Verfassungsschutzbericht des Landes NordrheinWestfalen über das Jahr 1997 Innenministerium des Landes NRW. Nordrhein-Westfalen Impressum Herausgeber: Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Abteilung Verfassungsschutz Postfach 103013 40021 Düsseldorf Haroldstraße 5 40213 Düsseldorf Telefon: 0211/871-2821 Telefax: 0211/871-2980 Mailbox: 0211135294 E-Mail: info@mail.verfassungsschutz.nrw.de verfassungsschutz.nrw@t-online.de Internet: http://www.verfassungsschutz.nrw.de Druck: Verlag und Druckkontor Kamp GmbH, 44791 Bochum Redaktionsschluß: 9. April 1998 Eine Bestellkarte für weitere Exemplare dieser Broschüre und anderes Informationsmaterial befindet sich auf der vorletzten Seite Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 Franz-Josef Kniola Dr. Fritz Behrens Innenminister Minister für Inneres und Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen des Landes Nordrhein-Westfalen von Juli 1995-Juni 1998 seit Juni 1998 Vorwort Am 4. Mai 1998 wurde der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1997 der Presse vorgestellt. Mit der nun vorgelegten Broschüre wird der Bericht der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus, ob er nun von rechts, links oder aus anderen Richtungen kommt, ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes. Das rechtzeitige Erkennen von Gefahren, die unserer Demokratie drohen, ist nach wie vor eine zentrale Aufgabe des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Zur Zeit drohen diese Gefahren vor allem von rechts. Das demoskopisch angekündigte, in seiner Höhe aber schockierende Wahlergebnis für die DVU in Sachsen-Anhalt hat vor allem eins deutlich gemacht: Den Stimmenfängern rückwärtsgewandter Parteien ist es gelungen, aus der bedrückenden Arbeitslosigkeit und den Zukunftsängsten vor allem jüngerer Menschen Kapital zu schlagen. 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 Seit der Bürgerschaftswahl in Hamburg - bei der die aggressiv ausländerfeindliche DVU nur knapp an der 5-Prozent-Hürde scheiterte und rechtsextremistische Gruppierungen zusammen 7% erreichten - hat sich die offene Ausländerfeindlichkeit auch innerhalb des Landesverbandes der Republikaner verstärkt. Seit Sommer 1 9 9 7 betreibt der stellvertretende NRW-Landesvorsitzende drei Infotelefone, in denen in ehrverletzender Weise gegen Ausländer und Fremde gehetzt wird. Gleichzeitig werden auch die Institutionen des demokratischen Rechtsstaats diffamiert. Im Neonazi-Spektrum gehen inzwischen junge Nationaldemokraten und sogenannte traditionelle Neonazis getrennte Wege. Ursächlich dafür war vor allem die Intervention des NPD-Bundesvorstands, der ein Organisationsverbot gegen seine Jugendorganisation befürchtete. Nicht zuletzt ist dieses Vorgehen sicher auch durch die intensive Berichterstattung über die Jungen Nationaldemokraten im letzten Verfassungsschutzbericht NRW beeinflußt worden. Anlaß zur Sorge bereitet die zunehmende Aggressivität von Neonazis und Skinheads. Gewaltaktionen dieser Gruppen hatte es bisher in Westdeutschland kaum gegeben. Dem Abdriften junger Menschen in gewaltbereite Subkulturen muß dringend durch die Schaffung von beruflichen Perspektiven entgegengewirkt werden. Es ist sicher kein Zufall, daß die Altersgruppe der jungen Männer bis 24 Jahre die stärkste Gruppe der fremdenfeindlichen Straftäter bildet. Als Alarmsignal muß gesehen werden, daß es nach Jahren kontinuierlichen Rückgangs zu einer Trendumkehr bei den fremdenfeindlichen und rechtsextremistischen Straftaten gekommen ist. Vor allem Propagandadelikte und Volksverhetzungen haben deutlich zugenommen. Aber auch bei den Gewalttaten gab es erstmals wieder Zuwächse, wenn auch in einem geringeren Umfang als auf Bundesebene. Der Rechtsextremismus ist inzwischen offensiver, intellektueller, medienbewußter und damit auch gefährlicher geworden. Durch öffentlichkeitswirksame Kampagnen wie z. B. gegen den Euro oder die Wehrmachtsausstellung versuchen Rechtsextremisten - quer durch alle Organisationen - populäre Themenfelder zu besetzen, um bürgerliche Zielgruppen zu erreichen. Publikationsorgane der sogenannten "Neuen Rechten" wie die "Junge Freiheit", "Nation & Europa - Deutsche Monatshefte" oder "Europa Vorn" leisten dabei tatkräftig Unterstützung. Bei den linksextremistischen Parteien in Deutschland ist seit dem Zusammenbruch der DDR weitgehend Stillstand zu verzeichnen. Der PDS-Landesverband NRW muß zwar weiterhin als "Sammelbecken für Linksextremisten" angesehen werden, er stagniert aber zur Zeit bei unter 6 0 0 Mitgliedern. Gefahren aus dem Linksextremismus drohen vor allem durch Aktionen gewaltbereiter Autonomer und Antiimperialisten gegen Kernenergie und Gentechnik. Aber auch in einem selbstdefinierten Antifaschismus liegt ein ernstzunehmendes Gewaltpotential. 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 Auf der Linken gibt es im Augenblick keine aktive terroristische Gruppierung. Die Auflösungserklärung der RAF vom 2 0 . April 1998 hatte der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz schon lange erwartet. Eine abschließende Auseinandersetzung der RAF mit ihrer Geschichte - sozusagen ein verspäteter Beitrag zur Diskussion um den Deutschen Herbst - war nach ihrer letzten Erklärung vom Dezember 1996 überfällig. Die Erklärung enthält aber auch einige Hinweise zu den Zukunftsvorstellungen der RAF. Es finden sich Andeutungen dazu, daß "Befreiungsvorstellungen zur Überwindung des Systems" vor allem in den Bereichen "Flüchtlings-, Asyl-, Abschiebeproblematik, Gentechnologie und Aufbau der Europäischen Union" erwartet werden. Es ist daher nicht auszuschließen, daß in Zukunft terroristische Gewalt in dezentraler Form gesucht wird, die in konkrete politisch-soziale Auseinandersetzungen eingebunden ist. Im Ausländerextremismus dominierten auch im letzten Jahr linksextremistische türkische bzw. kurdische Gruppierungen und islamistische Organisationen. Seit der Gewaltverzichtserklärung ihres Generalsekretärs Abdullah Öcalan ist die PKK offenbar darum bemüht, strafbares Verhalten ihrer Mitglieder zu vermeiden. Dies betrifft vor allem Straftaten wie Rekrutierungen, Spendengelderpressungen oder auch interne Bestrafungsaktionen. Zu den gefährlichsten linksextremistischen türkischen Gruppierungen zählt weiterhin die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C). Sie versucht, ihren Alleinvertretungsanspruch als angeblich rechtmäßige Nachfolgerin der verbotenen "Devrimci Sol" mit Gewalt durchzusetzen. Die Religion des Islam wird zunehmend für politische Zwecke islamistischer Institutionen instrumentalisiert. Auf diese Weise wollen diese ihren Einfluß in ihren muslimischen Heimatländern vergrößern. Besonders im Vordergrund steht hier die islamische Gemeinschaft Milli Görus (IGMG). Sie ist ein Ableger der in der Türkei verbotenen Refah-Partei. Dem Thema Scientology ist über die Berichterstattung der Vorjahre hinaus im diesjährigen Verfassungsschutzbericht ein eigenes Kapitel gewidmet. Nach den bisherigen Erkenntnissen dürfte die Zahl der SO-Mitglieder entgegen ihrer eigenen Darstellung bundesweit deutlich unter 10 0 0 0 liegen. In Nordrhein-Westfalen sind es etwa 4 0 0 . Für ein abschließendes Beobachtungsergebnis ist es allerdings noch zu früh. Auf großes Interesse ist der vom nordrhein-westfälischen Innenministerium als Broschüre herausgebene Abschlußbericht zur Beobachtung von Scientology durch die Verfassungsschutzbehörden gestoßen. Düsseldorf, im Juni 1998 Franz-Josef Kniola Dr. Fritz Behrens 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1997 INHALTSVERZEICHNIS Vorbemerkung 9 1 Entwicklungen im Extremismus 1997 1.1 Rechtsextremismus 10 1.1.1 Entwicklungstendenzen 10 1.1.2 Exkurs: Rechtsextremistische Kampagnenthemen 15 1.2 Entwicklungstendenzen im Linksextremismus und -terrorismus 19 1.3 Entwicklungstendenzen im Ausländerextremismus 23 1.4 Mitglieder in extremistischen Organisationen 27 1.5 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten 30 1.5.1 Rechtsextremistische und fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten .... 3 0 1.5.2 Linksextremistische Strafund Gewalttaten 34 1.5.3 Ausländerextremistische Strafund Gewalttaten 34 1.5.4 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten insgesamt 36 1.6 Bericht des Justizministeriums NRW 37 1.7 Extremismus und moderne Kommunikationstechniken 38 2 Rechtsextremismus 2.1 Rechtsextremistische Parteien 52 2.1.1 Die Republikaner (REP) 52 2.1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 64 2.1.3 Deutsche Volksunion (DVU) 73 2.1.4 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 77 2.1.5 Krefelder Gesprächskreis Deutsche Politik 77 2.2 Neonazism us 78 2.2.1 Neonazis auf Bundesebene und in NRW 78 2.2.1.1 Rudolf-Heß-Aktionen 79 2.2.1.2 Anti-Antifa-Aktivitäten 82 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 2.2.2 Verbotene Neonazi-Organisationen 83 2.2.3 Junge Nationaldemokraten (JN) 84 2.2.4 Sauerländer Aktionsfront (SAF) 87 2.2.5 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP/AO) 89 2.2.6 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) 90 2.2.7 Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V 91 2.2.8 Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) 92 2.2.9 Berlin Brandenburger - Zeitung der nationalen Erneuerung (BBZ) und Westdeutsche Volkszeitung (WVZ) 92 2.2.10 Zentralorgan 95 2.2.11 Neonazis im Internet 96 2.3 Rechtsextremistische Skinheads und Skin-Musik 97 2.3.1 Skinhead-Bands 100 2.3.2 Fanzines 103 2.3.3 Verlage, Vertriebe, Versandhandel für Skin-Musik 104 2.4 Revisionismus 108 2.4.1 Revisionisten 1 10 2.4.2 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) 114 2.4.3 Vereinigung für Gesamtdeutsche Politik e.V. (VGP) 1 15 2.5 "Neue Rechte" 1 15 2.5.1 Junge Freiheit (JF) 117 2.5.2 Freie Deutsche Sommerakademie 1 26 2.5.3 Nation & Europa - Deutsche Monatshefte 1 28 2.5.4 Europa Vorn, Europa Vorn spezial 131 2.5.5 Staatsbriefe 134 2.5.6 Sleipnir-Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik 1 35 2.5.7 Deutsches Kolleg (DK) 137 2.5.8 Thule-Seminar - Forschungsund Lehrgemeinschaft für die indoeuropäische Kultur e.V 1 38 2.5.9 Deutsch-Europäische Studiengesellschaft (DESG) 141 2.6 Rechtsextremistische Verlage, Vertriebe, Publikationen 143 2.6.1 Donner-Versand 143 2.6.2 RK-Druck und Vertrieb Hagen 143 2.6.3 Stiftung Vrij Historisch Onderzoek (VHO) 145 2.6.4 Eigenverlag Burg 145 2.6.5 Unabhängige Nachrichten (UN) 146 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 2.6.6 Grabert-Verlag 146 2.6.7 Arndt-Buchdienst 147 2.6.8 Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung 148 2.6.9 Buchdienst Witten 149 3 Linksextremismus und -terrorismus 3.1 Linksextremismus 150 3.1.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 150 3.1.2 Partei des Demokratischen Sozialismus Landesverband Nordrhein-Westfalen (PDS NRW) 153 3.1.3 Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) 157 3.1.4 Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung -Verlagsgesellschaft mbH (GNN-Verlag) 158 3.1.5 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland (MLPD) 161 3.1.6 Trotzkistische Gruppierungen in NRW 164 3.2 Militante Linksextremisten 165 3.2.1 Antifaschistische Aktion/Bundes-weite Organisation (AA/BO) und Bundesweite Antifa Treffen (BAT) 167 3.2.2 Autonome 168 3.2.3 Publikationen und neue Medien 171 3.2.3.1 Publikationen 171 3.2.3.2 Autonome im Internet 173 3.2.4 Themenfelder und Kampagnen 175 3.2.4.1 Antifaschismus 175 3.2.4.2 Anti-Rassismus 176 3.2.4.3 Anti-Repressions-Kampagne 177 3.2.4.4 Linksextremistische Einflußnahme im Rahmen der Anti-Kernkraft-Bewegung 179 3.2.4.5 Linksextremistisch orientierter Widerstand gegen die Gen-Technologie 181 3.2.5 AntiimperialistischerWiderstand 1 83 3.2.5.1 Jarama 187 3.2.5.2 Initiativkreis Libertad 188 3.2.6 Kurdistan-Solidarität des Antiimperialistischen Widerstands 188 3.2.6.1 ISKU und AZADI 189 3.2.6.2 Position zur PKK spaltet Antiimperialistischen Widerstand 190 3.2.6.3 Publikationen: Kurdistan-Rundbrief und Kurdistan-Report 191 3.2.6.4 Kurdistan-Brigaden 192 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 3.3 Linksextremistischer Terrorismus 194 3.3.1 Antiimperialistische Zelle (AIZ) 194 3.3.2 Rote Armee Fraktion (RAF) 199 3.3.2.1 RAF-Kommandoebene 199 3.3.2.2 RAF-Häftlinge 205 3.3.3 Revolutionäre Zellen (RZ)/Rote Zora 206 4 Ausländerextremismus und -terrorismus 4.1 Türken 209 4.1.1 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. - Islami CemaatveCemiyetlerBirligi (ICCB, KAPLAN-Verband) 209 4.1.2 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) 210 4.1.3 Deutsche Türkische Föderation - Almanya Türk Federasyon (ATF) -sog. "Graue Wölfe" 216 4.1.4 Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi (DHKP-C) 217 4.1.5 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten Leninisten (TKP/ML) 222 4.1.6 Marxistische Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) und Kommunistische Partei -Aufbauorganisation (KP-IÖ) 224 4.2 Kurden: Arbeiterpartei Kurdistans - Partya Karkaren Kurdistane (PKK) 225 4.3 Araber 239 4.3.1 Algerier: Islamische Heilsfront (FIS) Bewaffnete Islamische Gruppe (GIA) 240 4.3.1.1 Islamische HeilsfrontFront Islamique du Salut (FIS) 240 4.3.1.2 Bewaffnete Islamische Gruppe-Groupe Islamique Arme (GIA) 242 4.3.2 Palästinenser: Islamischer Bund Palästina (IBP) (Stellvertreter von HAMAS (Harakat Al-Muquawama Al-Islamiya - Islamische Widerstandsbewegung)) 243 4.3.3 Libanesen: Hizb-Allah (Partei Gottes) 244 4.4 Iraner 245 4.4.1 Anhänger der iranischen Regierung 246 4.4.2 Gegner der iranischen Regierung 246 4.5 Nordiren: Provisorische Irische Republikanische Armee - Provisional Irish-Republican Army (PIRA) 248 4.6 Srilanker/Tamilen: Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) 249 4.7 Sikhs: Babbar Khalsa International (BK) International Sikh Youth Federation (ISYF) 250 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1997 5 Spionageabwehr 252 6 Wirtschaftsund Geheimschutz 262 Scientology-Organisation (SC) 264 8 Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen 8.1 Gesetzliche Grundlagen 280 8.2 Aufbau, Organisation, Haushalt, Personal 281 8.3 Verarbeitung personenbezogener Daten und erläuternder Texte 281 8.4 Verfassungsschutz durch Auf-klärung - Öffentlichkeitsarbeit 283 9 Abkürzungsverzeichnis 287 10 Stichwortverzeichnis 292 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1 9 9 7 Vorbemerkung Dieser Verfassungsschutzbericht erwähnt nicht alle Beobachtungsobjekte der Verfassungsschutzbehörde Nordrhein-Westfalens, sondern nur die bedeutenderen Organisationen und Gruppierungen. Hinweise auf Geschehnisse außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen wurden aufgenommen, soweit sie für das Verständnis des Berichts und der enthaltenen Analysen erforderlich sind. Einige wichtige Ereignisse aus dem Jahr 1998 wurden berücksichtigt. Die inhaltliche Bearbeitung des Berichts wurde am 9. April 1998 abgeschlossen. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 1 Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 1.1 Rechtsextremismus 1.1.1 Entwicklungstendenzen Im Rechtsextremismus waren im Laufe des Jahres 1997 folgende Tendenzen erkennbar: * Die offene und massenhafte Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda, insbesondere mit revisionistischer und fremdenfeindlicher Ausrichtung, nahm deutlich zu. * Die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten stieg in NRW um 1 8,3%, wobei der größte Teil auf Propagandadelikte und auf Fälle von Volksverhetzung entfiel. * Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten stieg um 8,3%; davon entfielen fast 9 0 % auf Propagandadelikte und auf Volksverhetzungen. LI Imjahr 1997 setzten Rechtsextremisten-querdurchalleOrganisationen -vermehrt auf öffentlichkeitswirksame Kampagnen, insbesondere bei der Kampagne gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg der Wehrmacht" erzeugten sie eine breite Medienwirkung. J Die REP stabilisierten sich unter ihrem unumstrittenen Parteivorsitzenden Schlierer und verstärkten ihre ausländerfeindliche Propaganda. J Die NPD entwickelte sich mit einer verschärften Propaganda gegen das feindliche "System der Kollaborateure" zu einem Auffangbecken für Neonazis und militante Rechtsextremisten; im Gegensatz zu anderen Ländern gab es in NRW keinen nennenswerten Mitgliederzuwachs. J Nahezu alle öffentlichen Aufmarschversuche von Neonazis wurden von der Polizei unterbunden, die jährliche Rudolf-HeßAktion endete 1997 mit einem Fiasko für die Szene. J Intellektuelle Rechtsextremisten der "Neuen Rechten" orientierten sich vereinzelt auf die REP und auf die NPD, um ihre theoretischen Vorstellungen in Parteipolitik umzusetzen. Die Vernetzung Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 der "Neuen Rechten" über Publikationen, Verlage und übergreifende Kontakte nahm zu. J Bei rechtsextremistischen Veranstaltungen und Aufrufen wirkten einzelne Professoren deutscher Hochschulen mit. * Vertrieb und Verbreitung von Musik mit rassistischen, rechtsextremistischen oder gewaltbejahenden Texten in der Skinhead-Szene nahmen zu, wobei auch andere Musikrichtungen als die bisherige Skin-Musik zum Transport der Botschaften eingesetzt wurden. Rechtsextremistische P r o p a g a n d a n a h m z u Die Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda nahm im Laufe des Jahres 1997 stark zu. Revisionistische und fremdenfeindliche Propaganda, vor allem mit starker Ausrichtung gegen den Islam und gegen Moslems, insbesondere gegen Türken und Kurden, war AUFRUF an alle Deutschen zur Notwehr gegen die Überfremdung im Internet und in gedruckter Form festzustellen. Das herausragendste Beispiel in gedruckter Form war der Versand eines "Aufrufs an alle Deutschen zur Notwehr gegen die Überfremdung" ab Herbst 1 9 9 7 . Dieser Aufruf mit einem Umfang von 2 6 DIN A 4 Seiten wurde mindestens in einer Auflage von 60.000 Stück in Tschechien gedruckt und dann nach und nach an verschiedene Zielgruppen bundesweit per Post versandt. Adreßaufkleber wurden mit einer der handelsüblichen Telefon-CDRoms herausgefiltert und erstellt. Der Aufruf war von einer Vielzahl von Personen unterzeichnet, die aus den verschiedensten rechtsextremistischen Gruppen stammen. Bei dieser Mailing-Aktion handelte es sich um den ersten Massenversand derartiger Propaganda, der sich offen an verschiedene bürgerliche ZielDieser Aufruf wurde in einer Auflage von gruppen richtete. mindestens 6 0 . 0 0 0 produziert Die zunehmende Verbreitung verbotener Propaganda schlug sich Fremdenfeindliche zwangsläufig in der Kriminalstatistik nieder. In der Praxis dürfte die und rechtsextremiZuordnung von Propagandadelikten nicht immer zweifelsfrei sein. Der stische Straftaten Anstieg der fremdenfeindlichen Straftaten um 18,3% in Nordrheinnahmen zu Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Westfalen ist um so bedenklicher, weil damit eine neue Tendenz deutlich wird. Nachdem Brandanschlag von Solingen im Jahre 1993 war die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten kontinuierlich zurückgegangen. 1996 war eine Stagnation eingetreten. 1 9 9 7 war erstmals wieder ein Anstieg zu verzeichnen. Der Anstieg der fremdenfeindlichen Delikte in Nordrhein-Westfalen lag unter dem Anstieg auf Bundesebene. Dennoch ist in diesem Bereich verstärkte Aufmerksamkeit geboten. Auch die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten stieg um 8,3%, wobei es sich im wesentlichen um Propagandaund Volksverhetzungsdelikte handelte. Rechtsextremisten Rechtsextremisten versuchten 1997 nachhaltig, die öffentliche Meinung setzen auf öffentzu beeinflussen. Das herausragendste Beispiel für eine rechtsextremistiliche Kampagnen sche Kampagne war die öffentliche Stimmungsmache gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht 1941 -1944", die ursprünglich von der NPD ausging und dann von allen rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen übernommen wurde. Eine besondere Resonanz erhielt diese Kampagne durch die bundesweit beachtete Demonstration von mehr als 4.000 Rechtsextremisten in München im März 1997 und durch öffentliche Erklärungen in Teilen des bürgerlichen Spektrums. Die Ausstellung war bereits seit einigen Jahren in verschiedenen Städten gezeigt worden. Seit März 1997 kam es zu mehreren Kundgebungen von Rechtsextremisten in verschiedenen Städten zu diesem Thema, zuletzt im Februar 1998 in Dresden. Ziel der Kampagnewarund ist es, die Rolle der Wehrmacht im NS-Regime zu relativieren und ihre Rolle als Instrument eines Angriffskrieges und die Verstrickung der Wehrmacht in die verschiedensten NS-Verbrechen zu leugnen. Andere Themen im Jahr 1997 erreichten keine vergleichbare Wirkung (siehe Nr. 1.1.2). Mit derartigen Kampagnen folgen Rechtsextremisten der Strategie der "Neuen Rechten" zur Erlangung "kultureller Hegemonie". Dazu gehört auch, die Umwertung von Begriffen in ihrem Sinne voranzutreiben. Im linksextremistischen Spektrum sind derartige Kampagnen seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil von Bündnissen und von Öffentlichkeitsarbeit. Mit einer Fortsetzung dieser Strategie im Jahr 1998 ist zu rechnen. REP und NPD Bei den Wahlen zur Bürgerschaft in Hamburg im September 1997 behaupteten sich errang die DVU durch eine kommerziell organisierte Materialschlacht mit aggressiver Fremdenfeindlichkeit einen beachtlichen Erfolg und verfehlte nur knapp die 5%-Hürde. Der Wahlerfolg der DVU veran12 Entwicklungen im Extremismus 1997 laßte die REP, ihre Wahlkampfvorbereitung für die Bundestagswahl und ihre ausländerfeindliche Agitation zu verstärken. Wegen des Fehlens eigener Parteistrukturen ist ein bundesweites Antreten der DVU eher unwahrscheinlich. Bei den REP ist der Parteivorsitzende Schlierer als Person anerkannt. Seit Hamburg wuchs allerdings die parteiinterne Kritik an seinem Abgrenzungskurz gegenüber DVU und NPD. Die REP verstärkten im Laufe des Jahres 1997 ihre fremdenfeindliche Ausrichtung und suchten ab Herbst 1997 demonstrativ die Nähe der rechtsextremistischen Parteien aus Frankreich und Belgien "Front National" und "Vlaams Blök". Der Protagonist der "Neuen Rechten", Alfred Mechtersheimer, schwenkte auf eine Linie zur Unterstützung der REP bei den Wahlen ein. Die NPD band auf der anderen Seite des rechtsextremistischen Spektrums zunehmend Neonazis aus verbotenen Organisationen an sich. Gleichzeitig verschärfte sie ihre Propaganda gegen das "System der Kollaborateure" und bekannte sich offen zu verfassungsfeindlichen Zielen. Einen besonderen Aufschwung erlebtdie NPD in Ostdeutschland. In Nordrhein-Westfalen blieb ihre Mitgliederzahl annähernd gleich. Die NPD sieht sich in einem politischen Aufschwung. Die Hamburger Wahlergebnisse waren jedoch mit 0,1 % enttäuschend. Bemerkenswert war und istdie Fähigkeit der NPD, politische Signale für das gesamte rechtsextremistische Spektrum zu setzen, wie z. B. die von ihr begonnene Kampagne gegen die Wehrmachtsausstellung in München. Ein Aufmarsch der NPD zum 1. Mai 1997 in Leipzig wurde verboten. Fürden 1. Mai 1 998 hatdie NPD wiederum angekündigt, für eine Kundgebung aller RechtsexPlakat der NPD-Jugendtremisten in Leipzig zu mobilisieren. Die NPD verfolgt unter organisation JN ihrem Parteivorsitzenden Udo Voigt eine aktionistische und offen rechtsextremistische Politik. Die originäre Neonaziszene stabilisierte sich unter Führung von ca. Neonazis und 20 Aktivisten bundesweit. In Nordrhein-Westfalen verloren die Neo"Junge Nationalnazis durch den Unfalltod von zwei SAF-Aktivisten ihre wichtigsten demokraten" (JN) Verbindungspersonen in der Szene. Neonazis aus NRW beteiligten sich an bundesweiten Aktionen wie der Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung in München, dem fehlgeschlagenen Aufmarsch in Leipzig am 1. Mai 1 9 9 7 und an der jährlichen Rudolf-HeßAktion im August. Die Sternfahrt mehrerer hundert Neonazis anläß13 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 lieh des Heß-Gedenktages endete im Raum Braunschweig-Wolfenbüttel-Königslutter mit einem Fiasko. Der starke Druck durch Polizei und Verfassungsschutz führte bei den Neonazis in Westdeutschland zu einer steigenden Feindseligkeit und Aggressivität gegenüber dem Staat und seinen Organen, ohne daß es bisher zu Gewalttätigkeiten kam. Neonazis setzten ihre Bemühungen um die Sammlung personenbezogener Daten von Polizisten, Staatsanwälten und Richtern fort. Zu einer Veröffentlichung dieser Daten kam es bisher nicht. Das übergreifende Neonazi-Zeitungsprojekt "Berlin Brandenburger-Zeitung" (BBZ) scheiterte. Maßgebend waren vor allem finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten, zudem verstärkten sich die inhaltlichen Auseinandersetzungen zwischen westdeutschen Neonazis und Neonazis aus Ostdeutschland und Berlin. Nach dem Übertritt des leitenden BBZ-Redakteurs in die NPD initiierten westdeutsche Neonazis ein neues Zeitschriftenprojekt mit dem Titel "Zentralorgan" (siehe Nr. 2.2.10). Wegen der engen Verflechtung der Neonazi-Szene mit der Subkultur der Skinheads gibt es nach wie vor ein gewisses Mobilisierungspotential für öffentlichkeitswirksame Aktionen über Mobiltelefone, Nationale Info-Telefone, Mailboxen und das Internet. Die "Jungen Nationaldemokraten" PN) sind nach wie vor ideologisch als neonazistisch einzustufen. Anläßlich der Rudolf-Heß-Aktion 1997 kam es zum Bruch zwischen JN und Neonazis auf Veranlassung des NPD-Parteivorstands. Die NPD sieht sich zwar in der Lage, Neonazis in die Partei aufzunehmen oder an die Partei heranzuführen, eine systematische Zusammenarbeit ihrer Jugendorganisation mit Gruppen aus dem Spektrum der verbotenen Neonazi-Organisationen hielt die NPD-Führung jedoch für zu riskant, da sie ein mögliches Verbot ihrer Jugendorganisation fürchtete. In NRW erzielten die JN keine nennenswerten Fortschritte. Wirkung und Die Wirkung von Ideen der "Neuen Rechten" innerhalb des rechtsVernetzung der extremistischen Spektrums nahm zu. Nach wie vor sind Zeitschriften "Neuen Rechten" wie die "Junge Freiheit", "Nation & Europa" und "Europa Vorn" wichtinahmen zu ge Publikationen, in denen Autoren aus den Parteien und intellektuelle Rechtsextremisten schreiben und zugleich die Vernetzung vorantreiben. Einzelne Protagonisten der "Neuen Rechten" versuchten, auf die Parteien einzuwirken. So engagierte sich Alfred Mechtersheimer für eine Unterstützung der REP als der aussichtsreichsten Partei bei der Bundestagswahl, der Chefideologe des "Deutschen Kollegs", Ober14 Entwicklungen im Extremismus 1997 lercher, trat als Ehrengast beim Bundeswahlkongreß der NPD im Februar 1998 auf. Die Mehrheit der Publizisten und Zeitschriften der "Neuen Rechten" blieb jedoch auf Distanz zu den rechtsextremistischen Parteien; man sieht nach wie vor den Schwerpunkt der eigenen Arbeit darin, die öffentliche Meinung in Deutschland zu beeinflussen, wobei der rechtsextremistische Hintergrund häufig verschleiert wird. 1 9 9 7 beteiligten sich verschiedene Ordinarien an Veranstaltungen Professoren im der Freien Deutschen Sommerakademie. Ein emeritierter Ordinarius rechtsextremistigehört zu den ständigen Mitarbeitern der "Jungen Freiheit", ein anschen Spektrum derer Professor schreibt eine regelmäßige Kolumne. Den "Aufruf an alle Deutschen zur Notwehr gegen die Überfremdung" unterzeichneten 5 Personen mit Professorentitel. Ein weiterer Hochschullehrer nahm am Bundeswahlkongreß der NPD im Februar 1998 teil. Im Vergleich zu der Zahl der Professoren insgesamt bleibt die Zahl derartiger Vorfälle verschwindend gering. Die Umsätze bei der Verbreitung rassistischer und rechtsextremistischer Nachfrage nach Skinmusik nahmen 1997 zu. Bemerkenswert war, daß davon auch Skin-Musik nimmt andere Musikrichtungen als die traditionelle Skin-Musik profitierten. So zu erregte insbesondere die CD "Zillertaler Türken jäger" besonderes Aufsehen, auf der nach deutschen Schlagermelodien einschlägige Texte gesungen werden. Entsprechende Pressungen wurden vornehmlich im Ausland vorgenommen und dann im Inland vertrieben. Die zunehmende Verbreitung von CD-Brennern im privaten Bereich ermöglicht das individuelle Kopieren verbotener CD's. Trotz verschiedener Durchsuchungsaktionen der Polizei gibt es eine starke Nachfrage nach indizierten CD's, die zu hohen Preisen gehandelt werden. 1.1.2 Exkurs: Rechtsextremistische Kampagnenthemen Im Jahr 1997 konnten Rechtsextremisten aller Schattierungen besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, indem sie die öffentliche Auseinandersetzung mit bestimmten Themen kampagnenartig forcierten und gelegentlich mit Schwerpunkten, die ihrer eigenen, rechtsextremistisch motivierten Zielsetzung dienen sollten, dominieren konnten. Themen waren u.a.: * Schutz der Wehrmacht vor angeblicher "Verunglimpfung" durch die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht 1 941-1944" 15 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 J Schutz der Bundeswehr vor angeblicher "Verunglimpfung" nach rechtsextremistischen Vorfällen J die Europäische Union und die Einführung des Euro * Schüren von Ängsten vor dem Islam und den Moslems ü die Rechtschreibreform Kampagne Mit der Kampagne zum Schutz der Wehrmacht vor angeblicher "Verzum Schutz der unglimpfung" durch die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die VerbreWehrmacht vor chen der Wehrmacht 1941-1944" verfolgten Rechtsextremisten das angeblicher Ziel, die Rolle der Wehrmacht zu glorifizieren und das Bild von eiVerunglimpfung nem "sauberen Krieg" zu zeichnen. Höhepunkt war eine von NPD und JN initiierte Demonstration am 1. März 1997 in München unter dem Motto "Unsere Großväter waren keine Verbrecher". Es war den Veranstaltern gelungen, Rechtsextremisten weit über das eigene Spektrum hinaus zu mobilisieren, darunter auch neonazistische Gruppierungen. DVU und REP hatten zwar eine Beteiligung an der Großkundgebung abgelehnt, unterstützten aber ansonsten in ihren Veröffentlichungen das gemeinsame Ziel. Auch der "Neuen Rechten" zuzuordnende Publikationen, so etwa die "Junge Freiheit", bemächtigten sich des Kampagnenthemas. Die "Thule Briefe" des "Thule Seminars" berichteten in ihrer ersten Ausgabe aus April 1997 nahezu euphorisch über die Demonstration, die sie als "die größte nationale Kundgebung seit den Protesten gegen die de fakto Anerkennung der Oder-Neiße Linie als Grenze in den 70er Jahren" würdigten. Kampagne Die Kampagne zum Schutz der Bundeswehr vor angeblicher "Verunzum Schutz der glimpfung" hatte nicht nur das Ziel, die aus der Bundeswehr bekanntBundeswehr gewordenen rechtsextremistischen Vorfälle zwecks politischer Koorvor angeblicher dinatenverschiebung zu bagatellisieren, sondern diente insbesondere Verunglimpfung rechtsextremistischen Parteien auch dazu, sich als solidarische Interessenvertreter bei den Bundeswehrsoldaten anzudienen. Die öffentliche Auseinandersetzung zur Aufklärung der Vorkommnisse wurde als eine im Kontext zur Wehrmachtsausstellung stehende gezielte Kampagne dargestellt, die, so der REP-Bundesvorsitzende Schlierer ("Informationen für Funktionsträger" Nr. 2 vom 1 8. Dezember 1997), "unter dem Vorwand eines angeblichen Kampfes gegen 'Rechtsextremismus 1 geführt" werde. Hintergrund, so beispielsweise die "Junge Freiheit" (Ausgabe 2 / 9 8 ) , sei ein "Kulturkampf", mit dem das "nicht-nationale politische Lager" Soldaten stellvertretend für die "nationalen Interessen" diffamiere. Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 Die mit anhaltender Intensität geführte Kampagne gegen die EinfühKampagne rung des Euro richtet sich bei allen Rechtsextremisten im Kern gegen gegen die die Europäische Union. Der in der Öffentlichkeit stattfindenden DisEinführung kussion über Befürchtungen, mit dem Wegfall der nationalen Wähdes Euro rung könne der bisher erreichte wirtschaftliche Status gefährdet sein, pfropfen Rechtsextremisten zusätzlich die Agitation gegen ein politisch geeintes Europa auf; sie finden damit aber nur wenig Resonanz. Das Thema wird von Rechtsextremisten auch dazu mißbraucht, die parlamentarische Demokratie grundsätzlich in Frage zu stellen. Diesem Zweck dienen - von Rechtsextremisten als erster Schritt zur Beseitigung des Parlamentarismus verstanden - plebiszitäre Forderungen, wie in einer Kolumne von Alfred Mechtersheimer (JF Nr. 16/97) deutlich wird: "... das Volk, das in seiner überwältigenden Mehrheit diese Kunstwährung nicht will, ist bei einer solch elementaren Frage im Parlament nicht vertreten .... Wenn der Parlamentarismus den Volkswillen nicht mehr repräREPUBLIKANER sentiert, dann ist Einmischung von unten demokratische Bürgerpflicht". Fundamentaiismus islamistischer Splittergruppen, aber auch die ReSchüren von ligionsausübung hier lebender Moslems, ist Rechtsextremisten willkomÄngsten vor mener Anlaß, pauschal gegen den Islam insgesamt, besonders aber dem Islam und gegen die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Moslems, vor vor Moslems allem Türken, zu polemisieren, um in der Bevölkerung Befürchtungen hinsichtlich Überfremdung und Gefährdung eigener Kultur zu wekken. Während die "Neue Rechte" hier ein Feld sieht, ihre ethnopluralistischen Ansätze zu formulieren, schürt z.B. der Vorsitzende des REP-Kreisverbandes Mark Ängste durch Ansagetexte über Info-Telefon, indem er gegen Türken, Kurden und Überfremdung durch den Islam agitiert. Volksverhetzenden Charakter hat eine von Unbekannten mit erheblichem finanziellen und organisatorischen Aufwand (Auflage mehr als 60.000) bundesweit per Post verbreitete Broschüre "Aufruf an alle Deutschen zur Notwehr gegen die Überfremdung", in der der Bundesregierung u.a. vorgeworfen wird, durch ihre Ausländer-und Integrationspolitik gezielt "Völkermord" zu betreiben, um das deutsche Volk durch fremde Völker zu ersetzen. Unterzeichner des Aufrufes sind etwa zur Hälfte Personen aus rechtsextremistischen 17 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Splitterorganisationen. An dieser Kampagne beteiligen sich auch christliche Fundamentalisten, die Ängste vor dem Untergang des christlichen Abendlands heraufbeschwören. Kampagne Die Kampagne gegen die Rechtschreibreform fügtsich im Kontext rechtsgegen extremistischer Agitation in die Islamismus-und Eurokampagne insofern die Rechtein, als auch hier ein Angriff auf die kulturelle Eigenheit des deutschen schreibreform Volkes gesehen wird. In diesem Sinne argumentieren etwa besonders massiv die "Deutsche National-Zeitung" sowie die Publikation "Recht und Wahrheit" der "Deutschen Freiheitsbewegung". Der "Junge Freiheit-Kolumnist Mechtersheimer gibt dem Thema zusätzlich eine diffamierende Tendenz, indem er dazu bemerkt PF Nr. 4 7 / 9 7 ) "(es) soll mit einer hirnrissigen Rechtschreibreform der deutschen Sprache der Garaus gemacht werden.... Das paßt alles zu einem Land, in dem sich viele Millionen mit und ohne deutschem (sic) Paß mit einem Multi-Kulti-Radebrech herumschlagen. Sie reden, wie ihnen der Schnabel verwachsen ist". Kampagnen als Die kampagnenartig forcierte Agitation zu Themen der öffentlichen Strategieelement Diskussion ist ein strategisches Instrument, das seit Jahrzehnten von Linksextremisten benutzt wird. Im rechtsextremistischen Spektrum bediente sich in jüngerer Zeit vor allem die "Neue Rechte" dieses Mittels: Öffentlichkeitswirksam wurden bereits 1995 die Kampagne gegen die Bewertung des 8. Mai 1 945 als "Tag der Befreiung" und 1996 die Kampagne gegen die strafrechtliche Verfolgung von Volksverhetzung initiiert. Neu an der Entwicklung des Jahres 1997 ist die thematische Breite der Kampagnen und die Beteiligung des gesamten rechtsextremistischen Spektrums auch über die "Neue Rechte" hinaus. Bei allen Rechtsextremisten war die strategische Zielsetzung erkennbar, bürgerliche Zielgruppen anzusprechen, zu beeinflussen und - mittels vorgetäuschter Gemeinsamkeiten - für im Hintergrund verfolgte extremistische Ziele zu mißbrauchen. Wenn auch die inhaltlichen Ziele von den einzelnen Organisationen und Publikationen mit unterschiedlicher Gewichtung verfolgt wurden und sich auch nicht alle Kampagnenthemen als geeignet erwiesen, bestand doch übereinstimmend die Absicht, öffentlich stattfindende Diskussionen mit extremistisch motivierten Ansätzen zu durchdringen oder gar zu überlagern. Damit haben 1997 erstmals Rechtsextremisten aller Schattierungen eine seit Jahren von der "Neuen Rechten" praktizierte Strategie übernommen, die ursprünglich von dem italienischen Marxisten Antonio 18 Entwicklungen im Extremismus 1997 Gramsci entwickelt wurde. Nach dieser Strategie wird als Voraussetzung für die Übernahme der politischen Vorherrschaft zunächst die Eroberung der kulturellen Hegemonie als Etappenziel angestrebt. Deswegen versuchen Extremisten zunehmend, die eigentlichen politischen Ziele nicht von vornherein offenzulegen und unmittelbar zu verfolgen, sondern zunächst einen schleichenden Veränderungsprozeß in Gang zu setzen, indem * Begriffe umgewertet, U die Grenzen zwischen demokratischen und extremistischen Positionen verwischt, * Themen besetzt, * öffentliche Diskussionen umgedeutet bzw. als Vehikel mißbraucht und * die extremistischen Inhalte möglichst unauffällig transportiert werden. Die rechtsextremistischen Kampagnen dienen genau diesen strategischen Zwecken. 1.2 Entwicklungstendenzen im Linksextremismus und -terrorismus Folgende Entwicklungen waren im Jahre 1997 kennzeichnend für den Linksextremismus und -terrorismus: * Die DKP forderte ihre Mitglieder auf, ihre Zweitstimme der PDS zu geben, obwohl die PDS zunehmend auf Distanz ging. * Die PDS in NRW stagnierte. Sie verstärkte allerdings ihre Bemühungen um eine gezielte Bündnispolitik mit linksextremistischen Parteien und Gruppierungen. * Der militante Linksextremismus verharrte weiterhin ohne politische und organisatorische Perspektiven für die autonome Bewegung. Militanz und Mobilisierungsfähigkeit dieses Spektrums bergen weiterhin Gefahren. * Linksextremisten nahmen auch auf die Anti-Kernkraftkampagne in NRW und auf die Proteste gegen Castor-Transporte zum Brennelement-Zwischenlager in Ahaus Einfluß. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 U Insbesondere für militante Linksextremisten hatte 1997 der Antifaschismus als Aktionsfeld eine herausragende Bedeutung. Daneben fand das Themenfeld Anti-Gentechnik verstärktes Interesse. _J Eine heftige Diskussion um den revolutionären Charakter der PKK spaltete 1997 die Kurdistan-Solidarität des antiimperialistischen Widerstands und beeinträchtigte nachhaltig die Wirksamkeit und die öffentliche Wahrnehmung dieser Kampagne. Der Unterstützerbereich schrumpfte auf einige wenige Kerngruppen. Q Der Einsatz deutscher Kurdistan-Brigadisten bei der PKK im kurdischen Kriegsgebiet wurde öffentlich bekannt. Nach mehrjährigem Einsatz kehrten einige der überlebenden Brigadisten zurück. Die Bundesanwaltschaft führte ein Ermittlungsverfahren gegen Brigadisten und andere Personen des antiimperialistischen Widerstands wegen des Anfangsverdachts auf Bildung einer neuen terroristischen Vereinigung. * Der Prozeß gegen mutmaßliche AlZ-Angehörige begann vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Eine "Antirepressionsgruppe" aus Aachen leistet Solidaritätsarbeit und Prozeßbeobachtung. _l Eine aktive terroristische Gruppierung gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen nicht. Personen des früheren RAF-Umfeldes, des antiimperialistischen Widerstands und des Umfelds der Revolutionären Zellen/Rote Zora beteiligten sich vornehmlich an der Antirassismusund an Anti-Gen-Kampagnen. Kein AufwärtsTrotz der zunehmenden Arbeitslosigkeit und schwerwiegender soziatrend für die ler Probleme gelang es den linksextremistischen Parteien nicht, ihren linksextremistipolitischen Einfluß auszubauen oder gar Resonanz in der Wählerschen Parteien schaft zu erzeugen. Organisatorisch und publizistisch konnten die linksextremistischen Parteien ihre Anliegen nicht über das eigene Spektrum hinaus verbreiten. Die mangelnde Akzeptanz linksextremistischer Konzepte seitdem Zusammenbruch der DDR, insbesondere kommunistischer oder staatssozialistischer Ideologien, hält unverändert an. In Westdeutschland ist nach wie vor die DKP die bedeutendste linksextremistische Partei, sie vermag allerdings kaum öffentliche Wirkung zu erzeugen. Gesamtsituation Die DKP ist organisatorisch weiterhin stabil, jedoch in ihrem Mitglieder DKP derbestand überaltert. Sie diskutierte über ein neues Parteiprogramm, verschloß sich aber einer selbstkritischen Überarbeitung ihrer politi- Entwicklungen im Extremismus 1997 sehen Positionen. An ihrem für die Gesellschaft der Bundesrepublik völlig unattraktiven Weltbild wird sich nichts ändern. Um politische Wirkung zu erzielen, ist sie deshalb weiterhin auf das Zusammenwirken mitanderen Parteien und Organisationen angewiesen. Durch das öffentlich recht erfolgreiche 10. UZ-Pressefest (29. - 3 1 . August 1997 in Dortmund) kam die Partei in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Mit Parteitagsbeschlüssen vom Frühjahr 1997versuchtediePDS, DKPMitglieder von der Kandidatur auf offenen Wahllisten der PDS auszuschließen. Hierauf reagiert die DKP mit einer möglichst hohen Zahl von eigenen Direktkandidaten und der Empfehlung, die Zweitstimme bei der Bundestagswahl der PDS zu geben. Derzeitversuchtdie PDS in Nordrhein-Westfalen, ihre politischen Ziele PDS-Landesvervornehmlich in Aktionsbündnissen-auch mit extremistischen bzw. der band weitet seine militanten Szene zuzurechnenden Gruppen-zu verwirklichen. Durch Aktivitäten aus das Aufgreifen aktueller Themenfelder der Protestbewegungen (z. B. Kernkraft, Sozialabbau) bemühte sie sich, auch bei bürgerlich-demokratischen Organisationen als gleichberechtigter Bündnispartner anerkannt zu werden. Im Landesverband haben auch weiterhin linksextremistische Positionen ihren Platz. Gerade diese sind durch die Wahl von Mitgliedern aus NRW in die jeweiligen Bundesleitungsgremien gestärkt worden. Der Landesverband muß auch weiterhin als Sammelbecken linksextremistischer Bestrebungen angesehen werden, weil * auch weiterhin Extremisten im PDS-Landesverband NordrheinWestfalen an maßgeblicher Stelle mitarbeiten, ein erheblicher Teil der Mitglieder aus linksextremistischen Grup- * pierungen stammt oder noch in extremistischen Gruppierungen aktiv ist, in Mitteilungsblättern des Landesverbandes extremistische Posi- * tionen vertreten werden, * der Landesverband weiterhin mit linksextremistischen Parteien und Gruppierungen - auch des gewaltbereiten Spektrums - zusammenarbeitet. Viele Gruppen sind mit internen Problemen beschäftigt und leiden Aktionsfelder unter einer Mobilisierungsschwäche. In NRW kam es 1997 nur zu militanter wenigen spektakulären militanten Aktionen. Auf der Bundesebene hat Linksextremisten 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 sich demgegenüber die Hauptstadt Berlin zu einem politischen Brennpunkt entwickelt. Das Aktionsfeld Antifaschismus hat weiterhin als verbindendes Element für alle Linksextremisten einen besonderen Stellenwert. Von Links-Rechts-Konfrontationen gehen weiter Gefahren für die öffentliche Sicherheit aus. Es kam zu etlichen Denunzierungen und Gewaltaktionen gegen echte oder vermutliche Rechtsextremisten. Der Antifaschismus dient als verbindendes politisches Element autonomer Gruppen und überdeckt das Fehlen politischer Perspektiven. 1997 kam es in NRW zu mehreren Demonstrationen mit mehreren hundert Autonomen. In Nordrhein-Westfalen haben die Protestegegen die Castor-Transporte nach Ahaus sehr schnell an Dynamik gewonnen. An der Organisierung des Widerstandes und an Aktionen beteiligten sich auch linksextremistische Gruppierungen und Personen. Sie sehen in den Castor-Transporten den anfälligsten Teil des sogenannten Atomprogramms und dabei die Möglichkeit, durch einen breiten und militanten Widerstand den Staat herauszufordern. Seit dem 3. Castor-Transport nach Gorleben im März 1997 konzentrierte sich die autonome Szene nahezu bundesweit auf einen bevorstehenden Castor-Transport in das Brennelement-Zwischenlager Ahaus. Die örtliche - nicht extremistische - Bürgerinitiative organisierte den Widerstand unter Tolerierung von militanten linksextremistischen Gruppen. Der jrsprüngliche Aufruf der Bürgerinitiative zu Flugblatt gegen Castor-Transport gewaltlosen Aktionen wurde nach heftiger Kritik von autonomen Gruppen durch einen Beipackzettel ergänzt, mit dem auch gewaltsame Aktionen in die akzeptierten Widerstandsformen einbezogen wurden. Der endgültige Aufruf von Bürgerinitiative und Autonomen vom Dezember 1997 bekräftigte ausdrücklich das gleichberechtigte Nebeneinander von friedlichen Demonstrationen und von Sabotageaktionen. Die verschiedenen Ermahnungen des nordrhein-westfälischen Innenministers auf eine Distanzierung des bür22 Entwicklungen im Extremismus 1997 gerlichen Widerstands von autonomen Gewalttätern blieben ohne Erfolg. An dem in der Gesellschaft kritisch diskutierten Thema Gentechnik haben auch Linksextremisten deutliches Interesse gezeigt. Bislang blieben aber ihre Mobilisierungsversuche hinter den Erwartungen zurück. Im Laufe des Jahres 1997 kam es zu verschiedenen Aktionen militanter Anti-Gen-Gruppen. Die bisher festgestellten Gruppen mit extremistischer Zielsetzung befinden sich in Aachen, Köln, Essen, Bochum und Bielefeld. Die politisch aktiven Teile des früheren terroristischen Umfelds defiAntiimperialistinieren sich als antiimperialistischer Widerstand. Derantiimperialistischerwiderstand sche Widerstand organisierte sich bisher bundesweit vor allem in ohne organisatoGruppierungen der Kurdistan-Solidarität zur Unterstützung der PKK. rische Fortschritte Darüber hinaus gab es örtlich und regional beschränkt andere Organisierungsversuche ohne nennenswerte Resonanz. Trotz der mangelnden Erfolge bei der eigenen Organisierung verstärkte sich die antiimperialistische Ausrichtung in der autonomen Szene. Das bisher starke Engagement antiimperialistischer Gruppen für die PKK erlitt 1997 einen starken Rückschlag. Seit Anfang 1997entwikkelte sich eine heftige Diskussion, ob die PKK einen revolutionären Charakter habe. Kritisiert wurde u.a. Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, totalitäre Binnenstruktur und die Kontakte mit deutschen staatlichen Stellen. Die verbliebene Kurdistan-Solidarität beschränkt sich auf die Informationsstelle Kurdistan in Köln und auf einige mit dieser verbundene Gruppen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Gruppen bei ihrer bedingungslosen Unterstützung der PKK verbleiben oder ob sie sich Schritt für Schritt anderen Themenfeldern zuwenden. 1.3 Entwicklungstendenzen im Ausländerextremismus * Die PKK hält an ihrem gewaltfreien Verhalten in Europa fest ü DHKP-C bleibt gewalttätig * Islamismus - Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke Die "Friedensphase" der PKK und der ihr zuzurechnenden OrganiDie PKK hält an sationen in der Bundesrepublik und in Europa hat sich 1997 weiter ihrem gewaltgefestigt. Auch im vierten Jahr nach dem Betätigungsverbot ist die PKK freien Verhalten in ihrer Handlungsfähigkeit nicht wesentlich geschwächt. Obwohl aus in Europa fest 23 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Angst vor Entdeckung der notwendige organisatorische Aufwand durch konspiratives Verhalten größer geworden ist, ist die Organisation stets bemüht, durch eine effektivere Organisation (andere räumliche Aufteilungen, Bildung sinnvollerer Hierarchien) ihre Parteiarbeit zu verbessern. Die PKK und insbesondere ihr Generalsekretär Abdullah Öcalan scheinen erkannt zu haben, daß die jahrelang von ihnen praktizierte Doppelstrategie mit gewalttätigen Ausschreitungen und anschließenden Friedensangeboten in Europa nicht zum Erfolg führen kann. Gewaltaktionen in der Öffentlichkeit sind 1 9 9 7 nicht bekannt geworden. Auf der Grundlage des Betätigungsverbots ergangene Veranstaltungsverbote wurden eingehalten. Gleichzeitig haben sich Anhänger und Sympathisanten der PKK bei der Teilnahme an kurdischen Veranstaltungen friedlich verhalten. Anders als bei ähnlichen Anlässen in den Vorjahren kam es bei den Großdemonstrationen am 2 6 . April 1997 in DüsselJoin the dorf und am 6. September 1997 in Köln mit winning side bis zu rund 7 0 . 0 0 0 Teilnehmenden wie auch bei sämtlichen anderen traditionellen Demonstrationen von Kurden zum Newroz-Fest zu keinen Ausschreitungen. Die am 14. Mai 1997 begonnene militärische Operation (weitere folgten am 20. September undo. Dezember 1997) der türkischen Armee gegen Stützpunkte der PKK im Nord-Irak führte zwar auch über Wochen zu zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen von Kurden unter Beteiligung von PKK-Aktivisten und Sympathisanten im Inland und im europäischen Ausland, diese verliefen jedoch alle friedlich. Der Gewaltverzicht stößt innerhalb der PKK auch weiterhin nicht nur auf Zustimmung. Nach wie vor gewaltbereite Aktivisten und Funktionäre sind von dem Nutzen der neuen Linie nicht überzeugt. Sie halten auch gewaltPlakat zum geplanten Friedenszug "Musa tätige und spektakuläre Aktionen für notwenAnter" des "Appell von Hannover" dig, um auf die Lage in Kurdistan aufmerksam zu machen. 24 Entwicklungen im Extremismus 1997 Im Zusammenhang mit der Absage des Friedenszuges "Musa Anter" Ende August 1 9 9 7 wurde in PKK-Kreisen ernsthaft diskutiert, ob den Deutschen an einem friedlichen Verhalten der Kurden in Deutschland überhaupt gelegen sei oder ob man gar bewußt radikales Verhalten provozieren wolle. Tatsächlich war festzustellen, daß die Stimmung an der Basis aufgrund der "Blockierung des Friedenszuges" dazu geführt hat, daß die Hardliner wieder an Boden gewinnen konnten. R e v o l u t i o n ä r e V o l k s b e f r e i u n g s p a r t e i - F r o n t (DHKP-C, f r ü h e r Devrimci Sol) seit T 9 8 3 v e r b o t e n Zu den gefährlichsten türkischen extremistischen Gruppierungen gehört weiterhin die DHKP-C. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der DHKP-C als Mehrheitsflügel der verbotenen Devrimci Sol und dem Oppositionsflügel THKP-C setzten sich 1997 fort. Die DHKP-C versuchte, ihren Alleinvertretungsanspruch als "rechtmäßige" Nachfolgerin der Devrimci Sol durchzusetzen. Von den mehr als 1 Milliarde Muslimen gehören etwa 9 0 % der sunIslamismus - nitischen Glaubensrichtung an, etwa 10% sind Schiiten. InstrumentalisieIm Islam gibt es - wie in allen großen Weltreligionen - Randströmunrung der Religion gen, die gemeinhin als fundamentalistisch bezeichnet werden. Innerfür politische halb dieser Strömungen spricht man von Islamismus, wenn religiöse Zwecke Argumente benutzt werden, um politische Ziele zu begründen. Der schiitische Islamismus orientiert sich an dem von Khomeini eingeführten iranischen Staatskonzept und ist im wesentlichen auf die Herkunftsländer Iran, Irak und Libanon beschränkt. Die älteste islamistische Strömung des modernen politischen Islam sunnitischer Prägung ist die 1929 von Hassan Al Banna in Ägypten begründete Muslimbruderschaft. Deren Schriften sind auch heute noch die Basis fürdie religiös-politischen Grundsätze, auf denen Islamisten aufbauen. Obwohl türkische islamistische Organisationen durch andere geschichtliche und gesellschaftliche Entwicklungsfaktoren geprägt worden sind als die arabische Muslimbruderschaft, stimmen die Ziele weitgehend überein. Die Ideologie beruht auf folgenden Grundvorstellungen * theokratische Staatsund Gesellschaftsdoktrin * doktrinäres Islamverständnis (rückwärtsgewandt) * Koran als Richtschnur für alle Lebensbereiche. 25 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Basierend auf dieser Islaminterpretation, die als die allein "wahre" und verbindliche vorgegeben wird, propagieren islamistische Organisationen die Einheit von Religion und Staat. Diesem Absolutheitsanspruch haben sich nicht nur die religiösen, sondern auch die politischen, rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entscheidungen unterzuordnen. Die Bestrebungen dieser Organisationen sind vorrangig darauf gerichtet, in den muslimischen Heimatländern die Anwendung des islamischen Gesetzes (Scharia) durchzusetzen und einen Gottesstaat zu errichten. Fernziel der meisten dieser Gruppen ist die weltweite Islamisierung. Die Bandbreite der Strategien zur Durchsetzung dieser Ziele reicht vom religiös-politisch motivierten Kampf ohne Gewalt und mit legalen Mitteln (z. B. Islamische Gemeinschaft Milli Görüs - IGMG) über Gewalt legitimierende Agitation (z. B. Kaplan-Verband) bis zur konkreten Unterstützung von Terroraktionen (z. B. HAMAS, Hizb-Allah, GIA). Für die Beobachtung islamistischer Organisationen durch die Verfassungsschutzbehörden sind drei Rechtsgrundlagen maßgebend: * Die Bestrebungen richten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland (SS 3 Abs. 1 Nr. 1 V S G N W ) . Dies ist z. B. bei der größten in Deutschland tätigen islamistischen Organisation IGMG der Fall. Ihre Zielgruppe sind Muslime türkischer Herkunft, die auf Dauer in Deutschland leben. Für sie sollen an der Scharia orientierte Minderheitenrechte durchgesetzt werden, die sowohl eine Einschränkung der in unserer Verfassung vorgesehenen Grundrechte bedeuten, als auch eine Selbstausgrenzung der Muslime aus der pluralistischen Gesellschaftsordnung bezwecken. * Die Bestrebungen gefährden durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland (SS 3 Abs. 1 Nr. 3 V S G N W ) . Diese Voraussetzung liegt bei islamistischen Gruppen vor, die von Deutschland aus Bestrebungen unterstützen, die politischen Verhältnisse in anderen Staaten mit Gewalt oder Terror zu verändern. * Die Bestrebungen und Tätigkeiten richten sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker (SS 3 Abs. 1 Nr. 4 VSG N W ) . 26 Entwicklungen im Extremismus 1997 Diese Voraussetzung wird ebenfalls von der IGMG erfüllt, die in der Vergangenheit in Schriften und Reden ihrer Funktionäre die Juden in diskriminierender Weise darstellte. 1.4 Mitglieder in extremistischen Organisationen Rechtsextremismus Die Mitgliederzahl der rechtsextremistischen Organisationen und Gruppierungen (einschließlich rechtsextremistischer Skinheads) betrug Ende 1997 in Nordrhein-Westfalen unverändert ca. 5 . 5 0 0 . Bei M i t g l i e d e r z a h l e n d e r wichtigsten O r g a n i s a t i o n e n u n d G r u p p i e r u n g e n i m Rechtsextremismus (einschl. rechtsextremistischer S k i n h e a d s ) in N R W 1 9 9 7 u n d 1 9 9 6 Organisationen / Gruppierungen 1997 1996 DVU (einschl. DVU e.V. und "Aktionsgemeinschaften") 2.300 2.300 REP 1.700 1.700 DLVH 120 140 NPD 600 600 JN 80 80 Neonazis 150 160 Militante Rechtsextremisten (einschl. rechtsextremistischer Skinheads) 460 400 Sonstige 300 300 Doppelmitgliedschaften -200 -210 Summe 5.510 5.470 Bei allen Mitgliederzahlen handelt es sich um ungefähre, teilweise geschätzte Angaben. den traditionellen Neonazis treten Überschneidungen mit militanten Rechtsextremisten, den "Jungen Nationaldemokraten" und den Sonstigen auf, die durch Abzug von Doppelmitgliedschaften berücksichtigt werden. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Linksextremismus Die Mitgliederzahl der wichtigsten linksextremistischen Parteien und Gruppierungen betrug 1997 in NRW rund 4 . 7 9 0 . Diese Zahl ist gegenüber dem Stand von 1996 aufgrund von Verlusten bei der PDS leicht gesunken. Mitgliederzahlen der wichtigsten Organisationen u n d G r u p p i e r u n g e n i m Linksextremismus 1 9 9 7 und 1 9 9 6 Organisationen, Gruppierungen 1997 1996 Militante Linksextrem sten/Autonome 950 950 DKP 2.100 2.100 PDS 540 590 MLPD 600 600 VSP unter 100 unter 100 Sonstige 500 500 Summe 4.790 4.840 Bei allen Mitgliederzahlen handelt es sich um ungefähre, teilweise geschätzte Angaben. Ausländerextremismus Die Zahl der Mitglieder extremistischer Ausländer-Organisationen lag in Nordrhein-Westfalen 1997 mit rund 1 6 . 0 0 0 nur wenig höher als 1996. Gemessen an den rund zwei Millionen in Nordrhein-Westfalen lebenden Ausländern blieb der Anteil der Mitglieder extremistischer Ausländer-Organisationen mit 0,8 % gering. Bei den Mitgliedern dieser Organisationen handelt es sich nur teilweise um gewaltorientierte Personen. Aus aktuellen politischen Anlässen gelingt es den extremistischen Ausländer-Organisationen allerdings immer wieder, über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus in beträchtlichem Umfang Sympathisanten zu mobilisieren. Entwicklungen im Extremismus 1997 M i t g l i e d e r z a h l e n d e r wichtigsten O r g a n i s a t i o n e n u n d G r u p p i e r u n g e n extremistischer A u s l ä n d e r in N R W 1 9 9 7 u n d 1 9 9 6 Organisationen, Gruppierungen 1997 1996 ICCB 600 600 IGMG 7.500 7.500 ATF (bisher: ADÜTDF) 2.000 2.000 DHKP-C 300 300 TKP/ML 600 600 MLKP 250 250 PKK 2.000 1.900 NWRI 320 300 Hizb-Allah 300 300 LTTE 220 200 Sonstige (div. kleinere Gruppiert ingen) ca. 2.000 ca. 2.000 Summe 16.090 15.950 Bei allen Mitgliederzahlen handelt es sich um ungefähre, teilweise geschätzte Angaben. 1.5 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten 1.5.1 Rechtsextremistische und fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten Fremdenfeindliche S t r a f t a t e n Im Jahr 1 9 9 7 registrierte das Landeskriminalamt NRW (LKA) 6 5 2 (1996:551 ) fremdenfeindliche Straftaten. Das ergibt einen Anteil von 24,1 % am Gesamtaufkommen der politisch motivierten Straftaten. Der Schwerpunkt dieser Delikte lag mit 298 Fällen bei Volksverhetzungen (erfaßt unter "Sonstige Delikte") sowie bei Verstößen gegen SSSS 8 6 , 86a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln bzw. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) mit 1 10 Fällen. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten in NRW 1992 bis 1997 Straftaten insgesamt davon Gewalttaten Die Zahlen sind bereinigt worden. Aus den Gewaltdelikten wurden aus Gründen der Vergleichbarkeit die gewalttätigen Sachbeschädigungen herausgenommen. Nach hohen Ausschlägen bei den fremdenfeindlichen Strafund Gewalttaten in den Jahren 1992 (Brandanschläge in Rostock und Mölln) und 1.993 (Brandanschlag in Solingen) war bis 1996 ein kontinuierlicher Rückgang zu verzeichnen. Erstmals im Jahr 1997 sind die fremdenfeindlichen Strafund Gewalttaten wieder angestiegen. E n t w i c k l u n g in d e n D e l i k t g r u p p e n Die fremdenfeindlichen Straftaten verteilen sich in den Jahren 1993 bis 1997 folgendermaßen auf die einzelnen Deliktgruppen: 30 Entwicklungen im Extremismus 1997 Differenz Deliktgruppen \ 997 1996 1995 1994 1993 in % 97/96 Tötungsdelikte ? 2 1 2 7 -1 - Körperverletzungsdelikte 82 72 98 143 264 10 13,9 Brandanschläge/Sprengstoffdelikte 3 4 10 11 70 -1 -25,0 Landfriedensbruchdelikte 0 * 0 0 1 -1 - Zwischensumme 86 79 109 156 342 7 8,9 Gewalttaten Sachbeschädigungen 34 31 46 96 271 3 9,7 Verstöße gegen SSSS 86, 86a StGB* 110 87 104 184 469 23 26,4 Bedrohungen/Nötigungen 56 70 95 185 557 -14 -20,0 Sonstige Delikte 366 284 300 417 746 82 28,9 darunter Volksverhetzungen 298 264 34 12,9 Summe 652 55) 654 1.038 2.385 101 18,3 *beinhaltet Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Ab 1 9 9 7 werden Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendungen nicht mehr den Gewalttaten zugerechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde auch die Zahl der Gewalttaten in 1996 entsprechend bereinigt. Bewertung Der relativ starke Anstieg fremdenfeindlicher Straftaten um 1 8,3% von 551 auf 652 Fälle beruht in erster Linie auf einem Anwachsen der sog. Propagandadelikte. Die Zahl der Verstöße gegen SSSS 86, 86a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) erhöhte sich um 26,4% von 87 auf 110. Gleichzeitig nahm auch die Zahl der Volksverhetzungen von 264 auf 298 deutlich zu - das entspricht einem Anstieg um 12,9%. Das starke Anwachsen der unter "Sonstige Delikte" aufgeführten Straftaten ist außerdem auf den hohen Anteil der Beleidigungen (1997: 47) zurückzuführen. Auch im Bereich fremdenfeindlicher Gewaltdelikte ist ein leichter Anstieg um 8,9% von 7 9 auf 86 Fälle zu verzeichnen. Ursache hierfür ist die Zunahme der Körperverletzungsdelikte um 1 3,9% von 72 auf 82 Fälle. Die Zahl der übrigen Gewaltdelikte ist leicht zurückgegangen. Bei dem Tötungsdelikt handelt es sich um ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung gegen zwei Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 1 8jährige Jugendliche. Am 21. Juni 1997 war ein Brandanschlag auf ein Asylbewerberwohnheim in Recklinghausen verübt worden. Personen kamen nicht zu Schaden. Rechtsextremismus (ohne fremdenfeindliche Straftaten) Bei den im Jahr 1997 bekanntgewordenen 1.1 29 Straftaten (1996: 1.042) mit tatsächlichem oder vermutetem rechtsextremistischem-/ antisemitischem Hintergrund handelte es sich überwiegend (rund 90%) um Verstöße gegen die SS SS 86 und 86a StGB sowie Delikte gem. SS 1 30 StGB (Volksverhetzung). Gemessen an der Gesamtzahl aller politisch motivierten Straftaten beträgt der Anteil der rechtsextremistischen Straftaten 41,7%. Rechtsextremistisch motivierte Straftaten (ohne fremdenfeindliche Straftaten) Straftaten 1997 1996 Differenz in% 96/97 Tötungsdelikt 1 0 1 - Körperverletzungsdelikte 29 27 2 - Landfriedensbruchdelikte 2 1 1 - Zwischensumme Gewalttaten 32 28 4 14,3 Sachbeschädigungen 16 26 -10 -38,5 Nötigungen/Bedrohungen 26 25 1 4,0 Verstöße SSSS 86, 86a StGB 866 700 166 23,7 Volksverhetzungen 150 179 -29 -16,2 sonstige Delikte 39 84 -45 -53,6 Gesamt 1.129 1.042 87 8,3 darunter gegen den politischen Gegner 9 19 -10 -52,6 darunter mit antisemitischer Motivation 163 137 26 18,9 A b 1 9 9 7 werden Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendungen nicht mehr den Gewalttaten zugerechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde auch die Zahl der Gewalttaten in 1 9 9 6 entsprechend bereinigt. Für 1996 wurden im Verfassungsschutzbericht des Landes N R W nur die Zahlen über politisch motivierte Gewalttaten veröffentlicht. 32 Entwicklungen im Extremismus 1997 Bewertung Die zunehmende Verbreitung rechtsextremistischer Propaganda schlug sich deutlich mit einem Anstieg entsprechender Delikte nieder. Der Anstieg im Bereich rechtsextremistischer Straftaten (ohne fremdenfeindliche Straftaten) um 8,3% von 1.042 auf 1.129 Fälle ist ganz überwiegend auf einen Anstieg der Verstößegegen die SSSS 86, 86a StGB um rund 24% von 7 0 0 auf 8 6 6 Fälle zurückzuführen. Die Gewaltdelikte sind demgegenüber nur leicht um 4 Fälle von 28 auf 32 angestiegen, ursächlich hierfür sind ein Tötungsdelikt (1996: 0), 2 Landfriedensbruchdelikte (1 ) und 2 9 Körperverletzungsdelikte (27). Die Straftaten gegen den politischen Gegner sind um 5 2 , 6 % von 1 9 in 1 9 9 6 auf 9 in 1997 zurückgegangen. Dagegen sind die Straftaten mit antisemitischer Motivation um 1 8,9% von 1 37 in 1996 auf 163 in 1997 angestiegen. Hauptanteil daran haben allerdings die sog. Kennzeichendelikte (SSSS 8 6 , 86a StGB) und Delikte gem. SS 130 StGB (Volksverhetzung). Sie machen mit einer Anzahl von 1 36 rund 83% der Fälle aus. Allein 22 Fälle resultieren aus dem Versand einer aus Belgien eingeführten revisionistischen Broschüre zum Thema "Die Goldhagen-Spielberg-Lügen", mit der die Darstellungen der Judenvernichtung des Historikers Goldhagen ( Buchtitel "Hitlers willige Vollstrecker") und des Filmregisseurs Spielberg ("Schindler's Liste") angegriffen werden (siehe Nr. 2.6.3). Bei dem Tötungsdelikt handelt es sich um ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags gegen einen 22jährigen Mann (nach eigenen Angaben ehemaliges NF-Mitglied). Der Täter hatte am 16. März in Wuppertal aus Rache wegen einer Beleidigung durch eine Gruppe Skinheads und Hooligans eine Personengruppe angegriffen, die dem äußeren Anschein nach der Skinhead-Szene angehörte. Dabei schlug er mit einem Baseball-Schläger derart hart auf den Kopf des Opfers, daß der Schläger zerbrach und das Opfer schwere Kopfverletzungen erlitt. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 RechA(r)sexfemistiscrie Straf-und Gewalttaten 1997/1996 (ohne f renxienf eindliehe Straftaten) 1997 1996 ; Straftaten insgesamt M gegen SSSS 8 6 , 8 6 a StGB | Volks/erhetzung | gegen den politischen Gegner | mitantisemitischer Motivation | Gewalttaten 1.5.2 Linksextremistische Strafund Gewalttaten Von den im Jahr 1997 registrierten 2 5 6 linksextremistischen Straftaten sind den Themenkomplexen "Antifaschismus" 8 0 Straftaten und "Castortransporte" 6 4 Straftaten zuzuordnen. Bei beiden Deliktskomplexen überwiegen die Sachbeschädigungen ("Antifaschismus" = 36 Fälle, "Castortransporte" = 22 Fälle). Der Anteil linksextremistischer Straftaten am Gesamtaufkommen der politisch motivierten Straftaten beträgt 9,5%. Im Zusammenhang mit Konfrontationen mit den politischen Gegnern von "Rechts" sind 63 Straftaten gemeldet worden. Auch hierbei überwiegt der Anteil der Sachbeschädigungen mit insgesamt 32 Fällen. Linksextremistisch motivierte Gew alttaten in N RW 1997/1996 1997 1996 Gewalttaten insgesamt I Tötungsdelikte Körperverteizungsdelikte I Brafid-/Sp!enasto(tdetikte | Landfriedensbrucbdeükte | GefehHche Eingriffe in den Bahwerkehr Entwicklungen im Extremismus 1997 Linksextremistisch motivierte S t r a f t a t e n Straftaten 1997 1996 Differenz in% 96/97 Tötungsdelikt 0 0 . - Körperverletzungsdelikte 10 10 - - Brand-/Sprengstoffdelikte 2 4 -2 -50,0 Landfriedensbruchdelikte 7 5 2 40,0 Gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr 8 17 -9 -52,9 Zwischensumme Gewalttaten 27 36 -9 -25,0 Sachbeschädigungen 101 * Bedrohungen/Nötigungen 6 * Störungen des öffentlichen Friedens 30 * Beleidigungen 9 * sonstige Delikte 83 * Gesamt 256 * darunter gegen den politischen Gegner 63 * Ab 1 9 9 7 werden Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendungen nicht mehr den Gewalttaten zugerechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde auch die Zahl der Gewalttaten in 1996 entsprechend bereinigt. Für 1 9 9 6 wurden im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW nur die Zahlen über politisch motivierte Gewalttaten veröffentlicht. * Entsprechende Vergleichszahlen aus dem Jahr 1 9 9 6 sind nicht verfügbar. Bewertung Die Zahl der linksextremistisch motivierten Gewalttaten ist im Vergleich zu 1996 um 25% von 36 auf 2 7 gesunken. Diese Tendenz beruht auf einem Rückgang der Brandund Sprengstoffdelikte von 4 auf 2 und der gefährlichen Eingriffe in den Bahnverkehr von 17 auf 8. 1.5.3 Ausländerextremistische Strafund Gewalttaten Von den im Jahr 1997 bekanntgewordenen 545 Straftaten aus dem Bereich des Ausländerextremismus entfallen 502 Straftaten (92,1 %) auf den türkischen/kurdischen Extremismus. Von den dazu ermittelten Tatverdächtigen werden 5 4 % der PKK und 38% der DHKP-C zu- Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 gerechnet. Der Anteil der im Bereich des Ausländerextremismus verübten Straftaten beträgt 20,2% am Gesamtaufkommen der politisch motivierten Straftaten. Im Jahr 1997 waren keine gewalttätigen Auseinandersetzungen zu verzeichnen, die mit den Ereignissen anläßlich einer verbotenen Großdemonstration mit PKK-Bezug in Dortmund vom 16. März 1996 vergleichbar sind. So ist der statistische Rückgang um 89% zu erklären. A u s l ä n d e r e x t r e m i s t i s c h motivierte S t r a f t a t e n 1997 Differer": in % Straftaten 1 9 9 6 1995 1994 97/96 Tötungsdelikte 1 5 0 6 -4 -80,0 Körperverletzuogsdelikte 22 80 34 30 -58 -72,5 Brand-/Sprengstoffdelikte 1 45 73 10 -44 -97,8 Landfriedensbruchdelikte 2 106 191 0 -104 -98,1 Zwischensumme Gewalttaten 26 236 298 46 -210 -89,0 Sachbeschädigungen 28 * * * Bedrohungen/Nötigungen 31 * * * Erpressungsdelikte 16 * * * Verstöße gegen das Vereinsgesetz 393 * * * Sonstige Delikte 51 * * * Gesamt 545 * * * A b 1 9 9 7 werden Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendungen nicht mehr den Gewalttaten zugerechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde auch die Zahl der Gewalttaten der Vorjahre entsprechend bereinigt. In den Verfassungsschutzberichten der Vorjahre wurden nur die Zahlen über politisch motivierte Gewalttaten veröffentlicht. * Entsprechende Vergleichszahlen sind nicht verfügbar. 1.5.4 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten insgesamt Im Jahr 1 9 9 7 registrierte das LKA NRW insgesamt 2.704 politisch motivierte Strafund Gewalttaten. Der größte Anteil entfiel dabei auf rechtsextremistische, gefolgt von fremdenfeindlichen Straftaten, der - mit Abstand - geringste Anteil auf linksextremistische Straftaten. 36 Entwicklungen im Extremismus 1997 Fblitisch motivierte Straftaten in NR/V 1997 Fremdenfeindliche Straftaten I Fechtsextremismus (ohne fremdenfeindliche Strafte ten) I Unksextremismus | Auäänderexfremisnus Sonstige bzw. unklare Mo f via gen Bewertung Auch die Gegenüberstellung aller politisch motivierten Straftaten ergibt mit einer Anzahl von 9 8 0 Verstößen gegen die SS SS 8 6 und 86a StGB und 453 Volksverhetzungen (SS 1 30 StGB) ein deutliches Übergewicht bei den sog. Propagandadelikten. Das entspricht im Verhältnis zur Gesamtzahl von 2.704 Delikten einer Quote von rund 53%. Auch die 7ahl der Verstöße gegen das Vereinsgesetz ist mit 394 Fällen, von denen 393 ausländerextremistisch motiviert sind, ein beträchtlicher Faktor. Hierbei geht es im wesentlichen um Unterstützungshandlungen bei der Weiterbetätigung verbotener Vereine. So haben Anhänger der verbotenen PKK durch Aktionen mit PKK-Fahnen und -Transparenten unterstützend gewirkt. Deutlich zurückgegangen gegenüber 1996 ist die Zahl der politisch motivierten Gewaltdelikte. Die Anzahl sank von 379 auf 171 und durchzieht alle Deliktbereiche von den Tötungsdelikten bis zu gefährlichen Eingriffen in den Bahnverkehr (siehe Tabelle Zeilen 2-6). Die Gewaltdelikte machen rund 6,3 % der Gesamtzahl aller politisch motivierten Straftaten aus. Während jedoch die fremdenfeindlichen und rechtsextremistischen Gewalttaten um 8,9% bzw. 14,3% zugenommen haben, ist bei den linksextremistischen Gewalttaten eine deutliche Abnahme um 25%, bei den von Ausländerextremisten verübten Gewalttaten sogar ein Rückgang um 89% zu verzeichnen. Dieser Rückgang ist nur durch die hohe Zahl von Taten im Jahr 1996 zu erklären, als es zu Ausschreitungen auf verbotenen Demonstrationen der PKK gekommen war. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Alle politisch motivierten Strafund Gewalttaten nach Motivbereichen 1 9 9 7 (1996 in Klammern) darunter darunter AusFremdenRechtsdarunter gegen Unksgegen tänderSonDeiiktbereiche fein d l c b e extremisAntisepolitiextremispolitiGesamt extremtsstige Straftaten mus mitismus sche mus sche mvs Geg ner Gegner 1 1 0 0 0 0 1 0 3 Tötungsdelikte (einschl. Versuche) 12) (0! (0) (0) (0) (0) (5) (0) (7) 82 29 2 1 10 8 22 0 143 Körperverletzungen (72) (27) (3) (13) (10) (6) (80) (0) (189) 3 0 0 0 2 1 1 0 6 Bran aVSp re ngstoffd el i kte (4) (0! (0) (0) !4) (3) (45) (0) (53) 0 2 0 1 7 2 2 0 11 Landfriedensbruchdelikte (1) (1) (0) (0) (2) (106) (0) (113) Gefährliche Eingriffein den 0 0 0 0 8 0 0 0 8 Bahnverkehr etc. (0) (0) (0) (0) (17) (0) (0) (0) (17) 86 32 2 2 27 11 26 0 171 Zwischensumme Gewaltdelikte (79) (28) (3) (13) (36) (236) (0) (379) Erpressungen 0 0 0 0 0 0 16 0 16 Sachbeschädigungen 34 16 5 1 101 32 28 0 179 Widerstandshandlungen 0 0 0 0 1 0 6 0 7 Verstöße gegen SSSS 8 6 , 8 6 a StGB 110 866 40 3 4 2 0 0 980 Verstöße gegen das 0 0 0 0 24 1 16 0 40 Versammlungsgesetz Verstöße gegen das Vereinsgesetz 0 0 0 0 1 0 393 0 394 Bedrohungen/Nötigungen 56 26 7 1 6 3 31 71 190 Störung des öffentlichen Friedens 0 0 0 0 30 1 0 15 45 Beleidigungen 47 4 2 0 9 8 2 27 89 Volksverhetzungen 298 150 96 1 2 0 3 0 453 Sonstige Straftaten 21 35 1 1 1 51 5 24 9 140 insgesamt 652 1.129 163 9 256 63 545 122 2.704 Anteil i n % 24,1 41,7 9,5 20,2 4,5 Um eine Vergleichbarkeit mit den Zahlen des Verfassungsschutzberichtes N R W 1 996herzustellen, sind die Gewaltdelikte gesondert ausgewiesen. Zu den übrigen Straftaten können Vergleichszahlen aus dem Jahr 1996 nicht angegeben werden. Sonstige bzw. unklare Motivlagen Bei 122 bekannt gewordenen politisch motivierten Straftaten lagen keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine eindeutige Zuordnung zu konkreten Bereichen vor. Ihr Anteil am Gesamtaufkommen aller poli38 Entwicklungen im Extremismus 1997 tisch motivierten Straftaten beträgt 4,5%. Hauptsächlich handelt es sich um Delikte wie Bedrohungen/Nötigungen mit 71 Fällen sowie Beleidigungen mit 27 Fällen. Vielfach wurden hierbei anonyme Drohanrufe/ -schreiben gegen Bundesbzw. Landespolitiker gerichtet. In 15 Fällen richteten sich Bombendrohungen gegen verschiedene Institutionen. 1.6 Bericht des Justizministeriums NRW Diejustizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen sind, wie schon in den Vorjahren, auch 1997 in erheblichem Maße mit Strafverfahren, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren, befaßt worden. Dabei ist bei den Verfahren mit rechtsextremistischem Hintergrund ein leichter und bei den Verfahren im Bereich des Linksextremismus ein deutlicher Rückgang festzustellen. Bei den Staatsanwaltschaften des Landes sind im Jahre 1997 insgeVerfahren wegen samt 2.169 (1996: 2.364) einschlägige Verfahren neu anhängig rechtsextremistigeworden. In dieser Zeit ist in 293 (260) Verfahren gegen 441 (380) scher Aktivitäten Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. Rechtskräftig verurteilt wurden 225 (220) Personen; 35 (19) Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 1 25 (1 19) Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. Wegen Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus Verfahren wegen zuzuordnen ist, haben die Staatsanwaltschaften im Berichtszeitraum linksextremistiinsgesamt 1.221 (1996: 2.546) Verfahren neu eingeleitet. In der Zeit scher Aktivitäten vom 1 Januar bis zum 3 1 . Dezember 1997 ist in 203 (571) Verfahren gegen 251 (643) Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. 220 (288) Angeklagte wurden rechtskräftig verurteilt, 5 (24) Angeklagte freigesprochen. Gegen 66 (66) Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. 1.7 Extremismus und moderne Kommunikationstechniken Im Schatten des allgemeinen Internetbooms in Deutschland hat die Extremisten im Zahl extremistischer deutschsprachiger Angebote im Internet seit 1995 Internet fest etasprunghaft zugenommen. Dies gilt besonders für die Internetdienste bliert Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 World-Wide-Web ( W W W ) , die elektronische Post (E-Mail) und die Diskussionsforen (Newsgroups). Ende 1997 waren die meisten deutschen Rechtsund Linksextremisten sowie zahlreiche extremistische Organisationen von Ausländern mit eigenen Angeboten im Internet vertreten (siehe Kap. 2, 3 und 4). Die aktuelle Entwicklung ist Ü von einem rasch wachsenden Umfang der einzelnen Angebote J einer weiteren Zunahme der Zahl extremistischer Anbieter und J einer Professionalisierung der Angebote gekennzeichnet. Innerhalb von nur etwa zwei Jahren haben sich Extremisten damit im Kommunikationsmedium Internet fest etabliert. Die aktuelle Bilanz (Stand März 1998) sieht so aus: J Alle rechtsund linksextremistischen Parteien sind mit eigenen Homepages vertreten. J Die meisten Neonazi-Gruppen und einige Publikationen sind im Internet verfügbar, das Thule-Mailboxnetz hat seit einigen Wochen eine direkte Anbindung (gateway). * Linksextremistische Publikationen, Diskussionsforen und Archive sind überwiegend sowohl über Mailbox-Systeme als auch über Internet vernetzt. * Die wichtigsten Gruppierungen ausländischer Extremisten nutzen das Internetals Forum zur Selbstdarstellung, Propaganda und für spezielle Nachrichtenangebote. J In Deutschland strafrechtlich verbotene Propaganda ist ohne jede Beschränkung von ausländischen Servern abrufbar. Angebote werden vornehmlich über die USA, Niederlande und Belgien eingespeist. Typische NutzunDer Internetdienst W W W wird von Extremisten primär zur Selbstdargen des Internets stellung und für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit genutzt. Wird von durch Extremisten den inhaltlichen und äußerlichen Unterschieden der WWW-Angebote abgesehen, lassen sich einige typische Präsentationsformen von Extremisten feststellen: _l Selbstdarstellungen: Das Selbstverständnis und die Ziele von Parteien, Parteigliederungen, Organisationen bzw. Gruppierun40 Entwicklungen im Extremismus 1997 gen werden beschrieben und programmatische Schriften veröffentlicht. (Wer sind wir? Was wollen wir?) J An den Diskussionen in der kaum zu überschauenden Zahl von Newsgroups im Internet beteiligen sich auch Extremisten. Diese Diskussionen können ortsunabhängig und bei Bedarf auch anonym geführt werden. J Mit der elektronischen Post können Informationen schnell und entfernungsunabhängig ausgetauscht werden. j Publikationen: Bücher und Zeitschriften, die auch in gedruckter Form erscheinen, werden auszugsweise oder im Volltext (z.B. "Junge Freiheit", "Deutsche Stimme", "radikal", "Kurdistan-Rundbrief") bereitgestellt. Reine Online-Publikationen bilden bisher eher die Ausnahme, nehmen aber zu. * Versandhandel: Besonders Rechtsextremisten präsentieren ihr Sortiment (Bücher, CDsteilweise mit Hörproben -, Videos, Fahnen, T-Shirts, Devotionalien usw.) im W W W , häufig verbunden mit einer Online-Bestellmöglichkeit. J Aktuelle Informationen zu unterschiedlichen Themen, zum Beispiel Mobilisierung zu Demonstrationen und anderen Veranstaltungen, Presseerklärungen usw.; * Druckvorlagen für Flugblätter, Aufkleber usw.; * Technische Anleitungen zur Verschlüsselung von Informationen; 3 Vernetzung: Verweise (Links) auf andere Internetangebote; Ü Unterhaltung (z.B. Rezepte zur Herstellung von Met). Auf den Homepages im Internetdienst W W W bieten Extremisten fast immer die Möglichkeit, per E-Mail Kontakt aufzunehmen. Die Möglichkeit, der elektronischen Post Dateien anhängen zu können, wird zum Beispiel dazu genutzt, druckfertig vorbereitete Artikel zu versenden. Nebenden Diensten W W W und E-Mail gibt es im Internet eine kaum zu überschauende Zahl von Diskussionsgruppen, bei denen in einigen Fällen schon die Bezeichnung (z.B. "alt.revisionism") extremistische Bezüge erkennen läßt. Seit 1997 sind alle rechtsextremistischen Parteien im Internet präsent. RechtsextremiDen Anfang machte schon 1996 die NPD und deren Jugendorganistische Parteien sation, die "Jungen Nationaldemokraten". Deren Homepages wurim Internet den seitdem ständig weiterentwickelt. Die NPD ist inzwischen selbst als Provider tätig. Als erste Partei bietet die NPD ein eigenes 41 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Diskussionsforum an, in dem anonyme User Nazi-Sprüche verbreiten (siehe Nr. 2.1.2). s, ds 2 Tage waren wir nicht on-line! Das hatte seinen guten Grund: Wir haben umgestellt auf einen neuen größeren Server mit mehr Möglichkeiten wie z.B. SSL, QSL und Einkaufswagen. Demnächst das NPD.net im neuem Gewand. Die erste Homepage der REP von Anfang 1997 illustrierte recht anschaulich, daß die Partei mit dem neuen Medium nichts anzufangen wußte. Der wesentliche Inhalt bestand aus Adressenlisten der Untergliederungen. Seit November 1997 haben die REP ein modernes und 42 Entwicklungen im Extremismus 1997 umfangreiches Angebot, das erstmals auch einen internen geschützten Bereich nur für Mitglieder mit Paßwort enthält (siehe Nr. 2.1.1). Die DVU mit ihrem herkömmlichen Zeitungsimperium präsentierte sich als letzte Partei im Internet. Es besteht im wesentlichen aus Werbehinweisen für die Verlagsangebote des DVU-Vorsitzenden Frey. Werbegags wie die Suche nach verschwundenen Kindern sollen die Menschlichkeit der DVU-Politik unterstreichen (siehe Nr. 2.1.3). In 1 9 9 7 sind verstärkte Bemühungen erkennbar, mit der Verflechtung Rechtsextremisten der verschiedenen Kommunikationstechniken wie Internet, Mailboxen nutzen Verflechund "Nationale Info-Telefone" (NIT) die informationelle Vernetzung tung verschiedeim Rechtsextremismus organisationsübergreifend zu forcieren. ner KommunikaZu den ersten Angeboten von Rechtsextremisten im Internet gehörte tionstechniken der O n l i n e - V e r s a n d h a n d e l , der anfangs hauptsächlich von Neonazis betrieben wurde. Inzwischen gibt es in diesem Bereich eine Vielzahl von Internetseiten. Angeboten werden Bücher, Tonträger, Videos, Fahnen, T-Shirts und Devotionalien. Nahezu jede rechtsextremistische Organisation, die Versandhandel betreibt und im Internet vertreten ist, nutzt dieses Medium auch, um für ihre Versandhandelsartikel zu werben. Zu den Seiten rechtsextremistischer M u s i k e r u n d B a n d s gehört die Homepage des bei Rechtsextremisten beliebten Sängers Frank Rennicke. Neben einer Selbstdarstellung und verschiedenen Beiträgen zu Themen des rechtsextremistischen Spektrums können Ausschnitte aus RennickesTonträgern auch im Internetgehörtwerden. Auch die rechtsextremistischen Fan-Magazine ("Fanzines") der Skin-Musik-Szene nutzen das Internet. So präsentiert das professionell gemachte Fanzine "Rock Nord" jeweils den Inhalt des aktuellen Heftes, bietet Hörproben von Skinheadmusik und die Möglichkeit, Tonträger direkt zu bestellen. Auf der Bestellseite heißt es zu einem Titel beispielsweise: "Arisches Blut-Durch Ironie in die Knie - Dieser Interpret brachte bereits zwei CDs auf dem dänischen NS88 Label heraus und es bedarf wohl keiner weiteren Worte, was hier zum besten gegeben wird: Eine intelligente Umschiffung bundesdeutscher GesetzesKlippen! CD 30,DM". Die Zahl "88" ist eine unter Rechtsextremisten gebräuchliche Abkürzung für "Heil Hitler". Die "8" steht für den achten Buchstaben im Alphabet-das H. 43 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Die neonazistische Berlin B r a n d e n b u r g e r - Z e i t u n g (BBZ) aus Berlin wurde seit November 1997 als "BBZ-Aktuelle" mit vollständigen Ausgaben über das Internet herausgebracht. Dies zeigt, daß Internetpublikationen problemlos auch von Kleingruppen oder sogar Einzelpersonen gestaltet werden können. Das T h u l e - M a i l b o x n e t z ist über das Internet inzwischen direkt erreichbar. "Richtig national wird es allerdings erst im THULE-Mailbox-Netz. Dort können Sie nicht nur lesen, sondern auch schreiben". 44 Entwicklungen im Extremismus 1997 Die öffentlichen "Bretter" werden vorgestellt und teilweise zugänglich gemacht. Jede einzelne Mailbox, die zum Thule-Netz gehört, wird auf eigenen Seiten vorgestellt, die Telefonnummern der Boxen werden bekanntgegeben. Außerdem wird eine Anmeldung per W W W für die besonders gesicherten Bereiche des Thule-Netzes angeboten. Darüber hinaus werden das Verschlüsselungsprogramm PGP (Pretty Good Privacy) und dessen Handhabung ausführlich erörtert. Schließlich ermöglichen die Thule-Seiten zahlreiche "Links" zu verschiedenen anderen rechtsextremistischen Organisationen und Projekten. Auch regionale N e o n a z i - G r u p p e n sind unter dem Logo "Nationaler Widerstand" im Internet, darunter auch die Sauerländer Aktionsfront (SAF), die auf Gedenkseiten um ihre verunglückten Führungskader trauert (siehe Nr. 2.2.1 1 ). A u s l ä n d i s c h e N e o n a z i - S e i t e n in deutscher Sprache nahmen 1997 deutlich zu und bieten zum Herunterladen an Symbolen und Propaganda alles, was in Deutschland verboten ist. Die "paintings of the Fuhrer" sind darunter noch das harmloseste Angebot. Fast alle revisionistischen P a m p h l e t e stehen in ganzen Bibliotheken digital im Internet. Tendenz: zunehmend (siehe Nr. 2.4.1). Die Entstehung des Internets für militärische Zwecke in den USA hat Eindeutschung zu einer Vielzahl neuer Begriffe geführt. Offenbar aufgrund ihrer von InternetAbneigung gegen alles Amerikanische pflegen viele deutsche Rechtsbegriffen extremisten die wörtliche Übersetzung von Anglizismen im Internet. So hieß die Homepage des REP-Bundesvorsitzenden bis November 1997 "Heimseite". Aus dem Faxgerät wird bei anderen der Fernkopierer, der Webmaster heißt auch Netzmeister und statt Internet wird auch schon einmal von Internetz gesprochen, wobei die lateinische Herkunft von "inter" bei der Eindeutschung offenbar übersehen wurde. Bei dem Rechtsextremisten Rennicke heißt die Homepage "Heimatseite". Aber auch die ehemalige stellvertretende PDS-Vorsitzende Marquardt spricht von ihrer "Hausseite" und die REP neuerdings (versehentlich multikulturell?) von "Homeseite". Wer die seit 1945 in Deutschland gebräuchliche Schrift nicht verwenden möchte, findet im Internet übrigens auch den "Sütterlin"-Schriftsatz für Computer. Derwesentliche Unterschied zum Internet besteht in der ZugangskonVon Rechtsextretrolle und der Identifizierung der Nutzer durch den Sysop der Box. misten genutzte Mailboxen sind daher für die interne Kommunikation der Szene beMailboxsysteme stimmt. In Deutschland gibt es derzeit drei erwähnenswerte Mailbox45 L Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 systeme von Rechtsextremisten: das Thule-Netz, das Nordland-Netz und das REP-Netz. Dem 1993 gegründeten "Thule-Netz" gehörten zeitweilig bis zu 14 Mailboxen an, davon 3 im Ausland (Osterreich, Niederlande, Kanada). Im März 1997 wurden wegen interner Streitigkeiten 2 Mailboxen aus dem "Thule-Netz" ausgeschlossen. Mit einer dritten Mailbox ist daraus inzwischen das "Nordland-Netz" entstanden, das die Themenund Brettstruktur des "Thule-Netzes" beibehält. In einer Selbstdarstellung heißt es: "Das Nordland-Netz will in erster Linie als Nachrichtenund Informationsaustausch-Medium dienen, und erst in zweiter Linie als Diskussionsforum." Im November 1997 stellte der Betreiber der zum Thule-Netz gehörenden "Germania.BBS" in Bonn den Mailboxund Internetbetrieb nach einem Buttersäure-Anschlag von Autonomen auf die Familienwohnung ein. Das "Thule-Netz" wurde damit weiter geschwächt. Zuletzt gab es Anzeichen für eine Annäherung zwischen "Thule-Netz" und "Nordland-Netz". Das Informationsangebot im "Thule- u n d N o r d l a n d - N e t z " erstreckt sich auf Nachrichten von und über rechtsextremistische(n) Organisationen und ist zum Teil deren Publikationen entnommen. Die Themenpalette reichtvon allgemeinpolitischen, über spezielle rechtsextremistische bis hin zu Fragen der Computertechnik (Mailboxtechnik, Verschlüsselung usw.). In den für alle offenen Gastbereichen werden Angriffsflächen, hier insbesondere Straftatbestände, vermieden. Allerdings werden entsprechende Botschaften sprachlich umschrieben. Neben dem offenen Gastbereich existieren weitere Bereiche, die durch spezielle Zugangsberechtigungen und durch Verschlüsselungen gesichert sind. Thule und Nordland haben nur wenige hundert Nutzer. Die Diskussionsforen bestehen fast nur aus dümmlichen Sprüchen der Sysops. Der Informationswert der Netze ist gering. Die REP verfügen über zwei eigene Mailboxnetze. Das eine Netz (Frankfurt/Stuttgart) dient als Verlautbarungsorgan der Partei, der "Republikaner Netz Verbund" (RNV) als Diskussionsplattform. DieREPBoxen werden wahrscheinlich bald im Internet aufgehen. "Nationale InfoDie NIT sind fester Bestandteil des fast lückenlosen KommunikationsTelefone" (NIT) netzes der Neonazi-Szene. Vor allem vor Großereignissen - wie z. B. dem "Rudolf-Heß-Marsch" - sind sie ein unverzichtbares Orientie46 Entwicklungen im Extremismus 1997 rungsmedium für die zu mobilisierende Anhängerschaft. 1997 waren folgende NIT "auf Sendung": * NIT-Rheinland * NIT-Schleswig-Holstein * NIT-Deutschlandsturm Ü NIT-Mitteldeutschland * NIT-Berlin-Preussen * NIT-Sauerland (nur zum "Rudolf-Heß-Marsch") * NIT-Bayern (seit 19. Dezember 1 997) Auch die NIT-Betreiber bedienen sich zur Aktualisierung und weiteren Verbreitung ihrer Informationen z. T. des Internet's oder des "ThuleNetzes". So hat das "NIT-Schleswig-Holstein" eine Homepage im Internet und das "NIT-Rheinland" kann im "Thule-Netz" abgerufen werden. Die wichtigsten linksextremistischen Parteien sind mit der DKP, der PDS Linksextremiund der MLPD mit umfangreichen Angeboten im Internet präsent. Das stische Parteien vielfältige und "ansprechende" Programm der MLPD wurde 1997 moim Internet dernisiert, vermag aber an der politischen Bedeutungslosigkeit dieser Gruppierung nichts zu ändern (siehe Nr. 3.1.5). Die DKP-Homepage verzichtet weder auf die traditionellen Werkzeuge Hammer und Sichel noch auf einen roten Stern. Die DKP-nahe Jugendorganisation SDAJ erscheint in betont orthodoxem Rot (siehe Nr. 3.1.1). Die PDS-Seiten (siehe Nr. 3.1.2) sind umfangreich und unstrukturiert. Sie spiegeln die gesamte ideologische Bandbreite dieser Partei zwischen Ost und West wider. Die Links zu anderen Seiten umfassen alles, was "links" ist. Die PDS stellt sich als Partei dar, die für alle Bestrebungen, linke bis linksextremistische, kooperationsbereit ist. Trotz steigender Nutzung des Internet haben nach wie vor die MailVon Linksextremibox-Netze eine wichtige Rolle für Linksextremisten. Die Boxen verbinsten genutzte den zehntausende von Usern. Mailboxsysteme Mailboxsysteme werden bereits seit den 80er Jahren als Kommunikationsmedium innerhalb des linksextremistischen Spektrums verwendet. Sie verfügen über eine sehr differenzierte Themen-bzw. Brettstruktur. Zunehmend sind diese Mailboxsysteme aber auch im Internet erreichbar. Informationen, die bisher nur in solchen Systemen zugänglich waren, tauchen nun auch in Newsgroups und auf Homepages auf. 47 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 SpinnenNetz Bereits seit 1991 existiert das von deutschen Linksextremisten - insbesondere von der autonomen und antiimperialistischen Szene - genutzte Mailboxsystem "SpinnenNetz" (SN). Gegenwärtig besteht "SpinnenNetz" aus drei Mailboxen in Berlin, Bonn und Frankfurt am Main. SN dient hauptsächlich der internen, konspirativen Kommunikation. Schutzbedürftige Informationen werden häufig mit dem Programm "Pretty Good Privacy" (PGP) verschlüsselt. Die für die SzeneÖffentlichkeit bestimmten Informationen werden im CL-Netz verbreitet. Inzwischen gibt es aber auch im "SpinnenNetz" einen beschränkten Bereich für Gäste. Die Zukunft von "SpinnenNetz" ist unsicher. ComLink Intensiv genutzt wird von deutschen Linksextremisten das "ComLink"Netzwerk - kurz CL-Netz, das ein deutschsprachiges Teilnetz des weltweiten APC-Netzes (Betreiber: Association for Progressiv Communication) ist. Das CL-Netz wird von Linksextremisten als Kommunikationsmedium genutzt, wird als Ganzes aber nicht als linksextremistisch eingestuft. Zum CL-Netz gehören mehr als 2 0 0 Mailboxen in Deutschland, der Schweiz, Osterreich, Italien und Ex-Jugoslawien mit rund 2 0 . 0 0 0 Nutzern. Bei dem offen zugänglichen CL-Netz steht der Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern im Vordergrund, nicht Propaganda und Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit. ComLink dient nach seinem Selbstverständnis dazu, Information und Kommunikation mittels elektronischer Medien in uneigennütziger Weise zu betreiben und zu fördern und die Bevölkerung über die damit verbundenen Möglichkeiten zu informieren. Zu diesem Zweck ist das CL-Netz in verschiedene "Bretter" gegliedert, die sich vornehmlich mit sozialen, ökologischen, politischen und kulturellen Themen befassen. Nahezu alle linksextremistischen Szenepublikationen mit überregionaler Bedeutung (z.B. Kurdistan-Rundbrief, Antifaschistische Nachrichten) werden über CL-Mailboxen verbreitet und finden somit auch Zugang zu Leserkreisen, die nicht dem linksextremistischen Spektrum angehören. Zunehmend werden diese Schriften auch im Internet einem noch breiteren Publikum verfügbar gemacht. Innerhalb der von Linksextremisten betriebenen und genutzten Mailboxen ist ein wichtigerThemenschwerpunkt die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. So werden neben Entwicklungen im Extremismus 1997 umfangreichen Diskussionen zum Thema auch Informationen zu Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen über das CL-Netz verbreitet und zurTeilnahme an Gegenmaßnahmen mobilisiert. Der Grad der Mobilisierung zu demonstrativen Aktionen und die themenbezogene Auseinandersetzung innerhalb der von Linksextremisten betriebenen und genutzten Mailboxen im CL-Netz, gerade im Themenbereich "Antifaschismus und Antirassismus", übersteigt deutlich den Aufwand in den allgemeinen Szenemedien wie Publikationen, Readern oder Flugschriften/Aufrufen. Weitere Themenschwerpunkte bilden der Kurdistankonflikt und die Anti-Atom-Bewegung. Extremistische Organisationen von Ausländern setzen ebenfalls die AusländerVorteile des Internet für ihre Zwecke ein, auch wenn die Masse der extremismus Mitglieder und Anhänger noch nicht direkt erreichbar ist. Die Mögim Internet lichkeit der schnellen und risikolosen grenzüberschreitenden Kommunikation wird zum Informationsaustausch zwischen der jeweiligen Zentrale und den nationalen Stützpunkten genutzt. Wichtige Botschaften werden auch verschlüsselt übermittelt. Allerdings erschwert schon die Verwendung fremder Sprachen, Dialekte und Schriften ein Mitlesen durch Dritte. Außer zum Informationsaustausch wird das Internet von Organisationen extremistischer Ausländer auch zu Propagandazwecken genutzt. So bieten im W W W verschiedene der PKK zuzurechnende Organisationen Informationen an. Es handelt sich dabei um das "KurdistanInformationszentrum" (KIZ). Auch der der PKK nahestehende Fernsehsender MED-TV hat eine WWW-Adresse, über die zum Beispiel der neue Sendeplatz von MED-TV angekündigt wurde, als der Sendebetrieb zur Suche eines neuen Satelliten unterbrochen war. Die türkische linksextremistische Gruppierung DHKP-C bietet neben der englischen Homepage weitere Seiten in fünf Sprachen an, darunter auch Deutsch. Die irische "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) verfügt ebenso über eine WWW-Homepage wie die tamilischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) oder die peruanische "Movimiento Revolucionario Tupac Amaru" (MRTA). Der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) gibt Informationen über seine Organisation auch im W W W weiter und kommuniziert auf diesem Weg mit seinen Mitgliedern und Anhängern. Die algerische "Islamische Heilsfront" (FIS) verbreitet über ihre arabischund französischsprachige Homepage unter anderem die Publikation "El Ribat". 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Ma il boxen Extremistische Organisationen von Ausländern kommunizieren vielextremistischer fach auch über Mailboxen. Da es hier unterschiedliche MöglichkeiAusländer ten der Zugangsberechtigung gibt, werden offene - in Einzelfällen sicher auch geheimzuhaltende Nachrichten - ausgetauscht. Ausblick: KurzBereits heute können Kurznachrichten an Handys oder sogenannte nachrichten und Pager über das Internet verschickt werden. Dabei kann die gleiche Rundfunk per Nachricht an eine Vielzahl von Handys durch eine E-Mail verteilt Internet werden. Erste derartige Versuche von Rechtsextremisten fanden bereits statt, um vermutete Abhörmaßnahmen zu umgehen. Theoretisch könnten so Aufmarschund Trefforte kurzfristig übermittelt werden. In absehbarer Zeit könnten Extremisten eigene Rundfunksendungen über das Internet betreiben. DieTechnik ist schon heute verfügbar. Sogar Fernsehsendungen aus dem Ausland mit verbotener Propaganda werden mit der zunehmden Verschmelzung von Fernsehen und Internet wahrscheinlich. Die deutschen Rundfunkgesetze zur Sicherung der Überparteilichkeit liefen dann vollständig leer, so wie schon heute bei den Satellitenfernsehprogrammen ausländischer Extremisten, die nach Deutschland hineinstrahlen. Extremisten-Rundfunk via Internet wird um so wahrscheinlicher, je mehr Kabelsysteme für das Internet erschlossen werden. Die heutige Anbindung der Privathaushalte an das Internet über Telefonleitung wird bald durch neue Möglichkeiten über das Stromnetz, Kabel-TV-Netze und Funknetze ergänzt. Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Extremisten werden alle Möglichkeiten der Informationstechnik aktiv nutzen, um ihre Propaganda zu verbreiten. Strafverfolgung oder Indizierungen bieten keine Gewähr, extremistische Propaganda abzuwehren. Technische Maßnahmen, sei es durch Sperrung bestimmter Adressen bei den Providern oder durch bestimmte Programme bei den Anwendern, sind bisher nicht wirksam, weil Adressen leicht zu ändern sind oder die gleichen Angebote unter verschiedenen Adressen verfügbar gemacht werden können. Wie die bisherige Erfahrung gezeigt hat, wird mit Indizierungen durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) die Verbreitung extremistischer Online-Angebote nicht zu unterbinden sein. Weil die Verbreitung extremistischer Propaganda über internationale Datennetze nicht verhindert werden kann, muß die politische Auseinandersetzung mit Bestrebungen gegen Freiheit und Demokratie verstärkt geführtwerden. Dabei kommt den Verfassungsschutzbehör50 Entwicklungen im Extremismus 1997 den eine besondere Bedeutung zu. Ihre Aufgabenstellung, Informationen zu sammeln und auszuwerten und darüber zu informieren, ist besonders dazu geeignet, diese Auseinandersetzung möglich zu machen und zu fördern. Schließlich bieten die Verfassungsschutzbehörden durch eigene Informationsangebote einen Gegenpol zu den Angeboten von Extremisten. Politik, Verwaltung, Unternehmen, Multiplikatoren und andere Interessierte können sich auf diesem direkten Weg über extremistische Bestrebungen informieren. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Rechtsextremismus 2.1 Rechtsextremistische Parteien 2.1.1 Die Republikaner (REP) Gründung Landesverband NRW 1984 Bundesverband 1983 Sitz Landesverband Geschäftsstelle in Senden bei Münster Bundesverband Berlin Vorsitzende NRW Ursula Winkelsett Bund Dr. Rolf Schlierer Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 1.700 ca. 1.700 Bund ca. 15.500 ca. 15.000 Publikationen Bundespartei "Der Republikaner", erscheint monatlich Landesverband NRW "NRW-REPort", herausgegeben von der Landesvorsitzenden; erscheint vierteljährlich Lokale Publikationen, z.B. MK-REPort, Herne-REPort usw. Internet Die REP sind seit Herbst 1996, der Landesverband NRW seit Januar 1998, im Internet präsent. Der Landesverband NRW der Partei "Die Republikaner" wird von der Verfassungsschutzbehörde des Landes NRW seit Herbst 1989 planmäßig beobachtet. Die rechtliche Zulässigkeit wurde in einem Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster am 13. Januar 1994 und im Hauptsacheverfahren vom Verwaltungsgericht Düsseldorf am 52 Rechtsextremismus 25. M ä r z 1994 bestätigt. Mit Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 8. Dezember 1995 wurde die Klage der "Republikaner" auf Erteilung der Genehmigung zur Errichtung einer rechtsfähigen politischen Stiftung abgewiesen mit der Begründung, die Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden. Der Stiftungszweck sei auf die Mißachtung der Menschenwürde der in Deutschland lebenden Ausländer und auf die Abschaffung der pluralistischen Demokratie gerichtet. Hiergegen legten die REP beim Bundesverwaltungsgericht Revision ein. Im Urteil vom 12. Februar 1998 führte das Bundesverwaltungsgericht u.a. aus, der Gesichtspunkt der Gemeinwohlgefährdung sei ein sachgerechtes Unterscheidungskriterium. O b das Berufungsgericht (OVG) diese Gefährdung zu Recht bejaht habe, sei eine Tatsachenfrage, die im Revisionsverfahren nicht zu überprüfen sei. Im übrigen seien fast alle "parteinahen Stiftungen" keine Stiftung im Rechtssinne, sondern hätten die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Das Urteil des OVG Münster ist rechtskräftig. Bei der Partei "Die Republikaner" war 1997 eine Vielzahl von aktuAktuelle Anhaltsellen Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen erkennpunkte für Rechtsbar. Dies gilt sowohl für die Bundespartei als auch für verschiedene extremismus Landesverbände, insbesondere für den Landesverband NordrheinWestfalen. Die seit Jahren geführte Diskussion um eine Abgrenzung der REP von Innerparteiliche anderen Rechtsextremisten wurde 1997 fortgeführt. Die bereits unDiskussion um ter dem früheren Bundesvorsitzenden Schönhuber gefaßten AbgrenKooperation mit zungsbeschlüsse des Parteitages von Ruhstorf aus dem Jahre 1990 anderen Rechtsexwurden von Schlierer und der Mehrheit des Bundesvorstandes weitremisten terhin vertreten. Dennoch fordert nach wie vor eine große Zahl von hochrangigen Funktionären bis hin zu einfachen Parteimitgliedern eine enge Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Parteien, wie z. B. der DVU, der NPD, oder sonstigen Gruppierungen. Diese Debatte verstärkte sich nach dem Wahlerfolg der DVU in Hamburg, wo diese den Einzug in die Bürgerschaft mit 4,9% der Wählerstimmen nur knapp verfehlte. Die REP selbst hatten bei der Bürgerschaftswahl am 21 . September 1997 in Hamburg nur 1,9% der Wählerstimmen erhalten und gegenüber 1993 einen Verlust von 2,9% hinnehmen müssen. Schlierer betreibt wie sein Vorgänger Schönhuber eine Strategie, die die REP als allein relevante Partei aller Rechtsextremisten durchsetzen soll. 53 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 So hieß es in der Pressemitteilung zum Bundesparteitag am 1 8. Oktober 1997: "Republikaner bekräftigen Führungsanspruch in der demokratischen Rechten Deutschlands." In der Parteizeitung "Der Republikaner" von November 1997 lehnte Schlierer eine Zusammenarbeit mit DVU und NPD wegen der "unerträglichen Hetzartikel der Frey-Presse gegen die Parteispitze der Republikaner..." und wegen der "... Wahlkampfzeitung der NPD in Hamburg, in der Republikaner mit Verfassungsschutzmethoden diffamiert wurden", ab. Schlierer warf beiden Parteien mangelndes Verantwortungsbewußtsein und Marktschreierei vor, äußerte sich jedoch nicht über programmatische oder inhaltliche Unterschiede. Die mangelnde inhaltliche Abgrenzung zu anderen rechtsextremistischen Parteien durch den Bundesvorsitzenden ermutigte andere Funktionsträger und Mitglieder zu weitergehenden Aktionen und Forderungen: * Auf dem Jahreskongreß der rechtsextremistischen Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) in Gera vom 25. - 2 7 . April 1997 traten zwei hochrangige REP-Funktionäre als Redner auf, darunter ein REP-Landesvorstandsmitglied aus Sachsen-Anhalt und ein Angehöriger der Bundesgeschäftsstelle. Andere "Republikaner" nahmen an dem Kongreß als Mitglieder teil. J Schlierer selbst propagierte auf dem Bundesparteitag im Oktober 1997 offen die Zusammenarbeit mit der rechtsextremistischen französischen "Front National" (FN) und dem rechtsextremistischen belgischen "Vlaams Blök" (VB). _l Verschiedene REP-Funktionäre publizierten in der rechtsextremistischen Traditionszeitschrift "Nation & Europa", darunter der stellvertretende Bundesvorsitzende Käs. * Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg forderte der stellvertretende NRW-Landesvorsitzende Wnendt eine "aggressivere Politik". Er fand zwar keine Mehrheit im Landesvorstand, wurde allerdings auf dem NRW-Landesparteitag am 2 9 . November 1997 mit einem bemerkenswert hohen Stimmenanteil in seiner Funktion bestätigt. * Der Kreisverband Wesel sprach sich auf einer Mitgliederversammlung in Gegenwart von zwei stellvertretenden NRW-Landesvorsitzenden für eine Zusammenarbeit mit der DVU aus. Der Rechtsextremismus Bezirksverband Ost-Westfalen-Lippe beschloß eine Zusammenarbeit mit der DVU auf Kreisund Bezirksebene. * Schlierer und die verschiedensten Untergliederungen der Partei kooperieren offen mit dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Alfred Mechtersheimer, der sich im Laufe des Jahres 1997 zu einem der wichtigsten Protagonisten rechtsextremistischer Bestrebungen entwickelte. Mechtersheimer sprach u. a. am 6. März 1 9 9 7 auf einer Veranstaltung des Landesverbandes NordrheinWestfalen als Hauptredner und hielt kurz darauf auf Einladung Schlierers einen Vortrag vor der REP-Fraktion Baden-Württemberg zum Thema "Multiethnische Entwicklungen und Demokratiegebot". Der Vortrag wurde in der Ausgabe 4 / 1 9 9 7 von "Nation & Europa" abgedruckt und ist als rechtsextremistisch einzuschätzen (siehe Nr. 2.5.3). Das Videoband mit einem Schlußwort Schlierers wird über die REP-Fraktion Baden-Württemberg vertrieben. Für seine Thesen wurde Mechtersheimer in verschiedenen Publikationen der REP gefeiert. Auf dem Bundesparteitag im Oktober 1997 rief Mechtersheimer dazu auf, alle "Nationalen Kräfte" auf die REP als die aussichtsreichste "nationale" Partei für die bevorstehende Bundestagswahl zu konzentrieren. ü Eine Vielzahl einzelner Mitglieder auf Versammlungen sprach sich für eine weitergehende Kooperation mit anderen Rechtsextremisten, insbesondere mit der DVU, aus. Durch alle Publikationen der Bundespartei und des Landesverbandes Agitation der Nordrhein-Westfalen zog sich während des Jahres 1997 eine heftiREP gegen ge Agitation gegen Ausländer. In einer Fülle von Erklärungen werden Ausländer nahezu alle aktuellen politischen Probleme auf die in Deutschland lebenden Ausländer zurückgeführt. In aller Regel ist nur pauschal von Ausländern die Rede, der jeweils unterschiedliche rechtliche Status findet keine Berücksichtigung. In der Wortwahl ist ausschließlich von "Asylanten" und von "Gastarbeitern" die Rede, um die Vorläufigkeit des jeweiligen Aufenthalts zu unterstreichen. Wahlplakate der Republikaner 55 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Im einzelnen werden folgende Politikfelder propagandistisch mit Ausländern verknüpft: Ausländer und Die REP behaupten, daß die Arbeitslosigkeit im wesentlichen mit der die ArbeitsAnwesenheit von Ausländern in Deutschland zusammenhängt. Sie losigkeit fordern ein "Ausländerrückführungsgesetz" ("Der Republikaner" 11 / 1997), um u.a. mehr Arbeitsplätze für Deutsche zu schaffen. DerREPVorsitzende Schlierer und die NRW-Landesverbandsvorsitzende Winkelsett kritisierten die Erteilung von angeblich "über 1,4 Mio. zusätzlichen Arbeitserlaubnissen" zu Lasten deutscher Arbeitsloser. Der Bergbaukompromiß vom Frühjahr 1997 wurde in der Ausgabe 4 / 1997 der Parteizeitung "Der Republikaner" als "fauler Kompromiß" gegeißelt, weil allein "die Kündigung der türkischen Arbeitskräfte der angemessene Schritt gewesen wäre". Diese Strategie wird mit einem neuen Wahlkampfplakat unterstrichen: "Arbeit für Deutsche" ("Der Republikaner" 1 2 / 1 9 9 7 ) . Ausländer und Für die REP sind die Ausländer im wesentlichen ursächlich für eine Kriminalität von ihnen dramatisierte Entwicklung der Kriminalität. In einer Flutvon Erklärungen und Propagandamaterial wird immer wieder suggeriert, daß Ausländer kriminell seien und die Sicherheit im hohen Maße gefährdeten. Das ganze wird auf die Formel gebracht "Der multikulturelle Alltag ist multikriminell" ("Der Republikaner" 9 / 1 9 9 7 ) . Die Erklärungen des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen sind nicht weniger eindeutig. So heißt es in der Mitgliederzeitschrift "NRW-REPort" für das 3. und 4. Quartal 1997: "Ausländer übernehmen Sicherheitsdienst am Flughafen Düsseldorf! Keine Arbeit für Deutsche? ... Bei diesen Firmen sind fast ausschließlich Ausländer beschäftigt ... Eine Zumutung für Passagiere und Mitarbeiter, Fluggesellschaften usw.... sehe ich... Gefahr für Mensch und Fluggerät. Dem Drogenhandel sind Tür und Tor geöffnet. Hier zeigt Rot-Grün wieder einmal Inkompetenz in Sicherheitsfragen und befürwortet die Vernichtung deutscher Arbeitsplätze. Die Gleichung Ausländer und kriminell gipfelte im jüngsten Wahlplakat mit der inhaltlich und optisch klaren Aussage: Kriminelle Ausländer raus! 56 Rechtsextremismus Die Probleme der Rentenversicherung werden von den REP als "RenAusländer und tenraub" bezeichnet. Finanzierungsprobleme der Rentenversichedie Rentenfrage rung, der Anstieg der Sozialhilfekosten und die Einführung des Euro werden miteinander argumentativ verbunden. Für diese Propaganda stehen stellvertretend die folgenden Zitate aus "Der Republikaner" im Jahr 1997: "Euro gefährdet die Renten." "Zuwanderung läßt die Sozialhilfekosten in die Höhe schießen, Rentner zahlen die Zeche für Maastricht." "Alle 12 Mio. Nicht-EU-Ausländer, die sich in den EU-Staaten legal aufhalten, können dann ungehindert nach Deutschland kommen und hier Sozialleistungen abkassieren." Die REP behaupteten 1997 verstärkt die Gefahren eines angeblich Ausländer und drohenden Untergangs des deutschen Volkes. Sie vertreten damit eidas deutsche nen ethnischen Volksbegriff, den sie ausschließlich auf deutsche Volkstum Staatsangehörige deutscher Herkunft angewendet sehen wollen. Eingebürgerte Ausländer werden von den REP nicht akzeptiert. In diesem Zusammenhang ist allenfalls von "Einbürgerungsschwindel" die Rede ("Der Republikaner" 12/1997). Integration oder Einbürgerung von Ausländern werden negiert. Es geht um das Schüren von Ängsten: "... Die alles in den Schatten stellende Massenzuwanderung bedroht unsere Existenz." "Zuwanderung, Ausverkauf unseres Landes und die drohende Zerstörung unseres Nationalstaates werden die entscheidenden Themen in den nächsten Jahren sein." "Anstatt sich der schleichenden Landnahme entgegen zu stellen, bereiten die Altparteien die Kapitulation vor. Unsere Forderung nach einem Ausländerrückführungsgesetz ist aktuell wie nie". "Die Altparteien sind schuldig an der Überfremdung und den sich daraus ergebenden Problemen ... " Teilweise ist auch von "Umvolkung" die Rede (MK-REPort Frühjahr 1996). Es gelte darum, Widerstand gegen die Zerstörung unserer Nation zu leisten. Man dürfe keine Bücklinge nach außen machen, sondern man müsse vorrangig die Interessen der einheimischen Bevölkerung vertreten. Es fehle in Deutschland an einer halbwegs national orientierten Politik. Verstärkte Einbürgerung liefe "auf das Ende des deutschen Volkes als einer geschichtlich geprägten Gemeinschaft 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 hinaus". Entsprechend fragt die Parteizeitung "Gibt es einen Krieg der Zivilisationen?" über einem Foto der US-Restaurantkette Mc Donalds ("Der Republikaner" 1-2/1997). REP - Info-Telefon Seit Sommer 1997 betreibt der stellvertretende NRW-Landesvorsitzenin NRW hetzt de Wnendt drei Info-Telefone. In den wöchentlich wechselnden Anwöchentlich sagen wird nahezu ausschließlich gegen Ausländer und Fremde in gegen Fremde diffamierender und ehrverletzender Weise gehetzt. Zielgruppen sind alle Arten von Fremden, seien es Türken, chinesische Restaurantbesitzer, Rußlanddeutsche, Kurden oder jede andere Volksgruppe. Allein die Wortwahl verletzt Ausländer in ihrer Menschenwürde: "... Ausländische Kriminelle, Türkenbordell, südosteuropäische Mörderbande, Asylschmarotzer" u.v.a.m. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die REP auf allen Parteiebenen massiv gegen Ausländer jeglicher Herkunft agitieren und ihre Entfernung aus den verschiedensten Gründen fordern. Entsprechende Tendenzen sind ohne Abstriche auch im Landesverband NordrheinWestfalen feststellbar. REP diffamieren Nach Darstellung der REP haben ausnahmslos alle demokratischen die Institutionen Parteien die Interessen des Volkes verraten, Abgeordnete nehmen ihre des demokraMandate ausschließlich aus eigennützigen Interessen war und Funktischen Rechtstionsträger der Exekutive mißbrauchen die übertragenen Befugnisse. staates Die Argumentation der REP gipfelt in der Feststellung, daß sie selbst die einzige noch verfassungsgemäße Partei auf dem Boden des Grundgesetzes sei. Stellvertretend für eine Fülle Erklärungen stehen die folgenden Zitate: "Wir stehen vor gewaltigen sozialen Umwälzungen und die Brandstifter sitzen in Bonn." "Verraten und verkauft! Wer wird Bundesregierung und Bundestag wegen Veruntreuung von Steuergeldern vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof zur Rechenschaft ziehen? ... Keine andere Regierung wäre fähig und in der Lage, ihr eigenes Volk so zu verkaufen und zu verraten." "Bei allen anderen Parteien sind beträchtliche Defizite in bezug auf Verfassungstreue und Rechtsstaatlichkeit nachweisbar." "Wir wollen keine Altparteiendiktatur, wir stellen vielmehr eines an den Pranger, nämlich den Mißbrauch der Demokratie durch Altparteien ... Die geplante oder nichtgeplante Auswechslung des Staatsvolkes halte ich schlichtweg für ein Verbrechen ..." 58 "Valium-Politik der Bonner Dampfplauderer." "Das politische Personal der Altparteien ist inhaltlich wie moralisch am Ende." "Jede Äußerung der Parteipolitiker von schwarz über grün bis dunkelrot zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit sind nicht das Papier wert, auf dem sie veröffentlicht werden ... " "Die Ausgrenzung insbesondere der Republikaner führen zu einer nicht länger hinnehmbaren Gesinnungsdiktatur..." "... Die Abwicklungspolitiker der Altparteien ... (gemeint ist die Abwicklung des Nationalstaats)..." "Die Bundesrepublik wird der untergegangenen DDR immer ähnlicher ..." Alle Zitate stammen aus den Ausgaben 1997 der Parteizeitung "Der Republikaner". "Lügen bleiben jedoch Lügen, auch wenn sie von gesetzgebenden Parlamenten und abhängigen Medien verbreitet werden." ("NRWREPort" 1/1997). "Die häßliche Pratze der von den Bonner Altparteien der Bevölkerung verordneten Multikultur ...Es war ein trauriger Anblick, im Fernsehen zu sehen, was Politgesindel sich in dieser von schlappschwänzigen Politikern geführten Republik alles erlauben kann ..." ("MK-REPort" Frühjahr 1997). "Schuld sind nicht die Ausländer. Schuld sind unsere unfähigen Politiker. " "Das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, daß sie keine ist. Das Volk... hat in Wahrheit nichts zu sagen. Besonders kraß ist es auf Bundesebene entmündigt..." (Buchzitat, verbreitet vom Stadtverband Herten 1997). "Das politische System kann sich selbst nicht mehr reformieren ... Es gilt die Demokratie zu demokratisieren und die Freiheit wieder herzustellen ... Die Altparteien treiben Deutschland an den Abgrund. Die Altparteien haben versagt. Sie sind schuldig an der Überfremdung und den sich daraus ergebenen Problemen ... Die Mandatsträger der Altparteien haben ihren Eid auf das Grundgesetz gebrochen. Sie zerstören damit Demokratie, Staat und Volk ..." (Flugblatt des NRW-Landesverbandes vom Januar 1998). Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 "Die Bonner Politiker gehören schnellstens aus ihren Ämtern gejagt. Sie versündigen sich mit ihrer Ausländerpolitik am deutschen Volk ..." (Ansage des REP-Infotelefon des Kreisverbandes Mark). Die REP und die Die REP beteiligten sich 1997 intensiv an einer rechtsextremistischen Wehrmacht Kampagne gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht". Ziel der Kampagne war u. a. eine Relativierung der Kriegsverbrechen, die von der Wehrmacht im Auftrag des NS-Regimes begangen wurden. Unter Titeln wie z. B. "Gegen Diffamierung der deutschen Wehrmacht", "Geschichtsfälscher am Werk", "Gegen Verunglimpfung der deutschen Wehrmacht", "Ehrung für Wehrmachtssoldaten" war das Thema regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung in der offiziellen Parteizeitung. "Der Republikaner" verstieg sich in der Ausgabe 4 / 1 9 9 7 zu der Behauptung, "der Weltanschauungskrieg im Osten habe von vornherein unter einem anderen Vorzeichen gestanden als der im Westen". Diese Diktion entspricht der früheren NS-Rechtfertigung für den Angriffskrieg gegen die Sowjetunion. Schlierer selbst diffamierte in der Ausgabe 5 / 1 9 9 7 den Initiator der Ausstellung Jan Philipp Reemtsma und die angebliche Verstrickung von dessen Familie in das NS-Regime. Schlierer: "Hiergeht es um dieTotalkriminalisierung des deutschenVolkes ...Widerstand gegen diese Ausstellung bedeutet einen Widerstand gegen die Zerstörung unserer Nation." Entsprechende revisionistische Äußerungen waren 1997 auch im Landesverband Nordrhein-Westfalen feststellbar. Situation der Die Partei konnte sich 1997 unter der Führung Schlierers stabilisieREP auf Bundesren. Der exponierteste Gegner Schlierers und Befürworter einer "Verebene einigten Rechten", der bayerische REP-Funktionär Otmar Wallner, schied nach verschiedenen Ordnungsmaßnahmen freiwillig aus der Partei aus. Gegen einzelne Befürworter einer weitergehenden Kooperation mit Rechtsextremisten wurden Parteiordnungsverfahren eingeleitet, die allerdings teilweise vom Bundesschiedsgericht wieder aufgehoben wurden. Durch eine Neubesetzung des Bundesschiedsgerichts auf dem Bundesparteitag am 18. Oktober 1 9 9 7 gelang es Schlierer inzwischen, seine parteiinterne Machtposition zu festigen. Nach wie vor gibt es an der Basis der Partei eine breite Zustimmung zu den stark populistischen Positionen des früheren Parteivorsitzenden Schönhuber. Die Position Schlierers war und ist hierdurch nicht beeinträchtigt. Der Schwerpunkt der REP nach Mitgliedern und Organisationsstärke liegt weiterhin vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Nord60 Rechtsextremismus rhein-Westfalen. Insbesondere die Landesverbände in Ostdeutschland sind schwach organisiert. In einzelnen Regionen scheint es der NPD zu gelingen, eine größere Zahl von Mitgliedern zu gewinnen als den REP. Seit dem Wahlerfolg der DVU in Hamburg mehrten sich die Stimmen aus den Untergliederungen, die ein zu starkes Einschwenken auf die "herrschende politische Linie" kritisieren. Die Partei müsse klar Stellung beziehen zum Ausländerproblem ohne Rücksichtdarauf, als verfassungsfeindlich abgestempelt zu werden. Die Bevölkerung erwarte eine klare Stellungnahme. Aus der REP-Mitgliedschaft kommen insbesondere Forderungen, die Ausländerkriminalität intensiver zu behandeln, sich für eine konsequente Abschiebung und gegen einen weiteren Zuzug von Ausländern einzusetzen. Mitglieder des NRW-Landesvorstandes und zahlreiche Funktionäre der Untergliederungen haben in ersten Reaktionen nach dem Wahlergebnis in Hamburg Konsequenzen gefordert. Die Meinungen reichen von Wahlabsprachen mit anderen "Rechtsparteien", Aufhebung der Abgrenzungsbeschlüsse bis zum Zusammenschluß in einer "Vereinigten Rechten". Der stellvertretende Landesvorsitzende Wnendt unterstrich in einem Rundschreiben nach dem "Hamburger Wahldebakel" seine Forderung nach härteren, aggressiveren Aussagen der Partei. Programmatisch und inhaltlich stellen die REP bundesweit die Polarisierung Deutscher gegen Ausländer in den Mittelpunkt der Wahlkampfführung. Die zwei Wahlkampfplakate "Arbeit für Deutsche!" und "Kriminelle Ausländer raus!" signalisieren dies deutlich. Dieser Themenschwerpunkt ist auch über das Flugblatt des NRW-Landesverbandes "Es geht aufwärts in Deutschland" erkennbar, das auf eine Vielzahl von angeblichen Ausländer-Problemen in aufhetzerischer Weise hinweist. Mit zunehmender Nähe zur Bundestagswahl ist mit einer Verschärfung der ausländerfeindlichen Propaganda zu rechnen. Die REP hatten 1 9 9 7 bundesweit auf eine Anti-Euro-Kampagne geEuro-Kampagne setzt, die jedoch keine wesentliche Resonanz fand und auch bei den schlug fehl Bürgerschaftswahlen in Hamburg keine nennenswerten Auswirkungen zugunsten der REP hatte. Den REP ist es nicht gelungen, in Niedersachsen ein Volksbegehren gegen die Einführung des Euro zu initiieren. Die erforderlichen 25.000 Unterschriften konnten nicht gesammelt werden. Für eine Verfassungsbeschwerde gegen den Euro wirbt die "Initiative Prozeßgemeinschaft gegen den Euro" um Beiträge und Spenden. 61 ^ Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Es geht aufwärts in Deutschland TP aufwärts mit dem Asylmißbrauch TP aufwärts mit der illegalen Einwanderung Flugblatt der TP aufwärts mit der Arbeitslosigkeit Republikaner TP aufwärts mit der Kriminalität TP aufwärts zur EURO-Währungsreform 7J aufwärts mit Steuern und Abgaben Die Unfähigkeit der Politiker zur Problemlösung wächst. Es droht die Auflösung aller staatserhaltenden, geistigsittlichen Werte und des Gemeinsinns. Hemmungsloser Opportunismus und Verfall greifen zunehmend um sich. Die Altparteien treiben Deutschland an den Rand des Abgrundes Situation Auch 1997 hat der Landesverband seine Bemühungen um weitere des LandesverFestigung und Ausbau seiner Strukturen fortgesetzt. Trotz einzelner bandes NRW Erfolge auf örtlicher Ebene konnte die Organisationskraft der REP in NRW insgesamt gesehen nicht gesteigert werden. Weiterhin gibt es eine Reihe von Kreisverbänden, die seit geraumer Zeit keine erkennbaren Aktivitäten entwickeln. MitgliederAls eine Folge der erheblichen propagandistischen Anstrengungen entwicklung des Landesverbandes - vor allem durch zahlreiche Verteilaktionen - ist die Mitgliederentwicklung in den aktiven Untergliederungen positivverlaufen. Wegen vieler Austritte und Ausschlüsse mangels Beitragszahlung erhöhte sich die Mitgliederzahl jedoch nicht. Rechtsextremismus Es ist davon auszugehen, daß der aktuelle Mitgliederbestand eher unter dem Stand von 1996 (ca. 1.700) liegt. Die finanzielle Situation des Landesverbandes dürfte sich weiter gefeFinanzen stigt haben. Die Finanzausstattung erfolgt im wesentlichen aus dem Beitragsaufkommen und vor allem Einnahmen aus der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien. Der als Mitgliedervollversammlung durchgeführte Landesparteitag am Landesparteitag 29. November 1 9 9 7 in Hagen diente im wesentlichen der Neuwahl im November des Landesvorstands. Die Landesvorsitzende wurde mit ca. 82% wiedergewählt. Bei ihrer Wahl an die Spitze des Landesverbandes vor zwei Jahren hatte sie nur 5 3 % der Stimmen erhalten. Der Parteitag entschied außerdem mit deutlicher Mehrheit über eine Satzungsänderung zur Neuordnung der Bezirksverbände, so daß der mißliebige Bezirksverband Ruhrgebiet nicht mehr existiert. Der NRW-Landesverband nominierte bereits im August 1997 seine Landesliste für die Bundestagswahl und stellte bis Anfang 1998 Direktkandidaten für fast alle NRW-Kreise auf. Im Vergleich mit der NPD wurde das Internetangebot der REP spät REP im Internet entwickelt, obwohl die REP früher bereits im Btxbzw. Datex-J-Netz vertreten waren. Es beschränkte sich zunächst auf die Anschriften der Bundesorganisation und der Landesverbände. Am ausführlichsten stellte sich der REP-Bundesvorsitzende auf seiner "Heimseite" dar. Seit Herbst 1997 haben die REP ihre Internetaktivitäten erheblich gesteigert. Über die Homepage der REP sind Informationen zu zahlreichen Gliederungen der Partei, ihrer Verbände und zu einzelnen Funktionären erreichbar. Satzung und Programm der Bundespartei werden ebenso angeboten. Mitglieder können mit einer besonderen Zugangsberechtigung (Paßwort) weitere Informationen erhalten. Diese Möglichkeit eines beschränkten Zugriffs ist bisher einmalig für eine rechtsextremistische Partei. Im Bereich der Mailboxen sind Zugangsberechtigungen dagegen schon lange üblich. Entsprechend der REPAbgrenzungsstrategie gegenüber anderen Rechtsextremisten gab es bei den REP Ende 1997 nur zwei Links zu anderen Organisationen: nämlich zur Wochenzeitung "Junge Freiheit" und zum "Friedenskomitee 2000". Ob sich der Landesverband NRW über 1997 hinaus dauerhaft konAusblick solidieren und eine ähnliche Rolle wie die REP in Baden-Württemberg einnehmen kann, wird entscheidend davon abhängen, ob der Partei VerfassungsschutzbenchHeOond^^ 1998 der angestrebte Einzug in weitere Landtage sowie in den Bundestag gelingt. Die Verfechter einer "Vereinigten Rechten" in der Partei haben sich nach der Wahlschlappe der REP in Hamburg auch in NRW wieder zu Wort gemeldet. Noch ist ihr Einfluß in den verschiedenen Unterqliederungen ohne große Bedeutung. Bei weiteren Wahlniederlagen in 1998 muß damit gerechnet werden, daß eine Trendwende eintritt und die Hardliner mehr in den Vordergrund rücken. Spätestens nach einem Mißerfolg bei der Bundestagswahl 1998 wird sich die Frage der Beibehaltung der Abgrenzungsbeschlüsse gegenüber anderen rechtsextremistischen Organisationen oder der Öffnung der Partei gegenüber allen Rechtsextremisten aufdrängen und die REP an einen Scheideweg bringen. 2.1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Gründung 1964 Sitz NRW Bochum-Wattenscheid Bund Stuttgart Vorsitzende NRW Udo Holtmann Bund Udo Voigt Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 6 0 0 ca. 6 0 0 Bund ca. 4 . 0 0 0 ca. 3.500 Publikationen Deutsche Stimme; erscheint monatlich; Auflage ca. 4 0 . 0 0 0 Deutsche Zukunft-Landesspiegel NRW; erscheint monatlich, Auflage ca. 4 . 0 0 0 Dortmunder Stimmen, Schrift des NPD-Kreisverbandes Dortmund; erscheint vierteljährlich; Auflage ca. 500 Internet internet seit März 1996 64 Rechtsextremismus Dem NPD-Vorsitzenden Voigt ist es gelungen, den Abwärtstrend der Entwicklung und Partei zu stoppen und die NPD aus dem Schattendasein wieder mehr Situation der inden Blick der Öffentlichkeit zu rücken. DiePartei konnte ihre FinanzNPD situation auf Bundesebene ordnen. Eine Mitgliederwerbeaktion 1997 brachte vor allem inden neuen Ländern einen Zulauf neuer Parteimitglieder. Laut Pressemitteilung des NPD-Parteivorstandes vom 1 2. Januar 1998 hat die Partei im Jahre 1 9 9 7 1.640 neue Mitglieder gewinnen können; 7 0 % der neuen Mitglieder seien unter 30 Jahre alt. Der nordrhein-westfälische Landesverband verfügt über 54 Kreisverbände, die unterschiedlich aktiv sind. Nur ein paar Kreisverbände haben die notwendige organisatorische Kraft für politische Aktivitäten. Altersstruktur nach Jahren in % 18-25 Jahre 26-40 Jahre 41 - 60 Jahre über 60 Jahre Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes NRW stellt sich die Altersstruktur der NPD-Mitglieder in Nordrhein-Westfalen wie folgt dar: Der Anteil der weiblichen Mitglieder beträgt l 1,4%. Demgegenüber hat die Bundesgeschäftsstelle der NPD mit Rundschreiben G 4 / 9 7 folgende Strukturdaten der NPD-Mitglieder veröffentlicht: 65 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 16 - 25 Jahre 26-40 Jahre 41 - 60 Jahre Ober 60 Jahre Der Anteil der weiblichen Mitglieder beträgt 1 9 , 5 % . Das Durchschnittsalter liegt bei 4 5 , 6 Jahren. Die Abweichungen insbesondere bezüglich des Anteils jugendlicher Mitglieder ergeben sich zum Teil aus einer unterschiedlichen Zählweise. Der Verfassungsschutz NRW erfaßt Mitglieder erst ab 1 8 Jahren. Nach Berufsgruppen ergibt sich nach NPD-Angaben folgendes Bild: Berufsgruppen B Arbeiter | Angestellte * Selbständige O Beamte Die NPD dokumentiert ihre rechtsextremistische Einstellung unter anderem durch ihr Bekenntnis zum völkischen Kollektivismus, einer dem 66 Nationalsozialismus entnommenen Weltanschauung. Der personaBestrebungen len Autonomie des einzelnen ist die "Volksgemeinschaft" übergeordgegen die freinet. In ihrem Parteiprogramm von 1996-wie auch schon in den 1992 heitliche demobeschlossenen "Nationaldemokratischen Leitlinien Deutschland kratische Grund2000" - wird dieser völkisch-kollektivistischer Ansatz besonders erordnung kennbar, wenn es etwa heißt, die "Volksherrschaft" setze die "Volksgemeinschaft" voraus. Die Uberbetonung der "Volksgemeinschaft" und des "Volksganzen" gegenüber den Individualrechten ist nicht mit den tragenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu vereinbaren, insbesondere nicht mit der Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, dem Demokratieprinzip und dem Mehrparteiensystem. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 24. November 1987 ( 1 WB 105/86) festgestellt, daß die politischen Zielsetzungen, die die NPD in der Vergangenheit verfolgt habe und auch weiterhin verfolge, mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar seien. In ihren Propagandaschriften agiert die NPD gegen Ausländer, insbesondere gegen Asylbewerber. So heißt es u.a. in der NPD-Publikation "Deutsche Zukunft-Landesspiegel NRW" Nr. 1 1 -November 1997, unter der Überschrift "Immer mehr Schwarze in Deutschland!": "Nun soll auch die Einwanderung von Negern gefördert werden. Die Ludwig-Wünsche-Stiftung in Hamburg hat den Südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela mit einem Preisgeld von 20.000 DM ausgezeichnet, weil ersieh nach den Worten des Stiftungsvorsitzenden Graf Villavicencio besonders um die Integration von Schwarzen in unserer Bundesrepublik verdient gemacht hat, was auch dem Stiftungszweck entspricht. In der Renaissance und noch früher war es schick, sich einen Mohren zu halten, weil es dem Prestige des Standesherrn diente, wenn er sich mit exotischen Dingen, dazu gehörte auch der Mohr, den die damalige Gesellschaft knapp über dem Affen ansiedelte, umgab. Was früher eine Kuriosität mit Seltenheitswertwar, droht heute zum täglichen Erscheinungsbild auch in deutschen Städten zu werden. Überall begegnet man Schwarzen, die als Asylanten in unser Land kommen und durch die Printund Massenmedien salonfähig gemacht werden. Nicht nur auf deutschen Fußballfeldern, sondern auch im deutschen Fernsehen huschen immer mehr Bimbos über Feldbzw. Mattscheibe." 67 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Junge NationalBemerkenswert ist, daß sich die JN auf Druck der NPD nicht an den demokraten (JN) Heß-Aktionen 1997 beteiligten. Im NPD-Parteivorstand war die Sorfolgen dem ge vor einem möglichen JN-Verbot gewachsen, nachdem im nordParteivorstand rhein-westfälischen und in anderen Verfassungsschutzberichten den JN neonazistische Tendenzen bescheinigt worden waren. Die NPD setzt seit dem Wechsel des Vorsitzenden verstärkt auf ihre Jugendorganisation. Bei dem Versuch, die NPD zur politischen Heimat für alle "nationalen" Strömungen in Deutschland zu machen, sollen die JN eine besondere Rolle spielen: "Die zu uns strömende nationalistische Jugend wird dabei den notwendigen revolutionären Geist in unserer Bewegung beleben. Der nationale Widerstand in Deutschland muß endlich ohne Ansehen von Personen zur Wirkung kommen, und welcher Partei, wenn nicht der NPD, käme wohl sonst diese große Aufgabe zu?" (Voigt im NPD-Organ Deutsche Stimme, Ausgabe Juni 1997). NPD ohne Ihre Bündnispolitik mit DVU und REP sieht die NPD als gescheitert an. Bündnispartner Die Partei versucht nun aus eigener Kraft ihre politischen Ziele zu erreichen, indem sie "in erster Linie Inhaltsund aussagemäßig sich von den 'Auch-Nationalen' deutlich abzuheben versucht". Dabei stehen Themen wie soziale Sicherheit, Ausländerbegrenzung, Arbeitsplätze zuerst für Deutsche und Ablehnung des Euro im Vordergrund der politischen Arbeit. Bei der Wahl zur Bürgerschaft in Hamburg am 2 1 . September 1997 traten alle drei Parteien als Konkurrenten an. Dort blieb die NPD mit 0 , 1 % der Stimmen auch gegenüber DVU (4,9%) und REP (1,9%) weit abgeschlagen. NPD initiiert Rund 4 . 5 0 0 Teilnehmer demonstrierten am 1. März 1997 gegen die rechtsextremistiAusstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht" in sches AktionsMünchen. Aufgerufen hatten dazu NPD und JN. Neben Anhängern bündnis gegen der NPD und der JN folgten auch Neonazis und Skinheads dem WehrmachtsausAufruf. Publizistisch gelang der NPD erstmals eine breite parteiüberstellung greifende Mobilisierung von Rechtsextremisten und Konservativen bis in das bürgerliche Spektrum. Trotz starker Gegendemonstrationen konnte die Polizei größere Ausschreitungen verhindern. Die NPD wertete die Veranstaltung als großen Erfolg und sprach vom größten "nationalen" Aufmarsch seit über 2 0 Jahren. Unter der Überschrift "Das Fanal von München" heißt es im Parteiorgan "Deutsche Stimme" (Ausgabe März 1997): "Es dauert in Deutschland zwar meist etwas länger, bis das Volk aufsteht, doch wir können es in Ruhe abwarten, denn der natio68 Rechtsextremismus nale Widerstand formiert sich! Ziehen wir die Lehre vom 1. März 1997: Nur gemeinsam sind wir stark! Nun hat der Kampf begonnen, und nur, wenn wir einig sind, können 'wir da unten ' - 'die da oben' vom Thron stürzen." Der Versuch, mit einer erneuten Kundgebung am 1. Mai 1997 in Leipzig an den Erfolg von München anzuknüpfen, scheiterte. Das O V G Sachsen bestätigte das Verbot der Versammlung praktisch in letzter Minute. Die Mobilisierung der NPD gelang wegen der Unsicherheit über das Verbot der Veranstaltung nur parteiintern und unvollständig. Anreisende Busse wurden von der Polizei gestoppt. Etwa 100 beteiligte Neonazis aus Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen gelang eine kurze Kundgebung in Hannoversch Münden, die von der Polizei rasch aufgelöst wurde. Auf der Sitzung am 17. August 1 9 9 7 beschloß der NPD-Partei vorStellvertretender stand, Günter Deckert wegen fortwährender und schwerwiegender Parteivorsitzender Verletzung der Treuepflicht gegenüber der NPD seines Amtes als stellamtsenthoben vertretender Parteivorsitzender zu entheben. Deckert habe der NPD mit Beschuldigungen gegen Vorstandsmitglieder geschadet, die er in seiner Schrift "Deckert-Stimme" verbreitet habe. Der in der Haftanstalt Bruchsal wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß einsitzende Deckert war bis März 1996 NPD-Parteivorsitzender. Auf dem 2 7 . ordentlichen Bundesparteitag der NPD am 1 0 . / l 1. Neonazi Roeder Januar 1 998 in Reuterstadt Stavenhagen sprach vor ca. 300 Teilnehals Gastredner mern der im Zusammenhang mit der sog. "Bundeswehraffäre" in die beim BundesSchlagzeilen geratene Neonazi und verurteilte Rechtsterrorist Manparteitag fred Roeder. Er berichtete über sein Auftreten in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg und bezichtigte Bundesverteidigungsminister Volker Rühe des Verrates an deutschen Interessen und forderte ihn umgehend zum Rücktritt auf. Weiter heißt es in der Pressemitteilung des Parteivorstandes vom 12. Januar 1998: "Roeder wünschte der NPD viel Glück bei den bevorstehenden Wahlen, habe aber selbst den Glauben an Änderung der politischen Verhältnisse durch Wahlen verloren. Ersetze eher auf einen Umsturz durch das Volk, wie 1989 in der ehemaligen DDR. Dieser werde aber kaum unblutig und ohne Opfer verlaufen, da er bereits mehrfach auf offener Straße das Opfer linker Gewalttäter geworden sei." Der Parteivorsitzende Udo Voigt wurde auf dem Bundesparteitag in seinem Amt bestätigt. Der frühere Parteivorsitzende Günter Deckert 69 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 gehört dem Parteivorstand nicht mehr an. Neben dem bisherigen Vorstandsmitglied Holger Apfel, Bundesvorsitzender der JN, gehören mit Steffen Hupka, Jens Pühse und Frank Schwerdt auch führende Neonazis dem Bundesvorstand der NPD an. Teilnahme an der Die NPD beabsichtigt, sich 1998 an der Bundestagswahl zu beteiliBundestagswahl gen. Hierbei dürfte für die Partei das zu erzielende Wahlergebnis 1998 zweitrangig sein. Die NPD will mit der Teilnahme ihre Führungsrolle im rechtsextremistischen Parteienspektrum unter Beweis stellen und ihre Präsenz in der Öffentlichkeit zeigen. Der Parteivorsitzende sieht es als politische Notwendigkeit an, daß die NPD sich an der Bundestagswahl beteiligt. Auf ihrer Landesdelegiertentagung im September 1997 wählte die nordrhein-westfälische NPD ihre Kandidaten für die Landesliste NRW zur Bundestagswahl 1998. Auf Platz 1 wurden der Revisionist Udo Walendy (siehe Nr. 2.6.8, "Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung") und auf Platz 2 der NPD-Landesvorsitzende Holtmann gewählt. Rechtsextremismus Unter dem Motto "Organisierter Wille bedeutet Macht" veranstaltete die NPD am 7. Februar 1998 in der Nibelungenhalle zu Passau ihren Bundeswahlkongreß als "Tag des nationalen Widerstandes". An der Versammlung nahmen ca. 5 . 0 0 0 Rechtsextremisten teil, darunter zahlreiche Neonazis und Skinheads. Die Teilnahme der Neonazis-u.a. Jürgen Rieger, Manfred Roeder, Friedhelm Busse und Christian Worch - an dem Wahlkongreß der NPD verdeutlicht die Offenheit der Kooperation der Partei mit der neonazistischen Szene. Der Parteivorsitzende Udo Voigt sprach in seiner Rede vom Versagen der Regierungsund Oppositionsparteien. "Wirtschafts-, Finanz-, Rentenund Ausländerpolitik sind am Ende. Deutschland wird von Bonn verraten und verkauft. Nur eine Zusammenarbeit der verschiedenen nationalen Gruppierungen kann den Untergang Deutschlands verhindern. Ab dem 6. Februar 1998 wird es die NAPO - die nationale außerparlamentarische Opposition in Deutschland geben." Die NPD ist seit März 1996 im Internet vertreten. Bereits im Juli 1996 NPD im Internet veranstaltete der NPD-Kreisverband Augsburg einen "Internet-Kongreß", bei dem es um Informationsaustausch, Koordination und Verschlüsselung ging. Außerdem wurde ein "Arbeitskreis Internet" der NPD gegründet. Inzwischen stellt die NPD eines der umfangreichsten Angebote deutscher Extremisten. Nachdem die ersten Internetseiten verschiedener Gliederungen der NPD und ihrer Jugendorganisation JN zunächst bei verschiedenen Providern plaziert waren, ist die NPD inzwischen unter einer eigenen Adresse zu erreichen, um Sperrungen des Zugangs durch Provider zu vermeiden. Die NPD bietet seitdem auch Providerdienste für andere Parteien oder Vereinigungen aus dem rechtsextremistischen Lager an, was aber bislang - soweit ersichtlich istkaum genutzt wird. Zum Internetangebot der NPD gehört unter anderem die Schrift "Deutsche Stimme", die dort auch um Abonnenten wirbt. Darüber hinaus werden Bücher, CDs, Fahnen und diverse Werbematerialien aus dem NPD-Verlag "Deutsche Stimme" angeboten, die auch online bestellt werden können. Auf weiteren Seiten der NPD finden sich zum Beispiel Aufrufe zu Demonstrationen, das NPD-Parteiprogramm, Pressemitteilungen der NPD, Seiten der NPD-Landesverbände und Diskussionsforen. Im NPD-Internetforum "Freie Meinungsäußerung" wird die auf den NPD-Seiten ansonsten gepflegte Zurückhaltung aufgegeben, 71 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 wie die Zusammenstellung folgender "Diskussionsbeiträge" zeigt (Fehler übernommen): "Sieg Heil an alle Kameraden - Gruss an alle, die des Todestages von Führer-Stellvertreter, Rudolf Hess gedenken ..." "Heil Deutschland!..." "... Meine Meinung ist, das sich in Deutschland endlich mal was aendern muss. Es geht nicht an, das die diese Schmarotzer (Auslaender) weiterhin Deutschland verpesten. Ich sage: Skinheads vereinigt euch, damit die Auslaenderbrut keine Chance mehr hat. Deutschland den Deutschen Auslaender raus!II gezeichnet: Killer Joe Ein aufrechter Deutscher!" "... Ich kann Dir hierzu nur raten: (!) Informiere Dich über die Geschichte der NSDAP (die es von einer unbedeutenden Splitterpartei zur stärksten deutschen Kraft brachte) (2) Schaue Dir historische Videos an (z.B. Nürnberger Reichsparteitage, Führergeburtstage etc.) (3) Komme am 07/02/98 mit nach Passau. Zwar magst Du jetzt einwenden (zu 1 und 2), daß dies doch alles Vergangenheit ist. Stimmt! Aber nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft verändern! Die NSDAP gibt es heute nicht mehr, aber wir können sehr viel von ihr lernen. Ihr Rezept hieß: Massenveranstaltungen! Sie fingen mit hundert Zuhörern an - später waren es hunderttausende. Wenn wir die entsprechenden Redner in unseren Reihen hätten, wäre der Rest durchaus zu schaffen. Unser Volk ist noch immer begeisterungsfähig, und hier müssen wir ansetzen ... gez. Pflugbeil, Hauptsturmführer." Ausblick O b die bei der NPD sich abzeichnende Aufwärtsentwicklung anhält und erfolgreich sein wird, ist eher zweifelhaft, zumal die Partei bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft im September 1997 mit 0,1 % der Stimmen ein desolates Wahlergebnis erzielte. Ein entscheidender Wendepunkt für die Partei kann die Bundestagswahl 1998 sein. Sollte die NPD ihr Wahlziel wiederum deutlich verfehlen, so ist nicht auszuschließen, daß bei der Anhängerschaft eine starke Resignation und Verunsicherung eintritt und die Partei wieder in die politische Bedeutungslosigkeit versinkt. 72 Rechtsextremismus 2.1.3 Deutsche Volksunion (DVU) Gründung Landesverband NRW 1 1. Februar 1 9 8 9 Bund 5. März 1987 Sitz NRW Hamm Bund München Vorsitzender NRW Hans-Dieter Wiegräfe Bund Dr. Gerhard Frey Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 2.300 ca. 2.300 Bund ca. 15.000 ca. 15.000 Publikationen Deutsche National-Zeitung (DNZ), Auflage rund 3 5 . 0 0 0 ; erscheint wöchentlich Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger (DWZ/DA), Auflage rund 2 1 . 0 0 0 ; erscheint wöchentlich Internet seit 1997 Die Partei wurde im März 1987 in München auf Initiative Freys unter Einbeziehung des bereits seit 1971 bestehenden Vereins "Deutsche Volksunion e.V." als Wahlpartei "DVU Liste D" gegründet. Die Umbenennung in Deutsche Volksunion (DVU) fand im Februar 1991 durch Satzungsänderung statt. Die DVU ist bundesweit in 15 Landesverbänden organisiert. Die von Organisation dem Verleger Frey geführte DVU hat nur unterentwickelte Parteistrukturen. Die existierenden Bezirksund Kreisverbände entfalten nach außen keinerlei Aktivitäten. Der Mangel an innerparteilicher Demokratie wird dadurch deutlich, daß es in der DVU weder Personalnoch Sachdiskussionen gibt. Die Politik der Partei kommt ausschließlich in den Wochenzeitungen ihres Bundesvorsitzenden Frey zum Ausdruck, der seine Partei zentralistisch, dirigistisch und autoritär führt. Einnahmen der Partei sind nach ihrer Finanzordnung MitgliedsbeiFinanzen träge, Sammlungen und Spenden. Tatsächlich finanziert sich die DVU 73 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westtalen 1997 im wesentlichen durch den Zeitungskonzern ihres Bundesvorsitzenden. Für Frey stellt der Verkauf seiner Wochenzeitungen DNZ und D W Z / D A eine wichtige Einnahmequelle dar. In diesen betreibt er massiv Werbung für Bücher, Münzen, Medaillen, Schallplatten und Videokassetten mit politischem Inhalt, die über seinen "Freiheitlichen Buchund Zeitschriftenverlag GmbH" (FZ-Verlag) bezogen werden können. Weitere nichtunerhebliche Finanzmittel werden aus der Teilnahme an Wahlen über die staatliche Parteienfinanzierung geschöpft. In der Vergangenheit hat sich die DVU vornehmlich in Norddeutschland an Wahlen beteiligt, wenn sie mit Wahlkampfkostenerstattung rechnen konnte. Politische Ziele/ Das bewußt allgemein Agitation gehaltene Parteiprogramm der DVU läßt die rechtsextremistische Grundhaltung nicht ohne weiteres erkennen. Belege für rechtsextremistische Bestrebungen finden sich in den Wochenzeitungen. Wegen der beherrschenden Stellung Frey's in der DVU sowie bei DNZ und D W Z / D A können sie als deren Sprachrohr bzw. Parteiorgane angesehenwerden. Durch Häufung von Meldungen zu bestimmten Themen werden Ressentiments geschürt und Solidarisierungseffekte zugunsten der DVU aufgeWahlslogan der DVU in Sachsen-Anhalt baut: J Einseitige und verzerrende Berichterstattung über Ausländerkriminalität * Thema "Juden und Israel" mit Kampagnen gegen 74 Rechtsextremismus Masseneinwanderung von Juden" "neue Milliardenforderungen" "Wiedergutmachung ohne Ende" "Juden an den Schaltstellen der Macht" _l Relativierung von NS-Verbrechen Hier versucht die FreyPresse, die NS-Verbrechen durch Gegenüberstellung mit von anderen Völkern angeblich begangenem Unrecht zu relativieren. J Vermeintliche Entlastung von der Kriegsschuld Als Reaktion auf die Wehrmachtsausstellung werden von der DVU die tapfersten und ehrenhaftesten Soldaten gewürdigt. Unverkennbar steht die massive fremdenfeindliche Propaganda im Gegensatz zur verbalen Distanzierung der Partei von Gewaltaktionen gegenüber Ausländern. Bei der Wahl zur Bürgerschaft in Hamburg am 2 1 . September 1997 Teilnahme an scheiterte die DVU mit 4,9% nur knapp an der 5%-Grenze. Es gelang Wahlen ihr jedoch der Einzug in 4 von 7 Bezirksvertretungen mit insgesamt 1 3 Abgeordneten. Dieses Ergebnis ist auf eine "Materialschlacht" der DVU zurückzuführen. Unter Einsatz erheblicher Finanzmittel hat Frey neben aufwendiger Plakatwerbung flächendeckend Propagandamaterial durch Postwurfsendungen verschickt. Durch persönliche Werbeschreiben hat er versucht, Mitglieder und Spender zu gewinnen. Sogar ein Kleinflugzeug mit der Parolenschleppe "Wählt DVU" wur75 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 de im September 1997 über Hamburg eingesetzt. Mit Blick auf diese Wahl heißt es unter der Überschrift "Sachsen-Anhalt = DVU geht ran" in den Wochenzeitungen DNZ und D W Z / D A (Nr. 45 vom 3 1 . Oktober 1997), der DVU-Bundesvorstand habe auf Antrag des Bundesvorsitzenden Frey die Teilnahme der Partei an der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im April 1998 beschlossen. Obwohl eine Entscheidung über die Teilnahme der DVU an der Bundestagswahl 1998 noch nicht gefallen ist, weist der DVU-Landesverband Nordrhein-Westfalen schon jetzt auf die Bedeutung der dann notwendigen Unterstützungsunterschriften hin. In einem Rundbrief stellt er fest: "Da die Deutsche Volksunion voraussichtlich zur Bundestagswahl 1998 antreten wird, bitte ich bei keiner anderen Partei Unterstützungsunterschriften zu vollziehen. Diese würden uns dann bei unserer Sammlung fehlen. Sollten bei zwei oder mehreren Parteien Unterschriften geleistet sein, so sind alle Unterschriften ungültig. Bitte unterschreiben Sie auch nicht bei der NPD, da diese Partei sich in Hamburg gegen uns stellte, obwohl auf der Landesliste in Hamburg und auch in einigen Bezirken der NPD Angebote gemacht wurden. Sie bekam zwar nur 0,1 %, aber vielleicht haben uns diese Stimmen gerade gefehlt." (Anmerkung der Redaktion: Der Einzug der DVU in den Landtag von Sachsen-Anhalt hat dazu geführt, daß sie ohne weitere formale Voraussetzungen bei der Bundestagwahl antreten können). DVU im Internet Das Internetangebot der DVU entstand erst 1997 Ähnlich wie die NPD bietet die DVU anderen rechtsextremistischen Gruppierungen ihre Providerdienste an, was bislang offenbar aber nicht genutzt wird. Neben der üblichen Selbstdarstellung, dem Parteiprogramm, Anschriften usw. fehlt nicht der DVU-typische Hinweis auf die Wochenzeitungen des DVU-Vorsitzenden Frey, die durch Links zu seinem Verlag auch online verfügbar sind. Auszüge aus der jeweils aktuellen Ausgabe können auf den Seiten seines Verlages gelesen werden. Neben einem Abonnement-Bestellformular für die Wochenzeitungen gibt es auch eine Bestellmöglichkeit für die Artikel des Frey'schen Versandhandels. 76 Rechtsextremismus 2.1.4 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) Die Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) löste sich Mitte Oktober 1996 als politische Partei auf und nahm die Rechtsform eines Vereins an. Aktivitäten auf NRW-Landesebene gab es 1997 nicht mehr. Lediglich in Köln treffen sich noch DLVH-Mitglieder zu politischen Stammtischen. Die bekanntesten DLVH-Protagonisten Harald Neubauer und Peter Dehoust (Nation & Europa) setzten 1997 ihre Werbung für eine "Vereinigte Rechte" gemeinsam mit den früheren REP-Bundesvorsitzenden Schönhuber fort. 2.1.5 Krefelder Gesprächskreis Deutsche Politik Sitz Krefeld Vorsitzender Dr. Ulrich Hofs Mitglieder ca. 4 0 Publikation Pressedienst; erscheint unregelmäßig Der "Krefelder Gesprächskreis Deutsche Politik" (auch "Krefelder Forum Freies Deutschland") wurde dem Verfassungsschutz NRW erstmalig im Dezember 1992 bekannt. Hervorgegangen ist der Gesprächskreis aus dem "Gesamtdeutschen Studentenverband e.V." (GDS), dieser wiederum aus dem "Verband Heimatvertriebener Deutscher Studenten" (VHDS). Der VHDS war bereits 1950 gegründet worden und hatte sich ab 1964 in "Ostpolitischer Deutscher Studentenverband e.V." (ODS) umbenannt. Bei dem "Krefelder Gesprächskreis" handelt es sich um einen losen Zusammenschluß von Personen aus unterschiedlichen -zumeist rechtsextremistischenOrganisationen, wie REP, DVU und DLVH, der sich regelmäßig zweimal monatlich in einer Gaststätte zu Diskussionsrunden oder Vortragsveranstaltungen trifft. Man versucht dabei, durch die Auswahl allgemein interessierender Themen, wie z.B. Euro oder Arbeitslosigkeit, einen größeren Personenkreis zu erreichen, ohne daß gleich die dahinter stehende rechtsextremistische Motivation erkennbar werden soll. Außerdem werden Veranstaltungen bürgerlicher Vereinigungen nach Absprache gezielt besucht, um durch Störaktionen den eigenen rechtsextremistischen Hintergrund zu transportieren. Neben den Veranstaltungen beschränken sich die Aktivitäten des 77 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Personenkreises auf die sporadische Herausgabe des "Pressedienst" mit überwiegend fremdenfeindlicher Thematik. Es ist beabsichtigt, an der Kommunalwahl 1999, eventuell auch in Form einer Listenverbindung, mit eigenen Kandidaten teilzunehmen. 2.2 Neonazismus 2.2.1 Neonazis auf Bundesebene und in NRW Bundesebene Die bundesweite Neonazi-Szene hat sich 1997 konsolidiert. Unter Führung und Anleitung von ca. 20 - 3 0 Führungskadern hat sich die Anzahl der mobilisierbaren Szenenangehörigen bei ca. 4 0 0 bis 5 0 0 Personen stabilisiert. Die insgesamt in losen Personenzusammenschlüssen organisierte Szene gleicht diesen vermeintlichen Mangel durch eine nahezu lückenlose Vernetzung im kommunikativen Bereich aus. Hierzu gehören Adressen im Internet, das "Thule-Netz" und das "Nordland-Netz" sowie die "Nationalen Info-Telefone" (NIT) und die Ausstattung mit Handy-Telefonen (siehe Nr. 1.7). Bundesweite Schwerpunkte der Szene sind weiterhin der Großraum Hamburg, Berlin, SachsenAnhalt, Thüringen, das südöstliche Niedersachsen, der Hochsauerlandkreis, der Großraum Karlsruhe und der Großraum München. Thematische Schwerpunkte der Szene waren 1997 die Wanderausstellung "Vernichtungskrieg-Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" und der "Rudolf-Heß-Marsch" anläßlich des 10. Todestages von Rudolf Heß. Darüber hinaus befaßte man sich intensiv mit der "gnadenlosen Verfolgung" durch Polizei und Behörden. Letzteres führte zu einer spürbar aggressiveren Haltung der Szene gegenüber dem Staat und seinen Vertretern. Der plötzliche Tod der beiden - auch auf Bundesebene bekannten - Aktivisten Thomas Kubiak und Andree Zimmermann aus Winterberg/ NRW hat in der Szene einen als schwerwiegend empfundenen Verlust bewirkt. Neonazi-Szene Die Neonazi-Szene in Nordrhein-Westfalen wird von weniger als 10 in NordrheinFührungskadern gesteuert. Bei bundesweiten Aktionen imjahre 1997, Westfalen wie der Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung am 1. März in München, einer für den 1. Mai in Leipzig geplanten Großveranstaltung und den Aktionen zum 10. Todestag von Rudolf-Heß, hat sich gezeigt, daß die Szene über ein Mobilisierungspotential von bis zu 78 Rechtsextremismus 150 Personen verfügt. Dieses Reservoir ergibt sich aus dem Potential von Neonazis und JN. Die staatlichen Verbotsmaßnahmen und die intensive Beobachtung haben die Szene gegenüber früher feindseliger und unberechenbarergemacht. Wenngleich insofern Gewalttaten nicht auszuschließen sind, tritt der Gewaltaspekt in Nordrhein-Westfalen gegenüber anderen Ländern zurück. In den Kreisen Siegen und Olpe sowie dem Hochsauerlandkreis, aber Regionale auch länderübergreifend in den hessischen Kreisen Korbach und FranSchwerpunkte kenberg, agiert seit 1991 die "Sauerländer Aktionsfront" (SAF, in NRW siehe Nr. 2.2.4). In Essen existierte bis zurjahresmitte 1997 eine buntzusammengesetzte Neonaziszene. Rund 20 bis 30 Anhänger kamen unter Leitung zweierehemaliger FAP-Kader regelmäßig im Trefflokal des ehemaligen FAPKreisverbandes Essen zusammen. Dieser Personenkreis setzt sich überwiegend aus ehemaligen FAP-Angehörigen, Skinheads sowie Jugendlichen ohne jeden politischen Vorlauf zusammen. Auffallend ist, daß seit dem FAP-Verbot sehr viele Minderjährige die Veranstaltungen aufsuchten und die Teilnehmer-wenn auch überwiegend aus dem Ruhrgebiet-vermehrtauch aus entfernteren Städten in NRW kamen. Der genannte Personenkreis ist trotz weitgehender politischer Inaktivität jederzeit Mobilisierungsreserve für überregionale Aktionen der Neonazi-Szene, so z. B. anläßlich der NPD/JN-Demonstration am 1. März 1 9 9 7 in München und am 1. Mai 1997 in HannoverschMünden. O b der Treffpunkt in Essen zukünftig für die Szene erhalten bleibt, ist offen. 2.2.1.1 Rudolf-Heß-Aktionen Am 1 7. August 1997 jährte sich zum zehnten Mal der Todestag des früheren "Hitler-Stellvertreters" Rudolf Heß. Ein "Aktionskomitee Rudolf Heß 1997" aus führenden Neonazis rief für den Zeitraum vom 9. bis 23 August 1997 "Heß-Aktionswochen" aus. Die dazu erforderlichen Materialien wie Flugblätter, Plakate und Aufkleber wurden zentral hergestellt und innerhalb der Szene in großen Stückzahlen zum Kauf angeboten. Eine zu diesem Anlaß produzierte "Heß-CD" enthielt einen Redebeitrag des früheren Vorsitzenden der verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), Friedhelm Busse, und mehrere einschlägige Liedtexte. Zu den Mitgliedern des "Aktionskomitees Rudolf Heß 1 997" gehörten auch Aktivisten der SAF. 79 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Der Versuch eines zentralen Aufmarsches mißlang am 16. August 1997 im Raum Braunschweig, Wolfenbüttel, Königslutter. Die Organisatoren des zentralen "Heß-Marsches" wurden durch die von ihnen nicht erwartete Präsenz von Polizeikräften an allen Orten, die sie im Verlauf des Veranstaltungstages ansteuern wollten, aus dem Konzept gebracht, und es entstand ein Chaos. Schon während der Anreise wurden viele der potentiellen Veranstaltungsteilnehmer, darunter auch führende Aktivisten, erkannt und durch die Polizei an der Weiterfahrt Überregional vertriebenes Plakat zum 10. Todestag von Rudolf Heß 80 gehindert. Ein Großteil der Szene irrte unkoordiniert umher. Von den schätzungsweise 6 0 0 Neonazis, die sich auf den Weg begeben hatten, erreichten nur etwa 100 den zuletzt angegebenen Zielort Königslutter (Niedersachsen). Die Führung zum Dom übernahm ein hilfsbereiter ortskundiger Journalist. Den dortigen "Aufmarsch" beendete die Polizei nach kürzester Zeit. Die Fahrzeuge von in Gewahrsam genommenen Neonazis wurden von nachreisenden Autonomen teilweise schwer beschädigt. Die Resonanz der Medienvertreter auf die Neonazi-Aktion war groß. Zahlreiche Journalisten waren in laufendem Kontakt mit dem "Pressesprecher des Aktionskomitees". Im Falle eines gelungenen Aufmarsches wäre eine breite Berichterstattung in Presse, Funk und Fernsehen gesichert gewesen. Am selben Tag fand in Koege (Dänemark) der von der "Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung" angemeldete "europäische HeßMarsch" unter Beteiligung von Neonazis aus den Niederlanden mit insgesamt 1 3 0 Teilnehmern, darunter 10 Rechtsextremisten aus Deutschland, statt. Kleine Gruppen von Rechtsextremisten veranstalteten am "Hauptaktionstag" weitere demonstrative Aktionen, u.a. auf der Insel Helgoland und in Rinteln (Niedersachsen). In NRW versuchte die SAF, eine Nachfolgeaktion durchzuführen. Die beabsichtigte demonstrative Kranzniederlegung durch ca. 15 SAF-Angehörige in Meschede konnte jedoch verhindert werden. Das "Aktionskomitee" zeigte sich enttäuscht und verärgert darüber, daß sich die JN als Organisation nicht an den "Heß-Gedenkfeiern" beteiligt hat. Obwohl sich schließlich einzelne Mitglieder der JN in eigener Verantwortung an "Heß-Aktionen" beteiligten, konnte das Ziel nicht erreicht werden, innerhalb der Szene das 1996 in Worms entstandene Gefühl zu erhalten und zu stärken, es gebe eine mehr und mehr zusammenwachsende Szene, die Basis für künftige Erfolge sei. Zum Ausgang der Gedenk-Aktion äußerte sich der Berliner Neonazi Frank Schwerdt, ehemals Vorsitzender der zwischenzeitlich aufgelösten "Die Nationalen e.V.", in der Oktoberausgabe des NPD-Parteiorgans "Deutsche Stimme" wie folgt: Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 "... bleibt die bittere Feststellung, daß der Staat diesmal mächtiger war und daß es zu der erhofften, machtvollen Kundgebung nicht kam. In Zukunft muß allerdings ein ganz anderer Weg eingeschlagen werden.... Viele kleine Aktionen, es müssen nicht nurVeranstaltungen und Demonstrationen sein, können unter dem Strich wirkungsvoller sein." 2.2.1.2 Anti-Antifa-Aktivitäten Bei der von dem Hamburger Neonazi Christian Worch 1992 gegründeten "Anti-Antifa" handelt es sich nicht um eine neonazistische Organisation, sondern um eine politische Strategie für Maßnahmen von Neonazis gegen ihre politischen Gegner. Ziel dieser Strategie ist es, die "Linken" durch Veröffentlichung ihrer Personalien zu verunsichern. Bedingt durch die stringenten staatlichen Repressionsmaßnahmen gegen die Szene werden seit 1996 unter Anleitung des niederländischen Neonazis Eite Homan in einer Variante der "Anti-Antifa-Kampagne" Personendaten von Angehörigen deutscher Sicherheitsbehörden gesammelt. Bis heute ist jedoch eine zunächst vorgesehene Veröffentlichung dieser Daten nicht erfolgt. An die Namen und weitere Personalien der betroffenen Angehörigen der Sicherheitsbehörden gelangt die Szene oft durch Einsichtnahme in Verfahrensakten bei den Verteidigern oder durch Auswertung von öffentlich zugänglichen Nachschlagewerken, wie z. B. das Handbuch der deutschen Justiz oder durch Computer-Recherche auf Telefon-CD-Roms. Inzwischen werden die Personaldaten von Polizeibeamten der StaatsschutzDienststellen und von Staatsanwälten in diesem allgemein zugänglichen Medium überprüft. Ein exemplarisches Beispiel für eine Kombination aller genannten Varianten der "Anti-Antifa-Kampagne" ist eine im Jahr 1996 sowohl im Thule-Mailboxnetz, als auch im Internet veröffentlichte Liste über "linke" Einrichtungen bzw. Personen (siehe Ziffer 2.2.1.3 des Verfassungsschutzberichtes des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1996). Nachdem der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß SS 1 29 StGB (u.a. gegen zwei führende Neonazis aus Nordrhein-Westfalen) eingeleitet hatte, wurden im September 1997 die Personalien des zuständigen Oberstaatsanwalts beim BGH in der Szene bekanntgegeben. Rechtsextremismus Zu Gewalttaten gegenüber in "Anti-Antifa-Veröffentlichungen" genannten Personen bzw. Objekten ist es bis heute nicht gekommen. Eine Veröffentlichung der Personaldaten von Angehörigen der Sicherheitsbehörden ist bisher noch nicht erfolgt, da die Szene mit harten staatlichen Reaktionen rechnet. 2.2.2 Verbotene Neonazi-Organisationen Seit 1992 wurden folgende neonazistische Organisationen verboten: Nationalistische Front (NF) 27. November 1992 Deutsche Alternative (DA) 10. Dezember 1992 Deutscher Kameradschaftsbund (DKB) 2 1 . Dezember 1992 Nationale Offensive (NO) 22. Dezember 1992 Nationaler Block (NB) 1 1. Juni 1993 Heimattreue Vereinigung Deutschlands (HVD) 14. Juli 1993 Freundeskreis Freiheit für Deutschland (FFD) 2. September 1993 Wiking Jugend (WJ) 10. November 1994 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 24. Februar 1995 Nationale Liste (NL) 24. Februar 1995 Direkte Aktion/Mitteldeutschland 5. Mai 1995 Skinheads Allgäu 30. Juli 1996 Kameradschaft Oberhavel (Brandenburg) 14. August 1997 Weitere Einzelheiten und Hintergründe enthält der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 1996 (siehe dort ebenfalls Nr. 2.2.2). Das niedersächsische Innenministerium hat die von dem Rechtsextremisten Jürgen Rieger geleiteten rechtsextremistischen Vereine Heide-Heim e.V. (Hamburg) 1 1. Februar 1998 Heideheim e.V. (Buchholz) 1 1. Februar 1998 verboten. In der Verbotsbegründung heißt es u.a., beide Vereine verfolgten das Ziel, mit ihrer Tätigkeit die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend zu untergraben und letztendlich zu beseitigen. Ferner seien die Vereine - nach den Verboten der bislang in Hetendorf aktiven neonazistischen Organisationen - gegenwärtig vorrangig verantwortlich für Planung, Organisation und Durchführung der rechtsextremistischen Gemeinschaftsveranstaltungen "Hetendorfer Tagungswoche". 83 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 2.2.3 Junge Nationaldemokraten (JN) Gründung 1969 Sitz NRW Bochum-Wattenscheid Bund Dresden Vorsitzende NRW Achim Ezer Bund Holger Apfel Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 80 ca. 80 Bund ca. 3 5 0 ca. 2 0 0 Publikationen "Einheit und Kampf", erscheint unregelmäßig; Auflage: ca. 2.000 "Der Aktivist" - Nationalistisches Infoblatt, erscheint unregelmäßig; Auflage: ca. 9 0 0 "Frontdienst" (Materialliste der JN), erscheint unregelmäßig; Auflage: ca. 10.000 "Der Ruhrstürmer", Junge Nationaldemokratische Zeitung desJNRegionalverbandes Ruhr, erscheint unregelmäßig Internet JN-Köln u.a. Entwicklung und Gegenüber Neonazis istdiejugendorganisation der NPD in jüngster Situation der JN Zeit zurückhaltender geworden. Die JN verstehen sich zwar als "Kristallisationskern des jungen nationalen Widerstands", wollen aber den Eindruck vermeiden, ein Auffangbecken für Neonazis zu sein. Dennoch nehmen die JN auch weiterhin Mitglieder verbotener neonazistischer Organisationen auf und propagieren bei Aktionen gemeinsam mit Neonazis und Skinheads den "nationalen Widerstand". Als Beispiel hierfür dienen die von NPD/JN initiierten Aktionsbündnisse am 1. März 1997 gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht" in München sowie eine bundesweite Kundgebung am 1. Mai 1997 in Leipzig (siehe auch Nr. 2.1.2). 84 Rechtsextremismus Die ideologischen Fundamente der JN bilden ein "Thesenpapier" von Ideologie der JN 1 991 und die "Jugendpolitischen Leitlinien" von 1995. In dem Thesenpapier bekennen sich die JN zur Ideologie, zur Zielsetzung und zum Programm der Mutterpartei NPD, artikulieBRD heißt das System ren sich aber zum Teil wesentlich aggressiver. Sie lehnen die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland ab und wollen die Gesellschaft durch eine Revolution zu einer völkischen Solidargemeinschaft umstrukturieren (Thesenpapier 1991 ). Völkisch-kollektimorgen wird es vistische Elemente ziehen sich auch durch die "Jugendpolitischen Leitlinien", in deuntergehn ! nen es vordergründig um das Junge Wationaldemokraten Wohl der Jugend geht. Unausgesprochen wird eine Unterordnung des Einzelnen unter das Wohl der Volksgemeinschaft gefordert. Aufkleber der JN In der Ausgabe Nr. 17 (Januar 1997)derJN-Publikation "Einheit und Publikation "EinKampf" teilt der JN-Bundesvorsitzende Holger Apfel mit, daß die heit und Kampf" Zeitschrift nunmehr im neuen Gewand und unter neuer Herausgeberschaft erscheint. Zusammen miteiner neuen Redaktionsgemeinschaft werde man versuchen, "Einheit und Kampf" wieder zu einem Sprachrohr des gesamten nationalen Widerstandes zu machen. Die Ausgabe Nr. 19 (August 1997) enthält eine Reihe neonazistisch geprägter Beiträge, so u.a. ein Portrait von Rudolf Heß und einen Fortsetzungsartikel zur Geschichte der SA. Nach Querelen mit der JNFührung hat zwischenzeitlich der Mitherausgeber und Chefredakteur seine Funktionen bei der Zeitschrift "Einheit und Kampf" niedergelegt und seinen Austritt aus den JN erklärt. 85 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 JN-BundesAm 10. Mai 1997 fand in Roding/Oberpfalz der 26. ordentliche Bunkongreß deskongreß der JN statt. Im Mittelpunkt stand die Neuwahl des Bundesvorstandes. Der Bundesvorsitzende Apfel wurde in seinem Amt bestätigt. Dem Bundesvorstand gehören eine Reihe von Neonazis aus inzwischen verbotenen Organisationen an, so u.a. ein Funktionär des verbotenen neonazistischen "Nationalen Blocks" (NB). Die Wahl der Neonazis in den Bundesvorstand verstärkt die neonazistische Ausrichtung der JN, was offenbar durch den NPD-Vorsitzenden Voigt toleriert wird. ZusammenDie sich 1996 abzeichnende enge Zusammenarbeit zwischen JN und arbeit mit den Neonazis hält an. Allerdings kam es zeitweise zu Unstimmigkeiten Neonazis zwischen den führenden Aktivisten der Szene, was sich besonders an der Kritik der Neonazis am Führungsverhalten der JN-Funktionäre im Zusammenhang mit der verbotenen 1. Mai-Demonstration in Leipzig, der mißlungenen Ersatzveranstaltung in Hannoversch-Münden und an den Vorbereitungsaktivitäten für die Heß-Aktionen festmachen läßt. Heß-Aktionen DieJN haben sich 1997 nichtan den Vorbereitungen und an der Durch1997 führung der Rudolf-Heß-Aktionen beteiligt. Angeblich sei das Thema zu vergangenheitsbezogen. Tatsächlich hatte der NPD-Parteivorstand die JN aus Sorge vor einem möglichen Verbot der JN zu einem Teilnahmeverzicht gedrängt, nachdem diesen im nordrhein-westfälischen und in anderen Verfassungsschutzberichten neonazistische Tendenzen bescheinigt worden waren. Gegen die Teilnahme einzelner JN-Mitglieder an Gedenk-Aktionen bestanden aber seitens der Bundesführung keine Bedenken. Uneinigkeit innerhalb der Neonazis ließen Auseinandersetzungen hinsichtlich der richtigen Strategie bei den Vorbereitungen und der Durchführung der Heß-Aktionen deutlich werden. Diese Situation zeigt ein "Offener Brief" desJN-Bundesvorstandes an die "Kameraden" des Heß-Komitees, in dem es u.a. heißt: ... "Nachdem Ihres offenbar nicht für nötig befunden habt, nach dem Erfolg von München, der ein Erfolg des gesamten nationalen Widerstandes war, dazu beizutragen, den I. Mai gemeinsam zu planen, laßt Ihr nach einer erneuten Einladung von uns nicht den Willen erkennen, evtl. persönliche und politische Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg zu räumen, um zu einer vernünftigen Aktionseinheit zu gelangen. Statt dessen fast völliges Schweigen. Wir gehen daher davon aus, daß Euch an einer echten Zusammenarbeit nicht viel gelegen ist und stellen deshalb Initiativen von unserer Seite ein." 86 Rechtsextremismus Am 18. Oktober 1997 führten die JN in Fürth i. Wald (Bayern) den JN-Europo 4 . Europäischen Kongreß der Jugend unter dem Motto "Zerschlagt kongreß die EU-Diktatur des internationalen Großkapitals" durch. An der Veranstaltung nahmen ca. 5 0 0 Personen teil. Auffallend war die hohe Zahl von Teilnehmern ausländischer rechtsextremistischer Organisationen. Dies zeigt, daß es den JN gelungen ist, ihre Verbindungen ins Ausland zu intensivieren. Die im Laufe des Jahres 1 9 9 7 deutlich gewordenen Querelen der JNAusblick Führung mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen-verdeutlicht an den Auseinandersetzungen um die Rudolf-Heß-Aktionen und den Streitigkeiten über die Herausgabe der Zeitschrift "Einheit und Kampf" - lassen erkennen, daß die JN offenbar bemüht sind, den Eindruck einer Abgrenzung gegenüber den Neonazis zu vermitteln. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Jugendorganisation der NPD weiterhin ehemalige Mitglieder verbotener neonazistischer Organisationen (siehe 2.2.2) in ihren Reihen duldet, sie sogar mit Führungsaufgaben betraut. Es ist nicht auszuschließen, daß Neonazis aus verbotenen Organisationen auf dem Umweg über die JN erheblichen Einfluß auf die Politik der NPD gewinnen, zumal die Stellung der JN innerhalb der NPD an Bedeutung gewonnen hat. Mit einer Zusammenarbeit der JN und der traditionellen Neonazis istauch in Zukunft zu rechnen. 2.2.4 Sauerländer Aktionsfront (SAF) Entstehung 1991 Schwerpunkte Hochsauerlandkreis, Kreis Siegen, Kreis Olpe Anhänger ca. 6 0 Publikation Freie Stimme; erscheint unregelmäßig; Auflage ca. 2.000 In den vergangenen Jahren entwickelte sich die SAF zu einer der aktivsten Neonazi-Gruppierungen in NRW. Die Gruppierung pflegt keine regelmäßigen Treffen, war aber für Aktivitäten/Aktionen der Neonazi-Szene jederzeit mobilisierbar. Zuletzt organisierten sie einen Bus, der am 1. Mai 1997 ca. 5 0 Personen ihres Umfeldes zur NPD/JN-Veranstaltung nach Hannoversch-Münden (Ersatzveranstaltung für Leipzig) brachte. Anläßlich der Rudolf-Heß-Aktion am 16. August 1997 konnten sie einige PKW-Besatzungen mobilisieren. 87 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Am 22. November 1 9 9 7 kamen zwei Gruppenangehörige, Thomas Kubiak und Andree Zimmermann, sowie ein Mitinhaber des "Donner-Versandes" (siehe Nr. 2.6.1) bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Die Gruppe ist dadurch geschwächt worden. Organ der SAF war bis Oktober 1997 die unregelmäßig erscheinende Publikation "Freie Stimme". In ihrer Nr. 1 2 - 1 / 1 9 9 7 / 1 0 7 wurde erstmalig zur Gewalt aufgerufen. Auf der Titelseite dieser Ausgabe waren einige Pflastersteine abgebildet. Dazu hieß es: "Das treffendste argument im Zeitalter der parteiverbote hat eine kubische form mit einer kantenlänge von etwa acht Zentimetern es liegtgutin der hand... undistvon durchschlagender Wirkung!!!" Diese durchaus als Aufruf zur Gewalt zu verstehenden Ausführungen stehen im Widerspruch zum bisherigen Erscheinungsbild der SAF, von der bisher keine politisch motivierten Gewalttaten bekanntwurden. Aktivitäten und Im Zusammenhang mit der Wanderausstellung "VernichtungskriegDemonstrationen Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" fand am 14. September 1 9 9 7 in Marburg u.a. eine Kundgebung des "Republikanischen Hochschulverbandes" statt. Außerdem führten ca. 6 0 SAF-Angehörige und andere Neonazis eine etwa lOminütige, nicht angemeldete Kundgebung durch. Die Polizei kesselte die Neonazis ein, stellte deren Personalien fest und erteilte ihnen anschließend Platzverweise. Währenddessen wurden an 6 Fahrzeugen von SAF-Angehörigen durch militante Linksextremisten die Flugblatt der Sauerländer Aktionsfront 88 Rechtsextremismus Fenster eingeschlagen, Reifen beschädigt und ein Fahrzeug in Brand gesetzt. Marburg war am 9. November 1 9 9 7 wiederum Schauplatz einer diesmal angemeldeten und genehmigten Demonstration von Neonazis. Unter dem Thema "Tag der Wiedervereinigung, Öffnung der Mauer, das Volk sind wir", marschierten ca. 100 Rechtsextremisten, darunter überwiegend Jugendliche aus den neuen Ländern und Mitglieder der SAF mit Fahnen der NPD und JN durch die Stadt zur Universität. Angemeldet hatte die Veranstaltung der bekannte Rechtsextremist Manfred Roeder aus Schwarzenborn-Hessen. 2.2.5 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP/AO) Bei der NSDAP/AO handelt es sich um eine "Ein-Mann-Organisation" des amerikanischen Staatsbürgers Gary Rex Lauck, der bis zu seiner Verhaftung im März 1995 in Dänemark die bundesrepublikanische Neonazi-Szene mit seiner bis dahin zweimonatlich erscheinenden Schrift "NS-Kampfruf" und Hakenkreuzaufklebern mit volksverhetzenden und zum Rassenhaß aufrufenden Parolen versorgte. Nach seiner Auslieferung an Deutschland im September 1995 wurde er am 2 8 . August 1 9 9 6 vom Landgericht Hamburg wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Verbreitung von NS-Propaganda zu vierJahren Haft verurteilt. Seit dieser Zeit sind sowohl der "NS-Kampfruf" als auch seine Aufkleber in wesentlich beschränkterem Umfang erschienen. Im Jahr 1997 sind lediglich die Nummern 1 17 -1 20 des "NS-Kampfruf" erschienen. Lauck, der nie über eine eigene Organisationsstruktur in Deutschland verfügte, verliert, bedingt durch seine Haft, seinen ohnehin schon geringen Einfluß in der Neonaziszene. Die N S D A P / A O betreibt von Amerika aus eine Homepage im Internet. 89 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 2.2.6 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) Gründung 1979 Sitz Frankfurt/Main Vorsitzende Ursula Müller, Mainz Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 70 ca. 70 Bund ca. 300 ca. 3 0 0 Publikation "Nachrichten der H N G " ; erscheint monatlich; Auflage ca. 4 0 0 Die H N G ist eine bundesweit agierende Organisation der NeonaziSzene. Ihr Ziel war und ist die materielle und ideelle Betreuung inhaftierter Gesinnungsgenossen/innen. Die Mitgliedschaft in der H N G gehört für Neonazis zum guten Ton und dient auch der Kontaktpflege in den Jahreshauptversammlungen. Ein politisches Eigenleben entwickelt die H N G nicht. Seit 1991 wird die H N G von Ursula Müller aus Mainz geleitet. In der Publikation "Nachrichten der HNG" werden regelmäßig eine Gefangenenliste und Briefe Gefangener veröffentlicht sowie Briefkontakte vermittelt. Diese Kontaktpflege dient dazu, die Gesinnungsgenossen während ihrer Haft ideologisch dem rechtsextremistischen Lager zu erhalten und nach der Entlassung einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten. Darüber hinaus informiert die Schrift über die Szene interessierende Gerichtsverhandlungen und veröffentlicht Artikel führender Aktivisten der rechtsextremistischen/neonazistischen Szene. Weiterhin werden ausführliche Berichte und Kommentare zu bundesweiten Aktionen der rechtsextremistischen Szene veröffentlicht. Am 8. März 1 9 9 7 führte die H N G in der Nähe von Fulda ihre Jahreshauptversammlung durch. Circa 160 Personen haben teilgenommen, darunter auch einige aus Nordrhein-Westfalen. 90 Rechtsextremismus 2.2.7 Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. Gründung 1951 Sitz Berlin Geschäftsstelle Hamburg Vorsitzender Jürgen Rieger Mitglieder 1997 1996 NRW 40 40 Bund 100-200 100-200 Publikation Nordische Zeitung; erscheint vierteljährlich Internet Nordische Zeitung erscheint auch als Internetausgabe Am 1. August 1 951 wurde in Göttingen "Die Artgemeinschaft e.V." gegründet. Sie geht zurück auf eine Vorläuferorganisation aus der NSZeit. Die Verwaltung der "Artgemeinschaft" ist am Wohnort des Vorsitzenden, Rieger, in Hamburg angesiedelt. Rieger ist als aktiver und einflußreicher Rechtsextremist und Rassist im rechtsextremistischen Lager bekannt. Er ist Vorsitzender bzw. Führungsperson weiterer rassistisch geprägter Kulturund Weltanschauungsvereine, wie z.B. der rechtsextremistischen "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V. (GfbAEV) und des "Nordischen Rings" (NR). Die GfbAEV und der NR vertreten rassistische Thesen und richten sich entschieden gegen die "Rassenmischung". Als Rechtsanwalt vertrat Rieger in vielen Verfahren Personen und Organisationen aus dem gesamten rechtsextremistischen Spektrum. "Die Artgemeinschaft" ist eine rechtsextremistische Vereinigung, die strukturell mit rechtsextremistischen Organisationen vernetzt ist. An den Veranstaltungen der "Artgemeinschaft" nehmen überwiegend Angehörige der Neonaziszene teil. Ein neuheidnisches Weltanschauungsgebilde wird dabei als Vehikel benutzt, um rechtsextremistisches Gedankengut gesellschaftspolitisch umzusetzen. lnderZeitvom5. bis Z. Dezember 1997 führte die "Artgemeinschaft" in Bayern einen "Gemeinschaftstag" durch, an dem auch Personen 91 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 aus Nordrhein-Westfalen teilnahmen. Zu dieser Veranstaltung war zuvor bundesweit eingeladen worden. In Heft 1 der Publikation "Nordische Zeitung" wird ein "Zeichner unserer Menschenart" vorgestellt. Darin heißt es: "Er begann bold, Menschen zu malen, die seinen Vorstellungen von der klassischen, inneren Harmonie der nordischen Rasse entsprachen. Er wollte 'das Schöne in der Natur, das Vollendete, sowie den edel geborenen, sittlich freien und schönen Menschen, also die höchste Stufe der Schöpfung darstellen"". Seine Zeichnungen "Nordische Bauernsöhne und -Töchter" fielen 1934 dem damaligen Reichsbauernführer Darre auf, der ihn daraufhin beauftragte, nordische Bauern in ganz Deutschland zu suchen und zu zeichnen. Die in der Vergangenheit festgestellte Zunahme der Aktivitäten setzte sich 1997 offensichtlich nicht fort, denn trotz großer Ankündigung wurden keine Veranstaltungen mit einer entsprechenden Außenwirkung bekannt. W i e bereits in den Vorjahren war die "Artgemeinschaft" aber auch 1997 wieder Mitveranstalter der "Hetendorfer Tagungswoche". 2.2.8 Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) Manfred Roeder, ehemaliger Rechtsanwalt und Rechtsterrorist, leitet die von ihm 1971 gegründete neonazistische Gruppierung "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI). Er ist maßgeblich an dem 1993 gegründeten "Deutsch-Russischen Gemeinschaftswerk-Förderverein NordOstpreußen" beteiligt. Im Zusammenhang mit einem im Jahr 1997 bekannt gewordenen Vortrag, den Roeder bereits 1995 vor Angehörigen der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg gehalten hatte, erlangte er eine bundesweite Publizität, die er für seine politischen Ziele nutzt. Beide Gruppierungen fanden bisher wenig Resonanz. 2.2.9 Berlin Brandenburger - Zeitung der nationalen Erneuerung (BBZ) und Westdeutsche Volkszeitung (WVZ) Das einzige bundesweite neonazistische Zeitungsprojekt BBZ mit seinen Regionalausgaben * "Westdeutsche Volkszeitung - Zeitung der nationalen Erneuerung" Rechtsextremismus Rechte Gruppen marschieren am achten Jahrestag des Falls der Berliner Mauer zur Kundgebung durch Marburg Marburg. Etwa 10O Personen aus dem nung der Mauer, das Volk sind wir", so das Abendland", marschierten die Mänextrem rechten politischen Spektrum, Polizeipressesprecher Werner Tuchbreiner und Frauen zur Universität. Nach darunter Mitglieder der "Sauerländer ter, überwiegend Jugendliche aus den der Kundgebung dort war die VeranstalAkttonsfront", marschierten am Sonntag neuen Bundeslandern waren Reeders tung gegen 13.30 Uhr beendet. !'<<;, gegen 12.20 Uhr vom Treffpunkt ElisaAufruf gefolgt, darunter eine Gruppe aus wurde sie von einem größeren Polizeibethkirche aus (Foto) durch die Innender Nähe von Leipzig. Mit Fahnen der aufgebotZu Gegen Veranstaltungen und stadt zum Verwaltungsgebäude der UniNPD und deren Jugendorganisation cnfallen kam es nicht, so die Poliversität in der Biegenstraße. Den Auf.Junge Nationaldemakratert", Transpazei. Zuletzt hatte Roeder wahrend der marsch angemeldet hatte der Rechtsexrenten ("Deutsehland ist großer als die Wehrmachtaussteiiung Aufmärsche seitremist Manfred Roeder unter der Thebrd") und einem Bild der Heiligen Elisaner Gesirmungsleute in Marburg organimatik: "Tag der Wiedervereinigung, Öffbeth über dem zu lesen war "Schütze siert Foto: Stefan Stuttgart ÖbCrkejS. Press" <0>Nov. H $? Rundbrief der Deutschen Bürgerinitiative 93 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 j "Süddeutsche Allgemeine - Zeitung der nationalen Erneuerung" * "Junges Franken - Zeitung der nationalen Erneuerung" _l "Mitteldeutsche Rundschau -Zeitung der nationalen Erneuerung" und j "Neue Thüringer Zeitung - Stimme der nationalen Erneuerung" scheint in dieser Form am Ende zu sein. Im Jahr 1997 erschienen von der BBZ in gedruckter Form lediglich eine Frühjahrsund eine Herbstausgabe, von den Regionalzeitungen lediglich eine Ausgabe August/September. Diese Erscheinungsweise ist auf finanzielle, personelle und organisatorische Probleme zurückzuführen. Seit Herbst 1997 wird die BBZ mit einer eigenen Homepage im Internet verbreitet, wenn auch wesentlich weniger umfangreich als die gedruckten Ausgaben. Die im Dezember 1997 von der BBZ angekündigte Publikation "BBZ Aktuell - Meldungen und Nachrichten aus Politik und Zeitgeschehen" ist im Januar 1998 als Printausgabe erschienen. Unter der Überschrift "Für nationale Rückbesinnung" berichtet sie über ein Jahresrundschreiben des "Zusammenschlusses autonomer nationaler Zusammenhänge in Berlin". Eine weitere InternetAusgabe folgte im Februar 1998. Die "BBZ-Aktuell" ist der Pressedienst der BBZ und geht in zweiwöchentlichen Abständen den Abonnenten der Regionalzeitungen zu. Der Herausgeber der Zeitung BBZ und ihres Pressedienstes ist der Neonazi Frank Schwerdt, der bis November 1997 Vorsitzender des aufgelösten Vereins "Die Nationalen e.V." war. Schwerdt ist inzwischen wieder Mitglied der NPD, der er bereits bis Anfang der 70er Jahre angehörte. Er wurde auf dem Bundesparteitag der NPD am 1 0 . / 11. Januar 1998 in den Bundesvorstand gewählt. Durch die Auflösung des Vereins "Die Nationalen e.V." und seinen Übertritt bzw. seinen Wiedereintritt in die NPD hat sich Schwerdt bewußt von der traditionellen Neonaziszene abgewandt. Gleichzeitig beendete er damit auch die bis dahin intensive Zusammenarbeit innerhalb des Zeitungsprojektes mit den führenden Figuren der bundesweiten Neonaziszene. Insofern handelt es sich bei der BBZ nicht mehr um das noch im Jahresbericht 1996 so eingeschätzte zukunftsträchtige bundesweite Zeitungsprojekt der Neonaziszene. Rechtsextremismus Folgerichtig beschlossen im Herbst 1997 führende Neonazis unter Verzicht auf einige regionale Zeitschriften die Herausgabe einer gemeinsamen Zeitung mit dem Namen "Zentralorgan". 2.2.10 Zentralorgan Im Herbst 1 9 9 7 kündigten führende Neonazis, besonders aus dem Raum Hamburg und aus Nordrhein-Westfalen, das Erscheinen einer neuen Schrift des "Nationalen Widerstandes" mit dem Titel "Zentralorgan" an. Ihr Gemeinschaftsprojekt wurde als "Zeichen gegen die Zersplitterung innerhalb der Bewegung" dargestellt. Ziel sei die Bündelung der redaktionellen sowie der finanziellen Kräfte durch eine Stärkung der überregionalen Zusammenarbeit. Zur Verwirklichung des Projektes wurden die SAF-Schrift "Freie Stimme" sowie die neonazistische Schrift "Widerstand - Die Zeitung der volkstreuen Deutschen" zugunsten der Publikation "Zentralorgan" aufgegeben. Lediglich die Schrift "Hamburger Sturm" erscheint wegen ihrer Beliebtheit in der Skinhead-Szene weiter. Das Skinhead-Fanzine "Moonstomp" ist als Beilage im "Zentralorgan" eingeheftet. Die Herausgabe der Erstausgabe des "Zentralorgan" verzögerte sich durch den Tod zweier SAF-Aktivisten aus NRW. Sie erschien erstmalig im Januar 1998. Erste Ausgabe der neuen Zeitschrift Die Schrift wird nunmehr komplett von Ham"Zentralorgan" burger Neonazis erstellt und vertrieben. Der Neonaziszene ist mit dem Zusammenschluß verschiedener Schriften zu dem "Zentralorgan" ein erster Schritt in Richtung einer Einigung und Effektivierung ihrer Publizistik gelungen. Sollte es der Szene gelingen, die finanzielle Basis und die regelmäßige Erscheinungsweise des "Zentralorgan" zu sichern, könnte sich die Schrift im Neonazi-Spektrum dauerhaft etablieren und die begonnenen Vernetzungsbestrebungen innerhalb der "freien" Strukturen auf publizistischem Gebiet fortsetzen. 95 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 2.2.11 Neonazis im Internet Deutsche Neonazis nutzen das Internet mit zunehmender Tendenz. Für die organisatorisch schwache und zahlenmäßig kleine deutsche Neonaziszene bietet das W W W eine einfache Möglichkeit, Öffentlichkeit herzustellen und neue Zielgruppen anzusprechen. Die NPD-Jugendorganisation JN stellt sich im W W W selbst dar und wirbt für ihre Zeitung "Einheit und Kampf", zum Beispiel wird zu Solidaritätsabonnements für inhaftierte Rechtsextremisten aufgerufen. Die Ansagetexte der sogenannten "Nationalen Info-Telefone" werden ebenfalls im Internet veröffentlicht und können dort auch im Original abgehört werden. Die SAF präsentiert sich als "Nationaler Widerstand" im Internet und kündigte dort Ende 1997 zum Beispiel ein neues Zeitungsprojekt an. Neben dem Heß-Gedenken, das die SAF und andere Neonazis auf ihren Seiten betreiben, gibt es auch eine HeßSeite mit eigener Adresse. Vertreten im Internet sind auch das Neonazi-Zeitungsprojekt "Berlin Brandenburger-Zeitung" (BBZ) und "Die Artgemeinschaft". Durch gegenseitige Links sind deutsche Neonazis untereinander vernetzt, ebenso werden mit Links Verbindungen zu Neonazi-Organisationen in anderen europäischen Ländern und in den USA geknüpft. Straftaten, wie z.B. Volksverhetzung (SS 1 30 StGB) oder die Abbildung verbotener Kennzeichen (SS 86 a StGB), versuchen Neonazis ebenso wie andere deutsche Rechtsextremisten im Internet zu vermeiden, um den Strafverfolgungsbehörden keine Angriffsflächen zu bieten. Das rechtsextremistische "Deutsche Rechtsbüro" rät zum Beispiel auf einer Internetseite zur Vorsicht mit politischen Äußerungen und bietet eine juristische Prüfung an. In erheblichem Umfang sind ausländische Neonazis auch mit deutschsprachigen Angeboten im Internet vertreten. Dabei wird in vielen Fällen Propaganda betrieben, die in Deutschland unter Strafandrohung steht. So häufen sich die Hakenkreuzabbildungen auf den Seiten der N S D A P / A O des US-Amerikaners Gary Lauck. Auch auf der Homepage von "Stormfront" in den USA werden ganze Bildarchive mit in Deutschland verbotenen Kennzeichen angeboten. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus werden auf den Seiten von Neonazis und Skinheads in den USA offener und aggressiver geschürt als auf Internetseiten deutscher Rechtsextremisten. Auf den Seiten der "German White Power Skinheads" hieß es zum Beispiel: "Als Deutscher hat man am besten die Schnauze zu halten. Das bedeutet: kein Haß gegen Nigger, Juden, Asylanten, Kommunisten und andere Außerirdische. Der Deutsche Staat will diese Schädlinge schützen und schaufelt sich sein eigenes Grab! Wir wollen aufstehen und uns der Krankheiten, die unser Land befallen entledigen." 2.3 Rechtsextremistische Skinheads und Skin-Musik Die Zahl der rechtsextremistischen Skinheads in Nordrhein-Westfalen lag auch 1 9 9 7 bei etwa 4 0 0 . Die jüngeren Entwicklungen der einstmals relativ homogenen Skin-Kultur sind - auch als Folge sozialer Ächtung sowie staatlicher Exekutivmaßnahmen und Indizierungen seitens der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) - gekennzeichnet durch eine innere Zersplitterung und teilweise Abspaltungen in andere Musikrichtungen. So ist eine Entschärfung der Liedtexte hinsichtlich strafbarer Inhalte (z. T. mit anwaltlicher Hilfe) auf dem Skin-Musikmarkt zu verzeichnen. Gleichzeitig werden Tonträger mit "härteren" Aussagen auf dem Schwarzmarkt vertrieben (Raubkopien, Schwarzpressung, Verkauf unter dem Ladentisch und auf Flohmärkten, Merchandising bei Skinkonzerten und Treffs, Ausweichen der Produktion ins Ausland). Vordem Hintergrund einer boomenden und unübersichtlicher werdenden Szene haben die Musikmanager eine wesentliche Bedeutung für die weitere Marktentwicklung der Skinmusik und die Indoktrination einer jugendlichen Subkultur. Für die zwischenzeitlich überarbeitete Auflage des Buches "SkinheadRock" von Torsten Lemmer wird in "Rock Nord" Nr. 2 7 , Juli 1 9 9 7 , geworben: "Rechte Musik erfreut sich seit Anfang der 90er Jahre bei meist jugendlichen Käuferschichten hoher Beliebtheit. Die linken Medien und "Kulturmacher" sind schockiert, doch Konzerte mit mehr als 2.000 Besuchern unterstreichen dieses Phänomen. Dieses Buch schafft Klarheit in den bisher undurchsichtigen Strukturen. Nationale deutsche Musik wird in Zukunft eine große Rolle im Aufbau patriotischer Gesinnung spielen und unser Vaterland in entscheidender Weise prägen." Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Verhältnis zur Der Hang zur Gewalt ist in der Skinheadszene stark ausgeprägt. Gewalt Gewalt ist für Skinheads in erster Linie Selbstzweck, d.h. Ausdruck ihres von einem übersteigerten Männlichkeitswahn und der "Just for fun" - Mentalität gekennzeichneten Lebensgefühls. Wo diese Gewalt Ausländer, politisch Andersdenkende und alles "Undeutsche" zum Ziel hat, kann von einer Übereinstimmung der Feindbilder mit denen der Neonazis gesprochen werden. Die Gewalt ist wesentliches "Artikulationsmittel" der Skinheads und ihr Bindeglied. Häufig schwingen sich Skinheads zu "Oberpolizisten" auf, die Recht und Ordnung in ihre Hände zu nehmen glauben. Sie vollziehen, was nach ihrer Meinung der Wille der Mehrheit ist. Als Außenseiter geächtet, suchen sie den Gleichklang und drängen dorthin, wo der Gleichschritt zu Hause ist. Militär, Polizei, paramilitärische Gruppierungen, wenigstens solche, die Uniform tragen, sind ihr Ziel. Hilfsweise vereinheitlichen sie sich selbst in Kleidung und Haarschnitt, dem kollektiven Auftreten. Straftaten Eine exakte Aussage über die Häufigkeit von Straftaten durch Skinheads ist nicht möglich, weil die Angehörigen dieser Subkultur nicht eindeutig zu erkennen sind und keine Statistiken vorliegen. Nur in Einzelfällen werden Straftaten von Skinheads spezifisch bekannt. Am 26. März 1 9 9 7 kam es in einem Linienbus der Essener Verkehrsbetriebe zwischen drei Skinheads und einem Libanesen zu einem verbalen Streit. Nachdem die vier Personen den Bus verlassen hatten, kam es zu einer Schlägerei, in deren Verlauf der Libanese mit einer Bierflasche erheblich am Kopf verletzt wurde. Die Täter wurden zu Freiheitsstrafen zwischen 3 Jahren und 6 Monaten und 1 Jahr verurteilt, zum Teil auf Bewährung. Neue aggressiv"Die Zillertaler Türkenjäger" fremdenfeindIm Mai 1997 wurde die CD einer bisher unbekannten Skinhead-Band liche und antisemit dem Namen "DieZillertalerTürkenjäger" bekannt. Die Band vermitische Liedtexte bindet unter dem Titel "12 Doitsche Stimmungshits" bekannte Schlagermelodien mit rechtsextremistischen, volksverhetzenden Texten. So heißt es in dem antisemitischen Lied "So ist er": "Ehrlich arbeiten kennt er nicht, er mißbraucht die ganze Welt. Und er will nur das eine und das ist unser Geld. Er sitzt in der Wallstreet, das Kapital in der Hand und die Palästinenser, schmeißt er aus ihrem Land. Rechtsextremismus Refrain "So ist er, derjud, Jud, so kennt man den Jud, Jud, das haben wir schon oft gesehen, so einen Schuft wie den Jud, Jud." In Liedern wie "Der Sonderzug nach Mekka", "Zehn kleine Negerlein" oder "Kreuzberger Nächte sind lang" kommt unverhüllt Rassenhaß und Fremdenfeindlichkeit zum Ausdruck. So heißt es in "Kreuzberger Nächte" u.a.: "Ich gehe hier durch Kreuzberg in Berlin, ich kann nur Zecken und Ali-Banden sehn. Ich weiß nicht mehr wie lang ich das ertrag, weil ich weder Türken noch Autonome mag. Doch plötzlich kommen zwei Zecken auf mich zu, zwei Tritte in die Schnauze, dann ist Ruh ..." Die für Skinheadmusik ungewöhnliche Verbindung von bekannten Schlagermelodien mit rechtsextremistischen Texten findet in der Szene starken Anklang. Eine Neuauflage oder eine Nachahmung durch andere Skinhead-Bands ist deshalb wahrscheinlich. Die CD soll in einer Auflage von mehreren tausend Exemplaren im Ausland hergestellt worden sein. Als Produzent kommt ein als Vertreiber rechtsextremistischer Musik bekannter Skinhead aus Niedersachsen in Betracht. "Bonzenjäger" Ende 1997 wurde eine CD mit dem Titel "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" einer bis dahin unbekannten Gruppe "Bonzen jäger" bekannt, die von dem in Glinde/Schleswig-Holstein ansässigen Skinhead-Vertrieb "Vincente Direkctori Publications" angeboten wird. Die volksverhetzenden Texte werden - ähnlich wie bei der im Sommer 1997 erschienenen CD "1 2 Doitsche Stimmungshits" der Gruppe "DieZillertalerTürkenjäger"-zu bekannten Schlagermelodien gesungen. In dem Lied "An alle Richter und Politiker" heißt es: "Alle Politiker an den Galgen, alle Richter an die Wand. Refrain Jetzt kommt der Tag der Rache, euer Schicksal ist in unserer Hand. 99 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Ihr werdet vom Staat bestochen, eure Urteile sind schon vorprogrammiert. Euren Eid habt ihr längst gebrochen und der Judas euch das alles finanziert. Refrain Jetzt kommt der Tag der Rache, euer Schicksal ist in unserer Hand." Beifall von der Nach einem in der rechtsextremistischen Monatsschrift "Nation & "Neuen Rechten" Europa" (Nr. 9, September 1997) veröffentlichten Artikel wird die CD "1 2 Doitsche Stimmungshits" der Gruppe "Zillertaler Türkenjäger" als eine verständliche Reaktion auf die Provokationen der "schwarzrassistischen Rapper und linksradikalen Punks" angesehen. Die Texte stünden im direkten Zusammenhang mit konkreten Gewalttaten des politischen Gegners und mit drängenden gesellschaftlichen Problemen. Es handele sich um Texte, die sich um politische Korrektheit nicht kümmern, "sondern im Gegenteil auf hemmungslosen Tabubruch angelegt sind." Konzerte und Der bereits in den Jahren 1995 und 1996 festgestellte Anstieg der Bands bundesweit durchgeführten Skinhead-Konzerte setzte sich auch 1997 fort. Mit etwa 100 Konzerten lag 1997 die Anzahl weitaus höher als 1996 (= 70 Konzerte). Hinzu kamen 1997 ca. 20 als "Liederabende" bzw. "Balladenabende" deklarierte Veranstaltungen. Außerdem wurden einige Studioprojekte von Musikern durchgeführt, die sich - in wechselnder Besetzung - lediglich zur Aufnahme eines Tonträgers zusammenfanden, aber nicht bei Konzerten auftraten. Der regionale Schwerpunkt der Veranstaltungen lag in den neuen Ländern, die Teilnehmerzahl bei etwa 2 0 0 - 6 0 0 Personen. Bei etwa jedem dritten Konzert kam es zu Straftaten, die meist im Bereich der Propagandadelikte lagen. Nordrhein-Westfalen bildete bei den Konzerten keinen Schwerpunkt. 2.3.1 Skinhead-Bands Das Erscheinungsbild deutscher Skinhead-Bands ist nicht einheitlich. Neben einer Reihe von unpolitischen Bands gibt es auch Musikgruppen, die mit rechtsextremistischem Gedankengut sympathisieren, ohne daß dies immer in eindeutiger Weise in den Liedtexten zum Ausdruck kommt. Diese Bands treten häufig mit rechtsextremistischen - auch ausländischen - Skinheadbands auf, ohne sich dabei verbal zu einer Einstellung zu bekennen. In Skinhead-Fanzines wird mitun100 Rechtsextremismus ter dazu aufgerufen, bei der Bewertung von Liedtexten auch "zwischen den Zeilen zu lesen". Darüber hinaus gibt es auch Bands, die in ihren Liedtexten unverhohlen nationalsozialistische Ideologien zum Ausdruck bringen. Hierbei werden insbesondere die arische bzw. nordische Rasse verherrlicht und bestimmte Volksgruppen, Religionsgemeinschaften und Minderheiten verunglimpft. Ihr Auftreten wird häufig von "Sieg Heil"-Rufen sowie dem Zeigen des "Hitler-Grußes" begleitet. Folgende nordrhein-westfälische Bands waren bereits vor 1997 bekannt: J " 0 8 / 1 5 " aus Düsseldorf * "Sturmwehr" aus Gelsenkirchen * "Rheinwacht" aus Düsseldorf * "Starkstrom" aus Düsseldorf _l "Siegeszug" aus Gelsenkirchen * "Rabauken" aus Erkrath * "Oidoxie" aus dem Ruhrgebiet U "Ruhrstörung" aus dem Ruhrgebiet CD-Cover der Skinhead-Band "Sturmwehr" 101 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Drei neue Bands "Notwehr" aus Velbert/Neviges in NordrheinDie vierköpfige Band wurde Anfang 1997 im Zusammenhang mit der Westfalen Herausgabe der ersten CD mit dem Titel "Ein neuer Wind" bekannt. In einem Song der CD wird Rudolf Heß glorifiziert. Produziert wurde die CD von einem JN/NPD-Aktivisten aus Sprockhövel, der auch Inhaber eines rechtsextremistischen Versandes von Skinhead-Musik u.a. ist. "Offensive" a u s Bonn Die aus drei Personen bestehende Band ist nach Interviewaussagen in dem Fanzine "Rock Nord" Nr. 25 von Februar 1 9 9 7 wieder aktiv, nachdem sie sich Anfang 1993 aufgelöst hatte. Ihr einziger bis zu diesem Zeitpunkt produzierter Tonträger mit dem Titel "Armee der Geächteten" wurde im Juli 1993 durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in Bonn (BPjS) indiziert. Bislang ist dem Verfassungsschutz NRW ein Auftritt der Band anläßlich einer Geburtstagsfete im Juni 1997 im Hunsrück bekannt geworden. Außerdem wird in "Rock Nord" Nr. 2 8 , September 1 9 9 7 , für ihre CD "Uhrwerk des Lebens" geworben. In einem Song werden farbige Ausländerinnen in primitiver Weise diffamiert. "Kieckers f ü n f t e K o l o n n e und die H o l l ä n d e r " (auch be- k a n n t als "Die f ü n f t e Kolonne") aus Köln Die aus zwei Deutschen und zwei Niederländern bestehende Band wurde im November 1997 bekannt. Der Sänger der Band ist bereits einschlägig in Erscheinung getreten. Die Schlagzeugerin als einziges weibliches Bandmitglied istseitjahren alsJN-Aktivistin bekannt. Von ihr stammen auch zum größten Teil die deutschen Texte der ersten CD mit dem Titel "Kieckers fünfte Kolonne und die Holländer sagen: Willkommen in Sassem". Bei der Bezeichnung "Sassem" handelt es sich um die zwischen Den Haag und dem Ijssel-Meer liegende Gemeinde Sassenheim. Die vorgenannte CD ist die erste hier bekannt gewordene deutschniederländische Koproduktion einer deutschen Skinhead-Band. Sie wurde von Manfred Rouhs, Herausgeber von "Europa Vorn", in Auftrag gegeben. Die Liedtexte sind zum Teil nationalistisch und fremdenfeindlich. So heißt es z. B. in dem Song mit dem Titel "Sassem": 102 Rechtsextremismus "Sassem ist rechts, Sassem ist rein, Kommt alle her, um weißes Sassem zu seh'n Sassem ist ein Dorf, wo sich Fremde nicht hintrauen In Sassem singen wir alle im Zentrum: S-A-S-S-E-M" Lied "Für Volk und Vaterland" "Einigkeit und Recht und Freiheit, hast du, Deutsches Vaterland, für verlogene Ideale, längst gegeben aus der Hand. Ließest dich in Ketten legen, und auch deines Geistes Flug, suchend wahre Völkerfreundschaft, endet wohl in Lug und Trug." Refrain "Für Volk und Vaterland leisten wir Widerstand" Die Band "Entwarnung" aus Wuppertal hat sich nach eigenen AnBand gaben inzwischen aufgelöst. Die vier Mitglieder waren 1993 wegen "Entwarnung" Verbreitung eines volksverhetzenden Liedes zu einer Jugendstrafe aufgelöst verurteilt worden. Seit dem 2 1 . April 1997 sind der Bandleader und weitere Personen aus der rechtsextremistischen Skinheadszene wegen des Verdachts eines Vergehens nach SSSS 86 a, 1 30 StGB (Verwenden verbotener Kennzeichen und Volksverhetzung) u.a. vor dem Landgericht Wuppertal angeklagt. Eine Gerichtsentscheidung liegt noch nicht vor. 2.3.2 Fanzines Das Verhaltensmuster der Skinhead-Szene wird maßgeblich von den "Fanzines" mitbestimmt. Neben den Auftritten der Skin-Bands, bei denen insbesondere das Gemeinschaftsgefühl dieser Subkultur nachhaltig geprägt wird, sind diese Magazine das zweite Kommunikationsmittel, das "gemeinsame Werte" ins Bewußtsein der zu einem großen Teil noch jugendlichen Personen dringen läßt. Mit Erlebnisberichten einzelner "Skins" über Feste, Konzerte und Ausschreitungen wird auch in den "Szene"-Publikationen dasZusam103 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 mengehörigkeitsgefühl dieses Personenkreises verstärkt. Leserbriefe und Reaktionen hierauf sorgen für eine gemeinsame Plattform, auf der Meinungen und Gedankengut der Skinheads ausgetauscht werden und ihr Zusammenhalt gegenüber einer sie immer stärker "ausgrenzenden" Öffentlichkeit gefestigt wird. In Nordrhein-Westfalen sind drei neue Fanzines bekanntgeworden: J "Unsere Welt-Das Magazin des Rock' n' Roll Widerstands" aus Bielefeld * "Neue Doitsche Welle" aus Köln * "Nordkraft" aus Rheine. Darüber hinaus kursieren in der Szene seit Jahren noch weitere Fanzines: * "Rock Nord" aus Langenfeld/Düsseldorf J "Amok-Texte für terminale Täter" aus Rheine * "Moonstomp" aus dem Hochsauerlandkreis * "Siegener Bärenruf" aus Siegen. 2.3.3 Verlage, Vertriebe, Versandhandel für Skin-Musik Der Skinhead-Musikmarkt hat sich differenziert und kommerzialisiert. Mit Tonträgern und anderen auch am Rande von Konzerten verkauften Artikeln werden erhebliche Umsätze gemacht. Um die Vermarktung nicht zu gefährden, werden strafbare oder indizierungsrelevante Inhalte in Liedtexten bewußt meistens vermieden. Ein Einstellungswandel ist damit nicht immer verbunden. Dagegen agieren Vertriebsdienste aus dem Ausland nicht so zurückhaltend. Insbesondere der von einem deutschen Neonazi geleitete Vertrieb "NS 88" in Dänemark tritt bei Produktion und Vertrieb von rechtsextremistischen Tonträgern besonders in Erscheinung. In Nordrhein-Westfalen sind folgende Vertriebe bekannt: "Creative Zeiten Verlag und Vertrieb GmbH" in Langenfeld Gesellschafter und Geschäftsführer des o. a. Verlages sowie der "Funny Sounds and Vision Produktionsund Handelsgesellschaft mbH" ist u.a. Torsten Lemmer. Neben "Funny Sounds" bedient sich Lemmer 104 Rechtsextremismus einiger "Funny Sounds" angegliederten Labels, so z. B. "Destiny Records" oder "Dr. Records". Der "Creative Zeiten Verlag und Vertrieb GmbH" ist auch Herausgeber der Musikzeitschrift "Rock Nord", die zugleich mit ihrer MZ-Vertriebsliste als Bestellkatalog von inund ausländischen Tonträgern und anderen Devotionalien für die rechtsextremistische Musikszene fungiert. In den Ausgaben Nrn. 25, 26 und 2 7 von "Rock Nord" wurden u.a. auch indizierte CD's angeboten. Torsten Lemmer nimmt als Produzent und Vertreiber auch rechtsextremistischer Skinhead-Musik in Deutschland eine führende Position ein. Langjährige Kenntnisse der Skinheadszene und eine professionelle Geschäftsführung ermöglichen eine führende Stellung. "Dieter Koch M u s i k v e r l a g " in Sprockhövel Der Verlagsinhaber ist NPD/JN-Aktivist und unterhält intensive Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Skinhead-Vertrieben. Gegen ihn sind zur Zeit Ermittlungsbzw. Strafverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens nach SSSS 86 a, 1 30 StGB (Verwenden verbotener Kennzeichen, Volksverhetzung) anhängig. In seiner Angebotsliste von März 1 9 9 7 werden zahlreiche Tonträger inund ausländischer Skinhead-Bands angeboten, die indiziert bzw. strafrechtsrelevant sind. " M i c h a e l Prümmer-Buchdienst u n d V e r l a g " in Düren Der ehemalige JN-Landesvorsitzende in NRW, Michael Prümmer, betrieb unter einer Postfachanschrift in Düren einen "Buchdienst und Verlag", dessen Artikel auch im Internet angeboten wurden. Dort bezeichnete sich Prümmer als "der erste nationale Buchdienst im Internet". In der Vergangenheit wurde mehrfach in Publikationen der NPD für den Buchdienst geworben. Das REP-Organ, "Der Republikaner", veröffentlichte in der Ausgabe 4 / 9 7 ein Inserat. Michael Prümmer starb am 30. Juni 1997. Die Restbestände seines Buchdienstes und dessen Vertriebskunden wurden von Manfred Rouhs (Europa Vorn) übernommen. 105 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 "Alternativ C D - V e r t r i e b " in Köln Inhaber des seit Januar 1995 bekannten Vertriebes ist der frühere Geschäftsführer von "Rock-O-Rama" in Köln. In den Angebotslisten des Vertriebes sind u.a. indizierte CD's rechtsextremistischer SkinheadBands aufgeführt, außerdem T-Shirts mit Aufdrucken wie "Deutschland multikriminell" "Jeder ist Inländer zu Hause" "Sturmwehr 88" "Gibt Antifas keine Chance". Bei der Staatsanwaltschaft Köln ist z. Zt. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes nach SS 86 a StGB anhängig, dessen Ausgang noch nicht bekannt ist. Ein Verfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes nach SS 1 30 StGB ist im Januar 1 9 9 7 gemäß SS 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. "Rock-O-Rama Records" in Brühl Der Skinheadmusikvertrieb "Rock-O-Rama Records" ist seit Jahren beim Gewerbeamt in Brühl angemeldet. Insbesondere auf Grund der Tatsache, daß auch immer wieder indizierte Tonträger über die Bestell-Listen angeboten werden, kam es bei der Staatsanwaltschaft Köln bislang zu zahlreichen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes nach dem "Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften" (GjS) und nach SSSS 86 a, 130, 131 StGB (Verwenden verbotener Kennzeichen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung), die letztendlich mit Zahlung einer Geldstrafe endeten oder eingestellt wurden. ZurZeit ist noch ein weiteres Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Köln anhängig, dessen Ausgang noch nicht bekannt ist. Direkten Einfluß auf die Skinheadszene übt Rock-O-Rama nicht aus. Nach eigenen Angaben verfolgt man ausschließlich geschäftliche Interessen. "Scumfuck" in D i n s l a k e n Der Vertrieb wurde Mitte 1995 durch das gleichnamige Magazin "Scumfuck" Nr. 3 0 (eine Art von Fanzine) bekannt. Im Angebot befinden sich neben Fahnen, Ansteckern u. a. auch CD's, die zum Teil indiziert sind. Rechtsextremismus Anläßlich einer Durchsuchung des Vertriebes am 17. Juli 1997 wurde festgestellt, daß auch CD's, Langspielplatten und Singles mit PunkMusik vorrätig gehalten wurden. Der Vertrieb ist also nicht auf das rechte bis rechtsextremistische Spektrum beschränkt. Gegen den Versandinhaber istz. Zt. ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts einer Straftat gemäß SSSS 86 a, 131 StGB anhängig. " O h r w u r m " - R e c o r d s in Sprockhövel Der seit 1. April 1997 als Gewerbe angemeldete Versand wurde hier Mitte des Jahres 1997 durch zwei Vertriebslisten bekannt. Darin werden u. a. auch indizierte Tonträger und T-Shirts angeboten. Auf einem T-Shirt ist ein Reichsadler (Hintergrund mit Kranz) mit den darunter befindlichen Zahlen "88" abgebildet. Die Zahl 88 steht für die Doppelnennung des achten Buchstabens im Alphabet, also "HH" gleich Heil Hitler. Für den neuen Tonträgerversand wurde auch in der neonazistischen "Westdeutschen-Volkszeitung" (WVZ) in der Ausgabe 8 / 9 aus 1997 geworben. " M i d g a r d V e r s a n d " aus Köln Mitte des Jahres 1997 wurde der Katalog "Sommer 97" des "Midgard Versand" aus Köln bekannt. In der oOseitigen Angebotsliste werden CD's u.a. auch des rechtsextremistischen Liedermachers Frank Rennicke, nordische sowie keltische und germanische Devotionalien, darunter auch das Keltenkreuz, angeboten. " M j ö l n i r - V e r s a n d + V e r l a g G m b H " in H e r n e Die 1 993 gegründete Gesellschaft betreibt den Versand und Verkauf von Schriftgut, Tonträgern, Bildern, Postern, Büchern, Spielen, Aufnähern und Aufklebern. Aktuelle Erkenntnisse belegen, daß es sich überwiegend um rechtsextremistische Propagandamittel, Schriften und Bekleidungsgegenstände handelt. Geschäftsführer des "Mjölnir Versandes" ist ein einschlägig in Erscheinung getretener Neonazi aus Herten. Er unterhält u. a. auch überregionale Kontakte zu Verlagsund Produktionsstätten im Inund Ausland, die an der Herstellung und dem Vertrieb einschlägiger CD's von Skinheadmusik beteiligt sind. Zwei weitere Gesellschafter des Versandes gehören ebenfalls der rechtsextremistischen Szene an. 107 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 ExekutivmaßAm 6. August 1 9 9 7 durchsuchte die Polizei bundesweit die Wohnunnahmen und gen und Geschäftsräume von 24 Anbietern rechtsextremistischer Reaktionen der Skinhead-Musik. Ihnen wird die Produktion und Verbreitung von TonSzene trägern mit volksverhetzenden Inhalten vorgeworfen. Die Maßnahmen richteten sich gegen 16 Vertriebe in Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Es wurden rund 2.000 CD's, Hakenkreuzfahnen und sonstiges rechtsextremistisches Propagandamaterial, PC's und Geschäftsunterlagen sowie Waffen, darunter eine funktionsfähige Maschinenpistole mit 5 0 0 Schuß Munition, sichergestellt. Die Initiative zu der Aktion "Notenschlüssel II" ging - wie auch bei vorausgegangenen Maßnahmen gegen Skinhead-Bands und Vertreiber von Skinhead-Musik im Februar 1993 und gegen die Herausgeber von Fanzines im Juli 1 993 - von der "Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung rechtsextremistischer/-terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte" (IGR) aus, in der die Polizeiund Verfassungsschutzbehörden zusammenarbeiten. Betroffen von den Exekutivmaßnahmen waren in Nordrhein-Westfalen die Geschäftsräume des "Europa-Vorn-Verlages" des Manfred Rouhs in Eschweiler, des "Alternativ CD-Vertriebes" in Köln sowie der Verlag des Dieter Koch in Sprockhövel, bei dem u . a . auch die CD "Zillertaler Türkenjäger" sichergestellt werden konnte. Bereits am 15. und 16. Juli 1997 wurden bei Durchsuchungen von Wohn-, Lager-und Geschäftsräumen rechtsextremistischer SkinheadVertriebe in Baden-Württemberg und Sachsen über 4 2 . 0 0 0 Tonträger mit zum Teil volksverhetzenden Inhalten sichergestellt. Darüber hinaus durchsuchte die Polizei am 2 1 . Oktober 1997 in Schleswig-Holstein und Hamburg 26 Wohnund Geschäftsräume von 17 Personen, die der Produktion und Verbreitung illegal hergestellter Tonträger verdächtigt werden. Dabei wurden u.a. etwa 1.300 CD's mit rechtsextremistischen Texten beschlagnahmt. 2.4 Revisionismus Revisionismus tritt in unterschiedlichen Erscheinungsformen auf: J Als "Holocaust-Leugnung" werden Versuche bezeichnet, den Völkermord im Dritten Reich zu leugnen bzw. zu relativieren ("Auschwitz-Lüge"). 108 Rechtsextremismus Q Unter "Kriegsschuldund Greuellügen der ehemaligen Siegermächte" faßt man die Versuche zusammen, die alleinige Kriegsschuld Deutschlands und Kriegsverbrechen zu leugnen. * Mit dem geographischen Revisionismus wird gegen die OderNeiße-Grenze agitiert und werden die ehemaligen deutschen Ostgebiete zurückgefordert. Revisionisten sind bestrebt, die Geschichtsschreibung über die Zeit des Nationalsozialismus zu ändern und aufzuwerten. Es existiert keine einheitliche revisionistische Organisation. Vielmehr drückt sich Revisionismus in Aktivitäten von Einzelaktivisten und in Publikationen aus, ist aber auch als gebündeltes Ideologieelement oder geistige Strömung in rechtsextremistischen Organisationen und Gruppierungen vorhanden. Speziell die Leugnung des Holocaust, gestütztauf pseudowissenschaftliche Gutachten ("Leuchter-Report", "Rudolf-Gutachten"), ist das Kernstückrevisionistischer Agitation und Bindeglied zwischen verschiedenen rechtsextremistischen Strömungen. Viele Rechtsextremisten sehen in der Auseinandersetzung um die "geschichtliche Wahrheit des Holocaust" den entscheidenden Ansatz für ihren Kampf gegen den demokratischen Rechtsstaat. Die sogenannten Gutachten sollen belegen, daß eine Massenvernichtung der Juden nicht stattgefunden hätte. Viele revisionistische Einzelaktivisten verbreiten ihre Schriften und Propaganda vom Ausland aus. In mehreren europäischen Nachbarstaaten sowie in den USA und anderen Ländern ist die Verbreitung revisionistischer und rechtsextremistischer Propaganda im Gegensatz zur Bundesrepublik straffrei. Verstärkt nutzen Revisionisten seit 1996 das Internet zur Verbreitung ihrer Propaganda. Häufig argumentieren Revisionisten mit einem Verweis auf angeblich verweigerte Wissenschaftsfreiheit. Hinter dieser Agitation steht die Absicht, insbesondere antisemitische und den Massenmord an den Juden verharmlosende "Forschungsergebnisse" vorzulegen. Im Gegensatz zu eigenen Aussagen werden Kriterien wissenschaftlicher Redlichkeit nur scheinbar bemüht. Lediglich die Form und Struktur des wissenschaftlichen Diskurses wird gewählt. Nachfolgend wird über Aktivisten und Organisationen berichtet, die überwiegend oder ausschließlich revisionistische Agitation betreiben. 109 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 2.4.1 Revisionisten Zündel Einer der aktivsten deutschsprachigen Revisionisten ist der in Toronto/Kanada lebende Ernst Zündel. Bereits seit mehreren Jahren ist er im Internet aktiv. Im W W W ist er mit seiner als "Zündelsite" bezeichneten Homepage vertreten, die den Titel "Voice of Freedom" trägt. Inhalt dieser Homepage sind umfangreiche Textund Bildangebote sowie Tonund Videosequenzen. So sind z. B. die Arbeiten bekannter, für das "Institute for Historical Review" (IHR) tätiger Revisionisten wie z. B. Robert Faurisson (Frankreich), Fred A. Leuchter (USA), Max Wahl (Schweiz) oder David Irving (Großbritannien) abrufbar. Außerdem verbreitet er revisionistische Propaganda durch die Herausgabe des "Germania-Rundbriefs", dessen Ausgaben seit 1 995 elektronisch archiviert sind und über das Internet verbreitet werden. In der Ausgabe Nr. 21 6 vom März 1997 leugnet er die Massenvernichtung der Juden durch das NS-Regime. Gleichzeitig hebt er den Erfolg seiner "Zündel Internet Website" hervor. Mehr als 175.000 Personen hätten seine Internet-Seiten mittlerweile genutzt und sich bereits eine Million Dokumente angesehen: "Unser 'Informationsladen ' ist also immer offen, immer zugänglich, immer informationsbereit...! Das ist natürlich eine phantastische Sache! ...Jetzt erfährt die ganze Welt, was bisher verschwiegen wurde - Der sogenannte Holocaust ist ein großer Schwachsinn! Die Zündelsite ist in der Vorfront dieses elektronischen Freiheitskampfes ... Und wir stehen erst am Anfang unserer Internet-Arbeit und Pläne." Die eindeutige Leugnung des Holocaust in dem "Germania-Rundbrief" ist ungewöhnlich. Bislang diente die Publikation Zündel vor allem dazu, seinen Anhängerkreis über seine Aktivitäten und Pläne zu informieren, also eher zur Selbstdarstellung als zur Verbreitung politischer Inhalte. In der über das Internet verbreiteten April-Ausgabe seines "Germania-Rundbriefes" verkündet Ernst Zündel, ein Radiosender in Stockholm strahle jetzt sein Programm "Stimme der Freiheit" in deutscher und englischer Sprache aus: "Ja, das Wunderbare ist geschehen - wir sind wieder im Äther, diesmal in der Hauptstadt Schwedens, im weiten Umkreis von Stock110 Rechtsextremismus holm, in deutscher und englischer Sprache zu hören. Ein Mohammedaner und Revisionist hat das Ganze eingefädelt ...Es handelt sich bei den Programmen durchwegs um knallharte revisionistische Programme über den Zweiten Weltkrieg." Irving Irving, der in Deutschland Vorträge vor rechtsextremistischen Organisationen über die Themen seiner Bücher (z.B. "Der Untergang Dresdens", "Hitlers Krieg", "Und Deutschlands Städte starben nicht") sowie über den Holocaust gehalten hatte, wurde 1 993 zu einer Geldstrafe von 3 0 . 0 0 0 DM verurteilt und unbefristet ausgewiesen, nachdem er bereits 1990 bei einer Vortragsveranstaltung in München erklärte, es habe in Auschwitz nie Gaskammern gegeben. Beiträge Irving's sind auch in der in Belgien erscheinenden Publikation "Viertel jahresheft für freie Geschichtsforschung" (VffG) der 1985 in Antwerpen (Belgien) gegründeten VHO enthalten. Darüber hinaus sind Arbeiten Irving's im Internet auf der "Zündelsite - Voice of Freedom" abrufbar. Remer Der ehemals bekannteste und in Deutschland agierende Revisionist Otto Ernst Remer ist am 4. Oktober 1997 im Alter von 85 Jahren in Südspanien verstorben. Remer war nach seiner Verurteilung 1 992 wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß Ende 1993 nach Spanien geflüchtet. Bis Februar 1 9 9 2 war Remer Herausgeber der damals führenden deutschsprachigen Publikation "Remer-Depesche". Die bis Ende 1995 erschienene Nachfolgepublikation "Deutschland-Report" wurde ab Januar 1996 durch die Broschüre mit dem Titel "National Journal - Das deutsche Info-Magazin" (NJ) ersetzt. Das NJ firmiert unter der gleichen Anschrift in England wie die zuvor genannten Publikationen "Remer-Depesche" und "Deutschland-Report". Als Herausgeber fungieren sich selbst so nennende "Die Freunde im Ausland" (DfiA). Als Verantwortlicher wird ein Thomas Brookes aufgeführt. Das "National Journal" propagiert - wie seine Vorgängerschriften - weiterhin revisionistisches Gedankengut und setzt seine antisemitische und fremdenfeindliche Hetze fort. Es polemisiertauch über Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden gegen Revisionisten. Erstmals wird 111 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 aber auch gezielt gegen eine Person in dieser Form agitiert. In einer als Steckbrief aufgemachten Beilage zur Neu-Ausgabe des "NJ" prangert ein bisher unbekanntes "Human Rights Committee" die Verurteilung des ehemaligen NPD-Vorsitzenden Deckert wegen Volksverhetzung (SS 1 30 StGB) als Menschenrechtsverletzung an. Unter der Überschrift "Die Bestrafung der antideutschen Triebtäter muß kommen" wird gefordert, der zuständige Oberstaatsanwalt und seine Komplizen müßten vor Gericht gestellt werden. Christophersen Der Rechtsextremist und Revisionist Thies Christophersen ist am 13. Februar 1997 im Alter von 7 9 Jahren in Molfsee bei Kiel gestorben. Er gab die revisionistische "Kritik"-Schriftenreihe und bis Ende 1994 die Publikation "Die Bauernschaft" heraus. Durch Flucht nach Dänemark hatte er sich 1 9 8 6 der Strafverfolgung und der Vollstreckung des Haftbefehls nach Verurteilungen wegen seiner rechtsextremistischen Aktivitäten entzogen. Scheerer, g e b . Rudolf Erstmals im Juli 1993 tauchte ein "Rudolf-Gutachten" auf, das wie der "Leuchter-Report" mit wissenschaftlichen Methoden beweisen sollte, daß in Auschwitz niemals Menschen vergast worden seien. Verfasser des Gutachtens war der Dipl.-Chemiker Germar Rudolf, verheirateter Scheerer, der auch unter dem Pseudonym Ernst Gauss Herausgeber des im Grabert-Verlag erschienenen Sammelbandes "Grundlagen zur Zeitgeschichte" ist, in dem verschiedene deutsche und ausländische Revisionisten den Holocaust direkt oder indirekt leugnen. Beide Schriftwerke sind neuerdings auch im Angebot der belgischen "Stiftung Vrij Historisch Onderzoek" (VHO). Scheerer ist im Frühjahr 1996 vor der Justiz nach Spanien geflüchtet. Revisionisten im Revisionisten, die den Holocaust und die deutsche Kriegsschuld leugInternet nen oder verharmlosen, plazieren ihre Angebote fast ausschließlich auf Internetservern im Ausland. Intensiv nutzt der in Kanada lebende deutsche Revisionist Ernst Zündel das Internet. Seine Propaganda steht außer in Englisch auch in Deutsch, Französisch, Portugiesisch, Russisch und Schwedisch bereit. Der monatliche "Germania-Rundbrief" Zündeis wird seit der Ausgabe April 1 995 elektronisch archiviert und im Volltext angeboten. 112 Rechtsextremismus Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat bereits 1996 Online-Angebote Zündeis indiziert. In einem der Artikel heißt es zum Beispiel: "Die zwingenden Beweise, die sie (die Wissenschaftler) uns vorlegen, zeigen jedoch, daß Auschwitz kein Vernichtungszentrum war und daß die Geschichte von Massentötungen in 'Gaskammern ' ein Mythos ist". Die Indizierung konnte Zündeis Aktivitäten aber nicht einschränken, weil sein Revisionismus im Rahmen der in Kanada weiter gefaßten Meinungsäußerungsfreiheit nicht strafbar ist. Zündel veröffentlichte den Wortlaut der Indizierungsverfügung auf seiner Homepage und stellte sich als Opfer einer angeblichen Verfolgung in Deutschland dar. Eine noch intensivere Nutzung des Internets kündigte Zündel bereits in seinem "Germania-Rundbrief" Nr. 21 3 vom 15. Dezember 1 996 an. Künftig wolle er im Internet Radioprogramme abrufbar machen, auch an Videoübertragungen sei gedacht. Ziel der Bemühungen sei es, Live-Sendungen über das Internet zu übermitteln. Einige Hörproben hat Zündel heute schon in seinem Angebot. Das einschlägig revisionistische "Institute for Historical Review" (IHR) in Kalifornien ist mit einem kompletten Index seiner Publikationen im W W W vertreten. Dort findet sich beispielsweise das pseudowissenschaftliche "Leuchter-Gutachten". Über das IHR sind z.B. Schriften des deutschen Revisionisten Germar Scheerer, geb. Rudolf, oder das revisionistische Adelaide-Institute in Australien erreichbar. In Stockholm stellt ein Marokkaner, der auch den lokalen Rundfunksender "Radio Islam" betreibt, stark antisemitisch ausgerichtete Seiten in das Internetein, auf denen auch der Holocaust geleugnet wird. Das mehrsprachige Angebot enthält einen umfangreichen Teil in deutscher Sprache. Die deutschsprachige revisionistische Schrift "National Journal", die zunächst von "Radio Islam" angeboten wurde, ist inzwischen unter einer eigenen Adresse im Internet vertreten. Es fällt auf, daß die Revisionisten mit Links aufeinander verweisen. Internetnutzer, die ein revisionistisches Angebot gefunden haben, finden darüber problemlos auch andere. Deutsche Rechtsextremisten halten sich allerdings bislang mit Links auf diese Revisionisten zurück, weil sie Strafverfahren wegen dieser Links vermeiden wollen. Intensiv kommunizieren Revisionisten in Europa und in den USA per E-Mail miteinander. 113 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 2.4.2 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) Gründung 1960 Sitz München Vorsitzender Dr. Rolf Kosiek Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 35 ca. 35 Bund ca. 4 6 0 ca. 4 0 0 Publikation "Das Freie Forum", erscheint vierteljährlich; Auflage ca. 7 0 0 Die von dem ehemaligen "Chefideologen" der NPD Dr. Rolf Kosiek geleitete GFP ist mit rund 4 6 0 Mitgliedern im Bundesgebiet weiterhin das größte rechtsextremistische überparteiliche Sammelbecken von publizistisch aktiven Rechtsextremisten. Neben der Herausgabe der Publikation "Das Freie Forum" betreibt die GFP durch Vortragsveranstaltungen der einzelnen Arbeitskreise Öffentlichkeitsarbeit. Sie veranstaltet einen jährlichen "Gesamtdeutschen Kongreß", dessen Vorträge in einem Sammelband veröffentlicht werden. Die GFP verfolgt revisionistische Ziele, die sie als Kampf um die angeblich bedrohte "Freiheit und Wahrheit des Wortes" deklariert. Neben fremdenfeindlicher und nationalistischer Agitation versucht die GFP, die Bundesrepublik Deutschland als undemokratisch zu diffamieren, da aus ihrer Sicht rechten Publizisten und Verlegern das im Grundgesetz manifestierte Rechtauf Meinungs-und Pressefreiheitwiderrechtlich vorenthalten werde. Die GFP gibt sich weiterhin überparteilich. Sie strebt eine organisationsübergreifende Vernetzung an. Neben den Einigungsbemühungen auf nationaler Ebene will die GFP den Zusammenschluß aller europäischen rechten Kräfte. Führende Mitglieder der GFP stehen in Kontakt mit dem FN-Vorsitzenden Le Pen und den REP, denen man die größten Wahlchancen einräumt. GFP-JahreskonUnter dem Motto "Sind wir noch zu retten? -Deutschland zwischen greß 1 9 9 7 Systemkrise und Systemwechsel" fand der "Deutsche Kongreß" der GFP vom 25. - 2 7 . April 1 9 9 7 mit ca. 3 5 0 Teilnehmern in Gera statt. Unter den Teilnehmern fanden sich bekannte führende Vertreter/Funktionäre der REP, DLVH, NPD und JN sowie der Neonazis. Auffällig 114 Rechtsextremismus war diesmal der für die GFP verhältnismäßig hohe Anteil an jüngeren Teilnehmern, insbesondere aus den neuen Ländern. Der ehemalige Pressereferent von Goebbels, der 85jährige Wilfred von Oven, erhielt die "Ulrich von Hutten-Medaille" für seine "publizistische Lebensleistung" und seinen "Einsatz als Zeitzeuge für die geschichtliche Wahrheit". Der damalige gleichberechtigte DLVHBundesvorsitzende und Mitherausgeber von "Nation & Europa", Harald Neubauer, hielt die Laudatio. Der Vorsitzende Dr. Kosiek und der stellvertretende Vorsitzende Waldemar Schütz wurden wiedergewählt. Neben Jürgen Schützinger (gleichberechtigter DLVH-Bundesvorsitzender) kam erstmals ein aus NRW stammendes NPD-undJN-Mitglied als Beisitzerin den Vorstand. 2.4.3 Vereinigung für Gesamtdeutsche Politik e.V. (VGP) Gründung 1984 Sitz Remscheid Vorsitzender Ernst Günter Kögel Publikation "Deutschland - Schrift für neue Ordnung"; erscheint zweimonatlich Die VGP wird von dem Revisionisten Kögel geleitet. In dem Publikationsorgan "Deutschland - Schrift für neue Ordnung" werden das NSRegime verherrlicht, die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sowie der Holocaust geleugnet und eine Vielzahl von rechtsextremistischen Behauptungen verbreitet. 1 9 9 7 kamen insgesamt 6 Ausgaben heraus. Ein Schwerpunkt der revisionistischen Argumentation war eine Artikelserie gegen die Ausstellung über Verbrechen der Wehrmacht. Die VGP ist seit Mitte 1997 mit einer Homepage im Internet vertreVGP im Internet ten. Sie gibt dort einen Überblick über ihre Ziele und wirbt für die von ihr herausgegebene Schrift. Nach Schwierigkeiten mit dem Provider ist das VGP-Angebot inzwischen an anderer Stelle über einen Internet-Zugang des Thule-Netzes erreichbar. 2.5 "Neue Rechte" Der Begriff "Neue Rechte" steht für eine geistige Strömung, deren Wurzeln bis zu den Theoretikern der sogenannten Konservativen 115 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Revolution der Weimarer Republik zurückreichen. Die politisch inhomogenen und nicht klar abgrenzbaren Strömungen, die sich nach dem 1. Weltkrieg fanden, waren sich in der Ablehnung von Demokratie und Parlamentarismus einig (siehe Verfassungsschutzbericht NRW 1 996, Nr. 2.5). Heute geht es den Vertretern dieses Gedankengutes nicht darum, in organisierter Form aufzutreten, vielmehr soll über nahestehende vorhandene rechtsextremistische Organisationen und deren Publikationen die freiheitliche demokratische Grundordnung delegitimiert werden, um nach erfolgreicher politisch-intellektueller Debatte mit den verfassungsfeindlichen Positionen die Meinungsführerschaft zu gewinnen. Inzwischen wird diese typische Strategie der "Neuen Rechte" zumindest in Teilen vom gesamten rechtsextremistischen Spektrum übernommen. Zielobjekte dieser Strategie sind gesellschaftspolitisch konservative Kreise, die man durch vorgetäuschte Gemeinsamkeiten bei politisch relevanten Themen benutzen will, um dann unauffällig extremistische Positionen zu verbreiten. Diese Strategie der Eroberung der "kulturellen Hegemonie" setzt darauf, Meinung zu machen und politische Begriffe langfristig umzuwerten. Kampagnenthemen, die für einen derartigen "Brückenschlag" aufgegriffen wurden, sind u.a. * Schutz der Wehrmacht vor angeblicher Verunglimpfung durch die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1 9 4 4 " J Schutz der Bundeswehr vor angeblicher Verunglimpfung nach rechtsextremistischen Vorfällen * die Europäische Union und die Einführung des Euro * Schüren von Ängsten vor dem Islam und den Moslems J die Rechtschreibreform (zu Kampagnenthemen siehe Nr. 1.1.2). Bemerkenswert ist, daß sich die Gruppierungen, die das Gedankengut der "Neuen Rechten" propagieren, von der bloßen Theoriediskussion, wie es den Apologeten der sogenannten "Konservativen Revolution" eigen war, derzeit lösen. Sie beginnen, pragmatisch zu denken, d.h. Wege zu suchen, um an der politischen Willensbildung teilzunehmen. So ist noch nicht deutlich, ob Wahlbündnissen, eventuell über die Deutschland-Bewegung des Alfred Mechtersheimer, der Vorzug gegeben wird, oder ob man zur Unterstützung der vermeint116 Rechtsextremismus lieh stärksten und populärsten rechtsextremistischen Partei "Die Republikaner" aufrufen wird. Erheblich angewachsen ist das Angebot der "Neuen Rechten" im "Neue Rechte" Internet. Die Wochenzeitung "Junge Freiheit" bietet außer der jeweils im Internet aktuellen Ausgabe alle Ausgaben seit Ende März 1 9 9 7 an. Der "Konservative Gesprächskreis Hannover e.V.", der selbst seine Gründung als Leserkreis der Wochenzeitung "Junge Freiheit" beschreibt, versucht, im W W W - entsprechend der Konzeption der "Neuen Rechten" - auf die öffentliche Meinung über ein neues Medium einzuwirken. Das anfänglich kleine Angebot wurde erheblich vergrößert und insbesondere um eine Liste mit zahlreichen Verweisen auf andere Organisationen, auch aus dem demokratischen Spektrum, ergänzt. Als "die metapolitische Ideenschmiede für eine künftige europäische Neuordnung" stellt sich das in Kassel ansässige Thule-Seminar im Internet vor. Selbstdarstellung, Schriften des Thule-Seminars und Aufkleber, wie zum Beispiel "Rasse ist Klasse", werden angeboten. 2.5.1 Junge Freiheit (JF) Gründung 1986 Herausgeber Junge Freiheit Verlag GmbH & Co., Berlin; erscheint seit Januar 1994 wöchentlich; Auflage ca. 10.000 Internet Homepage seit November 1996 Mit Urteil vom 14. Februar 1997 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die bisherige Berichterstattung des Innenministeriums NordrheinWestfalen über die "Junge Freiheit" (JF) für rechtmäßig erklärt. Über einen Antrag der "Junge Freiheit Verlag GmbH &Co." auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Münster noch nicht entschieden. Die vollständige Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf kann im Internet-Angebot des NRW-Verfassungsschutzes gelesen werden (Adresse siehe Impressum). Ungeachtet der Feststellungen des Gerichts brachte die JF auch 1997 Aktuelle Anhaltszahlreiche Veröffentlichungen, die zumindest Anhaltspunkte für den punkte für RechtsVerdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische extremismus Grundordnung darstellen. Im Zuge der strategisch motivierten Bemühungen um "kulturelle Hegemonie" setzte die JF auch ihre Versuche fort, das politische Koordinatensystem nach rechts zu verschieben. 117 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Sie wirkte auch aus diesem Grund an mehreren Kampagnen mit, bei denen Rechtsextremisten aller Schattierungen Themen aufgreifen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, um sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ausbau des Eine schon 1996 begonnene Werbekampagne, durch die dieJF bis "Projektes Junge zum Jahreswechsel 1 9 9 6 / 9 7 2.500 neue Abonnenten gewinnen Freiheit" wollte, wurde verlängert und Mitte Februar 1997 mit angeblich 2.507 neuen Abonnenten abgeschlossen. Bereits im August 1997 startete die JF eine weitere Werbekampagne, die nach eigenen Angaben bis zum Jahreswechsel 1 9 9 7 / 9 8 einen Zuwachs von ca. 1.100 Abonnements brachte. Insgesamt werden diesmal 1.500 "neue Abonnements" angestrebt. Die tatsächliche Zahl neuer JF-Leser dürfte aber durch Abbestellungen und auslaufende Abonnements entstehende Verluste nicht ausgleichen. Um die wirtschaftliche Konsolidierung der JF bemühte sich auch eine Initiative "David gegen Goliath - Freunde der Jungen Freiheit". Sie hatte eine Spendenkampagne u.a. zur Unterstützung der JF bei der Finanzierung ihres verwaltungsgerichtlichen Streitverfahrens gegen das Land Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen. In den Spendenaufrufen wurde die JF als Märtyrerin dargestellt, die auch stellvertretend für andere Publikationen des rechten Spektrums gegen eine angebliche Verletzung ihrer Pressefreiheit kämpfen müsse. Zu den Initiatoren gehörte auch ein inzwischen emeritierter Politikwissenschaftler der Universität Bonn, der seit Februar 1997 ständiger Mitarbeiter der JF ist. Mit einigem organisatorischem Aufwand wurde 1 9 9 7 der "JF-Buchdienst" ausgebaut. In der regelmäßigen Zeitungsbeilage "Buch und Medien" und über ihr Internet-Angebot bietet die JF auch Bücher bekannter Rechtsextremisten an. Neben der durch die Auswahl der angebotenen Bücher verfolgten politischen Zielsetzung will sich die JF ausdrücklich auch eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen. Ihr Internet-Angebot hat die JF ebenfalls ausgebaut. Ergänzend zu entsprechenden, in der Zeitung abgedruckten Informationen bietet die JF auch in diesem Rahmen Links zu Homepages rechtsextremistischer Organisationen (z.B. REP und Friedenkomitee 2000) und Hinweise auf Veranstaltungen. Seit Oktober 1997 erscheint in Wien als Ersatz für die bisherige JFAusgabe für Österreich die neue Wochenzeitung "Zur Zeit". DieJF 118 Rechtsextremismus bleibt jedoch auch weiterhin durch wirtschaftliche und redaktionelle Verknüpfung beteiligt. Nach der "Distanzierung" der JF von ihren Leserkreisen im Juni 1996 "Junge Freiheit"sind Aktivitäten von nordrhein-westfälischen Leserkreisen nicht mehr Leserkreise und bekanntgeworden. Die damalige, für die Leserkreisteilnehmer sehr JF-Sommerplötzliche "Distanzierung" muß vor allem als taktische Maßnahme universität im Zusammenhang mit der bisher erfolglosen verwaltungsgerichtlichen Klage der JF gegen das Land Nordrhein-Westfalen gewertet werden. Die Aktivitäten rund um die Leserkreise hatten die bei der JF festgestellten Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen untermauert. Das den Leserkreisen zugrundeliegende strategische Konzept hat die JF allerdings nicht aufgegeben. Durch regelmäßige Veranstaltungstips und Terminhinweise unterstützt die JF leserkreisähnliche Kleingruppen weiterhin und trägt zu deren Vernetzung bei. Die früher jährlich als zentrale Vortragsund Diskussionsveranstaltung durchgeführten "JF-Sommeruniversitäten" finden seit 1995 nicht mehr statt. 1995 war als Abspaltung die "Freie Deutsche Sommerakademie" entstanden (siehe Kapitel 2.5.2). Im Jahr 1997 referierten dort bei zwei Veranstaltungen mehrere JF-Stammautoren. In einer Vielzahl von JF-Artikeln fand sich auch 1 9 9 7 die Forderung Bestrebungen nach Stärkung von Elementen unmittelbarer, direkter Demokratie. gegen das DemoRegelmäßig wird dabei als Ziel zunächst vordergründig die Verlagekratieprinzip rung politischer Entscheidungen von parlamentarischer Zuständigkeit auf die Ebene von Volksabstimmungen vorgegeben. Hinter dieser Forderung verbirgt sich in der JF jedoch die bereits aus den Veröffentlichungen der Vorjahre bekannte grundsätzliche Ablehnung der repräsentativen Demokratie. So suggeriert in Ausgabe 2 6 / 9 7 ein Plädoyer für mehr direkte Demokratie, daß das Volk in Deutschland keine Gelegenheit habe, die Richtlinien der Politik mitzubestimmen.Dabei wird sogar die Auffassung vertreten, daß die Abschaffung der obersten Verfassungsgrundsätze durch Volksabstimmung zulässig sein müsse. Als Beispiel nennt der Autor das Demokratieprinzip. Daraus wirdverschleiert durch die Konstruktion einer theoretisch-abstrakt formulierten Forderung - indirekt die Tendenz zur Ablehnung wesentlicher Verfassungsgrundsätze ersichtlich. Bewußt unterschlagen werden die Möglichkeiten zur politischen Einflußnahme, die das Volk in einer repräsentativen Demokratie über Wahlen ausübt. 119 L Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 In Ausgabe 2 / 9 7 diffamiert ein JF-Stammautor das Demokratieprinzip unmittelbar: die Angriffe gegen Rita Süssmuth seien deswegen "unappetitlich, weil sie das Wesen demokratischer Herrschaft vernebeln: die Verfügungsgewalt einer Minderheit über die Ressourcen, die eine Mehrheit bereitstellen muß." In Ausgabe 2 4 / 9 7 vertrat der Vordenker der französischen "Nouvelle Droite" und JF-Stammautor Alain de Benoistan dem von ihm aus Anlaß der dortigen Wahlen zur Nationalversammlung gewählten Beispiel Frankreichs die Auffassung, die repräsentative Demokratie habe zu einem Identitätsdissens zwischen den Lebensinteressen des französischen Volkes und einer aus seiner Sicht nur scheindemokratisch legitimierten politischen Klasse geführt. Für eine der Buchveröffentlichungen Benoists mit dem Titel "Demokratie - Das Problem" wirbt der JF-B,uchdienst: "Liberalismuskritisch entwickelt der Autor aus den konkreten Lebensordnungen der Geschichte heraus seine Vorstellung von einer 'organischen Demokratie'". Dahinter verbirgt sich die Forderung nach Verwirklichung identitären Einvernehmens zwischen Volk und Regierung. Dadurch wird implizit die Legitimitätvon innergesellschaftlichen Interessengegensätzen geleugnet. In einer "organischen Demokratie" wäre somit die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition nicht möglich. Das Recht dazu gehört aber zu den Bestandteilen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Pauschalangriff In der JF-Ausgabe 2 4 / 9 7 forderte der JF-Kolumnist Mechtersheimer auf die freiheitlials Tugend der Politiker: che demokrati"Bekennermut und Kraft zum Widerstand können diejenigen, die sche Grundordzu besonderen Leistungen berufen sind, nur entfalten, wenn sie mit nung jener 'Urteilskraft der Seele' ausgestattet sind, von der Arthur Schopenhauer in Anlehnung an Baltasar Graäan spricht. Nicht abstrakte Prinzipien sollen das Handeln leiten, sondern jene Grundsätze, 'die ihm in Blut und Saft stecken, indem sie das Resultat alles seines Denkens, Fühlens und Wollens sind'. Diejenigen zu finden und zu sammeln, in denen diese innere Kraft von Jugend heranreift, ist auch heute der einzige Weg aus der Knechtschaft." Die "abstrakten Prinzipien", die Mechtersheimer als Leitlinie politischen Handelns ablehnt, benennt er aus gutem Grund nicht näher. Sein Artikel erscheint als weiteres Beispiel einer langen Reihe von JF-Artikeln, in denen das eigentliche Anliegen geschickt unausgesprochen bleibt. 120 Rechtsextremismus Auch Mechtersheimers JF-Artikel erschließt sich erst bei genauerer Betrachtung hintergründiger Formulierungen als Ausdruck einer Gegnerschaft zum demokratischen Rechtsstaat. Denn zu den Prinzipien, denen Staat und Politik verpflichtet sind, gehören an hervorgehobener Stelle insbesondere die im Grundgesetz abstrakt normierten grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, deren konkrete Geltung eben nicht vom Belieben des Staates bzw. der Politik abhängen darf. Mechtersheimers Forderung ist somit am Grundgesetz gemessen als Pauschalangriff auf die grundlegenden Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu werten. Darüberhinaus versucht er den Eindruck zu vermitteln, diese "abstrakten Prinzipien" hätten in eine "Knechtschaft" geführt; damit will er den demokratischen Rechtsstaat zusätzlich diffamieren. Den geistigen NährVerunglimpfung boden für die Umsetvon Institutionen zung von Bestrebunund Repräsentangen gegen die freiten der freiheitheitliche demokratilichen demokratische Grundordnung schen Grundversucht die JF durch ordnung Verunglimpfung ihrer Funktionsträger und Repräsentanten zu bereiten. So lautete die Titelzeile in Ausgabe 26/97 (zum EU-Gipfeltreffen): "War Kohl bekifft?" Auf der Titelseite der Ausgabe 2 / 9 7 wird 121 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 die Bundesrepublik Deutschland als "deutsche Narrenrepublik" plakativverächtlich gemacht. In derselben Ausgabe behauptet ein langjähriger Stammautor unter der Überschrift "Der Verfall des Rechts", die "Bonnerpolitische Klasse" habe sich "schon klammheimlich vom Grundgesetz verabschiedet". Am Ende dieses Artikels ruft der Autor dazu auf, staatliche Rechtsetzung und Rechtsprechung einfach zu ignorieren: "Doch es gibt nicht bloß das eine Recht, sondern viele: deren Rechtund unser Recht". Die "PC"-KampaDie 1996 begonnene Kampagne der JF gegen eine in Deutschland gne als Instrument angeblich vorherrschende "Political correctness" (PC) setzte sich auch zur Verschiebung 1997 fort. Dazu wurde z.B. behauptet (JF 1 2 / 9 7 ) , des Wertesystems "... als 'rechtsextrem' gilt, wer sich dem Diktat der 'Political corder freiheitlichen rectness ' nicht unterwirft. Hinter einem dürftigen Schleier von Aufdemokratischen klärung, Emanzipation und Humanität verrichten Dogmatismus und Grundordnung Zelotentum ihr brutales Werk." Im Rahmen der "PC"-Kampagne werden in der JF immer häufiger sogar rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten verharmlost. Deren strafrechtliche Verfolgung sei Ausdruck von Meinungsunterdrückung und -terror. Zunehmend deutlicher wird somit das Ziel erkennbar, staatliches Handeln, insbesondere der Justiz, gegen Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als verwerflich und als angeblich mit eben dieser freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar darzustellen. Parteinahme für In Ausgabe 2 9 / 9 7 kommentierte ein Stammautor und ständiger Volksverhetzung Mitarbeiter der JF die - derzeit noch nicht rechtskräftige -Verurteilung des Herausgebers der rechtsextremistischen Zeitschrift "Staatsbriefe" wegen der in einem ausgesprochen zynischen Artikel festgestellten Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens der im Holocaust umgekommenen Menschen mit der Frage: "Wo leben wir denn eigentlich, in einem demokratischen Rechtsstaat - oder vielleicht schon in einer Art Zombie-DDR?" Ein weiterer JF-Stammautor behauptete in Ausgabe 3 6 / 9 7 wahrheitswidrig, für den Vorwurf der Leugnung des Holocaust hätte sich in dem der Verurteilung zugrundeliegenden "Staatsbriefe"-Artikel kein Beleg gefunden. Tatsächlich war unter dem Autorenpseudonym "OLE CAUST" in dem "Staatsbriefe"-Artikel vom Oktober 1995 die industrialisierte Form 122 Rechtsexfremismus der Massenvernichtung menschlichen Lebens in den Krematorien der Konzentrationslager als "Vorgang zur rationellen Umwandlung von Stoffen zur Erzeugung von Gütern wie etwa reine Industriefette (RIF)", als "Prozeß stark kaustischer oder oxidierender Natur" in einer "Befeuerungsanlage" oder "Seifensiederei" und als "fabrikmäßige Entsorgung von Altlasten, die zum Beispiel in Form von Asche oder Schlacke dem natürlichen Kreislauf wieder zuzuführen sind, ..." beschrieben worden. Anmerkung: Die Abkürzung "RIF" (Reichsstelle für industrielle Fette und Waschmittel) wurde in verleumderischer Weise auch für "reines Juden-Fett" verwendet. Die vorbehaltlose Übernahme der Argumentationslinie des "Staatsbriefe"-Herausgebers durch die JF stellt - angesichts des Inhalts des der Verurteilung zugrundeliegenden Artikels - einen besonders schwerwiegenden Anhaltspunkt für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen dar. Durch publizistische Unterstützung sowie die Veröffentlichung von Beteiligung an Aufrufen und Inseraten beteiligte sich dieJF 1997 an mehreren KamKampagnen pagnen, die von Rechtsextremisten aller Schattierungen mit im wesentlichen gemeinsamen Zielen getragen wurden (siehe Nr. 1.1.2): ü Kampagne gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Die Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" * Kampagne zum "Schutz" der Bundeswehr vor angeblicher Verunglimpfung * Kampagne gegen die Einführung des "Euro" * Kampagne gegen die Rechtschreibreform. Auch im Zusammenhang mit der Behandlung dieser Themen waren in der JF gelegentlich Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen erkennbar. So begleitete die JF ihre redaktionellen Beiträge zur Auseinandersetzung um die Wehrmachtsausstellung mit der Veröffentlichung einer ganzseitigen Werbung pF-Ausgabe 21 / 9 7 ) für ein Buch des Rechtsextremisten Joachim Siegerist mit dem Titel "Reemtsma - eine Familie im Zwielicht", das den Initiator der Ausstellung diskreditieren soll. In Ausgabe 1 8 / 9 7 veröffentlichte die JF einen Aufruf gegen die Präsentation einer weiteren Ausstellung über die Wehrmacht in der Frank123 ^ Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 furter Paulskirche. Zu den Unterzeichnern zählten neben JF-Chefredakteur Dieter Stein auch bekannte Rechtsextremisten. Bereits 1 9 9 6 , als die Wehrmachtsausstellung noch nicht zu den Schwerpunktthemen gehörte, hatte dieJF (Ausgabe 9 / 9 6 ) einen längeren Leserbrief abgedruckt, in dem ein späterer JF-Autor mit Blick auf die Ausstellung zur Sachbeschädigung aufrief: "Ein neuer offensiver Stil muß her: gewaltloses Volkswandern zu solchen Ausstellungen, friedfertig in die heiligen Bewältigungs-Hallen, dortden dicken freien Meinungsäußerungsfilzstift zur Hand genommen und der Welt gezeigt, daß es unter Dichtern und Denkern auch Malertalente hat." Sachbeschädigung als Mittel der politischen Auseinandersetzung, diesmal im Zusammenhang mit der Debatte um die Einführung des "Euro", befürwortete die JF in einem redaktionellen Beitrag (Ausgabe 3 6 / 9 7 ) ; zu Filzstift-Schmierereien mit dem Text "Nein zum Euro" auf öffentlichen Einrichtungen hieß es dort: "Die Idee mit dem Edding - spitze!" In einem Artikel (JF 4 7 / 9 7 ) , der sich unter anderem mit der Rechtschreibreform befaßte, schrieb JF-Kolumnist Mechtersheimer: "Das paßt alles zu einem Land, in dem sich viele Millionen mit und ohne deutschem (Anmerkung: Grammatikfehler übernommen) Paß mit einem Multi-Kulti-Radebrech herumschlagen" und meinte dazu herabwürdigend: "Sie reden, wie ihnen der Schnabel verwachsen ist." Indem Mechtersheimer Menschen, die insbesondere wegen ihrer Herkunft oder Abstammung die deutsche Sprache nicht perfekt beherrschen, einen "verwachsenen Schnabel" attestiert, mißachtet er deren Würde in eklatanter Weise. Plädoyer für Etwa einen Monat vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 2 1 . "Einheit der September 1997 forderte JF-Kolumnist Mechtersheimer zu "GemeinRechten" unter samkeit" auf (JF 3 4 / 9 7 ) . Die "nationalen Kräfte" sollten sich für die Führung der Bundestagswahl 1998 nach der Hamburg-Wahl auf die Partei mit den "Republikaner" größten Chancen konzentrieren: "Weil alle Neugründungen gescheitert sind, bleibt für die Bundestagswahl nur die Konzentration aller nationalen Kräfte auf diejenige Partei, die mit den größten Chancen ins Rennen geht. Welche Partei dieses Pferd sein wird, kann nach den Bürgerschaftswahlen in Hamburg am 2 7. September besser beurteilt werden als heute. Dann ist Gemeinsamkeit gefordert...". 124 Rechtsextremismus In rechtsextremistischen Kreisen ist es üblich, sich als "national" zu bezeichnen. Bei der Wahl in Hamburg traten u.a. die rechtsextremistischen Parteien REP, DVU und NPD an. Als Bilanz des Hamburger Wahlergebnisses sprach JF-Chefredakteur Stein später den "Republikanern" die Führungsrolle in der "rechten politischen Szene" zu (JF 4 3 / 9 7 ) : "Was die rechte politische Szene in Deutschland braucht, sind nicht Hunderte runde Tische oder Fusionen von Minizirkeln, sondern eine Formation, die eine vorzeigbare Partei mit mitreißenden Menschen ist und die obendrein sich der modernsten Methoden der Massenkommunikation mit Macht bedient und die Öffentlichkeit in ihren Bann zieht. Die Republikaner, deren Bundesparteitag am kommenden Wochenende im Allgäu unter Mitwirkung des Vordenkers des französischen Front National, Yvan Blot, und dem Ex-Grünen Alfred Mechtershei mer stattfindet, müßten hierein Signal setzen." Die propagandistische Unterstützung bekannter Rechtsextremisten Verhältnis zu beschränkt sich in der JF nicht auf Artikel, in denen verurteilte Straftäanderen Rechtster - auch mit Hilfe wahrheitswidriger Darstellungen - in Schutz genomextremisten men werden. Die JF drucktauch regelmäßig Inserate rechtsextremistischer Organisationen und Verlage, so zum Beispiel Inserate des "Buchdienstes Michael Prümmer" und -wie schon in den Vorjahren - Werbung für "DESG-inform", das Mitteilungsblatt der rechtsextremistischen Organisation "Deutsch-Europäische Studiengesellschaft". Umgekehrt rief "DESG-inform" dazu auf, die JF zu abonnieren. In Ausgabe 4 / 9 7 veröffentlichte die JF Werbung für die Musikzeitschrift "Rock Nord", in der u.a. Musik rechtsextremistischer Skinheads und rechtsextremistische Devotionalien angeboten werden. Geworben wurde in den JF-Ausgaben 2 / 9 7 und 4 / 9 7 auch für ein Buch über den rechtsextremistischen Liedermacher Frank Rennicke, der zahlreiche fremdenfeindliche und rassistische Texte verfaßt hat. Buchautor ist der Skinhead-Musik-Manager Torsten Lemmer, der Rennicke in einem "Rock Nord"-lnterview als Vorbild bezeichnete. Pünktlich zum zehnten Todestag des früheren Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß und während der von Neonazis bundesweit ausgerufenen "Heß-Aktionswochen", veröffentlichte die JF (Ausgabe 3 4 / 9 7 ) einen fast ganzseitigen Artikel, in dem dessen Sohn ausführlich Gelegenheiterhielt, den Mythos der Neonazis, der im Alter von 93 Jahren in der Haft gestorbene Heß sei ermordet worden, zu vertreten: "Es spricht nahezu alles für Mord." 125 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Im Leitartikel der JF-Ausgabe 3 6 / 9 7 schrieb der JF-Chefredakteur Stein im Rahmen einer Betrachtung über die Schwierigkeiten der JF, sich im Kioskverkauf durchzusetzen: "Abgesehen von den in freigewählter Isolation erscheinenden Radaublättern Nationalzeitung und Deutsche Wochenzeitung aus München ist also Essig mit einer konservativen, rechten Presse am Kiosk in Deutschland. " Da sich auch die JF stets als "konservative Wochenzeitung" bezeichnet, bestätigter damit politische Gemeinsamkeiten derJF mit den vom Bundesvorsitzenden der DVU herausgegebenen Publikationen DNZ und D W Z / D A . Das überrascht nicht, denn schon früher hatte die JF deutlich erkennen lassen, daß sie dem Begriff "konservativ" -vom in der Gesellschaft verinnerlichten Wortinhalt extrem abweichend-auch rechtsextremistische Inhalte zuweist. Gerade die DNZ und die D W Z / DA sind wesentlich geprägt durch antisemitische Stimmungsmache und unterschwellige Fremdenfeindlichkeit. 2.5.2 Freie Deutsche Sommerakademie Gründung 1995 Ziele: Bei der "Freien Deutschen Sommerakademie" handelt es sich um eine Vernetzung und Institution, die 1995 von Rechtsextremisten als Abspaltung der "SomIdeologietransfer meruniversität" der Wochenzeitung "Junge Freiheit" zu Zwecken der Kontaktpflege und ideologischen Schulung im vorpolitischen Raum initiiert wurde. 1997 fanden - unter Leitung eines sogenannten "Konziliums" konspirativ organisiert-zwei Veranstaltungen mit Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet statt. Zu einem erheblichen Anteil waren Angehörige von Burschenschaften vertreten. Programmgestaltung und Referentenauswahl ließen die Absicht der Organisatoren erkennen, die Vernetzung der rechtsextremistischen Szene voranzutreiben und rechtsextremistische Ideologieansätze auch in akademischen Kreisen diskutabel zu machen. "Konservative Das "Winterkolleg" der "Freien Deutschen Sommerakademie" im Revolutionäre" Februar 1997 in München stand unter dem Thema "Facetten der im "Kampf geKonservativen Revolution". Veranstalter und Referenten beschränkten gen Jalta, Bonn sich dabei keineswegs auf schlichte historische Forschungen, sondern und Maastricht" hatten das Ziel im Auge, Ideologieelemente dieser antidemokratischen Strömung in aktuelle politische Prozesse einzubringen. Einem Bericht der rechtsextremistischen Monatsschrift "Nation & Europa" zufolge 126 Rechfsextremismus forderte ein Referent, die Pluralismus-Kritik des Staatsrechtlers Carl Schmitt als "ethnischen Fundamentalismus" im "Kampf gegen Jalta, Bonn und Maastricht (zuj instrumentalisieren". Im August 1997 veranstaltete die "Freie Deutsche Sommerakademie" "Nationale in der Nähe von Prag eine Tagung mit ca. 6 0 Teilnehmern. Zu den Gegenelite" Referenten gehörten der ehemalige REP-Funktionär Jochen Lober, der gegen JF-KolumnistMechtersheimervom rechtsextremistischen "Friedensko"Systemlinge" mitee 2000" sowie zwei Professoren der Rechtswissenschaften. Der Mitarbeiter der "Freien Deutschen Sommerakademie" und Stammautor der rechtsextremistischen Zeitschrift "Staatsbriefe" Jürgen Schwab berichtete in "Staatsbriefe"-Ausgabe 9 / 9 7 , im Zentrum dieser Veranstaltung habe ein Seminar gestanden, in dem vier von den "Staatsbriefen" in den letzten Jahren veröffentlichte "nationale" Verfassungsmodelle als Ideen "für die Zeit nach der großwestdeutschen Ewigkeit" erörtert worden seien. Dazu zählt u.a. auch Oberlerchers "Reichsverfassungsentwurf" (siehe dazu Verfassungsschutzbericht NRW 1995, S. 134). Es solle erreicht werden, daß eine "nationale Gegenelite" über das Grundgesetz und die freiheitliche demokratische Grundordnung hinausdenke und ein "negatives geistiges Klima" ablöse, das durch - aus Schwabs Sicht verfassungskonforme - "Systemlinge" innerhalb der "politischen Rechten" geprägt werde und "bisher allen Bemühungen eines neuen Ordnungsdenkens wie eine Sperre im Wege stand". Das "Deutsche Kolleg" (siehe Nr. 2.5.7) habe in den zurückliegenden zwei Jahren "immense didaktische Vorarbeit geleistet". Nach Schwabs Auffassung bilde die "Sommerakademie" einen ersten Anfang, da grundlegende Umwälzungen immer mit "Veränderungen in den Köpfen beginnen" müßten. "Eine Schwelle wurde überschritten", bilanziert er die Bestrebungen der "Sommerakademie" gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. 127 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 2.5.3 Nation & Europa - Deutsche Monatshefte Gründung 1953 Herausgeber Peter Dehoust, Harald Neubauer, Adolf von Thadden (verstorben) Geschäftsführerin Inge Winterstetter Verlag Nation Europa Verlag GmbH, Coburg Erscheinungsweise monatlich; Auflage 15.000 (geschätzt) Die Publikation bemüht sich um Strategieund Theoriebildung im Bereich der "Neuen Rechten". Außerdem bietet sie rechtsextremistischen Parteien und Organisationen ein Forum. Organisation Seit der Ausgabe 2 / 1 9 9 7 ist anstelle von Wolfgang Strauß unter den presserechtlich Verantwortlichen Werner Baumann aufgeführt. Baumann ist ein Pseudonym von Neubauer, dem Mitherausgeber der Publikation. Neubauer hat die Geschäftsführung an Inge Winterstetter abgegeben. Politische Auf der Rückseite der Ausgabe 4 / 1 9 9 7 veröffentlicht die PublikatiZiele on ihre Ziele. Unter der Überschrift "Wir sind überparteilich. Aber wir ergreifen Partei." sind in 1 1 Punkten die Thesen des Blattes aufgeführt: * Für ein einiges Deutschland in einem Europa freier Völker und für den Nationalstaat als bewährtes Ordnungsprinzip. * Gegen einen EU-Vielvölkerstaat mit zentralistischem Kommissariat in Brüssel als Vorstufe zur "One World". * Für die Beibehaltung der nationalen Kompetenz in den wesentlichen Fragen der Volksexistenz wie Währung und Verteidigung. Ü Gegen den Ausverkauf nationaler Lebensinteressen und den Verzicht auf demokratische Selbstbestimmung. J Für eine wirtschaftliche und soziale Solidargemeinschaft des Volksganzen und für die nationale Präferenz auf dem Arbeits-und Wohnungsmarkt. 1 J Gegen die "multikulturelle" Zerstörung der Volksidentität, gegen Masseneinwanderung und Asylmißbrauch. 128 Rechtsextremismus * Für den Schutz aller Völker vor Überfremdung, Ausbeutung und "globalisierender" Gleichmacherei. J Gegen einen bindungsund verantwortungslosen Wirtschaftsliberalismus, der den Wert von Menschen und Völkern an der Börse bestimmen läßt. J Für eine Erneuerung unserer Demokratie durch Einführung von Volksbefragungen und Volksentscheiden auf nationaler Ebene und für strikte Gewaltenteilung. Ü Gegen die zunehmenden Einschränkungen bürgerlicher Freiheitsrechte, gegen "Political correctness", Zensur und eine Geschichtsschreibung unter Strafrechtsdiktat. Q Für demokratischen Patriotismus in Deutschland. Die Publikation empfiehlt das Buch "Im Kampf um das Wesen. EthnoWerbung für suizid in der multirassistischen Gesellschaft" als Lektüre von eminenprogrammatische tem Wert für die Standortbestimmung überzeugter Abendländer. Der Publikation des Verfasser, Pierre Krebs, ist Leiter des Thule-Seminars, das in der TraThule-Seminars dition der französischen Neuen Rechten des Alain de Benoist steht. Krebs habe sich in seinem bisherigen literarischen Wirken unbestreitbare Meriten um die Formulierung eines zeitlosen europäischen Wertekanons erworben. In seinem neuen Werk beziehe er kompromißlos Position für die geistig-kulturelle Lebenswelt des Indoeuropäertums, die auf den Zentralbegriffen von Ordnung, Hierarchie und Verschiedenheit ruhe und damit in diametralem Gegensatz zu allen universalistischen Versuchungen stehe. Als eines der wichtigsten und einflußreichsten Strategieorgane der Gebiets"Neuen Rechten" hat Nation & Europa für seine Klientel eine Mögrevisionismus lichkeit der Rückgewinnung ehemals deutscher Ostgebiete entdeckt. In einer halbseitigen Anzeige in der Ausgabe 1/1 9 9 7 wird für den "Kauf von Wohneigentum im schlesischen Jelenia Gora (Hirschberg)" geworben. Europa ohne Grenzen mache es möglich, heißt es dort. Ehemalige Vertriebene hätten jetzt die Möglichkeit, in die alte Heimat zurückzukehren. Mittlerweile bestehe weitgehend die Möglichkeit, auf gut ausgebauten Autobahnen anzureisen, "so daß sie schneller in Hirschberg sind als beispielsweise in Südtirol". Nur ernstgemeinte Zuschriften seien unter Chiffre an den Verlag zu senden. Der Nation-Europa-Freunde e. V ist ein Förderkreis aus der Leserschaft Nation-Europavon Nation & Europa, der auch die Arbeit des Nation Europa VerFreunde e.V. lags unterstützt. 129 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Köschinger Eine für den 6. Juli 1 9 9 7 in Nürnberg angekündigte Veranstaltung, Resolution zu der Nation-Europa-Freunde e.V., Schönhuber Freundeskreise und Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) eingeladen hatten, wurde abgesagt, nachdem den Veranstaltern der Saal gekündigt worden war. Die Veranstaltung, mit der als Großkundgebung des demokratischen Patriotismus in Deutschland ein parteiübergreifendes Signal zur Neuformierung der deutschen Rechten gesetzt werden sollte, wurde am 2. November 1 9 9 7 in Kösching durchgeführt. Mitinitiatorin war die Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP). Dehoust leitete die Versammlung. Der Vorsitzende des Vlaams Blök, Frank Vanhecke, appellierte an die Zuhörer, sich für eine "rechte Einigung" einzusetzen. Schönhuber agitierte in seiner Ansprache gegen Überfremdung, die er als die "absolut tödliche Amerikanisierung unseres Landes und unseres Volkes" bezeichnete. Er warb für einen "patriotischen Sozialismus" und forderte, die Macht der Banken zu brechen, da diese in Deutschland Politik machten: "Irgendwann wird dieses Volk aufstehen und sagen: 'Wir können nicht mehr und wir wollen nicht mehr! 1 ". Er sei radikal, weil die Gesellschaft radikal verändert werden müsse. Schützinger, DLVH-Funktionär, sah in seiner Ansprache den richtigen Zeitpunkt gekommen. Im Volk brodele es. Jetzt müsse man nur die richtigen Worte finden. Weitere Redner waren Rouhs (Europa Vorn), Yvan Blot (Front National), Neubauer (Nation & Europa) sowie Mechtersheimer (Friedenskomitee 2000), der den Aufbau einer "rechten Bewegung" forderte. Wenn das Volk aufstehe, gebe es weder Rechte noch Linke, auch keine Demokratie mehr, sondern Anarchie. Die ca. 700 Veranstaltungsteilnehmer faßten folgende Entschließung, die als Köschinger Resolution von dem Nation-Europa-Freunde e.V. in einer Presseerklärung veröffentlicht wurde: "Europa ist in höchster Gefahr. Seine geschichtlichen und kulturellen Grundlagen, seine Identität und Vielgestaltigkeit werden durch die in Maastricht konzipierte Politik zerstört. Wir rufen die Verantwortlichen zum Verlassen dieses Irrweges auf und bekennen uns zu einem Europa der Vaterländer. Das Recht jedes Volkes, seine Freiheit und Souveränität im eigenen Staat zu verwirklichen, muß durchgesetzt und geschützt werden. Demokratische Selbstbestimmung und soziale Ordnung bedürfen des nationalstaatlichen Rahmens. Europa kann nur leben und gedeihen, wenn die Rechte seiner Völker gewahrt werden. 130 Rechtsextremisn Wir begrüßen die Forderung des Vorsitzenden des französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, nach einer engen Zusammenarbeit der patriotischen Parteien und Kräfte Europas. Auch der damit verbundene Einigungsappell an die demokratische Rechte in Deutschland wird von uns mitgetragen. Dieser Appell richtet sich gegen niemanden, sondern speist sich aus dem Wunsch, gleichgesinnte zum Vorteil der gemeinsamen Sache zusammenzuführen. Front National in Frankreich und Vlaams Blök in Belgien stellen seit Jahren unter Beweis, daß Einigkeit die Grundvoraussetzung eines dauerhaften und wachsenden Erfolges ist. Dies kann und muß Vorbild auch für deutsche Patrioten sein." Die sog. Euro-Rechte ist auch ständiges Thema in der Publikation Nation & Europa. Insbesondere Schönhuber und Mechtersheimer richten in ihren Beiträgen entsprechende Appelle an die Leser. 2.5.4 Europa Vorn, Europa Vorn spezial Gründung 1987 Herausgeber Manfred Rouhs, Köln Verlag Verlag Europa Vorn, Köln Erscheinungsweise Europa Vorn zweimonatlich, Europa Vorn Pressespiegel jährlich (als Innenteil von Europa Vorn); Auflage ca. 5.000 Die von dem Rechtsextremisten Manfred Rouhs herausgegebene Publikation liefert als Theorieorgan der Neuen Rechten einen maßgeblichen Beitrag zur ideologischen Diskussion im rechtsextremistischen Lager. Europa Vorn erscheint seit Anfang 1997 in buntem Hochglanzdruck. Aufwendigeres Offensichtlich zur Vermeidung von Mehrkosten wird die Zeitung nicht Layout mehr 14täglich sondern nur noch alle 2 Monate herausgegeben. Dabei kommt es häufig zu Verspätungen. An der Veranstaltung im Kongreß-und Kulturzentrum in Halle/Saale Pressefest in Halle nahmen am 2 8 . Juni ca. 300 und am 29. Juni 1 9 9 7 nur noch ca. 100 Personen teil. Am Nachmittag des 28. Juni fand eine Podiumsdiskussion zum Thema "Gibt es in Deutschland Pressefreiheit?" u.a. unter Mitwirkung von Peter Dehoust und Franz Schönhuber statt. 131 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 In seinem Vortrag am 2 9 . Juni forderte Schönhuber die "rechte Einigung". Vorbild einer nationalen Partei sei die Front National in Frankreich. Dort verfüge Le Pen über Charisma, Autorität und Entscheidungskompetenz, denn Entscheidungen müßten von einem Vorsitzenden getroffen werden und nicht von irgend jemandem. In der Ausländerpolitik solle man sich an die Forderungen der FN halten: 1. Arbeit und Wohnung zuerst an Deutsche. 2. Wer Ausländer beschäftigt, muß eine Abgabe, ähnlich der bei Nichtbeschäftigung von Schwerbehinderten, leisten. Finanzielle Mit den Ausgaben Juli/ Probleme August und September/ Oktober, die mit erheblicher Verspätung erschienen, verschickte Rouhs Bettelbriefe, in denen er eine Postwurfsendung in Aachen als großen Erfolg verkaufte und zu Spenden aufrief, um ein Defizit von 8 . 0 0 0 D M auszugleichen. Gleichzeitig kündigte er eine ebensolche Postwurfsendung für Köln anläßlich der Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht an. Rouhs hatte die Postwurfaktion, mit der er für die Zeitung w a r b und zu Spenden aufrief, schon auf dem Europa VornTitelseite der Zeitschrift "Europa Vorn" Pressefest in Halle angekündigt. Politischer Erfolg sei nur mit eigenen Medien zu erreichen, da die bürgerlichen Presseorgane fast wie in der Nazizeit gleichgeschaltet seien. Redetext des Dr. In der Ausgabe Nr. 4 vom April 1 9 9 7 veröffentlichte Europa Vorn Alfred Mechterseinen Redetext Mechtersheimers zum Thema "Multi-ethnische Entwickheimer lung und Demokratieangebot". Mechtersheimer hielt diese Rede vor 132 Rechtsextremismus der REP-Landtagsfraktion Baden-Württemberg und wurde dafür in den verschiedensten Publikationen der REP und anderer Rechtsextremisten gefeiert. Der Autor behauptet in seinem Beitrag, überall dort sei die Demokratie unter die Räder gekommen, wo aufgrund politischer Entwicklungen verschiedene Ethnien und Religionen hätten zusammenleben sollen. Auch in Deutschland führe die zunehmende Überfremdung zu Demokratiedefiziten. Für diesen Prozeß gebe es drei Gründe: * Der Verlust an ethnischer Homogenität, der zu einer Erosion der nationalen Selbstbestimmung und damit zum Schwinden der demokratischen Identität beitrage, ij die Schwäche der freiheitlichen Demokratie, die am eigenen Anspruch scheitere, unterschiedliche Ethnien und ihre Eigenarten in einem gemeinsamen Staat zu vereinen und _l die Unüberschaubarkeit politischer Prozesse, die sich daraus ergebe, daß eine kulturell und sprachlich heterogene Bevölkerung den politischen Entscheidungsprozeß nur unvollständig nachvollziehen könne. Es liege vielleicht sogar im Interesse der Regierenden, mit der Homogenitätzugleich auch den bewußten politischen Willen des deutschen Volkes aufzulösen, um sich dessen unerwünschter demokratischer Partizipation zu entledigen. Mit seiner Darstellung folgt Mechtersheimer der rechtsextremistischen Argumentation der Ethnopluralisten. Danach findet jede Ethnie ihre Identität nur im eigenen kulturell und sozial homogenen Umfeld. Das heißt, daß alle Grundrechte zu exklusiven Privilegien des deutschen Volkes reduziert werden. Zugleich werden die Qualität der freiheitlichen demokratischen Grundordnung relativiert, Parlament und Regierung diffamiert und die demokratischen Parteien des Verfassungsbruchs bezichtigt. Das neue kostspielige Layout der Zeitung hat Rouhs offensichtlich in Ausblick finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Zudem hat er Probleme mit dem Vertrieb. Rouhs wird sich darüber im klaren sein, daß eine in großen Abständen und unregelmäßig erscheinende Zeitung immer weniger Interessenten finden wird. Die finanzielle Situation könnte ihn dazu zwingen, Europa Vorn einzustellen. Doch solange die Publikation erscheint, wird sie die antidemokratische Agitation Mechtersheimers und die Auffassung Schönhubers verbreiten, 133 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 wonach die politischen Verhältnisse nur mit einer an den Volksinteressen ausgerichteten Fundamentalopposition verändert werden könnten. 2.5.5 Staatsbriefe Gründung 1990 Herausgeber Dr. Hans-Dietrich Sander Verlag Castel del Monte; vermutlich Eigenverlag Sander Erscheinungsweise monatlich; Auflage ca. 1.000 Die Staatsbriefe erscheinen seit 1990 monatlich im "Castel del Monte" Verlag des rechtsextremistischen Publizisten Dr. Hans-Dietrich Sander. Das Theorieorgan der "Neuen Rechten" erhebt für sich den Anspruch, "die beste politische Zeitschrift in Deutschland seit 1933 zu sein und bei Lesern als literarisches Ereignis zu gelten". Neben der Publikation an sich versuchen die Staatsbriefe, durch bundesweite Leserkreise Anhänger bzw. Sympathisanten zu versammeln. Allerdings sind in Nordrhein-Westfalen seit 1996 keine Aktivitäten der in der Vergangenheit in Erscheinung getretenen "Staatsbriefe-Leserkreise" Köln und Ostwestfalen mehr bekanntgeworden. Zurück in die Sander und zahlreiche Autoren der Staatsbriefe sehen sich als geistiStaufer-Zeit ge Wegbereiter einer Wiederbelebung des Deutschen Reiches. Vorbilder sind insbesondere das mittelalterliche Reich des Stauferkaisers Friedrich II. und die preußische absolute Monarchie. Mit ihren Forderungen nach einem (ethnisch) homogenen, streng hierarchischen, autoritären Staat unter Führung einer geistigen Elite agitieren die "Staatsbriefe" offen und aggressiv gegen den demokratischen Rechtsstaat. Neben fremdenfeindlicher Agitation und antijüdischer Polemik veröffentlichen die "Staatsbriefe" zahlreiche revisionistische Beiträge. Verunglimpfung Am 2 7 Juni 1997 verurteilte das Amtsgericht München Sander als der Opfer des verantwortlichen Herausgeber der "Staatsbriefe" wegen VolksverhetHolocaust zung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe von 3.600 DM. Anlaß war die Veröffentlichung einer Satire in der Ausgabe 1 0 / 9 5 der "Staatsbriefe" mit dem Titel "OleCaust/ Wunder der Technik". Das Gericht sah es als erwiesen an, daß in diesem Beitrag die Verbrechen des Holocaust angezweifelt bzw. verharmlost werden. Auslöser des Verfahrens war eine Strafanzeige des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen - Abteilung Verfassungsschutz. 134 Rechtsextremismus Aufdie Erwähnung der Staatsbriefe in den VerfassungsschutzberichReaktionen auf ten 1996 des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der die Verfassungso.g. Strafverfahren reagierte Sander mit weiteren Verunglimpfungen schutzberichte und Delegitimationsversuchen gegen den demokratischen Staat. In einem offenen Brief an den Bundesminister des Innern unter der Überschrift "Jenseits aller Legalität" in der Ausgabe 5 / 9 7 der "Staatsbriefe" bezeichnete Sander den entsprechenden Teil des Bundesverfassungsschutzberichts als "Schanddokument eines Regimes ..., dessen Raison keine Gerechtigkeit und dessen Selbsterhaltungstrieb keinen Anstand mehr kennt". Er werde daher "den Botschaftern der Signaturstaaten des 2+4-Vertrages, der wahren Souveräne über Deutschland, jeweils ein Exemplar schicken, um sie erneut dringlich aufzufordern, eine herrschende Klasse in die Wüste zu schicken, die dieses Land in eine bösartige Karikatur westlicher Demokratie verwandelt hat." Den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz bezeichnet er in seiner Rubrik "Pasticcio" in Ausgabe 6/97als "Zulieferungsbetrieb", wo "amtliche Willkür" und "wiehernde Inkompetenz" herrsche. "Er ist ein staatsterroristisches Nest, das ausgeräuchert werden müßte". Sander sieht sich als Opfer einer Kampagne, "die Staatsbriefe im nationalen, respektive rechten Lager zu isolieren". Er räumt ein, "in diesem Jahr mehr Kündigungen eingesteckt zu haben, als es bisher der Fall war". Neben dem angeblich zu Unrecht erhobenen Vorwurf des Rechtsextremismus sei dies auch auf die "Hetze in der rechten Szene" gegen die "Staatsbriefe" zurückzuführen. Sander sieht sich daher gezwungen, den Preis des Jahresabonnements von 1 10 DM auf 1 30 DM in 1998 zu erhöhen. 2.5.6 Sleipnir - Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik Gründung 1995 Herausgeber Andreas Röhler Verlag Verlag der Freunde (VdF), Berlin Erscheinungsweise zweimonatlich; Auflage ca. 1.000 Die Publikation "Sleipnir-Zeitschriftfür Kultur, Geschichte und Politik" erscheint im "Verlag der Freunde" (VdF) in Berlin. Alleiniger Herausgeber ist nach dem Ausscheiden eines früheren Mitgesellschafters der Rechtsextremist Andreas Röhler. Dem VdF ist ein Buch-und Medien135 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 dienstangeschlossen. Über den VdF-Buchdienstwerden schwerpunktmäßig Publikationen und Tonträger mit rechtsextremistischen und revisionistischen Inhalten angeboten. Unter der Prämisse: "Machen Sie von Ihrem Grundrecht auf freien Zugang zu den Informationen Gebrauch! Nutzen Sie das (Anm.: Internet) Netz! Wir helfen Ihnen dabeil" offeriert der VdF-Mediendienst die notwendige technische Ausrüstung und die fachlich Beratung für den Einstieg. Sleipnir ist im Internet mit einer eigenen Homepage vertreten, über die u.a. Pressemitteilungen, das Verlagsangebot und einzelne Beiträge aus Sleipnir abrufbar sind. Sleipnirverstehtsich selbstals überparteiliches "national-revolutionäres" Theorieorgan. Neben Beiträgen, deren Verfasser auf eine gewisse Meinungspluralität schließen lassen, ist Sleipnir vorwiegend ein Forum für rechtsextremistische Autoren aus dem Inund Ausland. Neben fremdenfeindlicher und antisemitischer Agitation werden insbesondere revisionistische Auffassungen vertreten. Sleipnir diffamiert wiederholt Exekutivmaßnahmen gegen rechtsextremistische Publizisten und Verleger als Ausdruck einer angeblich politischen Polizei und Justiz. "Politische Gefangene" und von der Strafverfolgung bedrohte Revisionisten sollen durch die Berichterstattung in Sleipnir unterstützt werden, so z.B. der verurteilte Revisionist Udo Walendy. Unter dem Titel "Briefe ins Gefängnis" werden in der Ausgabe 5 / 9 7 "Autoren aller Länder, aller politischer oder religiösen Überzeugung" eingeladen, "sich mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, der Freiheit der Wissenschaft und der Geschichtsschreibung, und selbstverständlich mit den Thesen und der Arbeitsweise Udo Walendys auseinanderzusetzen". Aufgrund des Verdachts der Veröffentlichung von volksverhetzenden antisemitischen Beiträgen wurden die Räume des VdF und die Privatwohnungen der Verantwortlichen in der Vergangenheit mehrfach durchsucht und einschlägige Publikationen sowie Teile der Verlagseinrichtung beschlagnahmt. In einem laufenden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung ordnete das Amtsgericht Berlin-Tiergarten eine psychiatrische Untersuchung von Andreas Röhler an. Nach Ansicht Röhlers ist damit "der Weg zum Mißbrauch der Psychiatrie beschritten, wie er aus den zugrunde gegangenen Systemen bekannt geworden ist". 136 Rechtsextremismus In der Ausgabe 4 / 9 7 (Juli/August) richtet Sleipnir erneut einen Spendenappell an die Leser. Die laufenden Gerichtsverfahren und Beschlagnahmungen hätten das finanzielle und personelle Fundament des Verlages untergraben. Möglicherweise müsse die Publikation mit dieser Ausgabe eingestellt werden. Gleichwohl erschien-wenn auch verspätetim Januar 1 998 die Ausgabe 5 / 9 7 (September/Oktober). 2.5.7 Deutsches Kolleg (DK) Das Ende 1994 aus einem Leserkreis der Jungen Freiheit in Berlin hervorgegangene Deutsche Kolleg (DK) versteht sich als Schulungseinrichtung der "nationalen Intelligenz". Ziel ist neben der theoretischen Ausbildung eines politischen Kaders als Voraussetzung für eine "Machtergreifung" die Bündelung und organisationsübergreifende Vernetzung der rechtsextremistischen Szene. Mitinitiator und "Chefideologe" des DK ist der Hamburger Philosoph und Soziologe Dr. Reinhold Oberlercher, der seine politische Laufbahn Ende der 60er Jahre im "Sozialistischen Deutschen Studentenbund" begann. SeitEndeder 80erjahre versucht Oberlercher, sich mit dem von ihm propagierten aggressiven "revolutionären Nationalismus" als Vordenker der rechtsextremistischen Szene zu etablieren. Oberlercher ist Stammautor der ihm ideologisch nahestehenden "Staatsbriefe" und tritt auch auf Veranstaltungen diverser rechtsextremistischer Organisationen auf, so z.B. laut Programm am Ö.April 1997 auf der Tagung des einschlägigen "Arbeitskreises für deutsche Politik e.V." in Rotenburg-Mulmshorn. Nach anfänglichen regionalen Erfolgen in 1995 ist die Schulungskampagne des DK zum Erliegen gekommen. DieMobilisierbarkeitder rechtsextremistischen Szene wurde vom DK überschätzt. Zudem stoßen die eigenwilligen und wirklichkeitsfremden Theorien Oberlerchers vielfach auf Kritik. Aktivitäten der früheren Schulungsgruppe in Bielefeld sind 1 9 9 7 nicht bekannt geworden. Vermutlich aufgrund der bislang enttäuschenden Resonanz verlagern führende Mitglieder des DK ihre Aktivitäten erfolgreich auf die "Freie Deutsche Sommerakademie". Aufbauend auf die Ideologie Oberlerchers konnte der Einfluß innerhalb der Deutschen Sommerakademie gefestigt werden. Die Person Oberlercher hingegen gerätzunehmend in die politische Isolation. 137 L Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 2.5.8 Thule-Seminar - Forschungsund Lehrgemeinschaff für die indoeuropäische Kultur e.V. Gründung 1980 Sitz Kassel Vorsitzender Pierre Krebs Das "Thule-Seminar" wurde 1 9 8 0 in Kassel als einer der ersten Denkzirkel der "Neuen Rechten" in Deutschland gegründet. Gründer und Vorsitzender ist der französische Jurist und Politologe Pierre Krebs. Das "Thule-Seminar" bezeichnet sich selbstals "eine auf Veränderung hinarbeitende, intellektuelle, ethische, spirituelle Bewegung". Typisch für die "Neue Rechte" sieht das "Thule-Seminar" seine Arbeit zunächst in der theoretischen Auseinandersetzung mit ideologischen Grundlagen mit dem Ziel der kulturellen Hegemonie (Vormachtstellung) als Voraussetzung für einen politischen Wandel. Dem "Thule-Seminar" ist der "Ariadne, Buchund Kunstversand des Thule-Seminars e.V." angeschlossen, der neben dem eigenen Informationsmaterial und heidnischen Kunstgegenständen insbesondere Bücher von Autoren der "Nouvelle Droite" und Pierre Krebs anbietet. Orientierung an Ideologisch orientiert sich das "Thule-Seminar" gänzlich an der von der Nouvelle der "Nouvelle Droite" gegründeten Denkschule der "Neuen Kultur" Droite und seinem Vordenker Alain de Benoist. Das "Thule-Seminar" agitiert Auszug aus dem Internet-Angebot des Thule-Seminars 138 Rechtsextremismus insbesondere gegen den Egalitarismus (Gleichheitslehre), dem ein angeblich naturgegebenes Rechtauf Verschiedenheit entgegengesetzt wird, das eine unterschiedliche Wertigkeit der Völker bzw. des einzelnen Menschen begründe. Die Demokratie westlicher Prägung als Sinnbild der universellen Mensch rechte, des Liberalismus und Pluralismus wird vehement abgelehnt. Das "Thule-Seminar" fordert die Errichtung ethnisch homogener autoritärer Staaten unter der Führung "geistiger Eliten" (organische Demokratie). Ziel ist dabei insbesondere die Bewahrung der ethnischen und nationalen Identität Deutschlands bzw aller indoeuropäischen Völker Europas, basierend auf dem gemeinsamen heidnisch-kulturellen Erbe. Im April 1 9 9 7 gab das "Thule-Seminar" erstmalig die sog. "ThuleWiederbelebung Briefe-Infoblatt für Freunde und Förderer des Thule-Seminars" heraus. in 1997 Redakteur ist ein Neonazi, der die rechtsextremistische Mailbox "Widerstand.BBS" im "Thule-Netz" betreibt und der in der Vergangenheit bereits mehrfach Texte des "Thule-Seminars" im "Thule-Netz" einstellte. Die Publikation soll alle zwei Monate primär im Internet erscheinen. Aufgrund des geringen Spendenaufkommens wird die Papierausgabe der "Thule-Briefe" seit der Ausgabe 3 / 9 7 nur noch gegen ein Entgelt von 25 DM p.a. versandt. Die Publikation soll der Kommunikation zwischen dem "Thule-Seminar" und seinen Lesern dienen. Neben Hinweisen zur Arbeit des "Thule-Seminars" beinhalten die "Thule-Briefe" insbesondere Beiträge zu aktuell politischen Themen und Veranstaltungshinweise. Die Leser werden um Unterstützung in Form von Leserbriefen, Kommentaren und Artikeln gebeten. In den bislang erschienenen 3 Ausgaben agitieren die "Thule-Briefe" insbesondere gegen die als "abgehalfterte Wochenzeitung aus Berlin" bezeichnete "Junge Freiheit". Ihr wird Kollaboration mit dem System unter Aufgabe der metapolitischen Strategie vorgeworfen. Um so erstaunlicher ist der Umstand, daß Alain de Benoist wiederholt Artikel in der "Jungen Freiheit" veröffentlichte. Seit 1986 gibt das "Thule-Seminar" in größeren unregelmäßigen Abständen die aufwendig gestaltete Buchzeitschrift "Elemente der Meta pol itik zur europäischen Neugeburt" heraus, eine Kopie des seit 1973 in Frankreich erscheinenden Theorieorgans "Elements" der "Nouvelle Droite". Nach einer Publikationspause von 8 Jahren erschien im Januar 1998 Chaos oder eine seit längerem wiederholt angekündigte neue Ausgabe (Nr. 6) Ethnos? von "Elemente" unter dem Thema "Europa: Chaos oder Ethnos?". Die 139 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 nach eigenen Angaben "wichtigste" Publikation des "Thule-Seminars" enthält zahlreiche Aufsätze sowie Kommentare und Rezensionen. Zu den Autoren zählen wie in der Vergangenheit insbesondere Pierre Krebs und führende Publizisten aus dem Umfeld der "Nouvelle Droite". Daneben veröffentlichten erstmals der GFP-Vorsitzende Dr. Rolf Kosiek und der Preisträger der "Ulrich-von Hutten-Medaille" Wilfred von Oven Beiträge in "Elemente". Die lange Publikationspause ist ein Indiz dafür, daß sich das "ThuleSeminar" bislang nicht in der rechtsextremistischen Szene etablieren konnte. Entgegen eigenen Bekundungen hat man sich nicht ideologisch weiterentwickelt, sondern beharrt auf bekannten Standpunkten. Daraus resultierend dürften finanzielle Gründe mit für das unregelmäßige Erscheinen von "Elemente" verantwortlich sein. Um die hohen Druckkosten aufzufangen, wurde laut Mitteilung des "Thule-Seminars" an seine Lesereine "Elemente-Fördergemeinschaft" gegründet. "Metapolitische In den "Thule-Briefen" wird wiederholt über das angeblich vermehrZellen" te Interesse an der Bildung von Leserkreisen bzw. "metapolitischen Zellen" des "Thule-Seminars" berichtet. Unter der Prämisse "Wissen eintWissen siegt" hat der Vorstand vorläufige "Richtlinien zur Organisation der Metapolitischen Zellen (Leserkreise) des 'Thule-Seminars'" erlassen. Die Aufgaben der hierarchisch aufgebauten "metapolitischen Zellen" sollen insbesondere die Schulung der Mitglieder, die Beschaffung von Informationen sowie die Planung und Durchführung von Propagandaaktionen umfassen. In der neuen Ausgabe von "Elemente" wird auf eine "metapolitische Zelle" in NRW mit der Bezeichnung "Metapo Widukind, Leserkreis Westfalen" hingewiesen. Erkenntnisse hierzu liegen bislang nicht vor. Das "Thule-Seminar", das sich bislang offiziell überparteilich gab und auf konkrete politische Aktionen verzichtete, sucht im Kampf um die kulturelle Hegemonie verstärkt die Öffentlichkeit, um aus der bisherigen politischen Isolation herauszutreten. Man will zwar vornehmlich die "geistige Elite" ansprechen, ist aber bemüht, durch die Herausgabe der "Thule-Briefe", den Aufbau "metapolitischer Zellen" und durch Vortragsveranstaltungen von Pierre Krebs das Gedankengut einem breiteren Personenkreis der rechtsextremistischen Szene bekanntzumachen. So trat Pierre Krebs u.a. als Gastredner anläßlich der "7. Hetendorfer Tagungswoche" auf. 140 Rechtsextremismus Die Erfolgsaussichten zum Aufbau "metapolitischer Zellen" sind jedoch gering, zumal vergleichbare Konzeptionen anderer rechtsextremistischer Organisationen und Publikationen, z.B. die Schulungskampagne des "Deutschen Kollegs" und die Leserkreise der Staatsbriefe, nach anfänglich kleineren Erfolgen nur eine geringe Resonanz in der rechtsextremistischen Szene hervorriefen. 2.5.9 Deutsch-Europäische Studiengesellschaft (DESG) Gründung 1972 Sitz Hamburg Mitglieder 1997 1996 Bund ca. 70 ca. 7 0 Publikation DESG-inform, durchschnittlich 10 Ausgaben im Jahr; Auflage ca. 1.000 Die DESG wurde 1 972 von einem ehemaligen NPD-Funktionär gegründet. Sie ging aus einem bereits seit 1964 unter diversen Bezeichnungen agierenden Intellektuellenzirkel junger Akademiker hervor. Ziel der im wesentlichen publizistisch agierenden DESG ist die Aufklärung und Vernetzung aller systemkritischer, nonkonformer Kräfte. Zu diesem Zweck gibt die DESG ihr Mitteilungsblatt "DESG-inform" heraus, das im "Verlag Deutsch-Europäische Studien GmbH" erscheint. "DESG-inform" berichtet insbesondere über Aktivitäten rechtsextremistischer Organisationen sowie über Publikationen und das Wirken von Gruppierungen der "Neuen Rechten" im Inund Ausland. Darüber hinaus erscheint in diesem Verlag in unregelmäßigen Abständen die Publikation "Junges Forum". Ideologisch orientiert sich die DESG an dem Gedankengut der "Neuen Rechten". Dabei versucht die DESG u.a. durch die Neubesetzung von Themen und Begriffen, z.B. Regionalismus, Ökologie und Nationalismus, rechtsextremistisches Gedankengut zu verschleiern. Darüber hinaus sollen insbesondere die Beiträge in der Publikation "Junges Forum" zur Diskussion wichtiger Ideologieelemente der "Neuen Rechten" beitragen. In der Ausgabe 1 7 / 9 7 vom 1 8. April 1 9 9 7 würdigt die "Junge Freiheit" das "Junge Forum" u.a. als "älteste existierende Kaderschrift der authentischen 'Neuen Rechten'", die "bis heute der 141 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 zutiefst humanen Idee des 'Europa der Völker und Regionen' treu geblieben ist". Laut Mitteilungsblatt "DESG-inform", Ausgabe 5/97, wird "Synergon Deutschland" in Zukunft als Arbeitsgemeinschaft der DESG wirken. Außerdem wurde eine engere Zusammenarbeit zwischen dem der DESG nahestehenden "Verlag Deutsch-Europäische Studien GmbH" und den Zeitschriften der "Europäischen Synergien" vereinbart. So enthältdieDESG-Schriftvon "Junges Forum", "Das andere Europa", die Übersetzung von vier Aufsätzen, die in verschiedenen Zeitschriften aus dem Umfeld der "Europäischen Synergien" erschienen sind. Europaorientiert gibt sich auch die jüngste Ausgabe "Junges Forum 'Mythos Reich'", die den "Aufbau eines, die Autonomie und Lebenskraft der europäischen Völker schützenden Reiches" fordert, um eine "wirkliche, (volkliche) Demokratie zu sichern und gegen raumfremde Mächte zu verteidigen". "Synergon Deutschland" ist die deutsche Sektion der europaweit agierenden "Europäischen Synergien", eine 1 993 von Dissidenten der G.R.E.C.E, ins Leben gerufenen Gemeinschaft "neurechter" Denkzirkel. Der 1969 in Nizza gegründete Verein "Groupement de Recherches et d'Etudes pour la Civilisation Europeenne" (G.R.E.C.E.) war lange Zeit die Kernorganisation der französischen "Neuen Rechten". Ideologisch orientieren sich die "Europäischen Synergien" wie das "Thule-Seminar" an den Denkansätzen der "Nouvelle Droite". "DESG-inform" 10-1 2 / 9 7 berichtet über das erste Seminar der Arbeitsgemeinschaft "Synergon" und DESG: "Unter dem Motto 'Ein System siegt sich zu Tode oder Aufbruch zu neuen Ufern' trafen sich am 22./23. November -nach eigenem Verständnis'Nonkonformisten verschiedener Nationen quer über den Rechts-Links-Graben hinweg', um mit neuen Impulsen zu einer 'europäischen Neuordnung' im positiven Sinne beizutragen". Zu den Referenten zählte u.a. der Belgier Robert Steuckers, Mitbegründer und Generalsekretär der "Synergien". Durch die Zusammenarbeit mit "Synergon Deutschland" konnte die DESG mit ihrem überalterten Mitgliederstamm jüngere Mitarbeiter für ihre publizistischen Tätigkeiten gewinnen. Außerdem eröffnen sich für die DESG nunmehr Kontakte zur europäischen Rechtsextremismusszene. Für "Synergon Deutschland" bzw. die "Europäischen Synergien" ergibt sich durch die Mitarbeit an den Schriften der DESG eine Publikationsplattform für ihr Gedankengut. Rechtsextremismus Die Zusammenarbeit beider Organisationen ist wie die Zusammenarbeit der GFP mit der DLVH (siehe Nr. 2.4.2) ein weiterer Versuch, neurechte Denkzirkel zu vernetzen bzw. den eigenen Einflußbereich zu erweitern. Darüber hinaus eröffnetdie Idee einer europaweit agierenden Gemeinschaft die Möglichkeit, die bislang noch politisch bedeutungslose neurechte Bewegung in Deutschland neu zu beleben, indem auf bereits bestehende Kontakte und Organisationen im europäischen Ausland zurückgegriffen wird. 2.6 Rechtsextremistische Verlage, Vertriebe, Publikationen 2.6.1 Donner-Versand In Lüdenscheid unterhalten ehemalige Mitglieder der 1 992 verbotenen "Nationalistischen Front" (NF) den "Donner-Versand". Der Versand bietet in Katalogen nationale Aufnäher, Anstecker, T-Shirts, Tonträger, Fahnen, Aufkleber, Bücher usw. mitteilweise rechtextremistischem Bezug an. Mitte 1997 übernahm der Versand den Lagerbestand des "MDV-Verlages" aus Sibbesse/Niedersachsen des bekannten Rechtsextremisten Oliver Bode. 2.6.2 RK-Druck und Vertrieb Hagen In Hagen unterhält ein bekannter Neonazi seinen "RK-Druck und Vertrieb Hagen". Unter dieser Bezeichnung vertreibt er rechtsextremistische Aufkleber und Schriften, die er in einem gesonderten Katalog anbietet. Der Inhaber ist NPD-Mitglied und unterhält Kontakte u. a. zum Umfeld der verbotenen FAP, der HNG sowie zu bekannten Neonazis. Die wichtigste Funktion des Inhabers war aber die des Herausgebers der neonazistischen "Westdeutschen Volkszeitung" (WVZ). Hierbei handelte es sich um eine Regionalausgabe der "Berlin Brandenburger-Zeitung der Nationalen Erneuerung" (BBZ). 143 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Döner Kebab Nein Danke! Bewahrt die deutsche Eßkultur! / D i e s e r und andere Aufkleber erhaltlich b e i X ( R K DRUCK UND VERTRIEB J X^ Postfach E M ^ - M E H a g e n ^y 1,'iS.d.fi; Rüdiger Kahmer, i M H H H H i l 10 , WBHHugen Druck; PS.i Weitere Informationen gegen 3,DM Rückporto 144 Rechtsextremismus 2.6.3 Stiftung Vrij Historisch Onderzoek (VHO) Die 1985 in Antwerpen (Belgien) gegründete VHO vertreibt seit Frühjahr 1996 unter der Leitung der Brüder Siegfried und Herbert Verbeke nahezu sämtliche bedeutende Schriften des internationalen Revisionismus. Hierzu zählt auch die seit März in Belgien erscheinende Publikation "Vierteljahresheft für freie Geschichtsforschung" (VffG). Die ersten beiden Ausgaben enthalten u.a. auch Beiträge von Germar Scheerer, geb. Rudolf, Robert Faurisson und David Irving. Da die Publikationen dem Leser durch ein umfangreiches Buchangebot sowie Lieferund Internetadressen einen umfassenden Überblick zum Revisionismus bietet, könnte sich die Schrift bei weiterem regelmäßigen Erscheinen als zentrales revisionistisches Organ etablieren. Ihre Verbreitung durch die VHO verdeutlicht drei Aspekte des Revisionismus: Internationale Zusammenarbeit, Umgehung nationaler Strafverfolgungsbehörden und Nutzung moderner Informationstechnik. Seit Beginn des Jahres 1997 wurde eine 38seitige Broschüre mit dem Titel "Eine Deutsche Antwort auf die Goldhagenund Spielberglügen -UnterdrückteTatsachen überAuschwitzundden Holocaust" bekannt, die von der VHO versendet wird. Bei der Broschüre handelt es sich um eine rechtsextremistische Publikation, in der der Völkermord an den Juden, aber auch die Verfolgung anderer Minderheiten, wie z. B. der Sinti und Roma, zurZeitdes Dritten Reiches geleugnet werden. Der Verfasser will die Broschüre mittels "Schneeballsystem" verbreiten. Die Adressaten werden aufgefordert, die Schrift zu kopieren und -möglichstauch in nicht rechtsextremistischen Kreisen-weiter zu verbreiten. Seit Anfang 1 9 9 7 sind - insbesondere in Nordrhein-Westfalen-zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens nach SS 1 3 0 StGB (Volksverhetzung) eingeleitet worden. Die VHO ist seit Anfang 1998 mit einem umfangreichen mehrsprachigen Programm im Internet präsent. Praktisch die gesamte in Deutschland verbotene revisionistische Literatur wird zum Versand angeboten. Eine Fülle revisionistischer Schriften und pseudo-wissenschaftlicher Gutachten ist online verfügbar. 2.6.4 Eigenverlag Burg Der "Eigenverlag Burg" in Marl ist sert 1985 als Vertriebsorganisation der Publikation "Leitheft" bekannt. Die revisionistische und neo145 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 nazistisch ausgerichtete Schrift bezeichnet sich als Rundbrief eines "Kameradenkreises der ehemaligen Waffen-SS zur Pflege der Kameradschaft, Abwehr von Geschichtsund Propagandalügen durch Aufklärung und Dokumentation". Als Vorbild für Druck und Aufmachung der Publikation "Leitheft" dient die während des Zweiten Weltkrieges herausgegebene Druckschrift "SS-Leitheft". "Leitheft" verherrlicht Repräsentanten des Dritten Reiches, leugnet die deutsche Kriegsschuld und diffamiert demokratische Parteien und Politiker der Bundesrepublik Deutschland. 1 9 9 7 erschienen in unregelmäßigen Abständen "Leithefte" mit den üblichen Inhalten für einen ständig schrumpfenden Adressatenkreis. 2.6.5 Unabhängige Nachrichten (UN) Die 1969 gegründete rechtsextremistische Gruppierung "Freundeskreis Unabhängige Nachrichten" (UFK), die Postfachadressen in Bingen und Bochum angibt, verbreitet die Schrift "Unabhängige Nachrichten" (UN). Darin wird vor allem die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geleugnet, fremdenfeindliches Gedankengut verbreitet und die Bundesrepublik Deutschland verunglimpft. BeiderStaatsanwaltschaftMainzistseitJahrenein Ermittlungsverfahren gegen Herausgeber, Mitarbeiter und Vertreiber der "UN" sowie gegen "Verlag und Agentur Werner Symanek" (VAWS) anhängig. VAWS ist eine als Report gekennzeichnete Schrift, in der den Nationalsozialismus verherrlichende und revisionistische Thesen propagiert werden. 2.6.6 Grabert-Verlag Gründung 1953 Sitz Tübingen Leitung Wigbert Grabert Der 1953 noch unter dem Namen "Verlag der deutschen Hochschullehrerzeitung" von dem inzwischen verstorbenen Herbert Grabert in Tübingen gegründete Verlag wird von seinem Sohn Wigbert Grabert geleitet. Der Grabert-Verlag ist einer der größten rechtsextremistischen Verlage in Deutschland. Sein Programmschwerpunkt liegt im Bereich Revisionismus. Das Buchprogramm und andere Verlagsprodukte leugnen die Schuld der NS-Führung am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, verharmlosen die Judenverfolgung und leug- Rechtsextremismus nen den Holocaust. Neben Büchern veröffentlicht der Verlag die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" (DGG), die u.a. revisionistische Texte enthält. Sie wird von Grabert unter der Leitung von Dr. Rolf Kosiek herausgegeben. Außerdem veröffentlicht der Grabert-Verlag seinen "Euro-Kurier" mit aktuellen Buchund Verlagsnachrichten. Grabert ist außerdem Geschäftsführer des "Hohenrain-Verlags", der mit seinen Veröffentlichungen zurTheoriebildung und Intellektualisierung innerhalb des Rechtsextremismus beitragen will. In der Ausgabe Nr. 5/Oktober 1 997 des "Euro-Kurier" wird unter der Überschrift "Fanatische Verfolgung rechter Patrioten - Sondergesetze und Sonderbehandlung" die angebliche Untergrabung der verfassungsmäßigen Ordnung durch staatliche Willkür angeprangert: Insbesondere die Meinungsfreiheit sei praktisch abgeschafftnur noch genehme Ansichten seien erlaubt. So sei infolge des politischen Drucks ein mißliebiges Unternehmen (gemeint ist der "Grabert-Verlag") von der Teilnahme an der Stuttgarter Buchwoche ausgeschlossen worden. Redakteure, Verfasser, ja selbst Übersetzer müßten mit hohen Geldstrafen rechnen, wenn sie bestimmte Tatsachen anführten oder an Tabus rüttelten, die vor wenigen Jahren noch jeder berechtigterweise habe in Zweifel ziehen können. Die verfassungswidrige Einschränkung der Meinungsfreiheit zeige sich auch an der strafrechtlichen Verfolgung des Autors und Verlegers Udo Walendy. Zum Schluß fragt der "Euro-Kurier" drohend: "Muß wirklich erst, wie schon manche fordern, ein Umsturz mit Gewalt und blutigen Auswirkungen erfolgen, damit solch ein Machtund Rechtsmißbrauch endlich abgestellt wird?" 2.6.7 Arndt-Buchdienst Der "Arndt-Buchdienst/Europa-Buchhandlung" in Kiel vertreibt Bücher bekannter Rechtsextremisten und Revisionisten und sonstiges Schrifttum mit rechtsextremistischen Inhalten. In einer Hochglanzbroschüre des Buchdienstes mit dem Titel "Lesen und Schenken" von Weihnachten 1 997 wird unter der Überschrift "Wollt Ihr die totale Wahrheit?" weiterhin für ein Buch des Revisionisten David Irving aus Großbritannien mit dem Titel "Goebbels -Macht und Magie" geworben. Außerdem werden CD's des rechtsextremistischen Liedermachers Frank Rennicke angeboten. 147 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Gegen den "Arndt-Buchdienst" in Kiel ist ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachts der Volksverhetzung (SS 1 30 StGB) anhängig. 2.6.8 Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung Gründung 1963 Sitz Vlotho Inhaber Udo Walendy Publikationen Historische Tatsachen u. a Der 1963 gegründete "Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung" gab bislang hauptsächlich die revisionistische Schriftenreihe "Historische Tatsachen" heraus. Inhaber des Verlags ist der seit Jahren aktive deutsche Revisionist und frühere nordrhein-westfälische NPD-Landesvorsitzende Udo Walendy. Mehrere Ausgaben der Schriftenreihe "Historische Tatsachen" wurden bereits beschlagnahmt. In den Schriften werden die Kriegsschuld Deutschlands und die von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen mit pseudowissenschaftlichen Argumenten geleugnet bzw. gerechtfertigt. Am 6. Mai 1 9 9 7 verurteilte das Amtsgericht Herford Udo Walendy wegen Volksverhetzung (SS 1 3 0 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung. Gegenstand des Verfahrens bildeten die Ausgaben Nr. 66 und 68 der von Walendy verfaßten Schriftenreihe "Historische Tatsachen". In den Ausgaben Nr. 69 bis 74 von "Historische Tatsachen" ist unter Copyright der in Belgien ansässige rechtsextremistische Versand "Vrij Historisch Onderzoek" (VHO) angegeben. Der eigene Rechtsstreit Walendy's bestimmte 1997 zunehmend den Inhalt der "Historischen Tatsachen", indem ausführliche Schriftsätze und Kommentierungen von Gerichtsentscheidungen abgedruckt wurden. "Historische Tatsachen" ab den Nummern 71 werden vom V H O herausgegeben. Als Verantwortlicher!.S.d. Pressegesetzes firmiert ein bekannter flämischer Rechtsextremist aus Antwerpen. Seit Anfang 1998 sind die "Historischen Tatsachen" auf der Internet-Homepage des VHO verfügbar. Eine Werbeanzeige des "Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung" findet sich in der Ausgabe vom 5. Dezember 1 9 9 7 der Pu148 Rechtsextremismus blikation "Der Schlesier - Breslauer Nachrichten - Mitteilungsblatt des Förderkreises Deutsche Einheit". Ende September 1 9 9 7 setzte die NPD Walendy auf Platz 1 der Landesliste für die Bundestagswahl 1998. 2.6.9 Buchdienst Witten Zum Angebot des seit Jahren rechtsextremistisch hervorgetretenen Vertriebsdienstes gehören rechtsextremistische Schriften und Broschüren, in denen insbesondere gegen das Judentum agitiert wird und Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie verunglimpft werden sowie u.a. die Kriegsschuld Deutschlands geleugnet und die veränderten Verhältnisse nach 1 945 abgelehnt werden. Dies trifft insbesondere auf die vom Buchdienst Witten herausgegebene Broschüre mit dem Titel "Gegenwart und Zukunft - Leitlinien zu Lebensfragen" zu, die regelmäßig ein Einlegeblatt mit der Überschrift "Auf dem Stundenplan-Ersatzblatt für fehlende oder verfälschte Schulbücher" enthält. Das Einlegeblatt wird auch häufig der rechtsextremistischen Publikation "Unabhängige Nachrichten" (UN) beigefügt. 1997 brachte der Buchdienst Witten "Gegenwart und Zukunft" als Monats-und Zwei-Monatsschriften heraus. Einer der Verantwortlichen ist Mitunterzeichner des Aufrufs an alle Deutschen zur Notwehr gegen die Überfremdung, der Ende 1997/Anfang 1998 in einer Auflage von ca. 6 0 . 0 0 0 Exemplaren verteilt wurde. 149 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 3 Linksextremismus und -terrorismus 3.1 Linksextremismus 3.1.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Gründung 1968 Sitz der Bundesorganisation Essen Parteivorsitzender Heinz Stehr Stellvertr. Parteivorsitzende Rolf Priemer, Bruni Steiniger Bezirk Rheinland-Westfalen Sitz Leverkusen Vorsitzende Anne Frohnweiler Bezirk Ruhr-Westfalen Sitz Essen Vorsitzender Patrik Köbele Mitglieder 1997 1996 NRW 2.100 2.100 Bund >6.200 6.250 Publikationen Unsere Zeit (UZ); erscheint wöchentlich, Auflage ca. 10.000 Wochenbeilage "UZ-Magazin" seit Januar 1998 Internet Homepage des DKP-Parteivorstandes seit Februar 1997 Organisation Die DKP gliedert sich bundesweit in 14 Bezirksorganisationen. In Nordrhein-Westfalen bestehen unverändert die Bezirke Rheinland-Westfalen und Ruhr-Westfalen mit insgesamt ca. 4 0 Kreisorganisationen. Diese setzen sich aus Wohngebietsund Betriebsgruppen zusammen. Neufassung des In breit angelegten Diskussionen wurde auf allen Ebenen an der Parteiprogramms Neufassung des Parteiprogramms gearbeitet. Dieses soll auf dem in der Diskussion Parteitag der DKP im Mai 1 998 verabschiedet werden. Ausdrücklich 150 Linksextremismus und -terrorismus wird im neuen Entwurf die Möglichkeit von Privateigentum an den Produktionsmitteln (in begrenztem Umfang) angesprochen. In einer Vielzahl von Beschlüssen und Diskussionen setzte sich die DKP Weitere politische mit dem Thema "Sozialabbau" auseinander. Die Arbeitsund SoziSchwerpunkte alpolitik bildet auch weiterhin einen Kernbereich ihrer Politik. Da die DKP aber auch heute nicht bereit ist, selbstkritisch die entscheidenden Teile ihrer dogmatischen, in der geschichtlichen Wirklichkeit gescheiterten Vorstellungen (Klassenpartei, Planwirtschaft, führende Rolle der Arbeiterklasse) kritisch zu überarbeiten, wird es ihr weiterhin kaum gelingen, in gesellschaftlich relevantem Umfang Interesse für ihre politischen Ziele zu wecken. Ihr 10. UZ-Pressefest führte die DKP vom 29. - 3 1 . August 1997 im 10. UZ-Pressefest Dortmunder Revierpark durch. Von der DKP besonders herausgestellt wurde der Empfang der Stadt Dortmund für ausländische Delegierte unter Beteiligung der DKPSpitze. Eine Buchlesung des ehemaligen Mitgliedes der terroristischen "Bewegung 2. Juni", Inge Viett, wurde von den Teilnehmern mit deutlicher Sympathie aufgenommen. Nach Äußerungen eines ehemaligen DKP-Parteivorstandsmitgliedes in der FAZ vom 2 1 . Oktober 1997 soll zur Zeit des "Deutschen Herbstes" die damalige DKP-Führung für die Terroristen heimliche Sympathien geäußert haben. Das Fest hat die DKP in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Derzeit versucht sie, die durch das Fest aufgelaufenen Verbindlichkeiten von über 1 0 0 . 0 0 0 DM durch Spenden abzutragen. Titelseite der Zeitschrift "Unsere Zeit" 151 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 "Unsere Zeit" Ein zusätzliches Problem für die Partei bildet die wirtschaftliche Situa(UZ) konnte die tion der wieder wöchentlich erscheinenden Parteizeitung UZ. 1 9 9 7 gesteckten Ziele konnte weder die beabsichtigte Abonnentenzahl erreicht werden, nicht erreichen noch haben sich die vorgesehenen Einnahmen aus Anzeigen realisieren lassen. Die Partei rief daher zu einer Spendenkampagne auf. Beteiligung an Die Entscheidung der DKP über die Art ihrer Beteiligung an der Bunder Bundestagsdestagswahl war abhängig von Beschlüssen der PDS. Mit den Bewahl 1998 schlüssen des Schweriner Parteitages der PDS vom Frühjahr 1 9 9 7 versucht diese, DKP-Mitglieder von der Kandidatur auf ihren offenen Listen auszuschließen. Dieser Beschluß ist in den westlichen Landesverbänden der PDS (auch in NRW) heftig umstritten. Um doch noch zusammenwirken zu können bestehen Planungen, DKP-Mitglieder als Direktkandidaten der PDS in NRW zur Bundestagswahl kandidieren zu lassen. Nach einem von der PDS-Bundesschiedskommission im Zusammenhang mit der Landtagswahl in Niedersachsen gefaßten ablehnenden Beschluß wird es in NRW wahrscheinlich keine DKPMitglieder auf der PDS-Landesliste geben. Aus der Sicht der DKP behindert die Haltung der PDS eine Fortsetzung der in der Vergangenheit bewährten Zusammenarbeit. Sie hat als Konsequenz beschlossen, sich dem Wähler durch eine möglichst hohe Zahl von Direktkandidaten politisch und organisatorisch zu präsentieren, gleichzeitig aber empfohlen, die Zweitstimme der PDS zu geben. Diese Strategie läßt der DKP in NRW die Möglichkeit offen, sich auf örtlicher Ebene ggf. doch noch in einen zumindest teilweise gemeinsamen Wahlkampf einzubringen. Sozialistische Die mit der DKP eng verbundene SDAJ (bundesweit ca. 2 0 0 MitglieDeutsche der) versteht sich als Organisation junger Marxistinnen, SozialistinArbeiterjugend nen und Kommunistinnen. Nach der schwierigen Phase in den ersten (SDAJ) Jahren nach 1989, in denen die Organisation in eine ernsthafte Existenzkrise geraten war, glaubt sich die SDAJ jetzt wieder konsolidiert und im Aufwind. In NRW bleibt die SDAJ eine politisch unbedeutende Gruppierung. DKP im Internet Seit Anfang 1997 präsentiert sich der DKP-Parteivorstand im Internet mit einer Seite, auf der u.a. Presseerklärungen, Flugblätter und das Aktionsprogramm der DKP angeboten werden. Außerdem fordert die DKP ihre Kreisorganisationen auf, sich um Internetzugänge zu bemühen, um "diese billige und schnelle Form der Kommunikation" nut152 Linksextremismus und -terrorismus zen zu können. Ebenso stellt sich die SDAJ im Internet vor und wirbt zum Beispiel für ihr Magazin "Position". 3.1.2 Partei des Demokratischen Sozialismus Landesverband Nordrhein-Westfalen (PDS NRW) Gründung Landesverband NRW 15. Oktober 1990 Sitz Düsseldorf (Landesgeschäftsstelle) Sprecher Ulrike Detjen, Knud Vöcking Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 5 4 0 ca. 5 9 0 Bund ca. 105.000 ca. 110.000 Publikationen PDS-Rundbrief Nordrhein-Westfalen; erscheint zweimonatlich im G N N - Verlag Zeitschriften der Parteigliederungen (z. B. "Tacheles" für die Kommunistische Plattform), Zeitschriften für regionale Bereiche wie Duisburg, Bochum/Herne, Bonn/Rhein-Sieg, Dortmund Internet Homepages der PDS NRW und der KPF NRW In der Organisationsstruktur des Landesverbandes haben sich nur Organisation und geringfügige Änderungen ergeben. Nach eigenen Angaben besteht Einbindung in das der Landesverband aus 1 8 Kreisverbänden, 1 3 Unterstützerkreisen linksextremistische und 2 Basisgruppen. Daneben wirken 10 Arbeitsgemeinschaften Spektrum sowie je ein Arbeitskreis und eine Plattform als zumeist themenorientierte Zusammenschlüsse. Eine flächendeckende Landesstruktur ist damit allerdings noch nicht erreicht. Der Landesverband ist weiterhin als "Sammelbecken" linksextremistischer Bestrebungen anzusehen, da * ein erheblicher Teil der Mitglieder und Funktionäre einen linksextremistischen Vorlauf hat oder noch in extremistischen Gruppierungen aktiv ist, 153 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 LI in Mitteilungsblättern des Landesverbandes extremistische Positionen vertreten werden, J der Landesverband weiterhin mit linksextremistischen Parteien und Gruppierungen - auch des gewaltbereiten Spektrums - zusammenarbeitet. AuseinanderIm Zuge der Bürgerschaftswahl 1997 in Hamburg und der Vorbereitung setzungen der Landtagswahl 1998 in Niedersachsen kam es zu Auseinandezwischen Bundessetzungen zwischen dem Bundesvorstand und einer Mehrheit in den vorstand und beiden Landesverbänden. Der Bundesvorstand hatte dieTeilnahme bzw. West-PDS beabsichtigte Teilnahme der Landesverbände an den jeweiligen Wahlen und die Öffnung von PDS-Listen für Mitglieder der DKP mißbilligt. Bei dieser Kursbestimmung handelte es sich nicht um eine inhaltliche Distanzierung von den Vorstellungen der DKP So erklärte der Parteivorsitzende der PDS in der DKP-Zeitung "Unsere Zeit" vom 5. September 1997: "ich habe oft gesagt, daß sie (Anmerkung: die PDS] nie eine antikommunistische Partei sein darf und habe mich, wenn Kommunisten in der PDS angegriffen wurden, stets schützend vor sie gestellt." Ausdrücklich bekannte sich der Parteivorsitzende zu den Beziehungen der PDS zur DKP. Er fordert die DKP auf, die PDS bei der Wahl zum Deutschen Bundestag 1998 mit der Zweitstimme zu unterstützen. Die durch diese Äußerung deutlich werdende ausdrückliche Nichtabgrenzung von linksextremistischen Positionen ist auch für den Landesverband Nordhein-Westfalen der PDS typisch. Sie wird u.a. in den in Nordrhein-Westfalen praktizierten Aktionsbündnissen der PDS deutlich. Vorbereitung auf Ziel der Partei bei der Bundestagswahl 1998 ist es, bundesweit mehr die Bundestagsals 5% der Wählerstimmen zu erlangen, um mit Fraktionsstatus in den wahl Bundestag einzuziehen, und sieben Direktmandate in den neuen Ländern zu gewinnen. Dazu braucht sie mehr Stimmen in den alten Ländern als bisher. Neben der Vertretung spezieller ostdeutscher Interessen wird die PDS daher auch in NRW - hier insbesondere in den Universitätsstädten -versuchen, sich als moderne Partei des Sozialismus darzustellen. In einem Antrag an den 17. Landesparteitag der PDS NRW ( 2 2 . / 2 3 . November 1997) zur Wahlstrategie der PDS NRW für die Bundestagswahl 1 998 wurden u. a. folgende Forderungen beschlossen und Positionen vertreten: 154 Linksextremismus und -terrorismus j Regionalisierung und Demokratisierung der Wirtschaftspolitik und Förderung und Unterstützung anderer Eigentumsformen, j Anstreben von gesellschaftlichem Eigentum in den Bereichen Banken, Versicherungen, Großkonzerne sowie an den natürlichen Ressourcen, 3 Aufhebung des PKK-Verbots, J Antifaschismus als Kampf gegen den "Extremismus der Mitte", J als wesentliche Ursache für die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen werden die dem Kapitalismus immanenten Gesetzmäßigkeiten bezeichnet - Wachstumszwang, rücksichtsloses Profitstreben und Weltmarktkonkurrenz, J man will den Kampf gegen die Atomtransporte als im Augenblick wirksamstes Mittel gegen Atomlobby und den Widerstand gegen das Zwischenlager in Ahaus und die Urananreicherungsanlage in Gronau unterstützen. Aus der Sicht der KomNachbereitung munistischen Plattform des Schweriner (KPF) NRW und der AG Parteitages vom Kommunistische Politik Januar 1997 war die auf dem Parteidurch Teile des tag deutlich gewordene Landesverbandes Orientierung der PDS auf eine wie auch immer geartete Regierungsbeteiligung zu kritisieren. Beide Gruppierungen rechneten dem aus ihrer Sicht "linken Lager" in der Gesamt-PDS etwa 2 0 % der Delegiertenstimmen zu. Sie glauben, damit weiterhin ausreichend politische Wirkungsmöglichkeiten in der Partei zu haben. Die Kommunistische KPF NRW gibt Plattform NRW gab erstSchrift heraus mals mehrere Ausgaben Ausgabe 1 von "Tacheles" 155 - Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 ihrer neuen Schrift "Tacheles" heraus. Mit diesem Mitteilungsblatt sollen die bisher in verschiedenen Parteipublikationen veröffentlichten Positionen der KPF zusammengefaßt werden. Inhaltlich sind die Ausgaben von einer strikten Ablehnung des "kapitalistischen" Systems der Bundesrepublik und von einer Orientierung geprägt, die sich an "orthodoxe" linksextremistische Vorstellungen anlehnt. BWK-ArbeitsMit der Umbenennung der bisherigen "AG Bund Westdeutscher Komgemeinschaft munisten (BWK)" in "AG Kommunistische Politik" im März 1 9 9 7 umbenannt glaubt die A G der Tatsache Rechnung tragen zu müssen, "daß der BWK Geschichte ist". Gleichzeitig will man sich auch durch die Namensänderung für Personen öffnen, die "nichtaus dem BWK kommen, die Ziele der AG aber teilen". An der revolutionär-marxistischen Ausrichtung der Gruppierung hatsich durch die Umbenennung aber nichts geändert. Die A G ist an führender Stelle im Landesvorstand vertreten und personell mit dem linksextremistischen GNN-Verlag (siehe Nr. 3.1.4) verflochten. Extremistische Von Mitgliedern des PDS-Kreisverbandes Duisburg wurde eine sog. Äußerungen aus "Duisburger Erklärung zur Politik und den Perspektiven unserer Pardem Landesvertei" veröffentlicht. Darin wird in Abrede gestellt, man könne durch band soziale Reformen den Kapitalismus menschlicher machen. Gleichzeitig wird die bürgerliche Demokratie im modernen Monopolkapitalismus als Farce bezeichnet. Die in der "Duisburger Erklärung" verbreiteten Inhalte lehnen sich so stark an orthodoxmarxistisch-leninistische Vorstellungen an, daß sie in weiten Teilen austauschbar sind. Eine distanzierende Reaktion des Landesvorstandes darauf ist nicht bekannt geworden. Im Landesinfo Nordrhein-Westfalen 2 / 9 7 wurde statt dessen ein Beitrag dazu abgedruckt, in dem der Verfasser ein anderes Modell der Überwindung der parlamentarischen Demokratie vorstellt: "Es wird unsere Aufgabe sein, neue Gesellschaftsmodelle als Ziel und Zweck der Überwindung der gegebenen bürgerlichen Parlamentarischen Demokratiezu ersinnen und zu erarbeiten." Der Verfasser plädiert dann als Ubergangsstadium für eine "Synthese des historischen Antagonismus bzw. Dualismus, einerseits des bürgerlichen Parlamentarismus, andererseits der Räterepublik, beiderseits mit gesetzgebender Gewalt und gegenseitiger Kontrolle". 156 Linksextremismus und -terrorismus Das als "Untermieter" der PDS-Landesgeschäftsstelle firmierende Bündnisse mit "Büro für ständige Einmischung" (BSE) beteiligte sich gemeinsam mit Autonomen militanten Linksextremisten an verschiedenen Bündnissen. Dem BSE sind verschiedene Initiativen zuzuordnen, z. B. die "Initiative Kaiserswerther Straße" in Düsseldorf und die "Aktion Knastmucke", die dem autonomen Spektrum zuzurechnen sind. Die PDS Nordrhein-Westfalen beteiligte sich an den von militanten Linksextremisten organisierten Demonstrationen vor der JVA Neuss am 10. Mai 1997 und vor der JVA Büren am 1. Juni 1997. Die PDS ist im W W W mit einer Homepage vertreten, die zahlreiche PDS im Internet Links zu verschiedenen Parteigliederungen, PDS-Funktionären und - Arbeitsgemeinschaften enthält. Unter anderem ist die PDS-Arbeitsgemeinschaft "AG Junge Genossinnen in NRW" zu erreichen. Auf dem Rechner einer Universität bietet diese Gruppierung eine eigene Homepage, erklärt ihr Selbstverständnis und bietet ihre Schrift "Gegenwarte" an, die auch über Mailboxen bezogen werden kann. Über die PDS-Startseite ist auch die Homepage der bis Januar 1 9 9 7 stellvertretenden PDS-Vorsitzenden Angela Marquardt zu erreichen. Neben einer ausführlichen Selbstdarstellung wird unter anderem nach einem erklärenden Text angeblich als "Beitrag gegen Pressezensur" eine Verbindung zu der linksextremistischen Untergrundschrift "radikal" angeboten. Weitere Links bestehen zur "Autonomen Antifa (M)" und zum "Nadir-Projekt". Die PDS NRW hielt 1997 an ihrer linksextremistischen Ausrichtung Bewertung fest. Entsprechend gelang es ihr nicht, ihre Mitgliederzahl und ihre Organisation nennenswert auszubauen. 3.1.3 Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) Die VSP besteht als lose politische Vereinigung fort. Sie hat derzeit unter 100 Mitglieder. Faktisch ist die VSP in der PDS aufgegangen. Der Redakteur der Sozialistischen Zeitung (SoZ), Zentralorgan der VSP, wurde 1994 über eine PDS-Landesliste in den Bundestag gewählt. Er ist zwischenzeitlich Mitglied der PDS. Ihre alljährliche Bundeskonferenz hielt die VSP am 10./1 1. Mai 1 9 9 7 in Dinslaken ab. Im Jahr 1997 versuchte die VSP als eine der maßgeblichen Kräfte bei den Vorbereitungen zum "Euromarsch gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung" und deren Durchführung 157 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Sozialistische Zeitung ist Zentralorgan der VSP innerhalb der Bundesrepublik Deutschland aus ihrer politischen Isolation herauszukommen. Sie organisierte mit einem hohem Einsatz die Vorbereitungen für den deutschen Teil der "Euromärsche", die als Gegenaktion zur EU-Regierungskonferenz am 1 6 . / 1 7 . Juni in Amsterdam (Verabschiedung des Maastricht Il-Vertrages) stattgefunden haben. 3.T.4 Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung - Verlagsgesellschaft mbH (GNN-Verlag) Die politische Bedeutung der mehrheitlich von Funktionären des ehemaligen Bundes Westdeutscher Kommunisten (BWK), jetzt Forum 158 Linksextremismus und -terrorismus kommunistischer Arbeitsgemeinschaften (FkA), kontrollierten Gesellschaftfür Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung-Verlagsgesellschaft mbH folgt bereits seit einigen Jahren aus der regen publizistischen Verbreitung radikaler und linksextremistischer Positionen in einer Vielzahl von Druckerzeugnissen. Über den GNN-Verlag treten zahlreiche Parteien und Gruppierungen aus dem linksextremistischen Spektrum als Herausgeber oder Unterstützer mit Publikationen an die Öffentlichkeit. Enge Verflechtungen bestehen zur PDS. Neben der personellen Einflußnahme auf die Verlagsgruppe äußert sich dies auch darin, daß diverse Publikationen der PDS im GNN-Verlag erscheinen (u.a. der PDS-Rundbrief Nordrhein-Westfalen). Seit 1997 werden folgende GNN-Standorte unterhalten: * G N N Verlagsgesellschaft mbH Sachsen in Schkeuditz * GNN-Verlag Berlin * GNN-Verlag Süd in Stuttgart * GNN-Verlag Schleswig-Holstein/Hamburg in Hamburg * GNN-Verlag Köln. Das formale Weiterbestehen des BWK bis zu seiner Umbenennung im April 1997 in "Forum kommunistischer Arbeitsgemeinschaften" diente erkennbar dem Zweck, die Fortführung der Aktivitäten im "linken und linksalternativen" Presseund Verlagswesen kontinuierlich sicherzustellen. Der GNN-Verlag druckt und verlegtauch nach der Umbenennung des BWK weiterhin "emanzipatorische, antifaschistische und antiimperialistische Literatur für zahlreiche Kräfte des Widerstandes gegen Kapitalismus und Faschismus, gegen Imperialismus und Reaktion". Dazu gehören * Antifaschistische Nachrichten. Seit 1996 werden aktuelle sowie archivierte Ausgaben der Antifaschistischen Nachrichten im Internetangeboten. Ebenso ist eine Abonnementbestellung über Internet möglich. Herausgeber der Zeitschrift sind u. a. Personen aus dem ehemaligen "Bund Westdeutscher Kommunisten - Bundeskonferenz" (BWK), der VSP, PDS und VVN-BdA. Als E-MailAdresse wird GNN-Köln angegeben. * Lokalberichte Köln, Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Lokalberichte Köln, unterstützt von: Arbeitskreis Kurdistan-Solidarität Köln, Arbeitsgemeinschaft kommunistischer Politik in der PDS Verfassungsschutzberichf des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 NRW, Demokratischer Arbeiterverein (DIDF-Köln), Deutsche Kommunistische Partei (DKP), Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP), Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) Köln, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (Mitglied in der VVN/BdAKöln). * Lokalberichte Essen, Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Lokalberichte, unterstützt von Autonomen, A G kommunistischer Politik in der PDS NRW, Deutscher Kommunistischer Partei (DKP), Deutsch-Kurdischem Solidaritätsverein, Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) Essen, Spartakus-Gruppe, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg. J Lokalberichte Gelsenkirchen, Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Lokalberichte Gelsenkirchen, unterstützt von AG kommunistischer Politik in der PDS NRW, Deutsche Kommunistische Partei (DKP), Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) und Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg. J Kurdistan-Rundbrief (siehe Nr. 3.2.6.3). Artikel aus der jeweils aktuellen Ausgabe des Kurdistan-Rundbriefs und ältere Ausgaben werden vom presserechtlich Verantwortlichen auch im Internet veröffentlicht. * Angehörigen Info. Herausgegeben von "Angehörigen, Freunden und Freundinnen politischerGefangenerinderBRD". Die Schrift erscheint vierwöchentlich bei G N N Schleswig-Holstein/Hamburg; sie wird von Personen des bisherigen RAF-Umfeldes herausgegeben. * PDS-Rundbrief Nordrhein-Westfalen, Herausgeberin ist die PDS NRW. Für die Herstellung und Verbreitung linksextremistischer Printmedien hat damit die GNN-Verlagsgruppe eine zentrale Funktion übernommen. 160 Linksextremismus und -terrorismus 3.1.5 Marxistisch-leninistische Partei Deutschland (MLPD) Gründung 1982 Sitz NRW Essen Bund Essen Vorsitzende NRW Klaus Wallenstein Bund Stefan Engel Nebenorganisationen Rebell-Jugendorganisation der MLPD und Rot-Füchse-Kinderorganisation "Tarn"-Organisationen Courage-Frauenverband Solidarität International und DeutschPhilippinische Freundschaffsgesellchaft Verein zur Förderung Internationaler Jugendtreffen Schulungsund Arbeiterbildungszentrum (ABZ) e.V. Freizeiteinrichtungen Gelsenkirchen; ABZ-Ferienpark in Alt Schwerin Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 6 0 0 ca. 600 Bund ca. 2 . 7 0 0 ca. 2.700 Publikationen Rote Fahne; erscheint wöchentlich; Auflage ca. 7.500 "Lernen und Kämpfen" (luk); Auflage monatlich ca. 1.500 (Mitglieder-/ Funktionärsschrift) Verlag Neuer Weg Verlag und Druck GmbH, Essen Internet Homepage etwa seit Mai 1 9 9 7 Die MLPD bekennt sich zu den Lehren von Marx, Engels, Lenin, Politische Ziele Stalin und Mao Tse-tung und verfolgtauf dieser ideologischen Grundlage ihr Ziel: den Sturz der Monopolherrschaft und den Aufbau des "echten Sozialismus" ("Rote Fahne" vom 3. September 1994). Sie 161 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 sieht es dabei als ihre Aufgabe an, "die entscheidende Mehrheit der Arbeiterklosse zu gewinnen und ihre Kämpfe zu einem umfassenden, gegen dos Monopolkapital und seinen Staat als politisches Herrschaftsinstrument gerichteten Kampf höher zu entwickeln" (Grundsatzprogramm). Faktisch hat sich die MLPD in der Vergangenheit zu einer Polit-Sekte entwickelt, die von ihrem Vorsitzenden in "bewährter" stalinistischer Manier geführt wird. Die MLPD beabsichtigt, sich an der Bundestagswahl 1998 zu beteiligen. Wirkung im Die MLPD ist als Partei innerhalb des linken Spektrums weitestgehend linken Spektrum isoliert. Bündnisse und Aktionsbündnisse gibt es nur dort, wo die MLPD über ihre Tarnoder Nebenorganisationen Solidarität International, Frauenverband Courage oder diesen zuzuordnende "Vereine", wie beispielsweise Verein Deutsch-Philippinischer-Freunde oder Verein zur Förderung Internationalerjugendtreffen, nach außen in Erscheinung tritt. Reorganisierung In dem politischen Bericht des Zentralkomitees der MLPD vom Januar der Partei 1997 kündigte die Partei eine Konzentration der Organisationsstruktur an. So stand das erste Halbjahr 1 9 9 7 ganz im Zeichen der Reorganisierung der Partei. Faktisch handelt es sich um eine ideologische "Säuberung". Die im Zusammenhang mit dem V. Parteitag der MLPD im Februar 1996 erstmals sichtbar gewordenen "Säuberungen" im Zentralkomitee und die vorgenommenen "Kaderumwälzungen" (stalinistische Eigenbegriffe der MLPD) größeren Umfangs sind offensichtlich 1997 noch nicht abgeschlossen worden. In verschiedenen Berichten des Zentralorgans "Rote Fahne" wird angemerkt, es habe während des "Internationalen Pfingstjugendtreffens" 1997 sektiererische Tendenzen gegeben. Betriebsund Die Betriebsund Gewerkschaftsarbeit hat für das politische SelbstGewerkschaftsverständnis der MLPD einen besonderen Stellenwert, da sie sich als arbeit revolutionäre Partei der Arbeiterklasse versteht. Alle Mitglieder der Partei sind verpflichtet, sich in ihrem Betrieb einer Gewerkschaft anzuschließen, dort zu versuchen, Funktionen zu erhalten und diese in der täglichen gewerkschaftlichen Betriebsarbeit im Sinne der MLPD zu nutzen. In Nordrhein-Westfalen konzentrieren sich deshalb auch die Mitglieder und politischen Aktivitäten der Partei in den industriell geprägten Regionen um Essen, Gelsenkirchen und Dortmund. Schwerpunktaktion der MLPD war 1997 ihre Kampagne zur Unterstützung des Streiks bei der Firma Flachglas in Gelsenkirchen. Hier mobili162 Linksextremismus und -terrorismus sierte die MLPD seit September 1997 "gegen Kriminalisierung des Streiks bei Flachglas/Gelsenkirchen". Dabei versucht die MLPD, sich die lokale Popularität und den Bekanntheitsgrad des Streikführers, der MLPDMitglied ist, für propagandistische Zwecke zunutze zu machen. Am 25. Mai 1997 veranstaltete die MLPD ein Pressefest ihres Zen"Rote Fahne"tralorgans "Rote Fahne" in und vor der Düsseldorfer Philipshalle. Es Pressefest beteiligten sich ca. 1.800 Personen. Auf dem Vorplatz der Halle unterhielten "Rebell", "Solidarität International", "Initiative für die Gründung eines Deutsch-Philippinischen Freundschaftsvereins" und der Frauenverband "Courage" eigene Infostände. 163 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Pfingsttreffen W i e jedes Jahr führten des Jugenddie MLPD und ihr Jugendverbandes verband "Rebell" in der Rebell Zeit vom 17. - 18. Mai 1997 das Pfingstjugendtreffen in Gelsenkirchen unter dem Motto "solidarisch kämpferisch international" durch. Daran nahmen ca. 5.000 Personen - überwiegend Jugendliche - im Rahmen eines Zeltlagers auf dem MLPD-eigenen Grundstück des Arbeiterbildungszentrums teil. MLPD im Die MLPD stellt auf ihrer solidarisch * kämpferisch Internet seit Frühjahr 1 9 9 7 exiinternational stierenden Homepage sich selbst sowie ihren Jugendverband "Rebell" und die Parteizeitung 8 Pfingstjugendtreffen <" Geisenkirchen * W i l d e n b r u c h p l a t z "Rote Fahne" umfangreich vor. Die Isolierung der MLPD im linksextremistischen Lager wird in ihrem Internetangebot daran erkennbar, daß sie selbst keine Links zu anderen Linksextremisten anbietet und umgekehrt solche Links auch nicht bestehen. 3.1.6 Trotzkistische Gruppierungen in NRW Sozialistische Die SAV (1994 entstanden) ist die deutsche Sektion des internatioAlternative nalen trotzkistischen Dachverbandes "Committee for a Workers InVoran (SAV) ternational" (CWI) mit Sitz in London. Sie sieht sich als "neue revolutionäre sozialistische Arbeiterbewegung". Die SAV gibt eine Zeitschrift unter dem Titel "Die Sozialistische Alternative Voran" (Redaktion in Köln) heraus. Zur Zielerreichung betreiben die Mitglieder der SAV u.a. verdeckte politische Arbeit (Entrismus-Strategie) als Mitglieder demokratischer Parteien bzw. Gewerkschaften. 164 Linksextremismus und -terrorismus Die SAV und ihre Nebenorganisation "Jugendoffensive/Jugend gegen Rassismus in Europa" PO/JRE) beteiligten sich 1997 mehrfach zusammen mit militanten Linksextremisten und Autonomen an Demonstrationen und Aktionen (z.B. auch an der Demonstration gegen die Gentechnik am 1 1. Oktober 1997 in Köln). Bei der SAG handelt es sich um eine Gruppierung der deutschen SektiSozialistische on der Internationalen Sozialisten (IS) - International Socialists (IS) - mit Arbeitergruppe Sitz in London. Auch sie verfolgt eine Entrismus-Strategie Der Schwer(SAG) punkt in NRW lag 1997 im Großraum Köln-Aachen. Dort verließen erkannte Trotzkisten die infiltrierte Partei bzw. mußten sie verlassen. Am 14. August 1997 hat sich der Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA), Partei für Soziale Sitz Essen, in Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten InterGleichheit, Sektinationale (PSG) umbenannt. Sie hat bundesweit mehr als 2 0 0 Miton der Vierten glieder und gibt die im Magazinformat monatlich erscheinende ZeitInternationale schrift "Gleichheit" heraus. Die PSG will an der Bundestagswahl 1998 (PSG) teilnehmen. Die Strategie der Unterwanderung demokratischer Parteien bzw. Gewerkschaften ist bisher erfolglos geblieben. 3.2 Militante Linksextremisten NRW Gruppen existieren in fast allen größeren Städten des Landes Anhänger 1997 1996 NRW ca. 9 5 0 ca. 9 5 0 Bund mehr als 6.000 mehr als 6 . 0 0 0 Publikationen Interim (Berlin), Antifaschistische NRW Zeitung, MOTTEK Crescendo, weitere örtliche Publikationen Die seit Jahren feststellbare Orientierungslosigkeit im militanten LinksEntwicklungsextremismus wurde auch 1997 nicht überwunden. Nach außen zeigt tendenz sie sich durch anhaltende Mobilisierungsschwäche und gruppeninterne Querelen. Dieser Befund wird auch durch interne Analysen bestätigt: "Wenn die Linke derzeit kaum in der Lage ist Erfolge zu erzielen, sollte sie sich wenigstens der schrittweisen Verschlechterung der Widerstandsbedingungen widersetzen" (Interim Nr. 437 vom 13. November 1997, S. 23). 165 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Die politische Arbeit wird hauptsächlich von wenigen Aktivisten geleistet. "Demos verstehen wir als eine Möglichkeit, Widerstand gebündelt auf die Straße zu tragen - der Widerstand selbst muß aber von den Demonstrantinnen kommen sonst nutzt auch die beste Demo-Crew nichts, es sei denn, sie versteht sich als Alleinunterhalter" (Interim Nr. 437 vom 13. November 1997, S. 6). Zwar gibt es immer wieder Versuche einer Neubestimmung und Organisierung der autonomen Bewegung, die aber bisher erfolglos blieben. Ein im "Zeitzünder" vom Dezember 1997, Infoblatt des Autonomen Zentrums Wuppertal, abgedruckter Artikel schildert zutreffend die aktuelle Situation: "Trotzdem gibt es noch eine Linke, eine Restlinke. Im Gegensatz zu früher, als eine große sozialistische, Sozialrevolutionäre oder kommunistische Familie untereinander über die sozialen Bezugspunkte ihrer Aktivitäten ...gestritten hat, haben wir heute informelle Netze vor uns, die über die ganze Gesellschaft ausgebreitet sind". Wurden nach der Deeskalationserklärung der RAF von 1992 bereits die Grenzen zwischen Antiimperialisten und Autonomen fließend, bestehen heute im militanten Linksextremismus keine gegenseitigen Berührungsängste mehr. BündnisbeUnverändert hält die Tendenz an, sich zu bestimmten Themen in örtmühungen und lichen Gruppen zu organisieren. Viele Autonome arbeiten auch in Kampagnen politisch heterogenen Gruppen mit oder sind bestrebt, Bündnisse mit Bürgerbewegungen einzugehen. Ziel der Autonomen ist es, Konflikte zwischen Staat und Bürgern zu polarisieren und inhaltlich ihre Vorstellungen von grundsätzlicher Gesellschaftsveränderung und Massenmilitanz einzubringen. So wurde z.B. im Rahmen einer Demonstration von ca. 2 5 . 0 0 0 Studenten gegen die aktuelle Hochschulpolitik am 18. Dezember 1997 in Bonn die Polizei aus einem "Internationalistischen Block" von ca. 2 0 0 Personen des autonomen Spektrums mit Steinen und Flaschen beworfen. Der weitere Demonstrationsverlauf eskalierte unter dem Einfluß der beteiligten Autonomen. Wenn Linksextremisten, insbesondere militante Autonome, soziale Bewegungen beeinflussen oder mit ihnen demonstrative Aktionen durchführen, so legen sie in der Regel doch Wert darauf, daß sie als Handlungseinheit innerhalb des Bündnisses erhalten und nach außen 166 Linksextremismus und -terrorismus erkennbar bleiben. Ein prägnantes Beispiel ist der "Schwarze Block", der für Autonome eine besondere Symbolkraft erlangt hat. Zwischen den einzelnen Themenfeldern, mit denen sich Linksextremisten aktuell beschäftigen, gab es gegenüber 1996 bundesweit einige Verschiebungen in der Priorität. So hat das Themenfeld "Antikapitalismus/Antiimperialismus" an Bedeutung verloren. Solidaritätsaktionen für die mutmaßlichen Hersteller/Verbreiter der Untergrundschrift "radikal" im Kampf gegen die "Repression des Staates" sind, spätestens nachdem sich die Einstellung der Ermittlungsverfahren in Koblenz und Düsseldorf abzeichnete, kaum noch festzustellen. Als aktuelle Themenfelder ließen sich 1997 insbesondere ausmachen: j Antifaschismus * Antirassismus * Antikernkraft, insbesondere die Kampagne gegen die CastorTransporte * Antigentechnik. Darüber hinaus wurde das Thema "Internationalismus" z.B. unter dem Leitmotiv "Global denken, lokal revoluzzen" aufgegriffen. Die internationale Solidarität mit anderen Befreiungsbewegungen im "Trikont", wie der peruanischen MRTA oder der EZLN in Chiapas/ Mexico, und die Möglichkeit der Vernetzung mit ausländischen linksextremistischen Gruppen bilden insoweit reale Ansatzpunkte. In NRW zeichnet sich ein neuer Aktionsbereich ab. Bereits kurz nach Bekanntwerden der in Köln vorgesehenen Termine für einen EU-Gipfel und das sog. G7-Treffen im Jahr 1999 gründete sich ein linksextremistisch dominiertes Aktionsbündnis zur Vorbereitung von Protestaktionen. Für 1998 ist mit einer Zunahme der Agitation in diesem Bereich zu rechnen. 3.2.1 Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation (AA/BO) und Bundesweite Antifa Treffen (BAT) Die bundesweiten Organisierungsbemühungen im gewaltbereiten linksextremistischen Spektrum blieben auch 1997 ohne Fortschritte. Zwischen der A A / B O und den BAT bestehen weiterhin ideologische Vorbehalte und Konkurrenzdenken. Mittlerweile ist das Interesse der meisten Gruppen - insbesondere innerhalb der BAT - eher auf eine 167 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 informelle Vernetzung als auf eine gemeinsame politische Grundsatzarbeit ausgerichtet. Der A A / B O , die regelmäßig alle zwei Monate Treffen organisiert, gehören derzeit 1 1 Gruppen an, darunter aus NRW die "Antifa Bonn/Rhein-Sieg" und die "Unabhängige Antifa Bielefeld" (UAB). An den halbjährlich stattfindenden Bundesweiten Antifa Treffen (BAT) beteiligten sich in der Vergangenheit bis zu 4 0 Antifa-Gruppen. Mittlerweile ist die Zahl der vertretenen Gruppen allerdings stark rückläufig. Die A A / B O legte in einem Ende 1 9 9 7 erstellten Faltblatt - Tenor: "Was Sie schon immer über die Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation wissen wollten" - dar: "Die Antifaschistische Aktion/BO soll dabei den notwendigen Rahmen bieten, um eine Diskussion um Perspektiven der Linken überhaupt erst möglich zu machen. Kriterium unserer Arbeit muß dabei die Wirksamkeit in der Praxis bleiben. Denn: Mit der Antifaschistischen Aktion/BO wollen wir schließlich in die gesellschaftliche Entwicklung eingreifen, statt sie nur in folgenlosen Debatten zu kritisieren." In der autonomen SzenepuANTIFA - KONTERT - Mil 5 HANDS WWK (WELT VWRTSCHAFTSKRUJSE] blikation Interim - KOMMERZINFARKT-BOCHUM aus Berlin, AusAM 31.01.98 - TUE FOOLS - ISERLOHN gabe Nr. 4 2 9 - BROKEN TRUST - HEMMER - TRI1NGENTING - LÜDENSCHEID vom 7. August i.ivnin i IIIIIM 1997, halten "Autonome AnkONZKRIBl-.UNN 1'JUIU tifas" eine bundesweite Organisation für einen viel zu hohen Anspruch, der heute leider noch nicht eingelöst werden könne. Der Anspruch der "Autonomen Antifa Flugblatt der "antifaschistischen Aktion" (M)"ausGöttin168 Linksextremismus und -terrorismus gen (Initiator der A A / B O ) , die Basisarbeit regionaler Gruppen durch Initiativen zu stärken, sei nicht aufgegangen. 3.2.2 Autonome Die sich im Bereich des Linksextremismus als Autonome bezeichnenden Gruppen stellen keine homogene Szene dar. Sie verfügen über keine gefestigte Ideologie, sondern "mischen" sich überall dort in Konflikte ein, wo es ihren Bedürfnissen und Grundüberzeugungen entspricht (Anti-AKW, Anti-Nato, Häuserkampf, Antifaschismus). Die ehemals bestehende kollektive Identität der Autonomen ist heute kaum noch erkennbar. So scheinen in vielen Fällen nur noch voneinander isolierte klandestine Kleingruppen in einer diffusen Szene zu bestehen, die Einzelaktionen durchführen. Wie zwei ehemalige Angehörige der autonomen Bewegung in einem im Jahre 1997 erschienenen Buch zum Thema "Die Autonomen" resümieren, sei "Heute ... eine Krise der autonomen Bewegung zu konstatieren." Die Autonomen um die 30Jahre und älter würden sich absetzen und der Kontakt zu jüngeren abreißen. Als neue Anknüpfungspunkte für autonome Praxis würden, auch gegenüber Jugendlichen, der Geronimo Kampf um die eigene sozio-ökonomische G LUT Basis in Szene-Stadtteilen, die Arbeit mit k Migranten und ein neuer militanter Antifa- . ASGHE schismus verstanden. " G e r o n i m o " in Essen Am 10. November 1997 fand im Kommunikationszentrum "Zeche Carl" in Essen eine Veranstaltung zum Thema "Glut und Asche -Was bleibt nach dem Ende der Autonomen Bewegung" statt. Vor etwa 5 0 Teilnehmern referierte "Geronimo" (Pseudonym), ein aus Berlin stammender autonomer Szeneange- R E F L E X I O N E N ZUR P O L I T I K höriger, der sich in drei Büchern mit der auDER A U T O N O M E N BEWEGUNG tonomen Bewegung auseinandergesetzt hat. Der autonomen Bewegung reiche nicht der moralische Impetus gegen Rassismus, Sexismus und Faschismus; es fehle die geTitel des im Juni 1997 erschienenen Buches Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 seilschaftliche, politische Zielsetzung, ohne die die autonome Bewegung verkümmere. Hafenstraße, Häuserkämpfe, RAF und Anti-AKWBewegung seien in den achtziger Jahren Ausdruck einer lebendigen autonomen Bewegung gewesen. Vieles davon würde nicht mehr existieren. Militante Aktionen In NRW waren 1997 relativ wenige militante Aktionen von Autonoin NRW men zu verzeichnen. Beispielhaft werden genannt: * In Sprockhövel bekannte sich eine Gruppe "Autonome Kleingärtnerinnen" im Mai zu zwei Sachbeschädigungen auf einem Golfplatz (Schadenshöhe 1 2 . 0 0 0 bzw. 10.000 DM). J Inder Nacht des 26. Dezember 1997 beschädigten vier vermutlich der autonomen Szene zugehörige Personen durch mit Farbe gefüllte Flaschen das Wohnhaus des Generalsekretärs der F.D.P. in Bonn. J Am 2 2 . und 29. Dezember 1 9 9 7 warfen Unbekannte Farbbeutel auf die Wohnhäuser eines Unternehmers und eines CDUBundestagsabgeordneten in Bielefeld. Die hierzu eingegangenen Tatbekennungen der unbekannten Gruppe "S.E.K." (Studentisches Exekutiv-Kommando) mit einigen antiimperialistischen Elementen läßt die Täter im örtlichen autonomen Spektrum vermuten. Anlaufstellen Für ihr Ziel, "rechtsfreie Räume" für ein "selbstbestimmtes Leben" zu militanter Linksschaffen, das sie mit der Errichtung "Autonomer Zentren" verwirkliextremisten chen wollen, führten militante Linksextremisten auch 1997 in NRW Hausbesetzungen durch. Tendenziell ist jedoch festzustellen, daß die in größeren Städten NRW's bestehenden autonomen Zentren und Infoläden als ehemals zentrale Anlaufund Kontaktstellen für u.a. linksextremistische und -terroristische Szenekreise teilweise an Bedeutung verloren haben. Versuche von Angehörigen der autonomen Szene zur Schaffung von autonomen Zentren in Mülheim an der Ruhr und Mönchengladbach wurden durch polizeiliche Räumung bzw. durch Aufgabe im Juni 1997 beendet. In Mülheim an der Ruhr ist zwischenzeitlich an anderer Stelle ein Zentrum eröffnet worden, das zum Teil auch von Autonomen genutzt wird. In Köln wurde am 8. November 1997 ein leerstehendes städtisches Gebäude von vermutlich der örtlichen autonomen Szene zuzurechnenden Personen besetzt. Das Haus wurde Anfang Dezember 1997 geräumt. Am 13. Dezember 1997 besetzte der gleiche Personenkreis 170 Linksextremismus und -terrorismus ein leerstehendes Gebäude des Bundesvermögensamtes in Köln; die Räumung erfolgte am 19. Dezember 1997. Zwei weitere, vermutlich auch Autonomen zuzuordnende Hausbesetzungen, wurden Ende 1 9 9 7 in Aachen durchgeführt. 3.2.3 Publikationen und neue Medien 3.2.3.1 Publikationen Seit 1995 stellten einige Publikationen mit teilweise überregionaler Bedeutung (in NRW u.a. Agitare Bene und Ruhrgebiets-Info) aus finanziellen/konzeptionellen Gründen ihr Erscheinen ein. Allerdings begannen 1997 in NRW auch zwei Zeitungsprojekte einen Neuversuch. MOTTEK crescendo Seit März 1997 erscheint monatlich unter den Kontaktanschriften der auch von Linksextremisten genutzten Kulturzentren "Bhf Bochum-Langendreer", "Fabrik" in Duisburg sowie "Druckluft" in Oberhausen die ruhrgebietsweite Schrift "MOTTEK crescendo". Die unbekannten Herausgeber aus dem westlichen Ruhrgebiet dürften größtenteils mit den ehemaligen Redakteuren des Mitte 1996 eingestellten "Ruhrgebiets-Infos" identisch sein. Der Inhalt der bisherigen Ausgaben läßt - wie das Vorgängerprojekt "Ruhrgebiets-Info" - autonome Bezüge erkennen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Publikation auf Dauer im gewaltbereiten linksextremistischen Spektrum angenommen wird. In der Ausgabe Juli/August beklagt die Redaktion, daß der Eingang von Veranstaltungshinweisen aus dem Revier nachgelassen habe. Die November-Ausgabe erschien lediglich als vierseitiges Faltblatt, da das, "was wir zum Abdrucken vorliegen hatten, auch nicht so aus(sah) wie wir uns unsere Zeitung vorstellen." 171 "^ Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 streng g e m e i n Unter der Bezeichnung "streng gemein" erschien im Mai 1997 in Aachen die Neuauflage der nach redaktionsinternen Auseinandersetzungen eingestellten Aachener autonomen Zeitschrift "Ein Loch in der Zensur" (LiZ). Die Neuauflage der monatlich erscheinenden Publikation (Auflage: 3.000) soll - nach Eigenangaben - durch zwei ungewöhnlich hohe Spenden ermöglicht worden sein. Antifaschistische N R W Z e i t u n g Die vierteljährlich unter der Kontaktanschrift des Infoladens Wuppertal erscheinende Antifaschistische NRW Zeitung ist ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener Antifa-Gruppen aus NRW. Den Schwerpunkt der Zeitung bilden Hintergrundberichte über vermeintliche rechtsextremistische Personen und Gruppierungen. Interim Die in Berlin herausgegebene Interim, wichtigste überregionale autonome Szenepublikation, erschien-trotz polizeilicher Durchsuchungsmaßnahmen am 1 2. Juni 1 9 9 7 - weiter. Am Tag danach reagierten die "Redakteure" in einem vierseitigen Extra-Blatt auf die dem Berliner Innensenator zugerechnete Durchsuchung: "Schönbohms Kriegserklärung ist angekommen, und wir werden darauf reagieren. Wer Repression sät, wird Revolte ernten! Wir versprechen, daß die nächste INTERIM pünktlich erscheinen wird und sich mit dem Thema, wie wir gegenüber den Hauptstadt-Ausputzern in die Offensive kommen, ausführlich beschäftigen wird." Die polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen führten zu bundesweiten Solidaritätsbekundungen, insbesondere innerhalb der gewaltbereiten linksextremistischen Szene. So wird seit September ein Sonderheft "Best of Interim ' 9 7 " verbreitet. Das Sonderheft versucht die Diskussionen in den Interim-Ausgaben 1997 unter den Themenschwerpunkten Castor, Innenstadt/Häuserkampf, Sexismusdebatte und revolutionärer 1. Mai zusammenzufassen. Interim im Internet Inzwischen erscheint die zuvor wöchentlich herausgegebene Interim nur noch 14tägig. Dies wurde bereits in einer Leserzuschrift kritisiert: "die Qualität der Zeitung steht und fällt mit ihrer Aktualität". Aus Solidarität wurden außerdem die online angebotenen Ausgaben Nr. 4 2 5 - 4 2 8 der Interim von mehreren Internet-Servern aus der 172 Linksextremismus und -terrorismus Bundesrepublik und den Niederlanden gespiegelt. Mittlerweile sind auch die nachfolgenden Ausgaben im Internetabrufbar. Seit Juni 1997 ist die Interim mit eigener Homepage im Internet vorhanden. In der Ausgabe Nr. 4 2 6 vom 2 6 . Juni veröffentlichte die Interim das Leserumfrage Ergebnis einer Leserumfrage vom Dezember 1996. Danach ist die Hälfte der Leserzwischen 21 und 30Jahre und ein Drittel über 3 0 Jahre alt. 75% der Leserschaft wohnt in den alten und 10% in den neuen Ländern. Zwei Drittel der an der Umfrage beteiligten Personen ordneten sich dem "autonom - undogmatisch - libertären Spektrum" zu. Besonderes Interesse fanden damals die Themen Antipatriarchat, Antifaschismus, Antirassismus und Antirepression. Die Rubriken "Volxsport" (=Taterklärungen) und "Bastelanleitungen" zählten die Leser zu den zu häufig vorkommenden bzw. überflüssigen Inhalten. 3.2.3.2 Autonome im Internet Seit 1995 wird das "Nadir-Projekt" der zur Autonomen-Szene gehöNadir-Projekt renden "Infogruppe Hamburg" im Internet aufgebaut. Darüber sind einige linksextremistische Gruppierungen (unter anderem "Autonome Antifa (M)" aus Göttingen) und Periodika (z.B. "Angehörigen Info", "radikale Zeiten", "Zeck", "Gegendruck") im Internet erreichbar. In einer Selbstdarstellung heißt es, daß die Vernetzung der Linken mit den digitalen Medien erheblich einfacher geworden sei. Die Gruppe konzentriere sich auf das Internet wegen seiner offenen Struktur und der vielfältigen technischen Möglichkeiten. Ihre Ziele beschreibt sie folgendermaßen: "Was wir mit nadir wollen ist an der Erarbeitung neuer Grundlagen derLinken durch die Bereitstellung eines OrteszurKommunikation und Information mitzuarbeiten: Uberdas Hier und Jetzt und die Zukunft der Menschen, für eine soziale Revolution als emanzipativer Prozess, der alle Herrschaftsund Ausbeutungsverhältnisse miteinschliesst." Seit Dezember 1995 ist die linksextremistische Untergrundschrift "raUntergrundschrift dikal" über einen WWW-Server in Amsterdam erreichbar. Eingestellt "radikal" wurde die Ausgabe November 1995 von einer niederländischen Solidaritätsgruppe, die nach eigenen Angaben nichtTeil der "radikal"Struktur ist. Im Juni 1996 wurde die kurz zuvor auch als Druckexemplar erschienene Ausgabe Nr. 154 im W W W bereitgestellt. Neben einer Darstellung der Nutzungsmöglichkeiten des W W W s wird unter anderem zu Artikeln und Leserbriefen ermuntert, die per elektronischer Post verschlüsselt nach Amsterdam gesendet werden sollen. Außer173 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Wesffalen 1 9 9 7 Titelseite der Untergrundzeitschrift "radikal" dem gibt ein "Kleiner Leitfaden zur Behinderung von Bahntranporten aller Art" detaillierte Hinweise zur Beschädigung und Zerstörung von Gleissicherungsanlagen der Deutschen Bahn A G . Nachdem Anfang September 1996 der Generalbundesanwalt deutsche Internetprovider aufforderte, die Zugänge zu "radikal" zu sperren, wurden im Internet zahlreiche Kopien der "radikal"-Seiten angelegt, um die Sperrungen zu unterlaufen. Am Beispiel von "radikal" wurde deutlich, daß die Sperrung von Adressen im Internet kaum durchzusetzen ist und daß es viele Möglichkeiten gibt, Sperrungen zu umgehen. 174 Linksextremismus und -terrorismus Seit dem 1. März 1996 präsentiert sich auch die militante Göttinger Autonome Antifa "Autonome Antifa (M)" im W W W . In einer Presseerklärung schreibt im Internet die Gruppe dazu, das sich verschärfende politische Klima in Deutschland schränke die Möglichkeiten der "Autonomen Antifa (M)" ein, durch die etablierten Medien oder durch öffentlichkeitswirksame Aktionen am politischen Diskurs teilzunehmen; damit steige der Stellenwert des weitgehend zensurfreien Internet. Gegenüber bisher praktizierten Holzhammermethoden deutscher Staatsanwaltschaften habe sich das Internet aufgrund seiner technischen Struktur als auf lange Zeit uneinnehmbare Bastion erwiesen. Der Internetprovider der "Autonomen Antifa (M)" befinde sich in den Niederlanden und unterliege damit nicht dem Zugriff deutscher Behörden. 3.2.4 Themenfelder und Kampagnen 3.2.4.1 Antifaschismus In der Tendenz gewann das Thema "Antifaschismus" gegenüber den Vorjahren für gewaltbereite linksextremistische Szenekreise wieder an Bedeutung. Wie die 1997 in NRW erfaßten Ereignisse dokumentieren, werden nach wie vor militante Aktionen im Rahmen sogenannter "antifaschistischer Selbsthilfe" als legitimes Mittel im "revolutionären, antifaschistischen Kampf" angesehen. Durch Parolen wie "Antifaschismus muß erkämpft werden" und "Antifa heißt Angriff" wird zu einem aggressiven Vorgehen aufgerufen. Insgesamt betrachtet wird offensichtlich in vielen Szenegruppen dieses anhaltende und wesentliche Agitationsund Aktionsfeld derzeit als einziger Ansatz dafür gesehen, "einen Gegenpol zur Zersplitterung der Linken" zu setzen. Den Faschismusvorwurf erhebt die A A / B O auch gegenüber dem "bürgerlichen" Lager. Da ihrer Meinung nach "große Teile der Bevölkerung ... rassistischen Pogromen, faschistischen Anschlägen und nationalistischen Ideen gleichgültig oder wohlwollend gegenüber" ständen, gelte der "Kampf auch all denen, die den Nazis die gesellschaftliche Akzeptanz verleihen: Bürgerliche Politiker, ..., Gewerkschaftsfunktionäre, ..., Medien, die mit Berichterstattung über 'Ausländerkriminalität' und 'Terror-Kurden ' Flüchtlinge ausgrenzen. Sie sind die gesellschaftlichen Drahtzieher, die mit Anzug und Krawatte reaktionäre und faschistische Tendenzen billigen, aufgreifen, begünstigen, vorantreiben und letztlich in Gesetze gießen." 175 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Einen Schwerpunkt militanter "antifaschistischer" Aktionen bildete in NRW die Kampagne gegen die NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) und gegen Neonazis. In diesem Zusammenhang wurden u.a. Gewalttaten gegen den politischen Gegner verübt und personenbezogene Daten von vermeintlichen Rechtsextremisten veröffentlicht. Zu erwähnen sind: * Der dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnende "Koordinationskreis Antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf und dem Umland" (Antifa-KOK) führte am 26. Juni, am 7. Juli 1997 und am 31. Januar 1998 in Düsseldorf Informationsveranstaltungen unter dem Motto: "Weg mit dem 'Nationalen Infotelefon Rheinland'! Kampf derJN!" durch. Auf Flugblättern wurden Bild und Anschrift des hauptverantwortlichen Betreibers des Nationalen Info-Telefons öffentlich bekannt gemacht. Am 20. Juli 1997 fingen ihn unbekannte Täter in der Nähe seiner Wohnung ab und schlugen ihn. * In Bergisch-Gladbach demonstrierten am 16. August 1997 etwa 6 0 0 Personen am Wohnort des JN-Landesvorsitzenden, darunter zahlreiche gewaltbereite Linksextremisten aus der autonomen Szene. In dem Haus des JN-Landesvorsitzenden hielten sich etliche JN-Mitglieder auf. * In der Sommer-Ausgabe 1997 des Kölner autonomen "AntifaInfo" "Krass" wurde schwerpunktmäßig über die JN in der Entwicklung "von der biederen Parteijugend zur wichtigsten neo- i nazistischen Kaderorganisation" berichtet. Lichtbilder, Wohnanschriften und Aufgaben von vermeintlichen Rechtsextremisten wurden veröffentlicht. Gleichgelagerte Flugblattaktionen im sozialen Umfeld von geouteten angeblichen Rechtsextremisten, z.T. mit Lichtbild, erfolgten etwa auch am 17. Juni 1997 in Bonn und am 15. November 1997 in Wuppertal. * Am 2 7 September 1997 wurden von einer ca. 30köpfigen Personengruppe aus dem deutschen und türkischen linksextremistischen Spektrum die Fensterscheiben einer Duisburger Gaststätte eingeworfen. Dort hatten sich etwa 9 0 Neonazis zu einer als Geburtstagsfeier getarnten "Veranstaltung der Deutschen Teilvereinigung" versammelt. Die Angreifer feuerten mit Schreckschußwaffen in die Gaststätte und setzten möglicherweise auch Reizgas ein. Außerdem wurden sechs dort abgestellte Kraftfahrzeuge beschädigt. 176 Linksextremismus und -terrorismus Q Am 8. November 1 9 9 7 fand in Essen eine NRW-weite antifaschistische Demonstration mit ca. 4 0 0 Teilnehmern statt. Hierzu war im Vorfeld durch Flugblätter, Plakate und im Internet landesweit unter dem Motto: "Dass du dich wehren musst, wenn du nicht untergehen willst, wirst du wohl einsehen!... Kein Fussbreit den Faschisten!" mobilisiert worden. Initiiert hatte diese Demonstration ein breites Aktionsbündnis überwiegend autonomer und sonstiger linksextremistischer bzw. entsprechend beeinflußter "Antifa"-Gruppen. 3.2.4.2 Anti-Rassismus Wichtigster Anknüpfungspunkt für Aktionen zur Thematik "Anti-Rassismus" war weiterhin die Asylpolitik, wobei sich die Agitation insbesondere gegen die Rückführung von bosnischen Kriegsflüchtlingen, gegen Abschiebehaftanstalten und gegen Einrichtungen und Personen, die mit der Abschiebung von Asylbewerbern befaßt sind, richtete. Im Bundesgebiet verübten Gruppen des autonomen Spektrums Brandanschläge bzw. Sachbeschädigungen z.B. auf Behördeneinrichtungen oder Firmen, die nach Ansicht der Täter beispielhaft für "die saubere strukturelle Gewalt der Schreibtischtäter" stehen bzw. als "Handlanger und Profiteure" an der Durchführung beteiligt sind. Durch die hohen Sachschäden sollen Firmen z.B. vom Rücktransport von Flüchtlingen oder von der Beteiligung an der "rassistischen Gutscheinund Sammelmagazinpolitik" abgehalten werden. Seitjahren wird von Linksextremisten die Forderung "Offene Grenzen und Bleiberecht für Alle" erhoben, wobei nach ihrer Ansicht gilt: "Terroristen sind die, die die Abschiebeknäste bauen, und nicht die, die sie sprengen". Höhepunkte der Aktionen zum Thema "Anti-Rassismus" in N R W Demonstrationen waren die seit 1994 jährlich stattfindende Demonstration gegen in Büren und Abschiebung vor der JVA in Büren am 1. Juni 1997 und DemonstraNeuss tionen vor der JVA Neuss am 10. Mai und am 20. September 1997. Autonome, u.a. eine "Aktion Knastmucke" unter der Anschrift der PDS NRW sowie Angehörige des Antiimperialistischen Widerstands und der Jugend gegen Rassismus (JRE) beteiligten sich an den Veranstaltungen und nahmen teilweise Einfluß auf die Organisation. 177 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Demoplakat zum 1. Juni 1997 Aktionen in Im Rahmen der "Aktionstage gegen Schreibtischtäter, MenschenjäWuppertal ger, Faschisten und Nazimörder vom 14.11.-16.11.1997" wurden in Wuppertal auf einem "Antifaschistischen + antirassistischen Stadtrundgang" am 15. November 1997 vier Wohnhäuser durch Autonome aufgesucht, um dort über Megaphon die Nachbarn über die angebliche "faschistische und rassistische" Vergangenheit der Bewohner zu informieren. Betroffen war auch das Wohnhaus des ehemaligen Leiters des Ausländeramtes Wuppertal. 178 Linksextremismus und -terrorismus 3.2.4.3 Anti-Repressions-Kampagne Die Anti-Repressions-Kampagne hat nach der Einstellung mehrerer Ermittlungsverfahren im Jahr 1 9 9 7 an Bedeutung verloren. Im Frühjahr 1997 erschien eine 84seitige Broschüre als "Dokumentation kriminalisierter Texte" der "radikal", u.a. "um damit eine kritische Auseinandersetzung jenseits von Polizeirazzien und Anklageschriften zu fördern". Als Herausgeber unterzeichneten das Vorwort größtenteils Personen und Gruppierungen aus dem linksextremistischen Spektrum, darunter die Antifa KOK aus Düsseldorf. Die bundesweiten Solidaritätsstrukturen scheinen inzwischen zerfallen. Die Ursachen dürften hauptsächlich in der Uneinigkeit unter den Solidaritätsgruppen sowie in der mangelnden Resonanz im linksextremistischen Spektrum liegen. Allerdings existieren weiterhin örtliche Unterstützergruppen, u.a. in Köln und Aachen. Ein Solidaritätskonzertam 5. Dezember 1997 in Köln zugunsten dervon den Ermittlungsverfahren i.S. "radikal" Betroffenen besuchten nurca. 100 Personen. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz beschloß am 5. März 1 9 9 7 , "radikal"-Verdie Eröffnung des Hauptverfahrens gegen vier mutmaßliche Redaktifahren beendet onsmitglieder der Untergrundschrift "radikal", u.a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung im Sinne des SS 129 StGB, abzulehnen. Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung in der Revision auf. Am 25. August 1997 stellte das OLG Koblenz dann das Verfahren endgültig gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von je 1.000 DM an den Verein "Medico International e.V." ein. Im Gegensatz zum OLG Koblenz bejahte das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 15. September 1997 den hinreichenden Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Am 9. Oktober wurde auch dieses Verfahren eingestellt, gegen Zahlung von Geldbeträgen zwischen 2 . 0 0 0 DM und 6.000 DM. 3.2.4.4 Linksextremistische Einflußnahme i m Rahmen der Anti-Kernkraft-Bewegung Das Thema Kernkraft ist im Jahre 1997 wieder stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Der Protest gilt nicht allein dem Transport und der Lagerung abgebrannter Brennelemente, sondern der Gesamtheit des Programms zur Nutzung von Kernenergie; die Castor-Transporte werden jedoch als der für Aktionen anfälligste und damit 179 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 empfindlichste Teil angesehen. Ziel ist es, den realen und politischen Preis für die Transporte zu vervielfachen. Neben traditionellen Umweltorganisationen und örtlichen Bürgerinitiativen engagieren sich auch linksextremistische Gruppierungen. Militante Linksextremisten haben diese Situation genutzt, um Hakenkrallenanschläge auf Oberleitungen der Deutschen Bahn A G und gewalttätige Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem Castor-Transport nach Gorleben zu begehen. Autonome und anarchistische Gruppierungen verknüpfen die AntiKernkraft-Thematik mit einer generellen Kritik am staatlichen System und seinen Institutionen: "... selbst mit der Abschaltung aller Atomanlagen wäre... kein Frieden mit diesem Staat, dieser Gesellschaftsordnung gewonnen. Der Kampf würde weiter geführt, auf anderen Ebenen, in anderen Zusammenhängen. Denn nicht der Betrieb der Atomanlagen ist das Grundübel, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse, welche die Atomenergie gegen die Interessen der Menschen hervorgebracht haben. ... Darum stellt sich für uns in erster Linie die Systemfrage ... Wir meinen, daß es ... an der Zeit ist die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen ... ." (aus RAZZ Nr. 95 vom Nov. 1997Publikation der autonomen Szene Hannover). Gorleben Eine Zuspitzung erreichte die Anti-Kernkraft-Kampagne beim CastorTransport nach Gorleben vom 3. bis 5. März 1997 (sog. "Tag x3"). In deren Verlauf kam es zu schweren Sachbeschädigungen, z.B. in Form von Schienenund Straßenunterhöhlungen, und zu Angriffen auf eingesetzte Polizeibeamte. Ein Großteil der militanten Szene aus dem Bundesgebiet-auch aus N R W - w a r i n dasWendland gereist, um die örtlichen Kernkraftgegner zu unterstützen. Außerdem wurden 1997 insgesamt 17 Hakenkrallenanschläge auf Oberleitungen der Deutschen Bahn A G bekannt. Insbesondere in der zweiten Jahreshälfte verstärkten sich auch die Bemühungen, Castor-Transporte zu den Wiederaufbereitungsanlagen im Ausland durch Aktionen zu behindern. Ahaus In Nordrhein-Westfalen konzentrierte sich der Widerstand auf das Brennelement-Zwischenlager Ahaus (BZA), das wegen der dorthin geplanten Transporte seit 1997 auch in der autonomen Szene eine zunehmende Rolle bei Aktionen spielt. So fand zeitgleich zur "Bundeskonferenz der Initiativen gegen Atomanlagen" in Münster am 24. Mai 1997 eine Spontandemonstration am BZA statt, bei der etwa 4 0 Personen massive Sachbeschädigungen am BZA-Gleisanschluß verursachten. Auch am Rande der sog. "Widerstandscamps am BZA" 180 Linksextremismus und -terrorismus (vom 30. April bis 4 . Mai 1 9 9 7 bzw. vom 1. bis 3. August 1997) kam es zu vereinzelten Sachbeschädigungen. Kulminationspunkt waren in 1 9 9 7 die Ereignisse vor und während "Mut zur Lücke" der "Schienenaktionstage" vom 17. bis 19. Oktober 1997, die von der Szene als Probelauf für den bevorstehenden Castor-Transport nach Ahaus gewertet wurden. Bereits im Vorfeld hatte eine Gruppe mit dem Pseudonym "Mut zur Lücke" am 16. Oktober 1 9 9 7 bei Billerbeck aus der Bahnstrekke Coesfeld - Münster ein Schienenstück entfernt und einen Warnhinweis mit einem Bekennerschreiben hinterlassen. Der Anschlag wurde damit begründet, daß "trotz mehrheitlicher Widerstände in der Bevölkerung gegen Atomkraft ... staatliche Stellen die fortlaufende Nutzung einer menschenverachtenden Technik" unterstützen. "Unser Angriff gegen die Infrastruktur der Atommafia ist nicht nur ein Angriff gegen Castor-Transporte, sondern auch Zeichen, mit dem vorherrschenden profitorientierten Denken in unserer Gesellschaft zu brechen. Völker stört die Signale". Zu den Schienenaktionstagen reisten Autonome aus dem gesamten Bundesgebiet an. Bei der zentralen Demonstration am 1 8. Oktober 1997 drangen etwa 2 0 0 Personen, die sich z.T. vermummt hatten, auf das BZA-AnschlußTitelseite der Szenezeitschrift "interim" gleis vor und verursachten dort massive Sachbeschädigungen durch Schienensägen, Gleisentschottern und Lösen von Befestigungsschrauben an den Gleisen. Bürgerliche Protestgruppen wollen ihren Protest gewaltfrei ausüben. Bündnisse friedDer gemeinsame Aufruf zeigt, daß einzelne Gruppen aber auch auf licher und autoein Nebeneinander gewaltfreier und gewalttätiger Aktionen setzten: nomer Protest"Zeitungsanzeigen, Unterschriftensammlungen, Gottesdienste ... gruppen Sabotageaktionen und Barrikadenbau sind Ausdruck der Vielfalt des Widerstandes. ... Die Vielfalt, zu der unterschiedlichste Aktionsformen gehören, ist unsere Stärke. ... Dabei gehört es für uns selbstverständlich dazu, daß niemand die Aktions formen des/der anderen verhindert, behindert oder auf sonstige Weise ins Gegen181 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 teil verkehrt. ... Viele Aktionen am Tag X verlassen den Rahmen des Wurfanker: Legalen.... Wir halten aber solche Neben der HaOrdnungswidrigkeiten und andere kenkralle verwenVerstöße gegen geltendes Recht für detes Sabotagelegitim ... ." nittel bei Anschlägen auf OberleiDie autonome Form des Widertungen der Deutstands spiegelt sich u.a. indem Aufschen Bahn A G ruf "Trainstopping/Eisenbahnschienen spüren keine Schmerzen - Aufruf zum Tag-X4 in Ahaus" einer Gruppe "Eisenbahnfreundinnen und Freunde in NRW": "... rufen wir euch auf, die Gleise auf denen der Castorzug zum Zwischenlager rollt, zu zerstören oder in unpassierbaren Zustand zu versetzen. ... Wir wollen den politischen Preis der Atommülltransporte in die Höhe treiben. ... Wir halten ... Gleisabschnitte weit vor Ahaus für ein geeignetes Aktionsfeld ..." 3.2.4.5 Linksextremistisch orientierter W i d e r s t a n d g e g e n die Gen-Technologie Für militante Linksextremisten, insbesondere Autonome und Antiimperialisten, bietet der Themenbereich "Anti-Gentechnik" die Gelegenheit, durch Mitarbeit in Bürgerinitiativen Einfluß zu nehmen. Parallelen bestehen insoweit zur Anti-Kernkraftkampagne. Auf der vom 24. - 26. Oktober 1 9 9 7 in Göttingen nur unter Beteiligung von autonomen Gruppen durchgeführten Herbstkonferenz der Anti-Atom-Initiativen ist deshalb eine ausdrückliche Verknüpfung der Themenfelder Atom-und Gentechnik vorgenommen worden. In einer dort verabschiedeten Resolution hieß es u.a., daß beide Techniken eine unverantwortliche Bedrohung aller ihnen undemokratisch ausgesetzten Menschen darstellten. Gentechnik sei "positive Euthanasie" und Widerstand dagegen Pflicht. Die in den letzten Jahren bereits erfolgten Zerstörungen von Freisetzungsflächen mit genmanipulierten Organismen wurden als "erfolgreich" beurteilt. 182 Linksextremismus und -terrorismus Auch bundesweit verbreitete Szenepublikationen griffen I997dasThema "Anti-Gentechnik" auf. So begann das Berliner autonome Szeneblatt "Interim" mit der Ausgabe Nr. 4 2 7 vom 10. Juli 1997 eine mehrteilige Artikelserie zum Thema Genund Biotechnologie. In NRW wurde 1997dasThema "Anti-Gentechnik" gleichfalls verstärkt in linksextremistischen Szenepublikationen behandelt. In einzelnen Städten erfolgten neben der Verbreitung themenbezogener Flugblätter und Plakate auch direkte Aktionen gegen Freisetzungsversuche von transgenen Organismen: * In Bochum wurden am 2. Juni 1 9 9 7 im Botanischen Garten der Ruhr-Universität ausgepflanzte gentechnisch veränderte Petunien ausgerissen; in Köln versuchten am Abend des 3. Juni 1997 mehrere Personen - erfolglos - zu einem Versuchsfeld mit "genmanipulierten" Kartoffeln des Max-PlanckInstitutes vorzudringen. ü Der am 28. Juni 1997 in Köln-Kalk erfolgte erste Spatenstich zur Errichtung des rechtsrheinischen Technologiezentrums (RTZ) wurde von etwa 4 0 Demonstranten durch Störaktionen während der Eröffnungsrede begleitet. An einer Demonstration am 1 1. Oktober 1997 beteiligten sich ca. 250 Personen. ^1 Erstmals wurde ein Dokument einer Aachener Gruppe zum Thema Gentechnik vom "Angehörigen-Info" des bisherigen RAFUmfeldes (Ausgabe 2 0 1 / 9 7 ) abgedruckt. Es handelt sich um eine "Prozeßerklärung" in einem Verfahren wegen Zerstörung 183 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 einer Anpflanzung. Die - freigesprochenen - Angeklagten sind dem antiimperialistischen Widerstand zuzuordnen. 3.2.5 Antiimperialistischer Widerstand Die RAF-Kommandoebene hat seit Dezember 1996 keine Erklärungen mehr abgegeben. Das ehemalige RAF-Umfeld ist zerfallen. Jedoch propagieren militante Linksextremisten nach wie vor, ausgehend von einerantiimperialistischen Grundhaltung den Kampf gegen das bestehende Gesellschaftssystem mit allen - auch gewaltsamen - Mitteln. Sie haben in letzter Zeit ideologische Ansätze der RAF aus den 70er und 80er Jahren, klassische marxistisch-leninistischeTheorien und neuere Analysen zu rassistischen, patriarchalen und kapitalistischen Unterdrückungsverhältnissen zu einer ideologischen Basis des "Antiimperialistischen Widerstands" fortentwickelt. Die Diskussionsphase ist noch nicht abgeschlossen. Folgende Eckpunkte sind bisher erkennbar: * Analyse der Situation auf der Grundlage der marxistisch-leninistischen Imperialismustheorie: Demnach wird der größte Teil der Welt durch das weltbeherrschende Kapital ausgebeutet. Dieses ist verkörpert in international operierenden Wirtschaftsunternehmen und den sie stützenden "imperialistischen" Staaten. * Feindbilder sind "imperialistische" Weltmächte wie USA, Japan und Deutschland, internationale Wirtschaftsunternehmen und alle internationalen Organisationen, die der Zusammenarbeit dieser Weltmächte und Wirtschaftsunternehmen dienen (z. B. EU, Währungsunion, Nato). In einem Diskussionspapier des Antiimperialistischen Forums Deutschland (AIF) heißt es zum Beispiel: "Widerstand gegen den deutschen Imperialismus in anderen europäischen Ländern richtet sich daher zwangsläufig gegen die im Interesse der Monopole geschaffenen europäischen Einrichtungen und umgekehrt." * Der Imperialismus befinde sich zurZeit in einer Phase der Eskalation, vor allem nachdem die meisten realsozialistischen Staaten untergegangen seien. Der eskalierende Imperialismus wird als geschichtliche Phase vor der weltweiten Revolution betrachtet. * Internationalismus: Erwartet wird die Auslösung der weltweiten Revolution durch bewaffnete Volksaufstände in den ausgebeuteten Ländern, dem sogenannten "Trikont". Die dortigen bewaffneten "Befreiungsbewegungen" werden als Vorboten betrach184 Linksextremismus und -terrorismus tet. "Der Kampf gegen das kapitalistische System kann nur international geführt werden." heißt es in einem Flugblatt des Initiativkreises Libertad zu einem für den 10. Dezember 1997 geplanten "Internationalen Kampftag für die Freiheit der politischen Gefangenen in aller Welt". * Kritik an "der Linken" in Deutschland: Die Arbeiterklasse und "die Linke" hier werden für unfähig gehalten, die weltweite Revolution auszulösen. Zurückgeführt wird dies auf die "Niederlage" der realsozialistischen Staaten und die Korruption der Arbeiterklasse durch soziale Errungenschaften. Vorgeworfen wird der "deutschen Linken" auch, daß sie die "Option bewaffneter Kampf freiwillig aus den Köpfen gestrichen" habe (Zitat aus einem Diskussionsbeitrag aus EinSatz, November 1997, abgedruckt im Angehörigen Info Nr. 201 vom 2 8 . November 1997). * Aufruf zur Solidarität mit internationalen "Befreiungsbewegungen" wie der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der MRTA in Peru oder der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) in Mexiko. Die desolate "Linke" in Deutschland müsse von solchen Bewegungen lernen (Vorbildfunktion). * Aufruf zum Widerstand hier und jetzt: "Diese Festung muß auch von innen gesprengt werden." (aus einem Aufruf zu einer Veranstaltung des Initiativkreises Libertad am 20. Dezember 1997). * Revolutionäre Gewalt wird als Mittel des Kampfes nicht ausgeschlossen: Die "imperialistischen Kräfte im eigenen Lande" müßten "mit allen verfügbaren Mitteln zurückgedrängt werden." (Diskussionspapier der AIF). Zwar wird häufig betont, daß der bewaffnete Kampf der RAF in der Bewaffneter Form, in der er in den 70er und 80er Jahren geführt wurde, in den Kampf bleibt eine 90ern nicht in gleicher Weise wiederholt werden könne. Von der Option "deutschen Linken" wird jedoch die Aufarbeitung der Fehler der RAF und die Klärung der Frage gefordert, "wann und wie der bewaffnete Kampf möglich war, ist oder sein wird." (Diskussionsbeitrag aus "EinSatz", Nov. 1997). Diese Grundhaltung faßte ein Referent auf einer Veranstaltung "Literaturwerkstatt" in Berlin am 6. Oktober 1997m.it den Worten zusammen: "so weit ich weiß, ist die geschichte des bewaffneten kampfes nach 77, nach 89, auch nach april 92 so wenig zu ende wie die ge185 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 schichte der internationalen klassenkämpfe" (zitiert nach AngehöOrganisierungsrigen Info Nr. 201 vom 28. November 1997). phase noch nicht Personen und Gruppen, die dem antiimperialistischen Widerstand abgeschlossen zuzurechnen sind, befinden sich seit geraumer Zeit in einer Phase der Diskussion und der Suche nach geeigneten Organisationsformen. Organisatorisch sind verschiedene Ansätze zu erkennen: Zum einen ist dies die Gründung eigener überörtlicher Personenzusammenhänge auf einer umfassenden ideologischen Basis ohne thematische Beschränkung. Ein Beispiel hierfür war die, vor allem an ihrer islamistischen Orientierung gescheiterte "Antiimperialistische Zelle" (AIZ), die sich Anfang der 90er Jahre formierte und bis zur Festnahme zweier mutmaßlicher Mitglieder im Februar 1996 eine Serie von terroristischen Anschlägen durchführte (siehe Nr. 3.3.1 ). Ein Organisierungsversuch, dessen weitere Entwicklung noch offen ist, ist der antiimperialistisch geprägte Gruppenverbund "Jarama". Zum anderen nehmen Personen des antiimperialistischen Widerstands maßgebenden Einfluß auf themenbezogene Organisationen wie die "Informationsstelle Kurdistan" (ISKU) und ihre Mitgliedsgruppen oder den Initiativkreis Libertad. Dasselbe gilt für themenbezogene Aktivitäten wie z.B. 1997 die Forderung nach Freilassung der letzten RAFHäftlinge. AntiimperialistiDarüber hinaus wird der Einfluß antiimperialistischer Grundpositionen sche Strömungen in Publikationen und Aktionen deutlich, die eher der linksextremistischen in der autonomen autonomen Szene zugerechnet werden, wie z.B. im Rahmen der Szene Propaganda gegen den Siemens-Konzern oder im Rahmen von Aktionen gegen Versuchsfelder mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Zitat aus der Prozeßerklärung der Angeklagten im sogenannten "Aachener Gen Rüben-Prozeß" (veröffentlicht in Angehörigen Info Nr. 201 vom 28. November 1997): " ... Ganz sicherwirdaufjeden Fall mit der Gentechnik... ein weiterer Schritt in Richtung Erhaltung der Pro fitsicherheit für einige Konzerne ... unternommen. Dafür werden Menschen in Abhängigkeitsverhältnisse gedrängt ...Im Zuge dieser Forschung patentieren Firmen die genetischen Codes von Pflanzen, um später folgende Gewinne daraus abzusichern. Den Bauern und Bäuerinnen im Trikont wird verunmöglicht, weiterhin ihr eigenes Saatgut zu züchten, da dies nun dem Besitzanspruch einzelner Saatgutund Chemiefirmen untersteht...". 186 Linksextremismus und -terrorismus In Nordrhein-Westfalen werden dem antiimperialistischen Widerstand Fortentwicklung vor allem Personen des früheren RAF-Umfelds u.a. aus Köln, Bonn, des antiimperialiDüsseldorf, Wuppertal, Aachen, Bielefeld und dem Ruhrgebiet zugestischen Widerrechnet. Hinzu kommen jüngere Personen, die die Zeit des bewaffstands in der RAFneten Kampfes der RAF nicht politisch aktiv miterlebt haben, aber Erben-Generation offensichtlich nach Wegen für den antiimperialistischen Kampf suchen. Deutlich wurde dies auf Veranstaltungen zu dem Thema "20 Jahre Deutscher Herbst". So forderten jüngere Teilnehmer aus dem linksextremistischen autonomen und antiimperialistischen Spektrum von ehemaligen RAF-Mitgliedern und -Anhängern wiederholt eine Zukunftsperspektive. Sie reagierten enttäuscht und ungehalten, wenn die "Ehemaligen" über ihre persönliche Geschichtsaufarbeitung mit Aussagen, wie "Ich habe es nicht bereut", nicht hinauskamen und beschrieben dies als "kalte politische Diskussionsverweigerung" (vgl. "Nie waren wir verärgerter...", Interim Nr. 429 vom 7. August 1997in Anspielung auf den Buchtitel "Nie war ich furchtloser" von IngeViett). Sie wollen die weltweiten Unterdrückungsverhältnisse "erneut mit dem Ziel" analysieren, "für weltweitegalitäreVerhältnissezu kämpfen" (vgl. 'Deutscher Herbst', Interim Nr. 4 3 0 vom 21. August 1997). Hierzu setzen sie auch auf die noch inhaftierten Hardliner der RAF. 3.2.5.1 Jarama In dem "revolutionären Kollektiv" Jarama sind seit 1996 folgende Gruppen verbunden: * "Initiative Linker Aufbruch" (ILA), Gütersloh * "Jarama! -Jugend gegen Imperialismus und Faschismus", (Jarama), Mainz O "Revolutionäre Organisation -Jetzt Aufbauen!" (ROJA), Marburg. Diese Gruppen sind 1997 nur noch unter dem gemeinsamen Namen "Jarama" in Erscheinung getreten. Der Gruppenname bezieht sich auf den Kampf der internationalen Brigaden im spanischen Bürgerkrieg, die in einer Schlacht im Tal des Flusses Jarama in Neukastilien im Februar 1937 die Übermacht der von Deutschland unterstützten Franco-Truppen zurückgeschlagen haben. Der Verbund Jarama hat es sich nach eigenem Bekunden zur AufgaAufbau revolutiobe gemacht, "revolutionäre Politik wiederaufzubauen". Der bewaffnärer Politik als nete Kampf wird von den in Jarama vertretenen Gruppen nicht grundZiel 187 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 sätzlich ausgeschlossen. Als ersten Schritt des Aufbauprozesses sieht Jarama den "Aufbau von verbindlichen und handlungsfähigen Organisationsstrukturen". Mit der Organisierung von "Genossinnen und Genossen aus Gütersloh, Marburg und Mainz in einem Kollektiv" wurde 1996 eine erste Stufe dieses Prozesses erreicht. Aufbauprozeß Im Jahr 1 9 9 7 hat der weitere Aufbauprozeß jedoch offenbar an stagniert Schwung verloren. "Jarama"-Aktivitäten waren insbesondere im Rahmen von Kampagnen des linksextremistischen Antifaschismus zu verzeichnen, vereinzelt auch im Rahmen der linksextremistischen Kurdistan-Solidarität. Die Aktivitäten unter der Gruppenbezeichnung Jarama nahmen im Laufe des Jahres jedoch ab. Gegen Ende 1997 erfolgte das nach wie vor vorhandene politische Engagement der Jarama-Mitglieder nicht mehr unter der Gruppenbezeichnung. 3.2.5.2 Initiativkreis Libertad Der Initiative Libertad entstand 1992 im Zusammenhang auf dem Gegenkongreß zum Weltwirtschaftsgipfel in München. Der deutsche Intiativkreis Libertad, eine dem antiimperialistischen Widerstand zuzurechnende Gruppe, wurde im Frühjahr 1993 gegründet. Die Gruppe ist überörtlich organisiert mit Bezügen auch nach Nordrhein-Westfalen. Sie fordert die "internationale Organisierung des Widerstands" und unterhält Verbindungen zu linksextremistischen militanten Gruppen in anderen Ländern. Ein Ziel ist die Durchführung eines internationalen jährlichen Kampftages für politische Gefangene. 1997 war dieser für den 10. Dezember vorgesehen. Aktionen haben in Nordrhein-Westfalen jedoch nicht stattgefunden. Ein Flugblatt zu diesem Kampftag zeigt, daß die Intention des Initiativkreises über eine Verbesserung der Situation der Gefangenen hinausgeht. "Der kapitalistische Weltmarkt kennt nur das Recht auf die Plünderung der natürlichen und menschlichen Ressourcen... Gegen diese Destruktion des Marktes steht auch die Gewalt der Unterdrückten, steht der bewaffnete und militante Widerstand." Für seine Aufrufe nutzt der Initiativkreis Libertad das von Linksextremisten genutzte Mailboxverbundsystem "ComLink" und Szenezeitschriften, wie z.B. das Angehörigen Info. 188 Linksextremismus und -terrorismus 3.2.6 Kurdistan-Solidarität des Antiimperialistischen Widerstands Mit dem Thema "Kurdistan-Solidarität" beschäftigen sich verschiedene Gruppen und Personen des linksextremistischen Spektrums. Die Bandbreite reicht von Personen des früheren RAF-Umfelds über Aktivisten des antiimperialistischen Widerstands und sonstige linksextremistische Zusammenhänge bis zu linksextremistischen Parteien, wie DKP, MLPD und PDS. Vor allem Angehörige des antiimperialistischen Widerstands zeigen-ideologisch entsprechend motiviert-ein besonderes Engagement. Sie besetzen die Schaltstellen in den Organisationsstrukturen der Kurdistan-Solidarität. Ihr Engagement wird wegen der über die humanitären und politischen Ziele hinausgehenden extremistischen Ausrichtung - im Gegensatz zu den Aktivitäten von kirchlichen, gewerkschaftlichen und sonstigen gesellschaftlichen Organisationen - dem gesetzlichen Auftrag entsprechend von der Verfassungsschutzbehörde beobachtet. Dabei ist zu berücksichtigen, daß linksextremistische Gruppierungen Bündnisbeverstärkt bemüht sind, Bündnispartner aus demokratischen Parteien strebungen und humanitären oder kirchlichen Organisationen zu gewinnen. Bündnisse mit demokratischen Kräften entstehen im Rahmen von Kampagnen, die unmittelbar keine verfassungsfeindliche Zielsetzung erkennen lassen. 3.2.6.1 ISKU und AZADI In den letzten Jahren haben sich eigenständige Gruppenstrukturen zur Kurdistan-Thematik verfestigt. Dazu haben im wesentlichen Personen beigetragen, die dem antiimperialistischen Widerstand zugerechnet werden. Eine führende Rolle spielt die bereits in früheren Verfassungsschutzberichten genannte "Informationsstelle Kurdistan e.V." (ISKU) mit Sitz in Köln. Die ISKU fungiert als Bundeszentrale für lokale Gruppen und Einzelpersonen der deutschen Kurdistan-Solidarität. Sie organisiert regionale und bundesweite Treffen und koordiniert Aktionen und überregionale Kampagnen. Dabei wirkt sie zugleich als Koordinationsund Vermittlungsstelle zu PKK-orientierten kurdischen Organisationen wie dem "Kurdistan-Informationszentrum" (KIZ) in Köln und der Förderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) mit Sitz in Bochum. Die Geschäftsstelle der ISKU ist im Laufe des Jahres 1997 189 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 von Bonn nach Köln verlegt worden. Ein Grund hierfür dürfte die räumliche Nähe zu dem in Köln ansässigen KIZ gewesen sein. Unter der Kölner Adresse der ISKU befindet sich auch der Sitz des von der ISKU mitgegründeten Rechtshilfevereins "AZADI e.V." (AZADI). Beide werden maßgeblich bestimmt durch Aktivisten des ehemaligen RAF-Umfelds bzw. des antiimperialistischen Widerstands. Propagandistische W i e bereits in der Vergangenheit verfolgten Aktivisten der linksextreBegleitung von mistischen und antiimperialistischen Kurdistan-Solidarität StrafprozesStrafprozessen se gegen mutmaßliche Mitglieder und Funktionäre der PKK. In Veranstaltungen und Presseverlautbarungen agitierten die deutschen Prozeßbegleiter systematisch gegen die Justiz der Bundesrepublik, indem sie ihr "rassistische" Verhandlungsführung vorwarfen und die Durchführung politischer Strafverfahren unterstellten. Auch polemisierten sie in diesem Zusammenhang gegen den deutschen Staat mit der Behauptung, die kurdische Bewegung werde insgesamt kriminalisiert und gegen sie eine "Verfolgung... uferlosen Ausmaßes" durchgeführt. Ein führendes Mitglied der ISKU trat auf den im Laufe des Jahres in Nordrhein-Westfalen durchgeführten Veranstaltungen auf. Friedenszug Die Mobilisierung von Teilnehmern für den "Friedenszug Musa An"Musa Anter" von ter" stellte im Sommer 1997 einen Höhepunkt in den Aktivitäten der Brüssel nach linksextremistischen Kurdistan-Solidarität dar. Den Organisatoren Diyarbakir gelang es, nicht nur deutsche Linksextremisten, sondern auch Vertreter demokratischer Gruppen für die Durchführung und Teilnahme an dem Friedenszug zu gewinnen. Hier schien sich unter dem Gesichtspunkt der Bündnisbestrebungen ein Erfolg in der Arbeit der deutschen linksextremistischen Unterstützer-Szene anzubahnen. Die Fahrt kam allerdings aufgrund einer Absage des Zuges durch die Deutsche Bahn A G nicht zustande (siehe Nr. 4 . 2 , Seite 1 60 f.). Anstelle der Zugfahrt fand schließlich ein sog. "Friedensflug" mit anschließendem Buskonvoi in Richtung Diyarbakir statt, an dem sich deutsche Linksextremisten beteiligten. Buskampagne Aus Anlaß des 4 . Jahrestages des Betätigungsverbotes der PKK am gegen das PKK26. November 1997 nahmen deutsche Linksextremisten an einer von Betätigungsverbot der Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) organisierten Bustour durch das Bundesgebiet teil (siehe 4.2, Seite 157). 190 Linksextremismus und -terrorismus 3.2.6.2 Position zur PKK spaltet Antiimperialistischen W i d e r s t a n d Bei Betrachtung der Aktivitäten der letzten beiden Jahre drängt sich die Frage auf, wie lange der Kern der deutschen linksextremistischen Unterstützer-Szene es angesichts fehlender Resonanz noch schafft, für künftige Aktivitäten zu mobilisieren. Es fällt auf, daß der Erfolg von Veranstaltungen maßgeblich von der Beteiligung kurdischer Organisationen abhängt. Das Verhältnis zur PKK wird immer mehr zur zentralen Existenzfrage der deutschen Kurdistan-Solidarität. Deutsche Linksextremisten kritisieren die zunehmende Entfernung Kritik an der PKK Öcalans vom Marxismus/Leninismus. Streitpunkte sind insbesondere: * der Vorwurf des Antisemitismus gegenüber der PKK * der Nationalismus der PKK * der Führerkult um Abdullah Ocalan Q der Umgang mit Kritikern * Kontakte der PKK-Führung zum deutschen Staat * z.T. die Rolle der Frau. Die Diskussion um die PKK beschäftigt die deutsche Kurdistan-Solidarität bis heute. Dies verdeutlicht u.a. eine Veranstaltung zu dem Thema "Kritische Solidarität mit der PKK", zu der eine Kölner Soli-Gruppe noch im November 1997 einlud. Eine ausführliche Aufbereitung der Kritik an der PKK enthält eine "Dokumentation zu Problemen der Kurdistan Solidaritätsarbeit", herausgegeben durch "ekan" (Einige Kommunistinnen aus Nürnberg) im Mai/Juni 1997. Imjanuar 1998 gaben die Herausgeber von Biji (Kurdistan-Solidarität Hannover und Kurdistan-Solidarität Nürnberg-Erlangen) bekannt, daß die Herausgabe eingestellt wird, weil: "die Solidaritätsbewegung in Deutschland, auf die sich Biji bezogen hat, nicht mehr existiert. Es ist mittlerweile schwer möglich Positionen der PKK zu finden, auf die man sich positiv beziehen könnte. Es lohnt sich nicht mehr.... die Macherinnen und Herausgebenden von Biji bleiben ihren Zielen treu und machen jetzt was anderes. Sie machen es gemeinsam mit anderen Revolutionären und Internationalisten. " 191 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 3.2.6.3 Publikationen: Kurdistan-Rundbrief und Kurdistan-Report Der periodisch erscheinende deutschsprachige "Kurdistan-Report" hat die Qualität eines recht aufwendig gestalteten Nachrichten-Magazins. Er wird im wesentlichen von deutschen Linksextremisten aus dem antiimperialistischen Widerstand für den interessierten deutschen Leser erstellt. Die Themen sind breit gefächert. Neben Stellungnahmen und Beiträgen Ocalans werden Berichte von Kämpfern aus den türkisch/ kurdischen Kriegsgebieten, Reportagen zur Rolle der Frauen in der Guerilla, zur Situation der Kurden in der Bundesrepublik sowie anlaßbezogene Berichte z.B. über Prozesse gegen Kurden oder Kampagnen gegen das PKK-Betätigungsverbot abgedruckt. Der "Kurdistan-Rundbrief" hat die Qualität eines deutschen Mitteilungsblatts der PKK und der sie unterstützenden Organisationen. Stellungnahmen des PKK-Vorsitzenden Öcalan, von Funktionären der PKKEuropaorganisation ERNK und der PKK-Guerillaorganisation ARGK sowie Stellungnahmen deutscher Anhänger werden größtenteils unkommentiert wiedergegeben. Fernerwerden Prozeßtermine und Veranstaltungshinweise veröffentlicht. Eigene Beiträge der Redaktion bzw. des Herausgeberkreises sind in der Regel nicht enthalten. Der Kurdistan-Rundbrief erscheint im GNN-Verlag und richtet sich an deutsche Leser, denen er die Möglichkeit bietet, sich über die Standpunkte der PKK und ihrer Anhänger "unzensiert" zu informieren. "Kurdistan-Report" und "Kurdistan-Rundbrief" werden auch im Internet angeboten. 3.2.6.4 Kurdistan-Brigaden Bereits im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1996 wurde auf die Existenz sogenannter "KurdistanBrigaden" hingewiesen. In Anlehnung an die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg unterstützen "Internationalistinnen" aus Deutschland und anderen Staaten seit etlichen Jahren den bewaffneten Kampf der PKK in Kurdistan. Sie betrachten diesen Einsatz als praktische Umsetzung des von ihnen geforderten weltweiten Kampfes gegen imperialistische Staaten, zu denen sie auch die Bundesrepublik Deutschland zählen. Darüberhinaus wollen sie die gewonnenen Erfahrungen in den Aufbau einer als notwendig erachteten revolutionären internationalistischen Bewegung zu Hause in der "Metro- Linksextremismus und -terrorismus pole" einbringen. Insbesondere glauben sie, von der PKK die "Organisierung" eines Befreiungskampfes erlernen zu können. Andrea Wolf, die Offene Briefe über im ZusammenKurdistan-Erfahhang mit dem rungen Sprengstoffanschlag der RAF Deutsche Kämpfer in "MED-TV" auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt im Jahr 1993 mit Haftbefehl gesucht wird, wandte sich 1 9 9 7 mit zwei offenen Briefen an in Deutschland zurückgebliebene linksextremistische und -terroristische Genossinnen und Genossen und berichtete öffentlich über ihren Aufenthalt bei der PKK. Ihre Briefe zielen offensichtlich auf einen Gedankenaustausch mit zum Teil ebenfalls untergetauchten deutschen Linksextremistinnen und eine Rehabilitierung ihrer eigenen Person bei Angehörigen der RAF. Möglicherweise sollen die Briefe den Boden für eine Rückkehr bereiten. In ihrem ersten offenen Brief (veröffentlicht in Interim Nr. 4 2 9 vom 7. August 1997), der an die RAF gerichtet ist, bekennt sie sich zu revolutionären Zielen und analysiert zugleich die "desolate beschaffenheit der linken" nach 1989: "... denn was bisher von der linken geschaffen worden war, hat für einen Umschlag der Verhältnisse, die sehr wohl reif dafür sind, nicht ausgereicht...". In ihrem zweiten offenen Brief (veröffentlicht in Interim Nr. 4 3 0 vom 2 1 . August 1997), gerichtet an linksextremistische Frauen, legt sie ihre Motive für die Teilnahme am Kampf der PKK dar. Ausgehend von "den erfahrungen, die in der deutschen und z.t. auch in der europäischen linken gemacht wurden ..." erklärt sie: " ... für uns aus der metropole ist von dort nichts einfach kopierbar, wohl aber einiges lernbar..." ..."ich werde meine Verantwortung nach besten kräften wahrnehmen, das, was ich in kurdistan mit eigenen äugen 193 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 sehe, erlebe und lerne den menschen zuhause mitzuteilen und einfliessen zu lassen in unseren kämpf um eine gerechte und menschwürdige zukunft." Tragische Mitte Mai 1997 kam eine junge Europäerin bei den Kämpfen zwiSchicksale schen der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der PKK in Erbil ums Leben. Wahrscheinlich handelte es sich um die deutsche Kämpferin mit dem Decknamen Medya, die in einer Sendung des Fernsehsenders MED-TV zu Wort kam. Im Oktober 1997 nahm die türkische Armee eine deutsche Frau in den grenznahen Bergen der türkischen Provinz Hakkari gefangen, als sie mit einer Guerilla-Gruppe der PKK die Grenze überquerte. Die türkische Justiz wirft der jungen Frau vor, daß sie für die PKK gekämpft habe. Die junge Frau wird konsularisch betreut. Im März 1998 wurde der Strafprozeß gegen sie vor dem Staatssicherheitsgericht in der türkischen Stadt Van eröffnet. Im Dezember 1997 geriet ein deutscher Staatsbürger als Angehöriger einer PKK-Guerilla-Gruppe nach einem Gefecht in die Hände der KDP. Der Mann aus Braunschweig wurde schwer verletzt. Er befand sich nach ärztlicher Versorgung außer Lebensgefahr. Der Betroffene schlug die angebotene Rückkehr nach Deutschland mit Hilfe des AusAlman Guerilla "Medya" wärtigen Amtes aus. Die von ihm verlangte Übergabe an die PKK lehnte die KDP ab. Am 17. Februar 1998 besetzten ca. 20 Personen des antiimperialistischen Widerstandes die Bundesgeschäftsstelle von Bündnis 9 0 / Die Grünen in Bonn, um auf das Schicksal des gefangenen Brigadisten aufmerksam zu machen. DurchsuchungsAm 5. Februar 1998 durchsuchte das BKA die Wohnungen zurückgemaßnahmen des kehrter Kurdistan-Brigadisten in Hamburg und Köln sowie die Räume BKA der Informationsstelle Kurdistan (ISKU) in Köln. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ging es um die Suche nach Beweismaterial, ob sich aus Personen des antiimperialistischen Widerstands und zurückgekehrten Kurdistan-Brigadisten eine neue terroristische Vereinigung gebildet hat. 194 Linksextremismus und -terrorismus 3.3 Linksextremistischer Terrorismus 3.3.1 Antiimperialistische Zelle (AIZ) Die Antiimperialistische Zelle (AIZ) ist eine Gruppe des antiimperialistischen Widerstands, die in den Jahren 1 992 bis 1995 zahlreiche Anschläge durchführte. Unter anderem handelte es sich um Sprengstoffanschläge auf Büros verschiedener demokratischer Parteien und VVohnhäuservon Bundestagsabgeordneten. Erklärtes Ziel der AIZ war es, durch "potentiell tödliche aktionen" Druck auf die "eliten" und die "brd-gesellschaft" auszuüben. Im Februar 1 996 wurden zwei mutmaßliche Mitglieder der AIZ festZerschlagung der genommen. Seitdem haben weder Anschläge stattgefunden, noch hat AIZ durch zwei die AIZ weitere Erklärungen veröffentlicht. Die AIZ ist offenbar zerFestnahmen schlagen. Gegen die zwei im Februar 1996 festgenommenen mutmaßlichen Strafprozeß vor Mitgiiederwurdeam 2 1 . März 1997 Anklage wegen Mitgliedschaft dem Oberlandesin einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten erhoben. gericht eröffnet Das Oberlandesgericht Düsseldorf ließ die Anklage mit Beschluß vom 15. August 1997 zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren vordem 6. Strafsenat. Die Hauptverhandlung begann am 14. November 1997. Das Strafverfahren wird mit umfangreicher Beweisaufnahme voraussichtlich bis weit in das Jahr 1 998 hinein andauern. Die Anklage geht davon aus, daß die beiden Festgenommenen spätestens seit Sommer 1993 Mitglieder der AIZ waren, gemeinschaftlich an allen 1994 und 1 995 von der AIZ ausgeführten Sprengstoffanschlägen mitwirkten und in der Zeit vor ihrer Festnahme eine weitere Sprengstoffexplosion vorbereiteten. Die Angeklagten befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Die AIZ bekannte sich in ihren öffentlichen Taterklärungen und PositiAnschläge der onspapieren zu folgenden Anschlägen: AIZ in den Jahren 2 1 . November 1992 Brandanschlag auf das Gebäude 1992 bis 1995 der juristischen Fakultät der Universität (Rechtshaus) in Hamburg 18. August 1993 Blockadeaktion (in Brand gesetzte, mit Sägespänen gefüllte Säcke auf Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 der Fahrbahn) vor der elterlichen Wohnung eines ehemaligen GSG 9-Angehörigen in Solingen 17. November 1993 Schußwaffenanschlag auf das Gebäude des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall in Köln 5. Juni 1994 Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Kreisgeschäftsstelle der CDU in Düsseldorf 24. - 26. September 1994 versuchter Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Landesgeschäftsstelle der F.D.P. in Bremen 2 2 . Januar 1995 Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus des ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Volkmar Köhler in Wolfsburg 23. April 1 995 Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus des CDU-MdB Dr. Joseph Theodor Blank in Erkrath bei Düsseldorf 17. September 1995 Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus des CDU-MdB Paul Breuer in Siegen 23. Dezember 1995 Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des peruanischen Honorarkonsulats in Düsseldorf. Vermummte In der Sendung Spiegel-TV am 1 8. Januar 1998 bekannte eine verPerson bekennt mummte Person, bis in das Jahr 1993 hinein mit den AlZ-Angeklagsich zur AIZ ten in Verbindung gestanden zu haben. Sie hätten über potentielle Angriffsziele diskutiert und gemeinsam Explosionsversuche mit Zündzeitverzögerungen durchgeführt. Zu Fernsehbildern eines Waldgeländes kommentierte sie: "Ja, hier hab ich vor längerer Zeit mal ein Erddepot angelegt. Da waren zwei Brandsätze drin und ein Sturmgewehr, soweit ich weiß ein G 3, und wir sind dann halt irgendwann 93, im frühen Sommer, der Bernhard, der Michael und ich, hierhin gefahren und haben das ausheben wollen im Zusammenhang, in einem Diskussionszusammenhang über einen potentiellen Angriff auf den Leiter des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnologie in Aachen." 196 Linksextremismus und -terrorismus Vor der Kamera präsentierte sie das Deckblatt der AlZ-Taterklärung zu dem Brandanschlag auf das Rechtshaus in Hamburg im November 1992 und einen Schaltplan zu Zündzeitverzögerungen. Diese Papiere seien bei mehrfachen Durchsuchungen ihrer Wohnung unentdeckt geblieben. Die Angaben der Person stimmen mit Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen überein. Die Festnahme der beiden Angeklagten und die seitdem offenkundiKooperation ge Zerschlagung der AIZ ist das Ergebnis einer gelungenen Koopezwischen Verfasration der Verfassungsschutzbehörden mit der Bundesanwaltschaft sungsschutz und und dem Bundeskriminalamt. Bereits 1993 war die VerfassungsschutzStrafverfolgungsbehörde des Landes NRW ersten Hinweisen auf die Bildung einer behörden neuen militanten Gruppe im Raum Aachen nachgegangen und hatte unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel systematisch Informationen gesammelt. Im Rahmen dieser Vorfeldaufklärung fielen auch Erkenntnisse über die beiden Angeklagten an. Sie führten zu dem Verdacht, daß Zusammenhänge zwischen der Aachener Gruppe und den Tätern des Brandanschlags auf das Rechtshaus der Universität in Hamburg bestanden. Die weitere Beobachtung mit verschiedenen nachrichtendienstlichen Mitteln, in Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Freien und Hansestadt Hamburg, erhärteten diesen Verdacht. Relevante Erkenntnisse aus der Operation wurden der Bundesanwaltschaft zur gerichtlichen Verwertung übermittelt. Nach Eröffnung personenbezogener Ermittlungsverfahren durch die Bundesanwaltschaft übergab der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen die Operation an das Bundeskriminalamt. Die weiteren Ermittlungen führten dann zur Festnahme der beiden Angeklagten. Dqs Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen berichtete seit Ergebnisse der 1994 im jährlichen Verfassungsschutzbericht über die AIZ. Im VerOperation der fassungsschutzbericht über das Jahr 1996 legte es erstmals die OpeVerfassungsration zur Aufklärung der AIZ offen. schutzbehörde 197 Verfassungsschutzberichf des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Die Prüfung des Verfassungsschutzes ergab insbesondere, daß die Taterklärungen und Positionspapiere der AIZ Übereinstimmungen mit Taterklärungen bei Anschlägen auf Shell-Tankstellen in Hamburg und Aachen im Januar 1992 aufwiesen. Täter der Shell-Anschläge waren die beiden späteren AlZ-Angeklagten. Beide unterhielten zwischen 1992 und 1995 Kontakte zu Angehörigen der linksextremistischen Szene und des RAF-Umfeldes in Berlin, Hamburg, Köln, Bonn, Duisburg und Solingen sowie enge Kontakte zu Personen einer linksextremistischen Gruppe in Aachen. Szenekritik an Die Erklärungen der AIZ wurden über einen langen Zeitraum - bis weit der AIZ in das Jahr 1995 hinein -von vielen gängigen linksextremistischen Szenepublikationen in vollem Umfang veröffentlicht. Es gab sogar Solidaritätsbekundungen, wie z.B. von Seiten der militanten Bonner Gruppe "Jupp Messinger" (vgl. Verfassungsschutzbericht über das Jahr 1995 - S. 243). Daneben regte sich Kritik an der Vermittelbarkeit der Aktionen und dem hohen Konfrontationsniveau. Diese Kritik ließ sich anfänglich jedoch als konstruktive, grundsätzlich solidarische Kritik verstehen und wurde von der AIZ auch so aufgefaßt. So griff die AIZ in einem Positionspapier von Juli 1 9 9 4 Kritik aus der linksextremistischen Szene und dem ehemaligen RAF-Umfeld auf und bot einen "klärungsprozeß" an mit dem Ziel zu "einer front" bezüglich "militanter/bewaffneter aktionen" zu kommen. Dies änderte sich grundlegend im Laufe des Jahres 1995. In ihren Erklärungen seit Januar 1995 entfernte sich die AIZ immer weiter von ihrem ursprünglichen Konzept einer neuen militanten Bewegung in Anknüpfung an die RAF der 70er und 80er Jahre. Statt dessen propagierte sie immer eindringlicher "islamische identität" als Grundlage des antiimperialistischen Kampfes und rief zu Bündnissen mit fundamentalistisch islamistischen Gruppierungen wie der pro-iranischen Hizb-Allah auf. Dies führte zu heftigen Gegenreaktionen bis hin zur nahezu vollständigen Isolation der AIZ. Verbindung von Die AIZ ist bislang die einzige deutsche Gruppe, von der bekannt ist, daß antiimperialistisie ideologische Positionen des antiimperialistischen Widerstands mit schem Widerstand fundamentalistischem Islamismus verknüpfte. Ein damit übereinund Islamismus stimmendes Weltbild vertrat einer der Angeklagten zum Auftakt des AIZStrafprozesses am 14. November 1997 in einer persönlichen Erklärung. Eine Tatbeteiligung räumte der Angeklagte nicht ein. Er trug jedoch in seiner mehr als 100 Seiten füllenden Erklärung politische Postionen vor, die mit denen der AIZ in ihrer Schlußphase identisch sind. Besonders 198 Linksextremismus und -terrorismus augenfällig war die übereinstimmende Betonung des Vorbildcharakters und revolutionären Führungsanspruchs fundamentalistischer islamistischer Organisationen wie der lybischen Jamahiriya oder der pro-iranischen Hizb-Allah. Die AIZ bezeichnete der Angeklagte in seinem Vortrag als "einzige fundamentaloppositionelle Gruppierung mit kontinuierlichen militanten Aktionen" für den Zeitraum 1992 bis 1995. Beide AlZ-Angeklagten traten in der Untersuchungshaft zum Islam über und bekannten sich zum schiitischen Fundamentalismus iranischer Prägung. In den Medien wurde über die Inhalte der Prozeßerklärung des AnSolidaritätsergeklagten kaum berichtet. Die linksextremistische Szene, an die der klärungen in der Angeklagte sich mit seiner Erklärung ausdrücklich gewandt hatte, steht Hamburger und der propagierten Kombination von Antiimperialismus und Islamismus Aachener Szene nach wie vor mit Unverständnis gegenüber. Eine Ausnahme bilden verhaltene Solidaritätsbekundungen in der Hamburger und der Aachener linksextremistischen Szene. In Hamburg fand am 15. März 1997 eine Demonstration zu dem bundesweiten Aktionstag der antiimperialistischen Initiative "Libertad" statt. Die Initiative "Libertad" verband damit auch die Forderung nach einem "Ende derVerfolgung... der Gefangenen aus den AlZ-Verfahren". In Kundgebungen der linksextremistischen Szene und des ehemaligen RAF-Umfelds am 29. November 1997 und 3 1 . Dezember 1 9 9 7 vor der Justizvollzugsanstalt in Köln-Ossendorf wurde nicht nur zur Solidarität mit RAF-Häftlingen aufgerufen, sondern auch der in KölnOssendorf inhaftierte AlZ-Angeklagte gegrüßt und der Werdegang der AIZ geschildert. Mitglieder der Aachener linksextremistischen Szene bekunden durch eine kontinuierliche Begleitung und Beobachtung des AlZ-Prozesses ihre Solidarität mit den Angeklagten. Die Aachener linksextremistische Szenezeitung "streng gemein" (Ausgabe Nr. 6, November 1997) rief zur Prozeßbeobachtung auf und berichtete später umfassend über den Verlauf. Die Verfasserin des ersten Artikels gab zu erkennen, daß sie einen der Angeklagten regelmäßig im Gefängnis besucht hatte und richtete an "die Linke" die Frage: "Haben wir es uns nicht etwas zu einfach gemacht, bestimmte Strukturen innerhalb linker Gruppierungen nicht zu diskutieren?" 199 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Dies spricht dafür, daß die AIZ ursprünglich ein im Linksextremismus anerkanntes Projekt war, das sich erst später vor allem durch seine islamistische Orientierung isoliert hat. Die Aufforderung in "streng gemein", sich mit bestimmten Strukturen innerhalb linker Gruppierungen auseinanderzusetzen, verdient Beachtung, weil sie eine Diskussion über den organisatorischen Ansatz der AIZ einleiten könnte. Bereits 1996 und erneut Anfang 1997 hatte eine militante Gruppe in der überörtlichen Szeneschrift "Interim" (Ausgaben Nr. 388 vom 13. September 1996 und Nr. 411 vom 6. März 1997) zur Diskussion einer "antiimperialistischen Befreiungsperspektive" aufgerufen und in diesem Zusammenhang die "AlZ-lnitiative" für einen bedeutenden Vorschlag hinsichtlich der Möglichkeit künftiger Organisierung gehalten. Dies belegt, daß in der linksextremistischen Szene, die nach praktikablen Formen der Militanz sucht, die Entwicklung terroristischer Strukturen nachdem Vorbild der AIZ grundsätzlich wiederholbar ist, auch wenn die in der Schlußphase von der AIZ eingeschlagene islamistische Richtung einhellig abgelehnt wird. 3.3.2 Rote Armee Fraktion (RAF) 3.3.2.1 RAF-Kommandoebene 5 Jahre Inaktivität Anschläge der RAF fanden im Jahr 1997 nicht statt und sind auch in näherer Zukunft nicht zu erwarten. Der letzte Mordanschlag der RAF am I . A p r i l 1991 auf Treuhandchef Rohwedder liegt sieben Jahre zurück. Etwa ein Jahr später, im April 1992, erfolgte die sogenannte Deeskalationserklärung, in der die RAF die Aussetzung weiterer Mordanschläge ankündigte und eine Neuorientierung der Basis, den Aufbau einer "gegenmachtvon unten" forderte. Seitdem fand noch ein einziger Anschlag der RAF statt, die Sprengung des bezugsfertigen Neubaus der JVA Weiterstadt am 2 7 . März 1993. Es entstand hoher Sach-jedoch kein Personenschaden. Die RAF stellte im Anschluß an die Sprengung fest, daß sie "von vielen als sinnvoll" erachtet worden sei, "was heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist". Daraus läßt sich schließen, daß die RAF unter den derzeitigen politischen Bedingungen zumindest Mordanschläge für nicht vermittelbar hält. Anschläge auf Objekte nach dem Vorbild des Sprengstoffanschlages in Weiterstadt sind im nunmehr fünften Jahr der Inaktivität der RAF ebenfalls unwahrscheinlich. 200 Linksextremismus und -terrorismus Zweifelhaft ist, ob die RAF sich unter ihrer bisherigen GruppenbeAufgabe des RAFzeichnung nochmals zu Wort melden wird Konzepts bei Fort(Anmerkung der Redaktion: Am 20. März I998 ging ein Schreibestehen des ben der RAF bei der Nachrichtenagentur Reuters ein, mit dem sie illegalen Personenihre Auflösung erklärt hat. Die RAF-Erklärung und eine entsprechenzusammenhangs de Bewertung des NRW-Verfassungsschutzes stehen im Internet zur Verfügung). Auflösungserklärung der RAF vom 20. März 1998 Die Gruppenbezeichnung RAF steht für ein Handlungskonzept, das die verbliebene RAF-Kommandoebene in ihrer vorerst letzten öffentlichen Erklärung vom 9. Dezember 1996 selbst als überholt bezeichnet hat: "Das RAF-Konzept ist überholt. Das ist objektiv so. Dabei bleibt es also auch. Alles andere würde völlig an der politischen Situation insgesamt-und unserer speziellen erst recht-vorbeigehen. Es kann auch keine modifizierte Neuauflage des Alten geben." Dies ändert allerdings nichts daran, daß die in die Illegalität abgetauchten Angehörigen der RAF nach wie vor einen handlungsfähigen Personenzusammenhang darstellen. Dies belegt die - z . T. öffentlich 201 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 stattfindende - Kommunikation zwischen der verbliebenen RAF-Kommandoebene und Inhaftierten bzw. ins Ausland Abgetauchten. Die RAF selbst bekräftigte in ihrer Erklärung vom 9. Dezember 1996, daß "wir uns nicht in Luft auflösen können und werden". Folgerichtig wandte sich die im Zusammenhang mit dem Anschlag in Weiterstadt mit Haftbefehl gesuchte Andrea Wolf im Sommer 1997 mit einem offenen "Brief an die raf", um Behauptungen der RAF über ihre Kontakte zu Steinmetz zu dementieren (Interim Nr. 429 vom 7. August 1997). Ebenso erklärte die inhaftierte ehemalige RAF-Angehörige Birgit Hogefeld in einem Interview im Oktober 1997 (Der Spiegel Nr. 42 vom 13. Oktober 1997) auf die Frage, ob es die RAF überhaupt noch gebe: "Natürlich gibt es die noch. Das sind ja konkrete Leute ... das lange Schweigen interpretiere ich als intensiven Nachdenkprozeß über das 'Wie weiter'". Der im Untergrund weiter existierende Personenzusammenhang der Kommandoebene der RAF und Illegaler des ehemaligen Umfelds dürfte allerdings zwischenzeitlich ausgedünnt sein. So stellten sich im Juli 1 9 9 7 zwei mit Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Unterstützer der RAF nach acht Jahren im Untergrund den Justizbehörden. Warten auf Die Inaktivität der RAF ist in erster Linie eine Folge der derzeitigen Neuorientierung Handlungsunwilligkeit der verbliebenen, in die Illegalität abgetauchten RAF-Kommandoebene. Den letzten öffentlichen Erklärungen der Kommandoebene vom November und Dezember 1996 ist zu entnehmen, daß die RAF künftige Aktionen nur im Zusammenhang mit einer Neuorientierung im linksextremistischen Spektrum für sinnvoll hält. Dabei ließ die RAF keinen Zweifel daran, daß Ziel der Neuorientierung die "Umwälzung der Verhältnisse" mit Hilfe einer neu zu formierenden radikalen Linken bleibt, die den revolutionären Kampf wieder aufnehmen soll: "Die Entscheidung von Einzelnen führt weder dazu, daß der revolutionäre Kampf gleich ganz abgeblasen wird, noch dazu, daß in der zukünftigen Linken nicht wieder illegale Kampfstrukturen gebrauchtwerden." (RAF-Erklärung vom 29. November 1996) Ihre eigene Rolle bei dieser Neuorientierung sieht die verbliebene RAFKommandoebene offenbar in erster Linie in der Aufrechterhaltung ihrer Logistik und der Vermittlung von Erfahrungen und Verbindungen an künftig neu zu formierende Kampf strukturen: 202 Linksextremismus und -terrorismus "...Zerfallsprozesse hin oder her: Keine Aussagen über bestehende illegale (oder legale) Strukturen! Keine Aussagen über geheime Exil-Orte und Strukturen! Es wird immer wieder Genossinnen geben, die davon Gebrauch machen und darauf angewiesen sind, daß die Bullen nicht alles darüber wissen, wie linke Strukturen so etwas organisieren könnten." (RAF-Erklärung vom 29. November 1996) Besondere Bedeutung gewinnt diese Aussage in Anbetracht des beachtlichen logistischen Potentials, das die RAF für den Sprengstoffanschlag in Weiterstadt 1993 eingesetzt haben muß. Nach eigenen Angaben verwendete die RAF damals "gut 1 t Sprengstoff", die sie unbemerkt beschaffte und transportierte. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, daß die Illegalen der RAF auch heute noch über Waffen und Sprengstoff sowie logistische Möglichkeiten für die Durchführung von Anschlägen verfügen. Nicht eingelöst hat die RAF-Kommandoebene bis heute ihr Versprechen, ein Resümee aus ihrer Geschichte zu ziehen und damit zu dem von ihr geforderten Neuorientierungsprozeß politisch beizutragen. In ihrer Erklärung vom 9. Dezember 1996 kündigte sie zwar an, sie wolle "dazu beitragen, ein kollektives Bewußtsein über unsere Geschichte zu ermöglichen - mit dem Sinn, daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die uns allen etwas für eine bessere, freiere, starke und emanzipative Politik für die Umwälzung der Verhältnisse in die Hand gibt". Seitdem herrscht von Seiten der RAF jedoch Schweigen. Dies ist umso bemerkenswerter, als das Jahr 1997aufgrund des öffentlichen Interesses für den 20. Jahrestag des sogenannten Deutschen Herbstes Anlaß zu einer entsprechenden Erklärung der RAF geboten hätte (siehe Anmerkung der Redaktion Seite 201 ). Das Thema "20 Jahre Deutscher Herbst" wurde im Laufe des Jahres 20 Jahre 1997 sowohl in einer breiten Medienöffentlichkeit als auch in VeranDeutscher Herbst staltungen der linksextremistischen Szene aufgegriffen. Die Szeneveranstaltungen lebten häufig von dem Auftreten ehemaliger RAF-Inhaftierter, die auf diese Weise ihre Memoiren vermarkteten. So fanden insbesondere im Oktober und November 1997 in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens Vortragsund Informationsveranstaltungen und Buchlesungen mit ehemaligen Mitgliedern der RAF und der "Bewegung 2. Juni" statt. Zum Teil glitt die Auseinandersetzung mit dem Thema "Deutscher Herbst" in Szeneveranstaltungen auf ein primitives Niveau ab. So 203 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 wurden auf einer "Terrorparty" im "Autonomen Zentrum" in Aachen am 3. Oktober 1 9 9 7 Imitationen aus der RAF-Zeit mit aggressiv-polemischem Inhalt ausgestellt, darunter, in Anspielung auf ein Mord-Opfer der RAF, Schweinegehacktes. Die Aachener Szeneschrift "streng gemein" (Ausgabe vom 6. November 1997) nahm auf der Titelseite mit dem Hinweis "Herbstzeit" und einer Abbildung sowie im Text auf die "Terrorparty" Bezug. Im Laufe des Jahres äußerten sich viele "Ehemalige" in Interviews oder auf Veranstaltungen zu ihrer VergangenTitelseite der Aachener Szenezeitschrift heit. Eine einheitliche Auffas"streng gemein" sung zur Geschichte der RAF war dabei nicht zu erkennen. Keine Distanz zur Nur vereinzelt distanzierten sich ehemalige RAF-Mitgliederwie Klaus Vergangenheit Jünschke oder Birgit Hogefeld von der früheren Politik des bewaffneten Kampfes. Überwiegend rechtfertigten die Ehemaligen ihr damaliges Handeln. So referierten die einstigen Mitglieder der RAF bzw. der "Bewegung 2. Juni" Roland Mayer, Karl-Heinz Dellwo, Knut Folkerts und Gabriele Rollnik auf einer Veranstaltung im Mai 1997 in Zürich unter dem Motto "Der Aufruf war berechtigt". Rollnik bezeichnete dabei den bewaffneten Kampf "als Mittel, das benutzt werden mußte, in dieser geschichtlichen Phase". Die ehemalige RAF-Inhaftierte Irmgard Möller erklärte in einem Interview (Der Spiegel" Nr. 1 7 / 9 7 vom 2 1 . April 97): "Es war für mich der richtige Weg, trotz der ganzen Knastjahre ...Es gibt nichts zu bereuen." Rechtfertigung der Die Frage nach den Opfern derTerroranschläge sparten die EhemaliMordanschläge gen aus. In den Veranstaltungen der linksextremistischen Szene gelang 204 Linksextremismus und -terrorismus dies schon deswegen, weil die Zuhörer in erster Linie an einer abstrakten Gewaltdiskussion und an Wegweisungen für die Zukunft interessiert waren (siehe Nr. 3.2.5). Nach den Ermordeten und ihren Angehöriqen fragte in der Regel niemand. Soweit die Opferthematik von Ehemaligen angesprochen wurde, die den bewaffneten Kampf als zulässiges Mittel betrachten, schlossen sie die Ermordung der Opfer ausdrücklich in ihre Rechtfertigung mit ein. Irmgard Möller argumentierte zur Ermordung des 1977 von der RAF entführten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer: "... wenn man nicht bereit ist, jemanden wie Schleyer zu töten, darf man ihn gar nicht erst entführen." Die Anfang 1997 aus der Haft entlassene ehemalige Angehörige der RAF und "Bewegung 2. Juni", Inge Viett, erklärte zu ihrer Erschießung eines sie verfolgenden französischen Polizisten in ihrem Buch "Nie war ich furchtloser": "Ich habe all die Jahre nicht das geringste Bedauern für den niedergeschossenen Polizisten empfinden können." Die Aussagen und das Verhalten der Ehemaligen sind im linksextreUmfeld kritisiert mistischen Spektrum umstritten. Kritisiert wurde zum einen die fehlende AussteigerZukunftsperspektive (siehe Nr. 3.2.5) und zum anderen, daß die Memoiren Ehemaligen mit ihren "Aussteiger-Memoiren" aus eigennützigen Motiven Geschichtsverfälschung betrieben. So kam es zu einer öffentlichen Kontroverse um das Buch "Nie war ich furchtloser" von Inge Viett. Ein ehemaliges Mitglied der "Bewegung 2. Juni" bezeichnete es als "Gehabe, mit dem die alte Stadtguerilla endgültig abgewikkelt werden soll", und warf allen Memoirenschreiberinnen vor, die "ehemals kollektiv gemachte antikapitalistische Geschichte zu gewinnbringenden Buchveröffentlichungen, Talk-Show-Auftritten und Lesungen" vorzugsweise vor bürgerlichem Publikum zu vermarkten. 3.3.2.2 RAF-Häftlinge Zur Zeit haben noch 10 verurteilte RAF-Terroristen Haftstrafen zu verVerbliebene büßen. Es handelt sich um Eva Haule, Rolf Heißler, Sieglinde HofInhaftierte mann, Birgit Hogefeld (zum Teil noch nicht rechtskräftig), Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt, Helmut Pohl, Adelheid Schulz, Rolf Klemens Wagner und Stefan Wisniewski. Pohls Haft wurde aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen. Für Klar und Hofmann wurden Anfang des Jahres 1998 Mindesthaftzeiten gerichtlich festgesetzt. Danach gilt für Sieglinde Hofmann eine Mindesthaftzeit von 19Jahren; sie kann frühestens in eineinhalb Jahren entlassen werden. 205 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Für Christian Klar setzte das Gericht eine Mindesthaftzeit von 26 Jahren fest. Er bleibt mindestens bis zum Jahr 2008 in Haft. FreilassungsAuch RAF-Inhaftierte nutzten das Medieninteresse an dem 2 0 . Jahinteresse im restag des Deutschen Herbstes. So gab Christian Klar ein heimlich - Vordergrund über Kassiber - zustande gekommenes Interview (Magazin Nr. 17 der Süddeutschen Zeitung vom 25. April 1 9 9 7 und "Angehörigen Info" Ausgabe Nr. 194 vom 16. Mai 1997). Auf die Frage, was die RAF heute sei, antwortete er: "Ich weiß es nicht. Und was ich in der Zeitung lese, ist mir schon seit einigen Jahren fremd. Die RAF gehört in eine ganz bestimmte Zeit, in die siebziger und achtziger Jahre. Sie ist inzwischen Geschichte." Äußerungen wie diese lassen erkennen, daß im Vordergrund des Interesses der Häftlinge ihre eigene Freilassung steht. Politische Aussagen mit Richtungsweisungen für die Zukunft unterblieben 1997 ebenso wie eine gemeinsame Erklärung der RAF-Inhaftierten. Schwindende Solidaritätsaktionen des linksextremistischen Spektrums mit den RAFSolidarität Gefangenen, wie z.B. die traditionelle Silvester-Knastkundgebung in Köln-Ossendorf (siehe Nr. 3.3.1 ) oder eine Veranstaltung mit Angehörigen von Inhaftierten am 14. November 1997 in Köln, stießen nur bei einer begrenzten Anzahl von Szeneangehörigen auf Interesse. Auch die Resonanz auf die Mobilisierungsbemühungen der Initiative Libertad zu einem bundesweiten Aktionstag zur Solidarität mit den politischen Gefangenen am 1 8. März 1997 fiel in Nordrhein-Westfalen gering aus. Die Initiative, in der u.a. Angehörige des ehemaligen RAF-Umfelds bzw. des antiimperialistischen Widerstands organisiert sind, wehrt sich dagegen, auf eine bloße Gefangenenhilfsorganisation zugunsten der RAF-Häftlinge reduziert zu werden. So führte sie am 2 0 . Dezember 1997 in der Universität Frankfurt/Main eine Veranstaltung zum "internationalen Kampftag für die Freiheit der politischen Gefangenen weltweit" durch. Die Veranstaltung machte deutlich, daß in den Augen der Initiative ein Gefangenenkollektiv mit politischer Bedeutung nicht mehr existiert. Von den RAF-Gefangenen erwartet die Initiative keinen maßgebenden Beitrag mehr für ihr eigentliches Ziel, den langfristigen Aufbau einer radikalen internationalen Bewegung (siehe Nr. 3.2.5.2). 206 Linksextremismus und -terrorismus 3.3.3 Revolutionäre Zellen (RZ)/Rote Zora pie terroristischen Vereinigungen Revolutionäre Zellen (RZ) und Rote Fortbestehende Zora haben sich auch 1997 nicht zu Anschlägen bekannt. Die letzte Gruppen Aktion der Roten Zora - ein Sprengstoffanschlag - fand 1995 statt. Konzeptionelle Erklärungen dieser Gruppen sind 1997 nicht veröffentlicht worden. Gleichwohl ist davon auszugehen, daß es sich bei den Revolutionären Zellen (RZ) und bei der Frauengruppe Rote Zora um handlungsfähige und handlungswillige Personenzusammenschlüsse handelt. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß sich mehrere mit Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Mitglieder der bis 1984 als Einheit bestehenden terroristischen Vereinigung RZ/Rote Zora weiterhin im Untergrund aufhalten. Das bisherige Konzept der RZ und der Roten Zora hat darin bestanEinflußnahme den, den bewaffneten revolutionären Kampf nicht aus dem Untergrund auf politische zu führen, sondern in legalen Gruppen mitzuwirken und zugleich heimKampagnen lich in abgeschotteten Gruppen (Zellen) zu arbeiten. Es ist davon auszugehen, daß die verbliebenen Zellen dieses Konzept beibehalten haben und nach wie vor teils offen, teils konspirativ politisch agieren. Das Ausbleiben von Anschlägen im Jahr 1997 könnte dafür sprechen, daß der Schwerpunkt derTätigkeit zur Zeit in der Mitarbeit und Einflußnahme auf legale öffentlichkeitswirksame Kampagnen liegt und eine zumindest vorübergehende Abkehr von terroristischen Aktionsformen stattfand. Für die Zukunft sind Anschläge nach dem Vorbild von Aktionen vergangener Jahre jedoch nicht auszuschließen. Themenfelder, mit denen sich RZ und Rote Zora in der Vergangenheit Antirassismus und vorrangig beschäftigten, sind die Antirassismusund Asylthematik soGentechnologie wie Biound Gentechnologie. So zählte die 1993 erschienene Doals Aktionsfeld kumentation der Roten Zora "Mili's Tanz auf dem Eis" mehrere in den 80er Jahren durchgeführte Anschläge auf Einrichtungen und Institute der Biound Gentechnologie auf und widmete der damaligen "Kampagne gegen Bevölkerungspolitik, Genund Reproduktionstechnologien" einen besonderen Abschnitt. In diesen Themenbereichen ist auch aktuell zu vermuten, daß Personen aus RZ und Roter Zora bzw. deren Umfeld versuchen, Einfluß auf politische Kampagnen zu nehmen. Auch außerhalb noch bestehender Zellen findet das Konzept der RZ Neue Generation im militanten linksextremistischen Spektrum offenbar Anhänger. Beigreift Konzept auf spielhaftsei auf einen Brandanschlag mitMolotowcocktails in Stade (Niedersachsen) in der Nacht zum 15. Dezember 1997 hingewie207 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 sen, zu dem sich RZ-Nachahmer des militanten linksextremistischen Spektrums in einer Taterklärung mit folgenden Worten bekannt haben: "feuer und flamme für diesen Staat - die feuermorcheln revolutionäre zelle". Auch das umfangreiche Theoriepapier "Selbstportrait einer militanten Gruppe-Anfangen, abernichtum jeden Preis" (Interim Nr. 388 vom 1 3. September 1996 - siehe auch Nr. 3 . 3 . 1 , Seite 136) betrachtete das RZ-Modell als ein diskussionswürdiges Konzept für die künftige Organisierung militanter Gruppen. Rückkehr Illegaler Einige frühere Verdachtspersonen der RZ/Rote Zora sind zwischenzeitlich aus der Illegalität aufgetaucht. 1995 hatte sich ein mutmaßliches RZ-Mitglied der Bundesanwaltschaft gestellt. Gegen diese Person wird ab Frühjahr 1998 ein Strafprozeß wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RZ/Rote Zora durchgeführt. 1996 war eine weitere Verdachtsperson in die Legalität zurückgekehrt. Hierüber hatte der Verfassungsschutzbericht des Landes NRW über das Jahr 1996 berichtet (siehe dort Nr. 3.3.2). Diese Person hat sich wegen einer inhaltlichen Unrichtigkeit in der o.g. Passage des Verfassungsschutzberichtes an die Verfassungsschutzbehörde gewandt und um Berichtigung gebeten. Es wird daher klargestellt, daß die betreffende Passage im Verfassungsschutzbericht versehentlich fehlerhaft ausführte, daß der Betreffende mit Haftbefehl gesucht worden sei, anstatt zutreffend darauf hinzuweisen, daß er zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben war. Berichtigt lautet die Passage wie folgt: "Nachdem am 12. März 1996 die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen ein mutmaßliches RZ-Mitglied, das zum Zweck seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben war, wegen Verfolgungsverjährung eingestellt hatte, tauchte dieses nach 8 'Jahren wieder aus der Illegalität auf." 208 Ausländerextremismus und -terrorismus 4 Ausländerextremismus und -terrorismus 4.1 Türken 4.1.1 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. - Islami Cemaat ve Cemiyetler Birligi (ICCB, KAPLAN-Verband) Sitz Köln Verbandsführer Metin Kaplan Mitglieder 1997 1996 NRW 600 600 Bund 1.300 1.500 Publikation "Ummet-i Muhammed" (Die Gemeinde Mohammeds) Der ICCB, der sich selbst als "Hilafet Devleti" (Kalifatstaat) bezeichnet, propagiert den revolutionären Sturz des türkischen Regimesund die Errichtung eines islamischen Gottesstaates nach dem Vorbild des Iran. Damit verfolgt der ICCB Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und erfüllt die Voraussetzungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 3 VSG N W für eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden. Der ICCB finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Erträgen aus Immobilien. Als Reaktion auf eine Großdemonstration in Ankara, die sich gegen weitere Islamisierungstendenzen in der Türkei richtete, führte der ICCB am 22. Februar 1997 eine Demonstration in Bonn unter dem Motto "Protest gegen die Duldung islam feindlicher Demonstrationen durch die türkische Regierung" durch, an der sich ca. 2.500 Personen aus Deutschland, Belgien, Niederlande und Frankreich beteiligten. Damit bewies der ICCB, daß er trotz rückläufiger Mitgliederzahlen und Abspaltung ganzer Ortsvereine immer noch viele Anhänger für seine doktrinäre, extremistische Islaminterpretation mobilisieren kann. 209 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Seit April 1997 betreibt der ICCB einen eigenen Propagandasender "HAKK-TV". Einmal wöchentlich werden aus der Kölner Moschee über Eutelsat 2 bis in die Türkei Sendungen ausgestrahlt, in denen der ICCBFührer Metin Kaplan zum Sturz des laizistischen Staatssystems und zur Errichtung eines Gottesstaates in der Türkei aufruft. Am 8. Mai 1997 wurde der Vorsitzende einer ICCB-Abspaltung in Berlin, der sich im Sommer 1996 zum "Gegen-Kalifen" des ICCB-Führers Metin Kaplan ernannt hatte, in seiner Wohnung von drei maskierten Personen erschossen. Die Täter sind bisher unbekannt. Bereits im Juli 1996 hieß es im ICCB-Organ Ummet-i Muhammed Nr. 146: "Was passiert mit einer Person, die sich ...als einen zweiten Kalifen verkünden läßt? Dieser Mann wird zur Reuebekundung gebeten. Wenn er nicht Reue bekundet, dann wird er getötet." Am 9. September 1997 wurden auf Veranlassung des Amtsgerichts Augsburg ICCB-Vereine in Köln, Düsseldorf und Berlin durchsucht. Der Imam (Vorbeter) der Augsburger ICCB-Moschee wurde verhaftet. Er hatte 1 996 in einem Freitagsgebet die Tötung des "Gegen-Kalifen" religiös legitimiert. Auch zwei weitere bisher ungeklärte Morde im Jahr 1996 werden mit dem ICCB in Verbindung gebracht. Metin Kaplan, gegen den die Stadt Köln 1996 wegen seiner Aufrufe zur Gewalt gegen den türkischen Staat ein politisches Betätigungsverbot verfügt hatte, bezeichnete im Verbandsorgan Ummet-i Muhammed Nr. 192 vom 16. Oktober 1997 den türkischen Staat als terroristisch und propagierte erneut den von seinem Vater und ICCB-Gründer ausgerufenen Kalifatstaat als einzige Alternative für das muslimische Volk. 4.1.2 Islamische Gemeinschaft Mihi Görüs e.V. (IGMG) Sitz Köln (vereinsrechtlich eingetragen in Bonn) Generalvorsitzender Ali Yüksel Mitglieder 1997 1996 NRW 7.500 7.500 Bund 26.500 26.000 Publikation Milli Görüs & Perspektive Organisation Die IGMG ist 1995 aus einer Neugliederung der vormaligen AMGT (= Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa) hervorgegangen. Als direk210 Ausländerextremismus und -terrorismus te Nachfolgeorganisation der AMGTwurde die Europäische Moscheenbauund Unterstützungsgemeinschaft (EMUG) beim Vereinsregister in Köln angemeldet. Ihr Aufgabenbereich umfaßt jedoch nur die Verwaltung des umfangreichen Immobilienbesitzes der ehemaligen AMGT (Vvfert r d. 100 Mio DM). Die eigentliche Nachfolgeorganisation der AMGT ist die IGMG, die für den Aufgabenbereich der religiösen, kulturellen und sozialen Betreuung der türkischen Staatsangehörigen gegründet wurde und neben diesem satzungsgemäßen Auftrag die religiös-politischen Ziele der AMGT und der Refah-Partei weiterverfolgt. Offiziell ist die IGMG im Vereinsregister beim Amtsgericht Bonn eingetragen, die Zentrale befindet sich aber nach wie vor in Köln. Eine weitere wichtige Nebenorganisation der IGMG ist die Islamische NebenorganisaUnion Europa e. V. (IUE). Sie ist für die Organisation der humanitätion Islamische ren und karitativen Hilfsmaßnahmen zuständig. Sie verwaltet auch Union Europa e.V. die Spendenkonten, über die nicht nur die Refah-Partei, sondern auch befreundete Organisationen in Aserbeidschan, Bosnien und Tschetschenien unterstützt werden. Die IGMG war und ist das Sammelbecken für Anhänger der islamischIGMG Sammelextremistischen türkischen Refah-Partei. Diese Partei, die seit 1991 becken für Anim türkischen Parlament vertreten war, will mit legalen Mitteln das hänger der Refahlaizistische Staatssystem der Türkei abschaffen. An seine Stelle soll Partei nach dem Willen der Refah-Partei in der Türkei ein auf Koran und Scharia basierendes Rechtsund Gesellschaftssystem treten, das sie als "gerechte Ordnung" bezeichnet, und welches als Modell für eine weltweite Islamisierung dienen soll. Nach massiver Unterstützung durch die IGMG war die Refah-Partei aus den Parlamentswahlen Ende 1995 als stärkste Fraktion mit mehr als 2 0 % der abgegebenen Stimmen hervorgegangen. Zunächst in der Opposition, wurde ihr Vorsitzender Necmettin Erbakan im Rahmen einer Koalitionsregierung Ministerpräsident der Türkei von Juni 1996 bisjuni 1997. Dann zerbrach das Bündnis, nicht zuletzt unter dem Druck des streng kemalistisch und damit laizistisch ausgerichteten Militärs. Zwischenzeitlich ist die Refah-Partei nach einem Verfahren vor dem türkischen Verfassungsgericht verboten. In der Vergangenheit war die von Erbakan gegründete Partei bereits zweimal verboten worden, jedoch, jeweils unter anderem Namen, wieder in die Politik zurückgekehrt. Er kann sich nach wie vor der Unterstützung durch die IGMG sicher sein. Sein Neffe Mehmet S. Erbakan ist Generalsekretär der IGMG. *211 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Angebote auf Die IGMG bietet in ihren ca. 100 Ortsvereinen in NRW neben reli. kulturellem, giöser Betreuung ein breitgefächertes Angebot auf kulturellem, soziq. sozialem und lern und pädagogischem Gebiet (z. B. Vortragsveranstaltungen, pädagogischem Gesprächskreise und Handarbeitskurse für Frauen, KoranlesewettbeGebiet werbe für Kinder, bis hin zu Computerkursen). Auch eigene Sportvereine werden unterhalten. Durch diese attraktive Abdeckung fast al1er gesellschaftlichen Lebensbereiche versteht es die IGMG geschickt, die "in der Diaspora" lebenden türkischen und deutschen Muslime an sich zu binden und ihren Einflußbereich auszuweiten, wobei insbesondere Jugendliche für die IGMG gewonnen werden sollen. "Die Jugend, die W i e eine Jugend im Sinne der IGMG auszusehen hat und demgegenwir uns zum Ziel über die angeblich vom Imperialismus gewünschtejugend aussieht, gesetzt haben" wird anhand der beispielhaften Gegenüberstellung aus einem Jugendprogramm der IGMG deutlich (entnommen aus "GENCLIK EGITIM PROGRAMI"): "Die Jugend, die wir (= IGMG) uns zum Ziel gesetzt haben * Die nach dem Islam Verbotenes nicht tut * Die Recht empfiehlt * Die das Gebot des heiligen Krieges durchführen kann * Die ihre sexuellen Gefühle unterdrücken kann * Die sich nicht Heuchelei und Angeberei unterwirft J Die ihre Sitten und Bräuche den islamischen Maßstäben anpaßt * Die ohne jegliche Erwartung Hilfe leistet * Die die Geheimnisse der Organisation wahrt * Die ihren Vorgesetzten gehorcht * Die den Klatsch über die Organisation nicht ernst nimmt ü Die sich nicht nach der Mehrheit, sondern nach dem Recht richtet * Die in ihren Meinungen konsequent ist... Die vom Imperialismus gewünschte Jugend * Die abergläubisch ist * Die den Koran angreift und ihn unterschätzt * Die kein Interesse zeigt an nationalen und moralischen Werten _] Die den Angriff gegen die Religion als Demokratie bezeichnet * Die auf die Unwahrheit schwören kann 212 Ausländerextremismus und -terrorismus Q Die Hilfeleistung behindert g Die arrogant, unzuverlässig, treulos ist g Die doppelgesichtig und undankbar ist g Die ihre Zeit mit Nichtstun verbringt g Die hoffnungslos, faul und inaktiv ist g Die sich freut, andere zu unterdrücken g Die sich für Falschheit einsetzt, obwohl sie die Wahrheit kennt Q Die gesichts-und ehrelos ist..." In einem weiteren hier bekanntgewordenen IGMG-Papier, das gegen die "drei großen Gefahren Zionismus, Freimaurerei und Kommunismus" gerichtet ist, wird in schlimmer Weise gegen das Judentum gehetzt. Daran zeigt sich die Doppelbödigkeit der IGMG. In der Öffentlichkeit werden die Führungsfunktionäre der IGMG nicht müde zu betonen, daß die Organisation sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt. Intern aber wird alles getan, um die Mitglieder und insbesondere die Jugendlichen vor einer Integration in unsere pluralistische Gesellschaft zu "schützen". Durch das moderate Auftreten in der Öffentlichkeit ist es der IGMG gelungen, sich auch in Gremien zu etablieren, in denen demokratische und den Pluralismus bejahende Gruppen mitarbeiten, und zahlreiche Kontakte zu politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Institutionen zu knüpfen. Am 3. Mai 1997 führte die IGMG-Frauenabteilung in der Düsseldorfer Frauenkonferenz Philipshalle eine Konferenz mit ca. 4.500 Teilnehmerfinnen) durch, die in Düsseldorf z.T. auch aus Belgien und den Niederlanden angereist waren. An ihr nahmen auch die Ehefrau des Istanbuler Oberbürgermeisters Erdogan (Refah) sowie einige türkische Parlamentsmitglieder der Refah-Partei teil. Vor den zumeist jüngeren, mit Kopftuch und langen, verhüllenden Gewändern gekleideten Teilnehmerinnen wurde u. a. in einer Rede gesagt, daß Europa den Islam nicht toleriere, und insbesondere Deutschland Muslime unterdrücke, weil hier ein Kopftuchverbot herrsche. Diese falsche Behauptung ist wiederum ein Beispiel dafür, wie die IGMG versucht, der Integration massiv entgegenzuwirken. Seit langem plant die IGMG die Errichtung eines islamischen ZenIGMG plante den trums. Deswegen strebte sie den Ankauf des ehemaligen "NOKIA"Ankaufeines Geländes nebst Gebäuden in Köln an. Dorthin sollteauch die IGMGGrundstücks in Zentrale umziehen, außerdem sollten Büros für islamische Firmen Köln eingerichtet werden. 213 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Am 1 8. Mai 1997 hielt die IGMG auf dem zum Kauf vorgesehenen Gelände in Köln-Mülheim bereits eine erste Veranstaltung ab, zu der etwa 1.500 Personen, auch aus dem Ausland, angereist waren. Of. fenbar sollte das neue Objekt vorgestellt und dessen Finanzierung forciert werden. Die benötigten Geldersollen in erheblichem Umfange durch Spenden aufgebracht werden. Allerdings hat die Stadt Köln von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht, so daß dieses Vorhaben scheiterte. Trotzdem setzte die IGMG ihre Spendenaufrufe zur Finanzierung des Vorhabens fort. Es ist daher damit zu rechnen, daß die Organisation ein anderes geeignetes Objekt erwerben will und weiterhin versuchen wird, ihren Führungsanspruch innerhalb der islamischen Gemeinde in Europa durch den Bau eines solchen Zentrums zu bekräftigen. GroßveranstalDie IGMG führte am 14. Juni 1997 im Dortmunder Westfalenstaditung in Dortmund on eine als zentrales Friedensund Kulturfestival bezeichnete Veranstaltung mit über 30.000 Teilnehmern durch. Die Besucher waren aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland angereist. Zu den Gästen gehörte u. a. der damalige türkische Staatsminister und Beauftragte für die im Ausland lebenden Staatsbürger Cemil Tunc (Refah-Partei). Der Refah-Parteivorsitzende und seinerzeit noch amtierende türkische Ministerpräsident, Necmettin Erbakan, übermittelte ein Grußtelegramm. Die Redner äußerten sich in ihren Beiträgen zur Situation in der Türkei und der Lage der Refah-Partei und betonten, der Islam werde letztendlich siegen. Protest gegen Die Ausdehnung der Schulpflicht in der Türkei von fünf auf künftig acht Schließung Jahre unter der derzeitigen Regierung führt dazu, daß viele Koranreligiöser Schuschulen schließen müssen bzw. Einschränkungen erfahren. Dies len in der Türkei löste Protest, auch gerade bei den Anhängern der IGMG aus, die offenbar befürchtet, bei den Jugendlichen an Einfluß zu verlieren. Am 27. September 1997 veranstaltete daher ein "Solidaritätskomitee der europäischen Muslime" eine Protestkundgebung auf dem Roncalliplatz in Köln. Unter den rd. 6 . 0 0 0 Teilnehmern - die der RefahPartei nahestehende und auch der IGMG als Sprachrohr dienende Zeitschrift Milli Gazete wollte 2 0 . 0 0 0 gezählt haben - befanden sich Anhänger verschiedener türkischer Gruppierungen. Es gibt jedoch klare Hinweise, daß die Veranstaltung von der IGMG initiiert wurde. Kontakte zum Es gibt Hinweise, daß die IGMG Kontakte zum islamistischen Regime Sudan im Sudan unterhält. So wurde hier bekannt, daß der IGMG-Vorsitzende Ali Yüksel im Juni 1997 eine Informationsreise durch den Sudan 214 Ausländerextremismus und -terrorismus Tarih sizi affetmez! Die Zeitschrift "Milli Gazete" berichtet über den Protest gegen die Schließung religiöser Schulen durchgeführt hat, wobei er mit offiziellen Regierungsvertretern und dem Islamistenführer Hassan el Turabi zusammengetroffen sein soll. Mit dem Fernsehsender Kanal 7 verfügt die Refah-Partei seit 1995 Eigener über ein wichtiges Propagandainstrument. Der Sender kann auch in Fernsehsender Deutschland über Satellit empfangen werden. Die IGMG-Mitglieder sind zur finanziellen Unterstützung des Senders aufgerufen, damit das "Gedankengut von Milli Görus in aller Welt verbreitet" werden kann. Die IGMG verfolgt ihre Ziele nicht nur innerhalb ihrer eigenen OrgaEinflußnahme der nisation, sondern auch über ihren Einfluß bei den vorgenannten InIGMG auf Islamstitutionen. Das Zentralinstitut Islam-Archiv Deutschland e. V. (ZIAD) rat/Zentralinstitut mit Sitz in Soest, gegründet 1927 in Berlin, hat sich nach dem KrieIslam-Archiv ge den jüdisch-islamischen und christlich-islamischen Dialog zur AufDeutschland e. V. gabe gemacht. Der Leiter des ZIAD gründete 1986 den Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland. Im Mai 1990 trat die IGMG (seinerzeit noch AMGT) in den Trägerverein des ZIAD ein und wurde Mitglied des Islamrats. Bereits im Jahre 1991 war der damalige stellvertretende Generalsekretär der AMGT, Hasan Ozdogan, gleichzeitig stellvertretender Leiter des ZIAD. Der derzeitige IGMG-Vorsitzende Ali Yüksel hat auch den Vorsitz im Beirat des ZIAD inne. Seit Ende 1996 ist Hasan Ozdogan Vorsitzender des Islamrats. 215 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Als im Vorfeld einer Studie des renommierten Deutschen Orient-Insti tuts, Hamburg, die Aussage eines früheren Vorsitzenden des Islamrates bekanntwurde, die IGMG besitze seit Jahren großen Einfluß auf Islamrat und ZIAD, klagte das ZIAD auf Widerruf und Unterlassung dieser Aussage. Das Landgericht Berlin entschied am 0 9 . Oktober 1997, daß die Aussage aufgrund des zugrunde liegenden wahren Tatsachenkerns ein zulässiges Werturteil sei. Weltweiter IslamDer von der IGMG dominierte Islamrat, dem auch nichtextremistische kongreß kleinere Organisationen angehören, plante einen internationalen Islamkongreß im März 1998 in Bonn. Thema: "Der Islam und der Westen - Dialog und Verständigung". Hierzu hat sich der Islamrat, der sich als größter Spitzenverband der Muslime in Deutschland bezeichnet, schriftlich an prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gewandt und um Unterstützung nachgesucht. Die Aktivitäten stehen in direktem Bezug zu den Bestrebungen der IGMG, als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. Die Veranstaltung wurde wegen mangelnder Resonanz auf einen unbestimmten Termin verschoben. 4.1.3 Deutsche Türkische Föderation - Almanya Türk Federasyon (ATF) - sog. "Graue Wölfe" Sitz Griesheim bei Frankfurt/M. Vorsitzender Mehmet Erdogan Mitglieder 1997 1996 NRW 2.000 2.000 Bund 7.000 6.900 Publikation Türk Federasyon Bülteni Die ATF - früher Föderation der türkisch-demokratischen Idea listen vereine in Europa e.V. (ADUTDF) - vertritt die nationalistischen Positionen und politischen Ziele der türkischen Partei der nationalistischen Bewegung. Im Jahre 1997 sind keine Aktivitäten der ATF in NRW mehr bekannt geworden, die mit unserer demokratischen Verfassung nicht zu vereinbaren waren. Die ATF hat ihre Bemühungen fortgesetzt, die Anhängerschaft von Gewalt gegen den politischen Gegner abzuhalten. Sollte sich diese Tendenz weiter verfestigen, wird die ATF künftig im Verfassungsschutzbericht NRW nicht mehr aufgeführt werden. Das friedliche Zusammenleben der hier lebenden Türken kann 216 Ausländerextremismus und -terrorismus allerdings leicht gestört werden, wenn Konflikte zwischen der nationalistischen Organisation und ihren politischen Gegnern entstehen. 4.1.4 Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi (DHKP-C) Sitz Zentralkomitee Istanbul ffuropazentrale Köln (Informationszentrum für freie Völker) Vorsitzender Dursun Karatas Mitglieder 1997 1996 NRW 300 300 Bund 1.300 1.200 Publikationen Kurtulus (Befreiung) Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Internet Die DHKP-C ist im Internet vertreten Die in der Bundesrepublik Deutschland seit 1983 vom Bundesministerium des Innern verbotene Devrimci Sol hat sich nach der Abspaltung eines Oppositionsflügels 1994 in Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front umbenannt. Sie verwendet jedoch auch die Bezeichnungen Devrimci Halk Kurtulus Cephesi (DHKC), Devrimci Halk Gücleri (DHG/Revolutionäre Volkskräfte) sowie die Verbindung DHKGDHG. Die DHKP-C verfolgt das Ziel, das bestehende türkische Staatssystem durch einen bewaffneten Volkskrieg zu zerschlagen, um ein sozialistisches System zu errichten. Hierzu bedient sie sich in der Türkei terroristischer Methoden. Auch in Deutschland zeichnete sie 1 9 9 7 erneut für Gewaltaktionen gegen Anhänger des Oppositionsflügels verantwortlich. Durch diese Aktivitäten gefährdet die DHKP-C die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland. Wegen der gleichermaßen vorhandenen Gewaltbereitschaft unterliegt auch die wesentlich unbedeutendere Abspaltungsgruppe Türkische Volksbefreiungspartei/ - Front-Revolutionäre Linke (THKP/-C) der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden. 217 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Die DHKP-C finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen sowie regelmäßig durchgeführten Spendenkampagnen, bei denen die "Spenden" z. f durch Gewaltandrohung oder gar Gewaltanwendung erpreßt werden. Die europaweite Spendenkampagne 1997/1998 wurde am 1. Novertv ber eröffnet. Von den Mitgliedern wird eine Mindestspende in Höhe eines Monatseinkommens erwartet. Dies gilt auch für Sozialhilf e . empfänger und Arbeitslose. Bei der Spendenkampagne 1996/1997 konnte das Ziel allerdings bei weitem nicht erreicht werden. Cetelerin Devletinden Hesap Sormak icin Kurtulus Cephesini Destekle DHKP-C Das Flugblatt der DHKP-C ist ein Aufruf an alle anatolischen Gruppen, sich gegen das "faschistische Regime" (Türkei) zu stellen und mit der Guerilla zu kämpfen, Jeder wird aufgerufen. Als örtliche und regionale Basis der Parteiarbeit dienen der DHKP-C; formal selbständige Vereine, die unter Bezeichnungen wie "Volkskulturhaus" oder "Anatolisches Volkskulturhaus" angemeldet werden. In NRW gibt es solche Stützpunkte in Bielefeld, Dortmund, Duisburg, Hagen, Köln und Wuppertal. 218 Ausländerextremismus und -terrorismus Nach einem vorläufigen Höhepunkt im Mai 1996 eskalierten die Auseinandersetgewaltsam ausgetragenen Flügelkämpfe zwischen Anhängern der zungen zwischen pHKP-C und der THKPC in Deutschland erneut. Anlaß der gewaltsaAnhängern der m en Auseinandersetzungen war ein Angriff von DHKP-C-Aktivisten DHKP-C und der a uf einen Anhänger der THKPC im Mai 1997 in Köln. Es kam bunTHKPC desweit zu verschiedenen wechselseitigen gewaltsamen Reaktionen. Am 1 3. Juni und 2 2 . August 1 9 9 7 kam es in Frankfurt und am ] 2. Juli, 9. und 20. August 1997 in Hamburg zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der jeweiligen Flügel, wobei Schußwaffen und Totschläger eingesetzt wurden. Die Verletzungen v/aren z. T. lebensgefährlich. Die Opfer machten - soweit bekannt - qegenüber der Polizei keine Angaben zu den Tathintergründen. Die jüngsten Übergriffe unterstreichen die hohe Gewaltbereitschaft beider Lager. Weitere schwere Gewalttaten bis hin zur erneuten Liquidierung politischer Gegner sind nicht auszuschließen. Am 12. September 1997 nahm die Polizei in Hamburg einen Führungsfunktionär der DHKP-C und einen weiteren Aktivisten fest. Bei der Durchsuchung wurden ein Revolver, Handys, Spendenlisten sowie weitere schriftliche Unterlagen sichergestellt. Der Generalbundesanwalt ermittelt seit dem 1. Juni 1995 gegen DHKP-C-Aktivisten wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die DHKP-C weicht wegen des in Deutschland bestehenden OrganiGroßveranstalsationsverbots mit ihren Großveranstaltungen ins benachbarte Ausland tungen in den aus. Am 5. April 1997 führte sie in Hengelo/ Niederlande eine VerNiederlanden anstaltung mit ca. 4.000 Personen durch. Auf dieser wies ein Sprecher und in Belgien noch einmal auf das am 22. Dezember 1996 mit der PKK geschlossene Bündnis hin und erklärte, daß die Zeit der kurzfristig geplanten Anschläge auf türkische Einrichtungen vorbei sei. Die Ziele seien noch gleich; das Erreichen der Ziele sollte jedoch legal erfolgen. In dem Bündnis verpflichten sich die DHKP-C und PKK zum Aufbau einer "Revolutionären Front". Gemeinsames Ziel sei der Kampf gegen das türkische "Ausbeutungsund Unterdrückungsregime", um dem "türkischen und kurdischen Volk" die Freiheit zu bringen. Die Umsetzung dieses Bündnisses ist allerdings in Deutschland kaum auszumachen. Die für den 8. November 1997 geplante Großveranstaltung der DHKP-C in Iserlohn, angemeldet durch den Verein "Altena Alevi Kultur Dernegi", wurde von der Polizei am 3. November verboten. Die Veranstaltung sollte ersatzweise in einer früheren Gewerbehalle in Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Neukirchen-Vluyn stattfinden. Die Ersatzveranstaltung wurde vom Landrat Wesel am 8. November ebenfalls verboten. Die Veranstaltung wurde daher auf den 9. November 1 9 9 7 verschoben und in Genk/Belgien durchgeführt. Trotz der kurzfristigen Ortsund Terminverschiebung nahmen über 6 0 0 Personen teil, wobei die überwiegende Zahl aus Deutschland anreiste. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "UnsereToten sterben nicht". U.a. wurde ein Videofilm gezeigt, in dem die "Toten der Partei" vorgestellt und Ausschnitte von dem Hungerstreik in der Türkei gezeigt wurden. Nach den Zuschauerreaktionen konzentrierte sich das Interesse nicht auf das kulturelle Rahmenprogramm, sondern auf die politischen Inhalte. Insgesamt entstand der Eindruck, daß es sich bei den Teilnehmern um fanatische Hardliner handelte. DHKP-C legt Die DHKP-C verbreitet seit Mitte 1997 durch ihre Anhänger in DeutschEntwurf einer land den Entwurf einer "Volksverfassung" für die Türkei. Das Papier "Volksversoll laut Vorwort als Diskussionsgrundlage für das türkische Volk diefassung" vor nen und deutlich machen, welches politische System die DHKP-C anstrebt und welche Freiheiten in diesem System garantiert sind. Der Verfassungsentwurf beschreibt als Ziel nicht mehr eine kommunistische Gesellschaft unter Führung einer marxistisch-leninistischen Partei. Ziel der DHKP-C sei die Bildung einer "Demokratischen Republik" im Sinne eines unabhängigen, auf das Volk gestützten multiethnischen Staates, der "türkische, kurdische und andere Völker" einbeziehe. Erster Schritt nach der Machtübernahme sei die Freilassung der Inhaftierten. Im Gegenzug sollen alle politisch Verantwortlichen, deren Handeln sich gegen das Volk gerichtet habe, unverzüglich verhaftet und abgeurteilt werden. Brandanschlag Am 3 1 . März 1997 kamen in Krefeld bei einem Brand drei Mitglieals Propagandader einer türkischen Familie um. Bevor die Hintergründe geklärt wainstrument mißren, versuchten vornehmlich DHKP-C und PKK diese Tat für ihre Probraucht paganda auszunutzen, indem sie ein politisches und ausländerfeindliches Motiv unterstellten. Nachdem die Polizei den Familienvater als mutmaßlichen Tatverdächtigen festgenommen hatte, fielen die bereits angekündigten Demonstrationen aus. 220 Ausländerextremismus und -terrorismus Devrimci Halk Kurtulus Partisi - Cephesi Revolutionary Peoples Liberation Party - Front DHKP-C Political Program " Ntderttnft * tt.ili.ffl * Btui& " EOSliSE Online Books Uninterrupted Revolution by MAHR CAYÄN, Blueprint for a People's Constitution * Feedback appreciated! Our pissent task: we must enlarge 1h" opposition front 8$ MM Baron The name of the war against the people: the Contra-ouerrilla * Documentation Our Country Is Ripe For Revolution. Support the People's Councils! The position of the DHKP/C on the Kurdish question From the THKP-C to Devrimci Sol. to the DHKP-C Speech of the DHKP-C at the international seminar in Brussels. May 2-4.1936 Dossier on the 16fh and 17th of April 1392 massacres - Deuten Fascism can ont/ be beaten by revolution M. AH Baran DHKP-C im Internet 221 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 4.1.5 Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten Leninisten (TKP/ML) Gründung 1972 Leitung Zentralkomitee Leitung in Deutschland Auslandsbüro Mitglieder 1997 1996 NRW 600 600 Bund 2.000 2.000 Publikationen Mücadele (Kampf) DABK;Partizan Sesi (Die Stimme des Partisanen); DABK, Özgür Gelecek (Freie Zukunft), PartizanFlügel Die TKP/ML wurde 1972 durch Ibrahim Kaypakkaya gegründet. Sie vertritt die Lehren des Marxismus/Leninismus, ergänzt durch Ideen Mao Tse-tungs. Ziel der TKP/ML ist die Abschaffung des bestehenden türkischen Staatssystems und die Errichtung eines kommunistischen Systems mit maoistischer Prägung. Dieses Ziel soll durch eine bewaffnete Revolution erreicht werden, die der militärische Arm, die Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) erkämpfen soll. Anhänger der TIKKO befinden sich in der Osttürkei im bewaffneten Kampf mit türkischen Sicherheitskräften. Die Kämpfer, deren Zahl als gering einzuschätzen ist, agieren mit Duldung der PKK. Die in der Türkei verbotene TKP/ML arbeitet auch in Deutschland konspirativ. Die Aktivitäten der TKP/ML und der TIKKO werden durch Mitgliedsbeiträge und jährlich veranstaltete Spendenkampagnen finanziert. Die TKP/ML ist weiterhin gespalten in den Partizan-Flügel und das Ostanatolische Gebietskomitee (DABK). Auch für die bisher gemeinsamen Basisorganisationen ATIK und ATIF wurden inzwischen getrennte Strukturen geschaffen. Die Basisorganisationen des Partizan-Flügels haben sich unter den alten Bezeichnungen neu strukturiert: * Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) und * Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF). Das DABK hat im Jahr 1997 in Abgrenzung gegenüber dem Partizan-Flügel folgende Basisorganisationen gegründet: 222 Ausländerextremismus und -terrorismus * Konföderation für demokratische Rechte in Europa (ADHK) und Q Föderation für demokratische Rechte in Deutschland (ADHF). \/Vie alle konspirativ arbeitenden Kaderparteien verschleiert die TKP/ yy\L die Verbindung ihrer Basisorganisationen zur Partei, um sich qegen die Aufklärung durch europäische und türkische Sicherheitsbehörden zu schützen. Die den Amtsgerichten und Polizeibehörden vorgelegten Vereinsunterlagen der örtlichen Vereine enthalten daher bewußt keinerlei Hinweise auf die organisatorischen Verflechtungen. p e r Satzungszweck wird neutral formuliert. Tatsächlich dienen die Vereine der Verbreitung von Ideologie und Zielen der TKP/ML. Sie führen entsprechende Aktivitäten durch. Der Partizan-Flügel bietet ein stabiles Bild. Das derzeitige Auslandsbüro ist ebenso arbeitsfähig wie die untergeordneten Gebietsund Stadtkomitees. Innerhalb der Basisorganisationen ATIK und ATIF sind deutliche Bemühungen erkennbar, neue Verbindungen zu anderen linksextremistischen Gruppierungen anzuknüpfen und die Tätigkeit der Mitgliedsvereine effektiver zu kontrollieren. Das DABK ist vorwiegend mit internen Auseinandersetzungen und Machtkämpfen beschäftigt. So herrscht zwischen dem Auslandsbüro und der Parteibasis weiterhin eine Vertrauenskrise. Die Aktivitäten nach außen sind gering. Darüber hinaus bestehen finanzielle Probleme. Mitgliedsbeiträge und Spendengelder müssen zusätzlich durch Einnahmen aus Gedenkveranstaltungen aufgebessert werden, um den Bestand einzelner Vereine nicht zu gefährden. Zum Teil wurden Vereine auch schon geschlossen. Am 3. Mai 1997 führten das DABK in der Kölner Sporthalle und am 19. Juni 1997 der Partizan-Flügel in der Hessen-Halle in Gießen ihre jährlichen Gedenkveranstaltungen zu Ehren des Parteigründers ibrahim Kaypakkaya mit jeweils mehreren tausend Teilnehmern durch. Am 15. November 1997 fand in Duisburg eine Demonstration verschiedener deutscher und türkischer Linksextremisten, u.a. der TKP/ ML statt. Demonstriert wurde wegen der "polizeilichen Übergriffe gegen demokratische Vereine in Duisburg". Die Polizei hatte im Vorfeld einige Vereinsräumlichkeiten durchsucht und Propagandamaterial sichergestellt. 223 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 4.1.6 Marxistische Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) und Kommunistische Partei - Aufbauorganisation (KP-IO) Gründung 1994 Sitz Köln Mitglieder 1997 1996 NRW 250 250 Bund 700 700 Publikation Atilim (Angriff) Bei der MLKP handelt es sich um einen 1994 entstandenen Zusammenschluß der TKP/ML-Hareketi (Bewegung) und der Türkischen Kommunistischen Arbeiterbewegung (TKIH). Die den Marxismus-Leninismus vertretende MLKP strebt den revolutionären Umsturz des türkischen Staates und den Aufbau einer kommunistischen Gesellschaftsordnung an. Bereits im September 1995 kam es zu internen ideologischen Differenzen innerhalb der MLKP, die zur Abspaltung der Kommunistischen Partei-Aufbauorganisation (KP-IO) führten. Die MLKP bedient sich in Deutschland auch ihrer Basisorganisation Föderation der Arbeitsimmigranten in Deutschland (AGIF). Die AGIFZentrale befindet sich in Köln. Ortsvereine existieren u. a. in Bielefeld, Dortmund, Duisburg, Düren, Düsseldorf und Hagen. Ein Schwerpunkt der MLKP und anderer linksextremistischer türkischer Organisationen waren 1 9 9 7 viele zumeist kleinere Demonstrationen "gegen das Verschwindenlassen von politischen Gefangenen in der Türkei". Da diese regelmäßig samstags von türkischen Frauen durchgeführt wurden, prägte sich bald der Begriff der "Samstagsmütter". In Köln hat sich Ende 1996 ein neuer Verein "International Committee Against Disappearance Section Deutschland e.V." (ICAD) gegründet. Die Initiative ging von der MLKP aus, die auch den Vorstand - gemeinsam mit deutschen Linksextremisten - stellt. Die MLKP führte am 22. November 1997 in Köln eine Gedenkveranstaltung durch. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Die Gefallenen der Revolution sind unsere Ehre, die Partei ist unsere Hoffnung". An der Veranstaltung nahmen ca. 4 . 0 0 0 Personen aus 224 Ausländerextremismus und -terrorismus peutschland und dem benachbarten Ausland teil. Eine Vertreterin des |CAD referierte über die verschwundenen Häftlinge in der Türkei. 4.2 Kurden: Arbeiterpartei Kurdistans - Partya Karkaren Kurdistane (PKK) 5itz Damaskus/Syrien Europavertretung wenige weisungsberechtigte Funktionäre mit ständig wechselnden Aufenthaltsorten Generalsekretär Abdullah Öcalan (genannt APO) Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 2.000 ca. 1.900 Bund ca. 11.000 ca. 10.000 Publikationen Serxwebun (Unabhängigkeit) erscheint monatlich, Auflage 3 0 . 0 0 0 Ozgür Politika (Freie Politik); Tageszeitung, Auflage ca. 3 0 . 0 0 0 ZILAN, neue deutschsprachige Frauenzeitschrift, erscheint vierteljährlich; Erstausgabe September 1997 Agentur DEM-Nachrichtenagentur, Köln Verlag Mezopotamien Verlag & Vertrieb, Köln Druckerei H.A.M.-Druckerei, Düsseldorf Fernsehsender MED-TV London/Brüssel Seitdem 26. November 1993 ist der PKK und ihrer Nebenorganisation ERNK die Betätigung in Deutschland verboten. Trotz des seit Ende März 1996 erkennbaren deutlichen Kurswechsels der PKK hin zu friedlichem Verhalten stellte die PKK - wegen vereinzelter gewalttätiger Aktionen - nach wie vor eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Die PKK wurde im November 1978 in der Türkei gegründet. Eines der Gründungsmitglieder ist Abdullah Öcalan, der seitdem als Ge225 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 neralsekretär an der Spitze der Organisation steht. Sie ist eine straff organisierte und zentralistisch geführte Kaderorganisation, deren mar. xistisch-leninistische Programmatik im Laufe der letzten Jahre immer mehr durch das Propagieren nationalistischen Gedankenguts überlagert wurde. Hauptziel der Organisation ist aber nicht das Verfo|. gen einer Ideologie, sondern der Kampf für mehr Autonomie der kurdischen Bevölkerung. In Deutschland ist die PKK konspirativ und durch zahlreiche Nebenund Teilorganisationen tätig. Sie wird von Öcalan, der auch "Apo" (Onkel) genannt wird, von Damaskus ij Syrien aus in autoritärem Stil geleitet. Hintergrund/ Die Ursache des Kurdenkonfliktes ist die soziale, kulturelle und völPolitische Ziele kerrechtliche Situation der etwa 20 - 25 Millionen Kurden, die im wesentlichen in der Türkei, im Iran, im Irak und in Syrien leben. Die Kurden bilden das größte Volk ohne eigenen Staat. In der Bundesrepublik Deutschland leben etwa 6 0 0 . 0 0 0 Kurden. Unter den Kurdenorganisationen ist die PKK die bei weitem einfluß-1 reichste und anhängerstärkste. Programmatisches Ziel der Organisation war zunächst die Errichtung eines sozialistischen kurdischen Nationalstaates, der die Gebiete Südostanatoliens, den Nordirak, Teile des nordöstlichen Iran und Gebiete im Norden Syriens umfassen sollte, Eigenen Bekundungen zufolge hat sich die PKK heute vom Separa- i tismusgedanken abgewandt und setzt sich "nur noch" für die Gründung einer Föderation auf türkischem Territorium ein, in der die kurdische Identität gewahrt werde. Guerillakrieg in Die Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) führt als militärischer der Türkei Arm der PKK den bewaffneten Kampf in der Türkei und im Nord-Irak. Sie verfügt über ca. 8.000 - 10.000 professionelle Kämpfer. Öcalan hat die PKK zunächst mit terroristischen Aktionen und seit 15. August 1984 zusätzlich mit offenem Kampf zu einem Machtfaktor in Ostanatolien gemacht, dem das türkische Militär in weiten, insbesondere gebirgigen Gebieten - vor allem nachts - weichen mußte. Durch die Aktionen des türkischen Militärs, das 1997 in der Zeit ab 14. M a i , 20. September und 6. Dezember drei Großoffensiven gegen Stellungen der PKK im Nord-Irak führte, wurde das Aktionsfeld der PKK wesentlich eingeengt. Viele Jugendliche, darunter 1 3 - b i " 14jährige, die die PKK für den Kampf rekrutiert hatte, sind gefallen. Es gibt Hinweise, daß auch bei uns Jugendliche animiert wurden, sich zum Kriegseinsatz zur Verfügung zu stellen. 226 Ausländerextremismus und -terrorismus pie Nationale Befreiungsfront Kurdistans (Eniya Rizgariya NetewaStrategie in Kurdistan ERNK) wurde am 21. März 1985 als PropagandaorganisatiEuropa on der PKK gegründet. Sie hat die Aufgabe, die in Europa lebenden Kurden zu organisieren und für den Befreiungskampf zu engagieren. In Europa tritt die PKK nicht offiziell als Organisation in Erscheinung, sondern wird durch die ERNK aktiv, insbesondere durch Presseund Öffentlichkeitsarbeit sowie Propagandatätigkeit. Die ERNK unterhält j n verschiedenen anderen europäischen Ländern unter ihrem Namen firmierende Einrichtungen. pie oberste Funktionärsebene, das Europakomitee der ERNK, wird von den ERNK-Sprechem gebildet. Die Steuerung der Aktivitäten durch die Europa-Sprecher bzw. das Europakomitee (umbenannt in Europazentrale) erfolgte früher von Köln aus. Die weisungsberechtigten Funktionäre benutzen heute aber ständig wechselnde Aufenthaltsorte, wobei Brüssel bevorzugt wird. Es ist davon auszugehen, daß die Europavertretung nicht mehr über einen ständigen Sitz verfügt. Bis auf einige wenige Funktionäre unterliegtdie Führungsriege einem ständigen Funktionswechsel. In der Regel finden fast alle sechs Monate Rotationen statt, mit denen die Organisation ihre eigenen Bemühungen um mehr Effektivität selbst konterkariert. Die Funktionäre sind aufgefordert, ihre Aufgaben derart wahrzunehmen, daß sie den Bezug zur Basis nicht verlieren. Europa ist in 1 8 Regionen aufgeteilt, von denen zehn auf DeutschRegionalstruktur land entfallen. Allein Nordrhein-Westfalen besteht aus zwei Regiound Massennen sowie einem weiteren Gebiet, das zu einer dritten Region gehört. organisationen Die Regionen sind jeweils in Gebiete gegliedert, diese wiederum in Räume und Stadtteile. Jeder Organisationseinheit steht eine Leitung vor, die die Befehle der jeweils nächsthöheren Ebene nach unten umsetzt. Aus Gründen der Konspiration wechseln die Funktionäre - mindestens ab Gebietsleiter - täglich ihren Aufenthaltsort, benutzen Decknamen und sind nur unter Telefonanschlüssen, die auf unverdächtige Personen angemeldet sind, erreichbar. Der ERNK unterstellt sind sogenannte Massenorganisationen. Sie sollen der Partei über Einzelorganisationen für bestimmte Personenund Berufsgruppen - wie Frauen, Jugendliche, Lehrer usw. - gezielt weitere Mitglieder zuführen, ohne daß aus dem Organisationsnamen unmittelbar die Verbindung zur PKK hergeleitet werden kann. Folgende Organisationen sind hier bekannt: 227 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 * Freier Frauenverband Kurdistans (YAJK) * Union der Jugendlichen aus Kurdistan (YCK) * Verband der patriotischen Arbeiter aus Kurdistan (YKWK) * Verband der Student/Innen aus Kurdistan (YXK) IJ Union der Journalisten aus Kurdistan (YRK) * Union der kurdischen Eltern (YEKMAL) ^1 Union der Lehrer aus Kurdistan (YMK) a Union der Schriftsteller aus Kurdistan (YNK) J Union der kurdischen Juristen (YHK) J Union der Kinder aus Kurdistan (YZK) _l Union der Gläubigen aus Kurdistan (YDK). Finanzierung Um die enorm hohen Kosten, die für die militärische Auseinandersetder PKK zung mit der Türkei benötigt werden, decken zu können, sind entsprechende Einnahmen in Millionenhöhe erforderlich. Die Finanzierung erfolgt über Mitgliedsbeiträge, den Verkauf von Publikationen, Spendengelder, Abschöpfung von kriminellen Gewinnen und durch die Unterstützung von Drittländern (z. B. Syrien, Irak). Kurdisches Die Arbeit des "Kurdischen Exilparlaments" dient der Darstellung der Exilparlament Friedensstrategie der PKK. Die konstituierende Sitzung fand am 12. April 1995 in Den Haag statt. Seine 65 Mitglieder wurden von einer Delegiertenversammlung gewählt, deren Delegierte weit über die Hälfte der PKK zuzurechnen sind. Der Sitz des Parlamentes ist in Brüssel. Mit dem "Kurdischen Exilparlament" will die PKK eine legale Basis für ihre politischen Aktivitäten installieren. Die Partei will damit eine Institution schaffen, die von der politischen Öffentlichkeit aufgrund der scheinbaren demokratischen Legitimation als Verhandlungspartner für die Kurdenfrage akzeptiert werden soll. Es handelt sich jedoch bislang um eine von der PKK initiierte und gesteuerte Einrichtung, die den Vorstellungen der PKK und ihres Führers Abdullah Ocalan verpflichtet ist. Dies sehen auch die nicht extremistischen Vereinigungen von Kurden wie KOMKAR (Verband der Vereine aus Kurdistan) und NAVEND (Kurdisches Informationsund Dokumentationszentrum e.V. in Bonn), die sich deswegen nicht an der Wahl beteiligten. Letztere brandmarkten das Parlament in einer Veröffentlichung ("Kurdistan heute" vom April 1995) sogar ausdrücklich als undemokratisch. 228 Ausländerextremismus und -terrorismus hinweise, denen zufolge der Sitz des Exilparlamentes von Brüssel j n den nördlichen Irak verlegt werden sollte, haben sich 1997 nicht bestätigt. pie am 2 7 . März 1994 gegründete YEK-KOM mit Sitz in Bochum Föderation kurversteht sich als Interessenvertreterin der überwiegenden Anzahl der discher Vereine i n Deutschland lebenden ca. 6 0 0 . 0 0 0 Kurden. Sie unterstützt mit in Deutschland ihrem politisch-propagandistischen Wirken die extremistischen Ziele (YEK-KOM) der PKK. Anfang März 1997 fand der 4. Jahreskongreß der YEK-KOM in Portmund statt. Nach eigener Parstellung wollte YEK-KOM in der Zukunft ihre Arbeit verstärken. Anläßlich des Kongresses hatten auch Vertreter deutscher Organisationen Gelegenheit, ihre Auffassungen zur Aufhebung des PKK-Verbotes und zur Beziehung zwischen Deutschen und Kurden darzulegen. W i e auch in den Vorjahren rief YEKKOM anläßlich der beginnenden Urlaubssaison zum Boykott des Tourismus in der Türkei auf. Nach wie vor feststellbar war auch das Bemühen der Organisation, öffentliche Mittel zur Finanzierung ihrer zahlreichen Aktivitäten zu erhalten. Die propagandistische Tätigkeit von YEK-KOM fand 1997 ihren Höhepunkt in der Beteiligung an der Organisation einer Busfahrt durch die Bundesrepublik unter dem Motto "Dialog statt Verbot -Das 'PKK-Verbot' muß aufgehoPlakat der "Plattform der Organisationen aus Kurdistan" ben werden!" An der Vorbereitung der Aktion beteiligten sich neben YEK-KOM auch einige deutsche Organisationen. Planmäßig am 3. November startete die Bus229 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 fahrt in Berlin und endete am 26. November 1997, dem 4, Jahrestag des PKK-BetätigungsVerbots, in Hamburg. Anläßlich des Zwischenstopps in Schwerin am 2 0 . November wurde eine Petition zur Aufhebung des PKK-Verbots an Abgeordnete der Landtagsfraktion der PDS übergeben, die diese an die dort tagende Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder (IMK) weiterleitete. In Nordrhein-Westfalen machte der Bus in den Städten Düsseldorf (7.1 1.), Duisburg (8.1 1.), Köln (10.11.) und Bonn (10.1 1.) halt. Dem Düsseldorfer Landtag wurde über den Sicherheitsbeauftragten eine Resolution der YEK-KOM zur Auf! hebung des PKK-Verbots übergeben. Im übrigen beschränkte sich die Aktion in den genannten Städten auf Redeund Musikbeiträge. Die Sicherheitsbehörden in NRW hatten keinen Anlaß zu Beanstandungen. InsPlakat der YEK-KOM gesamtverlief die Bustour ohne besondere Zwischenfälle. Es bleibt festzustellen, daß das Echo auf die dreiwöchige Tour in PKKKreisen wie auch in der breiten Bevölkerung auf wenig Anklang gestoßen ist. Fürdie Beteiligten, insbesonderefürdiedeutschen Unterstützerkreise, die in der Hauptsache die propagandistischen Aktivitäten vor Ort durchführten, nahm die Aktion einen enttäuschenden Verlauf. MED-TV Der von der PKK gesteuerte Sender MED-TV, der über Satellit in Europa und im Nahen Osten zu empfangen ist, hat sein mittlerweile täglich 1 8stündiges Programm im Laufe des Jahres 1997 neu gegliedert und gestaltet. Kurdische Interessenverbände und Organisationen 230 Ausländerextremismus und -terrorismus sollten verstärkt Gelegenheit bekommen, sich darzustellen. In diesem Zusammenhang wurden alle kurdischen Vereine aufgefordert, ihre Aktivitäten und Pläne MED-TV mitzuteilen, um so aktiv an der Programmgestaltung mitwirken zu können. Unabhängig vom Adressatenkreis unterscheidet sich die Gestaltung des Programms nicht wesentlich von dem anderer Sender. Die kulturellen Beiträge überwieqen. Die politischen Sendungen haben keine Dominanz. Der Sender ermöglicht der PKK die schnelle und umfassende Verbreitung ihrer Propaganda. Über eine Homepage im Internet verbreitet MED-TV auch Informationen über den Sender, Sendezeiten und Proqramminhalte. Es gibt Hinweise, daß auch in Deutschland über soqenannte Produktionsgesellschaften Beiträge für den Sender produziert werden. Die der PKK nahestehende Tageszeitung Özgür Politika berichtete am 10. Juli 1997, daß die Türkei mit einer in der Nähe von Sinop errichteten Militärstation Sendungen von MED-TV mittels eines Störsignals unterbinden will. Neben dem Sender MED-TV sind die Print-Medien ein weiteres wichtiPropaganda für ges Propagandainstrument für die PKK und ihren Generalsekretär die PKK Abdullah Öcalan. In Deutschland wird insbesondere die Tageszeitung Özgür Politika von ihm zur Darstellung seiner Ziele und Aktivitäten genutzt. Außerdem werden in der Özgür Politika Hinweise zu kleineren Veranstaltungen und ganzseitige Aufrufe zur Teilnahme an Großveranstaltungen abgedruckt. Die Nachrichtenagentur DEM mit Sitz in Köln gibt eine eigene Publikation "DEM News Bulletin" in englischer Sprache heraus. Daneben sind noch die folgenden Zeitungen/Zeitschriften, in denen Propaganda für die PKK betrieben wird, von besonderer Bedeutung: * Serxwebun (Unabhängigkeit) * Jina Serbilind (Die stolze Frau) * Sterka Ciwan (Stern der Jugend). Das "Freie Frauenbüro Kurdistans" (FFK) mit Sitz in Köln hat im September 1997 eine neue deutschsprachige Zeitschrift "ZILAN" (Name einer kurdischen Freiheitskämpferin) herausgegeben, die vierteljährlich erscheinen soll. Die Zeitschrift wird von der PKK-Frontorganisation "Freier Frauenverband Kurdistans" (YAJK) vertrieben. (Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, daß die PKK, auch nur aus Frauen bestehende Kampfeinheiten im Einsatz hat.) 231 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 In ihrer ersten Ausgabe verherrlicht die Zeitschrift unter dem Leitthema "Drei Frauen! - Drei Aktionen! - Alle hatten das gleiche Ziel!" Selbstmordattentate von PKK-Kämpferinnen. Moderne Von der PKK werden zunehmend auch die elektronischen KommuniKommunikationskationsmedien für ihre Belange genutzt. techniken Neben dem Fernsehsender MED-TV und den Print-Medien bietet insbesondere das Internet den Vorzug einer schnellen, unbeobachteten und grenzüberschreitenden Kommunikation. Die PKK ist bisher mit keiner eigenen ihr direkt zuzurechnenden Homepage im Internet vertreten. Verfügbar sind u.a. Informationsangebote von: * MED-TV; Kurdish Satellite Television J Kurdistan Informationszentrum Köln * American Kurdish Information Network (AKIN). Verbot von Das Bundesministerium des Innern hatte mit Wirkung vom 26. NovemPKK-Nebenber 1993 das Verbot der "Berxwedan-Verlags-GmbH" und der "Kurorganisationen distan-Haber Ajansi-News Agency" (Kurd-Ha) als Teilorganisationen unanfechtbar der PKK sowie der "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FEYKA-Kurdistan) verfügt. Nachdem die Verfügungen unanfechtbar geworden sind, wurden sie im Bundesanzeiger vom 3 1 . Juli 1997 nochmals bekanntgemacht. Bedeutsame Aktivitäten der PKK und deren Unterstützerorganisationen Newroz 1997 Veranstaltungen der mit einem Betätigungsverbot belegten PKK anläßlich des kurdischen Neujahrsfestes am 2 1 . März 1997 wurden verboten, die Verbote wurden beachtet. Auch im Jahr 1 9 9 7 gab es jedoch wieder zahlreiche örtliche und regionale Kundgebungen, Fackelzüge etc. von Kurden zum Neujahrsfest (in Nordrhein-Westfalen allein mehr als 20). Soweit PKK-Anhänger versuchten, durch Fahnen usw. auf ihre Organisation hinzuweisen, beendeten sie diese Aktionen, sobald die Veranstalter dies anordneten. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren kam es zu keinen Ausschreitungen. "Marsch zur FreiEbenfalls ohne Zwischenfälle verlief vom 6. bis 20. März 1 9 9 7 ein heit Kurdistans" Marsch von Brüssel nach Straßburg, der unter dem Motto "Marsch 232 Ausländerextremismus und -terrorismus z ur Freiheit Kurdistans" von der Konföderation kurdischer Vereine in Europa (KON-KURD), der Union derjugendlichen aus Kurdistan (YCK) jnd dem Verband der Studentinnen aus Kurdistan (YXK) initiiert worden war. An diesem Marsch beteiligten sich auch zahlreiche Anhänger der PKK aus Deutschland. Am 2 0 . März 1997 wurde das Europaparlament in Straßburg als Ziel des Marsches erreicht. Im Veranstaltungsprogramm forderte KON-KURD u. a. die Aufhebung der Verbote kurdischer Organisationen in Deutschland, ein Ende der "Repressionen" gegen Einrichtungen und Wohnungen der in Europa lebenden Kurden, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Organisationsfreiheit für das kurdische Volk, Einflußnahme der europäischen Staaten auf die Türkei und die Aufnahme eines Dialogs. Unter dem Motto "Zeit für Frieden in Kurdistan" fand am 26. April Großdemon1997 in Düsseldorf eine Großdemonstration mit rund 4 5 . 0 0 0 Teilstration am nehmern aus Deutschland, der Schweiz, den Beneluxländern und aus 2 6 . April 1997 Frankreich statt. Die Teilnehmer zogen in zwei Marschsäulen zum in Düsseldorf Kundgebungsort im Düsseldorfer Rheinpark. Auf dem Weg dorthin wurden Fahnen und Symbole der PKK sowie Bilder des Generalvorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan (APO), gezeigt. Die vom Veranstalter eingesetzten Ordner erreichten durch energisches Einschreiten, daß die Symbole entfernt wurden. Die Kundgebung im Rheinpark bestand aus folkloristischen Darbietungen und politischen Beiträgen. Verschiedene Redner, u. a. auch der Vorsitzende des "Kurdischen Exilparlamentes", Yasar Kaya, ein Vertreter des "Appells von Hannover" und ein Mitglied der türkischen Demokratiepartei des Volkes (HADEP) forderten ein Ende des Blutvergießens in Kurdistan, die Einstellung wirtschaftlicher und militärischer Hilfen Deutschlands an die Türkei und die Aufhebung des Betätigungsverbotes gegenüber der PKK. Auch eine über Lautsprecher übertragene Rede - Tonbandaufzeichnung - von Abdullah Öcalan legte den Schwerpunkt auf die politische Lösung des Kurdistan-Konflikts. Öcalan wandte sich mit einem Appell an die deutsche Regierung und an das Gewissen der Deutschen, die Verfolgung der Kurden in ihrer Heimat zur Kenntnis zu nehmen. Er forderte die Einstellung der Waffenlieferungen an die Türkei und wies darauf hin, daß Deutschland durch eine entsprechende Politik dazu beitragen könne, daß die Kurden in ihre Heimat zurückkehren könnten. Er unterstrich weiterhin, daß die Kurden den Frieden wollten und der bewaffnete Kampf in der Türkei nur 233 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 die erzwungene Alternative zum Frieden sei. Öcalan forderte seine Landsleute zu Disziplin und zur Unterstützung seiner Politik auf. Während der gesamten Demonstration war das Bemühen der Veranstalter erkennbar, Versuche einzelner Teilnehmer, mit Fahnen, Postern und Spruchbändern für die PKK zu werben, bereits im Anfangsstadium zu unterbinden. Protestaktionen Die alljährliche Frühjahrsoffensive des türkischen Militärs begann am gegen die "Früh14. Mai 1997 mit dem Einmarsch in das kurdische Gebiet im Norcjjahrsoffensive" irak, in dem sich zahlreiche Stützpunkte der PKK befinden. W i e türdes türkischen kischen Medien zu entnehmen war, sollen sich bis zu 5 0 . 0 0 0 SoldaMilitärs im Nordten an der Offensive beteiligt haben. Den türkischen Truppen sollen Irak zudem auch Einheiten der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) des irakischen Kurdenführers Barzani zur Seite gestanden haben. Aus Protest gegen diese militärische Operation fanden europaweit friedliche Demonstrationen mit oftmals mehreren hundert Teilnehmern statt. Aus gleichem Grund wurde am 16. Juni TÜRK ORDUSUNUN 1997 vom PKK-nahen "Freien Frauenverband Kurdistans" (YAJK) anläßlich des Treffens der KÜRDiSTAN'I iSSGALINE Staatsund Regierungschefs in Amsterdam SESiZ KALMA x eine Veranstaltung organisiert, an der etwa 7.000 aus ganz Europa angereiste Personen teilnahmen. Nach einem Bericht in der "Özgür Politika" betonten die Teilnehmer ihre Solidarität mit dem Kampf der PKK und forderten die NATO, die U N O und die EU auf, Druck auf die türkische Regierung auszuüben, um eine friedche Lösung der Kurdenfrage zu erreichen. Zwischen dem 17. und 3 1 . Mai 1997 wurden in diesem Zusammenhang in Nordrhein-Westfalen in Bonn, Köln, Düsseldorf, Bielefeld, Münster und Essen 1 3 Demonstrationen, Standkundgebungen oder Mahnwachen verschiedener Veranstalter, an denen auch PKKAktivisten und Sympathisanten teilnahmen, Sei nicht Schweigsam gegenüber der Invasion durchgeführt. Die beiden weiteren Offensiven Südkurdistans durch das türkische Armee des türkischen Militärs ab dem 20. September und 6. Dezember 1997 riefen keine vergleichERNK baren Reaktionen hervor. (Nationale Befreiungsfronl Kurdistan) 234 Ausländerextremismus und -terrorismus Am 1 - J u n ' 1997 fand in einem Restaurant in Bonn eine Veranstaltung Hevkari-VeranAer Hevkari (Plattform der Organisationen aus Kurdistan in Deutschstaltung gestört land) mit ca. 6 0 Teilnehmern statt. Hevkari, die sich gegen den Alleinvertretungsanspruch der PKK in den kurdischen Siedlungsgebieten wendet, ist kein Beobachtungsobjekt der Behörden für Verfassungsschutz. An der Veranstaltung nahmen aber auch ca. 25 PKK-Sympathisanten fe|| p_jn Vertreter dieser Gruppe hielt eine Rede, in der er insbesondere die Demokratische Partei Kurdistans/Irak (KDP) und ihre anwesenden Vertreter angriff. Die Rede wurde immer wieder durch aus dem Publikum skandierte PKK-Parolen begleitet. Daraufhin entwickelte sich eine Schlägerei. Drei Personen wurden schwerverletzt, es entstand erheblicher Sachschaden. Die Initiative "Appell von Hannover" rief seit April 1997 dazu auf, Geplanter Friesich in der Zeit vom 2 6 . August bis 5. September 1997 am Friedensdenszug "Musa zug "Musa Anter" von Brüssel nach Diyarbakirzu beteiligen. Ziel der Anter" von Brüsim Frühjahr 1996 gegründeten Initiative "Appell von Hannover" ist sel nach Diyareine politische Lösung des Kurdistan-Konflikts zwischen der PKK und bakir der Türkei. Hierzu wurde im März 1996 ein Appell veröffentlicht, der u.a. dazu auffordert, die Verbote gegen kurdische Vereine und Organisationen in der Bundesrepublik zurückzunehmen. Nach den Vorstellungen der Organisatoren des Friedenszuges sollte der Zug am Abend des 25. August 1997 in Brüssel mit einer großen Kundgebung verabschiedet werden. An den Stationen Köln, Mainz, München, Wien, Budapest, Sofia und Istanbul waren Veranstaltungen, Pressekonferenzen und Friedensmanifestationen geplant sowie der Zustieg weiterer Teilnehmer. Zwischen Istanbul und Diyarbakir sollten an allen wichtigen Stationen Volksfeste stattfinden. Anläßlich des Weltfriedenstages am 1. September 1997 sollte der Zug in Diyarbakir ankommen und dort ein Friedensfestival stattfinden. Die Veranstalter rechneten trotz eines Reisepreises von ca. 1.200 bis 1.500 DM mit ca. 1.000 Teilnehmern. Unterstützt wurde der Friedenszug u.a. von YEK-KOM, der Initiative Wiener Appell "Friedenszug" und "Peace in Kurdistan". Die Deutsche Bahn A G stornierte den Sonderzug jedoch, nachdem das Bundesministerium des Innern den Bundesgrenzschutz im Hinblick darauf, daß es die Veranstaltung als von der PKK gesteuert bewertete, angewiesen hatte, nach Deutschland anreisende ausländische Staatsangehörige zurückzuweisen. Die Türkei hatte bereits vorher die Einfahrt des Zuges untersagt. 235 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Nach Vorstellung der Initiative "Appell von Hannover" sollte der Frie. denszug hauptsächlich von ausländischen Persönlichkeiten (Politikern Abgeordneten, Menschenrechtlern usw.) begleitet werden. Die Teil, nehmer sollten über 20 Jahre alt und Inhaber europäischer Pässe sein. Die Finanzierung sollte durch das Betreiben von Informationsständen und den Verkauf von T-Shirts unterstützt werden. In Nordrhein-West, falen wurden in Essen, Krefeld, Troisdorf und Neuss Anmeldungen bekannt. Propaganda für die PKK wurde nicht festgestellt. Aus diesem Grunde stieß die Absage der Deutschen Bahn A G mit der Begründung, die Organisation des "Friedenszuges" sei eine Betätigung für die PKK, bei deren Funktionären auf Unverständnis. Zwar wurde im Rahmen einer Sitzung der Europazentrale (ACM) im Februar/März 1 9 9 7 das Thema "Friedenszug" diskutiert, an der Organisation des Zuges waren jedoch neben dem "Appell von Hannover" und anderen Gruppierungen nur wenige Veranstalter mit PKK-Bezug beteiligt. Dem Vernehmen nach wird unter den PKK-Funktionären über die Gründe, die zur Kündigung des Vertrages führten, spekuliert. Da dabei fast immer von einem Schulterschluß deutscher und türkischer Regierungsstellen ausgegangen wurde, wurde ernsthaft diskutiert, ob den Deutschen an einem friedlichen Verhalten der Kurden in Deutschland überhaupt gelegen sei oder ob man gar bewußt radikales Verhalten provozieren wolle. Tatsächlich ist festzustellen, daß die Stimmung an der Basis aufgrund der "Blockierung des Friedenszuges" dazu geführt hat, daß die Hardliner wieder an Boden gewinnen konnten. Die Argumentationsschwierigkeiten der Vertreter der "neuen" Linie rühren allerdings nicht nur von den Ereignissen in Deutschland her. Die Kurden in Deutschland registrieren sehr sorgfältig die Ereignisse in der Türkei. Es wird daher auch mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, daß nach Meldung der Medien in Istanbul 3 0 . 0 0 0 Personen im Rahmen einer angemeldeten und nicht verbotenen Veranstaltung demonstrierten, obwohl der Anlaß der Veranstaltung, nämlich die Ankunft des "Friedenszuges", entfallen war. Kurdisches KulturAm 6. September 1997 fanden sich rund 7 0 . 0 0 0 Personen in Köln und Friedensim Müngersdorfer Stadion zum "Kurdischen Kulturund Friedensfefestival am stival" zusammen. Zur Teilnahme an der Veranstaltung wurde im 6. Sept. 1997 Vorfeld im gesamten Bundesgebiet sowie im benachbarten Ausland in Köln auch im Sympathisantenkreis der PKK aufgerufen. Vor der offiziellen Eröffnung des Festivals gegen 14.15 Uhr durch den Anmelder der Veranstaltung, seinerzeit Abgeordneter von Bündnis 9 0 / D i e Grünen 236 Ausländerextremismus und -terrorismus im Landtag Nordrhein-Westfa- | er)/ wurden rund um das StadiFISTIVALA CANDA KURDISTANE on folkloristische und kulturelle Ji bo Biranina Sehiden Hewler Darbietungen gezeigt. Theaterund vor allem Musikstücke wurden aufgeführt. Zudem war die Fachbildung eines "Kurdischen Dorfes", das zuvor im Düssel- 6 Elün 1997 dorfer Volksgarten aufgebaut war, zu sehen. Eine PodiumsdisMüngersdorfer Stadion / Köln kussion mit internationalen TeilSeat: lO.oo - 20.oo nehmern behandelte das Thema "Lösungsansätze in Kurdistan". Einziger kurdischer Teilnehmer auf dem Podium war Yasar Kaya, Vorsitzender des "Kurdischen Exilparlamentes". Im Stadion wurden bis gegen 16.30 Uhr zahlreiche Reden, u.a. auch von Kaya, gehalten. Die jeweils ca. 2 0 Minuten lanKoro u Okestra netewi * Koma Bcrxwedan * Sivan u Gulistan gen Reden wurden von musikaPerwer * Nasir u Merziye Rezzazi * Koma Ciya * Folklora lischen, sportlichen oder kultuNetewi * Pecandayinen Civanan Kurd * Ji Kurdistan, ji Tirkiye u rellen Darbietungen unterbrowelaten cihane hunermend u axaftvan * Mesaj u axaftinen Netewi. chen. Ab 16.35 Uhr war eine * Di 9 podyumen cuda de catakiyen civaki, netewi u candi yen fireh. ca. 20minütige Ansprache des PKKGeneralvorsitzenden Abdullah Öcalan zu hören. Er beKomiteya Amedekar richtete über das Verhältnis zur Veranstaltungsplakat Türkei und forderte sofortige Verhandlungen. Das Sterben müsse beendet werden. Lediglich zu Beginn der Rede, als von den Besuchern die Stimme Ocalans erkannt wurde, brandete Beifall auf. Die Rede wurde vom Publikum-nicht wie sonstmit "Biji Apo"-Rufen begleitet. O b die Einwirkungen der Veranstalter zu einem vorzeitigen Schluß der Rede geführt haben, war nicht eindeutig festzustellen. Nach deren Beendigung trugen ca. 6 0 Personen eine etwa 2 0 mal 4 0 m große Fahne mit ERNK-Symbol auf die Rasenfläche des Innenraumes. Bevor Ordnungskräfte des Veranstalters eingreifen konnten, wurde die Fahne wieder eingerollt. 237 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Von den Organisatoren bzw. den Veranstaltern wurden bei der Gg. staltung des Stadioninnenraumes weder PKKnoch ERNK-Symbole verwandt. Lediglich einige Besucher der Veranstaltung schwenkten zwischenzeitlich kleinere Fahnen mit den vorgenannten Symbolen, Sie wurden jedoch jeweils umgehend von Mitarbeitern des VeranstaJ. ters aufgefordert, dies zu unterlassen, was in aller Regel auch sofort befolgt wurde. Insgesamt verlief das Festival friedlich und in einer harmonischen Atmosphäre und ließ keine Hinweise für die im Vorfeld geäußerte Befürchtung erkennen, die Veranstaltung werde von der PKK dominiert. Friedenszug von Nach dem Verbot des Friedenszuges von Brüssel nach Diyarbakir im Berlin nach Bonn August/September 1 997 war auf Initiative der Internationalen Liga für Menschenrechte ein Friedenszug von Berlin nach Bonn am 1 Ol Dezember 1997 geplant. Dem Veranstalterkreis gehörten neben verschiedenen deutschen auch türkische/kurdische Gruppierungen, u. a. YEK-KOM und Kurdistan-Informationszentrum (KIZ) an. Nachdem die Letztgenannten den Unterstützerkreis verlassen hatten und eine Beteiligung des KIZ an der Pressekonferenz sowie auch ein Redebeitrag bei der Abschlußveranstaltung am 10. Dezember in Bonn nicht mehr vorgesehen war, konnte der Friedenszug stattfinden. Teilnehmer, die dem PKK-Sympathisantenkreis zuzurechnen sind, waren angewiesen, auf keinen Fall verbotene Symbole zu zeigen. Die Veranstaltung verlief störungsfrei. "Baris-AsitiAm 27. September 1997 fand auf Einladung verschiedener türkischer Friedensfestival" und kurdischer Organisationen das "Baris-Asiti-Friedensfestival" in der Kölner Sporthalle statt. Die Anmelder unterliegen nicht der Beobachtung durch die hiesige Verfassungsschutzbehörde und haben keinen Bezug zur PKK. Nachdem jedoch absehbar war, daß der Kartenverkauf sehr schleppend verlief, wurden zur Vermeidung eines finanziellen Desasters auch PKK-Anhänger um Teilnahme gebeten. Daraufhin wurde auch in PKK-Kreisen für diese Veranstaltung geworben. Nach hiesigen Erkenntnissen waren ca. 3.500 Personen anwesend. Während der Veranstaltung wurde eine Grußbotschaft von Öcalan verlesen. Verschiedene Redner forderten die Aufhebung des PKKVerbotes. Verschiedene kurdische Organisationen hatten Info-Stände aufgebaut, wo Bücher, Fahnen, Sticker usw. verkauft wurden. Kurzzeitig waren auch Fahnen der PKK bzw. ihrer Nebenorganisationen zu sehen. Ansonsten verlief die Veranstaltung störungsfrei 238 Ausländerextremismus und -terrorismus "Mehrere Durchsuchungen im Jahre 1997 im Zusammenhang mit Spenden Spendengelderpressungen während der vorjährigen Kampagne belegtem daß in der Bundesrepublik Deutschland lebende Kurden u. auch durch Androhung bzw. Ausübung von Gewalt zum Spenden für die Partei aufgefordert wurden. Neben Spendengeldquittungen wurde auch zahlreiches Propagandamaterial sowie Schußwaffen und Munition sichergestellt. In Köln wurden sechs mit Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Spendengelderpresser verhaftet, pie Spendenkampagne 1 9 9 7 / 9 8 , die am 15. Oktober 1997 beaann, hatte für den Bereich Nordrhein-Westfalen eine Vorgabe von insgesamt ca. 9 Mio. DM, so daß sie sich in etwa auf dem Level des Vorjahres bewegte. Die von Einzelpersonen zu spendenden Beträge richteten sich nach dem Einkommen und lagen zwischen 5 0 0 DM für Sozialhilfeempfänqer und mehreren tausend DM für Selbständige. Die "Zahlungspflichtigen" wurden nachhaltig, allerdings diesmal nur verbal, unter Hinweis auf die enormen Kosten, die der Krieg in Kurdistan verschlingt, zur Zahlung aufgefordert. Körperliche Repressalien gegenüber Zahlungsunwilligen waren nicht feststellbar. Öcalan selbst hat gegen Ende der Kampagne die Funktionäre nochmals eindringlich aufgefordert, für einen "beschwerdefreien" Ablauf Sorge zu tragen. Der Grund hierfür dürfte in der derzeit insgesamt entspannten Lage in der Bundesrepublik Deutschland zu finden sein, der politische Gewalttaten kontraproduktiv gegenüberstehen würden. Nach wie vor kann nicht festgestellt werden, daß die PKK in den DroSonstiges genhandel oder die Schleusertätigkeit eingebunden ist. Für hier bekannte Täter, die im Einzelfall durchaus auch dem Sympathisantenkreis kurdischer und türkischer Organisationen (damit auch der PKK) zuzurechnen sind, steht der persönliche Profit aus diesen kriminellen Handlungen im Vordergrund. Hinweise dafür, daß es sich um organisationsgesteuerte Geschäfte zur Vermehrung der Einnahmen handelt, liegen nicht vor. Allerdings darf angenommen werden, daß seitens der PKK eine Abschöpfung der Gewinne aus dem Bereich Schleusung und Drogenhandel erfolgt, indem eine "Spende" auf der Basis der vermuteten Gewinne erfolgt. Am 16. Juli 1997 stürzte in Lingen (Niedersachsen) ein Mann aus dem Obergeschoß eines Hauses auf das Straßenpflaster und blieb dort schwerverletzt liegen. Ungeklärt ist bis heute, ob das Opfer aus Angst 239 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 sprang oder von den Tätern oder einem Täter aus dem Fenster gestoßer, wurde. Die Täter ergriffen den Schwerverletzten und flüchteten mit ihm Die durch den Wohnungsinhaber alarmierte Polizei konnte das Fluchtfahrzeug mit Tätern und Opfer kurz vor der nordrhein-westfälischen Landesgrenze stoppen, den Entführten befreien und die Tatverdacht tigen verhaften. Obwohl davon auszugehen ist, daß die Täter dem PKK-Aktivistenkreis zuzurechnen sind, gibt es Anhaltspunkte, daß es sich nicht um eine organisationsgesteuerte Bestrafungsaktion har,. delte, sondern örtliche Interessen Anlaß für die Aktion waren. 4.3 Araber Im Bereich der sunnitischen Richtung des Islam haben sich aus der 1929 von Hassan Al Banna in Ägypten gegründeten multinationalen und weltweit vertretenen Muslimbruderschaft nationale islamistische Organisationen gebildet, soz. B. die Islamische Heilsfront (FIS) in Algerien, die En Nahda in Tunesien, die (staatstragende) Nationale Islamische Front (NIF) im Sudan und die palästinensische HAMAS. Demgegenüber orientiert sich die der schiitischen Richtung angehörende Hizb-Allah im Libanon an dem iranischen Staatskonzept. 4.3.1 Algerier: Islamische Heilsfront (FIS) Bewaffnete Islamische Gruppe (GIA)j Die Lage in Algerien war auch 1997 von zahllosen Gewalttaten geprägt, wobei es auch zu Massakern unter der Zivilbevölkerung gekommen ist. Bisher sollen bei dem Konflikt mehr als 6 0 . 0 0 0 Menschen umgekommen sein, genaue Zahlen gibt es nicht. Wiederholt wurde in den Medien berichtet, daß ganze Dorfgemeinschaften, voraj Greis bis zum Kleinkind, bei nächtlichen Attacken regelrecht abgeschlachtet worden sind. Die Regierung und radikale Islamisten bezichtigen sich wechselseitig, für diese Greueltaten verantwortlich zu sein. Insgesamt ist eine Zerfaserung im Bereich der Islamisten in Algerien festzustellen. Die Bandbreite reicht in der Frage der Gewaltanwendung vom Kampf gegen die Sicherheitskräfte (AIS/ FIS) über die "Zulässigkeit" von Anschlägen auf Zivilisten, die sich gegen die Islamisten stellen, bis hin zur wahllosen Gewalt gegen alles vermeintlich "Ungläubige" und "Abtrünnige", wie sie von der radikalsten Abspaltung, der GIA, praktiziert wird. 240 Ausländerextremismus und -terrorismus 4 3.1-1 Islamische Heilsfront - Front Islamique d u Salut (FIS) Mitglieder ca. 3 0 0 Bund Aktivisten ca. 5 0 Schwerpunkt in NRW Raum Köln/Aachen Die sunnitisch-extremistische FIS wurde im März 1989 nach der Liberalisierung des algerischen Einparteiensystems gegründet. Als sich e j n Wahlsieg für die FIS abzeichnete, wurden die Wahlen vom algerischen Regime annulliert und die FIS verboten. Ziel der FIS ist die Errichtung eines islamischen Staatswesens (zunächst) in Algerien. Die FIS propagiert den - auch gewaltsamen -Widerstand qegen die algerische Regierung, wozu sie sich ihres bewaffneten Arms, der "Arme Islamique du Salut" (AIS) bedient. Damit gehen von den in Deutschland lebenden FIS-Anhängern Bestrebungen aus, die durch Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange gefährden (SS 3 Abs. 1 Nr. 3 VSG NW). Der im Juli 1997 aus algerischer Haft freigelassene F IS-Mitbegründer AbbassiMadani (der weitere Mitbegründer Ali Belhadj befindet sich nach wie vor in Haft) hat seither wiederholt zur Beendigung der Welle der Gewalt in Algerien aufgerufen. In einem von seinem Vertrauten und Leiter der "Exekutivinstanz der FIS im Ausland", Rabah Kebir, unterzeichneten Kommunique vom 2 6 . 0 9 . 1 9 9 7 , das in der Zeitschrift "Al Ribat" veröffentlicht worden ist, werden die Mitglieder der FIS und AIS zum Waffenstillstand aufgefordert, selbst wenn es ein "einseitiger" bleiben sollte. Die AIS hat dem Aufruf offenbar Folge geleistet, nicht jedoch die übrigen bewaffneten Gruppen. Vor dem Verfolgungsdruck sind zahlreiche Anhänger der FIS ins Ausland, u.a. auch nach Deutschland, geflohen. Zu den in NRW lebenden Aktivisten zählen die Söhne von Abbassi Madani und Rabah Kebir, der als Asylberechtigter in NRW lebt. Auch bei den hier lebenden Anhängern der FIS sind, spiegelbildlich zu den Vorgängen in Algerien, Spaltungstendenzen zu erkennen. Innerhalb der FIS-Anhänger im Exil hat sich eine Spaltung zwischen der etablierten Führung (Exekutivinstanz im Ausland um Rabah Kebir) und sowohl neuen als auch alten Mitgliedern vollzogen, die der bisherigen Führung politische Schwäche und mangelhafte Organisa- Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 tion vorwerfen. Es handelt sich vorwiegend um Anhänger der Strömung der Jazaristen (= islamischer Staat beschränkt auf Algerien). Am 1 2. März 1997 unterzeichneten 4 0 FIS-Mitglieder und -Funktionäre eine Erklärung, in der die Absicht bekundet wird, ein neues Führungsgremium im Ausland als Alternative zur "Exekutivinstanz" zu bilden. Zu den Mitgliedern dieser neuen Gruppierung, die sich ebenfalls auf die FIS-Gründer Abassi Madani und Ali Belhadj beruft gehört auch ein im Raum Aachen lebender Sohn von Abbassi Madani. Zwei weitere Söhne des FIS-Mitbegründers sind im Juni 1997 vom Oberlandesgericht in Düsseldorf wegen ihrer illegalen Aktivitäten für die FIS, u. a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, zu Haftstrafen von mehr als zwei Jahren verurteilt worden. Der in Belgien lebende Sprecher dieser neuen Gruppe gab in einer am 8. Oktober 1997 in London veröffentlichten Presseerklärung die Gründung einer neuen Auslandsvertretung der FIS bekannt. Diese soll die Bezeichnung "Koordinationsrat der FIS im Ausland" C.C. FIS tragen. In dieser Presseerklärung wurde der "Exekutivinstanz" die Kompetenz abgesprochen und Kebir vorgeworfen, mit seiner Unterstützung der durch die AIS verkündeten Waffenruhe einen Akt der "politischen Feigheit" begangen zu haben. Weiter hieß es in der Erklärung, der "Koordinationsrat der FIS im Ausland" allein vertrete die ursprüngliche Linie der FIS. Offenbar setzt diese Gruppierung weiterhin auf eine gewaltsame Lösung des Konfliktes. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die C.C.FIS etablieren kann. Dies wird wesentlich davon abhängen, ob es der Führung der "Exekutivinstanz im Ausland" gelingen wird, die FIS-Anhänger von ihrem gemäßigteren Kurs, derauf einen Dialog mit der derzeitigen Regierung setzt, zu überzeugen. So forderte sie in einer an die im Dezember 1997 in Teheran tagende Konferenz der Könige und Staatschefs der islamischen Länder gerichteten Erklärung erneut zu einer globalen politischen Lösung auf, die zu einer nationalen Aussöhnung führen soll. Die Konferenzteilnehmer wurden aufgefordert, entsprechend auf die Regierung in Algier einzuwirken, die sich bisher ablehnend gezeigt hat. Die "Exekutivinstanz im Ausland" sieht sich bei diesen Richtungsstreitigkeiten innerhalb der FIS zusätzlich dem Problem gegenüber, daß ihr Leiter, Rabah Kebir, wegen seiner früheren radikalen Äußerungen seit 1994 mit einem politischen Betätigungsverbot belegt ist, die Sprecher aller anderen Gruppierungen sich dagegen nahezu ungehindert in den Medien äußern können. 242 Ausländerextremismus und -terrorismus nje hier lebenden FIS-Anhänger sind aufgrund der Ereignisse verunsichert und teilweise untereinander zerstritten. Sie verhalten sich insgesamt ruhig. Anzeichen für die Gefahr von Anschlägen gegen Ziele j n Deutschland gibt es derzeit nicht. 4.3.1-2 Bewaffnete Islamische Gruppe - Groupe Islamique Arme (GIA) Mitglieder Einzelmitglieder und -aktivisten in Deutschland Die GIA entstand als eine militante Abspaltung der FIS. Sie hat sich 1994 von der FIS losgesagt und agiert seither autonom. Die GIA wird in ihrem Wesen von den - nach eigener Auffassung - besonders strenggläubigen Salafisten bestimmt. Die Salafisten verfolgen die Errichtung eines weltweiten Gottesstaates - wobei als Nahziel das algerische Reqime beseitigt werden soll - mit terroristischen Mitteln. Einzig der Koran und das islamische Recht (Scharia) sollen in einem solchen künftigen Staatsgebilde für alle Lebensbereiche Gültigkeit haben. Mit Attentaten auf in Algerien lebende Ausländer und Terroranschläqen in Frankreich (ehem. Kolonialmacht) hat die GIA in den verganqenenjahren auf eine Isolation der algerischen Regierung abgezielt. Neben den erbitterten Auseinandersetzungen mit algerischen Sicherheitskräften und rivalisierenden Gruppierungen (u. a. FIS/AIS) schreckt die GIA aber auch vor Massakern an der Zivilbevölkerung nicht zurück. Sie lehnt jeglichen Dialog mit der Regierung ab und setzt ausschließlich auf Gewalt. Aus diesem Grunde sieht sich z. B. auch der in NRW lebende Leiter der "Exekutivinstanz der FIS im Ausland", Rabah Kebir, der sich für einen Dialog einsetzt, seit längerem von der GIA mit dem Tode bedroht. An der Spitze der GIA steht AntarZouabri, der 1996 zum Führer aufgerückt ist, nachdem sein Vorgänger Djamel Zitouni gewaltsam zu Tode gekommen war. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach Zitouni bei internen Machtkämpfen von eigenen Leuten umgebracht worden ist. Meldungen, wonach Zouabri bei einer Offensive der Sicherheitskräfte im Juli 1997 getötet worden sei, bestätigten sich nicht. Unter der Führung von Zouabri ist es auch nach Juli 1997 zu einer Vielzahl von Massakern an der Zivilbevölkerung Algeriens gekommen. Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 In einem in mehreren europäischen Hauptstädten zirkulierenden Mitteilungsblatt "Al Djamaa" rechtfertigte ein GIA-Funktionär im August 1997 ausdrücklich Morde an Unschuldigen, Frauen, Kindern und damit wahllose Gewalt gegen alles "Ungläubige" und "Abtrünnige". Mit Beginn des Fastenmonats Ramadan im Dezember 1997 hat die Gewalt in Algerien nochmals zugenommen und einen traurigen Höhepunkt erreicht. Die örtlichen Führer der GIA haben sich weitgehend verselbständigt und verfolgen ihre eigenen Interessen. Eine einheitliche politische Strategie ist nicht erkennbar. Die GIA verfügt in NRW über keine ausgeprägten Strukturen. Es sind bisher lediglich Einzelmitglieder bekannt geworden. 4.3.2 Palästinenser: Islamischer Bund Palästina (IBP) (Stellvertreter von HAMAS (Harakat Al-Muquawama Al-Islamiya - Islamische Widerstandsbewegung)) Mitglieder bundesweit ca. 2 0 0 Der IBP wurde 1982 von Angehörigen der Muslimbruderschaft (MB] gegründet und sieht sich als Stellvertreter der HAMAS im Bundesgebiet. Die sunnitisch-extremistische HAMAS hat sich aus dem palästinensischen Teil der MB entwickelt und wurde 1987, mit dem Beginn der Intifada (Palästinenseraufstand), öffentlich aktiv. Ziel der HAMAS ist die völlige Vernichtung Israels und die Errichtung eines islamistischen, palästinensischen Staates auf dem gesamten Gebiet "Palästina". Der Schwerpunkt der Organisation liegt in Westbank und Gaza, wo sie religiös, sozial und politisch aktiv ist. Sie bestreitet den Alleinvertretungsanspruch der von Arafat geführten PLO für die Palästinenser und kämpft mit terroristischen Mitteln gegen Israel. Der IBP veranstaltete vom 23. bis 25. Mai 1997 in Frankfurt/M. seinen 16. Jahreskongreß mit ca. 300 Teilnehmern, darunter Palästinenser, Tunesier, Ägypter, Sudanesen und Kurden. Die Veranstaltung wurde in den Räumen eines örtlichen Mitgliedsvereins der türkischen Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) durchgeführt. Es wurde gegen Israel polemisiert und u.a. in einem Flugblatt behauptet, daß es Bestrebungen von Seiten der Juden gäbe, die AL Aqsa Moschee in Jerusalem, ein bedeutendes Heiligtum der Muslime, zu zerstören, um an dieser Stelle den "dritten" jüdischen Tempel zu er244 Ausländerextremismus und -terrorismus r j C hten. In dem Flugblatt werden angebliche Beweise aufgeführt und der Haß gegen Juden geschürt. Am Rande der Veranstaltung hatte der in Aachen ansässige Verein Al AQSA e.V. einen Informationsstand aufgebaut und sammelte Spenden. Bereits 1996 lagen Hinweise vor, daß der Verein unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe für Palästina die Ziele der HAMAS indirekt aber wirksam unterstützt. [s]ach Bombenanschlägen von Selbstmordattentätern auf belebten Plätzen in Jerusalem am 30. Juli und 4 . August 1997 (22 Tote, zahlreiche Verletzte), für welche die HAMAS verantwortlich gemacht wird, bezeichnete ein hochrangiger israelischer Armeevertreter den Verein AL AQSA als eine der internationalen Organisationen, die der HAMAS angeblich Millionenbeträge verschafften. 4.3.3 Libanesen: Hizb-Allah (Partei Gottes) Mitglieder 1997 1996 Bund ca. 7 0 0 680 NRW ca. 3 0 0 300 Die schiitisch extremistische Hizb-Allah wurde 1982 im Libanon auf Initiative Irans gegründet und wird von dort, aber auch von Syrien, stark beeinflußt. Die Hizb-Allah strebt die Errichtung eines islamischen "Gottesstaates" nach iranischem Vorbild im Libanon an. Weiteres erklärtes Ziel ist die völlige Vernichtung Israels mit terroristischen Mitteln. Die Hizb-Allah zog viele vormalige AMALAnhänger auf ihre Seite; regionale Schwerpunkte sind die Bekaa-Ebene und Süd-Libanon. Die Hizb-Allah verfügt über mehrere tausend Kämpfer und stellt damit eine stete Bedrohung für den Norden Israels dar. Sie ist für zahllose Terroranschläge in dieser Region und in der von Israel beanspruchten Sicherheitszone im Süd-Libanon verantwortlich. Nach der israelischen Militäroperation "Früchte des Zorns" im April 1996 im Süd-Libanon hatten die Konfliktparteien einen Waffenstillstand vereinbart, dennoch gab es im Verlaufe des Jahres 1997 zahlreiche weitere Anschläge gegen israelische Ziele im Süd-Libanon mit Toten und Verletzten auf beiden Seiten. Offenbar ist bei einer solchen Aktion auch ein Sohn von Hasan Nasrallah, dem Generalsekretär der Hizb-Allah, getötet worden. Für ihn fanden im September und Oktober 1997 mehrere Trauerfeiern unter den hier lebenden Hizb-AllahAnhängem statt. 245 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Es gibt Hinweise, daß die seit 1996 erkennbaren Bestrebungen der Hizb-Allah, eine effizientere Organisationsstruktur in Deutschland zl schaffen, auch 1997 nicht abgeschlossen werden konnten. Interne Streitigkeiten und Rivalitäten trugen dazu bei. Das Islamische Zentrum Münster ist nach wie vor zentrale Anlaufstelle für Hizb-Allah-Aktivj. sten in Deutschland. Es steht in enger Verbindung zum iranisch g 6 . steuerten Islamischen Zentrum Hamburg. Regionale Schwerpunkte bestehen daneben in Bonn, Bocholt, Dortmund und Löhne. Demonstration Am 1. Februar 1997 fand in Berlin die jährliche Demonstrationsveranstalzum tung zum Jerusalem-Tag (Ghods-Tag) statt. Der Jerusalem-Tag wurde von Jerusalem-Tag Khomeini zum Zeichen der Solidarität mit dem Kampf der Palästinenser eingeführt. Unter den ca. 3.000 Demonstranten befanden sich neben Hizb-Allah-Anhängern auch Anhänger verschiedeneranderer islamischextremistischer Organisationen. Während der Veranstaltung wurden Sprechchöre mit Parolen wie "Kindermörder Israel","Tod Israel" und "Israel, dein Grab liegt im Süd-Libanon" skandiert. 4.4 Iraner Bedeutsame Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Geg. nern der iranischen Regierung fanden im Jahre 1 9 9 7 nicht statt. Jedoch wurden im Hinblick auf das Urteil im sogenannten MykonosProzeß die Propagandamaßnahmen der Gegner der iranischen Regierung verstärkt. 4.4.1 Anhänger der iranischen Regierung Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) Sitz Berlin Mitglieder NRW ca. 9 0 Bund ca. 2 0 0 Hauptziel der islamischen Revolution iranischer Prägung ist die Errichtung eines islamischen Gottesstaates mit der unauflöslichen Einheit von Staat und Religion unter dem Willen Gottes und seiner Vertreter auf Erden als unverzichtbare Grundlage der gemeinschaftlichen Grundordnung. Endziel ist die Islamisierung der ganzen Welt. Damit richten sich die Bestrebungen der in Deutschland lebenden Anhänger auch gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung 246 Ausländerextremismus und -terrorismus und erfüllen die Voraussetzungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1 d e s V S G N W für eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden. nie außerhalb des Heimatlandes lebenden Anhänger des Regimes Aex Islamischen Republik Iran sind in regionalen Vereinen des islamisch-extremistischen Dachverbandes U.I.S.A. organisiert und werben vom Iran finanziert. Die U.I.S.A. setzt sich als einzige überregionale iranische Organisation in Deutschland für die Ziele der islamischen Revolution ein. Zu ihren vordringlichsten Aufgaben gehört die Propagierung der Revolutionsideen Khomeinis, die Gewinnung neuer Anhänger sowie Ausspähung und Bekämpfung von Oppositionellen. Die U.I.S.A.-Mitglieder sind verpflichtet, "bis zum Tod den islamischen Glauben und die islamische Revolution zu verteidigen." Die öffentlichen Aktivitäten der U.I.S.A. beschränkten sich im wesentlichen auf die Teilnahme an Veranstaltungen des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH). Das IZH ist seit der Machtübernahme Khomeinis die ideologische Zentrale des Irans in Westeuropa für die Verbreitung des Islamismus iranischer Prägung. 4.4.2 Gegner der iranischen Regierung Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) Sitz Köln Mitglieder 1997 1996 NRW 320 300 Bund 900 850 Internet englischsprachige Homepage Die Organisation der Volksmodjahedin Iran (MEK) propagiert den Sturz MEK propagiert des iranischen Regimes und unterhält zu diesem Zweck im Irak als den Sturz des militärischen Arm die "Nationale Befreiungsarmee" (NLA). Damit iranischen werden Bestrebungen verfolgt, die durch Anwendung von Gewalt oder Regimes darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 3 Abs. 1 Nr. 3 VSG N W ) . Nachdem die MEK 1981 vom Mullah-Regime kaltgestellt worden war und mit Anschlägen agierte, floh ihr Chef, Massud Radjavi, im Sommer 1981 nach Paris. Im August 1993 wurde seine Frau, Maryam Radjavi, zur "Exilpräsidentin" gewählt. Die Bezeichnung "Volksmodjahedin" wird von der Organisation öffentlich nur noch selten verwandt. Um ihre Publ izität und wohl auch Akzeptanz von Belastungen derVergangen247 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 heitzu befreien, trittdie Organisation vorwiegend im Rahmen des von ihr majorisierten Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI) auf. Der NWRI ist ein Zusammenschluß von MEK und kleineren oppositionel. len Gruppen. Die wichtigsten sonstigen Organisationen sind: * Flüchtlingshilfe Iran * Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e. V. (VIDA) * Frauen für Demokratie im Iran e. V. Auch die in Deutschland agierende Organisation Iranische Moslem!sehe Studentenvereinigung e. V. (IMSV), die bis 1994 eigenständig die Interessen der MEK vertreten hatte, ist im NWRI integriert. Zur Durchsetzung seiner Ziele hat der NWRI auch 1 9 9 7 großangelegte Spendensammlungen organisiert. Von den Erlösen wird die NLA auf irakischem Territorium finanziert. Verstärkt sind Bemühungen erkennbar, junge Personen für die NLA zu gewinnen. Im Jahre 1997 wurde festgestellt, daß der NWRI und die von ihm gesteuerten Vereinigungen ihre Aktivitäten im Bundesgebiet verstärkt haben. Das vom Welcome to Iran-e-Azad NWRI mit großer Begeisterung aufgeHome Page of the nommene Urteil im sogenannten MykoSupporters of National Council of Resistance of Iran nos-Prozeß, in dem das Gericht die Morde an vier iranisch-kurdischen Oppositionellen am 17. September 1992 English Content "-o"^"""-""!"" im Berliner Lokal "Mykonos" als Auftragstat der iranischen Staatsführung Englischsprachige Homepage des Nationalen bezeichnete, hat den NWRI beflügelt, Widerstandsrats Iran (NWRI) seine Propagandabemühungen zu verstärken. Am 2 0 . Juni 1997 führte der NWRI in Oberhausen eine Großveranstaltung mit ca. 5 . 0 0 0 Teilnehmern durch. Aus Bagdad wurden Ansprachen von Massoud und Maryam Radjavi über eine Videogroßleinwand übertragen. Die Redner forderten den Sturz der iranischen Regierung und kritisierten zugleich die liberale Haltung der westlichen Regierungen gegenüber dem "Teheraner Mullah-Regime". 248 Ausländerextremismus und -terrorismus 4.5 Nordiren: Provisorische Irische Republikanische Armee - Provisional Irish-Republican Army (PIRA) 5it z Nordirland Qj e PIRA verfolgt in Nordirland und auf der britischen Hauptinsel mit Seit 1969 3 . 0 0 0 terroristischen Mitteln das Ziel der Errichtung eines vereinigten, freiTote durch Bürgeren und sozialistischen Irlands. Der mit kurzen Unterbrechungen seit krieg 1969 andauernde Bürgerkrieg in Nordirland forderte über 3 . 0 0 0 Menschenleben und begann mit den Bürgerrechtsmärschen der Katholiken. Mit der verstärkten Einbindung des politischen Arms der PIRA "Sinn Fein" in die Friedensgespräche haben auch die terroristischen Aktivitäten der PIRA in Großbritannien nachgelassen. Der letzte von der PIRA in Deutschland verübte Anschlag war im Juni 1996 auf eine britische Kaserne in Osnabrück. Im Jahre 1997 führten jedoch Splittergruppen der PIRA, die strikt gegen Verhandlungen mit der britischen Regierung sind, sowie der ebenfalls extremistischen Splittergruppe Loyalist Volunteer Force (LVF), die ihrerseits loyal zum britischen Königreich steht, gegenseitige Anschläge aus, denen mehrere Personen zum Opfer fielen. Ob die logistische Ausstattung dieser Gruppierungen für Anschläge auf dem europäischen Festland ausreicht, läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beurteilen. 4.6 Srilanker/Tamilen: Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) Gründung 1972 Sitz Deutsche Sektion Mönchengladbach Mitglieder 1997 1996 NRW ca. 2 2 0 ca. 2 0 0 Bund ca. 7 0 0 ca. 6 5 0 Publikation Tamil Eelam Saithikal (Tamil Eelam Nachrichten); erscheint unregelmäßig Internet englischsprachige Homepage 249 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Ziel der LTTE ist die Errichtung eines unabhängigen sozialistischen Tamilenstaates "Tamil Eelam" auf dem Nord-Ost-Territorium von Sri Lanka, das überwiegend von Tamilen bewohnt wird. Zur Durchset. zung ihrer Ziele führen die LTTE seit ca. 14 Jahren einen erbitterten Guerillakrieg gegen die singhalesisch getragene Zentralregierung ! Sie verübten auch eine Vielzahl von Terroranschlägen gegen srilan. ! kische und indische Ziele. Bestrebungen, Damit verfolgen die in Deutschland lebenden Anhänger der LTTE die auswärtige Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichBelange tete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepu. i gefährden blik Deutschland gefährden und erfüllen die Voraussetzungen nach I SS 3 Abs. 1 Nr. 3 VSG N W für eine Beobachtung durch die Verfas. sungsschutzbehörden. Die revolutionär-marxistische LTTE und die von ihr gesteuerten Orga. nisationen (z. B.Tamil Rehabilitation Organisation -TRO-) haben auch ' 1997 in Nordrhein-Westfalen verschiedene Veranstaltungen durchgeführt, auf die sie durch Einzelansprachen und Zeitungsveröffentlichungen aufmerksam machten. Führende Funktionäre versuchten hierbei den sog. Befreiungskampf gegen die singhalesisch getragene Zentralregierung aufgrund "der menschenunwürdigen Zustände" in Sri Lanka zu legitimieren. Mehrere in der Vergangenheit von der Regierung in Sri Lanka angebotenen Friedensgespräche zur Beendigung des Guerillakrieges und Amnestien wurden abgelehnt. Die Gewaltszenarien lassen sich an Härte und Brutalität kaum überbieten. Auch zivile Ziele (Bombenanschläge in Colombo) blieben nicht verschont. Ursache der Auseinandersetzungen sind die Minoritätenprobleme Sri Lankas, die sehr kompliziert sind, da sie historisch, ethnisch, sprachlich und religiös bedingt sind. Etwa 7 0 % der Bevölkerung sind buddhistische Singhaie sen und etwas über 20% sind hinduistische Tamilen. Die LTTE-Sektion Deutschland besteht aus konspirativen Zellen und setzte ihre Taktik der Abschottung nach außen fort. In Deutschland versuchten sie in der Vergangenheit, durch massive Spendengelderpressungen den Guerillakampf im Heimatstaat zu unterstützen. Gegen führende Mitglieder der LTTE wurde wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß SS 129 StGB u. a. Straftaten (Raub, Erpressung) von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf Klage beim Landgericht Düsseldorf erhoben. Das u.a. durch räuberische 250 Ausländerextremismus und -terrorismus Erpressung von in Deutschland lebenden Landsleuten in Millionenhöhe eingetriebene Kapital wird zur Beschaffung von Sprengstoff, Waffen und anderer Logistik für den sog. Befreiungskampf verwandt. c e it dem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf gehen die LTTESpendensammler vorsichtiger vor. Anstelle ideologischer Appelle versuchen die LTTE durch aufwendige Kulturveranstaltungen ihre Akzeptanz zu vergrößern, was sich wiederum in bereitwilligen SpenJen niederschlägt. Darüber hinaus erzielen die LTTE auch durch sog. Musikwettbewerbe Einnahmen. Ohne großes Aufsehen in der Öffentlichkeit gelingt es den LTTE, erhebliche Beträge aus Deutschland für Jen Kampf in Sri Lanka zu sammeln. Zur Plazierung von Funktionären in Deutschland, der Mitgliedergev/innung und wegen finanzieller Interessen werden tamilische Landsleute in die Bundesrepublik Deutschland geschleust. Mit Reisebüros in Colombo/Sri Lanka besteht eine enge Zusammenarbeit. Pro Person werden für eine Schleusung zwischen 10.000 und 15.000 DM bezahlt. Darüber hinaus dürften die geschleusten Personen zu nicht unerheblichen Spenden für die LTTE genötigt werden. 4.7 Sikhs: Babbar Khalsa International (BK) International Sikh Youth Federation (ISYF) Ziel der im nordindischen Bundesstaat Punjab terroristisch operierenGründung eines den Sikh-Organisationen ist die Gründung eines unabhängigen Staaunabhängigen tes Khalistan. Die in Deutschland bekanntesten Sikh-Gruppierungen Staates Khalistan BK und ISYF unterstützen die Ziele der terroristischen Sikh-Organisationen und verfolgen somit Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 3 Abs. 1 Nr. 3 VSG N W ) . Sie sehen ihre Hauptaufgabe darin, Geldsammelaktionen zur Finanzierung des bewaffneten Kampfes in Indien durchzuführen. Um flächendeckend agieren zu können, werden ISYF-Teilorganisationen gegründet. 251 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 5 Spionageabwehr Die Spionageabwehr mußte auch 1997 feststellen, daß die Hoffnungen, die sich mit dem Ende der starren Blockbildung 1989 verbunden hatten, nur zu einem Teil erfüllt wurden. Trotz aller politischen und wirtschaftlichen Probleme im Bereich des ehemaligen Ostblocks haben die neuen Staaten dort eigene Nachrichtendienste aufgebaut. Nach Einschätzung der Spionageabwehr sind einige dieser Nachrichtendienste bestrebt, im politischen, milja tärischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bereich geheime Informationen zu erlangen. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel und Methoden im Bereich der Wirtschaft bekommt einen kontinuierlich steigenden Stellenwert. Dabei geht es um Kenntnisse sowohl von Fertigungsund Vertriebsverfahren als auch um die Beschaffung von Werkstoffen und Vorprodukten zum Aufbau einer eigenen, modernen Wirtschaft. Hierbei scheuen die aufstrebenden, erst recht die neu entstandenen Staaten teilweise nicht davor zurück, auf konspirative Art und Weise und mit nachrichtendienstlichen Mitteln die für sie wichtigen Informationen und Produkte aus den hochentwickelten westlichen Ländern und damit auch aus der Bundesrepublik Deutschland zu beschaffen. Diese allgemeine Entwicklung läßt sich auch bei einigen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Asiens feststellen. Für die Aufklärung und Abwehr solcher Aktivitäten sind die Spionageabwehrbehörden dann zuständig, wenn es sich um staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Aufklärung von Wirtschaftsunternehmen und -betrieben handelt (Wirtschaftsspionage). Forschen sich dagegen konkurrierende Unternehmen untereinander aus, um sich zu übertreffen oder auszuschalten (Konkurrenzausspähung), ist eine Zuständigkeit der Spionageabwehrbehörden nicht gegeben. Neben * Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sind die Bereiche * Politik (Innen-, Außenund Sicherheitspolitik, gesellschaftliche Strukturen) sowie * Militär und Rüstung (Truppenstärke, Stationierung, Bewaffnung usw.) nach wie vor bevorzugte Ausspähungsobjekte fremder Nachrichtendienste. Spionageabwehr Um nachrichtendienstliches Material aufzubewahren oder zu verbringen, werden Agenten von ihrer Führungsstelle mit sog. Containern ausgerüstet. Dabei handelt es sich (wie bei der abgebildeten Taschenlampe) um unauffällige Gebrauchsgegenstände, die mit einem Versteck versehen und mit einem Verschlußsystem gesichert sind. Zunehmend werden aber auch modernste Kommunikationsmittel zur Übermittlung von verschlüsselten Nachrichten und zur Steuerung von Agenten eingesetzt. Per Internet, Telefax, Handy oder Kleinsttelekommunikationsempfänger (z.B. City-Ruf, Skyper, Scallj sind solche Nachrichten blitzschnell sowie fast problemund risikolos übermittelt/empfangen. Disketten mit geheimen Nachrichten sind per Knopfdruck hergestellt, übermittelt und gelöscht. Da Tatspuren nicht zurückbleiben, ist die Überführung von Agenten für die Spionageabwehr schwieriger geworden. & 253 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Auch im vergangenen Jahr stellten die Bemühungen der Spionage, abwehr der Verfassungsschutzbehörden, die Proliferationsaktivitäten der Krisenländer und deren Beschaffungsstrukturen aufzuklären, einen ganz wesentlichen Teil ihrer Arbeit dar. Unter Proliferation versteht man die Weitergabe von atomaren, biologischen und chemischen Waffen, der Mittel und des Know-hows zu deren Herstellung, von Raketentechnologie, sonstiger Kriegswaffen sowie Vorund Nebenprodukten an sogenannte Krisenländer. Zu diesen zählen Iran Irak, Libyen und Syrien, aber auch Länder wie Nordkorea, Pakistan und Indien. Soweit nur irgend möglich muß verhindert werden, daß diese Massenvernichtungswaffen in die Hände von Staaten gelangen die sie für kriegerische Auseinandersetzungen oder zur Herstellung oder Festigung ihrer Vormachtstellung einzusetzen bereit sein könnten. Jede verhinderte Proliferation dient daher der Stabilisierung i n den Krisenregionen der Welt. W i e schon in den vergangen Jahren läßt sich auch für den Zeitraum 1997 sagen, daß die Zahl der ausländischen Nachrichtendienste, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aktiv sind, nicht geringer geworden ist, sondern daß diese Dienste in unverminderter Intensität ihre Bestrebungen verfolgen. Dabei hat das besondere Augenmerk den Aktivitäten Rußlands und der anderen GUS-Staaten sowie dem Iran zu gelten. NachrichtenSeit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wird der ehemalige sodienste Rußlands wjetische Geheimdienst KGB in Rußland einer permanenten Reforund weiterer mierung und Umstrukturierung unterzogen und ist in verschiedenen GUS-Staaten Nachfolgebehörden aufgegangen. Die unterschiedlichen Dienste unterstehen direkt dem Präsidenten und haben sich im staatlichen und politischen Machtgefüge ihren alten Platz in der Hierarchie gesichert. Es handelt sich hierbei um folgende russische Dienste: U SWR (Zivile Auslandsaufklärung) * GRU (Militärische Auslandsaufklärung) * FSB (Abwehrund Sicherheitsdienst) * FAPSI (Funkelektronische Abwehr und Aufklärung) * SBP (Sicherheitsdienst des russischen Präsidenten) ü FPS (Föderaler Grenzdienst Rußlands). Eine strikte Trennung der Dienste nach Inund Auslandsaktivitäten läßt sich nur schwer ziehen, da bei Vorliegen "besonderer Umstände" das 254 Spionageabwehr Operationsgebiet auch auf andere Staaten ausgeweitet wird. Dabei läßt sich wohl feststellen, daß, nachdem durch die Aufteilung des KGB in verschiedene Behörden eine Konkurrenzsituation entstanden war, zwischenzeitlich eine Annäherung und gegenseitige Unterstützung stattzufinden scheint. Dazu trägt bei, daß sich nach wie vor das Personal und die Strukturen nur unwesentlich von denen des KGB unterscheiden. pie Bundesrepublik Deutschland nimmt als Aufklärungsziel für die russischen Dienste einen "Spitzenplatz" ein, wenn sie nicht gar als 2jel Nr. 1 angesehen werden muß. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Äußerung, die ein ehemaliger hoher KGB-Mitarbeiter vor einiger Zeit gemacht hat: "Die Durchführung einer Aufklärungstätigkeit ist in einer modernen und zivilisierten Welt durchaus kein Hindernis für die Aufrechterhaltung freundschaftlicher Beziehungen und auch Bündnisbeziehungen zwischen den Staaten"! Die Schwerpunkte der Tätigkeit der russischen Dienste liegen in der Bundesrepublik Deutschland überwiegend im Bereich Wissenschaft (Hochtechnologie), Militär und Politik. Dabei soll die Spionage im Bereich der Hochtechnologie Rußland helfen, den technologischen Abstand zu den führenden westlichen Staaten und deren technischem Know-how zu verringern. Im militärischen Bereich sind weiterhin bevorzugte Objekte der Ausspähung die Technik und Bewaffnung der Streitkräfte, aber auch deren Kommunikationssystem. Für die Ausspähung im politischen Bereich ist die Osterweiterung der NATO und die damit einhergehende neue Einschätzung der Sicherheitslage Rußlands von besonderem Interesse. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder konnten im vergangenen Jahr eine vermehrte Präsenz von Nachrichtendienstmitarbeitern feststellen, die an amtlichen und halbamtlichen russischen Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland abgetarnt eingesetzt sind. Außerdem konnte beobachtet werden, daß zahlreiche identifizierte, auch ehemalige, Nachrichtendienstoffiziere Einreiseanträge für die Bundesrepublik Deutschland stellten und zwar in einem größeren Umfang als in andere europäische Staaten. Bevorzugte Zielgruppen der übrigen GUS-Dienste sind Spätaussiedler aus Gebieten der ehemaligen Sowjetunion. Nachdem 1996 etwa 178.000 Deutschstämmige - die meisten aus den früheren Sowjetrepubliken - nach Deutschland gekommen waren, sind es in 1 9 9 7 255 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 131.895 Personen gewesen. Vornehmlich der kasachische Auslandsnachrichtendienst versucht, beruflich qualifizierte Spätaussiedler zu werben, die Informationen hauptsächlich bei Besuchsund Geschäftsreisen in ihre Heimat überbringen sollen. Das Ziel der Spionageabwehr ist darauf gerichtet, die betreffenden Personen zu befragen, um sie zu sensibilisieren und ihnen die Möglichkeit der etwaigen Offenbarung zu geben. Iranische NachEin Schwerpunkt der Arbeit iranischer Nachrichtendienste ist auch richtendienste 1997 die systematische Ausforschung der iranischen Oppositionsgruppen mit dem Ziel ihrer Neutralisierung durch ein Netz von Informanten gewesen, das durch Angehörige iranischer Nachrichtendienste gesteuert wird. Bisherige Vermutungen, daß Iran nicht vor staatsterroristischen Aktionen gegen iranische oppositionelle Gruppen zurückschreckt, wurden untermauert durch die Urteilsbegründung im sog. "Mykonos-Prozeß", in dem es um die Ermordung von vier iranisch-kurdischen Exilpolitikern im Berliner Lokal Mykonos ging. Das Berliner Kammergericht verurteilte im April 1997einen Iraner und drei Libanesen und führte in seiner Urteilsbegründung aus, daß die Beschlußfassung über Operationen, an deren Ende die Liquidierung von Regimegegnern im Ausland steht, in den Händen des geheimen und außerhalb der Verfassung stehenden "Komitees für Sonderangelegenheiten" liegt. Diesem Komitee gehören höchste Repräsentanten des iranischen Staates an. Ein Schwerpunkt der Arbeit der Spionageabwehr des Landes liegt in der Aufklärung der Proliferationsbemühungen des Iran. Iran betreibt ein Nuklear-Programm. Auch wenn ein A-Waffenprogramm bisher nicht nachgewiesen werden konnte, besteht der Verdacht, daß Iran ein kerntechnisches Potential aufbaut, dessen Infrastruktur er für ein militärisches Nuklearprogramm nutzen könnte. Große Anstrengungen unternimmt Iran zudem zum erfolgreichen Aufbau einer eigenständigen Raketenproduktion. Forschungen zu B- Waffen laufen, einfache GWaffen können hergestellt werden. Je höher die durch das deutsche Außenwirtschaftsrecht im Laufe der Jahre errichteten Handelsbarrieren gegenüber den sog. Krisenländern (u. a. Iran) wurden, desto mehr wurde die konspirative Beschaffung von sensitiven Gütern, in die die Nachrichtendienste oder nachrichtendienstähnliche staatliche Einrichtungen des Iran eingebunden sind, forciert. 256 Spionageabwehr pa ausfuhrbehinderte Produkte bei seriösen Händlern in westlichen Ländern kaum zu erhalten sind, werden selten komplette Produkte erworben, sondern Einzelkomponenten, die erst in Iran zusammengefügt werden. Überwiegend handelt es sich bei diesen Einzelkomponenten um sog. Dual-Use-Güter (Produkte, die sowohl eine zivile wie auch eine militärische Verwendung finden können, z. B. Pumpenfeile, Einzelteile für Werkzeugmaschinen, Verbindungskabel, Chemikalien usw.), die in verschiedenen westlichen Ländern eingekauft werden. Das Erkennen des Endverwendungszwecks ist schwierig und häufig nur durch Fachleute möglich, insbesondere dann, wenn die Lieferung über Drittstaaten wie z. B. Hongkong, Singapur und Dubai in den Iran erfolgt und der Endabnehmer verschleiert wird. In diese Beschaffungen mit eingebunden ist u. a. die "Defence Industries Organisation" (DIO), die ihr Kontaktbüro in Düsseldorf Ende März 1 9 9 7 auflöste. Gegen Verantwortliche des Kontaktbüros hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Ende 1996 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Da viele der DIO angegliederten Industrie-Unternehmen als militärische Beschaffungsstellen zwischenzeitlich erkannt sind, wurden seitens Iran eine Vielzahl von Warenbestellungen über Tarnfirmen (u. a. Universitäten) und Tarnbezeichnungen abgewickelt. Wegen der o. g. Verschleierungstaktiken sollte bei Einkäufen iranischer Unternehmen - in Zweifelsfällen - stets das Bundesausfuhramt eingeschaltet werden, damit eine evtl. Ausfuhrgenehmigungspflicht geprüft werden kann. Neben der Beschaffung von sensitiven Gütern ist Iran bemüht, an Knowhow aus allen Wissenschaftsbereichen zu gelangen. Es liegen Anhaltspunkte vor, daß Iran die in der Bundesrepublik aufhältlichen iranischen Studenten, Postgraduierten und Austauschwissenschaftler gezielt in die nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung einbindet. Für die Zukunft ist kaum zu erwarten, daß die iranischen nachrichtendienstlichen Aktivitäten kurzfristig drastisch zurückgefahren werden. Der am 20. August 1997 vom Iran. Parlament bestätigte neue Geheimdienst-Minister Ghorban Ali Dori Nadschafabadi soll bereits vor seiner Berufung verkündet haben: "Das Ministerium sollte 60 Millionen Angestellte haben. Wir sind die Augen und Ohren des Volkes und umgekehrt." 257 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 Sonstige nachrichtendienstliche A k t i v i t ä t e n Ostund SüdostNach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes haben die Staaeuropa ten Ostund Südosteuropas ihre Außenpolitik im Hinblick auf den erwünschten EUund NATO-Beitritt neu definiert. Auch die Nachrichtendienste dieser Staaten sind in den letzten Jahren zum Teil nach westlichen Vorbildern neu strukturiert worden oder haben sich, wie in den Nachfolgestaaten von Jugoslawien, neu rekrutiert. Obwohl die Spionagetätigkeiten dieser Staaten nachgelassen haben, gibt es in Einzelfällen erneut Hinweise auf nachrichtendienstliche Aktivitäten der polnischen und kroatischen Nachrichtendienste. A f r i k a , N a h e r u n d Ferner Osten Libyen Ein Hauptziel libyscher Nachrichtendienste ist die Beschaffung von Informationen über regimefeindlich eingestellte Libyer und deren Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, diese zu überwachen und deren Aktivitäten einzuschränken. Unter Berücksichtigung der sich verstärkenden innenpolitischen Schwierigkeiten Ghadaffis ist davon auszugehen, daß er den Druck auf hier lebende vermeintliche Gegner erhöhen wird. Im Bereich des libyschen Chemiewaffenprogramms setzt Libyen mit seinen Nachrichtendiensten seine Bemühungen zur Erstellung entsprechender Produktionsanlagen mittels deutscher Industriegüter fort. Bezeichnend sind hierbei konspirative Beschaffungsmethoden zum Erwerb proliferationsrelevanter Güter über offizielle Vertretungen, eigene Handelsgesellschaften oder Beteiligungsgesellschaften und verdeckte Geschäfte mit deutschen Firmen. Jüngstes Beispiel ist hier das abgeschlossene Verfahren der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach gegen zwei Manager der Firmen "CSS" (Semiconductor Equipment GmbH) und "IDS" (Indicator Datenverarbeitungsservice GmbH) wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz. Beide Manager hatten zwischen 1990 und 1 993 im Zusammenspiel mit einem libanesischen Staatsangehörigen, über dessen zwischengeschaltete Firmen in Belgien und Großbritannien (Isle of Man), für mehrere Millionen DM Schaltschrankanlagen, Prozeßleitsysteme, Bedien-und Instrumententafeln an libysche Firmen geliefert, bei denen es sich um Tarnfirmen der hinlänglich bekannten Mechanical Manufacturing Company (MMC) in Tripolis/Libyen, einer Beschaffungsorganisation des libyschen Verteidigungsministeriums, handelt. Diese Waren entsprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit in ihrer Gesamtzusammen258 J Spionageabwehr setzung der leittechnischen Anlage, die seinerzeit von der Fa. Imhau5e n-ChemieGmbH in der Meß-und Leitwarte der Giftgasproduktionsanlage in Rabta/Libyen installiert wurde. Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte beide Manager im Oktober 1997 zu mehrjährigen Haftstrafen. Quellenhinweise, Erkenntnisse aus behördlicher Tätigkeit und konkrete Irak Einzelfälle begründen den Verdacht der Einschleusung irakischer Agenten sowie die Befürchtung, daß hier lebende Personen irakischer Staatsangehörigkeit oder Herkunft durch Kontaktierung irakischer Stellen im Inund Ausland für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit verpflichtet wurden oder werden. Neben der Ausforschung oppositioneller Landsleute zeichnen sich Aktivitäten ab, die auf Beschaffung oder Angebot proliferationsrelevanter Güter oder entsprechenden Know-hows zielen. Die Beobachtung nachrichtendienstlich relevanter Kontakte zu mutSyrien, Libanon maßlichen oder erkannten syrischen ND-Offizieren in Deutschland ergab, daß die Ausforschung und Überwachung syrischer Oppositioneller im Vordergrund der nachrichtendienstlichen Bemühungen zu stehen scheint. Besonders erwähnenswert ist ein Urteil des OLG Koblenz vom 20. März 1997 im Falle eines deutschen Staatsbürgers libanesischer Herkunft, der seit mindestens 1 9 9 2 intensive nachrichtendienstliche Kontakte zur syrischen Botschaft in Bonn, insbesondere zu dort abgetarnten erkannten Offizieren des syrischen militärischen Nachrichtendienstes Mukhabarat Al Askarya sowie zu nachrichtendienstlich relevanten libanesischen Stellen unterhalten und ein eigenes Informantennetz aufgebaut und geführt hatte. Das Interesse des Verurteilten galt vor allem Oppositionsbewegungen, so auch dem deutschen Zweig einer von Frankreich aus agierenden Gruppe des ehemaligen libanesischen Staatspräsidenten Michel Aoun, dem in NRW ansässigen "Freiheitlich Libanesischen Freundeskreis" (FLF). Ein weiterer Fall aus Oktober 1997 belegt das offensichtliche Interesse syrischer und/oder libanesischer Nachrichtendienste an der Aoun-Gruppe. So erklärte ein inzwischen festgenommener und abgeschobener libanesischer Staatsbürger aus dem Erftkreis, er sei Angehöriger des syri259 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 sehen und libanesischen Geheimdienstes und beauftragt gewesen, in Deutschland lebende Mitglieder der Aoun-Gruppe abzuklären. Nordkorea Die Interessen der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik (KDVR) werden nach Auflösung der ehemaligen DDR von dem an der Botschaft der Volksrepublik China in Berlin eingerichteten "Büro für den Schutz der Interessen der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik" wahrgenommen. Die KDVR unterhält wie andere kommunistische Staaten eine Vielzahl von geheimen Nachrichtendiensten, die entweder der Staatsführung oder der Partei der Arbeiterklasse (PdAK) unterstellt sind. Besonders hervorzuheben sind in der KDVR der Zivile Nachrichtendienst, das Ministerium für Staatssicherheit (KBB) und der militärische Nachrichtenund Sicherheitsdienst (RB), die beide für die Auslandsaufklärung zuständig sind. Trotz der desolaten Wirtschaftslage und der unzureichenden Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung hält die nordkoreanische Führung an der militärischen Aufrüstung fest. Dabei arbeitet Nordkorea auf dem Gebiet der Entwicklung von Raketentechnologie z. T. intensiv mit Ländern wie Pakistan, Iran, Irak und Syrien zusammen, wobei auch proliferationsrelevante Produkte exportiert werden. Zusätzlich konnten im Einzelfall nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen hier lebende Südkoreaner festgestellt werden, die während ihres Studienaufenthaltes in NRW im Auftrag des nordkoreanischen Nachrichtendienstes mit dem Ziel der ideologischen Beeinflussung angeworben worden sind. China Die Aufklärungsaktivitäten der chinesischen Nachrichtendienste weisen schwerpunktmäßig auf die Kontrolle und Abschöpfung der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden chinesischen Intellektuellen, Studenten und Wissenschaftler hin, die sich hier in verschiedenen Vereinen organisiert haben, um die Demokratisierung in China voranzutreiben. Dabei werden die o. g. Organisationen von regimetreuen Chinesen unterwandert. Ein weiterer Schwerpunkt der Aufklärungsbemühungen der chinesischen Nachrichtendienste ist die konspirative Informationsund Güterbeschaffung in der Bundesrepublik Deutschland über chinesische Geschäftsreisende, Firmengründer (Jointventure), Praktikanten und Studenten. Hierbei ist es ein erklärtes Ziel der Volksrepublik China, 260 Spionageabwehr bis zum Jahr 2 0 0 0 Anschluß im Bereich der Hochtechnologie an die führenden westlichen Industriestaaten zu gewinnen. Die geheime und offene Beschaffung wird überwiegend über die in Jen Legalresidenturen eingebundenen Mitarbeiter der zivilen und militärischen Nachrichtendienste, wie z. B. dem Ministerium für Staatssicherheit (MSS) und der 2. Abteilung des Generalstabs der Volksbefreiungsarmee, gesteuert. Die Aufarbeitung der nachrichtendienstlichen Aktivitäten des ehemaNachrichtenligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ist weitestgehend abgedienstliche Tätigschlossen. keiten des eheEnttarnte inoffizielle Mitarbeiter der ehemaligen Hauptverwaltung maligen MfS Aufklärung (HVA), gegen die wegen Verjährung kein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit eingeleitet wird, stellen ein aktuelles Gefährdungspotential dar, weil ihre Identität mit hoher Wahrscheinlichkeit Nachfolgediensten des KGB bekannt sein dürfte. Weil in solchen Fällen hinreichende Ansatzpunkte für Kompromate (echte oder gefälschte Mittel, eine Person unter Druck zu setzen) gegeben sind, werden die Personen - nicht zuletzt zur Neutralisierung - von Mitarbeitern der Spionageabwehr kontaktiert. So hat u. a. ein im Rheinland lebender früherer Journalist seine Tätigkeit für die HVA eingestanden. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sind ebenfalls noch nicht beendet. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat 1997 in neun Hauptverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gem. SS 99 StGB entschieden. Sieben Anklagen liegen noch vor. Die Spionageabwehr des Landes Nordrhein-Westfalen berät in Hinweise und klärungsbedürftigen Angelegenheiten und ist für Hinweise dankbar, Beratung von die Anhaltspunkte für einen evtl. Spionageverdacht beinhalten. Bürgern Alle Bürgerinnen und Bürger können davon ausgehen, daß ihre Informationen und Anliegen absolut vertraulich behandelt werden. 261 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 6 Wirtschaftsund Geheimschutz Der in den Vorjahren eingeschlagene Weg der Sicherheitsberatung im Bereich der Wirtschaft wurde 1997 fortgeführt. Informationen über aktuelle Entwicklungen und Aktivitäten im Bereich der Spionage, des Rechts-, Linksund Ausländerextremismus sowie des Terrorismus wurden in gezielten Einzelberatungen bei insgesamt 4 4 Unternehmen in Nordrhein-Westfalen übermittelt. Die meisten dieser Unternehmen sind vom Bundesministerium für Wirtschaft oder dem Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in die sogenannte Geheimschutzbetreuung aufgenommen. Hauptansprechpartner für das Geheimund Wirtschaftsschutzreferat des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes in diesen Unternehmen sind die Sicherheitsbevollmächtigten der Wirtschaft. Sie tragen besondere Verantwortung dafür, daß öffentliche Aufträge, die aus staatlichen Interessen als Verschlußsachen geheimhaltungsbedürftig sind, unter strengen Sicherheitsvorkehrungen materieller wie personeller Art ausgeführt werden. Hinweise, Wahrnehmungen und Erkenntnisse, die den Verdacht einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit, einer Verratstätigkeit anderer Art oder von Sabotage begründen können, werden von den Sicherheitsbevollmächtigten aufgenommen. Sie verständigen unverzüglich die zuständige Landesbehörde für Verfassungsschutz und schaffen so eine erste Voraussetzung für eine mögliche Aufklärung derartiger Verdachtsfälle. Sensibilisierung Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, ist eine Sensibilisieder Unternehmen rung der Unternehmen in Form von Einzelberatungen gegenüber durch Beratung Ausspähungsund Proliferationsversuchen fremder Nachrichtendienste hilfreich. Die spezifischen Vorgehensweisen der Nachrichtendienste werden, soweit bekannt, vorgestellt, wobei die Schwerpunkte der Aktivitäten dieser Nachrichtendienste, beispielsweise die High-TechIndustrie oder die Dual-Use-Güter produzierenden Betriebe, erörtert werden. Über Vortragsveranstaltungen konnte zudem ein großer Kreis von Sicherheitsbevollmächtigten in der Wirtschaft erreicht und über aktuelle Themen, u. a. die Scientology-Organisation und ihre Aktivitäten, informiert werden. 262 Wirtschaftsund Geheimschutz ^uf großes Echo stieß bei Beschäftigten des Ausund FortbildungsMessestand auf bereichs sowie bei Vertretern der Bildungseinrichtungen der Wirtschaft der "didacta" Jer gemeinsame Messestand des Bundesamts für Verfassungsschutz 1997 und der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums NordrheinWestfalen anläßlich der "didacta" 1997 in Düsseldorf. In derZeitvom 17. bis 2 1 . Februar 1997 standen Mitarbeiter des Wirtschaftsschutzreferats für Informationen und Diskussionen unter anderem zu den hauptsächlich interessierenden Bereichen Spionage, Scientology und Terrorismus zur Verfügung. 263 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 7 Scientology-Organisation (SC) Gründung Land 1980 in Düsseldorf* Bund 1970 in München* Sitz Land Düsseldorf Scientology-Kirche und Celebrity-Center e.V. * Bund München Scientology-Kirche und Deutschland e.V.* Mitglieder Land 400 Bund deutlich unter 1 0 . 0 0 0 Publikationen Kompetenz (Verbreitung in N W ) ; Freiheit (bundesweite Verbreitung); Impact (internationale Verbreitung) Internet breites mehrsprachiges Angebot *es handelt sich jeweils um rechtlich selbständige, in eine internationale Struktur eingebundene Organisationen, die über das kontinentale Verbindungsbüro in Kopenhagen bzw. vom Managementzentrum in Los Angeles gesteuert werden. ScientologyEine Mit Beschluß vom 5 . / 6 . Juni 1997 hat die Konferenz der InnenminiAufgabe für den ster und -Senatoren der Länder festgestellt, daß die gesetzlichen VorVerfassungsschutz aussetzungen für eine Beobachtung der Scientology-Organisation durch den Verfassungsschutz gegeben sind, da bei ihr tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen. Schleswig-Holstein hat erklärt, daß für eine Beobachtung der Scientology-Organisation durch die dortige Landesbehörde für Verfassungsschutz zuvor eine Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes erforderlich sei. Die Innenministerkonferenz stützt ihre Entscheidung auf den Bericht einer Arbeitsgruppe aus Vertretern der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, die gemäß Beschlußlage vom 22. Dezember 1996 die zur Scientology-Organisation vorliegenden Materialien und Erkenntnisse systematisch geprüft und ausgewertet hat. Die Arbeitsgruppe unter Vorsitz der Verfassungsschutzbehörde Nordrhein264 Scientology-Organisation (SC) Westfalen hat in dem mehr als 2 0 0 Seiten umfassenden Bericht vom 6, Mai 1997 Anhaltspunkte für die Unvereinbarkeit sowohl der Proqrammatik als auch der Aktivitäten der Scientology-Organisation mit Jen Vorstellungen einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung jm Sinne der Verfassung im einzelnen nachgewiesen. Seit dem Zeitpunkt der Entscheidung der Innenministerkonferenz beobachten die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder die Scientology-Organisation. Über die regelmäßige Berichterstattung durch die Verfassungsschutzberichte hinaus werden sie bis zur Herbstsitzung 1998 der Innenministerkonferenz einen Zwischenbericht über erste Beobachtungsergebnisse vorlegen. Mit Scientology wird eine Organisation beobachtet, die sich selbst Was ist als eine "Erlösungsreligion" in der "Tradition ostasiatischer ReligioScientology? nen, insbesondere des Buddhismus" bezeichnet, die den Menschen den Zustand vollständiger geistiger Freiheit von dem endlosen Kreislauf von Geburt und Tod vermitteln und ihn von seinen Banden im physischen Universum befreien will. Nach den Lehren ihres "Religionsstifters", des amerikanischen Science-Fiction-Schriftstellers Lafayette Ron Hubbard (1911 bis 1986), ist die Welt zum Untergang verurteilt. Scientology zeige den einzig möglichen Weg zur Errettung auf, der auf der von Hubbard entwickelten Methode basiert, mit der sich der Benutzer selbst von jedweder psychischen und physischen Belastung befreien könne. Mit dem 1950 erschienenen Buch "Dianetik, die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit" will Hubbard eine wirksame Technologie für den Verstand und in der Folge eine praktikable religiöse Philosophie entwickelt haben, durch die nicht nur ungenutztes geistiges Potential und wahre Fähigkeiten freigesetzt werden können, sondern darüber hinaus auch schwierigste Probleme des menschlichen Lebens und Zusammenlebens bis hin zu solchen medizinischer Art gelöst werden sollen. Ziel ist der perfekte Mensch, der sogenannte "clear", d.h. "jemand, der als Ergebnis der 265 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 dianetischen Therapie weder aktiv noch potentiell psychosomatische Krankheiten oder Aberrationen hat". Diese Abweichungen von der Rationalität gehen nach Hubbard auf "Engramme" (d.h. schmerzhafte Eindrücke und Verletzungen im "mind") zurück, die mit Hilfe des "Auditings" bewußt gemacht und gelöscht werden. Dabei hilft der Auditor (einer, der zuhört; dianetischer Therapeut) dem "Preclear" (einer, der noch nicht "clear" ist) durch Fragen, in die Vergangenheit zurückzugehen, die dort entstandenen "Engramme" zu entdecken und aufzuarbeiten. Als Hilfsmittel wird das sog. "E-Meter", ein Instrument zur Messung des Hautwiderstandes, genutzt. Mensch oder Auf der Grundlage der Dianetik entwickelte Hubbard unter EinbezieThetan hung von Elementen fernöstlicher Religionen und der Science-FictionWeltdie Scientology (1 954). Nach dieser Lehre ist "wirkliches Ich" des Menschen der "Thetan", ein Geistwesen, das im Idealzustand unbegrenzte Fähigkeiten besitzt und nicht an "Materie, Energie, Raum und Zeit" gebunden ist. Der Thetan wohnt in einem menschlichen Körper, den er über den "mind" regiert. Er kann sich vom Körper lösen und ihn von außen dirigieren. Angestrebt wird der sog. "Operierende Thetan" (OT), d.h., ein "clear", der den Punkt erreicht hat, an dem er "völlig Ursache über Materie, Energie, Raum, Zeit und Denken und nicht mehr an den Körper gebunden ist". Durch Anwendung von Dianetik und Scientology soll nicht nur der einzelne Mensch, sondern auch der gesamte Planet ("clear planet") von negativen Einflüssen und Zwängen befreit werden. Hauptverantwortlich für die zu beseitigenden negativen Erscheinungen ist nach Hubbard Xenu, der Herrscher einer galaktischen Konfäderation, die aus 21 Sonnen und 76 Planeten bestand und der bereits vor 75 Millionen Jahren versuchte, alle Wesen seiner Einflußsphäre unter seine Kontrolle zu bringen. MitGewalt, Drogen, elektrischen und elektronischen Mitteln habe er allen Wesen seine Wünsche eingepflanzt und - um dem Problem der Überbevölkerung seiner Einflußsphäre zu begegnen - Menschen in Massen mit Drogen behandelt, getötet und als Thetane zur Erde gebracht, in zwei Vulkane (auf Las Palmas und auf Hawaii) eingesperrt und zwei Wasserstoffbomben darin zur Explosion gebracht. Xenu selbst sei für sein Vorgehen bestraft worden, indem er von gutmeinenden Thetanen seines Umfeldes festgenommen und in eine elektrisch geladene Kiste gesperrt worden sei, die in einem Berg im Westen des nordamerikanischen Kontinents versteckt sei. Er selbst befinde sich dort noch heute, während seine 266 Scientology-Organisation (SC) Getreuen nach wie vor aktiv seien (Minhoff/Müller, Scientology - Irrgarten der Illusionen, 2. Auflage, München 1 9 9 4 , S. 43 f.). p e n Weg zur Befreiung der Menschen bietet Scientology in Form der "Brücke zur völligen Freiheit", die von einem einführenden Persönlichkeitstest über ein Reinigungsprogramm, niedrige Befreiungsstufen, Kommunikationskurse, Lehrgänge zum dianetischen Zwischenziel "clear" und Solo-Auditing-Kurse bis hinauf zum eigentlichen Ziel, den "operating thetan"-Programmen reicht. Dieser Weg ist für ein Mitglied bei Scientology lang, zeitaufwendig und teuer. Für denjenigen, der a |s Mitarbeiter einer Scientology-Organisation aktiv werden will, bedeutet es zudem die Bereitschaft, einen Arbeitsvertrag - unter Umständen bis zu 5 Millionen Jahren - abzuschließen. In den USA wurde 1954, in Deutschland 1 9 7 0 die erste "Kirche" für OrganisationsAnhänger der Scientology, die Church of Scientology, in München form gegründet. In Nordrhein-Westfalen sind zur Zeit folgende Vereinigungen der Scientology-Organisation als Idealvereine gemäß SS 21 BGB in den Vereinsregistern der Amtsgerichte eingetragen: * "Scientology-Mission Gelsenkirchen e.V." mit Sitz in Gelsenkirchen, eingetragen im Vereinsregister des Amtsgerichts Gelsenkirchen am 14. November 1978; Aktivitäten dieses Vereins sind seit 1985 nicht mehr feststellbar. * "Celebrity Center Rheinland Scientology-Kirche e.V." mit Sitz in Düsseldorf, eingetragen im Vereinsregister des Amtsgerichtes Düsseldorf seit dem 6. April 1992. Dieser Verein wurde Anfang der 80er Jahre ursprünglich unter dem Namen "Scientology Köln, Mission der Scientology-Kirche e.V." mit Sitz in Köln gegründet und war bis zu seiner Sitzverlegung nach Düsseldorf im Jahre 1992 im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln eingetragen. * "Scientology-Mission Nordrhein-Westfalen e.V." mit Sitz in Bonn, eingetragen im Vereinsregister des Amtsgerichts Bonn am 26. November 1982, zunächst unter dem Namen "Neue Welt Scientology-College Bonn e.V.", dann geändert in "ScientologyMission Bonn e.V.". Nach außen erkennbare Aktivitäten dieses Vereins sind bis heute nicht feststellbar. Am 22. Dezember 1980 wurde in Düsseldorf der Verein "Scientology-Center Düsseldorf, Mission der Scientology-Kirche" gegründet. Die beantragte Eintragung im Vereinsregister des Amtsgerichts Düsseldorf 267 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1997 wurde nicht erreicht, weil das Amtsgericht die Eintragung durch Beschluß vom 2 2 . M a i 1981 mit der Begründung ablehnte, daß der Zweck dieses Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei. Die dagegen eingelegten Beschwerden wurden durch Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 1 9 8 2 und durch Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. August 1983 zurückgewiesen. Ein 1991 mit Sitz in Münster gegründeter Verein unter dem Namen "ScientologyMünster-Mission derScientology-Kirche" hatdie beantragte Eintragung im Vereinsregister des Amtsgerichts Münster nicht erreicht, weil das Amtsgericht Münsterdiesen Antrag durch Beschluß vom 27. Mai 1991 zurückgewiesen hat. Die dagegen von dem Verein zunächst eingelegte Beschwerde hat der Verein wieder zurückgenommen. Auffällig ist, daß die einzelnen Organisationen von Scientology jeweils rechtlich selbständig, allerdings in eine streng hierarchische Organisationsstruktur eingebunden sind, bei der die Führungskanäle über die Kontinentalen Verbindungsbüros - für Europa mit Sitz in Kopenhagen - bis in das eigentliche, mit weltweitem Einfluß operierende Managementzentrum in Los Angeles, reichen. Nach eigenen Angaben von Scientology bestehen bundesweit 7 "Kirchen", 2 Celebrity-Centres und 12 "Missionen" der Scientology-Organisation. Je 1 "Kirche" und ein Celebrity-Centre werden von Scientology in Düsseldorf sowie eine "Mission" in Münster benannt. Die "Kirchen" unterscheiden sich von den "Missionen" durch das umfangreichere Angebot an Kursen und scientologischen Dienstleistungen. In den Celebrity-Centres werden u.a. spezielle Scientology-Kurse für Künstler und Persönlichkeiten aus den Bereichen der darstellenden und bildenden Künste, des Sports und der Geschäftswelt angeboten. Die "Scientology-Kirche" in Düsseldorf ist untergebracht in einem angemieteten vierstöckigen Bürohaus in der Friedrichstraße 28. Das Celebrity-Centre befindet sich in ebenfalls angemieteten Räumen in der Luisenstraße 23 in Düsseldorf. Die "Mission" in Münster wurde in der Ausgabe der Scientology-Zeitschrift "Freiheit", die im Oktober 1997 bekanntwurde, unter der Anschrift Bernhard-Ernst-Straße 7 angegeben. Weder unter der angegebenen Anschrift noch unter der Anschrift, auf die sich die in der "Freiheit" genannte Telefonnummer bezieht, waren jedoch Aktivitäten in Form einer "Scientology-Mission" festzustellen. Die "Kirche" in der 268 Scientology-Organisation (SC) Friedrichstraße sowie das Celebrity-Centre in der Luisenstraße werden v0n wöchentlich ca. 200 Personen frequentiert. Hierbei handelt es sich z u einem größeren Anteil vermutlich um Mitarbeiter, zu einem wesentlich kleineren Anteil um Neugierige oder potentielle Kunden, pie Hauptaktivitäten der Kirche und des Celebrity-Centres bestehen (Verkaufs-) Aktivioffensichtlich vor allem darin, neue (zahlende) Mitglieder für die täten von ScientoOrganisation zu gewinnen. Das stetige Bemühen ist nicht zu überselogy hen, diese über erste sogenannte Persönlichkeitstests für das Kursanqebotvon Scientology zur Verbesserung des Lebens zu interessieren. Die Werbung neuer Mitglieder wird auf unterschiedliche Weise betrieben: So werden einerseits Passanten auf der Straße oder an InfoStänden vor den Scientology-Einrichtungen angesprochen und zu einem Filmbesuch in der Oraanisation eingeladen. Daran anschließend wird das Ange- W b müssen Sie verändern, bot gemacht, den sogenannum Erfolg zu haben? ten OCA-Test (Oxford-KapaziDie Antwort gibt Ihnen dieser Film. tätsanalyse) durchzuführen. Hierbei handelt es sich um einen 200 Fragen umfassenden EINTRITTSKARTE Test, der nach Auswertung DIANETIK-Informationszentrum genau die Bereiche in der der Scientology Kirche Düsseldorf Persönlichkeit des Interessenten aufzeigen soll, in denen Nr.: 1331922 dieserangeblich Schwächen, aber mit scientologischer Hilfe zu realisierende Verbesserungsmöglichkeiten besitzt. Neuerdings werden von Scientologen auch sogenannte kostenlose Gifttests angeboten, mit denen angeblich der Grad der Vergiftung des einzelnen Menschen festgestellt werden kann, für die Scientology wiederum "Entgiftungsprogramme" bereithält. Hierzu zählt vor allem der "Reinigungs-Rundown" mit Saunagängen und hochdosierten Vitamingaben zum Preis von 3.100 DM. Andererseits werden auch Flugblattund Versandaktionen gestartet; teils mit gezielten Anschreiben (falls der Adressat bereits vorher Kontakt zu der Organisation hatte, beispielsweise durch einen Buchkauf o. ä.), teils durch bloßes Verteilen der jeweiligen Drucksachen, z. B. in Hausbriefkästen. 269 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Die Wahrnehmung des Kursangebots ist auf der Brücke zur völligen Freiheit unverzichtbare Voraussetzung für den Weg zu menschlicher Genesung und zur höchsten Ebene der Expansion der Fähigkeiten und Macht als geistiges Wesen. Dieser recht beschwerliche Weg wiederum ist seinerseits unverzichtbare Voraussetzung für die Realisierung der propagierten Ziele von Scientology, nämlich "eine Zivilisa, tion ohne Wahnsinn, ohne Verbrecher und ohne Krieg, in der der Fähige erfolgreich sein "Wir nutzen nur kann und Ehrliche Rechte haben können, und 10% unseres in der der Mensch die Freiheit hat, zu größegeistigen Potentials." ren Höhen aufzusteigen". Diese überraschende Aussage wurde von Albert Einstein, dem weltbeBemerkenswert ist insoweit allerdings der hohe rühmten Physiker gemacht; es wurde uns jedoch nicht gesagt, wie wir es verbessern könnten. Aber jetzt hat L. Ron Hubbard in seinen Forschunfinanzielle Aufwand, der Mitgliedern von Scigen nicht nur bewiesen, daß Einstein recht hatte mit dieser Aussage, sondern - viel wichtiger - , er hat in seinem Buch "DIANETtK*: Der entology hierfür abverlangt wird. So weist alLeitfaden für den menschlichen Verstand" gezeigt, wie man diese schlafenden 90% erschließen kann. Er zeigt genau, was eine Person von der lein eine Bestelliste von Dianetik-Büchern, SciVerwirklichung ihres wahren Potentials zurückhält. Finden Sie für sich selbst heraus, wie die Anwendung der DIANETIK-Technologie Intellientology-Büchern, Buchpaketen, Nachschlagenz erhöhen kann und einen weitaus höheren und glücklicheren Zustand der Existenz herbeiführt. Befreien Sie sich selbst von den gewerken, Büchern über das Studieren, BüBarrieren, die Sie davon abhalten, Ihr wahres Potential zu verwirklichen. chern und Materialien für Auditoren, Vortrags"Einstein-Flyer" reihen zur persönlichen Verbesserung, Vortragsserien, OT-Vorträgen, Vorträgen für Ausbildungskurse und Videos eine Summe von ca. 150.000 DM aus, wobei Mitglieder der IAS (Internationale Vereinigung der Scientologen) allerdings Sonderangebote erhalten und lediglich 100.000 DM aufwenden müssen. Im Angebot sind daneben auch sog. E-Meterin drei Varianten und Preisklassen von 1.100 DM über 8.000 DM (z.B. in Farbvarianten wie Französisch-Vanille oder Königliches Violett) bis hin zu 9.350 DM in ausgefallenen Farben wie Halliburton-Braun und HCOB-Red. Neben den darüber hinaus anfallenden Gebühren für die in der Kirche oder im Celebrity-Centre zu belegenden Kurse und Auditings können folglich leicht mehr als hunderttausend DM an Kosten anfallen. Noch aufwendiger auf dem Weg zur völligen Freiheit sind die aus Sicht von Scientology notwendigen weiterführenden Kurse und Ausbildungen, die allerdings nur im Ausland (z. B. St. Hill, Großbritannien oder Clearwater, USA) zu buchen sind. Vervollständigt wird das Angebot durch Insignien, wie z.B. den Weg zum Glücklichsein-Anhänger mit 270 Scientology-Organisation (SC) Kette für 58,75 D M , das Ministerkreuz, Sterlingsilber, 7,5 cm für 1.000 DM, das clear-Armband, silber, Damen, für 5 0 0 DM oder die l Ron Hubbard-Büste, groß, für 17.500 DM, klein für 6.250 DM. |\|icht zuletzt auch im Internet ist Scientology in mehrsprachiger und Scientology im aufwendiger Darstellung vertreten. Breiten Raum nimmt hier die SelbstInternet darstellung der Organisation ein. Es werden darüber hinaus die verschiedensten Kontaktadressen und Bezugsquellen für Informationsmaterial angeboten. Das Kursangebot zur Verbesserung des Lebens zeichnet sich dadurch Das Kursangebot aus, daß in einer intellektuell wenig fordernden Form "Studierende" im einzelnen mit den grundlegenden scientologischen Begrifflichkeiten und Gesetzmäßigkeiten vertraut gemacht werden. Die Unterscheidung zwischen Gut und Böse im scientologischen Sinne, also z.B. zwischen sozialen und antisozialen Persönlichkeiten, der Umgang mit "potential trouble sources" und deren "Handhabung" ziehen sich wie ein roter Faden durch das Programm. Auffällig bleibt bei allen Kursen der absolute Zwang zur strikten und nicht zu diskutierenden Befolgung aller Studieranweisungen, der sich augenscheinlich allein damit begründet, daß das Kursangebot auf die "religiösen" Schriften und Werke des Scientologygründers L. Ron Hubbard zurückzuführen ist. Scientology benutzt dabei eine von Hubbard geschaffene Kunstsprache, die sich einerseits durchaus gängiger Vokabeln bedient, diese jedoch im scientologischen Sinne "redefiniert", d . h. mitanderen, auf die Lehre Hubbard's bezogenen Werten und Bedeutungen besetzt. Andererseits werden auch völlig neue Wortschöpfungen verwandt, die teilweise einen pseudowissenschaftlichen Eindruck vermitteln. Durch die Verwendung "redefinierter" Begriffe wird die Gruppe untereinander fester zusammengeschweißt und gleichzeitig nach außen hin sichtbar abgegrenzt. Auch Jaschke weist in seinem Gutachten "Scientology - eine Gefahr für die Demokratie" (Jaschke, Auswirkungen der Anwendung scientologischen Gedankenguts auf eine pluralistische Gesellschaft oder Teile von ihr in einem freiheitlich demokratisch verfaßten Rechtsstaat, im Auftrag des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen, Januar 1996, S. 45 ff., Bestellkarte am Ende des Berichts) auf die "eigenen Begriffsschöpfungen, Umdeutungen vorhandener Begriffe und Sprachfiguren" hin und zählt diese zu den wichtigsten Merkmalen totalitärer Bewegungen. Spricht ein Scientologe beispielsweise von "Ethik" und "Ethikzuständen", so bezieht er sich damit nicht auf die 271 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 allgemeingültigen, gesellschaftlich anerkannten Werte, die gemeinhin mit diesem Begriff verbunden werden. Scientology legt vielmehr die eigenen Vorstellungen zugrunde und verbindet davon ausgehend mit dem Begriff "Ethik" die "Vernunft und Erwägung in Bezug auf optimales Überleben" (Hubbard, Fachwortsammlung für Dianetics und Scientology, New Era Publications ApS, Kopenhagen, S. 29). Zweck der "Ethik" im scientologischen Verständnis ist, "... Gegenabsichten (d. h. eine Entschlossenheit, ein Ziel zu verfolgen, das in direktem Widerspruch zu denjenigen Zielen steht, die als die Ziele der Gruppe bekannt sind) aus der Umwelt zu entfernen. Nachdem das erreicht worden ist, hat sie zum Zweck, Fremdabsichten (d. h. einen Geisteszustand, in dem man ein anderes Ziel verfolgen will als jene Ziele, die als die Ziele der Gruppe bekannt sind) aus der Umwelt zu entfernen" (Fn. 7 und 2 aus L. Ron Hubbard, Handbuch des Ehrenamtlichen Geistlichen, 1976, AOSH DK Publications Department Aps, Dänemark, S. 355). Absoluter FühJaschkes Annahme eines totalitären antidemokratischen Führertums rungsanspruch bei Scientology (Jaschke, a.a.O., Seite 42) findet sich in der Praxis des Scientologybestätigt. L. Ron Hubbard wird nicht nur im Schrifttum von ScientoloBegründers L. gy als großer Entdecker der reinen Lehre, als Leitfigur für die scientoRon Hubbard logische Praxis, als charismatischer Übervater und als Heilsbringer für die ganze Menschheit dargestellt. Auch in der alltäglichen Realität bei Scientology wird ein absoluter Führungsanspruch von den Funktionsträgern bei Scientology gestützt auf L. Ron Hubbard und die von ihm verfaßten verbindlichen Handlungsanweisungen für alle Details der scientologischen Ordnung und des Funktionierens einer Organisation im scientologischen Sinne. Hinterfragen Studierende gleichwohl die Sinnhaftigkeit auch nur einzelner Anordnungen oder Kursinhalte, kann der jeweilige Kurs auf dem Weg zur völligen Freiheit nicht erfolgreich abgeschlossen werden, sondern muß fortgesetzt oder unter Aufwendung weiterer Kosten und Mühen durch andere Kurse ergänzt werden. Insoweit scheint allerdings gar nicht so sehr die Vermittlung der Kursinhalte im Vordergrund zu stehen, sondern vielmehr das Einschwören der "Gemeinde" auf absolute Folgsamkeit. Entsprechende Übungen, mit denen Kritik auf Dauer ausgeschaltet werden soll, heißen demgemäß auch in der Sprache von Scientology "Drill-Routinen", die allem Anschein nach willige Mitarbeiter und Mitglieder produzieren. Solche sind für das Funktionieren der Organisation unerläßlich. Den "hehren" Zielen der Scientology 272 Scientology-Organisation (SC) vorgeschaltet ist nämlich der eigene Anspruch, mit der Werbung neuer zahlender Mitglieder und aus dem dann möglichen Verkauf von Kursen, Büchern und anderen Materialien vor allem den finanziellen Erfolg der Organisation zu sichern. Hubbard's Vorstellungen münden insoweit in der unmißverständlichen Anweisung (HCO policy letter vom 9 März 1972, zitiert nach Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom 22. März 1995, Aktenzeichen 5 AZB 21/94): "Make money, make more money, make other people produce so as to make money". Religiöse Inhalte spielen bei Scientology nur eine untergeordnete Scientology - Rolle. Sie dürften nach jetziger Einschätzung lediglich der AufhänReligionsgemeinger für die wirtschaftlichen Aktivitäten von Scientology sein. Dadurch schaft oder soll scientologisches Gedankengut in religiös kirchlicher Verpackung Wirtschaftsunterunendlich expansiv zum Verkaufsgegenstand der Organisation genehmen? macht werden. Der hierzu von Scientology stets propagierte Anspruch, Religionsgemeinschaft zu sein, und die Berufung auf die GlaubensGewissensund Bekenntnisfreiheit des Artikels 4 Grundgesetz ist aber aus Sicht von Scientology in der Verfolgung der wirtschaftlichen Ziele nur folgerichtig und konsequent. Der erstrebte Status als Religionsgemeinschaft würde Scientology ein Maß an Freiheit auch und gerade im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung bieten, das für ein reines Wirtschaftsunternehmen nicht zu erreichen wäre. Nachvollziehbar wird das tatsächliche Erscheinungsbild von Scientology als einer auf wirtschaftlichen Erfolg um jeden Preis ausgerichteten "Religionsgemeinschaft", wenn man sich den Auszug aus dem "Bulletin des Internationalen Managements - Nr. 7" der Church of Scientology International vom 2. Februar 1 983 vergegenwärtigt: "Der einzige Grund, warum LRH die Kirche gründete und mit ihr arbeitete, bestand darin, den Leuten dieses Planeten direkt on-policy und in-tech Dianetik und Scientology zu verkaufen und zu liefern, da er es allein nicht schaffen konnte, 2,5 Milliarden Leute auszubilden und zu auditieren. Das ist der einzige Grund, warum es Kirchen gibt. Und das ist der einzige Grund, warum wir sie managen. ... jegliche Idee, daß eine Org (Org = Organisation, z. B. "Kirche", Anm. Verf.) aus irgend einem anderen Grund existiert als dem, Materialien und Dienstleistungen an die Öffentlichkeit zu verkaufen und zu liefern, muß verworfen werden". 273 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Für die Beobachtung der Scientology-Organisation durch den Verfassungsschutz kommt es allerdings auf deren Eigenschaftals Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaft nicht an. Zwar enthält der Glaubens-, Gewissensund Bekenntnisfreiheit garantierende Artikel 4 Grundgesetz i.V.m. den Artikeln 1 36 ff. Weimarer Reichsverfassung vom Wortlaut her keine ausdrückliche Einschränkungsmöglichkeit. Gleichwohl garantieren selbst diejenigen Grundrechte keine völlig unbegrenzte Freiheit, bei denen eine Beschränkung nicht ausdrücklich durch das Grundgesetz vorgesehen ist. Auch derjenige muß in Ausübung eines Grundrechts die Grundrechte anderer oder sonstige grundlegende Verfassungsprinzipien berücksichtigen und ggf. auch Einschränkungen hinnehmen, der sich auf ein Grundrecht beruft, das keine ausdrücklichen Einschränkungen vorsieht. Für den Verfassungsschutz ist entscheidend, ob tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bei Scientology festzustellen sind. Anhaltspunkte für Im Rahmen der Prüfung der Frage, ob tatsächliche Anhaltspunkte dafür den Verdacht von vorliegen, daß von Scientology Bestrebungen gegen die freiheitliche Bestrebungen demokratische Grundordnung ausgehen (SS 3 Abs. 1 Nr. 1 Verfasgegen die freisungsschutzgesetz N W ) , wurden zahlreiche Schriften des Gründers heitliche demoder Scientology-Organisation, L. Ron Hubbard, analysiert, wie z. B.: kratische Grund- J Dianetik, die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit ordnung J Scientology, die Grundlagen des Denkens * Einführung in die Ethik der Scientology. Eine besondere Rolle nehmen in diesem Zusammenhang die zahlreichen sog. Hubbard-Communication Office Policy Letters (HCOPL) ein. Insgesamt 1.444 Einzeltitel dieser verbindlichen Handlungsanweisungen standen zur Auswertung zur Verfügung. Die Praxis in der Scientology-Organisation sowie entsprechende Hinweise in der "Einführung in die Ethik der Scientology" zeigen, daß die von Hubbard verfaßten Schriften für Scientology unveränderlich und dauerhaft gültig sind. Eine Vielzahl von für die Prüfung relevanten Zitaten enthält der Abschlußbericht der Arbeitsgruppe Scientology der Verfassungsschutzbehörden vom 6. Mai 1997. Diese hier zu wiederholen, würde den Rahmen dieses Verfassungsschutzberichtes sprengen. Der Abschlußbericht ist jedoch als Broschüre des Innenministeriums NordrheinWestfalen (Bestellkarte am Ende des Berichts) oder über das Internet (http://www.verfassungsschutz.nrw.de) abrufbar. In seiner Zusam274 Scientology-Organisation (SC) fnenfassung weist der Abschlußbericht die Unvereinbarkeit der Proqrammatik und der Aktivitäten von Scientology mit den Vorstellungen von einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne der Verfassung wie folgt nach: Q Scientology will eine scientologische Gesellschaft etablieren, in der die nicht im Scientology-Sinne geklärten "Durchschnittsmenschen" von den Scientology-"Führern von morgen" mit einer überlegenen Technologie "gemanaged" werden. Q Scientology will eigene "Verwaltungs-, Technologieund Gerechtigkeitsverfahren" auf die sie umgebende Gesellschaft anwenden, also ein eigenes für alle verbindliches Rechtssystem mit Scientology-eigenen Normen etablieren, ohne Rechtsweggarantie, ohne Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, ohne Anspruch auf einen gesetzlichen und unabhängigen Richter und ohne eine gesetzmäßige Verwaltung. I Scientology sieht entgegen Art. 20 Abs. 3i.V.m.Art. 97Grundgesetz in der scientologischen Gesellschaft keine unabhängigen Gerichte vor, sondern solche, die die von der Scientology-Führung detailgenau vorgegebenen, standardisierten ScientologyTechnologien umsetzen. U Scientology propagiert im Widerspruch zu Art. 2 0 Grundgesetz die Notwendigkeit der Lenkung der Regierungen durch Scientology und arbeitet gezielt darauf hin. * Scientology mißachtet Artikel 3 Grundgesetz, da nur "geklärten" "nichtaberrierten" Scientologen Rechte zugestanden werden. * Scientology mißachtet Artikel 5 Grundgesetz, da Kritik an Scientology mit allen, auch gewaltsamen Mitteln zu unterdrücken ist. * Scientology organisiert sich anders als den Vorstellungen des Art. 2 0 Abs. 2 Grundgesetz entsprechend in einer totalitären Form, die Gewalt und Willkürherrschaft bewußt einschließt. Im Zusammenhang mit der Frage, ob tatsächliche Anhaltspunkte auch Tatsächliche für "politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Bestrebungen" bei Anhaltspunkte für Scientology und ihren Mitgliedern im Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1 VerBestrebungen fassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen vorliegen, hat sich die Argegen die freibeitsgruppe Scientology der Verfassungsschutzbehörden mit einer Vielheitliche demozahl von auch bereits in der Öffentlichkeit diskutierten Aspekten zu Scikratische Grundentology auseinandergesetzt. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen ordnung der Gesetzesnorm, von denen die Zulässigkeit einer Beobachtung der 275 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden abhängt, wurden umfassend geprüft. Der Umstand, daß für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz nach der bestehenden Rechtslage tatsächliche Anhaltspunkte, nicht aber Beweise, z. B. im strafprozessualen Sinne, für politisch extremistische Bestrebungen erforderlich sind, wurde deutlich herausgearbeitet. Im wesentlichen waren folgende im Abschlußbericht aufgelistete Gesichtspunkte ausschlaggebend: * Scientology wendet sich mit ihren Heilslehren keinesfalls nur an den Einzelnen, um dessen persönliche Lebenssituation zu verbessern oder seine geistig-spirituelle Vervollkommnung zu erreichen. Sie verfolgt auch nicht ausschließlich wirtschaftliche Ziele. Vielmehr wird an einer großen Anzahl von Schriften und Handlungsanweisungen der Scientology deutlich, daß ihr Gedankengut ausdrücklich auch gesellschaftliche und politische Dimensionen erfaßt und daraus unmißverständlich politische Zielsetzungen abgeleitet werden. Dies bezieht sich unter anderem auf die Errichtung einer Gesellschaft, die z. B. hinsichtlich ihrer inneren Verfaßtheit und des geltenden Rechtssystems ausschließlich an scientologischen Grundsätzen ausgerichtet sein soll. Damit liegt die gesetzlich geforderte "politische Bestimmtheit" vor, da diese sich unter anderem aus der Zielsetzung ergeben kann, gesellschaftsbzw. staatspolitisch gestaltend oder verändernd zu wirken. * Da die politische Bestimmtheit nach dem Gesetz auch allein auf der politischen Zielsetzung beruhen kann, ist eine Teilnahme von Scientology am politischen Tagesgeschehen (z. B. die Teilnahme an Wahlen, propagandistischer Wettstreit) nicht erforderlich. U Daß es sich bei Scientology nicht um eine politische Organisation im klassischen Sinne handelt (Partei, politischer Verein etc.), ist nach dem Gesetz ebenfalls unbeachtlich, da dies nicht als ein die Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden begründendes Merkmal normiert ist. Die politische Bestimmtheit muß sich vielmehr auf die Verhaltensweisen eines Personenzusammenschlusses beziehen unabhängig davon, welcher Art oder Rechtsnatur dieser im übrigen ist. J Obwohl weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des Verfassungsschutzgesetzes verlangen, daß nur solche Gruppierungen der Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden unterliegen, die für sich selbst die politische Macht anstreben, ist ein solcher Machtanspruch den Schriften von Scientology zu entnehmen und Scientology-Organisation (SC) wird auch von hochrangigen Aussteigern hinsichtlich des Versuchs der Durchsetzung dieses Anspruchs bestätigt. Die von Scientology verursachten politischen (und verfassungsfeindlichen) Folgen sind keineswegs nur das mittelbare oder unbewußte Ergebnis scientologischen Wirkens. Vielmehr zeigt die Sichtung des Materials, daß das bewußte und gewollte Verändern gesellschaftsund staatspolitischer Gegebenheiten ein der Ideologie und der Vorgehensweise der Scientology untrennbar innewohnendes Merkmal ist. Daraus ergibt sich, daß auch das gesetzliche Erfordernis der Ziel-und Zweckgerichtetheit der Verhaltensweisen bei Scientology erfüllt ist. Daß die bei Scientology festzustellenden Verhaltensweisen isoliert betrachtet zum Teil nicht selbst unmittelbar (verfassungsfeindliche) politische Auswirkungen haben, schließt eine Beobachtungszuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden nicht aus, da es nach dem Verfassungsschutzgesetz insoweit ausreicht, daß die Verhaltensweisen auf einen Zweck und ein Ziel gerichtet sind. Da das Gesetz lediglich "zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen" fordert, muß bei Scientology keine Motivation in dem Sinne vorliegen, daß sie ausschließlich oder vorrangig politische Ziele verfolgen müßte. Insoweit genügt es, daß diese als Zwischenoder Nebenerfolg angestrebt werden. Zumindest dafür gibt es bei der Scientology jedoch zahlreiche Belege. Nach dem Gesetz müssen tatsächliche Anhaltspunkte für "politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen" vorliegen. Ein zwingender Nachweis ist dagegen nicht erforderlich. Tatsächliche Anhaltspunkte können sich sowohl aus dem Verhalten von Funktionären und Mitgliedern, als auch aus der Programmatik und den Schriften einer Organisation ergeben. Bei den Mitgliedern der Scientology ist wie bei allen anderen Organisationen auch davon auszugehen, daß sie deren erkennbar politische Zielsetzung, welche ihnen in einer Reihe von Schriften, Handlungsanweisungen und Kursen vermittelt werden, mittragen und im wesentlichen entsprechend dem bestehenden Verhaltens-bzw. Handlungskonzept umsetzen wollen. Daraus ergeben sich jedenfalls solange tatsächliche Anhaltspunkte auch hinsichtlich der Mitglieder, als nicht feststeht, daß die Mitglieder diese Zielsetzungen ablehnen. Dafür liegen jedoch nicht einmal vage Hinweise vor. 277 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 NebenorganisaNeben dem "kirchlichen" Bereich bei Scientology existiert eine Vieltionen von Scienzahl von Tarnund Nebenorganisationen mit scientologischem Hintology tergrund. Die Verfassungsschutzbehörde Nordrhein-Westfalen geht auch in diesen Bereichen tatsächlichen Hinweisen auf Aktivitäten von Scientology nach, die auf Unvereinbarkeit mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu prüfen sind. Im wesentlichen handeltes sich dabei um das wirtschaftliche Betätigungsfeld von Scientology den sog. WISE-Bereich, wobei WISE für "World Institute of Scientology Enterprises" steht. So sind scientologische Aktivitäten bei WISELizenznehmern, bei scientologisch geprägten Unternehmensberatern und Personalberatungsfirmen, aber auch bei von Scientologen unterwanderten Unternehmen festzustellen. Im gesellschaftlichen Bereich ist unter der scientologischen Begrifflichkeit "ABLE", "Association for better living and education", festzustellen, daß scientolog isches Gedankengut Grundlage von auch zum Teil in Nordrhein-Westfalen aktiven Organisationen, wie z. B. der "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (KVPM), Düsseldorf, "Zentrum für individuelles und effektives Lernen" (ZIEL), Bochum, "Applied Scholastic" (APS), Köln, oder "Mitbürger unterstützen Toleranz" (MUT), Düsseldorf, ist. So tritt z.B. KVPM in Einrichtungen des Maßregelvollzugs an Patienten heran, um diese zur Abgabe einer Betreuungsverfügung zugunsten der Organisation zu bewegen. Auf diese Art und Weise soll dem Wirken der Psychiatrie aus Sicht von KVPM entgegengewirkt werden. Mit dem kostenlos, weil durch eine Spende der Internationalen Vereinigung von Scientologen finanziert, auch im Bereich der Schulen und öffentlichen Verwaltung verteilten Buch von Dr. Thomas Röder und Volker Kubillus (Hrsg.) "Die Männer hinter Hitler" wird seitens KVPM versucht, eine besondere Schuld der Psychiatrie auch an heutigen Mißständen der Gesellschaft öffentlich zu machen. ZIEL mit Sitz in Bochum versucht, Scientology im Nachhilfebereich zu verbreiten, während APS mit Sitz in Köln scientologische Lerntechniken in dem Bereich der sprachlichen Ausund Weiterbildung zur Grundlage macht. Auffällig ist, daß neben KPVM und APS auch MUT zeitweilig unter derselben Düsseldorfer Adresse firmierte, die gleichzeitig Wohnsitz eines bekannten Scientologen war. Im Zusammenhang mit den scientologischen "Rehabilitationshilfen" im Suchtund Straffälligenbereich - "Narconon" und "Criminon"dürfte der Versuch von Scientology zu sehen sein, Selbsthilfegruppen 278 Scientology-Organisation (SC) wie den Anonymen Alkoholikern, Blaukreuzlern, Guttemplern und anderen eine Zusammenarbeit und auch finanzielle Unterstützung anzubieten, um auch in diesem Bereich Fuß zu fassen und sich Einfluß zu erkaufen. Aktivitäten des "Verbandes engagierter Manager e.V." (VEM) sind in Nordrhein-Westfalen nicht bekannt. 279 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 8 Verfassungsschutz in Nord rhein-Westfalen 8.1 Gesetzliche Grundlagen Die Arbeit des Die Behörden des Verfassungsschutzes sind als Teil der vollziehenden VerfassungsGewalt an Gesetz und Recht und insbesondere an die Art. 1 bis 19 schutzes ist geGrundgesetz ais unmittelbar geltendes Recht gebunden (Art. 1 Abs. 3, setzlich geregelt Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz). Spezielle Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Verfassungsschutzes NRW sind unter anderem: * Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - VSG NW-) vom 20. Dezember 1994 (GV N W 1995 S. 28, SGV N W 12), J Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG-) vom 2 0 . Dezember 1990 (BGBl. I, S. 2954), * Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Landes Nordrhein-Westfalen (Sicherheitsüberprüfungsgesetz Nordrhein-Westfalen - SUG N W -) vom 7. März 1995 (GV N W S. 2 1 0 , SGV N W 12). Daneben hat der Verfassungsschutz die in verschiedenen anderen Gesetzen (u.a. Personalausweisgesetz, Paßgesetz, Datenschutzgesetz) normierten Rechtsvorschriften zu beachten. Enge Grenzen für das Vorgehen der Verfassungsschutzbehörde setzt z.B. das Gesetz über die Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses. Unter engen Voraussetzungen ermöglicht das Gesetz über die Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses Eingriffe in diese Grundrechte. Broschüre RechtsDetaillierte Informationen und den Wortlaut der entsprechenden grundlagen des Gesetze finden Sie in der Broschüre "Rechtsgrundlagen des VerfasVerfassungssungsschutzes in Nordrhein-Westfalen", hrsg. vom Innenministerium schutzes NRW, Abteilung Verfassungsschutz, 1997 (siehe Bestellkarte am Ende des Berichts). Bürger haben Jedem Bürger gewährt SS 14 VSG N W ein Auskunftsrecht hinsichtlich Auskunftsrecht der zu seiner Person gespeicherten Daten. Ohne besondere Begründung kann jeder eine solche Auskunft kostenlos verlangen. Die Aus280 ^ Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen Icunft kann nur aus den in SS 14 Absatz 2 VSG N W abschließend aufgezählten Gründen versagt werden. Im Jahr 1 9 9 7 haben sich 34 Auskunftssuchende an die nordrhein-westfälische Verfassungsschutzbehörde gewandt und nachgefragt, ob über sie personenbezogene Daten gespeichert sind. Den Bürgern wurde mitgeteilt, ob und gegebenenfalls welche Daten zu ihrer Person vorlagen. Teilweise waren die Auskünfte aus den Gründen des SS 14 Abs. 2 VSG N W eingeschränkt, jedoch unterblieb in keinem der Fälle die Auskunft völlig. 8.2 Aufbau, Organisation, Haushalt, Personal Entsprechend dem föderativen Aufbau gibt es in allen Ländern der. Bundesrepublik Deutschland Verfassungsschutzbehörden. Neben den Landesbehörden nimmt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln die Aufgaben des Verfassungsschutzes auf Bundesebene wahr und fungiert als Zentralstelle (Artikel 87 Abs. 1 Grundgesetz). Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern sind gesetzlich zur Zusammenarbeit verpflichtet. Verfassungsschutzbehörde für das Land Nordrhein-Westfalen ist das Innenministerium (SS 2 Abs. 1 VSG NW). Für den Verfassungsschutz ist die Abteilung VI des Innenministeriums zuständig, die sich in drei Gruppen gliedert. Die Abteilung verfügte 1997 über 303 Stellen. Für Sachmittel und Investitionen wurden 1997 6,48 Mio. DM ausgegeben. Über Aufgabenstellung, Rechtsgrundlagen und Kontrolle des Verfassungsschutzes informiert die Broschüre "Rechtsgrundlagen des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen". Eine umfassende Darstellung findet sich auch im Verfassungsschutzbericht des Landes NordrheinWestfalen über das Jahrl 996 (siehe Bestellkarte am Ende des Berichts). 8.3 Verarbeitung personenbezogener Daten und erläuternder Texte Die Verfassungsschutzbehörde NRW darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten u.a. in Dateien verarbeiten. Dies erfolgt vor allem mit Hilfe zweier Instrumente: Q des Abteilungs-Informations-Systems der Verfassungsschutzbehörde NRW zur eigenen Aufgabenerfüllung und 281 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 U des "Nachrichtendienstlichen Informationssystems" (NADIS) zur Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Das NachrichtenDie nordrhein-westfälische Verfassungsschutzbehörde übermittelt dem dienstliche InforBundesamt für Verfassungsschutz bzw. den Landesverfassungsschutzmationssystem behörden die für deren Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten. Zu (NADIS) dem Zweck der gegenseitigen Unterrichtung haben die Verfassungsschutzbehörden nach SS 6 Bundesverfassungsschutzgesetz eine gemeinsame Datenbank, das sogenannte "Nachrichtendienstliche Informationssystem" (NADIS), errichtet, die beim Bundesamt für Verfassungsschutz geführt wird. Im NADIS dürfen alle Verfassungsschutzbehörden Daten einstellen und abrufen. Aus Datenschutzgründen kann aus dem NADIS nur erkannt werden, ob über eine Person Erkenntnisse vorliegen, nicht aber, was bekannt ist. Das NADIS enthält lediglich personenbezogene Grunddaten, wie Namen, Vornamen, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Anschrift, außerdem einen Hinweis auf die Behörde, die den Datensatz in die Datenbank eingestellt hat, nicht jedoch Texte oder Kürzel, die etwas über die Erkenntnisse aussagen, die die für die Einstellung verantwortliche Verfassungsschutzbehörde gewonnen hat. Hat eine andere Verfassungsschutzbehörde ein Interesse an Sachinformationen, so muß sie auf konventionellem Wege bei der Behörde nachfragen, die den Datensatz eingestellt hat. Das NADIS ist also eine Hinweisdatei, aus der lediglich zu entnehmen ist, ob und gegebenenfalls wo über eine bestimmte Person Akten, also Aufzeichnungen über Sachverhalte, vorliegen. Die aus dem NADIS ersichtlichen Angaben besagen nicht, daß es sich bei den gespeicherten Personen um Extremisten, Terroristen oder gegnerische Agenten handelt. Bei dem NADIS handelt es sich daher nicht um eine "Verdächtigendatei". Die Speicherung einer Person in diesem System hat für den Betroffenen keine diskriminierende Wirkung. Auch ist das NADIS aufgrund seiner Konzeption nicht in der Lage, den "gläsernen Menschen" zu schaffen. Datenbestände Von Nordrhein-Westfalen waren im NADIS Anfang 1 9 9 7 41.779 werden weiter Personen und Ende 1997 3 6 . 4 0 0 Personen gespeichert. Damit ist der bereinigt stetige Abbau des Datenbestandes, der im Verlaufe der letzten 12 Jahre nur 1995 unterbrochen war, fortgesetzt worden. Dieser Rückgang ist das Ergebnis regelmäßiger Bereinigungsaktionen, der politischen Veränderungen nach 1989 und strengerer Datenschutzvorschriften. Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen 8.4 Verfassungsschutz durch Aufklärung - Öffentlichkeitsarbeit Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hat die Information der Öffentlichkeit 1997 intensiv fortgesetzt. Weiterhin besteht ein großes Interesse an den detaillierten Informationen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Dies zeigt sich an den zahlreichen Bestellungen des Jahresberichts. Die zwischenzeitlich vorgenommene Erhöhung der Auflage auf mittlerweile 32.000 Exemplare hat sich bewährt. In zahlreichen Presse-, Funkund Fernsehinterviews äußerten sich der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Franz-Josef Kniola, und der Leiter der Verfassungsschutzabteilung, Fritz-Achim Baumann, zu Themen des Verfassungsschutzes. Besonders häufig ging es dabei um die Problematik "Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit" und um die Frage der Beobachtung der Scientology-Organisation durch den Verfassungsschutz. Auf der Messe "didacta 97", die im Februar 1997 in Düsseldorf stattfand, war der NRW-Verfassungsschutz ebenfalls vertreten. Referenten des Verfassungsschutzes NRW hielten auch 1997 zahlreiche Vorträge, wobei neben dem Schwerpunkt "Rechtsextremismus" 283 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 verstärkt Themen aus dem Ausländerextremismus nachgefragt wurden. Daneben werden immer wieder auch Vorträge zu Themen wie "Terrorismus" oder "Aufgaben des Verfassungsschutzes" gewünscht. Neue Mit 1 3.000 Exemplaren erschien 1997 die 4. Auflage der BroschüBroschüren re "Scientology - eine Gefahr für die Demokratie - Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz?" Das vom Innenministerium NRW in Auftrag gegebene Gutachten von Prof. Jaschke wird insbesondere von Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft stark nachgefragt. Ein gemeinsames Gutachten der von Bund und Ländern eingerichteten Arbeitsgemeinschaft "Scientology" hat das Innenministerium NRW im März 1998 als Broschüre herausgeben. Mit der 1997 herausgegebenen Broschüre "Rechtsgrundlagen des Verfassungsschutzes in NRW" (Auflage: 10.000) wird insbesondere Schulen, Behörden und anderen Multiplikatoren, aber auch der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben, sich umfassend über die rechtsstaatliche Einbindung und die rechtlichen Grundlagen des Verfassungsschutzes NRW zu informieren. 284 Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen Seit dem 2 7 . November 1 996 ist der NRW-Verfassungsschutz im Internet erreichbar. Unter der Adresse h t t p : / / w w w . V e r f a s s u n g s - NRW-Verschutz.nrw.de können in der Online-Bibliothek die Verfassungsfassungsschutz schutzberichte und alle Broschüren gelesen oder als Dateien in verim Internet schiedenen Formaten geladen werden. Außerdem enthält das Internet-Angebot neben aktuellen Meldungen Informationen über die Entstehung, die Rechtsgrundlagen und die Kontrolle des NRW-Verfassungsschutzes. Die FAIRSTANDNIS-Kampagne wird unterstützt, viele Materialien sind online bestellbar, und im Online-Lexikon werden häufige Fragen zum Verfassungsschutz beantwortet. 1997 wurden rund 250.000 Zugriffe auf die Seiten des Internet-Angebotes gezählt. Bereits seit April 1 9 9 6 ist der Verfassungsschutz N R W per E-Mail erreichbar (Adresse siehe Impressum). Die Möglichkeit, Fragen, Kritik und Anregungen auf diesem - kurzen - Weg an den Verfassungsschutz zu richten, wird zunehmend genutzt. Die Mailbox des Verfassungsschutzes N R W ist mit einer neuen, bedienungsfreundlichen graphischen Benutzeroberfläche unter der Nummer 021 1 135294 zu erreichen. Der Verfassungsschutz NRW beteiligte sich 1997 weiter an der AufFAIRSTANDNISklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit, die Kampagne die Innenminister und -Senatoren von Bund und Ländern 1993 als Antwort auf die Eskalation fremdenfeindlicher Anschläge starteten. 285 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Die Aktivitäten standen auch 1997 unter dem Motto "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - gegen Fremdenhaß". Seit Ende 1996 liegt das CD-ROM-Computerspiel "Im Netzwerk gefangen - Dunkle Schatten 2" vor. Das Spiel greift aktuelle rechtsextremistische Tendenzen auf und spielt unter anderem in Datennetzen und Mailboxen. Karsten, der Held des Spiels, ist in der Ausbildung in einer kleinen Lithographenanstalt und besucht die Berufsschule. Dort gibt ihm ein Mitschüler ein "heißes" Computerspiel. Unversehens wird Karsten in ein spannendes Abenteuer verwickelt. In der Welt der internationalen Datennetze kommt er einer Verschwörung auf die Spur. Er begegnet der nationalsozialistischen Vergangenheit und lernt viel über die Geschichte seiner Heimatstadt. Gemeinsam mit seinen Freunden lernt er Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, aber auch Drohungen und Gewalt kennen. Das Computerspiel kann kostenlos bestellt werden (Bestellkarte am Ende dieses Berichts). Technische Voraussetzung ist ein PC 4 8 6 , 8MB und höher. Wer es noch nicht kennt: Auf der CD-ROM ist auch das Computerspiel "Dunkle Schatten 1 ", das bereits 1994 erschienen ist. CD-ROM Computer-Spiel "Dunkle Schatten" 286 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation Föderation für demokratische Rechte in Deutschland Konföderation für demokratische Rechte in Europa siehe ATF Anti-Imperialistisches Forum Deutschland Arme Islamique du Salut, Islamische Heilsarmee Antiimperialistische Zelle siehe IGMG Volksbefreiungsarmee Kurdistans Almanya Türk Federasyon, Deutsche Türkische Föderation (sog. "Graue Wölfe"); früher Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa e.V. Bundesweite Antifa-Treffen Berlin Brandenburger-Zeitung der nationalen Erneuerung Babbar Khalsa International Bund Sozialistischer Arbeiter Bundesverfassungsschutzgesetz Bund Westdeutscher Kommunisten Deutsche Alternative Ostanatolisches Gebietskomitee Deutsche Bürgerinitiative e.V. Deutsch-Europäische Studiengesellschaft Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi, Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front Deutsches Kolleg 287 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 DKB Deutscher Kameradschaftsbund DKP Deutsche Kommunistische Partei DLVH Deutsche Liga für Volk und Heimat DNZ Deutsche National-Zeitung DVU Deutsche Volksunion DWZ/DA Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger EMUG Europäische Moscheenbau-und Unterstützungsgemeinschaft ERNK Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan, Nationale Befreiungsfront Kurdistans FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei FFD Freundeskreis Freiheit für Deutschland FIS Front Islamique du Salut, Islamische Heilsfront FkA Forum kommunistischer Arbeitsgemeinschaften GFP Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. GIA Group Islamique Arme, Bewaffnete Islamische Gruppe GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung - Verlagsgesellschaft mbH G.R.E.C.E. Groupement de Recherches et d'Etudes pour la Civilisation Europeenne HAMAS Harakat Al-Muquawama Al-lslamiya - Islamische Widerstandsbewegung HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. HVD Heimattreue Vereinigung Deutschlands IBP Islamischer Bund Palästina ICCB Islami Cemaat ve Cemiyetler Birligi (Kaplan-Verband) IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (früher: Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa - AMGT) IHR Institute for Historical Review ILA Initiative Linker Aufbruch 288 Abkürzungsverzeichnis IMSV Iranische Moslemische Studentenvereinigung e.V. ISKU Informationsstelle Kurdistqn e.V. ISYF International Sikh Youth Federation lUE Islamische Union Europa e.V. JF Junge Freiheit JN Junge Nationaldemokraten KDP Demokratische Partei Kurdistans KIZ Kurdistan Informationszentrum KOMKAR Verband der Vereine aus Kurdistan KP-IÖ Kommunistische Partei - Aufbauorganisation KPF Kommunistische Plattform LTTE Liberation Tigers o f Tamil Eelam MEK Organisation der Volksmodjahedin Iran MLKP Marxistische Leninistische Kommunistische Partei MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands NAVEND Kurdisches Informationsund Dokumentationszentrum e.V. NB Nationaler Block NF Nationalistische Front NIT Nationales Info-Telefon NJ National Journal - Das deutsche Info-Magazin NL Nationale Liste NLA Nationale Befreiungsarmee NO Nationale Offensive NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NSDAP/AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran 289 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PIRA Provisorische Irische Republikanische A r m e e PKK Partya Karkaren Kurdistane, A r b e i t e r p a r t e i Kurdistans PSG Partei für Soziale Gleichheit, Sektion d e r Vierten Internationale RAF Rote A r m e e Fraktion REP Die Republikaner ROJA Revolutionäre O r g a n i s a t i o n -Jetzt A u f b a u e n ! RZ Revolutionäre Zellen SAF Sauerländer Aktionsfront SAG Sozialistische A r b e i t e r g r u p p e SAV Sozialistische Alternative Voran SC Scientology SDAJ Sozialistische Deutsche A r b e i t e r j u g e n d SUG N W Sicherheitsüberprüfungsgesetz N o r d r h e i n - W e s t f a l e n TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee TKP/ML Türkische Kommunistische P a r t e i / M a r x i s t e n Leninisten UN Unabhängige Nachrichten U.I.S.A. Union islamischer Studentenvereine in Europa UFK Freundeskreis Unabhängige Nachrichten UZ Unsere Zeit VdF Verlag der Freunde VGP Vereinigung für Gesamtdeutsche Politik VHO Stiftung Vrij Historisch Onderzoek VIDA Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e.V. VSG N W Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen VSP Vereinigung für Sozialistische Politik 290 Abkürzungsverzeichnis VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten WJ Wiking Jugend WVZ Westdeutsche Volkszeitung YAJK Freier Frauenverband Kurdistans YCK Union der Jugendlichen aus Kurdistan YDK Union der Gläubigen aus Kurdistan YEK-KOM Föderation kurdischer Vereine in Deutschland YEKMAL Union der kurdischen Eltern YHK Union der kurdischen Juristen YKWK Verband der patriotischen Arbeiter aus Kurdistan YNK Union der Schriftsteller aus Kurdistan YRK Union der Journalisten aus Kurdistan YXK Verband der Student/Innen aus Kurdistan YZK Union der Kinder aus Kurdistan 291 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 10 Stichwortverzeichnis Arndt-Buchdienst/Europa-Buchhandlung 147 Association for better living and education Adelaide-Institute 1 13 (ABLE) 278 A G Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 156 Ausländerextremismus und -terrorismus 209 Entwicklungstendenzen 23 A G Junge Genossinnen in NRW 157 Mitgliederzahlen 28 f A G Kommunistische Politik 155, 156 Strafund Gewalttaten 35 Agitare Bene 171 Autonome 80 f, 157, 165, 177, 1 8 0 ff Al Banna, Hassan 25, 2 4 0 Autonome Antifa (M) 157, 168, 1 7 3 , 175 Alternativ CD-Vertrieb 106, 108 AZADI e.V. (AZADI) 190 AMGT 210 Amok-Texte für terminale Täter 104, 160 B Angehörigen Info 173, 185, 2 0 6 Babbar Khalsa International (BK) 251 Anti-Antifa 82 Baumann, Werner 128 Anti-Kernkraft-Kampagne 19, 167, 179, 180, 182 BBZ Aktuell - Meldungen und Nachrichten aus Anti-Repressions-Kampagne 179 Politik 94 Antifa-KOK 176 Belhadj, Ali 241 Antifaschismus 2 0 , 2 2 , 3 4 , 4 9 , 155, Benoist, Alain de 120, 1 2 9 , 138 f 167, 169, 175 Berlin Brandenburger-Zeitung der nationalen Antifaschistische A k t i o n / Erneuerung (BBZ) 14, 4 4 , 9 2 , 9 6 , 143 Bundesweite Organisation (AA/BO) 1 67 Bewaffnete Islamische Gruppe Antifaschistische Nachrichten 4 8 , 159 (GIA) 26, 240, 2 4 3 Antifaschistische N R W Zeitung 165, 172 Blot, Yvan 130 Anti-Gentechnik 23,167,187 Bode, Oliver 143 Antiimperialistische Zelle (AIZ) 2 0 , 1 86, 1 9 5 Bonzenjäger 99 Antiimperialistischerwiderstand 23, 1 8 4 Brief-, Postund Fernmeldegeheimnis 280 Anti-Rassismus 2 0 , 4 9 , 167, 173, 177, 2 0 7 Buchdienst Witten 149 Apfel, Holger 6 9 , 7 0 , 84 ff Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) 165 Appell von Hannover 2 3 3 , 235 f Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 1 59 Applied Scholastic (APS) 278 Bundesweite Antifa Treffen (BAT) 167 Arbeiterbildungszentrum (ABZ) e.V. 161 Büro für ständige Einmischung (BSE) 157 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 23 f, 2 9 , Busse, Friedhelm 71,79 1 85, 2 2 5 ff Organisationen 227 c Arbeitskreis für deutsche Politik e.V. 137 Castel del Monte 1 34 Arme Islamique de Salut (AIS) 2 4 1 , 244 f Castor-Transporte 2 2 , 167, 1 7 2 , 181 292 Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 Celebrity Center Rheinland Deutsche Zukunft-Landesspiegel NRW 6 4 , 81 Scientology-Kirche e.V. 267 Deutscher Herbst \ QJ 2 0 3 Christophersen, Thies 112 Deutscher Kameradschaftsbund (DKB) 83 Computerspiel "Dunkle Schatten 2" 286 Deutsches Kolleg (DK) ] 37 Courage-Frauenverband 161 ff Deutschland - Schrift für neue Ordnung 1 15 Creative Zeiten Verlag und Vertrieb GmbH 104 Devrimci Halk Gücleri (DHG/Revolutionäre Criminon 278 Volkskräfte) 217 Devrimci Halk Kurtulus Cephesi D (DHKP-C) 23,25,29,217 Das Freie Forum 114 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 217 David gegen Goliath - Freunde der Die Artgemeinschaft e.V. 9 1 , 96 Jungen Freiheit 1 18 Die Nationalen e.V 81,94 Deckert, Günter 6 9 , 112 Die Republikaner (REP) 10, 12, 2 7 , 5 2 , 6 8 , Dehoust, Peter 77, 128, 130 f 77, 124 Dellwo, Karl-Heinz 204 Die Zillertaler Türkenjäger 98 DEM-Nachrichtenagentur 225,231 Dieter Koch Musikverlag 105 Demokratiepartei des Volkes (HADEP) 233 Direkte Aktion/Mitteldeutschland 83 Demokratische Partei Kurdistans (KDP) 194, 2 3 4 f Donner-Versand 8 8 , 143 Der Aktivist - Nationalistisches Infoblatt 84 Dortmunder Stimmen 64 Der Republikaner 5 2 , 105 E Der Ruhrstürmer 84 Eigenverlag Burg 145 DESG-inform 125, 141 Einheit und Kampf 8 4 f, 9 6 Detjen, Ulrike 153 Elemente der Metapolitik zur europäischen Deutsch-Europäische Studiengesellschaft Neugeburt 139 f (DESG) 125,141 En N a h d a 240 Deutsch-Kurdischer Solidaritätsverein 160 Engel, Stefan 161 Deutsch-Philippinische Freundschaftsgesellschaftl61 Erbakan, Mehmet S. 211 Deutsche Alternative (DA) 83 Erbakan, Necmetfin 211,214 Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) 92 Erdogan, Mehmet 216 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 1 9 f, 2 8 , Euro-Kurier 147 1 5 0 ff, 154 Europa Vorn 14, 102, 131 f Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 2 7 , 7 7 Ezer, Achim 84 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 18, 73 Deutsche Stimme 4 1 , 64 F Deutsche Türkische Föderation (ATF) -Graue Wölfe 29,216 FAIRSTÄNDNIS-Kampagne 285 f Deutsche Volksunion (DVU) 12 f, 16, 2 7 , 4 3 , Faurisson, Robert 110, 145 5 3 ff, 6 1 , 6 8 , 7 3 ff, 125 f FEYKA-Kurdisfan 232 Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger (DWZ/DA) 73 Flüchtlingshilfe Iran 248 293 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) 2 2 7 , 2 2 9 f, 2 3 5 , 238 H Förderkreis Deutsche Einheit 149 H.A.M.-Druckerei 225 Forum kommunistischer Arbeitsgemeinschaften 159 HAMAS 26, 240, 244 Frauen für Demokratie im Iran e. V. 248 Haule, Eva 205 Freie Deutsche Sommerakademie 15, 119, Heide-Heim e.V. (Hamburg) 83 126 f, 137 Heideheim e.V. (Buchholz) 83 Freie Stimme 8 7 , 95 Heimattreue Vereinigung Deutschlands (HVD) 83 Freier Frauenverband Kurdistans Heißler, Rolf 205 (YAJK) 228,231,234 Heß, Rudolf 7 9 , 85, 1 0 2 , 125 Freies Frauenbüro Kurdistans (FFK) 231 Hetendorfer Tagungswoche 8 3 , 9 2 , 140 Freiheit 2 6 4 , 268 Hevkari 235 Freiheitlich Libanesischer Freundeskreis (FLF] 259 Hilfsorganisation für nationale politische GeFreiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 7 9 , 83 fangene und deren Angehörige e.V. (HNG) 90 Fremdenfeindliche Straftaten 29 Historische Tatsachen 148 Freundeskreis Freiheit für Deutschland (FFD) 83 Hizb-Allah 2 6 , 2 9 , 198 f, 2 4 0 , 2 4 5 Freundeskreis Unabhängige Nachrichten (UFK)146 Hofmann, Sieglinde 205 Frey, Gerhard 4 3 , 73 Hofs, Ulrich 77 Frohnweiler, Anne 150 Hogefeld, Birgit 202, 204 f Front National (FN) 13,54,132 Hohenrain-Verlag 147 Frontdienst 84 Holocaust-Leugnung 108 G Holtmann, Udo 64, 70 Homan, Eite 82 Gauss, Ernst 1 12 Hubbard, Lafayette Ron 265 Gegendruck 173 Hubbard Xenu 266 Gegenwart und Zukunft 149 Gegenwarte 157 I German White Power Skinheads 97 Impact 264 Germania-Rundbrief 110,112 Informationsstelle Kurdistan e.V. Geronimo 169 (ISKU) 2 3 , 186 f, 194 Gesellschaft für biologische Anthropologie, Initiative Linker Aufbruch (IIA) 1 87 Eugenik 91 Initiative Prozeßgemeinschaft gegen den Euro 61 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP)54, 1 14, 130 Initiativkreis Libertad 1 85 f, 188 Gewalttaten, politisch motivierte 2 9 , 36 Institute for Historical Review (IHR) 1 1 0 , 113 GNN-Verlag 156,158,192 Interim 165,172,193,208 Grabert, Wigbert 146 International Sikh Youth Federation (ISYF) 251 Grabert-Verlag 112,146 Internationale Sozialisten (IS) 165 Graue Wölfe; Siehe Deutsche Türkische Internationale Vereinigung der Föderation (ATF) Scientologen jlAS) 270 f 294 Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 Internet 3 9 , 4 0 , 4 8 , 172 Käs, Christian 54 Antifa 175 Kaya, Yasar 233, 237 Ausländerextremismus 49 Kaypakkaya, Ibrahim 222 Autonome 173 Die Republikaner 63 Kebir, Rabah 241 f DVU 76 Kieckers fünfte Kolonne und die Holländer 102 Junge Freiheit 1 18 Klar, Christian 205 Linksextremisten 47 MLPD 164 Köbele, Patrik 150 Neonazis 96 Kögel, Ernst Günther 1 15 Neue Rechte 117 KOMKAR (Verband der Vereine aus NPD 41,71,96 Kurdistan) 228 NRW-Verfassungsschutz 285 Rechtsextremisten 11,41 Kommunistische Partei -Aufbauorganisation Revisionisten 1 12 (KP-IÖ) 224 Rundfunk per Internet 50 Kommunistische Plattform (KPF) NRW 153, 155 Scientology 271 Kompetenz 264 SDAJ 153 Konservative Gesprächskreis Hannover e.V. 1 17 Irving, David 1 1 0 f , 145, 147 Konservative Revolution 1 15 f, 126 Islamische Gemeinschaff Milli Kontrolle des Verfassungsschutzes 2 8 1 , 285 Görüs e.V. (IGMG) 26,29,210 Köschinger Resolution 130 Islamische Heilsfront (FIS) 49, 240 f Kosiek, Rolf 114, 140, 147 Islamischer Bund Palästina (IBP) 244 Krebs, Pierre 129, 138, 140 J Krefelder Gesprächskreis Deutsche Politik 77 Kubiak, Thomas 7 8 , 88 Jarama 186 f Kubillus, Volker 278 Jaschke, Hans-Gerd 271 f, 284 Kurdisches Exilparlament 228, 233, 237 Jina Serbilind (Die stolze Frau) 231 Kurdisches Kulturund Friedensfestival 236 Junge Freiheit (JF) 14, 16, 4 1 , 6 3 , 1 1 7 f, Kurdistan-Brigaden 2 0 , 192, 194 126, 139 Kurdistan-Informationszentrum (KIZ) 4 9 , 189, 2 3 8 Junge Freiheit Verlag G m b H & Co. 1 17 Kurdisfan-Report 192 Junge Freiheit-Leserkreise 1 19 Kurdistan-Rundbrief 4 1 , 4 8 , 160, 192 Junge Nafionaldemokraten (JN) 13, 2 7 , 4 1 , Kurdistan-Solidarität 2 0 , 2 3 , 159, 189 ff 68,84 Kurtulus 217 Junges Forum 141 Junges Franken - Zeitung der nationalen L Erneuerung 94 K Lauck, G a r y Rex 89, 96 Le Pen, Jean-Marie 114, 132 Kameradschaft Oberhavel (Brandenburg) 83 Leitheft 145 Kaplan, Metin 209 Lemmer, Torsten 9 7 , 104, 125 Kaplan-Verband (ICCB) 26, 209 Lernen und Kämpfen (luk) 161 Karatas, Dursun 217 Leuchter, Fred A. 110 295 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Leuchter-Report 109, 1 12 f Mitbürger unterstützen Toleranz (MUT) 278 Liberation Tigers of Tamil Eelam Mjölnir-Versand+Verlag GmbH 107 (LTTE) 29, 49, 2 4 9 Mohnhaupt, Brigitte 205 Linksextremismus und -terrorismus 150 Möller, Irmgard 204 Entwicklungstendenzen 19 Moonstomp 9 5 , 104 Mitgliederzahlen 28 Strafund Gewalttaten 34 MOTTEK Crescendo 165, 171 Lober, Jochen 1 27 Mücadele 222 Loch in der Zensur (LiZ) 172 Müller, Ursula 90 Lokalberichte Musa Anter 2 4 f, 190, 2 3 5 Essen 160 Muslimbruderschaft (MB) 244 Gelsenkirchen 160 Köln 159 N M Nachrichten der H N G 90 Nachrichtendienste Madani, Abbassi 241 China 260 Mailboxen 43 Iran 256 ComLink-Netzwerk (CL-Netz) 4 8 , 1 88 Kasachstan 256 Linksextremisten 47 Libyen 258 Nordland-Netz 46 Nordkorea 260 Rechtsextremisten 45 Ostund Südosteuropa 258 REP-Netz 46 Ostblock, ehemaliger 252 SpinnenNetz (SN) 48 Rußlands und weiterer GUS-Staaten 254 Thule-Netz 4 0 , 4 4 , 82, 139 Syrien, Libanon 259 Verfassungsschutz N R W 285 Nachrichtendienstliches Informationssystem Marquardt, Angela 45, 1 57 (NADIS) 282 Marxistische Leninistische Kommunistische Nadir-Projekt 1 5 7 , 173 Partei (MLKP) 29; 2 2 4 f Narconon 278 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland Nation & Europa 14, 5 4 f, 77, 1 0 0 , 115, (MLPD) 28, 161 126, 128 f Mayer, Roland 204 Nation-Europa-Freunde e.V. 129 MDV-Verlag 143 National Journal - Das deutsche Mechtersheimer, Alfred 1 3 f, 1 7 f, 5 5 , 1 1 6, Info-Magazin (NJ) 111,113 120, 124, 127, 130 ff Nationaldemokratische Partei Deutschlands MED-TV 4 9 , 194, 2 2 5 , 2 3 0 ff (NPD) 10, 12 ff, 2 7 , 4 1 , 5 3 f, 6 1 , 6 4 f, 7 9 , 84 ff, 9 4 , 105, 114, 1 4 1 , 148 Medya 194 Nationale Befreiungsarmee (NLA) 247 Messinger, Jupp 198 Nationale Befreiungsfront Kurdistans Mezopotamien Verlag & Vertrieb, Köln 225 (ERNK) 192,225,227 Midgard Versand 107 Nationale Info-Telefone (NIT) 14, 17, 4 3 , 4 6 , 58, Militanter Linksextremismus 19, 2 1 , 2 8 , 8 8 , 1 6 5 , 7 8 , 9 6 , 176 170, 1 84 Nationale Islamische Front (NIF) 240 Milli Gazete 214 Nationale Liste (NL) 83 Milli Görüs & Perspektive 210 296 Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 Nationale Offensive (NO) 83 PDS-Rundbrief Nordrhein-Westfalen 1 5 3 , 159 Nationaler Block (NB) 83 PIRA-Sinn Fein 249 Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) 29, 2 4 7 Pohl, Helmut 205 Nationalistische Front (NF) 83 Political correctness (PC) 1 22, 1 29 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/ Priemer, Rolf 150 Auslandsund Aufbauorganisation Prümmer, Michael (NSDAP/AO) 89 Michael Prümmer-Buchdienst und Verlag 105 Neonazis 10, 13, 2 7 , 4 3 , 6 8 , 7 1 , 7 8 , 81 f, Pühse, Jens 70 8 4 , 8 6 , 88 f, 9 0 ff, 102, 104 Neubauer, Harald 77, 1 15, 128, 130 R Neue Doitsche Welle 104 radikal 157, 167, 173, 179 Neue Rechte 14, 17 f, 1 1 5 , 117, 138 Radio Islam 1 13 Neuer Weg Verlag und Druck GmbH 1 61 Radjavi, Maryam 247 f Nordische Zeitung 91,92 Radjavi, Massud 247 Nordischer Ring (NR) 91 Rebell 1 6 1 , 163 f Nordkraft 104 Rechtsextremismus 52 Notwehr 102 Entwicklungstendenzen 10 Nouvelle Droite 120, 138 ff, 142 Kampagnenthemen 16 NRW-REPort 52 Mitgliederzahlen 27 Strafund Gewalttaten 29 f NS-Kampfruf 89 Refah-Partei 21 1, 2 1 3 f o Remer, Ernst Otto 11 1 Remer-Depesche 11 1 Oberlercher, Reinhold 14, 127, 137 Rennicke, Frank 4 3 , 4 5 , 107, 125, 1 4 7 Öcalan, Abdullah 2 4 , 191 f, 225 f, 2 2 8 , REP; Siehe Die Republikaner 2 3 1 , 2 3 3 , 2 3 7 ff Revisionismus 1 0 8 , 113, 129, 145 f Offensive 102 Revolutionäre Organisation Öffentlichkeitsarbeit des -Jetzt Aufbauen! (ROJA) 187 NRW-Verfassungsschutzes 283 Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front Ohrwurm-Records 107 (DHKP-C) 23, 25, 29, 35, 49, 2 1 7 OLECAUST 122 Revolutionäre Zellen (RZ) 20, 2 0 7 Organisation der Volksmodjahedin Iran (MEKJ247 Rieger, Jürgen 71,83,91 Ostanatolisches Gebiefskomitee (DABK) 222 RK-Druck und Vertrieb Hagen 143 Oven, Wilfred von 115, 140 Rock N o r d 4 3 , 9 7 , 102, 104 f, 125 Ozdogan, Hasan 215 Rock-O-Rama Records 106 Ozgür Gelecek (Freie Zukunft) 222 Röder, Thomas 278 Özgür Politika (Freie Politik) 225, 2 3 1 , 234 Roeder, Manfred 69, 89, 92 P Röhler, Andreas 135 f Rollnik, Gabriele 204 Partei der nationalistischen Bewegung 216 Rot-Füchse 161 Partizan Sesi (Die Stimme des Partisanen) 222 297 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordhrein-Westfalen 1 9 9 7 Rote Armee Fraktion (RAF) 160, 166, 170, 185, Solidarität International 161 ff 187, 193, 2 0 0 ff Sozialistische Alternative Voran (SAV) 1 64 RAF-Häftlinge 1 8 6 , 199, 203 ff Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 1 65 RAF-Kommandoebene 1 84, 200, 202 RAF-Umfeld 2 0 , 1 83 f, 1 8 7 , 1 8 9 , 198 f, 2 0 6 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Rote Fahne 161 ff (SDAJ) 4 7 , 152 Rote Zora 20, 207 f SpinnenNetz 48 Rouhs, Manfred 102, 105, 108, 130 ff Spionageabwehr 252 Rudolf, Germar siehe auch Scheerer, Germar Staatsbriefe 122, 127, 134 f, 137, 141 Rudolf-Gutachten 109, 112 Stehr, Heinz 150 Rudolf-Heß-Aktionen 10, 1 3 f, 4 6 f, 6 8 , 78 f, Stein, Dieter 123 f, 126 86 f, 125 Steiniger, Bruni 150 Ruhrgebiets-Info 171 Sterka Ciwan (Stern der Jugend) 231 Stiftung Vrij Historisch Onderzoek S (VHO) 111 f, 145, 148 Sander, Hans-Dietrich 134 f Strauß, Wolfgang 1 28 Sauerländer Aktionsfront (SAF) 13, 4 5 , 7 9 , 8 7 streng gemein 172, 199, 2 0 4 Scheerer, Germar 112 f, 145 Synergon Deutschland 142 Schlierer, Rolf 10, 13, 16, 52 f, 5 5 , 6 0 T Schmitt, Carl 127 Tacheles 153, 156 Schönhuber, Franz 5 3 , 6 0 , 77, 130 f, 133 Tamil Eelam Saithikal (Tamil Eelam Schulz, Adelheid 205 Nachrichten) 249 Schütz, Waldemar 1 15 Thadden, Adolf von 128 Schützinger, Jürgen 115,130 Thetan 266 Schwab, Jürgen 127 THKPC 219 Schwedt, Frank 70,81,94 Thule-Seminar 1 17, 1 2 9 , 138 f, 142 Scientology-Mission Gelsenkirchen e.V. 267 Trotzkistische Gruppierungen 164 Scientology-Mission Nordrhein-Westfalen e.V. 2 6 7 Tunc, Cemil 214 Scientology-Organisation 264 Türk Federasyon Bülteni 216 Scumfuck 106 Türkische Kommunistische Serxwebun (Unabhängigkeit) 2 2 5 , 231 Arbeiterbewegung (TKIH) 224 Sicherheitsüberprüfungsgesetz Türkische Kommunistische Partei/ Nordrhein-Westfalen 280 Marxisten Leninisten (TKP/ML) 29, 2 2 2 f Siegener Bärenruf Skinheads 104 14, 2 7 , 3 3 , 7 1 , 7 9 , 84, 9 7 ff u Bands 100, 102, 105 f, 108 Ulrich-von Hutten-Medaille 140 Fanzines 104 Skin-Musik 9 7 , 103, 125 Ummet-i Muhammed 209 Skinheads Allgäu 83 Unabhängige Antifa Bielefeld (UAB) 168 Sleipnir 135 f Unabhängige Nachrichten (UN) 146, 149 298 Entwicklungen im Extremismus 1 9 9 7 Union der Gläubigen aus Kurdistan (YDK) 228 Union der Journalisten aus Kurdistan (YRK) 228 w Union der Jugendlichen aus Kurdistan Wagner, Rolf Klemens 205 (YCK) 228,233 Wahl, Max 1 10 Union der Kinder aus Kurdistan (YZK) 228 Walendy, Udo 7 0 , 136, 147, 148 Union der kurdischen Eltern (YEKMAL) 228 Wallenstein, Klaus 161 Union der kurdischen Juristen (YHK) 228 Wehrmachtsausstellung 13, 6 8 , 75, 7 8 , 123 Union der Lehrer aus Kurdistan (YMK) 228 Widerstand - Die Zeitung der volkstreuen Union der Schriftsteller aus Kurdistan (YNK) 228 Deutschen 95 Unsere Zeit (UZ) 150,152,154 Wiegräfe, Hans-Dieter 73 V W i k i n g Jugend (WJ) 83 Winkelsett, Ursula 52, 56 Verband der Student/Innen aus Kurdistan Winterstetter, Inge 128 (YXK) 228 Wirtschaftsund Geheimschutz 262 Verband engagierter Manager e.V. (VEM) 279 Wirtschaftsspionage 252 Verbeke, Siegfried und Herbert 145 Wisniewski, Stefan 205 Verbotene Neonazi-Organisationen 83 Worch, Christian 71,82 Verein zur Förderung Internationaler World Institute of Scientology Enterprises Jugendtreffen 161 (WISE) 278 Vereinigung für Gesamtdeutsche World-Wide-Web ( W W W ) ; siehe Internet Politik e.V. (VGP) 115 Vereinigung für Sozialistische Y Politik (VSP) 28,157,159 Yüksel, Ali 210, 214 f Verfassungsschutz durch Aufklärung 283 Verfassungsschutzgesetz N W 2 7 4 f, 2 7 7 , 2 8 0 Z Verlag der Freunde (VdF) 135 Zeck 173 Verlag Deutsch-Europäische Studien GmbH 141 Verlag für Volkstum und ZeitgeschichtsZentralorgan 14, 95 forschung 148 ZILAN 225,231 Verlag und Agentur Werner Symanek Zimmermann, Andree 7 8 , 88 (VAWS) 146 Zitouni, Djarjel 243 Viett, Inge 1 5 1 , 1 8 7 , 205 Zouabri, Antar 243 Vlaams Blök (Vß) 1 3 , 5 4 , 130 Zündel, Ernst 1 1 0, 1 1 3 Vöcking, Knud 153 Zur Zeit 118 Voice of Freedom 110 Voigt, Udo 13, 6 4 , 68 f, 86 Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) 192,226 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg 160 299 Hinweis Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Innenministeriums NordrheinWestfalen herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbuna verwendet werden. Dies gilt Bestellkarte Senden Sie mir kostenlos an die umseitige Anschrift (zutreffendes bitte ankreuzen) * den aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen * die Broschüre "Abschlußbericht der Arbeitsgruppe SC der Verfassungsschutzbehörden zur Frage der Beobachtung der Scientology-Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden" * die Broschüre "Rechtsgrundlagen des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen" * das neue Jugendmagazin "Basta" * die Pädagogische Handreichung "Basta" * das CD-ROM-Computerspiel "Dunkle Schatten II - Im Netzwerk gefangen" (HardwareVoraussetzungen mindestens PC 486, 8 MB; nicht für Mac und Amiga) Nehmen Sie mich bitte in den Verteiler * für künftige Verfassungsschutzberichte auf * für sonstige Materialien des Verfassungsschutzes auf Es wird um eine stichwortartige Begründung gebeten, wenn Sie mehrals 1 Exemplareines Artikels wünschen; Klassensätze erhalten Sie mit Schulstempel. Ort, Datum Unterschrift Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Abteilung Verfassungsschutz Referat Öffentlichkeitsarbeit Postfach 10 3 0 1 3 4 0 0 2 1 Düsseldorf Hinweis Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Innenministeriums NordrheinWestfalen herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für die Landtags-, Bundestagsund Kommunalwahlen sowie auch für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Mißbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Eine Verwendung dieser Druckschrift durch Parteien oder sie unterstützende Organisationen ausschließlich zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder bleibt hiervon unberührt. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Der Inhalt dieser Broschüre wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.