VERFASSUNGSSCHUTZ R H E I N L A N D - P F A L Z Rheinland-Pfalz Ministerium des Innern und für Sport 6500 Mainz, Schillerplatz 3-5 Tätigkeitsbericht 1991 des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes - 2 - Vorwort: Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz gibt an Stelle der bisherigen Jahresberichte nunmehr erstmals einen Tätigkeitsbericht heraus, der künftig jährlich erscheinen wird. Dieser Bericht dient in erster Linie als Informationsgrundlage für die Landesund Kommunalbehörden. Er soll aber auch eine Entscheidungshilfe sein für das Erkennen von verfassungsfeindlichen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen "vor Ort". Da derartige Aktivitäten von ihren Trägern oft konspirativ und somit für den neutralen Beobachter nicht offenkundig betrieben werden, ist eine sachgerechte und regelmäßige Berichterstattung hierüber gerade für die einzelnen Behördenstufen von hohem Informationswert. Auf diese Weise werden auch die Voraussetzungen geschaffen, den Verfassungsschutz über im örtlichen Bereich festgestellte Wahrnehmungen zu unterrichten und ihm die weitere fachmännische Bearbeitung zu ermöglichen. Eine solche Informationsübermittlung ist in SS 6 Landesverfassungsschutzgesetz ausdrücklich vorgesehen. Der Verfassungsschutz übt in unserem demokratischen Rechtsstaat die wichtige Funktion eines "Frühwarnsystems" aus, das rechtzeitig auf das Entstehen und die Entwicklung verfassungsfeindlicher Organisationen und Gruppierungen hinweisen soll, von denen ernstzunehmende Gefahren für unser freiheitliches Gemeinwesen ausgehen können. Er unterliegt dabei als Nachrichtendienst--strengen.,.. .-gesetzlichen--Uorraen, so daß Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung des Datenschutzes außer Frage stehen. Der Verfassungsschutz ist bei seiner Aufgabenerfüllung besonders auch auf die Unterstützung aller demokratiebewußten Bürgerinnen und Bürger sowie staatlicher Stellen unseres Landes angewiesen. Er kann seiner wichtigen, sensiblen Aufgabenstellung, rechtzeitig vor verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu warnen, letztlich nur gerecht werden, wenn ihm frühzeitig Anhaltspunkte über solche Machenschaften bekannt werden. - 3 - Der nunmehr vorliegende Tätigkeitsbericht gibt einen komprimierten Überblick über die Aufgaben, Arbeitsweisen und Beoba.chtungsschwerpunkte des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes. Er informiert zudem über die bedeutendsten verfassungsfeindlichen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen, von denen Gefährdungen für die innere Sicherheit unseres Staates ausgehen. Ich wünsche mir, daß der Tätigkeitsbericht des Verfassungsschutzes reges Interesse findet. Walter Zuber Minister des Innern und für Sport - 4 - INHALTSVERZEICHNIS Seite A. Aufgaben und Strukturdaten des Verfassungsschutzes 4 B. Verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen im Überblick 15 C. Kurzdarstellungen von verfassungsfeindlichen Organisationen 25 D. Anhang 48 - 5 - A. Aufgaben und Strukturdaten des Verfassungsschutzes 1. Verfassungsschutz - Grundlagen, Aufgaben, Kontrolle 1.1 Verfassungsschutz - Teil der wehrhaften Demokratie Der Parlamentarische Rat hat sich im Jahre 1948 bei der Schaffung des Grundgesetzes bewußt für eine wertegebundene Verfassung entschieden, die eine freiheitliche demokratische und stabile politische Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland garantieren soll. Mit dieser bis dahin einmaligen Entscheidung in der deutschen Verfassungsgeschichte wurde den schrecklichen Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit Rechnung getragen. Den Gegnern der Weimarer Republik, dem ersten demokratischen Staat auf deutschem Boden, war es gerade 15 Jahre vorher (30. Januar 1933) gelungen, diesen freiheitlichen Staat auf legale Weise zu beseitigen und durch die nationalsozialistische Terrorherrschaft zu ersetzen. Dazu trug wesentlich bei, daß die Weimarer Reichsverfassung von 1919 vom Geiste grenzenloser Toleranz erfüllt war und keinerlei Sperrvorschriften vorsah, die letztlich verhindern konnten, daß eine verfassungsändernde Reichstagsmehrheit in der Lage war, die Demokratie selbst zu beseitigen. So konnte sie von ihren entschiedensten Gegnern, den Nationalsozialisten und--den Kommunisten, -beharrlich ausgehöhlt werden. Im Parlamentarischen Rat war man sich daher über Parteigrenzen hinweg einig, daß der demokratische Rechtsstaat, in dessen Mittelpunkt die Menschenwürde und die Freiheit des Bürgers stehen, nicht schutzlos gegenüber seinen Gegnern sein darf, und prägte deshalb den Begriff der wehrhaften Demokratie. - 6- Zur wehrhaften Demokratie gehören verschiedene wirksame Elemente, die zur Sicherung der fundamentalen Grundsätze unserer freiheitlichen, rechtsstaatlichen Ordnung beitragen. Hierzu zählen verfassungsrechtliche Schranken, die den dauernden Bestand wichtiger Artikel des Grundgesetzes garantieren, wie auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes oder strafrechtliche Bestimmungen. Eines dieser Elemente ist auch der vom Grundgesetz vorgesehene Verfassungsschutz . 1.2 Rechtliche Grundlagen Als Nachrichtendienst steht der Verfassungsschutz naturgemäß in einem Spannungsverhältnis zwischen den individuellen Freiheitsrechten und den Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit. Daher ist gerade hier ein Höchstmaß an Rechtsstaatlichkeit geboten. Dem wird dadurch Rechnung getragen, daß der Verfassungsschutz zu den wenigen staatlichen Einrichtungen gehört, die bereits im Grundgesetz (GG) ausdrücklich genannt sind. Artikel 73 Nr. 10 des GG definiert den Verfassungsschutz als Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. Durch Artikel 87 Abs. 1 GG wird der Bund in die Lage versetzt, eine Zentralstelle zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes einzurichten. Der Bund wie auch--.4-ieLänder --haben -.den-JUiufc-r.ag-.-desGrundgesetzes durch die Schaffung von Verfassungsschutzgesetzen auf Bundesund Landesebene erfüllt. Daneben gibt es eine Reihe spezieller Rechtsund Verwaltungsvorschriften, in denen die Befugnisse und die Kontrolle der Verfassungsschutzbehörden geregelt sind. Die neuen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürigen haben eigene Verfassungsschutzgesetze bereits erlassen; in Brandenburg ist es in Vorbereitung. - 7 - 1.3 Aufbau und Abgrenzung des Verfassungsschutzes Entsprechend dem Aufbau der Bundesrepublik Deutschland ist der Verfassungsschutz föderativ strukturiert. Der Bund hat von der Möglichkeit des Artikels 87 Abs; 1 GG Gebrauch gemacht, und als "Zentralstelle" das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als Bundesoberbehörde geschaffen. Daneben bestehen in den Bundesländern Landesbehörden für Verfassungsschutz als eigenständige Landesoberbehörden (Landesämter für Verfassungsschutz -LfV-) oder als Abteilungen in den Landesinnenministerien. In RheinlandPfalz übt diese Funktion die Abteilung 7 des Ministeriums des Innern und für Sport aus. Der für die Inlandsaufklärung zuständige Verfassungsschutz ist organisatorisch von dem für die Auslandsaufklärung zuständigen Bundesnachrichtendienst (BND) und dem für die Sicherheit in der Bundeswehr zuständigen Militärischen Abschirmdienst (MAD) getrennt. Es gibt auch keine zentrale Institution, in der diese drei Nachrichtendienste der Bundesrepublik Deutschland zusammengefaßt sind. Damit wird verhindert, daß ein "allmächtiger", schwer kontrollierbarer Geheimdienst entsteht. Ein striktes, historisch begründetes Trennungsgebot besteht zwischen dem Verfassungsschutz und der Polizei .--So--ist-gesetzlich geregelt r "daß -Verfassungsschutz und Polizei organisatorisch getrennt sein müssen und keinerlei gegenseitige Weisungsbefugnis haben. Der Verfassungsschutz kann somit die Polizei auch nicht zu Handlungen bewegen, die ihm selbst untersagt sind. So darf er weder Personen kontrollieren 1 In den neuen Bundesländern befinden sich die Verfassungsschutzbehörden im Aufbau. Rheinland-Pfalz unterstützt hierbei sein Partnerland Thüringen. - 8 - noch festnehmen, Wohnungen durchsuchen oder Unterlagen beschlagnahmen. 1.4 Aufgaben des Verfassungsschutzes Nach derDefinition des Grundgesetzes dient der Verfassungsschutz dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Hieraus ergeben sich die in den jeweiligen Verfassungsschutzgesetzen abschließend benannten Aufgaben der Sammlung und Auswertung von Nachrichten über verfassungsfeindliche Bestrebungen (Linksund Rechtsextremismus einschl. -terrorismus), geheimdienstliche Aktivitäten (vornehmlich Spionageabwehr), sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern (Ausländerextremismus einschl. -terrorismus). Neben diesen Beobachtungsaufgaben, die den Arbeitsschwerpunkt des Verfassungsschutzes darstellen, obliegen dem Verfassungsschutz Mitwirkungsaufgaben, bei denen er im Wege des Antragsverfahrens tätig wird. Dies sind -* Überprüf ung-von-Geheimnist-rägern-X-pe-rsoneller Geheimschutz), Überprüfung von Beschäftigten in lebensund verteidigungswichtigen Bereichen (personeller Sabotageschutz), Vgl. hierzu SS 1 Landesverfassungsschutzgesetz RheinlandPfalz. Beratung in materiellen Sicherheitsfragen (materieller Geheimund Sabotageschutz). 1.5 Beobachtung verfassungsfeindlicher Bestrebungen * Nach seinem gesetzlichen Auftrag beobachtet der Verfassungsschutz vor allem verfassungsfeindliche Bestrebungen, die auch als extremistisch bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um Aktivitäten, die darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen, also um politisch motivierte, zweckund zielgerichtete Verhaltensweisen in oder für einen Personenzusammenschluß. Nicht dazu gehören persönliche Meinungsäußerungen und Einstellungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Sie nimmt der Verfassungsschutz nicht zur Kenntnis, solange sie nicht in die Tat umgesetzt werden. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist in unserer Verfassung an verschiedenen Stellen ohne nähere Definierung erwähnt. Das Bundesverfassungsgericht hat 1952 in der Entscheidung über das Verbot der rechtsextremistischen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) ausgeführt, welche Bestandteile die freiheitliche demokratische Grundordnung formen. Sie stellen gleichsam die tragenden Elemente unserer Staatsund Verfassungsordnung dar. Im einzelnen gehören dazu: ...... ,"..".".... " Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, VolksSouveränität, Im Jahre 1956 bestätigte das Bundesverfassungsgericht im Verbotsurteil der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) seine Ausführungen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. - 10 - Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Unabhängigkeit der Gerichte, Mehrparteienprinzip, - Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Es obliegt dem Verfassungsschutz, Auskünfte, Nachrichten und sonstige Unterlagen über Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten, die darauf gerichtet sind, eines der genannten Prinzipien ganz oder teilweise zu beseitigen. Bei seiner Beobachtungstätigkeit hat der Verfassungsschutz somit keinerlei eigene Definitionsmacht. Er ist streng an die Vorgaben unserer Verfassung und des Bundesverfassungsgerichtes gebunden. 1.6 Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes Verfassungsfeindliche Bestrebungen, die von Linksoder Rechtsextremisten bzw. Terroristen ausgehen oder von Ausländern begangen werden, werden in der Regel von Gruppen oder sonstigen Personenzusammenschlüssen verfolgt. Träger solcher Bestrebungen können aber auch Einzelpersonen sein. Soweit solche Bestrebungen nach eingehender Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen--festgestellt---sind,--w-ird die Gruppe oder die Einzelperson zum Beobachtungsobjekt erklärt. Der Verfassungsschutz ist dann befugt, Informationen auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln, d.h. auf geheimem Wege, zu sammeln. Der Einstufung zum Beobachtungsobjekt kann eine befristete Prüfphase (sogenannter Prüffall) vorausgehen, in der der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel regelmäßig nicht zulässig ist. - 11 - 1.7 Arbeitsweise des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz gewinnt seine Nachrichten durch die Sammlung von Informationen entweder aus offenen Quellen oder mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Zu den sogenannten offenen Quellen gehören das gezielte Auswerten von Zeitungen und Zeitschriften sowie von offen erlangbaren Verlautbarungen der Beobachtungsobjekte selbst, Erkundigungen aus öffentlich zugänglichen Karteien und Registern oder die freiwillige Auskunft von Bürgern. Die bisherige Erfahrung zeigt, daß ein überwiegender Teil der Informationen durch solche offenen Quellen gewonnen wird. Das Verschleiern ihrer wahren Ziele und das konspirative Verhalten vieler extremistischer Organisationen oder gegnerischer Nachrichtendienste machen es erforderlich, Informationen auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu sammeln. Denn durch die Auswertung ausschließlich offenen Materials könnte ein unvollständiges oder gar falsches Bild von den verfassungsfeindlichen Absichten der der Beobachtung des Verfassungsschutzes unterliegenden Objekte entstehen. Zu den nachrichtendienstlichen Mitteln gehören u.a. das Anwerben und Führen von Vertrauensleuten in extremistischen Organisationen, die Überwerbung von Agenten im Spionagebereich, die Observation oder das geheime Fotografieren. Bei der Anwendung-.dieser .Mittel ist-..der.~Verfassungsschutz an besonders strenge rechtliche Voraussetzungen gebunden. Dabei hat er in jedem Fall den Grundsatz der Verhaltnismaßikeit zu beachten. So gibt es auch für das geheime Mithören des Telefonverkehrs ein gesetzlich geregeltes Verfahren, mit mehreren voneinander unabhängigen Kontrollinstanzen. Dadurch wird sicher- 1 Vgl. SS 5 Landesverfassungsschutzgesetz Rheinland-Pfalz. - 12 - gestellt, daß in das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses nur eingegriffen werden kann, wenn die im Gesetz genannten strengen Voraussetzungen vorliegen. Die Genehmigung zur zeitlich befristeten Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs kann nur ein parlamentarisches Gremium erteilen, dieses ist in Rheinland-Pfalz die G-10 Kommission des Landtags. Die gewonnenen Informationen wertet der Verfassungsschutz aus, wobei nur relevante und glaubwürdige Inhalte festgehalten werden und als Grundlage für die Berichterstattung dienen. Diese Auswertungstätigkeit ist nämlich nicht Selbstzweck; vielmehr unterrichtet der Verfassungsschutz ständig die politischen Führungsorgane und versetzt sie damit in die Lage, Verfassungsfeinden frühzeitig und gezielt begegnen zu können: Dies kann im Rahmen der geistig-politischen Auseinandersetzung, aber auch in besonderen Fällen durch konkrete Maßnahmen, wie z.B. Vereinsverbote, erfolgen. So führten gerade die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes des Bundes und der Länder schon mehrmals zu Verboten neonazistischer Vereinigungen. Auf diese Weise erfüllt der Verfassungsschutz im Vorfeld einer strafrechtlichen Relevanz die wichtige Aufgabe eines "Frühwarninstruments" für unsere Demokratie. Eine - - Unterr-ichtung..."-.-der--... Strafve-r-folgungsbehörden durch den Verfassungsschutz findet regelmäßig dann statt, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen 2 einer strafbaren Handlung gewonnen werden, so etwa im Rahmen der Terrorismusund Spionagebekämpfung. 1 Vgl. Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz (G 10) vom 13. August 1968 in der Fassung des Gesetzes vom 13. September 1978 (BGBl. I, Seite 1546). 2 Vgl. SS 7 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 Landesverfassungsschutzgesetz. - 13 Der Verfassungsschutz kann allerdings, da für ihn - anders als für die Polizei, die dem Legalitätsgrundsatz der Strafprozeßordnung unterliegt - das sogenannte Opportunitätsprinzip gilt, von einer Unterrichtung absehen, wenn diese die weitere Sachverhaltsklärung verhindern würde. Ausgenommen hiervon sind jedoch die in SS 138 Strafgesetzbuch genannten Straftaten (z.B. geplanter Mord/Totschlag, Landes-/ Hochverrat). Darüber hinaus unterrichtet der Verfassungsschutz regelmäßig die Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen, um (auch) ihr die Möglichkeit zu geben, die Gegner unseres demokratischen Gemeinwesens zu erkennen. 1.8 Kontrolle des Verfassungsschutzes Dem Verfassungsschutz ist es nach der geltenden Gesetzeslage erlaubt, in bestimmte Grundrechte des 2 Burgers einzugreifen. Hierbei ist er an strenge, nicht auslegungsfähige Normen gebunden. Um letztlich eine Gewähr dafür zu bieten, daß die Möglichkeiten eines Mißbrauchs oder einer Kompetenzüberschreitung ausgeschlossen werden können, ist der Verfassungsschutz darüber hinaus einer Vielzahl von Kontrollmechanismen unterworfen. Hierzu zählen - die-Kontrolle-.. durGh"-den-.parlamentarisch verantwortlichen Minister, die Kontrolle durch das Parlament (u.a. durch die eigens zu diesem Zweck geschaffene Parlamentarische Kontrollkommission -PKK-), 1 Vgl. SS 4 Abs. 4 Landesverfassungsschutzgesetz RheinlandPfalz. 2 Vgl. z.B. SS 11 Landesverfassungsschutzgesetz RheinlandPfalz. - 14 - die Kontrolle durch den Bundes-/Landesbeauftragten für den Datenschutz, die indirekte Kontrolle durch die Berichterstattung der Massenmedien. Wichtigstes Kontrollgremium für den Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz ist die Parlamentarische Kontrollkommission des rheinland-pfälzischen Landtages. Sie setzt sich aus drei Abgeordneten zusammen und wird vom Minister des Innern und für Sport regelmäßig umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Verfassungsschutzes und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichtet. Daneben hat der einzelne Bürger die Möglichkeit, ihn belastende Maßnahmen des Verfassungsschutzes einer gerichtlichen Nachprüfung zu unterziehen. 2. Organisation und Strukturdaten des Verfassungsschutzes Rheinland-Pfalz 2.1 Organisation Der Verfassungsschutz wird in Rheinland-Pfalz durch die Abteilung 7 des Ministeriums des Innern und für Sport wahrgenommen. Die Abteilung 7 untergliedert sich in vier Fachreferate mit folgenden Aufgabenstellungen: Referat 371: Verwaltung, Postund Fernmeldeüberwachung (G-10); Referat 372: Nachrichtenbeschaffung; Referat 373: Auswertung Links-, Rechtsund Ausländerextremismus, Verfassungsschutz durch Aufklärung; 1 Vgl. SSSS 12, 13 Landesverfassungsschutzgesetz RheinlandPfalz. - 15 - Referat 374: Spionageabwehr, Sabotagebekämpfung, Geheimschutz. 2.2 Strukturdaten Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes beträgt 1 153. Die Gesamtsumme der dem Verfassungsschutz in Rheinland-Pfalz laut Haushaltsplan zustehenden Mittel beläuft sich im Jahre 1992 auf 2.765.200,-DM (im Jahre 1991: 3.244.093,-DM). Die Gesamtzahl der Speicherungen des Landesverfassungsschutzes im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) beträgt 14.595, wovon etwa die Hälfte auf Sicherheitsüberprüfungen der Landesund Kommunalbehörden für Personen mit sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten im Rahmen des Geheimschutzes entfällt. Bei NADIS handelt es sich um ein Informationssystem, das die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder zur Erfüllung ihrer gesetzlich normierten Unterrichtungspflichten in Form von gemeinsamen Dateien führen, die sie im automatisierten Verfahren nutzen. Rechtsgrundlage hierfür bildet SS 6 Bundesverfassungs- 2 Schutzgesetz. Diese Dateien enthalten nur die Daten, die-zum--Auf findenvon Aktenu"d~-der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind. Die der Speicherung zugrundeliegenden und sie 1 Stand: 1. Juli 1992. 2 Vgl. Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes - Artikel 2: Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz -BVerfSchG-) - vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I, Seite 2954). - 16 - rechtfertigenden materiellen Erkenntnisse sind aus dem System selbst nicht ersehbar; vielmehr werden sie auf jeweiliges Auskunftsersuchen der anfragenden Stelle durch die zuständige Verfassungsschutzbehörde übermittelt. 2.3 Öffentlichkeitsarbeit (Verfassungsschutz durch Aufklärung) Obwohl der Verfassungsschutz ein geheimer Nachrichtendienst ist, nimmt die Öffentlichkeitsarbeit einen breiten Raum ein, um u.a. Material für die geistigpolitische Auseinandersetzung mit Extremisten und Verfassungsfeinden jeglicher Couleur zu geben. So informiert der Verfassungsschutz unter dem Gesichtspunkt größtmöglicher Transparenz die Öffentlichkeit über aktuelle Ereignisse, von denen Gefahren für die innere Sicherheit unseres Landes ausgehen. Daneben führt er regelmäßig Pressegespräche durch und gibt Tätigkeitsberichte heraus, die Politiker, Behörden und interessierte Einzelpersonen informieren sollen. Außerdem steht er den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Medien in Einzelfragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Entsprechende Kontakte können über das Pressereferat des Ministeriums des Innern und für Sport oder den Öffentlichkeitsreferenten des Verfassungsschutzes aufgenommen werden. Darüber hinaus bietet der Verfassungsschutz auch Referenten zu ver.v-f assungsschutzrelevanten" Themen, oder, -zu Aufgaben und Arbeitsweise des Verfassungsschutzes an. Als Kontakttelefonnummer dient der Anschluß Mainz (06131) 16 37 73. - 17 - B. Verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen im Überblick (Zeitraum 1991 bis Ende Juni 1992) 1. Rechtsextremismus Die Zahl der Rechtsextremisten hat im Jahre 1991 bundesweit von etwa 32.300 auf ca. 39.800 zugenommen. Der Zulauf zu rechtsextremistischen Organisationen hält auch in diesem Jahr an. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß im Jahre 1991 erstmals auch die Rechtsextremisten in den ostdeutschen Bundesländern erfaßt wurden. Der erhebliche Anstieg der Zahl von Rechtsextremisten ist in erster Linie auf die Zunahme innerhalb der neonazistischen Skinheadszene zurückzuführen. In Rheinland-Pfalz erhöhte sich die Zahl der Rechtsextremisten gegenüber 1990 um ca. 50 auf etwa 1.950. Die rechtsextremistische Szene war im Berichtszeitraum vor allem bemüht, die teilweise bestehende Unsicherheit der Bevölkerung in der Asylund Ausländerproblematik, die ein zentrales Thema der politischen und öffentlichen Diskussion ist, agitatorisch für sich zu nutzen. Insbesondere die zweite Hälfte des Jahres 1991 wurde - von einer Welleausländerfeindldeher-Ausschreitungen und Straftaten geprägt. Im gesamten Bundesgebiet einschließlich der neuen Bundesländer wurden im Jahre 1991 2.368 Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund registriert, in Rheinland-Pfalz waren es 135. Von diesen 2.368 Straftaten sind etwa 1.500 rechtsextremistisch motiviert oder lassen einen solchen Hintergrund vermuten; die Zahlenangabe für RheinlandPfalz ist noch nicht abschließend ermittelt, sie dürfte aber schätzungsweise bei ca. 80 liegen. - 18 - Vom 1. Januar bis Ende Juni 1992 kam es bisher zu 508 Gewalttaten (alte Länder: 325, neue Länder: 183) mit erwiesener oder vermuteter rechtsextremistischer Motivation, davon 411 mit fremdenfeindlicher Zielrichtung und leider auch sechs Tötungsdelikte (im Vergleich 1991: drei Tötungsdelikte). In RheinlandPfalz gab es in diesem Zeitraum nach Schätzung des Verfassungsschutzes 18 Gewalttaten mit fremdenfeindlicher Zielrichtung und vermuteter rechtsextremistischer Motivation. In dem Zeitraum Januar bis Juni 1992 kam es aber auch zu 116 Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten. Damit bestätigt sich die Beobachtung des Verfassungsschutzes, daß die Konfrontation zwischen links und rechts in der letzten Zeit an Härte und Gewalttätigkeit zugenommen hat. 1.1 "Nationaldemokratische" Organisationen Die bereits im Jahre 1990 rückläufige Mitgliederbewegung der "Nationaldemokratischen Partei" (NPD) und ihrer Jugendorganisation, den "Jungen Nationaldemokraten" (JN), setzte sich auch 1991 weiter fort. Der Mitgliederbestand beider Organisationen ging von ca. 6.500 auf etwa 6.100 bei der NPD bzw. von ca. 750 auf etwa 550 bei den JN zurück. In Rheinland-Pfalz nahm die Mitgliederzahl bei der NPD von ca. 350 auf etwa 320 bzw. bei den JN von ca. 30 auf unter 10 ab. v -Im 1. Halbj-ahE~.-1992--ist dieMitgli-ederzahl weiter zurückgegangen. Die Partei verfügt derzeit noch über etwa 5.500 Mitglieder. Auch in Rheinland-Pfalz hat die NPD erhebliche Einbußen zu verzeichnen; derzeit beläuft sich ihre Mitgliederzahl auf unter 300. Die NPD gliedert sich nunmehr in 15 Landesverbände. Neuer Bundesvorsitzender der NPD ist seit dem 9. Juni 1991 Günter DECKERT aus Weinheim (Rhein-NeckarKreis). Zur rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden - 19 - wurde arn 24. November 1991 Ellen SCHERER aus Köllerbach/Saarland gewählt, die gleichzeitig auch dem NPD-Landesverband Saarland vorsteht. 1.2 "National-freiheitliche" Organisationen Die "national-freiheitlichen" Organisationen, die sich im wesentlichen aus der "Deutschen Volksunion e.V." (DVU) mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften und der Partei "Deutsche Volksunion" (DVU) zusammensetzen, befinden sich nach einer Zeit der Stagnation wieder im Aufwind. Vorsitzender der beiden genannten Organisationen ist der bekannte Miinchener Verleger Dr. Gerhard FREY. Der Verein "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) hat im Berichtsjahr seinen Mitgliederstand gehalten (bundesweit ca. 11.500; in Rheinland-Pfalz etwa 1.000). Die Partei "Deutsche Volksunion" (DVU) konnte nach dem Krisenjahr 1990, wo aufgrund ihres schlechten Abschneidens bei der Europawahl 1989 (1,6 %) aus Enttäuschung und Resignation der Mitgliederstand gegenüber dem Jahre 1989 von ca. 25.000 um 3.000 auf ca. 22.000 zurückging, einen deutlichen Aufwärtstrend verzeichnen. Bis auf Mecklenburg-Vorpommern verfügt sie inzwischen in allen Bundesländern über Landesverbände. Nach der Wahl zur Bremer Bürgerschaft, bei . der dieDVU--am 29v-.-September--1991--mit6,18 % der Zweitstimmen einen überraschenden Wahlerfolg verbuchen konnte,liegt ihre Gesamtmitgliederzahl nunmehr bundesweit wieder bei ca. 25.000 Mitgliedern (in dieser Zahl sind die Mitglieder des Vereins DVU e.V. enthalten, die durch Satzungsänderung in die Partei DVU übernommen wurden), davon ca. 2.500 in den neuen Bundesländern. Bei der Landtagswahl am 5. April 1992 in Schleswig-Holstein erreichte die DVU 6,3 %. - 20 - 1.3 Neonazistische Organisationen Die neonazistischen Organisationen entwickelten im Westen Deutschlands im Berichtszeitraum nur geringe Aktivitäten. Der Schwerpunkt ihrer politischen Agitation lag in den fünf neuen Bundesländern. Zwar gelang es ihnen letztlich nicht, von den Folgen der innerdeutschen Entwicklung und der Wiedervereinigung zu profitieren; gleichwohl bedroht der Neonazismus durch die Gewaltbereitschaft aggressiver und zum Teil unberechenbarer Fanatiker nach wie vor die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Gegenüber 1990 vergrößerte sich die Gesamtzahl der organisierten Neonazis von ca. 1.^200 auf etwa 1.500 Personen, die in ca. 30 Gruppierungen zusammengeschlossen sind. Hinzu kommen etwa 200 weitere Neonazis, die keiner Gruppe angehören. In Rheinland-Pfalz sind ca. 50 überwiegend organisierte Neonazis bekannt (1990: ca. 30) . Die bekannteste neonazistische Organisation, die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP), die seit dem Jahre 1988 von heftigen internen Streitigkeiten erschüttert wird, verzeichnete gegenüber dem Jahr 1990 (ca. 200 Mitglieder) einen Mitgliederrückgang auf unter 200. Ihr Bemühen, in den fünf neuen Bundesländern Gesinnungsgenossen zu gewinnen, blieb bislang erfolglos. Anhänger des inzwischen verstorbenen früheren Leiters der verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA), Michael KÜHNEN, haben sich in der "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) organisiert, der bundesweit vor allem durch Neuzugänge in den neuen Ländern ca. 400 Neonazis angehören. "Die Anhänger KÜHNENs, die auch - 21 - in der von ihm initiierten "Deutschen Alternative" (DA) organisiert sind, sind derzeit die wesentlichen Vertreter des Neonazismus in Deutschland. In Rheinland-Pfalz verfügt die DA im Raum Mainz über eine aktive Gruppe von ca. 20 Mitgliedern. Auch der "Neonazikreis um Curt MÜLLER" in Mainz hat durch seine regelmäßigen, überregionalen neonazistischen Veranstaltungen nach wie vor eine über Rheinland-Pfalz hinausgehende Bedeutung. Seine Sonnwendund Hitler-Geburtstagsfeiern ziehen Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet an. Am 18. April und am 20. Juni dieses Jahres demonstrierten bis zu jeweils 300 Neonazis unter überregionaler Beteiligung in Biebelsheim bei Bad Kreuznach .gegen den geplanten Bau einer Mülldeponie auf dem Gelände eines ehemaligen amerikanischen Kriegsgefangenenlagers . 1.4 Das rechtsextremistische Potential der Skinheads Die Skinheadszene in der Bundesrepublik Deutschland hat inzwischen eine besorgniserregende Entwicklung genommen. Ihre Vorgehensweise wird von antiliberalen und intoleranten Denkstrukturen sowie von zunehmender Gewaltbereitschaft auch gegenüber Personen geprägt. Vor allem durch die brutalen Massenauftritte fanatischer --Ski-nheads -in .-den---neuen*"Bundesländern wird immer deutlicher, daß die Szene nationalistischem Gedankengut anhängt. Insbesondere die Skinheadmagazine sowie die Liedtexte der Skinheadbands, in denen Gewaltbereitschaft, Ausländerhaß, Nationalismus und Rassismus zum Ausdruck kommen, belegen überdeutlich die gewalttätige und menschenverachtende Einstellung dieser Subkultur. Die Gesamtzahl der - 22 - neonazistischen Skinheads, die sich meist ohne feste Organisationsstruktur in losen Zusammenschlüssen auf regionaler und lokaler Ebene betätigen, liegt bun desweit bei etwa 4.200, davon ca. 1.200 in den alten und ca. 3.000 in den neuen Bundesländern. In Rhein land-Pfalz gibt es schätzungsweise 250 Skinheads, von denen etwa 50 rechtsextremistische Bezüge auf weisen und daher der gezielten Beobachtung des Ver fassungsschutzes unterliegen. 2. Linksextremismus 2.1 Orthodoxer Kommunismus Die gravierenden politischen Veränderungen in der ehemaligen Sowjetunion im Jahre 1991, insbesondere der stetige Autoritätsverlust der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU) und schließlich ihr Verbot nach dem Staatsstreich im August 1991 führten zu einer umfassenden Desorientierung und Aktionsun fähigkeit der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP). Als Folge mußte die DKP einen weiteren Mit gliederrückgang hinnehmen; bundesweit hatte sie Ende 1991 weniger als 8.000 Mitglieder (1990: ca. 11.000), in Rheinland-Pfalz nur noch etwa 120 (1990: ca. 300). Sie war bemüht, durch Aktivierung ihrer Mitglieder den weiteren organisatorischen und ideologischen Niedergang, auf-zuha Iten - Zu "diesemZweck wurde die Neufassung des Parteiprogramms in Angriff genommen, der revolutionäre Anspruch der Partei erneuert und die Zusammenarbeit mit anderen kommunistischen Or ganisationen verstärkt. Außerdem versucht sie in jüngster Zeit, ihre Mitglieder zu verstärkter Arbeit in den Gewerkschaften zu motivieren. - 23 - In Rheinland-Pfalz befaßt sich die DKP weitgehend mit parteiinternen Diskussionen über ihre künftige Entwicklung. Auch die ehemals wichtigsten orthodox-kommunistisch beeinflußten Organisationen, die "Deutsche FriedensUnion" (DFU) und die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA), haben im Jahre 1991 weiter an Bedeutung verloren. Beide Organisationen sind mangels finanzieller und personeller Möglichkeiten nicht mehr in der Lage, bündnispolitisch wie früher für die DKP zu wirken. In Rheinland-Pfalz verfügt die DFU derzeit noch über etwa 25 Mitglieder, die W N - B d A über ca. 150. 2.2 Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten ("Neue Linke") Das Scheitern des "realen Sozialismus" hatte zunächst nur für die moskauorientierten orthodox-kommunistischen Organisationen einen Mitgliederrückgang zur Folge. Ab Ende 1990 verloren aber auch zunehmend andere Gruppen der Marxisten/Leninisten und revolutionäre Zusammenschlüsse aus dem Spektrum der "Neuen Linken" Mitglieder. Die politische Wirkung dieser Gruppierungen blieb daher im Berichtszeitraum gering. 2.3 - Anarchisten Unter den anarchistisch ausgerichteten Gruppierungen stellen die Autonomen mit inzwischen bundesweit annähernd 2.700 Anhängern (1990: ca. 2.300) die bedeutendste und zugleich militanteste Strömung dar. Hervorzuheben ist, daß die Berührungspunkte zwischen Autonomen und terroristischem Umfeld in jüngster - 24 - Zeit weiter zugenommen haben und Abgrenzungen sich teilweise verwischen. Agitationsschwerpunkte der Autonomen sind nach wie vor der Kampf gegen den "Faschismus", der immer wieder zu gewalttätigen Aktionen gegen "Rechte" führt, sowie die als "Häuserkampf" bezeichnete Besetzung bzw. "Verteidigung" einzelner Häuser, um in rechtsfreien Räumen "selbstbestimmt" leben zu können. So kam es in Mainz am 7. März 1992 anläßlich eines Treffens von Rechtsextremisten zu Gegenaktionen, an denen sich ca. 250 Autonome beteiligten - gewalttätige Ausschreitungen konnten weitgehend verhindert werden. Von Autonomen initiierte Hausbesetzungen fanden im Juni 1991 in Trier sowie Anfang Oktober 1991 in Mainz statt. Aktueller Aktionsschwerpunkt der Autonomen war in der letzten Zeit die Vorbereitung von Protestmaßnahmen gegen den Weltwirtschaftsgipfel vom 6. bis 8. Juli 1992 in München, woran sich auch Szeneangehörige aus Rheinland-Pfalz beteiligten. Bekannlich kam es im Verlaufe des Wirtschaftsgipfels sowohl in München als auch in anderen Städten zu Brandanschlägen und Sachbeschädigungen u.a. gegen Banken und die Fa. Siemens. In Rheinland-Pfalz beläuft sich das autonome Potential auf etwa 100 Personen. 2.4 Linksextremistischer Terrorismus Der linksextremistische Terrorismus stellt für die innere Sicherheit in Deutschland auch weiterhin eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Mit dem Anschlag auf die Bonner US-Botschaft am 13. Februar 1991 und dem Mord an dem Präsidenten der Treuhand-Anstalt, Dr. Carsten Rohwedder, am 1. April 1991 hat der Kommando- - 25 - bereich der "Rote Armee Fraktion" (RAF) deutlich gemacht, daß seine personelle und logistische Situation offensichtlich stabil genug ist, um auch künftig schwerste Terrorakte verüben zu können. In der Erklärung des RAF-Kommandobereichs vom 10. April 1992 gesteht die RAF zwar Fehler ein und kündigt eine Wende der bisherigen "Guerilla-Konzeption" an. Sie stellt den Verzicht auf weitere Terrorakte aber in einem Zusammenhang mit der Erfüllung verschiedener Forderungen, so in erster Linie mit dem positiven Ausgang der Diskussion um die vorzeitige Freilassung inhaftierter Gesinnungsgenossen. Die Erklärung des RAF-Kommandobereichs wird sowohl von den RAF-Häftlingen - Erklärung Irmgard MÖLLER vom 15. April 1992 - als auch vom überwiegenden Teil der RAF-Unterstützerszene begrüßt. Teile der RAF-Unterstützer dokumentieren allerdings auch Ablehnung. In einer am 29. Juni 1992 datierten Erklärung bekräftigt der RAF-Kommandobereich sein Eingeständnis vom 10. April, mit der bisherigen Politik gescheitert zu sein und bringt zum Ausdruck, daß die bewaffneten Aktionen den notwendigen gesellschaftlichen Umwälzungsprozeß heute nicht voranbrächten. Aus der Erklärung, die sich an die Teilnehmer des Kongresses gegen den Weltwirtschaftsgipfel richtet, ergibt sich zudem, daß die RAF bestrebt ist, mit möglichst vielen "linken Kräften" in eine Diskussion zu kommen. Damit will sie offenbar eine breitere Basis für_~ihre-Forderungen .-