RheinlandDfalz Verfassungsschutzbericht u 7.> Mainzjuli 1990 Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz Satz und Druck: Druckbetrieb Lindner, Mainz ISSN 0937-0366 Verfassungsschutzbericht 1989 Vorwort Die politische Entwicklung in den Staaten Mittelund Osteuropas in den vergangenen Monaten hat dort zum weitgehenden Niedergang der kommunistischen Staatsparteien geführt. Damit ging ein Abbau der Geheimdienste und ihrer unrechtmäßigen Arbeitsmethoden gegenüber den eigenen Bürgern einher. Allerdings haben diese Staaten die Tätigkeit ihrer Auslandsnachrichtendienste nicht eingeschränkt. Mit einem Rückgang der gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Ausspähungsaktivitäten ist daher auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Die aufgezeigte Entwicklung hat auch Auswirkungen auf den politischen Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bekanntlich sind die orthodox-kommunistischen Organisationen hier jahrzehntelang insbesondere von der früheren SED der DDR angeleitet und finanziell unterstützt worden. Durch die Krise des Kommunismus sind sie in existentielle Schwierigkeiten geraten. Im Gegensatz dazu ist eine Belebung der rechtsextremistischen Szene sowie eine andauernde Bedrohung durch ausländische Terroristen festzustellen. 2 Der im Grundgesetz verankerte Verfassungsschutz wird daher weiterhin seinen verfassungsmäßigen Auftrag zu erfüllen haben. Dabei wird er angemessen und flexibel auf politische Veränderungen reagieren. Um angesichts der beschriebenen Lageentwicklung besonders aktuell zu sein, verzichtet der Verfassungsschutzbericht 1989 auf die sonst übliche ausführliche Darstellung von Ideologien. Stattdessen schildert er die Entwicklung der sicherheitsgefährdenden und extremistischen Bestrebungen bis Anfang April 1990. Der Bericht dient damit der umfassenderen Information seiner Leser. ( tu ofRudi Geil Staatsminister 3 Seite C. Ausländerextrenusmus 100 Inhaltsverzeichnis Seite Überblick 11 A. Linksextremismus 17 1. Orthodoxer Kommunismus 17 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 18 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort 18 1.1.2 Innerparteiliche Krise 20 1.1.3 Finanzpolitische Krise 24 1.1.4 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederstand 25 1.1.5 Beteiligung an Wahlen in Rheinland-Pfalz 28 1.1.6 Agitationsschwerpunkte 28 1.1.7 Bündnispolitik 29 1.2 Nebenorganisationen der DKP 31 1.2.1 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) 31 1.2.2 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 32 1.2.3 "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB) 34 1.3 DKP-beeinflußte Organisationen 35 1.3.1 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) 37 1.3-2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) 38 1.3.3 "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) 40 1.3.4 "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen e.V." (DFG-VK) - Bundesverband - 41 2. "Neue Linke" 42 2.1 Revolutionär-marxistische Gruppen 43 2.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 43 2.1.2 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 43 2.1.3 "Kommunistischer Bund" (KB) 44 2.1.4 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) 44 2.1.5 "Vereinigte Sozialistische Partei"(VSP) 44 2.1.6 Trotzkistische Gruppen 46 2.1.7 "Marxistische Gruppe" (MG) 46 2.2 Anarchisten 47 2.2.1 Autonome 48 2.2.2 "Gewaltfreie Aktionsgruppen" 51 2.2.3 "Anarcho-Syndikalisten/Anarcho-Kommunisten" 52 7 2.2.4 "Forum für Libertäre Information" (FLI) 52 3. Linksextremistischer Terrorismus 54 3.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 55 3.1.1 Kommandobereich der RAF 55 3.1.2 "Militante der RAF" ("Kämpfende Einheiten") 59 3.1.3 Umfeld der RAF 60 3.2 "Revolutionäre Zellen" (RZ) 62 3.3 Sonstige terroristische Aktivitäten 63 B. Rechtsextremismus 64 1. "Nationaldemokratische" Organisationen 67 1.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 67 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort _ 67 1.1.2 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederstand 70 1.1.3 Finanzierung 71 1.1.4 Schulung 72 1.1.5 Pressearbeit 72 1.1.6 Wahlen 73 1.1.6.1 Europawahl 73 1.1.6.2 Kommunalwahlen 75 1.1.7 Parteitage 76 1.1.7.1 Bundesparteitag 76 1.1.7.2 Landesparteitag 76 1.1.8 Reaktionen auf die innenpolitischen Veränderungen in der DDR 77 1.2 "Junge Nationaldemokraten" (JN) 78 2. "National-freiheitliche" Organisationen 79 2.1 Ideologisch-politischer Standort 79 2.2 Organisationen 82 2.2.1 "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften 82 2.2.2 "Deutsche Volksunion-Liste D" (DVU) 82 2.2.2.1 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederstand 82 2.2.2.2 Europawahl und Kommunalwahlen 83 2.3 Reaktionen auf die innenpolitischen Veränderungen in der DDR 85 3. Neonazistische Organisationen 87 3.1 Neonazistische Ideologie 87 3-2 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederzahlen 88 3-3 "Die Bewegung" 88 8 3.4 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 90 3.5 "Nationale Sammlung" (N.S.) 93 3.6 "Deutsche Alternative" (DA) 94 3-7 "Deutsche Frauenfront" (DFF) 94 3.8 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 95 3.9 "Nationalistische Front" (NF) 96 3.10 "Neonazikreis um Curt MÜLLER" 96 3.11 Neonazizentrum Ludwigshafen am Rhein/ Weidenthal (Pfalz) - Ernst TAG" 97 4. Sonstige rechtsextremistische Vereinigungen 98 "Stahlhelm e.V. Kampfbund für Europa Landesverband-Pfalz" 98 5. Aktivitäten anläßlich des 100. Geburtstages von Adolf Hitler 98 6. Computerspiele 99 C. Ausländerextremismus 100 1. Türken 100 1.1 Linksextremismus 101 1.1.1 Orthodoxe Kommunisten 101 1.1.2 "Neue Linke" 101 1.2 Extreme Nationalisten 103 1.3 Islamische Extremisten 104 2. Kurden 106 2.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 106 2.2 "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschlandund Westberlin e.V." (KOMKAR) 112 3. Iraner 113 3.1 Orthodoxe Kommunisten 113 3.2 "Neue Linke" 114 3-3 Monarchisten 115 3.4 Islamische Fundamentalisten 116 4. Araber 116 5. Iren 118 6. Sikhs 119 7. Tamilen 119 9 D. Spionageabwehr 121 1. Die geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht 121 2. Allgemeiner Überblick 122 3- Werbung von Agenten 123 4. Auftragsschwerpunkte 125 5. Führung von Agenten 125 6. Einzelfälle 126 E. Anhang 129 Rechtliche Grundlagen 129 Abkürzungsund Stichwortverzeichnis 137 10 Überblick 1. Linksextremismus 1.1 Orthodoxer Kommunismus Die seit zwei Jahren herrschenden Spannungen in der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) haben in den letzten Monaten zu einem fortgesetzten Mitgliederrückgang geführt. Ende März 1990 hatte die DKP bundesweit nur noch weniger als 20.000 (1988 etwa 35.000, 1989 etwa 22.000), in RheinlandPfalz noch etwa 400 Mitglieder (1988 etwa 1.000, 1989 etwa 700). Stark beeinträchtigt wurde die Handlungsfähigkeit der Partei durch die zu Ende 1989 aufgetretene existenzbedrohende Finanzkrise, die durch den Machtverlust der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) in der "Deutschen Demokratischen Republik" (DDR) ausgelöst worden war. Hatte die DKP ihre finanzielle Abhängigkeit von der SED bislang stets bestritten, so mußte sie dies nach einem Besuch ihres Parteivorsitzenden MIES Ende November 1989 bei dem damaligen SED-Generalsekretär Krenz öffentlich eingestehen und die Konsequenzen aus der veränderten Situation ziehen. Anfang Dezember entließ der Parteivorstand sämtliche hauptamtlichen Mitarbeiter. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die DKP im Jahre 1989 aus der DDR auf geheimem Wege erneut mehr als 60 Millionen DM erhalten. Die DKP blieb trotz der parteiinternen Querelen die zahlenmäßig stärkste Organisation im gesamten linksextremistischen Spektrum. Das Ausbleiben der Gelder aus der DDR und das daraus resultierende finanzielle Desaster der DKP legten auch die - bislang zum Teil verdeckte und oft bestrittene - kommunistische Steuerung von Nebenund beeinflußten Organisationen offen. Zu nennen sind hier in erster Linie die "Deutsche Friedens-Union" (DFU) und die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA), die bereits bis Ende März 1990 fast alle hauptamtlichen Mitarbeiter ebenfalls aus finanziellen Gründen entlassen mußten. 1.2 "Neue Linke" Die "Neue Linke", die nicht dem moskauorientierten Kommunismus zugerechnet wird, gliedert sich in revolutionär-marxistische und anarchistische Gruppen. Mit Ausnahme der "Marxistischen Gruppe" (MG), die an den Hochschulen weitere Anhänger fand, stagnierten die Mitgliederzahlen der revolutionär-marxistischen Gruppen oder gingen zurück. In Rheinland-Pfalz waren Aktivitäten der revolutionär-marxistischen Gruppen vornehmlich in Mainz und Ludwigshafen am Rhein festzustellen. Unter den anarchistischen Zusammenschlüssen stellen die "Autonomen" mit mehr als 2.000 Personen nach wie vor ein beachtliches extremistisches 11 Potential dar. Der von ihnen ausgehende militante Aktionismus hielt auch im Jahre 1989 an. An Bedeutung gewann - nicht zuletzt durch die Ereignisse in Göttingen im November 1989 (tödlicher Verkehrsunfall einer "Antifaschistin") der sogenannte Antifaschismus-Kampf. 1.3 Linksextremistischer Terrorismus Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch terroristische Anschläge hält unvermindert an, auch wenn ihre Zahl im Berichtsjahr auf 105 gegenüber 197 im Jahre 1988 zurückgegangen ist. Der 15 bis 20 Mitglieder zählende Kommandobereich der RAF hat am 30. November 1989 mit dem Mord an dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herrhausen, erneut seine Fähigkeit zu brutalen kriminellen Handlungen unter Beweis gestellt. Die "Militanten der RAF", die sogenannte zweite kämpfende Ebene, haben am 10. Dezember 1989 - nach zweijähriger Inaktivität - mit dem versuchten Sprengstoffanschlag auf das Pflanzenschutzzentrum der Firma Bayer AG in Monheim bei Düsseldorf deutlich gemacht, daß sie sich an der vom Kommandobereich angekündigten "Offensive" beteiligen wollen. Dieses etwa 250 Personen umfassende engere RAF-Umfeld war 1989 für sieben Brandanschläge veranwortlich. Besondere Aktivitäten entwickelte das RAF-Umfeld während des Hungerstreiks der Inhaftierten der RAF und des "Antiimperialistischen Widerstands" vom 1. Februar bis 12. Mai 1989. Zur Unterstützung der Forderungen der 44 Häftlinge, darunter auch drei wegen Mitgliedschaft in der "Antiimperialistischen Gruppe Kaiserslautern" in der JVA Zweibrücken inhaftierte Angehörige des terroristischen Umfeldes Kaiserslautern, wurden von Angehörigen des RAF-Umfeldes und Personen aus dem autonomen bzw. anarchistischen Spektrum Demonstrationen, Besetzungsaktionen sowie zahlreiche Schmierund Plakataktionen durchgeführt. In Rheinland-Pfalz waren vorwiegend in den Großräumen Mainz und Kaiserslautern Aktivitäten des RAF-Umfeldes festzustellen. Von den "Revolutionären Zellen" (RZ) und ihrer autonomen Frauengruppe "Rote Zora" gingen, wie schon im Vorjahr, auch im Berichtszeitraum nur geringe Aktivitäten aus. Mitursächlich hierfür dürften im wesentlichen die im Dezember 1987 durchgeführten umfangreichen Exekutivmaßnahmen gegen mutmaßliche "RZ-Rote Zora" - Mitglieder sein. Die Zahl der Brandund Sprengstoffanschläge aus dem Bereich des -weiteren terroristischen Spektrums ist im Vergleich zum Vorjahr (128) auf 59 zurückgegangen. Ebenso haben sich gegenüber 1988 die vom sog. weiteren terroristischen Umfeld verübten Eingriffe in den Eisenbahnverkehr von 31 auf 14 und Anschläge auf Einrichtungen der Energieversorgung von 27 auf 15 verringert. In Rheinland-Pfalz wurden im Berichtszeitraum von Angehörigen des terroristischen Umfeldes drei Sachbeschädigungen (zwei in Mainz und eine in Kaiserslautern) verübt. 12 2. Rechtsextremismus Der Mitgliederbestand der rechtsextremistischen Organisationen erhöhte sich im Jahre 1989 bundesweit um ca. 7.600 auf ca. 35.900 Mitglieder, die in 70 Vereinigungen vertreten sind. Hinzu kommen noch ca. 200 Neonazis, die keinen Organisationen angehören. Die beträchtliche Steigerung beruht im wesentlichen auf der seit dem Jahre 1987 bestehenden "national-freiheitlichen" Partei "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU). Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der militanten Rechtsextremisten von ca. 470 auf ca. 435 zurück. In Rheinland-Pfalz nahm die rechtsextremistische Anhängerschaft um ca. 100 auf etwa 2.100 zu. Trotz des Mitgliederzuwachses seit dem Jahre 1987 gefährdet der Rechtsextremismus nicht ernsthaft die freiheitliche demokratische Grundordnung, er bedroht jedoch durch die Gewaltbereitschaft aggressiver Fanatiker die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die politischen Veränderungen in der DDR seit Oktober 1989 nehmen die rechtsextremistischen Organisationen zum Anlaß, im Rahmen ihrer Forderung nach einem neutralen wiedervereinigten Deutschland nationalistische Agitation sowie Wählerund Mitgliederwerbung insbesondere unter den Übersiedlern, deutschstämmigen Aussiedlern und Bewohnern der DDR zu betreiben. Sie beabsichtigen auch, ihre Organisationsstrukturen auf die DDR zu erweitern. 2.1 "Nationaldemokratische Organisationen" Der personelle Aufschwung der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) u n d ihrer Jugendorganisation, der "Jungen Nationaldemokraten" (JN), hielt auch im Jahre 1989 an. Der Mitgliederbestand beider Organisationen vergrößerte sich bundesweit von ca. 6.400 auf 7.000 bzw. von ca. 800 auf ca. 900. In Rheinland-Pfalz verlief die Entwicklung unterschiedlich. Während die Mitgliederzahl der NPD mit mehr als 400 Personen stagniert, hatten die JN eine Zunahme von ca. 60 auf ca. 70. Das Wahlbündnis der NPD mit der "Deutschen Volksunion - Liste D", demzufolge sie bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 18. Juni 1989 auf eine Kandidatur verzichtete und dafür bei der Bundestagswahl 1990 allein antritt, verursachte heftige parteiinterne Auseinandersetzungen, die mit Mühe beigelegt werden konnten. Bei den Kommunalwahlen der Jahre 1989 und 1990 in Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein, bei denen sie sich nur in einigen Wahlkreisen beteiligte, errang sie zum Teil Mandate in den kommunalen Vertretungskörperschaften; den Einzug in die Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt am Main (6,6 % der Stimmen = 7 Sitze) wertete sie als ihren größten Erfolg. Ende 1989 leitete die NPD eine Kampagne "Volksabstimmung - Wiedervereinigung" ein, die beide Teile Deutschlands umfassen soll. Das Parteiorgan "Deutsche Stimme" rief ihre Leser auf, für Bewohner der DDR die Kosten für ein Jahresabonnement zu übernehmen. 13 2.2 "National-freiheitliche" Organisationen Die "national-freiheitlichen" Organisationen, zu denen im wesentlichen die "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften und die "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU) zählen, verzeichneten insgesamt den größten Mitgliederzuwachs. Beide Vereinigungen werden von dem Münchener Verleger Dr. Gerhard FREY geleitet. Der Mitgliederbestand der "Deutschen Volksunion e.V." nahm gegenüber dem Vorjahr (ca. 12.500) mit über 12.500 nicht entscheidend zu; in RheinlandPfalz blieb die Mitgliederzahl, die über 1.100 liegt, nahezu unverändert. Die Partei "Deutsche Volksunion - Liste D" hat bundesweit derzeit über 25.000 Mitglieder. Diese setzen sich aus dem Bestand des Jahres 1988 von über 6.000, aus dem Zuwachs seit dem Jahre 1989 von etwa 6.500 und aus den etwa 12.500 Mitgliedern der "Deutschen Volksunion e.V." zusammen, die durch Satzungsänderung in die "Deutsche Volksunion - Liste D" übernommen worden sind. Der Landesverband Rheinland-Pfalz hat nach der Satzungsänderung nunmehr ca. 1.500 Mitglieder. Trotz des Einsatzes von Millionenbeträgen gelang der "Deutschen Volksunion - Liste D" am 18. Juni 1989 nicht der erhoffte Einzug in das Europäische Parlament. Auf sie entfielen bundesweit 1,6 %, in Rheinland-Pfalz 1,5 % der Stimmen. Das schlechte Abschneiden löste bei ihr und auch bei dem Bündnispartner NPD Enttäuschung und Resignation aus. Am 19Juni 1989 gaben die beiden Parteivorsitzenden Dr. FREY und MUßGNUG eine von ihnen gemeinsam unterzeichnete "Münchener Erklärung" heraus, in der sie die Einheit der "Nationalen" beschworen und an das gemeinsame Ziel, die Teilnahme an der Bundestagswahl 1990, erinnerten. An den Kommunalwahlen 1989 und 1990 nahm die "Deutsche Volksunion - Liste D" schwerpunktmäßig in Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Schleswig-Holstein teil, gewann aber in keiner kommunalen Vertretungskörperschaft einen Sitz. Ihre jährliche Großkundgebung in Passau stand am 10. März 1990 unter dem Motto "Wiedervereinigung jetzt". Auf der Veranstaltung wurden DDR-Bewohner aufgefordert, sich zu einem ermäßigten Beitrag der Partei anzuschließen. Seit März 1990 wirbt die "national-freiheitliche" Presse für ein im Sommer 1990 erscheinendes Enthüllungsbuch "Prominente ohne Maske DDR". 2.3 Neonazistische Organisationen Die Lage der neonazistischen Organisationen ist nach wie vor durch innere Zerstrittenheit und mangelnde Anziehungskraft gekennzeichnet. Gegenüber dem Jahre 1988 nahm die Gesamtzahl der erkannten Neonazis in der Bundesrepublik Deutschland von ca. 1.480 auf ca. 1.300 weiter ab. Davon sind etwa 1.100 Personen in 23 Gruppierungen zusammengeschlossen. Die Zahl der militanten Neonazis ging gegenüber den beiden Vorjahren um ca. 30 auf ca. 170 zurück. In Rheinland-Pfalz betätigen sich weiterhin etwa 30 Neonazis. Die Aktionen der Neonazis anläßlich des 100. Geburtstages von Adolf Hitler am 20. April 1989 blieben hinter den ursprünglichen Ankündigungen der Szene zurück. 14 Die Spaltung der "Bewegung", einer "Gesinnungsgemeinschaft" ohne feste Führungsund Organisationsstrukturen, in einen Flügel um den ehemaligen Führer der verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA), Michael KÜHNEN, und in einen Flügel um Jürgen MOSLER sowie die damit verbundenen Auseinandersetzungen prägten auch im Berichtszeitraum das Erscheinungsbild der neonazistischen Szene. Hiervon waren insbesondere die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP), aber auch die "Deutsche Frauenfront" (DFF) und die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG)betroffen. Die im wesentlichen von MOSLER-Anhängern beherrschte FAP, mit ca. 330 Mitgliedern größte neonazistische Organisation, erzielte bei der Europawahl am 18. Juni 1989 sowohl bundesweit als auch in Rheinland-Pfalz 0,1 % der Stimmen. In der politischen Entwicklung der DDR sieht sie Möglichkeiten, ihre Organisationsstruktur und ihren Mitgliederbestand auszubauen sowie ihre Agitationsthemen zu erweitern. Offensichtlich als Ersatz für die am 9- Februar 1989 vom Bundesminister des Innern nach SS 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes verbotene "Nationale Sammlung" (N.S.) initiierte KÜHNEN die Gründung der Partei "Deutsche Alternative" (DA). Der "Neonazikreis u m Curt MÜLLER" in Mainz hat für die neonazistische Szene weiterhin eine über Rheinland-Pfalz hinausgehende Bedeutung. Am 22. April 1989 feierten ca. 130 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet auf dem Anwesen der Eheleute Curt und Ursula MÜLLER den 100. Geburtstag von Adolf Hitler. Ursula MÜLLER bestimmt ferner maßgeblich die Geschicke der DFF und ist für sie publizistisch tätig. Außerdem wirkt sie mit ihrem Ehemann bei der HNG mit. Der bekannte Neonazi Ernst TAG, der seit dem 23. Februar 1989 inhaftiert ist, wurde am 31. März 1989 wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, Hehlerei und Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem früheren Urteil rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Zuletzt bemühte er sich, für eine "Aktion Lebensborn" "gleichgesinnte Deutsche" zur "Schaffung einer deutschen Kolonie in einem südamerikanischen Land" zu gewinnen. Sein Haus in Weidenthal (Pfalz) bietet er zum Kauf an. 3. Ausländerextremismus Die etwa 5 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland respektierten auch im Berichtszeitraum in ihrer weit überwiegenden Mehrheit die Rechtsordnung des Gastlandes und waren an einem friedfertigen Zusammenleben mit der deutschen Bevölkerung interessiert. Allerdings befinden sich unter ihnen auch Personen, die sich extremistischen Organisationen angeschlossen haben. Die extremistischen Ausländer wandten sich vor allem gegen die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in ihren Heimatländern, befaßten 15 sich aber auch zunehmend mit der Innen-, Außenund Ausländerpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Zur Durchsetzung ihrer Ziele bedienten sie sich teilweise auch gewaltsamer Mittel. Irische, arabische und kurdische Extremisten veranlaßten die Sicherheitsbehörden aufgrund ihrer terroristischen Aktionen zu besonderer Aufmerksamkeit. Die "Provisional Irish Republlcan Army" (PIRA) tötete im Berichtszeitraum in der Bundesrepublik Deutschland vier Menschen und verletzte neun weitere schwer. Logistische Bezüge der PIRA bestanden auch zu Rheinland-Pfalz. Im Rahmen von Exekutivmaßnahmen gegen Mitglieder der "Volksfront für die Befreiung Palästinas-Generalkommando" (PFLP-GC) stellte die Polizei mit Sprengsätzen präparierte Radiound Fernsehgeräte sicher. Beim Entschärfen wurde ein Polizeibeamter getötet und ein weiterer schwer verletzt. Am 24. Oktober 1989 begann vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozeß gegen 19 Mitglieder der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. der Unterstützung dieser Vereinigung. Sie werden u.a. beschuldigt, Morde, Freiheitsberaubungen und Urkundenfälschungen begangen zu haben. Die PKK kommt auch für den Mord an der ehemaligen Funktionärin Güzide KADAH in Betracht, die am 2. Januar 1989 bei Paris erdrosselt aufgefunden wurde. Gegen einen PKK-Führungsfunktionär aus Ludwigshafen am Rhein ermittelt der Generalbundesanwalt wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereingung, der Verbrechensverabredung und anderer Straftaten. 4. Spionageabwehr Die Bemühungen der Nachrichtendienste der Warschauer-Pakt-Staaten, die Bereiche Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik Deutschland auszuspähen, hielten auch im Berichtszeitraum an. Es gibt bisher keine Anzeichen dafür, daß Agenten abgezogen wurden oder die Auslandsnachrichtendienste der Ostblockstaaten ihre Aktivitäten eingeschränkt hätten. In Rheinland-Pfalz wurden imjahre 1989 wiederum die militärischen Einrichtungen und Ausrüstungen sowie die Manöver der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland ausgespäht. Daneben waren Firmen verschiedener Industriezweige Ausspähungsbemühungen ausgesetzt. Nachrichtendienstliche Bestrebungen konnten auch in den ersten Monaten des Jahres 1990 beobachtet werden. Mehrere Agenten gegnerischer Nachrichtendienste wurden festgenommen. Beachtenswert ist insbesondere der Fall eines Mitarbeiters bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der NATO in Brüssel, der am 3- April 1990 festgenommen wurde. Dieser soll bis zuletzt als Verschlußsachen eingestufte Unterlagen für einen DDR-Nachrichtendienst kopiert haben. Allerdings scheinen die Aktivitäten der DDR-Nachrichtendienste in den letzten Wochen nachgelassen zu haben. 16 A. Linksextremismus 1. Orthodoxer Kommunismus Der seit 1987 in der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) herrschende Richtungsstreit zwischen dogmatischen "Traditionalisten" und reformwilligen "Erneuerern" erfaßte im Jahre 1989 aufgrund der engen personellen und materiellen Verflechtungen das gesamte orthodox-kommunistische Spektrum. So lähmte die innerparteiliche Krise nicht nur die politische Arbeit der DKP, sondern spürbar auch die ihrer Nebenorganisationen - "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) - "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) - "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB) sowie der von ihr beeinflußten Organisationen (sogenannte Vorfeldorganisationen) wie - "Deutsche Friedens-Union" (DFU) - "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) - "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) - "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen" (DFG-VK). Dazu kam gegen Ende 1989 eine schwere finanzielle Krise, verursacht durch das Ausbleiben der Millionenbeträge von der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED)1, die sich mittlerweile zur Existenzfrage für alle orthodoxkommunistischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland ausgewachsen hat. Die Kündigung hauptamtlicher DKP-Mitarbeiter, die Aufgabe von Parteibüros sowie die Schließung der zentralen Geschäftsstellen der DFU und der WN-BdA sind klare Zeichen. Sie belegen gleichzeitig in eindeutiger Weise die bisherige finanzielle Abhängigkeit dieser Organisationen von der früheren SED, auch wenn dies in der Vergangenheit von den bundesdeutschen Kommunisten immer massiv bestritten worden ist. Insgesamt blieben die orthodoxen Kommunisten - auch nach der historischen Wende in der DDR und den Demokratiebestrebungen in den Staaten Mittelund Osteuropas - die zahlenmäßig stärkste Kraft im Bereich des politischen Linksextremismus der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 4. Februar 1990 nennt sie sich PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus). 17 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort Bis heute gelten für die politische Zielsetzung der DKP grundsätzlich das auf dem 5. Parteitag am 21. Oktober 1978 in Mannheim beschlossene "Mannheimer Programm"2 sowie die auf dem 8. Parteitag 1986 in Hamburg beschlossenen und das "Mannheimer Programm" ergänzenden Thesen "Neue Fragen des Kampfes für Frieden und Arbeit - für eine demokratische Wende". Die Diskussion um den Richtungsstreit in der DKP über eine politisch-ideologische Neuorientierung, die 1987 begann und bis jetzt noch keinen endgültigen Abschluß gefunden hat, basiert auf den vorgenannten Parteimaximen. Hiernach versteht sich die DKP - auch heute noch - als "die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse der Bundesrepublik Deutschland" (S. 5,72,83). Sie bekennt sich zu der "Lehre von Marx, Engels und Lenin" (S. 7, 84, 86, 89) und tritt für die "sozialistische Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" ein, die sie nunmehr mit den Synonymen "sozialistische Umwälzung" (S. 68) und "politische Macht der Arbeiterklasse" (S. 59,63) umschreibt. Zwar geht das Parteiprogramm noch von der vorbehaltlosen Anerkennung der von der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU), der "stärksten und erfahrensten Partei der kommunistischen Weltbewegung" (S. 88), und der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) vorgegebenen ideologischen und politischen Linie (S. 88 f) aus. Die vorbehaltlose Unterordnung, insbesondere unter den Führungsanspruch der früheren SED (heute: PDS), wird jedoch inzwischen - wie bereits seit längerem von Oppositionskreisen innerhalb der DKP gefordert - auch vom "traditionalistischen" Parteivorstand nicht mehr aufrechterhalten. So gestand Herbert MIES, bis März 1990 Parteivorsitzender der DKP, auf der 9. Parteivorstandstagung am 22. November 1989 in Anbetracht der dramatischen Entwicklung in der DDR ein, daß "die Parteiführung die Fehlentwicklungen in der DDR nicht rechtzeitig signalisierte und zu lange ein falsches Bild vom Sozialismus vermittelt hat". Zu dieser Fehleinschätzung bekannte sich letztlich auch die ehemalige stellvertretende Parteivorsitzende Ellen WEBER auf dem 10. Parteitag der DKP vom 24. bis 25. März 1990 in Dortmund. Nach dem noch gültigen Parteiprogramm wird das "unverrückbare" Ziel der DKP weiterhin die Errichtung des "Sozialismus durch eine grundlegende Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland" bleiben (S. 59)Diese Zielsetzung bekräftigte der damalige Parteivorsitzende MIES sowohl auf dem 9. Parteitag der DKP vom 6. bis 8. Januar 1989 in Frankfurt am Main als auch zuletzt auf der 10. Parteivorstandstagung am 16. Dezember 1989. Hier appellierte er an seine Partei, die DKP als "revolutionäre Partei der Arbeiterklasse" auf der Grundlage des Marxismus zu erneuern (UZEigenbeilage vom 20.12.1989). 2 Die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf die Broschüre "Programm der Deutschen Kommunistischen Partei", herausgegeben vom DKP-Parteivorstand, Neuss 1978. 18 I. Unsere Epoche ist die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus im Weltmaßstab II. Für eine Wende zu demokratischem id sozialem Fortschritt - Für Frieden und Völkerfreundschaft Programm der Für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse | Deutschen Kommunistischen Partei und ein breites Bündnis der demokratischen Kräfte VI. Die Rolle der revolutionären Partei der Arbeiterklasse - Für die Stärkung der DKP und die Erweiterung ihres Masseneinflusses des 8. Parteitages der DKP Hamburg, 2.-4. Mai 1986 These 4 Die Sowjetunion -- die stärkste Macht der sozialistischen Gemeinschaft * Die So* |etunic.n ist die stärkste MaCtii der sozialistischen Gemeinschaft und des weltweiten Friedenskampfes Sic ist ie mächtigste Barriere gegen die WeMherrschaftsplänc der These 5 Neue Fragen Die DDR -- der erste sozialistische und Friedensstaat der deutschen Geschichte des Kampfes - Die Deutsche Demokratische Republik i*t eine stabile Bastion des Friedens und des Sozialismus in Europa. Die für Frieden Gründung dieses ersten Arbeiter-und-Bauern-Staates auf deutschem Boden war ein Wendepunkt in der europäischen und Arbeit - Geschichte Die DDR verkörpert alle humanistischen und These 12 für eine Neue Entwicklungstendenzen des staatsmonopolistischen Kapitalismus demokratische Beschlossen vom 8, Parteitag der DKP Wende - Seit Mitte der 70er Jahre hat sich die krisenharte Entwicklung des vuatsmnnopolistisehen Systems der Bundesrepublik verstärktAuch in unserem Lande wird immer deutlicher, daß sich der Kapitalismus historisch überlebt hat. bestätigt sich die Feststellung des ProThe" 41 ^ie inneren Etisicnzbcdingungcn des Die weltanschauliche und ideologische erden in zunehmendem Maße durch Arbeit der DKP ische Krisenerscheinungen beeinflußt, haben jene besonderen Faktoren auf- - Als einzige Partei der Bundesrepublik verfügt die DKP dic langan hallen de. viele Gebrechen über eine einheitliche, wissenschaftliche Weltanschauung. 'limine überdeckende Nachkriegskon*--I Aus all diesen Aussagen ergibt sich deutlich, daß die DKP weiterhin verfassungsfeindliche Ziele3 verfolgt. Demgegenüber behauptet die DKP stets, "sie wirke auf dem Boden des Grundgesetzes" (S. 6) und "bekenne sich zu seinen demokratischen Prinzipien" (S. 6). So bejaht sie die Grundrechte nur insoweit, als sie nicht dem Weg des "Sozialismus" zuwiderlaufen. "Der Sozialismus gibt dem Volk alle Freiheit, gibt jedoch keinen Raum ... für diejenigen, die die Errungenschaften des Volkes und seine verfassungsmäßige Ordnung beseitigen wollen" (S. 64 0. Im Verfassungsverständnis der DKP geht die Staatsgewalt nicht vom ganzen Volk, sondern nur von der "werktätigen Bevölkerung" aus. Auch andere tragende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie die Gewaltenteilung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition4 werden von der DKP abgelehnt. Damit vertritt die DKP eine totalitäre Staatsauffassung, wonach der Staat alle Macht und Autorität innehat. 1.1.2 Innerparteiliche Krise Die erkennbar auf eine Spaltung der DKP hinauslaufenden Auseinandersetzungen zwischen "Erneuerern" einerseits, die politisch den Gorbatschow-Reformkurs vom Abschied des Wahrheitsmonopols der kommunistischen Partei mit weitgehendem Meinungspluralismus wollen, und in den Führungsgremien der Partei sitzenden "Traditionalisten" andererseits, die sich als Bewahrer der "reinen Lehre" - nach dem Vorbild der früheren SED - betrachten5, wurden im Jahre 1989 mit unverminderter Härte weitergeführt. Bereits auf dem 9- Parteitag der DKP vom 6. bis 9- Januar 1989 in Frankfurt am Main mußte der damalige Parteivorsitzende MIES nicht nur einen erheblichen Mitgliederrückgang von 57.802 (November 1987) auf 47.5136, sondern auch eine sinkende politische Handlungsfähigkeit der Partei eingestehen. In Anbetracht dessen akzeptierte der Parteitag zunächst die von den "Erneuerern" für unumgänglich erachtete Forderung nach Demokratisierung und EntstalinisieVgl. zur verfassungsfeindlichen Zielsetzung der DKP grundlegend das Bundesverwaltungsgericht im sogenannten Peter-Urteil, NJW 1982, 779 (781 ff) und im sogenannten Meister-Urteil, DVB1. 1984, 955 (956 ff). Danach sind die politischen Bestrebungen der früheren KPD und der DKP inhaltsgleich, "so daß die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts in dem KPD-Verbotsurteil vom 17. August 1956 (BVerfGE 5, 85) weiterhin auch für die DKP zutreffen" [(BVerwG, NJW 1982, 779 (781); BVerwG, DVB1. 1984, 955 (956)]. Vgl. zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung BVerfGE 2, 1 (13). Inzwischen halten aber auch die "Traditionalisten", allen voran der ehemalige Parteivorsitzende MIES, ihre unkritische Haltung gegenüber der früheren SED-Führung nicht mehr aufrecht. Tatsächlich lag sie nach Feststellungen der Behörden für Verfassungsschutz zu diesem Zeitpunkt bereits unter 35.000. 20 rung der DKP sowie eine begrenzte Zulassung von Meinungspluralismus. MIES bekräftigte nachdrücklich das Festhalten der DKP an den politisch-ideologischen Grundsätzen des Marxismus-Leninismus. Fernziel der DKP bleibe nach wie vor eine radikale gesellschaftliche Veränderung, der Sozialismus. Wie in früheren Verlautbarungen der Parteiführung vermied MIES beim Parteitag ein eindeutiges Bekenntnis zu "Glasnost" (Öffentlichkeit) und schlug sich damit erneut auf die Seite der damaligen SED, die ebenfalls dem sowjetischen Reformprozeß reserviert gegenüber stand. Zwar brachte das Wahlergebnis zum neuen Parteivorstand deutliche Stimmeneinbußen für den Parteivorsitzenden MIES und die stellvertretende Vorsitzende Ellen WEBER. Bei der Besetzung der entscheidenden Führungsgremien (Präsidium, Sekretariat) blieben die "Erneuerer" dann jedoch unterrepräsentiert. 7 Dieses offensichtliche Ausgrenzen aus der Führungsarbeit veranlaßte die "Erneuerer" nun erst recht, sich auf sogenannten Erneuerertreffs für eine Revision des Marxismus und eine Änderung im Organisationsverständnis der DKP einzusetzen. U.a. fand am 4. und 5. Mai f989 in Wirges (Westerwaldkreis) eine solche bundesweite, vom Parteivorstand als "Geheimtreffen" gebrandmarkte Zusammenkunft statt. Hier warfen einzelne Teilnehmer bereits die Frage nach einem Parteiaustritt auf, während sich die Mehrheit noch für ein Verbleiben in der DKP aussprach, um "auszureizen, was auszureizen ist". Angesichts starker Abspaltungstendenzen fand auf Initiative der "Erneuerer" in Anwesenheit einer starken Abordnung des "traditionalistisch" geprägten DKPPräsidiums vom 20. bis 22. Oktober 1989 in Frankfurt am Main der "Kongreß Erneuerung" statt. Ziel dieser Zusammenkunft war es, die Identität der DKP neu zu formulieren und gleichzeitig einen Beitrag für eine Zusammenführung aller sozialistischen Parteien in der Bundesrepublik zu leisten. Zu den wesentlichen Beschlüssen dieses von ca. 2.500 Teilnehmern besuchten Kongresses gehörte die Einrichtung eines auf Abspaltung hindeutenden Koordinierungsausschusses mit Sitz in Köln sowie die Herausgabe einer eigenen Zeitung8 (UZ vom 24.10.1989). Schließlich haben auf der 9. Parteivorstandstagung am 22. November 1989 die "Erneuerer", u.a. aus Rheinland-Pfalz Heike HERBIG-THEIS, Dieter DÖRFLINGERund Peter TANZMEIER, einen Antrag auf Rücktritt des Parteivorstandes, des Präsidiums und des Sekretariats eingebracht. Nach Ablehnung dieses Antrags sind HERBIG-THEIS und TANZMEIER aus dem Parteivorstand der DKP zurückgetreten. Dieser Parteitag fand seine Fortsetzung am 18. Februar 1989 in Wuppertal; entscheidende Ergebnisse wurden jedoch nicht erzielt. Im November 1989 mit dem Titel "Korrespondenz Erneuerung" erschienen. Presserechtlich verantwortlich zeichnet der damalige rheinland-pfälzische DKP-Funktionär Hein-Frieder PFALZ. 21 Kongreß Erneuerung Wir rufen auf/u einem Kongreß Erneuerung, mil dem Impulse für die Erneuerung der DKP, die auf der 13. PVein Beitrag zur linken Strategieentwicklung und zur MarxisTagung und auf dem Frankfurter Parteitag sichtbar wurden, musdiskussion, ein Anstoß zur Erneuerung der DKP jetzt nicht versanden sollen, dann bedarf es kräftiger neuer gegeben werden soll. Anstöße. Wir wollen diskutieren, wie wir handlungsfähiger Deshalb wollen wir den bundesweiten Kongreß Erwerden können für das Überleben der Menschheit vor atoneuerung durchführen. marer Vernichtung, für die Abwendung der ökologischen Die Diskussion in der DKP hat viele Veranstaltungen KatastropheWir wollen uns den qualitativ neuen Anfordemit sich gebracht. Doch marxistischer Meinungspluralisrungen der Produktivkraftentwicklung an Politik. Organisamus erschöpft sich nicht darin, daß Individuen auf Parteition und Individuum stellen. Wir suchen nach veranstallungen ihre Meinung sagen. Vielmehr ist es grundsätzlichen und konkreten Schritten zur Ökologisienotwendig, unterschiedliche. Meinungen und Ansätze kolrungund Humani&ierung der Lebensbedingungen, zur Ablektiv auszuarbeiten, um sie qualifizierter und überzeugenschaffung patriarehalicher Verhaltnisse, zur Überwindung der zur Diskussion stellen zu können. Doch genau dieses sozialen Elends, zur Demokratisierung der Gesellschaft. Wir suchen nach einem neuen Verständnis von InternaRecht wird jetzt in dramatischen Appellen und Beschlüssen tionalismus, das auch unser Verhältnis zu den sozialistibestritten. Wir halten es in diesem Zusammenbang für schen Landern einschließt. ^eibstverstundiieh, daß demokratische. Freiheitsrechte auch und gerade in einer kommunistischen Organisation gelten. Wir wollen politikfähiger werden - dies gilt besonders Em Blick in die Geschiebte der kommunistischen Parteien licl auf folgende 11 ,, oft schon sind Erneueruagsbemühungen, die sich * Weiche Chancen gibt es für eine Reg" Hl haben.an aWösung? starren Parteimechanismen gescheiten. & tuen Rechtstenden * * itungen waren die Folgefektfv bekämpft werdt * Meute gibt es ähnliche Gefahres. W'r - * * ; * ' * ' * . * - . *** , ' * . . * . * * - . : * ; dem, daß Resignation weiti * * ** brauchen Perspektive der rot-grünen Zusammei:.. I ektive, demokratische Verständigung über die Per- * Welche der Erneuerung. uamg, die leider (c)rtorderiieb? die sich beteiligen wollen, auch für ehema * Außenpolitik (Abrüsi ;F Mitglieder. '3.Weir, EG-Binnenmarkt) Esgeht usrur. * Wlrtschafts-, Soziei und TechnoiogiepoOrung in Theorie, Politik und Organisation. Dazu wollen wir tik/Umbauperspektive/ÖkologiG uns treffen. Nicht, um uns von bestehenden Diskussions- * Gleichstellung der Frauen möglichkeiten in der DKP abzugrenzen. * Demokratisierung und Verteidigung von demokratischen Rechten Der Kongreß soll im Herbst stattfinden. Er darf jedoch Wir wollen uns um einen Beitrag zum Dialog der nicht in alter Weise vorbereitet werden. Sein Gelingen wird Linken bemühen, der immer Dialogfähigkeit in der eigenen davon abhängen, daß alle, die es wollen, ihre Vorschläge, Organisation vuiausseizi. ihre Kritik, ihr Wissen einbringen können. Wir bitten alle Interessierten ihre Anforderungen an den Kongreß zu forAn diesen Fragen zu arbeiten ist unser gemeinsames Inmulieren und zur Diskussion zu stellen. teresse. Ob die Erneuerung der DKP möglich ist, mag unterschiedlich beurteilt werden. Aber eindeutig ist: wenn die Über die Inhalte, die Form, die Vorbereitung des Kongresses wollen wir am 24. Juni sprechen. Dieser Aufruf wird von den nachstehenden 1069 Erstunterzeichnertnnen vorgelegt mit der Bitte, den Kongress Erneuerung, der im Herbst 1989 stattfinden soll, durch zahlreiche weitere Unterschriften, durch Spenden, Mobilisierung, Mitarbeit an der Vorbereitung und Teilnahme zu unterstützen. Ein Unterschriftenabschnitt befindet sich auf der letzten Seite. Letztendlich forderten führende Vertreter der "Erneuererbewegung" wie Wolfgang GEHRCKE, Hamburg, und Steffen LEHNDORFF, Köln, offen die Auflösung der DKP. Gegenüber einer Presseagentur kündigte LEHNDORFF gleichzeitig die Gründung einer eigenständigen Organisation, eines "Zusammenschlusses 11 für kommunistische Erneuerung", an (UZ vom 07.12.1989). Damit vollzog sich praktisch die Abspaltung der "Erneuerer" von der "traditionalistischen" Bundespartei. An der folgenden 10. Parteivorstandstagung am 16. Dezember 1989 nahmen die "Erneuerer" nicht mehr teil. Daraufhin bezeichnete der Parteivorstand die Trennung als "überfällige Konsequenz" und verurteilte gleichzeitig die auf Auflösung der DKP RheinlandPfalz gerichteten Aktivitäten des damaligen rheinland-pfälzischen Bezirksvorsitzenden Dieter DÖRFLINGER auf das schärfste (UZ vom 18.12.1989). Mit dem auf dem 10. Parteitag vom 24. bis 25. März 1990 in Dortmund verabschiedeten neuen Statut glaubt die DKP nunmehr, Pressedienst die Voraussetzungen für Der 10. P a r t e i t a g der DKP, der am 2 4 . / 2 5 , März 1990 in Dortmund ihre Erneuerung geschaffen s t a t t f a n d , h a t d i e s e l b s t g e s t e l l t e Aufgabe e r f ü l l t , die DKP zu s t a b i l i s i e r e n und e r s t e S c h r i t t e des Neubeginns e i n z u l e i t e n . Die rund 300 Delegierten des P a r t e i t a g e s d i s k u t i e r t e n den von e i n e zu haben, und hofft, den Kommission vorgelegten Rechenschaftsbericht und s e t z t e n s i c h k r i t i und s e l b s t k r i t i s c h mit der vorausgegangenen Etappe der P a r t e i e n t w L lung und den k r i s e n h a f t e n Prozessen auseinander, in deren Verlauf Zerfallsprozeß aufhalten zu d i e DKP v i e l e Tausend Mitglieder verloren h a t t e . Im Mittelpunkt des P a r t e i t a g e s stand die Diskussio n und BeschluSkönnen. Nach dem Statut, eubeginn der DKP, zur Neufassung en P a r t e i f ü h r u n g . das auf ein Jahr befristet ist, In a l l d i e s e n Punkten h a t der P a r t e i t a g Voraussetzungen für d i e we t e r e Arbeit geschaffen. Mehrheitlich wurden ebenso Anträge angenomi d i e das Eingreifen der DKP in d i e Auseinandersetzungen um die 35-S wählte der Parteitag anstelWoche sowie den Bundestagswahlkampf b e i n h a l t e t e n . Die neugewählte Parteiführung umfaßt 50 M i t g l i e d e r . Der Frauenante le eines Bundesvorsitzen- b e t r ä g t 5o%. Der P a r t e i t a g wählte keine Vorsitzende! Sprecherinnen und Sprecher: Anni d e n einen gleichbeJürgen Priemer und Heinz Stehr. Dem neugewählten P a r t e i v o r s t a n d gehören V e r t r e t e r inner, und V e r t i e t . a l l e r Bezirke sowie aus Betrieb und Gewerkschaft an. rechtigten vierköpfigen Die vier gewählten Sprecherinnen und Sprecher bezeichneten in eine-: e r s t e n Erklärung am Rande des P a r t e i t a g e s Verlauf und Ergebnisse a z u f r i e d e n s t e l l e n d und ein Zeichen für d i e S t a b i l i s i e r u n g und For Sprecherrat (zwei Männer und zwei Frauen), der damit den bisherigen Parteivorsitzenden MIES und seine Stellvertreterin Ellen WEBER ablöst. Mit dem neuen Statut, das auch der Parteibasis mehr Rechte einräumt, soll nach den Worten des neuen Sprecherratsmitglieds PRIEMER mit "überlebten, erschöpften Formen der Partei" gebrochen und "die vollständige Demokratisierung" der Partei begonnen werden. Gleichwohl will die DKP eine "revolutionäre Organisation der Arbeiterklasse" bleiben, die sich dem "orthodoxen Marxismus-Leninismus" verpflichtet fühlt. Der Parteitag beschloß auch, den bisherigen Parteivorstand um fast die Hälfte auf 50 Mitglieder, darunter zwei Vertreter aus Rheinland-Pfalz, zu verkleinern. Abgelehnt wurden die Auflösung der Partei und eine Umbenennung in "PDS-West". In Anwesenheit von Vertretern der KPdSU und der PDS wurde ein Grußwort des PDS-Vorsitzenden, Gregor Gysi, verlesen, in dem sich dieser für das "Maß an Verantwortung der alten SED am jetzigen desolaten Zustand der DKP" entschuldigte. 23 Im Anschluß an den Parteitag äußerten sich führende Funktionäre der DKP öffentlich mit einem gewissen Optimismus zur Zukunft der Partei. Unter Teilnahme zahlreicher "Erneuerer" und ehemaliger Funktionäre der DKP fand vom 31. März 1990 bis 1. April 1990 in Köln ein Strategiekongreß statt. Die Teilnehmer einigten sich darauf, als lockeren Zusammenschluß ein "Sozialistisches Forum" zu gründen, das Personen und Projekte der "Linken" verknüpft. 1.1.3 Finanzpolitische Krise Auf der 9- Parteivorstandstagung am 22. November 1989 sprach das damals für die Finanzen der DKP zuständige Präsidiumsmitglied Kurt FRITSCH erstmals von einer finanzpolitischen Krise und kündigte indirekt das Ausbleiben der gewohnten finanziellen Unterstützung insbesondere durch die damalige SED an (UZ vom 24.11.1989). Anläßlich eines Besuches des früheren DKP-Parteivorsitzenden MIES beim damaligen SED-Generalsekretär Krenz in Berlin (Ost) am 27. November 1989 bestätigte Krenz die Entscheidung der SED, die westdeutschen Kommunisten in Zukunft nicht mehr finanziell zu unterstützen, mit dem Hinweis auf die "völlige Eigenverantwortlichkeit" beider Parteien (UZ vom 28.11.1989). Auch der ehemalige Parteivorsitzende MIES erklärte in einem offenen Brief zur Finanzlage, daß "die solidarischen Hilfeleistungen von Schwesterund Bruderparteien sozialistischer und anderer Länder" fast vollständig eingestellt worden seien (UZ vom 07.12.1989). Gleichwohl kann die DKP mit weiterer Hilfe durch die heutige PDS rechnen, wenn auch in drastisch verringertem Umfang. So kündigte der neue Parteivorsitzende Gysi auf dem außerordentlichen Parteitag der damaligen SED-PDS vom 8. bis 9. Dezember 1989 in Berlin (Ost) an, "westliche Bruderparteien" auch weiterhin unterstützen zu wollen. 24 Der Zusammenbruch der bisherigen gesicherten finanziellen Grundlage veranlagte die Parteiführung der DKP, ihren ca. 500 hauptamtlichen Mitarbeitern zu kündigen (UZ vom 07.12.1989). In der Folge war der Parteivorstand gezwungen, seine Düsseldorfer Zentrale aufzugeben. Eine neue Geschäftsstelle soll in Essen, Hoffnungsstr. 18, eingerichtet werden (UZ vom 06.04.1990). In Rheinland-Pfalz waren von den Kündigungen 24 Personen betroffen; fast alle Parteibüros in Rheinland-Pfalz wurden geschlossen. Dem Ende 1989 nach SS 23 Parteiengesetz vorgelegten Rechenschaftsbericht der DKP für das Jahr 1988 zufolge hatte die DKP Rheinland-Pfalz Einnahmen in Höhe von 734.087,64 DM (1987: 858.236,89 DM) und Ausgaben in Höhe von 709.709,41 DM (1987: 834.579,91 DM) zu verzeichnen; an Mitgliedsbeiträgen erzielte sie 364.774,55 DM (1987: 424.330,00 DM) und an Spenden 321.292,58 DM (1987: 391.824,74 DM).9 Die tatsächlichen Gesamtausgaben der DKP RheinlandPfalz dürften jedoch für die hauptamtlichen Funktionäre und Hilfskräfte, denen erst zum Jahresende 1989 gekündigt worden ist, ein Mehrfaches der auf der Ausgabenseite bezifferten Personalkosten in Höhe von 323.813,99 DM (1987: 338.023,69 DM) betragen haben. Hinzu kommen die Sachausgaben für den kostspieligen Parteiapparat, Aufwendungen für die Unterhaltung der Nebenorganisationen sowie die finanzielle Unterstützung der von der DKP beeinflußten Organisationen. Für alle diese Aufwendungen dürfte die DKP Rheinland-Pfalz auch im Jahre 1989 erneut etliche Millionen DM der mehr als 60 Millionen SED-Gelder erhalten haben, die der Bundespartei auf geheimem Wege zugeflossen sind. Während entsprechende Angaben der Sicherheitsbehörden vom früheren DKP-Präsidiumsmitglied FRITSCH noch im August 1989 als Lüge bezeichnet worden waren, hat die DKP diese Finanzierungshilfe inzwischen öffentlich zugeben müssen (UZ vom 17.12.1989). 1.1.4 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederstand Insbesondere seit dem Jahre 1987 ist ein ständiger Rückgang der DKP-Mitgliederzahl zu verzeichnen. Hatte die DKP nach Feststellung der Behörden für Verfassungsschutz Ende 1988 im Bundesgebiet noch etwa 35.000 Mitglieder, dürfte die Zahl aufgrund der anhaltenden internen Streitigkeiten und der weitreichenden Finanzkrise bis Ende 1989 auf ca . 22.000 Mitglieder gesunken sein. Inzwischen dürfte sich die Mitgliederzahl auf unter 20.000 reduziert haben. Für die Gesamtpartei sind im Rechenschaftsbericht für das Jahr 1988 Einnahmen in Höhe von 22.251.513,39 DM (1987: 23.151.400,07 DM) und Ausgaben mit 21.935.865,35 DM (1987: 21.850.257,98 DM) angegeben. 25 Entwicklung der Mitgliederzahlen der DKP Bundesrepublik Deutschland 42 000 41 000 A 40 000 ^ if 39 000 38 000 \ k 4W 37 000 36 000 35 000 < 34 000 33 000 32 000 31 000 30 000 29 000 28 000 27 000 26 000 25 000 24 000 23 000 22 000 11 V 21000 20 000 19 000 1" 1985 1986 1987 1988 1989 März 1990 Bei den Tabellenwerten handelt es sich um Zirkaangaben Auch die DKP-Bezirksorganisation Rheinland-Pfalz spricht von einem beträchtlichen Mitgliederrückgang. Eine entsprechende Bilanz der Partei weist alleine von Ende 1987 bis Februar 1989 für die DKP Rheinland-Pfalz einen Verlust von 12,4% ihrer Mitglieder aus. Inzwischen dürfte die DKP in Rheinland-Pfalz nur noch ca. 400 Mitglieder haben (1988 ca. 1.000,1989 ca. 700). Mit der anhaltenden Dauer des Richtungsstreites in der DKP ist die politische Arbeit der Bezirksorga26 Entwicklung der Mitgliederzahlen der DKP Rheinland-Pfalz 1985 1986 1987 1988 März 1990 Bei den Tabellenwerten handelt es sich um Zirkaangaben nisation Rheinland-Pfalz10 insbesondere in den Ortsgruppen (1988 ca. 40) weitgehend zum Erliegen gekommen (Ende März 1990 noch ca. 10). Der desolate Zustand der DKP-Bezirksorganisation Rheinland-Pfalz zeigte sich in beispielhafter Weise auch auf der Bezirksdelegiertenkonferenz am 9. Dezember 1989 in Mutterstadt. Von den ursprünglich vorgesehenen 160 Delegierten kamen nur etwa 90, von denen ein Teil die Konferenz wieder vorzeitig verließ, so daß diese letztlich nicht mehr beschlußfähig war. Bezirksvorsitzender der DKP Rheinland-Pfalz war der in der "Erneuererbewegung" der Bundespartei maßgeblich engagierte Dieter DÖRFLINGER aus Mainz. DÖRFLINGER ist am 15. Februar 1990 zusammen mit weiteren 15 führenden rheinland-pfälzischen Funktionären aus der DKP ausgetreten. Begründet wurde dieser Massenaustritt mit der "strukturellen Erneuerungsunfähigkeit" der DKP. Auf einer weiteren Bezirksdelegiertenkonferenz am 17. Februar 1990 in Kaiserslautern wählten die "Traditionalisten" deshalb einen bezirklichen "Arbeitsausschuß" mit Vertretern aus allen elf Kreisorganisationen, um die DKP In Nordrhein-Westfalen und in Bayern gibt es jeweils zwei, in den übrigen Bundesländern je eine Bezirksorganisation. In Berlin (West) treten die orthodoxen Kommunisten als "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) auf 27 Rheinland-Pfalz handlungsfähig zu erhalten. Über die Zukunft der DKP Rheinland-Pfalz soll auf einer Landesmitgliederversammlung am 21. April 1990 in Koblenz entschieden werden. Die internen Richtungskämpfe und die finanzielle Misere der DKP wirkten sich auch auf die vielfältige Pressearbeit der Partei in Rheinland-Pfalz nachteilig aus. Hatte die DKP Ende 1989 noch fünf Betriebszeitungen (1988: elf) und 16 Ortsund Stadtteilzeitungen (1988: 28) vertrieben, ist seit Anfang 1990 das Erscheinen aller dieser Zeitungen eingestellt worden. Von der rückläufigen Entwicklung ist auch das Parteiorgan der DKP "Unsere Zeit" (UZ) betroffen. Das Ausbleiben der SED-Gelder sowie ständig sinkende Abonnentenzahlen zwangen die Parteiführung, die UZ ab 1990 nicht mehr täglich, sondern nur noch wöchentlich einmal erscheinen zu lassen. 1.1.5 Beteiligung an Wahlen in Rheinland-Pfalz Zu den Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz am 18. Juni 1989 hatte die DKP zugunsten von Bündniskandidaturen auf eigene Listen verzichtet. Insgesamt bewarben sich 32 DKP-Mitglieder auf Bündnislisten in zehn Gemeinden; in sechs Gemeinden waren diese erfolgreich.11 Bei der Kommunalwahl 1984 hatten sieben DKP-Mitglieder Mandate erhalten; durch Parteiaustritte und Rücktritte hatte sich die Zahl im Laufe der Wahlperiode auf vier verringert. Die DKP erzielte bei der Wahl zum Europäischen Parlament, die mit den Kommunalwahlen zusammenfiel, 2.873 Stimmen = 0,1%. Im Jahre 1984 hatte sie sich an diesen Wahlen zugunsten der "Friedensliste" nicht beteiligt. 1.1.6 Agitationsschwerpunkte Während es der DKP im Verlaufe des Jahres 1989 wegen ihrer inneren Zerrissenheit meist an agitatorischer Kraft fehlte, besann sie sich zum Ende des Jahres hin wieder - nach bewährter Manier - auf ihre bündnispolitischen Fähigkeiten. Als Ausgangspunkt für eine Zusammenarbeit mit "linken und demokratischen Kräften" erscheint ihr dabei der Kampf gegen eine deutsche Wiedervereinigung besonders geeignet. Bereits Mitte November 1989 hatte das DKP-Präsidium zur Entwicklung in der DDR erklärt, die DKP wolle an alle demokratischen und linken Kräfte herantreten, um mit ihnen gemeinsame Schritte zu unternehmen, die "Integrität der DDR zu bewahren und zu schützen" (UZ vom 16.11.1989) * So gehörten Mitglieder der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen zu den Initiatoren und Teilnehmern einer Über Bündnislisten zogen DKP-Mitglieder in die Stadträte von Idar-Oberstein und Oppenheim, in die Gemeinderäte von Hochstadt, Pfeffelbach undWintrich sowie in den Verbandsgemeinderat Meisenheim ein. 28 Protestdemonstration "Wider die Vereinigung" am 25. November 1989 in Bonn, die vom "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung" (KA) angemeldet worden war. Auch im Jahre 1990 beteiligten sich orthodoxe Kommunisten in mehreren Städten der Bundesrepublik Deutschland - u.a. am 15. Februar 1990 in Mainz - sowie in Berlin (West) an ähnlichen Veranstaltungen, die die DKP als Teil der Kampagne gegen die diplomatische Offensive der Bundesregierung für den "Zehn-Punkte-Plan" des Bundeskanzlers vom November 1989 betrachtet. Die Art und Intensität der UZ-Berichterstattung lassen erkennen, daß die DKP das Thema Wiedervereinigung für sich reklamieren und hierauf schwerpunktmäßig ihre künftige politische Arbeit konzentrieren will. 1.1.7 Bündnispolitik Die Politik der "Aktionseinheit der Arbeiterklasse und des demokratischen Bündnisses", die sogenannte Bündnispolitik, ist weiterhin ein Schwerpunkt der praktischen Arbeit der DKP. Dies wurde noch im Bericht des damaligen DKPParteivorsitzenden MIES am 9. Parteitag der DKP (06. bis 08.01.1989) bestätigt: "Zentralen Stellenwert für die Durchsetzung von Reformpolitik in unserem Land hat die Aktionseinheit der Arbeiterklasse, vor allem von Kommunisten und Sozial-demokraten" (UZ vom 07.01.1989). Auch in ihrem Programmentwurf "Bundesrepublik 2000"12 betont die DKP die "Möglichkeiten von Bündnissen unterschiedlicher Bundesrepublik Breite und Reichweite auf den verschiedenen gesellschaftlichen Deutschland und politischen Ebenen und 2000 Kampffeldern" zur Durchsetzung innergesellschaftlicher ReformalVorschläge der ternativen. DKP Besonderes Gewicht für den Kampf der Arbeiterklasse mißt zu einer die DKP weiterhin den Gewerkfriedensorientierten und schaften zu. Das "Gewerkschaftsdemokratischen politische Forum" der DKP bestätigte am 3- Juni 1989 die PosiReformalternative tion der Partei zur Einheitsgefür die 90er Jahre werkschaft, die auch weiterhin verabschiedet auf der 3. Tagung des Parleivorstands der DKP Orientierungslinie für die Tätigam 17718. März 1989 Verabschiedet auf der 3- Tagung des Parteivorstandes der DKP am 17. und 18. März 198929 keit von Kommunistinnen und Kommunisten in den Betrieben und Verwaltungen sein müsse (UZ vom 06.06.1989). Zum IG-Metall-Kongress im Oktober 1989 in Berlin (West) äußerte der frühere DKP-Vorsitzende MIES auf der 8. Tagung des Parteivorstandes in Düsseldorf, daß es eine unmittelbare, praktische Kampfaufgabe der gesamten Partei sei, zur Vorbereitung auf die Tarifauseinandersetzung und zur Entwicklung einer breiten Solidaritätsbewegung einen maximalen Beitrag zu leisten (UZ-Eigenbeilage vom 04.11.1989). Im solidarischen Kampf sieht die DKP auch Ansätze für eine Neuformierung der Partei. Das gewerkschaftliche Engagement der DKP-Mitglieder ist aus einer DKPPresseinformation anläßlich des 9- Parteitages ersichtlich. Danach waren 681 Delegierte Mitglieder einer DGB-Gewerkschaft. 508 davon haben Gewerkschaftsfunktionen bis hinein in die Hauptvorstände; 169 haben Funktionen in Betriebsund Personalräten. Orgs inisationsübersicht orthodoxer Kommunismus / DKP N. JP rJ DFU SDAJ h- WN-BdA MSB i- KFAZ L_ DFG-VK J11CJ --Vebenorganisatic = Deeinflußte Orga nisa tionen Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis 30 1.2 Nebenorganisationen der DKP Bei den Nebenorganisationen der DKP handelt es sich um organisatorisch selbständige, orthodox-kommunistische Vereinigungen mit eigenen Satzungen und Leitungsgremien, deren maßgebende Funktionen überwiegend von Mitgliedern der DKP wahrgenommen werden. Hinsichtlich des bislang respektierten Führungsanspruchs der DKP wurden bei den DKP-Nebenorganisationen teilweise deutliche Vorbehalte offenbar. Zu den bekanntesten Nebenorganisationen zählen - "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP), - "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) und - "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB). Die innerparteilichen Auseinandersetzungen in der DKP führten 1989 zu einer erheblichen Vernachlässigung der Jugendarbeit, obwohl sie weiterhin für sich in Anspruch nimmt, "Partei der Jugend" zu sein.13 Der schon 1988 von der DKP eingestandene Rückgang des Einflusses in der Jugend setzte sich beschleunigt fort. 1.2.1 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) Mit den im Jahre 1974 gegründeten JP versucht die DKP, Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren ideologisch zu beeinflussen und frühzeitig Vorurteile gegenüber der Partei und ihrer Weltanschauuung abzubauen. Etwa 90 % der Pionierleiter und -leiterinnen gehören nach Angaben derJP-Bundesleitung der DKP oder der SDAJ an. DieJP gehören der Weltkinderorganisation CIMEA14 an, einer Jugendorganisation des sowjetisch gesteuerten "Weltbundes der demokratischen Jugend" (WBDJ). Die JP befinden sich derzeit in einer existenzbedrohenden organisatorischen Krise. Kennzeichnend hierfür ist der im Oktober 1989 erfolgte Rücktritt des Bundesvorsitzenden Gerd HERTEL, der bereits in einem Redebeitrag anläßlich des 9- Parteitags der DKP vom 6. bis 8. Januar 1989 eine Geringschätzung der Kinderarbeit in der DKP beklagt hatte. Im Berichtszeitraum mußten die JP bundesweit einen erheblichen Mitgliederrückgang auf derzeit ca. 800 Mitglieder hinnehmen. Die Tendenz ist weiter rückläufig. In Rheinland-Pfalz traten sie 1989 mit Aktivitäten nach außen nur noch vereinzelt in Erscheinung. Der Schwerpunkt der DKP/JP-Arbeit lag 1989 wieder in der Veranstaltung von Pfingstlagern und in der Durchführung von preisgünstigen Kinderferienreisen in die DDR, die unter dem Motto "Kinderferien in der DDR - bärenstark" standen. Die DKP hofft hierbei, neben der JP-Mitgliedergewinnung auch die Eltern der Parteiprogramm S. 77. Comite International des Mouvements des Enfants et des Adolescents (mit Sitz in Budapest). 31 Kinder für ihre politischen Ziele anzusprechen. Die Beteiligung an der Ferienaktion blieb jedoch hinter den Erwartungen der Veranstalter zurück. Auf der 7. Bundeskonferenz der JP am 3. und 4. März 1990 in Essen sprachen sich die Delegierten für eine Weiterarbeit der JP als selbständigem, souveränem Bestandteil der marxistischen Bewegung aus. Sie beschlossen die "Thesen zur Identität, zum Erhalt und zur Erneuerung derJungen Pioniere" und wählten eine 19köpfige Bundesleitung. 1.2.2 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Die im Jahre 1968 gegründete SDAJ gehört mit bundesweit noch ca. 2.000 Mitgliedern (Stand: 31.12.1989; 1988:6.500) zu den mitgliederstärksten kommunistischen Jugendorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland und stellte bislang die wichtigste Kaderreserve der DKP dar. Die Mitgliederzahl ist weiter rückläufig. Die SDAJ befindet sich derzeit - wie die übrigen DKP-Nebenorganisationen - in einer tiefgreifenden Existenzkrise. Die schon 1988 begonnene Phase der Neuorientierung und Neubestimmung, ausgelöst durch die mit der Umsetzung der Begriffe "Glasnost" und "Perestroika" verbundenen innerverbandlichen Diskussionen um die weitere politische und ideologische Arbeit der SDAJ, eskalierte im Frühjahr 1989 in einem erbitterten verbandsinternen Streit über die grundsätzliche künftige politische Ausrichtung der SDAJ. Ebenso wie in der DKP stehen sich auch in der SDAJ "Traditionalisten" und "Erneuerer" gegenüber. Während die "Traditionalisten" die Festigung der SDAJ als marxistisch-leninistischen Arbeiterjugendverband und die enge Anbindung an die DKP fordern, befürworten die "Erneuerer" die Umgestaltung der SDAJ in einen radikal-demokratischen, von der DKP unabhängigen, pluralistischen Verband. Nach hitzigen Auseinandersetzungen auf dem 10. SDAJ-Bundeskongreß am 17. und 18. Juni 1989 kam es schließlich zur Spaltung der SDAJ. Die "Traditionalisten" bildeten einen "Bundesarbeitsausschuß" (BAA), der den Anspruch erhob, einzige legitime Leitung der SDAJ zu sein. Vorsitzender wurde Patrik KÖBELE1S, SDAJ-Landesvorsitzender von Baden-Württemberg. Auch der bisherige SDAJ-Bundesvorstand - soweit er sich aus "Erneuerern" zusammensetzte - beanspruchte zunächst die alleinige Legitimität, betrachtete sich aber später nicht mehr als Leitung der gesamten SDAJ. Die Spaltung auf Bundesebene setzte sich auch in zahlreichen SDAJ-Landesverbänden fort, wo die "Traditionalisten" eigene SDAJ-Landesarbeitsausschüsse gründeten. Die das Verbandsgeschehen im Jahre 1989 vollständig beherrschenden Richtungsstreitigkeiten führten zu einer weitgehenden Handlungsunfähigkeit der K Patrik KÖBELE wurde auf dem 10. Parteitag der DKP (24725. März 1990 in Dortmund) in den Parteivorstand gewählt. 32 SDAJ nach außen und zu einer Vernachlässigung der traditionellen Arbeitsfelder (Schülerund Betriebsarbeit). Nennenswerte Aktivitäten der SDAJ waren im Berichtszeitraum in der "Antifaschismus"-Arbeit zu erkennen, soweit es der SDAJ gelang, in entsprechenden Aktionsbündnissen mitzuNEOFASCHISMUS wirken. Die SDAJ RheinlandIN DER BUNDESREPUBLIK, Pfalz gab bis September 1989 die Schrift "Aktion-Zeitung RHEINLAND-PFALZ UND RHEINHESSEN für eine antirassistische Kampagne" heraus. Derzeit ist die Situation der SDAJ geprägt von deutlichen Mitgliederverlusten und von einem anhaltenden Verfall Nr. 1 derOrganisationsstrukturen, der insbesondere aus der im Gefolge der Finanzkrise der DKP für die SDAJ sich ergebenden existenzbedrohenden finanziellen Situation resultiert.16 Mit einem Aufruf, "An alle! Sichert die Weiterarbeit der SDAJ! Kämpft mit um revolutionäre Jugendpolitik!", forderte der BAA der SDAJ zu Spenden auf und versuchte, die Notwendigkeit der sozialistischen Arbeiterjugendorganisation zu begründen (UZ vom 19.12.1989)Die bundesweit monatlich herausgegebenen Sprachrohre der SDAJ, die Zeitschrift "elan" (Auflage 8.000) und die "Jugendpolitischen Blätter" (Auflage 1.800) haben zum Jahresende 1989 ihr Erscheinen eingestellt. Neben einem Abonnentenschwund waren hierfür auch Differenzen mit der DKP-gesteuerten "WG-Verlagsund Vertriebsgesellschaft mbH" (Sitz: Neuss) ursächlich. Die SDAJ veranstaltete am 20. und 21. Januar 1990 in Essen einen außerordentlichen Bundeskongreß. Die Delegierten bekundeten ihren Willen zum Neuaufbau der SDAJ und zur Fortsetzung der politischen Arbeit. Sie erneuerten das Bekenntnis zu den Ideen von Marx, Engels und Lenin und zur engen Verbundenheit mit der DKP und wählten einen 34köpfigen Bundesvorstand. SchwerIm Kassenbericht 1988 zur 10. SDAJ-Bundeskonferenz 1989 wurden die monatlichen Durchschnittseinnahmen mit 92.000 DM, bei einem Spendenanteil von 78.100 DM, beziffert. 33 punkte der künftigen Arbeit sollen in der Beteiligung an Bündnissen für die 35Stunden-Woche sowie im "antifaschistischen Kampf liegen. Die SDAJ Rheinland-Pfalz, die sich mehrheitlich den "Erneuerern" zurechnet, mußte im Berichtszeitraum weitere erhebliche Verluste an aktiven Mitgliedern hinnehmen, die mit einer teilweisen Auflösung der Organisationsstruktur einhergingen. Außerdem haben die "Traditionalisten" einen eigenen Landesarbeitsausschuß gebildet und somit auch in Rheinland-Pfalz die Spaltung der SDAJ vollzogen. Derzeit sind in Rheinland-Pfalz in beiden Strömungen lediglich noch Funktionärsgruppen aktiv. Eine Einschätzung der aktuellen Mitgliederzahl ist daher nicht möglich. 1.2.3 "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB) Auch der im Jahre 1971 gegründete MSB mußte erhebliche Mitgliederverluste hinnehmen. Die im Juni 1989 vom MSB noch mit ca. 2.000 angegebene Mitgliederzahl (1988: 3.500) ist weiter rückläufig und dürfte derzeit unter 1.800 liegen. Die 1987 im MSB eingeleitete Phase der ideologischen Neuorientierung und der Umsetzung der von der Sowjetunion ausgehenden Impulse aus "Glasnost" und "Perestroika" führte nicht - wie bei der SDAJ - zur Spaltung der Organisation; der MSB mußte jedoch anläßlich einer Pressekonferenz am 2. Juni 1989 in Bonn zur Herausgabe eines Thesenpapiers zu den Perspektiven des MSB eine negative Verbandsentwicklung eingestehen. Der rückläufige Trend wurde auf die allgemeine Krise der kommunistischen Bewegung, insbesondere der DKP, zurückgeführt. Auf dem 11. Bundeskongreß vom 06. bis 08. Oktober 1989 kündigte der MSB einen radikalen Neubeginn an. Er erklärte die Absicht, sein Verhältnis zu anderen Linkskräften neu zu bestimmen, da in absehbarer Zeit mit und um die DKP kein relevantes revolutionäres Kraftzentrum entstehen werde. Das bisherige Außenbild des MSB - DKP-Orientierung, organisatorische und weltanschauliche Geschlossenheit - sei allerdings nicht von heute auf morgen veränderbar. Man strebe einen parteiunabhängigen Zusammenschluß aller Kräfte links der SPD unter maßgeblicher Beteiligung des MSB an. Der zu diesem Zweck auf Initiative des MSB am 3. und 4. Februar 1990 in Dortmund veranstaltete bundesweite Kongreß "Perspektiven der Studentinnenbewegung - Perspektiven der Linken" diskutierte u.a. die Bildung eines "linken Netzwerkes" an den Hochschulen, dessen Aufbau auf einem Folgekongreß im Sommersemester 1990 erörtert werden soll. Zu der Entwicklung in der DDR erklärte die Sprecherin des MSB-Sekretariats bereits am 13. November 1989, der MSB werte den Reformprozeß in der DDR als Erfolg der Volksbewegung und als historische Chance, den Sozialismus zu 34 erneuern. Er fordere, alle oppositionellen Gruppierungen in der DDR offiziell zuzulassen, und wolle vor allem zu oppositionellen Hochschulgruppen Kontakt aufnehmen. Das Erscheinen der MSB-Monatszeitschrift "rote blätter" (Auflage 6.500) wurde zum Jahresende 1989 aus finanziellen Gründen eingestellt. In der letzten Ausgabe dieser Schrift rief der MSB zu einer Spendenaktion auf, um seine akute Existenzbedrohung abzuwenden. In Rheinland-Pfalz setzte sich die bereits seit Jahren zu beobachtende rückläufige Verbandsentwicklung des MSB fort und führte zu weitgehender Handlungsunfähigkeit der an den Universitäten Mainz, Kaiserslautern und Trier bestehenden MSB-Gruppen. Symptomatisch hierfür ist, daß anläßlich der Studentenparlamentswahlen 1989 keine MSB-initiierte Liste mehr kandidierte. 1.3 DKP-beeinflußte Organisationen Die DKP ist stets darum bemüht, möglichst viele Bürger im Zuge ihrer Bündnispolitik zur Unterstützung kommunistischer Nahziele zu gewinnen. Sie kann sich hierbei bislang auf die Mithilfe einer Vielzahl von überregionalen Organisationen und Initiativen stützen, die sich nach außen meist unabhängig und demokratisch darstellen, tatsächlich jedoch von der DKP gesteuert oder erheblich beeinflußt sind. Der Einfluß der DKP auf solche Organisationen zeigt sich insbesondere darin, daß sie - Forderungen propagieren, die in Teilbereichen mit typisch kommunistischen Zielsetzungen übereinstimmen, - von der DKP materiell unterstützt werden und - mit der DKP eng zusammenarbeiten. 35 Diese Merkmale müssen nicht notwendigerweise alle gleichzeitig vorliegen. Es gibt Organisationen, in denen keine wichtige Entscheidung gegen den Willen derDKP getroffen werden kann; andere hingegen, wie etwa die DFG-VK, haben trotz kommunistischen Einflusses noch Raum für ein politisches Eigenleben. Es gehört zur Strategie der DKP, daß die von ihr beeinflußten Organisationen nicht offen für "revolutionäre" Ziele eintreten. Vielmehr sollen sie Forderungen propagieren, die für sich gesehen nicht auf den ersten Blick als verfassungsfeindlich erscheinen und daher auch die Zustimmung von Demokraten finden können. Auf diesem Wege soll die Hemmschwelle gegenüber einer Zusammenarbeit mit Kommunisten abgebaut werden. Zu den wichtigsten DKP-beeinflußten Organisationen - die auch in RheinlandPfalz aktiv tätig sind - gehören: - die "Deutsche Friedens-Union" (DFU), - die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) und - das "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ). Der "Friedenskampf blieb auch 1989 wichtigstes Aktionsfeld der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen, verlor aber trotz vielfältiger Aktivitäten an öffentlichem Interesse. In den Vordergrund rückte die - besonders von der WN-BdA betriebene - "Antifaschismusarbeif, die zu zahlreichen Aktionsbündnissen mit demokratischen Kräften führte. Ein weiterer Schwerpunkt waren die bundesweiten "Ostermärsche" 1989 und auch 1990, an deren Vorbereitung und Durchführung insbesondere die DFU maßgeblichen Anteil hatte. Die Entwicklung in Mittelund Abrüstung: Osteuropa - insbesondere in der Mo. DDR - und die dadurch hervor11 * gerufenen Richtungskämpfe in J der DKP sowie das Ende der Finanzierung der westdeutschen I ÜToSSS"" Bim)e.t.g Kommunisten durch die ehemalige SED hatten auch für die öiB USA etn vertK" <">r ^ " orthodox-kommunistisch be- m um*M*"otnMHMrk6p,*f|,? {Boss einflußten Organisationen einschneidende Folgen. DFU 36 1.3.1 "Deutsche Friedens-Union'' (DFU) Die DFU wurde im Jahre i960 auf kommunistisches Betreiben als "Volksfrontpartei" gegründet. Nach der Neukonstituierung der DKP im Jahre 1968 verzichtete die DFU zu deren Gunsten zunehmend auf eine eigenständige Kandidatur bei Wahlen. Schließlich gab sie im Mai 1984 den Parteistatus auf und vollzog die Umwandlung in eine "politische Vereinigung". In den programmatischen Festlegungen der DFU zeigt sich eine enge Verbundenheit mit der DKP. So stellte auch das Oberverwaltungsgericht RheinlandPfalz 1987 in einem Rechtsstreit, in dem es um die Entlassung des stellvertretenden Landesvorsitzenden der DFU Rheinland-Pfalz aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen berechtigter Zweifel an seiner Verfassungstreue ging, ausdrücklich fest, daß die DFU dem Einfluß der DKP unterliege.17 In dem Urteil wird bestätigt, daß es sich bei der DFU um eine politische Gruppierung handelt, die programmatischund "politisch-praktisch" ingroßerNähederDKP angesiedelt ist. Mit bundesweit unter 1.000 Mitgliedern - in Rheinland-Pfalz zählt sie derzeit etwa 60 Mitglieder - stellt die DFU eine relativ kleine Organisation dar. Dennoch kam ihr im Berichtszeitraum wieder eine wichtige Rolle in der kommunistischen "Volksfront"-Politik zu. Ihrem bislang aufwendigen und leistungsfähigen "Apparat" von hauptamtlichen Funktionären gehörten - ebenso wie den gewählten Führungsgremien auf Bundesund Landesebene - zahlreiche Kommunisten an. Als Vermittler kommunistischer Nahziele erstreckt sich der Wirkungsbereich der DFU auch weiterhin insbesondere auf den "Friedenskampf", auf Initiativen gegen die sogenannten Berufsverbote, die in der "Krefelder Initiative" zusammengefaßten "berufsbezogenen Friedensinitiativen", wie u.a. die Initiative "Sportler und Sportlerinnen für den Frieden", und nicht zuletzt durch die Initiative "Christen für Abrüstung" (CfA) auf christliche Kreise. Bei den Vorbereitungen zu den bundesweiten "Ostermarsch-Aktionen 1989" nutzte die DFU ihre erprobte bündnispolitische "Infrastruktur" und stellte Teile ihres "Apparates" für Organisationszwecke zur Verfügung. Wie schon in den Vorjahren fungierte der "Ostermarschkreis Rheinland-Pfalz" als Koordinationsstelle und Kontaktadresse für die "Ostermärsche". Seine Anschrift war bislang identisch mit dem früheren Landesbüro der DFU in Mainz, Kaiserstr. 42. Unter den "Ostermarsch"-Teilnehmern 1989 befanden sich zahlreiche Kommunisten. Auf den Kundgebungen sprachen auch führende Funktionäre der DKP. Auch an den "Ostermarsch-Aktionen 1990" beteiligten sich wieder Linksextremisten. Das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 14. Oktober 1987 ist rechtskräftig. Mit Beschluß vom 17.03.1988 hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen. 37 Ein besonderer Arbeitsschwerpunkt der DFU RheinlandPfalz und der maßgeblich von ihr gesteuerten rheinland-pfälzischen "Bürgerkomitees zur Verteidigung der Grundrechte - gegen Berufsverbote" lag 1989 wieder in der Unterstützung des stellvertretenden DFU-Landesvorsitzenden, der 1987 rechtskräftig aus dem Landesdienst als Beamter auf Probe (Lehrer) entlassen worden war. So initiierte man eine bundesweite Solidaritätskampagne, um eine Wiedereinstellung dieses Funktionärs in den Landesdienst zu erreichen. Die DFU blieb von den politischen Richtungskämpfen innerhalb der DKP bisher weitgehend verschont. Durch die schwere Finanzkrise der DKP ist sie jedoch in ihrer Existenz gefährdet. So mußte die Organisation zwischenzeitlich fast allen hauptamtlichen Mitarbeitern kündigen. Auch der technische "Apparat" ist größtenteils aufgelöst worden. Die Bundesgeschäftsstelle in Köln soll vorläufig noch aufrecht erhalten werden. Der DFU-Geschäftsführer Willi van OOYEN erklärte gegenüber der Presse: "Durch die Entwicklung in der DDR ist eine entscheidende Finanzquelle überraschend versiegt." ("die tageszeitung" - Ausgabe Bremen - vom 29.11.1989). Um die Möglichkeiten für eine Weiterarbeit auf Bundesebene zu diskutieren, soll Anfang Juni 1990 ein außerordentlicher Unionstag der DFU stattfinden. Auch der rheinland-pfälzische Landesverband der DFU ist von der finanziellen Krise der DKP betroffen. Als Folge mußte er seine Geschäftsstelle in Mainz auflösen. Trotzdem will die rheinland-pfälzische DFU weiterarbeiten. Als Basis dazu dient ihr ein neues kleines Büro in Mainz, Bilhildisstr. 15. Von hier aus will sie weiterhin Ansprechpartner und Kristallisationspunkt für die "Friedensund Demokratiebewegung" in Rheinland-Pfalz sein. Schwerpunktmäßig beteiligte sie sich an den Vorbereitungen zu den rheinland-pfälzischen "Ostermärschen 1990". Höhepunkt der Veranstaltungen im Lande waren die "Ostermärsche" in Clausen (Pfalz) und Hasselbach (Hunsrück). 1.3.2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) Die WN-BdA wurde im März 1947 als "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN) in Frankfurt am Main gegründet. Im Jahre 1971 gab sie sich den Zusatz "Bund der Antifaschisten" (BdA), um neben ehemaligen Verfolgten auch jüngere "Antifaschisten" zu integrieren. Die WN-BdA zählt heute etwa 14.000 Mitglieder. Die rheinland-pfälzische WN-BdA verfügt derzeit über etwa 500 Mitglieder. Der im Juni 1989 gewählte Landesvorstand bestand zu etwa zwei Dritteln aus Kommunisten. Die WN-BdA ist die wichtigste Vorfeldorganisation der orthodoxen Kommunisten für die von ihnen betriebene "Antifaschismus-Kampagne", mit der sie sich zum Nahziel gesetzt haben, das Demokratieverständnis des Grundgesetzes auf 38 dessen "antifaschistischen Gehalt" zu reduzieren, den Kommunismus "hoffähig" zu machen und somit die Verfassung im marxistisch-leninistischen Sinne umzuwerten ("semantischer Klassenkampf). Als Träger dieser Kampagne ist es der WN-BdA insbesondere 1989 erneut gelungen, zahlreiche Aktionsbündnisse gegen das Auftreten von Rechtsextremisten und anderen von ihr als faschistisch b e z e i c h n e t e n Gruppen zu initiieren. In diesen Bündnissen arbeiteten zumeist orthodoxe Kommunisten, häufig auch Gruppierungen der "Neuen Linken" bis hin zu "Autonomen" mit Vertretern demokratischer Organisationen zusammen. Linksextremisten befürworten oder rechtfertigen dabei auch Gewalttätigkeiten gegen "Altund Neonazis" oder stellen das Einschreiten von Polizeibeamten als "blutige Übergriffe und Polizeiterror" dar, wie beispielsweise in den Wormser DKPStadtnachrichten (Ausgabe April '89) einen Polizeieinsatz j ANTIFASCHISTISCHE inMonzemheim. [.BUNDESREPUBLIK Auch in Rheinland-Pfalz betrieb die WN-BdA im Jahre 1989 schwerpunktmäßig "antifaschistische" Bündnispolitik. Erfolg hatte sie damit u.a. in Worms, Trier, Koblenz und Kaiserslautern. So initiierte in Kaiserslautern "unsere Kreisvereinigung einen Aufruf 'Kein neuer Morgen für die von gestern', der von 19 Organisationen und Gruppen, 146 Erstunterzeichnern und weiteren gut 500 Einzelunterzeichnern unterstützt worden ist" ("antifaschistische rundschau" Nr. 2/ Februar 1989), darunter eine Vielzahl von Kommunisten und kommunistischen Gruppierungen. Darüber hinaus gab die WN-BdA Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit der SDAJ Oppenheim eine Broschüre "Neofaschismus in der Bundesrepublik, Rheinland-Pfalz und Rheinhessen" heraus. Höhepunkt der von der WN-BdA Rheinland-Pfalz mitgetragenen "Antifaschismus"-Aktionen war ein am 17. Juni 1989 in Mainz unter bundesweiter Beteiligung (ca. 1.000 Personen) durchgeführtes "Antifaschistisches Fest". Hauptverantwortlicher der Veranstaltung war Kurt FALLER, damals Mitglied der DKP und Bundessekretär der WN-BdA. 39 Die WN-BdA, bei der die Führungsgremien - auch in den Landesvereinigungen von orthodoxen Kommunisten beherrscht wurden, ist von den Auswirkungen der Richtungskämpfe innerhalb der DKP am schwersten betroffen. Der Bundesvorstand gab zu, bei Personalentscheidungen nicht frei von der DKP gewesen zu sein. Trotz heftiger Auseinandersetzungen konnten sich die "Traditionalisten" letztlich gegen die meist jüngeren "Erneuerer" behaupten. Auf einer am 13Januar 1990 durchgeführten Bundesvorstandssitzung erklärten die Mitglieder des Sekretariats und des Präsidiums ihren Rücktritt. Mit dem Beschluß, eine Kommission einzusetzen, die die Abhängigkeit von der DKP aufarbeiten und für den 9- und 10. Juni 1990 einen Bundeskongreß vorbereiten soll, wurde der Wille zum Fortbestand der Organisation deutlich. Aufgrund der Finanzkrise der DKP und der eigenen Abhängigkeit von dieser Partei stellt sich jedoch auch für die WN-BdA die Existenzfrage. Da die Eigeneinnahmen aus Beiträgen und Spenden nicht ausreichen, mußte u.a. die Bundeszentrale in Frankfurt am Main zumjahresende 1989 aufgegeben werden. Allen hauptamtlichen Mitarbeitern wurde gekündigt. Die Mitgliederzeitschrift "antifaschistische rundschau" wurde im Dezember 89 ebenfalls eingestellt. Die rheinland-pfälzische Landesvereinigung der WN-BdA hat Ende Januar 1990 auf einer außerordentlichen Landesmitgliederversammlung beschlossen, ihre Arbeit - trotz Mitgliederschwund - fortzusetzen. Voraussetzung dafür sei eine Lösung von der DKP. Die WN-BdA-Geschäftsstelle in Mainz soll aufrechterhalten und zu einem "antifaschistischen" Kommunikationsund Informationszentrum ausgebaut werden. Durch eine Umstrukturierung und politische Erneuerung will die WN-BdALandesvereinigung für neue Mitglieder attraktiver werden. Auf einer ordentlichen Mitgliederversammlung im Herbst 1990 soll endgültig über den Fortbestand der Organisation entschieden werden. 1.3-3 "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) Das im Jahre 1974 gegründete "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) blieb auch im Jahre 1989 ein wichtiges Instrument im kommunistischen "Friedenskampf". Als "Filiale" des sowjetisch gesteuerten "Weltfriedensrates" (WFR) in der Bundesrepublik Deutschland konzentrierte es sich vor allem auf die bundesweite Verbreitung von Publikationen. Seinem zentralen Leitungsgremium, dem "Büro" in Köln, gehören führende Funktionäre der DKP und von ihr beeinflußter Organisationen an. In Rheinland-Pfalz trat die Kaiserslauterer KFAZ-Gruppe 1989 - wie schon in den Jahren zuvor - durch eigene Veranstaltungen und die Beteiligung an verschiedenen regionalen "Friedensaktionen" in Erscheinung. Daneben beteiligte sie sich insbesondere an der von der WN-BdA betriebenen "AntifaschismusKampagne". Seit Anfang 1990 war die Kaiserslauterer KFAZ-Gruppe maßgeblich an der Vorbereitung der diesjährigen rheinland-pfälzischen "Ostermarsch"Aktionen in der Pfalz (Clausen/Ramstein) beteiligt. 40 1.3-4 "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen e.V." (DFG-VK) - Bundesverband - Die DFG-VK entstand im Jahre 1974 durch den Zusammenschluß der "Deutschen Friedensgesellschaft - Internationale der Kriegsdienstgegner" (DFGIdK) mit dem "Verband der Kriegsdienstverweigerer" (VK). Im Bundesverband der DFG-VK waren auch im Berichtszeitraum entscheidende Positionen mit Kommunisten besetzt. So gehören dem "Bundessprecherinnenkreis" Gregor WITT, Mitglied der DKP, und Heinrich HÄBERLEIN, Mitglied der WN-BdA und des WFR, an. In den einzelnen Landesverbänden ist der kommunistische Einfluß unterschiedlich stark.18 Die DFG-VK hatte Ende Oktober 1989 bundesweit etwa 10.000 Mitglieder, die in 148 Ortsgruppen organisiert sind. Die Agitationsschwerpunkte der DFG-VK konzentrierten sich wiederum auf die Themen "Kriegsdienstverweigerung" (KDV) und "Zivildienst". Als "spektakulärste KDV-Aktion seit langem" wertete die DFG-VK ihre gemeinsame Informationskampagne mit der IG Metall-Jugend zur "Kriegsdienstverweigerung". In einer gemeinsam herausgegebenen Erklärung heißt es unter anderem: "Massenhafte, hunderttausendfache Kriegsdienstverweigerung kann zu einem unübersehbaren Druckfaktor auf die Regierenden werden, Abrüstung voranzutreiben!". Auf dem Bundeskongreß der DFG-VK am 28. und 29. Oktober 1989 zogen die Delegierten eine positive Bilanz ihrer "friedenspolitischen" Bündnisarbeit. So habe die Mitarbeit im "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung" (KA)19 die Ausstrahlung der Organisation erhöht; dies gelte auch für die gemeinsame Informationskampagne mit der IG Metall-Jugend. In einer einstimmig angenommenen Resolution erklärten die Delegierten unter Bezugnahme auf ein Urteil des Frankfurter Landgerichts vom 20. Oktober 1989 (sogenanntes Soldaten-Urteil)20: "Wir werden also auch in Zukunft von unserem Recht auf freie Meinungsäußerung... Gebrauch machen. Wir werden weiterhin, wo es notwendig ist, sagen und schreiben: 'Alle Soldaten sind potentielle Mörder'." Vom Landesverband Rheinland-Pfalz der DFG-VK gingen im Berichtszeitraum keine erkennbaren Aktivitäten aus. Der KA, in dem insbesondere das "DKP-Spektrum" überrepräsentiert war, verlor im Jahre 1989 weiterhin an Bedeutung und wurde am 17. Dezember aufgelöst. Am selben Tag wurde unter Beteiligung von linksextremistischen Organisationen und Gruppierungen eine bundesweite "Friedenskooperative" als Ersatz für den KA gegründet. Diese soll im Gegensatz zum ehemaligen KA nicht als Vertretung der "Friedensbewegung", sondern als "parteiunabhängige und basisnahe Dachorganisation" für alle in der "Friedensbewegung" tätigen Gruppen und Initiativen fungieren. Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az.: 50 Js 26 112/84 NS, in dem es um die Äußerung eines Arztes geht, der Soldaten als "potentielle Mörder" bezeichnet hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 41 2. "Neue Linke" Neben den orthodoxen Kommunisten streben auch die Organisationen und Gruppen der "Neuen Linken" die revolutionäre Beseitigung der Staatsund Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland an. Dabei berufen sie sich auf die Lehren von Marx, Engels, Lenin und Trotzki sowie verstärkt auf die Ideen Mao Tse Tungs, die durch die gewaltsame Zerschlagung der Demokratiebewegung in China im Sommer 1989 wieder an Bedeutung gewonnen haben. Ziel der Marxisten-Leninisten und Trotzkisten ist es, über die "Diktatur des Proletariats" zu einer kommunistischen Gesellschaft zu kommen. Ein Teil der "Neuen Linken" vertritt auch anarchistische Ideen. Der sich im Berichtszeitraum abzeichnende Niedergang der orthodoxen Kommunisten ließ die Gruppen der "Neuen Linken" ideologisch und organisatorisch Organisationsübersicht "Neue Linke" Revolutionär-marxistische Anarchisten Gruppen MLPD Autonome BWK "Gewaltfreie KB Aktionsgruppen" AB "Anarcho-Syndikalisten/ Anarcho-Kommu nisten" VSP Trotzkistische Gruppen sonstige anarchistische Gruppen MG Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis 42 weitgehend unberührt. Sie hoffen vielmehr auf einen personellen Zuwachs aus den sich zum Teil auflösenden orthodox-kommunistischen Organisationen. Seit Beginn des Jahres 1989 sind gleichzeitig Bemühungen, überwiegend von Angehörigen der "Neuen Linken", festzustellen, revolutionär-sozialistische Kräfte und Gruppen in einem Bündnis "Radikale Linke" zu sammeln. Sie sind von dem Scheitern der "Linken" auf der demokratisch-politischen Ebene enttäuscht. Ihre Aktionsfelder sehen sie u.a. im "Antifaschistischen Kampf sowie in der Bekämpfung der "Wiedervereinigung" und eines "Europa der Monopole". Eine Konsolidierung der "Radikalen Linken" ist jedoch noch nicht erfolgt. 2.1 Revolutionär-marxistische Gruppen Zu den revolutionär-marxistischen Gruppen der "Neuen Linken" zählen die marxistisch-leninistischen Parteien und Bünde (K-Gruppen), die trotzkistischen Gruppen und einige andere Organisationen, die aufgrund der marxistischen Ideologie revolutionäre Umwälzungen herbeiführen wollen. 2.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die 1982 gegründete MLPD bekennt sich zu den Lehren von Marx, Engels, Lenin und auch von Stalin. Sie verurteilte die Niederschlagung der Demokratiebewegung in China durch die chinesische Parteiführung im Sommer 1989 als "sozialfaschistisches Massaker" und hebt stattdessen die großen Verdienste und Lehren von Mao Tse Tung hervor. Zur Erhöhung ihres Bekanntheitsgrades beteiligte sich die MLPD an einigen Kommunalwahlen und der Europawahl am 18. Juni 1989 unter dem Motto "Gegen ein Europa der Monopole". Bei dieser errang sie bundesweit für sie enttäuschende 10.162 Stimmen (Rheinland-Pfalz 332). Einen Schwerpunkt sieht die Partei in der Kinderund Jugendarbeit. Für ihre Kinderorganisation "Rotfüchse", den "Arbeiterjugendverband (MarxistenLeninisten)" (AJV/ML) sowie den "Marxistisch-Leninistischen Schülerund Studentenverband" (MLSV) führt sie alljährlich Sommerlager durch. Im vergangenen Jahr fanden diese in der Zeit vom 2. Juli bis 19August 1989 auf der Hochfläche des Loreleyfelsens (Rhein-Lahn-Kreis) in Rheinland-Pfalz statt. Zur Verbreitung ihrer Ideen bedient sich die MLPD vor allem ihres Presseorgans "Rote Fahne". Die MLPD verfügt in Rheinland-Pfalz über Ortsgruppen in Mainz und Ludwigshafen am Rhein. Aktivitäten zeigte sie 1989 außerdem in Kaiserslautern. 2.1.2 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) Der BWK bekennt sich zur "proletarischen Revolution" und zur "Diktatur des Proletariats" im marxistischleninistischen Sinne. Er fordert die "Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates". Der BWK, der in Rheinland-Pfalz durch die 43 Verteilung von Flugblättern in Erscheinung tritt, beteiligte sich im Berichtszeitraum vorwiegend an "antifaschistischen", "antimilitaristischen" und "antiimperialistischen" Aktionen anderer Organisationen. Einzelne Mitglieder sind maßgebend im Vorstand der 1979 gegründeten "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT) vertreten21. Die fortgeführten Vereinigungsgespräche des BWK mit der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP) scheiterten im Januar 1990 endgültig. 2.1.3 "Kommunistischer Bund" (KB) Der KB, der schwerpunktmäßig in Hamburg aktiv ist, will die "gewaltsame Zerschlagung des Staatsapparates" und seine "Ersetzung durch rätedemokratische Strukturen" erreichen. Einzelne Mitglieder des KB sehen die radikal-ökologische Bewegung als gescheitert an und arbeiten federführend am Aufbau einer neuen Gruppierung, der "Radikalen Linken", mit. Zur Publizierung ihrer ideologischen und politischen Ansichten stellt der KB sein Organ "ak-Arbeiterkampf" zur Verfügung. In Rheinland-Pfalz wurden im Berichtszeitraum Aktivitäten des KB in Trier festgestellt. 2.1.4 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) Der überwiegend in Bayern aktive AB konnte bei der "Bekämpfung des Antifaschismus" im Jahre 1989 eine größere eigene Aktion zum "Antikriegstag" (1. September) durchführen. Mit Hilfe von außenstehenden Persönlichkeiten und Organisationen inszenierte er - nach gerichtlicher Auseinandersetzung - am 2. September 1989 Bertolt Brechts Gedicht "Die Legende vom toten Soldaten". Eine Aufführung dieses Werkes im Jahre 1985, ebenfalls in Bitburg, war damals an einem behördlichen und gerichtlichen Verbot gescheitert. Die jüngste Kampagne des AB richtet sich gegen die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Um seinem Protest Ausdruck zu verleihen, führte der AB am 12. Januar und 15. Februar 1990 in Mainz Demonstrationen durch. In Rheinland-Pfalz verfügt der AB über eine Ortsgruppe in Mainz, die für die Metallbetriebe die Betriebszeitung "DER ROTE NIETHAMMER" herausgibt. 2.1.5 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) Die am 4. und 5. Oktober 1986 aus dem Zusammenschluß der "Kommunistischen Partei Deutschlands (Marxisten-Lenisten)" (KPD) und der trotzkistischen "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) entstandene VSP hat sich zur Aufgabe gesetzt, die "Arbeitervorhut für die sozialistische Umwälzung der GesellDie Gründung der Volksfront geht auf die "Kommunistische Partei Deutschlands (MarxistenLeninisten)" (KPD) zurück, die sich 1986 selbst aufgelöst hat. 44 ROTER MORGEN Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands 4650 Geteenurchen, Postf. i o 1563 Sonderausgabe SOZ-Thema: I I fIZum IG MetallGewerkschaftstag 16. September 1989 20.Jg.Nr.38 F2583C "0201(259111DM Po.tf.cti 103112, 4300 E Nr. 19 4.Jahrgang 28.9.1989 DM1.50 5/89 DM 2.50 B 5045 F MSZ Gegen die Kosten der Freiheit Januar/Februar 1989 DER ROTE NIETHAMMER A R B E I T E R B U N D FÜR D E N WIEDERAUFBAU DERKPD Vlarxistische Schulzeitung MARXISTISCHE GRUPPE (MG) schaft zu gewinnen" und einen Beitrag "zur Schaffung einer revolutionären, sozialistischen Massenpartei" zu leisten. Orientierungslosigkeit und interne Richtungskämpfe setzten sich im Jahre 1989 fort. Ohne Ergebnis endeten die seit 1986 begonnenen Gespräche mit dem BWK über einen Zusammenschluß. Die VSP sieht hingegen eine Chance, Anhänger aus den orthodox-kommunistischen Organisationen zu gewinnen. U.a. bemüht sich auch die VSP-Jugendzelle "Rhein-Neckar" in Ludwigshafen am Rhein um Kontakte zur SDAJ und um den Aufbau einer "Revolutionär-Sozialistischen Jugendgruppe BARRIKADE". Dafür wirbt sie auch in dem VSP-Organ "Sozialistische Zeitung" (SoZ). Außer in Ludwigshafen am Rhein ist in RheinlandPfalz noch eine Ortsgruppe in Mainz/Wiesbaden aktiv. In Thalhausen (Kreis Neuwied) führt die VSP zentrale Schulungen für ihre Mitglieder durch. 2.1.6 Trotzkistische Gruppen Die trotzkistischen Gruppen fordern in ihrer Ideologie die "permanente Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" durch ein "Rätesystem". Auch nach der Fusion der GIM, der seinerzeit größten trotzkistischen Gruppe, mit der KPD zur VSP im Jahre 1986 blieben die übrigen trotzkistischen Gruppen weiterhin aktiv. So kandidierten bundesweit für die Wahl zum Europäischen Parlament am 18. Juni 1989 die "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA), deutsche Sektion der "IV. Internationale (Internationales Zentrum für ihren Wiederaufbau)", und der "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA), deutsche Sektion des trotzkistischen "internationalen Komitees der Vierten Internationale". Die ISA erhielt dabei 10.350 (Rheinland-Pfalz 651) und die BSA 7.816 (Rheinland-Pfalz 465) Stimmen. In Rheinland-Pfalz ist die "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) in Ludwigshafen am Rhein aktiv. Ihre Ideologie verbreitet die SAG in dem monatlich erscheinenden "Klassenkampf. 2.1.7 "Marxistische Gruppe" (MG) Die zu Beginn der 70er Jahre in Bayern aus revolutionär-marxistischen Diskussionszirkeln - "Rote Zellen" - entstandene MG nimmt innerhalb des Linksextremismus auch weiterhin mit ihrer Organisationsstruktur, der Zusammensetzung ihres Mitgliederbestandes und ihren nihilistischen politischen Aussagen eine Sonderstellung ein. Die Mitglieder rekrutieren sich überwiegend aus Akademikern, Studenten und Schülern. Die MG verfügt bundesweit über ca. 5.000 fest eingebundene Mitglieder und zusätzlich mehrere tausend Sympathisanten. Die MG ist anarchistisch ausgerichtet, argumentiert marxistisch, organisiert sich nach leninistischem Prinzip, verhält sich wie ein politischer Geheimbund und weist Merkmale einer Sekte auf. 46 Publikationen, wie beispielsweise die "MSZ - Marxistische Streitund Zeitschrift - gegen die Kosten der Freiheit", die "Marxistische Arbeiterzeitung" (MAZ), die "Marxistische Hochschulzeitung", die "Marxistische Schulzeitung" werden in großer Auflage hergestellt und vertrieben. Einen offenen Einblick in die inneren Strukturen der MG gab MARXISTISCHE GRUPPE eine Sendung des Bayerischen BBSBEBBBBBB--i Rundfunks am 13. Dezember 1989 u.a. über die UnterwandeDie Mauer ist weg - rung öffentlicher Einrichtungen wer hat was davon? durch die MG. Diese Reportage MARXISTISCHE GRUPPE führte zu einer gewissen Verunsicherung der MG-Anhänger und Gegen den deutschen Wahn 2 löste heftige interne AuseinanBrauchen die drüben dersetzungen aus. freie Wahlen? MARXISTISCHE GRUPPE Rheinland-Pfalz liegt im Einflußbereich des MG-Zentrums Frankidjy,i-r"ir,'r^rT^wi furt am Main. Die MG versuchte Wem gehört die DDR? in Mainz durch Aktionen, wie Verteilen von InformationsmateMARXISTISCHE GRUPPE rial, Anhänger zu gewinnen. Im Rahmen ihrer Kampagne gegen Die SED - lauter Lumpen? die Wiedervereinigung agitierte Siiiliiiisriius, wie gute Deutsche ihn mögen sie insbesondere in den Monaten MARXISTISCHE GRUPPE November und Dezember 1989 mit einer Flugblattserie "Gegen DDR kaputt - und jetzt? den deutschen Wahn" auch im Ein offenes W o r t a n alfe, die ... Stadtgebiet von Mainz. 2.2 Anarchisten Die Anarchisten bilden innerhalb der "Neuen Linken" einen uneinheitlichen - mitunter diffus wirkenden - Teil des linksextremistischen Spektrums. Charakteristisch für den Anarchismus in der Bundesrepublik Deutschland sind seine drei wesentlichen Strömungen - Autonome - "Gewaltfreie Aktionsgruppen" - "Anarcho-Syndikalisten/Anarcho-Kommunisten". Ziel der Anarchisten ist die revolutionäre Abschaffung jeglicher Form von Herrschaft. Dies bedeutet die Beseitigung von Staat, Parlamentarismus und aller darauf orientierter Institutionen. An deren Stelle soll eine "befreite Gesellschaft" treten, die sich ohne staatliche Funktionen "selbst organisiert". 47 In dieser Zielsetzung besteht unter den Anarchisten weitestgehend Einigkeit. Unterschiede gibt es jedoch hinsichtlich der Gestaltung des revolutionären Weges dorthin. Einige orientieren sich dabei an den Modellen des traditionellen Anarchismus, andere versuchen, neue Formen des Anarchismus zu praktizieren. Vereinzelt ist auch ein Hang zum Nihilismus erkennbar, der sich in einer Haltung extremer AntiStaatlichkeit ohne erkennbares ideologisches Konzept äußert. 2.2.1 Autonome Zu Beginn der achtziger Jahre entstand eine militante Protestbewegung, die mittlerweile mehrere tausend Aktivisten und Sympathisanten umfaßt. Als Bezeichnung für diesen Personenkreis dient der Begriff "Autonome" (sinngemäß "nach eigenen Gesetzen lebend"). Im Mittelpunkt ihres Handelns steht die eigene Person und deren uneingeschränkte Selbstverwirklichung. Da der Staat nach Ansicht der Autonomen dem im Wege steht, müssen er bzw. seine Institutionen "zerschlagen" werden. Aus diesem Verständnis heraus lehnen die Autonomen Führungsstrukturen ab und beschränken sich in ihrer Organisierung weitgehend auf eine interne Informationsvernetzung. Bei den zahlreich existierenden autonomen Gruppen handelt es sich zumeist um lose Zusammenschlüsse auf der Basis persönlichen Kennens und Vertrauens. In Rheinland-Pfalz gibt es solche Gruppen in mehreren Städten, so schwerpunktmäßig in Mainz. Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept. Der Anarchismus traditioneller Prägung findet bei ihnen wenig Beachtung. Sie orientieren sich vielmehr an verschwommenen anarchistischen, bisweilen auch nihilistischen Vorstellungen und Zielen. Ein wesentliches Merkmal autonomen Handelns sind militante Kampfformen: Gewalt gegen Sachen und gegen Personen. In der Zeitschrift "Swing - autonomes rheinmain-info" (Nr. 5, April 1989) warnen Autonome davor, die Aktivitäten der Bewegung auf eine "Anti-Repressionshal18 tung" zu reduzieren. Politische Freiheit sei nur über den Kampf um soziale Befreiung, über die "soziale Revolution" zu erreichen. Entschlossener Widerstand müsse die Grenzen der Legalität sprengen, sonst bleibe er uneffektiv. Ihr militantes Verhalten, das alle Lebensbereiche einschließt, soll den Autonomen helfen, eine "Gegenmacht" zur Bekämpfung des staatlichen Gewaltmonopols aufzubauen. Um "Gegenmacht" und "Gegenkultur" zu verwirklichen, ist es für sie von besonderer Bedeutung, "Freiräume" zu schaffen. Diese "Freiräume" werden unter "weitreichendem Ausschluß staatlicher Zugriffsmöglichkeiten zu Aktivitäten in ihrem Sinne genutzt. Die Ereignisse in der Hamburger "Hafenstraße" verdeutlichen dies in besonderer Weise. Auch in zahlreichen anderen bundesdeutschen Städten gelang es den Autonomen, in zunehmendem Maße durch die Besetzung einzelner Häuser solche "Freiräume" zu erkämpfen. So kam es beispielsweise in Mainz unter maßgeblicher Beteiligung der örtlichen autonomen Szene am 12. und 13Juni 1989 zu einer Hausbesetzung in der Gaustraße 42. Auf Interesse stieß in autonomen Kreisen auch der zehnte Hungerstreik der Inhaftierten der "Rote Armee Fraktion" (RAF) und des "Antiimperialistischen Widerstands" im Frühjahr 1989Diesen über Wochen andauernden Hungerstreik begleiteten die Autonomen mit Solidaritätsaktionen. Bei ihrem Bemühen, eine gemeinsame Position mit den Inhaftierten zu finden, erhoben sie den "KnastkampP für eine autonome Organisierung von Gefangenen, und zwar als Voraussetzung für revolutionäre Bewegung "im Knast und draußen", zu ihrer zentralen Forderung. Den Abbruch des Hungerstreiks (12. Mai 1989) nahmen viele Autonome daher mit Enttäuschung und Mutlosigkeit auf. Vor allem beklagten sie, daß die Gefangenen die Solidaritätsbewegung über Wochen ohne "Orientierung" gelassen hätten. Trotz dieser Kritik mahnten Anhänger autonomer Gruppen, nicht in Resignation zu verfallen. Auch wenn man das mit dem Hungerstreik verfolgte Ziel nicht erreicht habe, sei dennoch eine breite öffentliche Diskussion in Gang gekommen, die viele Gräben innerhalb der Linken zugeschüttet und neue Wege zur Zusammenarbeit freigemacht hätte. Wachsende Bedeutung erlangte im Jahr 1989 die seit längerem unter den Autonomen geführte "Faschismus-Diskussion". Im autonomen Szenenblatt "radikal" (Nr. 137, Mai 1989, Seite 27) wird hierzu u.a. folgendes ausgeführt: "... es gibt kaum einen Bereich, der so in der autonomen Bewegung verwurzelt ist, wie antifaschistische Arbeit. Es gibt auch kaum einen Bereich, in dem autonome Organisierung und konkrete Bündnisarbeit soweit fortgeschritten sind. Besonders in der Provinz kommen viele Genossinnen über antifa zu einem revolutionären Bewußtsein." 49 Autonome sehen es als selbstverständlich an, "Faschisten" - unter Anwendung von Gewalt und Militanz - zu "bekämpfen'' und zu "zerstören". Als Hauptfeinde gelten rechtsextremistische und rechtsradikale Gruppierungen, wie z.B. NPD, DVU und "Die Republikaner". In den Kampf gegen "Faschismus" muß jedoch - nach autonomem Verständnis - auch konsequenterweise der Kampf gegen den Kapitalismus und seine Herrschaftsapparate einfließen. In der Bundesrepublik Deutschland sehen die Autonomen beispielsweise einen Staat, der in "ungebrochener Tradition" des sogenannten Dritten Reiches steht. Er selbst und seine Institutionen würden dafür sorgen, daß ein "faschistisch" orientiertes, gesamtwirtschaftliches System störungsfrei funktioniert. Ein besonderes Angriffsziel für Autonome stellt deshalb auch die Polizei dar, der man u.a. Parteilichkeit zugunsten der "Faschisten" vorwirft. Die Zeitschrift "radikal" (Nr. 137, Mai 1989, S. 39) konkretisiert diesen Vorwurf: "Der Bullenapparat... funktioniert nicht groß anders wie faschistische Organisationen, nach dem Führerprinzip . Am deutlichsten bekommt das der Widerstand auf der Straße zu spüren, noch spezieller im Kampf gegen die Faschisten. Verprügelt und kriminalisiert werden grundsätzlich Antifaschistlnnen. Bullen kooperieren fast genauso offen mit Faschisten, wie sie mittlerweile auch öffentlich mit ihren Zielen sympathisieren." Mit dieser breit angelegten "Faschismusdiskussion" innerhalb der Autonomen und den damit verbundenen Anstrengungen um gemeinsame ideologische Grundpositionen ist es offenbar gelungen, untereinander wieder eine stärkere Bindung zu erreichen bzw. den eigenen militanten Aktionen einen noch höheren Legitimationsanspruch zu verleihen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Ereignisse, die sich nach dem tödlichen Unfall einer Autonomen am 17. November 1989 in Göttingen und danach in anderen Städten der Bundesrepublik abgespielt haben: Im Zusammenhang mit dem tragischen Verkehrsunfall, der von der Szene allein der Polizei angelastet wurde, kam es in mehr als 30 Städten zu Sachbeschädigungen an Kaufhäusern, Banken und öffentlichen Gebäuden. In Berlin (West) und in mehr als 15 Städten im Bundesgebiet mobilisierten Linksextremisten zu Protestkundgebungen und Demonstrationen, bei denen auch Polizeibeamte tätlich angegriffen wurden. Für den 25. November 1989 riefen "autonome Antifaschisten" sogar zu einer "bundesweiten Demo" in Göttingen auf. Es beteiligten sich etwa 15.000 Personen, darunter etwa 2.500 meist vermummte Anhänger autonomer und antiimperialistischer Gruppierungen aus dem gesamten Bundesgebiet und Berlin (West); dabei kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen. Angehörige der Mainzer autonomen Szene zählen zu den maßgeblichen Initiatoren für einen zunächst im März 1990 in Mainz geplanten "Antiimperialistischen Kongreß" Es handelt sich dabei um einen Versuch, eine Veränderung der bisherigen Praxis "revolutionärer und linksradikaler Politik" in die Wege zu leiten. Hierzu fanden jeweils in Mainz, u.a. in der Evangelischen Studentenge50 meinde, mehrere Vorbereitungstreffen statt. Im Mittelpunkt der Treffen stand die kritische Auseinandersetzung mit einem mehrseitigen Diskussionspapier "was tun? im land der schweine?". Für den "Antiimperialistischen Kongreß", der wegen thematischer Abstimmungsschwierigkeiten unter den Teilnehmern auf Juni 1990 verschoben wurde, erhoffen sich die Initiatoren, eine möglichst große Anzahl verschiedenster linker Gruppierungen im Rhein-MainGebiet und darüber hinaus motivieren zu können. Um den beteiligten Gruppen den jeweils aktuellen Stand der Vorbereitungen zu vermitteln, wird von den Veranstaltern sporadisch die Schrift "Kongreßinfo" herausgegeben. Hieraus ergibt sich auch, daß mit mehreren RAF-Gefangenen, wie z.B. Hanna KRABBE (JVA Lübeck) und Eva HAULE (JVA Preungesheim), seit Anfang 1990 Briefkontakte bestehen. WAS TUM > ^ - IM U N D l>PSß\SCHWPSik)S? 2.2.2 "Gewaltfreie Aktionsgruppen" Bundesweit firmieren unter der Bezeichnung "Graswurzelbewegung" seit Beginn der siebziger Jahre sogenannte gewaltfreie Aktionsgruppen und Trainingskollektive. Sie setzen sich für eine "tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzung" ein, in der durch Macht von unten alle Formen von Gewalt und Herrschaft abgeschafft werden sollen" ("Graswurzelrevolution"). Um ihr gestecktes Ziel zu erreichen, bedienen sie sich "direkter gewaltfreier Aktionen". Diese umfassen 51 neben "massenhaftem zivilem Ungehorsam", wie Mißachtung von Gesetzen und Verweigerungshandlungen, auch Sabotagehandlungen in Form von Gewalt gegen Sachen. Die Anhänger der "Graswurzelbewegung" sind bundesweit mit etwa 500 Personen zu beziffern. Sie verteilen sich auf ungefähr 80 Gruppen und Kollektive, die mehrheitlich in der bundesweiten "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen" (FöGA) organisiert sind. Als Koordinationsstelle betreiben sie eine "Graswurzelwerkstatt" mit Sitz in Köln. Im Kontaktadressenteil der monatlich erscheinenden FöGA-Publikation "Graswurzelrevolution" war auch 1989 eine Gruppe aus Mainz aufgeführt. 2.2.3 "Anarcho-Syndikalisten/Anarcho-Kommunisten" Als Sozialrevolutionäre Strömung der Arbeiter in den Betrieben bekämpfen "Anarcho-Syndikalisten" den westlichen "Privatkapitalismus" wie auch den "Staatskapitalismus" östlicher Prägung. Eine militante Gewerkschaftsbewegung soll dabei durch "direkte Aktionen", wie Fabrikbesetzungen, Streiks, Boykotts oder Sabotage, den Weg zu einer "herrschaftslosen, ausbeutungsfreien und auf Selbstverwaltung begründeten Gesellschaft" ebnen. AntiStaatlichkeit und Antiparlamentarismus gehören zu den Prinzipien der "Anarcho-Syndikalisten". Mit etwa 20 Ortsgruppen bzw. Stützpunkten ist die "Freie ArbeiterinnenUnion" (FAU) führende Kraft unter den "Anarcho-Syndikalisten" in der Bundesrepublik. Vom 12. bis 15. Mai 1989 führte sie in Köln ihren jährlichen "Pfingstkongreß" durch. Dabei wurde u.a. die Mainzer FAU-Gruppe offiziell in die Bundesorganisation aufgenommen. "Anarcho-Kommunisten", von denen in Rheinland-Pfalz bislang keine Aktivitäten bekannt geworden sind, stimmen mit den "Anarcho-Syndikalisten" in der Zielsetzung, nämlich der "Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates", überein. Dabei wenden sie sich aber gegen den Anspruch, daß die revolutionäre Umwälzung allein von den Betrieben ausgehen soll. Bei der Wahl ihrer Mittel gehen "anarcho-kommunistische" Gruppen bis zum Einsatz terroristischer Gewalt. So propagiert die "Proletarische Aktion" (PA) die "Strategie und Taktik des Guerillakampfes". 2.2.4 "Forum für Libertäre Information" (FU) Bei dem FLI handelt es sich um eine rein anarchistische "Theoriegruppe" mit Kontaktadressen in mehreren Bundesländern. Sie tritt als Herausgeber der anarchistischen Vierteljahresschrift "Schwarzer Faden" auf. Das FLI will langfristig eine "politisch arbeitende Föderation" schaffen. Hierzu will man "Anarchisten aus unterschiedlichen Bereichen ..." zusammenbringen. Für Rheinland-Pfalz besteht eine Anschrift in Morbach-Merscheid als Kontaktadresse des FLI. S2 graswurzel SCHWÄRS TAGE" W E S I -BERLIN rem* I6KW134** 2 DM '4025 El 3- Linksextremistischer Terrorismus Die Bedrohung der inneren Sicherheit durch den linksextremistischen Terrorismus hält unvermindert an. Dies hat die "Rote Armee Fraktion" (RAF) am 30. November 1989 mit dem brutalen Mord an dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herrhausen, und - einem Selbstbezichtigungsschreiben des RAF-Kommandos "Juliane PLAMBECK" zufolge - mit einem am 2. März 1990 geplanten Anschlag auf den Bundesminister für Ernähaing, Landwirtschaft und Forsten, Ignaz Kiechle, wieder einmal gezeigt. Die neben dem "Kommandobereich" agierenden "Militanten der RAF" haben - nach zweijähriger Inaktivität - mit bislang vier versuchten bzw. durchgeführten Sprengstoffund Brandanschlägen ebenfalls unterstrichen, daß sie sich an der vom "Kommandobereich" angekündigten "Offensive" beteiligen werden. Die auch im Berichtszeitraum weitgehende Inaktivität der "Revolutionären Zellen" (RZ) und ihrer autonomen Frauengruppe "Rote Zora" dürfte nach wie vor im wesentlichen in den umfangreichen Exekutivmaßnahmen vom Dezember 1987 begründet sein. Die Anzahl der Brandund Sprengstoffanschläge sowie Sachbeschädigungen militanter linksextremistischer Kleingruppen und Einzeltäter aus dem weiten terroristischen Spektrum sind im Jahre 1989 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen; im ersten Quartal 1990 ist jedoch wieder ein Anstieg von Straftaten festzustellen. Organisationsübersicht linksextremistischer Terrorismus "Rote Armee Fraktion" (RAF) "Revolutionäre Zellen" / \ (RZ) "Kommando"Militante hereich der RAF" der RAF" sonstige terroristische Gruppen Umfeld der RAF Frauengruppe y engeres weiteres "Rote Zora" Umfeld Umfeld 54 3.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 3.1.1 "Kommandobereich der RAF" Der im Untergrund lebende Kommandobereich der "Roten Armee Fraktion" (RAF) besteht nach wie vor aus 15 bis 20 Mitgliedern. Mit dem versuchten Mordanschlag am 20. September 1988 auf den damaligen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Dr. Hans Tietmeyer, kündigte die RAF eine "gemeinsame Offensive" mit der italienischen Terrorgruppe "Brigate Rosse-Partito Combattente Communista" (BR-PCC) an. Die Fortführung dieser "Offensive" wurde durch den vom 1. Februar bis 12. Mai 1989 durchgeführten zehnten Hungerstreik der inhaftierten RAF-Mitglieder zunächst unterbrochen. Am 1. Februar hatte der RAF-Häftling Helmut POHL, stellvertretend "für die Gefangenen der RAF", eine vierseitige Erklärung abgegeben, in der er im Zusammenhang mit dem Hungerstreik folgende Forderungen stellte: - "Zusammenlegung aller Gefangenen aus Guerilla und Widerstand in ein oder zwei große Gruppen", - "Freilassung der Gefangenen, deren Wiederherstellung nach Krankheit, Verletzung oder Folter durch Isolation unter Gefängnisbedingungen ausgeschlossen ist", - "Freie medizinische Versorgung ohne Staatsschutzkontrolle für alle Gefangenen", - "Freie politische Information und Kommunikation der Gefangenen mit allen gesellschaftlichen Gruppen". Der zehnte Hungerstreik der RAF-Häftlinge ließ erstmals ein neues taktisches Konzept erkennen, das sich am Vorbild der sogenannten Hungerstreikkette der "Irish Republican Army" (IRA) im Jahre 1981 orientierte22. Am 1. Februar 1989 begannen zunächst 44 Häftlinge aus dem terroristischen Bereich mit dem Hungerstreik. Darunter befanden sich auch drei Angehörige des terroristischen Umfeldes Kaiserslautern, die in dieser Zeit aufgrund ihrer Verurteilung durch das OLG Koblenz im März 1987 u.a. wegen Zugehörigkeit zur "Antiimperialistischen Gruppe Kaiserslautern" in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken inhaftiert waren. Nach zwei Wochen brachen 42 Inhaftierte den Streik ab. Nur Karl-Heinz DELLWO (JVA Celle) und Christa ECKES (JVA Köln) hungerten weiter. In der Folgezeit schlössen sich bis zum 11. April 1989 - zunächst je zwei Häftlinge in einem Rhythmus von zwei Wochen und seit dem 29März 1989 täglich in unterschiedlicher Anzahl alle Inhaftierten der RAF und des "Antiimperialistischen Widerstands" - erneut dem Hungerstreik an. Auf diese Weise versetzten sich die RAF-Häftlinge in die Lage, den Streik über einen langen Zeitraum auszudehnen. In der Zwischenzeit kam es in Verbindung mit den Forderungen der Häftlinge zu mehreren Gesprächen zwischen RAF-Inhaftierten einerseits und Vertretern der Bundesregierung bzw. einzelner Landesregierungen andererseits. Nachdem jedoch keine Einigung erzielt werden konnte, erklärten die RAF-Häftlinge am 12. Mai 1989 den Hungerstreik für beendet. Nach Im Jahre 1981 hatten inhaftierte IRA-Terroristen zum ersten Mal einen Hungerstreik in dieser Form durchgeführt; zehn Häftlinge hungerten sich damals dabei zu Tode. 55 Abbruch des Hungerstreiks gaben mehrere Inhaftierte, u.a. Eva HAULE, Gisela DUTZI und Karl-Heinz DELLWO, schriftliche Erklärungen ab, in denen sie zum Ausdruck brachten, daß aufgrund der harten Haltung des Staates "das ganze Ziel" nicht erreicht worden sei. Der während des Hungerstreiks als "Sprecher der RAF-Häftlinge" in Erscheinung getretene Helmut POHL hat erst Ende Oktober 1989 in einem Brief die Gründe für den Abbruch des Hungerstreiks dargelegt und zum Ausdruck gebracht, daß er und andere RAFInhaftierte den Hungerstreik nunmehr für endgültig gescheitert hielten. Weitere Veränderungen hin zu einer Zusammenlegung seien nicht mehr zu erwarten. Aus Unzufriedenheit über das Scheitern des Hungerstreiks kündigte POHL eine neue "Phase des Kampfs" für die Zusammenlegung an - "auch wieder mit Hungerstreik, wenn es nicht anders für uns geht". Er halte die Möglichkeiten der Inhaftierten in der jetzigen Situation für erschöpft und gebe daher die Initiative, die sie während des Streiks an sich gezogen hätten, wieder ab. Diese Bemerkung bedeutete offensichtlich eine Auffordeaing an den "Kommandobereich" und den Unterstützerbereich, die Durchsetzung der Zusammenlegungsforderung wieder selbst in die Hand zu nehmen. Dafür spricht auch die Äußerung POHLS am Ende seines Briefes: "... Veränderungen nur erreicht werden, wenn man in den Mechanismus, nach dem das ganze System funkioniert, trifft. Die Kosten müssen höher getrieben werden, als der Profit, den sie sich versprechen". Am 30. November 1989 ermordete das RAF-Kommando "Wolfgang BEER"-3 in Bad Homburg den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Dr. Alfred Herrhausen, durch einen Sprengstoff anschlag. Sein Fahrer wurde schwer verletzt. In einem Selbstbezichtigungsschreiben vom 2. Dezember 1989 begründete die RAF den Mord an Dr. Herrhausen mit dessen Funktion als angeblich mächtigWolfgang BEER gehörte zu den inhaftierten RAF-Angehörigen, die die RAF im April 1975 mit dem Überfall auf die Deutche Botschaft in Stockholm freipressen wollte. Im Juli 1980 kam er zusammen mit der RAF-Terroristin Juliane PLAMBECK bei einem Verkehrsunfall ums Leben. 56 v def ":, f r o n t " ' ^n kW 1 * 1 ,,,J auch < * , * r avjst>eU, KJ Kostens - bbe* U i s f 9 x* d'C d " ,f,isti9. . ,Br den a"* VnV 1ffe " stem Wirtschaftsführer in Europa. Die Deutsche Bank stehe an der "Spitze der faschistischen Kapitalstruktur"; sie bereite u.a. seit Jahren den Einbruch in die Länder Osteuropas vor, um die Menschen dort wieder dem Diktat "kapitalistischer Ausbeutung" zu unterwerfen. Die "Akteure dieses Systems" seien an keinem Ort in der Welt sicher vor den Angriffen "revolutionärer Guerillaeinheiten". In einem zweiten Abschnitt der Taterklärung sehen die Verfasser die gesamte revolutionäre Bewegung in Westeuropa aufgrund der veränderten internationalen Situation vor einem neuen Abschnitt. Dies mache eine Neubestimmung des revolutionären Prozesses erforderlich. Ziel dieses Prozesses sei es, die unterschiedliche revolutionäre Praxis "in einer Orientierung gegen das System zu verbinden". Zwar liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, daß die "Brigate RossePCC" an der Aktion des "Kommando Wolfgang BEER" beteiligt waren. Jedoch gaben am 4. Dezember 1989 in Rom vor Gericht stehende Mitglieder der BR-PCC schriftliche Erklärungen ab, in denen sie ihre Solidarität mit der RAF bekundeten und den Anschlag auf Dr. Herrhausen billigten. Sie gingen dabei auch ausführlich auf den gemeinsamen Kampf der "Westeuropäischen Front" gegen den "westeuropäischen Imperialismus" ein. In einer Erkläaing vom 2. März 1990 hat sich das Kommando "Juliane PLAMBECK" zu einem geplanten Anschlag auf den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ignaz Kiechle, bekannt. Begründet wurde die vorgesehene Aktion im wesentlichen mit der Funktion von Minister Kiechle innerhalb der "westeuropäischen Formierung". Ihm wird vorgeworfen, "seit Jahren Wegbereiter für die gesamtökonomischen und politischen Integrationsund Konzentrationsprozesse" zu sein. In diesem Zusammenhang werden auch die Großkonzerne der Bundesrepublik Deutschland Daimler-Benz, Deutsche Bank, Siemens und Bayer wegen ihres angeblichen exzessiven Profitstrebens stark kritisiert. Als zentrales Ziel revolutionärer Strategie sehen die Verfasser den Kampf gegen die "westeuropäischenFormierungsprozesse", insbesondere gegen den EG-Binnenmarkt "als Etappe eines vereinten Europa des Kapitals". Den Abschluß dieser RAF-Erklärung bildet eine Grußadresse an die im Hungerstreik befindlichen "kämpfenden Genossen in spanischen Gefängnissen" sowie die Forderung, der Kampf um die Zusammenlegung der politischen Gefangenen müsse Orientierung für die gesamte "revolutionäre Bewegung" sein. Dem Selbstbezichtigungsschreiben des RAF-Kommandos "Juliane PLAMBECK" vom 2. März 1990 war eine Erklärung vom 3. März 1990 beigefügt, in der die Täter als Grund für den vorzeitigen Abbruch ihres Anschlags gegen Bundesminister Kiechle eine mögliche Gefährdung unbeteiligter Personen angaben. 24 24 Die Erklärung des RAF-Kommandos "Juliane PLAMBECK" wird von den Sicherheitsbehörden als authentisch angesehen. Die Ermittlungen bezüglich des angeblich geplanten Anschlags gegen Bundesminister Kiechle blieben bisher ergebnislos. 58 3.1.2 "Militante der RAF'' ("Kämpfende Einheiten") Die "Militanten", die dem engeren RAF-Umfeld angehören und als zweite kämpfende Ebene in der RAF fungieren, leben im Gegensatz zum Kommandobereich überwiegend nicht im Untergrund. Sie beschränkten ihre Anschläge bislang vorrangig auf Sachwerte. Nach zweijähriger Ruhepause haben sich die "Militanten" mit insgesamt vier Sprengstoffund Brandanschlägen der Offensive des Kommandobereichs wieder angeschlossen. Die Aktionen richteten sich - am 10. Dezember 1989 gegen das Pflanzenschutzamt der Firma Bayer AG in Monheim bei Düsseldorf. Die Explosion des Sprengsatzes, der von einer "Kämpfende Einheit Sheban Atlouf/Cony Wissmann25 gelegt worden war, konnte rechtzeitig verhindert werden. Als Grund für die Tat wurde in einem Selbstbezichtigungsschreiben die von der Firma Bayer betriebene Biound Gentechnologie genannt, mit deren Hilfe sich die imperialistischen Staaten "das Diktat über die Entwicklung der Länder der 3. Welt und die Regulierung von Leben weltweit sichern". - am 4. Februar 1990 gegen die Hauptverwaltung der "Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke" (RWE) in Essen. Bei dem Sprengstoffanschlag, für den eine "Kämpfende Einheit Cepa Gallende"26 die Verantwortung übernahm, entstand erheblicher Sachschaden. Die Tat wurde mit der Stellung der RWE in Westeuropa und ihrer Verantwortung für zahlreiche Umweltzerstörungen sowie ihrer führenden Rolle in der Atomindustrie in der Bundesrepublik Deutschland begründet. - am 25. Februar 1990 gegen das Verwaltungsgebäude der Deutschen Bank in Eschborn. Der Sprengsatz war in einem vor dem Bankgebäude abgestellten Pkw deponiert. Er kam wegen eines Fehlers im Zündmechanismus jedoch nicht zur Explosion. Zu der Tat bekannte sich eine "Kämpfende Einheit Febe Elisabeth".27 Begründet wurde die versuchte Aktion u.a. mit der kapitalistischen Vormachtstellung der Deutschen Bank sowie der Verantwortung für die Unterwerfung Osteuropas unter westeuropäisches Kapital. - am 27. Februar 1990 gegen die Schule für Kommunikationsund Datentechnik der Firma Siemens in Bonn. Für den Brandanschlag, der einen Sachschaden von ca. 80.000,-DM verursachte, zeichnete in einer Taterklärung eine Sheban Atlouf war ein Palästinenser, der 1986 bei Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften getötet wurde. Cornelia (Conny) Wissmann wurde am 17. November 1989 in Göttingen anläßlich einer Demonstration bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzt. Cepa Gallende war ein spanischer Häftling, der 1981 an den Folgen eines Hungerstreiks starb. Bei Febe Elisabeth handelt es sich um die salvadorianische Gewerkschaftsfunktionärin Febe Elisabeth Velasquez, die am 31. Oktober 1989 bei einem Sprengstoffanschlag in El Salvador getötet wurde. 59 "Kämpfende Einheit Hueseyin Huesnue Eroglu"28 verantwortlich. Die Auswahl des Angriffsziels wurde mit der kapitalistischen Zielsetzung der Firma Siemens begründet, die neue Informationsund Kommunikationstechniken für die Profitsteigerung und zur Unterdrückung der Menschen entwickle und einsetze. Siemens wird für "ausbeuterische Arbeitsbedingungen" bis hin zum "Massaker am Volk von El Salvador" verantwortlich gemacht. Alle Tatbekenntnisse der "Kämpfenden Einheiten" endeten einheitlich mit der Forderung nach "Zusammenlegung der kämpfenden Gefangenen", "gemeinsamer Diskussion und Organisierung des Widerstandes" sowie "Verbreiterung der revolutionären Basis mit Blick auf internationalistische Bezüge". 3.1.3 Umfeld der RAF Die das Gewaltkonzept der RAF bejahenden Unterstützergruppen werden aufgrund der jeweiligen Nähe zum Kommandobereich in ein engeres und weiteres Umfeld unterteilt. Dem engeren RAF-Umfeld sind etwa 250 Personen zuzurechnen. Zu den wichtigsten Aufgaben des RAF-Umfeldes zählt die Betreuung von inhaftierten terroristischen Gewalttätern und Unterstützern sowie die Öffentlichkeitsarbeit für die RAF. Eine wesentliche Funktion der Häftlingsbetreuung liegt in der Gewährleistung des Informationsaustausches zwischen den Häftlingen und dem im Untergrund lebenden Kommandobereich der RAF. Außerdem leisten Angehörige des RAF-Umfeldes logistische Unterstützungsarbeit, etwa durch Ausspähen von Angriffszielen, und werden so in die Vorbereitung und Durchführung terroristischer Aktionen eingebunden. Die RAF-Unterstützerszene verübte im Jahre 1989 insgesamt sieben Brandanschläge und einen Sprengstoffanschlag (im Vorjahr ein Brandanschlag weniger). Aktionsschwerpunkt des RAF-Umfeldes war im Jahre 1989 die Unterstützung des Hungerstreiks der inhaftierten RAF-Häftlinge. Obwohl die RAF-Anhänger im gesamten Bundesgebiet vom Beginn und Ablauf des Hungerstreiks offensichtlich überrascht wurden, gelang es ihnen in relativ kurzer Zeit, die Ziele der Hungerstreikenden durch Demonstrationen, Publikationen, Besetzungsaktionen und Pressekonferenzen sowie zahlreiche Schmierund Plakataktionen zu unterstützen. In mehreren Städten richteten Unterstützergruppen "Hungerstreik-Büros" als technisch-organisatorische Basis für ihre Öffentlichkeitsund Propagandatätigkeit ein. Bemerkenswert ist, daß es dem RAF-Umfeld erstmals gelang, bei einem breiten Spektrum bis hin zu nichtextremistischen Gruppierungen Sympathien für die Zusammenlegungsforderung zu finden. So nahmen Hueseyin Huesnue Eroglu war ein kurdischer Gefangener, der im Juli 1989 während eines Hungerstreiks in der Türkei starb. 60 zum Beispiel an der vom RAF-Umfeld initiierten bundesweiten Demonstration am 27. April 1989 in Bonn etwa 7.000 Personen aus dem vorgenannten Spektrum teil. Insbesondere mit den "Autonomen" kam es während des Hungerstreiks zu einer teilweise intensiven Zusammenarbeit, die in dieser Form zuvor nicht bekannt geworden war. Neben propagandistischen Aktivitäten umfaßte die "Unterstützungsarbeit" für die Hungerstreikenden auch militante Aktionen. So wurden von Angehörigen des RAF-Umfeldes während der Dauer des Hungerstreiks sechs Brandanschläge und von Personen aus dem autonomen bzw. anarchistischen Spektrum insgesamt 143 Straftaten (17 Brandanschläge, 126 Sachbeschädigungen) verübt. Als spektakulärste Tat ist der Überfall von sechs Personen, die dem RAF-Umfeld zugerechnet -werden, auf die Frankfurter Wertpapierbörse am 12, April 1989 zu erwähnen. Hierbei wurden mehrere Molotowcocktails geworfen, die einen Sachschaden von etwa 300.000 DM verursachten. In Rheinland-Pfalz ist das Umfeld der RAF vorwiegend in den Großräumen Mainz und Kaiserslautern aktiv. Während der Dauer des Hungerstreiks der RAFHäftlinge verübten Angehörige dieses Umfeldes sowie Personen aus dem autonomen bzw. anarchistischen Spektrum in Rheinland-Pfalz folgende Aktionen: zwei Sachbeschädigungen - am 6. Februar 1989 gegen das Justizministerium und das Hilton-Hotel in Mainz (Einwerfen von Fensterscheiben), - am 12. April 1989 an der Universität Kaiserslautern (Verkleben von Türschlössern), zwei Besetzungsaktionen - am 30. März 1989 des SPD-Büros in Kaiserslautern, - am 14. April 1989 der Christuskirche in Mainz, sieben Schmieraktionen - mit Parolen zur "Isolationshaft" und - der Forderung nach Zusammenlegung der RAF-Häftlinge in Mainz, Kaiserslautern, Koblenz und Trier. Zusammen mit Personen aus dem autonomen Bereich haben Angehörige des RAF-Umfeldes auch zahlreiche Solidaritätsveranstaltungen und -demonstrationen durchgeführt, u.a. in Mainz, Kaiserslautern, Speyer, Trier und vor der JVA Zweibrücken. Seit Anfang 1990 liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten des RAF-Umfeldes in Solidaritätsbekundungen für die seit 30. November 1989 im Hungerstreik befindlichen 52 Gefangenen der spanischen Terrorgruppe GRAPO ("Grupos de Resistencia Antifascista de Primero de Octubre") und der mit ihr in enger Verbindung stehenden politischen Organisation PCE(r) ("Partido Communista 61 de Espana (reconstituido)"). Neben zahlreichen Informationsveranstaltungen wurden Schmieraktionen sowie Sachbeschädigungen und Brandanschläge durchgeführt. Die Straftaten richteten sich vornehmlich gegen spanische Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland sowie Firmen, bei denen ein Bezug zu Spanien erkennbar waren. So beschädigten in der Nacht zum 9- April 1990 unbekannte Täter auf dem Firmengelände einer VW-Autovertretung in Mainz insgesamt 14 Fahrzeuge mit Salzsäure und Farbe. In einem nachfolgenden Selbstbezichtigungsschreiben, das bei der Tageszeitung "Wiesbadener Kurier" einging, wurde die Verantwortung für die genannte Aktion sowie zwei weitere zeitgleiche Anschläge in Wiesbaden übernommen. Das Schreiben enthielt u.a. die Forderungen nach "Wiederzusammenlegung der spanischen Gefangenen" und "Zusammenlegung der inhaftierten RAF-Mitglieder" sowie Grüße an das RAF-Kommando "Wolfgang BEER". Ihre Solidarität mit den hungerstreikenden GRAPO/ PCE(r)-Häftlingen dokumentierten auch die inhaftierten RAF-Mitglieder, die in kleinen Gruppen zeitversetzt von jeweils einer Woche einen Solidaritätshungerstreiks durchführten. 3.2 "Revolutionäre Zellen" (RZ) Die "Revolutionären Zellen" (RZ) und ihre autonome Frauengruppe "Rote Zora" begingen 1989 zwei Sprengstoffund zwei Brandanschläge; im Vorjahr waren sie für einen Sprengstoffanschlag und fünf Brandanschläge verantwortlich. Die Ursache für die auch noch im Jahre 1989 festzustellende weitgehende Inaktivität dürfte nach wie vor im wesentlichen in den im Dezember 1987 durchgeführten umfangreichen Exekutivmaßnahmen gegen mutmaßliche RZ-Mitglieder zu sehen sein. Die von den RZ verübten Sprengstoffanschläge am 9- Mai 1989 auf das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf sowie die Brandanschläge am 12. November 1989 auf die Informationsund Beratungsstelle der Stadt Köln für ethnische Minderheiten und am 14. November 1989 auf das Amt für Arbeit und Soziales in Hamburg wurden jeweils in Selbstbezichtigungsschreiben als Protestaktionen gegen imperialistische Flüchtlingspolitik und rassistische Ausländerpolitik in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt. Die Täter ließen in ihren Taterklärungen keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit, auch künftig Anschläge zu verüben. Die RZ müssen daher weiterhin als Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik angesehen werden. 62 3.3 Sonstige terroristische Aktivitäten Das terroristische Täterspektrum aus dem militanten autonomen und anarchistischen Bereich ist von seiner personellen Zusammensetzung, seiner Gruppenstruktur und der ideologischen Zielsetzung her nicht mit den terroristischen Kerngruppen "Rote Armee Fraktion" und "Revolutionäre Zellen" vergleichbar. Im Gegensatz zu RAF und RZ entstehen diese Gruppierungen häufig aus zeitlich und lokal begrenzten Anlässen, das heißt aufgrund bestimmter aktueller Reizthemen. Sie zerfallen aber auch ebenso, wenn der Anlaß nicht mehr besteht. Ihre Aktionen richten sich gegen nahezu alle gesellschaftlich umstrittenen oder breit diskutierten Themenbereiche, z.B. Häuserräumungen in der Hafenstraße in Hamburg und Bau der Pilotkonditionierungsanlage für die Endlagerung atomarer Brennstoffe in Gorleben. Anschlagsziele sind dabei z.B. Energieversorgungsund Transportunternehmen, Baufirmen, Kaufhäuser, Banken und Konzerne. Im Jahre 1989 kam zu diesen Reizthemen noch der Hungerstreik der inhaftierten RAF-Mitglieder hinzu, der auch im Bereich des weiteren terroristischen Spektrums Anlaß für Gewalttaten war. Insgesamt ging 1989 die Zahl der Brandund Sprengstoffanschläge durch den vorgenannten Täterkreis im Vergleich zum Jahr 1988 (128) auf 59 zurück. Die sonstigen Straftaten - Eingriffe in den Bahnverkehr (14) und Anschläge auf Einrichtungen der Energiewirtschaft (15) - reduzierten sich im Vergleich zum Jahr 1988 (58) auf insgesamt 29. Daneben wurden aber von der genannten Szene zahlreiche Sachbeschädigungen begangen. Rheinland-Pfalz war - wie bereits erwähnt - von zwei solcher Straftaten betroffen, die im Zusammenhang mit dem Hungerstreik der RAFHäftlinge standen. Seit Januar 1990 ist wieder ein Anstieg der Straftaten festzustellen. Der Grund hierfür ist vornehmlich eine breite internationale Kampagne gegen den Mineralöl-Konzern Shell wegen dessen "Zusammenarbeit mit dem faschistischen südafrikanischen Apartheidregime". In einer von unbekannten Verfassern - offensichtlich aus dem autonomen Bereich - Mitte Dezember 1989 herausgegebenen 90seitigen Broschüre "Shell raus aus Südafrika - Kill a Multi" wird zu Anschlägen auf Shell-Tankstellen sowie zu einem internationalen Aktionstag gegen Shell-Tankstellen am 28. April 1990 aufgerufen. Dem folgten im ersten Quartal des Jahres 1990 bereits zahlreiche Anschläge auf Shell-Tankstellen u.a. in Italien, den Niederlanden, in Berlin, Köln und Frankfurt am Main. 63 B. Rechtsextremismus Der Rechtsextremismus, der im Gegensatz zum Linksextremismus, insbesondere zum dogmatischen Marxismus-Leninismus, über kein geschlossenes theoretisches System verfügt, wird durch die Grundelemente Totalitarismus, Nationalismus und völkischen Kollektivismus bestimmt. Totalitarismus ist die Ersetzung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch eine totalitäre Staatsform. Der Staat beansprucht alle Macht und Autorität für sich. Die Gewaltenteilung wird aufgehoben. Die Freiheitsrechte des Individuums werden erheblich eingeschränkt. Der Staat wird meist durch einen Führer, gelegentlich durch eine sogenannte Elite geleitet (Führer-Gefolgschafts-Prinzip). Ein Rechtsextremist ist autoritätsgläubig und vom Obrigkeitsstaat überzeugt. Die Demokratie hält er für eine artfremde, korrupte und dekadente Regierungsform. Er wünscht sich die Wiederherstellung einfacher, überschaubarer hierarchischer Verhältnisse. Auf Kosten der Freiheit wird die Ordnung unangemessen überbewertet. Der soldatischen Erziehung und Tradition mißt ein Rechtsextremist einen unverhältnismäßig hohen Stellenwert bei. Er neigt dazu, das militärische Prinzip vom Befehl und Gehorsam auf den zivilen Bereich zu übertragen. Nationalismus 29 bedeutet die den Gedanken der Völkerverständigung mißachtende Überbewertung der eigenen nationalen Interessen zu Lasten anderer Nationen. Er ist oft mit völkischem30, also rassistischem31 und insbesondere antisemitischem Gedankengut durchsetzt. "Schicksalsgemeinschaft" sowie "Blut und Boden" sind bezeichnende Schlagworte. Im Sozialdarwinismus sucht der Nationalismus seine Rechtfertigung. Nach dem Prinzip "Das Recht des Stärkeren geht vor" darf die höherwertige und stärkere Nation die anderen beherrschen. Wertigkeit und Stärke einer Nation bestimmen sich nach dem Durchsetzungsvermögen. Aus dem Nationalismus folgt eine betont feindselige Haltung gegenüber dem Ausland und den Ausländern. Die Abneigung richtet sich vor allem gegen die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, die beschuldigt werden, Deutschland zu unterdrücken und auszubeuten, sowie gegen die ausländischen Arbeitnehmer und Asylanten, in denen eine Gefahr für die eigene nationale Identität gesehen wird (rassistisch motivierte Ausländerfeindlichkeit). Das Feindbild des Rechtsextremisten erstreckt sich auch auf "Fremde" (Andersdenkende/lebende), wie etwa Freimaurer und Homosexuelle (Fremdenfeindlichkeit). Völkischer Kollektivismus umfaßt die Überbewertung der Belange einer rassistisch verstandenen "Volksgemeinschaft" zum Nachteil der Rechte und Interessen des Individuums und von Gruppen (pluralistische Strukturen). Die -" Nationalistisch: mit übersteigertem Nationalgefühl; national: a) die Nation (Gemeinschaft nach Abstammung, Sprache, Kultur und Geschichte) betreffend. b) vaterländisch, patriotisch. 30 rji e Volksgemeinschaft überbetonend. 11 Biologische bzw. blutmäßige Übereinstimmung überbetonend. 64 Interessengegensätze innerhalb der Gesellschaft sollen durch die uneingeschränkte Einbindung in die "Volksgemeinschaft" aufgehoben werden. "Der Einzelne ist nichts, die Gemeinschaft (das Volk) ist alles" lautet der Leitspruch. Ferner ist der Rechtsextremismus gekennzeichnet durch - Diffamierung der demokratischen Staatsform der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Repräsentanten sowie - mangelnde Distanz zum "Dritten Reich", die sich durch Verschweigen, Verharmlosen und Leugnen der von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen ausdrückt. Die für Rechtsextremisten typischen Merkmale sind nicht bei allen Organisationen in gleichem Maße erkennbar. Während sich die neonazistischen Vereinigungen offen zur Beseitigung der wesentlichen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, lassen sich bei den "nationaldemokratischen" und "national-freiheitlichen" Organisationen nur einzelne verfassungsfeindliche Positionen nachweisen. Im Jahre 1989 erhöhte sich der Mitgliederbestand der rechtsextremistischen Organisationen bundesweit um ca. 7.600 auf ca. 35-90032. Diese sind in 70 Vereinigungen vertreten 33 . Hinzu kommen noch ca. 200 Neonazis, die keinen Organisationen angehören. Die beträchtliche Steigerung beruht im wesentlichen auf der im Jahre 1987 gegründeten "national-freiheitlichen" Partei "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU) des Münchener Verlegers Dr. Gerhard FREY. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der militanten Rechtsextremisten von ca. 470 auf ca. 43534 zurück. In Rheinland-Pfalz nahm die rechtsextremistische Anhängerschaft gegenüber dem Jahre 1988 um ca. 100 auf etwa 2.100 zu. Die Auseinandersetzungen zwischen Rechtsund Linksextremisten, die zum Teil gewalttätig verliefen, setzten sich auch im Jahre 1989fort. Sie wurden überwiegend von Linksextremisten initiiert, die sie für einen Bestandteil ihres "Kampfes gegen den Faschismus" ("Antifaschismuskampagne") halten. Gegenstand der Angriffe und Anschläge waren nicht nur die politischen Gegner, sondern auch ihre Versammlungslokale, Verlage, Druckereien und Buchhandlungen. In Rheinland-Pfalz gingen die Auseinandersetzungen zwischen Rechtsund Linksextremisten über sporadische Flugblattaktionen, Demonstrationen und Schmierereien nicht hinaus. Bundesweit sind eine weitere Polarisierung sowie vermehrte Gegenaktionen von Neonazis zu erwarten. 32 In den Jahren 1987 und 1988 betrug der Mitgliederzuwachs jeweils ca. 3.100. Von 1984 bis 1986 hatte der Mitgliederbestand bei ca. 22.100 stagniert. 33 1988: 71 Organisationen. 34 Eshandeltsichumca. 170 Neonazis, ca. 15 Rechtsextremisten, die anderen rechtsextremistischen Organisationen angehören, und ca. 250 rechtsextremistische Skinheads. Von den etwa 2.500 Skinheads im Bundesgebiet (RheinlandPfalz 80 bis 100) werden etwa 250 vom Verfassungsschutz als Rechtsextremisten eingestuft. Grundlage dieser Zuordnung sind Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen, Beteiligungen an Aktionen von Rechtsextremisten und Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund. Die Skinheads sind überwiegend politisch desinteressiert, insbesondere zeigen sie keine Neigung zu kontinuierlicher politischer Betätigung, und wollen in erster Linie durch Verwendung von NS-Symbolen sowie NS-Parolen provozieren. Hierbei treten sie vielfach aggressiv-gewalttätig auf. 65 Die innenpolitischen Veränderungen seit Oktober 1989 in der DDR, die den deutsch-deutschen Einigungsprozeß in Gang setzten, haben zu einer spürbaren Zunahme der Agitationen rechtsextremistischer Organisationen geführt. Durch die Entwicklung in ihren deutschlandpolitischen Vorstellungen bestätigt, werben diese Vereinigungen um Übersiedler aus der DDR und deutschstämmige Aussiedler. Hierbei vertreten sie verstärkt nationalistisch-neutralistische Tendenzen und hetzen gegen Ausländer. Sie versprechen sich davon Mitgliederund Stimmenzuwachs bei künftigen Wahlen. Seit Beginn des Jahres 1990 versuchen sie, sich auch in der DDR politisch zu betätigen und Verbindung zu gleichgesinnten Organisationen aufzunehmen. Trotz des Mitgliederzuwachses seit dem Jahre 1987 gefährdet der Rechtsextremismus nicht ernsthaft die freiheitliche demokratische Grundordnung, er bedroht jedoch durch die Gewaltbereitschaft aggressiver Fanatiker die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Organisationsübersicht Rechtsextremismus Sonstige "Nationaldemokratische" " National-freiheitliche" Neo nazis tische rechtsextremistische Organisationen Organisationen Organisatione n Organisation "Die Bewegung" "Deutsche Volksiinion e.V." (DVU) "Stahlhelme. V. Kampfbund für Europa 1 Landesverband-Pfalz" AKON "Nationale Sammlung" 1 (N. S.) VOGA "Deutsche Alternativ 1 (DA) U.A. "Deutsche Frauenfit 1 (DFF) ARF 1 "Ehtenbund Rudel - Gemeinsch. zum Schutz der Frontsoldaten" "Nationalistische Front" l (NF) "Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur" "Neonazikreis um Curt MÜLLER" "Deutsche Volksunion - Liste D" " Neonazi zc ntru m (DVU) Ludwigshaien am Rhein/ Weidenthal (PfalzVErnst Tag" Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichni 66 1. "Nationaldemokratische" Organisationen 1.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der NPD läßt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Satzung und des Parteiprogramms "Nationaldemokratische Gedanken für eine lebenswerte Zukunft"35 vom Jahre 1987 herleiten, sondern vielmehr aus Äußerungen von Funktionären, Aufsätzen in der offiziellen Parteizeitung "Deutsche Stimme" (DSt) und Propagandaschriften, die der NPD politisch zuzurechnen sind. Das Parteiprogramm von 1987 ist ein weiterer Versuch der NPD, durch allgemeine und mehrdeutige Formulierungen ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung zu verschleiern36. Diesem Bemühen dient auch die Aufnahme von Zielen, die auch demokratische Parteien verfolgen, wie etwa der Schutz von Leben, Familie und Umwelt sowie die Kontrolle neuer Technologien. Die von der NPD angestrebte "Nationaldemokratie" ist gekennzeichnet durch einen der nationalsozialistischen Weltanschauung entnommenen völkischen Kollektivismus, der biologisch begründet wird und rassistische Merkmale erkennen läßt. Der personalen Autonomie des einzelnen ist die "Volksgemeinschaft" (Kollektiv; vgl. S. 18 des Parteiprogramms37: "...in nationaler Solidarität... ") übergeordnet. Seine eigentliche Daseinsberechtigung bezieht der Mensch als Individuum aus dem gesellschaftlichen Ganzen; der Wert der einzelnen Person ergibt sich aus ihrer Stellung und Funktion in der "Volksgemeinschaft". Für jedermann muß das Wohl des eigenen Volkes oberstes Gesetz sein. Das Volk, das nach Auffassung der NPD zerrissen ist und in eine Vielzahl von eigensüchtigen Interessengruppen und Parteien zerfällt, soll zur Einheit der Nation fortentwickelt werden. Die Interessengegensätze innerhalb der Gesellschaft, auch das natürliche Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gemeinschaft, werden durch die uneingeschränkte Einbindung der Individualinteressen in die "Volksgemeinschaft" aufgehoben. Oberster Grundsatz jeglichen Handelns ist die Einheit von Mensch, Volk und Nation ("Nationale Solidarität"). Diese pauschale Überbetonung der "Volksgemeinschaft" und des "Volksganzen" gegenüber den Individualrechten steht nicht im Einklang mit der Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, der Das Parteiprogramm "Nationaldemokratische Gedanken für eine lebenswerte Zukunft", das am 13. November 1987 im Rahmen des 21. Bundesparteitages auf dem sogenannten Programmparteitag in Uehlfeld (Kreis Neustadt an der Aisch) mit großer Mehrheit beschlossen wurde, löste das "Düsseldorf Programm" vom Jahre 1973 ab. Nach der Präambel des Parteiprogramms gibt die NPD vor, sich für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzusetzen. Die folgenden Seitenangaben beziehen sich auf die Broschüre "Nationaldemokratische Gedanken für eine lebenswerte Zukunft-NPD-Parteiprogramm", herausgegeben vom NPD-Parteivorstand, Stuttgart. 67 II. Ohne Selbstbestimmung und Souveränität kann es keine Freiheit geben ! In der Dundesrepublik Deutschland droht die freiheitlich-demokratische Grundordnung durch Manipulation der Öffentlichen Meinung, insbesondere durch wesentliche Teile der Massenmedien, In der alltäglichen Praxis außer Kraft gesetzt zu werden. Korruption und Bestechlichkeit sind Zeichen des inneren Verfalls und erschüttern das Rechtsempfinden. Die Spaltung Deutschlands und die Stationierung fremder Truppen in Deutschland steht dem Selbslbestimmungsrecht des Deutschen Volkes entgegen. "* Die gegenwärtige bildungskatastrophe r a u b t uns d i e Z u k u n f t ! Auf ü e r Grundlage des l a n g s t ü b e r h o l t e n Dogmas der vorgeblichen "Gleichheit a l l e r Menscnen" N ationaldemokratische wurde o u r c h u n s i n n i g e Reformen u n s e r S c h u l - u n d HochM l u l w e s e n ir. den h e u t i g e n desolaten Zustanc v e r s e t z t . H i n t e r d i e s e n g e s e l I s c h a * t s - Gedanken verandernden holte Vorstellung, Reformen s t e h t d i e l a n g s t rr.dr. könne d u r c h übergesellfür eine s c h a f t s p o l i t i s c h ausgeklügelte ke'ormproyramne lebenswerte Zukunft IX. Gruppenego l smen v e r h I n o e r n soz 1 a l e S i c h e r h e i t und G e r e c h t i g k e i t ! Die E i n z e l - und Gruppenegoismen i n der Bundes- r e p u b l i k D e u t s c h l a n d haben zu e i n e r w e i t g e h e n - den Verkümmerung gesd.-ntverantwort 1 ;chen Denkens und Handelns g e f j f . r t . Durch den Mißbrauch des Begriffs der "pluralistischen Gesell- s c h a f t " s i n d an d i e S t e l l e d e r notwendiger. Gerne i n S c h a f t s b i n d u n g e n Auflosjigserscheinjngen getreten. Als Folge zeiyen s i c h v i e l e s o z i a i e Wir N a t i n a i d e m o k r a ten beker nen uns ; u r V i e l - fall des Lebens und SP n e r ^ r s c h e i ungen in Natu r un G e s c h i e h t ld de Halb z u r A n e r k e n - nung und A c h t u n g v o r de - n a t r l i c h e n U n g l e i c h - heu Menschen. U1 ; i c h i n d d i e Menschen v o r dem G s e t z und i i d ; r - U n a n t a s t b a r k e i t lh- r e r Hürde _1 Wir N a t i o n a l d e m o k r a t e n t r e t e n m i t E n t s c h i e d e n - heit für e i n e W e l t der unabhängigen Staaten und V ö l k e r e i n . I n d e r V e r s c h i e d e n h e i t der Nationen und ihrer- K u l t u r e n und I n d e r UnterNPD-Parteiprogramm schiedlichkeit d e r Menschen sehen w i r den zu bewahrenden R e i c h t u m u n s e r e r E r d e . VIII. Der Innere F r i e d e w i r d durch den Hassenzustrca von Ausländern gefährdet ! Millionen von A u s l ä n d e r n wurden wie Skla.ven der N e u z e i t nach W e s t d e u t s c h l a n d g e h o l t , , im Zusammenspiel von Industrie, Regierung und G e w e r k s c h a f t e n . Diese P o l i t i k w i r d h e u t e d u r c h e i n e menschenund v ö l k e r v e r a c h t e n d e I n t e g r a - tion fortgesetzt. D i e A u s l ä n d e r werden ihrer Heimat e n t f r e m d e t und e n t w u r z e l t , ihnen d r o h t der V e r l u s t i h r e r I d e n t i t ä t , d e r b i s zur Z e r - störung der Familien f ü h r t . In zahlreichen Großstädten bihlen sich Ausländerghettos in denen d i e d e u t s c h e R e s t b e v ö l k e r u n g z u r M i n d e r - heit wird. Das Leben i n d i e s e n Wohnvierteln i h r e s c h u l i s c h e V e r s o r g u n g und das s o z i a l e Um- f e l d werden u n e r t r ä g l i c h . D e u t s c h e und Ange- h ö r i g e f r e m d e r V ö l k e r s t e h e n s i c h immer f e i n d - se1i g e r gegenüber. Durch d iese Entwi ck1ung w i r d d e r i n n e r e F r i e d e zunehmend g e f ä h r d e t . Volkssouveränität und dem Mehrparteiensystem, die zu den tragenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung 38 gehören. Die NPD dokumentiert ihr nationalistisches Weltbild durch Äußerungen wie "Wiederherstellung Deutschlands in seinen nationalen und historischen Grenzen, die Neuschaffung von Regierung und Reich!" (DSt, Nr. 12, Dezember 1989)39Als rechtsextremistische Partei mißt sie der Nation den höchsten Stellenwert bei. Sie lehnt daher die Mitgliedschaft in der EG und der NATO ab, da der Beitritt zu supranationalen Zusammenschlüssen zwangsläufig zum Verlust von Souveränitätsrechten führt. Oberstes "nationaldemokratisches" Ziel ist ein einiges Deutschland als "blockfreier Mittler zwischen Ost und West" (Präambel des Parteiprogramms, S. 3). Ihre ausländerfeindliche Einstellung zeigt sich durch Aussagen wie "Wer verdient an der Ausländerflut?... Je mehr Ausländer auf den deutschen Arbeitsmarkt strömen, desto höher ist das Arbeitskräfteangebot1 ..." (DSt, Nr. 3, März 1989), "Eine unheilvolle Koalition ... bemüht sich geradezu verbissen, die Deutschen im eigenen Land allmählich zu entrechten. Um nichts anderes handelt es sich bei der Einführung eines wie auch immer gearteten Ausländerwahlrechts ..." DSt, Nr. 3, März 1989), "Deutschland den Deutschen" (DSt, Nr. 5, Mai 1989) und "Deutsche Arbeitsplätze für Deutsche! (DSt, Nr. 6, Juni 1989). Die rassistische Denkweise der NPD klingt in Ausführungen wie "....das Volk selbst soll sich in einer multikulturellen Gesellschaft auflösen" (DSt, Nr. 6, Juni 1989) und "Das Problem sind nicht die Ausländer in Deutschland, sondern deren ständig ansteigende Zahl - kein Volk der Erde kann Ausländer ohne Begrenzung aufnehmen, ohne irgendwann seine eigene Identität aufgeben zu müssen. Aber genau das wollen diejenigen, die die 'multirassische und multikulturelle Gesellschaft' propagieren" (DSt, Nr. 11, November 1989) an40. Der Verantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes versucht die NPD sich zu entziehen: "Die geschichtsfälschende 'Bewältigungs'-Welle erreicht ihren Höhepunkt - aber jede Welle überschlägt sich danach und verebbt dann" (DSt, Vgl. zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung BVerGE 2, 1 (13). Vgl. S. 6 des Parteiprogramms: "Da Unrecht nicht dem Frieden dient, wird die völkerrechtswidrige Abtrennung deutscher Gebiete nicht anerkannt." und S. 7: "Die Vormundschaft durch die UdSSR und die USA muß überwunden werden." Vgl. S. 13 des Parteiprogramms: "Wir Nationaldemokraten bekennen uns zur Vielfalt des Lebens und seiner Erscheinungen in Natur und Geschichte und deshalb zur Anerkennung und Achtung vor der natürlichen Ungleichheit der Menschen.", S. 16: "...menschenund völkerverachtende Integration...". S. 17: "...ausländerfeindliche Integrationspolitik - eine getarnte Zwangsgermanisierung -..." bzw."... kulturelle und nationale Identität..." und S. 19: "In der Verschiedenheit der Nationen und ihrer Kulturen und in der Unterschiedlichkeit der Menschen sehen wir den zu bewahrenden Reichtum unserer Erde." Früher sprach die NPD offen von der Gefahr der "Rassenvermischung" und des "Einheitsbreis" sowie von der Notwendigkeit der "Erhaltung der biologischen Existenz unseres Volkes". 69 Nr. 9, September 1989) und "Das gilt mit Sicherheit für die wiederum behauptete 'Alleinschuld' der Deutschen am Zweiten Weltkrieg wie auch für andere große Lügen, auf denen ein Großteil der Politik nach dem Zweiten Weltkrieg beruht" (DSt, Nr. 9, September 1989). Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der NPD hat das Bundesverwaltungsgericht41 in mehreren Entscheidungen bestätigt. Von den hierbei zugrunde gelegten Aussagen der NPD hat sich diese nicht distanziert. Soweit die Partei sie später abschwächte, erfolgte dies erkennbar aus taktischen Erwägungen. 1.1.2 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederstand Die am 28. November 1964 in Hannover gegründete NPD, die ihren Sitz in Stuttgart hat und über einen bundesweit ausgebauten Parteiapparat verfügt, steht seit dem Jahre 1971 unter der Leitung von Rechtsanwalt Martin MUßGNUG aus Tuttlingen. Er wird von Jürgen SCHÜTZINGER, hauptamtlichem Bundesgeschäftsführer sowie Vorsitzendem des Landesverbandes BadenWürttemberg, Walter BACHMANN, Vorsitzendem des Landesverbandes Bayern, und Walter SEETZEN, Generalsekretär der Partei, vertreten. Sie stellen mit den vom ParteiEntwicklung der Mitgliederzahlen der NPD Bundesrepublik Deutschland 1985 1986 1987 Bei den Tabellenwerten handelt es sich um Zirkaangaben. BVerwG, NJW 1981,1390 (1391); BVerwG, NJW 1981, 1392 (1393): BVerwG, NJW 1984,813 f; BVerwG, NJW 1986, 3096 (3097 ff); BVerwG, NJW 1988, 2907 (2908 f). 70 vorstand aus seiner Mitte gewählten Leitern der Ämter42 das Präsidium (den geschäftsführenden Vorstand) dar. Der Parteivorstand setzt sich aus mindestens 30 Personen zusammen. Gegenüber dem Jahre 1988 nahm der Mitgliederbestand bundesweit von ca. 6.400 auf ca. 7.000 zu. Der Landesverband Rheinland-Pfalz, der aus 20 Kreisverbänden besteht und seit dem 19. Februar 1989 von dem 34jährigen Kellerund Weinküfermeister Joachim HEHRLEIN aus Knöringen (Kreis Südliche Weinstraße)43 geführt wird, nahm hingegen am Aufschwung der Partei nicht teil. Mit mehr als 400 Personen stagniert die Mitgliederzahl. Die Aktivitäten gingen überwiegend von den im südlichen Landesteil gelegenen Organisationseinheiten aus. Rheinland-Pfalz 600 500 400 !*" 300 200 19B5 1986 1987 1988 1989 Bei den Tabellenwerten handelt es sich um Zirkaangaben. 1.1.3 Finanzierung Wegen ihres Verzichts auf die Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament am 18. Juni 1989 muß die NPD den Wahlkampfkostenvorschuß von 812.988,42 DM an die Verwaltung des Deutschen Bundestages erstatten. Nach Rückzahlung von insgesamt 200.000,DM sowie der Verrechnung eines Chancenausgleiches für 1987 von 115.013,03 DM und des zweiten Abschlages auf die Wahlkampfkostenerstattung für die Bundestagswahl 1990 von 273-558,14 DM hat sie noch eine Restforderung von 224.417,25 DM zu begleichen. Der Ende 1988 nach 23 Parteiengesetz vorgelegte Rechenschaftsbericht der NPD für das Jahr 1988 weist als Einnahmen 1.315.316,73 DM und als Ausgaben 1.646.361,49 DM aus; in den Einnahmen sind 317.138,51 DM Mitgliedsbeiträge und 187.495,45 DM Spenden enthalten. In Rheinland-Pfalz hat die NPD nach ihren Angaben Einnahmen von 53-473,15 DM und Ausgaben von 54.346,39 DM; als Mitgliedsbeiträge werden 16.955,90 DM und als Spenden 31.127,DM angeführt. 42 Zur Durchführung der Beschlüsse des Parteivorstandes und zur Erledigung der laufenden politischen, organisatorischen sowie verwaltungsmäßigen Angelegenheiten der Partei werden im Vorstand je nach Bedarf Ämter eingerichtet. 43 Sein Vorgänger war der Unternehmensberater Karl-Heinz PFIRRMANN aus Wörth am Rhein. 71 1.1.4 Schulung Die Schulung der Parteimitglieder im Sinne "nationaldemokratischer" Politik obliegt der Hauptabteilung Bildung. Sie erfolgt vornehmlich im "nationaldemokratischen Bildungszentrum" am Iseo-See in Oberitalien und seit August 1989 auch in Bromskirchen (Kreis Waldeck-Frankenberg). Beide Häuser werden der NPD von einem Mitglied des NPD-Landesvorstandes Hessen so lange unentgeltlich zur Verfügung gestellt, "wie sich diese für die deutsche Wiedervereinigung einsetzt". Die Schulungsstätten bieten Grundlehrgänge, Aufbaufachlehrgänge und Nachwuchsführungsseminare bis zu einer Woche an. Als Grundlage für die politische Bildung in den Organisationseinheiten dient die Monatsschrift "NPD-Forum" der Bundesgeschäftsstelle, in der ausgewählte Themen behandelt werden. 1.1.5 Pressearbeit Parteiorgan der NPD ist die "Deutsche Stimme" (DSt). Sie erscheint monatlich im parteieigenen Verlag in Stuttgart in einer Auflage von ca. 200.000 Exemplaren44. Ihr Hauptschriftleiter gehört dem Parteivorstand an. Zusätzlich bringt die Pressestelle des NPD-Parteivorstandes monatlich die Presseinformation "Neuer politischer Dienst" heraus. Zuerst Deutschland - dann Europa! Wählen Sie am 18. Juni das nationale Bündnis: DVU - Liste D! Deutschlands Einheit kommt bestimmt Lesen und v/eitergeben DEUTSCHE m STIMME 14. Jahrgang Nr.5/Mai 1989 Nationaldemokratische Zeitung Einzelpreis 2,DM / 1 5 , - öS Ausgabe E 8027 E Der Artikel "An die Polen in Westdeutschland" in der Januarausgabe 1990 der "Deutschen Stimme" veranlaßte die Staatsanwaltschaft Stuttgart, gegen den Chefredakteur und den Chef vom Dienst ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung nach SS 130 StGB einzuleiten. In diesem Zusammenhang durchsuchte die Polizei aufgrund eines Beschlusses des Landgerichts Stuttgart45 die Geschäftsräume der NPD-Parteizeitung. In einer Pressemitteilung wertete die NPD die Maßnahmen als einen Angriff auf die Meinungsund Pressefreiheit. Gerade im Zuge der allgemeinen Liberalisierung in der DDR sei es unerhört, die NPD1988: über 180.000 Exemplare. Das Amtsgericht Stuttgart hatte den Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses abgelehnt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hob das Landgericht Stuttgart diesen Beschluß auf. -2 Presse in grundgesetzwidriger Weise zu behindern. In der DDR sei die Verbreitung der Zeitung ohne Schwierigkeiten möglich gewesen. Das Sprachrohr des Landesverbandes Rheinland-Pfalz, der "Südwest-Kurier", wurde im Dezember 1987 letztmals verlegt. 1.1.6 Wahlen Die NPD schloß für die Wahl zum Europäischen Parlament am 18. Juni 1989 ein Wahlbündnis mit der "Deutschen Volksunion - Liste D" (DVU) und beteiligte sich schwerpunktmäßig an den Kommunal wählen am 12. März 1989 in Hessen, am 18. Juni 1988 in Rheinland-Pfalz sowie im Saarland, am 2. Oktober 1989 in NordrheinWestfalen und am 22. Oktober 1989 in Baden-Württemberg. In ihrer Wahlpropaganda bevorzugte sie als Zielgruppen Bauern und Winzer und stellte die Ausländersowie Asylantenproblematik in den Vordergrund. 1.1.6.1 Europawahl Die Präsidien der NPD und der "Deutschen Volksunion - Liste D" (Vorsitzender: der Münchener Verleger Dr. Gerhard FREY) hatten bereits im Frühjahr 1987 verabredet, sich bei den damals anstehenden Landtagswahlen unter Wahrung ihrer organisatorischen und politischen Eigenständigkeit gegenseitig zu unterstützen. Im Januar 1988 wurde diese Absprache für die Wahl zum Europäischen Parlament 1989 und zur Bundestagswahl 1990 erweitert. Vereinbart wurden die alleinige Teilnahme der "Deutschen Volksunion - Liste D" an der Europawahl, die Besetzung der Plätze 3, 6, 9 und 12 der Kandidatenliste mit Vertretern der NPD, die Zahlung einer Million DM an die NPD als Ersatz für die zu erstattende Wahlkampfkostenvorauszahlung aufgrund der Nichtbeteiligung an der Europawahl 46 und die ausschließliche Kandidatur der NPD bei der Bundestagswahl47. Ziel des Wahlbündnisses war es, das "unfruchtbare Gegeneinander" zu überwinden und der "gesamten deutschen Sache" wesentlich stärkere Durchschlagskraft zu verleihen. Nach Auffassung des Parteivorsitzenden MUßGNUG sollte die Europawahl für die "vereint kämpfenden Nationalen" den Durchbruch, d.h. mehr als 5 % der Stimmen bringen, um anschließend im Jahre 1990 in den Deutschen Bundestag einziehen zu können. Die Wahlabsprache führte zu heftigen Auseinandersetzungen in der NPD. Die Gegner mißtrauten Dr. FREY und befürchteten die Auflösung, zumindest den Verlust der Unabhängigkeit der Partei durch die Zusammenarbeit mit der *'' Aufgrund des bei der Europawahl am 17. Januar 1984 erzielten Ergebnisses von 0,8% der Stimmen hatte die NPD einen Anspruch auf Wahlkampfkostenvorauszahlung von etwa einer Million DM. r Die Zusammenarbeit schließt auch gemeinsame Präsidiumssitzungen und die Möglichkeit der Doppelmitgliedschaft durch Ausnahmegenehmigung des Präsidiums ein. 73 Tierel " * * *e <*e/ SSmmm e 2? ^ G *T '".' ^Of.P " * * < & * " * yse "a'aem"rSe"un" _ 'o. ?SSS-,!S Deutschlands ..Alleinschul - eine luge, ^ -- ^durcUscHagen d od* hat * * ! ^negaozneueU* l b s t b e s t ^ S^-r undpo Le*"---*^'STOPP DEUTSCHLAND DEUTSCHEN DEN 4L was muss NPD Nationaldemokraten "Deutschen Volksunion - Liste D". Hingegen versprachen sich die Befürworter durch die Verbindung der Organisationsund Wahlkampferfahrung der NPD mit den finanziellen und publizistischen Möglichkeiten von Dr. FREY Wahlerfolge und damit Einfluß auf die Politik48. Absprachegemäß trat die NPD nicht selbst zur Europawahl an und unterstützte die Kandidaten der "Deutschen Volksunion - Liste D". 1.1.6.2 Kommunalwahlen Die NPD gestaltete die Kommunalwahlen der Jahre 1989 und 1990, bei denen sie nur in einigen Wahlkreisen antrat, zum Teil erfolgreich. Bei den Wahlen in Hessen am 12. März 1989, zu denen sie in sechs Kreisen und neun Kommunen mit aktiver Unterstützung der "Deutschen Volksunion - Liste D" kandidierte, verzeichnete sie zum Teil beachtliche Stimmengewinne. Ihr gelang der Einzug in die Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt am Main (6,6 % der Stimmen = 7 Sitze)49, in den Kreistag des Main-Kinzig-Kreises (5,2 % der Stimmen = 5 Sitze) und in einige weitere kommunale Vertretungskörperschaften. In Wölfersheim (Wetteraukreis) erzielte sie mit 17,5 % der Stimmen (= 6 Sitze) ihr bestes Ergebnis50. Anläßlich der Wahlen in Rheinland-Pfalz am 18. Juni 1989 kandidierte sie lediglich für den Kreistag Südliche Weinstraße und errang dort mit 4 % der Stimmen 2 Sitze. Im Saarland ist die NPD auch nach den Wahlen am 18. Juni 1989 aufgrund der 5 %-Klausel in keinem kommunalen Parlament vertreten. Zu den Wahlen am 1. Oktober 1989 in Nordrhein-Westfalen konzentrierte sie sich besonders auf Wuppertal und erreichte dort mit 3,2 % der Stimmen ihr bestes Ergebnis. Beachtenswerte Wahlerfolge erzielte die NPD am 22. Oktober 1989 in BadenWürttemberg. Sie erhöhte die Zahl ihrer Mandate im kommunalen Bereich von Eine Zusammenarbeit zwischen der NPD und Dr. FREY war bereits in der Vergangenheit vorgesehen. Mit Unterstützung des NPD-Parteivorsitzenden Martin MUßGNUG sollte Dr. FREY im Jahre 1975, nachdem er der NPD beigetreten war, gegen den Widerstand maßgebender Parteikreise zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt werden. Dr. FREY wurde von den Delegierten des Bundesparteitages jedoch lediglich in den Vorstand gewählt. Die daraufhin von Dr. FREY betriebene Presseagitation gegen seine Gegner in der NPD erregte erhebliches Mißfallen in der Partei. Der Parteivorstand wählte ihn deshalb nicht in das Präsidium und zog die Zusage zurück, ihm künftig die Herausgabe des Parteiorgans zu überlassen. Dr. FREY stellte sein Vorstandsamt im Sommer 1976 zur Verfügung und trat aus der NPD aus. Der NPD-Parteivorstand hatte die Wahl der Stadtverordneten in Frankfurt am Main zur Bundessache erklärt und den Wahlkampf unter dem Motto "Frankfurt muß eine deutsche Stadt bleiben - Nationaldemokraten in den Römer!" mit erheblichen finanziellen Mitteln unterstützt. Gegenüber dem Jahre 1985 konnte die NPD ihren Stimmenanteil um 6,1 % erhöhen. 75 bisher 3 auf nunmehr 12. In Tuttlingen, dem Wohnort des Parteivorsitzenden MUßGNUG, errang sie 9,3 % der Stimmen (= 3 Mandate) und in VillingenSchwenningen, dem Wohnort des stellvertretenden Vorsitzenden SCHÜTZINGER, 4,8 % der Stimmen (= 3 Mandate). Obwohl die Parteiführung die Landeshauptstadt Stuttgart zum Wahlschwerpunkt erklärt hatte, konnte sie mit 0,8 % der Stimmen ihr Ziel nicht verwirklichen, in den Gemeinderat einzuziehen. Bei den bayerischen Kommunalwahlen am 18. März 1990 erhielt die NPD landesweit 0,1 % und über Listenverbindungen ebenfalls 0,1% der Stimmen. Im Kreistag Neumarkt (Oberpfalz) gewann die Listenverbindung NPD/Freie Wähler/ Bürgerinitiative Ausländerstopp mit 1,7 % der Stimmen einen Sitz. Anläßlich der Wahlen in Schleswig-Holstein am 25. März 1990 erreichte die NPD landesweit 0,0 % der Stimmen. Sie kandidierte lediglich für den Gemeinderat Neumünster sowie für den Kreistag Herzogtum Lauenburg und erzielte dort 0,4 % bzw. 0,3 % der Stimmen. 1.1.7 Parteitage 1.1.7.1 Bundesparteitag Am 11./12. Februar 1989 hielt die NPD in Rahden-Kleinendorf (Kreis MindenLübbecke) unter dem Motto "Gegen Integrationsterror - Deutschland den Deutschen!" ihren bereits im Jahre 1988 fälligen 22. ordentlichen Bundesparteitag ab. Der Parteivorsitzende MUßGNUG betonte in seiner Rede den hohen Stellenwert des Bündnisses mit der "Deutschen Volksunion - Liste D" und mahnte zur Geschlossenheit im eigenen Lager. Die Anträge der Opposition auf Abwahl des Parteivorstandes und auf erneute Erörterung einer eigenen Kandidatur der NPD bei der Europawahl 1989 wiesen die Delegierten zurück. Sie entschieden sich vielmehr mit großer Mehrheit für die gemeinsame Beteiligung an der Europawahl mit der "Deutschen Volksunion -Liste D" unter deren Namen. Vor dem Versammlungslokal war es am 11. Februar 1989 zu Gegendemonstrationen mit Ausschreitungen gekommen. Das wegen zu erwartender Gewalttätigkeiten ergangene Verbot des Parteitages hatte das Verwaltungsgericht xMinden aufgehoben. 1.1.7.2 Landesparteitag Angesichts der innerparteilichen Auseinandersetzungen um die Wahlabsprache mit der "Deutschen Volksunion - Liste D" führte der Landesverband Rheinland-Pfalz seinen 23. ordentlichen Parteitag bereits am 19Februar 1989 in Bad Kreuznach-Bosenheim durch. Die starre, ablehnende Haltung des damaligen Landesvorsitzenden PFIRRMANN zum Wahlbündnis hatte führende Funktionäre sowohl der NPD als auch der JN in Rheinland-Pfalz bewogen, seinen Rücktritt zu verlangen. Sie beschuldigten ihn, den Landesverband ins Abseits manövriert zu haben. Im Mittelpunkt des Parteitages, bei dem auch Mitglieder des Parteivorstandes anwesend waren, stand die Wahl eines neuen Landesvor76 Standes. Die Delegierten wählten den 34jährigen Kellerund Weinküfermeister Joachim HEHRLEIN aus Knöringen (Kreis Südliche Weinstraße) zum Landesvorsitzenden. Der neue Landesvorstand befürwortet mehrheitlich die Zusammenarbeit mit der "Deutschen Volksunion - Liste D". Die Veranstaltung verlief störungsfrei, da die politischen Gegner von dem endgültigen Veranstaltungsort keine Kenntnis erhielten. 1.1.8 Reaktionen auf die innenpolitischen Veränderungen in der DDR Die NPD, die sich durch die Entwicklung in der DDR in ihrer auf eine blockfreie Konföderation als Zwischenstufe einer Wiedervereinigung ausgerichteten Deutschlandpolitik 5 ' bestätigt fühlt und in 1990 das Jahr der nationalen Bewährung sieht (Beitrag des Parteivorsitzenden MUßGNUG in DSt, Nr. 12, Dezember 1989), leitete Ende 1989 eine Kampagne "Volksabstimmung - Wiedervereinigung" ein. Mit dieser Aktion fordert sie die "Regierenden in beiden Teilen Deutschlands" auf, sofort eine "Volksabstimmung über die Wiedervereinigung" durchzuführen. In Anzeigen ihres Parteiorgans "Deutsche Stimme" sowie auf Plakaten, Flugblättern und Aufklebern wirbt sie mit großem Aufwand für die Volksabstimmung. Von ihren Anhängern verlangt sie ein engagiertes Eintreten für die Kampagne (DSt, Nr. 12, Dezember 1989), und Parteivorsitzender MUßGNUG mahnt: "Wir müssen uns jetzt an die Spitze einer Volksbewegung für die Volksabstimmung zur nationalen Einheit in beiden Teilen Deutschlands setzen!" (DSt, Nr. 12, Dezember 1989). Um die Bewohner der DDR besser ansprechen zu können, wurden die Leser des Parteiorgans dazu aufgerufen, für jene die Kosten für ein Jahresabonnement zu übernehmen. Im Jahre 1990 wirkten Anhänger der NPD und deren Jugendorganisation, die "Jungen Nationaldemokraten" (JN), an der sogenannten Montagsdemonstration in Leipzig mit. Sie verteilten Flugblätter zur Aktion "Volksabstimmung - Wiedervereinigung" und trugen Transparente mit der Parole "Deutschland - Einig Vaterland! Volksabstimmung". Darüber hinaus suchte die NPD in der DDR Kontakte zur "National-Demokratischen Partei Deutschlands" (NDPD) und zur am 8. Januar 1990 in Leipzig gegründeten Partei der "Mitteldeutschen Nationaldemokraten" (MNP) sowie deren Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN). Bezüglich der NDPD konzentrierten sich ihre Bemühungen offensichtlich auf die Bezirksverbände, da die NDPD-Führung Verbindungen zur NPD abgelehnt hatte. Das Parteiorgan "Deutsche Stimme" vom Januar 1990 veröffentlichte ein Schreiben Die Forderung der NPD nach einer Deutschen Konföderation zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik als Zwischenstufe eines neutralen wiedervereinigten Deutschlands ist wesentlicher Bestandteil des im Jahre 1982 von der NPD verabschiedeten "Germersheimer Manifestes". 77 des Bezirksvorsitzenden der NDPD in Magdeburg, der zur Konföderation der beiden deutschen Staaten zustimmend Stellung nahm. Die NPD hält die MNP, deren oberstes Ziel die "Staatliche Einheit der Deutschen in den völkerrechtlichen Grenzen Deutschlands" ist, mit ihr für politisch verwandt. 1.2 "Junge Nationaldemokraten" (JN) Die JN, die seit dem Jahr 1969 bestehende Jugendorganisation der NPD, stimmen nicht in allen Punkten mit dem Kurs ihrer "Mutterpartei" überein. Sie bemängeln die unzureichende Aussagekraft der programmatischen Äußerungen der NPD und die Zusammenarbeit mit der "Deutschen Volksunion - Liste D", durch die die Unterschiede zu den "National-Freiheitlichen" nicht mehr erkennbar wären. In Einzelfällen sind bei den JN neonazistische Neigungen festzustellen, denen die NPD mit einem "Unvereinbarkeitsbeschluß" zu begegnen versucht. Der Aufwärtstrend der JN aus den letzten Jahren hielt auch im Berichtszeitraum an. Ihr Mitgliederbestand nahm bundesweit von ca. 800 auf ca. 900 zu. Seit dem Bundeskongreß am 22. Juli 1989 wird die NPD-Jugendorganisation von Thilo KABUS, dem Vorsitzenden des JN-Landesverbandes Berlin, geführt, der Karl-Heinz SENDBÜHLER aus München 52 ablöste. In unregelmäßigen Abständen bringt der Bundesvorstand die Mitteilungsblätter "Junge Stimme" und "Junge Deutsche Stimme" heraus. Am 22723. Juli 1989 fand in Herne (Nordrhein-Westfalen) unter dem Motto "Deutschlandmehr als ein Wort" der Bundeskongreß der JN statt. Ander Veranstaltung nahmen ca. 100 Personen teil, darunter der Parteivorsitzende MUßGNUG. Im Mittelpunkt stand die Wahl des Bundesvorstandes. Die JN unterstützt die Bemühungen der NPD, auf die politische Entwicklung in der DDR Einfluß zu nehmen. Der Landesverband Rheinland-Pfalz, dessen Vorsitzender vom 7. Oktober 1989 bis 10. März 1990 Thomas DILLINGER aus Ludwigshafen am Rhein war53 und der seitdem von Frank JOISTGEN aus Grafschaft (Kreis Ahrweiler) geleitet wird, konnte seine Mitgliederzahl im Berichtszeitraum um ca. 10 auf ca. 70 vergrößern. Er verfügt über Kreisverbände in Alzey/ "Worms, Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen am Rhein/Frankenthal (Pfalz) und Neustadt an der Weinstraße. Aktivitäten gingen im wesentlichen von den Organisationseinheiten Koblenz und Ludwigshafen am Rhein/Frankenthal (Pfalz) aus. Das Mitteilungsblatt des Landesverbandes "JN intern" erschien im Jahre 1989 einmal. Seit Dezember 1989 gibt der Kreisverband Ludwigshafen am Rhein/Frankenthal (Pfalz) ein eigenes Mitteilungsblatt "Deutscher Michel" heraus. ,2 SENDBÜHLER, der nicht dem neuen JN-Vorstand angehört, leitet auch nicht mehr den "Nationaldemokratischen Hochschulbund" (NHB). 53 Sein Vorgänger war Christian RATHMANN aus Frankenthal (Pfalz). 78 2. "National-freiheitliche" Organisationen 2.1 Ideologisch-politischer Standort Das Fehlen eines ideologisch geschlossenen Systems ist bei den sich als "national-freiheitliche" Rechte bezeichnenden Organisationen, die im wesentlichen aus der "Deutschen Volksunion e.V." (DVU) mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften und der "Deutschen Volksunion - Liste D" (DVU)54 bestehen, noch offenkundiger als bei der NPD. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der "national-freiheitlichen" Organisationen ergibt sich nur ansatzweise aus den Programmen. Als Nachweise sind vor allem Aussagen ihrer Funktionäre und Beiträge in den von dem Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion Kriegsschuld: Freispruch für das ganze deutsche Volk". 3, M * Freiheitliche Wochenzettung s a - t s a R 2357 c Ewig büPen für Hitler? ~] Neue Anklagen gegen Deutschland Wird Deutschland zur zweiten Türkei?/:.**." DeutBcbe B 228s r National* Zeitung Ausländerwahlrecht: Die wahren Folgen Ist die EG Deutschlands Untergang? (Seite 4) 32. Jatmme. *fr. JB 28. Aprü 1986 U t S ti t F 6 Preis 2.OM,ÖW*w"ch IS,08 """ R2343C FOR NATIONALE POLITIK * KULTUR UND WIRTSCHAFT D v u nicht Noch mehr Rechte für Ausländer? aufauhaiten Für beide Organisationen wird die Abkürzung "DVU" verwendet. 79 e.V." und der "Deutschen Volksunion - Liste D", dem Münchener Verleger Dr. Gerhard FREY, herausgegebenen "Wochenzeitungen "Deutscher Anzeiger" (DA), "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und "Deutsche WochenZeitung"(DWZ) heranzuziehen. Das politische Gedankenbild der "national-freiheitlichen" Organisationen wird geprägt von - Ausländerfeindlichkeit ("Millionen Deutsche in Armut. Aber Millionen Mark für Asylanten" - DA vom 13. Januar 1989, "Deutscher ist Bürger, Ausländer ist Gast" - DWZ vom 27. Januar 1989, "Kommt das Wahlrecht für alle Ausländer? So werden die Deutschen entrechtet" - DNZ vom 3- März 1989, "Sind deutsche Menschen zweite Klasse? Trotz Wohnungsnot und sozialen Elends Milliarden Mark für Ausländer" - DNZ vom 24. März 1989, "Wird Deutschland zur zweiten Türkei?" - DWZ vom 24. März 1989 und "Deutschland den Ausländern? D Die Bundesrepublik Deutschland hat die Pflicht, deutschen Minderheiten, insbesondere auch im sowjetischen Machtbereich, Schutz und Fürsorge zu gewähren und alles zu unternehmen, um ihnen zu Menschenund Grundrechten zu verhelfen, einschließlich der Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland. 3 . Gleichberechtigung für Deutschland Die sich steigernde höchst einseitige Vergangenheitsbewältigung allein zu Lasten der Besiegten des Zweiten Wettkriegs mit der Zuweisung von Kollektivschuld und Kollektivverantwortung an die Deutschen beeinträchtigt unsere Gleichberechtigung in der Völkerund Staatenfamilie. Wir wenden uns entschieden dagegen, daß unser Volk der UOIKS UNION Sündenbock der Welt bleibt. Es widerspricht der Gleichheit aller vor dem Gesetz als -Uste~D~ wichtigster Grundlage eines Rechtsstaats, wenn KriegsverPROGRAMM brecherprozesse gegen die Besiegten des Zweiten Weitkriegs noch nach einem halben Jahrhundert geführt werder den, die Sieger aber ihre millionenfachen Morde am deutDEUTSCHEN VOLKSUNION -- Liste D schen Volk schon Mitte der vierziger Jahre allesamt straffrei 1. Deutschland soll deutsch bleiben stellten und ungesühnt ließen. Wir fordern den Erlaß der Deutschland soll das Land der Deutschen bleiben. Dem deutüberfälligen Generalamnestie. schen Volk müssen die gleichen Rechte zustehen wie allen Das Ansehen und die Ehre des deutschen Soldaten sind anderen Völkern auch. Dies schließt das Recht auf das angeunter strafrechtlichen Schutz zu stellen. Wer Leistungen stammte Land, die nationale Identität und Selbstbestimmung und Leiden der Frontgeneration leugnet oder verächtlich ein. macht, versündigt sich am Andenken der Gefallenen, berührt die Menschenwürde der Überlebenden und nimmt Daraus folgt: Begrenzung des Ausländeranteils, Stopp dem jungen Bundeswehrsoldaten die zur Erfüllung ihrer Aufgazunehmenden Ausländerzustrom, Beschleunigung der Asylben unabdingbare Motivation, Anschläge auf Gefallenenverfahren, Ausweisung von kriminellen Ausländern. Alle geGräber und Soldaten-Ehrenmale sind nach einem neu zu setzgeberischen und rechtlichen Möglichkeiten unserer freischaffenden Gesetz hart zu bestrafen. Wir wenden uns heitlichen Rechtsordnung müssen ausgeschöpft werden, um gegen jede Diskriminierung und Entrechtung der Frontsolunzweifelhafte Scheinasylanten rascher abzuschieben und die daten, insbesondere der Waffen-SS, und gegen jede Belastung für den deutschen Steuerzahler nachhaltig zu verSchmähung ihrer Gefallenen. ringern. 4 . Für das Überleben des deutschen Volkes Wir respektieren alle Völker, reichen Menschen jeden VolksWeit über 200 000 Kinder werden Jahr für Jahr in der Buntums brüderlich die Hand. Alle Gutgesinnten werden unser Andesrepublik Deutschland "legal" abgetrieben, die meisten liegen verstehen und gutheißen, den deutschen Charakter aus "sozialen" Gründen und auf Krankenschein. GleichzeiDeutschlands zu erhalten. tig fehlen jährlich 200000 Geburten in der Bundesrepublik Deutschland zur Erhaltung des deutschen Volkes und zur 2. Deutschland zuerst Sicherung der Renten. Der Grundgesetzauftrag zum Schutz Das Recht auf Selbstbestimmung in gerechten Grenzen ist für von Ehe und Familie muß verwirklicht werden. das deutsche Volk ebenso unverzichtbar wie für jedes andere Wir treten ein für eine familienund kinderfreundliche Volk der Welt. Wir wollen die Deutschlandvorstellungen des Steuerund Sozialpolitik, für großzügige staatliche Hilfen Grundgesetzes und der deutschen höchstrichterlichen Rechtzugunsten deutscher Familien und Mütter. Das Sittengesetz sprechung in einem freiheitlichen und demokratischen, soziaund die Verfassung fordern den Schutz des ungeborenen len und deutschen Rechtsstaat auf der Grundlage eine's gleiLebens. Die dazu legitimierten Organe haben die Pflicht, die chen Rechts für alle Menschen, Völker und Staaten sowie der Verfassungsmäßigkeit der derzeit gültigen Abtreibungsregeallgemeinen Regeln des Völkerrechts verwirklichen. 80 Die Folgen von Asylbetrug und Überfremdung" - DNZ vom 16. Juni 1989)55 - latentem Antisemitismus ("Wiesenthal wieder aktiv" - DNZ vom 13Januar 1989, "Niemals vergessen, ständig erinnern" - DA vom 20. Januar 1989 und "Abneigung gegen Juden" - DA vom 22. September 1989) und - Nationalismus ("Deutschland besteht in den Grenzen von 1937" - DNZ vom 17. November 1989;)56 Die "national-freiheitlichen" Organisationen verharmlosen die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes und bestreiten die Verantwortung der Deutschen für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ("Ewig kriechen wegen Kriegsschuld?" - DA vom 7. Juli 1989 und "Ewig büßen für Hitler - Neue Anklage gegen Deutschland" - DA vom 8. September 1989)57. Zum 50. Jahrestag des Kriegsausbruchs am 1. September 1989 veröffentlichte die DNZ eine Artikelserie "Zweiter Weltkrieg: Fakten statt Fälschungen".Damit sollte den "Predigern deutscher Minderwertigkeitskomplexe" entgegengewirkt werden, die das deutsche Volk in einen "Rauschzustand von Kollektivschuld, -Verantwortung, -haftung und -schäm" versetzen und es für "fremde Anmaßungen und Ansprüche" gefügig halten wollten (DNZ vom 28. Juli 1989). Darüber hinaus führen sie Hetzkampagnen gegen Repräsentanten des öffentlichen Lebens ("Neue SühneWallfahrt von Weizäckers" - DA vom 27. Januar 1989 und "Weizsäckers Gedächtnislücken" - DA vom 14. April 1989). Der Antikommunismus stellt für die "national-freiheitlichen" Organisationen kein Programmpunkt mehr dar58. Nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit der NPD haben sie ihren Standpunkt vom Verbleiben der Bundesrepublik Deutschland in der NATO aufgegeben und treten nunmehr für ein neutrales Deutschland ein. Im Vergleich zur NPD agitieren sie aggressiver und greifen mehr tagespolitische Themen auf. Vgl. Punkt 1 Abs. 2 des Programms der "Deutschen Volksunion - Liste D": "...Begrenzung des Ausländeranteils, Stopp dem zunehmenden Ausländerzustrom, Beschleunigung der Asylverfahren, Ausweisung von kriminellen Ausländern. Alle gesetzgeberischen und rechtlichen Möglichkeiten unserer freiheitlichen Rechtsordnung müssen ausgeschöpft werden, um unzweifelhafte Scheinasylanten rascher abzuschieben..." Vgl. Punkt 1 Abs. 1 des Programms der "Deutschen Volksunion - Liste D": "Deutschland soll das Land der Deutschen bleiben Dies schließt das Recht auf das angestammte Land, die nationale Identität und Selbstbestimmung ein." Vgl. Punkt 3 Abs. 1 des Programms der "Deutschen Volksunion - Liste D": "Die sich steigernde höchst einseitige Vergangenheitsbewältigung allein zu Lasten der Besiegten des Zweiten Weltkrieges mit der Zuweisung von Kollektivschuld und Kollektiwerantwortung an die Deutschen beeinträchtigt unsere Gleichberechtigung in der Völkerund Staatenfamilie. Wir wenden uns entschieden dagegen, daß unser Volk der Sündenbock der Welt bleibt." Während der Antikommunismus im Programm der "Deutschen Volksunion - Liste D" keine Aufnahme fand, war in Nr. 6 des im Jahre 1987 noch geltenden Programmes der "Deutschen Volksunion e.V." als Ziel aufgeführt, "den vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Kommunismus in allen unmenschlichen Erscheinungsformen, soweit sie unser Volk bedrohen, zu bekämpfen". 81 2.2 Organisationen Die "national-freiheitlichen" Organisationen, zu denen im wesentlichen die "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften und die "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU)59 zählen, verzeichneten insgesamt den größten Mitgliederzuwachs. 2.2.1 "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften Die von Dr. Gerhard FREY im Jahre 1971 gegründete und geleitete DVU hat mit ihren sechs Aktionsgemeinschaften - "Aktion deutsche Einheit" (AKON), - "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA), - "Initiative für Ausländerbegrenzung" (I.f.A.), - "Aktion deutsches Radio und Fernsehen" (ARF), - "Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten" und - "Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur", deren Mitglieder kraft Satzung zugleich der DVU angehören, über 12.500 Personen 60 . Gegenüber dem Vorjahr (ca. 12.500) nahm der Mitgliederbestand nicht entscheidend zu. Die politische Bedeutung der DVU entspricht nicht ihrer personellen Stärke. Sie entfaltete im Berichtszeitraum wenig Aktivtäten. In Rheinland-Pfalz blieb die Mitgliederzahl der DVU mit ihren Aktionsgemeinschaften, die hier nicht aktiv war, mit über 1.100 nahezu unverändert. 2.2.2 "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU) 2.2.2.1 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederstand Die "Deutsche Volksunion - Liste D"61, die am 5. März 1987 auf Initiative des Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion e.V.", Dr. Gerhard FREY, in Verbindung mit maßgeblichen Funktionären der NPD als Partei gegründet wurde, versteht sich als "gemeinsamer Wahlverband" der "deutschen Rechten". Auch sie wird von Dr. FREY geleitet. Sie hat in jedem Bundesland einen Landesverband und insgesamt über 25.000 Mitglieder62. Diese setzen sich aus dem Bestand des Jahres 1988 von über 6.000, aus dem Zuwachs seit dem Jahre 1989 von etwa 6.500 und aus den etwa 12.500 Mitgliedern des Vereins DVU zusammen, die durch Satzungsänderung in die Partei DVU übernommen worden sind63. Ziel ,9 Für beide Organisationen wird die Abkürzung "DVU" verwendet. "" Dr. FREY gibt eine höhere Mitgliederzahl an. 61 Ursprünglich im November 1986 als "Deutsche Liste" angekündigt und im Dezember 1986 in "Deutsche Volksliste" umbenannt. Der Buchstabe "D" steht für Deutschland. 62 Dr. FREY gibt eine höhere Mitgliederzahl an. Nach der Satzungsänderung der "Deutschen Volksunion e.V." im Dezember 1988 wurden alle Mitglieder automatisch Mitglieder der "Deutschen Volksunion - Liste D", sofern sie älter als 16 Jahre waren und dieser Mitgliedschaft nicht ausdrücklich widersprachen. 82 des Bundesvorsitzenden Dr. FREY ist es, die Parteiorganisation auszubauen und die Aktivitäten vor Ort zu verstärken; geplant sind regelmäßige Veranstaltungen, Stammtische, Infostände und Verteilaktionen in den Verbänden (Rundschreiben an die Landes-, Bezirks-, Kreisund Ortsvorsitzenden vom November 1989). Am 4. März 1989 führte die DVU in Planegg bei München ihren Bundesparteitag mit einer Großkundgebung unter dem Motto "Erst Deutschland - dann Europa" durch. Zu den etwa 1.000 Teilnehmern gehörten auch Funktionäre der NPD. Dr. FREY wurde fast einstimmig als Bundesvorsitzender wiedergewählt. Gegen den Parteitag demonstrierten ca. 200 Personen. Der Landesverband Rheinland-Pfalz, der nach der Satzungsänderung der "Deutschen Volksunion e.V." nunmehr ca. 1.500 Mitglieder hat, setzt sich aus den Kreisverbänden Mainz und Pfalz zusammen. Anläßlich des Landesparteitages am 22. Oktober 1989 in Riedstadt-Goddelau (Hessen) wurde Diplomingenieur Reinhold NAFE aus Mainz als Nachfolger von Gerhard KROMANN zum Vorsitzenden gewählt. 2.2.2.2 Europawahl und Kommunalwahlen Im Jahr 1989 waren die Aktivitäten der DVU durch den Europawahlkampf geprägt. Bereits im Januar 1989 erregte die Partei mit einer Postwurfsendung an 28 Millionen Haushalte Aufsehen. Im Mai 1989 versandte sie 27 Millionen Exemplare einer Wahlkampfzeitung64. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Wahlkampagne lag in der Durchführung von Großveranstaltungen und sonstigen Wahlkampfkundgebungen. Die Wahlkampfveranstaltungen wurden zunehmend das Ziel politischer Gegner, von denen einige auch vor Gewalttätigkeiten nicht zurückschreckten. Gegen eine Wahlveranstaltung mit ca. 400 Teilnehmern am 13. Mai 1989 in Mainz demonstrierten ca. 500 Personen und bewarfen die Besucher beim Betreten der Halle mit Eiern und Farbbeuteln. Zu den wichtigsten Zielgruppen für den Europawahlkampf zählte die DVU Landwirte und Winzer, Aussiedler, sogenannte Leute mit niedrigem sozialem Status, wie etwa Kleinrentner, junge Wähler65 und männliche Wahlberechtigte der Geburtsjahrgänge 1900 bis 1930. Aus diesem Grund verlangte sie im Januar 1989 von ca. 8.000 Meldebehörden im Bundesgebiet, auch in Rheinland-Pfalz, die AnschrifDie Postwurfsendungen an Privathaushalte riefen wegen ihrer nationalistischen und ausländerfeindlichen Thesen vielfach Entrüstung hervor. Nach Auffassung des Bundesministers für das Postund Fernmeldewesen bestand keine rechtliche Möglichkeit, die Sendungen nach SS 13 Abs. 1 der Postordnung von der Beförderung auszuschließen. Die vom SPD-Landesvorstand Bremen nach der Bürgerschaftswahl eingesetzte Kommission "Kampf gegen rechts" stellte in ihrem Bericht vom 10. März 1988 fest, daß die Erstwähler in Bremen nach den Wahlberechtigten über 60 Jahre die zweitstärkste Wählergruppe der DVU gewesen seien. 83 ten dieser letzten Zielgruppe, die einen persönlichen Brief Dr. FREYs bekommen sollten66. Trotz des Einsatzes von Millionenbeträgen 67 gelang der DVU am 18. Juni 1989 nicht der erhoffte Einzug in das EuropäiDeutschland* sche Parlament. Auf sie entfielen bundesweit 1,6 % (= 444.921), in Rheinland-Pfalz 1,5 türkisch(c) % der Stimmen (= 32.423)deg* Ihr Wenn das so weitergeht, wurden daher ca. 3,6 Milliokommen noch Millionen Türken und die Deutschen werden nen DM Wahlkampfkosten erFremde im eigenen Land! stattet. Das schlechte Abschneiden löDagegen hilft nur DVU ste bei der DVU und auch bei der NPD Enttäuschung und ReAusländer-Begrenzung - signation aus. Dr. FREY wurde damit Deutschland vorgeworfen, mit seiner Wahldeutsch bleibt propaganda versagt zu haben. Die Gegner des WahlbündnisDarum wählen Sie ses fühlten sich durch den Mißbei der Europa-Wahl t am 18. Juni erfolg bestätigt. Der Bundesvorsitzende hingegen machte die Massenmedien dafür verantwortlich, daß die Partei "Die Republikaner" als Sieger "im % Vuu DEUTSCHE nationalen Lager" hervorgeUOLHSUNION gangen sei69 und daß die DVU liste V weitgehend unbeachtet geNach SS 22 Abs. 1 des Melderechtsrahmengesetzes und SS 35 Abs. 1 des Meldegesetzes können die Melderegisterauskünfte nicht verweigert werden; eine Differenzierung nach dem Geschlecht sieht allerdings das Melderecht nicht vor. Dr. FREY behauptet, für den Wahlkampf 18 Millionen DM aufgewendet zu haben. Über 5 % lagen die Wahlergebnisse in Tuttlingen (6,2 %) und in Bremerhaven (5,4 %). Die rechtsradikale (politischer Standort am äußersten rechten Rand des demokratischen Spektrums) Partei "Die Republikaner" gewann 7,1 % der Stimmen (= 2.005.555) und damit 6 Sitze. Die Analysen der letzten Wahlen zeigen, daß die NPD und DVU wenig Erfolg haben, wenn sich ebenfalls die "Republikaner" an den Wahlen beteiligen. Seit März 1989 prüft der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz, ob die "Republikaner" verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Gegenstand der Prüfung sind allgemein zugängliche Informationen und Unterlagen. Die bisherigen beweisbaren Erkenntnisse reichen nach übereinstimmender Auffassung des Bundes und der Länder derzeit nicht aus, die "Republikaner" als rechtsextremistisch einzustufen. Lediglich Nordrhein-Westfalen und Hamburg setzen aufgrund landesspezifischer Besonderheiten nachrichtendienstliche Mittel ein. blieben sei. Im übrigen hätten "Politkriminelle" durch "Straßen-und Demonstrationsterror" die Schuld an dem enttäuschenden Wahlausgang der DVU; dennoch werde die DVU als "legitime deutsche Rechte" und "junge Partei" den Kampf fortsetzen (DNZ vom 23. Juni 1989). Am 19-Juni 1989 gaben die beiden Parteivorsitzenden MUßGNUG und Dr. FREY eine von ihnen gemeinsam unterzeichnete "Münchener Erklärung" heraus, in der sie die Einheit der "Nationalen" beschworen und an das gemeinsame Ziel, die Teilnahme an der Bundestagswahl 1990, erinnerten. Mit diesem Aufruf beabsichtigten sie auch eine Abgrenzung zu den "Republikanern", um einer Mitgliederabwanderung vorzubeugen70. Bei den Kommunalwahlen 1989 und 1990 beteiligte sich die DVU schwerpunktmäßig in Rheinland-Pfalz (18. Juni 1989), im Saarland (18. Juni 1989), in Nordrhein-Westfalen (1. Oktober 1989), in Bayern (18. März 1990) und in Schleswig-Holstein (25. März 1990), nicht jedoch in Hessen (12. März 1989) und Baden-Württemberg (22. Oktober 1989). Die Teilnahme brachte ihr in keiner kommunalen Vertretungskörperschaft einen Sitz. In Mainz konnte sie 1,6 % der Stimmen auf sich vereinigen. Trotz der Absprache im Saarland, nicht gegeneinander anzutreten, kandidierte die DVU neben der NPD für den Stadtverbandstag Saarbrücken und den Kreistag Saarlouis; sie erhielt dort 0,9 % bzw. 1 % der Stimmen. In Hamm und Mönchengladbach erreichte sie 1,1 % bzw. 0,4 % der Stimmen. Mit der NPD zusammen auf einer Liste erzielte die DVU in Kaufbeuren 1.2 % sowie in den Kreisen Neu-Ulm 0,6 % und Wunsiedel 0,1 % der Stimmen. In Schleswig-Holstein kandidierte sie lediglich für den Kreistag Steinburg und erhielt dort 0,4 % der Stimmen. 2.3 Reaktionen auf die innenpolitischen Veränderungen in der DDR Die Wochenzeitungen des Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion e.V." und der "Deutschen Volksunion - Liste D", Dr. FREY, nutzen den Reformprozeß in der DDR zur propagandistischen Beeinflussung der dortigen Bevölkerung und zur Agitation gegen die demokratischen Parteien sowie die Medien in der Bundesrepublik Deutschland. Sie propagieren ein wiedervereinigtes neutrales Deutschland und fordern ihre Leser auf, Patenschaftsabonnements für Bewohner in der DDR zu übernehmen. Die Macht des Volkswillens habe vollbracht, was etablierte deutsche Politiker saftund kraftlos und ohne inneres Engagement nicht geschafft hätten. Diese hätten die Bundesrepublik Deutschland noch mehr als ohnehin geschehen - mit Fremden überflutet, um hier eine mulDem gleichen Ziel diente offentsichtlich auch ein schriftliches Zusammenarbeitsangebot des NPD-Vorsitzenden MUßGNUG an den "Republikaner"-Vorsitzenden Franz Schönhuber für die kommenden Wahlen vom 31. August 1989, um die "nationale Rechte" zu einigen. Schönhuber lehnte ein gemeinsames Vorgehen ab. 85 tikulturelle Gesellschaft zu schaffen und so die "völkische" Einheit der deutschen Nation zu zerstören. Während sich etablierte Massenmedien darin gefielen, die Ewigkeit von Mauer und Spaltung, die Zementierung der deutschen Teilung schmackhaft zu machen, wiesen die Organe der "national-freiheitlichen" Rechten, so die Presse Dr. FREYs, unermüdlich auf das oberste Grundgesetzgebot zur Schaffung eines selbstbestimmten Deutschlands hin und riefen die Deutschen auf, niemals zu verzichten und nicht zu verzagen (DWZ und DNZ vom 17. November 1989). Der Bundesregierung wird Planund Konzeptlosigkeit in Bezug auf die Wiedervereinigung Deutschlands vorgehalten. Die Ausarbeitung eines Planes des schrittweisen Abzuges fremder Truppen diesseits und jenseits von Elbe und Werra, einschließlich des Abbaus der Massenvernichtungswaffen, sei notwendig. Am Ende dieser Entwicklung stehe ein paktfreies Deutschland nach finnischem, schwedischem und österreichischem Vorbild (DNZ vom 24. November 1989). Auch die jährliche Großkundgebung der "Deutschen Volksunion - Liste D" in Passau stand am 10. März 1990 unter dem Motto "Wiedervereinigung jetzt". Sie war als "größte Demonstration für deutsche Lebensinteressen der letzten Jahrzehnte" angekündigt worden (DNZ vom 1. Dezember 1989). In Anwesenheit von ca. 3-000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet, der DDR, Österreich und Südtirol befürwortete Bundesvorsitzender Dr. FREY in seiner Rede eine schnelle Wiedervereinigung durch einen BeiDer Zerfall der Mj reisen: Jetzt muß die Wiedervert tritt der DDR nach Art. 23 Satz 2 gleichen Recl Volk müssen die len. Deutsche gehören zusammen. des Grundgesetzes. Er sagte ein Politik sein muH, es Ziel deutscher rutschen zu erstreben. Deutschland braucht deutsches Wirtschaftswunder *EREINIGUNG JETZT! und ein Volk von 85 Millionen Menschen in 10 Jahren voraus, Die DVU sagt: * Wiedervereinigung jetzt! * Mehr Mitspracherecht das man nicht mehr am Boden für die Bürger * Ausländerbegrenzung - JA! halten und büßen lassen könne. * Deutsches Geld für * Scheinasylanten ausweisen! Wiederholt forderte er DDRdeutsche Aufgaben! * Ausländerwahlrecht - NEIN! * Steuergeldverschwendung - Bewohner auf, sich zu einem NEIN! * Kriminalität stoppen! ermäßigten Beitrag der "Deut- * Einseitige Vergangenheits- * Wohnungen zuerst für bewältigung - NEIN! Deutsche schaffen! schen Volksunion - Liste D" anzuschließen. Dem britischen Schriftsteller und Historiker DaDEUTSCHE VOLKSUNION - DIE NEUE KRAFT 71 vid Irving, der über "Moskaus 71 Irving vertritt seit dem Jahre 1988 die Auffassung der sogenannten rechtsextremistischen Revisionisten, die den Holocaust als eine Propagandalüge ansehen. 86 neue Deutschlandpolitik" referieren sollte, hatte die Stadt Passau nach 6 Abs. 2 des Ausländergesetzes Redeverbot erteilt.72 Den mit 20.000,DM dotierten Andreas-Hofer-Preis erhielt die Wahlkampfmannschaft der "Deutschen Volksunion - Liste D" für die Organisation des Europawahlkampfes. Gerhard FREY jun., Sohn des Bundesvorsitzenden der "Deutschen Volksunion - Liste D" und Bundesvorstandsmitglied der Partei, nahm in der DNZ vom 9. März 1990 (Artikel "Recht muß Recht bleiben") gegen eine endgültige Anerkennung der Oder-Neiße-Linie Stellung. Er hält Gegenleistungen für selbstverständlich, wenn es zu einer Erklärung zur OderNeiße-Linie kommen sollte. Diese Grenze werde, solange sie bestehe, Unrecht bleiben, da sie auf der Vertreibung von 12 Millionen Menschen und der Ermordung von 2 bis 3 Millionen Deutschen, einem Menschheitsverbrechen, das seinesgleichen suche, beruhe. Eine endgültige Anerkennung dieser Grenze bedeute, so FREY jun., die Anerkennung des geschehenen Unrechts und gefährde den Frieden. Vertriebene hätten im Falle einer endgültigen Grenzgarantie, die das praktische Ende ihrer Eigentumsansprüche bedeuten werde, ein Recht auf Entschädigungen in Milliardenhöhe. Seit März 1990 wirbt die "national-freiheitliche" Presse für das Buch "Prominente ohne Maske DDR", das im Sommer 1990 im "Freiheitlichen Buch- u n d Zeitschriftenverlag GmbH" (FZ-Verlag) von Dr. FREY erscheinen soll. Das Werk portraitiere 1.000 maßgebliche Personen der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und der DDR ab dem Jahre 1945. Es ermögliche eine Orientierung darüber, wer als reiner Wendehals bzw. im Innern der kommunistischen Sache verbunden sei und diese unter SPD-Deckmäntelchen weiterbetreiben wolle (DA, DNZ und DWZ vom 9- März 1990)73. Bevorzugte Zielgruppen der "national-freiheitlichen" Organisationen sind seit dem Reformprozeß in Mittelund Osteuropa neben der DDR-Bevölkerung Ausund Übersiedler, für die sie besonderes Propagandamaterial erstellt haben. 3- Neonazistische Organisationen 3.1 Neonazistische Ideologie Die neonazistischen Organisationen streben die Errichtung eines dem nationalsozialistischen Staat vergleichbaren oder zumindest ähnlichen Systems an und bekennen sich offen zur Ideologie des Nationalsozialismus (neuer Nationalsozialismus). Als Hauptfeinde betrachten sie die Juden, die in der Bundesrepublik Die "national-freiheitlichen" Zeitungen werten das Redeverbot für Irving als Skandal und gezielten Rechtsbruch der Stadt Passau. Dr. FREY habe angekündigt, "diesen Willkürakt auf dem Rechtsweg zu entlarven" (DA, DNZ und DWZ vom l6. März 1990). Im FZ-Verlag erscheinen bereits die Bücher "Prominente ohne Maske" (Band 1 und 2), "Prominente ohne Maske - international" und "Lexikon der Skandale - Das Sündenregister deutscher Politiker", die in der Vergangenheit Auflagen von zum Teil über 10.000 Exemplaren hatten. 87 Deutschland lebenden Ausländergruppen und die Alliierten, in denen sie nach wie vor Besatzungsmächte sehen. Die Institutionen sowie die Repräsentanten des NS-Regimes werden verherrlicht und die NS-Verbrechen verharmlost und sogar geleugnet. Seit dem Jahre 1982 treten zunehmend Neonazis auf, die Adolf Hitler nicht mehr als Leitfigur anerkennen. Diese Nationalrevolutionäre74, die zwischenzeitlich in allen neonazistischen Organisationen mitwirken, verurteilen den verbürgerlichten Hitlerismus mit seinem Führerkult und Uniformfetischismus. Sie orientieren sich an der Lehre des "historischen Sozialrevolutionären Nationalsozialismus" der 20er Jahre, deren maßgebliche Repräsentanten Gregor und Dr. Otto Strasser sowie Ernst Röhm waren. 3.2 Organisatorischer Aufbau und Mitgliederzahlen Die Lage der neonazistischen Organisationen ist nach wie vor gekennzeichnet durch innere Zerstrittenheit und mangelnde Anziehungskraft. Der Stil, die äußere Aufmachung und das brutale Auftreten solcher Vereinigungen wirken abschreckend. Gegenüber dem Jahre 1988 nahm die Gesamtzahl der erkannten Neonazis in der Bundesrepublik Deutschland von ca. 1.480 auf ca. 1.300 weiter ab 7 \ Davon sind etwa 1.100 Personen 76 in 23 Gruppierungen 77 zusammengeschlossen. Die Zahl der militanten Neonazis ging gegenüber den beiden Vorjahren um ca. 30 auf ca. 170 zurück. In Rheinland-Pfalz betätigen sich weiterhin etwa 30 Neonazis. Bei den neonazistischen Organisationen handelt es sich überwiegend um "Männerbündnisse" mit niedrigem Organisationsgrad, die regelmäßig nach dem Führerprinzip aufgebaut sind. Ihnen gehören neben wenigen "alten Kämpfern" zum größten Teil Personen im jugendlichen Alter an, die für neonazistisches Gedankengut und einem damit teilweise verbundenen Imponiergehabe besonders empfänglich erscheinen. Sie neigen dazu, das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zu lenken und eine Bedeutung vorzutäuschen, die ihrer personellen Stärke und der Akzeptanz in der Bevölkerung nicht entspricht. 3.3 "Die Bewegung" Die "Bewegung" ist eine neonazistische "Gesinnungsgemeinschaft" ohne feste Führungsund Organisationsstrukturen, die die Ziele der am 7. Dezember 1983 vom Bundesminister des Innern verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) zu verwirklichen sucht. Sie empfindet sich "' Die Nationalrevolutionäre sind die "Linksnationalisten" oder "Rechtssozialisten" unter den Neonazis. '"* 1987: 1.520 Neonazis. "" 1988: ca. 1.320 Personen; 1987: 1.380 Personen. 1988: 23 Gruppierungen. 88 in der unmittelbaren Tradition der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) als der Träger der nationalsozialistischen Ideologie und hält sich daher zur Führung der neonazistischen Szene für berufen. Zu ihren Hauptforderungen zählt die Aufhebung des NSDAP-Verbots. Der Personenkreis setzt sich aus ehemaligen ANS/NA-Mitgliedern, aber auch aus neuen Anhängern zusammen. "Die Bewegung" sieht sich als Teil einer größeren "Europäischen Bewegung". Im Interesse größerer Bewegungsund Gestaltungsfreiheit schuf sich die "Bewegung" die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) als legalen Parteiarm und das "Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers" (KAH) als Aktionsbasis. ^SS3fiPS 1 KOMITEE ZUR VORBEREITUNG DER FEIERLICHKEITEN Z U M 100. GEBURTSTAG ADOLF HITLE X Seit dem Jahre 1986 ist die "Bewegung" wegen der Frage der Wertigkeit der Homosexualität in einen Flügel um den ehemaligen Führer der verbotenen ANS/NA, Michael KÜHNEN, und in einen Flügel um Jürgen MOSLER78 aus Duisburg gespalten. Während das KÜHNEN-Lager in der Homosexualität eine reine Privatsache sieht, beurteilt sie das MOSLER-Lager als "Dekadenz" sowie "Krankheit und Verrat am Volk". Die KÜHNEN-Gruppe gibt die Schrift "Die Neue Front" heraus; die MOSLER-Gruppe hingegen vertreibt die Schrift "FAPIntern". Trotz der im Januar 1989 erzielten Einigung zwischen den beiden verfeindeten Lager, mit der sie "gegenseitig auf Angriffe auf die politische Integrität und/oder MOSLER wurde am 30. Juni 1989 vom Landgericht Bochum wegen Volksverhetzung und Durchführung einer nicht angemeldeten öffentlichen Versammlung zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten auf Bewährung verurteilt. Er hatte mit zwei weiteren führenden FAP-Mitgliedern am 22. August 1987 in Witten einen Aufzug in Marschformation angeführt, bei dem Teilnehmer Parolen wie "Ausländer raus", "Blut muß fließen", "Rache für Heß" (Todestag 17. August 1987) u.a. gerufen und das "Horst-Wessel-Lied" gesungen hatten. 89 die persönliche Ehre " verzichteten, kam es auch im Berichtszeitraum zu Auseinandersetzungen. Erkennbar waren jedoch Bemühungen, die unterschiedlichen Standpunkte der gemeinsamen Sache unterzuordnen. So bot die KÜHNEN-Gruppe, die sich im September 1989 unter der Bezeichnung "Gesinnungsgemeinschaft TDibecftanb der Neuen Front" neu formierte, in einem "Aufruf zum Neubeginn" ein "Wahlbündnis zur Bun- W destagswahl 1990" an, um "alle deutsch-alternativen Kräfte für den Aufbau einer großen, erUte Tleue Tcont Mr. 66 7 . Jahrgang; Juli-September 101 Jd? folgreichen schwarz-weiß-roten Wahlpartei zu gewinnen" ("Die Ässe/, Neue Front"; Juli-September 1989). Führungsfunktionäre beider Lager trafen sich schließlich am 25. Oktober 1989 in München, um den "Waffenstillstand" vom Januar 1989 zu bekräftigen. ff* Dazu führte die MOSLER-Gruppe aus: "Es steht zu hoffen, daß Liebe Lese der NEUEN FRONT! r Infolge s t a a t l i c h e r Verfolgung und i n t e r n e r Probier trotz der anhaltenden erheblidiese Ausgabe e r a t j e t z t erscheinen.Wir b i t t e n um '. Verständnis.Ala nächste Nummer.erscheint eine Oktol chen Meinungsunterschiede Ausgabeidenach hoffen wir,wieder pünktlich zu s e i n . Dia NEUE FRONT l e b t ; k e i n S t a e t s t e r r o r und kein Verl damit die befürchtete harte Konuua stoppen! Dos Redaktionssekretariat frontation unterbleibt und sich die Partei somit nun voll auf ihre Aufgabe konzentrieren kann: darauf Politik zu machen" ("FAP-Intern" vom November 1989). Die im Jahre 1988 von den Sicherheitsbehörden eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Angehörige beider Gruppen nach 85 StGB (Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot) wegen des Verdachts, den organisatorischen Zusammenhalt der verbotenen ANS/NA aufrechterhalten zu haben, führten im Januar 1990 zur Anklageerhebung. 3.4 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) Die am 17. März 1979 von Martin P APE aus Stuttgart gegründete FAP ist nach dem Verbot der ANS/NA am 7. Dezember 1983 von ehemaligen Angehörigen dieser Organisation unterwandert und für deren Zwecke umgestaltet worden. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich ihre Mitgliederzahl von ca. 450 auf ca. 330. Die FAP verfügt über Landesverbände in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Parteiorgan ist die monatlich erscheinende Schrift "FAP-Intern". In RheinlandPfalz, das als "Gau" nach der 90 FAP-Gliederung zur Sektion teJn "Süd" gehört, bestehen keine Organisationseinheiten; es gibt jedoch vereinzelt Anhänger der FAP, u.a. Ursula MÜLLER aus Inneres Organ der FAP Mainz79. Die Spaltung der "Bewegung" in einen KÜHNENund einen MOSLER-Flügel sowie deren Auseinandersetzungen hatten sich auch auf die FAP übertragen und damit am 5. November 1988 aufgetrennten Bundesparteitagen zur Wahl zweier Bundesvorsitzender geführt; für das MOSLER-Lager den Neonazi Friedhelm BUSSE80 und für das KÜHNEN-Lager den Neonazi Walter MATTHAEI. Nach heftigen internen Auseinandersetzungen erkannte imJanuar 1989 die KÜHNEN-Gruppe den FAPBundesvorstand unter BUSSE an; der "Gegenvorstand" unter MATTHAEI trat geschlossen zurück. Seitdem bestimmen MOSLER und seine Anhänger im wesentlichen die Zielrichtung und die Aktivitäten der FAP. Die Auseinandersetzungen sind aber noch nicht gänzlich beigelegt, zumal es offensichtlich in Hessen zwei konkurrierende Landesverbände (MOSLERund KÜHNEN-Gruppe) gibt. Generalsekretär MOSLER läßt wegen persönlicher Belastung seit Anfang des Jahres 1990 sein Amt von seinen beiden Stellvertretern Volker HEIDEL und Michael SWIERCZEK ausüben ("FAPIntern" vom Januar 1990). BUSSE, der vorübergehend seinen Rücktritt angekündigt hatte, wurde am 10. März 1990 auf dem Bundesparteitag in Aachen in seinem Amt bestätigt. Mit der Wiederwahl BUSSES wurde sein monatelanger Machtkampf mit MOSLER zu seinen Gunsten entschieden. Die Aktivitäten der FAP im Berichtszeitraum waren bestimmt durch die Veranstaltung des Sonderparteitages am 13. Mai 1989, die Teilnahme an der EuropaVgl. "Deutsche Frauenfront" (DFF) und "Neonazikreis um Curt MÜLLER". BUSSE war Leiter der im Jahre 1982 verbotenen "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/ Partei der Arbeit" (VSBD/PdA) und im Jahre 1983 wegen Vergehens gegen das Waffenund Sprengstoffgesetz sowie wegen Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden. 91 wähl am 18. Juni 1989 und durch die Reaktionen auf die innenpolitischen Veränderungen in der DDR. Am 13. Mai 1989 führte die FAP in Eversen (Kreis Celle) unter der Bezeichnung "Europa-Kongreß" ihren Sonderparteitag zur Vorbereitung der Europawahl durch. Neben der Vorbereitung des Europawahlkampfes stand im Mittelpunkt die Verabschiedung eines Manifestes mit dem Titel "Unser Weg in die 90er Jahre", das die wesentlichen programmatischen Aussagen der FAP für die kommenden Jahre umfaßt (...wird "unseren politischen Kampf nun über mehrere Jahre hinweg begleiten", "FAP-Intern" vom Juni 1989) * Im Vorwort bezeichnet sich die FAP als radikal und kämpferisch. Das Manifest, das ausländerfeindliche Thesen enthält und in einigen Passagen die Vorstellungswelt und den Sprachgebrauch des NSDAP-Programms assoziiert, nimmt zur Lösung der sozialen Frage, Ausländerpolitik, Volksgesundheit und Umweltschutz, Erziehungsund Familienpolitik, Landwirtschaft, wirtschaftlichen Entwicklung, Deutschlandund Europapolitik sowie zum StaatsJustizund Verwaltungswesen Stellung81. Gefordert werden die Rückführung der Ausländer in die Heimatländer, der Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft, die Bildung eines neutralen Gesamtdeutschlands sowie die Einführung eines Arbeitsund Sozialdienstes. Der Europawahlkampf der FAP beschränkte sich im wesentlichen auf Mitgliedertreffen mit öffentlichen Flugblattverteilungen und auf eine Kundgebung am 17. Juni 1989 in Bonn, an der ca. 120 Personen teilnahmen. Anläßlich der Sammlung von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge sollen FAPAnhänger in mehr als 20 Fällen im Raum Duisburg Urkundenund Wahlfälschungen begangen haben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt daher u.a. gegen den Vorsitzenden des FAP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, Siegfried BORCHARDT. Bei der Europawahl am 18. Juni 1989 erzielte die FAP bundesweit 19.151 (= 0,1 %), in Rheinland-Pfalz 1.548 Stimmen (= 0,1 %)82. Im Hinblick auf die Sicherung ihres Parteistatus bezeichnete sie die Teilnahme an der Europawahl als Riesenerfolg. Auch werde die Partei künftig von den Medien als die radikalste Partei im rechten Lager herausgestellt. Sie verspricht sich von der Beteiligung an künftigen Wahlen eine Steigerung des Bekanntheitsgrades und einen Mitgliederzuwachs. Die politische Entwicklung in der DDR ist für die FAP ein willkommener Anlaß, ihre Organisationsstruktur und ihren Mitgliederbestand auszubauen sowie ihre Das Manifest stimmt im wesentlichen mit dem vom FAP-Landesverband Nordrhein-Westfalen im Jahre 1988 herausgegebenen Forderungskatalog "Deutscher Sozialismus für die 90er Jahre" überein. Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein (0,0 % der Stimmen) entfielen auf die FAP in den einzelnen Bundesländern jeweils 0,1 % der Stimmen. Bei den bisherigen Wahlen war der Stimmanteil niemals höher. 92 Agitationsthemen zu erweiteren. Die Partei prüft die Möglichkeit, "legale Kreisverbände der FAP in mehreren Städten der DDR zu gründen" ("FAP-Intern" vom Januar 1990). In den Übersiedlern aus der DDR und den deutschstämmigen Aussiedlern erblickt sie potentielle Anhänger, die sie zudem gegen unerwünschte Ausländer, insbesondere Scheinasylanten, auszuspielen gedenkt. In einem vereinigten Deutschland sei "genug Platz für die vielen deutschen Aussiedler aus dem Osten"; im gleichen Zuge müßten "alle unerwünschten Ausländer fremder Kulturkreise... und alle Scheinasylanten... unser Land verlassen" ("FAP-Intern" vom November 1989). Durch Propagandaaktionen im Bereich der deutsch-deutschen Grenze, insbesondere durch Verteilen von Flugblättern, versuchte sie, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. "Es muß unsere Aufgabe sein, über die vielen Besucher aus dem Osten die Fackel unserer Weltanschauung auch drüben wieder sichtbar zu entzünden" ("FAP-Intern" vom Dezember 1989). Sie wirbt für die Schaffung einer starken FAP, die "militant für Deutschland eintritt und dessen Rechte einfordert" ("FAPIntern" vom November 1989) und erklärt die "Neuvereinigung unseres Landes" zum wichtigsten Thema ihrer Politik für die 90er Jahre ("FAP-Intern" vom Januar 1990). In Rheinland-Pfalz traten Anhänger der FAP im Berichtszeitraum nicht nach außen in Erscheinung. 3.5 "Nationale Sammlung" (N.S.) Die am 15. Juli 1988 als "bundesweite Wählerinitiative der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) gegründete N.S. wurde vom Bundesminister des Innern am 9. Februar 1989 nach SS 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes mit Verfügung vom 27. Januar 1989 verboten, da sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtete. Im Rahmen der Vollzugsmaßnahmen stellte die Polizei umfangreiches neonazistisches Propagandamaterial sowie Waffen und Munition sicher. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die von der N.S. eingereichten Klage noch nicht entschieden. Nach ihrem Manifest war die N.S. eine "programmatische Plattform, die allen nationalund Sozialrevolutionären Kräften offenstand, die zur Kameradschaft und Zusammenarbeit untereinander bereit und fähig waren. Auf der Basis dieses Programms sollte eine Wählerinitiative und später eine politische Partei entstehen" ("Die Neue Front" vom April 1988)83. Der nicht rechtsfähige Verein, der seine verfassungsfeindliche Zielsetzung bundesweit in besonders aggressiver, kämpferischer Form verfolgte, verfügte zuletzt über ca. 170 Mitglieder. In Rheinland-Pfalz hatte die N.S. einige Anhänger. Unter der Bezeichnung "Liste Ausländer raus - Nationale Sammlung (N.S.)" wollte die Organisation bei den hessischen Kommunalwahlen am 12. März 1989 Die Gründung der N.S. diente offensichtlich der Abgrenzung zur MOSLER-Gruppe. 93 in Frankfurt am Main und in Langen kandidieren. Wahlkampfleiter der N.S. war Michael KÜHNEN. Für den Fall eines Wahlerfolges versprach er, Langen zur "ersten ausländerfreien Stadt in der Bundesrepublik Deutschland" zu machen. 3.6 "Deutsche Alternative" (DA) Am 5. Mai 1989 gründeten Anhänger des Neonazi Michael KÜHNEN auf dessen Initiative, offensichtlich nicht zuletzt als Folge des Verbots der N.S., in Bremen die Partei "Deutsche Alternative" (DA). Gleichzeitig beschlossen die Gründungsmitglieder die Auflösung des FAP-Landesverbandes Bremen, dessen ehemaliger Vorsitzender nunmehr die DA leitet. Nach dem Programm sieht die DA ihre "Hauptaufgabe darin, den weitverbreiteten Protest der Wähler politisch auszudrücken und in konkrete deutsch-alternative Politik umzusetzen Deshalb ist die Deutsche Alternative die nationale Protestpartei". Am 13. Januar 1990 führte die DA in Weilerswist-Müggenhausen (Kreis Euskirchen) unter Beteiligung von KÜHNEN ihren ersten Bundesparteitag durch. 3.7 "Deutsche Frauenfront" (DFF) Bei der im Januar 1984 gegründeten DFF handelt es sich um eine Gruppierung ohne feste Organisationsstruktur, die sich zum Ziel gesetzt hat, "dem Deutschtum und dem Lebensrecht des Deutschen Volkes in Allem zu dienen". Sie fordert die "Ablösung der Notstandsgebilde, - BRD - DDR - Österwsawn reich -..., mittels freier Wahlen für Gesamtdeutschland", eine "Bereinigung des Ausländerproblems" und ein "Ende der Geschichtsfälschung..." (DFFPublikation "Kampfgefährtin" vom April 1987 und Juli 1988). Aufgrund der Spaltung der "Bewegung" im Jahre 1986 in eine MOSLERund eine KÜHNEN-Gruppe kam es auch in der DFF zur Bildung zweier verfeindeter Lager und im Juni 1988 zurendgültigenTrennung. Seit Mitte 1989 steht die DFF in Verbindung mit der französischen Frauengruppe "Combat nationaliste feminin" (CNF), um die "nationalen sozialistischen Kräfte zusammenzuführen und 94 ca. 70 Personen - darunter auch Michael KÜHNEN - teilnahmen. Bei dem Marsch durch die Innenstadt wurden u.a. Transparente mit der Aufschrift "Freiheit auch für sogenannte Neonazis" mitgeführt. Die Kundgebung, die wenig Beachtung fand, verlief ohne Störungen. 3.9 "Nationalistische Front" (NF) Die im November 1985 gegründete Organisation mit Sitz in Bielefeld lehnt sich ideologisch an die Sozialrevolutionären Vorstellungen der Nationalsozialisten Gregor und Dr. Otto Strasser an (nationalrevolutionäre Organisation). Ihre Mitgliederzahl liegt unter Hundert. Daneben unterhält die NF seit Januar 1989 in Detmold-Pivitsheide ein weiteres Objekt. Sie bezeichnet sich als Partei, hat aber bisher nicht an Wahlen teilgenommen. Die geplante Teilnahme an den Europawahlen am 18. Juni 1989 scheiterte an der Vorlage der erforderlichen 4.000 Unterstützungsunterschriften für ihre Wahlvorschläge. Aus Anlaß des Bundesparteitages der NF am 7. Oktober 1989 in Detmold fand eine Demonstration politischer Gegner statt; nach gewaltsamen Ausschreitungen wurden einige Personen vorläufig festgenommen. In Rheinland-Pfalz ist die NF ebenfalls durch Anhänger aktiv. Sie beschmierten im Mai 1989 in RemagenOberwinter ca. 20 Plakate von Parteien u.a. mit dem Schriftzug "NF". Im Bereich einer Schule in Schifferstadt sprühten sie im September 1989 ausländerfeindliche Parolen und versahen sie mit dem Kürzel "gez. NF.". 3.10 "Neonazikreis u m Curt MÜLLER" Der "Neonazikreis um Curt MÜLLER" hat für die neonazistische Szene weiterhin eine über Rheinland-Pfalz hinausgehende Bedeutung. Gesinnungsgenossen aus dem gesamten Bundesgebiet - teilweise auch aus dem benachbarten Ausland - treffen sich zu bestimmten Anlässen auf dem Anwesen der Eheleute Curt und Ursula MÜLLER in Mainz-Gonsenheim. Bei diesen Zusammenkünften beeinflussen die Eheleute MÜLLER die meist jugendlichen Teilnehmer nach ihren politischen Vorstellungen. Am 22. April 1989 versammelten sich auf dem Anwesen der Eheleute MÜLLER in Mainz ca. 130 bundesweit angereiste Neonazis zur Feier des 100. Geburtstages von Adolf Hitler. Bereits am 20. April 1989 hatten vor dem Wohnhaus der Eheleute MÜLLER ca. 60 Personen demonstriert; zu Ausschreitungen kam es nicht. Zur "Sommersonnwendfeier" am 24. Juni 1989 trafen sich annähernd 100 Neonazis aus der Bundesrepublik Deutschland; die "Wintersonnwendfeier" fiel aus. 96 in der 'Europäischen Frauenbewegung' zu vereinen" ("Die Kampfgefährtin" vom Juli 1989). Als Kontaktperson der DFF fungiert die bekannte Rechtsextremistin Ursula MÜLLER aus Mainz. Gegen sie ermitteln die Sicherheitsbehörden u.a. wegen des Verdachts des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole. Anlaß und Gegenstand der Ermittlungen sind von ihr verfaßte Beiträge für die DFF-Schrift "Die Kampfgefährtin". 3.8 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) Die im Jahre 1979 gegründete HNG betreut inhaftierte Rechtsextremisten und deren Familienangehörige im Inund Ausland. Sie will damit dazu beitragen, die Gesinnung und Moral der inhaftierten Neonazis zu festigen sowie die Verbindungen zwischen ihnen und den übrigen Rechtsextremisten nicht abreißen zu lassen. Seit Februar 1984 steht der HNG Christa GÖRTH aus Bielefeld vor. Ihr Publikationsorgan "Nachrichten der HNG" veröffentlicht regelmäßig "Gefangenenlisten" und Leserbriefe inhaftierter Gesinnungsgenossen zur Kontaktaufnahme mit den inhaftierten "Kameraden". Neuer Leiter NACHRICHTEN dieser Schrift ist seit Januar 1990 Markus PRIVENAU aus Bremen, DER der Volker HEIDEL ablöste. Die bekannten Neonazis Curt und Ursula MÜLLER aus Mainz bestimmen maßgeblich die Entwicklung dieser Organisation, auf die sich ebenfalls die Auseinandersetzungen innerhalb der "Bewegung" auswirkten. Am 18. März 1989 hielt die HNG im Raum Nienburg (Niedersachsen) ihre Jahreshauptversammlung ab. Die Versammlung entlastete den Vorstand, "der wieder alles nur mögliche getan hatte, um den inhaftierten Kameraden zu helfen". August 1989 11. Jahrgang - Nr. 111 Anläßlich ihres 10jährigen BeHerausgeber: Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene u n d deren stehens führte die HNG am Angehörige e.V. (HNG). - Schriftleiter und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Volker Heidel. Postfach 510372, 3000 Hannover B l . - Erste Vorsitzende der HNG: Christa Goerth. Postfach 140412. 4800 Bielefeld 14. 1. Juli 1989 in Karlsruhe eine Postgirokonto Frankfurt/M Nr. 142908 - 607 Demonstration durch, an der 95 3.11 "Neonazizentrum Ludwigshafen am Rhein/Weidenthal (Pfalz) - Ernst TAG" Ernst TAG aus Ludwigshafen am Rhein, der sich selbst als "Nationaler Sozialist" bezeichnet und sich von seinem als "NS-Zentrum" ausgebauten Anwesen in Weidenthal (Pfalz) aus ohne Erfolg um einen größeren Einfluß in der Neonaziszene der Bundesrepublik Deutschland bemühte, ist seit dem 23Februar 1989 inhaftiert84. Er wurde am 31. März 1989 wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, Hehlerei und Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem früheren Urteil rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht ging davon aus, daß er sein Haus in Weidenthal (Pfalz) zum größten Teil mit Geldern aus zwei Banküberfällen seines Anhängers MÖSSLE finanziert und diesem für einen weiteren Banküberfall eine Maschinenpistole zur Verfügung gestellt hatte. Das Ersturteil vom 15. März 1988 mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben. In früheren Jahren war TAG bereits wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Beleidigung rechtskräftig zu Freiheitsstrafen mit Bewährung und zu einer Geldstrafe verurteilt worden. TAG, der zuletzt für seine Gruppierungen "Grüne Aktion Deutschland - Landesverband Rheinland-Pfalz" (GAD) und "Aktion Sauberes D e u t s c h l a n d " (ASD) warb, bemühte sich ferner im Berichtszeitraum, für eine "Aktion Lebensborn" "gleichgesinnte Deutsche" zur "Schaffung einer deutschen Kolonie in einem südamerikanischen Land" zu gewinnen ("Der AKTION + SAUBERES DEUTSCHLAND Schulungsbrief' vom Dezember 1989). Sein Haus in Weidenthal (Pfalz) bietet er zum Kauf an. Anläßlich einer Wahlversammlung der Partei "Die Republikaner" rief die ASD-Ortsgruppe Kaiserslautern im März 1990 zur Zusammenstellung einer "OrdTAG befindet sich derzeit in der Justizvollzugsanstalt Diez. 97 nertruppe" auf, "da es durch linke Provokateure zu Auseinandersetzungen kommen könnte". Die "Republikaner" lehnten dieses "Angebot" der ASD ab und distanzierten sich von ihr. 4. Sonstige rechtsextremistische Vereinigungen "Stahlhelm e.V. Kampfbund für Europa Landesverband-Pfalz" Der "Stahlhelm Landesverband-Pfalz" gründete im Berichtszeitraum zusätzlich zu den bereits bestehenden Ortsgruppen Bad Bergzabern und Kaiserslautern die Stützpunkte Bruchmühlbach und Saar. Eine Erhöhung der Mitgliederzahl war damit jedoch nicht verbunden. Neben den üblichen sogenannten Appellen in den Ortsgruppen und Stützpunkten unterstützte der "Stahlhelm Landesverband-Pfalz" tatkräftig den Wahlkampf der NPD anläßlich der Kandidatur für den Kreistag Südliche Weinstraße am 18. Juni 1989Angesichts der politischen Veränderungen in der DDR gab der Landesführer Hans Jürgen HERTLEIN im November 1989 das Flugblatt "Der Knechtschaft ein Ende" heraus, in dem er die Bildung einer Vereinigung "Wiedervereinigung jetzt" forderte. In diesem Zusammenhang verlangte er den sofortigen Abzug aller nichtdeutschen Truppen von deutschem Boden, den sofortigen Rücktritt der Bonner Regierung und freie Wahlen in ganz Deutschland unter Aufsicht der UNO. Als "Reichsfeind und Verfassungsverräter" bezichtigte er jeden, der hierbei abseits steht. 5. Aktivitäten anläßlich des 100. Geburtstages v o n Adolf Hitler Anläßlich des 100. Geburtstages von Adolf Hitler am 20. April 1989 hatten Neonazis in verschiedenen Städten zu Aktionen aufgerufen. Einige Ankündigungen von Veranstaltungen waren offensichtlich nur zur Täuschung der Sicherheitsbehörden erfolgt. Bundesweit wurden u.a. folgende Aktivitäten bekannt: - In Essen drangen am 20. April 1989 fünf Neonazis in ein Gebäude des Westdeutschen Rundfunks ein und hißten von einem Balkon ein Spruchband mit HitlerParolen. Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. - In Braunschweig versprühten am 20. April 1989 etwa 100 Rechtsextremisten Reizgas und verschossen Signalmunition. 7 Personen wurden vorläufig festgenommen. - In Langen und in Frankfurt am Main versammelten sich am 20. bzw. 21. April 1989 bis zu 50 Neonazis, um im Odenwald einen Fackelzug durchzuführen. - In mehreren Städten wurden am 20. April 1989 Sprüh-, Schmier-und Klebeaktionen mit Parolen zum Geburtstag Adolf Hitlers durchgeführt. 98 In Rheinland-Pfalz kam es zu folgenden Aktionen: - In Bingen wurden am 17. April 1989 mehrere Gebäude und Unterführungen mit dem Text "Herzlichen Glückwunsch, Adolf-100 -" beschmiert. - In Eckeisheim (Kreis Alzey-Worms) kam es am 20. April 1989 in 6 Fällen zu rechtsextremistischen Wandschmierereien. - In Ludwigshafen am Rhein wurde am 20. April 1989 auf das Schaufenstereines Tabakwarengeschäftes ein Davidstern gesprüht. - Auf der Ruine Falkenburg bei Wilgartswiesen (Kreis Pirmasens) wurde am 20. April 1989 eine Hakenkreuzfahne gehißt. - Die Eheleute Curt und Ursula MÜLLER veranstalteten am 22. April 1989 in Mainz eine "Hitlergeburtstagsfeier". 6. Computerspiele Seit dem Jahre 1987 werden zunehmend Computerspiele mit nationalistischem, rassistischem, ausländerfeindlichem, gewaltverherrlichendem und dem Führerkult huldigendem Inhalt auf Disketten in jugendlichen, vornehmlich männlichen Kreisen vertrieben. Die Hersteller der Programme sind derzeit unbekannt. Aus der überwiegend relativ primitiven Aufmachung ergibt sich, daß die Erzeugnisse privat und ohne professionelle Hilfe gefertigt werden. Die Computerspiele werden im allgemeinen durch privat hergestellte Raubkopien vervielfältigt und ausschließlich unter der Hand gehandelt, verliehen und getauscht. Nach neueren Erkenntnissen werden die Disketten oft über anonyme Postlageradressen verbreitet. Ein direkter und völlig anonymer Programmaustausch soll zum Teil auch über sogenannte Mailboxsysteme, die über das öffentliche Telefonnetz erreichbar sind, erfolgen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat bereits eine Reihe dieser Computerspiele in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen. Im gesamten Bundesgebiet sind zahlreiche Ermittlungsverfahren anhängig. 99 C. Ausländerextremismus In der Bundesrepublik Deutschland lebten im Jahre 1989 ca. 5 Millionen, in Rheinland-Pfalz ca. 192.000 Ausländer. In ihrer weit überwiegenden Mehrheit verhalten sich die Ausländer gesetzestreu, achten die demokratische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und bemühen sich um ein gutes Zusammenleben mit der deutschen Bevölkerung. Mitgliedschaften in extremistischen Ausländerorganisationen85 sind nicht immer gleichzusetzen mit aktiver Betätigung gegen rechtsstaatliche Normen des Gastlandes. Sie dienen zum Teil nur der Kontaktpflege sowie der gegenseitigen Hilfestellung und sind insoweit Ausdruck heimatlicher Verbundenheit. Extremistische Ausländer nehmen insbesondere die politische Entwicklung ihres Heimatlandes zum Anlaß, Informationsveranstaltungen, Flugblattaktionen und Demonstrationen durchzuführen, um von hier aus auf nach ihrer Ansicht bestehende Mißstände in ihren Ländern hinzuweisen. Massive Proteste, wie etwa Besetzungen von Botschaften, Konsulaten, Zeitungsredaktionen u.a., werden zunehmend als Druckmittel angewendet. Auch ihre soziale und wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland löste Aktionen extremistischer Ausländerorganisationen aus. Bevorzugte Themen waren dabei die "Ausländerfeindlichkeit", das "praktizierte Asylrecht", die "Novellierung des Ausländerrechts" und die "Verweigerung des kommunalen Wahlrechts". Zu einer gewaltigen Protestwelle der überwiegenden Mehrheit der muslimischen Bevölkerung führte die Veröffentlichung der "Satanischen Verse" des in England lebenden Schriftstellers Salman Rushdie. Verschärft wurde sie durch den Mordaufruf des am 3 * Juni 1989 verstorbenen iranischen Revolutionsführers Ajatollah Khomeini. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit unseres Landes war mit den Aktivitäten der extremistischen Ausländer insgesamt bislang nicht verbunden. Die gewaltsamen Aktionen irischer, arabischer und kurdischer Extremisten, wie etwa Anschläge, mögliche Racheakte oder Freipressungsaktionen zugunsten in der Bundesrepublik Deutschland Verurteilter oder Angeklagter, geben den Sicherheitsbehörden allerdings Anlaß zur besonderen Sorge. 1. Türken Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger, die die größte Personengruppe bilden, ist mit ca. 1,621 Millionen Es handeltsich um Organisationen von in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländern, deren Bestrebungen sich nach SS 1 Abs. 1 des Landesverfassungsschutzgesetzes (LVerfSchG) gegen die freiheitliche demokratische Grandordnung oder gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. 100 gegenüber dem Vorjahr wieder um ca. 70.000 angestiegen. Nur eine geringe Anzahl dieser Personen entfaltet politische Aktivitäten in extremistischen Organisationen. Einzelne Gruppierungen der "Neuen Linken" neigen zur Gewalt. 1.1 Linksextremisten Unter den türkischen Linksextremisten sind sowohl orthodox-kommunistische Organisationen als auch Gruppierungen der "Neuen Linken" vertreten. Anhänger beider linksextremistischer Richtungen organisierten im Berichtsjahr aus verschiedenen Anlässen gemeinsame Aktionen. Besonders im August 1989 kam es bundesweit zu einer Vielzahl von Solidaritätsbekundungen wegen des Hungerstreiks in der Türkei inhaftierter Landsleute mit überwiegend friedlichem Verlauf. An einer Großveranstaltung türkischer und kurdischer Linksextremisten am 9- September 1989 in Köln beteiligten sich ca. 20.000 Personen, darunter auch Vertreter der deutschen linksextremistischen Szene. Anlaß 'war - wie in den Vorjahren - der Jahrestag der Machtübernahme durch das Militär in der Türkei (12. September 1980). Zu den bevorzugten Agitationsthemen gehörten auch die deutsche Wirtschaftshilfe und die Lieferung militärischer Güter an die Türkei sowie die Wahlerfolge der rechtsradikalen Partei "Die Republikaner" in der Bundesrepublik Deutschland. 1.1.1 Orthodoxe Kommunisten Der Zusammenschluß der orthodox-kommunistisch beeinflußten "Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (FIDEF) und der "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa - Einigkeit für Demokratie" (DIBAF) zur "Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei" (GDF) am 7./8. Mai 1988 in Duisburg führte bisher nicht zur beabsichtigten Bildung einer einheitlichen Immigrantenorganisation mit allen "fortschrittlichen" türkischen Gruppierungen. In einer Presseerklärung vom 23. Oktober 1989 wurde der Rücktritt des GDF-Vorsitzenden Hasan ÖZCAN und die Wahl seines Nachfolgers Arif ÜNAL bekanntgegeben. Die Parteiführung der "Vereinigten kommunistischen Partei der Türkei" (TBKP)86 forderte ihre im Exil lebenden maßgeblichen Funktionäre auf, bis Ende 1989 in die Türkei zurückzukehren, um dort für die Aufhebung des Verbots ihrer Organisation zu kämpfen. Diese beiden Organisationen und auch die übrigen orthodox-kommunistischen Gruppierungen zeigten kaum öffentliche Aktivitäten. Auch in Rheinland-Pfalz verhielten sie sich weitgehend passiv. 1.1.2 "Neue Linke" Zu den führenden Gruppen der türkischen "Neuen Linken" gehört die gewaltDie TBKP entstand am 8. Oktober 1988 in Oberhausen durch Vereinigung der "Kommunistischen Partei der Türkei" (TKP), der Kernorganisation der FIDEF, und der "Arbeiterpartei der Türkei" (TIP), der Kernorganisation der DIBAF. 101 orientierte und in der Türkei regional terroristisch operierende "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML)87, deren Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland im wesentlichen in der Basisorganisation "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATD?) und der international aktiven "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa" (ATTK) zusammengeschlossen sind. Von derTKP/M-L hat sich bereits im Jahre 1981 die "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten Bolsevik" (TKP/M-L B) abgespalten, die auch unter der Bezeichnung "Bolsevik Partizan" (BP) auftritt. Die TKP/M-L begrüßte in einem im April 1989 bekannt gewordenen Flugblatt mit der Überschrift "Der Sieg wird denen gehören, die Widerstand leisten!" den Hungerstreik der RAF-Gefangenen. In einer Publikation vom Juni 1989 forderte sie dazu auf, den Guerillakampf in der Türkei auszudehnen; sie erklärte sich mit der linksextremistischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) solidarisch und sagte ihre Unterstützung im Kampf gegen den türkischen Staat und den Imperialismus zu. Zur "Aufrüstung unserer Armee", der "Türkischen Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TTKKO)88, bat in derselben Schrift ihr Zentralkomitee in einer türkischsprachigen Flugschrift Landsleute im Ausland um finanzielle Unterstützung und um Waffen. Im Februar 1989 protestierte die ATIF, deren Aktivitäten im Berichtszeitraum weiter zurückgingen, in einem Flugblatt gegen den Entwurf des neuen Ausländergesetzes, das "die wenigen Rechte der Ausländer noch mehr beschneide und den polizeilichen Druck verschärfe". Die "Ausländerfeindlichkeit" sei "Staatspolitik der westdeutschen Imperialisten". Gemeinsam mit deutschen Gruppen der "Neuen Linken" rief sie am 1. September 1989 unter dem Motto "Gemeinsam gegen die Europapolitik des BRD-Imperialismus" zum "Antikriegstag 1989" auf. Die ATIK, die sich zum Ziel gesetzt hat, die "Revolution" in der Türkei materiell und immateriell zu unterstützen, hielt vom 24. bis 26. März 1989 ihren 3. Jahreskongreß in Frankfurt am Main ab, auf dem ein Vertreter der "MarxistischLeninistischen Partei Deutschlands" (MLPD) ein Grußwort sprach. In einer Sonderausgabe ihres Organs "Mücadele" (Kampf) vom Dezember 1989 bezeichnete sie sich als "demokratische Massenorganisation aller antifaschistischen Arbeiter". Wichtigste Aufgabe sei es, das "unmenschliche, unterdrückende türkische Regime anzuprangern", Solidarität mit den demokratischen Kräften herzustellen und deren Kampf zu unterstützen. Die Anhänger der im Jahre 1983 vom Bundesminister des Innern verbotenen militanten "Devrimci Sol" (Dev Sol89, Revolutionäre Linke), die in den letzten 87 Die im Jahre 1972 in der Türkei gegründete TKP/M-L führte ihre Gründungsversammlung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1974 durch. 88 Kampforganisation der TKP/M-L. 89 Bei der Dev Sol handelt es sich um eine Splittergruppe der in der Türkei verbotenen "Türkischen VolksbefreiungsparteiAfront" (THKP/-C). 102 Jahren unter der Tarnbezeichnung "Avrupa'da Dev Gene" (Revolutionäre Jugend in Europa) auftraten, entfalteten kaum öffentliche Aktivitäten. Ihre politische Arbeit verlief äußerst konspirativ. In einem Flugblatt vom März 1989 beschäftigte sich die Dev Sol mit der "Ausbeutung und Unterdrückungspolitik des Imperialismus der BRD und der Türkei" sowie deren "Vernichtungsprogrammen gegenüber politischen Gefangenen", zu denen sie auch die inhaftierten RAF-Mitglieder zählte. Mit einer Flugschrift zum Tag der Machtübernahme des türkischen Militärs am 12. September 1980 rief sie die Arbeiter und Werktätigen auf, die "herrschende Klasse abzusetzen" und den "faschistischen Staatsapparat der Oligarchie zu zerschlagen". Die "Devrimci Isci" (Revolutionärer Arbeiter) betätigte sich fast ausschließlich publizistisch. In einer Publikation zum 1. Mai erklärte sie die Forderungen der RAF-Häftlinge zur Zusammenlegung als berechtigt, bezeichnete die Regierung der Türkei als Folterregime, beschuldigte die Bundesrepublik Deutschland wegen deren finanzieller Unterstützung der Unterdrückung des kurdischen Volkes und interpretierte den Entwurf zum Ausländergesetz als eine Möglichkeit zur Anwendung staatlicher Willkür. In Rheinland-Pfalz wurden Aktivitäten der "Neuen Linken" in Bad Kreuznach, Koblenz, Ludwigshafen am Rhein und Mainz festgestellt. 1.2 Extreme Nationallsten Die bekannteste rechtsextremistische Organisation ist die extrem nationalistisch orientierte "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V." (ADUTDF), auch "Türk-Föderation" genannt, mit Sitz in Frankfurt am Main. Ideologisch lehnt sie sich an das Gedankengut der in der Türkei verbotenen ehemaligen "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP)90 an. Die durch die Gründung der "Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e.V." (TIKDB) aus ehemaligen Mitgliedern am 17. Oktober 1987 in Nieder-Olm (Kreis Mainz-Bingen) eingetretene Schwächung konnte die ADÜTDF, die bis dahin die größte türkische Dachorganisation in Westeuropa gewesen war, bislang nicht überwinden. Der Führungswechsel Mitte Dezember 1988, in dem Kadir BARAN den 1. Vorsitzenden Türkmen ONUR ablöste, brachte nicht den erhofften Aufschwung in der Verbandsarbeit. Durch die Verunsicherung der Mitgliedergingen die Aktivitäten stark zurück. Ihren 12. Jahreskongreß hielt die ADÜTDF am 20. Mai 1989 in Lüttich (Belgien) ab. In Anlehnung an die u.a. auch von den Jugendorganisationen der MHP verwendete Symbolfigur "Grauer Wolf" werden türkische Rechtsextremisten, insbesondere die Anhänger der "Idealistenvereine", von ihren politischen Gegnern als "Graue Wölfe" bezeichnet. Eine Organisation mit der Bezeichnung "Graue Wölfe" gibt es allerdings in der Bundesrepublik Deutschland nicht. 103 Auf der Veranstaltung eines extrem nationalistisch ausgerichteten türkischen Kulturvereins am 1. Oktober 1989 in Ludwigshafen am Rhein, gegen die türkische und deutsche Gegendemonstranten mit Flugblättern "Macht Schluß mit dem Terror der grauen Wölfe" protestierten, stellte die Polizei einige Springmesser und eine Gaspistole sicher. Die "Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e.V." (TIKDB), die sich am 17. Oktober 1987 von der ADÜTDF abgespalten hatte und seit Ende 1988 unregelmäßig ihr Organ "Yeni Gün" (Der neue Tag) herausgibt, vertritt in ihren politischen Forderungen gemäßigtere Positionen 91 mit einer zunehmenden Annäherung an islamische Traditionen. Nach Äußerungen ihres Vorsitzenden Musa Serdar CELEBI fühlt sie sich weder einer Partei verbunden noch erhält sie von einer Partei Unterstützung. Anläßlich des Jahreskongresses am 17. Juni 1989 in Iserlohn, auf dem CELEBI in seinem Amt bestätigt wurde, forderte er seine Anhänger auf, die türkischislamische Weltanschauung in Europa weiterzuentwickeln und die nationalen und religiösen Werte zu erhalten. Auf dem Wege zu einer türkisch-islamischen Einheit seien Fortschritte erzielt worden. In Rheinland-Pfalz bestehen Vereine beider nationalistischer Richtungen. 1.3 Islamische Extremisten Das Ziel der türkisch-islamischen Fundamentalisten ist die Beseitigung des laizistisch92 gestalteten türkischen Staates. An Stelle der jetzigen Staatsform soll ein Staatsgebilde nach iranischem Vorbild, ein theokratisches 93 System, treten. Die Aufforderung zum Sturz von "Willkürherrschaft" bezieht sich verstärkt auch auf die übrigen Staaten, die nach Auffassung islamischer Glaubenslehrer auf dem "Fundament des Unglaubens" basieren. Zu den islamischextremistischen Organisationen gehören vor allem der "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V." (ICCB) und die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT). Der "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V." (ICCB), der im November 1984 in Köln gegründet wurde und seitdem von Cemalettin KAPLAN geleitet wird, hält demokratische Staatsformen für die "Ideologie des Satans". Richtschnur sind für ihn allein der Koran und die Scharia94. Zur Durchsetzung seiner politischen Ziele forderte er zum "Heiligen Krieg" (Djihad) gegen die "Ungläubigen" auf. Als Sprachrohr dient ihm seit April 1989 die Schrift "Ümmet'i Muhammed" (Die Nation Mohammeds), die vorher 91 U.a. Wahlrecht für Ausländer. 92 Klare Trennung von Kirche und Staat. 93 Verbindung von geistlicher und weltlicher Herrschaft. 9 * Aus dem Koran abgeleitetes islamisches Recht. 104 unter der Bezeichnung "Ümmet" (Gemeinschaft der Gläubigen) erschien. "Zur Sicherung der Glaubensfreiheit" hält der Verband die Anwendung von Gewalt für "völlig legal"; es stelle eine "göttliche Aufgabe dar, alle Kräfte, die sich den Muslimen in den Weg stellten, zu stürzen und sie in tausend Stücke zu reißen" (Ümmet vom 1. Februar 1989). Weitreichende vereinsinterne Auseinandersetzungen führten zur Bildung einer Oppositionsgruppe unter der Führung des Stellvertreters KAPLANS, Hasan Hayri KILIC, und letztlich am 13. April 1989 durch Gründung der Organisation "Islamische Bewegung" zur Spaltung. Die neue Vereinigung, deren Vorsitzender KILIC ist, wurde am 13. Juli 1989 in das Vereinsregister eingetragen. Gegen die Veröffentlichung des Buches "Satanische Verse" von Salman Rushdie demonstrierten am 4. März 1989 in Bonn ca. 5.000 überwiegend türkische Muslime. Während des Umzuges verbrannten Teilnehmer eine dem Schriftsteller ähnelnde Puppe und zeigten Transparente mit der Aufschrift "Schützen hat keinen Zweck, Rushdie muß weg". Bei der Abschlußkundgebung rechtfertigte KAPLAN das von Khomeini verhängte Todesurteil. Die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT), die Mitte des Jahres 1985 entstand und ihren Sitz in Köln hat, rekrutiert sich aus Anhängern der in der Türkei verbotenen und zwischenzeitlich aufgelösten "Nationalen Heilspartei" (MSP) bzw. deren Nachfolgeorganisation, der von Professor Necmettin Erbakan geführten "Wohlfahrtspartei" (RP). Vorsitzender ist Osman YUMAKOGULLARI. Nach ihrer Satzung hat sie sich die Verbreitung des Islam in der Europäischen Gemeinschaft unter Wahrung des Rechts der Glaubensfreiheit Andersdenkender zum Ziel gesetzt. In der Türkei strebt sie einen islamischen Staat auf parlamentarischem Wege an. Eigenen Angaben zufolge verfügt die AMGT über mehr als 18.000 Mitglieder in ca. 227 Mitgliedsvereinen. Als Sprachrohr benutzt sie die in der Bundesrepublik Deutschland erscheinende türkische Tageszeitung "Milli Gazete" (Nationalzeitung). Ihren 5. Jahreskongreß führte die AMGT am 4. Juni 1989 in Köln mit ca. 8.000 Anhängern aus dem Inund Ausland durch. Hauptredner der Veranstaltung war Professor Erbakan. AMGT-Funktionäre kündigten an, künftig den Einfluß auf die öffentliche Meinung zu verstärken, Kontakte zu Parteien und Gewerkschaften herzustellen und die Jugendarbeit aufzubauen. Ferner forderten sie dazu auf, sich nicht mehr vom westlichen Recht leiten zu lassen, da der Koran die Richtschnur allen Handelns sei. In Rheinland-Pfalz treten islamische Fundamentalisten u.a. in Mainz und Ludwigshafen am Rhein auf. 105 2. Kurden Die kurdischen extremistischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland95 streben die Errichtung eines autonomen Staates Kurdistan an, der die von Kurden bewohnten Gebiete in der Türkei, im Irak, im Iran und in Syrien umfassen soll. Sie sind entweder orthodox-kommunistisch oder gehören zum Bereich der "Neuen Linken". Ihr Hauptfeind ist der türkische Staat. Daneben betrachten sie den "westeuropäischen Imperialismus" als weiteres Hindernis auf dem Weg zur Autonomie. 2.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Die überwiegend konspirativ agierende und straff organisierte linksextremistische PKK, die am 27. November 1978 in der Türkei offiziell96 gegründet wurde und dort verboten ist, zählt seit mehreren Jahren zu den mitgliederstärksten kurdischen Organisationen. Ihr Ziel ist die Gründung eines unabhängigen kurdischen Staates auf der Grundlage einer klassenlosen Gesellschaft. Hierbei befürwortet sie den "bewaffneten, revolutionären Kampf" in der Türkei. Die von ihr propagierte "Revolution Kurdistans" sieht sie als einen "Teil der mit der Oktoberrevolution begonnenen und mit den nationalen Befreiungsbewegungen ständig verstärkten Revolution des Weltproletariats". Sie beansprucht das Alleinvertretungsrecht für alle Kurden, das sie mit Mitteln des bewaffneten Kampfes durchzusetzen versucht. Dadurch kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit anderen extremistischen Organisationen. In ihrem Streben nach einem unabhängigen Kurdistan findet sie in der Bundesrepublik Deutschland auch die Unterstützung von Angehörigen der "Neuen Linken"97 und des terroristischen Umfeldes. Oberstes Gremium der PKK bildet ein Zentralkomitee (ZK), dessen Beschlüsse für alle Parteiuntergliederungen verbindlich sind. Die Durchsetzung dieser Beschlüsse wird durch das "Komitee für Parteisicherheit, Kontrolle und Nachrichtendienst" sichergestellt. Generalsekretär und unumschränkter Führer ist seit der Gründung Abdullah ÖCALAN. Der Sitz des ZK - und damit der Sitz der PKK - befindet sich in Damaskus, wo sich auch ÖCALAN ständig aufhalten soll. Die PKK wird in Europa98 durch die "Europa-Auslandsorganisation der PKK" (PKK-AYB) vertreten; ihr Leitungsgremium ist das "Zentralkomitee für Europa" (ZK-Europa), das sogenannte Europakomitee (EK). In der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit ca. 500.000 Kurden. Ihr Vorläufer war die kurdische Untergrundorganisation APOCULAR, die sich Mitte der siebziger Jahre gebildet hatte. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD), "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK), "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) und "Volksfront". In Europa und in der Bundesrepublik Deutschland ist die PKK seit dem Jahre 1980 aktiv. 106 Zur Verfolgung ihrer Ziele setzt die PKK eine militärische und eine politische Teilorganisation ein: - die Kampforganisation "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK)99 und - die Propagandaorganisation "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK)100; ihre Aufgabe besteht darin, "die nationale Befreiungsbewegung und den Kampf unseres Volkes zu organisieren, zu leiten und die revolutionäre Politik der nationalen Befreiung ....ins Leben zu rufen....". - Es lebe unser Volksaufstand in Nusaybin! * Es lebe die PKK, ERNK und ARGK! - Nieder mit dem faschistischen türkischen Kolonialismus! - Vorwärts zu noch gößeren Aufständen für die Errichtung der Volksmacht! Europaorganisation der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) In der Bundesrepublik Deutschland tritt die PKK neben der ERNK im wesentlichen durch folgende Unterorganisationen auf: - die Basisund Dachorganisation "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V." (FEYKAKurdistan)101, in der die örtlichen PKK-Vereine zusammengeschlossen sind; - der "Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (HUNERKOM)102 mit Zweigniederlassungen in mehreren Städten, der in erster Linie die kurdische Kultur und eine "revolutionärpatriotische Lebenseinstellung" fördern soll; - das "Kurdistan-Komitee e. V." in Köln, die deutsche Zweigstelle des in Paris ansässigen "Comite du Kurdistan", dessen Ziel die publizistische und materielle Unterstützung des Kampfes ist, "den das Volk Kurdistans heute für seine legitimen national-demokratischen Rechte" führt; - die seit dem Jahre 1987 bestehenden Vereinigungen "Union der Patriotischen Arbeiter Kurdistans" (YKWK), die "Union der Patriotischen Frauen Kurdistans" (YJTWK), die "Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans" (YXK) und die im Januar 1988 gegründete "Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans" (YRWK) zur Mobilisierung neuer Anhänger. Die ARGK wurde auf dem 3. PKK-Kongreß vom 25. bis 30. Oktober 1986 beschlossen. Gleichzeitig erfolgte die Auflösung der am 15. August 1984 gegründeten "Befreiungseinheit Kurdistans" (HRK), mit der der bewaffnete "kurdische Befreiungskampf eröffnet worden war. Am 21. März 1985 gegründet. Am 21. März 1984 gegründet. Am 19. September 1983 gegründet. 107 Zu den bekannten Schriften der PKK gehören - das PKK-Organ "Serxwebun" (Unabhängigkeit), das monatlich in türkischer Sprache erscheint, - die Publikation "Berxwedan" (Widerstand), die in türkischer, kurdischer und arabischer Sprache herausgegeben wird und - der deutschsprachige "Kurdistan-Report", der zweimonatlich als Organ der Europavertretung der ERNK erscheint. Gegen abtrünnige Parteimitgliederund Oppositionelle geht die PKK mit Strafmaßnahmen vor, die von Körperverletzung über Erpressung bis hin zum Mord reichen. Sie kommt für den Mord an der 26-jährigen ehemaligen Funktionärin Güzide KADAH103 in Betracht, die am 2. Januar 1989 in einem Waldstück bei Paris erdrosselt aufgefunden wurde. Hinweisen zufolge gehörte sie zu der Oppositionellengruppe "Arbeiterpartei Kurdistans - Revolutionäre Einheit" (PKK-DB) um Rechtsanwalt Hüseyin YILDIRIM (Schweden), die ÖCALAN eine zunehmende Annäherung an die "imperialistischen" Staaten vorwirft und daher dessen Rücktritt fordert. YILDIRIM und ein Anhänger wurden am 13. Juni 1989 in Retranchement (Niederlande) vermutlich von der PKK durch Schüsse in die Beine schwer verletzt. Bereits am 27. März 1989 in Nürnberg und am 25. April 1989 in Celle hatte sie Kurden, die sich ihren Vorstellungen widersetzt hatten, schwer verletzt. Die PKK gab für das Berichtsjahr die Losung aus: "Laßt uns unter dem Kommando unseres Anführers Abdullah ÖCALAN aus dem Jahre 1989 ein erneutes Jahr des Sieges machen! Vorwärts!" ("Berxwedan" vom 31. Dezember 1988). Mit linksextremistischen Organisationen schloß sie sich zu einem Aktionsbündnis mit der Bezeichnung "Revolutionäre Einheitsplattform" zusammen. Dieser Allianz gehören u.a. die "Türkische Volksbefreiungspartei/-front" (THKP/-C) Ihr Ehemann Ibrahim KADAH gehört zu den vor dem Oberlandesgericht Düsseldorfangeklagten PKK-Funktionären, vgl. Seite 111. 108 und die "Kommunistische Partei der Türkei-Einheit" (TKP-B) an. Zweck des Bündnisses ist es, den politischen Entwicklungen in der Türkei entgegenzuwirken, den kurdischen Befreiungskampf zu fördern sowie die Kampfeinheit und die Solidarität zu stärken ("Kurdistan-Rundbrief" vom 17. Februar 1989)In der Bundesrepublik Deutschland konzentrierten sich die Aktivitäten der PKK und ihrer Teilorganisationen im Berichtszeitraum auf die solidarische Unterstützung der inhaftierten PKK-Funktionäre. Diese werden vom Generalbundesanwalt u.a. der Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung104, des Mordes105, der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung beschuldigt106. Die Aktionen umfaßten Besetzungen, Demonstrationen sowie eine Flut von Veröffentlichungen. Den Strafverfolgungsbehörden wurden die Kriminalisierung einer Befreiungsbewegung und die Kollaboration mit dem türkischen Staat vorgeworfen. "Der Generalbundesanwalt begebe sich auf das Niveau der NS-Justiz" ("KurdistanRundbrief vom 4. August 1989). Um Hafterleichterungen durchzusetzen, traten mehrere einsitzende PKK-Funktionäre Anfang 1989 und in den Sommermonaten in einen Hungerstreik. Zur Unterstützung ihrer Solidaritätskampagne mit den Inhaftierten suchte die PKK Kontakt zu deutschen und türkischen Linksextremisten sowie zu Angehörigen des deutschen terroristischen Umfeldes. An einer Solidaritätsdemonstration für Ingrid STROBL, die wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ("Revolutionäre Zellen/Rote Zora") in Düsseldorf vor Gericht stand107, am 11. Februar 1989 in Essen waren unter den ca. 5.000 Teilnehmern auch ca. 100 Kurden mit PKK-Transparenten. Gemeinsame Veranstaltungen wurden auch vor den Justizvollzugsanstalten Frankfurt am Main und Stuttgart-Stammheim im April und Mai 1989 zugunsten der dort inhaftierten RAFund PKK-Mitglieder durchgeführt. Vor der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz), in der zeitweise der PKK-Funktionär Mehmet Sait YILDIRIM in Haft war, demonstrierten am 22. Mai 1989 und 21. November 1989 jeweils ca. 50 Personen für die "Zusammenlegung der RAF-Gefangenen", "Freilassung der Kurden" und für den "Abriß der Gefängnismauern". AusschreiAls terroristische Vereinigung wird das "Komitee für Parteisicherheit, Kontrolle und Nachrichtendienst" der PKK angesehen. Morde an dem PKK-Mitglied Murat BAYRAKLI in der Zeit zwischen dem 2. und 4. Juni 1984 in Berlin, an dem PKKMitglied Zülfü GÖK am 7. August 1984 in Rüsselsheim und an Ramazan ADIGÜZEL, Funktionärder "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (KOMKAR), am 3- Mai 1987 in Hannover, an zwei PKK-Mitgliedern im Libanon und ein Mordversuch an dem PKK-Mitglied Mehmet BINGÖL am 29Mai 1984 im Kreis Bad Kreuznach. Auch im Jahre 1989 wurden weitere PKK-Mitglieder festgenommen, die im Verdacht stehen, an Mord und Freiheitsberaubung beteiligt gewesen zu sein. Ingrid STROBL wurde am 9- Juni 1989 vom Oberlandesgericht Düsseldorf wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag gegen die Lufthansa am 28. Oktober 1986 in Köln zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. 109 - Einstell ung der a Politisch ller enStrafve rfahren Kurdi: tungen gab es bei ähnlichen Demonstrationen am 5. August 1989 in Hamburg undZürich. Die größten bundesweiten Veranstaltungen mit jeweils bis zu 5.000 Teilnehmern fanden am 13. Mai 1989 und am 21. Oktober 1989 in Düsseldorf auf Veranlassung der FEYKA-Kurdistan unter dem Motto "Es lebe der nationale Befreiungskampf in Kurdistan" statt. Zur Eröffnung des Prozesses am 24. Oktober 1989 vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen 19 PKK-Funktionäre108 erklärte Generalsekretär ÖCALAN, --_. """w^MMMMi d' e P K K habe die Deutschen bislang nicht direkt angegrifKURDISTAN-RUNDBRIEF fen, aber wenn sich ihre Haltung nicht ändere, werde seine Panei gegen ihre Existenz in Prozeß-Sondernummer 1 gegen die Kurdenverfolgung der Türkei und ihre Einrichtunder Bundesanwaltschaft gen vorgehen; auch der Kampf mit dem Mittel J ~= S 129a StGB der Partei in Europa könne sich auf eine andere Ebene begeben (Interview im Nachrichtenmagazin "Stern" vom 26. Oktober 1989)109. Von den ursprünglich inhaftierten PKK-Funktionären befinden sich derzeit noch sieben in UntersuchungsINFORMATIONSBULLETIN haft sowie je einer in Strafund KURDISTAN Auslieferungshaft. Das in dem Prozeß als Kronzeuge vorgese*Motaa hene ehemalige Mitglied des *&( ZK-Europa Ali CETINER wurde am 26. März 1990 vom Landgericht Berlin (West) wegen gemeinschaftlichen Mordes110 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht erstmals die seit dem Jahre 1989 geltende Kronzeugenregelung. Der ebenfalls angeklagte Casim KILIC befindet sich noch in französischer Auslieferungshaft. Gegenstand der Anklage sind u.a. Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, Mord, Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung, vgl. Seite 109f Zu dem Strafprozeß hatte ÖCALAN bereits früher ein Interview gegeben, das im "Serxwebun" vomJuni 1989 abgedruckt ist:" Die Deutschen maßen sich an, im Namen aller dieser (Mächte) über uns Gericht zu halten. Dies ist wahrlich eine Anmaßung, wie man sie von Imperialisten erwarten kann. Es ist im Grunde eine Anmaßung, wegen der sie vielleicht mit einer Situation konfrontiert werden, mit der sie nicht gerechnet haben." Mord an dem abtrünnigen PKK-Mitglied Murat BAYRAKLI in Berlin im Juni 1984. CETINER war im September 1988 in Schweden festgenommen und später an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert 'worden. 111 In Rheinland-Pfalz sind PKK-Anhänger in den Großräumen Mainz und Ludwigshafen am Rhein sowie in der Westpfalz aktiv. Am 4. April 1989 sprachen ca. 20 Kurden bei dem Verlag "Die Rheinpfalz" in Ludwigshafen am Rhein vor und verlangten, Informationen zu den Autonomiebestrebungen des kurdischen Volkes zu veröffentlichen. Der Verlag kam den Forderungen nicht nach. Zeitgleich mit bundesweiten Veranstaltungen fand am 24. Oktober 1989 beim ZDF in Mainz eine ähnliche Aktion mit ca. 25 Personen statt. Ihnen wurde zugesagt, ihr Anliegen werde in allgemeiner Form Gegenstand einer Reportage sein. Am 11. November 1989 hielten ca. 40 Kurden in Mainz eine Mahnwache ab mit einem Informationsstand und Transparenten mit der Aufschrift "Abschaffung des SS 129 a" und "Freiheit für die PKK-Gefangenen". Unter den zum Kauf angebotenen kurdischen Publikationen waren auch Schriften des terroristischen Umfeldes, wie etwa das "Hungerstreik-Info". Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwaltes wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der Verbrechensverabredung und anderer Straftaten gegen 2 PKK-Funktionäre in Frankfurt am Main und Ludwigshafen am Rhein durchsuchte die Polizei bundesweit 33 Wohnungen und PKK-Vereinsräume, davon 8 in Rheinland-Pfalz. Den PKK-Funktionär aus Ludwigshafen am Rhein, in dessen Wohnung 26 Schuß Pistolenmunition und ein "Handbuch für Guerillakrieger" sichergestellt wurden, nahm die Polizei am 24. Oktober 1989 an der deutsch-holländischen Grenze fest. Am 8. März 1990 setzte der Ermittlungsrichter beim Oberlandesgericht Koblenz den Haftbefehl des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 25. Oktober 1989 mit Auflagen111 außer Vollzug; gegen Zahlung einer Kaution von 20.000,DM wurde der PKK-Funktionär aus der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) entlassen. 2.2 "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V." (KOMKAR) Bei der im Jahre 1979 gegründeten KOMKAR, die ihren Sitz in Köln hat und von Abubekir SAYDAM geleitet wird, handelt es sich um eine orthodox-kommunistische Organisation mit nationalistischer Tendenz. Sie ist eine Nebenorganisation der "Sozialistischen Partei Türkisch-Kurdistans" (TKSP) und versteht sich als Dachverband der im Bundesgebiet lebenden kurdischen Arbeiter. Ihr Ziel ist die Errichtung eines föderativen türkisch-kurdischen Staates. Nach ihrer Einschätzung sind die "nationalen und sozialen Befreiungskämpfe" ein "Teil des Kampfes für den Weltfrieden". Die Föderation agiert vor allem gegen die türkische Regierung, die NATO, die Bundesrepublik Deutschland, die USA und gegen den 111 Dem PKK-Funktionär wurde u.a. auferlegt, sich bei seiner Familie in Wesel aufzuhalten und Nordrhein-Westfalen mit Ausnahme von Reisen zu seinem Verteidiger nicht zu verlassen. 112 "Imperialismus", in dem sie wegen seiner "aggressiven Haltung" eine Gefahr sieht. Als Dachorganisation hat sie 16 Mitgliedsvereine mit insgesamt etwa 500 Mitgliedern. Ihre Publikationen sind die "Denge KOMKAR" (Stimme KOMKAR), das "KOMKAR-Info" und das "Informationsbulletin Kurdistan". Am 20./21. Mai 1989 hielt die KOMKAR in Köln ihren 11. Bundeskongreß mit ca. 500 Teilnehmern ab; hierbei warf sie der Bundesrepublik Deutschland rassistische, diskriminierende und feindselige Politik gegenüber Asylsuchenden und Arbeitsimmigranten vor. Demonstrationen initiierte sie am 16. März 1989 in Köln, 21. August 1989 in Bonn und 16. September 1989 in Duisburg. Anlässe waren der 1. Jahrestag nach dem Giftgaseinsatz gegen Kurden im Irak, die Ermittlungsarbeit österreichischer Behörden im Mordfall GHASSEMLOU112 und "Folterungen und Unterdrückung des kurdischen Volkes in der Türkei". In Rheinland-Pfalz entfaltete die KOMKAR im Berichtszeitraum kaum Aktivitäten. 3- Iraner Das extremistische Spektrum der iranischen Oppositionsbewegung in der Bundesrepublik Deutschland reicht von orthodox-kommunistischen Organisationen und Gruppen der "Neuen Linken" bis zu rechtsextremistischen Vereinigungen. Ihre öffentlichkeitswirksamen Propagandaaktionen gegen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini hielten im Jahre 1989 bis zu dessen Tode am 3. Juni 1989 an. Seitdem suchen die Oppositionsgruppen nach neuen Ansatzpunkten zur DeStabilisierung der politischen Führung im Iran. In Rheinland-Pfalz ist nach wie vor Mainz ein Schwerpunkt der iranischen Oppositionsbewegung. Islamisch-extremistische Anhänger der Politik Khomeinis und seiner Nachfolger feierten am 11. Februar 1989 den 10. Jahrestag der "islamischen Revolution" im Iran. Darüber hinaus wirkten sie an der weltweiten Kampagne gegen den Schriftsteller Salman Rushdie mit, der wegen der Veröffentlichung seines Buches "Satanische Verse" von Khomeini zum Tode verurteilt worden war. Der Tod Khomeinis schließlich war für sie Anlaß zu umfangreichen Trauerund Solidaritätsbekundungen. 3.1 Orthodoxe Kommunisten Innerhalb der im Iran verbotenen "Tudeh-Partei Iran" hielt auch im Berichtszeitraum die Phase der Konsolidierung seit ihrer Spaltung im Jahre 1986 an. Verunsichert zeigt sich die Partei durch die jüngste Entwicklung in Mittelund ; Dr. Abdul Rahman GHASSEMLOU, Generalsekretär der im Iran terroristisch operierenden Demokratischen Partei Kurdistans" (DPK-I), und zwei weitere Kurden waren am 13Julil989 in Wien von unbekannten Tätern, vermutlich mit politischem Hintergrund, ermordet worden. 113 Osteuropa und dem damit verbundenen Niedergang des Kommunismus. Nach wie vor bekennt sie sich zur Strategie der "revolutionären Gewalt" und einer "vereinigten Volksfront", die zum Sturz des Regimes im Iran führen soll. Als Parteiorgane gibt sie die Wochenzeitschrift "Nahmen Mardom" (Botschaft des Volkes) und das deutschsprachige Informationsblatt "Tudeh-Bulletin" heraus. Ein Schwerpunkt ihrer Aktivitäten im Berichtszeitraum in der Bundesrepublik Deutschland war die Agitation gegen die Hinrichtungen im Iran, von denen sie neben anderen Oppositionsgruppen betroffen ist. 3.2 "Neue Linke" Die größte und aktivste iranische Oppositionsgruppe ist weiterhin die islamischfundamentalistische, marxistisch geprägte "Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (MSV). Sie wird von der "Organisation der Volksmojahedin Iran" (PMOI) gesteuert. IRANÖLIBEMTION vw" News Bulletin of the People's Mojahedin of Iran rrtmo 13. iw Am 11. Februar 1989 wurde ein Sprengstoffanschlag in der Universität Köln verübt, der sich gegen eine "Kulturveranstaltung" der MSV mit ca. 2.000 Teilnehmern richtete. Ein anonymer Anrufer gab zu verstehen, daß der Anschlag der "Vernichtung von Gegnern der iranischen Revolution" galt. Dies belegt die anhaltende Bereitschaft unter verschiedenen iranischen extremistischen Gruppierungen, in der politischen Auseinandersetzung auch Gewalt anzuwenden. Am 25. Februar 1989 fanden in 23 Städten des Bundesgebietes Aktionen mit mehr als 1.000 Teilnehmern statt, die von der MSV initiiert waren und bei denen der Sturz der Khomeini-Regierung gefordert wurde. In Rheinland-Pfalz sind Anhänger der MSV vor allem in den Universitätsstädten vertreten. Bei der "Organisation Iranischer Demokraten i m Ausland" (OIDA) handelt es sich um ein Sammelbecken linksextremistischer Gruppen mit Schwerpunkt im Bereich der "Neuen Linken". Ihr Ziel ist der Sturz der islamisch-fundamentalistischen Regierung im Iran durch einen Zusammenschluß möglichst vieler linksextremistischer Gruppen. Sie unterhält bundesweit Sektionen u.a. in Hamburg, München, Frankfurt am Main, Gießen, Heidelberg und Mainz. Ihr Presseorgan ist das "Iran-Info". Das Bestreben, eine gemeinsame Linie in einer starken Opposition zu finden, führte auch im Berichtszeitraum zu keinen sichtbaren Erfolgen. 114 Am 25. März 1989 beging die OIDA in Mainz das iranische "Noruz-Fest"113 mit mehreren Hundert Teilnehmern. Hierbei wandte sie sich in Ansprachen gegen Folterungen und Hinrichtungen im Iran. Vom 12. bis 15. Mai 1989 veranstaltete sie in Mainz ein Seminar und einen Kongreß unter überregionaler Beteiligung. Erörtert wurde das Verhältnis zu anderen iranischen Oppositionsgruppen. Darüber hinaus wurden Beschlüsse für die künftige politische Arbeit der OIDA gefaßt. IRAN REPORT Zeitschrift der Organisation der Iranischen Demokraten im Ausland (OIDA) In der Erstausgabe ihrer Schrift "Bultan-e Panahandeh" (Flüchtlingsbulletin) vom März 1990 veröffentlichte die OIDA unter dem Titel "Wem schlägt die Todesglocke?" einen Artikel über die Veränderungen in Osteuropa mit Angriffen gegen die "imperialistischen Länder", vor allem gegen die Bundesrepublik Deutschland. Der Verfasser beschuldigt die Bundesrepublik Deutschland der hegemonialen und revanchistischen Politik im Herzen Europas. Mit der Vergabe von bundesdeutschen Pässen an DDR-Flüchtlinge stelle sie die Existenz der DDR in Frage; sie akzeptiere weder Nachkriegsverträge noch -grenzen. 3-3 Monarchisten Iranische monarchistische Organisationen fordern die Beseitigung der islamischen Regierung und die Wiedereinführung der Monarchie im Iran. Viele sehen im Sohn des ehemaligen Schahs, Reza Pahlewi II, den legitimen Nachfolger auf dem Pfauenthron. Als Dachverband der Monarchisten fungiert der "Rat der konstitutionellen Monarchie in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (R.K.M.I.) Die Demonstrationen und Versammlungen sowie das Informationsmaterial der in ihm vereinten Mitgliedsverbände nahmen gegenüber dem Vorjahr zu. Zum 10. Jahrestag der Rückkehr des Revolutionsführers Khomeini (10./l 1. Februar 1979) veranstalteten am 11. Februar 1989 die monarchistischen "Wächter des ewigen Iran e.V." (NID) in Frankfurt am Main eine Demonstration mit ca. 2.100 Teilnehmern und die "Iranischen Monarchistischen Patrioten" (IMP) in der Nähe der iranischen Botschaft in Bonn eine Kundgebung mit ca. 200 113 Iranisches Neujahrsfest (noruz = der neue Tag). 115 Personen. Anläßlich eines nicht angemeldeten Autokorsos iranischer Monarchisten zum Islamischen Zentrum in Hamburg am 4. Juni 1989 kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen mit Khomeini-Anhängern. Einen Tag später demonstrierten ohne Genehmigung in Bonn ca. 50 Anhänger der monarchistischen "Freiheitsfront Iran" (FFI) gegen die Islamische Republik Iran. Am 28. Juli 1989 protestierten ca. 250 R.K.M.I.-Anhänger vor dem iranischen Generalkonsulat in Frankfurt am Main gegen die Präsidentschaftswahlen im Iran; ferner richtete sich der Protest unter dem Motto "40 Tage nach dem Tod Khomeinis" gegen die derzeitige iranische Regierung. In Rheinland-Pfalz verhielten sich die Monarchisten im Berichtszeitraum nach außen weitgehend passiv. 3.4 Islamische Fundamentalisten Die "Union Islamischer Studentenvereine in Europa" (U.I.S.A.) ist die einzige iranische Organisation in der Bundesrepublik Deutschland, die die religiös-politischen Ziele der Islamischen Republik Iran vertritt. In einem am 6. Januar 1989 in Aachen verteilten Flugblatt äußerte sie ihre politischen Vorstellungen: "Die weltweit agierenden Kämpfer des Islams müssen weiter an die Gründung eines großen islamischen Staates glauben. Denn, freiwillig im Dienste des Islams kämpfen zu wollen, darf nicht nur auf das Gebiet des islamischen Iran begrenzt sein. Es müssen Keimzellen des Widerstandes gegen die Supermächte auf der ganzen Welt gegründet werden". Mitglieder der U.I.S.A. unterstützten im Berichtszeitraum die iranischen Aktionen gegen den Schriftsteller Salman Rushdie und initiierten im Bundesgebiet mehrere Trauerdemonstrationen anläßlich des Todes von Khomeini (3. Juni 1989) u.a. am 10. Juni 1989 in Bonn mit ca. 800 Teilnehmern. In Rheinland-Pfalz entfalteten die Anhänger der U.I.S.A. keine öffentlichen Aktivitäten. 4. Araber Die bedeutendsten arabischen extremistischen Organisationen sind weiterhin die "Palästinensische Befreiungsorganisation" (PLO) - die Dachorganisation der palästinensischen Befreiungsbewegung -, die größte PLO-Organisation "AL FATAH"1H, die marxistisch-leninistische "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) und der AL FATAH-beeinflußte "Palästinensische Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (PAV). Von ihnen ist der PAV die größte palästinensische Organisation im Bundesgebiet. Yassir ARAFAT ist Führer der"AL FATAH" und zugleich Vorsitzender des Exekutivkomitees der PLO. 116 Thematischer Schwerpunkt der propagandistischen Aktivitäten der PLO war im Berichtszeitraum der seit Dezember 1987 andauernde palästinensische Volksaufstand in den von Israel besetzten Gebieten ("Intifada"). Angesichts des zweiten Jahrestages des Palästinenseraufstandes rief die PFLP zu einer "Verschärfung sämtlicher Kampfvarianten.... sogar bis zum bewaffneten Kampf auf (PFLP-Wochenschrift "AIHadaf" vom 10. Dezember 1989). Im Zusammenhang mit der "Intifada" kamen auch in Rheinland-Pfalz Flugschriften und Broschüren Emblem der "ALFATAH" zur Verteilung. Seit der 19Tagung des "Palästinensischen Nationalrates" (PNC)115 in Algier vom 12. bis 15November 1988116 verfolgt die PLO eine gemäßigtere Politik und lehnt terroristische Anschläge außerhalb der von Israel besetzten Gebiete ab. Dies verstärkte ihre Gegnerschaft zu opponierenden terroristischen Organisationen im arabischen Raum, wie etwa der "Volksfront für die Befreiung Palästmas-Generalkommando''(PFLP-GC). Die PFLP-GC117, die von Syrien unterstützt wird, blieb im Jahre 1989 auch in der Bundesrepublik Deutschland weiter im Blickpunkt. Nach den Ermittlungen gegen die am 26727. Oktober 1988 festgenommenen PFLP-GC-Mitglieder Hafez Kassem DALKAMONI und Abdel Fattah GHADANFAR steht diese Organisation in Verdacht, für zwei Sprengstoffanschläge auf Bahnanlagen bei Hedemünden (Kreis Göttingen) am 31. August 1987 und 26. April 1988, die sich gegen US-Militärzüge richteten, verantwortlich zu sein. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ließ im April 1990 die Anklage des Generalbundesanwalts gegen die beiden mutmaßlichen Terroristen u.a. wegen versuchten Mordes zu. Die Auswahl der Objekte in der Bundesrepublik Deutschland deckt sich mit der Exilparlament und oberstes PLO-Gremium. Unter Bezugnahme auf die UN-Resolution Nr. 181 des Jahres 1947, die die Teilung Palästinas in einen arabischen und in einen jüdischen Staat vorsieht, sowie auf alle einschlägigen UNResolutionen seit dieser Zeit beschloß der PNC einstimmig die Proklamation des Staates Palästina mit Jerusalem als Hauptstadt. Damit wurde das Existenzrecht Israels indirekt anerkannt. Die PFLP-GC trat in den 70er Jahren durch spektakuläre Terrorakte gegen den zivilen Luftverkehr hervor; in den letzten Jahren beschränkte sie sich im wesentlichen auf Operationen in Israel 117 aktuellen Zielrichtung der PFLP-GC, Einrichtungen des Staates Israel und der Vereinigten Staaten von Amerika auch im nichtarabischen Raum anzugreifen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Angehörige der PFLP-GC hatten die Sicherheitsbehörden Mitte April 1989 in einer Wohnung in Neuss Radiound Fernsehgeräte gefunden, die mit Sprengsätzen präpariert waren. Beim Versuch, diese zu entschärfen, war am 17. April 1989 ein Beamter des Bundeskriminalamtes getötet und ein weiterer schwer verletzt worden. Die Bedrohung der inneren Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland durch die pro-iranische, schiitische Terrororganisation "Hizb Allah" (Partei Gottes) hält auch nach der Verurteilung von zwei ihrer Mitglieder, der Gebrüder Abbas Ali und Mohammad Ali HAMADI, an. Abbas Ali HAMADI wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 19April 1988 wegen zweifacher Geiselnahme in Tateinheit mit Nötigung von Verfassungsorganen und wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffund Luftverkehrsgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt; Mohammad Ali HAMADI erhielt am 17. Mai 1989 vom Landgericht Frankfurt am Main wegen Mordes und der Beteiligung an der Entführung eines US-Verkehrsflugzeuges imjahre 1985 eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. 5. Iren Die im Jahre 1969 von der "Irish Republican Army" (IRA) abgespaltene "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) strebt die Errichtung eines vereinten sozialistischen Irlands an. Als erster Schritt in diese Richtung sollen die britischen Truppen aus Nordirland "vertrieben" werden. Zur Verwirklichung dieses Nahzieles verübt die PIRA terroristische Anschläge gegen britische Einrichtungen und Angehörige der britischen Armee auch auf dem Kontinent. Die PIRA führte imjahre 1989 ihre am 23. März 1987 begonnene "Offensive" mit einer Reihe blutiger Terrorakte in der Bundesrepublik Deutschland weiter. Bei zwei Bombenanschlägen und drei Attentaten mit Schußwaffen wurden insgesamt vier Menschen getötet und neun zum Teil schwer verletzt. Am 19Juni 1989 verübte sie einen Sprengstoffanschlag auf das Unteroffizierswohnheim einer britischen Kaserne in Osnabrück. Während sie am 2. Juli 1989 in Hannover einen britischen Soldaten durch eine Autobombe tötete, konnte am 28. August 1989 ein gleicher Anschlag vereitelt werden. Die Serie der PIRA-Anschläge wurde am 1, September 1989 durch Schüsse auf britische Soldaten in Münster fortgesetzt. Am 7. September 1989 wurde die deutsche Ehefrau eines britischen Soldaten in Unna getötet. In Wildenrath bei Mönchengladbach erschoß ein PIRA-Kommando am 26. Oktober 1989 einen Angehörigen der britischen Rheinarmee und seine sechs Monate alte Tochter. Den Sicherheitsbehörden gelang in der Republik Irland und in Frankreich am 12. und 14. Juli 1989 die Festnahme von fünf mutmaßlichen PIRA-Angehörigen. Aus sichergestellten Unterlagen geht hervor, daß diese Personen möglicherweise 118 Ferienwohnungen bzw. Ferienhäuser in Rheinland-Pfalz gemietet haben. Am 22. Mai und am 21. November 1989 fanden vor der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) Solidaritätsdemonstrationen u.a. für einen dort einsitzenden mutmaßlichen PIRA-Angehörigen statt. Hierbei wurde die Freilassung des "irischen Genossen" gefordert und in Flugblättern die "Solidarität mit dem irischen Befreiungskampf bekundet. 6. Sikhs Die extremistischen Organisationen der Religionsgemeinschaft der Sikhs118 in der Bundesrepublik Deutschland streben die Errichtung eines unabhängigen Staates Khalistan an. Ihr Heimatland ist der indische Bundesstaat Punjab, der im Norden Indiens an Pakistan grenzt. Differenzen zwischen einzelnen Sikh-Organisationen werden auch mit Gewalt ausgetragen.Die mitgliederstärkste Organisation ist die extrem nationalistische "International Sikh Youth Federation" (ISYF), die in mehreren Städten im Bundesgebiet, u.a. im Rhein-Main-Gebiet, vertreten ist. Dachorganisation der ISYF ist die "All India Sikh Student Federation" (AISSF). Zu den Gegnern der AISSF gehört die Sikh-Organisation "Babbar Khalsa" (BK), die auch außerhalb Indiens am häufigsten mit Gewaltaktionen hervorgetreten ist. Am 21. Mai 1989 kam es im Sikh-Tempel in Frankfurt am Main zu einer Schlägerei rivalisierender ISYF-Fraktionen. In der Nacht zum 11. Juli 1989 wurde ein führendes Mitglied der ISYF vor seiner Wohnung in Heusenstamm getötet. Am 9- September 1989 wurde in der Nähe von Heilbronn die Leiche eines Mitgliedes der AISSF gefunden. Für die Taten kommen Organisationen in Betracht, die die AISSF militant bekämpfen. 7. Tamilen Die hinduistische Bevölkerungsgruppe der Tamilen bemüht sich im Norden von Sri Lanka um die Gründung eines unabhängigen Staates. Für dieses Ziel kämpfen militante "Befreiungsorganisationen" gegen die buddhistische singalesische Bevölkerungsmehrheit und die Regierung in Colombo mit Waffengewalt. Zu den in der Bundesrepublik Deutschland aktiven Gruppen extremistischer Tamilen gehört die mitgliederstärkste linksgerichtete "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE). Sie strebt die Errichtung eines unabhängigen sozialistisch und antiimperialistisch geprägten Staates "Tamil Eelam" an. Wegen ihres gewaltorientierten Unabhängigkeitskampfes ist sie in ihrem Heimatland Sri Lanka verboten. Die Religion der Sikhs steht zwischen dem Hinduismus und dem Islam. Ihr Ziel ist die Gleichheit der Gläubigen und damit die Beseitigung des Kastenwesens. 119 Der damalige LTTE-Führer in der Bundesrepublik Deutschland Vaithilingam SUTHAKARAN wurde am 6. März 1989 vom Oberlandesgericht Stuttgart u.a. wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; die übrigen Angeklagten erhielten geringere Freiheitsstrafen. Seit der Beendigung des Prozesses nehmen die Aktivitäten der LTTE wieder zu. Am 29. Juli 1989 führte die LTTE in Bonn eine Demonstration gegen die indische Regierung durch, an der sich ca. 1.000 Personen beteiligten. Bei Polit-/Musikveranstaltungen der LTTE am 11. November 1989 in Dortmund (ca. 1.500 Zuhörer) und am 3. März 1990 in Düsseldorf (ca. 2.500 Zuhörer) unterstrichen Funktionäre die Kontinuität der militanten LTTE-Politik in Sri Lanka und die Forderung nach einem unabhängigen Tamilenstaat. 120 D. Spionageabwehr Eines der zentralen Aufgabengebiete des Verfassungsschutzes ist die Spionageabwehr. 1. Die geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht Geheimdienstliche Tätigkeiten sind Aktivitäten eines Geheimdienstes sowie für einen Geheimdienst mit Mitteln der geheimen Nachrichtenbeschaffung (nachrichtendienstlichen Mitteln). Sie umfassen die Spionage, die Sabotage und Subversion119. Der allgemein übliche Begriff der Spionageabwehr ist daher zu eng. Sabotage und Subversion fallen unter den Oberbegriff "aktive Maßnahmen". Neben Sabotage und Subversion rechnen zu den "aktiven Maßnahmen" auch die Gewalt gegen Menschen, insbesondere Mord und Entführung. Die Grenzen zum Staatsterrorismus120 sind fließend. Unter Spionage wird die Nachrichtenbeschaffung für einen ausländischen Geheimdienst verstanden. Als strafrechtliche Tatbestände kommen vor allem eine landesverräterische Agententätigkeit nach SS 98 StGB (Erlangung oder Mitteilung von Staatsgeheimnissen)121 oder eine geheimdienstliche Agententätigkeit nach SS 99 StGB (geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland) in Betracht. Jegliche Tätigkeit fremder Geheimdienste im Bundesgebiet verstößt gegen wesentliche Belange des Staates, wenn sie nicht fremden Staaten vertraglich zugestanden wurde122. Sabotage ist die Beschädigung oder Zerstörung von Sachen mit dem Ziel, die Funktionsfähigkeit eines Staates zu beeinträchtigen. Das Strafrecht unterscheidet zwischen Agententätigkeit zu Sabotagezwecken nach SS 87 StGB und der verfassungsfeindlichen Sabotage nach SS 88 StGB. Während SS 87 StGB die Vorbereitung von Sabotagehandlungen unter Strafe stellt, die im Auftrag von ausländischen Regierungen, Vereinigungen oder Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland begangen werden sollen, hebt SS 88 StGB nicht auf die Täterschaft für eine fremde Macht ab. Subversion bedeutet die Einwirkung auf die Meinungsund Willensbildung von Staatsorganen, Medien und der Öffentlichkeit durch Verbreiten von Haibund Unwahrheiten mit dem vornehmlichen Ziel, Mißtrauen zu schüren und 119 Auch Zersetzung oder Beeinflussung genannt. 120 Staatsterrorismus umfaßt staatlich gesteuerte Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder fremdes Eigentum in fremden Ländern. 121 Den Begriff des Staatsgeheimnisses definiert SS 93 StGB. Danach fallen darunter Tatsachen, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheimgehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland abzuwenden. 122 Vgl. schriftlichen Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 15.6.1972 im Rahmen der Gesetzesnovelle vom 7.8.1972, BT-Drucks. VI/3533, S. 4. 121 günstige Bedingungen für einen Umsturz zu schaffen. Sie wird nicht nur von den Nachrichtendiensten des Ostblocks, sondern auch von sowjetisch gesteuerten Tarnorganisationen, den sog. Frontorganisationen123, betrieben. Hierbei leisteten in der Bundesrepublik Deutschland die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und ihr Umfeld beachtliche Unterstützungsarbeit. Grundsätzlich werden keine Mitglieder der DKP für eine Spionagetätigkeit angeworben. Eine Ausnahme bilden ehemalige Mitglieder, die möglicherweise gerade zum Zweck der Spionage aus der Partei ausgetreten sind bzw. "ausgeschlossen" wurden. Subversion und nachrichtendienstliche Aufklärung sind so eng miteinander verflochten, daß die Bereiche "Spionageabwehr" und "Linksextremismus" der Verfassungsschutzbehörden auf Koordination nicht verzichten können. Zu den bekanntesten Mitteln der Subversion zählen die Desinformation und der Einsatz von Einflußagenten. Desinformation ist die subtilste Maßnahme der Geheimdienste des Ostblocks, um die öffentliche Meinung im Westen irrezuführen und die internationalen politischen Beziehungen zu stören. Es handelt sich um das Zuspielen von falschen, unvollständigen, entstellten oder überholten Informationen. Ihr Inhalt wird bestimmt von Lenins Ausspruch "Erzähl ihnen, was sie zu glauben wünschen." Im Gegensatz zur konventionellen Propaganda verschleiert die Desinformation ihre Herkunft und ist grundsätzlich mit geheimdienstlichen Aktionen verbunden. Beabsichtigt ist, die Empfänger zu einem von der politischen Führung des kommunistischen Staates gewünschten Verhalten zu veranlassen. Über eine sogenannte Rücklaufinformationsschiene erfahren die Geheimdienste die Reaktion des Betroffenen auf die entstellte Nachricht und ergänzen ggf. ihre Desinformationsoperation. Einflußagenten haben den Auftrag, unter Ausnutzung ihrer politischen, beruflichen und gesellschaftlichen Stellung die Meinungsund Entscheidungsprozesse der westlichen Demokratien im Sinne der kommunistischen Ideologie und Politik zu beeinflussen. Da sie keine Dokumente entwenden und sich nicht regelmäßig mit ihren Führungsoffizieren treffen, sind sie sehr schwer zu enttarnen. 2. Allgemeiner Überblick Die Bemühungen der Nachrichtendienste der Warschauer-Pakt-Staaten, die Bereiche Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik Deutschland auszuspähen, hielten auch im Jahre 1989 an. Jedoch hatte "Frontorganisationen" sind von der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU) gelenkte internationale Hilfsorganisationen zur Verwirklichung der Ziele des Kommunismus sowjetischer Prägung. Ihre wahren Anliegen verbergen sie hinter einer Fassade ("front") allgemeingültiger Wertvorstellungen, um von Demokraten anerkannt zu werden. 122 die politische Entwicklung in den letzten Monaten des Jahres noch nicht überschaubare Auswirkungen auf einige östliche Nachrichtendienste. Bis zum Jahreswechsel gab es allerdings keine Anzeichen dafür, daß Agenten abgezogen und die nachrichtendienstlichen Aktivitäten eingestellt wurden. Die in einigen Nachrichtendiensten des Ostblocks vorgenommenen Änderungen dürften sich hauptsächlich auf den Bereich "Innere Sicherheit", d.h. die Beobachtung der eigenen Bevölkerung, auswirken. Die Bemühungen der östlichen Nachrichtendienste galten im Jahre 1989 nicht nur nachrichtendienstlich interessanten Objekten, wie z.B. in besonderem Maße militärisch nutzbarer Technologie125 oder den bundesdeutschen Sicherheitsbehörden, sondern auch scheinbar unwesentlichen Informationen, die Einblick in die allgemeine Lebensund Handlungsweise der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland geben. Im Blickfeld lagen auch die im Bundesgebiet ansässigen Emigranten und deren Organisationen. Jedoch ist aufgrund der Umwälzungen in den Ostblockländern eine veränderte Haltung der gegnerischen Nachrichtendienste auf diesem Sektor möglich. Unter den ca. 700.000 Ausund Übersiedlern, die 1989 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind, befanden sich wie in den Vorjahren Personen, die nachrichtendienstlichen Aktivitäten ausgesetzt waren. Viele von ihnen offenbarten sich nach ihrer Einreise. 3. Werbung von Agenten Trotz des Einsatzes modernster Technik zur Aufklärung des "Operationsgebietes Bundesrepublik Deutschland" ist in der Nachrichtenbeschaffung der Mensch als Quelle unverzichtbar. Es kommen nicht nur Personen mit Zugang zu geheimzuhaltenden Informationen jedweder Art als sogenannte Inoffizielle Mitarbeiter (IM) in Betracht, sondern jeder, der, wenn auch nur im entferntesten, für eine nachrichtendienstliche Mitarbeit geeignet erscheint. Nicht immer steht deshalb die Überlegung im Vordergrund, einen Mitarbeiter einer Behörde, eines Institutes oder eines Unternehmens zu werben, um wichtige Erkenntnisse zu erhalten. Häufig werden Beziehungen zu Personen angebahnt, die lediglich eine interessante berufliche Perspektive haben, deren möglicher Einsatzort aber noch gar nicht feststeht (Perspektivagenten), und zu solchen, von denen man sich erhofft, daß sie auf Ansätze für die nachrichtendienstliche Werbung anderer Die NATO-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme von Island und Spanien, sowie Japan sind im "Coordinating Committee for East-West-Trade-Policy" (COCOM) mit Sitz in Paris zusammengeschlossen. COCOM stellt auf Listen die Güter zusammen, die nicht in die RGWStaaten - die Ostblockstaaten sind im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zusammengeschlossen - ausgeführt werden dürfen. 123 (Tips) hinweisen können (Tipgeber). Auch sind Personen gefragt, die in einer bestehenden Agentenverbindung als Kuriere oder Instrukteure Anweisungen der Führungsstelle an Agenten weitergeben sollen. Die Nachrichtendienste der DDR hatten im Berichtszeitraum wiederum den größten Anteil am Werbungsaufkommen. Dies stand im Zusammenhang mit den für sie günstigen Operationsbedingungen, wie etwa der gleichen Sprache und Kultur, ähnlichen Lebensgewohnheiten sowie verwandtschaftlichen Bindungen. Die östlichen Nachrichtendienste nutzten alle sich ihnen bietenden Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu den Zielpersonen. Werbungsversuchen waren insbesondere die Bundesbürger ausgesetzt, die sich aus beruflichen oder privaten Gründen im Ostblock aufhielten. Die gegnerischen Nachrichtendienste sprachen sogar im Bundesgebiet oder im westlichen Ausland Personen an, um sie für nachrichtendienstliche Zwecke zu gewinnen. Die Anbahnungsversuche galten auch Bürgern der Warschauer-Pakt-Staaten. Häufig sollten sie am Arbeitsplatz, im Verein oder in der kirchlichen Gemeinde Spitzeldienste leisten, aber auch Spionageaufträge bei Besuchsreisen im Westen ausführen. Dabei überraschte die angesprochenen Personen immer wieder die bis ins Detail gehende Kenntnis der Werber über deren Lebensverhältnisse. Dieses Wissen gewannen die Nachrichtendienste der Warschauer-Pakt-Staaten auf unterschiedliche Weise. Sie werteten die Antragsunterlagen von Bundesbürgern für Ostreisen sowie Adreßund Telefonbücher aus, befragten Verwandte oder Bekannte im Ostblock, kontrollierten die Post, hörten den Telefonverkehr ab oder setzten sogar offizielle Reisekader 126 und eigene Agenten ein, Zielpersonen im Bundesgebiet abzuklären. Die Werbungsmethoden der gegnerischen Nachrichtendienste sind vielfältig und häufig auf den Einzelfall abgestellt. Die Angst der Betroffenen vor Bestrafung wegen einer Gesetzesübertretung bei Verkehrsverstößen, Devisenund Zollvergehen wird als Druckmittel eingesetzt. Es -wird Geld geboten, falls finanzielle Schwierigkeiten bestehen, oder es "werden andere Vorteile versprochen. In einigen Fällen wird der nachrichtendienstliche Hintergrund zunächst verschleiert und eine andere Motivation, etwa ein Bezug zum Beruf oder Hobby, als Gesprächsanlaß vorgegeben. Diese Legende soll zunächst den näheren Kontakt zu der Zielperson ermöglichen. Die eigentliche Verstrickung erfolgt erst anläßlich weiterer Treffen, zu denen die Angesprochenen möglichst in den Ostblock eingeladen werden. In der Mehrzahl Anhänger der kommunistischen Ideologie, teilweise auch Personen, die bei Ablehnung des nachrichtendienstlichen Auftrages die Verweigerung der begehrten Westreisen befürchten. 124 Die östlichen Nachrichtendienste nutzten auch 1989 verwandtschaftliche oder andere enge menschliche Bindungen, wie beabsichtigte Eheschließungen, für ihre Zwecke hemmungslos aus. Allerdings können sie nach Öffnung der Grenzen und Veränderung der Reisebestimmungen gegen Ende des Jahres 1989 bis auf weiteres nicht mehr die Befürchtung der Angesprochenen als Druckmittel einsetzen, die begehrte Einreiseerlaubnis oder Besuchsbzw. Aussiedlungsgenehmigung nicht zu erhalten. 4. Auftragsschwerpunkte In Rheinland-Pfalz wurden 1989 wiederum die militärischen Einrichtungen und Ausrüstungen sowie die Manöver der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland ausgespäht. Diesem Zweck dienten auch die Aufklärungsfahrten der bei dem Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte akkreditierten sowjetischen Militärmission (SMM) in Baden-Baden. Die Missionsmitglieder, die Angehörige des sowjetischen militärischen Nachrichtendienstes "Hauptverwaltung für Erkundung" (GRU) sind, haben sich insbesondere zu Zeiten der Manöver immer wieder in die für sie gesperrten Gebiete begeben. Daneben waren Firmen verschiedener Industriezweige Ausspähungsbemühungen ausgesetzt. Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte am 12. Oktober 1989 einen Ingenieur wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit mit Betrug zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Das Urteil ist seit dem 27. Oktober 1989 rechtskräftig. Der Ingenieur hatte Güter in den Ostblock geliefert, die nicht in die RGWStaaten ausgeführt werden dürfen.127 5. Führung von Agenten Die Aktivitäten der Nachrichtendienste der Warschauer-Pakt-Staaten erfordern ein funktionierendes Kommunikationssystem zwischen Führungsstelle und Agenten. Eine wichtige Rolle spielen z.B. der Treff28 zwischen Agent und Führungsoffizier bzw. Instrukteur, der aus Sicherheitsgründen zumeist im Ostblock oder im neutralen Ausland stattfindet, und der Nachrichtentransport durch die Post an Deckadressen im kommunistischen Machtbereich oder mit Hilfe von Kurieren, die "Tote Briefkästen"129 aufsuchen, entleeren und mit für den Agenten bestimmten Informationen versehen. Vgl. Seite 123 Fußnote 125. Konspirative Zusammenkunft in Hotels, Lokalen oder dafür eigens angemieteten konspirativen Wohnungen. Verstecke für nachrichtendienstliches Material. 125 Die östlichen Nachrichtendienste nutzen in großem Umfang die offiziellen Einrichtungen wie Botschaften, Konsulate, Handelsvertretungen, Luftverkehrsgesellschaften, Reisebüros und Staatshandelsunternehmen. Angehörige der "Legalen Residenturen"130 in diesen amtlichen und halbamtlichen Vertretungen und Einrichtungen der Staaten des Warschauer Paktes wurden als Führungsoffiziere und "Operative Reisekader"131 eingesetzt. Die sogenannten klassischen nachrichtendienstlichen Hilfsmittel wie etwa das Geheimschriftverfahren durch Kontaktpapier und die Mikratfotografie kommen nach wie vor zum Einsatz. Zum Transport der konspirativ beschafften Informationen, Kameras, Falschausweise, Geldscheine, Chiffrierunterlagen und Mikrofilme werden Container eingesetzt. In einem handelsüblichen Gebrauchsgegenstand, beispielsweise Spraydose, Aktenkoffer, Briefmappe oder Feuerzeug, wird ein versteckter Hohlraum zur Aufnahme der Materialien geschaffen, der ohne Sachkenntnis nicht feststellbar ist. Neben dem Telefon und dem Agentenfunk finden neuere technische Entwicklungen auf dem Gebiet der Nachrichtenübermittlung wie Taschenrechner und Heimcomputer immer mehr Verwendung. Die Nachrichtenübermittlung wird durch sie immer risikoloser und effektiver. Nach wie vor unverzichtbar ist die Schulung des Agenten insbesondere im konspirativen Verhalten, Erkennen von Observationen, Funkverkehr sowie Geheimschriftverfahren und in der Nutzung neuer Techniken. Aufgrund der veränderten Reisebestimmungen in den Ostblockländern und insbesondere im innerdeutschen Reiseverkehr wird den gegnerischen Nachrichtendiensten die Tarnung der Agentenreisen nunmehr erleichtert. 6. Einzelfälle Fall 1: Werbung anläßlich der Ausreise Der im Jahre 1979 aus Rußland in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelte deutschstämmige P. war nach Stellung seines Aussiedlungsantrages an seinem Arbeitsplatz von einem KGB132-Angehörigen aufgesucht worden. Nach mehreren Treffen verpflichtete sich P. zu einer geheimdienstlichen Agententätigkeit für das KGB. Er erhielt den Auftrag, ca. 5- bis 6 mal jährlich über seine Lebensumstände in der Bundesrepublik und über evtl. Befragungen durch bundesdeutsche Behörden zu berichten. Nach seiner Ausreise schickte P. mehrere Mitteilungen an eine Deckadresse in Ost-Berlin. Dabei nutzte er das Geheimschriftverfahren. Da das KGB mit seiner 130 In offiziellen Institutionen getarnte nachrichtendienstliche Stützpunkte. 151 Instrukteure oder Kuriere. 1,2 "Komitee für Staatssicherheit" (KGB) ziviler Nachrichtendienst der UdSSR. 126 Berichterstattung offensichtlich nicht zufrieden war, wurde er 1985 zu einem Treff im Bundesgebiet aufgefordert. Ein bisher unbekannter KGB-Mitarbeiter gab P. dabei neue Aufträge und forderte eine vermehrte Berichterstattung. Dem kam P. jedoch bis zu seiner vorläufigen Festnahme nicht mehr nach. Er legte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ein umfassendes Geständnis ab. Fall 2: Illegaler Technologietransfer: Der 45jährige Ingenieur U. aus Rheinland-Pfalz lernte 1983 den österreichischen Geschäftsmann F. kennen, der in bedeutendem Umfang am Transfergeschäft von modernster Technologie, vor allem elektronischer Geräte, hauptsächlich in die DDR beteiligt war. F. teilte U. bald mit, daß er über gute Kontakte zu Ostblockländern verfüge. Er habe Interesse an "geheim" eingestuften Dingen jeder Art, insbesondere aus dem militärischen Bereich sowie an High-TechWare westlicher Industrienationen, die nicht in die RGW-Staaten ausgeführt werden dürfe. In der Folgezeit erhielt U. Bestellisten für Computeranlagen und -bauteile, die dem Ausfuhrverbot unterliegen, wobei auf einer der Listen als Empfänger UdSSR vermerkt war. F. erkundigte sich bei U. des weiteren konkret nach Möglichkeiten der Beschaffung von Unterlagen über Panzerabwehrraketen sowie den Kampfpanzer Leopard II und das NATO-Frühwarnsystem AWACS. Er riet U. deshalb, Kontakte zu Angehörigen der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-Streitkräfte aufzunehmen. Im Rahmen der weiteren Gestaltung der beiderseitigen Beziehungen bestand F. auf konspirativen Verhaltensformen. U. ging davon aus, daß F. für östliche Geheimdienste tätig war. Er lieferte Hardware im Werte von mehreren 100.000 DM, wobei er in einem Fall betrügerische Methoden bei der Beschaffung anwandte. U. wurde wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit mit Betrug zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Fall 3: Werbungsversuch anläßlich einer Besuchsreise: Der Pole K. hatte einen Reisepaß beantragt, um eine Westreise durchführen zu können. Zwei Tage, nachdem er den Paß erhalten hatte, wurde er von Sicherheitsbeamten zu Hause abgeholt und zur Milizkommandantur seines Heimatortes gebracht. Dort wartete ein Angehöriger des zivilen polnischen Nachrichtendienstes (SB)133 auf ihn, der sich auch als solcher vorstellte. Er drohte mit der Einziehung des Passes, falls K. nicht bereit sein sollte, für den Nachrichtendienst zu arbeiten. K. sollte Informationen über Exilpolen und Aussiedler in der Bundesrepublik Deutschland sammeln. "Sicherheitsdienst" (SB). 127 Um seine Ausreise nicht zu gefährden, verpflichtete sich K. schriftlich zur Mitarbeit. Nach seiner Einreise in das Bundesgebiet offenbarte er sich sofort den Sicherheitsbehörden. Fall 4: Werbungsversuch nach mehrmaligen Besuchen im Bundesgebiet Bereits während der Studienzeit hatten polnische Eheleute Kontakt zu einer Familie im Bundesgebiet. Nach mehrmaligen gegenseitigen Besuchen wurde offensichtlich der polnische Nachrichtendienst (SB) auf sie aufmerksam und machte weitere Besuchsreisen in den Westen von einer Verpflichtung zur Mitarbeit abhängig. Als Generalauftrag wurde ihnen bei den folgenden Reisen in den Westen aufgetragen, "Augen und Ohren offenzuhalten". Zudem sollten sie ihre Bekannten im Bundesgebiet abklären und über militärische Anlagen in Rheinland-Pfalz berichten. Nachdem es den polnischen Eheleuten gelungen war, mit ihren Kindern ins Bundesgebiet zu reisen, zogen sie es vor, nicht mehr nach Polen zurückzukehren, um sich so aus der Verstrickung zum polnischen Sicherheitsdienst zu lösen. Sie offenbarten hier ihre nachrichtendienstliche Verpflichtung. 128 E. A n h a n g Rechtliche Grundlagen 1. Grundgesetz Art. 73 Nr. 10 Buchst, b und c Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über ... 10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder ... b) zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Gaindordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und c) zum Schutz gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Art. 87 Abs. 1 Satz 2 (1) Durch Bundesgesetz können ... Zentralstellen ... zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder daraufgerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden. 2. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (BGBl. S. 682), geändert durch Gesetz vom 7. August 1972 (BGBl. I S. 1382) (1) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (2) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. S2 (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern errichtet der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesbehörde. Es untersteht dem Bundesminister des Innern. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund bestimmt jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. SS3 (1) Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der nach SS 2 Abs. 2 bestimmten Behörden ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 129 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder daraufgerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Ferner wirken das Bundesamt für Verfassungsschutz und die nach SS 2 Abs. 2 bestimmten Behörden mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3- bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Kontrollbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu. Zur "Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 1 und Absatz 2 ist es befugt, nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden. Das Amt darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (4) Die Gerichte und Behörden und das Bundesamt für Verfassungsschutz leisten sich gegenseitig Rechtsund Amtshilfe (Artikel 35 GG). SS4 (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die in jedem Lande gemäß SS 2 Abs. 2 bestimmte Behörde über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. (2) Die in den Ländern bestimmten Behörden unterrichten das Bundesamt über alle Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, von denen sie Kenntnis erhalten und die für den Bund, die Länder oder eines von ihnen von Wichtigkeit sind. (3) Ist gemäß SS 2 Abs. 2 eine andere als die Oberste Landesbehörde bestimmt, so ist die Oberste Landesbehörde gleichzeitig zu benachrichten. SS5 (1) Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den Obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. (2) Der Bundesminister des Innern kann im Rahmen des SS 3 den nach SS 2 Abs. 2 bestimmten Behörden Weisungen für die Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erteilen. SS 4 Abs. 3 gilt sinngemäß. SS6 Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 130 3. Landesverfassungsschutzgesetz v o m 26. März 1986 (GVB1. S. 73), geändert durch Gesetz v o m 4. April 1989 (GVB1. S. 80,98), BS 12-2 SS1 Aufgaben des Verfassungsschutzes (1) Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder Auskünfte, Nachrichten und sonstige Unterlagen zu sammeln und auszuwerten über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Gmndordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Der Verfassungsschutz wirkt auf Antrag mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen vorbehaltlich des Ergebnisses der Überprüfung im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder vorbehaltlich des Ergebnisses der Überprüfung beschäftigt werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutze von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. (3) Der Verfassungsschutz wirkt ferner mit bei der Einstellung von Bewerbern in den öffentlichen Dienst im Rahmen von SS 7 Abs. 3. Zuständige Behörde (1) Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes werden vom Ministerium des Innern und für Sport wahrgenommen. Einer polizeilichen Dienststelle darf der Verfassungsschutz nicht angegliedert werden. (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern und für Sport tätig werden. SS3 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat der Verfassungsschutz diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. 131 (2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. (3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann. SS4 Allgemeine Befugnisse (1) Der Verfassungsschutz darf die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen treffen, insbesondere personenbezogene Informationen erheben und verarbeiten, namentlich speichern, übermitteln, verändern, löschen und abgleichen, 1. wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 1 Abs. 1 vorliegen oder 2. zur Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 2, soweit nicht die SSSS 5 bis 8 die Befugnisse besonders regeln. (2) Informationen über Personen, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet haben, dürfen nicht in Dateien gespeichert werden. (3) In die Überprüfung nach SS 1 Abs. 2 Nr. 1 und 2 können der Ehegatte, der Verlobte oder die Person, die mit dem zu Überprüfenden in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, einbezogen werden. Die Überprüfung ist nur mit Zustimmung der Betroffenen zulässig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. (4) Der Minister des Innern und für Sport ist befugt, die Öffentlichkeit über Bestrebungen nach SS 1 Abs. 1 zu unterrichten. Dabei dürfen auch personenbezogene Informationen bekanntgegeben werden, wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht vorliegen oder die Interessen der Allgemeinheit überwiegen. (5) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Verfassungsschutz nicht zu; er darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. SS5 Besondere Informationserhebungen (1) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel, insbesondere der Einsatz zur verdeckten Informationserhebung bestimmter besonderer technischer Mittel oder Personen, ist zur Erhebung personenbezogener Informationen zulässig, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 1 Abs. 1 oder dafür vorliegen, daß die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Nachrichtenzugänge gewonnen werden können oder 2. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Verfassungsschutzes gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist oder 3. die Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 2 dies erfordert und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise nicht möglich ist. wesentlich erschwert oder gefährdet würde. 132 (2) Diese Vorschrift findet keine Anwendung in Fällen des SS 4 Abs. 3. SS6 Informationsübermittlung an den Verfassungsschutz (1) Die Behörden des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und die Gerichte des Landes haben von sich aus dem Verfassungsschutz Informationen zu übermitteln, soweit sie nach ihrer Beurteilung zur Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes nach SS 1 Abs. 1 erforderlich sind. (2) Der Verfassungsschutz kann über alle Angelegenheiten, deren Aufklärung zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, von den Behörden des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts Informationen und die Übermittlung von Unterlagen verlangen, soweit gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen. (3) Bestehen erst allgemeine, nicht auf konkrete Fälle bezogene Anhaltspunkte nach SS 4 Abs. 1 Nr. 1, kann der Verfassungsschutz personenbezogene Informationen oder Informationsbestände von öffentlichen Stellen verlangen, soweit dies erforderlich ist zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind; der Verfassungsschutz kann auch Einsicht in die Dateien oder Informationsbestände nehmen. Die Übermittlung ist auf Namen, Anschriften, Tag und Ort der Geburt, Staatsangehörigkeit sowie auf im Einzelfall festzulegende Merkmale zu beschränken. (4) Der Verfassungsschutz hat zu prüfen, ob die übermittelten Informationen nach den Absätzen 1 bis 3 für seine Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind sie zu vernichten. (5) Übermittlungen für Zwecke nach SS 1 Abs. 2 und 3 sind zulässig. (6) Gesetzliche Übermittlungsverbote bleiben unberührt. SS7 Informationsübermittlung des Verfassungsschutzes an andere Stellen (1) Der Verfassungsschutz darf, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, an andere Behörden und öffentliche Stellen personenbezogene Informationen zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und 2 übermitteln. Zu anderen Zwecken darf der Verfassungsschutz, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, personenbezogene Informationen nur übermitteln an 1. den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, wenn die Informationen im Zusammenhang mit Hinweisen, Wahrnehmungen und Erkenntnissen stehen, die deren Zuständigkeit berühren können, 2. Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. II 1961 S. 1183, 1218), 3. Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden zur Verfolgung von den in SS 100 a Strafprozeßordnung genannten Straftaten oder sonstiger Straftaten im Rahmen der organisierten Kriminalität, 133 4. Polizeibehörden, soweit sie gefahrenabwehrend tätig sind, wenn dies zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlich ist und die Übermittlung der Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung der in Nummer 3 genannten Straftaten sowie von Verbrechen, für deren Vorbereitung konkrete Hinweise vorliegen, dient, 5. andere Behörden und öffentliche Stellen, wenn dies zur Aufgabenerfüllung der empfangenden Stelle erforderlich ist und der Empfänger die Informationen für Zwecke benötigt, die dem Schutz wichtiger Rechtsgüter, insbesondere dem Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder von Sachen von bedeutendem Wert dienen und mit den Aufgaben des Verfassungsschutzes vereinbar sind. (2) Die Empfängerbehörde darf die personenbezogenen Informationen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck nutzen, zu dem sie ihr übermittelt werden. (3) Der Verfassungsschutz erteilt auf Anfrage von Behörden, denen die Einstellung von Bewerbern in den öffentlichen Dienst obliegt, nach pflichtgemäßen Ermessen Auskunft aus vorhandenen Unterlagen gemäß Absatz 1. Die Auskunft ist auf solche gerichtsverwertbaren Tatsachen zu beschränken, die Zweifel daran begründen können, daß der Bewerber jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird. (4) Personenbezogene Informationen dürfen an private Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, daß dies zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. Die Weitergabe bedarf der Zustimmung des Ministers des Innern und für Sport oder des von ihm besonders bestellten Beauftragten. (5) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist eine Übermittlung durch Bereithaltung von Informationen zum Abruf oder im Wege des automatisierten Informationsabgleichs unzulässig. SS8 Bereinigung und Löschung personenbezogener Informationen (1) Dateien sind in regelmäßigen Abständen auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen. Die regelmäßigen Abstände werden durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgelegt. (2) Personenbezogene Informationen sind zu löschen, wenn 1. ihre Speicherung nicht rechtmäßig ist, 2. sich aufgrund einer Überprüfung nach Absatz 1 oder auf andere Weise ergeben hat, daß ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. (3) Personenbezogene Informationen über Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse im Sinne des SS 1 Abs. 1 angefallen sind. (4) Personenbezogene Informationen, die zu löschen sind, dürfen nicht zum Nachteil des Betroffenen verarbeitet werden. 134 SS 9 Errichtungsanordnung für automatisierte Dateien des Verfassungsschutzes Für jede automatisierte Datei beim Verfassungsschutz sind in einer Errichtungsanordnung festzulegen: 1. Bezeichnung der Datei, 2. Zweck der Datei, 3- betroffener Personenkreis, 4. Arten der zu speichernden personenund sachbezogenen Informationen, 5. Anlieferung oder Eingabe, 6. Zugangsberechtigung, 7. Übermittlung, 8. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer. SS10 Auskunft an den Betroffenen Der Verfassungsschutz ist nicht verpflichtet, dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Informationen zu geben; eine Auskunftsverweigerung braucht nicht begründet zu werden. SS11 Einschränkung von Grundrechten Aufgrund dieses Gesetzes kann das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt werden. SS12 Parlamentarische Kontrolle (1) Zur Kontrolle des Ministers des Innern und für Sport hinsichtlich der Tätigkeit des Verfassungsschutzes bildet der Landtag zu Beginn jeder Wahlperiode eine Parlamentarische Kontrollkommission. Die Rechte des Landtags, seiner Ausschüsse und der Kommission aufgrund des Landesgesetzes zur Ausführung des Bundesgesetzes zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses vom 24. September 1979 (GVB1. S. 296, BS 12-1) bleiben unberührt. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus drei Mitgliedern, die vom Landtag aus seiner Mitte mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt werden. Die Kontrollkommission wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. (3) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder der Kommission sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt werden. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden. (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus, so verliert er seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus der Kontrollkommission ausscheidet. 135 SS13 Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Der Minister des Innern und für Sport unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission mindestens zweimal jährlich umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Verfassungsschutzes und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. (2) Zeit, Art und Umfang der Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission werden unter Beachtung des notwendigen Schutzes des Nachrichtenzugangs durch die politische Verantwortung des Ministers des Innern und für Sport bestimmt. (3) Jedes Mitglied kann den Zusammentritt und die Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission verlangen. SS14 Inkrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. (2) Gleichzeitig tritt das Landesverfassungsschutzgesetz vom 23. Januar 1975 (GVB1. S. 33), geändert durch Landesgesetz vom 21. Dezember 1978 (GVB1. S. 769), BS 12-2, außer Kraft. 136 ABKURZUNGSUND STICHWORTVERZEICHNIS Seite AB - Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD 44 ADUTDF - Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. 103 f AISSF - All India Sikh Student Federation 119 AJV/ML - Arbeiterjugendverband (Marxisten-Leninisten) 43 AKON - Aktion deutsche Einheit 82 AMGT - Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. 104 f ANS/NA - Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten 88 f ARF - Aktion deutsches Radio und Fernsehen 82 ARGK - Volksbefreiungsarmee Kurdistans 107 ASD - Aktion Sauberes Deutschland 97 f All* - Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. 102 ATIK - Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa 102 BAA - Bundesarbeitsausschuß 32 f BK - BabbarKhalsa 119 BP - Bolsevik Partizan 102 BR-PCC - Brigate Rosse Partito Combattente Communista 55,58 BSA - Bund Sozialistischer Arbeiter 46 BWK - Bund Westdeutscher Kommunisten 43 f CIA - Christen für Abrüstung 37 CIMEA - Comite International des Mouvements des Enfants et des Adolescents 31 CNF - Combat nationaliste feminin 94 DA - Deutsche Alternative 94 DA - Deutscher Anzeiger (Presseorgan der DVU) 80 f DFF - Deutsche Frauenfront 94 f DFG-IdK - Deutsche Friedensgesellschaft-Internationale der Kriegsdienstverweigerer 41 DFG-VK - Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen 17,41 DFU - Deutsche Friedens-Union 17, 36, 37 f DB3AF - Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa - Einigkeit für Demokratie 101 DKP - Deutsche Kommunistische Partei 17,18 ff DPK-I - Demokratische Partei Kurdistans 113 DNZ Deutsche National-Zeitung (Herausgeber Dr. FREY) 80 f 137 DSt Deutsche Stimme (Presseorgan der NPD) 67 ff, 72 DVU Deutsche Volksunion e.V. und 79, 82 Deutsche Volksunion - Liste D 79, 82 ff DWZ Deutsche Wochen-Zeitung (Herausgeber Dr. FREY) ERNK Nationale Befreiungsfront Kurdistans 107 f FAU Freie Arbeiterinnen-Union 52 FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei 89, 90 ff FEYKAFöderation der patriotischen Arbeiter - Kurdistan und Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V. 107 FFI Freiheitsfront Iran 116 FIDEF Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. 101 FU Forum für Libertäre Information 52 FöGA Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen 52 GAD Grüne Aktion Deutschland - Landesverband Rheinland-Pfalz 97 GDF Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei 101 GIM Gruppe Internationale Marxisten 44 f GRAPO Grupos de Resistencia Antifascista de Primero de Octubre 61 f GRU Militärischer Nachrichtendienst der UDSSR 125 HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. 95 f HRK Befreiungseinheit Kurdistans 107 HUNERKOM Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. 107 ICCB Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. 104 I.f.A. Initiative für Ausländerbegrenzung 82 EVI Inoffizielle Mitarbeiter 123 IMP Iranische Monarchistische Patrioten 115 IRA Irish Republican Army 55 118 ISA Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation 46 ISYF International Sikh Youth Federation 119 JN Junge Nationaldemokraten 78 JP Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation 17, 31 f KA Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung 29,41 KAH Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers 89 KB Kommunistischer Bund 44 KFAZ Komitee für Frieden, Abrüstung und 17, 36, 40 Zusammenarbeit 138 KGB Ziviler Nachrichtendienst der UdSSR 126 f KOMKAR Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V. 112 f KPD Kommunistische Partei Deutschlands (im Jahre 1956 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt) 20 KPD Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) AA KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion 18 LTTE Liberation Tigers of Tamil Eelam 119f MAZ Marxistische Arbeiterzeitung (Publikation der MG) AI MG Marxistische Gruppe 46 f MHP Partei der Nationalistischen Bewegung 103 MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands 43 MLSV Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband 43 MNP Mitteldeutsche Nationaldemokratische Partei 77 MSB Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus 17, 34 f MSP Nationale Heilspartei 105 MSV Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. 114 MSZ Marxistische Streitund Zeitschrift gegen die Kosten der Freiheit (Publikation der MG) 47 NDPD National-Demokratische Partei Deutschland 77 NF Nationalistische Front 96 NHB Nationaldemokratischer Hochschulbund 78 NID Wächter des ewigen Iran e.V. 115 NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands 67 ff N.S. Nationale Sammlung 93 f NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 89 OIDA Organisation Iranischer Demokraten im Ausland H4f PA Proletarische Aktion 52 PAV Palästinensischer Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin 116 PCE(r) Partido Communista de Espana (reconstituido) 61 f PDS Partei des Demokratischen Sozialismus 18 PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas llöf PFLP-GC Volksfront für die Befreiung Palästinas-Generalkommando 117 f PDRA Provisional Irish Republican Army 118 f PKK Arbeiterpartei Kurdistans 106 ff PKK-AYB Europa-Auslandorganisation der PKK 106 139 PKK-DB - Arbeiterpartei Kurdistans - Revolutionäre Einheit 108 PLO - Palästinensische Befreiungsorganisation 116 f PMOI - Organisation der Volksmojahedin Iran 114 PNC - Palästinensischer Nationalrat 117 RAF - Rote Armee Fraktion 55 ff R.K.M.I. - Rat der konstitutionellen Monarchie in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin 115 f RP - Wohlfahrtspartei 105 RZ - Revolutionäre Zellen 54 , 6 2 f SAG - Sozialistische Arbeitergruppe 46 SB - Ziviler polnischer Nachrichtendienst 127 f SDAJ - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend 17,31, 32 ff SED - Sozialistische Einheitspartei Deutschlands 17 f SEW - Sozialistische Einheitspartei Westberlins 27 SMM - Sowjetische Militärmission 125 SoZ - Sozialistische Zeitung 46 TBKP - Vereinigte Kommunistische Partei der Türkei 101 THKP/-C - Türkische Volksbefreiungspartei/-front 102 TIKDB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e.V. 103 f TBKKO - Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee 102 TB? - Arbeiterpartei der Türkei 101 TKP - Kommunistische Partei der Türkei 101 TKP-B - Kommunistische Partei der Türkei-Einheit 109 TKP/M-L - Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten 102 TKP/M-L B - Türkische kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten Bolsevik 102 TKSP - Sozialistische Partei Türkisch-Kurdistans 112 U.I.SA. - Union Islamischer Studentenvereine in Europa 116 UZ - Unsere Zeit (Parteiorgan der DKP) 18,28 VOGA - Volksbewegung für Generalamnestie 82 VSP - Vereinigte Sozialistische Partei 44 f VSBD/PdA - Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/ Partei der Arbeit 91 WN-BdA - Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten 17, 36, 38 ff WBDJ - Weltbund der Demokratischen Jugend 31 WFR - Weltfriedensrat 40 YTWK - Union der Patriotischen Frauen Kurdistans 107 YKWK - Union der Patriotischen Arbeiter Kurdistans 107 YRWK - Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans 107 YXK - Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans 107 ZK-Europa - Zentralkomitee für Europa 106 140