch ein politisches Programm bestimmt. Vielmehr sind es Angebote, die mit Gemeinschaft, Action, Tabubruch und Anerkennung verbunden sind, oft mit Aktivitäten an der Grenze oder jenseits der Legalität - mit anderen Worten: Es sind Angebote, die Erlebnisse verheißen. Thomas Pfeiffer, Menschenverachtung mit Unterhaltungswert, in "Erlebniswelt Rechtsextremismus", Stefan Glaser, Thomas Pfeiffer (Hg.), Wochenschau Verlag, 5. Auflage, 2017 Was das äußere Erscheinungsbild anbelangt - subkulturelle Bewegungen grenzen sich bekanntermaßen vom Mainstream auch und gerade in diesem Punkt ab -, zeigt sich unter subkulturellen Rechtsextremisten heute eine vergleichsweise große Diversität. Die Mehrheit pflegt längst kein betont martialisch-markantes Äußeres mehr, wie es beispielsweise für rechtsextremistische Skinheads typisch ist. Gleichwohl spielen auch heute noch in weiten Teilen einschlägige Attribute wie "klassische" Kleidungsstücke oder unzweideutige Kennzeichen und Parolen auf selbigen eine gewichtige Rolle und tragen zur Abgrenzung bei. Das Aggressionsund Gewaltpotenzial in subkulturellen rechtsextremistischen Kreisen ist nach wie vor hoch. Es tritt regelmäßig anlassbezogen zu Tage, wenn Aktivitäten im größeren Stil entwickelt werden, so beispielsweise bei der Beteiligung an öffentlichen Aufmärschen oder bei Konzertveranstaltungen. In Rheinland-Pfalz umfasst die subkulturelle rechtsextremistische Szene konstant schätzungsweise weniger als 50 Personen, die als gewaltorientiert gelten. Eine Reihe von ihnen fühlt sich - entgegen des bundesweiten Trends - nach wie vor dem Lebensstil der Skinheads verbunden. Kontakte bestehen vornehmlich in das hiesige Neonazilager. "Hammerskins" Bei den "Hammerskins" handelt es sich um ein internationales Skinhead-Netzwerk mit Wurzeln in den Vereinigten Staaten von Amerika, welches insbesondere aufgrund seiner straffen Organisationsstruktur innerhalb der sonst losen subkulturellen Szene eine Sonderrolle einnimmt. 80 Die Ideologie der "Hammerskin"-Szene ist von Rassismus und Bezügen zum historischen Nationalsozialismus geprägt. Ihre Ziele sind die Erhaltung der "weißen Rasse" und die Vereinigung aller rechtsextremistischen weißen Skinheads in einer weltweiten "Nation". Die "Hammerskins" verfügen über gleichrangige "Ableger", sogenannte Chapter, auf mehreren Kontinenten, darunter auch in Europa (z.B. in Deutschland). Die Organisation innerhalb der Chapter erinnert angesichts ihres straffen, hierarchischen Aufbaus an die der Rockerszene. Untereinander und zu Gleichgesinnten in anderen Ländern unterhalten "Hammerskins" enge Verbindungen, so durch regelmäßige Treffen. "Hammerskin"-Aktivitäten sind in Deutschland seit Anfang der 1990er-Jahre bekannt. Seitdem agiert die Szene sehr konspirativ. In der Öffentlichkeit treten "Hammerskins" als solche erkennbar nicht auf. Zudem entwickeln sie keine politischen Aktivitäten mit Außenwirkung. 3.5.2 Rechtsextremistische Musikszene Musik spielt im Rechtsextremismus seit jeher und in vielerlei Hinsicht eine zentrale Rolle. Als politischer Impulsgeber oder als Identität stiftendes Element gehört sie quasi zur Lebenswelt vieler Rechtsextremisten. Rechtsextremistischen Demagogen dient die Musik als Medium für ihre menschenverachtende und demokratiefeindliche Weltanschauung. Sie setzen bei ihrer politischen Agitation und Propaganda vor allem auf die emotionalisierende Wirkung der Musik - diese ist für sie ein Katalysator für Hass und Hetze. Es gibt einige Bands, die sehr eindeutig Vernichtungsfantasien abfeiern. Das ist zum Teil auch strafrechtlich relevant. Aber es gibt auch viele Bands, die unspektakuläre Texte schreiben. So hatte Kategorie C mal einen "Hit", der "Einer für alle und alle für einen" heißt. Wenn Sie wissen, dass es um Nazis geht, wissen alle, was gemeint ist, aber es ist nicht justiziabel. Thorsten Hindrichs, Musikwissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz im Interview mit dem Trierischen Volksfreund am 13. November 2019 81 Musik trägt heute mehr denn je dazu bei, der Szene inneren Zusammenhalt zu geben. Dies gilt insbesondere für die Teile des rechtsextremistischen Spektrums, die bei niedrigem Organisationsgrad zugleich nur wenig politisch intendierte Aktivitäten entfalten. Ein vordergründig rein informeller Charakter kann insofern über den wahren inneren Zusammenhalt hinwegtäuschen. Zudem ist und bleibt die Musik aus rechtsextremistischem Blickwinkel ein wichtiges Mittel bei der Nachwuchswerbung und -gewinnung. Das Vorgehen hat sich im Laufe der Zeit grundlegend verändert. Die Verbreitung von Tonträgern wie die sogenannte Schulhof-CD der NPD ist heute weitestgehend Geschichte. Vielmehr werden die multimedialen Möglichkeiten des Internets und der Sozialen Medien zur Nachwuchswerbung ausgeschöpft. Daneben spielen Konzertveranstaltungen eine anhaltend wichtige Rolle. Gerade erlebnisorientierten Jugendlichen sollen sie ein Gemeinschaftsgefühl suggerieren und ihnen somit den Weg in die Szene ebnen. Musikveranstaltungen unterschiedlichster Art sind auch aus anderen Gründen ein wichtiger Faktor im Szeneleben. Neben der Möglichkeit, neue Anhänger zu gewinnen, bieten sie Gelegenheit, bestehende Kontakte - auch über Ländergrenzen hinaus - zu pflegen und sich weiter zu vernetzen. Aus Sicht der Veranstalter sind die Konzerte darüber hinaus aus kommerziellen Gründen von Interesse. Außer den Einnahmen durch den Kartenverkauf werden am Rande von Konzerten regelmäßig auch einschlägige Devotionalien wie z.B. szenetypische Bekleidung angeboten. Rheinland-Pfalz nimmt im Ländervergleich bezogen auf die Anzahl der rechtsextremistischen Musikveranstaltungen und der dabei zu verzeichnenden Teilnehmerzahlen seit Jahren einen hinteren Platz ein. Im Jahr 2019 haben in Rheinland-Pfalz sieben Musikveranstaltungen (vier Liederabende und drei sonstige Veranstaltungen mit Musikdarbietungen) mit insgesamt etwa 250 Teilnehmern stattgefunden. Das waren genauso viele Teilnehmer wie bei den sechs Veranstaltungen 2018. 82 In Rheinland-Pfalz sind der Verfassungsschutzbehörde aktuell acht rechtsextremistische Bands und vier Personen bekannt, die als Liedermacher /-innen auftreten. Vier der Bands zeigten im Jahr 2019 allerdings keine bedeutende Aktivität. Zumeist finden die Auftritte rheinland-pfälzischer rechtsextremistischer Bands und Liedermacher außerhalb der Landesgrenzen statt. Bekanntester Protagonist der rechtsextremistischen Musikszene in Rheinland-Pfalz ist Philipp Neumann, der sowohl als Sänger der Band "FLAK" als auch als Liedermacher "Phil von FLAK" oder "FLAK solo" bundesweit sowie im europäischen Ausland auftritt. Neumann sowie ein weiterer Musiker der Band aus Rheinland-Pfalz waren Führungspersonen der Gruppierung "Aktionsbüro Mittelrhein" und sind damit auch außerhalb ihrer musikalischen Darbietungen in der rechtsextremistischen Szene verwurzelt. 83 84 III. "Reichsbürger"-Spektrum und "Selbstverwalter" 85 1. Überblick und Entwicklungen 2019 Sie leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland, gründen fiktive Staaten, stellen Fantasieausweise aus und missachten Recht und Gesetz. Der Verfassungsschutz beobachtet das "Reichsbürger"-Spektrum und die "Selbstverwalter"-Szene seit Ende 2016 als Sammelbeobachtungsobjekt.25 Seitdem erfolgt auch in Rheinland-Pfalz die systematische Aufklärung und Erfassung dieses Personenpotenzials. Die planmäßige Beobachtung hat maßgeblich zu einem deutlichen Erkenntnisgewinn beigetragen. Aufgrund dessen können heute eine Reihe von Rückschlüssen auf die jüngere Entwicklung dieser Szene von Staatsleugnern und -verweigerern nicht zuletzt mit Blick auf deren Hintergründe wie personelle Zusammensetzung, Strukturen etc. gezogen werden. Während des bisherigen Beobachtungszeitraums ist die Zahl der erkannten "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" bundesweit von ca. 16.500 im Jahr 2017 auf rund 19.000 zu Beginn des Jahres 2019 gestiegen. In Rheinland-Pfalz stieg die Zahl von ca. 500 Personen 2017 auf etwa 650 im Jahr 2019 an. Im gleichen Zeitraum hat sich das Informationsaufkommen des Verfassungsschutzes kontinuierlich verbessert. Es kann daher (noch) nicht mit letzter Sicherheit von einem allgemeinen, weiter anhaltenden Trend eines tatsächlichen Zuwachses gesprochen werden. Weiter verdichtet hat sich im Jahr 2019 die Erkenntnislage bezüglich der Organisationsstrukturen des "Reichsbürger"-Spektrum. Bundesweit existieren etwa zwei Dutzend länderübergreifende Gruppierungen nebst zahlreicher Kleinund Kleinstgruppen von eher regionalem Zuschnitt. In Rheinland-Pfalz gingen 2019 25 Unter dem Arbeitsbegriff "Sammelbeobachtungsobjekt" werden Bewegungen ansonsten lose formierter / strukturierter Personen und Gruppierungen zusammengefasst, bei denen von einer einheitlichen weltanschaulich-ideologischen Ausrichtung gesprochen werden kann. 86 von sechs Gruppierungen mit "Reichsbürger"-Bezug Aktivitäten aus, denen rund 80 Personen angehören (ca. 12 % des Gesamtpotenzials). Mit etwa drei Prozent (ca. 20 Personen) auf gleichbleibend niedrigem Niveau ist 2019 die Schnittmenge derjenigen "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" in Rheinland-Pfalz geblieben, die Bezüge zum Rechtsextremismus aufweisen. Der bundesweite Anteil liegt mit ca. fünf Prozent etwas höher. Es gibt nicht viele Theorien, die absurder sein könnten. Die Theorie vom Untergang der Bundesrepublik wird aber mit Vehemenz von fast allen bekannten "Reichsbürgern" vertreten! Es muss daher noch einmal darauf verwiesen werden, dass "Reichsbürger" nicht mit Stringenz oder Logik argumentieren oder ihr Vortrag nicht frei von Widersprüchen ist. Vielmehr versteigen sie sich in Konstrukte, die allein dazu dienen, zu irgendwelchen ineffektiven Debatten zu nötigen. Christa Caspar, Reinhard Neubauer, Durchs wilde Absurdisten: Was zu tun ist, wenn "Reichsbürger und öffentliche Verwaltung aufeinandertreffen, in "Reichsbürger" Ein Handbuch, Demos -Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung, 3. Auflage, 2017 Ziele von "Reichsbürger"-Aktivitäten sind weiterhin mit Schwerpunkt die öffentliche Verwaltung sowie die Justiz. Eine nicht näher bezifferbare Zahl renitenter, ignoranter Schriftsätze und im persönlichen Umgang auch aggressives Verhalten blieben 2019 kennzeichnend für das Auftreten von "Reichsbürgern" insbesondere gegenüber Vertreterinnen und Vertretern von Behörden. Öffentlichtlichkeitswirksame Aktionen unterblieben hingegen. Für nicht unmittelbar Betroffene bleibt das Tun der "Reichsbürger" daher in aller Regel nicht wahrnehmbar. 2. Personenpotenzial Das "Reichsbürger"-Potenzial wurde erstmals im Jahr 2017 landesweit umfänglich erfasst, sodass für die vorausgegangenen Jahre keine Aussagen über dessen Größenordnung getroffen werden können. Anfang Mai 2017 belief sich die Zahl in Rheinland-Pfalz auf rund 400, zum Jahresende 2017 auf etwa 500 Personen. Für die Jahre 2018 und 2019 ergibt sich folgende Entwicklung: 87 Rheinland-Pfalz 2019 2018 Gesamt 650 550 Gewaltorientierte* 97 77 Organisationsgebundene Personen** 80 66 Angaben gerundet, Gesamtzahl ohne Mehrfachmitgliedschaften. * Die Zahl der Gewaltorientierten wird erstmals 2018 ausgewiesen. **In Gruppierungen, die 2019 Aktivitäten entwickelten. Statistik und Charakteristika Das "Reichsbürger"-Spektrum wird nach wie vor von Männern dominiert. In Rheinland-Pfalz beläuft sich ihr Anteil am gesamten Personenpotenzial auf rund 71 %, wohingegen Frauen einen Anteil von ca. 29 % stellen. Damit hat der Anteil der Männer gegenüber der Statistik von 2018 um rund zwei Prozent zugenommen. Die Daten entsprechen nahezu deckungsgleich den bundesweiten Erhebungen. Die Verteilung auf unterschiedliche Altersgruppen entspricht annähernd der von 2018: Von den etwa 650 dem "Reichsbürger"-Spektrum in Rheinland-Pfalz zuzurechnenden Personen sind ca. sechs Prozent bis 30 Jahre alt, ca. 29 Prozent zwischen 30 und 50 Jahre und ca. 65 Prozent über 50 Jahre. In der letzten Altersgruppe stieg der Anteil um zwei Prozent; der Anteil der bis 30-Jährigen sank leicht. Der einschlägigen Literatur ist zu entnehmen, dass aus soziologisch-psychologischer Sicht Auffälligkeiten wie "Realitätsverkennung" und "krankhafter Wahn ohne jede Realitätseinsicht" bei "Reichsbürgern" nicht ungewöhnlich sind. In einem Aufsatz wird der "Prototyp eines "Reichsbürgers" u.a. als sozial distanzierte bzw. isolierte, narzisstische und egozentrische Persönlichkeit mit vordergründig übersteigertem Selbstbewusstsein bis hin zum Größenwahn beschrieben; er habe ferner ein schwaches Ich, sei rechthaberisch, pedantisch und weitschweifig.26 26 Vgl. im Einzelnen Aufsatz "Zwischen Wahn und Rollenspiel - das Phänomen der 'Reichsbürger' aus psychologischer Sicht", Jan-Gerrit Keil in: Dirk Wilking (Hrsg.), "Reichsbürger. Ein Handbuch", Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung, 3. Auflage 2017, ISBN: 978-3-00055980-8, S. 54 ff. 88 Augenfällig ist in diesem Zusammenhang auch die in "Reichsbürger"-Kreisen besondere Affinität für Verschwörungstheorien und Esoterik. Aus kriminalpsychologischer Sicht ist eine Verdichtung von Personen mit psychischen Auffälligkeiten (Stichwort: Narzisstische Persönlichkeiten) signifikant. Hinzu kommen individuelle Entwicklungen sozialen Scheiterns bis hin zur sozialen Isolation. "Reichsbürger", die entsprechend konditioniert agieren, wähnen sich - ganz im Sinne ihrer abstrusen, mit Verschwörungstheorien unterfütterten Vorstellungen - subjektiv im Recht. Sie zeigen sich gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Verwaltung und Justiz in aller Regel uneinsichtig und unkooperativ bis aggressiv, provozieren (z.B. durch Bildund Tonaufzeichnungen von Amtshandlungen) und verweigern jegliche Zusammenarbeit. 3. Weltanschauung Es existiert keine spezifische, in sich geschlossene "Reichsbürger"-Ideologie. Die weltanschaulich-ideologische Prägung der heterogenen Szene beruht vielmehr auf einer Reihe von individuell uneinheitlich verdichteten Versatzstücken und variierenden Argumentationsmustern. Kleinster gemeinsamer Nenner des "Reichsbürger"-Spektrums ist die Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und in dieser Konsequenz die Ablehnung ihrer Verfassungsund Rechtsordnung. Die Legitimität staatlicher Institutionen sowie ihrer Repräsentantinnen und Repräsentanten wird folglich negiert. Mit dieser Vorstellung geht regelmäßig die Zielsetzung einher, durch die Schaffung institutionalisierter Organe die Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches und dessen territoriale Integrität wieder herzustellen ("Reichsgedanke"). Bei dieser Integrität gibt es unterschiedliche Auffassungen, die sich jeweils an verschiedenen historischen Daten orientieren. 4. Strukturen und Strömungen Etwa die Hälfte der rund 80 organisationsgebundenen Personen des "Reichsbürger"-Spektrums in Rheinland-Pfalz kann den Organisationen "Freistaat Preußen" und "Bundesstaat Bayern" zugerechnet werden. Beide gehören mit anderen Gruppen dem überregional agierenden "Staatenbund Deutsches Reich" an. Dieser fiktive Staatenbund beruft sich auf den Fortbestand des "Deutschen Reichs" mit Verfassungsstand von 1871 und Rechtsstand zwei Tage vor 89 Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Die übrigen organisationsgebundenen Personen verteilen sich auf mehrere Kleingruppen, die nicht öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten. "Freistaat Preußen" Bei der Gruppierung "Freistaat Preußen", der in Rheinland-Pfalz rund 20 Personen zugerechnet werden, handelt es sich um eine Abspaltung der im Oktober 2012 gegründeten gleichnamigen Organisation. Zusammen mit anderen Gruppierungen, wie dem "Volksstaat Bayern" bilden sie den fiktiven "Staatenbund Deutsches Reich", der sich auf die Reichsverfassung von 1871 beruft. Die "Zentrale Verwaltung" des "Freistaates Preußen" befindet nach den Angaben auf dessen Internetseite in der Eifelgemeinde Königsfeld. Von dort aus wurden 2018 regelmäßig einschlägige Schriftstücke an Behörden und Institutionen versandt. Im Oktober 2018 wurden bei Verantwortlichen des "Freistaates Preußen" umfangreiche polizeiliche Durchsuchungsmaßnahmen wegen des Verdachts der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (SS90a StGB) durchgeführt. Der bundesweite Versand einschlägiger Die Staatsangehörigen des unSchriftstücke an Behörden und Instituauflösbaren Völkerrechtssubtionen wurde auch nach den Durchsujekts Freistaat Preußen gehören chungsmaßnahmen fortgesetzt. nicht zur Masse der Deutschen im Sinne des Grundgesetzes... Zu diesen Schriftstücken zählten im Auszug "Amtsblatt Nr. 2" vom 5. FebruJahr 2019 sogenannte Amtsblätter und ar 2020 des "Freistaats Preußen" "Bekanntmachungen" des "Freistaat Preußen", die einen pseudoamtlichen Eindruck erwecken sollen. Die Schriften werden regelmäßig auf der Internetseite der Gruppierung veröffentlicht. "Volksstaat Bayern" Die im Dezember 2015 zunächst unter der Bezeichnung "Bundesstaat Bayern" gegründete Gruppierung mit Sitz in Landsham bei München strebt die Einleitung 90 der "Reorganisation des Bundesstaates Bayern" an. Am 25. September 2018 erfolgte per "Notbeschluss zur Reorganisation des Staates Bayern" die Umbenennung in "Volksstaat Bayern". Die Gruppierung zählt auch Teile von Rheinland-Pfalz zu ihrem fiktiven "Territorium". In diesem Zusammenhang wird auf der Internetseite der "Regierungsbezirk Pfalz" namentlich erwähnt. In Rheinland-Pfalz gehören der Gruppierung ca. 20 Personen an. Auf seiner Internetseite bietet der "Volksstaat Bayern" Informationsveranstaltungen an, so auch im Raum Ludwigshafen am Rhein. Der "Volksstaat Bayern" veröffentlicht auf seiner Internetseite sogenannte Öffentliche Bekanntmachungen und "Anordnungen", die inhaltlich an die Papiere des "Freistaats Preußen" angelehnt sind. Sonstige Strukturen und Strömungen Selbstverwalter: Personen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen und einen eigenen "Staat" proklamieren, ohne sich auf das historische Deutsche Reich zu beziehen. Germaniten: Personenkreis, der sich als eigenständiges Volk ("Binnenflüchtlinge") bzw. als Weltanschauungsgemeinschaft mit eigenem Rechtsverständnis sieht. Heimatgemeinden: Fiktive Gebietskörperschaften, quasi als Parallelstrukturen zu real existierenden Gemeinden. Die Akteure grenzen sich von der gesamtstaatlichen Ordnung ab. Zivilrechtler: Personen, die in der aus ihrer Sicht tatsächlich existierenden Bundesrepublik Deutschland eine GmbH sehen, mit der sie sich in einem ausschließlich zivilrechtlichen Verhältnis wähnen. 91 92 IV. Linksextremismus 93 1. Überblick und Entwicklung 2019 Linksextremisten verfolgen das Ziel, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen und durch ein autoritär-sozialistisches, kommunistisches oder anarchistisches Gesellschaftsmodell zu ersetzen. Sie berufen sich dabei in unterschiedlicher Intensität und mitunter flexibel interpretierend u.a. auf die Theorien von Karl Marx (1818-1883), Friedrich Engels (1820-1895) und Wladimir Iljitsch Lenin (1870-1924). Marxistisch-leninistisch ausgerichtete Parteien und Organisationen setzen in der Regel auf traditionelle Konzepte eines langfristig betriebenen Klassenkampfes unter Führung einer Funktionärselite (in der Regel verkörpert durch eine revolutionäre Partei). Anarchisten hingegen lehnen jegliche Form von staatlichen und gesellschaftlichen Normen ab und streben nach einem freien, selbstbestimmten Leben in "herrschaftsfreien Räumen". Beide theoretischen Linien eint bei allen Unterschieden die radikale Ablehnung des "kapitalistischen Systems". Die unterschiedlichen Aktionsformen von Linksextremisten reichen von offener Agitation und Propaganda bis hin zu massiver Gewaltanwendung. Um ihre gesellschaftliche Isolierung zu überwinden, beteiligen sich Linksextremisten in jüngerer Zeit verstärkt in breiten, von zivilgesellschaftlichen Gruppen entlang kontroverser tagespolitischer Themen getragenen Protestbündnissen und versuchen, diese im Sinne ihrer verfassungsfeindlichen Ziele zu beeinflussen und zu instrumentalisieren. So nahmen in Rheinland-Pfalz 2019 wieder Linksextremisten auch aus benachbarten Bundesländern an bürgerlichen Protestaktionen im südpfälzischen Kandel teil, die sich gegen die Beteiligung von Rechtsextremisten an mehreren Demonstrationen in der Gemeinde richteten. Insgesamt hat sich das Geschehen in Kandel zwischenzeitlich beruhigt. Wichtigstes Aktionsfeld rheinland-pfälzischer Linksextremisten blieb 2019 der "Antifaschismus", der sich nach linksextremistischem Verständnis nicht nur gegen Rechtsextremisten und -populisten richtet, sondern gegen die staatliche Ordnung insgesamt. Vor allem öffentliche Veranstaltungen der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) waren das Ziel zahlreicher Protestaktionen. Dabei wurde regelmäßig in den Sozialen Medien gegen die AfD mobilisiert. Ein weiteres Aktionsfeld von Linksextremisten war 2019 in Rheinland-Pfalz die "Kurdistansolidarität". Anfang Oktober d.J. marschierte das türkische Militär in 94 Nordsyrien ein, um dort gegen die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) vorzugehen. In vielen rheinland-pfälzischen Städten und Gemeinden kam es in Folge zu spontanen Solidaritätsaktionen, an denen sich Linksextremisten beteiligten. Die Mobilisierung geschah überwiegend in den Sozialen Medien. So fand am 10. Oktober 2019 in Trier eine Demonstration mit etwa 450 Teilnehmern statt. Neben kurdischen Fahnen wurden auch Symbole aus dem linksextremistischen Spektrum gezeigt. Die Gruppierung "Antifaschistischer Aufbau Mainz" veröffentlichte in den Sozialen Medien ein themenbezogenes Video und rief mehrmals zu Solidaritätsdemonstrationen auf. Einen Schwerpunkt rheinland-pfälzischer Linksextremisten im Jahr 2019 bildeten die im Ergebnis erfolglosen Versuche, sich an die Umweltund Klimaproteste anzuschließen, um diese zu beeinflussen. So konnten auf mehreren Veranstaltungen von Klimaschützern in Rheinland-Pfalz auch Symbole und Fahnen festgestellt werden, die sowohl von linksextremistischen "Antifaschisten" als auch von gewaltbereiten autonomen Gruppierungen benutzt werden. Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), eine Nebenorganisation der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP), äußert sich unter dem Titel "Im Kampf lernen" über die Protestbewegung "Fridays for Future": "Unser Ziel ist es, Klassenbewusstsein zu schaffen - praktisch wie theoretisch. Dafür müssen wir dort Kämpfe initiieren, begleiten und führen, die es ermöglichen, Systemgrenzen aufzuzeigen, Aktivität zur Durchsetzung der eigenen Interessen befördern und zur langfristigen Organisation beizutragen". Abermals beteiligten sich 2019 einzelne Angehörige revolutionär-marxistischer Organisationen an den alljährlichen "Aktionswochen" gegen den Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel. Als Formen des "zivilen Ungehorsams" wurden im Juli 2019 Sitzblockaden und sogenannte Go-In-Aktionen durchgeführt. Mehreren 95 Aktivisten gelang es, in den Sicherheitsbereich des Fliegerhorstes einzudringen. Sie wurden durch Sicherheitskräfte der Bundeswehr festgesetzt und der Polizei übergeben. 2. Linksextremistisches Personenpotenzial Rheinland-Pfalz 2019 2018 Gesamt 500 500 Gewaltorientierte 100 100 Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten 400 400 Gesamtzahlen ohne Mehrfachmitgliedschaften. Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet. 3. Gewaltorientierter Linksextremismus Von gewaltorientierten Linksextremisten gehen in einigen Teilen des Bundesgebiets erhebliche Gefahren für die Innere Sicherheit aus. Besonders ausgeprägte gewaltaffine Szenen gibt es aktuell insbesondere in Hamburg, Berlin und Leipzig. Rheinland-Pfalz ist im Ländervergleich nach wie vor kein Schwerpunkt gewaltorientierter Linksextremisten. Ihre Zahl ist mit ca. 100 Personen gegenüber den letzten Jahren 2019 konstant geblieben. Die linksextremistisch motivierten Gewalttaten (fünf) sind im Vergleich zu 2018 (33) deutlich gesunken. Die allgemeine Entwicklung im gewaltorientierten Linksextremismus ist besorgniserregend. Gewalt gegen Menschen ist in weiten Teilen dieses Spektrums kein Tabu mehr. Dies verdeutlicht insbesondere die kontinuierlich gesunkene Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gegenüber Vertretern des Staates, vor allem der Polizei, gegen echte oder vermeintliche Rechtsextremisten, aber auch gegen andere Personen, die in ein Feindbildraster passen, wie Mitarbeiter der Immobilienbranche oder szenekritische Journalisten. Die von Linksextremisten begangenen Gewalttaten (z.B. Sachbeschädigungen, Brandanschläge und nicht zuletzt auch Körperverletzungen) sind zum größten Teil den sogenannten Autonomen zuzurechnen. Gewalt ist für sie ein "legitimes" Mittel in ihrem Kampf gegen den Staat. Grundsätzlich werden von Autonomen bereits die bloße Anwesenheit von Polizeikräften auf Demonstrationen oder 96 auch behördlich erlassene Auflagen als Provokationen empfunden. Die Konfrontation mit der Polizei wird häufig gezielt gesucht. Die Mobilisierungsfähigkeit der linksextremistischen gewaltorientierten Szene in Rheinland-Pfalz bewegt sich weiterhin auf einem eher niedrigen Niveau und erfolgt hauptsächlich anlassbezogen und reaktiv. Weniger die organisierende Gruppe, sondern vielmehr das Veranstaltungsthema und Aktionsniveau bestimmen den Mobilisierungsgrad. Ideologische Schwerpunkte sind nur bedingt auszumachen. Häufig genutzte Aktionsformen gewaltorientierter Linksextremisten sind Störund Blockadeaktionen. Hierbei ging auch im Berichtsjahr der Aktionismus regelmäßig von örtlichen Aktivisten aus, die bei bürgerlichen Protesten gegen Veranstaltungen rechtsextremistischer und rechtspopulistischer Parteien sowie Organisationen mobilisierten und mehrfach durch gewaltorientierte Szeneangehörige aus angrenzenden Bundesländern wie z.B. aus Baden-Württemberg unterstützt wurden. 3.1 Autonome Autonome stellen die personenstärkste Gruppe unter den gewaltorientierten Linksextremisten dar. Ihr Kernziel ist die Überwindung des "herrschenden Systems". Ein Leben "frei von Zwängen", Normen und Autoritäten bedeutet für sie den Idealzustand. Die Ausübung von Gewalt rechtfertigen sie als legitimes und unverzichtbares Mittel gegen die "strukturelle Gewalt des kapitalistischen Staates" und dessen "System von Zwang, Ausbeutung und Unterdrückung". Autonome gelten als organisationsund hierarchiefeindlich. Sie streben mehrheitlich strukturlose, informelle Formen der Zusammenarbeit untereinander an. Gleichwohl gibt es innerhalb der autonomen Szene auch Bestrebungen bzw. Gruppierungen wie die "Interventionistische Linke" (IL), die sich stärker vernetzen und den Aufbau von regionalen und überregionalen Organisationsstrukturen vorantreiben (sogenannte Postautonome). 3.2 Aktionsfelder gewaltorientierter Linksextremisten Linksextremisten, vor allem diejenigen, die dem gewaltorientierten Spektrum zuzurechnen sind, versuchen insbesondere Themenund Aktionsfelder zu besetzen, von denen sie sich gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Anschlussfä97 higkeit versprechen. Eines ihrer Ziele ist es, Personen aus dem zivilgesellschaftlichen Spektrum im eigenen Sinne zu politisieren und nach Möglichkeit auch zu radikalisieren. Die Übergänge zwischen diversen Aktionsfeldern wie "Antifaschismus", "Antirassismus", "Antirepression" und "Antigentrifizierung" sind bewusst fließend gehalten. Auf diese Weise vervielfältigen sich die Handlungsoptionen und Angriffsflächen gewaltorientierter Linksextremisten gegen das zu bekämpfende "herrschende System". Antifaschismus / Antirassismus (Gewaltorientierte) Linksextremisten bekämpfen unter dem Deckmantel des "Antifaschismus" nicht nur vordergründig rechtsextremistische und rechtspopulistische Bestrebungen, sondern auch Wir müssen Nazis, rechte Ordie u.a. als "faschistisches System" difganisationen und alle Gruppen, famierte staatliche Ordnung der Bundie reaktionäres Gedankengut desrepublik Deutschland. verbreiten aufdecken und angreifen, sowohl friedlich als auch In diesem Zusammenhang ist insbemilitant. Wir müssen uns ebenso sondere die rechtspopulistische Partei mit dem bürgerlichen Staat und AfD in den vergangen Jahren zum zenseinen Institutionen auseinander tralen Feindbild der linksextremistisetzen. schen Szene geworden. Die Aktionen gegen die Partei reichten von Flug"Antifaschistischer Aufbau Mainz" blattverteilung über Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen. Insbesondere Parteitage und Wahlveranstaltungen bildeten für (gewaltorientierte) Linksextremisten einen Anlass für Gegenaktionen. So kam es am 24. Mai 2019 zu einer massiven Störung einer AfD-Wahlkampfveranstaltung in Koblenz. Die Störer verließen den Veranstaltungssaal trotz Aufforderung nicht. Die hinzugerufene Polizei begleitete die Personen aus dem Saal. Durch gezielte Agitation wurde im Jahr 2019 zudem wieder Druck auf Gastronomiebetriebe ausgeübt, um die Vermietung von Räumlichkeiten an die AfD zu verhindern. In Remagen demonstrierten am 16. November 2019 zwischen 800 und 900 Personen, darunter Linksextremisten aus Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen 98 und anderen Bundesländern, gegen einen "Gedenkmarsch" von Rechtsextremisten.27 Mehrere Aktivisten aus dem linksextremistischen Spektrum besetzten Bäume auf der Demonstrationsstrecke, sodass der Aufzug gestoppt und umgeleitet werden musste. Während der Rückreisephase trafen im Bahnhof Bonn Extremisten beider politischer Lager aufeinander. Die Auseinandersetzungen konnte nur durch das Eingreifen der Polizei beruhigt werden. Der Bahnverkehr musste aufgrund von Personen im Gleisbett zeitweise gesperrt werden. Im Vorfeld der Proteste brachten unbekannte Personen vermutlich Buttersäure am Aufstellungsort der Rechtsextremisten aus. Die "Autonome Antifa Koblenz" postete am 17. November 2019 ein Foto auf ihrer Facebook-Seite, das den Feuerwehreinsatz in Remagen zeigen soll. Am 2. November 2019 fand in Landau eine Protestveranstaltung gegen das "Frauenbündnis Kandel" statt. Hierbei kam es zu Provokationen zwischen den Teilnehmern beider Versammlungen. Den Gegendemonstranten gelang es, den Demonstrationszug des "Frauenbündnisses Kandel" zwei Mal zu blockieren. Bei der anschließenden Personalienfeststellung wurde ein Polizist im Gerangel verletzt und ein weiterer beleidigt. Nach der Veranstaltung wurde unter dem Titel "nazikarre plattgemacht" ein Selbstbezichtungsschreiben (SBS) auf der von Linksextremisten genutzten Internetseite "indymedia" eingestellt. Die unbekannten Autoren schreiben darin, dass "Rechte" auf allen Ebenen und mit allen Mittel angegangen werden müssten. Zudem werden weitere Aktionen angekündigt, falls die rechten Veranstaltungen fortgeführt werden. Antirepression Linksextremisten diffamieren den demokratischen Rechtsstaat, seine Repräsentanten und Institutionen als "Unrechtsund Unterdrückungssystem". Sie unterstellen, dass missliebige politische Meinungen und Überzeugungen von Staats 27 Die in den letzten Jahren regelmäßig im November stattgefundenen rechtsextremistischen Demonstrationen sollen an die alliierten Kriegsgefangenenlager ("Rheinwiesenlager") in der Region nach Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern. 99 wegen per se nicht geduldet würden und Zensur herrsche. Meinungsfreiheit stünde nur auf dem Papier. Insbesondere Autonome propagieren, dass sie permanenten staatlichen Repressionen ausgesetzt seien, und dass es den Staat als solchen mit allen Mitteln zu bekämpfen gelte. Der "Antifaschistische Aufbau Mainz" mobilisierte in diesem Sinne am 18. März 2019 zu einer Demonstration in Frankfurt am Main. Nach den Verfassern des Aufrufes richtete sich die Demonstration gegen den in Behörden angeblich vorherrschenden "Alltagsrassismus" und die strukturelle Ausgrenzung durch den Staat sowie die "autoritäre Formierung von Staat und Gesellschaft". Während der Protestaktionen in Kandel kam es 2018 zu strafbaren Handlungen (u. a. Landfriedensbruch, versuchte schwere Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte), die im Jahr 2019 gerichtlich verhandelt wurden. Hierfür wurde regelmäßig zu Solidaritätsdemonstrationen vor dem Amtsgericht Kandel aufgerufen. Die Verhandlungen werden durch die linksextremistische Szene als Kriminalisierung der Proteste in Kandel und Umgebung dargestellt. Solidaritätskampagnen werden von der linksextremistischen "Roten Hilfe e.V." sowie der lokalen Antifa-Szene unterstützt und beworben. Ausblick Die Betätigung von gewaltorientierten rheinland-pfälzischen Linksextremisten wird sich voraussichtlich weiterhin anlassbezogen auf Aktionen und Kampagnen gegen erkannte und vermeintliche Rechtsextremisten konzentrieren. Der durch die NPD für den 6. Juni 2020 in Worms angemeldete "Tag der deutschen Zukunft" dürfte auf der einen Seite ein starkes Bündnis aus dem bürgerlich-linken Spektrum mobilisieren. Auf der anderen Seite werden vermutlich Aktivisten aus dem linksextremistischen Spektrum die Demonstration für ihren "Kampf" gegen den politischen Gegner nutzen. Durch die Unterstützung von Szeneangehörigen aus anderen Bundesländern besteht die Gefahr von Gewaltaktionen. 100 V. Islamismus 101 1. Überblick und Entwicklung 2019 Charakteristisch für den Islamismus ist die Verknüpfung islamischer Glaubensvorstellungen und Normen mit politischen Interessen. Islamisten erachten die individuelle Glaubensausübung zwar als erforderlich, aber keineswegs als ausreichend. Ihr Ziel ist vielmehr die Etablierung einer als islamisch deklarierten Rechts-, Gesellschaftsund Staatsordnung. Demgegenüber sind andere Ordnungssysteme in ihrer Wahrnehmung Der Islam ist eine vollständige weder gottgewollt noch legitim. Der Lebensordnung, die alle AngeleIslamismus ist insoweit - anders als genheiten des menschlichen Leder von der Mehrheit der Muslime bens behandelt und klar, selbstpraktizierte Islam - eine aktionistische, verständlich gehört da ein poliauf Veränderung der öffentlichen Ordtisches System auch dazu. nung zielende Bewegung. In Staaten, Gruppierung "Realität Islam" in einem in denen die Errichtung einer islaYoutube-Video mischen Ordnung nicht möglich ist, streben Islamisten unter Berufung auf die Religionsfreiheit maximale Freiräume für ein Leben gemäß islamischen Gesellschaftsnormen an. Dies lässt sich auch bei Islamisten in der Bundesrepublik Deutschland beobachten. Würde dies toleriert, erwüchse daraus die Gefahr, dass individuelle Freiheiten erodieren, insbesondere im Hinblick auf die Glaubensund Meinungsfreiheit sowie das Selbstbestimmungsrecht und die Bewegungsfreiheit von Frauen. Der Islamismus stellt darüber hinaus im Hinblick auf den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker eine Gefahr dar. Islamistische Diskurse sind in hohem Maße durch die vehemente Reklamation einer muslimischen Opferrolle sowie durch einseitige Schuldzuweisungen gegenüber den "Ungläubigen" gekennzeichnet. Konkret werden vor allem westliche Staaten, Israel, Juden sowie in regionalen Kontexten auch andere Staaten und Gruppen zu "Feinden der Muslime" deklariert, wobei die Frontalkritik oftmals mit Verschwörungstheorien durchsetzt ist. Die Verfassungsschutzbehörden stellen nicht nur fest, dass ein solches Gedankengut vermittelt wird und dadurch individuelle Radikalisierungsprozesse auslösen oder verstärken kann, sondern auch, dass hiesige Islamisten Organisationen unterstützen, die sich dem Kampf gegen Israel und/oder westliche Staaten verschrieben haben. 102 Um ihre Vision einer islamischen Staatsund Gesellschaftsordnung umzusetzen, verfolgen Islamisten keine einheitliche Strategie. Ihr Vorgehen lässt sich zum einen danach unterscheiden, ob sie zur Erreichung ihrer Ziele Gewalt einsetzen oder nicht. Einige Akteure und Gruppierungen halten Gewalt für ein probates und von Gott legitimiertes Mittel, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Dieses Personenspektrum wird zumeist unter dem Begriff Jihadisten zusammengefasst. Die Mehrheit der Islamisten lehnt Gewalt ab und ist bestrebt, durch Missionierung und/oder politische Aktivitäten (zuerst) eine Gesellschaft nach ihren Vorstellungen zu schaffen. Aus dieser heraus soll dann ein islamischer Staat entstehen. Zum anderen lassen sich islamistische Gruppierungen danach unterscheiden, ob sich ihr Vorgehen primär auf eine bestimmte Region (in der Regel das Herkunftsland nebst Nachbarstaaten) konzentriert oder global ausgerichtet ist. 2. Islamistisches Personenpotenzial Rheinland-Pfalz 2019 2018 Gesamt 650 650 Gewaltorientierte 65 65 Salafisten 230 230 Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet. Der Begriff "gewaltorientiert" bezeichnet hierbei nicht ausschließlich Personen, die selbst Gewalt anwenden, sondern auch solche Personen, die Gewalt legitimieren, befürworten oder unterstützen. 3. Ereignisse und Entwicklungen im Bereich des jihadistischen Terrorismus 3.1 International Terroristische Gewalt durch militante islamistische Gruppierungen stellte auch 2019 eine maßgebliche Bedrohung für die innere Sicherheit mehrerer Staaten 103 dar. Besonders stark betroffen waren im Berichtsjahr Afghanistan, Somalia sowie einige Staaten der Sahelzone in Afrika. Zudem ereigneten sich einige schwerwiegende Angriffe auf Kirchen und Kirchenbesucher, so am 27. Januar 2019 auf der philippinischen Insel Jolo und am 21. April 2019 (Ostersonntag) auf Sri Lanka. Ein großer Teil der Gewalt geht seit einigen Jahren von den folgenden Gruppierungen aus: # "Islamischer Staat" (IS; bekannt auch als DAESH, dem arabischen Akronym für "Islamischer Staat im Irak und in Syrien", transnational), # den Taliban (Afghanistan und Pakistan), # "al-Shabab" (Ostafrika, insbesondere Somalia), # "Boko Haram" (Westafrika, insbesondere Nigeria), # dem regionalen Ableger von "al-Qaida" in Westafrika und auf der Arabischen Halbinsel sowie "al-Qaida"-nahestehende Gruppierungen in Nordsyrien, insbesondere in der Region Idlib. In Europa blieb 2019 die Zahl der verübten Anschläge wie schon im Vorjahr relativ gering. Am 18. März 2019 verletzte ein mutmaßlicher Einzeltäter im niederländischen Utrecht vier Personen mit einer Schusswaffe tödlich. Am 24. Mai 2019 zündete ein 24-Jähriger im Es ist im Islam verboten, UnZentrum von Lyon einen Sprengsatz schuldige zu töten. vor einer Bäckerei; dabei wurden 13 Personen verletzt. Nach eigenen AnAuszug aus "Offener Brief an al-Baghdadi", Schriftstück von mehr als 120 musligaben war der Mann IS-Anhänger. mischen Religionsgelehrten als Antwort London wurde am 29. November auf den IS-Terror Schauplatz eines Messerangriffs, bei dem zwei Personen durch einen zuvor aus der Haft entlassenen Jihadisten getötet wurden. Damit setzte sich der Trend der Vorjahre fort, wonach jihadistisch motivierte Einzeltäter sogenannte weiche Ziele ins Visier nahmen und mit einfachen Tatmitteln willkürlich Zivilisten als Opfer wählten. Der gegenüber den Vorjahren festzustellende Rückgang von Terroranschlägen in Europa hängt nach der Bewertung deutscher Sicherheitsbehörden in nicht unerheblichem Maße mit der territorialen Schwächung des IS zusammen. Ende 104 März 2019 wurde die syrisch-irakische Grenzstadt Baghus, die letzte IS-Bastion, durch kurdisch geführte Kräfte mit Unterstützung der USA zurückerobert und damit der territorialen Herrschaft des "Islamischen Staates" ein Ende gesetzt. Im Rahmen eines US-amerikanischen Militäreinsatzes, der in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 2019 stattfand, tötete sich der selbsternannte Kalif des "Islamischen Staates" Abu Bakr al-Baghdadi schließlich durch die Zündung eines Sprengstoffgürtels selbst. Damit wurde der IS auch symbolisch für besiegt erklärt. Die militärischen Rückschläge und die vermeintliche Zerschlagung der Organisationsstruktur sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der IS organisatorisch aktiv bleibt: Bereits am 31. Oktober 2019 wurde Abu Ibrahim al-Haschimi al-Quraschi/Quraischi zum neuen Anführer des IS ernannt. Weltweit leisteten Gruppierungen, die dem IS angegliedert sind, einen Treueschwur (bai'a) auf den neuen Kalifen, womit sie ihr Fortbestehen als "Provinzen" des "Islamischen Staates" dokumentieren wollten. Auch die Propagandatätigkeit setzte sich - wenngleich in geringerem und weniger aufwendig produziertem Maße - fort. In den Sozialen Medien und Audiobotschaften des IS wurde zwar nicht mehr der Auszug in den Kampf nach Syrien und im Irak propagiert, aber zu Anschlägen gegen die "Ungläubigen" im "Westen", gegen Israel und jüdische Einrichtungen aufgerufen. Neben den offiziellen Propagandakanälen ist eine starke Sympathisantenszene festzustellen, die eigene Profile pflegt, Inhalte teilt und dabei auch Unterstützungsleistungen für den IS bewirbt. So wird unter anderem mittels der Initiative "Justice for Sisters" (Gerechtigkeit für Schwestern) auf Instagram zu Spenden für IS-Anhängerinnen in syrisch-kurdischen Flüchtlingscamps aufgerufen. 105 Ende November 2019 veranlasste die Internet Referral Unit bei EUROPOL in Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden und Anbietern (z.B. Telegram) zwar die Löschung zahlreicher jihadistischer Profile in den Sozialen Medien. Allerdings wurden die Profile entweder unter anderem Namen neu angelegt oder bei einem anderen Anbieter angemeldet. Die Sicherheitsbehörden stehen damit stets vor der Herausforderung, auf veränderte Kommunikationsstrategien zu reagieren. Die Gefährdung der internationalen Sicherheit durch den IS ist somit nicht gebannt. Ein Teil der IS-Kämpfer hat die militärischen Auseinandersetzungen überlebt und könnte # im Untergrund weiterhin terroristisch aktiv sein, # versuchen, neue Kämpfer zu rekrutieren und den Wiederaufbau von ISStrukturen zu betreiben, # die Aktivitäten von den zeitweiligen Kernregionen Syrien und Irak in ein anderes Land/in eine andere Region zu verlagern oder # sich als dezentrale Organisation neu aufstellen und als solche den Kampf gegen westliche Staaten fortsetzen. Im Ganzen ist festzustellen, dass die verstärkten Aufklärungsund erhöhten Sicherheitsmaßnahmen die operativen Möglichkeiten von terroristischen Einzelakteuren und Gruppierungen zwar eingeschränkt haben, sie gleichwohl aber nicht gänzlich unterbinden können. 3.2 Bundesrepublik Deutschland 3.2.1 Anschlagsgefahr Die Sicherheitsbehörden konstatieren für die Bundesrepublik Deutschland seit mehreren Jahren eine hohe abstrakte Gefährdung durch den internationalen islamistisch motivierten Terrorismus. 2019 sind jedoch keine Terrorplanungen 106 in Deutschland in die Tat umgesetzt worden. Allerdings verdeutlichen die hohe Zahl von Ermittlungsverfahren mit Bezug zum islamistischen Terrorismus bei der Generalbundesanwaltschaft (rund 400 Ermittlungsverfahren, 11 Anklagen; Stand: 27. Januar 2020) und vereitelte Anschläge, dass die Bedrohungssituation weiterhin Bestand hat und sich möglicherweise auch wieder verschärfen kann. Zu nennen sind hier die zwei folgenden Vorkommnisse: # Im März 2019 wurden 11 Personen im Rhein-Main-Gebiet festgenommen, die einen Anschlag mit einem Fahrzeug und Schusswaffen geplant haben sollen, um dabei so viele "Ungläubige" wie möglich zu töten. Die Hauptverdächtigen stammten aus Wiesbaden und Offenbach. Die Ermittlungen richteten sich aber auch gegen Personen aus Frankfurt und Mainz, denen unter anderem Terrorismusfinanzierung zur Last gelegt wurde. # Im November 2019 wurden in Offenbach drei Personen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (SS 89a StGB) festgenommen. Die drei Männer haben sich in der Vergangenheit als IS-Anhänger bezeichnet und wollten im Rhein-Main-Gebiet mit Sprengstoff oder Schusswaffen einen Anschlag mit möglichst vielen Todesopfern begehen. Die dafür notwendigen Chemikalien waren bereits beschafft worden. Gegen eine der Personen wurde Haftbefehl erlassen. Aufgrund von vorher geführten verdeckten Ermittlungen sowie der engen Zusammenarbeit der zuständigen Behörden konnten diese Anschlagspläne vereitelt werden. Eine abstrakte Gefährdung existiert indes weiterhin. Diese kann in Deutschland in den unterschiedlichsten Formen des islamistischen Terrorismus jederzeit konkret werden. 3.2.2 Reisebewegungen Die Entwicklungen im Jihadismus hierzulande sind von den Ereignissen in der Nahostregion nicht zu trennen. Es liegen Erkenntnisse zu mehr als 1.050 Islamisten aus Deutschland vor, darunter 19 aus Rheinland-Pfalz, die in den vergangenen Jahren nach Syrien oder den Irak gereist sind. Bei etwa der Hälfte der ausgereisten Personen liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass sie auf Seiten des IS oder anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilnehmen/ 107 teilgenommen haben oder diese in sonstiger Weise unterstützen/unterstützt haben (Stand: Dezember 2019). Zuletzt wurden Ausreisesachverhalte nur noch vereinzelt nachträglich bekannt. Neue Ausreisen in Richtung Syrien und Irak sind dagegen nicht mehr bekannt geworden und vor dem Hintergrund der aktuellen regionalen Lageentwicklung höchstens in Einzelfällen zu erwarten. Ungefähr ein Drittel der ausgereisten Islamisten kehrte bisher nach Deutschland zurück, darunter drei Personen nach Rheinland-Pfalz. Bei mindestens 110 Rückkehrern liegen den Sicherheitsbehörden Erkenntnisse vor, dass sie sich aktiv an Kämpfen in Syrien und dem Irak beteiligt oder hierfür eine Ausbildung absolviert haben. Diese Personen stehen unverändert im Fokus polizeilicher und justizieller Ermittlungen. Die Zahl bisheriger rechtskräftiger Verurteilungen von aus Syrien und dem Irak zurückgekehrten Personen bewegt sich im mittleren zweistelligen Bereich. Der Verlust des territorialen Herrschaftsgebietes des IS übt einen wesentlichen Einfluss auf die Rückkehrer-Bewegung aus. Es liegen Erkenntnisse zu Personen im unteren dreistelligen Bereich vor, die aus Deutschland ausgereist sind und nunmehr aufgrund der veränderten Umstände vor Ort wieder zurückkehren könnten oder sich in Syrien und dem Irak in Haft bzw. in Gewahrsam befinden. Auch die militärische Offensive der Türkei in Nordsyrien im Oktober 2019 hat Auswirkungen auf die weitere Situation der Rückkehrenden. Die Türkei besetzte durch diese Militäroperation Gebiete in Nordsyrien, in denen sich Flüchtlingsund Gefangenencamps u. a. mit IS-Mitgliedern befinden. Türkische Behörden haben inzwischen begonnen, vormals ausgereiste Personen aus den Camps zurück in ihre Heimatländer abzuschieben. 108 Dies betraf um die Jahreswende 2019/2020 eine Rückkehrerin aus RheinlandPfalz. Die Frau war 2014 mit ihrem Ehemann und zwei seiner Schwestern über die Türkei nach Syrien ausgereist. Während der Ehemann eine militärische Ausbildung absolvierte, begab sich seine Ehefrau zuerst in ein "Frauenhaus" des "Islamischen Staates" und zog später mit ihrem Ehemann nach Raqqa, einer der ehemaligen Hochburgen des IS. Während dieser Zeit propagierte sie über Soziale Medien und Messenger-Dienste dessen Ideologie. Nachdem sie Anfang 2019 durch kurdische Kämpfer festgesetzt und in ein Camp in Nordsyrien gebracht wurde, erfolgte - nach Einnahme des Camps im Zuge der türkischen Militäroffensive - im Januar 2020 ihre Abschiebung nach Deutschland zusammen mit ihren Kindern. Ein Ermittlungsverfahren wurde eröffnet und ein vorliegender Haftbefehl vollzogen. Zu mehr als 230 Personen mit Deutschland-Bezug liegen Hinweise vor, dass diese in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen sind, darunter drei Personen aus Rheinland-Pfalz. Vor dem Hintergrund der Bürgerkriegswirren ist allerdings in Betracht zu ziehen, dass tatsächlich noch mehr ausgereiste Personen verstorben sind. 4. Islamismus in Rheinland-Pfalz Das islamistische Spektrum in Rheinland-Pfalz setzt sich aus unterschiedlichen Gruppierungen und Akteuren zusammen. Entsprechend variieren deren Ziele und Aktivitäten: 1. Langfristig angelegte und gewaltfreie Strategie zur Durchsetzung eigener Interessen und politischer Ziele, z.B. durch Mitwirkung in Gremien oder die Herstellung von Kontakten zu Politikern und öffentlichen Stellen. Diese Kontakte sollen den Weg zur Bewilligung eigener Vorhaben ebnen und bezwecken keine echte gesellschaftliche Integration, da diese als Gefahr für die Bewahrung der muslimischen Identität angesehen wird. Zugleich wird durch Erziehungsund Bildungsarbeit eine ideologische Festigung der Anhänger betrieben und die Gewinnung neuer Anhänger angestrebt. Entsprechende Feststellungen lassen sich insbesondere bei der Muslimbruderschaft und ihren hiesigen Interessensvertretungen treffen. 109 2. Aufbau einer Art muslimischen identitären Bewegung, einhergehend mit der Betonung auf islamische Normen, einer scharfen Abgrenzung gegenüber der nichtmuslimischen Bevölkerungsmehrheit und der Propagierung pan-islamischen Gedankenguts. Eine entsprechende Programmatik und diesbezügliche Kampagnen - im Internet ebenso wie in der Realwelt - sind die Markenzeichen der Gruppierungen "Realität Islam" mit Sitz in Mörfelden-Walldorf und "Generation Islam" mit Schwerpunkt in Hamburg. Es liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die beiden Gruppierungen der 2003 verbotenen Organisation "Hizb ut-Tahrir" ("Befreiungspartei") nahestehen und durch deren Zielvorstellungen, nämlich die Etablierung eines Kalifats auf der Grundlage der Scharia beeinflusst sind. 3. Finanzielle, organisatorische und ideologische Unterstützung der Organisation im Herkunftsland ohne unmittelbaren Deutschland-Bezug. Dies gilt insbesondere für die HAMAS (4.2) und Hizb Allah (4.3), teilweise auch für den "Kalifatsstaat" (4.4). 4. Die Etablierung einer Gemeinschaft von Muslimen, die in gesellschaftlicher Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft ihre Vorstellung von der frühislamischen Zeit in die Gegenwart transportiert, ihre eigene Lebensgestaltung danach ausrichtet und sie unter Muslimen zu etablieren versucht bzw. diese im Internet und in Predigten offen propagiert. Diese Haltung wird vor allem von Salafisten (4.1) eingenommen. 5. Insbesondere innerhalb des salafistischen Spektrums agieren Personen, die über das salafistische Gedankengut hinaus mit Terrororganisationen sympathisieren und Kontakte in jihadistisch-terroristische Personenkreise im Inoder Ausland unterhalten. Darüber hinaus stehen einige von ihnen im Verdacht, Terrororganisationen zu unterstützen, sich ihnen angeschlossen oder gar an terroristischen Aktivitäten in Syrien und im Irak beteiligt zu haben. Auch die bekannt gewordenen Ausreisen in Jihad-Regionen sind diesem Bereich zuzuordnen. 110 Der Verfassungsschutz hat in den vergangenen Jahren vermehrt Kenntnis über Personen erlangt, bei denen Anhaltspunkte für einen individuellen Radikalisierungsprozess vorlagen. Es handelt sich bei diesem Personenkreis sowohl um zugewanderte als auch um in Deutschland sozialisierte junge Männer und Frauen islamischen Glaubens (mitunter Konvertiten). Vor dem Hintergrund individueller, gruppendynamischer und gesellschaftlicher Erfahrungen haben sie sich einer rigorosen salafistischen Weltanschauung zugewendet. Die ideologische Nähe zu Gruppierungen bzw. zum Gedankengut des jihadistischen Salafismus wird hierbei oft von ihnen auch in sozialen Netzwerken propagiert. Verschärft wird diese Entwicklung durch zunehmende Internetaktivitäten von Hintermännern im Ausland, die Kontakt zu hiesigen Salafisten und Jihadisten suchen, um sie zu Anschlägen anzustiften, sie dabei anzuleiten und logistisch zu unterstützen. Nachfolgend werden die wichtigsten Akteure und Organisationen vorgestellt, die in Rheinland-Pfalz in Erscheinung treten. Darüber hinaus existieren in Deutschland weitere Gruppierungen. Sie werden im vorliegenden Bericht jedoch nicht dargestellt, da sie in Rheinland-Pfalz entweder nur über eine geringe Anhängerzahl verfügen, sie keine oder keine nennenswerten Organisationsstrukturen aufweisen oder es aktuell nur vereinzelte Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen gibt. 4.1 Salafistische Bestrebungen Anhänger Rheinland-Pfalz: ca. 230 (2018: ca. 230) Salafismus ist eine Strömung innerhalb des sunnitischen Islamismus. Salafisten sind bestrebt, die religiöse Praxis und überlieferte Lebensweise der muslimischen Urgemeinde (salaf) sowie die damals geltenden Vorschriften möglichst umfassend in die heutige Zeit zu übertragen. Demgegenüber lehnen Salafisten später entstandene Formen der Religiosität wie die Heiligenverehrung ebenso strikt ab wie weltliche Gesetze. Daraus ergibt sich zwar nicht zwangsläufig ein gesetzwid111 riges Verhalten aller Salafisten hierzulande. Prinzipiell aber streben Salafisten eine Rechtsordnung - mitunter auch Staatsordnung - an, die allein auf den als göttlich postulierten Rechtsvorschriften des Islam beruht. Herrschern, die nichtislamische Gesetze anwenden, sprechen sie in der Konsequenz die Legitimität ab. Weitere charakteristische Forderungen und Positionen von Salafisten sind unter anderem: # strikte Trennung von Frauen und Männern im öffentlichen Leben, # Bekleidungsvorschriften für Männer, aber insbesondere für Frauen (in der Regel die Vollverschleierung), # Distanzierung von Nichtmuslimen und ihre abwertende Bezeichnung als kuffar (Ungläubige), # Erklärung von Schiiten, Sufis (Mystikern) und weltlich eingestellten Muslimen ebenfalls zu kuffar, # die selbstbewusste und religiös begründete Behauptung der eigenen Höherwertigkeit gegenüber "Ungläubigen". Mehrheitlich sind Salafisten bestrebt, ihre Vorstellung einer islamischen Lebensführung und Gesellschaftsordnung anderen Muslimen mittels da'wa (Aufruf, Missionierung) nahezubringen, sei es im persönlichen Kontakt, in sozialen Netzwerken, im Internet, durch Predigten und Vorträge, in Islamseminaren und bei Veranstaltungen. Auch Nichtmuslime sind Adressaten und sollen zum Übertritt zum Islam salafistischer Prägung bewogen werden. Die da'wa-Arbeit wurde in den zurückliegenden Jahren zunehmend professionalisiert. Das bekannteste Beispiel hierfür war das bundesweit betriebene Missionierungsprojekt "Lies!", das mit dem Verbot der als verfassungswidrig eingestuften Vereinigung "Die wahre Religion" im November 2016 beendet wurde. Nicht selten fließen bei Salafisten religiös-missionarische Aktivitäten und politische Propaganda ineinander; eine Betätigung im politischen Sinne ist bei ihnen 112 jedoch die Ausnahme. Die Propaganda richtet sich gegen alle als "islamfeindlich" deklarierten Kräfte. Dieser Vorwurf gilt dem "Westen" im Allgemeinen und den USA im Besonderen. Als Drahtzieher der US-Politik sehen politisch orientierte Salafisten vielfach "die" Juden und die israelische Regierung. Neben den "äußeren Feinden", zu denen anlassbezogen weitere Staaten zählen, richtet sich die Propaganda auch gegen die "inneren Feinde", denen die Repression gläubiger Muslime vorgeworfen wird. Gemeint sind hiermit weltlich orientierte Herrscher (sog. taghut, "Götze") in muslimischen Ländern selbst sowie Staaten unter schiitischer Führung wie Iran und Syrien. Die Argumentationskette verleitet einen Teil der Salafisten zu einer emotionalen und verbalen Solidarisierung mit den Mujahidin (Glaubenskämpfern) in Kriegsund Krisenländern. Manche Salafisten gehen noch weiter, indem sie den Jihad bestehender Gruppierungen unterstützen oder sich ihnen anschließen. Die Vertreter dieser Richtung werden aufgrund der inflationären Verwendung des Begriffs Jihad, mit dem sie ihre Taten "religiös legitimieren", als jihadistische Salafisten bezeichnet. Die große Mehrzahl der Attentäter und der nach Syrien und dem Irak zwecks Kampfbeteiligung ausgereisten Personen ist diesem salafistischen Teilspektrum zuzurechnen. Die salafistische Bewegung in Deutschland setzt sich aus unabhängigen Vereinen, informellen Personenzusammenschlüssen und Netzwerken, Internetauftritten und Initiativen zusammen. Zwischen den einzelnen Akteuren bestehen teilweise Kennund Kontaktverhältnisse sowie mitunter auch Formen der Zusammenarbeit. Ein salafistischer Dachverband mit Hauptsitz, Vorstand, Satzung und zugehörigen Ortsvereinen existiert indessen nicht. Die bundesweite salafistische Szene zeichnet sich gegenwärtig vielmehr durch eine organisatorische Dezentralisierung und personelle Fragmentierung aus. Auch in Rheinland-Pfalz bestehen demzufolge zumindest keine festen salafistischen Organisationsstrukturen. Die ca. 230 salafistischen Anhänger ver113 teilen sich auf unterschiedliche Städte und Regionen. Ein Teil von ihnen nutzt einzelne rheinland-pfälzische Moscheevereine als Anlaufstellen, mitunter auch als Plattformen zur Verbreitung salafistischen Gedankenguts. Der bundesweiten Situation entsprechend weisen nicht alle Salafisten Bezüge zu örtlichen Moscheevereinen auf, sondern treffen sich im privaten Rahmen, nutzen Internetangebote und agieren in sozialen Netzwerken. Bei einigen Akteuren bestehen Verbindungen zu Organisationen, die innerhalb des Verfassungsschutzverbundes insgesamt als salafistisch eingestuft werden, z.B. zur Hilfsorganisation "Ansaar International e.V." mit Hauptsitz in Düsseldorf. Seit dem Verbot der Koranverteilungsaktion "Lies!" und dem Verbot der Vereinigung "Die wahre Religion" im Jahr 2016 hat die öffentliche Sichtbarkeit salafistischer Aktivitäten in Deutschland erheblich nachgelassen. Öffentlich zugängliche "Straßenmissionierungen" sind nur noch vereinzelt festzustellen, religiöse Indoktrinierung und Radikalisierung finden weniger in Moscheen oder in größeren (über-)regionalen salafistisch geprägten Gruppierungen, sondern in kleinen konspirativ agierenden Personenzusammenschlüssen und Zirkeln vor allem im Internet statt. Die Aktivitäten salafistischer Akteure haben sich also mehr in geschlossene Räumlichkeiten - sowohl realweltlich als auch virtuell - verlagert, in denen das salafistische Weltbild jedoch unverändert propagiert wird. Projekte mit einem starken Pull-Effekt sind nach dem Erliegen der Ausreisebewegung nach Syrien und in den Irak sowie dem Verbot von "Lies!" aktuell nicht zu identifizieren. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass das grundsätzliche Ziel der Überwindung einer nichtislamischen Ordnung aufgegeben worden wäre. Der Verfassungsschutz rechnet etwa 165 Salafisten in Rheinland-Pfalz dem missionarisch-politischen und etwa 65 dem gewaltorientierten Salafismus zu. Dieser Begriff deckt ein Spektrum ab, das von gewaltlegitimierend bis gewaltanwendend reicht. 114 4.2 HAMAS ("Islamische Widerstandsbewegung") Gründung: Ende 1987 Mitglieder Rheinland-Pfalz: 40 (2018: 40) Die im Dezember 1987 im Gaza-Streifen gegründete HAMAS ist eine palästinensische sunnitisch-islamistische Organisation. Sie ging aus der "Muslimbruderschaft" hervor und teilt deren Islamverständnis bis heute (s. 4.5). Neben politischen und sozialen Aktivitäten verfügt die HAMAS im Gaza-Streifen auch über einen bewaffneten Arm, die Izz ad-Din al-Qassam-Brigaden. Seit dem Jahr 2007 kontrolliert die HAMAS-Regierung den Gazastreifen und agiert insofern in Teilbereichen wie ein staatlicher Akteur. Die Organisation strebt die Errichtung eines islamischen Staates auf dem gesamten Gebiet Palästinas, d.h. unter Einschluss des Territoriums des Staates Israel, an. Hierbei setzt sie gegenüber Israel auch militärische und terroristische Mittel ein. Die HAMAS hat in einer Vielzahl von Staaten, darunter in Deutschland, Aktivitäten und Organisationsstrukturen entwickelt. Unter den HAMAS-Vereinigungen im Bundesgebiet ist an erster Stelle die "Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland e.V." (PGD) mit Sitz in Berlin zu nennen. Die Verbindungen zur HAMAS sind bei den Vereinigungen aus taktischen Gründen nach außen nicht erkennbar. Grundsätzlich verfolgt die HAMAS hierzulande die folgenden Ziele: # Unterstützung der Mutterorganisation in den palästinensischen Gebieten mit Spendensammlungen, # Festigung des Einflusses auf die palästinensische Diaspora, bewusst auch gegenüber konkurrierenden palästinensischen Gruppierungen, # palästinensische Lobbyarbeit in der europäischen Öffentlichkeit. Auch in Rheinland-Pfalz leben HAMAS-Mitglieder, die sich für die Organisation in unterschiedlichem Maße engagieren, beispielsweise durch die aktive Mitwir115 kung oder Teilnahme an Kongressen in Deutschland und Europa, die Beteiligung an antiisraelischen Kundgebungen und das Einstellen von HAMAS-Propaganda im Internet. 4.3 "Hizb Allah" ("Partei Gottes") Gründung: 1982 Mitglieder Rheinland-Pfalz: 55 (2018: 55) Bei der "Hizb Allah" handelt es sich um eine schiitisch-islamistische Organisation. Sie verfügt in ihrem Heimatland Libanon über einen bewaffneten Arm, der für militärische Auseinandersetzungen mit Israel sowie für Anschläge, insbesondere gegen israelische und jüdische Ziele, verantwortlich ist. Die "Hizb Allah" negiert das Existenzrecht Israels und propagiert den bewaffneten Kampf gegen Israel. Insoweit handelt es sich bei ihr um eine Organisation, deren Aktivitäten gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Seit 2013 kämpfen "Hizb Allah"-Einheiten darüber hinaus in Syrien auf der Seite der Regierungstruppen von Bashar al-Assad gegen die oppositionellen Verbände. Die "Hizb Allah" ist von den USA, Kanada und Israel als Terrororganisation eingestuft. Als Reaktion auf einen Anschlag in Bulgarien im Juli 2012, bei dem fünf Israelis getötet wurden, beschlossen die Außenminister der EU am 22. Juli 2013, den militärischen Flügel der "Hizb Allah" in die "EU-Terrorliste" aufzunehmen. Deutschland stellt für die "Hizb Allah" einen Raum für logistische und finanzielle Unterstützungsleistungen dar. Ihre Anhängerschaft in Deutschland tritt nach außen allerdings nur wenig in Erscheinung. Verschiedene Ortsvereine dienen ihr als Anlaufstellen, wobei eine Zugehörigkeit zur "Hizb Allah" äußerlich in der Regel nicht erkennbar ist. 116 Aufgrund der besonderen Bedeutung und Verantwortung, die Deutschland für die Sicherheit Israels trage, hat der Bundestag im Dezember 2019 die Bundesregierung aufgefordert, ein Betätigungsverbot für die "Hizb Allah" bzw. den politischen Arm der Organisation zu erlassen. Ziel sei es, jegliche Aktivitäten der Organisation zu verbieten und damit eine potenzielle Terrorfinanzierung aus Deutschland heraus zu unterbinden. In dem gemeinsamen Antrag der CDU/ CSU-, der SPDund FDP-Fraktion wurde zudem gefordert, die bisher getroffene Unterscheidung in einen politischen und militärischen Arm der "Hizb Allah" aufzugeben und auf europäischer Ebene zu einer gemeinsamen Bewertung zu kommen. 4.4 "Kalifatsstaat" Gründung: 1984 in Köln als "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V." (ICCB) 1994 Umbenennung in "Kalifatsstaat" (türkisch: Hilafet Devleti) Vereinsverbot: 2001 Anhänger Rheinland-Pfalz: ca. 90 (2018: ca. 90) Der "Kalifatsstaat" war eine türkisch-islamistische Organisation, die 2001 durch das Bundesministerium des Innern verboten wurde. In der Verbotsverfügung wurde festgestellt, dass sich der "Kalifatsstaat" gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet und die Innere Sicherheit sowie sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Das Vereinsverbot bewegte einen großen Teil der "Kalifatsstaat"-Anhänger dazu, offene Nachfolgeaktivitäten in Deutschland zu vermeiden. Unterschwellig unterhalten Anhänger der "Kalifatsstaat"-Ideologie jedoch weiterhin Strukturen, allerdings nicht im Sinne einer einheitlichen Organisation. Zudem sind Fraktionierungen innerhalb der "Kalifatsstaat"-Gemeinde festzustellen, die vor allem die Frage spaltet, ob das Oberhaupt der Gruppierung, Metin Kaplan, weiterhin als Kalif anzusehen ist. 117 Intern wird die charakteristische "Kalifatsstaat"-Lehre sowohl in Predigten als auch mittels elektronischer Medien weiterhin propagiert. Zu ihren zentralen Punkten gehören die Etablierung eines An diejenigen Sektenanhänger, islamischen Staates unter der Führung die nur die Rezitation nehmen eines Kalifen sowie die Anwendung des und den Glaubenskampf außer islamischen Rechts (Scharia). DemgeAcht lassen oder die beiden vongenüber wird die Demokratie zurückeinander trennen, sollten wir bei gewiesen. Gegenüber dem Westen der Verkündung verdeutlichen: und Juden wird eine ablehnende HalIhr macht die Sache verkehrt! tung eingenommen. Diese beiden Aufgaben sind zweierlei Bereiche, die einander Das Vereinsverbot verhindert eine ergänzen. Mitwirkung in Gremien und EinflussAuszug aus einer Kalifatsstaat-Publikanahme auf politische Entscheidungen. tion von 2018 Gleichwohl ist die "Kalifatsstaat"-Propaganda imstande, individuelle Radikalisierungsprozesse auszulösen, zu fördern oder eigene Anhänger und weitere Personen für ideologisch verwandte Strömungen wie den Salafismus empfänglich zu machen. 4.5 "Muslimbruderschaft" (offiziell: Gemeinschaft der Muslimbrüder) Gründung: 1928 in Ägypten Mitglieder Rheinland-Pfalz: ca. 50 (2018: ca. 50) Die von Hasan al-Banna (1906-1949) gegründete "Muslimbruderschaft" markiert den Beginn des Islamismus in seiner organisierten Form. Von ihrem Ursprungsland Ägypten breitete sich die hierarchisch aufgebaute Kaderorganisation in den folgenden Jahrzehnten zunächst in arabische Länder, später auch in andere Regionen aus. Nach eigenen Angaben ist sie heutzutage in mehr als 70 Ländern weltweit vertreten, darunter in Deutschland. Aus ihr gingen zudem neue Organisationen hervor, u.a. die HAMAS in den palästinensischen Gebieten. 118 Der programmatische Kern der "Muslimbruderschaft" ist die Einheit von Religion und Staat, die nach ihrem Verständnis durch die Anwendung der islamischen Rechtsvorschriften verwirklicht werden soll. In Schriften der "Muslimbruderschaft" wird weltlichen Gesetzen zugunsten der angestrebten islamischen Ordnung zumeist ebenso eine Absage erteilt wie Reformen auf dem Gebiet des islamischen Rechts. Der Gestaltungsfreiraum menschlichen Handelns wird damit erheblich eingeschränkt. Angehörige der "Muslimbruderschaft" schufen in den zurückliegenden Jahrzehnten in Europa ein Netz von Moscheen, Instituten und Verbänden. Sie verbreiten bis heute ihre Ideologie und verfolgen ihre gesellschaftlichen sowie politischen Interessen. In Deutschland wird die 1960 gegründete "Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V." (IGD) aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse von den Verfassungsschutzbehörden der "Muslimbruderschaft" zugerechnet. Am 9. September 2018 erfolgte die offizielle Umbenennung der IGD in "Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V." (DMG). Neben ihrem Hauptsitz in Köln unterhält sie nach eigenen Angaben "Islamische Zentren" in München, Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt a.M., Marburg, Köln, Münster und Braunschweig. In Rheinland-Pfalz gibt es Personen, die der Lehre der "Muslimbruderschaft" folgen und in ihr deutsches organisatorisches Umfeld eingebunden sind. Ebenso liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass einzelne Moscheevereine Bezüge zur Muslimbruderschaft aufweisen und durch sie beeinflusst sind. Typisch ist das Engagement der "Muslimbruderschaft" im Bildungsbereich. Darüber liegen dem Verfassungsschutz Erkenntnisse vor, dass die Erziehungsarbeit dem Gedanken einer gesellschaftlichen Integration entgegensteht und auf eine Ausweitung des islamischen Einflusses - gemäß dem Islamverständnis der "Muslimbruderschaft" - im öffentlichen Leben ausgerichtet ist. Konkret gehören dazu u.a. eine verstärkte gesellschaftliche Segregation von Männern und Frauen sowie die Forcierung von Verhüllungsgeboten bei muslimischen Frauen. Aufrufe zu gewaltsamem Handeln oder der Beteiligung am Jihad sind hierzulande nicht bekannt. 119 4.6 "Türkische Hizbullah" Gründung: 1979 in Batman (Türkei) Mitglieder Rheinland-Pfalz: ca. 40 (2018: ca. 40) Nicht zu verwechseln mit der schiitischen "Hizb Allah/Hizbullah" im Libanon (siehe 4.3) ist die gleichnamige, aber sunnitisch geprägte und in der Türkei entstandene "Hizbullah". Zur entsprechenden Abgrenzung wird sie im vorliegenden Bericht als "Türkische Hizbullah" bezeichnet, auch wenn ihre Mitglieder und Anhänger tatsächlich kurdischer Volkszugehörigkeit sind. In der Programmatik der "Türkischen Hizbullah" überschneiden sich islamistische Ziele, nämlich insbesondere die Errichtung einer islamischen Herrschaft und Rechtsordnung, mit einer kurdisch-nationalen Agenda. Wie für das islamistische Spektrum allgemein typisch, sind auch in den Verlautbarungen der "Türkischen Hizbullah" massive Schuldzuweisungen gegenüber "imperialistischen" und "zionistischen Mächten", also der westlichen Staatengemeinschaft und Israel, festzustellen. In der Vergangenheit, d.h. insbesondere in den 1990er-Jahren, war die "Türkische Hizbullah" für zahlreiche Gewalttaten in der Türkei verantwortlich. Diesbezüglich ist es zu einem Strategiewechsel hin zu einer vor allem politischen, propagandistischen und religiösen Betätigung gekommen, wobei Gewalt zur Erreichung der eigenen Ziele prinzipiell nicht ausgeschlossen wird. Die Organisation nutzt Deutschland als Rückzugsraum zur Gewinnung neuer Mitglieder, für Spendensammlungen und veranstaltet religiöse und kulturelle Treffen. In jüngerer Vergangenheit konnte festgestellt werden, dass rheinlandpfälzische Anhänger der "Türkischen Hizbullah" nicht nur einschlägige Anlaufstellen in benachbarten Bundesländern aufsuchen, sondern auch in RheinlandPfalz Organisationsstrukturen gebildet haben. 120 VI. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) 121 1. Überblick und Entwicklung 2019 Der nichtislamistische Ausländerextremismus in Rheinland-Pfalz wird durch eine Vielzahl von Organisationen unterschiedlichster Ideologien, Strukturen und Größen geprägt. Überwiegend gehen von ihnen linksextremistische oder ethnisch motivierte Autonomiebestrebungen aus. Insgesamt werden extremistischen Ausländerorganisationen in Rheinland-Pfalz konstant rund 600 Personen zugerechnet. Politik, Strategie und Aktivitäten extremistischer Ausländerorganisationen werden maßgeblich von den Entwicklungen und Ereignissen in deren jeweiligen Herkunftsländern bestimmt. Die dort zum Teil terroristisch agierenden Gruppierungen nutzen Deutschland als sicheren Rückzugsraum, von dem aus zentrale Organisationsstrukturen in der Heimat sowohl propagandistisch als auch materiell und finanziell unterstützt werden. Besondere Bedeutung kommt der seit 1993 in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten und seit 2002 von der EU als terroristische Organisation gelisteten "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) zu, die zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele in der Türkei auf terroristische Mittel zurückgreift. Die Aktivitäten der PKK wurden im Jahr 2019 wesentlich von den anhaltenden kämpferischen Auseinandersetzungen mit dem türkischen Militär und die damit verbundenen repressiven Maßnahmen des türkischen Staates gegen die Organisation und ihr nahestehenden Gruppierungen bestimmt. Darüber hinaus beeinflusste die ständige Sorge um den Gesundheitszustand und die Sicherheit des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan das Handeln der Organisation. Die PKK-Anhänger nahmen diese Umstände zum Anlass für eine Reihe von bundesweiten Protestveranstaltungen, die überwiegend friedlich verliefen. 122 2. Personenpotenzial Rheinland-Pfalz 2019 2018 Gesamt 600 600 Linksextremisten / Separatisten 500 500 Extreme Nationalisten 100 100 Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet: 3. "Arbeiterpartei Kurdistans" (Partiya Karkeren Kurdistan) - PKK Gründung: 1978 in der Türkei Umbenennungen: April 2002 in "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) Anfang November 2003 in "Volkskongress Kurdistan" (KONGRA GEL) Seit 2005 "Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan" (KKK) 2007 in "Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans" (KCK) Militärischer Arm in der Türkei: "Volksverteidigungskräfte" (Hezen Parastina Gel) HPG Führung in Europa: "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft Kurdistans in Europa" (KCDK-E) Mitglieder/Anhänger Rheinland-Pfalz: ca. 450 (2018: ca. 450) Betätigungsverbot in Deutschland: seit 22. November 1993 Listung durch die EU als terroristische Organisation: seit 2002 123 Ausgangslage Die 1978 in der Türkei von Abdullah Öcalan gegründete "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) kämpft für eine erweiterte politische und kulturelle Eigenständigkeit innerhalb der angestammten kurdischen Siedlungsgebiete.28 Zur Durchsetzung ihrer Ziele verfolgt die Organisation weiterhin eine Doppelstrategie: Während sie sich in Westeuropa/ Deutschland um ein weitgehend gewaltfreies Erscheinungsbild bemüht, setzt sie in der Türkei, der nordirakischen Grenzregion sowie im Norden Syriens, mit ihren bewaffneten Einheiten auf die Anwendung von Gewalt. In der Vergangenheit waren zwischen PKK und türkischer Regierung wiederholt Ansätze zu einer Lösung des bestehenden Kurdenkonflikts zu beobachten. Nachdem beide Seiten die zwei Jahre bestehende Waffenruhe im Jahr 2015 beendet haben, ist seit Dezember 2015 der Kampf zwischen der PKK und dem türkischen Staat mit zahlreichen Toten offen ausgebrochen. Auch die weiter anhaltenden Auswirkungen des Mitte 2016 gescheiterten Putschversuchs, die Bekämpfung des "Islamischen Staats" (IS) in Syrien durch kurdische, zum Teil PKKzugehörige Kampfverbände sowie die türkischen Militäroffensiven im Norden Syriens, darunter die im Oktober 2019 gestartete "Operation Friedensquelle", führten zu einer weiteren Verschärfung der Sicherheitslage. Der Konflikt wirkte sich weiterhin auf die Sicherheitslage in Deutschland aus und führte in den vergangenen Jahren insbesondere zu einer hohen Emotionalisierung sowohl bei hier lebenden Kurden als auch bei türkischstämmigen Nationalisten. Bundesweit fanden spontane zumeist friedliche Protestaktionen von PKKAnhängern statt, die von deutschen Linksextremisten solidarisch unterstützt wurden. Bei Demonstrationen kam es bundesweit auch im Jahr 2019 mehrfach zu teils tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der PKK und eingesetzten Polizeibeamten sowie zwischen Anhängern aus dem türkisch-nationalistisch geprägten und dem kurdischen Umfeld. 28 Kurdische Siedlungsgebiete gibt es in den Staaten Irak, Iran, Syrien und Türkei. 124 Den bereits seit Ende 2018 in der Türkei und europaweit durchgeführten Hungerstreik-Aktionen schlossen sich auch in Deutschland Anhänger der PKK an. Hiermit protestierten sie für die Aufhebung der "Isolationshaft" Öcalans. Außerdem wurde hierdurch die Solidarität mit anderen Hungerstreikenden bekundet. In diesem Zusammenhang fanden in der ersten Jahreshälfte 2019 darüber hinaus zahlreiche (Spontan-)Kundgebungen, Demonstrationen und Besetzungsaktionen statt. Eine weitere Aktionswelle wurde durch die am 9. Oktober 2019 begonnene, Auch hier in Deutschland wertürkische Militäroffensive "Operation den wir gegenüber einem solFriedensquelle" ausgelöst. Schon vor chen Krieg nicht schweigen und den sich abzeichnenden Angriffen gab unseren Prostest auf die Straße es Aktionen und Stellungnahmen von tragen. PKK-Anhängern und Organisationen aus "Kriegsgefahr in Nordsyrien - Jetzt gedem PKK-Umfeld. Bereits am 7. Oktober meinsam die Stimme erheben!" vom wurde beispielsweise auf der Website 07.10.2019, in: https://anfdeutsch. der PKK-nahen Nachrichtenagentur com; abgerufen am 14.10.2019 "Firat News Agency" (ANF) eine Erklärung des PKK-Dachverbandes "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED) veröffentlicht (vgl. Kasten). Neben einem stark erhöhten Demonstrationsgeschehen unter reger Beteiligung von Personen aus dem deutschen und türkischen linksextremistischen Spektrum kam es auch zu spontanen Besetzungsaktionen, so z.B. an Flughäfen verschiedener deutscher Städte. In den vergangenen Jahren kam es anlassbezogen auch zu Farbund Brandanschlägen sowie Sachbeschädigungen, die sich u.a. gegen türkische Einrichtungen wie Kulturvereine und Moscheen richteten. Für die militanten Aktionen der PKK ist in erster Linie die PKK-Jugend ("Komalen Ciwan") verantwortlich, die in der Regel sehr spontan agiert. Die konfliktbeladene Situation in den kurdischen Siedlungsgebieten nutzte die PKK weiterhin dazu, um in Deutschland vorwiegend Jugendliche für den bewaff125 neten Kampf in der Heimat zu rekrutieren. Entsprechende Aufrufe wurden nach wie vor über die von der PKK beeinflussten Medien, insbesondere im Internet, sowie auf Veranstaltungen verbreitet. Hierarchie / Organisationsstrukturen Die PKK ist eine straff organisierte Organisation und verfügt in nahezu allen europäischen Ländern über hierarchische Strukturen. Ihr Einfluss reicht bis auf die Ebene der örtlichen kurdischen Kulturvereine. Nach der 2013 eingeleiteten Neustrukturierung der PKK bildet der "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft Kurdistans in Europa" (KCDK-E) die PKKEuropaführung und vereinigt alle europäischen PKK-nahen Vereine unter sich. In Deutschland unterhält die PKK weiterhin konspirative Organisationsformen. Derzeit ist Deutschland von der PKK in neun Regionen ("Eyalet") eingeteilt, zu denen u.a. "Saarland/Rheinland-Pfalz", "Nordrhein" und "Hessen" zählen. Den Regionen gehören 31 Gebiete ("Bölge") an, die jeweils von regelmäßig wechselnden PKK-Führungsfunktionären (Kadern) geleitet werden. Ihr maßgeblicher Einfluss erstreckt sich auf die nachgeordneten Organisationsebenen, die jeweiligen Teilgebiete und die örtlichen kurdischen Kulturvereine bzw. Gesellschaftszentren. Als Dachverband fungierte das "Demokratische Kurdische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V." (NAV-DEM), dem deutschlandweit über 40 PKK-nahe Ortsvereine angehören, darunter auch das "Kurdische Gemeinschaftszentrum e.V." in Ludwigshafen am Rhein sowie das "DemokratischKurdische Gesellschaftszentrum Mainz e.V.". Mithilfe sogenannter Massenorganisationen, in denen die PKK ihre Anhänger nach sozialen Kriterien oder Berufsund Interessengruppen organisiert, versucht sie ihre Politik populär machen. Im Jahr 2019 wurde ein weiterer Dachverband auf Bundesebene gegründet, "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON126 MED), dem fünf regionale Föderationen angehören sollen. Inwieweit dieser Aufgaben des NAV-DEM übernehmen wird, bleibt abzuwarten. In Rheinland-Pfalz werden der PKK ca. 450 Personen zugerechnet. Bei bundesweiten Propagandaveranstaltungen wird ein deutlich größerer Personenkreis erreicht. Finanzen Im Jahr 2019 sammelte die PKK durch ihre jährliche Spendenkampagne sowie durch Sonderspenden europaweit erneut mehrere Millionen Euro. Das Geld dient in erster Linie der Finanzierung ihrer Organisationsstrukturen und Medien in Europa sowie der Unterstützung ihrer Kampfeinheiten in den Kurdengebieten. Zusätzlich erzielte die PKK Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge der Vereine, den Verkauf von Publikationen sowie Gewinne aus Feiern und Veranstaltungen. Aktionen Die im Jahr 2019 von der PKK bundesund europaweit durchgeführten Propaganda-Aktionen thematisierten neben Forderungen nach der Aufhebung der "Isolationshaft" Öcalans und des PKK-Verbots u.a. den Mord an den PKK-Aktivistinnen in Paris im Januar 2013 sowie die fortwährenden Auseinandersetzungen der PKK mit dem türkischen Staat und der Politik des türkischen Präsidenten Erdogans. Im Vordergrund standen 2019 die Aktivitäten im Zusammenhang mit den Hungerstreik-Aktionen sowie die am 9. Oktober 2019 begonnene türkische Militäroffensive im Norden Syriens. In der ersten Jahreshälfte 2019 unterstützten die Anhänger der PKK in Deutschland die seit Ende 2018 in der Türkei und europaweit durchgeführten Hungerstreikaktionen durch zahlreiche öffentlichkeitswirksame Aktivitäten. Daneben kam es zu zahlreichen (Spontan-)Kundgebungen, Demonstrationen und Besetzungsaktionen. So fand am 5. Januar 2019 eine Versammlung unter dem Motto "Freiheit für Öcalan, Unterstützung für Personen im Hungerstreik" in Mainz mit etwa 100 Teilnehmern statt; am 9. April 2019 wurde durch kurdische Aktivisten in diesem Zusammenhang der SWR in Mainz besetzt. 127 Das zentrale kurdische Neujahrsfest "Newroz" fand am 23. März 2019 in Frankfurt am Main unter dem Motto "Newroz das Fest der Freiheit - Freiheit für Abdullah Öcalan" mit bis zu 25.000 Teilnehmern statt. Am 21. September 2019 fand in Maastricht (Niederlande) das "27. Internationale Kurdische Kulturfestival" unter dem Motto "Status für Rojava, Freiheit für Öcalan!" statt, an dem sich etwa 7.000 Personen aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich beteiligten. Erstmals seit 21 Jahren fand die Veranstaltung nicht in Deutschland statt. Durch die türkische Militäroffensive "Operation Friedensquelle" erhöhte sich auch in Rheinland-Pfalz das Aktionsgeschehen vorübergehend stark; es reduzierte sich aber bereits Mitte November 2019 auch wieder. An den Aktivitäten beteiligten sich vermehrt Personen aus dem deutschen und türkischen linksextremistischen Spektrum. In verschiedenen deutschen Städten kam es auch zu sogenannten spontanen Besetzungsaktionen, so z.B. an Flughäfen. Während bei den Großdemonstrationen Teilnehmerzahlen von bis zu 15.000 erreicht wurden, lagen bei Veranstaltungen in Rheinland-Pfalz die Teilnehmerzahlen im unteren dreistelligen Bereich. Daneben beteiligte sich rheinland-pfälzische PKK-Anhänger 2019 wieder an den zahlreichen überregionalen Veranstaltungen. Ausblick Das Verhalten der PKK-Anhängerschaft in Deutschland ist nach wie vor stark beeinflusst durch die aktuellen Ereignisse in den kurdischen Siedlungsgebieten. Bei einer weiteren Zuspitzung des dortigen Konflikts, ist von einem weiter steigenden Emotionalisierungsgrad der unterschiedlichen türkischen politischen Lager auszugehen. In diesem Fall könnte es neben unmittelbar erhöhtem De128 monstrationsaufkommen auch zu gewalttätigem Aktionismus kommen. Eine gleichgelagerte Situation könnte auch bei einem Ableben von Abdullah Öcalan entstehen. 4. "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) Gründung: 1994 in Damaskus (Syrien) nach Spaltung der 1978 in der Türkei gegründeten und 1983 in Deutschland verbotenen "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) Mitglieder/Anhänger Rheinland-Pfalz: einzelne (2018: einzelne) Organisationsverbot in Deutschland: seit August 1998 Listung durch EU als terroristische Organisation: seit 2002 Die marxistisch-leninistisch ausgerichtete DHKP-C ("Devrimci Halk Kurtulus Partisi - Cephesi") verfolgt fortgesetzt die gewaltsame Zerschlagung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung in der Türkei und strebt die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus an. Nachdem die DHKP-C in den Vorjahren zahlreiche terroristische Anschläge in der Türkei verübt hat, blieben öffentlichkeitswirksame Anschläge in den Jahren 2018 und 2019 aus. Gründe hierfür dürften das generell hohe Sicherheitsniveau nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 in der Türkei sowie die Festnahmen wichtiger DHKP-C-Führungskader im November 2017 sein. So waren 2018 wie 2019 die in den Vorjahren in der Türkei verstärkt gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen türkischen Sicherheitskräften und der DHKP-C rückläufig. In Deutschland konzentriert sich die DHKP-C vorwiegend auf Propagandaaktivitäten und Geldbeschaffung. Die Anhängerschaft zeigte sich weiterhin solidarisch mit ihren inhaftierten Mitgliedern ("revolutionäre Gefangene"), ebenso mit den DHKP-C-Attentätern in der Türkei. 129 Aktivitäten der DHKP-C und ihrem Umfeld waren auch im Jahr 2019 in Rheinland-Pfalz nur marginal zu verzeichnen. Ausblick Während die DHKP-C in der Türkei wahrscheinlich versuchen wird, wieder Gewalt auszuüben, dürfte sie sich in Deutschland wohl auch in Zukunft an ihren 1999 für Westeuropa erklärten Gewaltverzicht halten, um ihren sicheren Rückzugsraum nicht zu gefährden. 130 VII. Spionage und Cyberangriffe 131 1. Aufgabe und allgemeine Lage Die Bedrohungslage für die BundesreDie Verfassungsschutzbehörde publik Deutschland durch Spionage, Rheinland-Pfalz hat gemäß SS 5 Einflussnahme und sonstige nachNr. 2 LVerfSchG die Aufgabe, richtendienstliche Aktivitäten fremsicherheitsgefährdende oder der Staaten ist nach wie vor als hoch geheimdienstliche Tätigkeiten einzuschätzen. Einzelne Staaten setin der Bundesrepublik Deutschzen ihre Nachrichtendienste ein, um land für eine fremde Macht zu in politischen, militärischen aber auch beobachten, soweit tatsächliche wirtschaftlichen und technologischen Anhaltspunkte für den Verdacht Bereichen einen Vorsprung zu erzielen solcher Tätigkeiten vorliegen. bzw. bestehende Rückstände aufzuholen. Das Aufklärungsinteresse der Nachrichtendienste fremder Staaten richtet sich aufgrund der verschiedenen Krisenherde in Europa sowie dem Nahen und Fernen Osten vor allem auf (militär-)politisch und strategisch relevante Entwicklungsund Entscheidungsprozesse Deutschlands und seine Rolle in der EU und der NATO. Weiterhin stehen die wissenschaftlich-technologischen Ressourcen Deutschlands im Zielspektrum fremder Nachrichtendienste. Ziel ist der Aufbau verdeckt operierender Strukturen zur Informationsgewinnung und dem illegalen Gütertransfer, mitunter zu Zwecken der Wirtschaftsspionage und der Proliferation.29 Neben dem unverzichtbaren Einsatz menschlicher Quellen zur Informationsgewinnung (Human Intelligence) setzen die Nachrichtendienste fremder Staaten vermehrt auf die Sammlung elektronischer Daten, die durch die zunehmende Vernetzung offen zugänglich sind oder durch Cyberattacken illegal beschafft werden (Cyber Intelligence). Durch die stetig wachsende Nutzung sogenannter smarter Technologien in allen Lebensund Arbeitsbereichen verschieben sich Informationen aus der realen in die digitale Welt und werden zu weltweit verfügbaren und begehrten Daten. 29 Unter Proliferation versteht man die illegale Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen bzw. der zu ihrer Herstellung verwendeten Produkte sowie von entsprechenden Waffenträgersystemen, einschließlich des dafür erforderlichen Know-how. 132 Nahezu alle Nachrichtendienste der Welt nutzen mittlerweile die sozialen Medien um ihre Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch die Beeinflussung von gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland. Dabei wird mit Falschinformationen versucht auf gesellschaftliche und politische Meinungsbildungsprozesse und indirekt auf politische Entscheidungen im Inund Ausland Einfluss zu nehmen. 2. Aktivitäten der Spionageabwehr 2.1 Themenfeld Spionage Die Spionageabwehr geht gemäß ihres gesetzlichen Auftrags allen tatsächlichen Anhaltspunkten für sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nach. Ziel ist es, illegale Aktivitäten fremder Mächte aufzuklären und zu verhindern. Hauptträger der Spionageaktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland sind nach wie vor die Russische Föderation und die Volksrepublik China. Aber auch Nachrichtendienste anderer Staaten sind in der Bundesrepublik aktiv. Russische Nachrichtendienste Die Nachrichtendienste Russlands haben den gesetzlichen Auftrag, die politischen Interessen, die wirtschaftliche Entwicklung und den wissenschaftlichtechnischen Fortschritt der Russischen Föderation zu fördern. Sie unterstützen die Regierung zur Vorbereitung und Durchsetzung der Regierungspolitik auf nationaler sowie internationaler Ebene und sind zugleich wichtige Träger der Informationsbeschaffung im Ausland. Dazu steht der Russischen Föderation ein großer nachrichtendienstlicher Apparat zur Verfügung. In nahtloser Fortsetzung des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB verfügen seine heutigen Nachfolger (der zivile Auslandsnachrichtendienst SWR, der militärische Auslandsnachrichtendienst GRU und der Inlandsnachrichtendienst FSB) nahezu über die gleichen Befugnisse, die konsequent und zielgerichtet eingesetzt werden. Die Steuerung nachrichtendienstlicher Operationen erfolgt hierLogo des SWR 133 bei entweder direkt aus der Zentrale in Moskau oder über die an die diplomatischen Vertretungen angebundenen Legalresidenturen. Nach wie vor sieht sich Russland wirtschaftlichen und politischen Sanktionen ausgesetzt. Die internationalen Beziehungen wurden zusätzlich zum UkraineKonflikt etwa durch den Anschlag auf den ehemaligen russischen Geheimdienstangehörigen und Doppelagenten Skripal sowie dessen Tochter in Großbritannien belastet - mutmaßlich ging die Tat von einem russischen Nachrichtendienst aus. Weiterhin kann festgestellt werden, dass staatlichen Stellen nahe stehende pro-russische Medien versuchen Einfluss auf die deutsche Öffentlichkeit und gesellschaftliche Meinungsbildungsprozesse ausüben, indem sie die hier lebende russischsprachige Bevölkerung beeinflussen. Dabei häufig genutzte Werkzeuge sind staatlich geförderte und private Institute (z.B. Think Tanks), russische Staatsmedien, Soziale Netzwerke (auch unter Nutzung von Social Bots und Fake-Profilen) und Videoplattformen. Vorrangige Aufklärungsfelder der russischen Dienste stellen alle deutschen Politikfelder mit möglichen Auswirkungen auf Russland, insbesondere die Bündnispolitik, aber auch die Außenund Wirtschaftspolitik, dar. Chinesische Nachrichtendienste Die chinesischen Nachrichtendienste gehen mit massiven Repressionen gegen die sogenannten fünf Gifte vor. Hierzu zählen die Angehörigen der Meditationsbewegung Falun Gong30, die Mitglieder der Demokratiebewegung, die Befürworter der Eigenstaatlichkeit Taiwans sowie die nach Unabhängigkeit strebenden Volksgruppen der Uiguren und der Tibeter. Auch die aktuellen Proteste und Rufe nach einer vollständigen Demokratie in der Freihandelszone Hongkong werden seitens der RegieLogo des MSS rung in Peking genau verfolgt und scharf verurteilt. 30 Bei der Falun Gong-Bewegung handelt es sich um eine ursprünglich unpolitische spirituelle Bewegung. Seit 1999 kritisiert sie allerdings öffentlich mit weltweiten Aktionen auch die chinesische Staatsführung. Seither sieht sie sich der Verfolgung durch chinesische Behörden ausgesetzt. 134 Vorrang haben darüber hinaus sowohl die Aufklärung politischer Entscheidungsprozesse als auch die Technologieund Wirtschaftsspionage. Chinas Nachrichtendienste sind hierbei mit umfassenden Befugnissen ausgestattet und unterliegen keinen rechtsstaatlichen Beschränkungen. Schon mehrfach wandte sich der Verfassungsschutz an die Öffentlichkeit und warnte vor Anwerbungsversuchen chinesischer Nachrichtendienste über Soziale Netzwerke. Mittels Fake-Profilen wird versucht, in Deutschland insbesondere hochrangige Beamte, Soldaten oder auch Parlamentarier zu kontaktieren und letztlich zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Grundsätzlich sind alle Nutzer Sozialer Netzwerke, über die eine nahezu anonyme Kontaktaufnahme möglich ist, gefährdet. Die Betroffenen sind weiterhin aufgerufen sich mit den zuständigen Behörden in Verbindung zu setzen. In den letzten Jahren ist vermehrt zu beobachten, wie gut vernetzte deutsche Entscheidungsträger durch chinesische staatliche, halbstaatliche und private Akteure als "Lobbyisten" für chinesische Interessen eingespannt werden. Zudem erzeugen chinesische Investitionen in Deutschland wirtschaftliche Abhängigkeiten, die China bei Bedarf als Hebel für politische Zugeständnisse einsetzen kann. Als Beispiel dienen etwa Investitionen in die sogenannte Neue Seidenstraße. Seit Mai 2019 ist für Reisen nach China ein neues Online-Formular zur Beantragung eines Visums auszufüllen. Im Vergleich zum vorherigen Formular werden erheblich mehr Informationen abgefragt, was es den chinesischen Sicherheitsbehörden erleichtert, Personen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft mit für China interessantem Profil automatisiert aus der Masse von Antragstellern herauszufiltern. Vor Ort in China können dann mit vergleichsweise geringem Risiko Überwachungsmaßnahmen oder auch Anwerbungsversuche unternommen werden. Auch für regimekritische Reisende erhöht sich aufgrund der zusätzlichen Angaben das Repressionsrisiko. Türkische Nachrichtendienste Der türkische Nachrichtendienst Milli Istihbarat Teskilati (MIT) ist weiterhin in Deutschland aktiv. Als Inund Auslandsnachrichtendienst der Türkei nimmt der MIT mit seinen Exekutivbefugnissen eine herausgehobene Stellung in der tür135 kischen Sicherheitsarchitektur ein und ist dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan direkt unterstellt. Die innenpolitische Lage in der Türkei wirkt sich nach wie vor auf die Sicherheitslage in Deutschland und somit auf die Spionageabwehr im Bund und in den Ländern aus. Die Spaltung der türkischen Gesellschaft seit dem Putschversuch im Sommer 2016 in der Türkei führt immer noch dazu, dass die verschiedenen türkischen Logo des MIT Lager in Deutschland ihre Konflikte austragen. Seitdem registriert der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz teilweise statuswidrige Aktionen des MIT und zahlreiche Einflussnahmen auf die türkischstämmige Gemeinschaft in Deutschland: Ausspähungen und Bespitzelungen zugunsten türkischer Nachrichtendienste finden statt. Ein Netz aus Zuträgern in der türkischen Gemeinde verfasst Berichte und meldet Oppositionelle an die konsularischen Vertretungen der Türkei. Der MIT unterhält Legalresidenturen in den konsularischen Vertretungen in Deutschland. Sie fertigen Stimmungsund Lagebilder und versuchen, auch über die türkische Gemeinde hinaus, Einfluss auf die Meinungsbildung in Deutschland zu nehmen. In den vergangenen Jahren standen in Deutschland verstärkt die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und die Aufklärung der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen im Fokus des MIT. Die von der Türkei als "Fethullahistische Terrororganisation" (FETÖ) oder "Parallele Staatsstruktur" (PDY) bezeichnete Organisation ist aus Sicht der türkischen Regierung für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich. Aus dem Personenkreis von tatsächlichen und vermeintlichen Anhängern des Predigers Fethullah Gülen ist eine steigende Zahl von Asylantragstellern zu verzeichnen die auch in Rheinland-Pfalz teils aus hochrangigen Kreisen des türkischen Militärs und des türkischen Beamtenapparats stammen. Aus Angst vor Repressalien oder Verfolgung wenden sich diese Personen von der Türkei ab. Von einzelnen Personen und Funktionsträgern türkischer Personenzusammenschlüsse in Rheinland-Pfalz werden seit dem Putschversuch teilweise offen und in Sozialen Netzwerken Aufforderungen zur Denunziation von Gülen-Anhängern 136 und Oppositionellen veröffentlicht, die den Aufrufen in türkischen Tageszeitungen ähneln. Nachrichtendienste anderer Länder Auch andere Länder entfalten auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland illegale geheimdienstliche Tätigkeiten. Die Geheimdienste aus den Staaten des Nahen Ostens und aus Nordafrika forcieren ihre Aktivitäten gegen Regimegegner und Oppositionelle in der Bundesrepublik Deutschland. Unter Rechtfertigungszwang werden diese illegalen Methoden bisweilen als Beitrag zur internationalen Terrorismusbekämpfung erklärt. Iranische Spionageaktivitäten in Deutschland Im Fall des im Januar 2019 festgenommenen deutsch-afghanischen Sprachauswerters der Bundeswehr wurde am 12. August 2019 Anklage wegen Landesverrats in einem besonders schweren Fall und der Verletzung von Dienstgeheimnissen vor dem Oberlandesgericht Koblenz erhoben. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, bei seiner Tätigkeit als Übersetzer und landeskundlicher Berater bei der Bundeswehr in Daun Erkenntnisse an einen iranischen Nachrichtendienst weitergegeben zu haben. Darüber hinaus wurde auch gegen seine deutsch-afghanische Ehefrau Anklage wegen Beihilfe zum Landesverrat erhoben. 31 Logo des MOIS Der Verfassungsschutz hat weiterhin ein Augenmerk auf die in den vergangenen Jahren festgestellten verstärkten Aktivitäten der Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran in Europa und der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei 31 Das OLG Koblenz hat den Angeklagten am 23. März 2020 wegen Landesverrats in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Gegen die Ehefrau wurde wegen Beihilfe zum Landesverrat eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verhängt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 137 stehen in erster Linie das iranische Nachrichtenministerium "MOIS (Ministry of Intelligence and Security)" sowie die "Quds Force", eine nachrichtendienstlich agierende Spezialeinheit der Iranischen Revolutionsgarden, im Fokus. In den letzten Jahren wurden in verschiedenen westlichen Staaten zudem verstärkt iranische Cyberangriffe auf diverse Ziele festgestellt. Betroffen hiervon waren unter anderem Hochschulen und Universitäten in Deutschland. Ausspähung der Opposition durch indische Nachrichtendienste Vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wurde im März 2019 Anklage gegen ein Ehepaar indischer Staatsangehörigkeit wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit erhoben. Der Vorwurf lautet, im Auftrag eines Führungsoffiziers des indischen Auslandsgeheimdienstes "Research & Analysis Wing (R&AW)" Erkenntnisse zur oppositionellen Sikh-Szene und Kashmir-Bewegung in Deutschland gesammelt zu haben. Auch dieser Fall zeigt die unveränderten Bestrebungen indischer Nachrichtendienste, oppositionelle Gruppierungen in Deutschland auszuspähen. 2.2 Themenfeld Proliferation Ein weiterer Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes ist die Aufklärung und Verhinderung aller Versuche sogenannter kritischer Staaten32 in den Besitz von Massenvernichtungswaffen und zu der benötigten Trägertechnologie sowie des dafür erforderlichen Know-hows zu gelangen. Da sie zur eigenen Entwicklung und Herstellung häufig nicht in der Lage sind, versuchen sie, sich notwendiges Wissen, Produkte und Güter u. a. mit geheimdienstlichen Methoden illegal zu beschaffen. Die rheinland-pfälzische Verfassungsschutzbehörde ist im Zusammenwirken mit den deutschen Sicherheitsbehörden damit befasst, einschlägige Aktivitäten und Methoden zu erkennen und zu ihrer Verhinderung beizutragen. 32 Kritische Staaten sind vor allem proliferationsrelevante Länder. Von ihnen wird befürchtet, dass sie atomare, biologische und chemische Waffen in einem Krieg einsetzen oder deren Einsatz zur Durchsetzung politischer Ziele androhen. 138 Informationen zum Embargo gegen die Islamische Republik Iran Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) bestätigte am 16. Januar 2016, dass Iran seine wichtigsten Verpflichtungen aus der Atomvereinbarung erfüllt habe und in der Folge die E3+3 Staaten33 ihre Wirtschaftsund Finanzsanktionen aufgehoben hätten. Zuvor hatten sich die E3+3 Staaten und Iran auf technische Beschränkungen und Kontrollmechanismen geeinigt, die gewährleisten, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient und nicht für die Entwicklung von Nuklearwaffen verwendet werden kann. Die Vereinbarung betrifft ausschließlich das Nuklearprogramm; das iranische Trägerund Raketentechnologieprogramm ist davon nicht umfasst. Im Gegenzug sollen die seit 2006 gegen Iran verhängten Sanktionen schrittweise aufgehoben werden. Nachdem sich die USA aus der Nuklearvereinbarung zurückgezogen und erneut Sanktionen gegen Iran verhängt haben, kündigte Iran im Mai 2019 an, einige seiner Verpflichtungen aus dem Nuklearabkommen nicht mehr erfüllen zu wollen. Letztlich hat Iran entschieden, dass es sich von zentralen Bestandteilen der Auflagen aus der Nuklearvereinbarung distanziert, u.a. von der Beschränkung der Anzahl der Zentrifugen und operationellen Einschränkungen für das Nuklearprogramm. Im Ergebnis haben mehrere EU-Staaten einen Streitschlichtungsmechanismus mit dem Ziel ausgelöst, das Abkommen zu bewahren und zu einer diplomatischen Lösung innerhalb der Vereinbarung zu gelangen. Für detaillierte Informationen zu den aktuellen Sanktionslockerungen und den weiterhin bestehenden Exportbeschränkungen wird auf das Merkblatt "Aktuelle Informationen zum Embargo gegen die Islamische Republik Iran" verwiesen, welches auf der Homepage des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle veröffentlicht wurde.34 33 Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China, Russland sowie USA. 34 Quelle: http://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Embargos/Iran/iran_node.html 139 2.3 Wirtschaftsspionage/-sabotage Die große Wirtschaftskraft mit zahlreichen innovativen Unternehmen und eine weltweite Anerkennung deutscher Wissenschaftsund Forschungsleistungen rücken die Bundesrepublik Deutschland ins Zentrum nachrichtendienstlicher Aufklärungsbestrebungen. Generell liegt der Fokus bei jeder Form von Wirtschaftsspionage35 darauf, Forschungsund Entwicklungskosten einzusparen sowie bestehende Rückstände in der eigenen wissenschaftlichen bzw. technischen Entwicklung aufzuholen. Im Gegensatz zu Ländern mit Forschungsund Wirtschaftsdefiziten liegt der Ausforschungsschwerpunkt für Staaten mit einer bereits entwickelten Wirtschaft zumeist auf den wirtschaftspolitischen Strategien und den zukünftigen sozialökonomischen Trends. Insbesondere die Russische Föderation und die Volksrepublik China betreiben intensive Wirtschaftsspionage in der Bundesrepublik. Diese erfolgt unmittelbar bzw. mittelbar durch die jeweiligen Nachrichtendienste. Im Fokus der nachrichtendienstlichen Ausspähungsbemühungen stehen hier im Speziellen Hochund Schlüsseltechnologien, die für die Konkurrenzfähigkeit der heimischen Volkswirtschaften und bei der Erschließung von zukunftsträchtigen Märkten von Bedeutung sein können. Der Nationale Volkskongress der Volksrepublik China verabschiedete im März 2016 das "Konzept des 13. Fünfjahrprogramms für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung", welches in den Jahren 2016 bis 2020 umgesetzt werden soll. Als Schwerpunkte des Fünfjahrprogramms wurden u.a. Biound Medizintechnik, Elektromobilität, Luftund Raumfahrt, Umweltschutz und erneuerbare Energien definiert. Zur Erreichung der gesteckten Ziele werden auch die Nachrichtendienste der VR China eingebunden und mit Wirtschaftsspionage beauftragt. Die engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China bieten zahlreiche Möglichkeiten zur Wirtschaftsund Technologiespionage, beispielsweise über deutsche Firmenniederlassungen in China. 35 Unter Wirtschaftsspionage versteht man die staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Ausforschung von Wirtschaftsunternehmen und Betrieben. 140 Nicht immer stehen dabei die Nachrichtendienste im Vordergrund, vielmehr treten Staatsunternehmen als Akteure auf, und zwar insbesondere, wenn Joint Ventures als Basis für gezielte Wirtschaftsspionage genutzt werden. Dabei werden deutschen Unternehmen Joint Ventures angeboten, um somit einen Marktzugang in China zu erreichen. Bereits zu Beginn der Verhandlungen werden in solchen Fällen Cyberattacken aus dem chinesischen IP-Raum auf das Firmennetzwerk festgestellt. Es folgen Delegationsbesuche, Einladungen der deutschen Firmenvertreter nach China, Abschlussverhandlungen und Vertragsunterzeichnungen. Die Operation wird seitens des chinesischen Partners auf die Zulieferer des deutschen Unternehmens ausgeweitet und endet möglicherweise mit einer vollständigen Indigenisierung36. 2.4 Cyberangriffe Im Jahr 2019 standen neben Privatpersonen und Wirtschaftsunternehmen auch zahlreiche Angehörige der Politik im Fokus elektronischer Angriffe. Diese zielten auf politische Mandatsträger sowie Personen des öffentlichen Lebens und sorgten zu Beginn des Jahres für Schlagzeilen. In diesem Kontext wurden sensible Daten, zu denen zahlreiche Briefe, Kontaktdaten und E-Mails gehörten, zusammengetragen und im Internet veröffentlicht. Diese Art des Angriffs wird auch als "Doxing" bezeichnet. Aufgrund des Umfangs der veröffentlichten Daten und der fast 1.000 betroffenen Personen, stand diese Attacke Anfang 2019 im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Dies erhöhte die Sensibilität bei den Betroffenen und führte zu einer gesteigerten Nachfrage nach Beratung durch den rheinlandpfälzischen Verfassungsschutz. Sowohl in der digitalen als auch in der analogen Welt beklagt die Wirtschaft massive Datenspionage, Sabotage und lahmgelegte Infrastrukturen. Im Juli 2019 lagen dem Verfassungsschutz Erkenntnisse über Angriffe mit dem Fokus auf Betriebe des Automotive-Sektors vor. Die eingesetzten Werkzeuge und das Vorgehen der Hacker deuten auf eine Gruppe hin, die "OceanLotus" genannt wird und vermutlich im Auftrag des Staates Vietnam agiert. Über die damit einhergehende erhöhte Gefährdung durch elektronische Wirtschaftsspio36 Aufkauf der Firmen und Produktionsstätten, Verlagerung nach China. 141 nage und -sabotage wurden die Betroffenen, insbesondere die in Rheinland-Pfalz stark vertretene Zulieferindustrie, durch den Verfassungsschutz zeitnah und flächendeckend informiert. Mitte 2019 wurden mindestens acht deutsche Unternehmen, darunter sechs Dax-Konzerne, Ziel einer Cyberangriffskampagne der Hacker-Gruppe "WinNTI". Die mutmaßlich chinesische Gruppierung gilt als hochprofessionell. Eine gleichnamige Schadsoftware ist bereits seit 2013 im Einsatz und wurde im Jahr 2017 weiterentwickelt. Die Schadsoftware sucht sich in der Regel Zugang über wenige an das Internet angeschlossene IT-Systeme. Die typische Infektion erfolgt dann über einen mehrstufigen Prozess und breitet sich sukzessiv über das gesamte Opfernetzwerk aus. Die Qualität nachrichtendienstlicher Cyberangriffe hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, sodass professionelle Angriffe selbst für sicherheitsbewusste Nutzer und Stellen oft nicht erkennbar sind. Eine immer weiter voranschreitende Digitalisierung und Vernetzung der Arbeitsprozesse und der dabei eingesetzten Maschinen, generieren eine gleichermaßen wachsende Abhängigkeit von verfügbarer Informationstechnik. Nahezu alle Prozesse der Arbeitswelt sind auf IT angewiesen. Sie stellen damit attraktive Angriffsziele für Cyber-Sabotage (z.B. durch Verschlüsselung von Informationen) und Cyber-Spionage (z.B. durch Ausspähen von Geschäftsgeheimnissen) dar. In diesem Zusammenhang war "EmoEmotet gilt als eine der gefährtet" im Jahr 2019 ein deutliches Zeilichsten Bedrohungen durch chen einer sich weiter verschärfenden Schadsoftware weltweit und Bedrohungslage. In Rheinland-Pfalz verursacht auch durch das Nachwaren insbesondere Unternehmen laden weiterer Schadprogramme und Krankenhäuser von "Emotet" beaktuell hohe Schäden auch in troffen. Dieser verursachte dort neben Deutschland. den finanziellen Schäden oft auch den Bundesamt für Sicherheit in der InforVerlust wichtiger Daten. mationstechnik Einfallstore waren häufig maliziöse E-Mails, die dazu führten, dass durch Cybersabotage und -spionage Unternehmensnetze in ihrer Verfügbarkeit eingeschränkt sowie sensible Unternehmensdaten in größerem Umfang ausgeleitet 142 wurden. Aufgrund der weltweit agierenden Angreifer ist eine endgültige Attribution der Cyber-Attacken kaum möglich. Die zugrundeliegende Motivation ist dabei unterschiedlich ausgeprägt. Neben wirtschaftlichen werden auch nachrichtendienstliche oder politische Ziele verfolgt. Vielfach unterschätzen die Betreiber von IT-Infrastrukturen das Risiko, selbst von einem Angriff betroffen zu sein. Diese Einschätzung kann insbesondere in Anbetracht einer sich permanent verschärfenden Bedrohungssituation und hoher Schadensrisiken fatale Folgen für das Unternehmen haben. Betreiber von IT-Infrastrukturen müssen daher einem angemessenen Schutz der eigenen Informationstechnik vor schädlichen Einwirkungen von außen eine entsprechend hohe Priorität einräumen. Wenn Informationen ausgespäht oder die Meinungsbildung manipuliert werden, ist das ein ernstzunehmender Angriff auf unsere Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund steht der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz als zentraler und kompetenter Ansprechpartner für Wirtschaftsunternehmen, Hochschulen und Behörden in Rheinland-Pfalz mit Informationen, Sensibilisierungsmaßnahmen und Beratungsgesprächen über Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage als auch -sabotage zur Verfügung. Innerhalb dieser präventiven Maßnahmen werden Informationen zu erkannten Angriffsmustern zur Verfügung gestellt. Diese Daten zu Bedrohungsanalysen versetzen rheinland-pfälzische Wirtschaftsunternehmen in die Lage, geeignete Schutzmaßnahmen einzuleiten. Im Rahmen von reaktiven Maßnahmen z.B. bei IT-Sicherheits-Vorfällen unterstützt der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz. Unter Wahrung der Vertraulichkeit wird das weitere Vorgehen gemeinsam mit den Betroffenen beraten. Mit seiner Arbeit leistet der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Cyber-Sicherheit. 143 144 VIII. Geheimund Sabotageschutz, Mitwirkungsaufgaben 145 Geheimund Sabotageschutz trägt dazu bei, den Bestand, die Sicherheit oder die Interessen des Bundes oder eines Landes zu schützen. Die Gründe liegen auf der Hand: Innentäter können sensible Informationen an fremde Nachrichtendienste oder Terrororganisationen zu Spionageund/oder Sabotagezwecken weitergeben. Deshalb werden sicherheitssensible Inhalte sowie die Kenntnis über entsprechende Infrastruktur besonders geschützt. Solche Informationen werden als Verschlusssachen (VS) bezeichnet und unterliegen den Bestimmungen des Geheimschutzrechts. Im Klartext bedeutet dies u. a., dass sie nicht jedermann zugänglich sind. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz (LSÜG) gibt den Maßstab vor, in welchem Rahmen Personen überprüft werden, die zum Zugang zu VS erhalten sollen. Das Ziel einer Sicherheitsüberprüfung ist es, Sicherheitsrisiken möglichst vorab bzw. frühzeitigst zu erkennen. Zum Geheimschutz gehört nicht zuletzt auch die Beratung von Geheimund Sabotageschutzbeauftragten der Landesbehörden und der Kommunen durch den Verfassungsschutz. Sie dient der Schaffung einer möglichst homogenen Sicherheitsstruktur und soll die Sensibilität im Umgang mit Verschlusssachen steigern. Die Aufgabe des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes besteht darin, das Risiko von Sabotage durch Innentäter mit Zugang zu sicherheitsempfindlichen und lebenswichtigen Einrichtungen zu reduzieren. Im Rahmen seiner Mitwirkungsaufgabe ist der Verfassungsschutz auch für Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Atom-, Luftsicherheits-, Sprengstoffund dem Landeshafensicherheitsgesetz sowie der Bewachungsverordnung zuständig. Im Jahr 2019 wurden 2.427 Überprüfungen nach dem Luftsicherheitsgesetz, 1.043 nach der Bewachungsverordnung, 259 nach dem Sprengstoffgesetz und 287 nach dem Atomgesetz durchgeführt. Des Weiteren fanden Einzelfallprüfungen nach dem Waffengesetz statt. Aufgrund einer Änderung im Waffenrecht findet ab dem Jahr 2020 eine Regelüberprüfung aller Personen statt, die Umgang mit Waffen oder Munition haben. 146 C. Anhang 147 I. Übersichten Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Die Gesamtzahl der in Rheinland-Pfalz im Jahr 2019 registrierten PMK-Straftaten stieg gegenüber dem Vorjahr um 17 Fälle (+ 1,6 %) auf 1.058 Straftaten an (2018: 1.041).35 Die Anzahl der Gewaltdelikte sank von 94 in 2018 auf 55 in 2019 (- 41,5 %). Im Einzelnen (Auszüge Polizeiliche Kriminalstatistik RheinlandPfalz): I.1 Lagebild Strafund Gewalttaten Rechtsextremismus Die Zahl politisch motivierter Straftaten - rechts - sank im Jahr 2019 in Rheinland-Pfalz auf 640 (2018: 698). Von den 640 registrierten Straftaten waren 414 (65 %) sogenannte Propagandadelikte nach SSSS 86 und 86a Strafgesetzbuch (StGB), die die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen sowie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellen (2018: 417). Die Zahl der in den Straftaten enthaltenen Gewalttaten (ohne Sachbeschädigungen) sank auf 35 (2018: 52). In 34 Fällen handelte es sich dabei um Körperverletzungsdelikte (2087: 40). Politisch motivierte Kriminalität - rechts - Gewalttaten: 2019 2018 Gesamt 35 52 Körperverletzungen 34 40 Landfriedensbruch - 6 Andere Gewaltdelikte 1 6 I.2 Lagebild Strafund Gewalttaten Linksextremismus Die Zahl politisch motivierter Straftaten - links - belief sich im Jahr 2019 in Rheinland-Pfalz auf 109 Taten (2018: 187), die der darin enthaltenen Gewaltdelikte auf fünf Taten (2018: 33). 35 Von den 1.058 PMK-Straftaten können 259 keinem der nachfolgend genannten Phänomenbereiche zugeordnet werden. 148 Politisch motivierte Kriminalität - links - Gewalttaten: 2019 2018 Gesamt: 5 33 Körperverletzungen 1 15 Brand-/Sprengstoffdelikte 1 1 Landfriedensbruch - 1 Widerstandsdelikte 2 13 Gefährliche Eingriffe i. d. Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 1 2 Andere Gewaltdelikte - 1 I.3 Lagebild Strafund Gewalttaten politisch motivierte Ausländerkriminalität Insgesamt wurden 2019 im Bereich politisch motivierte Ausländerkriminalität (ausländische und religiöse Ideologie) in Rheinland-Pfalz 38 Straftaten gezählt, davon eine Gewalttat (2018: 69, davon vier Gewalttaten). I.4 Lagebild antisemitische Strafund Gewalttaten Im Jahr 2019 stieg die Zahl antisemitischer Straftaten deutlich an. Gezählt wurden 50 Taten aller Phänomenbereiche darunter eine Gewalttat (2018: 32, darunter zwei Gewalttaten). Von den 50 Taten waren 46 rechtsextremistisch motiviert. II. Register Das Register enthält die Bezeichnungen der im rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzbericht 2019 genannten Gruppierungen, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass diese verfassungsfeindliche Ziele verfolgen oder verfolgt haben und aufgrund dessen als extremistisch bezeichnet werden können. 149 Gruppierungen Seite A "al-Shahab" 104 "al-Qaida" 104 "Antifaschistischer Aufbau Mainz" 95 "Ansaar International" 114 "Arbeiterpartei Kurdistans" (Partiya Karkeren Kurdistan, PKK) 123 "Autonome Antifa Koblenz" 99 B "Boko Haram" 104 "Blood & Honour" (B&H) 51 C "Combat 18" (C 18) 51 D "Der III. Weg" (auch: "Der 3. Weg" / "Der dritte Weg") 62 "Der Flügel" ("Flügel") 70 "DIE RECHTE" 66 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 95 "Demokratisch-Kurdisches Gesellschaftszentrum Mainz e.V." 126 "Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V." (DMG) 119 F "FLAK" 83 "Freikorps Deutschland" / "Freikorps Heimatschutz Division 2016" 53 "Freistaat Preußen" 90 G "Gruppe Freital" 55 H HAMAS ("Islamische Befreiungsbewegung") 115 "Hammerskins" 80 150 Seite "Hizb ut-Tahrir" 110 "Hizb Allah" ("Partei Gottes") 116 I "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) 73 "Interventionistische Linke" (IL) 97 "Islamischer Staat" (IS) 104 "Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V." (IGD) 119 J "Junge Alternative" (JA) 70 "Junge Nationalisten" (JN) 61 K "Kalifatsstaat" 117 "Kameradschaft Aryans" 52 "Kameradschaft Nationaler Widerstand Zweibrücken" 78 "Kameradschaft Rheinhessen" 78 "Kommunalpolitische Vereinigung" (KPV) 57 "Kurdisches Gemeinschaftszentrum e.V.", Ludwigshafen 126 M "Muslimbruderschaft" 118 "Marxistisch Lenininistische Partei Deutschlands" (MLPD) 40 N "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 57 "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) 54 O "Oldschool Society" (OSS) 55 P "Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland e.V." (PGD) 115 151 Seite R "Revolution Chemnitz" 55 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 129 "Ring Nationaler Frauen" (RNF) 61 "Rote Hilfe e.V." 100 S "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 95 "Staatenbund Deutsches Reich" 90 "Sozialistische Alternative" (SAV) 40 T "Taliban" 104 "Türkische Hizbullah" 120 V "Volksstaat Bayern" (ehem. "Bundesstaat Bayern) 90 152 III. Rechtliche Grundlagen Grundgesetz (Auszug) Artikel 73 - Umfang der ausschließlichen Gesetzgebung Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über ... 10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder ... b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und c) zum Schutz gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, ... Artikel 87 - Bundeseigene Verwaltung: Sachgebiete (1) ... Durch Bundesgesetz können ... Zentralstellen ... zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden. 153 Landesverfassungsschutzgesetz (LVerfSchG) Vom 11. Februar 2020 Inhaltsübersicht Teil 1 Auftrag SS1 Auftrag SS2 Verfassungsschutzbehörde SS3 Zusammenarbeit SS4 Begriffsbestimmungen Teil 2 Aufgaben SS5 Beobachtungsaufgaben SS6 Mitwirkungsaufgaben SS7 Unterrichtung der Landesregierung und der Öffentlichkeit Teil 3 Befugnisse SS8 Grundsätze SS9 Allgemeine Befugnisse SS 10 Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter SS 11 Vertrauenspersonen SS 12 Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs SS 13 Besondere Auskunftsverlangen SS 14 Funkzellenabfrage SS 15 Identifizierung und Lokalisierung von mobilen Telekommunikationsendgeräten SS 16 Inbesitznahme von Sachen SS 17 Einsatz technischer Mittel zur akustischen Überwachung außerhalb von Wohnungen SS 18 Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung SS 19 Besondere Bestimmungen für Maßnahmen nach SS 18 SS 20 Erhebung und Verarbeitung von Daten aus digitalen Medien SS 21 Zugriff auf Videoüberwachungen des öffentlich zugänglichen Raums SS 22 Amtshilfe bei Tarnmaßnahmen Teil 4 Datenverarbeitung SS 23 Verarbeitung personenbezogener Daten SS 24 Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten 154 SS 25 Informationsübermittlung an die Verfassungsschutzbehörde SS 26 Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde SS 27 Übermittlungsverbote SS 28 Besondere Pflichten bei der Übermittlung personenbezogener Daten SS 29 Auskunft an Betroffene SS 30 Datenschutzkontrolle Teil 5 Parlamentarische Kontrolle SS 31 Parlamentarische Kontrollkommission SS 32 Beratungen SS 33 Unterrichtungspflicht der Landesregierung SS 34 Besondere Kontrollbefugnisse SS 35 Umfang der Unterrichtungspflicht SS 36 Geschäftsstelle SS 37 Eingaben SS 38 Bericht Teil 6 Schlussbestimmungen SS 39 Geltung des Landesdatenschutzgesetzes SS 40 Einschränkung von Grundrechten SS 41 Änderung des Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes SS 42 Änderung des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes SS 43 Inkrafttreten 155 Teil 1 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes Auftrag oder eines Landes politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem SS1 oder für einen Personenzusammenschluss, der Auftrag darauf gerichtet ist, den Bund, ein Land oder Der Verfassungsschutz dient dem Schutz deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit der freiheitlichen demokratischen erheblich zu beeinträchtigen, Grundordnung, des Bestandes und der 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokraSicherheit des Bundes und der Länder. tische Grundordnung politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem SS2 oder für einen Personenzusammenschluss, Verfassungsschutzbehörde der darauf gerichtet ist, einen der in diesem Gesetz genannten Verfassungsgrundsätze zu (1) Verfassungsschutzbehörde ist eine Abteilung beseitigen oder außer Geltung zu setzen. in dem für Inneres zuständigen Ministerium. Für einen Personenzusammenschluss han(2) Verfassungsschutz und Polizei dürfen delt, wer ihn in seinen Bestrebungen nacheinander nicht angegliedert werden. drücklich unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem SS3 oder für einen Personenzusammenschluss Zusammenarbeit handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie gegen Schutzgüter (1) Die Verfassungsschutzbehörde ist verpflichtet, dieses Gesetzes unter Anwendung von mit dem Bund und den Ländern in Angelegenheiten Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Die Behörden für Verfassungsschutz anderer Länder dürfen in Rheinland-Pfalz unter (2) Verhaltensweisen oder Betätigungen von Beachtung der Bestimmungen dieses Gesetzes Personenzusammenschlüssen ohne feste nur im Einvernehmen, das Bundesamt für hierarchische Organisationsstrukturen (unorVerfassungsschutz nur im Benehmen mit der ganisierte Gruppen) können Bestrebungen Verfassungsschutzbehörde tätig werden. Die im Sinne dieses Gesetzes sein. Verfassungsschutzbehörde darf nach Maßgabe (3) Die freiheitliche demokratische Grundordnung dieses Gesetzes in den anderen Ländern tätig umfasst die zentralen Grundprinzipien, die für den werden, soweit es die Rechtsvorschriften freiheitlichen Verfassungsstaat unentbehrlich sind. der betreffenden Länder zulassen. Diese sind die Garantie der Menschenwürde, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip. SS4 Begriffsbestimmungen Teil 2 (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind Aufgaben 1. Bestrebungen gegen den Bestand des SS5 Bundes oder eines Landes politisch Beobachtungsaufgaben bestimmte, zielund zweckgerichtete Die Verfassungsschutzbehörde beobachtet Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerich1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche tet ist, die Freiheit des Bundes oder eines demokratische Grundordnung, den Bestand Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, oder die Sicherheit des Bundes oder eines ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein Landes gerichtet sind oder eine ungesetzzu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, liche Beeinträchtigung der Amtsführung der 156 Verfassungsorgane des Bundes oder eines Bewertung der Angaben der nichtöffentlichen Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, Stelle unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstLänder befugt. Sofern es im Einzelfall erforderlich liche Tätigkeiten in der Bundesrepublik erscheint, können bei der Mitwirkung nach Satz 1 Deutschland für eine fremde Macht, Nr. 4 zusätzlich die sonstigen Nachrichtendienste 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik des Bundes um Übermittlung und Bewertung Deutschland, die durch Anwendung vorhandener Erkenntnisse und um Bewertung von Gewalt oder darauf gerichtete übermittelter Erkenntnisse ersucht werden. Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, und (2) Sie wirkt außerdem mit bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimm4. Bestrebungen und Tätigkeiten in der ten Fällen oder mit deren Einwilligung. Bundesrepublik Deutschland, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung SS7 oder das friedliche Zusammenleben Unterrichtung der Landesregierung der Völker gerichtet sind, und der Öffentlichkeit soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen oder Tätigkeiten (1) Die Verfassungsschutzbehörde untervorliegen. Die Beobachtung erfolgt offen, soweit richtet die Landesregierung regelmäßig erforderlich verdeckt. Sie umfasst die gezielte und umfassend über Art und Ausmaß von und planmäßige Sammlung und Auswertung Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 5 . sachund personenbezogener Daten. (2) Das fachlich zuständige Ministerium informiert die Öffentlichkeit über grundlegende SS6 Angelegenheiten des Verfassungsschutzes Mitwirkungsaufgaben sowie über präventiven Wirtschaftsschutz, (1) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit soweit Geheimhaltungserfordernisse nicht entgegenstehen. 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Teil 3 Gegenstände oder Erkenntnisse anverBefugnisse traut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, SS8 Grundsätze 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfind(1) Bei der Erfüllung der Aufgaben hat die lichen Stellen von lebensoder verVerfassungsschutzbehörde von mehreren teidigungswichtigen Einrichtungen möglichen und geeigneten Maßnahmen diejebeschäftigt sind oder werden sollen, nige zu treffen, die einzelne Personen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beein3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen trächtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem zum Schutze von im öffentlichen Interesse Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, erkennbar außer Verhältnis steht. Eine Maßnahme Gegenständen oder Erkenntnissen gegen ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist die Kenntnisnahme durch Unbefugte und oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. 4. bei der Geheimschutzbetreuung (2) Sowohl bei der Erhebung als auch bei der von nichtöffentlichen Stellen. Verwertung personenbezogener Daten achtet Bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 4 ist die die Verfassungsschutzbehörde den besonderen Verfassungsschutzbehörde zur sicherheitsmäßigen Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung 157 sowie den Schutz von Berufsgeheimnisträgern sächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, und ihnen gleichstehenden Personen. dass sie selbst Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des SS 5 nachgehen, jedoch tatSS9 sächliche hinreichende Anhaltspunkte Allgemeine Befugnisse für eine nicht nur vorübergehende (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Verbindung zu diesen bestehen oder Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 , zum Schutz der 5. zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Einrichtungen, Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände Gegenstände und Nachrichtenzugänge sowie und Nachrichtenzugänge. zur Gewinnung, Erhaltung oder Überprüfung der Nachrichtenzugänge die erforderlichen offenen (4) Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel oder die im Sinne des Absatzes 2 verdeckten zur Erhebung personenbezogener Daten bei Maßnahmen treffen, insbesondere Informationen Minderjährigen ist frühestens ab Vollendung einschließlich personenbezogener Daten nach des 10. Lebensjahres und bis zur Vollendung Maßgabe von Teil 4 verarbeiten, soweit nicht die des 14. Lebensjahres nur zu deren Schutz zuläsSSSS 10 bis 21 diese besonders regeln. Die Befugnisse sig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür gelten entsprechend für die Erfüllung der Aufgaben bestehen, dass diese den objektiven Tatbestand nach SS 6; insoweit sind nur offene Maßnahmen einer der in SS 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes zulässig. Die Maßnahmen sind auch dann zuläsvom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298; 2007 sig, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. I S. 154), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3202), (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf nach genannten Straftatbestände verwirklichen werMaßgabe des Absatzes 3 Methoden und den, verwirklichen oder verwirklicht haben. Gegenstände einschließlich technischer Mittel zur verdeckten Informationsbeschaffung SS 10 (nachrichtendienstliche Mittel) einsetzen. Die Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachrichtendienstlichen Mittel sind, soweit sie nicht in den SSSS 10 bis 21 besonders geregelt (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf eigene sind, in einer Dienstvorschrift zu benennen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einer ihnen die auch die Zuständigkeit für die Anordnung verliehenen und auf Dauer angelegten Legende solcher Informationsbeschaffungen regelt. (Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) Die Dienstvorschrift ist der Parlamentarischen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 unter den Kontrollkommission nach SS 31 vorzulegen. Voraussetzungen des SS 9 Abs. 3 einsetzen. (3) Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel zur (2) Verdeckte Mitarbeiterinnen und Erhebung personenbezogener Daten ist zulässig Mitarbeiter dürfen weder zur Gründung von Personenzusammenschlüssen, die Bestrebungen 1. zur Gewinnung, Erhaltung oder nach SS 5 Satz 1 Nr. 1, 3 oder 4 verfolgen, noch Überprüfung von Nachrichtenzugängen, zur steuernden Einflussnahme auf derartige 2. gegenüber Personen, bei denen aufPersonenzusammenschlüsse eingesetzt werden. grund tatsächlicher Anhaltspunkte Sie dürfen in solchen Personenzusammenschlüssen der Verdacht von Bestrebungen oder oder für solche Personenzusammenschlüsse, Tätigkeiten nach SS 5 vorliegt, einschließlich strafbarer Vereinigungen, tätig werden, um deren Bestrebungen aufzuklären. Im 3. gegenüber Personen, von denen aufgrund Übrigen dürfen Verdeckte Mitarbeiterinnen oder tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, Mitarbeiter im Einsatz bei der Beteiligung an dass sie für eine nach Nummer 2 betroffene Bestrebungen solche Handlungen vornehmen, die Person oder Personengruppe Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, 1. nicht in Individualrechte eingreifen, 4. gegenüber Personen, bei denen keine tat2. von den an den Bestrebungen Beteiligten derart 158 erwartet werden, dass sie zur Gewinnung 2. von den Geldoder Sachzuwendungen und Sicherung der Nachrichtenzugänge für die Tätigkeit auf Dauer als alleinige unumgänglich sind und Lebensgrundlage abhängen würden, 3. nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des 3. an einem Aussteigerprogramm teilnehmen, aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. 4. Mitglied des Europäischen Parlaments, Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte des Deutschen Bundestages oder eines dafür bestehen, dass Verdeckte Mitarbeiterinnen Landesparlaments oder Mitarbeiterinnen und oder Mitarbeiter rechtswidrig einen StraftatMitarbeiter eines solchen Mitglieds sind, bestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht haben, soll der Einsatz unverzüglich beendet und 5. im Bundeszentralregister mit einer die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet werVerurteilung wegen eines Verbrechens den. Über Ausnahmen von Satz 4 entscheidet oder zu einer Freiheitsstrafe wegen eines die Leitung der Verfassungsschutzbehörde. Vergehens von erheblicher Bedeutung, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausge(3) SS 9a Abs. 3 des setzt worden ist, eingetragen sind oder Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), 6. als Geistliche oder Verteidiger im Sinne zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom des SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 der 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097), gilt entsprechend. Strafprozessordnung (StPO) oder diesen nach SS 53a Abs. 1 Satz 1 StPO gleich(4) Absatz 1 und 2 sowie SS 9a Abs. 3 BVerfSchG stehenden Personen zur Verweigerung finden entsprechende Anwendung auf solche des Zeugnisses berechtigt sind. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die verdeckt Informationen in sozialen Netzwerken und sonDie Leitung der Verfassungsschutzbehörde kann stigen Kommunikationsplattformen im Internet eine Ausnahme von Satz 2 Nr. 5 zulassen, wenn erheben, auch wenn sie nicht unter einer auf die Verurteilung nicht als Täterin oder Täter eines Dauer angelegten Legende tätig werden. Totschlags ( SSSS 212 , 213 des Strafgesetzbuches ) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten (5) Über den Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen Straftat erfolgt ist und der Einsatz zur Aufklärung und Mitarbeiter wird der Parlamentarischen von Bestrebungen, die auf die Begehung von in Kontrollkommission in regelmäßigen AbstänSS 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes bezeichneten den, mindestens jedoch jährlich, umfassend Straftaten gerichtet sind, unerlässlich ist. Im Bericht erstattet. Falle einer Ausnahme nach Satz 3 ist der Einsatz nach höchstens sechs Monaten zu beenden, SS 11 wenn er zur Erforschung der in Satz 3 genannVertrauenspersonen ten Bestrebungen nicht zureichend gewichtig beigetragen hat. Die Relevanz der gelieferten (1) Für den Einsatz von Privatpersonen, deren Informationen ist fortlaufend zu bewerten. planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz Dritten nicht bekannt SS 12 ist (Vertrauenspersonen), ist SS 10 Abs. 1 bis Überwachung des Brief-, Postund 3 und Abs. 5 entsprechend anzuwenden. Fernmeldeverkehrs (2) Über die Verpflichtung von Für die Überwachung des Brief-, Postund Vertrauenspersonen entscheidet die Fernmeldeverkehrs einschließlich der Leitung der Verfassungsschutzbehörde. Als Verarbeitung der durch eine solche Maßnahme Vertrauenspersonen dürfen Personen nicht erlangten personenbezogenen Daten gelten angeworben und eingesetzt werden, die die Bestimmungen des Artikel 10-Gesetzes in 1. nicht voll geschäftsfähig, insbeVerbindung mit dem Landesgesetz zur parlasondere minderjährig sind, mentarischen Kontrolle von Beschränkungen 159 des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses und Telemediendienste erbringen oder vom 16. Dezember 2002 (GVBl. S. 477), zuletzt daran mitwirken, Auskünfte einholen über geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom Telekommunikationsverkehrsdaten nach SS 96 Abs. 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 461), BS 12-1. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), SS 13 zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes Besondere Auskunftsverlangen vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) und Telemediennutzungsdaten nach SS 15 Abs. 1 des (1) Die Verfassungsschutzbehörde Telemediengesetzes (TMG) vom 26. Februar 2007 darf im Einzelfall bei Kreditinstituten, (BGBl. I S. 179), zuletzt geändert durch Artikel 11 Finanzdienstleistungsinstituten und des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066). Finanzunternehmen unentgeltlich Auskünfte Die Auskünfte können auch in Bezug auf die zu Konten, Konteninhaberinnen und zukünftige Telekommunikation und die zukünfKonteninhabern, sonstigen Berechtigten und tige Nutzung von Telemedien verlangt werden. weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten sowie zu Geldbewegungen und Geldanlagen einho(5) Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der len, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verfassungsschutzbehörde nach SS 5 erfordernach SS 5 erforderlich ist und tatsächliche lich ist, darf von denjenigen, die geschäftsmäßig Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren Telekommunikationsdienste erbringen oder für die in SS 5 genannten Schutzgüter vorliegen. daran mitwirken, Auskunft über die nach den Sie darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 SSSS 95 und 111 TKG erhobenen Daten verlangt erforderliche Bestandsdaten durch Ersuchen werden ( SS 113 Abs. 1 Satz 1 TKG ). Bezieht sich an das Bundeszentralamt für Steuern nach SS das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, 93b Abs. 1 der Abgabenordnung erheben. mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werEinzelfall bei Verkehrsunternehmen unentden, geschützt wird ( SS 113 Abs. 1 Satz 2 TKG ), geltlich Auskünfte zu Namen, Anschriften, zur darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die Inanspruchnahme und sonstigen Umständen gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der von Transportleistungen einholen, wenn dies zur Daten vorliegen. Die Auskunft nach Satz 1 darf Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 erforderlich auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerzugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt wiegende Gefahren für die in SS 5 genannten werden ( SS 113 Abs. 1 Satz 3 TKG ). Unter den Schutzgüter vorliegen. Zur Auskunft sind ebenso Voraussetzungen des Satzes 1 darf die Verfasdie Betreiber von Computerreservierungssystemen sungsschutzbehörde auch Auskunft über und globalen Distributionssystemen verpflichtet. Daten gemäß SS 14 Abs. 1 TMG bei denjenigen (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall verlangen, die Telemediendienste anbieten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 unter oder daran mitwirken ( SS 14 Abs. 2 TMG ). den Voraussetzungen des SS 3 Abs. 1 des Artikel (6) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt 10-Gesetzes bei Personen und Unternehmen, die ist, muss die Verfassungsschutzbehörde ihr geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen, Auskunftsverlangen gegenüber den verpflichtesowie bei denjenigen, die an der Erbringung dieten Unternehmen nicht begründen; insbesonser Dienstleistungen mitwirken, unentgeltlich dere muss sie nicht darlegen, ob und inwieweit Auskünfte zu Namen, Anschriften, Postfächern und die Voraussetzungen der Auskunftsansprüche sonstigen Umständen des Postverkehrs einholen. nach Absatz 1 bis 5 gegeben sind. Die in (4) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Absatz 1 bis 3 genannten Unternehmen sind Einzelfall zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach zur unentgeltlichen Auskunft verpflichtet. SS 5 unter den Voraussetzungen des SS 3 Abs. Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach 1 des Artikel 10-Gesetzes bei denjenigen, die Absatz 4 und 5 haben diejenigen, die geschäftsgeschäftsmäßig Telekommunikationsdienste mäßig Telekommunikationsdienste oder 160 Telemediendienste erbringen oder daran mitwir(9) Über die nach Absatz 5 Satz 3 durchgeführten ken, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Maßnahmen unterrichtet die fachlich zuständige Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu Ministerin oder der fachlich zuständige Minister übermitteln. Die Verfassungsschutzbehörde die nach dem Landesgesetz zur parlamentarischen hat für ihr erteilte Auskünfte nach Absatz 4 Kontrolle von Beschränkungen des Brief-, Postund und Absatz 5 Satz 3 eine Entschädigung zu Fernmeldegeheimnisses gebildete Kommission gewähren, deren Umfang sich nach SS 23 und mindestens einmal im Jahr. Die Kommission kann Anlage 3 des Justizvergütungsund -entschäjederzeit Einsicht in alle Unterlagen zu durchgedigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I führten oder laufenden Maßnahmen nach Absatz S. 718, 776) in der jeweils geltenden Fassung 5 Satz 3 nehmen und deren Vorlage verlangen. bemisst; die Bestimmungen über die Verjährung in SS 2 Abs. 1 und 4 des Justizvergütungsund (10) Das fachlich zuständige Ministerium berich-entschädigungsgesetzes finden entspretet über die durchgeführten Maßnahmen nach chend Anwendung. Die Auskunftsverlangen Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und nach Absatz 1 bis 5 und die Auskunft selbst 4 dem parlamentarischen Kontrollgremium des dürfen den Betroffenen oder Dritten vom Bundes unter entsprechender Anwendung des SS Auskunftsgeber nicht mitgeteilt werden. 8b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BVerfSchG für dessen Berichte nach SS 8b Abs. 3 Satz 2 BVerfSchG . (7) Auskünfte nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bis 4 dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. SS 14 Der Antrag ist durch die G10-Aufsichtsbeamtin Funkzellenabfrage oder den G10-Aufsichtsbeamten im Sinne des SS 8 Abs. 3 des Landesgesetzes zur parlamentarischen (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Kontrolle von Beschränkungen des Brief-, PostErfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 und unter und Fernmeldegeheimnisses schriftlich zu stellen den Voraussetzungen des SS 3 Abs. 1 des Artikel und zu begründen. Über den Antrag entscheidet 10-Gesetzes Auskunft über Verkehrsdaten die Leitung der Verfassungsschutzbehörde durch ohne Kenntnis der Rufnummer oder einer Anordnung. Die fachlich zuständige Ministerin anderen Kennung des zu überwachenden oder der fachlich zuständige Minister unterrichtet Anschlusses oder des Endgerätes einholen, die nach dem Landesgesetz zur parlamentarischen sofern andernfalls die Erreichung des Zwecks Kontrolle von Beschränkungen des Brief-, Postund der Maßnahme erheblich erschwert wäre. Fernmeldegeheimnisses gebildete Kommission unverzüglich über die Anordnungen vor deren (2) Die Maßnahme bedarf der Anordnung durch Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann die fachlich die Leitung der Verfassungsschutzbehörde. Die zuständige Ministerin oder der fachlich zustänfachlich zuständige Ministerin oder der fachlich dige Minister den Vollzug der Entscheidung auch zuständige Minister unterrichtet die nach dem bereits vor der Unterrichtung der Kommission Landesgesetz zur parlamentarischen Kontrolle anordnen. In diesem Fall hat die Unterrichtung von Beschränkungen des Brief-, Postund der Kommission unverzüglich nachträglich zu Fernmeldegeheimnisses gebildete Kommission erfolgen. Für die Aufgaben und Befugnisse der über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Kommission sowie die Mitteilung von Maßnahmen Bei Gefahr im Verzug kann die fachlich zuständige nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bis Absatz 4 Ministerin oder der fachlich zuständige Minister an die Betroffenen findet das Landesgesetz zur den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor parlamentarischen Kontrolle von Beschränkungen der Unterrichtung der Kommission anordnen. In des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses entsprechende Anwendung. diesem Fall hat die Unterrichtung der Kommission unverzüglich nachträglich zu erfolgen. Für die (8) Auf die Verarbeitung der nach Absatz 1 Satz Aufgaben und Befugnisse der Kommission sowie 1, Absatz 2 bis Absatz 4 und Absatz 5 Satz 3 die Mitteilung von Maßnahmen nach Absatz 1 erhobenen personenbezogenen Daten ist SS 4 des an die Betroffenen findet das Landesgesetz zur Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. parlamentarischen Kontrolle von Beschränkungen 161 des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses spezifischer Kennungen, insbesondere der entsprechende Anwendung. Geräteund Kartennummer von mobilen Telekommunikationsendgeräten, oder zur (3) In der Anordnung sind insbesondere Ermittlung des Standorts eines mobilen 1. die Voraussetzungen nach Absatz 1 sowie die Telekommunikationsendgeräts einsetzen. wesentlichen Abwägungsgesichtspunkte, (2) Personenbezogene Daten Dritter dürfen 2. die Person, gegen die sich die Dateneranlässlich einer Maßnahme nach Absatz 1 hebung richtet, soweit möglich mit nur erhoben werden, wenn dies aus techName und Anschrift, nischen Gründen unvermeidbar ist. Über den Datenabgleich zur Ermittlung der Geräteoder 3. Art, Umfang und Dauer der Datenerhebung Kartennummer oder des Standorts eines unter Benennung des Endzeitpunkts und mobilen Telekommunikationsendgeräts 4. soweit möglich die genaue Telekommunikation, hinaus dürfen sie nicht verwendet werden. über die Verkehrsdaten erhoben wer(3) SS 14 Abs. 2 und 3 findet entden soll, räumlich und zeitlich sprechende Anwendung. zu bestimmen. Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung SS 16 um jeweils nicht mehr als denselben Zeitraum Inbesitznahme von Sachen ist zulässig, sofern die Voraussetzungen Die Verfassungsschutzbehörde darf zur der Anordnung weiterhin vorliegen. Die Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 vorüberVerarbeitung der durch Maßnahmen nach gehend Sachen zur Datenerhebung heimAbsatz 1 erhobenen Daten erfolgt in entlich in Besitz nehmen und benutzen. sprechender Anwendung des SS 4 des Artikel 10-Gesetzes . Hinsichtlich der Mitteilungen gilt SS 17 SS 12 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend. Einsatz technischer Mittel zur akustischen (4) Aufgrund der Anordnung hat jeder, Überwachung außerhalb von Wohnungen der geschäftsmäßig Telekommunikations(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf außerhalb dienstleistungen erbringt oder daran mitwirkt, von Wohnungen das nichtöffentlich gesprounverzüglich Auskünfte über die Verkehrsdaten chene Wort mit verdeckten technischen Mitteln zu erteilen. Von der Auskunftspflicht sind auch heimlich abhören und aufzeichnen, wenn dies Verkehrsdaten erfasst, die erst nach der Anordnung zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 erforderanfallen. Ob und in welchem Umfang dafür lich ist, tatsächliche Anhaltspunkte für schwerVorkehrungen zu treffen sind, richtet sich nach wiegende Gefahren für die in SS 5 genannten dem Telekommunikationsgesetz und den auf seiner Schutzgüter vorliegen und sofern die Erreichung Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen zur des Zwecks der Maßnahme auf andere Weise technischen und organisatorischen Umsetzung aussichtlos oder wesentlich erschwert wäre. von Überwachungsmaßnahmen in den jeweils geltenden Fassungen. Hinsichtlich der Entschädigung (2) SS 14 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. gilt SS 13 Abs. 6 Satz 4 entsprechend. SS 18 SS 15 Einsatz technischer Mittel Identifizierung und Lokalisierung zur Wohnraumüberwachung von mobilen Telekommunikationsendgeräten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Rahmen (1) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 der Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 zur Abwehr darf die Verfassungsschutzbehörde unter den einer dringenden Gefahr für die öffentliche Voraussetzungen des SS 3 Abs. 1 des Artikel Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr 10-Gesetzes technische Mittel zur Ermittlung oder einer Lebensgefahr, verdeckte technische 162 Mittel zur heimlichen optischen und akusgeführt werden, soweit nicht aufgrund tatsächtischen Überwachung und Aufzeichnung in licher Anhaltspunkte, insbesondere hinsichtlich Wohnungen einsetzen, sofern die Erforschung der Art der überwachten Räumlichkeit und des des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos Verhältnisses der überwachten Personen zueinanoder wesentlich erschwert wäre. Eine Maßnahme der, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung nach Satz 1 ist auch gegenüber einer Person Daten erhoben werden, die dem Kernbereich zulässig, wenn Tatsachen über deren individuprivater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Die elles Verhalten die konkrete Wahrscheinlichkeit Maßnahme ist unverzüglich zu unterbrechen, begründen, dass sich innerhalb eines übersoweit sich während der Überwachung tatsächliche schaubaren Zeitraums eine von ihr ausgehende, Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte oder in Satz 1 genannte Gefahr realisieren wird. Handlungen erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Für (2) Die Maßnahme ist auch zulässig, wenn sie die Entscheidung über die Verwertbarkeit dieser ausschließlich zum Schutz der dort für den Daten gilt SS 3a Satz 3 bis 6 Artikel 10-Gesetz in Verfassungsschutz tätigen Personen erforVerbindung mit SS 2 Abs. 3 des Landesgesetzes zur derlich erscheint und von der Leitung der parlamentarischen Kontrolle von Beschränkungen Verfassungsschutzbehörde angeordnet ist. des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (3) Die Maßnahme darf nur in Wohnungen von entsprechend. Ist die Überwachung nach Satz 2 Personen durchgeführt werden, gegen die aufunterbrochen worden, darf sie unter den in Satz 1 grund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht genannten Voraussetzungen fortgeführt werden. von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 (7) Ein Eingriff in ein nach den SSSS 53 und 53a StPO besteht. Wohnungen anderer Personen dürfen geschütztes Vertrauensverhältnis ist unzulässig. nur überwacht werden, wenn Tatsachen die SS 3b Abs. 2 Artikel 10-Gesetz gilt entsprechend. Annahme rechtfertigen, dass sich eine Person Satz 1 findet keine Anwendung, sofern Tatsachen nach Satz 1 dort aufhält und die Überwachung der die Annahme rechtfertigen, dass die zeugnisverWohnung allein dieser Person zur Erforschung des weigerungsberechtigte Person selbst im Verdacht Sachverhalts nicht Erfolg versprechend erscheint. von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 steht. (4) Die Maßnahme nach Absatz 1 darf auf Antrag der Leitung der Verfassungsschutzbehörde SS 19 nur durch ein Gericht angeordnet werden. Besondere Bestimmungen für Maßnahmen nach SS 18 (5) Die Anordnung ergeht schriftlich. Sie muss die zu überwachende Wohnung und die Person, gegen (1) Daten aus dem Kernbereich privater die sich die Maßnahme richtet, so genau bezeichLebensgestaltung oder aus Eingriffen entgegen nen, wie dies nach den zur Zeit der Anordnung vorSS 18 Abs. 7 dürfen vorbehaltlich der Entscheidung handenen Erkenntnissen möglich ist. Art, Umfang nach SS 18 Abs. 6 Satz 3 nicht verwertet werden. und Dauer der Maßnahmen sind bestimmt zu Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu bezeichnen. Die Anordnung ist auf höchstens einen löschen. Die Tatsache der Erfassung der Daten Monat zu befristen. Verlängerungen um jeweils und der Löschung sind zu dokumentieren. Die einen weiteren Monat sind auf Antrag zulässig, Dokumentation ist zu löschen, wenn sie für Zwecke soweit die Voraussetzungen der Anordnung unter einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung nicht Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse mehr erforderlich ist. Soweit die Verarbeitung fortbestehen. In der Begründung der Anordnung von Daten nach SS 18 der gerichtlichen Kontrolle sind die Voraussetzungen und die wesentlichen unterliegt, fällt sie nicht in die Kontrollkompetenz Gründe einzelfallbezogen darzustellen. Liegen der oder des Landesbeauftragten für den die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr Datenschutz und die Informationsfreiheit. vor, so sind die aufgrund der Anordnung ergrif(2) Eine Verwertung der bei einer Maßnahme fenen Maßnahmen unverzüglich zu beenden. nach SS 18 Abs. 2 erlangten Daten für Zwecke der (6) Die Maßnahme darf nur angeordnet und durchAbwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, 163 insbesondere solcher für die freiheitliche demokraso verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur tische Grundordnung, ist zulässig, wenn zuvor die mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgeÜbermittlung auch dieser Daten zulässig; eine stellt worden ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richVerwendung dieser Daten ist unzulässig, worauf terliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. die empfangende Stelle hinzuweisen ist. Über die Übermittlung entscheidet eine Mitarbeiterin (3) Die aus einer Maßnahme nach SS 18 oder ein Mitarbeiter der übermittelnden Stelle, gewonnenen personenbezogenen Daten sind die oder der die Befähigung zum Richteramt zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung durch diese aufrechtzuerhalten. (7) Sind die durch eine Maßnahme nach SS 18 erlangten personenbezogenen Daten zur Erfüllung (4) Die Leitung der Verfassungsschutzbehörde des der Maßnahme zugrunde liegenden Zwecks kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf und für eine etwaige gerichtliche Überprüfung die Kennzeichnung nach Absatz 3 verzichtet wird, der Maßnahme nicht mehr erforderlich, sind sie soweit und solange dies unerlässlich ist, um die unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist aktenGeheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme kundig zu machen. Die Akten sind gesondert nicht zu gefährden und das Gericht zugestimmt aufzubewahren, durch technische und organisahat. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung torische Maßnahmen zu sichern und am Ende bereits vor der Zustimmung getroffen werdes Kalenderjahres, das dem Jahr der Löschung den. Wird die Zustimmung versagt, ist die folgt, zu vernichten. Soweit die Löschung lediglich Kennzeichnung durch die empfangende Stelle für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Maßnahme zurückgestellt ist, dürfen die Daten Behörde hat sie hiervon zu unterrichten. ohne Einwilligung der oder des Betroffenen nur zu diesem Zweck verwendet werden; die Verarbeitung (5) Die Verfassungsschutzbehörde kann nach der Daten ist entsprechend einzuschränken. SS 18 erhobene personenbezogene Daten an öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies zur (8) Die Betroffenen der Maßnahme sind nach Erfüllung von deren Aufgaben unter Beachtung Beendigung zu benachrichtigen, wenn eine des SS 26 Abs. 2 Satz 3 erforderlich ist Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Lässt sich zu diesem 1. zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteiöffentliche Sicherheit, insbesondere einer len, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, untergemeinen Gefahr, einer Lebensgefahr oder einer bleibt die Benachrichtigung so lange, bis eine Gefahrenlage gemäß SS 18 Abs. 1 Satz 2, oder Gefährdung des Zwecks der Maßnahme aus2. zur Verfolgung besonders schwerer geschlossen werden kann. Die Zurückstellung Straftaten nach SS 100b Abs. 2 StPO, der Benachrichtigung bedarf der gerichtlichen soweit die Daten einen konkreten Entscheidung, sofern eine Benachrichtigung Ermittlungsansatz erkennen lassen. nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme erfolgt ist. Über die Dauer der Personenbezogene Daten aus einer optischen weiteren Zurückstellungen, die zwölf Monate Wohnraumüberwachung dürfen nicht für Zwecke jeweils nicht überschreiten dürfen, entscheidet der Strafverfolgung übermittelt werden. Absatz das Gericht. Eine abschließende Entscheidung 2 bleibt unberührt. Der Empfänger darf die kann frühestens fünf Jahre nach Beendigung der übermittelten Daten nur zu dem Zweck verMaßnahme durch das Gericht getroffen werden. wenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (9) Für gerichtliche Entscheidungen ist das (6) Sind mit personenbezogenen Daten, die Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zustänübermittelt werden dürfen, weitere Daten der dig. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet betroffenen oder einer dritten Person in Akten nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung. 164 SS 20 Videoüberwachungen des öffentlich zugängErhebung und Verarbeitung von lichen Raums zugreifen, wenn tatsächliche Daten aus digitalen Medien Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in SS 5 genannten Schutzgüter vorliegen. Die (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung Betreiber haben der Verfassungsschutzbehörde ihrer Aufgaben nach den SSSS 5 und 6 zur Erhebung die relevanten Daten auf Verlangen unverzüglich und Verarbeitung von Daten aus öffentlich zugänglichen digitalen Medien die nach pflichtgemäßem und unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Die Ermessen erforderlichen Maßnahmen treffen, Verfassungsschutzbehörde hat die angeforsoweit nicht Absatz 2 und 3 diese besonders regeln. derten Bildund Tonaufzeichnungen soweit wie möglich nach Datum, Ort und Zeit einzugren(2) Maßnahmen zur nicht verdeckten Erhebung und zen und dies dem Betreiber mitzuteilen. Verarbeitung von Daten, die mithilfe einer Legende unter Ausnutzung des schutzwürdigen Vertrauens (3) Die überlassenen Bildund Tonbandder betroffenen Person in die Identität und aufzeichnungen sind unverzüglich zurückMotivation des Kommunikationspartners durchgezugeben, zu löschen oder zu vernichten, führt werden, sind nur zur Erfüllung von Aufgaben soweit die Voraussetzungen in Absatz 2 nach SS 5 zulässig und bedürfen der Anordnung nicht mehr vorliegen oder die Daten zur durch die Leitung der Verfassungsschutzbehörde. Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. (3) Soweit durch einen verdeckten Zugriff auf SS 22 zugangsgesicherte digitale Medien oder Endgeräte Amtshilfe bei Tarnmaßnahmen auf dem hierfür technisch vorgesehenen Weg Informations-, Kommunikationsund sonstige Die zuständigen öffentlichen Stellen des Landes Inhalte erhoben und verarbeitet werden sollen, und der kommunalen Gebietskörperschaften leiohne selbst Kommunikationsadressat und ohne sten der Verfassungsschutzbehörde für ihre von den an der Kommunikation teilnehmenden Tarnmaßnahmen auf deren Ersuchen unveroder anderen berechtigten Personen hierzu züglich Hilfe. autorisiert zu sein, sind die Bestimmungen des Artikel 10-Gesetzes sowie des Landesgesetzes zur Teil 4 parlamentarischen Kontrolle von Beschränkungen Datenverarbeitung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses entsprechend anzuwenden. SS 23 Verarbeitung personenbezogener Daten SS 21 Zugriff auf Videoüberwachungen (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf des öffentlich zugänglichen Raums zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten verarbeiten, soweit (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 unentgelt1. tatsächliche Anhaltspunkte für den lich auf verfügbare Einrichtungen privater und Verdacht von Bestrebungen oder öffentlicher Betreiber zur Videobeobachtung Tätigkeiten nach SS 5 vorliegen, des öffentlich zugänglichen Raums in Echtzeit 2. dies für die Erforschung und Bewertung zugreifen. Die Betreiber oder die verfügungsbevon Bestrebungen oder Tätigkeiten rechtigten Personen haben den Bediensteten nach SS 5 erforderlich ist, der Verfassungsschutzbehörde auf Verlangen unverzüglich Zutritt zu den Räumlichkeiten, in der 3. dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben sich die Einrichtung befindet, zu gewähren und nach SS 6 erforderlich ist, die Mitbenutzung der Einrichtung zu dulden. 4. dies zur Gewinnung, Erhaltung oder (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Überprüfung der Nachrichtenzugänge Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 5 auf gespeizu Bestrebungen oder Tätigkeiten cherte Bildund Tonaufzeichnungen aus nach SS 5 erforderlich ist, 165 5. dies zum Schutz der Mitarbeiterinnen löschen. Dies gilt nicht, wenn die Löschung und Mitarbeiter, Einrichtungen, nicht oder nur mit einem unvertretbaren Gegenstände und Nachrichtenzugänge der Aufwand möglich ist; in diesem Falle ist die Verfassungsschutzbehörde gegen sicherVerarbeitung der Daten einzuschränken. heitsgefährdende oder geheimdienst(3) Werden personenbezogene Daten mit liche Tätigkeiten erforderlich ist oder Kenntnis der Betroffenen erhoben, ist der 6. die oder der Betroffene eingewilligt hat. Erhebungszweck anzugeben. Betroffene sind auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Personenbezogene Daten in Dateien, die der Auswertung zur Erfüllung der Aufgaben nach (4) Zur Erfüllung der Aufgaben nach SS 5 können den SSSS 5 und 6 dienen, müssen durch Akten personenbezogene Daten zu anderen Zwecken oder andere Datenträger belegbar sein. Zur als denjenigen, zu denen sie erhoben worden Erfüllung von Aufgaben nach SS 6 Abs. 1 Satz 1 sind, weiterverarbeitet werden, wenn mindestens Nr. 1 und 2 sowie Abs. 2 dürfen personenbezovergleichbar bedeutsame Rechtsgüter geschützt gene Daten, die für Zwecke nach SS 5 erhoben werden sollen und die Daten auch für den geänwurden, verarbeitet werden. Im Übrigen muss derten gesetzlichen Zweck hätten erhoben wervorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 die den können. Absatz 1 Satz 5 gilt entsprechend. Verarbeitung personenbezogener Daten der (5) Personenbezogene Daten, die ausschließErfüllung derselben Aufgabe und dem Schutz lich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, derselben Rechtsgüter dienen, welche Gründe der Datensicherung oder zur Sicherstellung für die Erhebung waren. Für die Verwendung von eines ordnungsgemäßen Betriebes einer personenbezogenen Daten, die mit Maßnahmen Datenverarbeitungsanlage verarbeitet werden, nach SS 18 erhoben wurden, müssen im Einzelfall dürfen für andere Zwecke nur insoweit verarTatsachen für eine dringende Gefahr für die beitet werden, als dies zur Abwehr erheblicher öffentliche Sicherheit, insbesondere eine gemeiGefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesonne Gefahr, Lebensgefahr oder eine Gefahrenlage dere für Leib, Leben oder Freiheit einer Person im Sinne des SS 18 Abs. 1 Satz 2 vorliegen. erforderlich ist. Für Daten, die aus Maßnahmen nach SS 18 erlangt wurden, müssen im Einzelfall (2) Daten über Personen, bei denen keine tatTatsachen für eine dringende Gefahr für die sächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, öffentliche Sicherheit, insbesondere eine gemeidass sie selbst Bestrebungen oder Tätigkeiten ne Gefahr, Lebensgefahr oder eine Gefahrenlage nach SS 5 nachgehen oder Verbindungen im Sinne des SS 18 Abs. 1 Satz 2 vorliegen. zu solchen haben (Unbeteiligte), dürfen nur dann verarbeitet werden, wenn SS 24 1. dies für die Erforschung von Bestrebungen Berichtigung, Löschung und Einschränkung oder Tätigkeiten nach SS 5 erforderlich ist, der Verarbeitung personenbezogener Daten 2. die Erforschung des Sachverhaltes (1) Die Verfassungsschutzbehörde hat in auf andere Weise aussichtslos oder Dateien im Sinne des SS 23 Abs. 1 Satz 2 wesentlich erschwert wäre und gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind; sie sind 3. überwiegende schutzwürdige Interessen der zu ergänzen, wenn sie unvollständig sind. betroffenen Person nicht entgegenstehen. Gleiches gilt, wenn sie im Einzelfall feststellt, Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend. Daten dass in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig oder unvollständig sind. Unbeteiligter dürfen auch verarbeitet werden, wenn sie mit zur Erfüllung der Aufgaben nach (2) Die Verfassungsschutzbehörde hat in Dateien den SSSS 5 und 6 erforderlichen Informationen im Sinne des SS 23 Abs. 1 Satz 2 gespeicherte untrennbar verbunden sind. Daten, die für das personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Verständnis der zu verarbeitenden Informationen Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu für die Erfüllung der Aufgaben nach den SSSS 5 166 und 6 nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung von Minderjährigen vor Vollendung des 16. unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, Lebensjahres dürfen nach den Bestimmungen diedass durch sie schutzwürdige Interessen von ses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder Betroffenen beeinträchtigt würden. Die den zu zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. löschenden personenbezogenen Daten entspre(5) Eine Vernichtung von Akten erfolgt chenden Akten oder Aktenbestandteile sind zu vernicht, wenn sie nach den Bestimmungen des nichten, wenn eine Trennung von anderen Daten, Landesarchivgesetzes (LArchG) vom 5. Oktober die zur Erfüllung der Aufgaben nach den SSSS 5 und 6 weiterhin erforderlich sind, mit vertretbarem 1990 (GVBl. S. 277), zuletzt geändert durch Gesetz Aufwand möglich ist. Absatz 5 Satz 1 bleibt unbevom 11. Februar 2020 (GVBl. S. 42), BS 224-10, rührt. Satz 2 bis Satz 4 gilt entsprechend für sondem Landesarchiv zur Übernahme anzubieten und stige Akten, wenn die Verfassungsschutzbehörde zu übergeben sind. Die Beschränkung der Sperrfrist die Voraussetzungen nach Satz 1 im Einzelfall in SS 3 Abs. 3 Satz 5 LArchG kann aufgehoben werfeststellt. Die Verarbeitung personenbezoden, soweit die für den Verfassungsschutz zustängener Daten ist einzuschränken, sofern trotz dige Ministerin oder der für den Verfassungsschutz des Vorliegens für deren Voraussetzungen eine zuständige Minister erklärt, dass das Löschung nach Satz 2 oder eine Vernichtung Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl nach Satz 3 bis Satz 5 nicht vorzunehmen ist. des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. Eine Entscheidung über die Aufhebung der (3) Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Beschränkung ergeht im Einvernehmen mit der Einzelfallbearbeitung und nach von ihr festzufür das Archivwesen zuständigen Ministerin oder setzenden Fristen, in den Fällen des SS 5 Satz 1 dem für das Archivwesen zuständigen Minister. Nr. 2 und des SS 6 spätestens nach fünf Jahren und in den Fällen des SS 5 Satz 1 Nr. 1, 3 und 4 SS 25 spätestens nach drei Jahren, ob in Dateien im Informationsübermittlung Sinne des SS 23 Abs. 1 Satz 2 gespeicherte peran die Verfassungsschutzbehörde sonenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespeicherte personenbezogene (1) Die öffentlichen Stellen des Landes und der Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten nach kommunalen Gebietskörperschaften übermitSS 5 Satz 1 Nr. 1, 3 und 4 sind spätestens zehn teln von sich aus der Verfassungsschutzbehörde Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeiInformationen, soweit nach ihrer Beurteilung tatcherten relevanten Information zu löschen, es sei sächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass denn, die Leitung der Verfassungsschutzbehörde diese für die Erfüllung der Aufgaben nach SS 5 stellt im Einzelfall fest, dass die weitere erforderlich sind. Speicherung zur Erfüllung der Aufgaben nach (2) Die Verfassungsschutzbehörde kann über alle den SSSS 5 und 6 oder zur Wahrung schutzwürAngelegenheiten, deren Kenntnis zur Erfüllung ihrer diger Interessen Betroffener erforderlich ist. Aufgaben nach den SSSS 5 und 6 erforderlich ist, von (4) Die in Dateien oder zu ihrer Person geführten den öffentlichen Stellen des Landes und den komAkten gespeicherten Daten über Minderjährige munalen Gebietskörperschaften Informationen vor Vollendung des 14. Lebensjahres sind späteund die Vorlage von Unterlagen verlangen. Das stens nach zwei Jahren zu löschen, es sei denn, Ersuchen braucht nicht begründet zu werden; die dass weitere Erkenntnisse nach SS 5 angefallen Verfassungsschutzbehörde trägt die Verantwortung sind. Ab Vollendung des 14. Lebensjahres sind die für dessen Rechtmäßigkeit. Ein Ersuchen soll nur in Dateien oder zu ihrer Person geführten Akten dann gestellt werden, wenn die Informationen gespeicherten Daten nach zwei Jahren auf die nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es die Betroffenen stärker belastende Maßnahme sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit erhoben werden können. Die ersuchten Stellen weitere Erkenntnisse nach SS 5 angefallen sind. haben die verlangten Informationen unverzüglich Personenbezogene Daten über das Verhalten und unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. 167 (3) Bestehen nur allgemeine, nicht auf konkrete schreiben, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben Fälle bezogene tatsächliche Anhaltspunkte nach nach SS 5 erforderlich ist. Eine polizeiliche SS 5 , so kann die Verfassungsschutzbehörde die Aufgabenwahrnehmung wird dadurch nicht Übermittlung von Informationen einschließveranlasst. Die Polizei übermittelt Erkenntnisse lich personenbezogener Daten von öffentlizum Antreffen der Person oder Feststellen des chen Stellen des Landes und der kommunalen Kraftfahrzeugs an die Verfassungsschutzbehörde. Gebietskörperschaften nur verlangen, soweit dies Die Ausschreibung ist gegenüber der betroferforderlich ist zur Aufklärung von Tätigkeiten fenen Person sowie Dritten geheim zu halten. nach SS 5 Satz 1 Nr. 2 sowie von Bestrebungen und Die Maßnahme nach Satz 1 darf nur durch die Tätigkeiten, die durch Anwendung von Gewalt oder Leitung der Verfassungsschutzbehörde angeorddarauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen net werden. Die Maßnahme ist auf höchstens die Schutzgüter nach SS 5 Satz 1 Nr. 1, Nr. 3 oder sechs Monate zu befristen. Die Verlängerung der Nr. 4 gerichtet sind. Die Verfassungsschutzbehörde Maßnahme um jeweils nicht mehr als denselben kann auch Einsicht in die amtlichen Dateien Zeitraum ist zulässig, sofern die Voraussetzungen und sonstigen Informationsbestände nehmen, der Anordnung weiterhin vorliegen. Liegen die soweit dies zur Aufklärung der in Satz 1 genannVoraussetzungen für die Ausschreibung nicht ten Tätigkeiten oder Bestrebungen zwingend mehr vor, ist der Zweck der Maßnahme erreicht erforderlich ist und durch eine andere Art der oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, Übermittlung der Zweck der Maßnahme gefährdet ist die Ausschreibung unverzüglich zu löschen. oder Betroffene unverhältnismäßig beeinträchtigt würden. Die Übermittlung personenbezogener (7) Vorschriften zur Informationsübermittlung Daten ist auf Name, Anschrift, Tag und Ort an die Verfassungsschutzbehörde nach der Geburt, Staatsangehörigkeit sowie auf im anderen Gesetzen bleiben unberührt. Einzelfall durch die Verfassungsschutzbehörde festzulegende Merkmale zu beschränken. SS 26 Informationsübermittlung (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten, durch die Verfassungsschutzbehörde die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100a StPO bekannt geworden sind, ist für Zwecke der (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf an Aufgabenerfüllung nach diesem Gesetz nur dann öffentliche Stellen personenbezogene Daten zur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür Erfüllung von Aufgaben im Sinne der SSSS 5 und bestehen, dass jemand eine der in SS 3 Abs. 1 des 6 übermitteln, soweit gesetzlich nichts anderes Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, bestimmt ist. Die empfangende Stelle darf perbegeht oder begangen hat. Auf deren Verwertung sonenbezogene Daten nur zu dem Zweck verardurch die Verfassungsschutzbehörde findet SS 4 des beiten, zu dem sie ihr übermittelt wurden, soweit Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. gesetzlich nichts anderes bestimmt ist und eine von der Verfassungsschutzbehörde mitgeteilte (5) Die Verfassungsschutzbehörde darf anstelle Verarbeitungsbeschränkung nicht entgegensteht. eines Verlangens nach Absatz 2 oder SS 18 Abs. 3 Satz 2 BVerfSchG automatisierte Abrufver(2) Für andere Aufgaben darf die Verfassungsfahren nutzen, soweit die Nutzung eines schutzbehörde, soweit gesetzlich nichts automatisierten Abrufverfahrens durch die anderes bestimmt ist, personenbezogene Verfassungsschutzbehörden und das diesbeDaten, welche mit nachrichtendienstlichen zügliche Verfahren ausdrücklich gesetzlich Mitteln erhoben wurden, nur übermitteln an geregelt sind. Die Einrichtung eines automati1. die Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte sierten Abrufverfahrens wird von der Leitung im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabder Verfassungsschutzbehörde angeordnet. kommens zu dem Abkommen zwischen den (6) Die Verfassungsschutzbehörde kann Personen Parteien des Nordatlantikvertrages über sowie die von ihr benutzten oder eingesetzten die Rechtstellung ihrer Truppen hinsichtKraftfahrzeuge zur Mitteilung über das Antreffen lich der in der Bundesrepublik Deutschland in dem polizeilichen Informationssystem ausstationierten ausländischen Truppen vom 168 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183 - wurden, darf die Verfassungsschutzbehörde an 1218 -), geändert durch Abkommen vom öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies für 18. März 1993 (BGBl. 1994 II S. 2594), die Aufgabenwahrnehmung der empfangenden Stelle oder zum Schutz von Mitarbeiterinnen 2. die Staatsanwaltschaften und die und Mitarbeitern erforderlich ist. Polizeibehörden zur Verfolgung von Staatsschutzdelikten, den in SS 100a StPO (4) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt und SS 131 des Strafgesetzbuches genannAuskunft einschließlich personenbezogener ten Straftaten und sonstigen Straftaten Daten aus vorhandenen Datenbeständen über im Rahmen der organisierten Kriminalität; gerichtsverwertbare Tatsachen in den Fällen Staatsschutzdelikte sind die in den SSSS 74a und der Mitwirkung im Sinne von SS 6 Abs. 2 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genann(5) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbeten Straftaten sowie sonstige Straftaten, zogene Daten an ausländische Nachrichtendienste bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des angrenzender Staaten, an andere ausländische Motivs der Täterin oder des Täters oder der öffentliche Stellen sowie an überund zwiVerbindung zu einer Organisation tatsächschenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die liche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Übermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchst. den SSSS 5 und 6 oder zur Wahrung erheblicher b oder Buchst. c des Grundgesetzes (GG) Sicherheitsinteressen der empfangenden Stelle genannten Schutzgüter gerichtet sind, erforderlich ist. Die Übermittlung an ausländische 3. die Polizeibehörden, soweit sie gefahrenabNachrichtendienste geschieht im Einvernehmen wehrend tätig sind, wenn dies zur Erfüllung der mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Sie Aufgaben der empfangenden Stelle erforderlich unterbleibt in allen Fällen, in denen auswärtiist und die Übermittlung der Abwehr einer im ge Belange der Bundesrepublik Deutschland Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr oder oder überwiegende schutzwürdige Interessen der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten Betroffener entgegenstehen. Die Übermittlung ist von erheblicher Bedeutung gemäß SS 28 Abs. aktenkundig zu machen. Die empfangende Stelle 3 des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten in der Fassung vom 10. November 1993 personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck genutzt werden dürfen, zu dem sie ihr übermittelt (GVBl. S. 595), zuletzt geändert durch Artikel wurden und sich die Verfassungsschutzbehörde 1 des Gesetzes vom 22. September 2017 vorbehält, Auskunft über die Nutzung der (GVBl. S. 237), BS 2012-1, dient, oder personenbezogenen Daten zu verlangen. 4. andere öffentliche Stellen, wenn die empfan(6) Personenbezogene Daten dürfen an nichtöfgende Stelle die Daten zum Schutz der freifentliche Stellen nur übermittelt werden, wenn dies heitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für erhebliche Zwecke der öffentlichen 1. zum Schutz der freiheitlichen demokratiSicherheit sowie des Jugendschutzes benötigt. schen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland Eine Datenübermittlung ist auch zulässig zum oder eines ihrer Länder oder zur Gewährleistung Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der der Sicherheit von lebensoder verteidivorgenannten Stellen. Die Übermittlung ist in gungswichtigen Einrichtungen im Sinne des den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 nur zulässig, Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes , wenn der mit der Verarbeitung der übermittelten personenbezogenen Daten beim Datenempfänger 2. zur Abwehr sicherheitsgefährdender oder verfolgte Zweck eine Neuerhebung durch die geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine empfangende Stelle mit vergleichbaren Mitteln fremde Macht, rechtfertigen würde. Absatz 5 bleibt unberührt. 3. zum Schutz der Volkswirtschaft vor sicherheits(3) Personenbezogene Daten, welche nicht gefährdenden oder geheimdienstlichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben Tätigkeiten oder vor der planmäßigen 169 Unterwanderung von Wirtschaftsunternehmen SS 28 durch die in SS 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Besondere Pflichten bei der Übermittlung 3 genannten Bestrebungen oder personenbezogener Daten 4. zum Schutz von Leib, Leben, Freiheit einer (1) Erweisen sich personenbezogene Daten nach Person erforderlich ist. Die Übermittlung ihrer Übermittlung nach den Bestimmungen bedarf der Zustimmung der Leitung der dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, Verfassungsschutzbehörde. Sie ist aktenkundig so sind sie unverzüglich gegenüber der empzu machen. Die empfangende Stelle ist darauf fangenden Stelle zu berichtigen, es sei denn, hinzuweisen, dass die übermittelten personenhierfür besteht keine sachliche Notwendigkeit. bezogenen Daten nur zu dem Zweck genutzt Die Berichtigung ist zu vermerken. werden dürfen, zu dem sie ihr übermittelt wur(2) Die empfangende Stelle prüft, ob die nach den den, und dass die Verfassungsschutzbehörde Bestimmungen dieses Gesetzes übermittelten sich vorbehält, Auskunft über die Verarbeitung personenbezogenen Daten für die Erfüllung ihrer der personenbezogenen Daten zu verlangen. Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, (7) Bei der Übermittlung von Informationen dass sie nicht erforderlich sind, hat sie die an die Öffentlichkeit nach SS 7 Abs. 2 dürfen Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann auch personenbezogene Daten bekannt gegeunterbleiben, wenn die Trennung von anderen ben werden, wenn die Bekanntgabe für das personenbezogenen Daten, die zur Erfüllung Verständnis des Zusammenhangs oder der der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur Darstellung von Bestrebungen und Tätigkeiten mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in nach SS 5 erforderlich ist und das öffentliche diesem Fall ist die Verarbeitung der personenInteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige bezogenen Daten insoweit einzuschränken. Interesse der betroffenen Person überwiegt. SS 29 (8) Vorschriften zur Informationsübermittlung Auskunft an Betroffene durch die Verfassungsschutzbehörde nach anderen Gesetzen bleiben unberührt. (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt Betroffenen über zu ihrer Person in Akten und SS 27 Dateien im Sinne des SS 23 Abs. 1 Satz 2 gespeiÜbermittlungsverbote cherte Daten sowie über den Zweck und die Rechtsgrundlage für deren Verarbeitung auf Antrag Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unentgeltlich Auskunft. Die Auskunftsverpflichtung nach den SSSS 25 und 26 unterbleibt, soweit erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und auf die empfangende Stelle bei Übermittlungen. 1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, Über personenbezogene Daten in nichtautomadass die schutzwürdigen Interessen der tisierten Dateien und Akten, die nicht zur Person betroffenen Person das Allgemeininteresse von Betroffenen geführt werden, ist Auskunft an der Übermittlung überwiegen, nur zu erteilen, soweit Angaben gemacht wer2. überwiegende Sicherheitsinteressen den, die ein Auffinden der personenbezogenen dies erfordern, insbesondere der Schutz Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen. von Nachrichtenzugängen und opeEin Recht auf Akteneinsicht besteht nicht. rativen Maßnahmen oder sonstige (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit Geheimhaltungsgründe entgegenstehen oder 1. durch sie eine Gefährdung der Aufgaben3. besondere gesetzliche Übermittlungserfüllung zu besorgen ist, regelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheim2. durch sie Nachrichtenzugänge gefährdet haltungspflichten oder von Berufsoder besonsein können oder die Ausforschung des deren Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzErkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der lichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. Verfassungsschutzbehörde zu befürchten ist, 170 3. sie die öffentliche Sicherheit gefährden in bestimmten Bereichen zu kontrollieren und oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines ausschließlich ihr darüber zu berichten. Landes Nachteile bereiten würde oder (2) Zur Ausübung der Kontrolle ist der oder dem 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung Landesbeauftragten für den Datenschutz und nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der die Informationsfreiheit auf Verlangen Zutritt überwiegenden berechtigten Interessen zu den Diensträumen zu gewähren. Ihr oder ihm Dritter geheimgehalten werden müssen. ist ferner Auskunft zu erteilen und Einsicht in alle Dateien, Akten und sonstige Unterlagen zu Die Entscheidung trifft die Leitung der gewähren, soweit nicht die fachlich zuständige Verfassungsschutzbehörde oder eine von dieMinisterin oder der fachlich zuständige Minister ser hierzu besonders beauftragte Person. im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit (3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf des Bundes oder eines Landes gefährdet wird. keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck (3) Die Befugnis nach Absatz 2 erstreckt sich der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die auf Weisung und unter der Aufsicht der oder Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktendes Landesbeauftragten für den Datenschutz kundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung und die Informationsfreiheit auch auf deren abgelehnt, sind Betroffene auf die Rechtsgrundlage oder dessen Bedienstete, soweit für diefür das Fehlen der Begründung und darauf hinse eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung zuweisen, dass sie sich an die Landesbeauftragte mit Sicherheitsermittlungen nach SS 12 des oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes vom und die Informationsfreiheit wenden können. 8. März 2000 (GVBl. S. 70, BS 12-3) in der jeweils Mitteilungen der oder des Landesbeauftragten geltenden Fassung durchgeführt worden ist. für den Datenschutz und die Informationsfreiheit an Betroffene dürfen keine Rückschlüsse auf den Teil 5 Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde Parlamentarische Kontrolle zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zugestimmt hat. SS 31 Parlamentarische Kontrollkommission SS 30 (1) Die Landesregierung unterliegt hinsichtlich der Datenschutzkontrolle Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde der parla(1) Der oder dem Landesbeauftragten für den mentarischen Kontrolle durch die Parlamentarische Datenschutz und die Informationsfreiheit obliegt Kontrollkommission. Die Rechte des Landtags, seidie Kontrolle der Einhaltung datenschutzrechtner Ausschüsse und der nach dem Landesgesetz zur licher Bestimmungen aus diesem Gesetz sowie parlamentarischen Kontrolle von Beschränkungen aus anderen für die Verfassungsschutzbehörde des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses geltenden Gesetzen. Soweit die Einhaltung gebildeten Kommission bleiben unberührt. von Bestimmungen der Kontrolle durch die (2) Der Landtag bestimmt zu Beginn jeder Kommission nach SS 31 oder durch die nach Wahlperiode die Zahl der Mitglieder der dem Landesgesetz zur parlamentarischen Parlamentarischen Kontrollkommission und Kontrolle von Beschränkungen des Brief-, ihre Zusammensetzung. Er wählt die Mitglieder Postund Fernmeldegeheimnisses gebildete der Parlamentarischen Kontrollkommission aus Kommission unterliegt, unterliegt sie nicht seiner Mitte. Gewählt ist, wer die Stimmen der der Kontrolle durch die Landesbeauftragte Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich veroder den Landesbeauftragten, es sei denn, eint. Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder die betreffende Kommission ersucht die aus seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten, Landesregierung, verliert es seine Mitgliedschaft die Einhaltung der Bestimmungen über den in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Datenschutz bei bestimmten Vorgängen oder Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues 171 zu wählen. Das Gleiche gilt, wenn aus sonstigen SS 33 Gründen ein Mitglied aus der Parlamentarischen Unterrichtungspflicht der Landesregierung Kontrollkommission ausscheidet. (1) Die Landesregierung unterrichtet die (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt Parlamentarische Kontrollkommission im die Kontrolle auch über das Ende der Wahlperiode Abstand von höchstens sechs Monaten hinaus so lange aus, bis der nachfolgende Landtag umfassend über die allgemeine Tätigkeit der die Mitglieder gemäß Absatz 2 gewählt hat. Verfassungsschutzbehörde. Über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichtet sie unver(4) In ihrer konstituierenden Sitzung wählt die züglich. Auf Verlangen eines Mitglieds hat sie Parlamentarische Kontrollkommission eine auch über sonstige Vorgänge zu berichten. Vorsitzende oder einen Vorsitzenden sowie deren oder dessen Vertreterin oder Vertreter (2) Die Unterrichtung umfasst auch die und gibt sich eine Geschäftsordnung. Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach SS 12 und die Einholung von SS 32 Auskünften nach SS 13 Abs. 1 bis 4. Es ist Beratungen ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission soll durchgeführten Maßnahmen zu geben. mindestens alle drei Monate zusammentreten. Darüber hinaus hat die oder der Vorsitzende die (3) Über den nach SSSS 10 und 11 erfolgten Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Parlamentarische Kontrollkommission unverzügsowie Vertrauenspersonen, den erfolgten Einsatz lich einzuberufen, wenn es eines ihrer Mitglieder technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung oder die Verfassungsschutzbehörde verlangt. nach SS 18 Abs. 1 und, soweit gemäß SS 19 Abs. (2) Die Beratungen der Parlamentarischen 2 richterlich überprüfungsbedürftig, nach SS Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder 18 Abs. 2 unterrichtet die Landesregierung der Kommission sowie das Personal der den Landtag jährlich. Die parlamentarische Geschäftsstelle nach SS 36 sind zur Geheimhaltung Kontrollkommission übt auf der Grundlage dieses sämtlicher Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. hinsichtlich der Tätigkeit der Parlamentarischen (4) Die übrigen in diesem Gesetz geregelten Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies Unterrichtungspflichten bleiben unberührt. gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden. (3) Absatz 2 gilt nicht für Bewertungen bestimmSS 34 ter Vorgänge durch die Parlamentarische Besondere Kontrollbefugnisse Kontrollkommission, wenn ein erhebliches (1) Im Rahmen ihres Kontrollrechts ist den öffentliches Interesse an der Veröffentlichung Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollnaheliegt und eine Mehrheit von mindestens kommission auf ihr Verlangen Einsicht in zwei Dritteln ihrer Mitglieder nach Anhörung Akten, Schriftstücke oder Dateien der der Landesregierung in die Veröffentlichung der Verfassungsschutzbehörde zu gewähren. Bewertung eingewilligt hat. Den die Bewertung nicht stützenden Kommissionsmitgliedern ist (2) Den Mitgliedern der Parlamentarischen es erlaubt, der Kommission eine abweichende Kontrollkommission ist jederzeit Zutritt zur Bewertung vorzulegen, die zu veröffentlichen ist. Verfassungsschutzbehörde zu gewähren. (4) Soweit für die jeweiligen Bewertungen (3) Die Mitglieder der Parlamentarischen eine Sachverhaltsdarstellung unerlässlich Kontrollkommission können Angehörige der ist, ist den Belangen des Geheimschutzes Verfassungsschutzbehörde sowie das für die unter Berücksichtigung der Maßgaben des Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde zustänSS 35 Abs. 2 Satz 1 Rechnung zu tragen. dige Mitglied der Landesregierung befragen. 172 (4) Zur Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben oder der die Befähigung zum Richteramt besitzt. kann die Parlamentarische Kontrollkommission Die Leiterin oder der Leiter der Geschäftsstelle mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer sowie das weitere zugeordnete Personal Mitglieder nach Anhörung der Landesregierung werden im Auftrag der Parlamentarischen im Einzelfall eine sachverständige Person mit Kontrollkommission tätig und sind insoweit einer bestimmt zu bezeichnenden Untersuchung nur dieser unterstellt. Vor der Aufnahme seibeauftragen. Die oder der Sachverständige hat der ner Tätigkeit in der Geschäftsstelle ist für das Parlamentarischen Kontrollkommission über das Personal eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung Ergebnis der Untersuchungen zu berichten. SS 32 mit Sicherheitsermittlungen nach SS 12 des Abs. 2, SS 34 Abs. 1 und 2, SS 34 Abs. 3 Alternative 1 Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes vom und SS 35 gelten entsprechend. SS 36 Satz 5 gilt ent8. März 2000 (GVBl. S. 70, BS 12-3) in der sprechend, soweit im Zuge der Untersuchung vorjeweils geltenden Fassung durchzuführen. gesehen ist, dass von der sachverständigen Person geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände SS 37 oder Erkenntnisse zur Kenntnis genommen werden. Eingaben (1) Angehörigen der Verfassungsschutzbehörde ist SS 35 es gestattet, sich in dienstlichen Angelegenheiten, Umfang der Unterrichtungspflicht jedoch nicht im eigenen oder im Interesse anderer (1) Die Verpflichtung der Landesregierung Angehöriger dieser Behörde, ohne Einhaltung des zur Unterrichtung nach diesem Gesetz Dienstweges unmittelbar an die Parlamentarische erstreckt sich nur auf Informationen und Kontrollkommission zu wenden. Wegen der Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung Tatsache der Eingabe dürfen sie dienstlich weder der Verfassungsschutzbehörde unterliegen. gemaßregelt oder sonst benachteiligt werden. Die Parlamentarische Kontrollkommission über(2) Soweit es aus zwingenden Gründen des mittelt die Eingaben der Landesregierung zur Nachrichtenzugangs oder aus Gründen des Stellungnahme. Den Namen der mitteilenden Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter Person gibt sie nur bekannt, soweit dies zur notwendig ist oder der Kernbereich exekutiAufklärung des Sachverhalts erforderlich scheint. ver Eigenverantwortung betroffen ist, kann die Landesregierung sowohl die Unterrichtung nach (2) An den Landtag gerichtete Eingaben von SS 33 als auch die Erfüllung von Verlangen nach Bürgerinnen und Bürgern über ein sie betrefSS 34 Abs. 1 verweigern sowie den in SS 34 Abs. 3 fendes Verhalten der Verfassungsschutzbehörde genannten Personen die Erteilung der Auskunft sind der Parlamentarischen Kontrollkommission untersagen. Macht die Landesregierung hiervon zur Kenntnis zu geben. Gebrauch, hat sie dies der Parlamentarischen Kontrollkommission gegenüber zu begründen. SS 38 Bericht SS 36 Die Parlamentarische Kontrollkommission Geschäftsstelle erstattet dem Landtag möglichst in der Mitte Der Parlamentarischen Kontrollkommission und am Ende jeder Wahlperiode Bericht über wird eine beim Landtag gesondert einzurichihre Kontrolltätigkeit. Über die Einholung von tende Geschäftsstelle zugeordnet. Aufgabe Auskünften nach SS 13 Abs. 1 bis 4 berichtet der Geschäftsstelle ist es, die Tätigkeit der die Parlamentarische Kontrollkommission dem Parlamentarischen Kontrollkommission zu Landtag jährlich. Der Bericht enthält Angaben koordinieren und sie in der Ausübung ihrer zur Durchführung der Maßnahmen sowie Art, Kontrollbefugnisse zu unterstützen. Sie wird von Umfang und Anordnungsgründen. Dabei sind einer Beamtin oder einem Beamten geleitet, die die Grundsätze des SS 32 Abs. 2 zu beachten. 173 Teil 6 22. September 2017 (GVBl. S. 237), BS 2012-1, Schlussbestimmungen wird wie folgt geändert: SS 39 SS 29 Abs. 8 Satz 3 erhält folgende Fassung: Geltung des Landesdatenschutzgesetzes "SS 31 Abs. 1 Satz 2, SS 31Abs. 2 bis 4 und SS 32 Abs. 2 und 3 des Landesverfassungsschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach den SSSS 5 gelten entsprechend." und 6 durch die Verfassungsschutzbehörde findet das Landesdatenschutzgesetz (LDSG) vom 8. Mai SS 43 2018 (GVBl. S. 93, BS 204-1) keine Anwendung. Inkrafttreten Die SSSS 14 , 15 , 27 , 33 Abs. 1 bis 4 , 34 , 35 , 37 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Abs. 1 bis 4 , 38 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 , 39 , 42 Verkündung in Kraft. Abs. 1 , 51 , 53 LDSG gelten entsprechend. (2) Gleichzeitig tritt das LandesverfassungsSS 40 schutzgesetz vom 6. Juli 1998 (GVBl. S. 184), Einschränkung von Grundrechten zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 461), Aufgrund dieses Gesetzes können das Grundrecht BS 12-2, außer Kraft. auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 GG und Mainz, den 11. Februar 2020 Artikel 4 a der Verfassung für Rheinland-Pfalz, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 GG und Artikel 7 der Verfassung für Rheinland-Pfalz sowie das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 10 GG und Artikel 14 der Verfassung für Rheinland-Pfalz eingeschränkt werden. SS 41 Änderung des Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes Das Landessicherheitsüberprüfungsgesetz vom 8. März 2000 (GVBl. S. 70), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 461), BS 12-3, wird wie folgt geändert: SS 4 Abs. 3 erhält folgende Fassung: "(3) Mitwirkende Behörde bei der Sicherheitsüberprüfung ist die Verfassungsschutzbehörde im Sinne des SS 2 des Landesverfassungsschutzgesetzes (LVerfSchG) vom 11. Februar 2020 (GVBl. S. 43), BS 12-2; sie wird nur auf Ersuchen der zuständigen Stelle tätig." SS 42 Änderung des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes Das Polizeiund Ordnungsbehördengesetz in der Fassung vom 10. November 1993 (GVBl. S. 595), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 174 Hinweis: Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums des Innern und für Sport herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags-, Kommunaloder Europawahlen. Missbräuchlich ist während dieser Zeit insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschriften zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. 175 Impressum Herausgeber: Ministerium des Innern und für Sport Schillerplatz 3 - 5 55116 Mainz Satz: Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz Druck: PRINZ-DRUCK Media GmbH & Co. KG Der Verfassungsschutzbericht 2018 ist auch über das Internet abrufbar unter: www.verfassungsschutz.rlp.de ISSN 0948-8723 176 MINISTERIUM DES INNERN UND FÜR SPORT Schillerplatz 3-5 55116 Mainz Telefon: 06131/16-3773 www.verfassungsschutz.rlp.de