Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Vorwort ................................................................................................ 3 1 Rechtsextremismus ......................................................................... 4 1.1 Entwicklungstendenz ....................................................................................4 1.2 Neonazistische Gruppen ...............................................................................5 1.2.1 "Die Bewegung".................................................................................5 1.2.2 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP).......................................6 1.2.3 Freie Betriebszellen-Organisation (FBO)...........................................8 1.2.4 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG)...............................................................................8 1.2.5 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO).................8 1.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)......................................9 1.4 "National Freiheitliche" ................................................................................11 1.5 Rechtsextremistische Jugend .....................................................................11 1.5.1 Wiking-Jugend (WJ) ........................................................................11 1.5.2 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ)....................................................12 1.5.3 Jugendliche Randgruppen ...............................................................12 1.6 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten ...................................................12 1.6.1 Nationalistische Front (NF) ..............................................................12 1.6.2 Kulturund Weltanschauungsvereinigungen ...................................13 1.6.3 Schmierund sonstige Aktionen ......................................................13 1.7 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst ...................................................13 2 Linksextremismus.......................................................................... 19 2.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................19 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).....................................................20 2.3 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen ..............................26 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ..............................26 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) ..............................26 2.3.3 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (J P).................26 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen.................................................................27 2.4.1 "Die Friedensliste" ...........................................................................27 2.4.2 Demokratische Fraueninitiative (DFI) ..............................................28 2.4.3 Deutsche Friedens-Union (DFU) .....................................................28 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK)..................................................................................................28 2.5 Bündnispolitik ..............................................................................................29 2.6 Dogmatische Neue Linke ............................................................................29 2.6.1 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)...................29 2.6.2 Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) .............................................30 2.6.3 Autonome Sozialistische Jugendgruppen (ASJG) ...........................30 2.6.4 Marxistische Gruppe (MG)...............................................................30 2.7 Undogmatische Neue Linke ........................................................................30 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 2.8 Linksextremisten im öffentlichen Dienst ......................................................31 3 Terrorismus .................................................................................... 38 3.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................38 3.2 Rote Armee Fraktion (RAF).........................................................................38 3.3 "Militante" der RAF......................................................................................38 3.4 Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) ..........................................................40 3.5 Terroristische Gewalttaten sonstiger Gruppen ............................................40 3.6 Umfeld der RAF und sonstiges terroristisches Umfeld................................41 3.7 Terroristische und sonstige politisch motivierte Gewalttaten.......................43 4 Ausländerextremismus.................................................................. 47 4.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................47 4.2 Türken .........................................................................................................47 4.3 Kurden.........................................................................................................50 4.4 Iraker...........................................................................................................52 4.5 Iraner...........................................................................................................52 4.6 Srilanker ......................................................................................................53 4.7 Libyer und Palästinenser.............................................................................54 4.8 Jugoslawen .................................................................................................54 4.9 Spanier........................................................................................................55 5 Spionageabwehr............................................................................. 57 5.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................57 5.2 Nachrichtendienstliche Aufträge gegen Nordrhein-Westfalen .....................57 5.3 Politische Spionage.....................................................................................57 5.4 Illegale Technologiebeschaffung durch Nachrichtendienste der Staaten des Warschauer Paktes ....................................................................................58 5.5 Militärspionage ............................................................................................60 5.6 Aufträge vorbereitender und unterstützender Art ........................................60 5.7 Werbung......................................................................................................60 6 Strafrechtspflege............................................................................ 62 6.1 Verfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten.....................................62 6.2 Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten .......................................62 6.3 Demonstrationsstrafttaten ...........................................................................63 7 Anhang............................................................................................ 64 7.1 Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ...........................64 7.2 Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ...........................65 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Vorwort Der "mündige und kritische" Bürger ist der beste Verfassungsschützer. Ihn über die vielfältigen gegen unseren Rechtsstaat gerichteten verfassungsfeindlichen Bestrebungen und sicherheitsgefährdenden Aktivitäten zu unterrichten ist das Ziel des jährlich veröffentlichten Verfassungsschutzberichtes der Landesregierung. Diese durch Kenntniserweiterung verbreitete politische Bildung befähigt den Bürger vermehrt, erfolgreich die politische Auseinandersetzung mit den Extremisten von links und rechts zu führen. Wenn dabei wie auch in den vorangegangenen Jahren festgestellt werden kann, daß politischer Extremismus, Terrorismus und Spionage unseren freiheitlichen Staat zwar bedrohen, aber nicht ernsthaft gefährden können, darf dies die Aufmerksamkeit nicht einschläfern. Wenn auch für das Jahr 1986 keine bedeutsame Zunahme der Zahl der Extremisten festzustellen ist, so kann andererseits auch keine Verminderung des verfassungsfeindlichen Potentials festgestellt werden. Dabei stimmt die zunehmende Gewaltbereitschaft bedenklich. Hier rechtzeitig die politisch Verantwortung Tragenden zu unterrichten, ist Aufgabe der an Recht und Gesetz gebundenen Behörden für Verfassungsschutz. Sie dienen damit der Sicherheit der Bürger und des Staates, in dem wir leben. Ihre Erkenntnisse schlagen sich für alle zugänglich in dieser Veröffentlichung nieder. Dr. Herbert Schnoor Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 1 Rechtsextremismus 1.1 Entwicklungstendenz Die rechtsextremistische Szene hat sich im Laufe des Jahres 1986 in NordrheinWestfalen kaum verändert. Die Zahl ihrer Mitglieder liegt weiterhin um 4.000 (Bund: 22.000), darunter 1.000 Nationaldemokraten und 2.500 sog. NationalFreiheitliche. Der Anteil der aktiven Neonazis ist allerdings von ca. 150 auf etwa 220 (Bund: 1.450) angestiegen. Im neonazistischen Bereich konnte die aus Anhängern der verbotenen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) bestehende Gruppe um die Schrift "Die Neue Front" ihre führende Stellung zunächst behaupten. Die von leitenden Funktionären dieser Gruppe Mitte 1986 in den eigenen Reihen ausgelöste Kampagne gegen Homosexuelle hat jedoch zu erheblicher Unruhe und zur Fraktionsbildung unter den Anhängern geführt, insbesondere nachdem ihre bekanntesten Mitglieder, Michael KÜHNEN und Thomas BREHL, im Herbst 1986 ihren Austritt erklärten. Die Neonazis haben 1986 die Unterwanderung der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) gezielt fortsetzen können. Sie besetzten neben den Ortsund Landesvorständen auch die entscheidenden Funktionen im Bundesvorstand und sind damit in der Lage, die Aktivitäten dieser Partei entscheidend zu bestimmen. Im Juni 1986 hat der Innenminister der Landes Nordrhein-Westfalen deshalb den Bundesminister des Innern aufgefordert, Schritte zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der FAP mit einem Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht zu unternehmen und dem Schreiben entsprechendes Beweismaterial beigefügt. Für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und deren Jugendund Studentenorganisationen, die ihren Mitgliederbestand in etwa halten konnten, stand das Jahr 1986 ganz im Zeichen der Bundestagswahl 1987. Es ist ihnen gelungen, bundesweit die erforderlichen Unterstützerunterschriften beizubringen und damit die Zulassung ihrer Landeslisten und der in vielen Wahlkreisen aufgestellten Direktkandidaten zu erreichen. Bei der Wahl am 25. Januar 1987 konnte die NPD in Nordrhein-Westfalen mit ca. 41.000 = 0,4 % Zweitstimmen ihren Stimmenanteil gegenüber der Bundestagswahl 1983 (ca. 19.400 Stimmen) verbessern. Sie lag jedoch unter dem Bundesdurchschnitt (ca. 227.000 = 0,6 %). Der maßgebliche Vertreter der "National-Freiheitlichen", der Münchener Verleger Dr. Gerhard FREY, hat 1986 den Verlag der Deutschen Wochen-Zeitung übernommen und beherrscht damit fast vollständig den Zeitungsmarkt der rechtsextremistischen Szene. Die von ihm initiierte Deutsche Volksunion (DVU) mit ihren Aktionsgemeinschaften gehört weiterhin mit ihren ca. 12.000, allerdings weitgehend inaktiven älteren Mitgliedern zu den mitgliederstärksten rechtsextremistischen Vereinigungen in der Bundesrepublik Deutschland. Der 1984 als sechste Aktionsgemeinschaft gegründete "Schutzbund für Leben und Umwelt" nannte sich 1986 in "Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur" um. Hierzu kam Ende 1986 der sog. Wahlverband "Deutsche Volksliste", mit dem Dr. FREY eine "Sammlung aller nationalbewußten Deutschen" anstrebt. 4 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Die übrigen Gruppen der extremistischen Rechten sind 1986 in NordrheinWestfalen öffentlich kaum in Erscheinung getreten. Sie beschränkten sich weitgehend auf das eigene Verbandsleben und die Herausgabe ihrer Publikationen. Wie in den Vorjahren waren auch 1986 eine Vielzahl von Schmieraktionen zu verzeichnen, die angesichts der verwendeten Parolen und Symbole (Hakenkreuze pp.) auf eine rechtsextremistische Motivation der meist unbekannt gebliebenen Täter schließen lassen. Die vielfachen Reaktionen auf das Auftreten rechtsextremistischer Parteien und Organisationen machten 1986 deutlich, daß die breite Öffentlichkeit auf das Wiederaufleben nazistischer Vorstellungen aufmerksam und kritisch reagiert. Insgesamt gesehen ging jedoch auch 1986 von den Rechtsextremisten keine unmittelbare Gefahr für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung aus. 1.2 Neonazistische Gruppen 1.2.1 "Die Bewegung" Die Anhängerschaft der 1983 verbotenen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA), die sich in Anknüpfung an den Sprachgebrauch der NSDAP "Bewegung" nennt, hat ihren personellen Zusammenhalt mit eigenen Organisationsund Führungsstrukturen und eigenen Veranstaltungen bewahren können. Sie sieht sich als die alleinige Trägerin der NS-Idee und gründet hierauf ihren Führungsanspruch im neonazistischen Lager. Gegen Ende des Jahres 1986 verwendete sie in Nordrhein-Westfalen intern auch wieder die Bezeichnung des 1984 gegründeten "Komitees zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers (KAH)"., insbesondere für Einladungen, aber auch für eine "Dienstvorschrift" des KAH. Auf einem sog. Gautreffen am 19. Juli 1986 in Grevenbroich rief der stellvertretende Organisationsleiter der "Bewegung", Jürgen MOSLER aus Duisburg, in einer polemisch gehaltenen Rede zum "Kampf gegen Dekadenz" (gemeint war die Homosexualität) auf und forderte den Ausschluß aller Homosexuellen. Dem gleichen Thema diente ein Flugblatt "Der Kampf geht weiter", in dem Homosexualität u. a. "als Krankheit und als Verrat am Volk" bezeichnet und abgelehnt wurde. Unter dem Druck dieser von der Mehrheit der Anhänger zunächst akzeptierten Entwicklung haben die führenden Funktionäre Michael KÜHNEN und Thomas BREHL Konsequenzen gezogen und sind im August 1986 formell aus der "Bewegung" ausgetreten. Jürgen MOSLER und ein Funktionär aus Hannover haben daraufhin die Führung der "Bewegung" übernommen. Im Impressum der bisher von Michael KÜHNEN herausgegebenen "Neuen Front" erscheint derzeit als Herausgeber ein "braunes Autorenkollektiv". Seit Oktober 1986 wurden Sonderausgaben der "Neuen Front" (Nrn. 36 und 37) verbreitet, in denen ein Treuebekenntnis zu Michael KÜHNEN abgelegt und darauf hingewiesen wurde, daß viele Kameraden, so auch eine "Kameradschaft" aus Nordrhein-Westfalen, der neuen Führung unter Jürgen MOSLER "die Gefolgschaft" verweigert haben. Dahinter stehen Bemühungen eines NSAktivisten, "die Gesinnungsgemeinschaft Michael KÜHNENs" zu erhalten Wie 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 durch ein Rundschreiben des ehemaligen ANS/NA-Kameradschaftsführers aus Hagen vom November 1986 ergänzend bekannt wurde, ist dieser von KÜHNEN beauftragt worden, Kontakte zu allen NS-Anhängern herzustellen, die bereit sind, dem "alten Chef und seiner Konzeption des revolutionären Kampfes" zu folgen. Zum Ende des Jahres 1986 stehen sich in der "Bewegung" zwei um den Führungsanspruch ringende Gruppen gegenüber und zwar die Gruppe um MOSLER mit dem Übergewicht im norddeutschen und die Gruppe um KÜHNEN mit dem Übergewicht im süddeutschen Raum. 1.2.2 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) Die Unterwanderung der FAP durch Anhänger der "Bewegung" ist 1986 fortgesetzt worden. Der Kreis der Mitglieder und Anhänger der FAP dürfte im Landesbereich inzwischen bei ca. 170 (bundesweit bei ca. 430) Personen liegen. Er ist personell überwiegend mit den Anhängern der "Bewegung" in NordrheinWestfalen identisch. Am 07. Juni 1986 fand in Stuttgart der erste FAPBundesparteitag statt, an dem etwa 120 Personen, darunter 89 Delegierte, teilnahmen. Die Delegierten bestätigten den bisherigen Bundesvorsitzenden Martin PAPE aus Stuttgart mit großer Mehrheit in seinem Amt. Der übrige Vorstand setzt sich aus Anhängern der "Bewegung" zusammen; damit wird deutlich, daß die Delegierten zwar PAPE mit großer Mehrheit wiederwählen wollten, ansonsten aber Bundesvorstand und Schiedsgericht unter den Einfluß der "Bewegung" gebracht haben. Sie folgten damit offensichtlich einer taktischen Überlegung, im Hinblick auf ein möglicherweise drohendes Verbotsverfahren den "ANS/NA-unbelasteten" PAPE im Amt zu belassen, die übrigen Vorstandsfunktionen jedoch mehrheitlich durch Anhänger der "Bewegung" zu besetzen. Bereits vor dem Parteitag war das überarbeitete, im Hinblick auf Verbotsüberlegungen die wahren Ziele verschleiernde FAP-Programm in der von PAPE herausgegebenen Zeitung "Deutscher Standpunkt" veröffentlicht worden. Es wurde en bloc mit Stimmenmehrheit angenommen. Die Programmergänzungen lassen einen deutlichen Antikommunismus erkennen; in der öffentlichen Diskussion stehende Themen (Atomkraft, SDI, Umweltschutz) wurden eingearbeitet. Die FAP hat sich im Oktober 1986 an der Kommunalwahl in Niedersachsen beteiligt und dort in vier Wahlkreisen 515 Stimmen erhalten. Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg im November 1986 erhielt sie insgesamt 717 Stimmen. Der Beschluß, bundesweit auch zur Bundestagswahl 1987 zu kandidieren, mußte aufgegeben werden, da die erforderlichen Unterschriften von Unterstützern nicht beigebracht werden konnten. Nur in Bremen wurde eine Landesliste zugelassen' auf die 403 Zweitstimmen entfielen. Direktkandidaten in Niedersachsen und Baden-Württemberg erhielten 184 bzw. 157 Erststimmen. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen hat als mitgliederstärkster Landesverband entscheidenden Anteil an der neonazistischen Unterwanderung der FAP. Um dem zu begegnen, enthob der FAP-Bundesvorsitzende PAPE am 11. März 1986 den nordrhein-westfälischen FAP-Landesvorsitzenden seiner Funktion und schloß ihn aus der Partei aus. Er begründete diese Maßnahme 6 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 damit, daß dieser mit NS-Anhängern zusammenarbeite und im Namen der FAP nationalsozialistisches Gedankengut verbreite. Dieses - so PAPE - sei mit dem FAP-Programm nicht zu vereinbaren. Wichtige Positionen des Landesvorstandes sind dann wieder mit ehemaligen Aktivisten der verbotenen ANS/NA besetzt worden. Der bisherige stellvertretende Landesvorsitzende und Kassenwart wurde neuer kommissarischer Landesvorsitzender. Am 19. Juli 1986 fand gleichzeitig mit dem "Gautreffen" der "Bewegung" in Grevenbroich der Landesparteitag des FAP-Landesverbandes NRW statt, an dem auch Anhänger der FAP aus anderen Bundesländern sowie Rechtsextremisten aus den Niederlanden und Österreich teilnahmen. Wesentlicher Tagesordnungspunkt war die Wahl des Landesvorstandes. Der bisherige kommissarisch tätige Landesvorsitzende wurde in seinem Amt bestätigt. Am 30. August 1986 trafen sich ca. 140 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet in Soltau zu einem gemeinsamen "Gautreffen" der Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Es diente gleichzeitig als Landesparteitag des Landesverbandes Niedersachsen, um den Forderungen des dortigen Landeswahlleiters für evtl. Teilnahme an den Kommunalwahlen im Oktober 1986 in Niedersachsen nachzukommen. Unter den Teilnehmern befanden sich ca. 30 FAP-Anhänger aus Nordrhein-Westfalen. Ferner nahmen der ehem. Generalmajor der Wehrmacht, Otto Ernst REMER aus Kaufbeuren, sowie der ehem. Leiter der verbotenen "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit" (VSBD/PdA), Friedhelm BUSSE aus München, der am 22. August 1986 aus Strafhaft entlassen worden war, an dem "Gautreffen" teil. Auch an einem "Gauaktionstag" am 1. November 1986 in Hamburg, der zur propagandistischen Unterstützung der FAP für die Hamburger Bürgerschaftswahlen am 8. November 1986 diente, beteiligten sich Anhänger des FAP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen. In den letzten Monaten des Jahres waren die Anhänger des FAPLandesverbandes Nordrhein-Westfalen bemüht, die für eine Teilnahme an der Bundestagswahl 1987 erforderlichen Unterstützungsstimmen zur Aufstellung der Landesliste und der Kreiswahlvorschläge zu erlangen. Gleichzeitig und als propagandistische Unterstützung wurden in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens Druckmaterialien (Flugblätter/Aufkleber) verbreitet, u. a. die Ausgabe Nr. 6 der "FAP-Nachrichten", in der unter der Überschrift "Deutschland ist kein Urwald - Ausländer raus" gegen die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Gastarbeiter polemisiert sowie u. a. in Anlehnung an den 40. Jahrestag der Nürnberger Prozesse eine Gedenktafel für die "am 16.10.1946 in Nürnberg ermordeten Kameraden der Reichsregierung" veröffentlicht wurde. Gegen die Herausgeber sind mehrere Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen SSSS 86,130 StGB anhängig. Zu einer bemerkenswerten Gewaltanwendung kam es am 17. Januar 1986, als ca. 20 FAP-Mitglieder aus Duisburg nach einer Veranstaltung in einer Duisburger Gaststätte Mitglieder eines "antifaschistischen Bündnisses", die sich zu einer Demonstration versammelt hatten, vor dem Tagungslokal angriffen. Bei den 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 tätlichen Auseinandersetzungen wurde ein Demonstrant durch den Schuß aus einer Gaspistole erheblich verletzt und ein Pkw beschädigt. Die Polizei nahm neun FAP-Anhänger fest, gegen zwei erging Haftbefehl, u. a. wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und des Landfriedensbruches. Die Beteiligten wurden vom Landgericht Duisburg u. a. mit Haftstrafen bis über zwei Jahre verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. 1.2.3 Freie Betriebszellen-Organisation (FBO) Die FBO ist der Versuch eines NS-Aktivisten und FAP-Sympathisanten, nationalsozialistische Ideen in die Betriebe zu tragen und damit ein neues Propagandafeld für die FAP zu schaffen. Die Organisationsbezeichnung lehnt sich an die 1931 gegründete "Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation" an, die später in der NS-Organisation "Deutsche Arbeitsfront" aufging. Anhänger der FAP verbreiteten am 1. Mai 1986 in Düsseldorf am Rande der Gewerkschaftskundgebungen Flugblätter der FBO. Darin wurde - ohne den rechtsextremistischen Hintergrund der FBO erkennen zu lassen - zur Bildung von Betriebsgruppen unabhängig von den bestehenden Gewerkschaftsorganisationen aufgerufen. 1.2.4 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) Die HNG hat sich die Aufgabe gesetzt, rechtsextremistische Häftlinge moralisch und finanziell zu betreuen. Sie zählt etwa 200. Mitglieder, davon ca. 40 in Nordrhein-Westfalen. Die diesjährige Jahreshauptversammlung der HNG fand am 12. April 1986 in Schwarzenborn (Schwalm-Eder-Kreis) statt. Unter den etwa 60 Teilnehmern befanden sich auch maßgebliche FAP-Funktionäre aus Nordrhein-Westfalen. Im Anschluß an eine Protestkundgebung kam es zu einem Zwischenfall, als drei HNG-Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen vier Demonstranten überfielen und u. a. mit einer Pistole bedrohten. An einer Mitgliederversammlung am 22. November 1986 in Bad Nauheim beteiligten sich insgesamt ca. 70 Personen aus verschiedenen Bundesländern. In einer Begrüßungsansprache bezifferte die Vorsitzende den Bestand an zahlenden Mitgliedern auf ca. 200. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat ein Ermittlungsverfahren gegen Funktionäre der HNG wegen Verdachts des Verstoßes gegen SS 20 Vereinsgesetz mit Verfügung vom 7. Jan. 1986 gegen alle Beteiligten gem. SS 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da ein Nachweis, die HNG sei als Ersatzorganisation der verbotenen ANS/NA anzusehen, nicht erbracht werden konnte. In der Verfügung wird festgestellt, "daß durch die HNG auch Kontakte zwischen Rechtsextremisten der verbotenen ANS/NA gefördert bzw. aufrechterhalten worden sind, reicht zur Begründung eines Vergehens im Sinne des SS 20 des Vereinsgesetzes alleine nicht aus." 1.2.5 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) Die aus den USA operierende NSDAP-AO setzte auch 1986 den Versand ihres Propagandamaterials, darunter 2 Ausgaben "NS-Kampfruf", in das Bundesgebiet fort. Das Material wurde in verschiedenen Orten des Landes Nordrhein-Westfalen verbreitet. 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 1.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Ziele In einem Urteil des 1. Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1986 - 1 D 103.84 - ist erneut festgestellt worden, daß die NPD eine Partei ist, die in ihren Zielen wesentliche Prinzipien der Verfassungsordnung ablehnt und bekämpft. Das ergibt sich nach Meinung des Gerichts zwar nicht schon aus dem Programm oder der Satzung, wohl aber aus einer Zusammenfassung anderer Quellen, z. B. aus Verhalten und Äußerungen von Anhängern, Funktionären und Mitgliedern, von nahestehenden oder verbundenen Organisationen oder aus nahestehenden Druckerzeugnissen bzw. aus Aufsätzen in der offiziellen Parteizeitung "Deutsche Stimme". Parteiorganisation Die NPD, deren Parteivorstand seinen Sitz in Stuttgart hat, verfügt in NordrheinWestfalen über einen Landesverband mit Sitz in Bochum-Wattenscheid. Er gliedert sich in 6 Landesbereiche mit insgesamt 54 Kreisverbänden. Somit gehört er zu den stärksten Landesverbänden der NPD. Die Mitgliederzahl stagniert bei ca. 1.000 (Bund: 6.100) Finanzierung Die Partei finanziert sich durch Beiträge und Spenden. Daneben versucht sie, über "Freundes-" und "Förderkreise" weitere Geldquellen zu erschließen. Die Stimmengewinne bei der Wahl des Europa-Parlaments 1984 und der Bundestagswahl 1987 brachten ihr erhebliche zusätzliche Mittel aus der Wahlkampfkostenerstattung (insgesamt ca. 3,2 Millionen DM). Publikationen Als Presseorgan der NPD erscheint die "Deutsche Stimme". Sie wird vom Parteivorstand herausgegeben und erscheint monatlich in einer Auflagenhöhe von etwa 120.000 Exemplaren. Daneben erscheinen auf allen Gliederungsebenen periodische Blätter und Informationsdienste. Vom Landesverband der nordrheinwestfälischen NPD werden regelmäßig der "NPD-Landesspiegel" und der "NPDOrganisationsspiegel" sowie die Zeitschrift "Deutsche Zukunft" der sonst inaktiven "Bürgerinitiative Ausländerstopp" herausgegeben. Schwerpunkte der Parteiarbeit Die Parteiarbeit stand 1986 ganz im Zeichen der Vorbereitung auf die Teilnahme an der Bundestagswahl 1987. Für den Wahlkampf wurde das Motto gewählt "Dein Herz für Deutschlands Zukunft". Ein Schwerpunktthema des Bundestagswahlkampfes der NPD war die Asylantenfrage. Die Partei verbreitete in großer Auflage ein Flugblatt mit dem Titel "Platz für Asylanten!?", in dem es u. a. heißt "Seit die CDU/CSU/FDP unter Wende-Kanzler Kohl die Regierung stellt, hat sich beispielsweise die Zahl der Asylanten um immerhin gute 500 Prozent erhöht. Was? Sie finden, man muß härter kontrollieren, schneller urteilen und die über 70 Prozent rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber unverzüglich nach Hause schicken??? Dann wählen Sie NPD!". 9 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Wahlunterstützung erhielt die Partei aus den Reihen der "National-Freiheitlichen". Die Wahlempfehlung deutet auf eine Annäherung zwischen der NPD und der "National-Freiheitlichen" hin. Bei der Bundestagswahl am 25. Januar 1987 erhielt die NPD in NordrheinWestfalen 26.935 = 0,2 % (Bund: 182.750 = 0,5 %) Erststimmen und 41.530 = 0,4 % (Bund 227.054 = 0,6 %) Zweitstimmen. - Die nordrhein-westfälische NPD führte am 4. Mai 1986 in Herne ihren Landesparteitag sowie die besondere Vertreterversammlung zur Wahl der Landesliste durch. Es nahmen ca. 200 Personen teil, unter ihnen ein Mitglied der "Front National" aus Frankreich. Bei der Wahl für Platz 1 der Landesliste Nordrhein-Westfalen konnte sich der Landesvorsitzende gegenüber dem Parteivorsitzenden Martin MUßGNUG aus Tuttlingen behaupten. - Zum Protest gegen den NPD-Landesparteitag hatten sich etwa 1.000 Demonstranten eingefunden. Bei den Auseinandersetzungen wurden 32 Personen u. a wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Waffengesetz, gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und versuchter Gefangenenbefreiung vorläufig festgenommen, unter ihnen NPD/JN-Anhänger und Personen aus der linksextremistischen Szene. - Am 17. Juni 1986 fand in der Landesgeschäftsstelle in Bochum-Wattenscheid als Ersatz für das traditionelle bundesweite Deutschlandtreffen eine interne Veranstaltung statt, an der ca. 50 Personen teilnahmen. - Unter der Bezeichnung "Freundeskreis - Ein Herz für Deutschland" hatte der Landesverband der nordrhein-westfälischen NPD zu einer Feierstunde aus Anlaß des 200. Todestages Friedrich des Großen am 16. August 1986 in Minden eingeladen. Im Anschluß an eine Vortragsveranstaltung, an der ca. 70 Personen teilnahmen, legten die Anwesenden am Denkmal des Großen Kurfürsten in Minden einen Kranz nieder. - Gegendemonstranten versuchten, die NPD-Veranstaltung zu stören. Zu Ausschreitungen kam es nicht. - Am diesjährigen Bundesparteitag der NPD am 8. und 9. November 1986 in Willingen (Hessen) nahmen rund 700 Personen teil, dar unter 225 Delegierte. Neuwahlen fanden nicht statt. - Die Delegierten befaßten sich nicht, wie vorgesehen, mit der Beratung und der Beschlußfassung des neuen Parteiprogramms, sondern diskutierten über die bevorstehende Bundestagswahl und die Chancen der NPD. Etwa 400 Gegendemonstranten protestierten am 8. November in Willingen gegen den NPD-Bundesparteitag; zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. - Unter der Bezeichnung "Aktionstag des Nationalen Rechten Blocks" hatte die NPD anläßlich des Volkstrauertages am 16. November 1986 in Gelsenkirchen zu einer Feierstunde eingeladen. An der Kranzniederlegung am Ehrenmal in Gelsenkirchen-Buer nahmen ca. 60 Personen teil. Zu Ausschreitungen kam es nicht. 10 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Junge Nationaldemokraten (JN) Die JN, Jugendorganisation der NPD, traten im Berichtsjahr eigenständig kaum in Erscheinung. Ihre Mitgliederzahl stagniert in Nordrhein-Westfalen bei ca. 100. Am 5. April 1986 fand in Krefeld der 15. ordentliche Landeskongreß mit rd. 40 Teilnehmern statt. Neuwahlen wurden nicht durchgeführt. An dem JNBundeskongreß am 6./7. September 1986 in Harsfeld/Nds. nahmen ca. 130 Personen teil, darunter Vertreter der belgischen rechtsextremistischen Organisation "Voorpost". Auch hier fanden Neuwahlen nicht statt. Der Kongreß verlief ohne Störungen, da der Tagungsort geheimgehalten worden war. 1.4 "National Freiheitliche" Um den Münchener Verleger und Herausgeber der National-Zeitung, Dr. Gerhard FREY, hat sich in den letzten Jahren die zahlenmäßig größte rechtsextremistische Gruppierung gebildet. Dr. FREY, der mit seinen politischen Aktivitäten auch wirtschaftliche Interessen verfolgt, schuf sich mit der Deutschen Volksunion (DVU) und den ihr zugehörigen Aktionsgemeinschaften * Aktion Deutsche Einheit (AKON) * Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) * Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) * Aktion Deutsches Radio und Fernsehen (ARF) * Ehrenbund Rudel (ER) * Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur eine Basis von etwa 12.000 Mitgliedern (NRW: 2.500 bis 3.000). Gemessen an diesen Zahlen kommt den "National-Freiheitlichen" in Nordrhein-Westfalen politisch jedoch nur geringe Bedeutung zu, da es der DVU an eigener Organisation mangelt und der Mitgliederbestand zum größten Teil überaltert ist. Im Rahmen einer Vortragsreihe mit einem britischen Schriftsteller hatte die DVU Veranstaltungen am 27. September 1986 in Köln und am 28. September 1986 in Dortmund angekündigt. Während die Vortragsveranstaltung in Köln mit ca. 120 Teilnehmern störungsfrei durchgeführt werden konnte, sah sich der Verantwortliche in Dortmund gezwungen, aufgrund von Gegendemonstrationen die Veranstaltung abzusagen. Die Zeitungen Dr. FREYs - zu denen seit Jahresbeginn auch die Deutsche Wochen-Zeitung gehört - riefen Ende 1986 zum Beitritt in einen von ihm propagierten neuen Wahlverband "Deutsche Volksliste" auf, einer "Sammlung aller nationalbewußten Deutschen", die "alle Patrioten und Organisationen umfaßt, die eine wahrhafte Wende anstreben". 1.5 Rechtsextremistische Jugend 1.5.1 Wiking-Jugend (WJ) Die WJ, die einer völkisch-mythologischen Nordlandideologie huldigt, bleibt neben den JN die mitgliederstärkste rechtsextremistische Jugendorganisation. Ihre Mitgliederzahl hat sich 1986 gegenüber dem Vorjahr mit bundesweit ca. 380 11 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Personen nicht verändert. Auch in Nordrhein-Westfalen ist der Mitgliederbestand mit 90 bis 100 Personen unverändert geblieben. Intern war das Jahr 1986 geprägt durch Auseinandersetzungen über den künftigen politischen Kurs der WJ. Eine Oppositionsgruppe lehnt die vom Bundesführer der WJ verfolgte Politik der Zusammenarbeit mit der FAP ab. Die Auseinandersetzungen hierüber führten zur mehrfachen Verschiebung des "Bundesthings" mit der Wahl eines neuen "Bundesführers". Öffentlich ist die WJ 1986 im Landesbereich vor allem durch Aktivitäten ihres "Horstes" BonnRhein-Sieg-Kreis in Erscheinung getreten. So kam es Ende Januar 1986 zur Störung einer vom Friedensforum Königswinter angemeldeten Demonstration. Anfang März 1986 verletzte ein Mitglied der WJ aus Bonn eine Person tödlich und zwei weitere Personen schwer, als es sich bei einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Angehörigen der örtlichen rechtsextremistischen Szene bedroht fühlte. Im Strafverfahren wurde auf Notwehr erkannt. Im April 1986 beleidigten zwei Angehörige der WJ in Bonn zwei Iraner. Bei der darauffolgenden Auseinandersetzung bedrohte ein Mitglied der WJ einen Iraner mit einem Messer, während der zweite WJ-Angehörige den anderen Iraner durch einen Fußtritt verletzte. 1.5.2 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) Der BHJ blieb auch 1986 in Nordrhein-Westfalen weitgehend inaktiv. Die Mitgliederzahl dürfte bundesweit weiter bei 100 Personen liegen. Die nordrheinwestfälische Abspaltung vom BHJ, die Gemeinschaft Volkstreuer Jugend (GVJ), trat 1986 öffentlich nicht in Erscheinung. 1.5.3 Jugendliche Randgruppen Im Laufe des Jahres 1986 hat das Auftreten der sog. Skinheads in der Öffentlichkeit mehrfach Aufsehen erregt. Ihr aggressives Verhalten gegenüber Ausländern und ihre vereinzelte Unterstützung rechtsextremistischer Aktivitäten rücken sie in die Nähe der rechtsextremistischen Szene. Insgesamt ist jedoch nur eine kleine Minderheit der Skinheads den Rechtsextremisten zuzurechnen. In Nordrhein-Westfalen kam es 1986 mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen Skinheads und politischen Gegnern, so z. B. Anfang April bei einer Plakatierungsaktion von DKP-Angehörigen in Leverkusen. In Hagen verletzten Skinheads Anfang November von einer Anti-AKW-Demonstration zurückkehrende AKW-Gegner. Bei einer Demonstration gegen ein Anfang Dezember in Hagen geplantes Skinhead-Treffen kam es zu Tätlichkeiten zwischen Skinheads und den ca. 2.000 Gegendemonstranten. 1.6 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten 1.6.1 Nationalistische Front (NF) Bei der 1985 gegründeten NF führten im Frühjahr 1986 gruppeninterne Auseinandersetzungen zum Ausscheiden der Münchener Mitgliedsgruppe. Im Sommer 1986 trat der Vorsitzende von seinem Amt zurück. Den Vorsitz übernahm der bisherige Generalsekretär. 12 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Durch diese Vorfälle hat sich der Schwerpunkt der Arbeit der NF nach NordrheinWestfalen verlagert. Der neue Vorsitzende hat in Bielefeld ein Einfamilienhaus erworben, das von den ca. 50 Mitgliedern als "parteieigenes Zentrum" genutzt wird. Ihre politischen Vorstellungen eines revolutionären Nationalismus stellt die NF vor allem in Flugblättern dar, die 1986 in verschiedenen Städten des Bundesgebietes verbreitet wurden. 1.6.2 Kulturund Weltanschauungsvereinigungen Die Aktivitäten der Kulturund Weltanschauungsvereinigungen beschränkten sich im Berichtsjahr in der Hauptsache auf die Durchführung ihrer internen Veranstaltungen und die Herausgabe ihrer Publikationen. 1.6.3 Schmierund sonstige Aktionen Es sind im Berichtsjahr eine Vielzahl von Schmieraktionen mit rechtsextremistischen Parolen sowie ausländerfeindlichen und antijüdischen Äußerungen zu verzeichnen. In den meisten Fällen konnten die Täter nicht ermittelt werden. Ein Ende 1985 auf einen Türken in Gladbeck verübter Brandanschlag konnte im Zuge der Ermittlungen wegen rechtsextremistischer Schmierereien von der Polizei aufgeklärt werden. Die Täter - unter ihnen ein bekannter Rechtsextremist - waren Mitglieder einer Jugendgruppe, die sich "Bomber Zweckel" nannte. Im März 1986 wurden, wie bereits im Vorjahr, an zahlreiche Redaktionen im Bundesgebiet Exemplare des Spieles "Jude ärgere Dich nicht" sowie Texte volksverhetzenden Inhalts versandt. Mehrfach kam es im Berichtszeitraum zu Übergriffen und Anschlägen gegen Ausländerund Asylbewerberwohnheime, so u. a. im August 1986 in Meerbusch, im Oktober 1986 in Lübbecke und CastropRauxel. Auf dem jüdischen Friedhof in Bielefeld wurden im November 1986 zahlreiche Hakenkreuze und antijüdische Parolen auf Grabsteine gesprüht. Als Einzeltäter wurde ein ehemaliger FAP-Angehöriger aus Bielefeld ermittelt. 1.7 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst Nach dem Stand vom 31. Dezember 1986 befanden sich unter den ca. 340.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) - soweit bekannt - 11 Angehörige rechtsextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: 13 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Die Zahl der erkannten Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst hat sich im Jahre 1986 um 2 vermindert. Dies beruht darauf, daß in diesem Zeitraum die Zahl derjenigen, die erstmals als Rechtsextremisten erkannt wurden, geringer war als die Zahl derjenigen, die wegen Ausscheidens aus extremistischen Organisationen sowie jahrelanger Inaktivität nicht mehr als rechtsextrem einzustufen sind. 14 \ W V -I _e r am Werk Verleumde dach: UNSERE EHRE HEISST REU ME _. N _KÖ pieN e u e k e n n t Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 17 | grundsaee | , Programm | nn 3 NK|IONALIS annBose En E BeDes Se;Tre Eu reER nee ur aus Mea | E Angu BEnepene FRes n AR= Be a Tun, - Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 2 Linksextremismus 2.1 Entwicklungstendenz Im Jahre 1986 hat sich das Gefüge des organisierten Linksextremismus nicht wesentlich verändert. Die Gesamtzahl der Mitglieder liegt in Nordrhein-Westfalen bei etwa 20.500. Davon entfallen auf die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) sowie auf ihre Nebenund beeinflußten Organisationen ca. 18.500, auf die Gruppierungen der sog. Neuen Linken ca. 2.000. Als Vertreterin der orthodox-kommunistischen Szene konnte die DKP ihre führende Rolle im linksextremistischen Spektrum behaupten. Trotz erheblicher Schwierigkeiten, neue Mitglieder dauerhaft an die Partei zu binden, gelang es ihr im Rahmen eines Wettbewerbs (sog. Ernst-Thälmann-Aufgebot), ihre Mitgliederzahl geringfügig zu erhöhen. Der Verzicht der DKP auf eine eigene Kandidatur zur Bundestagswahl 1987 sowie die kritiklose Übernahme der Argumentation der Sowjetunion zum Reaktorunfall in Tschernobyl lösten heftige Diskussionen an der Partei-Basis aus und bewirkten, daß bei der Wahl der Parteispitze auf dem 8. Parteitag im Mai 1986 erstmalig eine größere Anzahl von Nein-Stimmen abgegeben wurden. Mit den vom Parteitag beschlossenen "44 Thesen" verfügt die Partei nunmehr über ein politisch-ideologisches Grundsatzdokument neben dem Parteiprogramm, das Antworten auf "neue Fragen des Kampfes für Frieden und Arbeit" geben und Perspektiven für die weitere Entwicklung der Partei aufzeigen soll. Auch 1986 verstärkte die DKP ihre Bemühungen, im Rahmen ihrer Bündnispolitik durch Zusammenarbeit mit demokratischen Kräften ihren Einfluß auf deren Zielsetzung zu vergrößern. Die Nebenorganisationen der DKP * Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) * Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) * Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) blieben auch 1986 ideologisch und politisch eng mit der DKP verbunden. In den von der DKP beeinflußten Organisationen * Deutsche Friedens-Union (DFU) * Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) * Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) wirkten kommunistische Funktionäre - ebenso wie bei der an den Bundestagswahlen teilnehmenden "Friedensliste" - maßgeblich an den Entscheidungen mit. Im Bereich der dogmatischen Neuen Linken konnte lediglich die MarxistischLeninistische Partei (MLPD), die in Nordrhein-Westfalen über ca. 600 Mitglieder verfügt, ihre Stellung behaupten. Ihre Aktivitäten nahmen jedoch im Vergleich zum Vorjahr ab. Durch die beabsichtigte Teilnahme an der Bundestagswahl 1987 19 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 versuchte sie, vor allem ihren Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung zu erhöhen. Mit der Inbetriebnahme einer Parteischule ("Arbeiterbildungszentrum") soll die Schulung der Mitglieder intensiviert und auf eine breitere Grundlage gestellt werden. Die Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD) und die trotzkistische Gruppe Internationaler Marxisten (GIM) haben ihren seit langem vorbereiteten Zusammenschluß zu einer gemeinsamen "Organisation der revolutionären Sozialisten" im Oktober 1986 vollzogen. Die neue Gruppierung nennt sich "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP). Die Jugendorganisationen der beiden Parteien hatten sich bereits im September 1986 vereinigt und heißen nunmehr "Autonome Sozialistische Jugendgruppen" (ASJG). Sie wollen ihre Ziele unabhängig von der VSP verfolgen. Die übrigen Gruppierungen der dogmatischen Neuen Linken sind in NordrheinWestfalen nur noch sporadisch hervorgetreten. Ihnen kommt im Gesamtspektrum des Linksextremismus keine entscheidende Bedeutung zu. Der undogmatischen Neuen Linken gehören Gruppen und Einzelpersonen an, die sich weder in das starre ideologische Gebilde der orthodoxen Kommunisten, noch der verschiedenen Gruppen der dogmatischen Neuen Linken einbinden lassen. Neben unbedeutenden Kleingruppen dieser Richtung sind allein die militant orientierten Autonomen hervorzuheben. Ihre zentrale Forderung ist die Vernichtung der demokratischen staatlichen Ordnung. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Die DKP vertritt in der Bundesrepublik Deutschland den orthodoxen, d. h. den sowjetisch geprägten Kommunismus. Sie bezeichnet sich als die "revolutionäre Partei der Arbeiterklasse" Ihre gesamte Tätigkeit gründet sich unverändert auf den Theorien von Marx, Engels und Lenin. Auf der Basis der marxistisch-leninistischen Weltanschauung möchte sie eine "sozialistische Bundesrepublik" nach dem Vorbild der DDR schaffen. Dieses Ziel hat sie in ihren vom 8. Parteitag im Mai 1986 verabschiedeten "44 Thesen" erneut bekräftigt. Als Teil der kommunistischen Weltbewegung wird die DKP von ausländischen "Bruderparteien" unterstützt, von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) aus der DDR angeleitet und weitgehend finanziell gefördert. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der DKP wurde mehrmals durch höchstrichterliche Rechtsprechung festgestellt. Parteiorganisation Die DKP verfügt im Verhältnis zu ihrer Mitgliederzahl über einen großen und gut ausgebauten Parteiapparat. Der Parteivorstand hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf. Er unterhält in Bonn ein Büro ("kompetente und autorisierte Vertretung") mit den Abteilungen - Internationale Abteilung - Bündnispartner - Bundesund Landtagswahlen - Beobachtung und Analyse der Bonner Parteien. 20 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Diesem obliegt es, die DKP gegenüber den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien sowie ihr wichtig erscheinenden Persönlichkeiten zu repräsentieren. Der Parteivorstand beschäftigt über 100 hauptamtliche Mitarbeiter. Er leitet 12 Bezirksorganisationen im Bundesgebiet an, darunter in Nordrhein-Westfalen die Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen, bei denen - ohne Schreibund Hilfskräfte - mindestens je weitere 30 Funktionäre in gehobenen Stellungen tätig sind. Von den 42 Kreisorganisationen in Nordrhein-Westfalen werden als sogenannte Grundeinheiten etwa 320 Orts-, Stadtteilund Wohngebietsgruppen angeleitet, darüber hinaus etwa 140 Betriebsund Hochschulgruppen. Mit dem vom 1. September 1985 bis 16. April 1986 unter der Bezeichnung "ErnstThälmann-Aufgebot" durchgeführten Mitgliederwettbewerb hat die DKP nach eigenen Angaben eine deutliche Steigerung der Mitgliederzahl erreichen können. Laut Rechenschaftsbericht auf dem 8. Parteitag hatte die Partei 57.802 Mitglieder. Nach der Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden liegt die tatsächliche Mitgliederzahl jedoch nur bei ca. 42.000 (1985 ca. 40.000). In NordrheinWestfalen hat die DKP ca. 12.500 Mitglieder (1985 ca. 12.000). Finanzierung Wie in den Vorjahren hatte die DKP auch 1986 finanzielle Aufwendungen, die in keinem Verhältnis zu ihren tatsächlichen Einnahmen standen. Indizien hierfür sind * Vergrößerung des hauptamtlichen Mitarbeiterstammes * Unterhaltung zahlreicher, überwiegend gut ausgestatteter Parteibüros und Schulungsstätten * Herausgabe von Schriftmaterial in hohen Auflagen * Großveranstaltungen und sonstige vielfältige Propagandaeinsätze * die aufwendige - teilweise weltweite - Reisetätigkeit der Funktionäre. Es ergaben sich auch 1986 Anhaltspunkte für Finanzzuwendungen der DDR an die DKP. Die Höhe dieser Fremdmittel dürfte weit mehr als DM 60 Millionen betragen haben. Publikationen Wichtigstes Propagandainstrument der DKP ist das Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ). Es erscheint täglich in einer Auflage von ca. 25.000, die Wochenendausgabe in etwa 50.000 Exemplaren. Daneben werden regelmäßig als wichtigste überregionale Schriften der "DKP-Pressedienst", die "Marxistischen Blätter", die "Nachrichten" (für Gewerkschaftsangehörige), der "Infodienst" (für DKP-Betriebs-, Wohngebietsund Hochschulzeitungen), die deutschsprachige Ausgabe der internationalen Zeitschrift "Probleme des Friedens und des 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Sozialismus", die Broschüre "Praxis" (für die Parteiarbeit) und - unregelmäßig - die "Landrevue" (für die Landbevölkerung) herausgegeben. Eine besondere Rolle nehmen die Betriebs-, Wohngebietsund Stadtteilzeitungen ein. 1986 konnten in Nordrhein-Westfalen ca. 140 Betriebsund Hochschulzeitungen sowie ca. 80 Kreisund Stadtteilzeitungen erfaßt werden, die teilweise eine Auflage bis zu 15.000 Exemplaren erreichten. Die Schriften sind fast ausnahmslos in der "Hausdruckerei" der DKP, der Firma Plambeck & Co. in Neuss, hergestellt worden. Dort sind ca. 350 Personen beschäftigt. Betriebsarbeit Auf den zentralen DKP-Veranstaltungen im Jahre 1986, insbesondere auf dem 8. Parteitag, wurde erneut betont, daß der Betrieb das "Hauptfeld der auseinandersetzung" bleibt, "weil dort der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit am unmittelbarsten wirkt". In diesem Zusammenhang mißt die DKP dem Aufbau von Betriebsgruppen in Konzernbetrieben besondere Bedeutung zu, da sie die dort tätige Arbeiterschaft als den "Kern der Arbeiterklasse" und die entscheidende Kraft für gesellschaftliche Veränderungen erachtet. Darüber hinaus kommt es der DKP aber auch darauf an, "im staatlichen und privaten Dienstleistungssektor, in den Zentren des Finanzkapitals, in den Banken und Versicherungen" Grundeinheiten zu entwickeln. Trotz aller Absichtserklärungen konnte die DKP 1986 in Nordrhein-Westfalen ihre Basis in den Betrieben nicht nennenswert erweitern. Die Anzahl der arbeitsfähigen Betriebsgruppen sowie der Betriebszeitungen, denen die Partei im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit erhebliche Bedeutung zumißt, stagnierte. Agitationsschwerpunkte der DKP im Rahmen der Betriebsarbeit waren im Berichtszeitraum u. a. der Kampf gegen Arbeitsplatzabbau im Bereich der Stahlindustrie (bei Mannesmann, Hoesch, Krupp und Thyssen), die Unterstützung des Kampfes für die 35-Stunden-Woche, die Vertiefung der betrieblichen Friedensarbeit sowie die Unterstützung der "Friedenliste" im Vorfeld der. Bundestagswahlen 1987. Zur Förderung und Koordinierung der Betriebsarbeit veranstaltete die DKP neben überörtlichen Konzernund Branchenberatungen ihre 2. zentrale Betriebsrätekonferenz am 21. Juni 1986 in Duisburg mit über 400 Teilnehmern. Am 19. November 1986 fand in Köln mit etwa 70 Teilnehmern eine Betriebsarbeiterberatung der DKP-Bezirksorganisation Rheinland-Westfalen zu dem Thema "Wie weiter im Kampf gegen Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau?" statt. Schulung Die DKP sieht in der ideologischen Arbeit, d. h. in der Verbreitung der kommunistischen Weltanschauung ein Kernstück ihrer Tätigkeit. Zur effektiveren Vermittlung kündigte die Partei Anfang April Neuerungen in ihrem "Parteibildungssystem" an. So werden in den Kreisen für neue Mitglieder 4- Monats-Kurse angeboten. Daneben werden die bisher vom Parteivorstand 22 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 veröffentlichten "Bildungshefte" nunmehr als Magazin herausgebracht. Kernstück bleiben jedoch die zweimonatlich stattfindenden Bildungsveranstaltungen in den Grundorganisationen. Einen weiteren wesentlichen Beitrag leistet die parteieigene "Karl-LiebknechtSchule" in Leverkusen. Dort fanden im Jahr 1986 wiederum ca. 40 einwöchige Lehrgänge statt. U. a. wurden folgende Themen behandelt * "Die Wahlkampfstrategie und Bündnispolitik der DKP" * "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung'' * "Frauenpolitik der DKP". Zusätzlich wurde die Schulungsarbeit der bei den Bezirksvorständen bestehenden "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen" intensiviert. Darüber hinaus stehen der DKP noch folgende Schulungseinrichtungen zur Verfügung * Institut für Marxistische Studien und Forschung e.V. in Frankfurt/Main * Marxistische Arbeiterbildung (MAB) in Wuppertal als Dachverband der lokalen MAB-Bildungsgruppen und der Marxistischen Abendschulen * Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU in Moskau * SED-Parteischule "Franz Mehring" in Ost-Berlin und * Verein Marx-Engels-Stiftung e.V. im Marx-Engels-Zentrum in Wuppertal. Schwerpunkte der Parteiarbeit 8. Parteitag Die DKP führte in der Zeit vom 2. bis 4. Mai 1986 in Hamburg ihren 8. Parteitag durch. Er stand unter der Losung "Für eine neue Politik - Atomwaffenfreie Welt und Arbeit für alle". Es nahmen 714 ordentliche Delegierte und 165 Gastdelegierte, darunter 263 ordentliche Delegierte aus Nordrhein-Westfalen teil. Auf Einladung der DKP waren rund 50 Delegationen bzw. Vertreter anderer kommunistischer Parteien, befreundeter Organisationen sowie sog. nationaler Befreiungsbewegungen aus dem Ausland erschienen. Die Delegierten wählten Herbert MIES aus Düsseldorf erneut zum 1. Vorsitzenden und eine Funktionärin aus Frankfurt/Main zur stellvertretenden Vorsitzenden. Von den weiteren 92 Mitgliedern des Parteivorstandes haben 35 ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen. In seinem Bericht an den Parteitag forderte der DKPVorsitzende Herbert MIES - eine Fortsetzung des Kampfes gegen SDI 23 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 - die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und staatliche Beschäftigungsprogramme - die Verstaatlichung der Stahlindustrie, der großen Banken und Versicherungen, der Rüstungsund Energiekonzerne - ferner neue Möglichkeiten im Kampf um eine "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt" zu nutzen. Der Parteitag verabschiedete nach Änderungen und Ergänzungen die vom Parteivorstand im Juni 1985 veröffentlichten "Thesen zum 8. Parteitag der DKP", ein politisch-ideologisches Grundsatzdokument neben dem Parteiprogramm mit einer "Analyse" der allgemeinen politischen und ökonomischen Verhältnisse, insbesondere in den Staaten des westlichen Verteidigungsbündnisses und des Ostblocks. Das neue "Dokument" soll die Partei in die Lage versetzen, noch wirksamer gegen die "Rechtswende und für die Einleitung einer Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt zu kämpfen". " Woche der DKP" Im Mittelpunkt der bereits traditionellen "Woche der DKP", welche in der Zeit vom 18. bis 25. Januar 1986 stattfand, standen die Themen Frieden und Arbeit. Die politischen Aktivitäten beschränkten sich im wesentlichen auf die Herausgabe von Flugblättern mit agitatorischen Parolen gegen die Sicherheitspolitik der Bundesregierung sowie eine Unterschriftensammlung für einen Appell gegen jegliche Beteiligung der Bundesrepublik am SDI. " Internationaler Frauentag" Unter der Losung "Frieden verteidigen! Weltraumwaffen verhindern! Frauenrechte erkämpfen!" führte die DKP am 8. März 1986 zahlreiche politische Aktionen anläßlich des "Internationalen Frauentages" durch. Es wurden Informationsstände errichtet, Flugblätter verbreitet, rote Nelken verteilt sowie auf Kreis-, Ortsund Stadtteilebene Veranstaltungen, zum Teil unter Mitwirkung von Künstlern aus der DDR, durchgeführt. In einem offenen, auf propagandistische Wirkung abzielenden Brief an die Bundesregierung forderte die DKP zur Unterstützung der sowjetischen Abrüstungsvorschläge auf. 8. Bezirksdelegiertenkonferenz der DKP RuhrWestfalen "Für eine menschliche Zukunft kämpfen. Ein lebenswertes Ruhrgebiet schaffen" war die Devise, unter welcher die DKP-Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen am 22. und 23. Februar 1986 in Castrop-Rauxel ihre 8. Bezirksdelegiertenkonferenz durchführte. An ihr nahmen 595 ordentliche sowie 55 Gastdelegierte und ca. 50 Gäste teil. Schwerpunkte der Konferenz waren die Themen Frieden und Ruhrgebietsprogramm. Bei der Wahl des neuen Bezirksvorstandes wurde der bisherige Bezirksvorsitzende erneut gewählt. 24 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Dem neuen Bezirksvorstand gehören auch weiterhin der Landesvorsitzende der JP und der Landesvorsitzende der SDAJ an. Ein weiteres Vorstandsmitglied ist gleichzeitig Mitglied des Landesvorstandes der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). 8. Bezirksdelegiertenkonferenz der DKP Rheinland-Westfalen Die 8. Bezirksdelegiertenkonferenz der DKP-Bezirksorganisation RheinlandWestfalen fand am 1. und 2. März 1986 in Düsseldorf statt. Die 248 stimmberechtigten Delegierten bestätigten den bisherigen Vorsitzenden in seinem Amt. "Woche des realen Sozialismus" Bundesweit führte die DKP in der Zeit vom 8. bis 13. September 1986 eine "Woche des realen Sozialismus" über "neue Beiträge der sozialistischen Länder zur Sicherung des Friedens und zur weiteren Entfaltung der sozialistischen Gesellschaft" durch. In allen Bundesländern fanden Veranstaltungen und zahlreiche kleinere Gesprächsrunden mit kompetenten Vertretern der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), der SED und der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) statt. In die vorgesehenen Begegnungen waren nur wenige Städte in Nordrhein-Westfalen einbezogen worden. "Ruhrgebietsprogramm der DKP RuhrWestfalen" Die DKP-Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen verabschiedete Anfang Oktober 1986 das seit längerer Zeit diskutierte "Ruhrgebietsprogramm", welches alternative energieund beschäftigungspolitische Maßnahmen aufzeigen soll. Zwecks öffentlichkeitswirksamer Vorstellung führte sie daher in der Zeit vom 24. Oktober bis 15. November 1986 eine landesweite Kampagne unter dem Motto "Kohle statt Atom" mit zahlreichen Veranstaltungen im Schwerpunktbereich Ruhrgebiet durch. Bundeswahlkongreß Die DKP, die auf ihrem 8. Parteitag in Hamburg (2. - 4. Mai 1986) eine Unterstützung der "Friedensliste" unter Verzicht auf eine eigene Kandidatur anläßlich der bevorstehenden Bundestagswahl angekündigt hatte, hielt am 13. September 1986 in Bottrop unter der Losung "Der Wende ein Ende! Jede Stimme für den Frieden und eine neue Politik! Macht die DKP stark!" einen Bundeswahlkongreß ab. An der als Auftakt für den Wahlkampf geplanten Veranstaltung nahmen ca. 350 Funktionäre teil. Im Mittelpunkt des Wahlkongresses stand ein Referat des Parteivorsitzenden Herbert MIES. Als Ziel des Wahlkampfes bezeichnete er die Mobilisierung aller Kräfte für die Durchsetzung einer neuen Politik. Die DKP - so MIES - gehöre zur "Friedensliste", die um Erststimmen werbe und dazu auffordere, die Zweitstimme für ein "Ende der Wende" einzusetzen. Delegationen aus Nordrhein-Westfalen in die DDR 25 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Die Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen entsandten im Jahre 1986 ca. 70 Delegationen in die DDR. Es handelte sich hierbei vorwiegend um Delegationen mit neuen Mitgliedern und Sympathisanten sowie Delegationen, die sich aus Funktionären zusammensetzten. Die Delegationen umfaßten in der Regel nicht mehr als ca. 15 Personen. Die Reisen fanden auf Einladung der SED-Bezirksleitungen Halle, Leipzig und Karl-Marx-Stadt statt. Der zumeist knapp einwöchige Aufenthalt in der DDR diente der Werbung für den "realen Sozialismus". 2.3 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Die SDAJ ist mit etwa 15.000 Mitgliedern (NRW ca. 4.600) die stärkste und aktivste kommunistische Jugendorganisation. Sie ist mit der DKP ideologisch und personell eng verbunden und bekennt sich in ihrer Satzung zu den sozialistischen Ideen von Marx, Engels und Lenin. Am 17./18. Mai 1986 veranstalteten die SDAJ und der MSB auf dem Gelände der Dortmunder Westfalenhalle das 5. Festival der Jugend. Die Veranstaltung wurde an beiden Tagen von je 150.000 überwiegend am Kulturprogramm interessierten Personen besucht. Nach Aussage der Veranstalter waren darunter Delegationen von 61 befreundeten Organisationen aus 50 Ländern. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) der DDR war durch eine Funktionärsgruppe vertreten. Neben einem breiten Kulturund Freizeitprogramm bildeten das Solidaritätskonzert "Freiheit für Nelson Mandela" und ein "Antiimperialistisches Tribunal" die Höhepunkte der Veranstaltung. Die Veranstaltung hat insgesamt die hohen Erwartungen nicht erfüllt. 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Der MSB ist der Studentenverband der DKP in der Bundesrepublik Deutschland. Er bekennt sich zum Marxismus-Leninismus. Auf dem Festival der Jugend in Dortmund im Mai 1986 beging er sein 15jähriges Bestehen. Der MSB verfügt bundesweit über etwa 6.000 Mitglieder (in Nordrhein-Westfalen ca. 1 .400). Sprachrohr ist die monatlich erscheinende Schrift "rote Blätter". Mit seinem Dauer-Bündnispartner Sozialistischer Hochschulbund (SHB) ist der MSB nach wie vor intensiv bemüht, Einfluß nicht nur auf die studentischen Selbstverwaltungsorgane einzelner Hochschulen, sondern vor allem auf die Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS) zu nehmen, um dieses Gremium als "demokratische Plattform" seiner eigenen orthodox-kommunistischen Politik zu benutzen. In dem im März 1986 neu gewählten Vorstand der VDS sind u. a. je eine Vertreterin des MSB und des SHB vertreten. 2.3.3 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (J P) Die JP sollen die Altersklassen der 6- bis 1 4jährigen Kinder organisatorisch erfassen und diese unter Anwendung altersentsprechender Methoden im Sinne der orthodox-kommunistischen Ideologie indoktrinieren. Sie haben bundesweit ca. 4.000, in Nordrhein-Westfalen ca. 1.500 Mitglieder. Auch in diesem Jahr veranstalteten die JP bundesweit ihre Pfingstcamps. Nach eigenen Angaben waren daran insgesamt 4.000 Kinder beteiligt. Die 26 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Veranstaltungen standen überwiegend unter dem Motto "Keinen Krieg der Sterne - den Frieden haben wir gerne"; in Nordrhein-Westfalen beteiligten sich ca. 700 Kinder. In der Zeit vom 25. Juli bis 10. August 1986 fanden in mehreren Ferienlagern in der DDR Kinderferienaktionen statt. Der bei weitem nicht kostendeckende Preis lag bei 140,DM. Aus Nordrhein-Westfalen haben ca. 1.000 Kinder teilgenommen. Die mit der der Kinderferienaktion verfolgten Ziele, Stärkung der JP und der SDAJ sowie Gewinnung der Eltern für die DKP, wurden auch in diesem Jahr bei weitem nicht erreicht. 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen 2.4.1 "Die Friedensliste" Die als Personenund Wahlbündnis konzipierte "Friedensliste" steht weiter unter maßgeblichem Einfluß der DKP. Dem neu gewählten Bundesvorstand gehören zahlreiche Mitglieder der DKP und der von ihr beeinflußten Organisationen an. Bereits seit Februar 1984 unterhält die "Friedensliste" in Bonn ein Büro, von dem aus der Wahlkampf zentral gesteuert wurde. Die Bundesmitgliederversammlungen der "Friedensliste" im März und im Juni 1986 beschlossen, zur Bundestagswahl 1987 bundesweit nur mit Direktkandidaten anzutreten; Landeslisten wurden nicht aufgestellt. Im Bildungsmagazin Sonderheft 86/87 - Kommunisten, Wahlen, Wahlbündnisse - schreibt die DKP, die zugunsten der "Friedensliste" auf eine eigene Kandidatur verzichtete: "Mit der Abgabe der Erststimme für die Friedensliste können alle, die ein Zeichen für eine konsequente Friedenspolitik setzen wollen, dies demonstrativ tun, vor allem auch solche Leute, die in vielen Fragen nicht mit der SPD oder Grünen übereinstimmen." "Mit der Zweitstimme", so erläuterte die stellvertretende Vorsitzende der DKP, "die Stimme, die über die parteipolitische Zusammensetzung des neuen Bundestages entscheidet, wird SPD oder Grün gewählt. Diese Parteien können die Wendepolitiker ablösen. Sie müssen für eine deutliche Mehrheit kämpfen. Diese Mehrheit ist möglich, wenn beide Parteien nicht gegeneinander sondern gegen die CDU/CSU und FDP kämpfen." In diesem Sinne hatte die 2. Parteivorstandstagung der DKP im Juni 1986 die drei Bestandteile des kommunistischen Wahlkampfbeitrages zusammengefaßt: 1. Wirken Kommunisten gleichberechtigt mit anderen Kräften aktiv in der Friedensliste; 2. unterstützt die DKP als Partei in allen 243 Wahlkreisen den Wahlkampf der Friedensliste, 3. wird die DKP mit eigenständigen Beiträgen ihr Profil als Arbeiterpartei entwickeln." 27 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Die Wahlkampfarbeit für die "Friedensliste" ist fast ausschließlich von der DKP organisiert und geleistet worden. Die Unterstützerkreise bestanden, soweit Aktivitäten festgestellt werden konnten, überwiegend aus DKP-Mitgliedern, die allerdings dem Wahlbündnis "Friedensliste" oft skeptisch gegenüberstanden. In Parteikreisen wurde bedauert, daß die DKP nicht unter ihrem eigenen Namen zur Wahl angetreten war. Die "Friedensliste" hatte in Nordrhein-Westfalen in allen 71 Wahlkreisen Direktkandidaten nominiert. Hiervon waren 70 % der DKP sowie DKP-beeinflußten Organisationen zuzurechnen. Bei der Bundestagswahl hat die "Friedensliste" in Nordrhein-Westfalen 52.141 Erststimmen = 0,5 % erhalten. 2.4.2 Demokratische Fraueninitiative (DFI) Die DFI ist ein Versuch der DKP, die Aktivitäten "fortschrittlicher" Frauengruppen zu koordinieren und in ihrem Sinne zu lenken. Die Bundeskonferenz der DFI am 7. und 8. Juni 1986 in Köln wählte einen neuen "Zentralen Arbeitskreis". Mehr als ein Viertel seiner Mitglieder gehört der DKP an. 2.4.3 Deutsche Friedens-Union (DFU) Die DFU mit ihren bundesweit etwa 1.000 (NRW ca. 400) Mitgliedern, war auch 1986 wesentlicher Träger der orthodox-kommunistischen "Volksfront"-Politik. Mit ihrem leistungsfähigen Apparat war sie maßgeblich an der Organisation des kommunistischen "Friedenskampfes" - in enger Abstimmung mit der DKP - beteiligt. Sie festigte ihren Einfluß in den unterschiedlichen "Friedensbündnissen", so der "Krefelder Initiative", deren 5. Forum am 27. September 1986 in Bremen hauptsächlich von ihr organisiert wurde, und unterstützte die Arbeit der "Friedensliste". 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) Die politischen Aktivitäten der DFG-VK beschränkten sich 1986 im wesentlichen auf die Teilnahme an Veranstaltungen des linksextremistischen Spektrums. Am 8./9. November 1986 fand die Landeskonferenz der DFG-VK in Bielefeld statt. Aus dem vorgelegten Rechenschaftsbericht des Vorstandes ist ersichtlich, daß immer noch eine negative Tendenz in der Mitgliederentwicklung zu verzeichnen ist. Die Wahlen für den neuen Landesvorstand ergaben keine bemerkenswerten Veränderungen. In einem Grußschreiben an die Teilnehmer der Landeskonferenz schreibt der Kreisvorstand Bielefeld der DKP "Unser Land muß einen anderen Weg gehen. Es braucht eine andere Politik, wenn es eine Zukunft in Frieden haben und nicht als potentielles Startfeld eines Nuklearkrieges dienen will ... Als eine politische Kraft, die sowohl in der Friedensbewegung als auch in der Arbeiterbewegung unseres Landes fest verwurzelt ist, wird die DKP beharrlich und mit ganzem Einsatz für diese Ziele arbeiten. Dabei ist es unser Wunsch, die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der DFGVK und ihren Mitgliedern, ungeachtet bestehender Meinungsverschiedenheiten in einer Reihe von Fragen, auch in Zukunft fortzusetzen. In diesem Sinne laßt uns gemeinsam 28 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 den Ostermarsch 1987 vorbereiten. Zeigen wir gemeinsam, daß Hasselbach wirklich Mut gemacht hat." Der Landesverband Ruhr-Westfalen der SDAJ schreibt in einem Grußwort "Mitglieder der SDAJ und der DFG-VK wirken zusammen in der Friedensbewegung. Sei es bei den Ostermärschen, in Hasselbach oder in den Initiativen vor Ort. Wir werden uns nicht klein kriegen lassen, bis unser gemeinsames Ziel, eine Welt in Frieden, eine Welt ohne Waffen Realität geworden ist." Die sich bereits 1985 abzeichnende finanzielle Krise der DFG-VK konnte auch 1986 nicht behoben werden. 2.5 Bündnispolitik Die DKP und die von ihr beeinflußten Organisationen waren auch 1986 bemüht, die Zusammenarbeit mit nichtkommunistischen Kräften im Rahmen ihrer bündnispolitischen Vorstellungen zu vertiefen. Der maßgeblich von der DKP geförderte Versuch, die "Antifaschistischen Kräfte" zu mobilisieren, brachte 1986 den Initiatoren nicht den gewünschten Erfolg. Es hat sich aber gezeigt, daß es der DKP gelingt, bei konkreten Anlässen ein gewisses Potential zu aktivieren oder bei Protestveranstaltungen demokratischer Gruppen als gleichberechtigter Partner anerkannt zu werden. 2.6 Dogmatische Neue Linke 2.6.1 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die MLPD bekennt sich unverändert zum Marxismus-Leninismus maoistischer Prägung. Ihr programmatisch erklärtes Ziel bleibt weiterhin der revolutionäre Sturz der "Diktatur der Monopolkapitalisten" und die "Errichtung der Diktatur des Proletariats für den Aufbau des Sozialismus als Übergangsstadium zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft", wobei sie Gewaltanwendung nicht ausschließt. Nach eigenen Angaben finanziert sich die Partei ausschließlich aus den Beiträgen und Spenden ihrer ca. 1.300 Mitglieder (NRW ca. 600) und ihrer Anhänger. Hinweise auf eine Fremdfinanzierung liegen nicht vor. Von der Partei wird das Zentralorgan "Rote Fahne" wöchentlich in einer Auflage von ca. 10.000 Exemplaren herausgegeben. Unter Beteiligung ihrer Nebenorganisationen organisierte die MLPD am 17./18. Mai 1986 ein "Pfingstjugendtreffen" in Gelsenkirchen. Nach eigenen Angaben nahmen 5.000 Personen teil. Am 15./16. November 1986 führte die MLPD den "1. Bundeskongreß marxistisch-leninistischer Frauen" unter Beteiligung von ca. 400 Teilnehmern in Gelsenkirchen durch Die Führungsgremien der MLPD hatten - auch um ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen - bereits 1985 beschlossen, an der Bundestagswahl teilzunehmen. Es gelang, in sämtlichen Bundesländern die erforderliche Anzahl von Unterschriften 29 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 für die Zulassung zu den Landeslisten zu erhalten. Die Parteimitglieder aus Nordrhein-Westfalen wirkten dabei an zahlreichen Unterstützungsaktionen im übrigen Bundesgebiet mit. In Nordrhein-Westfalen erhielt die MLPD 3.579 Zweitstimmen (Bund: 13.821). Sie erreichte damit jeweils weniger als 0,1 %. Die Nebenorganisationen * Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) und * Arbeiterjugendverband (Marxisten-Leninisten) (AJV/M L) versuchen, die im Aufbau befindliche Kinderorganisation "Rotfüchse" im Sinne der marxistisch-leninistischen Lehre zu beeinflussen. 2.6.2 Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) Die Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD) und die Gruppe Internationale Marxisten (GIM) schlossen sich, nachdem die Vereinigung auf einem Sonderparteitag der KPD bzw. einer Nationalen Konferenz der GIM im Juni 1986 beschlossen worden war, am 4./5. Oktober 1986 zur Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) zusammen. Sie verfügt über ca. 600 Mitglieder und hat ihren Sitz in Köln. Ihr neues Zentralorgan ist die "Sozialistische Zeitung" (SoZ). Die VSP bezeichnet sich als "kleine sozialistische Partei mit der Aufgabe, die Arbeitervorhut für die sozialistische Umwälzung der Gesellschaft zu gewinnen". Die GIM löste sich mit der Vereinigung auch als Sektion der trotzkistischen Vierten Internationale auf, wobei jedem ehemaligen Mitglied die individuelle Mitgliedschaft weiterhin erlaubt ist. 2.6.3 Autonome Sozialistische Jugendgruppen (ASJG) Parallel zur Vereinigung von KPD und GIM schlossen sich im September 1986 auch die Jugendorganisationen der beiden Parteien, die Kommunistische Jugend Deutschlands (KJD) und die Revolutionär-Sozialistische Jugend - Roter Maulwurf (RSJ) zu einer gemeinsamen Gruppierung zusammen. Die neue Organisation nennt sich "Autonome Sozialistische Jugendgruppen" (ASJG). Eigene Aktivitäten hat sie bisher nicht entwickelt. 2.6.4 Marxistische Gruppe (MG) Die MG mit ihrem organisatorischen Schwerpunkt in Bayern praktiziert eine nach außen streng geheim abgeschirmte Verbandsarbeit. Sie betreibt intensive Schulungsarbeit. Daneben werden öffentliche Veranstaltungen abgehalten. Die Beteiligung an diesen Veranstaltungen ist im Vergleich zu Vorjahren rückläufig. In Nordrhein-Westfalen vertreibt die MG neben der bundesweit verbreiteten "MSZ - Gegen die Kosten der Freiheit" vorwiegend eine Reihe von Kleinschriften, die in der Regel an Büchertischen in Hochschulen und auf der Straße verteilt werden. 2.7 Undogmatische Neue Linke Undogmatische Linksextremisten vertreten kommunistisches Gedankengut, lehnen jedoch eine Bindung an die Lehren des Marxismus-Leninismus ab. Die Vielfalt ihrer aktuellen Forderungen und ihrer Zielvorstellungen erschweren eine 30 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 allgemein gültige Definition ihrer Gruppierungen. 1986 haben sie sich insbesondere an der bundesweit organisierten Großdemonstration der Friedensbewegung am 11. Oktober 1986 in Hasselbach/Hunsrück, an Aktionen der Antifaschismuskampagne und der Anti-KKW-Kampagne beteiligt. Zum Spektrum der undogmatischen Neuen Linken gehören auch die militanten Autonomen. Ihre Strategie ist darauf gerichtet, den demokratischen Rechtsstaat, den sie als "Schweinesystem" bezeichnen, zu zerschlagen und jegliche staatliche und gesellschaftliche Ordnung zu zerstören. Im Jahre 1986 griffen sie insbesondere den Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl auf. Sie wollten die weit verbreitete Sorge der Bevölkerung in eine allgemeine Ablehnung des Staatswesens umfunktionieren. Zu größeren Anti-KKW-Veranstaltungen, bei denen militante Autonome den Ablauf maßgeblich beeinflussen konnten, ist es in Nordrhein-Westfalen nicht gekommen. Dagegen wurde von ihnen und ihrem Umfeld in Nordrhein-Westfalen mit Nachdruck für eine Beteiligung an der Demonstration gegen Atomanlagen am 8. November 1986 in Hanau/Hessen geworben. In einem in der bundesweit verbreiteten Zeitschrift "atom", Göttingen, Jan./Februar-Ausgabe 1987, veröffentlichten "Autonomen Redebeitrag" auf der Veranstaltung am 8. November 1986 in Hanau heißt es u. a. "Strommasten der Atommafia zu kippen, ist ein legitimes Mittel des Widerstandes." Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß offenbar militante Autonome für die in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1986 verübten Anschläge gegen Stromleitungsmasten verantwortlich sind. In über 20 Fällen wurden Masten angesagt oder durch Demontage von Schrauben in Einsturzgefahr gebracht. Täter sind bisher nicht gefaßt worden. Die Aktionen werden von Kleingruppen durchgeführt, die sich in Bekennerschreiben u. a. Namen geben wie "Die Schreckschrauben" oder "Revolutionäre Heimwerker". Im Kampf gegen die Atomenergie im besonderen und gegen die demokratische Rechtsordnung im allgemeinen argumentieren sie: "Das Atomprojekt ist ein dem Wesen des kapitalistisch-imperialistischen System immanentes Moment... Wir bereiten der Logik und den Gesetzmäßigkeiten dieses Systems ein Ende, indem wir es zerschlagen ...". Der Kampf gegen das "Atomprojekt (ist) als ein Kampf gegen dieses System zu begreifen." "Zu unserem Selbstverständnis gehört es, daß wir uns als Autonome nicht für oder gegen inhaltliche Zielsetzungen des Staates aussprechen, sondern für die Abschaffung des Staates überhaupt." Die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt kommt in dem immer wieder verwendeten Slogan "Feuer und Flamme für diesen Staat" besonders deutlich zum Ausdruck. 2.8 Linksextremisten im öffentlichen Dienst Nach dem Stand vom 31. Dezember 1936 befanden sich unter den ca. 340.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne 31 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Vorbereitungsdienst) - soweit bekannt - 226 Angehörige linksextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: Die Zahl der erkannten Linksextremisten im öffentlichen Dienst hat sich im Jahr 1986 um 2 erhöht. Dies beruht darauf, daß in diesem Zeitraum die Zahl derjenigen, die erstmals als Linksextremisten erkannt wurden, geringfügig höher war als die Zahl derjenigen, die wegen Ausscheidens aus extremistischen Organisationen sowie jahrelanger Inaktivität nicht mehr als linksextrem einzustufen sind. 32 " HERi: PS # DieZaitungderDXP-Wiohngebieisgruppe"August-Bebelstrade" [en a - Jr 1 wie Fe . = r er N fe: rg et KarietLamee al rn 2 den Aeriiner ara ee die Annamtisin mir diskr wur. r 2 er Pipe Em m run = näglisbr > Ari ee lau 'Eräkep Lat aa nlmi mir a Zn r oe ram. EEemeslie asati- { u a wi Abtieek msn ru larire Mae u Be kur Imiilie TanieasigekR4 "ass SeclLirendit ara Hari bechrmagiei" Zaun Eu hmauah. nunrang 4.14 aza +4 sisen eigenen imannhilart. termin Taumial. far Dei Maleinlern ra mr ardrase! Wende-Punkt Bundestagswahl? "Aulrwii Gesprächschensiee Vor Ort: Unterstltzerkrelse + Kandidaten Konkurranto SPD n + Grüne zur Dialog GRÜNE - FRIEDEMSLISTE Dinneuen Bundessprecher, Aula) 0.7 = 1r WIRA WÜNSCHENNOCHMEHR 77 = UMWE RFEN DEN ER EIG NISSE n n A EI MTOM STROM LOSES jaaz = Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 3 Terrorismus 3.1 Entwicklungstendenz Die weiterhin von der Roten Armee Fraktion (RAF) ausgehende erhebliche terroristische Bedrohung wird durch drei Morde im Jahre 1986 besonders deutlich; sie kommt auch zum Ausdruck in den Sprengstoffanschlägen, die "Militante" der RAF in dieser Zeit verübten. Die Zahl der Straftaten Revolutionärer Zellen Rote Zora (RZ) ist in Nordrhein-Westfalen mit sechs Anschlägen im Jahr 1986 gegenüber elf Anschlägen im Vorjahr zwar rückläufig, Nordrhein-Westfalen bildet jedoch weiterhin einen Schwerpunkt der Straftaten dieser terroristischen Vereinigungen. Durch zahlreiche Anschläge, die von örtlichen terroristischen oder auf Gewalt und Sabotage ausgerichteten Kleingruppen verübt wurden, entstand teilweise erheblicher Sachschaden. Mit weiteren terroristischen Gewaltverbrechen ist auch in Zukunft zu rechnen. 3.2 Rote Armee Fraktion (RAF) Am 9. Juli 1986 verübten unbekannte Täter in Straßlach bei München einen Sprengstoffanschlag auf das Fahrzeug des Vorstandsmitgliedes der Firma Siemens, Prof. Dr. Karl Heinz Beckurts, bei dem Prof. Beckurts und dessen Fahrer Eckhard Groppler getötet wurden. In der Nähe des Tatortes wurde ein Schreiben aufgefunden, in dem ein "Kommando Mara Cagol" der RAF sich der Tat bezichtigte (Mara Curcio, geb. Cagol, war die Ehefrau eines führenden Mitgliedes der italienischen Terrororganisation "Brigate Rosse"; sie verstarb im Juni 1975 nach einem Schußwechsel mit Polizeibeamten). Am 2. August 1986 wurden in Rüsselsheim die terroristische Gewalttäterin der RAF Eva Sybille HAULE-FRIMPONG und ihre aus Düsseldorf stammenden Begleiter Luitgard HORNSTEIN und Christian Otto KLUTH festgenommen. Eva Sybille HAULE-FRIMPONG trug eine großkalibrige Pistole und führte einen verfälschten deutschen Reisepaß sowie gänzlich gefälschte ausländische Personaldokumente mit sich. Luitgard HORNSTEIN besaß Dokumente, die offenbar einer anderen, unverdächtigen Person entwendet worden waren. Bei Christian KLUTH wurden Unterlagen sichergestellt, die auf die Ausspähung von Personen deuteten, deren Identität er sich bedienen wollte. Bei anschließenden Durchsuchungen der Wohnungen KLUTH und HORNSTEIN in Düsseldorf wurden weitere umfangreiche schriftliche Unterlagen sichergestellt. Am Abend des 10. Oktober 1986 wurde der Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Dr. Gerold von Braunmühl, vor seiner Wohnung in Bonn-Ippendorf von zwei unbekannten Tätern erschossen. Die Täter hinterließen am Tatort ein Schreiben, in dem sich ein "Kommando Ingrid Schubert Rote Armee Fraktion" der Tat bezichtigt (Ingrid Schubert war Mitglied der RAF und bereits im Mai 1970 an der Befreiung Andreas Baader's in Berlin beteiligt, sie starb am 12. November 1977 in der Justizvollzugsanstalt München durch Selbsttötung). 3.3 "Militante" der RAF 38 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Nach dem Mordanschlag eines RAF-Kommandos auf Prof. Dr. Beckurts und dessen Fahrer in Straßlach am 9. Juli 1986 verübten Militante dieser terroristischen Vereinigung seit dem 24. Juli 1986 insgesamt neun Sprengstoffanschläge im Bundesgebiet, davon sechs in Nordrhein-Westfalen. Sie bezeichneten sich als "Illegale Militante" bzw. seit 1986 als "Kämpfende Einheit" wobei die Schreiben, in denen sie sich ihrer Taten bezichtigten, in Inhalt und Diktion den Selbstbezichtigungen der RAF entsprachen. Dabei nahmen sie mehrfach auch Namen von getöteten ausländischen Terroristen in die Gruppenbezeichnungen auf, um damit offenbar ihre Solidarität im Rahmen der von der RAF propagierten "revolutionären Front in Westeuropa als Abschnitt im internationalen Befreiungskrieg" zu bekunden und die Entwicklung dieser Front zu fördern. Im einzelnen handelt es sich in Nordrhein-Westfalen 1986 um folgende Anschläge: - 24. Juli 1986 Aachen, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik - 11. August 1986 Swisttal-Heimerzheim, Sprengstoffanschlag auf Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes - 13. August 1986 Wuppertal, Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Firma FanalWestinghouse - 8. September 1986 Köln, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wobei durch die Explosion zwei Personen leicht verletzt wurden - 19. Dezember 1986 Köln, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEG) - 21. Dezember 1986 Bad Münstereifel, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des KurtSchumacher-Bildungszentrums der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bei den Anschlägen der "Militanten" bestand teilweise Übereinstimmung mit Tatmitteln, die bei Anschlägen der RAF-Kommandos verwendet wurden. Den Sprengsätzen waren zur Erhöhung der Sprengwirkung zum Teil Schrauben und Muttern (Anschläge in Heimerzheim und in Köln am 8. September 1986) beigefügt, so daß anzunehmen ist, daß die Täter die Schädigung von Personen gewollt oder doch bewußt in Kauf genommen haben. 39 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Anschlag auf Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes in Swisttal-Heimerzheim am 11. August 1986 erließ der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof im August 1986 Haftbefehle gegen drei Personen des terroristischen Umfeldes aus Duisburg. 3.4 Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) Revolutionäre Zellen und deren autonome Frauengruppe Rote Zora verübten während 1986 in Nordrhein-Westfalen sechs Anschläge, wobei sie hinsichtlich der Zielrichtung und Begründung der Straftaten wieder an aktuelle tagespolitische Ereignisse anknüpften. Während bei den ersten beiden Anschlägen des Jahres 1986 nochmals - wie bereits bei Anschlägen im Jahre 1985 - die Rassenpolitik in Südafrika sowie die Gentechnologie thematisch aufgegriffen wurden, stehen die übrigen Anschläge im Zusammenhang mit der Asylantenproblematik. Im einzelnen wurden folgende Anschläge verübt: - 11. Februar 1986 Bonn, versuchter Sprengstoffanschlag auf die South Africa Foundation (SAF) - 5. August 1986 Münster, Sprengstoffanschlag auf das Institut für Humangenetik der Universität Münster (Rote Zora) - 31. August 1986 Köln, Sprengstoffanschlag auf das Bundesverwaltungsamt (Ausländerzentralregister) - 25. September 1986 Hagen und Hamm, Sprengstoffanschläge auf die Ausländerbehörden - 28. Oktober 1986 Köln, Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungsgebäude der Deutschen Lufthansa. Am 28. Oktober 1986 wurde in Berlin der Leiter der dortigen Ausländerbehörde beim Verlassen seiner Wohnung durch gezielte Schüsse in die Beine verletzt. In einem zweiseitigen Schreiben bezichtigten sich Revolutionäre Zellen der Tat. Nach dem Anschlag auf einen Berliner Rechtsanwalt im Mai 1978 und dem Mord an dem hessischen Wirtschaftsminister Karry im Mai 1981 handelt es sich hierbei um die dritte Straftat, die gezielt gegen Menschen gerichtet ist 3.5 Terroristische Gewalttaten sonstiger Gruppen In Nordrhein-Westfalen wurden 1986 weitere terroristische Gewalttaten verübt, bei denen teilweise ein Bezug zur RAF und deren "Militanten" oder zu den 40 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 sozialrevolutionären Zielvorstellungen der RZ deutlich wird. Folgende Ereignisse seien hier erwähnt: - 13.Januar1986 Wuppertal, Sprengstoffanschlag auf eine Niederlassung der Firma Daimler Benz - 17. April 1986 Düsseldorf, Brandanschlag auf eine Niederlassung der Firma Telefunken - 30. Juli 1986 Wuppertal, Brandanschläge auf Dienstfahrzeuge der Deutschen Bundespost - 18. August 1986 Wuppertal, Brandanschläge auf zwei auf einem Baustellengelände abgestellte Baufahrzeuge - 30. September 1986 Köln, Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Firma Agfa-Gevaert - 5. Dezember 1986 Bielefeld, Verhaftung eines Studenten, der einen Entwurf des Tatgeständnisses einer "Kämpfenden Einheit Philipp Müller zu einem für den 9. Dezember 1986 geplanten Sprengstoffanschlag auf das Bürogebäude der Siemens AG in Bielefeld verfaßt hatte. Der Entwurf des Tatgeständnisse s enthält die Forderung "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand" (Philipp Müller war am 11. Mai 1952 in Essen während der Auflösung einer verbotenen Demonstration tödlich verletzt worden. Bereits 1978 hatten die RZ unter der Bezeichnung "Gruppe Philipp, Müller der Revolutionären Zellen" einen Sprengstoffanschlag auf das Bundesamt für Zivildienst in Köln verübt). 3.6 Umfeld der RAF und sonstiges terroristisches Umfeld Im Zusammenhang mit der Aufführung des Filmes "Stammheim" Anfang des Jahres 1986 kam es auch in mehreren Städten Nordrhein-Westfalens zu Farbsprühereien und anderen Straftaten. So drangen in Düsseldorf mehrere vermummte Personen in ein Kino ein, zerstörten den Film und hinterließen Flugblätter. In Bad Salzuflen drangen nachts unbekannte Täter in ein Filmtheater ein und entwendeten zwei Filmrollen. In Gütersloh störten Unbekannte eine Filmvorführung, wobei sie Flugblätter mit für die RAF werbendem Inhalt in den Zuschauerraum warfen. In der Zeit vom 31. Januar bis zum 4. Februar 1986 fand in Frankfurt/Main der Kongreß "Antiimperialistischer und Antikapitalistischer Widerstand in Westeuropa" unter Beteiligung von Anhängern der RAF und Angehörigen des autonomen 41 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Spektrums statt. Zur Teilnahme an diesem - vom engeren RAF-Umfeld getragenen - Kongreß war bundesweit mit Flugblättern und auf Plakaten aufgerufen worden; in einigen Städten, darunter Münster, hatten Vorbereitungstreffen stattgefunden. An dem Kongreß nahmen zeitweise bis zu 1.000 Personen teil, darunter auch Personen des RAF-Umfeldes sowie des autonomen, antiimperialistischen Spektrums aus Nordrhein-Westfalen. Die gesetzten Ziele - eine Vereinheitlichung des Widerstandes im nationalen Bereich und - die Erarbeitung von gemeinsamen Strukturen im internationalen Bereich sind nicht erreicht worden; vielmehr traten die Meinungsverschiedenheiten zwischen Anhängern der RAF und Personen des autonomen Spektrums deutlich hervor. Am 18. Juni 1986 versuchten vier Personen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in Genua/Italien den Prozeß gegen die Entführer der Kreuzfahrtschiffes "Achille Lauro" durch Verlesen einer Solidaritätserklärung zu stören; sie wurden am 30. Juni 1986 in einem Schnellverfahren zu jeweils drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt; gleichzeitig wurde ihre Abschiebung verfügt. Personen des RAF-Umfeldes widmeten sich weiterhin der Betreuung von RAFHäftlingen und wirkten damit an der Förderung und Aufrechterhaltung der Kommunikation im RAF-Bereich mit. Außerdem setzten sie sich in Veranstaltungen sowie durch die Verbreitung von Flugblättern und terroristischen Schriften für die Ziele der RAF ein. Der propagandistischen Unterstützung der RAF dient besonders die Untergrundschrift "Zusammenkämpfen - Zeitung für die antiimperialistische Front in Westeuropa -", die auch in Nordrhein-Westfalen konspirativ verbreitet wird. Insgesamt erschienen 1986 drei reguläre Ausgaben sowie zwei Sondernummern dieser Schrift. Im September 1986 wurde in Nordrhein-Westfalen eine weitere aus dem terroristischen Umfeld stammende Schrift mit dem Titel "Material zur Bedeutung der Informationstechnologie im Rahmen der imperialistischen Gesamtstrategie" erfaßt. Es handelt sich in wesentlichen um eine Sammlung von Artikeln aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Quellen zu dem o. a. Thema. Darüber hinaus enthält die Schrift auf 30 Seiten Erklärungen terroristischer Gruppen, u. a. das achtseitige Tatgeständnis der RAF im Mordfall Beckurts. Der Zweck der Materialsammlung wird in der Einleitung wie folgt dargestellt: "Die Offensive von Guerilla und antiimperialistischem Widerstand im Sommer 1986 hat sich als Angriff gegen aktuelle strategische Projekte dieser Formierung entwickelt und eröffnet so die Perspektive für die Vertiefung und Verbreitung von revolutionärem Kampf in Westeuropa. Wir begreifen diese Materialsammlung als Beitrag für die Diskussion, die wir für die Bestimmung der nächsten Schritte für nötig halten." Der inhaltlichen "Diskussion und Weiterentwicklung des Widerstandes" dienen auch bundesweite Bestrebungen zur Einrichtung von "lnfoläden". Über sie sollen 42 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 auch Publikationen aus dem terroristischen Bereich und dem terroristischen Umfeld verbreitet werden. Ein solcher "lnfo-Laden", der "Strukturen für ein(en) Austausch von Infos/Diskussionen unter/von Personen, Gruppen, Infoläden, die sich als Teil des Widerstandes verstehen" entwickeln will, ist im Mai 1986 in Duisburg eröffnet worden. 3.7 Terroristische und sonstige politisch motivierte Gewalttaten Die Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen haben 1986 im Staatsschutzbereich folgendes registriert: Ausgeführte Gewalttaten Insgesamt wurden 1986 (in Klammern die Zahlen des Vorjahres) 181 (111) vollendete oder versuchte Gewalttaten bekannt. 1 (2) Mord 1 (1) gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge 20 (26) Sprengstoffanschläge 55 (33) Brandanschläge 5 (-) gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr 23 (-) Anschläge auf Hochspannungsmasten 35 (-) Sabotagehandlungen an Schachtsprenganlagen und Verteidigungsmitteln 41 (49) Sachbeschädigungen. Mit Ausnahme eines Falles der gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge, in dem Opfer und Täter der rechtsextremistischen Szene angehören, sind die erfaßten Gewalttaten, soweit sie sichere Rückschlüsse auf Täter und Tatmotive zulassen, der linksterroristischen/linksextremistischen Szene zuzuordnen. Ursächlich für den Anstieg gegenüber dem Vorjahr sind die Angriffe auf Schachtsprenganlagen und Verteidigungsmittel, die Anschläge auf Hochspannungsmasten und der Anstieg der Brandanschläge. Hauptangriffsziele der Gewalttaten waren u. a. Industrieund Wirtschaftsunternehmen, insbesondere Firmen der Rüstungsbranche sowie Niederlassungen von US-Firmen und Unternehmen mit Wirtschaftsbeziehungen zu Südafrika oder mit Beteiligungen beim Bau von Kernkraftwerken. Weitere Angriffsziele der Anschläge waren Banken und Sparkassen sowie Einrichtungen von Polizei, Post, Bundeswehr und Justiz. In zwei Fällen gingen durchgeführten Sprengstoffanschlägen unmittelbar Warnanrufe voraus. Angedrohte Gewalttaten Im Jahre 1986 wurden 374 Gewalttaten, bei denen ein politisches Motiv erkennbar war oder behauptet wurde, anonym fernmündlich oder schriftlich angedroht. Gegenüber 1985 (483 Fälle) ist damit ein Rückgang um etwa 20 % festzustellen. In 264 Fällen handelte es sich um sogenannte Bombendrohungen, die vorwiegend gegen öffentliche Einrichtungen, Industrieunternehmen, militärische Objekte, Flughäfen/Fluggesellschaften, ausländische Vertretungen, Kaufhäuser, Schulen und Personen aus Politik und Wirtschaft gerichtet waren. 43 Brandanschläge auf zwei Baustellenfahrzeuge in Wuppertal am Brandanschläge auf zwei Baustellenfahrzeuge in Wuppertal am 18.8. 1986 18.2. 1995 Sprengstoffenschlag auf eine Niederlassung der Firma Daimler Sprengstolfanschläge auf ein Gebäude der Firma Agfa-Gewaart in Banz in Wuppertal am 13, 1. 1988 Köln am 30,9, 1995 nszhlag auf Sprengstoffanachlag auf das Institut für Humangenetik In Münster am 5. 8. 1966 Sprengsiollanschlag auf ein Gebäude der Firma FanalWestinghouse am 12. 8. 1986 in Wuppertal Sprengstoffanschlag auf das Institut für Lasertechnik der FraurSprengstoffanschlag auf das Institut für Lasertechnik der Fraunhafer Gesellschaft in Aachen am 24, 7,1985 heder Gesellschaft in Aschen am 24. 71988 Sprengstoffanschlag auf das Bundesverwaltungsamt in Köln am Sprengstoffanschlag auf 31.8. 1995 25.9, 1986 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 4 Ausländerextremismus 4.1 Entwicklungstendenz Gegen Ende 1986 lebten in Nordrhein-Westfalen ca. 1,35 Millionen ausländische Mitbürger. Die Zahl der Anhänger extremistischer Organisationen muß nach neuesten Erkenntnissen auf ca. 40.000 geschätzt werden. Hiervon entfallen auf die Türken etwa 17.000 (ohne Kurden). Die Zahlen machen erneut deutlich, daß auch 1986 die überwiegende Mehrheit der ausländischen Mitbürger sich nicht an extremistischen Bestrebungen beteiligt hat. Von den Organisationen der rechtsund linksextremistischen Türken gehen weiterhin die meisten Aktivitäten aus. Bei den extremen türkischen Nationalisten hat sich der Meinungsstreit um die Führung zugespitzt. Innerhalb der islamischen Extremisten wird erstmals offen zum Sturz der türkischen Regierung aufgerufen. Die Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FIDEF) bleibt die mitgliederstärkste und aktivste Vereinigung im linksextremistischen Lager; sie arbeitet wie andere orthodox-kommunistische Organisationen der Türken mit der DKP zusammen. Die Neue Linke macht sich trotz ihrer Zersplitterung weiterhin durch sicherheitsgefährdende Aktivitäten bemerkbar. Gemeinsame Aktionsschwerpunkte aller türkischer Linksextremisten sind unverändert u.a. der Kampf gegen das Staatswesen im Heimatland und die Agitation gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die wesentlichen Bestrebungen unter den Kurden gehen von der linksextremistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihren Nebenorganisationen aus. Wegen ihrer anhaltenden Gewaltbereitschaft (Besetzung von Büros pp., Liquidierung von Gegnern, Waffenfunde bei Anhängern) erfordert die PKK erhöhte Aufmerksamkeit, zumal sie inzwischen in Konfrontation auch zur türkischen Neuen Linken steht. Unter den Gruppen iranischer Extremisten entwickeln die Anhänger der zum gegenwärtigen System im Iran in Opposition stehenden Volksmodjahedin die stärksten Aktivitäten. Ihre Aggressivität gegenüber andersdenkenden Landsleuten offenbarte sich mehrfach in Tätlichkeiten. Nachdem Frankreich aufgrund seiner politischen Wiederannäherung an den Iran die Volksmodjahedin zunehmend repressiv behandelt, ist eine Zunahme der Modjahedin-Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, zu beobachten. Der amerikanische Vergeltungsschlag gegen Libyen Mitte April 1986 löste auch in Nordrhein-Westfalen heftige Reaktionen nicht allein bei libyschen, sondern auch bei anderen extremistischen Ausländern aus. Er hat zur Solidarisierung arabischpalästinensischer Extremistenorganisationen mit Libyen geführt. Erstmals drohte die baskische Terrororganisation ETA auf deutschem Boden mit Anschlägen gegen deutsche Spanienurlauber. Gewaltbereitschaft ließen 1986 auch hier ansässige Iraker und Srilanker erkennen, meist ausgelöst durch Geschehnisse in den Heimatländern wie dem Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und Tamilen in Sri Lanka. 4.2 Türken Extreme Nationalisten 47 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Die Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) -Türk-Föderation - mit Sitz in Frankfurt/Main, der in NordrheinWestfalen zahlreiche sog. Kulturoder Idealistenvereine angehören, trat 1986 lediglich mit "Folklore"-Veranstaltungen in Erscheinung. Die Zahl ihrer Mitglieder (vereinfacht oft "Graue Wölfe" genannt) blieb mit etwa 2.500 (im Bundesgebiet rd. 10.000) gegenüber dem Vorjahr konstant. Zu Störungen und Anfeindungen von linksextremistischer Seite kam es 1986 nur noch bei wenigen ihrer Veranstaltungen, so in Siegen und Remscheid. Seit Mitte Januar 1986 vertreibt die Föderation die in der Türkei erscheinende Wochenzeitung "YENI DÜSÜNCE" (Das neue Denken). Das Blatt gilt als Sprachrohr der in der Türkei verbotenen extremen nationalistischen Partei der Nationalen Bewegung (MHP). Ihren "Großen Kongreß 1986" veranstaltete die Türk-Föderation mit nur annähernd 300 Besuchern Mitte Juni in Nürnberg. Der bisherige Vorsitzende wurde in seinem Amt bestätigt. Er ist ein enger Gefolgsmann des ehemaligen Führers der MHP. Zahlreiche Mitgliedsvereine - darunter etwa zehn aus Nordrhein-Westfalen - boykottierten die Versammlung, weil sie mit dem Vorsitzenden nicht einverstanden sind. Wegen der neuen Leitung halten die Spannungen innerhalb der Türk-Föderation an. Islamische Extremisten Anhänger der Nationalen Heilspartei (MSP) Im Januar 1986 wurde die Gründung der Föderation Muslimischer Gemeinschaften Nordrhein-Westfalen (FMG) bekannt. Ihr Sitz befindet sich in Köln. Ihr Vorsitzender gehört auch dem Vorstand der Vereinigung der neuen Weitsicht in Europa (Avrupa Milli Görüs Teskilatlari - AMGT) an. Mitgliedsvereine sind ausschließlich von der MSP beeinflußte islamisch-extremistische Organisationen. Die neue Föderation erstrebt die Anerkennung des Islams als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. In seinem Organ "TEBLIG" (Die Verkündigung) vom 1. Juli 1986 ruft der in Köln ansässige iranorientierte Verband erstmals offen zum Sturz der Regierung in der Türkei auf. Das dortige Regierungssystem wird als "Ordnung des Unglaubens" angeprangert. Die "widerwärtige Demokratie" sei eine "Kriegserklärung an Gott, ein Willkürstaat". Orthodoxe Kommunisten Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FIDEF) "Frieden in der Welt - Gleiche Rechte in der Bundesrepublik - Demokratie in der Türkei" unter diesem Motto stand der 10. Jahreskongreß der - orthodoxkomunistisch beeinflußten - FIDEF im April 1986 in Essen. Unter den rund 800 Teilnehmern befanden sich Abgesandte des Parteivorstands der DKP, der Kommunistischen Partei der Türkei (TKP) und anderer orthodox-kommunistischer ausländischer Parteien. Der langjährige 1. Vorsitzende wurde wiedergewählt. Er 48 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 rief zur massiven Stärkung des "Friedenskampfes" auf, für den neuerdings auch islamische Geistliche gewonnen werden sollen. Er betonte erneut Alle FIDEFMitglieder haben die Aufgabe, aktive Gewerkschaftler zu sein". Aus aktuellem Anlaß protestierten die Teilnehmer gegen den "Angriff der USA auf Libyen". Einen zusätzlichen bundesweiten Kongreß hielt die FIDEF am 23. August 1986 in Frankfurt/Main ab; hier wurde über die politischen Ziele der Föderation diskutiert. Unter den rund 400 Besuchern befanden sich auch Vertreter anderer linksextremistischer Organisationen der Türken und Kurden. Mitte November 1986 hat die FIDEF eine bundesweite Kampagne begonnen, mit der sie erneut das kommunale Wahlrecht für Ausländer fordert. SOL BIRLIK (Linke Einheit) Sol Birlik ist ein Aktionsbündnis sechs orthodox-kommunistischer Parteien der Türken und Kurden. Im Herbst 1986 trat es als "Das Komitee für die Bundesrepublik Deutschland Linkseinheit der Türkei und Türkei-Kurdistans" auf. Auf einer Veranstaltung am 15. November in Düsseldorf mit rund 800 Teilnehmern sprach die Vorsitzende der moskautreuen Arbeiterpartei der Türkei (TIP) über Abrüstung und SDI. Außerdem ergriff ein DKP-Vertreter das Wort. Neue Linke In Nordrhein-Westfalen sind 1986 folgende Organisationen der türkischen Neuen Linken aktiv in Erscheinung getreten * Kommunistische Partei der Türkei/Marxisten Leninisten (TKP/ML) Bei ihr handelt es sich um eine im Heimatland verbotene revolutionäre Partei, deren Mitglieder seit langem im Bundesgebiet konspirativ wirken. * Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) Die ATIF, maßgeblich beeinflußt von der TKP/M-L, hat ihren Sitz in Duisburg. Rund 300 ihrer Anhänger demonstrierten Ende Juni 1986 in Bonn für die Unterstützung des Volkskrieges in Peru" und gegen den "Massenmord in Peru". Gemeint ist damit die Erschießung von mehreren hundert Häftlingen durch peruanische Sicherheitskräfte kurz zuvor. * BOLSEVIK PARTIZAN Diese militante Gruppe hat sich vor einigen Jahren von der TKP/M-L bzw. von der ATIF abgespalten. 1986 trat sie vermehrt mit Flugblättern in Erscheinung. Diese befaßten sich u. a. mit der "revolutionären Tradition" des 1. Mai, dem "Angriff der US-Imperialisten auf Libyen", dem Gedenken an den Gründer der TKP/M-L und mit der gegnerischen Arbeiterpartei Kurdistans. * Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (DIDF) Sie verfolgt die Ideologie der Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei (TDKP), die sich am albanischen Kommunismus orientiert. Gemeinsame Aktionsschwerpunkte türkischer Linksextremisten 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Kampf dem Regime im Heimatland In Flugblättern aus Anlaß ihrer "Freundschaftswoche" Mitte Januar 1986 bezeichnete die FIDEF das eigene Staatswesen als "reaktionär" und "faschistisch". Anfang März 1986 wurden in Krefeld Aufkleber und Plakate der DEVRIMCI KURTULUS (Revolutionäre Befreiung), einer Splitterorganisation der Neuen Linken, festgestellt. Sie erinnerten an Gesinnungsgenossen, die im "Befreiungskampf" gegen den türkischen Staat getötet wurden. Am 12. September 1986 jährte sich die Machtübernahme durch das Militär in der Türkei. In Köln demonstrierten an diesem Tage ca. 60 Anhänger der DIDF gegen das türkische Regime. Am Tag danach versammelten sich in Duisburg rund 4.000 Anhänger moskautreuer Gruppen von Türken und Kurden sowie der türkischen Neuen Linken zu einer gemeinsamen zentralen Protestdemonstration. Anhänger der ATIF besetzten am 25. November 1986 die Bundesgeschäftsstelle der GRÜNEN in Bonn, um gegen den "faschistischen türkischen Staat" zu protestieren. Am 12. Dezember 1986 besetzten mutmaßliche Anhänger der TKP/M-L bzw. ATIF einen Nebeneingang des WDR in Köln aus Protest gegen den geplanten Besuch des türkischen Staatspräsidenten EVREN in der Bundesrepublik Deutschland sowie gegen die türkischen Militäraktionen gegen TKP/M-L-Angehörige. Aus letztgenanntem Grund drohten tags darauf in Wuppertal mutmaßliche TKP/M-LSympathisanten mit einem Bombenanschlag und verbrannten eine Strohpuppe. Agitation gegen die Bundesrepublik Deutschland Auf dem FIDEF-Jahreskongreß im April 1986 warf der wiedergewählte Vorsitzende der Bundesregierung eine Politik vor, "die auf die Spaltung der gesellschaftlichen Opposition und das Auseinanderdividieren der deutschen und ausländischen Arbeiter gerichtet ist". Ein ATIF-Flugblatt vom April 1986 enthielt die Behauptung, der "westdeutsche Imperialismus" bereite "in revanchistischer Weise den III. Weltkrieg" vor. 4.3 Kurden Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Bei den Kurden gingen die meisten Aktivitäten von der orthodox-kommunistischen PKK und deren Nebenorganisationen aus. Die PKK selbst operiert terroristisch. ihr wird eine Serie von Mordanschlägen auf abtrünnige Anhänger und auf Gegner in linksextremistischen Gruppen der Türken angelastet. Als Reaktion auf solche Mordfälle und andere Gewaltakte richteten türkische Organisationen, insbesondere der Neuen Linken, vermehrt publizistische Angriffe gegen die PKK. Im Januar und Februar sowie im August und September 1986 inszenierten PKKAnhänger in nordrhein-westfälischen Großstädten zahlreiche Besetzungen von Büros der SPD und des DGB, von Amnesty International, von WDR-Studios und einer Kirche. Damit protestierten sie gegen das Vorgehen der Türkei gegen 50 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 kurdische "Freiheitskämpfer" sowie gegen die Verhaftung ihres mutmaßlichen Gesinnungsgenossen Faruk BOZKURT Mitte August in Hamburg. Als Symbol ihres Widerstandes gegen das türkische Regime feierten zahlreiche PKK-Anhänger im März 1986 in Bielefeld, Duisburg und Köln das traditionelle kurdische Neujahrsfest ("Newroz"). In Duisburg, wo sich rd. 2.000 Kurden versammelten, nahm die Polizei bei Vorkontrollen zwei Besucher aufgrund Haftbefehls und drei Personen wegen illegalen Aufenthalts fest. Ferner wurden bei PKK-Anhängern sichergestellt: 2 Gaspistolen, 1 Trommelrevolver, 4 Hämmer, 2 Beile, 8 Messer, 2 Totschläger, 1 Eisenkette. Bei zwei Anhängern der PKK, die Anfang März 1986 aus den Niederlanden nach Nordrhein-Westfalen einreisten, wurden drei Pistolen nebst Munition gefunden. Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereine Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-KURDISTAN) Mit dieser Nebenorganisation, die ihre Zentrale in Bonn hat. entfaltet die PKK im Bundesgebiet ihre "legalen" Aktivitäten. FEYKA-KURDISTAN organisierte Ende Mai 1986 in Bonn eine zentrale Kundgebung gegen "Hinrichtungen, Folter, Massaker... in der Türkei". Unter den 3.200 Teilnehmern befand sich eine Gruppe von ca. 100 deutschen "Autonomen", die sich offenbar mit der PKK solidarisieren. FEYKA-KURDISTAN war ferner Veranstalterin einer Demonstration von ca. 2.600 PKK-Anhängern Anfang September 1986 in Köln gegen den Militärputsch und das Staatswesen in der Türkei sowie einer bundesweiten Zusammenkunft mit rd. 4.000 Teilnehmern am 20. Dezember 1986 in Hannover zum 9. Gründungstag der PKK. Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) Von der PKK ist diese weitere Nebenorganisation geschaffen worden, um den kurdischen "Befreiungskampf" gegenüber der Türkei zu bündeln. In der Septemberausgabe 1986 des "Kurdistan-Report", des in Köln erscheinenden deutschsprachigen Organs der ERNK-Europavertretung wird die Reise des Bundespräsidenten in die Türkei als ein Versuch zur Legitimation des 12. September-Regimes" bezeichnet. (Am 12. September 1980 übernahm das Militär die Macht in der Türkei). Solidaritätskomitee Faruk BOZKURT Mit einer Demonstration Mitte Oktober 1986 in Bonn und mit der Besetzung des Büros des UNO-Flüchtlingskommissars in Bonn Mitte November 1986 forderte das - vermutlich von PKK-Anhängern gebildete - Komitee die Freilassung des seinerzeit in Hamburg inhaftierten Kurden Faruk BOZKURT. Dieser stand im Verdacht, im Auftrag der PKK einen Sprengstoffanschlag auf das türkische Generalkonsulat in Hamburg geplant zu haben. Von der PKK-Europavertretung wurde dies als "Komplott" des türkischen Generalkonsulats und der Hamburger Polizei gegen die PKK bezeichnet. Sonstige kurdische Vereinigungen 51 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Neben der PKK ist die ebenfalls orthodox-kommunistische Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (KOMKAR) die bedeutendste Organisation der Kurden. Sie veranstaltete ihr "Newroz-Fest" im März 1986 am Vereinssitz Köln. Für eine von 10 linksextremistischen Türkenund Kurdenvereinigungen getragene Kampagne "Schluß mit der Folter und den Hinrichtungen!" fungierte sie im Frühjahr 1986 als Kontaktadresse. Auch andere extremistische Organisationen der Kurden wandten sich seit August 1986 mit Besetzungen, Demonstrationen, Flugblättern, Presseerklärungen usw. gegen türkische Luftangriffe Mitte August 1986 auf kurdisches Siedlungsgebiet im Irak. Unter anderem besetzten Anhänger eines kurdischen Studentenkomitees in Dortmund ein türkisches Reisebüro. 4.4 Iraker Die regimefeindliche Islamische Union Irakischer Studenten (IUIS) rief zu einer Demonstration Mitte April 1986 in Bonn auf. Neben Irakern beteiligten sich auch Afghanen und khomeinitreue Iraner. Die Teilnehmer forderten, das HUSSEIN-Regime im Irak zu beseitigen und durch einen islamischen Staat nach iranischem Muster zu ersetzen. 4.5 Iraner Union der Islamischen Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) Die einzige khomeinitreue unter den Gruppen extremistischer Iraner ist die U.I.S.A. mit Sitz in Aachen. Ihr steht eine Reihe regimefeindlicher Organisationen mit unterschiedlichen Ideologien gegenüber. TUDEH-Partei Irans Seit Januar 1986 gibt die "Sektion BRD" der moskautreuen, im Iran seit 1983 verbotenen TUDEH-Partei das "TUDEH-Bulletin" heraus. Das monatlich erscheinende Blatt will über die komplexen politischen Zusammenhänge im Heimatland und über die Standpunkte der TUDEH-Partei informieren. Zum 45. Jahrestag ihrer Gründung veranstaltete sie am 28. Oktober 1986 eine Feier in Köln-Zollstock. Als Hauptredner trat der DKP-Vorsitzende MIES auf. Er machte die Regierung der LISA "mitschuldig am Tod tausender Iraner" im Golfkrieg. Der TUDEH-Partei bescheinigte er, sie sei eine Partei "des klaren Blickes und aufrechten Ganges vor dem eigenen Volk und der ganzen internationalen Arbeiterbewegung". Organisation der Volksfedayin Irans (Mehrheit) Im Februar 1986 feierte diese orthodox-kommunistisch ausgerichtete Gruppe in Bochum den 15. Jahrestag ihrer Gründung. Ein Sprecher erklärte, die MehrheitFedayin wollten alle Formen des Volkswiderstandes verstärken. Er wies vor den rd. 1.000 Veranstaltungsteilnehmern darauf hin, daß die Organisation eng mit der TUDEH-Partei zusammenarbeite und in der Bundesrepublik Deutschland mit der DKP kooperiere. Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung e.V. (I.M.S.V.) In der I.M.S.V. mit Sitz in Köln sammeln sich die Anhänger der islamischmarxistischen Volksmodjahedin, einer international tätigen Widerstandsgruppe. 52 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Die Organisation verfügt neuerdings in Köln über ein "Sekretariat für internationale Beziehungen"; seit Herbst 1986 unterhält sie in Köln auch ein "Kulturzentrum". Nieder mit KHOMEINI - Es lebe RADJAVI!" so protestierten im Februar 1986 in der Bonner Innenstadt ca. 1.200 Anhänger der 1.M.S.V. gegen ihr Heimatregime. Eine weitere zentrale I.M.S.V.-Demonstration gegen Menschenrechtsverletzungen im Iran fand mit rd. 1.500 Teilnehmern im Juni 1986 in Bonn statt. Äußerer Anlaß hierfür war der fünfte Jahrestag der Flucht des ehemaligen Staatspräsidenten BANI-SADR und des Führers der Volksmodjahedin, Massoud RADJAVI, aus dem Iran. 1986 offenbarte sich die zunehmende Gewaltbereitschaft der Volksmodjahedin gegenüber anderen oppositionellen Gruppen. So kam es Mitte April in Münster zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit Anhängern der Volksfedayin (Minderheit), einer Organisation der Neuen Linken. Ein Volksfedayin, der in der Universitätsmensa einen Büchertisch betrieb, wurde beschimpft und geschlagen. Etwa 3.000 Anhänger nahmen an einer I.M.S.V.-Veranstaltung am 9. November 1986 in Köln Mülheim teil. Dabei warben Mitglieder des Exekutivkomitees der Volksmodjahedin Freiwillige für den aktiven Kampf an der Front gegen das KHOMEINI-Regime auf Seiten des Irak. Mehrere Veranstaltungsteilnehmer meldeten sich spontan. Auf Beschluß des Amtsgerichts München wurden am 12. Dezember 1986 in Köln Büroräume der 1.M.SV. und die Wohnung ihres 1. Vorsitzenden durchsucht. Letzterer war tags zuvor mit weiteren 20 1.M.S.V.Anhängern in München festgenommen worden. Die Iraner sollen dort versucht haben, durch Vorführen von Videofilmen zu Sabotageakten anzustiften. Bei den Durchsuchungen in Köln fand die Polizei zahlreiche Propagandaschriften und Videokassetten; ein Iraner wurde vorläufig festgenommen. Iranische Studentenorganisation in der BRD und West-Berlin, Sympathisanten der Guerillaorganisation der Volksfedayin Irans (0.I.P.F.G.) In einem Flugblatt nennt die 0.1.P.F.G., eine Gruppe der Neuen Linken, die Bundesregierung "Komplizen mörderischer Regime" und behauptet, es sei im Interesse der Bundesregierung, an den Asylbewerbern Geld zu sparen, genauso "wie an allen Menschen gespart wird, die ... aus dem kapitalistischen Produktionsprozeß herausgefallen sind ...". Das gesparte Geld werde "direkt in die menschenfeindlichen ... Projekte der Kapitalisten" wie z. B. "SDI-Programm und die Atomwirtschaft" gesteckt. Auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 1986 betrieben Angehörige der 0.J.P.F.G. einen Bücherstand. Sie wurden von Regimebefürwortern angegriffen und verletzt. Die herbeigerufene Polizei nahm insgesamt fünf Tatbeteiligte fest. Als "Rache für Frankfurt" versuchten am 8. Oktober ca. 100 iranische Demonstranten, die deutsche Botschaft in Teheran zu stürmen. Die in Frankfurt/Main festgenommenen KHOMEINI-Anhänger, alle wohnhaft in Bonn, hatten schon am Tage vor den Überfällen ihre politischen Gegner ausgespäht und fotografiert. Sie wiesen sich als private Angestellte des iranischen Attaches in Bonn aus. 4.6 Srilanker Im Mai 1986 verteilte die radikale Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) in Bonn Flugblätter. Darin schilderte sie Greueltaten der gegnerischen singhalesischen 53 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Regierung und rief die deutsche Bevölkerung zur Unterstützung ihres Kampfes für einen eigenen Staat im Norden Sri Lankas auf. Das Flugblatt endet Jamil Eelam ist der Durst der Tiger". Wie schon im Februar warnte die LTTE auch im Herbst 1986 auf deutschsprachigen Plakaten deutsche Touristen, nach Sri Lanka zu fahren. Durch einen Urlaub auf der Insel werde die "singhalesische Regierung unterstützt"; mit den Devisen könne sie mehr Waffen für das "rassistische Massaker am tamilischen Volk" importieren. Da die "Tiger" zu jeder Zeit jeden Ort in Sri Lanka angreifen könnten, riskiere jeder deutsche Urlauber somit auch sein "eigenes Leben". Wegen des Verdachts, eine kriminelle Vereinigung von bundesweiter Bedeutung zu bilden, führte die Polizei am 11. Dezember 1986 in Baden-Württemberg, und Nordrhein-Westfalen Exekutivmaßnahmen gegen die "Militärabteilung" der LTTE durch. Bei der Durchsuchung von insgesamt 17 Wohnungen (6 davon in Nordrhein-Westfalen) wurden 7 Schußwaffen, Munition, diverse Schlagund Stichwerkzeuge sowie Adressen, Ausweise, Geldsammellisten und zahlreiches Propagandamaterial beschlagnahmt. Vier Tamilen wurden festgenommen, einer von ihnen in Gummersbach. Die LTTE steht im Verdacht, im Bundesgebiet Landsleute unter Gewaltandrohung zu Geldzahlungen für ihre "Kämpfer" in der Heimat zu erpressen. 4.7 Libyer und Palästinenser General-Studentenunion der Sozialistischen Libyschen Arabischen Volksjamahirija in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (GUSJ) Die regimetreue GUSJ mit Sitz in Bochum rief für Ende März 1986 zu einer Demonstration nach Bonn. 250 Teilnehmer protestierten gegen das Einfahren amerikanischer Kriegsschiffe in die Große Syrte. Ihre Transparente lauteten "Wir sind bereit zu sterben in Verteidigung des Syrte Golf" - "USA sind Führer des internationalen Staatsterrorismus". Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) Anhänger der orthodox-kommunistischen DFLP verteilten Mitte April 1986 nach der amerikanischen Bombardierung libyscher Städte während einer Großkundgebung in Bonn Flugblätter, in denen es heißt "Der Imperialismus, Israel und die arabische Reaktion verstehen nur praktische Schritte in der Weise, daß mit doppelter Münze heimgezahlt wird". Die Araber werden aufgefordert, "alle Anstrengungen zum Widerstand gegen die amerikanisch-imperialistische Aggression und zur Zerschlagung ihrer Interessen in der Region zu vereinigen". Palästinensische Nationale Befreiungsbewegung - FATAH - Siegen Unter dieser Bezeichnung verbreiteten Siegener ARAFAT-Anhänger im November 1986 eine Flugschrift, die sich mit der derzeitigen Lage des palästinensischen Volkes befaßt. Darin werden die arabischen Regimes - insbesondere Syrien - wegen angeblicher palästinenser-feindlicher Politik angegriffen. 4.8 Jugoslawen 54 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Vereinigte Kroaten In Deutschland e.V. (UHNj) Eine zentrale "Antonius-Gedenkveranstaltung" - früher "Tag der kroatischen Streitkräfte" genannt - fand Mitte Juni 1986 in Recklinghausen statt. Sie wurde von der UHNj organisiert, die einen selbständigen Staat in Jugoslawien anstrebt. Kroatischer Nationalrat (HNV) Mit einer Mahnwache demonstrierte der HNV am 29. November 1986 in Bonn gegen "Menschenrechtsverletzungen in Jugoslawien". Er befürwortet die Anwendung revolutionärer Gewalt im Heimatland zur Errichtung eines selbständigen kroatischen Staates. 4.9 Spanier Im Juni 1986 gingen bei der Deutschen Lufthansa in Bonn und London sowie bei Büros ausländischer Flugunternehmen im Bundesgebiet Drohschreiben der baskischen Separatistenorganisation EUZKADI TA AZKATASUNA (ETA) ein. Darin kündigte die ETA Anschläge in den Touristenzentren Spaniens an, um die spanische Wirtschaft zu schädigen und auch auf diese Weise die Zentralregierung in Madrid zu bekämpfen. 55 SITE E: -. in Fi!m 13.SEPTEMIEN.1996,11,00Uhr,DUBSEUTESBergplate | AVAUFATIA DEU-GENG,EIRLIK YOLU. DIBAF,DEVRIMCIKURTULUS, DEF,GERGER-ADK,SUCHEN. ISCIGERCEÖI.KKDK, KOMKAR.KURDKOM Fi Unersätzer.DEYRIMCHISEN,KORDESTANLIDEURN EI: Tr Er E NEiHlhDr | 1 ajiii na if Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 5 Spionageabwehr 5.1 Entwicklungstendenz Die Nachrichtendienste der Ostblockstaaten richteten ihre geheimdienstlichen Aktivitäten auch im Jahre 1986 mit unveränderter Intensität auf für sie interessante Ziele in der Bundesrepublik Deutschland. Bevorzugtes Operationsgebiet war und ist dabei das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, da hier - die Bundesregierung und die meisten diplomatischen sowie konsularischen Vertretungen ihren Sitz haben - bedeutende Unternehmen und z. T. weltweit anerkannte Forschungsstätten ihren Wirkungskreis besitzen sowie - wichtige militärische Einrichtungen der Bundeswehr und der NATO angesiedelt sind. Für die Regierungen des Ostblocks bleibt die Arbeit der "Kundschafter des Friedens", wie ihre Agenten im dortigen Sprachgebrauch genannt werden, unverzichtbarer Bestandteil ihrer Politik. Am aktivsten haben sich wiederum die Nachrichtendienste der DDR, das sind die Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und die Verwaltung Aufklärung des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV), mit mehr als 50 % der erkannten Aufträge in Nordrhein-Westfalen gezeigt. An zweiter Stelle steht die CSSR gefolgt von Polen, der UdSSR und Ungarn. Der geringe Anteil der sowjetischen Aufträge bedeutet nicht, daß sich die Sowjetunion in ihren Ausspähungsbemühungen zurückhaltender gibt; vielmehr ist sie Nutznießer der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten der übrigen Ostblockländer. Da es für das MfS unproblematischer ist, seine Agenten zu tarnen - gleiche Sprache und Kulturkreis erweisen sich dabei als unschätzbarer Vorteil - greifen die Nachrichtendienste der Sowjetunion zusätzlich auf die von den Satelliten-Nachrichtendiensten gewonnenen Erkenntnisse zurück. Die durch den Übertritt des ehemaligen Referatsgruppenleiters im BfV TIEDGE entstandenen Schäden konnten, nicht zuletzt durch erhöhten Personaleinsatz, in Grenzen gehalten werden. 5.2 Nachrichtendienstliche Aufträge gegen Nordrhein-Westfalen Neben der politischen Spionage und der Spionage auf dem Gebiet der Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung (illegale Technologiebeschaffung) bildete die Spionage gegen die Bundeswehr und ihre NATO-Partner (Militärspionage) das Hauptangriffsziel gegnerischer Aktivitäten. 5.3 Politische Spionage Die zur politischen Spionage gehörenden Bereiche sind vielfältig. Hier geht es nicht allein um das Ausspähen etwaiger politischer Absichten, sondern auch darum, Agenten in die verschiedensten Positionen bei politischen und 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 gesellschaftlichen Institutionen einzuschleusen, um Einfluß auf den unterschiedlichsten Ebenen auszuüben (Einflußagenten). Von besonderem Interesse sind neben den obersten Bundesbehörden die Sicherheitsbehörden (wie Polizei, Bundesgrenzschutz und Verfassungsschutz), die obersten Landesbehörden, Regierungspräsidien, Gemeinden, Kreise sowie Parteien und Vereine von übergeordneter Bedeutung, wie z.B. der TÜV. Zielobjekte sind auch Exilverbände, Landsmannschaften und Einrichtungen wie "Hilferufe von drüben". 5.4 Illegale Technologiebeschaffung durch Nachrichtendienste der Staaten des Warschauer Paktes Die Staaten des Warschauer Paktes, allen voran die UdSSR und die DDR. ersparen ihren Volkswirtschaften jährlich Milliardenbeträge an Forschungsund Entwicklungskosten, indem sie sich westliche Technologie illegal mit geheimdienstlichen Methoden beschaffen. Vorrangiges Interesse gilt der militärischen und der sowohl militärisch als auch zivil nutzbaren Technologie. Absoluten Vorrang hat dabei immer der militärische Nutzen, von der Logistik bis zum strategischen Marschflugkörper. Bemerkenswert ist, daß östliche Waffensysteme zu erheblichen Teilen auf westlicher Technologie basieren. Die Beschaffungsziele werden zentral vom Politbüro des Zentralkomitees der KPdSU festgelegt und unter Federführung des sowjetischen Nachrichtendienstes - Komitee für Staatssicherheit (KGB) - von nachrangigen Staatsorganen im Rahmen bestehender Möglichkeiten erfüllt. Zu diesen Staatsorganen gehören neben dem KGB und der Hauptverwaltung für Erkundung als militärischer Nachrichtendienst (GRU) - das Staatskomitee für Wissenschaft und Technologie (GKNT) - das Ministerium für Außenhandel - die Akademie der Wissenschaften - das Staatskomitee für Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland (G.KES) - sowie die Militär-Industrielle Kommission (VPK), Dachorganisation für die wehrtechnisch interessanten Produktionsbereiche Luftfahrt, Elektronik, Schiffsbau u. a. Unter der Vorherrschaft des KGB wirken die kommunistischen "Brüderländer" an der Erfüllung der Zielvorgaben der KPdSU mit. In der Praxis werden die Beschaffungswünsche aus dem Lager des "real existierenden Sozialismus" in der Bundesrepublik Deutschland auf mannigfaltige Weise festgestellt. Zur Erläuterung sind folgende Beispiele angeführt - Da gibt es den Kaufmann K. aus K., der nach genau definierter Militärtechnik, nach Mikrowellenempfängern, Computern und Druckern suchte, sich dabei zur Tarnung des Fernschreibers eines Freundes bediente und potentiellen Lieferanten ein in der Schweiz hinterlegtes Akkreditiv der Narodny-Bank 58 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 (Tochtergesellschaft der sowjetischen Außenhandelsbank) in Aussicht stellte. Die inzwischen ausgewiesenen Auftraggeber des Kaufmanns K. gehörten der sowjetischen Handelsvertretung (SHV) in Köln an. - Da gibt es ferner den Kaufmann J., der nach anfänglich legalen Geschäftsbeziehungen mit der DDR in die Fänge des MfS geriet und jahrelang für die DDR und die UdSSR Militärtechnologie geliefert hat und schließlich wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit bestraft worden ist. - Beispielhaft ist auch der Fall des Verkaufsleiters B. eines ElektronikHandelsunternehmens aus dem Ruhrgebiet, dem das Verhalten seiner sowjetischen Geschäftspartner eigenartig geheimnisvoll erschien und der schließlich erkannte, daß er zum Zwecke des illegalen Technologietransfers in eine nachrichtendienstliche Abhängigkeit manövriert werden sollte. Der Auftraggeber war ein inzwischen verurteilter und ausgetauschter Mitarbeiter der SHV in Köln. Die Beispiele der sogenannten "Händleragenten" ließen sich fortsetzen. Die Entwicklung läuft, wenn nicht von Anfang an eine illegale Anbahnung vorliegt, durchweg über eine noch legale Anbahnungsphase in den Bereich der Illegalität hinein, wobei die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung von der Erfüllung gewisser Aufträge abhängig gemacht wird oder überhöhte Gewinnspannen in Aussicht gestellt werden. Als Anbahnungsgelegenheit werden z. B. Messen, Inserate, veröffentlichte wissenschaftliche Abhandlungen, Symposien, touristische Reisen und Familienbesuche genutzt. Insbesondere gefährdet sind kapitalschwache Jungunternehmer. Neben den "Händleragenten" worden zur technologischen Ausforschung der Bundesrepublik Deutschland Personen mit nachrichtendienstlichem Auftrag in Bereiche der Wissenschaft und Forschung eingeschleust. Nicht seiten handelt es sich dabei um deutschsprachige Wissenschaftler, die legal aus den sozialistischen Ländern ausreisen durften. Ein großer Teil der Aktivitäten, die dem nachrichtendienstlich gesteuerten Technologietransfer dienen, geht von den durchweg personell überbesetzten Botschaften und Handelsvertretungen der Ostblockstaaten aus. Darüber hinaus entsenden sie Personal in Firmen (Handelshäuser, Produktionsbetriebe, Banken, Versicherungen und Speditionen), die sie hier gegründet haben oder an denen sie beteiligt sind. Es ist auffällig, daß bei solchen Firmen Tätigkeiten zum Geschäftsgegenstand erklärt werden, die, würden sie von einem Agenten ausgeführt, einer geheimdienstlichen Tätigkeit entsprächen, z. B. Erwerb und Verwertung von "Know-how" aller Art. Welche Bedeutung beispielsweise die Nachrichtendienste der DDR der Technologiebeschaffung beimessen, ist an der breit angelegten "Feldarbeit" zu erkennen, der sie sich neben den oben geschilderten qualifizierten Methoden bedienen. Sie reagieren postalisch und telefonisch auf Inserate aus dem Bereich der Mikroelektronik und scheuen nicht davor zurück, "Bettelbriefe" an ComputerFans, -Clubs und Amateurfunker zu verschicken, um dadurch nachrichtendienstliche Kontakte anzubahnen und technologische Informationen zu erlangen. 59 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 5.5 Militärspionage Neben der Ausforschung der Streitkräfte im klassischen Sinne (Strategien, Taktiken und Bewaffnung etc.) ist auch die Erkenntnisgewinnung 'in Rüstungsbetrieben letztlich gegen die Verteidigungskräfte gerichtet. In dem Bemühen, den militärischen Bereich zu erkunden, scheut man auch nicht davor zurück, familiäre Beziehungen auszunutzen, wie folgendes Beispiel zeigt: Ein Bundesbürger wird anläßlich eines Besuchs bei seinem Bruder in der DDR von diesem aufgefordert, Einzelheiten über die Einheit zu beschaffen, bei der sein Schwiegersohn in der Bundeswehr den Wehrdienst ableistet. Als Belohnung wird ihm neben der Abgeltung etwaiger Unkosten auch zugesagt, daß man" an anderer Stelle" im Erfolgsfalle nicht abgeneigt sei, dem Bruder eine Westreise zu genehmigen. 5.6 Aufträge vorbereitender und unterstützender Art Hierbei handelt es sich um Aufträge, mit denen beispielsweise gerade geworbene Agenten auf ihre Zuverlässigkeit getestet werden. Sie sollen z. B. Telefonbücher, Vorlesungsverzeichnisse von Universitäten oder frei käufliche Handbücher für Personalcomputer beschaffen. Durch die Lieferung derartiger, für jedermann zugänglicher Unterlagen wird allerdings nicht nur die Zuverlässigkeit festgestellt; es wird auch ein Kompromat geschaffen, d. h., die gegnerischen Nachrichtendienste versuchen, einen derart angeworbenen Agenten durch die Drohung, den hiesigen Sicherheitsbehörden einen Tip zu geben, an sich zu binden. Zu Aufträgen dieser Art gehören auch solche, mit denen andere Vorhaben der gegnerischen Nachrichtendienste unterstützt erden Beispielhaft ist der Fall eines Kaufmannes, der vom MfS den Auftrag erhielt, Kontakt zu seinem Nachbarn - einem Kernphysiker - herzustellen. Er sollte sich mit ihm anfreunden, seine Familie, seine Lebensumstände und seine Gewohnheiten feststellen und dies nach Ost-Berlin übermitteln. Zweck des Ganzen war, den Kernphysiker für eine Spionagetätigkeit zu gewinnen. Um eine günstige Ausgangsposition zu erreichen, erstellte das MfS ein Persönlichkeitsbild des Betreffenden; der Kaufmann selbst sollte dazu nur das erforderliche Hintergrundwissen liefern. 5.7 Werbung Die Anwerbung von Agenten erfolgt in vielen Fällen bei Reisen in Länder des kommunistischen Machtbereichs. Jeder Bürger, der ein Visum für die DDR beantragt, muß entsprechende Antragsunterlagen ausfüllen. Dieses Material wird daraufhin überprüft, ob die betreffende Person aufgrund ihres Wohnortes, ihres Berufes oder ihrer Arbeitsstelle nachrichtendienstlich interessant ist. Bei oder auch erst nach der Einreise erfolgt eine Ansprache durch einen MfS-Angehörigen, die sich z. B. wie folgt abspielt: Ein Kaufmann aus S. fuhr häufig beruflich in die DDR und hatte dabei nicht nur geschäftliche, sondern auch private Kontakte, So ergab sich für ihn die Möglichkeit, anstatt im Hotel bei seinen "neuen Freunden" zu übernachten. Was er nicht wußte, war die Tatsache, daß es sich hierbei um Angehörige eines Nachrichtendienstes handelte, die die Wohnung gemietet und" ausgestattet" hatten, Eines Tages wurde er in einem Lokal von einem ihm 60 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 fremden Mann auf merkwürdig viele Einzelheiten seiner Privatsphäre angesprochen. Das Gespräch mündete in dem Hinweis, "wie unangenehm es für ihn sei, wenn seine Ehefrau diese Details erführe". Eine weitere Gefährdungssituation kann entstehen, wenn Bundesbürgern in Ostblockstaaten ein günstiger Geldumtausch angeboten wird. Vielfach handelt es sich um Spitzel der dortigen Nachrichtendienste, die Kompromate in die Hand bekommen wollen. Illegaler Geldumtausch wird in den kommunistischen Staaten bekanntlich streng bestraft. Wird jemand dabei entdeckt, erfolgt in vielen Fällen eine nachrichtendienstliche Ansprache. Nicht wenige Bürger erklären sich in einer solchen Lage zu einer nachrichtendienstlichen Mitarbeit bereit, um ausreisen zu können. Allerdings macht sich der Betroffene schon mit dieser Erklärung gemäß SSSS 98, 99 Strafgesetzbuch strafbar. Der Strafverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland kann er nur dann entgehen, wenn er freiwillig sein Verhalten aufgibt, und sich umgehend einer Sicherheitsbehörde offenbart. Eine der in NordrheinWestfalen hierfür zuständigen Dienststellen ist Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen - Abteilung VI - Haroldstraße 5 4000 Düsseldorf Telefon: (0211) 871-2821. 61 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 6 Strafrechtspflege Die Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen sind, wie schon in den Vorjahren, auch 1986 in erheblichem Maße mit Strafverfahren befaßt worden, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren: 6.1 Verfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten Bei den Staatsanwaltschaften des Landes sind im Jahre 1986 insgesamt 1.019 einschlägige Verfahren neu anhängig geworden. In dieser Zeit ist in 110 Verfahren gegen 178 Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. Rechtskräftig verurteilt wurden 113 Personen; drei Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 28 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum in Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 965 Personen das Verfahren eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Taten beschränkt, und zwar - gegen 757 Personen, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten oder weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten - gegen 55 Beschuldigte wegen geringer Schuld und geringer Bedeutung der Vorfälle (zum Teil gegen Geldauflagen) oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen und - gegen 153 Personen nach sonstigen Vorschriften (z. B. wegen unbekannten Aufenthalts). 6.2 Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten Wegen Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, haben die Staatsanwaltschaften im Berichtszeitraum insgesamt 984 Verfahren neu eingeleitet. In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1986 ist in 91 Verfahren gegen 107 Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. 40 Angeklagte wurden rechtskräftig verurteilt; sechs Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 16 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum die Ermittlungsverfahren gegen 838 Personen eingestellt, und zwar - gegen 736 Personen, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten oder weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 - gegen 59 Personen wegen geringer Schuld und geringer Bedeutung der Vorfälle (zum Teil gegen Geldauflagen) oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen und - gegen 43 Personen nach sonstigen Vorschriften (z. B. wegen unbekannten Aufenthaltes). 6.3 Demonstrationsstrafttaten Die nachfolgende Darstellung bezieht sich auf Ermittlungsund Strafverfahren, die anläßlich von Demonstrationen aller Art entstanden sind und im Jahre 1986 bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten anhängig waren. Wie bereits in den früheren Berichten dargelegt, ist es bei Veranstaltungen der genannten Art zu strafrechtlich relevanten Übergriffen sowohl der Veranstaltungsteilnehmer als auch von Außenstehenden gegenüber Teilnehmern und von Teilnehmern einer Gegendemonstration gekommen. Ferner sind die Fälle von Ausschreitungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften erfaßt. Nach einer statistischen Erhebung der Polizei sind 1986 26 von insgesamt 1.892 Demonstrationen unfriedlich verlaufen; das sind 1,37 %. Im Jahre 1986 hatten die Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 948 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. Insgesamt 679 der genannten Verfahren sind in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1986 abgeschlossen worden, und zwar - 387 Verfahren durch Einstellung, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten, eine Straftat nicht vorlag, der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten - 39 Verfahren durch rechtskräftige Urteile gegen 56 Personen - 148 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 148 Personen und - 105 Verfahren auf andere Weise. Noch anhängig waren am 31. Dezember 1986 269 Verfahren gegen 328 Personen, wobei in 79 Verfahren gegen 88 Personen bereits Anklage erhoben bzw. der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden ist. Die weiteren Verfahren befinden sich noch im Ermittlungsstadium. 63 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 7 Anhang 7.1 Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1986 (1985) Deutsche Volksunion (DVU) 12.000 (12.000) "Deutscher Anzeiger" 8000 München (wöchentlich) NRW 2.500 (2.500) einschließlich Aktion Deutsche Einheit AKON e.V. 8000 München Aktion Deutsches Radio und Fernsehen (ARF) 8000 München Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) 8000 München Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) 8000 München Ehrenbund Rudel (ER) Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur "Die Bewegung" "Die neue Front" (monatlich) Freie Betriebszellen Organisation "Die Werkschar" (FBO) (unregelmäßig) nur NRW 10 64 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Freiheitliche Deutsche 430 (300) "FAP-Nachrichten" Arbeiterpartei (FAP) (unregelmäßig) NRW 170 (100) Hilfsorganisation für nationale 200 (200) Nachrichten der HNG politische Gefangene und deren Angehörige (HNG) 4800 Bielefeld NRW 40 (40) Junge Nationaldemokraten (JN) 600 (550) "Junge Stimme" 5000 Köln (unregelmäßig) Landesverband NRW 100 (100) "JN-Pressedienst" 4630 Bochum-Wattenscheid (unregelmäßig) "JN-Orgblitz" (unregelmäßig) "JN-Intern" (vierteljährlich) Nationaldemokratische Partei 6.100 (6.100) "Deutsche Stimme" Deutschlands (NPD) (monatlich) 7000 Stuttgart "Neuer Politischer Dienst" (unregelmäßig) Landesverband NRW 1.000 (1.000) "NPD-Landesspiegel 4630 Bochum-Wattenscheid Nordrhein-Westfalen" (monatlich) NRW: 54 Kreisverbände "NPD-Organisationsspiegel Nordrhein-Westfalen" (monatlich) NSDAP-Auslandsund 100 (100) "NS-Kampfruf" Aufbauorganisation (NSDAP-A0) (vierteljährlich) Lincoln/USA Wiking-Jugend (WJ) 380 (380) "Wikinger" 5190 Stolberg (vierteljährlich) NRW 90-100 (100) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 7.2 Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse 65 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1986 (1985) Deutsche Friedens-Union (DFU) 1.000 (1.000) "Pressedienst DFU" (unregelmäßig) Landesverband NRW 400 (400) "DFU betr. Politik" 4300 Essen (unregelmäßig) "Pressedienst DFU NRW (unregelmäßig) Deutsche Friedensgesellschaft - 4.300 "nrw-postille" Vereinigte Kriegsdienstgegner (500) (DFG-VK) Deutsche Kommunistische Partei 42.000 (40.000) "Unsere Zeit" (UZ) (DKP) Tagesausgaben: 25.000 Parteivorstand: Wochenendausgaben: Prinz-Georg-Str. 79 50.000 4000 Düsseldorf "DKP-Pressedienst" (täglich) "Marxistische Blätter" (monatlich) Zentrale Einrichtungen "Nachrichten" - für "Institut für Marxistische Studien Gewerkschaftsfunktionäre und Forschungen" (monatlich) 6000 Frankfurt/Main "Landrevue" - Informationen "Verein zur Förderung der für die Landbevölkerung - Forschung und des (unregelmäßig) Studiums der "PRAXIS" Sozialwissenschaften e.V." (zweimonatlich) 6000 Frankfurt/Main "Karl-Liebknecht-Schule" 5090 Leverkusen Marxistische Arbeiterbildung e.V. (MAB) Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus 5600 Wuppertal "Marx-Engels-Stiftung e.V." "Probleme des Friedens und (früher: "Friedrich-EngelsSozialismus" - Zentrum") deutschsprachige Ausgabe 5600 Wuppertal der in der CSSR hergestellten Schrift - (monatlich) "infodienst" - für DKPBetriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen (unregelmäßig) Bezirk Ruhr-Westfalen 6.800 (6.500) Hoffnungstr. 18 4300 Essen 66 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Bezirk Rheinland-Westfalen 5.700 (5.500) Ackerstr. 3 4000 Düsseldorf NRW: 42 Kreisorganisationen ca. 80 Kreisund ca. 140 Betriebsund Stadtteilzeitungen Hochschulgruppen ca. 140 Betriebsund ca. 320 Ortsbzw. Hochschulzeitungen Stadtteilorganisationen und Wohngebietsgruppen Junge Pioniere (JP) 4.000 (4.000) "pionier" 4600 Dortmund (monatlich) Landesverband Ruhr-Westfalen "Pionierleiter-Info" 4300 Essen (monatlich) Landesverband Rheinland"Mach-mit-Reihe" Westfalen (unregelmäßig) 5000 Köln NRW 1.500 (1.500) Marxistische Gruppe 1.700 (1.700) "Marxistische Arbeiterzeitung" (MAZ) "Marxistische Hochschulzeitung" "MSZ-Gegen die Kosten der Freiheit" (Zentralblatt) (monatlich) Marxistisch-Leninistische Partei 1.300 (1.300) "Rote Fahne" Deutschlands (MLPD) (10.000 wöchentlich) 4300 Essen NRW 600 (600) Marxistischer Studentenbund 6.000 (6.000) "rote Blätter" Spartakus (MSB) 5300 Bonn NRW 1.400 (1.400) Sozialistische Deutsche 15.000 (15.000) "elan" (inoffiziell) Arbeiterjugend (SDAJ) (35.000 monatlich) 4600 Dortmund Landesverband "Treffpunkt Gruppenleiter" Ruhr-Westfalen (monatlich) 4300 Essen örtliche Zeitungen Landesverband Rheinlandörtliche Zeitungen Westfalen 5000 Köln NRW 4.600 (4.600) 67 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1986 Vereinigte Sozialistische Partei 600 "Sozialistische Zeitung" (VSP) (SOZ) 5000 Köln (vierzehntägig) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 68