Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Vorwort ................................................................................................ 3 1 Rechtsextremismus ......................................................................... 4 1.1 Entwicklungstendenz ....................................................................................4 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten ............................................................................................4 1.3 "National-freiheitliche" Rechte.......................................................................8 1.4 Neonazistische Gruppen ...............................................................................8 1.4.1 Allgemeines .......................................................................................8 1.4.2 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) ...9 1.4.3 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-A0) ...............10 1.4.4 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG).............................................................................10 1.5 Internationale rechtsextremistische Aktivitäten ...........................................10 1.6 Rechtsextremistische Jugendgruppen ........................................................11 1.6.1 Wiking-Jugend (WJ) ........................................................................11 1.6.2 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ)/Gemeinschaft Volkstreuer Jugend e.V. (GVJ) ....................................................................................11 1.7 Rechtsextremistische Einflußnahme auf Randgruppen ..............................11 1.8 Kulturgruppen..............................................................................................12 1.9 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst ...................................................13 2 Linksextremismus.......................................................................... 17 2.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................17 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).....................................................18 2.3 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen ..............................24 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ..............................24 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) ..............................24 2.3.3 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP)..................25 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen und Einrichtungen...................................25 2.4.1 Deutsche Friedens-Union (DFU) .....................................................25 2.4.2 Deutsche Volkszeitung (DVZ)..........................................................25 2.4.3 Krefelder Appell ...............................................................................26 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK)..................................................................................................26 2.5 Dogmatische Neue Linke ............................................................................26 2.5.1 Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) - KPD - ................................................................................................................27 2.5.2 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (Volksfront) - V -27 2.5.3 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)...................28 2.5.4 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) ............................28 2.5.5 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) .....................................28 2.5.6 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) ..........................29 2.5.7 Marxistische Gruppe (MG)...............................................................29 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 2.6 Undogmatische Neue Linke ........................................................................29 2.6.1 Militante Autonome ..........................................................................30 2.6.2 Extremistische Einflußnahme auf die Umweltschutz-Bewegung .....30 2.6.3 Extremistische Einflußnahme auf Aktivitäten gegen Munitionstransporte ..................................................................................30 2.7 Trotzkismus.................................................................................................31 2.8 Linksextremisten im öffentlichen Dienst ......................................................31 3 Terrorismus .................................................................................... 38 3.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................38 3.2 Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) ..........................................................38 3.3 Rote Armee Fraktion (RAF) und RAF-Umfeld .............................................39 3.4 Sonstiges terroristisches Umfeld.................................................................40 3.5 Weitere linksterroristische oder sonstige links-extremistisch motivierte Gewalttaten .......................................................................................................41 4 Ausländerextremismus.................................................................. 44 4.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................44 4.2 Türken .........................................................................................................45 4.3 Kurden.........................................................................................................49 4.4 Iraner...........................................................................................................49 4.5 Afghanen.....................................................................................................49 4.6 Palästinenser ..............................................................................................50 4.7 Jugoslawen .................................................................................................50 4.8 Sonstige ausländer-extremistische Aktivitäten ............................................51 5 Spionageabwehr............................................................................. 54 5.1 Entwicklungstendenzen ..............................................................................54 5.2 Art und Umfang des gegnerischen Agenteneinsatzes, Werbungsmethoden54 5.3 Nachrichtendienstliche Aufträge gegen Nordrhein-Westfalen .....................54 5.4 Legale Residenturen ...................................................................................55 5.5 Verurteilungen.............................................................................................55 6 Strafrechtspflege............................................................................ 56 6.1 Verfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten.....................................56 6.2 Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten .......................................56 6.3 Demonstrationsstraftaten ............................................................................56 6.4 Gesetzgeberische Überlegungen................................................................57 7 Anhang: Übersichten ..................................................................... 59 7.1 Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ...........................59 7.2 Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ...........................60 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Vorwort Die Verfassungsschutzbehörden haben eine für die Erhaltung unserer freiheitlichen Demokratie wesentliche und unverzichtbare Aufgabe: Sie müssen Gefährdungen, die ihr durch politischen Extremismus von Rechts und Links und durch Spionage drohen können, erkennen und über sie berichten. Ihr Feld ist das Vorfeld der aktuellen Bedrohung: sie sind der Frühwarndienst zum Schutze der Grundwerte unserer Verfassung, wie sie im Grundgesetz ihren verpflichtenden Niederschlag gefunden haben. Die Verfassungsschutzbehörde unseres Landes wendet sich mit der Veröffentlichung ihrer Jahresberichte an die Bürger, um sie über politisch extremistische Bestrebungen zu unterrichten. Damit erfüllt sie eine Pflicht in Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags. Die notwendige geistigpolitische Auseinandersetzung mit Bestrebungen und Aktivitäten gegen unseren freiheitlich-demokratischen Staat ist eine Aufgabe der Bürger selbst und der von ihnen getragenen politischen und gesellschaftlichen demokratischen Organisationen und Einrichtungen. Der Staat greift durch Verbot und Strafverfolgung nur dann und da zu, wenn und wo die geistig-politische Auseinandersetzung nicht mehr wirksam ist oder überhaupt nicht wirksam sein kann, dann allerdings auch mit Entschlossenheit, Stärke und Konsequenz. Dies im gegebenen Fall zu zeigen, ist wiederum auch ein Beitrag, die geistig-politischen Auseinandersetzungen mit den Gegnern der Freiheit zu fördern. Dr. Herbert Schnoor Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 1 Rechtsextremismus 1.1 Entwicklungstendenz Die Gesamtzahl der Mitglieder rechtsextremistischer Gruppen in NordrheinWestfalen wird für 1983 auf ca. 4.000 (1982: ca. 3.000) geschätzt. Sie sind in ca. 30 Gruppen organisiert. Die Steigerung der Mitgliederzahlen gegenüber dem Vorjahr ist darauf zurückzuführen, daß genauere Schätzungen im Bereich der "national-freiheitlichen" Gruppierungen möglich wurden. Die "nationaldemokratischen" Organisationen haben 1983 ihre Position weitgehend halten können. Die Mitgliederzahlen weichen nicht wesentlich von denen des Vorjahres ab und auch die Aktivitäten in der Öffentlichkeit hielten sich im üblichen Rahmen. Nachdem zunächst die Tätigkeit der Bürgerinitiative Ausländerstopp im Vordergrund stand, liefen im Herbst mit den Kandidatenwahlen die Vorbereitungen für die Wahl des Europäischen Parlaments im Juni 1984 an, an denen sich die Nationaldemokraten beteiligen wollen. Intern haben sich im Jahre 1983 personelle Spannungen - insbesondere in der Jugendorganisation - gezeigt, die sich auf die Arbeit auswirkten. Die um die "Deutsche National-Zeitung" des Dr. Gerhard FREY gruppierten "national-freiheitlichen" Organisationen stellen nach ihrer Mitgliederzahl und nach dem Finanzaufkommen das stärkste rechtsextremistische Potential. Sie verfügen nur über einen geringen Organisationsaufbau und die überwiegend älteren, meist inaktiven Mitglieder treten höchstens bei gelegentlichen Veranstaltungen in Erscheinung. Im wesentlichen dienen sie dazu, Dr. FREY die finanziellen und publizistischen Mittel zur Verfolgung seiner Ziele zur Verfügung zu stellen, Die neonazistische Szene wurde 1983 geprägt von der im Januar 1983 gegründeten Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA), die rasch Zulauf erhielt und sich im Laufe des Jahres im Bundesgebiet zur größten neonazistischen Gruppe entwickelte. Es gelang ihr auch zunehmend Jugendliche anzusprechen, die bisher dem rechtsextremistischen Lager nicht nahegestanden hatten. Diese Entwicklung ist mit dem Verbot am 7. Dezember 1983 z u"nächst unterbunden worden. Nach den seitdem Verbot gewonnenen Erkenntnissen muß aber damit gerechnet werden, daß die ANS/NA sich der Verbotsfeststellung widersetzt. Sie hat Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Es steht inzwischen auch fest, daß zumindest die Kader, teils in dokumentierter, teils in verdeckter Form, die Tätigkeit der ANS/NA fortführen wollen. Aus dem Verlauf des Jahres 1983 ist weiter bemerkenswert, daß Anhänger jugendlicher Randgruppen (Rocker, Skinheads, "Fußball-Fans" pp.) bei ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit (insbesondere bei Großveranstaltungen, wie Fußballspielen) vermehrt nationalsozialistische, antisemitische und ausländerfeindliche Zeichen und Parolen übernehmen und damit eine Hinwendung zu rechtsextremistischen Verhaltensweisen erkennen lassen. Dies ist teils auf eine bewußte "Antihaltung" zu den bestehenden gesellschaftlichen und sozialen Verhältnissen, aber auch auf entsprechende Bemühungen rechtsextremistischer Kreise zurückzuführen, die über Kontakte oder einzelne Mitglieder in dieser Szene versuchen, ihre Basis in diesem Bereich zu erweitern. 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge 4 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Nationaldemokraten Ziele Ideologische Basis der NPD ist ein übersteigerter Nationalismus, gepaart mit einem völkischen und rassistischen Kollektivismus sowie Vorstellungen von einem autoritären Führerstaat. Durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 1980 -2C24.78wurde erstmals höchstrichterlich - festgestellt, daß die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, die sich - unabhängig von dem offiziellen Parteiprogramm und der Satzung der NPD - aus einer ständigen, gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichteten und der Partei politisch zuzurechnenden Polemik ergeben. Darin kommen - nach dem Urteil - "Mißachtung und Ablehnung oberster Verfassungswerte, insbesondere der parlamentarischen Demokratie, des Mehrparteiensystems und der Volkssouveränität" zum Ausdruck. Parteiorganisation Die NPD, deren Parteivorstand in Stuttgart seinen Sitz hat, verfügt in NordrheinWestfalen über einen Landesverband mit Sitz in Bochum-Wattenscheid, dem in 6 Landesbereichen insgesamt 54 Kreisverbände unterstehen. Unter seinem Landesvorsitzenden Klaus SCHULTZ gehört er mit ca. 1.000 Mitgliedern (Bund: 6.000) zu den stärksten Landesverbänden der NPD. Finanzierung Die NPD finanziert ihre Aktivitäten durch Beiträge und Spenden; vereinzelt versucht sie, über "Freundes-" und "Förderkreise" neue Geldquellen zu erschließen. Insgesamt kann die finanzielle Situation der Partei als äußerst angespannt bezeichnet werden. Konnte die NPD ihre finanzielle Lage auch vorübergehend durch strenge Beitragseintreibung und Erhebung einer Sonderumlage etwas verbessern, so bleibt doch die Verpflichtung zur Rückzahlung der Vorschüsse auf Wahlkampfkosten. Die nordrhein-westfälische NPD hat hiervon noch ca. DM 99.000,zurückzuzahlen, die sie regelmäßig in monatlichen Raten von DM 750,erstattet. Publikationen Als Presseorgan der NPD erscheint die "Deutsche Stimme". Sie wird vom Parteivorstand herausgegeben und erscheint monatlich in einer Auflage von ca. 75.000 Exemplaren. Daneben erscheinen regelmäßig als wichtigste zentrale Schriften "NPD Aktuell" und "NPD-Info-Blitz". Der Landesverband der nordrhein-westfälischen NPD gibt monatlich den "NPDLandesspiegel Nordrhein-Westfalen" sowie den "NPD-Organisationsspiegel Nordrhein-Westfalen" heraus. Außerdem vertreibt die NPD auf allen Gliederungsebenen periodische Blätter und Informationsdienste, deren Gesamtauflage rückläufig ist. Schwerpunkte der Parteiarbeit 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 - Der 17. ordentliche Bundesparteitag der NPD fand am 1./2. Oktober 1983 in Fallingbostel mit ca. 1.000 Teilnehmern statt. Wesentliche Tagesordnungspunkte waren die Wahl des Parteivorstandes, wobei der bisherige Parteivorsitzende Martin MUSSGNUG mit großer Mehrheit wiedergewählt wurde, und die Wahl der Kandidaten zur Europawahl im Juni 1984. Neue programmatische Aussagen wurden nicht verabschiedet. Der Parteitag bekräftigte den bereits 1982 beschlossenen neutralistischen Kurs, der u. a. die Forderung nach dem Austritt der beiden deutschen Staaten aus NATO bzw. Warschauer Pakt enthält. Zum Protest gegen den NPD-Bundesparteitag hatten sich etwa 2.500 Gegendemonstranten eingefunden. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen ihnen und der Polizei. - Am 12. Mai 1983 fand in Bochum-Wattenscheid der Landesparteitag der nordrhein-westfälischen NPD statt; der bisherige Landesvorsitzende Klaus SCHULTZ aus Recklinghausen wurde in seinem Amt bestätigt. Schwerpunkt der Reden des Landesvorsitzenden und des Parteivorsitzenden MUSSGNUG bildete die Aktion "Ausländerstopp". SCHULTZ erklärte, es sei auf die Bürgerinitiative Ausländerstopp und die Nationaldemokraten zurückzuführen, daß sich der Ausländerzustrom verlangsamt habe. MUSSGNUG sah in dem Thema Ausländerstopp und Rückführung der Ausländerin ihre Heimatländer nach wie vor eine der Hauptforderungen der NPD. Im Verlauf des Parteitages kam es zu Gegendemonstrationen, an denen sich bis zu 1.200 Personen beteiligten. Durch Aktionen der Demonstranten wurden insgesamt 47 Polizeibeamte verletzt. Vier Störer wurden vorläufig festgenommen. - Bei der Bundestagswahl am 6. März 1983 erhielt die NPD in NordrheinWestfalen 6.673 (Bund: 57.112) Erststimmen = 0,1 % und 19.400 (Bund: 91.095) Zweitstimmen 0,2 %. Sie hat damit ihren Wählerschwund bei Bundestagswahlen seit 1969 erstmals stoppen können und gegenüber der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980, an der sie sich nur mit einer Landesliste beteiligte (14.407 Stimmen = 0,1 %), einen Stimmengewinn von 4.993 (Bund = ca. 22.000) Stimmen erzielt. Die NPD beabsichtigt, sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 1984 zu beteiligen. Auf ihrem Bundesparteitag am 1. und 2. Oktober 1983 in Fallingbostel wählten die Delegierten die Kandidaten für die Bundesliste. Ein Wahlprogramm für die Europawahl soll erst 1984 verabschiedet werden. Sonstige Aktivitäten 6 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 - InderNachtzum5.Aprill983wurdein Dortmund ein NPD-Funktionär festgenommen. In seinem Fahrzeug wurden u. a. eine geladene Maschinenpistole, 200 Schuß Munition, eine Schleuder mit Stahlkugeln sowie Farbsprühdosen gefunden. Das Schöffengericht in Dortmund hat den Angeklagten am 24. Oktober 1983 wegen unerlaubten Erwerbs von Kriegswaffen in Tateinheit mit einem Vergehen gegen das Waffengesetz, wegen unerlaubter Beförderung von Kriegswaffen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Der Verurteilte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. - Am Morgen des 13. November 1983 besetzten etwa 50 NPDund JNMitglieder - verstärkt durch einige Skinheads - den Platz um ein Ehrenmal auf dem Zentralfriedhof in Gelsenkirchen-Buer, an dem Angehörige der VVN Kränze niederlegen wollten. Die NPD-Anhänger entfalteten NPD - und JN-Fahnen und legten einen Kranz nieder. Durch den Einsatz der Polizei konnten handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen ihnen und den später eintreffenden rd. 200 NPD-Gegnern verhindert werden. Junge Nationaldemokraten (JN) Auch bei den JN, der Jugendorganisation der NPD, lähmen personelle Streitigkeiten die politischen Aktivitäten. In Teilbereichen der JN ist ein Sympathisieren mit Mitgliedern der neonazistischen Szene zu erkennen. Sie erhoffen sich von diesen Kreisen eine stärkere Konfrontation mit dem politischen Gegner. Am 29. und 30. Oktober 1983 fand in Stuttgart der 12. ordentliche Bundeskongreß der Jungen Nationaldemokraten statt. Es nahmen ca. 200 Personen teil, darunter 111 Delegierte. Zum neuen Bundesvorsitzenden wurde Hermann LEHMANN aus Watzum/Niedersachsen gewählt. Dem Bundesvorstand gehören drei JN-Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen an. Die JN wählten auf ihrem Landeskongreß am 9. April 1983 in Wuppertal Meinolf SCHÖNBORN aus Gütersloh zum neuen Landesvorsitzenden. SCHÖNBORN gehört seit 1972 der NPD/JN an, wurde 1981 als Beisitzer in den Landesvorstand der JN Nordrhein-Westfalen gewählt und ist seit Anfang 1983 stellvertretender Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Gütersloh. Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) Die BIA hatte am 17. März 1982 die Auslegung von Eintragungslisten für ein erneutes Volksbegehren - gerichtet auf den Erlaß eines "Gesetzes über die Einführung muttersprachlicher Regelklassen für ausländische Schüler in Nordrhein-Westfalen" - beantragt. Von der Landesregierung wurde diese Listenauslegung nicht zugelassen. Die hiergegen vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen erhobene Beschwerde ist durch Beschluß vom 4. März 1983 als offensichtlich unbegründet verworfen worden. Die BIA will daraufhin ihre Bemühungen um ein Volksbegehren in Nordrhein-Westfalen nicht weiter verfolgen. 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Die BIA hat im Sommer 1983 mit einer bundesweiten Unterschriftenaktion unter eine Petition an den Deutschen Bundestag begonnen, in der eine Revision der Freizügigkeitsregelungen in den Römischen Verträgen über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft gefordert wird. 1.3 "National-freiheitliche" Rechte Die "national-freiheitlichen" Organisationen bilden - mit einer Mitgliederzahl von ca. 11000 (NRW: 2.500) Personen - z. Z. die stärkste Gruppierung im organisierten Rechtsextremismus. Die Deutsche Volksunion (DVU) stellt den Kern folgender "Aktionsgemeinschaften", deren Mitglieder kraft Satzung gleichzeitig der DVU angehören: - Aktion Deutsche Einheit (AKON) - Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) - Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) - Aktion Deutsches Radio und Fernsehen (ARF) - Ehrenbund Rudel (ER). Hinter der DVU steht der bekannte Dr. Gerhard FREY aus München, Herausgeber der " Deutschen National-Zeitung" (DNZ) und des "Deutschen Anzeigers" (offizielles Organ der DVU), zum Teil inhaltsgleich mit der DNZ. Die DVU führte im Mai 1983 Vortragsveranstaltungen in Neuss und Recklinghausen durch. Der britische Rechtsextremist und Historiker David IRVING referierte über das Thema "Hitlers Tagebücher - Wahrheit oder Fälschung!". Im Oktober sprach IRVING u. a. in Essen und Köln über das Thema " Nachrüstung - Gebot der Stunde". An den Veranstaltungen nahmen jeweils ca. 100 Personen teil. 1.4 Neonazistische Gruppen 1.4.1 Allgemeines Neonazistische Aktivitäten zielen - gestützt auf die Weltanschauung, das Programm und den Machtanspruch der ehemaligen NSDAP - auf die Wiedererrichtung eines der NS-Diktatur vergleichbaren Systems. Die zahlreichen Verbotsmaßnahmen und Strafverfahren der letzten Jahre haben zu einer Verunsicherung geführt mit der Folge, daß einige Anhänger neonazistischer Gruppen sich zurückzogen. Andere fanatische Aktivisten entwickelten einen stärkeren Aktionismus, der dazu beitrug, daß nach der Haftentlassung des Leiters der neonazistischen Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS), Michael KÜHNEN, Teile der neonazistischen Szene am 15. Januar 1983 in 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Frankfurt/Main eine neue Organisation gründeten, die bald, danach auch Stützpunkte in Nordrhein-Westfalen aufbauen konnte. Die Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA), wie sie sich nannte, entwickelte sich rasch zur größten und führenden neonazistischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland und zog insbesondere junge Leute an, die z. T. ohne politische Motivation zu dieser Gruppierung stießen. Mit Verfügung vom 24. November 1983 hat der Bundesminister des Innern festgestellt, daß diese neonazistische Organisation verboten ist. Das Verbot wurde am 7. Dezember 1983 vollzogen, die Organisation damit aufgelöst. Im ideologischen Bereich wird die neonazistische Szene derzeit von neuen Tendenzen bestimmt. Die Mehrheit der Neonazis strebt die Wiedererrichtung eines der NS-Diktatur vergleichbaren Systems an, wobei Adolf HITLER als charismatischer Führer ihr Denken beherrscht. Andere NS-Aktivisten und Gewalttäter fühlen sich aber nicht mehr HITLER, sondern der nationalrevolutionären Frühform des Nationalsozialismus mit seinen Elementen eines "Nationalen Sozialismus" verpflichtet, der seine Entschlossenheit betonte, mißbräuchlichen Kapitalismus zu beseitigen, den Marxismus zu überwinden und die Versöhnung aller Schichten in einer Volksgemeinschaft herbeizuführen. Diese ideologische Hinwendung findet Ausdruck in Bekenntnispapieren. Unter dem Schlagwort "Abschied vom Hitlerismus" verurteilen sie Hitlers "Amoklauf" und seine "dogmenhafte Engstirnigkeit" und erklären, nur noch der "historische Nationalsozialismus" sei maßgebend. Allgemein ist festzustellen, daß von den neonazistischen Kleinstgruppen und rechtsextremistischen Einzelaktivisten weiterhin eine ernste Gefahr ausgeht, auch wenn Gewalttaten, wie sie von ihnen in den letzten Jahren durchgeführt wurden, im Berichtszeitraum 1983 in Nordrhein-Westfalen nicht zu beobachten waren. 1.4.2 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) Die von Michael KÜHNEN initiierte und am 15. Januar 1983 in Frankfurt/Main gegründete ANS/NA wurde einschließlich ihrer Nebenorganisationen Aktion Ausländerrückführung (AAR) und Freundeskreis Deutsche Politik vom Bundesminister des Innern mit Verfügung vom 24. November 1983 als eine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Organisation verboten und am 7. Dezember 1983 aufgelöst. Zum Zeitpunkt des Verbotes verfügte die ANS/ NA über insgesamt etwa 270 Mitglieder, davon etwa 70 in Nordrhein-Westfalen. Die im Rahmen der Vollzugsmaßnahmen vorgenommenen bundesweiten Durchsuchungen - in Nordrhein-Westfalen bei 15 Aktivisten - führten zur Sicherstellung von Vereinsvermögen, Mitgliederkarteien, NS-Emblemen und Druckmaterial. Die als "Gau Rhein-Westfalen" firmierende nordrhein-westfälische ANS/NA-Gruppierung war vor dem Verbot zunehmend aktiv geworden. So hatte sie - zuletzt bestehend aus einer Reihe von Kameradschaften und Stützpunkten - am 15.10.1983 ein "Gautreffen" in Blomberg am 22.10.1983 ein "Führerthing" in Burlo/Borken am 04.11.1983 eine "Kameradschaftsgründung" in Hattingen 9 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 am 12.11.1983 eine "Fahnenweihe" bei den Externsteinen und am 13.11.1983 eine Kranzniederlegung am Ehrenmal in Duisburg an läßlich des Volkstrauertages durchgeführt. KÜHNEN und weitere ehemalige ANS/NA-Funktionäre bemühen sich seit dem Verbot, die personelle Struktur der verbotenen AN S/NA zu erhalten und in nahezu allen Bundesländern sog. Leserkreise zu gründen mit dem Ziel, diese als Basis für eine neue neonazistische Organisation zu nutzen. 1.4.3 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-A0) Die in Lincoln, Nebraska/USA, ansässige NSDAP-AO versorgt weiterhin deutsche Neonazis - auch in Nordrhein-Westfalen - mit Propagandamaterial (Hakenkreuzaufkleber, Propaganda-Schrift "NS-Kampfruf"), das von den Anhängern zumeist unerkannt durch Klebeaktionen oder anonyme Postsendungen an Bürger weiterverbreitet wird. Dabei stellt das vierteljährlich erscheinende NSDAP-AO-Organ "NS-Kampfruf" insofern ein gefährliches Propagandamittel dar, als die Schrift neben ihrer antisemitischen Polemik ständig zu Gewalt und Mord aufruft. Sie dürfte militante NS-Anhänger zu den bekannten Gewalttaten der letzten Jahre motiviert haben. 1.4.4 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) Die HNG, die gemäß ihrer Satzung inhaftierte Rechtsextremisten sowohl ideell als auch finanziell betreut, hatte sich nach dem Verbot der Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands (VSBD) im Januar 1982 und vor der Gründung der ANS/NA zu einem Integrationsfaktor der neonazistischen Szene entwickelt. Mit zunehmender Konsolidierung der ANS/NA ergaben sich personelle Spannungen, zumal die ANS/NA durch Eintritt zahlreicher Mitglieder in die HNG versuchte, diese für ihre "Bewegung" zu nutzen. Am 7. Januar 1984 fand in Bielefeld die jährliche HNG-Jahreshauptversammlung statt, an der sich auch ehemalige ANS/NA-Funktionäre beteiligten. Aus satzungsrechtlichen Gründen mußte am 25. Februar 1984 in Speyer eine außerordentliche Mitgliederversammlung durchgeführt werden, auf der eine ANS/NA-Anhängerin aus Bielefeld zur neuen HNG-Vorsitzenden gewählt wurde. Hiermit könnte nunmehr eine Radikalisierung der HNG verbunden sein. Die HNG verfügt zur Koordination ihrer bundesweiten Tätigkeit in NordrheinWestfalen über einen Regionalbeauftragten. 1.5 Internationale rechtsextremistische Aktivitäten Die alljährliche flämische Volkstumsveranstaltung " Ijzerbedevaart" am 2./3. Juli 1983 in Diksmuide/Belgien wurde auch dieses Jahr von mehreren hundert europäischen Rechtsextremisten zu einem Zusammentreffen genutzt. 10 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Die deutschen Teilnehmer kamen mit ihren ausländischen Gesinnungsgenossen gruppenweise in verschiedenen belgischen Städten zu Gesprächen, u. a. zur Intensivierung der Zusammenarbeit, zusammen. Beteiligt waren auch Personen aus allen Bereichen des rechtsextremistischen Spektrums Nordrhein-Westfalens. 1.6 Rechtsextremistische Jugendgruppen 1.6.1 Wiking-Jugend (WJ) Die nach dem Führerprinzip geleitete, in "Gaue" und "Horste" gegliederte, WJ mit ihrem Bekenntnis zum Volkstumsund Reichsgedanken ist neben den JN die stärkste rechtsextremistische Jugendorganisation mit insgesamt etwa 350 Mitgliedern, davon ca. 100 in Nordrhein-Westfalen. In Teilbereichen der WJ sind neonazistische Tendenzen erkennbar. Auffällig ist, daß ein Teil der ehemaligen ANS/NA-Mitglieder bzw. anderer NS-Gruppierungen der WJ angehören bzw. angehörten. Die Veranstaltungen der WJ dienen in der Hauptsache ideologischer Schulung und Folklore, umfassen aber auch paramilitärische Übungen. So führten am 30. September 1983 WJ-Mitglieder in einem Waldgelände bei Königswinter eine "Geländeübung" durch. Dabei wurden zwei selbstgefertigte Sprengkörper zur Explosion gebracht. Acht Personen im Alter zwischen 14 und 22 Jahren wurden festgenommen. Bei anschließenden Wohnungsdurchsuchungen stellte die Polizei umfangreiches NS-Propagandamaterial sicher. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungsverfahren wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. 1.6.2 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ)/Gemeinschaft Volkstreuer Jugend e.V. (GVJ) Eine Gruppe von nordrhein-westfälischen Funktionären hat ihren Austritt aus dem BHJ erklärt und im Herbst 1983 eine neue Jugendorganisation - die Gemeinschaft Volkstreuer Jugend mit Sitz in Essen - gegründet, die ca. 30 Mitglieder haben dürfte. Die Spaltung geht auf personelle Spannungen in der Führung des ständig an Bedeutung verlierenden BHJ zurück. Die GVJ versteht sich als "überzeugter Verfechter nationaler Jugendarbeit" . Für sie ist das "Leben und Überleben unseres Volkes" höchstes Ziel. Aus der Satzung geht hervor, daß sie zum Führerprinzip tendiert. Die Zeitschrift der GVJ - "Der Trommler" - trägt denselben Namen wie das ehemalige Organ des BHJ. 1.7 Rechtsextremistische Einflußnahme auf Randgruppen Im Laufe des Jahres ist erkennbar geworden, daß Anhänger jugendlicher Randgruppen (Rocker, Skinheads, "Fußball-Fans" pp.) in zunehmendem Maße bei ihren Aktionen eine Hinwendung zu nazistischen bzw. neonazistischen Vorstellungen zeigen. Dies äußert sich in der Öffentlichkeit - insbesondere in Fußballstadien - durch 11 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 - das Tragen von NS-Symbolen an der Kleidung - die Verwendung des " Hitler-Grußes" und ausgesprochenen NS-Parolen - das Singen nationalsozialistischer Lieder - rassistische, insbesondere ausländerfeindliche Äußerungen. Zumeist handelt es sich um Jugendliche, die damit unreflektiert ihren Unmut über soziale und gesellschaftliche Verhältnisse zum Ausdruck bringen wollen. Es gibt aber auch Hinweise auf Versuche rechtsextremistischer Kreise (NPD/JN, ANS/NA), Einfluß in diesen Randgruppen zu gewinnen und damit ihre Basis unter der Jugend zu erweitern. In Nordrhein-Westfalen hat in diesem Zusammenhang der Fan-Club des Bundesligavereins Borussia Dortmund "Borussenfront" eine gewisse "Berühmtheit" erlangt, weil in der Presse an ihm die Gefahren dieser Entwicklung aufgezeigt wurden. Der Club, dessen Leiter Kontakte zu rechtsextremistischen Kreisen hat und von dem einige Mitglieder zumindest als Sympathisanten der NPD bekannt sind, verwendet die SS-Rune in seinem Namen und ist bei Fußballspielen und auch sonst in der Öffentlichkeit durch nazistische, vor allem aber durch ausländerfeindliche Äußerungen und Aktionen in Erscheinung getreten. Gegen Mitglieder des Clubs sind zahlreiche staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren anhängig. Rechtsextremisten sind auch in einigen anderen Fußball-Fanclubs vertreten, so in Bielefeld, Düsseldorf und Krefeld. In Einzelfällen bestehen nur Kontakte von Rechtsextremisten zu Fanclubs, die zur Einflußnahme benutzt werden. Die im Herbst 1983 geplanten Aktionen beim Fußball-Länderspiel Deutschland: Türkei, die in diesem Bereich den "Höhepunkt" darstellen und massive Ausschreitungen gegen Türken auch außerhalb des Stadions bringen sollten, konnten durch umfassende, frühzeitig einsetzende Exekutivmaßnahmen verhindert werden. Eine andere Variante rechtsextremistischen Einflusses ist das 1983 auch beobachtete Auftreten von jugendlichen Randgruppen (Rocker, Skinheads) zur Unterstützung und zum Schutz rechtsextremistischer Veranstaltungen. Hier soll die Neigung dieser Gruppen zur Gewaltanwendung u. a. als Mittel dazu verwendet werden, "die Botschaft" den "Unbelehrbaren" aufzuzwingen. Fälle dieser Art sind im Land schon bekannt aus der Zeit vor den Bundestagswahlen. So wurden in Dortmund Wahlaktionen der NPD "geschützt" durch Anhänger des FußballFanclubs " Borussenfront". Im November 1983 trat die NPD in Gelsenkirchen mit Skinheads bei Gegenaktionen gegen einen Fackelzug zum 45. Jahrestag der Reichskristallnacht und bei einer Feierstunde zum Volkstrauertag auf. In Köln wurde im Dezember 1983 die Vorführung des Films " Der ewige Jude" in der Volkshochschule durch Rechtsextremisten - vorwiegend Mitglieder der WikingJugend - gestört, die von Skinheads unterstützt wurden. 1.8 Kulturgruppen 12 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Die rechtsextremistischen Kulturund Weltanschauungsvereinigungen weisen fast alle - insbesondere aufgrund der Überalterung ihrer Mitglieder - Verfallserscheinungen auf. Sie sind 1983 in Nordrhein-Westfalen öffentlich kaum in Erscheinung getreten. Bei der in den Medien mehrfach genannten Europäischen Arbeiterpartei (EAP) handelt es sich um eine Splittergruppe (NW: ca. 30 Mitarbeiter, Bund: 200 - 250), deren Ziele eine eindeutige Zuordnung zu traditionellen extremistischen Richtungen noch nicht zulassen. Das in ihren Verlautbarungen erkennbar werdende Sendungsbewußtsein und die Theorien einer gegen sie gerichteten weltweiten Verschwörung waren Anlaß, die EAP in den im September 1983 erschienenen Bericht der Landesregierung über Jugendreligionen aufzunehmen. 1.9 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1983 befanden sich unter den ca. 340.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) - soweit bekannt15 Angehörige rechtsextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: Die Zahl der Rechtsextremisten hat sich gegenüber dem vorangegangenen Berichtsjahr nicht verändert. 13 en EI RT LANDESSPIEGEL LANDESSPIEGEL Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen ----n bene TE re | | | Pannen Elena Tu II | N zu Ei 4 | alle ER ff en cha e u s mo dern das SARRALENDER e Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 2 Linksextremismus 2.1 Entwicklungstendenz Das organisatorische Gefüge des Linksextremismus und die Zahl der organisierten Mitglieder haben sich seit Ende 1982 nicht wesentlich verändert. Die Gesamtzahl der Anhänger linksextremistischer Organisationen wird in NordrheinWestfalen weiterhin auf etwa 20.000 geschätzt, von denen 18.000 dem " orthodoxen " Linksextremismus und die restlichen 2.000 der sog. Neuen Linken zuzurechnen sind. Stärkste linksextremistische Gruppierung ist mit etwa 12.000 Mitgliedern in unserem Land (Bund: ca. 40.000) nach wie vor die Deutsche Kommunistische Partei (DKP). Die Nebenorganisationen der DKP - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) - Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) und - Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) bildeten auch 1983 in ihrer Unterordnung und Abhängigkeit einen ideologisch festen Block mit der DKP. Auch in den beeinflußten Organisationen - Deutsche Friedensunion (DFU) - Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) und - Deutsche FriedensgesellschaftVereinigte Kriegsdienstgegner (DFGVK) blieben die maßgeblichen Funktionen in Händen kommunistischer oder eindeutig prokommunistischer Funktionäre. Die politische Bedeutung der Organisationen der sog. Neuen Linken Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) - KPD Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) 17 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK), die den sowjetisch orientierten Kommunismus ablehnen und sich an den Vorstellungen der albanischen bzw. chinesischen kommunistischen Partei orientieren und grundsätzlich bereit sind, zur Durchsetzung ihrer Ziele Gewalt anzuwenden, ging weiter zurück. Während die meisten Organisationen Mitgliederverluste und finanzielle Schwierigkeiten zu verzeichnen hatten, ist die MLPD die einzige, die als relativ stabil angesehen werden kann. Nach Anfangserfolgen in der Betriebsarbeit und in der Friedensbewegung ist allerdings auch bei ihr eine gewisse Stagnation eingetreten, die u. a. durch Auseinandersetzungen in den Führungsgremien bedingt ist. Obwohl die MLPD die mitgliederstärkste Organisation der dogmatischen Neuen Linken darstellt, ist ihr politischer Einfluß insgesamt gering. Neben den ideologisch festgelegten Parteien und Organisationen gibt es eine Reihe von Gruppen, deren Anhänger die dogmatische Konzeption des MarxismusLeninismus ablehnen und eigene, unabhängige politische Zielvorstellungen entwickeln. Von diesen, im übrigen in Nordrhein-Westfalen unbedeutenden, Gruppen sind lediglich die militanten Autonomen hervorzuheben. Sie haben kein gemeinsames politisches Gesamt-Konzept, finden sich aber in dem Ziel, das von ihnen so genannte " Schweine-System " zu zerschlagen und an Stelle des demokratischen Rechtsstaats eine herrschaftslose Gesellschaft zu errichten. Ihre Möglichkeiten werden zwar noch gering bewertet; da sie jedoch Gewalt propagieren und auch anwenden sowie punktuell mit Kräften des terroristischen Umfeldes zusammenarbeiten, dürfen sie nicht unterschätzt werden. Besonderer Schwerpunkt der Bestrebungen aller linksextremistischen Organisationen war der Versuch, auf die Friedensbewegung, die im "Stationierungsjahr" 1983 eine Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Aktionen brachte, Einfluß zu nehmen. Trotz örtlicher Erfolge in der Einflußnahme auf lokale Friedensinitiativen kann jedoch von einer Steuerung oder Unterwanderung der Friedensbewegung durch Linksextremisten insgesamt nicht gesprochen werden. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Ziele Die DKP versteht sich als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse mit einem besonderen historischen Sendungsbewußtsein. Ihre Tätigkeit und ihre Zielsetzung gründet sie auf dem "wissenschaftlichen Sozialismus" (Marxismus-Leninismus). Sie will das "historisch überlebte kapitalistische Ausbeutersystem" revolutionär überwinden und durch eine sozialistische Gesellschaftsordnung nach dem Grundmodell der DDR ersetzen ("Herrschaft der" - von der Partei geführten - "Arbeiterklasse"). Der Weg zu diesem Ziel, der über die Zwischenstufen der "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt" und der "antimonopolistischen Demokratie" führt, wird allein vom Klassenkampf bestimmt, der alle Kampfformen umfaßt und politisch, wirtschaftlich und ideologisch geführt wird. Ein entscheidendes Instrument zur Erreichung dieses Zieles ist für die DKP die Bündnispolitik, d. h. die strategische Vorstellung von der "Aktionseinheit der Arbeiterklasse" und dem "breiten Bündnis der demokratischen Kräfte", letztlich mündend im Konzept der "Volksfront", dem "Zusammenwirken aller 18 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 demokratischen Kräfte". Noch in den "Materialien zum Karl-Marx-Jahr 1983" ist zum Thema "Arbeiterklasse und demokratische Massenbewegungen" ausgeführt: "... Bündnispolitik war und bleibt immer ein fundamentaler Bestandteil der Strategie der revolutionären Arbeiterbewegung..." Vor diesem Hintergrund ist auch das Engagement der DKP in der Friedensbewegung zu sehen. Parteiorganisation Die DKP verfügt weiterhin über einen stets einsatzbereiten Parteiapparat. Die Anzahl der hauptamtlichen Funktionäre ist außergewöhnlich hoch. Der Parteivorstand in Düsseldorf beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter. Er leitet 12 Bezirksorganisationen im Bundesgebiet an, darunter die Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen, die - ohne Hilfskräfte - etwa 30 weitere Funktionäre in gehobenen Positionen beschäftigen. Von den 42 Kreisorganisationen in, Nordrhein-Westfalen werden als sogenannte Grundeinheiten etwa 300 Orts-, Stadtteilund Wohngebietsgruppen sowie etwa 120 Betriebsund Hochschulgruppen angeleitet. Finanzierung Die DKP legte im Herbst 1983 ihren Rechenschaftsbericht für 1982 vor. Hierin hat sie Gesamteinnahmen in Höhe von DM 16.488.871,62 ausgewiesen. (1981 DM 15.102.744,13.) Mit diesen Einnahmen war sie nicht in der Lage, die Vielzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter ordnungsgemäß zu entlohnen. Hinzu kommen die Aufwendungen für die vielen Parteibüros, die Schulungsstätten, die größere Reisetätigkeit der Funktionäre sowie die weitgefächerte Publizistik und die umfangreiche Agitation. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß die DKP - wie in den Vorjahren - auch 1983 erhebliche finanzielle Zuschüsse aus der DDR erhielt. Auf dem Geldkurierweg dürften der Partei monatlich rd. DM 5 Mio. bundesweit zugeflossen sein. Darüber hinaus kann sich die DKP auf ein Netz kommunistischer Wirtschaftsunternehmen stützen, die zumeist von im westlichen Ausland befindlichen Anlagegesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland errichtet worden sind. Diese Firmen werden von der SED in Verbindung mit dem Ministerium für Außenhandel der DDR gesteuert und kontrolliert. Als leitende Mitarbeiter werden nur solche Personen ausgewählt, die sowohl bei der DKP als auch bei der SED als besonders zuverlässig gelten. In dem politisch erwünschten Handel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR sind sie besonders engagiert. Ihnen ist aufgegeben, unter Ausnutzung aller "kapitalistischen" Methoden, den größtmöglichen Nutzen für die DDR zu erzielen. Zur zusätzlichen finanziellen Unterstützung der DKP tragen die Firmen dadurch bei, daß sie hauptamtlichen Funktionären gut dotierte Posten überlassen, die tatsächlich nicht wahrgenommen werden ("Scheinarbeitsverhältnisse"). Publikationen 19 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Als Zentralorgan gibt die DKP die Tageszeitung "Unsere Zeit" (UZ) heraus. Die Auflagenhöhe beträgt etwa 25.000, während die Wochenendausgabe mit ca. 50.000 Exemplaren hergestellt wird. Daneben erscheinen regelmäßig als wichtigste zentrale Schriften der "DKPPressedienst", die "Marxistischen Blätter", die "Nachrichten" (für Gewerkschaftsfunktionäre), die "Landrevue" (für die Landbevölkerung), der "infodienst" (für DKP-Betriebs-, Wohngebietsund Hochschulzeitungen), die deutschsprachige Ausgabe der internationalen Zeitschrift "Probleme des Friedens und des Sozialismus", die Broschüre "Praxis" (für die Parteiarbeit). Eine besondere Rolle nehmen die Betriebs-, Kreisund Stadtteilzeitungen ein. 1983 konnten in Nordrhein-Westfalen ca. 140 Betriebsund Hochschulzeitungen sowie ca. 130 Kreisund Stadtteilzeitungen festgestellt werden, deren Auflagenhöhe durchschnittlich unter 10.000 Exemplaren lag. Die Schriften werden überwiegend in der "Hausdruckerei" der DKP "Plambeck & Co." in Neuss hergestellt. Dieses Unternehmen beschäftigt ca. 360 Personen. Betriebsarbeit Auch im Jahr 1983 sah die DKP in den Betrieben einen "wichtigen Kampfplatz" für jeden Kommunisten und in der Unterstützung ihrer Betriebsgruppen eine Hauptaufgabe. Es gelang der Partei aber wiederum nicht, den Einfluß in den Betrieben auszubauen. Schwerpunktthema der etwa 100 Betriebsgruppen war die Arbeitslosigkeit. Mit Aktionen und ständiger Berichterstattung über ihre Aktivitäten versuchte die DKP, Einfluß auf die Arbeitslosenbewegung" zu nehmen. Weiterhin solidarisierte sich die DKP mit den Gewerkschaften bei der Forderung nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und versuchte, dies agitatorisch für sich zu nutzen. Unterstützt wird die Betriebsarbeit durch die Herausgabe von ca. 130 Betriebszeitungen in Nordrhein-Westfalen, die in unterschiedlicher Auflage erscheinen. Schulung Die DKP hat ein umfangreiches System von Schulungseinrichtungen geschaffen, mit dem sie Mitglieder und Funktionäre ideologisch fortbildet, organisatorisch schult und agitatorisch ausbildet. Die Betriebsarbeiterschulen in Dortmund, Düsseldorf und Essen begannen ihre Jahreslehrgänge im Januar 1983. Ihre Hauptaufgabe ist die Weiterbildung der DKP-Mitglieder, die in den Betrieben und Gewerkschaften wichtige Funktionen ausüben oder erlangen sollen. Einen weiteren wesentlichen Beitrag leistet die DKP-Parteischule "KarlLiebknecht" in Leverkusen. Dort fanden im Jahr 1983 insgesamt 40 einwöchige Grundlehrgänge bzw. einund zweiwöchige Lehrgänge zur Einführung in Teilbereiche (Kommunal-, Bündnis-, Kultur-, Frauenund Hochschulpolitik) sowie 20 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Lehrgänge zum "Klassikerstudium", zur Wirtschaftsund Sozialpolitik und für Bildungsverantwortliche statt. Daneben stehen der DKP für die Schulung folgende Einrichtungen zur Verfügung * Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V. in Frankfurt/Main, * Marxistische Arbeiterbildung (MAB) in Wuppertal als Dachverband der lokalen MAB Bildungsgruppen und der Marxistischen Abendschulen, * Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU in Moskau, * SED-Parteischule "Franz Mehring " in Ost-Berlin und * Verein Marx-Engels-Stiftung e.V. im Marx-Engels-Zentrum in Wuppertal. Schwerpunkte der Parteiarbeit 1983 standen die politischen Auseinandersetzungen um die NATO-Nachrüstung im Mittelpunkt der Parteiarbeit. Dies drückte sich in einer Vielzahl von Veröffentlichungen in Kleinzeitungen, Flugblättern und Nachbarschaftsbriefen, in Versammlungen und Info-Ständen zu diesem Thema und der erheblichen personellen und organisatorischen Unterstützung der Friedensbewegung aus. Die Folge war ein spürbarer Rückgang der eigentlichen innerparteilichen Arbeit, der in Kauf genommen wurde. Als positiv wertet die DKP, daß bei anderen gesellschaftlichen Gruppen bestehende Berührungsängste durch die Mitwirkung in der Friedensbewegung zum Teil abgebaut worden sind und die Partei für Teile der Friedensbewegung inzwischen ein akzeptabler politischer Mitstreiter geworden ist. Bundestagswahl 1983 Am 22. Januar 1983 veranstaltete die DKP im Rahmen der sog. Woche der DKP (22. Januar -30. Januar 1983) in Wuppertal einen "Bundeswahlkongreß". An der Veranstaltung nahmen ca. 1.000 Mitglieder und Funktionäre aus dem gesamten Bundesgebiet sowie Vertreter der DKP-Nebenorganisationen teil. Der auf dem Kongreß verabschiedete Wahlaufruf enthielt u. a. die Forderung nach einer Kürzung des Rüstungshaushaltes, Verabschiedung eines 50-MilliardenBeschäftigungsprogrammes, Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, gesicherter Ausbildung und Gleichberechtigung und Schutz der Umwelt. Trotz eines erheblichen Kostenaufwandes gelang es der DKP in Nordrhein-Westfalen nicht, die Parteimitglieder in dem gewünschten Maße zu mobilisieren. In Nordrhein-Westfalen gaben ihr 32.159 Wähler ihre Erststimme = 0,3 %, 21.065 ihre Zweitstimme = 0,2 %. Sie hat gegenüber der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 (33.594 Erststimmen, 23.105 Zweitstimmen) eine Stimmeneinbuße von 1.435 Erststimmen und 2.040 Zweitstimmen erlitten. 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Ein wesentlich über dem Landesdurchschnitt liegendes Ergebnis konnte sie lediglich in dem Wahlkreis Bottrop-Recklinghausen IV erzielen. Sie erhielt dort 1,3 % der gültigen Erststimmen und 0,7 % der gültigen Zweitstimmen. Delegationsreisen in die DDR Die Bezirksorganisationen Rheinlandund Ruhr-Westfalen entsandten im Jahre 1982 ca. 100 Delegationen in die DDR. Es handelte sich hierbei vorwiegend um Funktionärsdelegationen, Delegationen mit Mitgliedern aus Stadtteilund Betriebsgruppen und "Frauen"-, "Eltern" und "Veteranen" -delegationen. Sie umfaßten in der Regel nicht mehr als ca. 20 Personen. Zentrale Veranstaltungen * Anläßlich des Internationalen Frauentages am 8. März 1983 trat die DKP mit zahlreichen politischen Aktionen unter der Losung "Wir wollen in Frieden leben!" in Erscheinung. Es wurden Flugblätter verbreitet, rote Nelken verteilt sowie auf Kreis-, Ortsund Stadtteilebene Veranstaltungen durchgeführt. Schwerpunkte der politischen Agitation waren die Themen "Frieden und Abrüstung", "Arbeitsplätze und soziale Sicherheit", "Gleichberechtigung". * Die Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen hat am 17. Juni 1983 in der Stadthalle in Castrop-Rauxel den sog. "Tag des Gruppenvorsitzenden" veranstaltet. Hieran nahmen ca. 300 DKP-Funktionäre teil. * Die Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen hat am 17./18. September 1983 in Bottrop auf der 7. Bezirksdelegiertenkonferenz einen neuen Vorstand, eine neue Schiedskommission und Revisionskommission gewählt. Die 507 wahlberechtigten Delegierten wählten Heinz CZYMEK, bisher Bezirkssekretär für Kommunalpolitik, zum neuen Vorsitzenden. Stellvertretender Vorsitzender wurde Werner HÖNER. Er übte zuvor die Funktion eines Bezirkssekretärs für Landwirtschaft aus. Von dem neugewählten, 78 Personen umfassenden Bezirksvorstand gehörten 65 bereits dem bisherigen an. Volker SPITZ wurde als Landesvorsitzender der Jungen Pioniere und Monika SCHULZE als Landesvorsitzende der SDAJ aufgenommen. Der Bezirksvorstand hat ein 11 Personen umfassendes Sekretariat gewählt. * Auf der 7. Bezirksdelegiertenkonferenz der Bezirksorganisation Rheinland-Westfalen am 29./30. Oktober 1983 in Köln wurden ebenfalls ein neuer Vorstand, eine neue Schiedskommission und die Revisionskommission gewählt. Die 269 stimmberechtigten Delegierten wählten Heinz HUMBACH wieder zum Vorsitzenden. Peter TÜMMERS, stellvertretender Vorsitzender, wurde in seinem Amt bestätigt. Der 22 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 neugewählte Bezirksvorstand ist um 3 Personen auf 65 erweitert worden. Hiervon gehörten bereits 44 dem bisherigen Bezirksvorstand an. Der Bezirksvorstand hat ein 10 Personen umfassendes Sekretariat gewählt. In die Bezirksschiedskommission wurden 8 Parteimitglieder und in die Bezirksrevisionskommission 7 Parteimitglieder gewählt. * Am 17. November in Bochum und am 19. November 1983 in Düsseldorf veranstaltete die DKP sog. Arbeiterfestkonzerte mit dem RundfunkSinfonieorchester Berlin/DDR. Sie nutzte die Veranstaltungen zur Agitation gegen die Sicherheitspolitik der Staaten des Nordatlantikpakts. * Am Parteitag vom 6.-8. Januar 1984 in Nürnberg, der unter der Losung stand "Der Frieden muß siegen! Jetzt erst recht: Arbeitsplätze statt Raketen", nahmen 651 ordentliche Delegierte und 127 Gastdelegierte aus dem Bundesgebiet teil. Entgegen den Angaben der DKPFührungsgremien, daß davon fast 75 % Arbeiter und Angestellte seien, lag deren Anteil in Wirklichkeit unter 50 %. Auf Einladung der DKP waren 40 Delegationen anderer kommunistischer Parteien und Vertreter sogenannter antiimperialistischer Befreiungsbewegungen sowie befreundeter Organisationen aus dem Ausland erschienen. Wie bei den früheren Parteitagen räumte die DKP den Vertretern der KPdSU und der SED den Vorrang ein. Der bisherige Parteivorsitzende Herbert MIES sowie sein Stellvertreter Hermann GAUTIER wurden mit großer Mehrheit in ihren Funktionen bestätigt. Von den weiteren 89 Mitgliedern des neu gewählten Parteivorstandes wohnen 35 in Nordrhein-Westfalen. Am Vorabend des Parteitages fand die Bundeswahlversammlung zu den Europawahlen am 17. Juni 1984 statt. Die Bundesliste mit insgesamt 78 Kandidaten wird von dem Parteivorsitzenden Herbert MIES angeführt. Die DKP strebt an, zu diesen Wahlen ein Bündnis "linker Kräfte" mit einem gemeinsamen Förderungsprogramm zu bilden. In diesem Falle würde sie die eigene Kandidatur zurückziehen und zur Wahl des Bündnisses aufrufen.*) 23 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 *) Nach letzten Informationen will die DKP nunmehr auf eine eigene Kandidatur verzichten und eine sog. Friedensliste "mit aller politischen, geistigen und organisatorischen Leistungskraft unterstützen". 2.3 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Auch die SDAJ war 1983 eindeutig ausgerichtet auf die aktive Mitarbeit innerhalb der Friedensbewegung. Die Hoffnung der Funktionäre, damit der SDAJ einen kräftigen Mitgliederzuwachs zu verschaffen, ist - soweit bekannt - nicht in Erfüllung gegangen. Höhepunkt der Aktivitäten der SDAJ war das gemeinsam mit dem MSB am 22. und 23. Mal 1983 in Dortmund durchgeführte 4. "Festival der Jugend", an dem nach polizeilichen Schätzungen mehr als 80.000, nach Darstellung der Veranstalter ("UZ" vom 24. Mai 1983) mehr als 200.000 Jugendliche teilnahmen. Politische Anliegen des Festivals waren der "Kampf für den Frieden und gegen die Stationierung neuer amerikanischer Atomraketen in der Bundesrepublik Deutschland", Treffen gegen rechts und für Lehrstellen und Arbeitsplätze. Die SDAJ war auch dominierend auf dem 1. bundesweiten Schülerkongreß im Dezember 1983 in Köln, zu dem die Konferenz der Landesschülervertretungen (KDLSV) eingeladen hatte. In einem Grußschreiben des Bundesvorstandes der SDAJ wurde hervorgehoben, daß die Mitglieder der SDAJ in den Schulen daran mitwirken würden, "die Kämpfe gegen die Politik der Rechtskoalition, gegen die friedensbedrohende Stationierung der US-Raketen, gegen den Bafög-Klau " weiter zu entwickeln. In der verabschiedeten Resolution wird gefordert: "Kampf gegen die Streichung des Schülerbafögs, gegen Atomraketen, für Friedenserziehung in den Schulen, für die Gründung von bisher nicht zugelassenen Schülervertretungen in Bayern und Baden-Württemberg." 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Auf dem 8. Bundeskongreß des MSB am 3./4. Oktober 1983 in Münster unter dem Motto "Auf Dich selber kommt es an! Nein zu Pershing II und Cruise Missile! Gemeinsam gegen rechts! Mach mit im MSB Spartakus!" betonte der Bundesvorstand, daß er mit der DKP in der marxistischen Weltanschauung und im sozialistischen Ziel übereinstimme. Weiter erklärte er, daß im weiteren Kampf gegen den "Bafög-Kahlschlag" die Aktionseinheit mit dem SHB "das wichtigste Kraftzentrum der Studentenbewegung für den Kampf gegen rechts" bleibt. Der Kongreß verabschiedete den "Aufruf für eine bundesweite Urabstimmung gegen die Raketenstationierung!! Für einen bundesweiten Streik der Studenten vom 5. - 12. Dezember 1983!!". Er beschloß außerdem ein Frauenaktionsprogramm. Nach eigener Aussage ist "damit der MSB Spartakus der erste Studentenverband, der auf ein umfangreiches Programm in der Frauenfrage bauen kann". Bernd GÄBLER - inzwischen auch Mitglied des Parteivorstandes der DKP - wurde zum neuen Bundesvorsitzenden des MSB gewählt. Der Sozialistische Hochschulbund (SHB), langjähriger Partner des MSB in studentischen Selbstverwaltungsgremien, hat sich auf seiner 24. ordentlichen Bundesdelegiertenversammlung im Oktober 1983 in Siegen ebenfalls gegen die 24 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Nachrüstung und für die bundesweite Urabstimmung an den Hochschulen ausgesprochen. 2.3.3 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) Parallel zum " Festival der Jugend" am 22. und 23. Mai 1983 fand im Dortmunder Fredenbaumpark erstmals ein bundesweites Pfingsttreffen der JP statt. Höhepunkt dieses Treffens war ein "Friedensumzug" mit ca. 5.000 Kindern am Pfingstmontag zum Konzert "Flieg Friedenstaube, flieg". In der Zeit vom 24. Juli - 10. August 1983 veranstalteten die DKP und die Jungen Pioniere ihre alljährlichen preisgünstigen Kinderferienreisen in die DDR. Die Kosten betrugen je Kind DM 130,-. Mit Sonderzügen und Bussen wurden aus Nordrhein-Westfalen ca. 2.100 Kinder verschickt. Diese Reisen, die dazu dienen sollen, die Kinder als Mitglieder der JP zu werben und über die Kinder deren Eltern für die Arbeit der DKP zu gewinnen, haben die in sie gesetzten Erwartungen bisher nicht erfüllt. 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen und Einrichtungen 2.4.1 Deutsche Friedens-Union (DFU) Auch die DFU setzte 1983 all ihre Kräfte im "Friedenskampf" ein. Der 10. ordentliche Unionstag der DFU am 17. April 1983 in Köln stand unter dem Motto: - Gemeinsam für den Frieden - Keine Raketenstationierung - Rechtstrend stoppen. Die durchgeführten Wahlen brachten im Direktorium und im Bundesvorstand nur unwesentliche Änderungen. So wechselte Simon-Peter GERLACH aus dem Direktorium in den Vorstand. Als sein Nachfolger wurde Horst BETHGE aus Hamburg gewählt. 2.4.2 Deutsche Volkszeitung (DVZ) Die DVZ, bisher Sprachrohr der DFU, stellte mit der Liquidation des MonitorVerlages am 30. September 1983 aus wirtschaftlichen Gründen ihr Erscheinen ein. Der Röderberg-Verlag in Frankfurt/Main pachtete den Titel, um in Verbindung mit der von ihm herausgegebenen "die tat" eine neue kommunistische Bündniszeitung zu starten. Die "Nullnummer" der " Deutsche Volkszeitung - die tat" erschien am 6. September 1983. Die Redaktion der neuen Zeitung steht unter entscheidendem Einfluß der DKP. Neben dem Chefredakteur Franz SOMMERFELD (ehemals Chefredakteur des 25 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 MSB-Organs "rote blätter") sind auch dessen Stellvertreterin Ruth KELLNER und weitere Mitarbeiter Mitglieder der DKP. 2.4.3 Krefelder Appell Am 17. September 1983 fand in Bonn-Bad Godesberg unter Federführung der DFU das 3. Forum der Krefelder Initiative mit insgesamt ca. 600 Personen statt. Josef WEBER, der auch die Gesamtleitung der Veranstaltung hatte, sagte in einem Interview (UZ vom 9. September 1983), "das 3.Forum sei in der Reihe der vielfältigen Herbstveranstaltungen der Friedensbewegung zu sehen". Weiter führte er aus: charakteristisch sei, "daß erstmals Sprecher von berufsbezogenen Initiativen (Richter, Journalisten, Theologen, Naturwissenschaftler, Ärzte z. B.) und speziellen gesellschaftlichen Gruppen (etwa der Sportler) mit anderen Sprechern der Friedensbewegung und Repräsentanten ausländischer Friedensbewegungen gemeinsam auftreten." Die Unterschriftensammlung zum Krefelder Appell soll mit neuen Listen und neuem Text wiederbelebt werden. Darin heißt es: "Der Atomtod bedroht uns alle keine Atomraketen in Europa" "Gestützt auf 5 Millionen Unterschriften lehnen wir die Stationierung von Pershing 11Raketen und Marschflugkörpern ab. Wir fordern, die beginnende Stationierung von Pershing II-Raketen und Marschflugkörpern zu stoppen und rückgängig zu machen; alle Massenvernichtungswaffen in Ost und West abzubauen mit dem Ziel eines A-, B- und C-Waffen freien Mitteleuropa." 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) Ein klarer Schwerpunkt der DFG-VK-Aktivitäten war das Ziel der Friedensbewegung, den "NATO-Raketenbeschluß" politisch undurchführbar zu machen. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen verabschiedete "Arbeitsschwerpunkte" bis in das Jahr 1984 hinein. Danach will die Organisation verstärkt gegen die "Kriegsdienstverweigerungs-Neuregelung" kämpfen, die "Kampagne für atomwaffenfreie Städte und Gemeinden" betreiben und die Aktivitäten der Friedensbewegung mittragen. In der Zeit vom 17. - 19. Juni 1983fand in Hamm eine Großveranstaltung der DFG-VK "Jugend gegen Kriegsdienst" statt, an der ca. 8 500 Personen im Alter bis zu 30 Jahren teilnahmen. 2.5 Dogmatische Neue Linke 26 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 2.5.1 Kommunistische Partei Deutschlands (MarxistenLeninisten) - KPD - Nach eigenen Angaben ist die Mitgliederzahl der Partei seit dem IV. Parteitag 1978 auf rund 850 zurückgegangen. Nach hiesiger Schätzung dürfte die Mitgliederzahl in Nordrhein-Westfalen derzeit lediglich 150 (Bund: 400) betragen. Im April 1983 erschien erstmalig, anstelle des bisherigen theoretischen Organs "Der Weg der Partei", das neue theoretische Organ " Kommunistische Hefte". Es wird vierteljährlich herausgegeben. Das Zentralorgan der KPD, "Roter Morgen", erscheint seit September ohne türkischsprachigen Teil. Die KPD kandidierte zur Bundestagswahl am 6. März 1983 zusammen mit dem Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) innerhalb eines Wahlbündnisses. In einem gemeinsamen Kommunique vom 16. April 1983 wurde eine engere Zusammenarbeit dieser Organisationen vereinbart. Die geplanten gemeinsamen Beratungen beider Zentralkomitees haben bisher jedoch nicht stattgefunden. Im Rahmen ihrer Protestaktionen gegen die Verurteilung von "kommunistischen Oppositionellen" in der DDR führte die KPD in der Zeit vom 29. Juni - l. Juli 1983 vor der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn einen Hungerstreik durch. Im November und Dezember 1983 führte die KPD konspirativ ihren V. ordentlichen Parteitag durch. Der bisherige Vorsitzende und Gründer der Partei, Ernst AUST aus Hamburg, kandidierte nicht mehr, ist aber weiterhin Mitglied des Zentralkomitees. Zum Parteivorsitzenden gewählt wurde der einzige Kandidat Horst-Dieter KOCH aus Dortmund. KOCH war bisher langjähriges Mitglied des Polit-Büros des Zentralkomitees der KPD. Am 17./18. Dezember 1983 traf sich das auf dem V. Parteitag neugewählte Zentralkomitee der KPD zu seiner ersten konstituierenden Sitzung. Es wurde ein neues Politisches Büro des Zentralkomitees gewählt, dem neben dem Vorsitzenden der Partei sechs weitere Mitglieder des Zentralkomitees angehören. Außerdem wurde vom Zentralkomitee ein Organisationsbüro bestimmt. 2.5.2 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (Volksfront) - V - Die Mitgliederzahl für den Landesverband Nordrhein-Westfalen (Sitz: Aachen) wird auf 500 (Bund: 1.500) geschätzt. Auf Initiative der Volksfront fand am 26. und 27. Februar 1983 in Krefeld ein Kongreß statt, an dem bis zu 550 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Das Thema war: "Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg", Schwerpunkt des Kongresses war die "Ausländerproblematik". Am 26. und 27. November 1983 führte die Volksfront in Frankfurt/Main ihren 3. ordentlichen Bundeskongreß durch. Der bisherige Vorsitzende der Volksfront, Harry DUBINSKY aus Bad Homburg, wurde wiedergewählt. Die Volksfront ist bestrebt, Möglichkeiten antifaschistischen Kampfes, auch in verschiedenen Teilbereichen, aufzuzeigen und in Angriff zu nehmen. 27 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 2.5.3 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die Mitgliederzahl wird für Nordrhein-Westfalen auf 400 (Bund: 1.000) geschätzt. Die MLPD hat 1983 - allerdings ohne größeren Erfolg und ohne nachhaltige Wirkung in der Öffentlichkeit - versucht, in Betrieben aktiv zu werden und sich an Aktionen der Friedensbewegung zu beteiligen. Zur Bundestagswahl im März 1983 wollte sie mit einer Vereinigten Arbeiterliste (VAL) kandidieren. Da diese die notwendige Breitenwirkung nicht erzielen konnte, ist sie im Mai 1983 auf ihrem 3. Bundeskongreß wieder aufgelöst worden. Am 2. Oktober 1983 wurde das Parteihaus der MLPD in 4300 Essen, Rellinghauser Straße 334, offiziell eingeweiht. In dem Gebäude sind das Zentralkomitee, die Redaktion "Rote Fahne" und die Repro + Druck GmbH (bisher Haan, Düsseldorfer Straße 10) untergebracht. Auf ihrem 5. zentralen Delegiertentag (zDT) im Herbst 1983 beschlossen die Kommunistischen Studentengruppen (KSG), Hochschulgruppen der MLPD, eine Namensänderung in Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV). Von der Zahl der Mitglieder her, die für Nordrhein-Westfalen mit 20 angenommen wird, hat der MLSV nur geringe Bedeutung. 2.5.4 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Die Mitgliederzahlen für Nordrhein-Westfalen werden auf ca. 100 (Bund: 300) geschätzt. Am 21./22. Mai 1983 fand in Frankfurt/Main die VII. ordentliche Delegiertenkonferenz des KBW statt, an der 85 Delegierte aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Anläßlich dieser Delegiertenkonferenz konstituierte sich der KBW als Verein mit Sitz in Frankfurt/Main und verabschiedete eine Satzung. In seiner Arbeitsweise geht der KBW davon aus, daß nur in Kritik des modernen Kapitalismus und des (sowjetischen) Staatsmonopolismus eine Strategie der Emanzipation der Arbeit, d. h. des Kommunismus, entwickelt werden kann. Er will seine bundesweiten Arbeitsund Diskussionszusammenhänge stärken und dabei die Zusammenarbeit mit Kräften, die ähnliche Ziele verfolgen, suchen. Am 1./2. Oktober 1983 fand eine Sitzung der KBW-Bundesleitung statt, auf der ein neuer Bundesvorstand gewählt wurde. Erster Vorsitzender ist Günter SCHABRAM aus Aachen, stellvertretende Vorsitzende Annemarie NIKOLAUS aus Berlin und Geschäftsführer Georg DUFFNER aus Karlsruhe. Anstelle der bisherigen Wochenzeitung (Kommunistische Volkszeitung - KVZ) und der theoretischen Zeitschrift (Kommunismus und Klassenkampf - KuK) gibt der KBW seit Januar 1983 die politische Monatszeitschrift "Kommune - Forum für Politik und Ökonomie" heraus. Die Zeitschrift erreicht eine durchschnittliche monatliche Verkaufsauflage von ca. 2.600 Exemplaren. Nach eigenen Angaben vom April 1983 betrug das monatliche Defizit durchschnittlich DM 12.500,pro Monat. 2.5.5 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 28 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Die Mitgliederzahl des BWK wird in Nordrhein-Westfalen auf 60 (Bund: 450) geschätzt. Der BWK führte am 1./2. April 1983 in Hannover seine 3. ordentliche Delegiertenkonferenz durch, zu der auch Vertreter anderer Gruppen der Neuen Linken eingeladen worden waren, Nicht nur durch die Beteiligung anderer Organisationen, sondern auch in der Thematik und Diskussion der Delegiertenkonferenz wurde das Bemühen des BWK um Fortschritte in der "Vereinigung der revolutionären Sozialisten" deutlich. Als ein Ergebnis dieser Bemühungen ist die im Kommunique von KPD und BWK vom 16. April 1983 erklärte Absicht anzusehen, künftig ernsthaft weiter zusammenarbeiten zu wollen. Dies soll u. a. in der Herausgabe einer gemeinsamen theoretischen Zeitschrift erfolgen. Geschäftsführer des ZK des BWK-Bundesvorstandes ist nach wie vor Jörg DETJEN (Hannover). 2.5.6 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Der vom AB getragene "Förderkreis zur westdeutschen Erstaufführung des Herrnburger Berichts von Bertold BRECHT und Paul DESSAU am 11. Mai 1983 in Essen e.V." hat am 11. Mai 1983 in Essen den "Herrnburger Bericht" vor 450 Personen aufgeführt. In diesem Zusammenhang hatten schon vor der Aufführung ca. 30 Anhänger des AB, bekleidet mit den Uniformhemden der Freien Deutschen Jugend (FDJ), an der Rüttenscheider Brücke in Essen eine Mahnwache zum 31. Todestag des Kommunisten Philipp MÜLLER gehalten. Ferner warben meist aus Süddeutschland angereiste AB-Anhänger mit Info-Ständen, Flugblättern und Plakatklebeaktionen für den Besuch der Aufführung. 2.5.7 Marxistische Gruppe (MG) MG und BWK riefen zum 17. Juni, "dem Großkampftag des deutschen Nationalismus und seiner Friedensheuchelei", auf zu einer Gegendemonstration in Bonn mit dem Thema "Gegen den BRD-Imperialismus! Gegen die gewaltsame deutsche Wiedervereinigung im NATO-Weltkrieg". An der störungsfrei durchgeführten Demonstration nahmen statt der 20.000 erwarteten nur ca. 6.500 Demonstranten teil. Wie in den Vorjahren führte die MG öffentliche Veranstaltungen in Hochschulen bzw. Gaststätten durch, die teilweise bis zu 200 Besucher hatte. Neben den bisher bekannten Stützpunkten in Bochum und Dortmund wird als weiterer der Marxistische Buchladen in Bonn angesehen. 2.6 Undogmatische Neue Linke Undogmatische Links-Extremisten lehnen die bindenden ideologischen Grundlagen des Marxismus-Leninismus ab und streben einen eigenständigen Sozialismus an. Dessen Inhalte stehen bei den verschiedenen Gruppierungen in 29 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 unterschiedlichem Umfang im Widerspruch zu tragenden Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 2.6.1 Militante Autonome Aus dem zum Teil schwer zu definierenden Spektrum der " Undogmatischen " haben die militanten Autonomen besondere Bedeutung erlangt. Sie und ihre Anhänger bezeichnen die demokratische Grundordnung als ein " SchweineSystem ", das sie in eine herrschaftslose Gesellschaft verändern wollen. Ihre Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt ist vielfach durch entsprechendes Handeln unterstrichen worden. In Schriften militanter Autonomer findet sich der Slogan, der eine wesentliche Zielvorstellung wiedergibt: "Zerschlagt die NATO! Zerschlagt den Staat! Zerschlagt Justizund Knastapparat! Unser Kampf wird niemals enden, auch nicht hinter Zuchthauswänden!" Trotz Übereinstimmung in manchen Grundfragen bestehen gemeinsame und von allen getragene bindende politische Gesamtkonzeptionen nicht. Die Autonomen sind auch lediglich örtlich organisiert, haben aber selbst hier keine festen Organisationsstrukturen. Überörtliche Zusammenschlüsse sind auch in Ansätzen nicht erkennbar. In Nordrhein-Westfalen haben insbesondere militante Autonome die Krawalle am 25. Juni 1983 in Krefeld ausgelöst. Ca. 1.000 Randalierer, die auch aus anderen Teilen der Bundesrepublik angereist waren, begingen Ausschreitungen, vornehmlich gegen den an diesem Tag in Krefeld weilenden US-Vizepräsidenten Bush. 2.6.2 Extremistische Einflußnahme auf die UmweltschutzBewegung Das Bedürfnis nach verbesserten Maßnahmen zum umfassenden Schutz der Umwelt ist zunehmend breiten Kreisen der Bevölkerung bewußt geworden. In den vergangenen Jahren richteten sich die Umweltschutzkampagnen vornehmlich gegen die Nutzung der Kernenergie-, heute richten sich die Angriffe gegen alle die Umwelt gefährdenden Einrichtungen und Maßnahmen. Obwohl sich an den Kampagnen auch Extremisten - vornehmlich der Neuen Linken - beteiligten, kann von einer Steuerung oder Unterwanderung der Umweltschutzbewegung insgesamt keine Rede sein. Die Erfahrungen im Jahre 1983 haben vielmehr gezeigt, daß sich selbst Extremisten dem überwiegend gewaltlosen Potential innerhalb der Umweltschutzbewegung untergeordnet haben, zumal auch in extremistischen Kreisen unterschiedliche Auffassungen über die Frage der Anwendung von Gewalt bei der Durchführung insbesondere größerer Veranstaltungen bestehen. 2.6.3 Extremistische Einflußnahme auf Aktivitäten gegen Munitionstransporte 30 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Militante Protestaktionen gegen Munitionstransporte der US-Streitkräfte in den Niederlanden lenkten 1982 die Aufmerksamkeit linksextremistischer Gruppen in Norddeutschland auf die im Bundesgebiet von Nordenham ausgehenden Munitionstransporte und auf den regelmäßig verkehrenden Militärzug Bremerhaven - Berlin. Bei einem Treffen des Bundes Autonomer Friedensgruppen (BAF) am 26./27. Februar 1983 in Frankfurt/Main wurde das Thema "US-Munitionstransporte" vorgestellt. Weitere Bundestreffen fanden hierzu im März, Mai, Juli, September und November 1983 statt. Schwerpunkte waren dabei die Absprache über die Ausspähung der Transportwege sowie der Aufbau einer bundesweiten Telefonkette, um Behinderungsund Blockadeaktionen vorzubereiten. Hierzu führt "die tageszeitung " vom 5. Juli 1983 aus: "Problematisch, so bekannten die Aktivisten in den Arbeitsgruppen, gestaltet sich die Beschaffung verläßlicher Informationen über Zeitpläne und exakte Routen. Unregelmäßige Einsätze von Sonderzügen und - schiffen sowie kurzfristige Umleitungen verursachten Frust und Demobilisierung' ' Angesichts dieser Schwierigkeiten, die einer effektiven Behinderung der Munitionstransporte zuwiderlaufen, beschränken sich die Hauptaufgaben der Blockadegruppen noch in erster Linie auf die ,Auskundschaft' der Infrastruktur. Zur schnellen Koordination der dezentralen Blockaden wird eine bundesweite Telefonkette verdichtet". Bundesweit lagen die Schwerpunkte der Aktionen gegen die Munitionstransporte im norddeutschen Raum, und zwar mit Blockaden am 13. und 14. in Nordenham und am 15. Oktober 1983 mit einer Großdemonstration in Bremerhaven. Die Aktionen waren als Ausdruck des Protestes gegen die gesamte "Militärregion Bremen/Bremerhaven" gedacht. In Nordrhein-Westfalen ist es nur zu kleineren Zwischenfällen gekommen, die sich auf das Werfen von Farbbeuteln, Farbschmierereien, das Zeigen von Transparenten "Stoppt die Munitionstransporte" und das Entfernen von NATO-Verkehrszeichen beschränkten. 2.7 Trotzkismus Die verschiedenen trotzkistischen Gruppierungen sind im Laufe des Jahres 1983 in Nordrhein-Westfalen in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung getreten. Lediglich der Sozialistische Jugendbund (SJB), die deutsche Sektion des "Internationalen Jugendkomitees der Vierten Internationale", veranstaltete anläßlich des 100. Todestages von Karl MARX im März 1983 den internationalen "Marx-Marsch von Trier nach London", der ohne größere Resonanz bei der Bevölkerung störungsfrei verlief. 2.8 Linksextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1983 befanden sich unter den ca. 340.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) - soweit bekannt - 223 Angehörige linksextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: 31 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Die Zahl der Linksextremisten im öffentlichen Dienst hat sich gegenüber dem vorangegangenen Berichtsjahr um 24 erhöht. Die Steigerung ist im wesentlichen auf eine verbesserte Erkenntnislage der Verfassungsschutzbehörde zurückzuführen. Darüber hinaus ist in Einzelfällen die Übernahme in den öffentlichen Dienst auf Anregung der Gerichte erfolgt. 32 Der, ehrheit! her Muindekaiie pe DKP fordert jetzt erWu, 1|250 a er De FE ES SEES SET eg Te 5 u u ne eh lla fa | LHEp salen N tl f. Fael pzyfIHt Ir;faal 1 LE ia Prukekerierwe Los nF nie u r Hennef: rende ns "ir en ei = iiui il -- sche | HN re Kuna * RoterPfeil El El E Schblertie Melenienrerbande -- HLET IT Tg =ug SEEEn Te "damit 1083wotz Kohl kein eunin. wird u De N [u Ben - - = " | Montag. 2144.16 N,Bundeshaus 'Jeizterst recht... Widerstand Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 3 Terrorismus 3.1 Entwicklungstendenz Im Bereich des deutschen linksextremistischen Terrorismus geht von den überregionalen terroristischen Vereinigungen Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) und Rote Armee Fraktion (RAF) trotz der 1983 nachlassenden Aktivitäten weiterhin eine ernstzunehmende terroristische Bedrohung aus. Die Zahl der Anschläge der RZ ist im Berichtsjahr in Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Vorjahr von 10 auf 6 zurückgegangen. Bemerkenswert ist hierbei, daß die Rote Zora, die sich selbst als Autonome Frauengruppe in den Revolutionären Zellen" bezeichnet, 1983 für vier der sechs verübten Anschläge der RZ die Verantwortung übernahm. Die RAF hat sich offenbar von den Rückschlägen, die sie durch die Festnahmen führender Mitglieder im November 1982 bzw. im März 1983 erlitt, noch nicht erholt. Ihre noch im Untergrund lebenden Mitglieder bilden jedoch weiterhin ein gefährliches terroristisches Potential. Örtliche terroristische Aktionen weisen darauf hin, daß die Bedeutung des Kleingruppen-Terrorismus nicht unterschätzt werden darf; insbesondere zeigt sich nunmehr auch im Umfeld der RAF eine zunehmende Bereitschaft, terroristische Gewaltakte zu verüben. Insgesamt wurden 1983 im Landesbereich NordrheinWestfalen 58 Brandund 20 Sprengstoffanschläge registriert. 3.2 Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) Die Auswahl der Zielobjekte macht das Selbstverständnis der RZ vom "Widerstand auf allen Ebenen" und die Strategie der Anknüpfung an tatsächliche oder vermeintliche Mißstände deutlich, In den meist umfangreichen ideologischen Begründungen der Tatbekenntnisse werden u. a. die Ausbeutung der Frauen aus der Dritten Welt, die Entwicklungshilfepolitik, die Beteiligung von Firmen an militärischen Projekten sowie die Sammlung personenbezogener Daten durch private Auskunfteien kritisiert. Die RZ bekannten sich in Nordrhein-Westfalen zu folgenden Anschlägen: 08.03.1983 Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Botschaft der Republik Philippinen in Bonn (Rote Zora). 08.03.1983 Versuchter Brandanschlag auf den PKW eines Reisebürokaufmanns in Köln (Rote Zora). 13.06.1983 Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Konrad-AdenauerStiftung in Sankt Augustin (Revolutionäre Zellen). 06.11.1983 Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Firma Siemens in Witten-Annen (Rote Zora). 06.11.1983 Sprengstoffanschlag auf das Justizvollzugsamt in Hamm (Revolutionäre Zellen). 38 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 31.12.1983 Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Firma Creditreform in Neuss (Rote Zora). 3.3 Rote Armee Fraktion (RAF) und RAF-Umfeld Die RAF ist seit der Entdeckung zahlreicher Erddepots im Jahre 1982 sowie der Festnahme führender Mitglieder im November 1982 stark geschwächt. 1983 traten weitere Rückschläge hinzu: - Im Kölner Königsforst wurde am 10. Januar 1983 ein weiteres Erddepot gefunden, in dem u. a. drei Handgranaten und schriftliche Unterlagen lagerten. - Am 1. März 1983 konnte Gisela DUTZI in Darmstadt festgenommen werden. Sie führte eine großkalibrige Pistole, eine 100-Dollar-Banknote aus dem Lösegeld im Entführungsfall Palmer, einen gefälschten Bundespersonalausweis sowie schriftliche Unterlagen mit konspirativen Notizen bei sich. - Der Deutschen Botschaft in Paris stellte sich am 17. Oktober 1983 ein mutmaßliches RAF-Mitglied, das am selben Tag in die Bundesrepublik Deutschland zurückgebracht wurde. Am 11. Oktober 1983 wurde vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf, unter starker Beachtung bei den Anhängern der RAF, die Hauptverhandlung gegen die angeklagten mutmaßlichen RAF-Mitglieder Adelheid SCHULZ und Rolf Clemens WAGNER eröffnet; beiden wird u. a. vorgeworfen, 1977 an dem Mordund Entführungsfall Schleyer beteiligt gewesen zu sein. Personen des Umfeldes der RAF sind offenbar in zunehmendem Maße bereit, selbst terroristische Gewalttaten zu verüben. Die Tatbekenntnisse zu folgenden terroristischen Anschlägen lassen vermuten, daß es sich bei den Tätern um militante Anhänger der RAF handelt: 28.02.1983 Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude in Düsseldorf, das etwa zur Hälfte von der Firma Standard-Elektronik Lorenz (SEL) angemietet ist. 07.06.1983 Brandanschlag auf das Gebäude des Landgerichts Wuppertal. 09.06.1983 Brandanschlag auf ein Kabellager der Firma Siemens in Bielefeld. 30.06.1983 Brandanschlag auf das Gebäude der Justizvollzugsschule in Wuppertal. 20.11.1983 Sprengstoffanschlag auf das Dienstgebäude 11 des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf sowie versuchter Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Firma Honeywell-Bull in Düsseldorf. 39 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Daneben haben Personen des RAF-Umfeldes auf Veranstaltungen sowie durch die Verbreitung von Schriften, deren ständige Forderung - insbesondere auch nach den Krawallen in Krefeld - die "Zusammenlegung der Gefangenen aus der RAF und dem antiimperialistischen Widerstand" ist, versucht, die politischen Vorstellungen der RAF zu vermitteln. Wichtige Anknüpfungspunkte ihrer Aktivitäten bildeten auch die NATO und in diesem Zusammenhang besonders das Thema Nachrüstung. Den RAFAnhängern ist es jedoch nicht gelungen, Einfluß auf die Friedensbewegung zu gewinnen. Erfolglos blieb auch das Bestreben, zusammen mit militanten Autonomen und anderen gewaltbereiten Kräften eine gemeinsame "Antiimperialistische Front" im Sinne der von der RAF verfolgten Zielvorstellung aufzubauen. 3.4 Sonstiges terroristisches Umfeld Im Umfeld des Terrorismus waren neben den RAF-Anhängern auch andere Personen und Gruppen aktiv, die dem militanten Widerstand gegenüber dem Staat nahestehen oder ihn befürworten. - So kam es im Rahmen bundesweiter "Knastaktionstage" am 11. Juni 1983 in Köln und Wuppertal zu öffentlichen Aktionen vor den Justizvollzugsanstalten. Während in Köln ' rund 50 Anhänger und Unterstützter des "Autonomen Knastprojektes" auf vermeintliche Mißstände, u. a. bei der ärztlichen Versorgung, und die Isolationssituation hinwiesen, versuchten in Wuppertal rund 70, größtenteils vermummte Personen - darunter auch RAF-Anhänger-, zur Justizvollzugsanstalt zu gelangen. - Im Zusammenhang mit dem Hungerund Durststreik eines Terroristen der früheren "Bewegung 2. Juni", der zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bielefeld-Brackwede eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt, sammelten sich am Abend des 29. Oktober 1983 rund 40 Personen vor der JVA zu einer nicht angemeldeten Demonstration; dabei warfen sie Feuerwerkskörper und Farbbeutel gegen die Anstaltsmauer. Unbekannte Täter dieser Gruppe besprühten in der anschließenden Nacht das Haus des Anstaltsarztes mit Parolen drohenden und beleidigenden Inhalts, gleichzeitig sprühten sie Buttersäure ins Haus; Farbsprühaktionen anläßlich des Hungerstreiks wurden in derselben Nacht auch im Stadtbereich von Bünde durchgeführt. - Am 10.November 1983 wurde ein seit mehreren Jahren besetztes Haus in Bielefeld von den Besetzern verlassen vorgefunden. Das Haus, ein ehemaliges Fabrikgebäude, war gegen eine zwangsweise Räumung mit teilweise gefährlichen Sperrvorrichtungen versehen und festungsähnlich ausgebaut worden. Über eine verborgene Falltür führte ein 15 Meter langer Fluchttunnel unter der Straße hinweg zum Keller eines gegenüber liegenden Nachbarhauses. Das ehemalige Fabrikgebäude hatte in der 40 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Vergangenheit Personen des terroristischen Umfeldes als Treffpunkt und Aufenthaltsort gedient. Als Sprachrohr des terroristischen Umfeldes und des "Autonomen Widerstands" in Nordrhein-Westfalen kann die in Dortmund erscheinende Schrift "Regenbogen" gelten. In ihr werden u. a. Tatbekenntnisse terroristischer Gruppen, so der Revolutionären Zellen/Rote Zora, veröffentlicht. 3.5 Weitere linksterroristische oder sonstige links-extremistisch motivierte Gewalttaten Terroristische oder militante Kleingruppen örtlicher Bedeutung, deren ideologischer Standort von der Ausrichtung auf die RAF über den "Autonomen Widerstand" bis zu politisch-extrem kaum einzuordnenden Vorstellungen reicht, sind für mehrere Brandund Sprengstoffanschläge und andere militante Aktionen verantwortlich. Zu erwähnen sind: 25.01.1983 Sachbeschädigung (Einwerfen von Fensterscheiben und Glastüren) zum Nachteil der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf, offenbar im Zusammenhang mit einem Verfahren nach SS 129 a StGB u. a., in dem elf Personen aus Wuppertal von der GStA Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf angeklagt sind. 07.03.1983 Brandanschlag auf das Fraunhofer-Institut Münster mit beträchtlichem Sachschaden. In einem Bekennerschreiben wird der Anschlag begründet mit einem Gutachten des Instituts über CS-(Tränen)Gas. 08.06.1983 Brandanschlag auf ein Labor für Tierversuche der Firma Hazleton in Münster mit einem Sachschaden von rund DM 200.000. 13.06.1983 Ablegen einer Bombenattrappe am Neubau des Polizeidienstgebäudes in Paderborn im Zusammenhang mit der Grundsteinlegung, die am selben Tag in Anwesenheit des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen erfolgte. Zur Tat bekannte sich eine " Revolutionäre Zuckerzelle Paderborn". 24.06.1983 Versuchter Sprengstoffbzw. Brandanschlag auf das Firmenfahrzeug eines US-amerikanischen Unternehmens in Düsseldorf. 08.08.1983 Brandanschlag auf das Baubüro einer Firma in Bielefeld, die dort im Rahmen der Stadtsanierung Bauarbeiten ausführt. 12.09.1983 Brandanschläge auf die Düsseldorfer Niederlassungen der Firmen Daimler-Benz, Rheinmetall und Thyssen, durch die zum Teil erheblicher Sachschaden entstand. In einem Bekennerschreiben wird der Jahrestag der Machtübernahme 41 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 durch das Militär in der Türkei am 12. 9.1980 als Anlaß für die Anschläge genannt, zur "Solidarität mit dem Kampf der politischen Gefangenen in der Türkei und in der BRD" aufgerufen sowie der Freitod des türkischen Staatsangehörigen ALTUN erwähnt. 13.09.1983 Sprengstoffanschlag auf das Amtsgericht in Münster, der nach einem Tatbekenntnis ebenfalls im Zusammenhang mit dem Selbstmord des Türken ALTUN steht. 42 RZ-Sprengstoffanschlag auf Konrad-Adenauer-Stiftung in St. Augustin am 13.6. 1983 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 4 Ausländerextremismus 4.1 Entwicklungstendenz Im Berichtszeitraum ist die Gesamtzahl der in Nordrhein-Westfalen lebenden Ausländer gegenüber dem Vorjahr (1,443 Mio.) erstmalig auf 1,402 Mio. gesunken. Der Anteil ausländischer Extremisten liegt weiterhin bei insgesamt über 20.000. Von den Organisationen der Türken (mit schätzungsweise 15.000 bis 16.000 Anhängern) gingen die meisten ausländerextremistischen Aktivitäten aus. Dabei herrscht nach wie vor Konfrontation zwischen Linksund Rechtsextremisten, ohne daß es jedoch 1983 in Nordrhein-Westfalen - anders als im übrigen Bundesgebiet und in den Vorjahren - zu blutigen Zusammenstößen gekommen ist; es wurden lediglich rechtsextremistische Veranstaltungen durch linksgerichtete Türken gestört. Gewalttätigkeit gab es allerdings zwischen verfeindeten Linksextremisten. Im Vordergrund der Aktivitäten linksextremistischer Türken steht weiterhin der Kampf gegen das türkische Militärregime. Verschärft haben die türkischen Linksextremisten ihre Agitation gegen die Bundesrepublik Deutschland. Daneben wirken sie an "antiimperialistischen" und "antifaschistischen" Veranstaltungen insbesondere deutscher Kommunisten mit. Erstmals ist eine gewalttätige linksextremistische Türkenorganisation im Bundesgebiet verboten worden. Die armenischen und die kurdischen Extremistengruppen traten durch ihre - teils gewaltsamen - Autonomiebestrebungen und durch Racheaktionen auch weiterhin in Erscheinung. Unter den Iranern hält die Polarisierung zwischen extremistischen Khomeini-Anhängern und -Gegnern an. Afghanische und pakistanische Extremistengruppen kämpfen von deutschem Boden aus immer noch gegen die Regime in ihren Heimatländern. Der anhaltende Machtkampf innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, die mit Untergliederungen auch in NordrheinWestfalen vertreten ist, wird möglicherweise nicht ohne Auswirkungen bleiben; insbesondere israelische, jüdische und amerikanische Einrichtungen sind gefährdet. Angebliche Revolutionäre aus Kroatien drohten deutschen Geldinstituten und Reiseunternehmen, die Kredite an Jugoslawien gewähren bzw. JugoslawienReisen vermitteln. Erneut wurden deutsche Urlauber in Flugblättern gewarnt, ihren Urlaub in Jugoslawien zu verbringen. Drei Mordanschläge gegen führende kroatische Exilpolitiker in der Bundesrepublik Deutschland werden dem jugoslawischen Geheimdienst angelastet. Serbischen Nationalistenführern in Nordrhein-Westfalen gingen erneut Morddrohungen zu. Ein Schußwaffengebrauch deutet auf die Bereitschaft unter kosovostämmigen Exiljugoslawen hin, die Autonomie der Provinz Kosovo innerhalb des jugoslawischen Staates durch Gewaltakte zu erlangen. Anschläge wurden im Berichtszeitraum der rumänischen Botschaft in Köln - möglicherweise von Exilrumänen - sowie der UdSSR-Botschaft in Bonn und der sowjetischen Fluggesellschaft AEROFLOT in Köln - nach dem Abschuß eines südkoreanischen Verkehrsflugzeuges (Ende August 1983) - angedroht. Zahl44 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 reiche telefonische Bombendrohungen richteten sich gegen den britischen Radiosender BFBS in Köln, das britische Hauptquartier in Mönchengladbach und andere Einrichtungen der Britischen Rheinarmee. Bei den englisch-sprechenden anonymen Anrufern kann es sich um Sympathisanten der irischen Untergrundorganisationen IRA, PIRA oder INLA gehandelt haben, die in der Vergangenheit Anschläge auf britische Militärs und Einrichtungen in NordrheinWestfalen verübten. Erstmals machte eine französische rechtsextremistische Organisation in unserem Land auf sich aufmerksam. 4.2 Türken Rechtsextremisten Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) - Türk-Föderation - Bei der Türk-Föderation, die bekanntlich als Sammelbecken der in Deutschland lebenden sog. "Grauen Wölfe" gilt, handelt es sich um einen extrem nationalistischen und militant antikommunistischen Dachverband, dem über 100 Mitgliedsvereine angeschlossen sind. Auf dem Jahreskongreß der Organisation am 7. Mai 1983 in Gerlingen bei Stuttgart ist bis zur erwarteten Freilassung des an Italien ausgelieferten Serdar CELEBI dessen Stellvertreter mit dem Vorsitz betraut worden. Mit einer Reihe von Jugendkongressen verstärkte die Türk-Föderation ihre Werbung unter Jugendlichen, um dem schon im Vorjahr eingetretenen Mitgliederschwund entgegenzuwirken. Für Nordrhein-Westfalen fand ein solcher Jugendkongreß am 30. April 1983 mit bis zu500 Teilnehmern in Solingen statt. Kulturund Idealistenvereine Die in Nordrhein-Westfalen bestehenden rd. 30 der Türk-Föderation angehörenden Kulturoder Idealistenvereine, in denen die türkischen "Grauen Wölfe" verkehren, führten im Berichtszeitraum insgesamt eine Fülle von Kultur-, Folkloreund sonstigen Veranstaltungen mit politischem Einschlag durch. Hiergegen richtete sich vielfach Protest türkischer und deutscher Linksextremisten. Einige Veranstaltungen wurden durch linksextremistische Landsleute gestört. Türkische Union Europa Die islamisch-fundamentalistisch, betont antikommunistisch ausgerichtete Türkische Union Europa e.V., die sich seit Jahresbeginn auch Islamische Union Europa nennt, hielt ihre Jahreshauptversammlung 1983 Anfang April in Hannover ab. Es nahmen rund 2.000 Vorstandsvertreter aus 258 Mitgliedsvereinen teil, darunter aus 23 Vereinen des Bezirks Rheinland und 30 Vereinen des Bezirks Ruhr. Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt. Linksextremisten Orthodoxe Kommunisten und Neue Linke 45 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Die linksextremistischen Gruppen der Türken teilen sich in orthodoxkommunistische (moskautreue) und Organisationen der Neuen Linken. Sie alle kämpfen für eine Revolution im Heimatland, unterscheiden sich jedoch in ihrer Ideologie, Strategie und Taktik wie auch in ihrem politischen Gewicht. Die dadurch bedingten Spannungen entladen sich gelegentlich in gegenseitigen Gewalttätigkeiten. Bedeutendste orthodoxe Organisationen sind * die Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FIDEF) mit ihren örtlichen Mitgliedsvereinen, * die Kommunistische Partei der Türkei (TKP) mit konspirativ arbeitenden Zellen und * die Spaltergruppe TKP/Leninisten. Zur Neuen Linken zählen insbesondere: * DEVRIMCI SOL (Revolutionäre Linke, abgek. DEV SOL) * DEVRIMCI YOL (Revolutionärer Weg, abgek. DEV YOL) * Kommunistische Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) mit konspirativ arbeitenden Zellen und der Spaltergruppe Bolschewiken * Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) mit örtlichen Mitgliedsvereinen * Studentenföderation der Türkei in Deutschland e.V. (ATÖF) * Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (DIDF) mit örtlichen Mitgliedsvereinen * Antifaschistisches Einheitskomitee im Ausland (BIRKOM). DEVRIMCI SOL (DEV SOL) Der Bundesminister des Innern hat mit Verfügung vom 27. Januar 1983 festgestellt, daß die DEV SOL einschließlich ihrer Teilorganisation HALK (Volksvereine) verboten ist. Das Verbot wurde am 9. Februar 1983 vollzogen, die Organisation damit aufgelöst. Hiervon wurden in Nordrhein-Westfalen 46 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Volksvereine in Bielefeld, Köln und Solingen betroffen. Hierauf kam es im Februar und März 1983 in Dortmund, Düsseldorf, Köln, Solingen und Wuppertal zu Solidaritätskundgebungen. In Dortmund entdeckte man Anfang September1983 eine Bombenattrappe mit einem DEV SOLTransparent. Es gibt Hinweise, wonach DEV SOL-Anhänger sich unter der Bezeichnung DEV GENC (Revolutionäre Jugend) weiter betätigen. Daneben wird die Organisationsbezeichnung "DEV SOL" illegal fortgeführt, wie u. a. im Laufe des Jahres erfaßte Flugblätter zeigen. Agitation gegen die Bundesrepublik Deutschland Im Berichtszeitraum hat sich die Agitation links-extremistischer Türken gegen die Bundesrepublik Deutschland verschärft; im Mittelpunkt stehen Ausländerpolitik, Türkei-Hilfe und NATO-Mitgliedschaft des Gastlandes. So wurde in der Januar-Ausgabe 1983 von "Tatsachen aus der Türkei", dem deutschsprachigen Organ der DIDF, der "Kohlregierung eine wichtige Rolle bei der täglich zunehmenden Ausländerfeindlichkeit" unterstellt; die neue deutsche Bundesregierung stehe "Seite an Seite mit den Neo-Faschisten" und versuche, "das Volk gegen die Ausländer aufzuhetzen". Angriffe gegen die Bundesrepublik Deutschland enthielt auch "Türkei Information", die in Köln erscheinende deutschsprachige Zeitung von DEV YOL. In ihrer Ausgabe vom 12. April 1983 rief sie zur Teilnahme an einem Tribunal "Ausländerpolitik und Menschenrechte" Anfang Juni 1983 in Frankfurt/Main auf. Abschließend verlangte sie: "Die rassistische und ausländerfeindliche Vertreibungsund Überwachungspolitik der deutschen Innenminister muß gestoppt werden!" Zum 1. Mai 1983 brachte "BOLSEVIK PARTIZAN", das Organ der TKP/M L (Bolschewiken), wie im Vorjahr, eine Flugschrift heraus. Darin wird wiederum "die gewaltsame Zerschlagung des Staatsapparates des westdeutschen Imperialismus" gefordert. Kampf gegen das türkische Militärregime Einen weiteren Schwerpunkt der Aktivitäten türkischer Linksextremisten bildet nach wie vor die Kampagne gegen das Militärregime im Heimatland. Hiermit befaßte sich u. a. der 7. Jahreskongreß der FIDEF am 9. und 10. April 1983 in Essen. Der Kongreß beschloß u. a., "die demokratischen Kräfte in der Türkei ...finanziell und moralisch zu unterstützen". Im April 1983 fanden deutschund türkischsprachige Flugblätter Verbreitung, die von DEV GENC und der ebenfalls revolutionären Gruppe PARTIZAN gemeinsam verfaßt waren. Darin teilten beide Türkenorganisationen mit, daß sie "gegen die Hinrichtungen, Folterungen und Massaker der faschistischen Junta eine Aktionseinheit in Europa gebildet" hätten. 47 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Auch das Antifaschistische Einheitskomittee BIRKOM hat eine Kampagne "Freiheit für alle politischen Gefangenen in der Türkei und Türkei-Kurdistan" gestartet. In deren Rahmen demonstrierten Anhänger türkischer und kurdischer linksextremistischer Organisationen fast aller ideologischen Richtungen sowie deutsche Gruppen der Neuen Linken am 11. Juni 1983 in mehreren Städten des Bundesgebietes. Einem am 7. Juli begonnenen Hungerstreik von rund 2.500 "politischen" Gefängnisinsassen in der Türkei gegen die dortigen Haftbedingungen schloß sich seit Ende Juli 1983 in mehreren nordrhein-westfälischen Städten eine Serie von Solidaritätskundgebungen und -aktionen türkischer und deutscher Linksextremisten, aber auch demokratischer Kreise an. Kernstück war ein 14tägiger Hungerstreik von etwa 150 Personen ab Ende Juli in Bonn, hinter dem vermutlich die DIDF stand. Ca. 25 mutmaßliche türkische Linksextremisten besetzten am 16. August 1983 das Essener Münster. Aus Anlaß des 3. Jahrestages der Machtübernahme durch das Militär in der Türkei fand am 10. September 1983 in Köln eine zentrale Protestdemonstration vorwiegend türkischer und kurdischer Linksextremisten statt. An ihr nahmen rund 11.000 Personen teil; fast alle links-extremistischen Türkenund KurdenOrganisationen waren vertreten. Zu einer eigenen Kundgebung gegen die "faschistische Junta" versammelten sich am selben Tag in Duisburg etwa 300 Anhänger von BOLSEVIK PARTIZAN, einer Abspaltung der TKP/ML. Am 31. Oktober 1983 drangen 5 Personen in die Dortmunder Zweigstelle einer türkischen Bank ein. Sie zwangen die Angestellten unter Bedrohung mit Schußwaffen in einen Nebenraum und beschmierten die Wände mit Parolen gegen die am 6. November 1983 in der Türkei durchgeführten Parlamentswahlen ("Scheinwahlen der Junta"). Einer der mutmaßlichen Täter ist möglicherweise Anhänger von DEV SOL. Vordem Schaufenster eines türkischen Reisebüros in Recklinghausen wurden am 2. November 1983 eine Sprengsatzattrappe sowie ein Transparent mit einer revolutionären türkischen Parole entdeckt. In der Vergangenheit haben meist DEV SOL-Anhänger solche Bombenoder Sprengsatzattrappen verwendet. Am 4. November 1983 versammelten sich unangemeldet ca. 15 Personen vor dem Büro des türkischen Arbeitsund Sozialattaches in Köln. Sie warfen mit Farbbeuteln und sprühten politische Parolen auf Gebäude und Gehweg; ferner verbrannten sie eine Flagge der USA. Anhänger von FIDEF-Vereinen protestierten am 17. November in Düsseldorf und am18. November 1983 in Duisburg gegen ein Urteil des Militärgerichts in Istanbul vom14. November 1983. Darin hat das Gericht hohe Freiheitsstrafen gegen führende Mitglieder des Friedenskomitees der Türkei verhängt wegen des Versuchs, in der Türkei ein " marxistisch-leninistisches Regime" zu errichten. Kampagne gegen rechtsextremistische Landsleute Schließlich setzten die türkischen Linksextremisten im Berichtszeitraum ihre heftige Kampagne gegen ihre rechtsextremistischen Landsleute fort. Dies belegen insbesondere ihre ständigen Protestaktionen gegen die "Grauen Wölfe" sowie Störungen von deren Veranstaltungen. 48 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 4.3 Kurden Die bekannte orthodox-kommunistische Föderation der Arbeitervereine Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland (KOMKAR) hat im 2. Halbjahr 1983 ihren Sitz von Frankfurt/Main nach Köln verlegt. Sie hielt Mitte Mai 1983 in Düsseldorf ihren 5. Kongreß ab, an dem als Gast ein Vertreter des DKP-Parteivorstands teilnahm. Am auffälligsten trat 1983 die orthodox-kommunistische Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) in Erscheinung. Sie gehört als einzige Kurdenorganisation dem von türkischen Gruppen getragenen Antifaschistischen Einheitskomitee BIRKOM an. Die (zumeist türkischen) Kurden beteiligten sich - an zentralen Protestveranstaltungen gegen die Türkei im Juni und im September in Köln - an einer Demonstration vor der türkischen Botschaft im Juni in BonnBad Godesberg - an Blockaden und Besetzungen im September in Dortmund, Essen und Köln. 4.4 Iraner Union der Islamischen Studentenvereine in Europa (UISA) Die Ziele des Khomeini-Regimes werden im Bundesgebiet von der fanatischislamischen UISA vertreten. Ende April 1983 hielt sie in Bonn eine Kundgebung mit rund 250 Teilnehmern ab. Themen waren der Krieg zwischen Iran und Irak und die politische Lage in Afghanistan. Ende August 1983 wurde in einem Bochumer Studentenwohnheim ein KhomeiniGegner von einem Landsmann (UISA-Mitglied) durch Messerstiche verletzt. Oppositionsgruppen Eine der aktivsten und mitgliederstärksten Oppositionsgruppen ist die Moslemische Studentenvereinigung (MSV) mit neuem Sitz in Köln. In ihr sammeln sich die hier lebenden Anhänger der Volksmojahedin. Sie organisierte im Februar 1983 in Bonn eine zentrale Demonstration gegen Khomeini und eine weitere Demonstration im Juni 1983 in Bonn. Ein Koordinationskomitee iranischer Demokraten, in dem sich eine Reihe persischer Oppositionsgruppen zusammengefunden hat, forderte Mitte Mal 1983 bei einer Kundgebung in Bonn (mit ca. 350 Teilnehmern) außer der Beendigung des irakisch-iranischen Krieges die Zerschlagung des Khomeini-Regimes. 4.5 Afghanen 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Afghanische Extremisten demonstrierten 1983 in Bonn mehrfach gegen die Besetzung ihres Heimatlandes durch die UdSSR sowie gegen die dortige prosowjetische Regierung. Sie forderten u. a.: "Russische Aggressoren raus aus Afghanistan!", "Nieder mit dem Karmal-Regime!" und "Es lebe der bewaffnete Befreiungskampf des afghanischen Volkes!". Bei der zentralen Bonner Protestdemonstration im Dezember 1983 zum 4. Jahrestag des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan zogen folgende Organisationen mit insgesamt rund 1500 Teilnehmern auf: * Föderation afghanischer Studenten im Ausland e.V. (FASA) - Prochinesisch * Generalunion der Afghanen und afghanischen Studenten e.V. (GUAFS) - dogmatische Neue Linke * Verein zur Unterstützung der afghanischen Freiheitskämpfer (Mudjahidin) e.V. (MUD) * Rat der islamischen Vereinigung der Afghanen in Europa (VIRAE) 4.6 Palästinenser Etwa 50 Palästinenser aus dem gesamten Bundesgebiet besetzten am 6. November 1983 das Büro der Arabischen Liga in Bonn und begannen einen Hungerstreik, den die - der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO nahestehende - Informationsstelle Palästina (ISPA) organisiert hatte. Die Aktion dauerte bis zum14. November 1983. Zeitweise hielten sich bis zu 150 Sympathisanten in dem Gebäude auf. In Pressemitteilungen erklärten sie, ihr Protest richte sich gegen den von " Meuterern und prosyrischen Gruppen mitgetragenen syrisch-libyschen Vernichtungskrieg", gegen PLO und FATAH. Zum "Solidaritätstag mit dem palästinensischen Volk" fanden sich Anfang Dezember1983 in einem Bonner Gymnasium ca. 400 Personen zu einer Veranstaltung der ISPA ein. Hauptredner war ein aus Tunis angereister Arafatloyaler Palästinenserführer. 4.7 Jugoslawen Im Januar 1983 ging bei der Westdeutschen Landesbank in Düsseldorf ein Drohschreiben einer - bislang unbekannten - Vereinigten Revolutionären Bewegung für Freiheit und Unabhängigkeit Kroatiens und Kosovos (URPSN) ein. Darin wurden alle Geldinstitute vor Kreditgewährung an Jugoslawien gewarnt und bei Nichtbeachtung mit "systematischen Zerstörungen" bedroht. In gleichartigen Schreiben drohten die Verfasser allen Reiseunternehmen, die weiterhin Jugoslawien-Reisen vermitteln, Sprengstoffanschläge an, außerdem warnten sie Jugoslawien-Urlauber vor Gefahren durch "Widerstandshandlungen" des "Kroatischen Untergrunds". Alle Schreiben enthielten detaillierte Hinweise auf 50 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Anschläge, die zuvor in Baden-Württemberg auf jugoslawische Einrichtungen verübt worden sind. Jugoslawische Emigranten setzten im April und Mai 1983 u. a. in Bonn Flugblätter der Kroatischen Revolutionäre (KR) in Umlauf. Auch diese enthielten eine "Warnung an alle Urlauber mit Reiseziel Jugoslawien" wegen der Aktionen (Sabotage, Brandund Bombenanschläge), die die KR dort täglich gegen das kommunistische Regime starteten. Führende Funktionäre des Serbischen Nationalbundes (SNO) in Bocholt, Dortmund und Düsseldorf erhielten Anfang April 1983 schriftliche Morddrohungen von einer "Gruppe aus Paris Lazo Dabetic". Bei dem SNO handelt es sich um eine nationalistische Exilorganisation von Serben, die für ein vom Kommunismus befreites Jugoslawien unter Führung des serbischen Könighauses eintritt. Ihr früherer Präsident Dusan SEDLAR war 1980 in Düsseldorf auf offener Straße von zwei unbekannten Männern erschossen worden. Während einer Filmvorführung in einem jugoslawischen Club in Sundern, die Anfang Juni1983 in Anwesenheit des jugoslawischen Vizekonsuls aus Dortmund stattfand, zog der Gastarbeiter Harun BEKA aus Kosovo eine geladene Pistole. Bei dem sich anschließenden Handgemenge mit Veranstaltungsteilnehmern löste sich ein Schuß. Das Schöffengericht in Arnsberg verurteilte BEKA im November 1983 rechtskräftig zu Freiheitsentzug von 10 Monaten und 2 Wochen Dauer; die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. 4.8 Sonstige ausländer-extremistische Aktivitäten In Nordrhein-Westfalen fanden Anfang Dezember 1983 hektografierte Briefe Verbreitung. Darin wurde im Namen der französischen rechtsextremistischen Untergrundbewegung "Schwarze Wölfe" (Loups Noirs) zu finanzieller Hilfe aufgerufen, um den "gerechten Kampf" fortführen zu können; man wolle nicht länger tatenlos den " Kolonialzustand des Elsaß" ertragen, Die Loups Noirs treten gewaltsam für eine Loslösung ihrer elsässischen Heimat von Frankreich und einen Anschluß an Deutschland ein. Gegen die "einseitige" Unabhängigkeitserklärung der Türkischen Republik Nordzypern wandte sich am 19. November 1983 in Bonn die - bislang nicht bekannte - Föderation der zypriotischen studentischen Vereine in der Bundesrepublik Deutschland mit etwa 300 Teilnehmern. Protest äußerte Anfang Dezember 1983, ebenfalls in Bonn, auch der - orthodoxkommunistisch beeinflußte - Verband griechischer Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland (OEK) (Teilnehmer: ca. 2 500 Griechen). Unterstützt wurde die Kundgebung von Mitgliedern der Kommunistischen Partei der Türkei (Einheit) und der Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland (KOMKAR). Die Demonstranten forderten u. a. " Hände weg von Zypern!". 51 Tatsachen == TI [E ce) de en ar Alan a rn ur Ba a VERF] TÜRK.-FÖDERATION - Fircleration der türkischen demokratischen Idealisten Vereine in Europa e.W, - JUGEND KONGRESSE THEMEN "Die Rolle der Ausländerfeindlichkeit über Entwicklung zukünftiger deutsch-türkischen Bessichungen" "Hauschgift und Jugendliche" "'Henschlseit une Fraeebher' - Familie oder Umgebung = "Weiche ist noch wichtigerFir die Erssehung cher Jugendlichen # DEREN HR ELE Ei 5 RT:2 7; reed Aurf zfirRER DATUM: 733 N Ö ee Bd [ Ausländerfeindlichkeit --mi a= Stützpfeilerdes eleumst: FSsIDER *Weitere Thesen zumKampf een Ar Ausländerfeindlichkeit . Bereit. ANTIDEMOKRATISCHE WELLE GEGEN AUSLÄNDER UND DIE BUNDESTAGSWAHLEN AM 6. MÄRZ Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 5 Spionageabwehr 5.1 Entwicklungstendenzen Die Zielrichtung der Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten hat sich auch im Verlauf des Jahres 1983 nicht geändert. Die Bundesrepublik Deutschland ist als Ziel gegnerischer Spionage in einer gegenüber den anderen westlichen Staaten nicht vergleichbaren geographischen Lage. Sie erlaubt es den östlichen Nachrichtendiensten, die DDR als Führungsbasis für ihre Agenten im Bundesgebiet zu benutzen. Nach wie vor gehört die Bundesrepublik Deutschland auch zum Hauptangriffsziel östlicher Ausspähungstätigkeit, wobei alle wichtigen Bereiche des öffentlichen Lebens gleichermaßen betroffen sind. Dabei bildet Nordrhein-Westfalen als größtes Land mit 24 % der Spionagefälle (1982 - 20 %) den Schwerpunkt der Agententätigkeit. In der Berichtszeit sind die Werbungen bzw. die Werbungsversuche, die sich gegen im Lande Nordrhein-Westfalen wohnhafte Personen richteten, um mehr als 11 % zurückgegangen. Die Nachrichtendienste der DDR stehen mit fast 80 % weiterhin an der Spitze. Die Zahl der erkannten Aufträge gegnerischer Nachrichtendienste, die bundesweit auch um etwa 11 % zurückging, ist für Nordrhein-Westfalen um etwas mehr als 9 % gestiegen. 5.2 Art und Umfang des gegnerischen Agenteneinsatzes, Werbungsmethoden Die Methoden zur Anwerbung von Agenten haben sich gegenüber der Vergangenheit kaum geändert. Seit eh und je nutzen die Nachrichtendienste aller kommunistischen Staaten Aussiedlungsbemühungen für Anwerbung und Einschleusung von Agenten in die Bundesrepublik. Das gilt besonders für die polnischen und rumänischen Nachrichtendienste. Auch die Werbungsmittel sind die gleichen geblieben. Ideologische Appelle, Versprechen wirtschaftlicher oder sonstiger Vorteile, skrupellose Ausnutzung von Zwangslagen oder Kompromittierung sowie Drohung stehen in der Reihenfolge obenan. Die größte Gefahr geht unverändert von den Nachrichtendiensten der DDR aus, auf die 1983 etwa 36 % (1982 knapp 50 %) aller erkannten Aktivitäten entfielen. Es folgen die Nachrichtendienste der UdSSR mit 34 %. Erst mit Abstand folgen die Nachrichtendienste der übrigen Ostblockstaaten, die - ebenfalls wie die Sowjets - nach wie vor als Operationsbasis die Vertretungen und Einrichtungen ihrer Länder in der Bundesrepublik benutzen, um unter dem Deckmantel diplomatischer bzw. wirtschaftlicher Beziehungen Spionage zu betreiben. 5.3 Nachrichtendienstliche Aufträge gegen Nordrhein-Westfalen Die politische Spionage, insbesondere die Ausforschung politischer Planungen und Entscheidungen deutscher Stellen, ist nach wie vor eines der Hauptziele der östlichen Nachrichtendienste. Das seit geraumer Zeit in den Staaten des kommunistischen Machtbereichs angelaufene "systematische Technologie54 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Beschaffungsprogramm" zur Unterstützung der militärischen Rüstung ist verstärkt worden. Der illegale Technologie-Transfer, der oft durch komplizierte Dreiecksgeschäfte über Drittländer abgewickelt wird, gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Im Berichtsjahr lag der Anteil der politischen Spionage bei etwa 29 % (1982 = knapp 26 Ziele waren wiederum - Regierungsund Verwaltungsstellen des Bundes, des Landes und der Kommunen - politische Parteien - Landsmannschaften, Vertriebenenverbände und Emigrantenorganisationen. Die Anzahl der gegen die gewerbliche Wirtschaft gerichteten' und erkannten Aufträge ist gegenüber dem Vorjahr von 20 % auf 17 % zurückgegangen. Der Anstieg der erkannten Aufträge bei der militärischen Spionage von 20% (1982) auf fast 36 % ist vor allem auf die Einbeziehung der bei der Bundeswehr erfaßten Fälle in die Statistik des Verfassungsschutzes zurückzuführen. Die gegnerischen Ausspähungsversuche richteten sich sowohl gegen die Bundeswehr und ihre Einrichtungen, als auch gegen die in unserem Lande stationierten NATO-Streitkräfte. Bei den Spionageaufträgen vorbereitender und unterstützender Art mit 17 % (1982 = 25 %) stand wie bisher die Personenund Objektklärung, Kontaktaufnahme sowie Anbahnung zur Gewinnung einer Person zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit im Vordergrund. 5.4 Legale Residenturen Im Herbst 1983 hat die Bekanntgabe nachrichtendienstlicher Aktivitäten sowjetischer Diplomaten im westlichen Ausland Aufsehen erregt. Auch in der Bundesrepublik sind in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Einrichtungen eine große Anzahl Mitarbeiter aus kommunistischen Staaten tätig. In den einzelnen Institutionen ist der Anteil an Personen, die gleichzeitig Angehörige der Nachrichtendienste ihrer Staaten sind, unterschiedlich. Er reicht von 10 % - 40 % des Personals. 5.5 Verurteilungen Im Jahre 1983 hat das Oberlandesgericht in Düsseldorf sieben Personen wegen Landesverrats oder geheimdienstlicher Agententätigkeit rechtskräftig verurteilt. Von den Verurteilten hatten sechs Personen Beziehungen zu einem Nachrichtendienst der DDR und eine Person zu einem sowjetischen. 55 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 6 Strafrechtspflege Die Justizbehörden des Landes NordrheinWestfalen sind, wie schon in den Vorjahren, auch 1983 in erheblichem Maße mit Strafverfahren, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren, befaßt worden. 6.1 Verfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten Die Staatsanwaltschaften des Landes hatten im Jahre 1983 insgesamt 841 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. In dieser Zeit ist in 137 Verfahren gegen 161 Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt worden. Rechtskräftig verurteilt wurden 68 Personen; ein Angeklagter wurde verwarnt; 13 Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen82 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum 576 Ermittlungsverfahren eingestellt, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten oder weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten. Gegen 197 Beschuldigte haben die Staatsanwaltschaften die Verfahren wegen geringer Schuld und geringer Bedeutung der Vorfälle (zum Teil gegen Geldauflagen) eingestellt oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen, von der Erhebung der öffentlichen Klage abgesehen. 6.2 Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten Wie schon in den Vorjahren haben Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, die Justizbehörden des Landes nicht unerheblich beschäftigt. Im Berichtszeitraum wurden 273 Verfahren wegen einschlägiger Propagandaaktionen neu eingeleitet. Der Schwerpunkt lag wiederum bei der Staatsanwaltschaft Dortmund. In ihrem Zuständigkeitsbereich erscheinen zahlreiche Druckschriften, die von ihr wegen ihrer zentralen Zuständigkeit (SS 7 Abs. 2 StPO) auf strafrechtliche Relevanz überprüft werden. 6.3 Demonstrationsstraftaten Die nachfolgende Darstellung bezieht sich auf Ermittlungsund Strafverfahren, die anläßlich von Demonstrationen entstanden sind und im Jahre 1983 bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten anhängig waren. Über die Häufigkeit von Gewalttaten im Zusammenhang mit Demonstrationen soll und kann sie keinen Aufschluß geben. Nach einer statistischen Erhebung der Polizei sind 1983 39 von insgesamt 2.839 Demonstrationen unfriedlich verlaufen; das sind 1,37 %. Wie bereits in den früheren Berichten dargelegt, ist es bei Veranstaltungen der genannten Art zu strafrechtlich relevanten Übergriffen sowohl der Veranstaltungsteilnehmer als auch von Außenstehenden gegenüber Teilnehmern und von Teilnehmern einer Gegendemonstration gekommen. Ferner sind die Fälle der Ausschreitungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften erfaßt. Die 56 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Vorkommnisse rühren sowohl aus rechtswie aus linksextremistischen Aktivitäten her. Im Jahre 1983 hatten die Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 2.207 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. Insgesamt 1.399 der genannten Verfahren sind im Jahre 1983 abgeschlossen worden und zwar - 1.113 Verfahren durch Einstellung, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten, eine Straftat nicht vorlag, der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung des Beschuldigten nicht ausreichten, - 74 Verfahren durch rechtskräftige Urteile gegen 106 Personen, - 139 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 139 Personen und - 73 Verfahren auf andere Weise. Noch anhängig waren am 31. Dezember 1983 708 Verfahren gegen 1274 Personen, wobei in254 Verfahren gegen 387 Personen bereits Anklage erhoben bzw. der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden ist. Die weiteren Verfahren befinden sich noch im Ermittlungsstadium. Der erhebliche Anstieg dieser Verfahren dürfte im wesentlichen auf der Zahl und dem Umfang der Demonstrationen im Herbst 1983 beruhen. 6.4 Gesetzgeberische Überlegungen Die Bundesregierung hat inzwischen den Entwurf eines 21. Strafrechtsänderungsgesetzes am 11. April 1984 dem Deutschen Bundestag vorgelegt (Drucksache 10/1286). Im Hinblick auf die mit der Mehrheit der CDUregierten Länder beschlossene ablehnende Stellungnahme des Bundesrates zu der ursprünglich vorgesehenen Änderung des SS 140 StGB hat die Bundesregierung nunmehr vorgeschlagen, das Verbreitender "Auschwitz-Lüge" nur noch dann unter Strafe zu stellen, wenn es durch die Verbreitung von Schriften im Sinne des SS 11 Abs. 3 StGB geschieht. Danach bliebe z. B. auch das Billigen von NS-Völkermord in einer von vielen Menschen besuchten Veranstaltung straffrei. Außerdem so-11 der Straftatbestand, der nunmehr als SS 131 a StGB eingeführt werden soll, auch auf das Billigen oder Leugnen von Völkermord, der "unter einer anderen Gewaltund Willkürherrschaft gegen Deutsche" begangen worden ist, ausgedehnt werden. Dies birgt die Gefahr in sich, daß sich deutsche Gerichte und Staatsanwaltschaften mit den Verhältnissen in unter Umständen weit entlegenen Staaten beschäftigen müßten. Die praktische Wirksamkeit der Vorschrift würde darunter unerträglich leiden. Außerdem erscheint die Beschränkung auf Deutsche unverständlich. 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Gegen den neuen Vorschlag der Bundesregierung, der das ursprüngliche Gesetzesvorhaben in entscheidender Weise verändert, bestehen daher erhebliche Bedenken. Die Bundesregierung hat am 22. Juli 1983 den Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes zur Ergänzung des Straftatbestandes des Landfriedensbruchs (SS 125 StGB) vorgelegt. Danach soll sich künftig auch strafbar machen, wer beim Ausbruch von Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen - aus einer Menschenmenge mit vereinten Kräften - einer polizeilichen Aufforderung zum Auseinandergehen zuwiderhandelt. Gegen die beabsichtigte Erweiterung des Straftatbestandes des Landfriedensbruchs bestehen aus der Sicht der Landesregierung sowohl aus verfassungsrechtlichen als auch aus rechtsdogmatischen, kriminalpolitischen und - nicht zuletzt - polizeilichen Erwägungen erhebliche Bedenken. Gleichwohl hat der Bundesrat mit der Mehrheit der CDU-regierten Länder den Gesetzesantrag der Bundesregierung befürwortet. 58 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 7 Anhang: Übersichten 7.1 Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1983 (1982) Bürgerinitiative "Deutsche Zukunft" Ausländerstopp (unregelmäßig) 4630 Bochum-Wattenscheid Deutsche Volksunion (DVU) 11.000 (10.000) "Deutscher Anzeiger" 8000 München (wöchentlich) NRW 2.500 Einschließlich Aktion Deutsche Einheit AKON e.V. 8000 München Aktion Deutsches Radio und Fernsehen (ARF) Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) Ehrenbund Rudel (ER) Gemeinschaft Volkstreuer Jugend "Der Trommler" e.V. (GVJ) 4300 Essen NRW 30 59 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Hilfsorganisation für nationale 300 (100) Information der HNG politische Gefangene und deren (monatlich) Angehörige (HNG) 6000 Frankfurt am Main NRW 20 Junge Nationaldemokraten (JN) 500 (500) "JN-Pressedienst" 5000 Köln (unregelmäßig) Landesverband NRW 100 (100) "JN-Orgblitz" 4630 Bochum-Wattenscheid (unregelmäßig) "JN-Intern" (unregelmäßig) "Querkopp"-JN Wuppertal (unregelmäßig) "Klartext" - JNLandesverband (unregelmäßig) Nationaldemokratische Partei 6.000 (6.000) "Deutsche Stimme" Deutschlands (NPD) (monatlich) 7000 Stuttgart "NPD Aktuell" (unregelmäßig) "NPD-Info-Blitz" (unregelmäßig) Landesverband NRW 1.000 (1.000) "Landesspiegel Nordrhein4630 Bochum-Wattenscheid Westfalen" NRW: 54 Kreisverbände (monatlich) "NPD-Organisationsspiegel Nordrhein-Westfalen" (monatlich) NSDAP-Auslandsund 100 (100) "NS-Kampfruf" Aufbauorganisation (NSDAP-A0) Lincoln/USA NRW 20 Wiking-Jugend (WJ) 350 (350) "Wikinger" 5190 Stolberg (vierteljährlich) NRW 100 (100) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 7.2 Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse 60 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1983 (1982) Bund Westdeutscher 450 (500) "Politische Berichte des Kommunisten (BWK) BWK" 5000 Köln (vierzehntägig) NRW 60 (80) Deutsche Friedensunion (DFU) 1.000 (1.500) "Deutsche Volkszeitung" (DVZ) ab September 1983 "Deutsche Volkszeitung - die tat" - inoffiziell - (40.000 wöchentlich) "Pressedienst DFU" (unregelmäßig) "DFU betr. Politik" (unregelmäßig) Landesverband NRW 400 (800"Pressedienst DFU NRW 4300 Essen 1.000) (unregelmäßig) Deutsche Kommunistische Partei 40.000 (40.000) "Unsere Zeit" (UZ) (DKP) Tagesausgaben: 25.000 Wochenendausgaben: Parteivorstand: 50.000 Prinz-Georg-Str. 79 "DKP-Pressedienst" 4000 Düsseldorf (täglich) "Marxistische Blätter" (alle 2 Monate) Zentrale Einrichtungen "Nachrichten" - für "Institut für Marxistische Studien Gewerkschaftsfunktionäre und Forschungen" (monatlich) 6000 Frankfurt/Main "Landrevue" - Informationen "Verein zur Förderung der für die Landbevölkerung - Forschung und des (unregelmäßig) Studiums der Sozialwissenschaften e.V." 6000 Frankfurt/Main "Karl-Liebknecht-Schule" "PRAXIS" 5090 Leverkusen (unregelmäßig) "Marx-Engels-Stiftung e.V." "Probleme des Friedens und (früher: "Friedrich-EngelsSozialismus" - Zentrum") deutschsprachige Ausgabe 5600 Wuppertal der in der CSSR hergestellten Schrift - (monatlich) "infodienst" - für DKPBetriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen (unregelmäßig) 61 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Bezirk Ruhr-Westfalen 6.500 (6.500) Hoffnungstr. 18 4300 Essen Bezirk Rheinland-Westfalen 5.500 (5.500) Ackerstr. 3 4000 Düsseldorf NRW: 42 Kreisorganisationen ca. 130 Kreisund ca. 120 Betriebsund Stadtteilzeitungen Hochschulgruppen ca. 140 Betriebsund ca. 300 Hochschulzeitungen Wohngebietsgruppen (Ortsbzw. Stadtteilorganisationen) Junge Pioniere (JP) 4.000 (3.500) "Willibald" 4600 Dortmund (zweimonatlich) Landesverband Ruhrgebietab Dez. 1983 "pionier" Westfalen 4300 Essen Landesverband RheinlandWestfalen 5000 Köln NRW 1.500 (1.400) Komitee für Frieden, Abrüstung 400 (400) "Bulletin" und Zusammenarbeit (KFAZ) (unregelmäßig) 5000 Köln Kommunistische Partei ca. 400 (500) "Roter Morgen" Deutschlands (Marxisten(6.000 wöchentlich) Leninisten) (KPD) "Kommunistische Hefte" 4600 Dortmund (alle 3 Monate) Landesverband Mitte 150 (200) 4600 Dortmund NRW: 8 örtliche Gruppen Kommunistischer Bund 300 (500) "Kommune - Forum für Westdeutschland (KBW) Politik und Ökonomie" 6000 Frankfurt am Main (monatlich, durchschnittlich NRW: 8 Bezirke (künftig 100 (100) 2.600) Ortsverbände) Marxistische Arbeiterbildung 60 Gruppen e.V. (MAB) Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus 5600 Wuppertal NRW Ca. 30 Gruppen 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1983 Marxistische Gruppe 1.300 (1.000) "Marxistische Arbeiterzeitung" (MAZ) "Marxistische Studentenzeitung" (MSZ) (zweimonatlich) Marxistisch-Leninistische Partei 1.000 (900) "Rote Fahne" Deutschlands (MLPD) (10.000 wöchentlich) 4300 Essen NRW 400 (300) (bis August 1982 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands - KABD) Marxistischer Studentenbund 6.000 (6.000) "rote Blätter" Spartakus (MSB) 5300 Bonn NRW: 35 Hochschulgruppen 1.400 (1.200) Sozialistische Deutsche 15.000 (15.000) "elan" (inoffiziell) Arbeiterjugend (SDAJ) (40.000 monatlich) 4600 Dortmund Landesverband Ruhrgebiet86 örtliche Zeitungen Westfalen 4300 Essen Landesverband Rheinland80 örtliche Zeitungen Westfalen 5000 Köln NRW: 39 Kreisverbände mit 216 4.600 (4.500) Ortsgruppen 150 (150) "links voran" Sozialistischer Jugendbund (monatlich) (SJB) 4300 Essen NRW 40 (50) Volksfront (V) 1.500 (1.500) "Volks-Echo" 5100 Aachen (monatlich) Landesverband NRW 500 (550) 5100 Aachen Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 63