Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Vorwort ................................................................................................ 3 1 Rechtsextremismus ......................................................................... 4 1.1 Entwicklungstendenz ....................................................................................4 1.2 Neonazistische Gruppen ...............................................................................5 1.2.1 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP).......................................5 1.2.2 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG)...............................................................................7 1.2.3 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO).................7 1.2.4 Neonazikreis um Curt MÜLLER in Mainz ..........................................8 1.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD .......................................8 1.4 Junge Nationaldemokraten (JN)..................................................................10 1.5 Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) .........................................................10 1.6 "National-freiheitliche" Rechte.....................................................................10 1.7 Rechtsextremistische Jugendgruppen ........................................................11 1.7.1 Wiking-Jugend (WJ) ........................................................................11 1.7.2 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ)/ Gemeinschaft Volkstreuer Jugend (GVJ)............................................................................................11 1.8 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten ...................................................12 1.8.1 Zeitschrift "Klartext"..........................................................................12 1.8.2 Nationalistische Front (NF) ..............................................................12 1.8.3 Kulturund Weltanschauungsvereinigungen ...................................12 1.8.4 Schmierund sonstige Aktionen ......................................................12 1.9 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst ...................................................13 2 Linksextremismus.......................................................................... 19 2.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................19 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).....................................................20 2.3 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen ..............................26 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ..............................26 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) ..............................27 2.3.3 Junge Pioniere (JP) .........................................................................27 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen.................................................................28 2.4.1 Deutsche Friedens-Union (DFU) .....................................................28 2.4.2 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ)........28 2.4.3 Die Friedensliste ..............................................................................29 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK)..................................................................................................29 2.5 Bündnispolitik ..............................................................................................30 2.6 Dogmatische Neue Linke ............................................................................30 2.6.1 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)...................30 2.6.2 Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD)31 2.6.3 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (Volksfront) ......32 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 2.6.4 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) ............................32 2.6.5 Marxistische Gruppe (MG)...............................................................32 2.7 Undogmatische Neue Linke ........................................................................33 2.8 Trotzkismus.................................................................................................33 2.9 Linksextremisten im öffentlichen Dienst ......................................................34 3 Terrorismus .................................................................................... 40 3.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................40 3.2 Rote Armee Fraktion (RAF).........................................................................40 3.3 Revolutionäre Zellen (RZ)/Rote Zora ..........................................................43 3.4 Sonstige Gruppen und terroristisches Umfeld.............................................44 3.5 Terroristische und sonstige politisch motivierte Gewalttaten.......................45 4 Ausländerextremismus.................................................................. 49 4.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................49 4.2 Türken .........................................................................................................49 Islamische Extremisten.............................................................................50 4.3 Kurden.........................................................................................................54 4.4 Iraner...........................................................................................................55 4.5 Iraker...........................................................................................................56 4.6 Palästinenser ..............................................................................................57 4.7 Libyer ..........................................................................................................57 4.8 Jugoslawen .................................................................................................57 4.9 Srilanker (Tamilen)......................................................................................58 5 Spionageabwehr............................................................................. 59 5.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................59 5.2 Art und Umfang der gegnerischen Werbungsmethoden .............................60 5.3 Nachrichtendienstliche Aufträge gegen Nordrhein-Westfalen .....................61 5.4 Der Fall TIEDGE .........................................................................................61 6 Strafrechtspflege............................................................................ 63 6.1 Verfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten.....................................63 6.2 Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten .......................................63 6.3 Demonstrationsstraftaten ............................................................................64 7 Anhang............................................................................................ 65 7.1 Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ...........................65 7.2 Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ...........................66 7.3 Antrag der Fraktion der SPD betr. Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei ....69 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Vorwort In unserer freiheitlichen Demokratie haben die Bürger einen politischen Anspruch darauf zu erfahren, welche Bestrebungen gegen diesen Staat gerichtet sind und welche Tätigkeiten seine Sicherheit bedrohen. Die Landesregierung entspricht dem durch die Veröffentlichung ihres jährlichen Verfassungsschutzberichts. Sie will durch solche Sachinformation zur Klarheit beitragen und den Bürgern Argumentationsmaterial zur politischen Auseinandersetzung mit den Gruppen an die Hand geben, die den freiheitlichen demokratischen Staat ablehnen. Die Veröffentlichung des Berichts 85 fällt in eine Zeit, in der die Verfassungsschutzgesetze - auch das nordrhein-westfälische - kritisch daraufhin überprüft werden, ob sie das Recht der Bürger auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten aus reichend berücksichtigen. Nur die Gewährleistung dieses Schutzes durch verständliche Gesetze vermag dem Verfassungsschutz die notwendige Vertrauensbasis zu geben und zu erhalten. Nordrhein-Westfalen, das sich 1981 im Vergleich zum Bund und anderen Bundesländern das rechtsstaatlich modernste Verfassungsschutzgesetz gegeben hatte, wird dieser Linie treu bleiben und auch den Anspruch der Bürger auf den Schutz der Persönlichkeit im informationellen Bereich in größtmöglicher Weise erfüllen. Dr. Herbert Schnoor Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 1 Rechtsextremismus 1.1 Entwicklungstendenz In der rechtsextremistischen Szene in Nordrhein-Westfalen haben sich 1985 keine entscheidenden Veränderungen ergeben. Die Zahl der Mitglieder liegt, weiterhin um 4.000, darunter ca. 150 aktive Neonazis, ca. 1.000 Nationaldemokraten und 2.500 sog. Nationalfreiheitliche. Unter den Neonazis zeichnet sich weiterhin eine Konzentration in Richtung auf die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) ab. Der größte Teil der Anhänger der verbotenen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) schloß sich der FAP -teils ohne nominelle Mitgliedschaft - an, um in deren Namen neonazistisches Gedankengut verbreiten zu können. Das öffentliche Auftreten der FAP im Jahre 1985 war Gegenstand parlamentarischer Erörterungen, die in der mehrheitlichen Annahme eines Entschließungsantrages der SPD-Fraktion auf der Landtagssitzung am 14. November 1985 ihren Ausdruck fanden (vgl. Anhang). Zwischen dem Gründer und Bundesvorsitzenden der FAP und den in der FAP organisierten ehemaligen ANS/NA-Anhängern bestehen erhebliche Spannungen. Zur Zeit ist das Ergebnis nicht abzusehen. Die Verurteilung des im Oktober 1984 aus Frankreich abgeschobenen Michael KÜHNEN hat seine Anhänger nur vorübergehend verunsichert. Er bleibt die " Führerfigur" und nimmt weiterhin Einfluß auf die NS-Szene durch seine "Briefe aus der Haft", die regelmäßig in der Schrift "Die Neue Front veröffentlicht werden. Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) hat nach innerparteilichen Auseinandersetzungen an der Landtagswahl 1985 in Nordrhein-Westfalen nicht teilgenommen, weil sie ihre Erfolgsaussichten nur gering einschätzte und man bei einem Absinken der Stimmenzahlen gegen über der Europawahl 1984 negative Auswirkungen auf das Ansehen in der Öffentlichkeit befürchtete. Auf dem 19. ordentlichen Bundesparteitag im September 1985 beschloß die NPD, sich in ihrer künftigen Arbeit auf die Vorbereitungen zur Bundestagswahl 1987 zu konzentrieren. Ihren Wahlkampf will sie unter dem Thema " Dein Herz für Deutschlands Zukunft" führen. Die Situation in der Jugendorganisation der NPD, den Jungen Nationaldemokraten (JN), hat sich bundesweit entspannt. Auf einem Landeskongreß im Juni 1985 in Wuppertal konnte ein neuer Landesvorstand gewählt werden, der den bis dahin amtierenden Notvorstand ablöste. Die seit 1983 von rechtsextremistischen Kreisen unternommenen Versuche, auf jugendliche Randgruppen Einfluß zu gewinnen, haben 1985 nachgelassen. Soweit Teile solcher Gruppen ins rechtsextremistische Lager wechselten, haben sie ihre neue politische Heimat in der FAP gefunden. Auch 1985 hat es eine Vielzahl von offensichtlich Rechtsextremisten zuzuschreibenden Schmierereien (Hakenkreuze, SS-Runen, ausländerfeindliche Parolen usw.) gegeben. Eine eindeutige Zuordnung zu einer rechtsextremistischen Gruppe ist jedoch in vielen Fällen nicht möglich gewesen. 4 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 1.2 Neonazistische Gruppen 1.2.1 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) Ziele Die FAP wurde am 17, März 1979 gegründet. Satzung und "Aktionsprogramm" blieben bis heute unverändert. Seit der Gründung des FAP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen durch ehemalige ANS/NA Anhänger im Februar 1984 wird von diesem in Schriften und sonstigen Äußerungen führender Funktionäre vornehmlich rechtsextremistisches Gedankengut propagiert. So wendet sich die seit Herbst 1985 vom Landesverband in Münster herausgegebene periodische Schrift" FAP-Nachrichten - Kampfblatt der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" unter anderem gegen die " rassische Überfremdung" des deutschen Volkes und fordert mit der Parole Ausländer raus" die Rückkehr aller Ausländerin ihre Heimatländer. Ferner bilden der Kampf gegen die "Kriegsschuldlüge" und die Forderung für ein Großdeutsches Reich unter Einbeziehung von Österreich, Südtirol, Elsaß-Lothringen und der ehemaligen Ostgebiete einschließlich Westpreußen zentrale Propagandathemen. Hierzu heißt es in einem als "Sonderausgabe zum Kampf gegen den Bolschewismus" herausgegebenen Flugblatt "Streite mit uns gegen Kommunismus und US-Imperialismus, streite mit uns für das nationale sozialistische Deutsche Reich! Besatzer raus!" Organisation Die FAP, die bundesweit mehrere Landesund eine Reihe von Kreisverbänden mit ca. 300 Mitgliedern unterhält, hat 1985 ihren Landesverband NordrheinWestfalen weiter ausgebaut und verfügte Ende 1985 über acht Kreisverbände mit insgesamt etwa 100 Mitgliedern, vornehmlich ehemalige ANS/NA-Anhänger. Schwerpunkte der Parteiarbeit - Der FAP-Landesverband Nordrhein-Westfalen konzentrierte Anfang 1985 seine Aktivitäten auf die Teilnahme an der Landtagswahl in NordrheinWestfalen am 12. Mai 1985. Organisiert wurde dies auf sogenannten FAPGautreffen am 20. Januar in Dortmund, am 26. Januar und 2. März in Duisburg sowie am 6. April 1985 in Witten. Zur Landtagswahl kandidierte die FAP mit 12 Direktkandidaten in den Städten Aachen, Dortmund (in allen sechs Wahlkreisen), Duisburg (in zwei Wahlkreisen), Münster (in beiden Wahlkreisen) und im Ennepe-Ruhr-Kreis sowie mit einer Landesreserveliste, die insgesamt 16 Kandidaten umfaßte. Sie erzielte nach dem amtlichen Ergebnis insgesamt 929 Stimmen (= 0,0 %) und ist damit weit unter dem von ihr erwarteten Wahlergebnis geblieben. Sie hatte weniger Wähler als die 1000 Unterschriften, die sie als Zulassungsvoraussetzung für die Landesreserveliste sammeln mußte. Auch der Stimmenzuwachs durch potentielle NPD-Wähler, den sie sich erhoffte, weil die NPD nicht zur Wahl angetreten war, ist ausgeblieben. 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 In einem Rundschreiben vom 15. Mai 1985 bedankte sich der FAPLandesvorsitzende für den Einsatz aller "Kameraden" und bezeichnete das Wahlergebnis als "ernüchternd"; er sehe jedoch in der Teilnahme an der Landtagswahl einen Anfang, auf dessen Grundlage die FAP weiter auszubauen sei. - Am 13. Juli 1985 fand bei Grevenbroich ein Gautreffen des FAPLandesverbandes Nordrhein-Westfalen statt, an dem etwa 70 Personen teilnahmen. Unter den Teilnehmern befanden sich auch führende Funktionäre der verbotenen ANS/NA aus Hessen und Bayern. In einem Redebeitrag betonte der stellvertretende FAP-Landesvorsitzende erneut, daß der Landesverband in der Tradition der ehemaligen NSDAP stehe und die von Adolf Hitler begonnene politische Arbeit fortsetzen wolle. Die FAP müsse allerdings ihre politischen Aussagen vorsichtig formulieren, um nicht Anhaltspunkte für ein Verbot zu geben. - Am 17. August 1985 wurde in Dortmund, Schlosserstraße 47, ein neues " FAP-Zentrum eingeweiht. Vor etwa 40 Anwesenden verlas der Landesvorsitzende einen Brief des inhaftierten Michael KÜHNEN, in dem dieser die Konsolidierung des FAP-Landesverbandes NRW - nicht zuletzt durch die Teilnahme an der Landtagswahl 1985 -feststellte und insbesondere die Wahlergebnisse im Bereich Dortmund lobte. Ursprünglich wollten die FAP-Anhänger die Einweihungsfeier am 23. August 1985 durchführen, hatten dann aber die Veranstaltung vorverlegt, um evtl. zu erwartende Gegendemonstrationen ins Leere laufen zu lassen. Tatsächlich fanden am 23. August 1985 in Dortmund Demonstrationen gegen das " FAPZentrum statt, bei denen es zu Ausschreitungen gegen über der Polizei kam. Das " FAP-Zentrum " in Dortmund besteht inzwischen nicht mehr. - Im Rahmen ihrer Propagandatätigkeit führte die FAP am 14. September 1985 in Bielefeld einen sogenannten Gauaktionstag durch, an dem sich ca. 40 Personen beteiligten. An einem Informationsstand verteilten FAP-Angehörige Flugblätter mit dem Tenor " Unsere Jugend ist arbeitslos - Ausländer raus". Da es während der Flugblattverteilung zu Auseinandersetzungen mit etwa 80 - 100 Gegendemonstranten kam, wurde die Veranstaltung auf polizeiliche Veranlassung vorzeitig beendet. Die Polizei nahm acht an den Auseinandersetzungen beteiligte FAPSympathisanten fest, bei denen zwei Gaspistolen, ein Reizstoffsprühgerät, ein Messer und ein Hammer sichergestellt wurden. Drei Gegendemonstranten, die im Besitz von zwei Gaspistolen, einem Katapult mit dazugehörenden Stahlkugeln und selbstgefertigten Feuerwerkskörpern waren, wurden ebenfalls festgenommen. - Am 9. November 1985 trafen sich in Mönchengladbach über hundert Anhänger des FAP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen sowie rechtsextremistische Gesinnungsgenossen aus den Niederlanden zu einem weiteren "Gautreffen ". Der Landesvorsitzende teilte mit, die FAP werde sich 6 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 1986 an den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hamburg und 1987 an der Bundestagswahl und an der Landtagswahl in Bremen beteiligen. Voraussetzung dafür sei eine weitere positive Entwicklung der FAP. In einem laut Einladung als "Bericht" angekündigtem Referat warf der stellvertretende FAP-Landesvorsitzende den Politikern und den Juden vor, durch Anwerben ausländischer Arbeitskräfte das deutsche Volk rassisch zerstören zu wollen und befürwortete in diesem Zusammenhang Euthanasieprogramme. Der Generalmajor der ehemaligen Wehrmacht, Otto Ernst REMER aus Kaufbeuren, gab als Gastredner eine Schilderung der Vorfälle am 20. Juli 1944 aus seiner Sicht als ehemaliger Kommandeur des Wachbataillons in Berlin. Straftaten - Aus Anlaß von tätlichen Auseinandersetzungen mit türkischen Staatsangehörigen in Dortmund wurden der Führer der ehemaligen Dortmunder "Borussenfront", jetzt FAP-Funktionär, sowie zwei weitere FAPMitglieder am 5. April 1985 festgenommen. - Am 24. August 1985 wurde ein Brandanschlag auf ein von Mitgliedern der linken Hausbesetzerszene bewohntes Bahnhofsgebäude in Duisburg verübt. Als Täter wurden 12 Personen ermittelt, unter denen sich Sympathisanten der FAP befinden. Der Brandanschlag war nach Aussagen der Festgenommenen eine "Vergeltungsaktion gegen die ständigen Übergriffe und propagandistische Hetze durch linksgerichtete Kreise gegen die FAP". Das Bahnhofsgebäude wird als Zentrum der örtlichen linksalternativen Szene angesehen. 1.2.2 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) Die HNG, die personellen Zulauf auch aus Kreisen der verbotenen ANS/NA erhielt und mit ca. 200 (Nordrhein-Westfalen ca. 40) Mitgliedern als eine der mitgliederstärksten neonazistischen Organisationen angesehen werden kann, führte am 16. März 1985 in Malsfeld/Hessen eine Jahreshauptversammlung durch, an der insgesamt etwa 100 Personen, darunter ca. 20 aus NordrheinWestfalen, teilnahmen. Es wurde beschlossen , die HNG-Monatsschrift "Nachrichten der HNG" ab Ausgabe April 1985 künftig von einem aus der Haft entlassenen NS-Aktivisten aus Hannover herausgeben zu lassen. Die HNG betreut u. a. auch Michael KÜHNEN, den Gründer und Leiter der verbotenen ANS/NA, der am 25. Januar 1985 vom Landgericht Frankfurt/Main wegen Herstellung und Verbreitung rechtsextremistischer Propagandaschriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war. Anläßlich einer zweiten Mitgliederversammlung am 16. November 1985 in Steinau b. Fulda, an der sich auch Funktionäre des FAP-Landesverbandes NRW beteiligten, wurde u. a. eine Satzung verabschiedet, nach der sich der HNG-Sitz in Frankfurt/Main, die Geschäftsstelle in Bielefeld befinden. 1.2.3 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Nach den im Laufe des Jahres bekanntgewordenen Einzelaktionen muß davon ausgegangen werden, daß sich in einer Reihe von Orten des Landes Stützpunkte (evtl. auch Einzelpersonen) befinden, die Material der NSDAP-AO beziehen und verbreiten. Die aus den USA eingeschleuste NSDAP-AO Vierteljahresschrift "NS-Kampfruf" veröffentlicht seit Ende 1983 als Artikelfolge das von Michael KÜHNEN in seiner Haft verfaßte Buchmanuskript "Die zweite Revolution". 1.2.4 Neonazikreis um Curt MÜLLER in Mainz Der mehrere Dutzend Anhänger umfassende Mainzer Neonazikreis um Curt MÜLLER stellt weiterhin einen Treffpunkt für neonazistische Aktivitäten dar. So nahmen NS-Aktivisten aus Nordrhein-Westfalen dort an einem "Führungstreffen" am 1. Mai 1985 und an den alljährlich stattfindenden Sonnenwendfeiern am 22. Juni und 21. Dezember 1985 teil. 1.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD Ziele Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der NPD ergibt sich - unabhängig von ihrem offiziellen Parteiprogramm und ihrer Satzung - aus einer ständigen, gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichteten und der Partei politisch zuzurechnenden Polemik. Darin kommen "Mißachtung und Ablehnung oberster Verfassungswerte, insbesondere der parlamentarischen Demokratie, des Mehrparteiensystems und der Volkssouveränität" zum Ausdruck (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 1980 - 2 C 24.78). Parteiorganisation Die NPD hat z. Z. ca. 6 100 Mitglieder. Ihre Bundesgeschäftsstelle befindet sich in Stuttgart. Der NPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen mit Sitz in BochumWattenscheid gliedert sich in 54 Kreisverbände. Mit etwa 1000 Mitgliedern gehört er derzeit zu den stärksten Landesverbänden der NPD. Finanzierung Nach Aussagen des Bundesschatzmeisters auf dem Bundesparteitag am 14./15. September 1985 in München ist die Partei schuldenfrei. Die Verbesserung der finanziellen Situation der NPD ist in erster Linie auf die Erstattung der Wahlkampf kosten für die Wahl zum Europäischen Parlament im Jahre 1984 - die Partei erhielt ca. 1,8 Millionen DM -zurückzuführen. Neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden versucht die Partei, über "Freundes-" und "Förder-Kreise" finanzielle Mittel zu erlangen. Publikationen Das Parteiorgan "Deutsche Stimme" erscheint monatlich in einer Auflage von etwa 100 000 Exemplaren. Anläßlich des Schlesiertreffens am 15. Juni 1985 in Hannover wurde eine Sonderausgabe der "Deutschen Stimme" mit der Schlagzeile 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 "Deutschland ist größer als die Bundesrepublik - Ostdeutschland bleibt unser!" herausgegeben. Neben ihrem offiziellen Parteiorgan vertreibt die NPD auf allen Gliederungsebenen periodische Schriften und Informationsdienste. In NordrheinWestfalen erscheinen regelmäßig der" NPD-Landesspiegel " und der " NPDOrganisationsspiegel Herausgeber ist der NPD-Landesverband NordrheinWestfalen. Schwerpunkte der Parteiarbeit - Die nordrhein-westfälische NPD führte am 20. Januar 1985 in VelbertLangenberg ihren 18. ordentlichen Landesparteitag durch. Es nahmen ca. 350 Personen teil. Erwartungsgemäß wurde der bisherige Landesvorsitzende wiedergewählt. Er gab auf dem Parteitag bekannt, daß die NPD sich nicht an der Landtagswahl 1985 in Nordrhein-Westfalen beteiligen werde. Damit fanden monatelange parteiinterne Auseinandersetzungen ein Ende, die seit der Europawahl zwischen dem Parteiund dem Landesvorstand um diese Frage ausgetragen worden waren. Zum Protest gegen den Landesparteitag hatten sich etwa 1500 Demonstranten eingefunden. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen ihnen und der Polizei; 39 Personen wurden u. a. wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Widerstandes gegen Vollzugsbeamte und unerlaubten Waffenbesitzes vorläufig festgenommen. Durch den Einsatz der Polizei konnte eine Eskalation der Auseinandersetzungen verhindert werden. - Am 15. Juni 1985 veranstaltete die NPD in Stadthagen/Nds. ihr diesjähriges "Deutschlandtreffen", an dem ca. 600 Personen - darunter 50 - 60 Personen aus Nordrhein-Westfalen - teilnahmen. Im Rahmen des Treffens wurde in Hannover durch NPD-Angehörige an Teilnehmer des Schlesiertreffens Propagandamaterial verteilt, u. a. die aus Anlaß des Schlesiertreffens herausgegebene Sonderausgabe des Parteiorgans "Deutsche Stimme". Das "Deutschlandtreffen" war von schweren Krawallen begleitet. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich bei der Gegendemonstration an Ausschreitungen etwa 500 Personen, von denen mehrere verletzt wurden. - Der 19. ordentliche Bundesparteitag der NPD fand mit ca. 600 Teilnehmern am 14./15. September 1985 in Neustadt/Weinstraße statt. Wesentliche Tagesordnungspunkte waren die Behandlung des Entwurfs eines neuen Parteiprogramms und die Wahl des Parteivorstandes, wobei der bisherige Parteivorsitzende Martin MUßGNUG aus Tuttlingen in seinem Amt bestätigt wurde. Auf dem Bundesparteitag 1986 soll das NPD-Parteiprogramm 1985 endgültig verabschiedet werden. Gegen die Durchführung des Parteitages hatte sich nach Bekanntwerden des Veranstaltungsortes kurzfristig eine "Initiative gegen den Bundesparteitag" gebildet. Diese führte in der Nähe des Tagungslokals eine Kundgebung mit ca. 9 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 650 Teilnehmern durch. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. 15 Personen wurden festgenommen. 1.4 Junge Nationaldemokraten (JN) Die JN, Jugendorganisation der NPD, verfügen in Nordrhein-Westfalen über ca. 100 Mitglieder. Sie wiederholten ihren Landeskongreß vom Januar 1985 aus satzungsmäßigen Gründen am 8. Juni 1985 in Wuppertal. An ihm nahmen etwa 50 Personen teil. Wichtigster Tagesordnungspunkt war die Neuwahl des Landesvorstandes. Der bisherige Landesvorsitzende wurde in seinem Amt bestätigt. Damit fand der im November 1984 über den JN-Landesverband Nordrhein-Westfalen verhängte organisatorische Notstand sein Ende. Am 26./27. Oktober 1985 führten die JN in München ihren Bundeskongreß durch. Es nahmen rd. 200 Personen teil, darunter ca. 20 aus Nordrhein-Westfalen. Dem neu gewählten Bundesvorstand gehören fünf Personen aus Nordrhein-Westfalen an. Der bisherige Bundesvorsitzende wurde wiedergewählt. Durch die Bekanntgabe verschiedener Veranstaltungsorte konnte der endgültige Tagungsort bis zuletzt geheimgehalten werden. Es kam daher zu keinerlei Störungen durch Gegendemonstranten. Auf dem Bundeskongreß wurden Anträge angenommen, beim NPDParteivorstand einen Unvereinbarkeitsbeschluß für die neuerdings zum Neonazismus tendierende Wiking-Jugend (WJ) zu erwirken. 1.5 Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) Die im Jahre 1980 in Bochum durch die NPD gegründete BIA, die mit ihren beiden angestrebten Volksbegehren - Rückführung der Ausländer in ihre Heimat und Einführung von muttersprachlichen Regelklassen für ausländische Schüler in Nordrhein-Westfalen - erfolglos blieb, ist im Berichtsjahr im wesentlichen nur durch ihre Schrift "Deutsche Zukunft" in Erscheinung getreten, für die jetzt der NPDLandesvorsitzende verantwortlich zeichnet. 1.6 "National-freiheitliche" Rechte Die " national-freiheitliche" Rechte stellt mit über 12.000 Mitgliedern (NordrheinWestfalen: ca. 2.500) nach wie vor die mitgliederstärkste Gruppierung des deutschen Rechtsextremismus dar. Ihr Sprecher, der Münchener Verleger und Herausgeber der Deutschen National-Zeitung, Dr. Gerhard FREY, beziffert die Mitgliederzahl selbst mit über 14.000. Auch im Jahre 1985 führte die zur "national-freiheitlichen" Rechten zählende Deutsche Volksunion (DVU) und ihre von Dr. FREY gesteuerten und beeinflußten "Aktionsgemeinschaften" * Aktion Deutsche Einheit (AKON) * Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) * Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) * Aktion Deutsches Radio und Fernsehen (ARF) 10 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 * Ehrenbund Rudel (ER) * Schutzbund für Leben und Umwelt wieder Kundgebungen und Vortragsveranstaltungen mit dem britischen Schriftsteller David IRVING durch. In Nordrhein-Westfalen waren u. a. Bonn, Duisburg, Essen und Münster Stationen dieser Vortragsreihen. Aus Anlaß der Wiederkehr des Reichsgründungstages führte die DVU am 19. Januar 1985 in Lüdenscheid eine größere Veranstaltung durch, an der ca. 500 Personen teilnahmen. Als Hauptredner traten David IRVING und Dr. FREY auf. Im Rahmen der Veranstaltung wurde einem inzwischen verstorbenen ehemaligen Oberst der Wehrmacht, der als "Kommodore der Rammjäger" bekannt geworden war, der Freiheitspreis 1985 der Deutschen National-Zeitung verliehen. Vordem Versammlungslokal hatten sich ca. 100 Gegendemonstranten eingefunden; zu Auseinandersetzungen kam es nicht. 1.7 Rechtsextremistische Jugendgruppen 1.7.1 Wiking-Jugend (WJ) Die WJ bleibt neben den JN die mitgliederstärkste rechtsextremistische Jugendorganisation, obwohl ihre Mitgliederzahl 1985 bundesweit nur bei ca. 380 Personen lag (1984: 440). In Nordrhein-Westfalen ist der Mitgliederbestand mit 90 bis 100 Personen gegenüber dem Vorjahr fast unverändert geblieben. Die Bundesführung der WJ hat Ende 1984 erste Kontakte mit Führungsfunktionären der verbotenen ANS/NA und der FAP aufgenommen, die sich im Laufe des Jahres 1985 ständig vertieften. Indiz für die enge Zusammenarbeit war die im Rahmen des Landtagswahlkampfes ergangene Aufforderung an Mitglieder der WJ, für die FAP zu stimmen bzw. selbst zu kandidieren. Außerdem wurden im Verlauf des Jahres 1985 Veranstaltungen gemeinsam durchgeführt, so z. B. eine Erntedankfeier am 13. Oktober 1985 in Grevenbroich. Das gemeinsam geplante traditionelle Treffen zum Jahreswechsel 1985/86 in der Rhön ist verboten worden. Von den am 31. Dezember 1985 trotzdem in Fulda auftretenden Vertretern der beiden Gruppen, die eine Gegenveranstaltung störten, sind sieben vorläufig festgenommen worden. Als Aktionsbündnis der WJ und der FAP zur Durchführung gemeinsamer Aktionen wurde im Januar 1985 eine "Volkstreue Außerparlamentarische Opposition" (VAPO) gegründet, die deutsche rechtsextremistische Gruppen erstmals zu einer Demonstration am 4. Mai 1985 in Aachen aufrief. Mit dieser sollte gegen die für den 8. Mai 1985 am selben Ort geplante DGB-Kundgebung aus Anlaß der 40. Wiederkehr des Tages der Kapitulation protestiert werden, Dem Aufruf folgten ca. 150 bis 200 Mitglieder rechtsextremistischer Gruppen und Skinheads. 1.7.2 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ)/ Gemeinschaft Volkstreuer Jugend (GVJ) Der BHJ hat 1985 keine nennenswerten Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Seine Mitgliederzahl dürfte bundesweit weiter bei 100 Personen liegen. Die Abspaltung GVJ, die selbst ebenfalls öffentlich kaum in Erscheinung trat, ist ohne Auswirkung auf den BHJ geblieben. 11 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 1.8 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten 1.8.1 Zeitschrift "Klartext" Die bis Frühjahr 1984 als Schülerzeitschrift der JN erschienene Publikation wurde 1985 in eigener Regie von der "Klartext-Redaktion", Gütersloh, als eigenständige Zeitschrift herausgegeben. Verantwortlich ist ein Mitglied des nordrheinwestfälischen NPD-Landesvorstandes. In Nr. 16 heißt es u. a. "2/3 unseres deutschen Volkes sind für Ausländer raus!" - Deutschland den Deutschen - Besatzer raus! " - "Schlagt die Linken, wo ihr sie trefft!". In Nr. 17 der Zeitschrift "Klartext" wird dazu aufgerufen, den "nationalistischen Freiheitskampf" zu unterstützen und die "Systembonzen zum Teufel" zu schicken. Das Blatt fordert u. a. den "totalen Widerstand" gegen "zivilen und militärischen Atomtod" und den "Kampf für das Selbstbestimmungsrecht unseres Volkes". Im Laufe des Jahres wurden Exemplare der Schrift in verschiedenen Städten des Landes - u. a. in Bielefeld, Ennepetal, Gevelsberg und Hagen - verteilt. 1.8.2 Nationalistische Front (NF) Am 16. November 1985 fand in Steinhagen eine Veranstaltung statt, an der ca. 50 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Es wurde die Gründung einer Partei mit dem Namen Nationalistische Front (NF) mit Sitz in Bielefeld beschlossen, der auf Bundesebene etwa 100 Personen angehören dürften. Die NF bezeichnet sich als die "neue vereinigte Kraft aller revolutionären Nationalisten in der BRD". Sie fordert u. a. den "totalen Abzug aller fremden Truppen aus Ostund Westdeutschland, den Abbau aller fremden Vernichtungswaffen in Deutschland, den Austritt aus allen Bündnissen, die gegen Freiheit und Selbstbestimmung unseres Volkes gerichtet sind". Zum Parteivorsitzenden wurde ein Neonazi aus Freiburg und zum Generalsekretär ein Mitglied des nordrhein-westfälischen NPD-Landesvorstandes gewählt, das auch für die Zeitschrift "Klartext" verantwortlich zeichnet. 1.8.3 Kulturund Weltanschauungsvereinigungen Die Aktivitäten der übrigen rechtsextremistischen Gruppen, insbesondere der Kulturund Weltanschauungsvereinigungen, beschränkten sich auch 1985 in der Hauptsache auf die Durchführung interner Veranstaltungen und die Herausgabe ihrer Publikationen. Die Europäische Arbeiterpartei (EAP) konnte endgültig auch in diesem Jahr keiner der traditionellen extremistischen Richtungen zugeordnet werden. Anhänger dieser Partei fielen bei Durchführung von Informationsständen durch aggressives Verhalten gegenüber interessierten Bürgern auf. Bei der Landtagswahl erhielt die EAP 3.701 Stimmen (= 0,0 %). 1.8.4 Schmierund sonstige Aktionen 12 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Aus einer Vielzahl von rechtsextremistischen Schmierereien und Bedrohungen mit rechtsextremistischm Hintergrund ist besonders ein anonymer Brieftext hervorzuheben, der sich mit den Feierlichkeiten aus Anlaß der "Vernichtung Deutschlands" auseinandersetzt. Er enthält extrem ausländerfeindliche und antisemitische Liedtexte, die u. a. überschrieben sind mit "Die Auschwitz-Sänger stellen vor den Holokotz-Vergasungschor. Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Eine als NPD-Anhänger bekannte Person bedrohte Mitte August 1985 in Köln einen türkischen Staatsangehörigen und dessen Ehefrau nach tätlichen Auseinandersetzungen mit einer Schreckschußgaspistole. Bei seiner Festnahme äußerte er nazistische Parolen. 1.9 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst Nach dem Stand vom 31. Dezember 1985 befanden sich unter den ca. 340 000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) - soweit bekannt - 13 Angehörige rechtsextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: Die Zahl der erkannten Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst ist gegenüber 1984 unverändert geblieben. Durch Urteil vom 8. November 1985 hat die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Münster gegen einen Lehrenden an einer Fachhochschule wegen seiner Aktivitäten für die NPD auf Entfernung aus dem Dienst erkannt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 13 KAMPFSCHRIFTDERHA DEUTSCHEN ANBETTENDER An enMENSCH, ag DEUTSCHE JUGENG In Deinar Hand ARBEITERPARTEI AUSLANDS -- UHD AUFBAUÖRGAHISATIOH Prima un | EiretunTas Eurbistea,richtfieee an nnenae llama DasVierte Reich Narr cu Veen a WasWILLDASMELIEDEUTSCHLANG H = = er: ee | er | Miramar nonStaat,udemunsere Ua ee : 4 weicherautzahenkann teohland! 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Davon entfallen ca. 18.000 auf die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) sowie ihre Nebenund beeinflußten Organisationen, ca. 2.000 auf die Gruppierungen der sogenannten Neuen Linken. Die orthodox-kommunistische Szene war gekennzeichnet durch die anhaltenden Bemühungen der DKP, ihren Einfluß auf Aktivitäten und Kampagnen des demokratischen Spektrums zu vergrößern. Sie arbeitete teils offen, teils verdeckt in zahlreichen Aktionsbündnissen mit und versuchte, die Meinungsbildung in den entscheidenden Gremien im Sinne ihrer Zielsetzung zu beeinflussen. So verzichtete sie auf eine eigenständige Kandidatur zur Landtagswahl im Mai 1985 und rief statt dessen zur Wahl der von ihr maßgeblich unterstützten Friedensliste auf. Im Zusammenhang mit den Aktivitäten zum 40. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus begann sie eine breit angelegte Antifaschismuskampagne, die ihren Höhepunkt in einer Serie von Demonstrationen und Stellungnahmen zum Verlauf des Prozesses um die Ermordung Ernst Thälmanns vor dem Landgericht in Krefeld fand. Weitere Schwerpunkte ihrer Aktivitäten waren Versuche, auf die Aktionswoche des DGB im Oktober sowie auf die Informationswoche der Friedensbewegung im November 1985 Einfluß zu nehmen. Während sich im Jahr 1984 die Protestaktionen im wesentlichen gegen die Nachrüstung durch die NATO-Staaten richteten, stand nunmehr die sogenannte " Militarisierung des Weltraums" im Mittelpunkt. Die Nebenorganistionen der DKP: * Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) * Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) * Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) haben ihren Kurs der Unterordnung unter den Führungsanspruch der DKP beibehalten. Neben der bereits erwähnten Friedensliste sind auch die folgenden Organisationen unter dem maßgeblichen kommunistischen Einfluß geblieben: * Deutsche Friedensunion (DFU) * Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) * Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK). Im Bereich der dogmatischen Neuen Linken konnte die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) als einzige Gruppierung ihre Stellung behaupten und 19 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 verzeichnet, insbesondere wegen ihrer Aktivitäten anläßlich der Landtagswahl, einen Mitgliederzuwachs. Sie verfügt in Nordrhein-Westfalen über etwa 600 Mitglieder. Der unter konspirativen Bedingungen im September abgehaltene 2. Parteitag bestätigte den bisherigen Kurs der Parteiführung. Als vorrangige Aufgaben hat sich die MLPD für 1986 eine weitere Steigerung der Mitgliederzahl sowie die Kaderschulung vorgenommen. Zu diesem Zweck soll in NordrheinWestfalen eine Parteischule errichtet werden. Die Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD) intensivierte ihre Bemühungen, durch Zusammenarbeit mit der trotzkistischen Gruppe Internationaler Marxisten (GIM), eine einheitliche Organisation der "revolutionären Sozialisten" zu erreichen. Die hierdurch ausgelösten innerparteilichen Auseinandersetzungen führten zur Abspaltung einer Fraktion von "Marxisten-Leninisten". Nachdem die KPD auf einem Sonderparteitag im November zur Förderung der Vereinigungsbestrebungen mit der GIM ein neues Statut verabschiedete, beriefen die "Marxisten-Leninisten", die sich nunmehr als die "wahre KPD" betrachten, für den 27. bis 29. Dezember 1985 einen eigenen Parteitag ein, der die Fortsetzung der bisherigen Parteilinie unter Beibehaltung des Parteinamens beschloß. Die übrigen Gruppierungen der dogmatischen Neuen Linken sind 1985 nur noch gelegentlich hervorgetreten. Sie nehmen im Gesamtspektrum des Linksextremismus auch wegen der weiter sinkenden Mitgliederzahlen keine bedeutsame Stellung mehr ein. Neben den orthodoxen Kommunisten unter Führung der DKP und den Organisationen der dogmatischen Neuen Linken betätigen sich in NordrheinWestfalen weiterhin Linksextremisten, die ihre politischen Vorstellungen und Aktivitäten dem dogmatischen Marxismus-Leninismus nicht unterwerfen (undogmatische Neue Linke). Sie sind in zahlreichen Klein-Gruppen organisiert oder beteiligen sich als Einzelne an aktuellen Kampagnen. Hervorzuhebende Bedeutung haben sie jedoch in ihrer Gesamtheit weiterhin nicht erlangt. Die Versuche des gesamten linksextremistischen Bereiches, auf die Friedensbewegung entscheidenden Einfluß zu nehmen, sind auch 1985 gescheitert. Dabei darf jedoch der z. T. starke organisatorische Einfluß auf Einzelaktionen und lokale Gruppen der Friedensbewegung nicht verkannt werden. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Ziele Die DKP vertritt den orthodoxen, d. h. den sowjetisch orientierten Kommunismus. Sie befolgt ohne Abweichung die ihr sowohl von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) als auch von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auferlegte politische und ideologische Linie, wobei sie sich als einzige revolutionäre Arbeiterpartei in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Auf der Grundlage der marxistisch-leninistischen Theorien will sie ihre Vorstellungen für eine sozialistische Bundesrepublik entwickeln. Die DKP sieht ausschließlich in der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Stärke der Sowjetunion und der übrigen sozialistischen Länder eine Friedensgarantie. Mit der DDR fühlt sie sich durch "gemeinsame Geschichte und Tradition " besonders eng verbunden. Die DKP möchte das Gesellschaftssystem 20 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 der DDR auf die Bundesrepublik Deutschland umsetzen. Wenngleich sie sich hierbei zur "revolutionären Gewalt" als Mittel zu einer solchen Veränderung bekennt, will sie diesen Weg "auf dem Boden des Grundgesetzes" erreichen. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der DKP wurde wiederholt durch höchstrichterliche Rechtsprechung festgestellt. Parteiorganisation Die DKP verfügt im Verhältnis zu ihrer Mitgliederzahl über einen großen und gut ausgebauten Parteiapparat. Gegenüber den Vorjahren wurde eine leichte Erhöhung des hauptamtlichen Mitarbeiterstammes festgestellt. Grundsätzlich werden jeweils festgelegten Aufgaben hierzu nur besonders zuverlässige Funktionäre ausgewählt. Der Parteivorstand mit Hauptsitz in Düsseldorf und Nebensitz in Bonn beschäftigt weit mehr als 100 Mitarbeiter. Er leitet 12 Bezirksorganisationen im Bundesgebiet an, darunter in Nordrhein-Westfalen die Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen, bei denen - ohne Schreibund Hilfskräfte - mindestens je weitere 30 Funktionäre in gehobenen Stellungen tätig sind. Von den 42 Kreisorganisationen in Nordrhein-Westfalen werden als sogenannte Grundeinheiten etwa 300 Orts-, Stadtteilund Wohngebietsgruppen angeleitet, darüber hinaus etwa 130 Betriebsund Hochschulgruppen. Finanzierung Die von der DKP in ihren jährlichen Rechenschaftsberichten angegebenen Einnahmen in Höhe von zuletzt etwa 18 Millionen Mark reichen nicht aus, um den aufwendigen Parteiapparat zu finanzieren, Die im Jahre 1985 erneut vergrößerte Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter, die Unterhaltung der zahlreichen Parteibüros und Schulungsstätten, die Reisetätigkeit der Funktionäre, die Herausgabe von vielfältigen Zeitschriften und Broschüren sowie die zahlreichen Agitationseinsätze verursachten Kosten, die erheblich über diesem Betrag liegen. Es gibt erneut Anhaltspunkte dafür, daß die DKP wieder Finanzzuwendungen in Höhe von weit mehr als 60 Millionen DM aus der DDR erhalten hat. Publikationen Wichtigstes Propagandainstrument der DKP ist das Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ). Es erscheint täglich in einer Auflage von ca. 25.000, die Wochenendausgabe in etwa 50.000 Exemplaren. Daneben werden regelmäßig als wichtigste überregionale Schriften der " DKP-Pressedienst", die "Marxistischen Blätter", die "Nachrichten" (für Gewerkschaftsangehörige), der "Infodienst" (für DKP-Betriebs-, Wohngebietsund Hochschulzeitungen), die deutschsprachige Ausgabe der internationalen Zeitschrift " Probleme des Friedens und des Sozialismus", die Broschüre "Praxis" (für die Parteiarbeit) und - unregelmäßig - die " Landrevue" (für die Landbevölkerung) herausgegeben. Eine besondere Rolle nehmen die Betriebs-, Wohngebietsund Stadtteilzeitungen ein. 1985 konnten in Nordrhein-Westfalen ca. 140 Betriebsund Hochschulzeitungen sowie ca. 130 Kreisund Stadtteilzeitungen erfaßt werden, die teilweise eine Auflage bis zu 10.000 Exemplaren erreichten. Die Schriften sind fast ausnahmslos in der " Hausdruckerei " der DKP, Plambeck &Co. in Neuss, hergestellt worden. Dort sind ca. 350 Personen beschäftigt. Betriebsarbeit 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Die Betriebsarbeit nimmt für die DKP nach wie vor einen besonderen Stellenwert ein. In diesem Bereich tritt sie durch systematisch geplante Aktivitäten hervor. Aus kommunistischer Sicht ist die Agitation in Betrieben besonders geeignet, den Arbeitern die "Unversöhnlichkeit ihrer Klasseninteressen" mit denen des "Kapitalismus" bewußt zu machen. Die DKP konzentriert sich dabei vor allem auf Großbetriebe, die für sie die Zentren der ökonomischen Macht des Industrie-, Bankund Finanzkapitals und zugleich "Konzentrationspunkt der Arbeiterklasse und des Klassenkampfes" sind. Träger der Betriebsarbeit sind vorrangig die Betriebsgruppen, die nach dem Parteistatut wichtigsten Grundorganisationen der Partei. Ihr weiterer systematischer Aufund Ausbau sowie die Herausgabe von Betriebszeitungen, in denen vornehmlich auf vermeintliche Mißstände hingewiesen und der Standpunkt der Partei hierzu verdeutlicht wird, soll daher forciert werden. Die Zahl der Betriebsgruppen hat sich zwar in einzelnen Bereichen geringfügig erhöht, insgesamt konnte jedoch die Zielvorgabe, in den Betrieben größeren Einfluß zu gewinnen und die Betriebsarbeit zu intensivieren, nicht erreicht werden. "Betriebsaktive" sind vereinzelt dort geschaffen worden, wo nach dem Parteistatut die Voraussetzungen für die Gründung einer Betriebsgruppe noch nicht gegeben sind. Ihre Aufgabe besteht darin, DKP-Mitglieder in Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauenskörpern zu unterstützen und in Betriebsund Gewerkschaftsversammlungen den Standpunkt der Arbeiterklasse überzeugend zu vertreten. Unter dieser Zielsetzung war die Betriebsarbeit auch 1985 gekennzeichnet von dem Bemühen um Erweiterung des Einflusses in der Arbeiterklasse. Auf überörtlicher Ebene führte die Partei im Bereich der Betriebsarbeit zwei Großveranstaltungen durch: - Am 30. März 1985 fand in Duisburg-Hamborn ein Stahlarbeiterseminar der DKP statt. In seinem Referat trat ein Mitglied des Präsidiums der DKP aus Essen für eine an den nationalen und sozialen Interessen orientierte Stahlpolitik ein. Dies erfordere veränderte Eigentumsverhältnisse durch Verstaatlichung dieses Wirtschaftszweiges bei "demokratischer Kontrolle". - Am 5. Oktober 1985 führte die DKP in der Stadthalle Köln-Mülheim einen Arbeiterkongreß gegen Sozialabbau und neue Armut" durch. Der Kongreß, der von ca. 700 Teilnehmern - aus verschiedenen Gruppierungen - besucht wurde, stand unter dem Motto: "Statt Weltraumwaffen - Arbeitsplätze schaffen". Das zuvor erwähnte DKP-Präsidiumsmitglied referierte über angebliche Zusammenhänge zwischen Weltraummilitarisierung, Arbeitslosigkeit und neuer Armut. Erforderte u. a. ein staatliches Beschäftigungsprogramm. Schulung Die DKP unterhält ein umfangreiches System von Schulungseinrichtungen, um ihre Funktionäre und Mitglieder in den Lehren von Marx, Engels und Lenin so zu unterweisen, daß sie den "verschärften ideologischen Kampf" erfolgreich bestehen können. Einen wesentlichen Beitrag im Rahmen dieses Systems leistet die parteieigene " Karl-Liebknecht-Schule" in Leverkusen. Dort fanden im Jahre 1985 ca. 40 22 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 einwöchige Lehrgänge zur Einführung in die Marxistisch-Leninistische Ideologie statt. Gegenstand der Schulungsveranstaltungen waren u. a. die Themen - "Manifest der Kommunistischen Partei" - "Lohn-Preis-Profit" - "Die wissenschaftlich-technische Revolution und die Aufgaben der Arbeiterklasse" - "Kommunistische Weltbewegung - Entwicklung und Probleme". Sogenannte Betriebsarbeiterschulen in Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und Wuppertal bilden DKP-Mitglieder nicht nur ideologisch, sondern bereiten sie auch auf wichtige Funktionen in Betrieben und Gewerkschaften vor. Der DKP stehen darüber hinaus für die Schulung folgende Einrichtungen zur Verfügung: * Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V. in Frankfurt/Main * Marxistische Arbeiterbildung (MAB) in Wuppertal als Dachverband der lokalen MAB-Bildungsgruppen und der Marxistischen Abendschulen * Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU in Moskau * SED-Parteischule "Franz-Mehring" in Ost-Berlin und * Verein Marx-Engels-Stiftung e.V. im Marx-Engels-Zentrum in Wuppertal. Schwerpunkte der Parteiarbeit Vorbereitung des 8. Parteitages Der Parteivorstand der DKP beschloß auf seiner 5. Tagung am 23./24. März 1985, den 8. Parteitag vom 2. bis 4. Mai 1986 anläßlich des 100. Geburtstages von Ernst Thälmann nach Hamburg einzuberufen. Die Vorbereitung des Parteitages steht unter der Losung: "Die Rechtsentwicklung stoppen - Abrüstung, Arbeitsplätze, soziale Rechte erkämpfen - die DKP stärken! "Gleichzeitig verstärkte der Parteivorstand die zentralen Führungsgremien, indem er vier neue Mitglieder des Präsidiums und zwei neue Mitglieder des Sekretariats des Parteivorstandes wählte. Auf der 6. Tagung des Parteivorstandes am 8./ 9. Juni 1985 wurde der Entwurf eines neuen politisch-ideologischen Dokuments, der "Thesen zum 8. Parteitag der DKP", verabschiedet. In dem Dokument werden Fragen der Friedens-, Außen-, Wirtschafts-, Umwelt-, Bündnisund Medienpolitik sowie innerparteiliche Probleme behandelt. Die Thesen sollen kein Ersatz für das Programm der DKP sein; die Partei will vielmehr auf der Grundlage der Thesen "Veränderungen und neue Fragen" einschätzen. 23 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 In Parteiversammlungen sollen den Mitgliedern die Thesen näher gebracht und von diesen ausführlich diskutiert werden. Nach dem bisherigen Verlauf ist das Interesse an der Diskussion in weiten Teilen der Partei sehr gering. Durch regelmäßige Beiträge in der UZ soll die Diskussion bis zum Parteitag gefördert werden. DKPVertretung in Bonn Am 5. September 1985 eröffnete die DKP in Bonn eine Vertretung des Parteivorstandes. Die " kompetente und autorisierte Vertretung des DIKPParteivorstandes" wird von einem hochrangigen Funktionär geleitet und umfaßt die Bereiche: - Internationale Abteilung - "Bündnispartner" - Bundesund Landtagswahlen - Beobachtung und Analyse der Bonner Parteien. Die Vertretung soll den Parteivorstand in Bonn insbesondere im Verhältnis zu den im Bundestag vertretenen Parteien sowie sonstigen Persönlichkeiten des demokratischen Spektrums repräsentieren. Weiterhin sollen Standpunkte, Vorschläge und Initiativen der DKP in der Bundesrepublik Deutschland stärker zur Kenntnis gebracht werden. Aufbau einer "Ordnertruppe" In jüngster Zeit sind verstärkte Bemühungen der DKP zu beobachten, eine "Ordnertruppe" aufzubauen. Ihre Aufgabe soll der Schutz von Personen, Objekten und Veranstaltungen sein. Darüber hinaus ist auch an den Einsatz zur Enttarnung von Aktivitäten der Sicherheitsbehörden gedacht. Die Planungen sehen vor, die "Ordnertruppe" aus jungen und ideologisch gefestigten Parteimitgliedern zu bilden. Mitgliederwerbung Die DKP hat für die Zeit vom 1. September 1985 bis zum 16. April 1986 (100. Geburtstag des früheren KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann) Maßnahmen zur verstärkten Mitgliedergewinnung beschlossen. Unter der Bezeichnung "ErnstThälmann-Aufgebot" findet ein Mitgliederwettbewerb statt, dem sich alle Gliederungen der DKP bis zur Bezirksebene stellen. Er wurde am 17. August 1985 in Hamburg mit einer Kundgebung vordem ehemaligen Wohnhaus Ernst Thälmanns eingeleitet. Der Parteivorsitzende Herbert MIES forderte, alle Anstrengungen zur Gewinnung neuer Parteimitglieder zu unternehmen. Die DKP-Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen haben sogenannte Maßnahmepläne zur Gewinnung neuer Mitglieder mit dem Ziel verabschiedet, die Zahl der Mitglieder bis zum 16. April 1986 um insgesamt 20 % zu erhöhen. Auf der Bundeskonferenz der DKP-Kreisvorsitzenden am 15. September 1985 in Hannover haben die erfolgreichsten Kreisorganisationen Thälmann-Banner als 24 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Wanderfahnen erhalten. Aus Nordrhein-Westfalen wurden die Kreisorganisationen Recklinghausen und Wuppertal ausgezeichnet. Den DKP-Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen ist es bei ihrer Werbekampagne gelungen, neue Mitglieder zu gewinnen; die Gesamtmitgliederzahl hat sich allerdings infolge von Austritten nur unwesentlich verändert, Delegationen aus NordrheinWestfalen in die DDR Die DKP-Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen entsandten im Jahre 1985 ca. 50 Delegationen in die DDR. Es handelte sich hierbei vorwiegend um Delegationen mit neuen Mitgliedern sowie Mitgliedern und Funktionären aus Stadtteilund Betriebsgruppen. Sie umfaßten in der Regel nicht mehr als ca. 15 Personen. Die Reisen fanden auf Einladung der SEDBezirksleitungen Halle, Leipzig und Karl-Marx-Stadt statt. Der Aufenthalt in der DDR diente der Werbung für den realen Sozialismus" Zentrale Veranstaltungen - Die DKP eröffnete die sogenannte Woche der DKP und damit ihre "massenpolitische Arbeit" für das Jahr 1985 mit dem traditionellen LeninLiebknecht-Luxemburg-Treffen (LLL-Treffen) am 19. Januar in Velbert unter der Losung "Abrüstungsverhandlungen jetzt! Arbeitsplätze statt Raketen! Rüstungsstopp statt Sozialabbau, Solidarität und eine starke DKP". Hieran nahmen ca. 400 - 500 DKP-Mitglieder und ausländische Gäste teil, u. a. Delegationen der KPdSU und der SED. - Anläßlich des Internationalen Frauentages am 8. März 1985 trat die DKP unter der Losung für Frieden, Arbeit, Gleichberechtigung" mit zahlreichen politischen Aktionen in Erscheinung. Es wurden Informationsstände errichtet, Flugblätter verbreitet, rote Nelken verteilt sowie auf Kreis-, Ortsund Stadtteilebene Veranstaltungen, zum Teil unter Mitwirkung von Künstlern, durchgeführt. DKP-Gruppen im Ruhrgebiet hatten zwei Bergarbeiterfrauen aus Großbritannien zum Internationalen Frauentag als Gäste geladen und ihnen zu Gunsten notleidender britischer Bergarbeiterfamilien Spenden überreicht. - Die DKP-Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen veranstaltete am 6. Juni 1985 in Essen-Altendorf den sogenannten Tag des Gruppenvorsitzenden. An der Konferenz nahmen ca. 400 Personen teil. Gegenstand der Beratung waren die Themen - Entwicklung der Betriebsgruppen - Gründung neuer Betriebsgruppen auf Grundlage sogenannter Betriebsaktive - Jugendkampagne - Jugendpolitik der DKP - Rolle der Grundorganisation als Lebenszelle der Partei - Ernst Thälmann-Aufgebot (Mitgliederund "UZ"-Werbung). 25 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 - Die DKP-Bezirksorganisation Rheinland-Westfalen hielt am 1. November 1985 in Wülfrath den Tag des Gruppenvorsitzenden ab. Die Teilnehmer behandelten die Themen - Im Kampf für den Frieden die DKP stärken - Die DKP im Kampf gegen Massenarbeitslosigkeit und neue Armut stärken - Im Kampf für die Interessen im Arbeiterwohngebiet die DKP stärken - Im Kampf für die Rechte der Jugend die DKP stärken - Im Kampf für die Rechte der Frauen die DKP stärken. - Die DKP-Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen trat auf einem am 8. September 1985 in Bottrop veranstalteten sogenannten Frauenfestival mit Sympathisanten in einen politischen Meinungsaustausch. Sie konnte durch ein kulturelles Beiprogramm die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen. Die Veranstaltung wurde von ca. 1.000 Personen besucht. - Die DKP-Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen hielt am 28. September 1985 in Bottrop eine "kommunalpolitische Konferenz" mit Funktionären der Kreisebene ab. Die etwa 200 Teilnehmer suchten nach Wegen für neue Impulse auf dem Gebiete kommunistischer Kommunalpolitik. - Die DKP veranstaltete bundesweit vom 4. November bis 16. November 1985 eine sogenannte Woche des realen Sozialismus unter dem Motto "Aus der Neuen Welt - Die Sowjetunion heute". Der Parteivorstand der DKP erklärte hierzu auf einer Pressekonferenz am 30. Oktober 1985 in Bonn, daß in mehr als 100 Veranstaltungen in allen Bundesländern über 50 zum Teil hochrangige Politiker, Juristen, Schauspieler, Vertreter von Jugendund Frauenverbänden aus der Sowjetunion über die Außenund Innenpolitik der UdSSR sprechen würden. Die DKP-Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen haben im Rahmen dieser Woche Begegnungen mit bedeutenden Persönlichkeiten aus der Sowjetunion in einer Reihe nordrhein-westfälischer Großstädte durchgeführt. Eine bemerkenswerte Resonanz hat die Propagandakampagne in der Bevölkerung nicht gefunden. 2.3 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Die SDAJ ist mit ca. 15.000 Mitgliedern (Nordrhein-Westfalen: ca. 4.600) weiterhin die stärkste orthodox-kommunistische Jugendorganisation. In der Zeit vom 24. bis 27. Mai 1985 fanden in Ahlen, Bottrop, Duisburg-Wedau, Remscheid-Bergisch-Born und Siegen - teilweise gemeinsame - Pfingstcamps der SDAJ und der JP statt. Neben Kulturund Sportveranstaltungen standen "Soldatentreffs", Diskussionsrunden und "Arbeiterjugendtribunale" zu den Themen Frieden und Antimilitarismus, Arbeitslosigkeit und internationale Solidarität auf der 26 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Tagesordnung. Einzelne Pfingstcamps wurden von Abordnungen der Freien Deutschen Jugend der DDR und Nicaragua-Brigaden besucht. Im Oktober startete die SDAJ eine neue " Festivalstafette" zur Gewinnung von Mitgliedern unter dem Motto: "Machen wir die SDAJ stark - Auf zum 5. Festival der Jugend". Die Stafette wird Pfingsten 1986 auf dem "Festival der Jugend" enden. 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Der MSB setzte mit seinen ca. 6.000 Mitgliedern (in Nordrhein-Westfalen ca. 1400) auch 1985 seine Aktivitäten an den Hochschulen fort und vertiefte die "Aktionseinheit" mit seinem langjährigen Bündnispartner, dem Sozialistischen Hochschulbund (SHB). Im Mittelpunkt der Aktivitäten standen u. a. die Friedensarbeit und die Unterstützung der (studentischen) Frauenbewegung an den Hochschulen. Die Erwartungen auf eine breite Mobilisierung der Studenten wurden nicht erfüllt. Der 9. Bundeskongreß des MSB am 5. Und 6. Oktober 1985 in Bochum stand unter dem Motto: "Gemeinsam für die Zukunft! An unseren Hochschulen: Nein zu Star Wars - Schluß mit der Wende - Mach mit im MSB Spartakus!" Es wurde eine noch engere Zusammenarbeit des MSB mit DKP, SDAJ und JP gefordert. Thomas HARMS aus Bonn wurde im neu gewählten 87köpfigen Bundesvorstand zum neuen Bundesvorsitzenden bestellt Zeitgleich mit dem MSB-Kongreß tagte in Bielefeld die 26. ordentliche Bundesdelegiertenversammlung des SHB unter dem Thema: "Entscheide Dich für unsere Zukunft - gegen Weltraumrüstung und Erstschlagswaffen - Gegen Rechtsregierung und Hochschulformierung - Kämpf für's Leben - im SHB!" 2.3.3 Junge Pioniere (JP) Die Sozialistische Kinderorganisation Junge Pioniere (JP) schließt mit ca. 4.000 Mitgliedern (Nordrhein-Westfalen: ca. 1.500) den Kreis der orthodoxkommunistischen Jugendund Studentenorganisationen. Am 27. Januar 1985 fand in Essen die 4. Landeskonferenz der JP Ruhr-Westfalen statt. Der bisherige Landesvorsitzende wurde wiedergewählt. Der 5. Bundeskongreß der JP am 2./3. März 1985 in Dortmund stand unter dem Motto "Hand in Hand mit den Kindern, für Frieden, gegen Kinderfeindlichkeit". Laut dem Rechenschaftsbericht soll das Ziel, 500 neue JP-Gruppen zu gründen, nahezu erreicht worden sein. Die diesjährige Kinderferienaktion, die die DKP zusammen mit den JP in der Zeit vom 7. bis 23. Juli 1985 durchführte, stand erneut unter dem Leitwort "Hallo, wir fahren in ein kinderfreundliches Land". In dem Werbematerial wurde vordergründig neben dem niedrigen Preis (135,DM) besonders der Erlebnischarakter der Lager herausgestellt. Die Teilnehmerzahlen sind rückläufig; die an die Aktion geknüpften 27 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Erwartungen (Mitgliederzuwachs, politische Indoktrination der Kinder pp.) wurden nicht erfüllt. 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen Die DKP wird bei ihren politischen Kampagnen auch von Organisationen unterstützt, die nach außen als unabhängig erscheinen und nicht extremistisch auftreten, tatsächlich jedoch stark von der Partei beeinflußt sind. Die Mehrheit ihrer Mitglieder ist nicht kommunistisch, in der Regel sind jedoch die entscheidenden Positionen mit Funktionären besetzt, die die politische Arbeit im Sinne bestimmter Vorstellungen der DKP lenken können, 2.4.1 Deutsche Friedens-Union (DFU) Die DFU wurde 1960 in Stuttgart unter Beteiligung der illegalen KPD sowie unter Anleitung der SED gegründet. Ihr Sitz ist Köln. Sie hat bundesweit ca. 1.000 (Nordrhein-Westfalen ca. 400) Mitglieder. Die DFU hat sich von Anfang an als eine der aktivsten und zuverlässigsten Hilfsorganisationen der orthodoxen Kommunisten erwiesen. Am 20. und 21. April 1985 fand in Bremen der 11. ordentliche Unionstag der DFU unter dem Motto: "Nach 40 Jahren: Nie wieder Krieg! Unsere Zukunft: Abrüstung, friedliche Koexistenz und Demokratie" statt. Unter den ca. 500 Teilnehmern, darunter 211 Delegierte, befanden sich zahlreiche Teilnehmer aus Nordrhein-Westfalen. Die Delegierten verabschiedeten neue "politische Leitsätze der DFU" sowie eine "Bremer Erklärung". In ihnen wird gefordert, "sich der globalen Vorherrschaft der US-Regierung zu verweigern und zu widersetzen und friedliche, gleichberechtigte Beziehungen zu allen Völkern zu unterhalten, dem Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten entgegenzuwirken und die Ausbreitung reaktionärer Ideologien, insbesondere den Antikommunismus zu bekämpfen." Auf der XII. Landesdelegiertenkonferenz des DFU-Landesverbandes NordrheinWestfalen am 2. Februar 1985 in Essen wurde die besonders enge Verknüpfung mit dem Wahlbündnis "Die Friedensliste" betont, an deren Gründung die DFU maßgeblich, beteiligt war. 2.4.2 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) Das 1974 unter Beteiligung der DKP gegründete KFAZ mit seinem unter DKPEinfluß stehenden " Büro" in Köln ist weiterhin ein wichtiges Instrument kommunistischer Bündnispolitik. Es unterstützt insbesondere die DKP-Aktivitäten, die auf den Versuch der Einflußnahme in der Friedensbewegung gerichtet sind. Eigene, auf Nordrhein-Westfalen beschränkte Veranstaltungen des KFAZ sind 1985 nicht durchgeführt worden. 28 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 2.4.3 Die Friedensliste Die Friedensliste konstituierte sich 1984 als Personenund Wahlbündnis. Initiatoren waren u. a. die DKP und die DFU, die auch in den Führungsgremien auf Bundesund Landesebene vertreten sind. Zur Vorbereitung auf die Landtagswahl führte die von der DKP maßgeblich unterstützte "Friedensliste NRW" am 3. Februar 1985 in Düsseldorf mit ca. 600 Teilnehmern ihren Wahlkongreß durch. Es wurden 86 Kandidaten für die Landesliste gewählt, von denen ca. 75 % der DKP bzw. den von ihr beeinflußten Organisationen angehörten. Trotz aller Bemühungen konnte das Ergebnis der Europawahl (95 405 Stimmen = 1,3 %) nicht wieder erzielt werden. Die Friedensliste erreichte nur insgesamt 61818 Stimmen (= 0,7 %), Damit verfehlte sie ihr erklärtes Ziel, das Ergebnis der Europawahl 1984 zumindest zu halten. Einer der Sprecher der "Friedensliste", Mitglied des Parteivorstandes der DKP, äußerte im Zentralorgan der DKP "UZ" vom 17. Mai 1985 zum Wahlergebnis: "Wir stehen natürlich in der Friedensliste,... erst am Anfang der Diskussion über die Auswertung des Wahlergebnisses. Es gibt durchaus unterschiedliche Reaktionen, Niemand ist richtig zufrieden. Viele sind enttäuscht, weil wir doch höhere Erwartungen hatten ... . Insgesamt sind jedoch alle die mir bisher bekannt sind, der Meinung, daß es weiterhin eines Wahlbündnisses bedarf, daß das Thema Frieden an die richtige Stelle rückt und die Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte fördert. Also ein Wahlbündnis, wie es mit der Friedensliste das erste Mal angetreten ist." Auf der dritten Mitgliederversammlung der "Friedensliste" am 1. und 2. Juli 1985 in Bonn wurden 37 Personen in den Bundesvorstand gewählt, davon waren mehr als die Hälfte Mitglieder der DKP oder von DKP-beeinflußten Organisationen. Über die Form der Weiterarbeit der "Friedensliste" - insbesondere über die Beteiligung an den kommenden Wahlen -soll 1986 endgültig entschieden werden. 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) Die DFG-VK entstand 1974 mit Unterstützung der DKP aus dem Zusammenschluß von Organisationen der Kriegsdienstgegner. Sitz der Bundesgeschäftsstelle ist Velbert. Die Landesgeschäftsstelle befindet sich in Dortmund. Nach eigenen Angaben sind in der DFG-VK ca. 13.000 (NordrheinWestfalen: ca. 4 500) Mitglieder organisiert. Auf ihrer 5. Bundeskonferenz vom 1. bis 3. März 1985 in Hiltrup nahm die DFG-VK zur "Verbesserung der Bewältigung der gewachsenen Verbandsaufgaben" eine Umstrukturierung der Verbandsspitze vor. Sie verzichtete auf einen zweiten Bundesvorsitzenden und richtete dafür zusätzlich die Stelle eines Bundesgeschäftsführers ein. Von den 22 Mitgliedern des Bundesvorstandes gehören vier der DKP an, darunter auch der Bundesgeschäftsführer. Eigene größere Aktionen der DFG-VK sind 1985 nicht bekanntgeworden. 29 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 2.5 Bündnispolitik Die DKP und die von ihr beeinflußten Organisationen waren im Rahmen ihrer bündnispolitischen Zielvorstellung auch 1985 bemüht, ihre Einflußnahme auf nichtkommunistische Gruppierungen zu verstärken: - Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang ihr Einfluß auf die Organisation und Durchführung der diesjährigen Aktionen anläßlich des "Ostermarsch Rheinland '85" in Köln. DKP-Funktionäre und -Sympathisanten wirkten maßgeblich auf die inhaltlichen Aussagen der offiziellen Aufrufe ein, indem sie die Versammlungen, auf denen diese verabschiedet wurden, mehrheitlich beeinflußten, zeichneten teilweise als Verantwortliche für die Aufrufe und meldeten zum großen Teil die jeweiligen Aufzüge an - beim "Ostermarsch Ruhr '85" stellten sie sogar den verantwortlichen Leiter -. Die Mehrzahl der an den jeweiligen Abschlußkundgebungen Teilnehmenden, in Dortmund zwischen 15.000 und 20.000 Personen und in Köln 8.000 bis 9.000 Personen, gehörten jedoch demokratischen Gruppierungen an. Die Veranstaltungen verliefen störungsfrei. - Das öffentliche Auftreten rechtsextremistischer, insbesondere neonazistischer Kräfte hat 1985 auch in Nordrhein-Westfalen vermehrt zu Reaktionen geführt, die sich in Gegendemonstrationen oder der Bildung örtlicher "antifaschistischer" Initiativen äußerten. - Unter der Überschrift "Zum 40. Jahrestag der Befreiung und des Friedens am 8. Mai 1985" wurde bundesweit zu einer antifaschistischen Woche aufgerufen. Den Auftakt für diese Veranstaltungswoche bildete am 4. Mai 1985 eine regionale Großdemonstration in Köln. Zum Trägerkreis gehörten u. a. die DKP und die SDAJ. Einer der Redner war der DKP-Vorsitzende Herbert MIES. Bei störungsfreiem Verlauf nahmen ca. 6 500 Personen an der Kundgebung teil. Anläßlich der Eröffnung eines "Büros" der FAP kam es am 23. August 1985 und in der Folgezeit in Dortmund zu Protestaktionen, die im wesentlichen von der DKP bzw. von DKP-beeinflußten Organisationen initiiert wurden. Zwischenzeitlich hat sich ein Antifaschistisches Forum Dortmund" konstituiert. Der Tod eines Demonstranten im Verlauf einer Demonstration gegen eine NPD-Veranstaltung am 28. September 1985 in Frankfurt/Main brachte Aktionen in verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen (Sachbeschädigungen und Schmierereien). Hierbei zeigte sich, daß insbesondere die militanten Linksextremisten jeden sich bietenden Anlaß zu gewalttätigen Aktionen nutzen. 2.6 Dogmatische Neue Linke 2.6.1 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die als Kaderpartei organisierte MLPD blieb 1985 mit rd. 1300 Mitgliedern (Nordrhein-Westfalen: ca. 600) die mitgliederstärkste und aktivste Organisation der dogmatischen Neuen Linken. Ihr erklärtes strategisches Ziel ist der revolutionäre Sturz der "Diktatur der Monopolkapitalisten" und die Errichtung der Diktatur des Proletariats für den Aufbau des Sozialismus als Übergangsstadium 30 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft, wobei sie Gewaltanwendung nicht ausschließt. Nach eigenen Angaben finanziert sich die Partei im wesentlichen aus Spenden und Mitgliederbeiträgen. Der Wahlkampf soll angeblich ausschließlich durch Einzelspenden in Höhe von 386 809,DM sichergestellt worden sein. Die Partei gibt ihr Zentralorgan "Rote Fahne" wöchentlich in einer Auflage von ca. 10.000 heraus. Die MLPD kandidierte erstmals zur Landtagswahl am 12. Mai 1985 in 67 Wahlkreisen, die - entsprechend der von der Partei verfolgten politischideologischen Zielsetzung - schwerpunktmäßig ausgewählt waren. Sie erhielt 3.338 Stimmen (= 0,09 %). In der Zeit vom 20. bis 22. September 1985 fand in Köln der 2. Parteitag statt, auf dem der bisherige Kurs der Parteiführung bestätigt wurde. Am 2. November 1985 führte die MLPD eine öffentliche Großveranstaltung in Düsseldorf durch An dieser Veranstaltung nahmen zeitweilig bis zu 2.000 Personen teil. Der wiedergewählte Parteivorsitzende erklärte, daß eine aus Anlaß des 2. Parteitages durchgeführte Spendenkampagne einen Betrag von mehr als 1.000.000,DM erbracht habe; künftiger Schwerpunkt der Parteiarbeit sei u. a. die Beteiligung an der Bundestagswahl 1987. Ferner sei beabsichtigt, zur Schulung der Kader in Nordrhein-Westfalen eine Parteischule einzurichten. Die Jugendarbeit im Marxistisch-Leninistischen Schülerund Studentenverband (MLSV) und im Revolutionären Jugendverband Deutschlands (RJVD) soll intensiviert werden. Die Sommerlager des MLSV und des RJVD wurden vom 13. Juli bis 2. August 1985 in Evette-le-Salbert (Frankreich) durchgeführt. An beiden Lagern nahmen rd. 500 Kinder und Jugendliche teil, von denen mehr als die Hälfte erstmalig Kontakt zur MLPD fanden. Die Zeltlager führten zu einem leichten Mitgliederzuwachs. Auf der Grundlage der Beschlüsse des 2. Parteitages der MLPD führte der RJVD am 21. Dezember 1985 in Köln einen außerordentlichen Verbandsdelegiertentag durch. Dort wurde die Umbenennung des RJVD in Arbeiterjugendverband (Marxisten-Leninisten)" sowie die Gründung der Kinderorganisation des Arbeiterjugendverbandes " Rotfüchse" beschlossen. 2.6.2 Kommunistische Partei Deutschlands (MarxistenLeninisten) (KPD) Die bereits Ende 1968 gegründete, proalbanisch orientierte KPD verfügte Ende 1985 noch über ca. 400 (Nordrhein-Westfalen: ca. 120) Mitglieder. Sie hat ihren Sitz in Dortmund. In der KPD kam es seit Jahresbeginn zu Auseinandersetzungen um den künftigen politischen Kurs der Partei. Sie führten zur Abspaltung einer Fraktion von "Marxisten-Leninisten", deren Stärke bundesweit auf etwa 70 Mitglieder geschätzt wird. Diese will die "wahre KPD" nach marxistisch-leninistischem Verständnis fortführen. Auf einem eigenen Parteitag vom 27. bis 29. Dezember 1985 in 31 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Stuttgart hat sie die Fortsetzung der ehemaligen Parteilinie unter Beibehaltung des Parteinamens beschlossen. An diesem Parteitag dürften aus Nordrhein-Westfalen Delegierte teilgenommen haben, die auf einer im November 1985 in NordrheinWestfalen durchgeführten Mitgliederversammlung von " Marxisten-Leninisten" gewählt worden sind. Auf dieser Mitgliederversammlung wurde für NordrheinWestfalen eine Landesverbandsleitung gebildet mit dem Ziel, die "wahre KPD" auch in Nordrhein-Westfalen fortzuführen. Der verbleibende Teil der KPD steht hinter einem neuen Statut, das auf einem Sonderparteitag verabschiedet wurde, den die KPD vom 1. bis 3. November 1985 in Dortmund durchführte. Mit diesem Statut wird die bisherige ideologische Parteilinie aufgegeben. Die KPD sieht sich nicht mehr als Vorhutpartei (Avantgarde) im Sinne der marxistisch-leninistischen Parteilehre. Sie will damit die Vereinigungsbemühungen mit der trotzkistischen Gruppe Internationaler Marxisten (GIM) zu einer gemeinsamen Organisation der revolutionären Sozialisten erleichtern. Bei der Landtagswahl am 12. Mai 1985 war es der KPD unter großen organisatorischen Schwierigkeiten noch gelungen, in acht Wahlkreisen zu kandidieren. Ohne besondere Wahlkampfaktivitäten konnte sie 434 (= 0,0 %) Stimmen auf sich vereinigen. Die Rechtshilfeorganisation der KPD, die "Rote Hilfe Deutschlands e.V.", führte am 26. Januar 1985 in Bielefeld eine Jubiläumsveranstaltung anläßlich ihres 10jährigen Bestehens durch. An der Veranstaltung nahmen aus dem gesamten Bundesgebiet 60 Personen teil. 2.6.3 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (Volksfront) Die 1979 von der KPD als Wahlpartei gegründete Volksfront hatte 1985 noch ca. 600 (Nordrhein-Westfalen: ca. 250) Mitglieder. Ihr Zentralorgan "Volksecho" erscheint seit März 1985 nicht mehr. Vom 30. November bis 1. Dezember 1985 fand in Hannover der 4. ordentliche Bundeskongreß der Volksfront statt, an dem ca. 70 Delegierte teilnahmen. In den Bundesvorstand wurden die bisherigen langjährigen Funktionäre aus Nordrhein-Westfalen wiedergewählt. 2.6.4 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Der KBW hat sich am 16. Februar 1985 auf seiner letzten Mitgliederversammlung in Frankfurt/Main, an der etwa 80 Personen teilnahmen, aufgelöst. Als Rechtsnachfolger gründeten die Teilnehmer der Versammlung den Verein "Assoziation" Nach der einstimmig verabschiedeten Satzung soll der Verein alternative Projekte fördern und Produktionsformen entwickeln und unterstützen, "die dem friedlichen Zusammenleben der Menschen dienen". Zu dem auf etwa 9 Millionen DM geschätzten KBW-Vermögen gehört insbesondere ein sechsgeschossiges Haus in Frankfurt/Main, in dem die ehemalige KBW-Zentrale untergebracht war. Dieses Gebäude wird für Gruppierungen verfügbar gehalten, deren Ziele auf "gesellschaftliche Emanzipation" gerichtet sind. 2.6.5 Marxistische Gruppe (MG) 32 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Die MG, die ihre Organisation und ihre leitenden Gremien weiterhin weitgehend geheimhält, führte - wie in den Vorjahren - zahlreiche öffentliche Diskussionsund Vortragsveranstaltungen zu aktuellen Problemen ("3. Welt", "Die Armut -nichts Neues", 30-Jahr-Feier der Bundeswehr) in Gaststätten und z. T. an Hochschulen durch. Schwerpunkte waren Bochum und Dortmund. 2.7 Undogmatische Neue Linke Die undogmatischen Linksextremisten lehnen den dogmatischen MarxismusLeninismus ab. Die Vielfalt ihrer Zielvorstellungen und die unterschiedlichen Auffassungen über das Vorgehen erschweren eine allgemein gültige Definition dieser Szene. Einzige bundesweite Schwerpunktaktion, an der sich überwiegend linksextremistische Gruppierungen aus dem Bereich der undogmatischen Neuen Linken beteiligten, waren die Protestund Widerstandsaktionen gegen den Weltwirtschaftsgipfel (WWG) vom 2. bis 5. Mai 1985 in Bonn. Die Organisation der Veranstaltungen lag in den Händen eines Trägerkreises, in dem u. a. Mitglieder des Bundeskongresses entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO), der Bundeskonferenz Unabhängiger Friedensgruppen (BUF), der MittelamerikaGruppen, der Autonomen, des Bonner Friedensbündnisses, der Anti-AKWGruppen, der Frauenbewegung sowie der Friedensliste zusammenarbeiteten. An einem "Tribunal " in der Godesberger Stadthalle beteiligten sich ca. 1.000 Personen, an der Abschlußdemonstration am 4. Mai 1985 auf dem Bonner Münsterplatz ca. 7.000 bis 10.000 Personen. Zur undogmatischen Neuen Linken gehören auch die "militanten Autonomen", die den demokratischen Rechtsstaat als "Schweine-System" bezeichnen. Sie verfechten auf teilweise anarchistischer Grundlage die Abschaffung aller staatlichen Einrichtungen, propagieren die Anwendung von Gewalt und wenden sie - wo immer es möglich ist - auch an. Im Jahre 1985 sind in NordrheinWestfalen von ihnen allerdings Aktivitäten, die die Sicherheit unseres Landes ernsthaft hätten gefährden können, nicht entwickelt worden. Der Versuch der " militanten Autonomen ", ein Rekrutengelöbnis am 26. Oktober 1985 in Korschenbroich im Rahmen der Feierlichkeiten aus Anlaß des 30jährigen Bestehens der Bundeswehr auf "alle Fälle zu verhindern", wurde durch den gezielten Einsatz der Polizei vereitelt. 2.8 Trotzkismus Die trotzkistischen Gruppen kämpfen für die "permanente Revolution", um den "bürgerlichen Staat" zu zerschlagen und die "Diktatur des Proletariats" in der Staatsform einer Räteherrschaft zu errichten. Das Bekenntnis zum Trotzkismus schließt die Bejahung der Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ein. Unter den trotzkistischen Gruppen ist als bedeutendste die Gruppe Internationale Marxisten (GIM) mit mehr als 250 Mitgliedern (Nordrhein-Westfalen: ca. 60 - 80) anzusehen. Seit Herbst letzten Jahres wurden - im wesentlichen von der GIM ausgehend - Vereinigungsgespräche mit der KPD (Marxisten-Leninisten) mit dem Ziel geführt, eine neue revolutionäre Organisation mit trotzkistischer Ausrichtung zu gründen. 33 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Die Gespräche haben Übereinstimmung in wichtigen programmatischen Fragen zwischen beiden Organisationen erkennen lassen. Die Leitungen beider Organisationen sehen eine programmatische Einigung als Grundlage einer Vereinigung als möglich an. Eine Organisation, wie sie aus einer Vereinigung von KPD und GIM hervorgehen soll, würde nach Auffassung der G IM einen "enormen positiven Schritt für die revolutionäre Linke in der BRD" bedeuten. 2.9 Linksextremisten im öffentlichen Dienst Nach dem Stand vom 31. Dezember 1985 befanden sich unter den ca. 340.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) - soweit bekannt -224 Angehörige linksextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: Die Zahl der erkannten Linksextremisten im öffentlichen Dienst hat sich gegenüber 1984 um 1 erhöht. Dies beruht darauf, daß in diesem Zeitraum die Zahl derjenigen, die erstmals als Linksextremisten erkannt wurden, geringfügig höher war als die Zahl derjenigen, die wegen Ausscheidens aus extremistischen Organisationen sowie jahrelanger Inaktivität nicht mehr als linksextrem einzustufen sind. 34 f8 H) Peer Tr Eee: la: Iu 5 3 43 000 __ E 1B=e!wi In." ak Feet Zr Korn ur t f a lin Bee Ani au iMli ii el oti}eAB1lMdrMeanli,h)i u: enMutter] | a one zu a! i Mn] [Hi in u - rn IE Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 3 Terrorismus 3.1 Entwicklungstendenz Die Rote Armee Fraktion (RAF) hat 1985 bei ihren Straftaten besondere Menschenverachtung und Brutalität erkennen lassen. Während bisher gezielte Mordanschläge nur gegen Repräsentanten des Staates, des militärischen Bereichs und der Wirtschaft gerichtet wurden, ermordeten Mitglieder der RAF den US-Soldaten Pimental, nur um mit seiner Identitätskarte in die US-Air-Base in Frankfurt/Main eindringen zu können. Das Beispiel zeigt, daß die RAF auch bei Aktionen, die der Vorbereitung von Terroranschlägen dienen, vor nichts zurückschreckt. Seit Anfang 1985 fordert die RAF verstärkt den Aufbau einer "Antiimperialistischen Front in Westeuropa", womit sie versucht, dem Terrorismus eine neue, europäische Dimension zu geben. Zwischen der französischen linksextremistischen Terrorgruppe Action Directe (AD) und der RAF sind Anzeichen einer Zusammenarbeit erkennbar, die u. a. aus der gemeinsamen Erklärung dieser beiden terroristischen Vereinigungen hervorgehen, die am 15. Januar 1985 in Paris verbreitet wurde. Während die RAF bisher ihren Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland auf den drei Ebenen * Illegale, * inhaftierte RAF-Mitglieder und * sogenannte "Legale" führte, haben sich 1985 erstmals "Illegale Militante" zu Sprengstoffanschlägen bekannt, deren Ziele - entsprechend der Ideologie der RAF - Objekte des " Militärischen-Industriellen Komplexes" (MIK) waren. Insgesamt gesehen ist die RAF auch weiterhin die gefährlichste deutsche linksterroristische Vereinigung. Revolutionäre Zellen (RZ) sowie die ihnen angehörende autonome Frauengruppe Rote Zora bekannten sich 1985 zu 11 Sprengstoffanschlägen im Land NordrheinWestfalen; die Zahl der Straftaten dieser terroristischen Vereinigung hat sich damit gegenüber dem Vorjahr um fünf erhöht. Überwiegend örtliche Bedeutung haben andere terroristische oder auf Gewalt und Sabotage aus gerichtete Kleingruppen, von denen 1985 gegen über dem Vorjahr erheblich mehr Gewaltaktionen ausgingen. 3.2 Rote Armee Fraktion (RAF) Am 1, Februar 1985 ermordeten ein junger Mann und eine junge Frau in Gauting bei München den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Luft-, Raumfahrtund Ausrüstungsindustrie und Vorstandsvorsitzenden der Motorenund Turbinen-Union (MTU), Dr. Ernst Zimmermann. 40 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Zu dem Mord bekannte sich das RAF-"Kommando Patsy O'Hara", das nach einem irischen Terroristen benannt wurde, der 1981 während der Haft den Folgen eines Hungerstreiks erlag. In der Nacht zum 8. August 1985 ermordeten Mitglieder der RAF den US-Soldaten Pimental, dessen Ausweis sie dazu benutzten, um mit einem PKW, in dem ein Sprengsatz versteckt war, auf das Gelände der US-Air-Base in Frankfurt/Main zu gelangen. Durch die Explosion dieses Sprengsatzes am 8. August 1985 wurden zwei Personen getötet und 11 weitere zum Teil schwerverletzt, darüber hinaus entstand erheblicher Sachschaden. Am 9. August 1985 erhielten die Frankfurter Rundschau und zwei Presseagenturen in Frankfurt/Main ein anonymes Schreiben, aus dem hervorging, daß der Anschlag von einem "Kommando George Jackson " verübt worden war; das Schreiben trug die Embleme der RAF und der Action Directe. Die Identitätskarte Pimentals wurde am 13. August 1985 mit einer Durchschrift des Tatbekenntnisses der Nachrichtenagentur Reuter in Frankfurt/Main zugesandt. Ein weiteres Bekenntnis zu diesen Straftaten mit der Überschrift "Zur Aktion gegen die Rhein-Main-Air-Base und die Erschießung von Edward Pimental " erhielt die Redaktion der Frankfurter Rundschau am 27. August 1985; es war - im Gegensatz zu den vorherigen Tatbekenntnissen - nur von der RAF gezeichnet. Am 27. September 1985 wurde der mutmaßliche RAF-Terrorist Karl-Friedrich GROSSER bei einem Überfall auf zwei Geldbotinnen eines Supermarktes in Ludwigsburg festgenommen. Ein unbekannter männlicher Mittäter konnte mit der Beute entkommen. Asservate aus einer am 11. September 1985 in Tübingen entdeckten konspirativen Unterkunft der RAF lassen vermuten, daß der Raubüberfall auf den Geldboten eines Supermarktes im Kreis Tübingen am 3. Juni 1985, bei dem einer der Täter den Geldboten ohne Vorwarnung in den Hals schoß, ebenfalls von der RAF verübt worden ist. Mit der Forderung nach dem Aufbau einer "Antiimperialistischen Front in Westeuropa" versucht die RAF, dem Terrorismus eine neue europäische Dimension zu geben. Zwischen der französischen terroristischen Gruppe Action Directe (AD) und der RAF sind Ansätze einer Zusammenarbeit erkennbar, die über eine gegenseitige logistische Unterstützung hinausgehen. Deutlich werden diese Ansätze in einer gemeinsamen Erklärung dieser terroristischen Vereinigungen, die am 15. Januar 1985 in Paris verbreitet wurde sowie auch in Parallelen zwischen dem oben erwähnten Mordfall Zimmermann und dem Mord an dem französischen General Audran am 25. Januar 1985 in Paris, zu dem sich ein "Kommando Elisabeth van Dyck - Action Directe " bekannte. Ende Juni 1985 wurde in einer Wohnung in Offenbach/Main ein Zimmer entdeckt, das der RAF als Unterschlupf und Depot diente. Das Zimmer, in dem u. a. fünf großkalibrige Faustfeuerwaffen, Munition und verfälschte Ausweispapiere sichergestellt wurden, war von Angehörigen der RAF in Untermiete angemietet worden. 41 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Als mutmaßliche Benutzerinnen des Zimmers wurden am 3. Juli 1985 Mareile SCHMEGNER und Ingrid BARABAß festgenommen. Nach Eva-Sybille HAULEFRIMPONG, die mit den beiden mutmaßlichen Benutzerinnen des Zimmers in Verbindung stand, wird, noch gefahndet. Am 13. März 1985 verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf die RAFMitglieder Adelheid SCHULZ und Rolf Klemens WAGNER wegen mehrfachen gemeinschaftlichen Mordes, erpresserischen Menschenraubes und Geiselnahme sowie versuchter Nötigung von Verfassungsorganen zu dreimal bzw. zweimal lebenslänglicher Freiheitsstrafe. Die RAF-Mitglieder Christian KLAR und Brigitte MONHAUPT wurden vom Oberlandesgericht Stuttgart am 2. April 1985 wegen gemeinschaftlichen Mordes, erpresserischen Menschenraubes und Geiselnahme sowie Nötigung von Verfassungsorganen jeweils zu fünfmal lebenslänglicher Freiheitsstrafe sowie zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Erstmals 1985 bekannten sich "Illegale Militante" zu Sprengstoffanschlägen auf zwei im Bereich der Wehrtechnik tätige Firmen in Hamburg am 8. April 1985 und auf die NATO-Pipeline bei Ehringhausen am 4. Mai 1985 sowie zu einem versuchten Sprengstoffanschlag auf das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz am 3. Mai 1985. Die Tatbekenntnisse entsprechen in Inhalt und Diktion denen der RAF; darüber hinaus bestand zumindest teilweise Übereinstimmung mit Tatmitteln, wie sie auch von der RAF bei Anschlägen verwendet wurden. In der Zeit vom 4. Dezember 1984 bis zum 5. Februar 1985 beteiligten sich zeitweise über 30 Häftlinge - überwiegend terroristische Gewalttäter der RAF - an einem Hungerstreik, der zu einer bundesweiten Mobilisierung der Anhänger der RAF führte, die durch Demonstrationen und Anschläge ihre Solidarität mit den Hungerstreikenden zum Ausdruck brachten. Neben Demonstrationen und Veranstaltungen in Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln, Münster und Paderborn ist in diesem Zusammenhang der Sprengstoffanschlag auf eine britische Sendeeinrichtung in Hüllhorst/Kreis Minden am 17. Januar 1985 hervorzuheben; das Tatbekenntnis zu diesem Anschlag endet mit der Forderung, "die antiimperialistische Front in Westeuropa aufbauen". Diese Forderung kehrt auch in den Tatbekenntnissen zu folgenden Straftaten wieder, die offenbar von militanten RAF-Anhängern verübt worden sind: - Sachbeschädigung am 2. Januar 1985 an 30 Kraftfahrzeugen der Firma Siemens in Köln, die in einem Bekennerschreiben als der "zweitgrößte Rüstungsproduzent in der BRD" bezeichnet wird. - Versuchter Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Bundesverbandes der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrtund Ausrüstungsindustrie (BDLI) in Bonn Bad-Godesberg am 1. Mai 1985. - Sprengstoffanschlag auf die Zweigstelle der französischen Firma TRT (Telecommunication Radioelectriques et Telephoniques) in Köln-Porz am 3. 42 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Mai 1985, zu dem sich ein bisher unbekanntes "Kommando Proletarische Aktion" bekannte. - Dabei fällt auf, daß in der Nacht zum 30. April 1985 bereits die Action Directe in Paris Sprengstoffanschläge auf die Firma TRT sowie eine weitere Firma verübt hatte -. - Sprengstoffanschlag auf einen Sendemast in einem US-Depot in Mönchengladbach am 15. August 1985, zu dem sich eine "Kämpfende Einheit 'Für den Aufbau der Antiimperialistischen Front in Westeuropa'" bekannte. - Versuchter Sprengstoffanschlag auf die NATO-Pipeline bei HückelhovenBaal am 8. November 1985. 3.3 Revolutionäre Zellen (RZ)/Rote Zora Gegenüber dem Vorjahr, in dem sechs Anschläge der RZ und der ihr angehörenden autonomen Frauengruppen Rote Zora in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen waren, hat sich die terroristische Aktivität dieser Gruppen im Jahr 1985 mit insgesamt 11 verübten Anschlägen erhöht. Im einzelnen handelt es sich um folgende Anschläge: - 8. März 1985, Essen, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Gesamtverbandes des Deutschen Steinkohlebergbaues - 8. März 1985, Bochum, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Hauptverwaltung der IG Bergbau und Energie - 29. April 1985, Köln, Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude mit dem Sitz des Gesamtverbandes metallindustrieller Arbeitgeberverbände - Gesamtmetall - 29. April 1985, Köln, Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude, in dem die Firma Hoechst AG Geschäftsräume unterhält - 29. April 1985, Düsseldorf, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Hauptfiliale der Deutschen Bank - 19. August 1985, Köln, Sprengstoffanschlag auf den Neubau des MaxPlanck-Instituts (Rote Zora) - 2. September 1985, Dortmund, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Firma " Mathematischer Beratungsund Programmierungsdienst GmbH" - MBP - - 7. Oktober 1985, Köln, Sprengstoffanschlag auf eine Zweigniederlassung der Firma Daimler Benz - 7. Oktober 1985, Köln, Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Botanischen Instituts der Universität Köln - 19. Dezember 1985, Wetter-Wengern, Brandanschlag auf Gebäude der Firma Brüggemann und Brand 43 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 - 19. Dezember 1985, Bochum, Brandanschlag auf zwei auf dem Gelände der Firma Mercedes Lueg abgestellte LKW. Die RZ und die Rote Zora haben diese Anschläge wiederum in meist umfangreichen Tatbekenntnissen begründet, wobei u. a. Themen wie der Streik britischer Bergarbeiter, der Weltwirtschaftsgipfel, die Genund Computertechnologie sowie wirtschaftliche Beziehungen zu Südafrika zur Erklärung der Straftaten herangezogen wurden. RZ haben sich auch an der Diskussion um den Hungerstreik inhaftierter RAFTerroristen beteiligt. Am 13. Februar 1985 erschien in der "tageszeitung " unter der Überschrift "Die Bilanz ist schlimm" eine Erklärung RZ, die sich kritisch mit dem Hungerstreik der RAF auseinandersetzte; es heißt hier u. a. "mobilisiert wird für eine Form von Guerilla, die sich selbst diskreditiert und mit der kein Mensch mehr Befreiung verbinden kann". Dieser Erklärung trat eine "Gruppe aus dem 'Traditionsverein' der Revolutionären Zellen - Düsseldorf, Rosenmontag 1985 -" mit einem im Februar 1985 in Düsseldorf verbreiteten Flugblatt entgegen, in dem heftige Kritik geübt und der Hoffnung Ausdruck gegeben wurde, daß es sich bei der Erklärung um ein "Staatsschutzprodukt" handele. Die politische Differenz zur RAF sehen die unbekannten Verfasser des Flugblattes "in dem Versuch, eine andere sozialrevolutionäre Linie, andere Formen des bewaffneten Widerstandes praktisch zu entwickeln"; anschließend wird jedoch Solidarität mit der RAF ausgedrückt, indem die Verfasser betonen "Nur darum geht es, und nicht Scheiße auf Freundinnen und Freunde zu schmeißen, die uns in diesem furchtbaren Land näher sind als die meisten anderen". 3.4 Sonstige Gruppen und terroristisches Umfeld Unbekannte Täter beschädigten in Duisburg Anfang März 1985 eine Kohleförderungsanlage und verursachten Sachschaden in Höhe von 60000,DM. In einem anonymen Schreiben, das der Rheinischen Post in Duisburg am 4. März 1985 zuging, polemisieren die unbekannten Verfasser, bei denen es sich offenbar um die Täter handelt, im Zusammenhang mit dem Streik britischer Bergarbeiter gegen die Verschiffung deutscher Kohle nach England und fordern "Zur Behinderung der Streikbrecherkohle - 'Alle Tage Sabotage' -". Am 22. April 1985 verübten unbekannte Täter nach vorheriger telefonischer Warnung einen Sprengstoffanschlag auf eine Zweigniederlassung der Firma Siemens in Düsseldorf, es entstand Sachschaden in Höhe von rd. 10 000,DM. Am 23. bzw. 24. April 1985 erhielten die Rheinische Post sowie dpa in Düsseldorf gleichlautende Tatbekenntnisse zu diesem Anschlag, der mit der Beteiligung der Firma Siemens am " Rüstungsgeschäft", bei der "Ausbeutung der Dritten Welt" und bei der "staatlichen Überwachung" begründet wird. Das Schreiben endet mit den Parolen "Bildet viele kämpfende Zusammenhänge!" "Stört den Weltwirtschaftsgipfel!". Am 27. April 1985 entstand in Köln durch den Brand eines "Computermobils" der Stadt-Sparkasse Köln Sachschaden in Höhe von rd. 150.000,DM. 44 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Der Kölner Stadtanzeiger erhielt am 1. Mai 1985 das Schreiben einer bisher unbekannten Gruppe "Panzerknacker AG, Sektion Rheinland", in dem die mutmaßliche Brandstiftung unter der Überschrift " Feuer und Flamme für die Stadtsparkasse..." als "integrierter und ergänzender Bestandteil der Initiativen" zur Aktionswoche anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels bezeichnet wird. Personen und Gruppen des terroristischen Umfeldes in Nordrhein-Westfalen haben auch 1985 teilweise in öffentlichen Veranstaltungen - ihre Agitation gegen Staat und Gesellschaft fortgesetzt. Bei den Gruppen ist eine Tendenz zur Bildung kleiner Lebensund Wohngemeinschaften erkennbar. Der Verbreitung terroristischen Gedankenguts dienten das Sprühen von Parolen, Plakataktionen sowie die Verbreitung von Flugblättern und Publikationen. Auch 1985 erschienen in Dortmund zwei Ausgaben der linksextremistischen Schrift "Regenbogen - Neue Folge", die nach ihrem Selbstverständnis "Berichte, Meinungen und Diskussionen aus dem Widerstand der Rhein-Ruhr-Metropole ... ! " enthält. In beiden Ausgaben wurden als " Dokumentation" Tatbekenntnisse RZ veröffentlicht. 3.5 Terroristische und sonstige politisch motivierte Gewalttaten Die Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen haben 1985 im Staatsschutzbereich folgendes registriert: Ausgeführte Gewalttaten Insgesamt wurden 111 vollendete oder versuchte Gewalttaten erfaßt, und zwar 2 Morde (an Ausländern) 1 gefährliche Körperverletzung (an einem Ausländer) 26 Sprengstoffanschläge 33 Brandänschläge und 49 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendungen. Für den Bereich der Sprengstoffund Brandanschläge sowie der Sachbeschädigungen ist danach ein erheblicher Anstieg gegenüber 1984 (63 Fälle) festzustellen. Dagegen hat es "gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr" (Anschläge auf Munitionszüge) und "Anschläge auf Verteidigungsanlagen " (Sprengschachtanlagen/Wallmeisterobjekte) 1985 (1984: 46) im Landesbereich nicht gegeben. Angedrohte Gewalttaten Im Berichtszeitraum wurden 483 politisch motivierte Gewalttaten anonym fernmündlich oder schriftlich angedroht. Gegenüber 1984 (157 Fälle) ist damit ein starker Anstieg festzustellen. In 395 Fällen wurde mit der Durchführung von Anschlägen gedroht. Diese sogenannten Bombendrohungen richteten sich vorwiegend gegen Wirtschaftsunternehmen, öffentliche Einrichtungen, Flughäfen und Fluggesellschaften, militärische Objekte, US-Einrichtungen und ausländische Vertretungen sowie gegen Personen aus Politik und Wirtschaft. Nur in einem Fall 45 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 (Sprengstoffanschlag auf die Firma Siemens am 22. April 1985) wurde der Anschlag 10 Minuten vor der Explosion angekündigt. In 88 Fällen wurden Personen und Einrichtungen anonym fernmündlich oder schriftlich bedroht. Diese Bedrohungen richteten sich insbesondere gegen Personen aus Politik und Wirtschaft sowie gegen Presseorgane, militärische Einrichtungen und ausländische Vertretungen. 46 SHUNSTIGEr Ir ET rrerensTangse | n Sprengstoffenschlag auf das Gebäude der Hauptwerwaltung der 13 Bergbau und Energie in Bochum am 08.03.1985 Sn a 0 Feuer'aiFlamme" a eben Dr m Sprengsicllanschlag auf das Gebäude des Gesamlverbandes des Deutschen Steinkohlebergbaus in Essen am 08.03. 1985 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 4 Ausländerextremismus 4.1 Entwicklungstendenz Unter den ausländischen Extremistengruppen in Nordrhein-Westfalen bilden die Gruppen extremistischer Türken nach wie vor das größte Potential. Sie stellen allein (ohne Kurden) etwa 16.000 der schätzungsweise 21.000 hier organisierten extremistischen Ausländer. Die nationalistische Türk-Föderation tritt verstärkt mit überregionalen und örtlichen Veranstaltungen auf. Ihren vorjährigen Mitgliederschwund vermochte sie zu stoppen. Die islamisch-extremistischen Gruppen haben sich endgültig in Anhänger der Nationalen Heilspartei (MSP) und in eine iranorientierte Richtung gespalten. Orthodox-kommunistische türkische Parteien haben sich zu einem Aktionsbündnis SOL BIRLIK zusammengeschlossen. Aggressiver als bisher traten die Gruppen der türkischen Neuen Linken in Erscheinung; einige von ihnen solidarisierten sich sogar mit dem Hungerstreik der RAF-Häftlinge. Innerhalb der Gruppen kurdischer Extremisten, die alle für Autonomie in den Heimatländern (Türkei, Syrien, Irak, Iran) bzw. einen eigenen Kurdenstaat kämpfen, hat sich die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zur gefährlichsten Organisation entwickelt. Ihren "bewaffneten Befreiungskampf" führt sie mit einer eigenen Guerillaeinheit und weiteren Hilfsorganisationen. "Verräter" an der kurdischen Sache sucht sie auch auf deutschem Boden zu liquidieren. Auf Todesurteile in der Türkei gegen Gesinnungsgenossen und auf Inhaftierungen von Anhängern in Schweden reagierte die PKK hier mehrmals mit der Besetzung von Gewerkschafts-, Gerichts- , Rundfunkund Konsulatsgebäuden. Zahlreiche Aktivitäten rief die Verschärfung des irakisch-iranischen Krieges bei den in Nordrhein-Westfalen lebenden extremistischen Iranern her vor. Infolge ideologischer Spannungen kam es auch 1985 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden iranischen Gruppen. Eine linksextremistische irakische Studentenvereinigung forderte den Sturz sowohl Khomeinis als auch der Heimatregierung. Erneute Waffenfunde bei Exilkroaten beweisen die Gefährlichkeit dieser jugoslawischen Regimegegner. Die Ermordung eines oppositionellen Libyers in Bonn durch ein Mitglied eines libyschen Volkskomitees - vermutlich auch der Todesschuß eines Libyers in Aachen - trägt staatsterroristische Züge. 4.2 Türken Extreme Nationalisten Die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. - Türk-Föderation - 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 (sogenannte Graue Wölfe) verfügt im Bundesgebiet über ca. 10.000 Mitglieder (Nordrhein-Westfalen ca. 2.500). Nach eigenen Angaben soll sie in Europa 40.000 Mitglieder haben. Neben einer Vielzahl örtlicher Kulturabende und Seminare führte die TürkFöderation mit Sitz in Frankfurt/Main verstärkt überregionale Veranstaltungen im Lande durch. Wegen zunehmender Störungen von linksextremistischer Seite geht sie neuerdings dazu über, ihre Tagungsorte geheimzuhalten. Für den Bereich Nordrhein-Westfalen veranstaltete die Türk-Föderation im Januar in Solingen ihren Jugendkongreß 1985. Die Mitgliedsvereine wurden aufgerufen, mehr auf die religiöse und kulturelle (politische) Erziehung der türkischen Jugendlichen einzuwirken. Den in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwurf, die "Grauen Wölfe" betrieben Rauschgifthandel, wies man zurück. Auch in Zukunft werde jedes Mitglied ausgeschlossen, das mit Drogen Geschäfte mache. Für Mitte März 1985 hatte der örtliche Mitgliedsverein der Türk-Föderation in Oberhausen eine Versammlung geplant. Trotz Verbots fanden sich ca. 70 linksextremistische Türken zu einer Gegendemonstration ein. Zwischen ihnen und Passanten kam es zu einem Handgemenge; dabei wurde ein Unbeteiligter schwer verletzt. Auf einer von der Türk-Föderation organisierten Großdemonstration in Köln protestierten über 12.000 Türken aus dem Bundesgebiet Mitte April 1985 gegen die Unterdrückung ihrer 1,4 Millionen in Bulgarien lebenden Landsleute. Neben Mitgliedern der Türk-Föderation nahmen Anhänger des Islamischen Zentrums Köln und anderer islamischer Organisationen teil. Damit traten in Nordrhein-Westfalen erstmalig türkische Nationalisten und islamische Fundamentalisten gemeinsam öffentlich auf. Den 7. Großen Kongreß (Jahreshauptversammlung) der Türk-Föderation im Mai 1985 in Castrop-Rauxel besuchten über 3.000 Anhänger aus dem Inund Ausland. Der bisherige Vorsitzende wurde wiedergewählt. Dem Vorstand gehören drei Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen an. Ende Juli 1985 trat der Vorsitzende überraschend von seiner Funktion zurück. Sein auf einem außerordentlichen Kongreß der Türk-Föderation Mitte August 1985 in Frankfurt/Main gewählter Nachfolger bereist seitdem die Mitgliedsvereine im Bundesgebiet und nimmt auch an deren Veranstaltungen teil. So eröffnete er beispielsweise das Kulturfest des Kölner Mitgliedsvereins Mitte November 1985, an dem 400 bis 500 nationalistische Türken aus Nordrhein-Westfalen teilnahmen. Islamische Extremisten Die islamisch-extremistischen Organisationen wollen das gegenwärtige System in der Türkei durch ein theokratisches Staatswesen ersetzen. Als Fundamentalisten streben sie die absolute Vorherrschaft des Islam an; sie bekämpfen daher den Kommunismus wie auch westliche Einflüsse. Nach jahrelanger einheitlicher politischer Ausrichtung haben sie sich 1985 in zwei ideologische Blöcke gespalten: Nationale Heilspartei (MSP) 50 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Ursprünglich sammelten sich die Anhänger der in der Türkei verbotenen MSP hierzulande im wesentlichen in der Türkischen Union Europa mit Sitz in Köln, später in Islamische Union Europa umbenannt. Mit ihr personell verbunden war das Islamische Zentrum Köln (IZ). Am 20. Mai 1985 gründete sich - initiiert vom IZ - in Köln die Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (Avrupa Milli Görüs Teskilatlari - AMGT). Dieser Dachverband setzt die MSP-Richtung fort. In einer Ende 1985 erfaßten Flugschrift an ihre Anhänger weist AMGT auf das " Erstarken der Muslime" hin. Diese Entwicklung habe eine Verleumdungskampagne insbesondere der "hirnlosen, verknöcherten und verrotteten Linken" ausgelöst. AMGT fordert ihre "Soldaten des Herzens" auf, denjenigen, die den "kalten Krieg erklärt haben, wie eine Faust entgegenzutreten". Die Schrift signalisiert Bereitschaft zur Konfrontation mit den türkischen Linksextremisten. Iranorientierte Richtung Ihr Wortführer hat im November 1984 den Verband Islamischer Vereine und Gemeinden, Köln e.V. gegründet. Er will die Türkei im Sinne Ayatollah KHOMEINIS durch Revolution islamisieren; den Weg über eine Partei und Wahlen lehnt er ab. Seit Mitte August 1985 erscheint regelmäßig TEBLIG" (Verkündigung) als Organ des Verbandes. Orthodoxe Kommunisten Kommunistische Partei der Türkei (TKP) Die moskautreue TKP mit ihrem Exilsitz in Ost-Berlin die in der Bundesrepublik Deutschland im wesentlichen im Untergrund politisch tätig ist, feierte im September 1985 in Duisburg den 65. Jahrestag der Parteigründung. An der Veranstaltung beteiligte sich auch die DKP. Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (FIDEF) Die FIDEF mit Sitz in Düsseldorf und ihre zahlreichen Mitgliedsvereine sind maßgeblich von der TKP beeinflußt. Sie arbeiten eng mit der DKP zusammen. Neben vielfältigen politischen Aktivitäten verfolgt die FIDEF neuerdings zunehmend "kulturelle" Ziele (Gründung eines Kultursekretariats beim Bundesvorstand). Aktionsbündnis SOL BIRLIK Ende 1984 haben sich die orthodox-kommunistischen Parteien * Kommunistische Partei der Türkei (TKP) * Kommunistische Partei der Werktätigen der Türkei (TKEP) * Sozialistische Arbeiterpartei der Türkei (TSIP) 51 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 * Türkische Arbeiterpartei (TIP) * Avantgardistische Arbeiterpartei Kurdistans (PPKK) * Sozialistische Partei Türkisch-Kurdistans (TKSP) zusammengeschlossen. Das neue Aktionsbündnis will "der (türkischen) faschistischen Führung ein Ende setzen". Zum 5. Jahrestag des Militärputsches (12. September 1980) veranstalteten die in SOL BIRLIK verbündeten orthodoxen Kommunisten vom 9. bis 14. September 1985 eine bundesweite "Aktionswoche für Menschenrechte, Demokratie und Frieden". In deren Rahmen fanden in Nordrhein-Westfalen zahlreiche örtliche Infostände, Mahnwachen, Podiumsdiskussionen und dgl. statt, auf denen die politischen Verhältnisse in der Türkei angeprangert wurden. Im Rahmen der DGB-Aktionswoche vom 14. - 20. Oktober 1985 verteilten die in SOL BIRLIK zusammengeschlossenen orthodox-kommunistischen Parteien eigene Flugschriften. Darin wenden sie sich gegen das deutsche Staatsund Gesellschaftssystem, indem sie erklären: "Die sich vertiefende Krise des Kapitalismus bewegt ihn zur Aufrüstung und Aggression". Dadurch würden " Repressionen und Ausbeutung " der Arbeiter verstärkt. Neue Linke Von den Gruppen der türkischen Neuen Linken waren 1985 in NordrheinWestfalen aktiv: * Föderation demokratischer Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (DIDF) Sitz: Köln Dieser Dachverband verfolgt die Ziele der Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei (TDKP) auf deutschem Boden. Er hat zahlreiche Mitgliedsvereine. * Kommunistische Partei der Türkei/Marxisten Leninisten (TKPIM-L) Ihre Kader wirken im Untergrund. Sie tritt jedoch mit Publikationen nach außen in Erscheinung. * Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) Sitz: Duisburg Stark von der TKP/M-IL beeinflußt; ihre Anhänger treten auch unter der Bezeichnung " PARTIZAN " auf; so lautet ein theoretisches Sprachrohr der TKP/M-L. Im Vergleich zu TDKP und DIDF verfügt ATIF einschließlich TKP/M- L über eine kleinere Anhängerschaft. * BOLSEVIK PARTIZAN 52 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Hierbei handelt es sich um eine Abspaltung - mit gleichnamiger Zeitung - von der TKP/M-L bzw. ATIF. Die Gruppe hat ihr Zentrum anscheinend in London. Ihre hier erscheinenden Publikationen sind äußerst aggressiv. Die Gruppen der türkischen Neuen Linken traten mit folgenden Aktionen an die Öffentlichkeit: - Anläßlich des NPD-Landesparteitages im Januar 1985 in Velbert verbreitete die Gruppe PARTIZAN (TKP/M-L-Anhänger) ein Flugblatt, indem sieden " blutrünstigen westdeutschen Imperialismus" angreift und erklärt, die NPD werde Airekt vom westdeutschen imperialistischen Staat" mitfinanziert. - Anfang Februar 1985 erschien ein gemeinsames Flugblatt der marxistischleninistischen Gruppen PARTIZAN und Fight Back (Revolutionäre Stimme der US-Soldaten in Europa). Es solidarisiert sich mit dem Hungerstreik der RAFHäftlinge und enthält den Aufruf "Unterstützt den revolutionären Kampf gegen den Imperialismus!". - Ca. 2.000 Anhänger der hier konspirativ tätigen TDKP, die enge Verbindung zur Kommunistischen Partei Deutschland (Marxisten-Leninisten) hält, feierten Anfang Februar 1985 in Wuppertal den 5. Gründungstag ihrer Partei. Zur Tarnung gegenüber den Behörden war der Versammlungsraum von Deutschen für eine " internationale Kulturveranstaltung" angemietet worden. - Anhänger der Neuen Linken, insgesamt ca. 100 Personen, veranstalteten Ende März 1985 einen Demonstrationszug durch die Kölner Innenstadt zum Thema "Asylantenprobleme und H. Selcuk Sevinc". (Der Asylbewerber SEVINC hatte sich drei Wochen zuvor in Braunschweig selbst verbrannt.) Auf Transparenten von DIDF-Anhängern hieß es "Selcuk, an meinem Tod ist die deutsche Monopol-Bourgeoisie verantwortlich". ATIF forderte "Nieder mit dem Ausländergesetz". - Ca. 5.000 Anhänger der türkischen Neuen Linken versammelten sich am 7. September 1985 in Köln. Sie protestierten gegen das fünf Jahre zuvor (12. September 1980) durch einen Militärputsch begründete Regime in der Türkei. - BOLSEVIK PARTIZAN führte - wie in den Vorjahren - eine eigene Demonstration separat durch (200 Teilnehmer). - In Flugblättern - in Dortmund erfaßt - riefen ATIF und BOLSEVIK PARTIZAN auf zur Teilnahme an der Aktionswoche des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 14.-20. Oktober 1985 gegen Arbeitslosigkeit. Die ATIF-Flugschrift bezeichnet als "Quelle der Arbeitslosigkeit ... das imperialistische System selbst" und fordert "Nieder mit dem westdeutschen Imperialismus! ". Das Flugblatt von BOLSEVIK PARTIZAN greift die "DGB-Bonzen" an, behauptet "Die Regierung und der DGB - grundsätzlich einig bei der Verteidigung der Interessen des westdeutschen Imperialismus" und droht "Tod dem westdeutschen Imperialismus!". 53 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 - Eine Solidaritätsveranstaltung der DIDF "mit den politischen Gefangenen in der Türkei" Mitte Dezember 1985 in Duisburg besuchten etwa 3.300 Personen aus dem Bundesgebiet. 4.3 Kurden Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Die orthodox-kommunistische PKK, wichtigste und zugleich gefährlichste Kurdenorganisation, will einen eigenen kurdischen Staat errichten. Ihre Hauptgegner ist dabei die Türkei. Seit dem 15. August 1984 führt die kurdische PKK verstärkt den bewaffneten Kampf gegen die türkische Staatsmacht. Alle ihre Aktivitäten in Europa dienen diesem "Befreiungskampf". Abtrünnige Mitglieder sowie Kritiker aus konkurrierenden Kurdenorganisationen werden rücksichtslos als "Verräter" liquidiert. Zur Erreichung ihres Ziels hat die PKK eine Reihe von Organisationen geschaffen, auf die sie sich auch im Bundesgebiet stützt. Wegen der hier konzentrieten Einrichtungen und Aktivitäten ist zu vermuten, daß sich die PKK-Auslandsführung in Nordrhein-Westfalen befindet. Auf Todesurteile in der Türkei gegen Gesinnungsgenossen reagierten PKKGruppen im Verlauf des Februars 1985 mit Besetzungen des DGB-Hauses in Duisburg, der Rechtsanwaltskammer in Köln und des DGB-Verwaltungsgebäudes in Bonn. Außerdem traten in Münster 12 Kurden in einen Hungerstreik. Am 16. April 1985 wurde ein ehemaliger PKK-Anhänger in Köln von vier mutmaßlichen Parteiangehörigen niedergeschlagen und schwer verletzt. "Gegen die fortgesetzten Angriffe der PKK ... auf kurdische Demokraten und AntiFaschisten" protestierte im April 1985 die orthodox-kommunistische Föderation der Demokratischen Arbeitervereine Kurdistans (KKDK, Sitz: Bochum) in einer deutschsprachigen Öffentlichen Erklärung. 20 Kurden - vermutlich PKK-Anhänger - gesetzten Ende Mai 1985 vorübergehend das WDR-Büro in Münster; sie wandten sich gegen die Inhaftierung eines kurdischen Rechtsanwalts in Schweden. Aus demselben Grund protestierten tags darauf rd. 50 Kurden vor dem schwedischen Konsulat in Düsseldorf und Anfang Juni ca. 30 Kurden in Köln. Auf einer Kulturveranstaltung Mitte August 1985 in Köln propagierten PKKAnhänger (ca. 600 Personen) den "nationalen Befreiungskampf Kurdistans". Ausgelöst durch den Hungerstreik eines in Schweden inhaftierten PKK-Aktivisten unternahmen Parteianhänger Anfang Oktober 1985 folgende Protestaktionen: - Besetzung des DGB-Hauses in Bielefeld - Besetzung des schwedischen Generalkonsulats in Düsseldorf - Übergabe eines schwarzen Kranzes an die schwedische Botschaft in Bonn. Mitte November 1985 feierten mehrere Tausend PKK-Anhänger in Köln das 7jährige Bestehen ihrer Partei. Befreiungseinheit Kurdistans (HRK) 54 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Hierbei handelt es sich um den "bewaffneten Arm" der PKK, der auch von FEYKAKURDISTAN propagandistisch und materiell unterstützt wird. Bei der Besetzung des Duisburger DGB-Hauses Mitte Februar 1985 wurden deutschsprachige Flugblätter der HRK verbreitet. Darin ist deren Guerillatätigkeit ausführlich dargestellt. Am Schluß heißt es "der Nationale Befreiungskampf unseres Volkes wird den türkischen Kolonialismus dem Erdboden gleichmachen". Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) Bundesweit machten Plakate und Flugblätter darauf aufmerksam, daß am 21. März 1985 (kurdischer Neujahrstag) die ERNK gegründet worden ist. Ziel der - auf PKK-Initiative geschaffenen -neuen Aktionsfront ist es, den Befreiungskampf aller kurdischen Widerstandsorganisationen zusammenzufassen. Die ERNK besitzt eine Europavertretung. Als deren Organ - seit Juni 1985 - erscheint in Köln der deutschsprachige "KURDISTAN-REPORT", bis dahin als PKK-Sprachrohr bekannt. Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland (FEYKA-KURDISTAN) In der FEYKA-KURDISTAN haben sich die örtlichen Anhängervereine der PKK zusammengeschlossen. Der Sitz der Föderation befindet sich in Köln, ihre Geschäftsstelle in Düsseldorf. Auf einer zentralen Veranstaltung Mitte Mai 1985 in Duisburg (ca. 1800 Teilnehmer) bekundete die FEYKA-KURDISTAN ihre Solidarität mit der neugeschaffenen ERNK. Hierbei kam es zu Gewalttätigkeiten von Ordnern gegen den öffentlichen Busverkehr und eingesetzte Polizeibeamte. Zum 10. August 1985 hatte die FEYKA-KURDISTAN zu einer "Solidaritätsveranstaltung mit dem 15. August" (Jahrestag des Beginns des " nationalen Befreiungskampfes in Kurdistan ") nach Duisburg eingeladen. Es erschienen etwa 1.800 PKK-Anhänger. Mit rd. 3.000 Anhängern demonstrierte FEYKA-KURDISTAN Mitte September 1985 in Köln zum "5. Jahrestag der Machtergreifung durch die Militärjunta in der Türkei ". Unter den Teilnehmern befanden sich auch einige Angehörige des deutschen terroristischen Umfeldes. Föderation der Arbeitervereine Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland (KOMKAR) Mit weit über 4.000 Teilnehmern führte die orthodox-kommunistische KOMKAR (Sitz: Köln) Mitte März 1985 in Duisburg eine zentrale Neujahrs (NEWROZ) Veranstaltung als "Symbol des Siegeskampfes gegen Unterdrückung" der Kurden durch. An ihrem 7. Jahreskongreß im Mai 1985 in Köln nahmen auch Vertreter der DKP teil. 4.4 Iraner 55 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Union iranischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) Im Gedenken an einen "Märtyrer", der an den Folgen des Giftgaseinsatzes im irakisch-iranischen Krieg in einem Münchener Krankenhaus gestorben sei, versammelten sich ca. 125 Mitglieder der khomeinitreuen - U.I.S.A. (Sitz: Aachen) im April 1985 in Bonn. Mit Transparenten und Flugblättern wandten sie sich gegen den "Einsatz chemischer Waffen durch das irakische Baath-Regime". Moslemische Studentenvereinigung (MSV) In der MSV mit Sitz in Köln vereinigen sich die khomeinifeindlichen Volksmodjahedin; sie vertreten eine islamisch-marxistische Ideologie. Als einige Mitglieder der Nationalen Widerstandsbewegung Iran (NWI) - Anhänger des ehemaligen iranischen Ministerpräsidenten BAKTHIAR - Mitte Januar 1985 in der Mensa der Universität Köln Propagandamaterial verteilten, wurden sie von mehreren MSV-Anhängern bedrängt, als "Mörder" und "Konterrevolutionäre" beschimpft und mit den Worten bedroht, man werde "sie umbringen". Ihr Büchertisch wurde von dem Mojahedin zerstört. - Tags darauf griffen 15 bis 20 MSV-Anhänger die NWI-Mitglieder am selben Ort an und verletzten sie. Ein Geschädigter mußte stationär behandelt werden. Mit zentralen Kundgebungen in Bonn im Februar (ca. 900 Teilnehmer) und im Juni 1985 (rd. 450 Teilnehmer) demonstrierte die MSV gegen das Regime im Heimatland. Wiederholt traten MSV-Anhänger auch als Flugblattverteiler und mit Infoständen auf. Dabei kam es in Bonn im Oktober 1985 zweimal zum Schlagabtausch mit einem Attache der iranischen Botschaft. Nationaler Widerstandsrat (NWR) Beim NWR handelt es sich um den Dachverband der Volksmojahedin und anderer linksgerichteter Gruppen. Im Rahmen internationaler Protestaktionen gegen den irakisch-iranischen Krieg rief der NWR zu einer bundesweiten Großdemonstration im Mai 1985 in Bonn auf (rd. 800 Teilnehmer). Hierzu hatte der im Pariser Exil lebende Führer der Volksmojahedin die Parole ausgegeben "Nieder mit Khomeini - Schluß mit dem Krieg". Organisation iranischer Demokraten im Ausland (0.I.D.A.) Die 1984 gegründete 0.I.D.A. faßt einen Großteil der iranischen Neuen Linken zusammen. Mit einem Demonstrationszug durch die Bonner Innenstadt und zu den iranischen und irakischen Botschaften wandte sich die 0.I.D.A. im März 1985 gegen den Golfkrieg. Die etwa 80 Teilnehmer zeigten Transparente mit der Parole "Nieder mit der Islamischen Republik". 4.5 Iraker Aus "Solidarität mit den Demonstranten im irakischen Kurdistan" rief die orthodoxkommunistische Vereinigung Irakischer Studenten in der Bundesrepublik 56 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Deutschland und West-Berlin e.V. (VIS) für den 7. Dezember 1985 zu einer Kundgebung nach Bonn. Die ca. 120 Demonstranten verteilten Flugblätter und zeigten Transparente mit Aufschriften wie "Nieder mit dem faschistischen Regime im Irak" - "Demokratie für Irak und wahre Autonomie für Kurdistan" - "Sieg dem Kampf des Volkes für den Sturz des Regimes der islamischen Republik Iran", Unterstützt wurden die Aufrufe von den orthodox-kommunistischen Gruppen: Vereinigung der Kurdischen Studenten in Europa e.V. (KSSE), TUDEH-Partei Iran, Organisation der Volksfedayin Iran (Mehrheit). 4.6 Palästinenser Sechs palästinensische Organisationen - darunter die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und die von ABU MUSA geleitete AL FATAHFraktion - haben sich im März 1985 zur Palästinensischen Nationalen Erlösungsfront zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, den militärischen Kampf gegen Israel zu verschärfen und den (verhandlungsbereiten) PLOFührer ARAFAT zu stürzen. Anhänger der neuen Vereinigung finden sich auch in den hier ansässigen extremistischen Palästinenserorganisationen wie dem Palästinensischen Arbeiterverband (PAV) und tragen zu den internen Auseinandersetzungen mit ARAFAT-treuen Landsleuten bei. 4.7 Libyer Ein Libyer erschoß am 6. April 1985 in Bonn den 30jährigen libyschen Oppositionellen Gebril DENALI. Bei dem Attentat erlitten zwei deutsche Passanten zum Teil schwere Schußverletzungen. Nach anfänglicher Aussageverweigerung gestand der Täter, als Angehöriger eines libyschen Volkskomitees in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, um Gegner des Heimatstaats zu töten. Der Anschlag ist - wie schon frühere gleiche Attentate in NordrheinWestfalen und im Ausland - mit Morddrohungen des libyschen Regimechefs GADDAFI gegen im Ausland lebende Regimegegner in Verbindung zu bringen. Das Landgericht Bonn verurteilte den Täter am 11. November 1985 wegen Mordes in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu lebenslanger Haft. Am 13. April 1985 tötete ein libyscher Student in Aachen einen Marokkaner durch einen Kopfschuß. Die Tatwaffe war vom selben Typ und wies ähnliche Veränderungen auf wie die beim Attentat auf DENALI verwendete Pistole. Das Motiv für den Aachener Mordfall liegt zwar noch nicht offen zutage; ein politischer Hintergrund ist jedoch zu vermuten. Auf einer Demonstration der regimetreuen Generalstudentenunion der Sozialistischen Libyschen Arabischen Volks-Jamahiria in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (GUSJ) am 9. November 1985 in Bonn verurteilten etwa 60 bis 80 Libyer angebliche Geheimoperationen der CIA gegen das GADDAFI-Regime. 4.8 Jugoslawen Wegen des Verdachts von Sprengstoffanschlägen ermittelt das Bundeskriminalamt gegen vier kroatische Extremisten. Hausdurchsuchungen im 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Rahmen des Ermittlungsverfahrens förderten bei den Verdächtigen, von denen drei in Nordrhein-Westfalen leben, im Mai 1985 Schußwaffen und Munition sowie diverse schriftliche Unterlagen zutage. 4.9 Srilanker (Tamilen) Angehörige des Volksstammes der Tamilen - so nennen sich die Bewohner des nördlichen Sri Lanka (früher Ceylon) - lieferten sich Anfang Februar 1985 in einem Remscheider Asylbewerberwohnheim eine Schlägerei, die fünf Verletzte forderte. Angeblich sollen Mitglieder der "Liberation Tigers of Tamil Eelam" Anhänger des Komitees "People Liberation Organisation of Tamil Eelam (Deutsche Sektion)" mit Messern und Eisenstangen angegriffen haben. Es handelt sich um konkurrierende srilankische Separatistenvereinigungen. Die "Tiger" warfen dem Führer des Komitees vor, gegen Bezahlung Landsleute einzuschleusen. 58 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 5 Spionageabwehr 5.1 Entwicklungstendenz Die Nachrichtendienste der Ostblockstaaten haben im Jahre 1985 ihre geheimdienstliche Tätigkeit gegen den in ihrem Sprachgebrauch "kapitalistischen Westen" intensiviert. Die Bundesrepublik Deutschland war und ist weiterhin bevorzugtes Ziel geheimdienstlicher Operationen. Dies hängt nicht nur mit ihrer geografischen Lage an der Nahtstelle zum Ostblock, sondern auch mit ihrer starken Stellung im westlichen Verteidigungsbündnis und mit der herausragenden wirtschaftlichen und technologischen Bedeutung zusammen. Nordrhein-Westfalen ist dabei nach wie vor durch gegnerische Spionageangriffe besonders betroffen. Die Gründe dafür liegen - in der Tatsache, daß bedeutende Wirtschaftsund Forschungszentren in Nordrhein-Westfalen ansässig sind - im Vorhandensein wichtiger militärischer Anlagen und Kommandostellen der Bundeswehr und der NATO - in dem Umstand, daß die Bundesregierung und die meisten diplomatischen sowie viele konsularische Vertretungen hier ihren Sitz haben - in der Ansiedlung vieler Niederlassungen nationaler und internationaler Unternehmen in oder in der Nähe von Bonn. Die Ballungsgebiete an Rhein und Ruhr erleichtern Agenten auch das Untertauchen und ein Leben in der Anonymität; eine soziale Kontrolle wie in ländlichen Gebieten findet hier nicht statt. Von den erkannten, gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten nachrichtendienstlichen Aufträgen konnten 1985 14,4 % in Nordrhein-Westfalen aufgedeckt werden. Dieses Ergebnis konnte trotz des Übertritts des ehemaligen Mitarbeiters des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Regierungsdirektor TIEDGE, in die DDR im August 1985 erzielt werden, der einerseits einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung zur Folge hatte, andererseits viele Bürger aus einem Gefühl des "jetzt gerade" veranlaßte, Hinweise zu geben oder sich zu offenbaren. Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten der einzelnen Ostblockstaaten sind, wie bisher, unterschiedlich. 50 % der erkannten Aufträge gingen vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) oder der Verwaltung Aufklärung des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR aus, wobei eine Zuordnung nicht immer einfach ist. Den Grund für diesen hohen Anteil der DDR-Nachrichtendienste findet man nicht nur in der von Moskau diktierten Aufgabenverteilung innerhalb der Ostblockländer. Für DDR-Spione ist es wegen der geographischen Nähe zum Bundesgebiet und aufgrund der Gleichartigkeit von Sprache, Kultur und Tradition auch relativ leicht, hier unauffällig Fuß zu fassen. An zweiter Stelle in der Statistik der erkannten Aufträge liegen mit 25,4 % die Nachrichtendienste der UdSSR (KGB und GRU), Diese Zahl zeigt, daß die Sowjetunion auch selbst erhebliche Anstrengungen unternimmt, um Informationen zu gewinnen. Die Gründe hierfür 59 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 sind vielschichtig. Sie dürften u. a. auch darin zu suchen sein, daß die UdSSR an vielen Spionageergebnissen interessiert ist, die sie ausschließlich selbst auswerten will. An dritter Stelle der Statistik liegt die CSSR mit 15 % der erkannten Aufträge. Auch die tschechoslowakischen Nachrichtendienste machen erhebliche Anstrengungen, um an geheime oder vertrauliche Informationen jedweder Art zu gelangen. Polen liegt mit 6,1 % der erkannten Aufträge an vierter Stelle. Die beiden polnischen Nachrichtendienste haben ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf militärische oder wirtschaftliche Ziele gerichtet, sondern auch - im Rahmen ihrer politischen Spionage - auf die mittlerweile sehr starke Emigrantenszene. An fünfter und sechster Stelle der Übersicht erscheinen die Dienste von Bulgarien (2,4 %) und Rumänien (1,1 %). Auch bei den Aktivitäten Rumäniens spielt die Beobachtung der Emigrantenszene in der Bundesrepublik Deutschland eine gewichtige Rolle. Alle nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Warschauer-Pakt-Staaten haben das Ziel, das kommunistische System im Innern zu stärken, gegenüber Einflüssen von außen zu sichern und durch wirtschaftliche Erfolge eine Hebung des Lebensstandards zu erreichen. An dieser Stelle sei erwähnt, daß die Organisation der Geheimdienste der Sowjetunion Vorbild für alle anderen " Bruderstaaten " ist. In all diesen Ländern gibt es zivile und militärische Geheimdienste, die sich gegenseitig mehr oder weniger argwöhnisch beobachten. 5.2 Art und Umfang der gegnerischen Werbungsmethoden Die Werbungsversuche der Nachrichtendienste des Ostblocks haben sich kaum geändert. Der größte Teil der Kontaktaufnahmen erfolgt im östlichen Machtbereich. So werden beispielsweise private oder geschäftliche Besuche von Bundesbürgern im Ostblock zu Kontaktaufnahmen genutzt. Legale Übersiedler aus der DDR oder Umsiedler bzw. Aussiedler aus Ostblockstaaten werden häufig im Zuge der Übersiedlungsbemühungen zur Spionagetätigkeit aufgefordert. Es sind auch Fälle bekannt, in denen Überoder Umsiedler vor die Alternative gestellt wurden, eine Spionageverpflichtung einzugehen, um ausreisen zu dürfen, andernfalls die Ausreise abgelehnt würde. Nach wie vor nutzen die östlichen Nachrichtendienste auch wirtschaftliche oder persönliche Schwierigkeiten von Bundesbürgern aus, um Werbungsversuche zu unternehmen. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen: Ein stellungssuchender Akademiker inserierte für eine Tätigkeit in der Elektronikbranche. Daraufhin meldete sich bei ihm telefonisch ein angeblicher Angehöriger eines Berliner Unternehmens, der eine lukrative Tätigkeit anbot und ihn nach Erfragen einiger persönlicher Daten nach Berlin einlud. Der Stellungssuchende stellte fest, daß sich die Anschrift des" Berliner Unternehmens " in Ost-Berlin befand. Neugierig geworden fuhr er nach OstBerlin, suchte die angegebene Anschrift auf und merkte alsbald, daß er für eine Spionagetätigkeit angeworben werden sollte. Er lehnte das Angebot nicht 60 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 sofort ab, sondern bat zunächst um Bedenkzeit. Sein Gesprächspartner ersetzte ihm die Reisekosten, nicht ohne ihn zu ermahnen, über das Gespräch Stillschweigen zu bewahren. Er offenbarte sich zu Hause der Spionageabwehr. Der folgende Fall zeigt eine andere Methode: Ein Bundesbürger fuhr mit seinem PKW von Düsseldorf nach Berlin. Auf der Transitstrecke zwischen Helmstedt und Berlin wurde er wegen zu schnellen Fahrens von der Volkspolizei angehalten. Bei einem anschließenden Verhör stellte man ihm Straflosigkeit in Aussicht, wenn er zu " gewissen Gegendiensten " bereit sei. Er ging zum Schein darauf ein und konnte unbehelligt weiterreisen. Nach seiner Rückkehr offenbarte er seine Mitarbeitsverpflichtung. Insgesamt gesehen ist die Zahl der Werbungen bzw. Werbungsversuche gegenüber dem Vorjahr um 43,8 % angestiegen. Dies macht die besonderen Bemühungen östlicher Nachrichtendienste deutlich, neue Agenten anzuwerben. Dabei liegen die Nachrichtendienste der DDR mit 73,9 % der erkannten Werbungen oder Werbungsversuche an der Spitze; 12,0 % gingen auf das Konto von Polen, 7,6 % auf das der UdSSR, 4,3 % der CSSR und 2,0 % von Rumänien. 5.3 Nachrichtendienstliche Aufträge gegen Nordrhein-Westfalen Die Schwerpunkte der nachrichtendienstlichen Aufträge gegen NordrheinWestfalen haben sich im letzten Jahr gewandelt. Während 1984 die Militärspionage mit 46 % noch an der Spitze lag, waren es 1985 nur noch 31 %. Dafür nahm 1985 die politische Spionage mit 33,4 % den ersten Rang ein. Es folgen die sogenannte Wirtschaftsspionage mit 20,1 % und die Gegenspionage mit 2,9 %. Die restlichen 12,6 % beziehen sich auf Aufträge vorbereitender und unterstützender Art. Zur politischen Spionage zählen im wesentlichen folgende Zielobjekte: - Regierungsund Verwaltungsstellen des Bundes, des Landes und der Gemeinden - Universitäten, Hochschulen und Studentenverbände - politische Parteien - Emigrantenorganisationen. Darüber hinaus sind naturgemäß die Bemühungen zur Ausforschung von Sicherheitsbehörden und Fluchthilfeorganisationen besonders intensiv. 5.4 Der Fall TIEDGE Der Übertritt des ehemaligen Angehörigen der Spionageabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz, Regierungsdirektor TIEDGE, in die DDR stellte auch die Spionageabwehr des Landes Nordrhein-Westfalen vor große Probleme, wenngleich sie dadurch nur mittelbar betroffen war. In einem Zeitungsinterview vom 25. Oktober 1985 hat der Innenminister diesen Schaden bestätigt, gleichzeitig aber auch festgestellt, daß die Verfassungsschutzbehörde alle durch den möglichen Verrat von Regierungsdirektor TIEDGE gefährdeten Personen aus 61 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Nordrhein-Westfalen vor einer evtl. Verhaftung bei einer Ausreise in die Ostblockstaaten warnen konnte. Dies war nur möglich, weil sofort nach Bekanntwerden des Übertritts Maßnahmen anliefen, um Gefährdungsmomente festzustellen und möglichen Schaden abzuwenden. 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 6 Strafrechtspflege Die Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen sind, wie schon in den Vorjahren, auch 1985 in erheblichem Maße mit Strafverfahren, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren, befaßt worden. 6.1 Verfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten Bei den Staatsanwaltschaften des Landes sind im Jahre 1985 insgesamt 887 einschlägige Verfahren neu anhängig geworden. In dieser Zeit ist in 121 Verfahren gegen 197 Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. Rechtskräftig verurteilt wurden 91 Personen; ein Angeklagter wurde freigesprochen. Gegen 50 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum in Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 954 Personen das Verfahren eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Taten beschränkt, und zwar - gegen 791 Personen, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten oder weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten - gegen 65 Beschuldigte wegen geringer Schuld und geringer Bedeutung der Vorfälle (zum Teil gegen Geldauflagen) oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen - gegen 98 Personen nach sonstigen Vorschriften (z. B. wegen unbekannten Aufenthaltes). 6.2 Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten Wegen Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, haben die Staatsanwaltschaften im Berichtszeitraum insgesamt 501 Verfahren neu eingeleitet. In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1985 ist in 87 Verfahren gegen 132 Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. 67 Angeklagte wurden rechtskräftig verurteilt; vier Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 45 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum die Ermittlungsverfahren gegen 627 Personen eingestellt, und zwar - gegen 579 Personen, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten oder weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten 63 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 - gegen 13 Personen wegen geringer Schuld und geringer Bedeutung der Vorfälle (zum Teil gegen Geldauflagen) oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen - gegen 35 Personen nach sonstigen Vorschriften (z. B. wegen unbekannten Aufenthaltes). 6.3 Demonstrationsstraftaten Die nachfolgende Darstellung bezieht sich auf Ermittlungsund Strafverfahren, die anläßlich von Demonstrationen aller Art entstanden sind und im Jahre 1985 bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten anhängig waren. Über die Häufigkeit von Gewalttaten im Zusammenhang mit Demonstrationen soll und kann sie keinen Aufschluß geben. Nach einer statistischen Erhebung der Polizei sind 1985 21 von insgesamt 1.717 Demonstrationen unfriedlich verlaufen; das sind 1,22 % (1984: 2,04 %). Wie bereits in den früheren Berichten dargelegt, ist es bei Veranstaltungen der genannten Art zu strafrechtlich relevanten Übergriffen sowohl der Veranstaltungsteilnehmer als auch von Außenstehenden gegenüber Teilnehmern und von Teilnehmern einer Gegendemonstration gekommen. Ferner sind die Fälle von Ausschreitungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften erfaßt. Im Jahre 1985 hatten die Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 1.047 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. Insgesamt 745 der genannten Verfahren sind in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1985 abgeschlossen worden, und zwar - 350 Verfahren durch Einstellung, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten, eine Straftat nicht vorlag, der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten - 50 Verfahren durch rechtskräftige Urteile gegen 59 Personen - 116 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 117 Personen - 229 Verfahren auf andere Weise. Noch anhängig waren am 31. Dezember 1985 302 Verfahren gegen 303 Personen, wobei in 127 Verfahren gegen 149 Personen bereits Anklage erhoben bzw. der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden ist. Die weiteren Verfahren befinden sich noch im Ermittlungsstadium. 64 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 7 Anhang 7.1 Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1985 (1984) Ehemalige Aktionsfront "Die Neue Front" Nationaler Sozialisten / (monatlich) Nationale Aktivisten (ANS/NA) "Die Neue Zeit" (unregelmäßig) Deutsche Volksunion (DVU) 12.000 (12.000) "Deutscher Anzeiger" 8000 München (wöchentlich) NRW 2.500 einschließlich Aktion Deutsche Einheit AKON e.V. 8000 München Aktion Deutsches Radio und Fernsehen (ARF) 8000 München Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) 8000 München Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) 8000 München Ehrenbund Rudel (ER) Schutzbund für Leben und Umwelt Freiheitliche Deutsche 300 "FAP-Nachrichten" Arbeiterpartei (FAP) (unregelmäßig) 65 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 NRW 100 Hilfsorganisation für nationale 200 (300) Nachrichten der HNG politische Gefangene und deren (monatlich) Angehörige (HNG) 4800 Bielefeld NRW 40 (20) Junge Nationaldemokraten (JN) 550 (550) "JN-Pressedienst" 5000 Köln (unregelmäßig) Landesverband NRW 100 (100) "JN-Orgblitz" 4630 Bochum-Wattenscheid (unregelmäßig) "JN-Intern" (unregelmäßig) Nationaldemokratische Partei 6.100 (6.100) "Deutsche Stimme" Deutschlands (NPD) (monatlich) 7000 Stuttgart "NPD Aktuell" (unregelmäßig) Landesverband NRW 1.000 (1.000) "NPD-Landesspiegel 4630 Bochum-Wattenscheid Nordrhein-Westfalen" (monatlich) NRW: 54 Kreisverbände "NPD-Organisationsspiegel Nordrhein-Westfalen" (monatlich) NSDAP-Auslandsund 100 (100) "NS-Kampfruf" Aufbauorganisation (NSDAP-A0) Lincoln/USA Wiking-Jugend (WJ) 380 (440) "Wikinger" 5190 Stolberg (vierteljährlich) NRW 100 (100) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 7.2 Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1985 (1984) 66 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Deutsche Friedens-Union (DFU) 1.000 (1.000) "Pressedienst DFU" Landesverband NRW 400 (400) (unregelmäßig) 4300 Essen "DFU betr. Politik" (unregelmäßig) "Pressedienst DFU NRW (unregelmäßig) Deutsche Kommunistische Partei 40.000 (40.000) "Unsere Zeit" (UZ) (DKP) Tagesausgaben: 25.000 Parteivorstand: Wochenendausgaben: Prinz-Georg-Str. 79 50.000 4000 Düsseldorf "DKP-Pressedienst" (täglich) "Marxistische Blätter" (monatlich) Zentrale Einrichtungen "Nachrichten" - für "Institut für Marxistische Studien Gewerkschaftsfunktionäre und Forschungen" (monatlich) 6000 Frankfurt/Main "Verein zur Förderung der "Landrevue" - Informationen Forschung und des Studiums der für die Landbevölkerung - Sozialwissenschaften e.V." (unregelmäßig) 6000 Frankfurt/Main "PRAXIS" (unregelmäßig) "Karl-Liebknecht-Schule" 5090 Leverkusen Marxistische Arbeiterbildung e.V. (MAB) Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus 5600 Wuppertal "Marx-Engels-Stiftung e.V." "Probleme des Friedens und (früher: "Friedrich-EngelsSozialismus" - Zentrum") deutschsprachige Ausgabe 5600 Wuppertal der in der CSSR hergestellten Schrift - (monatlich) "infodienst" - für DKPBetriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen (unregelmäßig) Bezirk Ruhr-Westfalen 6.500 (6.500) Hoffnungstr. 18 4300 Essen Bezirk Rheinland-Westfalen 5.500 (5.500) Ackerstr. 3 4000 Düsseldorf NRW: 42 Kreisorganisationen ca. 130 Kreisund ca. 130 Betriebsund Stadtteilzeitungen Hochschulgruppen ca. 140 Betriebsund ca. 300 Ortsbzw. Hochschulzeitungen Stadtteilorganisationen und Wohngebietsgruppen 67 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Gruppe Internationale Marxisten 250 (250) "was tun" (GIM) (vierzehntägig) 6000 Frankfurt/Main NRW 60-80 (60-80) Junge Pioniere (JP) 4.000 (4.000) "pionier" 4600 Dortmund (monatlich) Landesverband Ruhr-Westfalen "Pionierleiter-Info" 4300 Essen (monatlich) Landesverband Rheinland"Mach-mit-Reihe" Westfalen (unregelmäßig) 5000 Köln NRW 1.500 (1.500) Kommunistische Partei 400 (400) "Roter Morgen" Deutschlands (MarxistenLeninisten) (KPD) 4600 Dortmund NRW 120 (150) Marxistische Gruppe 1.700 (1.500) "Marxistische Arbeiterzeitung" (MAZ) "Marxistische Hochschulzeitung" (auch örtlich) "MSZ-Gegen die Kosten der Freiheit" (monatlich) Marxistisch-Leninistische Partei 1.300 (1.100) "Rote Fahne" Deutschlands (MLPD) (10.000 wöchentlich) 4300 Essen NRW 600 (430) Marxistischer Studentenbund 6.000 (6.000) "rote blätter" Spartakus (MSB) 5300 Bonn NRW 1.400 (1.400) Sozialistische Deutsche 15.000 (15.000) "elan" (inoffiziell) Arbeiterjugend (SDAJ) (35.000 monatlich) 4600 Dortmund Landesverband Ruhrgebietörtliche Zeitungen Westfalen 4300 Essen Landesverband Rheinlandörtliche Zeitungen Westfalen 5000 Köln NRW 4.600 (4.600) 68 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1985 Volksfront (V) 600 (1.400) 5000 Köln NRW 250 (500) (z.T. Mitgliedschaft KPD) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 7.3 Antrag der Fraktion der SPD betr. Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 10. Wahlperiode Antrag der Fraktion der SPD Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartel - FAP - Drucksache 10/289 22.10.1985 Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, daß vierzig Jahre nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Unrechtssystems in unserem Land Gruppen und Einzelpersonen unter dem Deckmantel einer "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei " mit eindeutig nazistischen Parolen an die Öffentlichkeit treten und vor Gewalthandlungen nicht zurückschrecken. Dieses Auftreten ist geeignet, das friedliche Zusammenleben der Bürger empfindlich zu stören; es stellt zugleich einen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung unseres Staates dar. Der Landtag geht davon aus, daß die Landesregierung wie bisher alle erforderlichen Maßnahmen trifft, um Verstöße gegen Verfassung und Recht radikaler Gruppen und Personen strafrechtlich und polizeilich zu verfolgen. Der Landtag ersucht die Landesregierung, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot mit dem Ziel zu prüfen, eine Entscheidung des Bundesrates herbeizuführen, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Entscheidung zu stellen, ob die " Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei - FAP" verfassungswidrig ist (Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes). Prof. Dr. Farthmann und Fraktion Datum des Originals: 22. 10. 1985 / Ausgegeben: 23. 10. 1985 69