Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Vorwort ................................................................................................ 4 1 Rechtsextremismus ......................................................................... 5 1.1 Entwicklungstendenz ....................................................................................5 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten ............................................................................................6 1.3 National-Freiheitliche Rechte ........................................................................8 1.3.1 Deutsche Volksunion (DVU) ..............................................................8 1.3.2 Aktion Deutsche Einheit - AKON e.V. ................................................8 1.3.3 Wiking-Jugend (WJ) ..........................................................................9 1.4 Neonazistische Gruppen ...............................................................................9 1.4.1 Staatliche Maßnahmen gegen auslandgesteuerte NSGruppierungen............................................................................................9 1.4.2 NSDAP-Aufbauund Auslandsorganisation (NSDAP-AO).................9 1.4.3 Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS)........................................10 1.4.4 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (VSBD) und Widerstandsbewegung Deutsche Volksfront ............................................11 1.4.5 Wehrsportgruppen ...........................................................................11 1.5 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten. ..................................................12 1.5.1 Terroristische Kleingruppe im Raum Dortmund ...............................12 1.5.2 Brandanschlag in Oerlinghausen.....................................................12 1.5.3 Internationales Treffen in Belgien ....................................................12 2 Linksextremismus.......................................................................... 13 2.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................13 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).....................................................13 2.2.1 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen:..................17 2.2.2 Bündnispolitik...................................................................................18 2.3 Dogmatische "Neue Linke"..........................................................................20 2.3.1 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) ............................20 2.3.2 Vereinigung für revolutionäre Volksbildung (VrV) ............................20 2.3.3 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) .....................................21 2.3.4 Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD)21 2.3.5 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, für Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Frieden - Volksfront (V)................................21 2.3.6 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) ....................21 2.3.7 Gruppe 99 (Gruppe der aufgelösten KPD) ......................................21 2.3.8 Kommunistischer Bund (KB)............................................................22 2.4 Trotzkisten...................................................................................................22 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 3 Verfassungsfeindliche Bestrebungen und öffentlicher Dienst ... 26 3.1 Besondere Treuepflicht im Öffentlichen Dienst ...........................................26 3.2 Angehörige des Öffentlichen Dienstes in extremistischen Organisationen .26 4 Ausländerextremismus.................................................................. 28 4.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................28 4.2 Türken .........................................................................................................29 4.3 Kurden.........................................................................................................31 4.4 Syrer ...........................................................................................................31 4.5 Pakistaner ...................................................................................................31 4.6 Iraner...........................................................................................................32 4.7 Afghanen.....................................................................................................32 4.8 Jugoslawen .................................................................................................32 4.9 Iren..............................................................................................................32 4.10 Sonstige ausländerextremistische Aktivitäten ...........................................33 5 Terrorismus .................................................................................... 35 5.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................35 5.2 Rote Armee Fraktion (RAF).........................................................................35 5.3 Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) ..........................................................36 5.4 Terroristisches Umfeld ................................................................................38 5.5 Terroristische sowie sonstige politisch motivierte Gewalttaten....................39 6 Spionageabwehr............................................................................. 42 6.1 Schwerpunkt und Tendenzen......................................................................42 6.2 Werbungen und Werbungsversuche...........................................................42 6.3 Aufträge.......................................................................................................43 6.4 Führungsund Verbindungswesen .............................................................43 6.5 Besuchsreisen in die DDR ..........................................................................43 6.6 Verurteilte Agenten .....................................................................................45 7 Strafrechtspflege............................................................................ 46 7.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................46 7.2 Terrorismus .................................................................................................46 7.3 Demonstrationsstraftaten ............................................................................46 7.4 Rechtsextremistische Aktivitäten.................................................................47 7.5 Linksextremistische Aktivitäten ...................................................................48 8 Zusammenfassung......................................................................... 49 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 9 Anhang............................................................................................ 50 9.1 Übersicht über rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ..............................................50 9.2 Übersicht über linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse ..............................................52 9.3 Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst.............................................................................................55 9.4 Leitsätze......................................................................................................59 9.5 Leitsätze61 9.6 Leitsätze......................................................................................................62 9.7 Auszug ........................................................................................................63 9.8 Auszug ........................................................................................................67 9.9 Antwort der Bundesregierung......................................................................72 9.10 Antwort der Bundesregierung....................................................................82 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Vorwort Die bisherige Nachfrage insbesondere auch seitens einzelner Bürger nach dem gedruckten jährlichen Bericht der Landesregierung über den politischen Extremismus und über sicherheitsgefährdende Bestrebungen in unserem Lande hat gezeigt, daß mit der Herausgabe dieses Berichts für die Öffentlichkeit ein richtiger Weg beschritten wurde. Nur der informierte Bürger kann überzeugt und überzeugend für Freiheit und Demokratie einstehen. Die von ihm durch demokratische Wahl eingesetzte politische Führung kann auch nur vom informierten Bürger erwarten, daß er sich für die freiheitliche Demokratie einsetzt. Die freiheitliche Demokratie lebt politisch von der aktiven Zustimmung der Bürger. Daher muß der Verfassungsschutz mit seinen Erkenntnissen vor allem sie erreichen und nicht nur die vorrangig interessierten und berufenen politischen Instanzen sowie die Behörden und Gerichte, die im Einzelfalle Verbote oder Strafen auszusprechen haben. Verbote und Strafen bilden nach unserem Verfassungsund Staatsverständnis nicht den ausschließlichen Inhalt der Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung; wichtiger noch ist die Überzeugungskraft der politischen Auseinandersetzung. Verbot und Strafverfolgung können nicht die erste Weisheit solcher Abwehr sein, und sie dürfen auch nicht ausschließlich die letzte werden. Das gilt zumal in einer Zeit, in der politisch extremistische Bestrebungen mit ihren verfassungsfeindlichen Zielen als solche so gut wie keinen Erfolg haben, in der Extremisten nur Anklang finden können, wenn sie es verstehen, Bürger über ihre wirklichen Absichten zu täuschen. Diese Broschüre soll, wie ihre Vorgängerinnen, dazu beitragen, daß dies nicht gelingt. Dr. Herbert Schnoor Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen 4 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 1 Rechtsextremismus 1.1 Entwicklungstendenz Die Zahl der rechtsextremistischen Anhängerschaft dürfte in Nordrhein-Westfalen deutlich unter 3.000 Personen liegen; sie sind in rund 30 Gruppen organisiert. Was die "nationaldemokratischen" Organisationen betrifft, so ist der Mitgliederstand der nordrhein-westfälischen NPD auf ca. 800 und der ' ihrer Jugendorganisation - der Jungen Nationaldemokraten (JN) - weit unter 300 gesunken. Die von der NPD gesteuerte "Bürgerinitiative Ausländerstopp" will ein neues Volksbegehren in Gang setzen mit dem Ziel, deutsche und ausländische Schulkinder getrennt zu unterrichten. Innerhalb der - in unserem Land stark vertretenen - sog. National-Freiheitlichen Rechten bilden die von dem Verleger Dr. FREY (München) geführten oder beeinflußten Vereinigungen "Deutsche Volksunion", "Aktion Deutsche Einheit - AKON e.V.", "Volksbewegung für Generalamnestie" und "Initiative für Ausländerbegrenzung" mit zusammen rd. 10.000 Mitgliedern inzwischen den 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 größten rechtsextremistischen Block im Bundesgebiet. Demgegenüber verzeichnete die militante Wiking-Jugend in Nordrhein-Westfalen einen geringen Mitgliederschwund. Im neonazistischen Bereich ist 1981 im Bundesgebiet zwar die Zahl der Gruppierungen auf 16 zurückgegangen; gleichwohl stieg die Anhängerschaft leicht an auf rd. 1.850 Personen. Von ihr ist nur ein geringer Teil in unserem Land tätig. Im März 1981 wurden bundesweit staatliche Maßnahmen gegen die auslandgesteuerten NS-Gruppierungen ergriffen; sie vermochten allerdings die Verbreitung des umfangreichen Propagandamaterials aus Nordamerika nicht gänzlich zu verhindern. Bei nordrhein-westfälischen Rechtsextremisten wurden erneut Waffen gefunden. In Mülheim/Ruhr konnte eine sog. Wehrsportgruppe aufgedeckt werden. Daß bundesweit die Tendenz zur Bewaffnung und Gewaltanwendung in rechtsextremistischen Kreisen anhält, belegen insbesondere die Ermordung eines NS-Anhängers in Schleswig-Holstein durch einen Bochumer Rechtsextremisten im Mai, die Münchener Schießerei zwischen NS-Aktivisten und der Polizei sowie die umfangreichen Waffenund Sprengstoffunde in der Lüneburger Heide im Herbst 1981. In Nordrhein-Westfalen zeigte sich diese Entwicklung auch an einer Kleingruppe mit terroristischem Einschlag im Raum Dortmund. Deutsche rechtsextremistische Gruppen bemühen sich zudem, die Zusammenarbeit mit Gesinnungsgenossen im Ausland zu vertiefen. Neben den schon erwähnten staatlichen Zugriffen gegen rechtsextremistische Gruppen sind im Berichtszeitraum eine Reihe von Rechtsextremisten - darunter der frühere Verleger K. - verurteilt und zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer Aktivitäten eingeleitet worden. Die Zahl der rechtsextremistischen Organisationen und die geringe Zahl ihrer Mitglieder sowie der geringe Erfolg rechtsextremistischer Parteien bei Wahlen läßt noch keinen Schluß auf die tatsächliche Gefährlichkeit des Rechtsextremismus zu. Das belegt u. a. der Versuch der von der NPD gesteuerten "Bürgerinitiative Ausländerstopp", verständliche Sorgen deutscher Eltern um eine gute Schulbildung ihrer Kinder für rechtsextremistische Ziele zu nutzen. 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten Verfassungsfeindlichkeit höchstrichterlich bestätigt Durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 1980 ist erstmals auch höchstrichterlich klargestellt worden, daß die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Diese ergeben sich, wie das Gericht ausgeführt hat - unabhängig von dem offiziellen Parteiprogramm und der Satzung der NPD -, aus einer ständigen, gegen die Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichteten und der Partei politisch zuzurechnenden Polemik. Darin kommen Mißachtung und Ablehnung oberster Verfassungswerte, insbesondere der parlamentarischen Demokratie, des Mehrparteiensystems und der Volkssouveränität zum Ausdruck. Bundesparteitag 6 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Am 24. und 25. Oktober 1981 fand in Völklingen/Saar der 15. Bundesparteitag statt. Es nahmen rund 600 Personen teil, darunter 259 Delegierte. Erwartungsgemäß wurde Rechtsanwalt Martin MUSSGNUG als Parteivorsitzender bestätigt. Landesparteitag NW Der Landesparteitag 1981 der nordrhein-westfälischen NPD am 1. und 2. Mai in Ibbenbüren stand unter dem Leitsatz "Der deutsche Arbeiter Lebensgarant unseres Volkes". Der bisherige Landesvorsitzende Karl-Heinz LINDNER wurde wiedergewählt; er kündigte eine Verstärkung der Aktion Ausländerstopp an. Zwischen linksextremistischen Gegendemonstranten und NPD-Mitgliedern kam es am ersten Tag zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Im November 1981 ist LINDNER, der schon im Oktober 1981 auf dem Bundesparteitag auf seine Wiederwahl als stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD verzichtet hatte, auch von seinem Amt als NPD-Landesvorsitzender zurückgetreten. "Deutschlandtreffen" zum 17. Juni Ihr traditionelles "Deutschlandtreffen" veranstaltete die NPD - nach irreführender Anmeldung in Hamburg - am 17. Juni 1981 in Dortmund. Hieran nahmen ca. 500 NPDund JN-Mitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet teil. Fünf von ihnen führten Waffen mit sich. Kundgebung unter dem Motto: Deutschland ist größer als die Bundesrepublik Eine Kundgebung mit Oberst a. D. RUDEL veranstaltete die NPD unter dem angegebenen Motto am 13. September 1981 in Altena; es nahmen ca. 400 Personen teil. Junge Nationaldemokraten (JN) Am 3. und 4. Oktober 1981 hielten die JN unter dem Motto "Platz für die Jugend" in Püttlingen/Saar ihren 10. ordentlichen Bundeskongreß ab. Hieran nahmen ca. 150 Personen teil. Am 11. April 1981 fand in Kamp-Lintfort der Landeskongreß des JN-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen statt. Zum neuen Landesvorsitzenden wurde der 22jährige Ernst-Dieter SIEPMANN aus Duisburg gewählt. Aus Protest gegen die fortdauernde Inhaftierung von HESS veranstalteten die JN am 9. Mai 1981 in Bonn und Köln unter dem Motto "40 Jahre Hess-Flug - 40 Jahre unschuldig Haft" - eine "Bundesaktion". U. a. ketteten sich in der Nacht sechs JNAngehörige an einen Brunnen auf dem Bonner Marktplatz an. Vor dem Kölner Dom verteilten weitere aneinandergekettete JN-Leute Flugblätter mit der Überschrift "Weder Recht noch Menschlichkeit'. Außerdem wurden in Köln Straßenschilder mit der Beschriftung "Rudolf-Hess-Straße" überklebt. Anläßlich des Staatsbesuchs des sowjetischen Staatsund Parteichefs Breschnew in der Bundesrepublik Deutschland beteiligten sich am 22. November 1981 rund 150 JN-Mitglieder an einem Demonstrationszug, den die nichtextremistische Aktion für Frieden und Menschenrechte" in Bonn veranstaltete. 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Hierbei gab es Auseinandersetzungen zwischen den JN und politisch andersgesinnten Teilnehmern. Die Polizei mußte einschreiten, um Tätlichkeiten zu verhindern. Bürgerinitiative (BI) Ausländerstopp Obwohl die NPD-gesteuerte BI Ausländerstopp mit dem ursprünglich angestrebten Volksbegehren - Rückführung der Ausländer in ihre Heimat - erfolglos geblieben ist, schickte sie sich an, in Nordrhein-Westfalen ein neues Volksbegehren in Gang zu setzen. Sie bereitete einen entsprechenden Antrag auf Listenauslegung vor, dem sie den Entwurf eines "Gesetzes über die Einführung muttersprachlicher Regelklassen für ausländische Schüler in Nordrhein-Westfalen" und die erforderlichen Unterschriften beifügte. Sie möchte damit erreichen, daß in den Schulen getrennte Klassen für deutsche und Ausländerkinder eingerichtet werden*). Sie greift damit wiederum soziale, wirtschaftliche und politische Probleme auf, soweit sie mit dem starken Ausländeranstieg hierzulande verbunden sind und der deutschen Bevölkerung zunehmend bewußt werden. Wie andere rechtsextremistische Gruppen und Autoren warnt die "Bürgerinitiative Ausländerstopp" weiterhin vor Rassenvermischung ("Einschmelzung") und Überfremdung der deutschen Kultur und strebt die Rückführung der Ausländer in ihre Heimat an. Dabei nutzt sie die in Teilen der Bevölkerung vorhandenen Vorbehalte gegen Ausländer für ihre eigenen politischen Zwecke aus. *) Am 17. März 1982 ist der Antrag auf Listenauslegung beim Innenminister eingereicht worden. Die Landesregierung hat das beantragte Volksbegehren nicht zugelassen (Kabinettbeschluß vom 23. März 1982). 1.3 National-Freiheitliche Rechte 1.3.1 Deutsche Volksunion (DVU) Die 1971 gegründete DVU führte am 20. September 1981 in Bonn ihre Bundesversammlung durch, an der ca. 500 Personen teilnahmen. Als Redner trat neben dem DVU-Vorsitzenden Dr. Gerhard FREY auch Oberst a. D. RUDEL auf. Erwartungsgemäß wurde Dr. FREY, Begründer der Vereinigung, in seinem Amt als Vorsitzender bestätigt. 1.3.2 Aktion Deutsche Einheit - AKON e.V. /Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA)/Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) Um die DVU als Kern der National-Freiheitlichen Rechten gruppieren sich die AKON, die VOGA und die I.f.A. Sie werden ebenfalls von Dr. FREY geführt oder beeinflußt und haben sämtlich - wie die DVU - ihren Sitz in München. Zusammen mit der (mitgliederstärksten) DVU verfügen die genannten drei Organisationen über rd. 10.000 Mitglieder. Von ihnen lebt nur ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz in Nordrhein-Westfalen. 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 1.3.3 Wiking-Jugend (WJ) Der WJ gehören zur Zeit ca. 350 Mitglieder an, davon etwa 90 in NordrheinWestfalen. Hausdurchsuchungen bei zwei Funktionären der WJ Anfang Mai 1981 in Ennepetal förderten zahlreiche Waffen, darunter Karabiner und Pistolen, Munition, Ausrüstungsgegenstände der ehemaligen Wehrmacht sowie WJSchriftmaterial zutage. 1.4 Neonazistische Gruppen 1.4.1 Staatliche Maßnahmen gegen auslandgesteuerte NSGruppierungen Am 24. März 1981 wurden auf richterliche Anordnung bundesweit Wohnungen bei insgesamt 415 Personen durchsucht, die als Anhänger oder Sympathisanten der aus Nordamerika gesteuerten * NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) und * Befreiungsfront im White Power Movement (USA) sowie des * Verlags Samisdat Publishers Ltd. (Kanada) bekanntgeworden sind. In 226 Fällen wurden NS-Propagandamaterialien gefunden, in einigen Fällen auch Schußwaffen und Munition. Von 121 in Nordrhein-Westfalen vorgenommenen Durchsuchungen waren 27 erfolgreich. Auch hier konnten Hakenkreuz-Aufkleber, antisemitische Pamphlete und andere NS-Schriften sichergestellt werden; in einem Fall fand die Polizei zwei Karabiner und ein Luftgewehr. Gleichwohl gelingt es den auslandgesteuerten NSGruppierungen, noch weiteres Propagandamaterial zu verteilen. Dabei versuchen sie mehr und mehr, Einschleusung und Vertrieb des Materials zugriff sicher zu handhaben. 1.4.2 NSDAP-Aufbauund Auslandsorganisation (NSDAP-AO) In der Nummer 44 (Mai/Juni 1981) des "NS-Kampfruf" - Monatsschrift der NSDAPAO - gibt der Gründer und Leiter der Organisation, Gary Rex LAUCK, Lincoln/USA, "Sicherheitshinweise" und Verhaltensregeln für Anforderung und Empfang des Propagandamaterials, um eventuelle deutsche Exekutivmaßnahmen zumindest zu erschweren. Er empfiehlt, nur "Kennummern" zu verwenden und das Material postlagernd unter Deckadresse zu bestellen. Ferner polemisiert das Blatt unter der Überschrift "Aktionen - das Gebot der Stunde" gegen die "minderwertigen und schmarotzenden Asylanten und Gastarbeiter" in der Bundesrepublik Deutschland und ruft zum Kampf gegen sie auf. 9 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Das Landgericht Düsseldorf verurteilte im November 1981 zwei NSDAP-AOAnhänger aus Krefeld zu einer Geldstrafe bzw. Freiheitsentzug. Die Verurteilten hatten neonazistische Bücher, Zeitschriften, Flugblätter und Aufkleber - überwiegend der NSDAP-AO - in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt und verbreitet. Einer der Täter hatte bereits im September 1979 mit Hakenkreuzen versehene Drohbriefe an den Polizeidirektor und den Deutschen Gewerkschaftsbund in Krefeld gesandt. Weitere Verfahren richten sich gegen einen NSDAP-AO-Anhänger aus Duisburg wegen Bezugs und Vorrätighaltens von neonazistischem Propagandamaterial aus den USA sowie gegen einen Arbeiter aus Remscheid. Bei letzterem stellte die Polizei im Dezember 1981 neonazistische Druckschriften, Stichund Schlagwaffen und ein Würgeholz sicher. 1.4.3 Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) Ende Mai 1981 wurde in Barsbüttel-Stemwarde (Schleswig-Holstein) ein Anhänger der neonazistischen ANS aus Hamburg im Beisein weiterer ANS-Anhänger von einem Rechtsextremisten aus Bochum durch Messerstiche getötet. Der Täter ist mehrfach wegen Diebstahls und Raubes vorbestraft, saß zuletzt wegen Waffendiebstahls in der Justizvollzugsanstalt Geldern ein und war erst wenige Wochen vor der Tat aus der Haft entlassen worden. Er unterhielt Kontakte zu 10 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 neonazistischen Kreisen in Norddeutschland und zur neonazistischen Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG) in Frankfurt. Von der HNG wurde er als "politischer Häftling" betreut. Als Motiv gaben Tatbeteiligte an, man habe die ANS von einem Homosexuellen säubern wollen. 1.4.4 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (VSBD) und Widerstandsbewegung Deutsche Volksfront Die VSBD wurde 1971 in Krefeld von dem ehemaligen NPD-Funktionär Friedhelm BUSSE (damals wohnhaft in Bochum, jetzt in Neubiberg/Bayern) unter der Organisationsbezeichnung "Partei der Arbeit" (PdA) gegründet. Die PdA verlegte später ihren Sitz nach München, wo sie sich 1975 in VSBD umbenannte. Dort gründete sie 1979 ihre Jugendorganisation Junge Front (JF). Die VSBD verfügte in einigen Bundesländern über Landesverbände. Der Landesverband NordrheinWestfalen hatte sich allerdings 1978 aufgelöst. Die VSBD propagierte nationalsozialistisches Ideengut und feierte historische Ereignisse der ehemaligen NSDAP. Sie verfügte über Verbindungen zu Gesinnungsgenossen im Ausland und konnte mit ihren insgesamt etwa 120 Mitgliedern als größte neonazistische Vereinigung im Bundesgebiet bezeichnet werden*). Am 20. Oktober 1981 kam es in München zwischen der Polizei und fünf VSBDAnhängern zu einem Schußwechsel, bei dem zwei Neonazisten den Tod fanden. Nach der Schießerei in München erhielt die "Bild"-Redaktion in Hamburg ein anonymes Schreiben, das Drohungen gegen den bayerischen Innenminister TANDLER enthielt. Das Schreiben ist am 23. Oktober 1981 in Lüdenscheid aufgegeben worden und von einer bis dahin unbekannten "Widerstandsbewegung Deutsche Volksfront - Jagdkommando Mitte" unterzeichnet. *) Durch Verfügung vom 27. Januar 1982 hat der Bundesminister des Innern die VSBD einschließlich ihrer Jugendorganisation JF als eine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Vereinigung verboten und aufgelöst. 1.4.5 Wehrsportgruppen In Nordrhein-Westfalen wie im übrigen Bundesgebiet machten in der Vergangenheit wiederholt sog. Wehrsportgruppen von sich reden. Unter Wehrsportgruppen versteht man Zusammenschlüsse von meist jungen Männern, die sich durch militärähnliche Übungen im Gelände zu höherer körperlicher und psychischer Leistungsfähigkeit erziehen wollen. Solche Gruppen beschäftigen den Verfassungsschutz dann, wenn sie sich zugleich extremistisch betätigen. Beispielsweise kann das Tragen von NS-Symbolen, -Rangabzeichen oder - Ausrüstungsstücken auf eine rechtsextremistische Ausrichtung hindeuten. 1981 ist eine "Wehrsportgruppe" in Mülheim/ Ruhr in Erscheinung getreten. Mitte Mai 1981 wurden dort mehrere 17 bis 19jährige Gymnasiasten gestellt. Sie hatten andere Jugendliche angegriffen und mit einem Luftgewehr beschossen. Bei ihnen fand die Polizei ein Würgeholz mit Hakenkreuzen und den Beschriftungen "SS-Vibrator" und "Türkentod", Stahlhelme und Uniformteile sowie Schriftmaterial rechtsextremistischer Organisationen. Nach den Ermittlungen besitzen die 11 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Anhänger der Gruppe allerdings keine persönlichen Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen. 1.5 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten. 1.5.1 Terroristische Kleingruppe im Raum Dortmund Gegen den Rechtsextremisten Udo A. aus Dortmund und andere Gruppenmitglieder ermittelt die Staatsanwaltschaft Münster wegen des Verdachts, in den Jahren 1976 und 1979 bewaffnete Banküberfälle - unter anderem in Nordrhein-Westfalen - verübt zu haben. Nach bisheriger polizeilicher Feststellung soll A. Anfang April 1979 zusammen mit einem Dortmunder JN-Mitglied und zwei weiteren Männern die Volksbank-Filiale Schlachthof in Bochum überfallen und ca. DM 53.000 erbeutet haben. Bei seinen Vernehmungen gab A. ein von ihm in Dortmund angelegtes Waffendepot preis. Dort fand die Polizei eine Maschinenpistole, eine Pistole mit Munition sowie 17 Kfz-Kennzeichen nebst Mitteln zur Fälschung solcher Kennzeichen. Ende Juli 1981 konnte A. während eines gerichtlichen Lokaltermins bei Lauenburg in die DDR flüchten. Von den DDR-Behörden wurde ein Zulieferungsantrag des Generalstaatsanwalts in Hamm abgelehnt und erklärt, A. sei in ein anderes Land ausgewiesen worden. Personen aus dem Kreis um A. sind wegen gemeinschaftlich begangenen schweren Diebstahls und versuchten Waffenschmuggels (im Mai 1980 von Holland nach Nordrhein-Westfalen) zu 6 1/2 bzw. 2 1/2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. 1.5.2 Brandanschlag in Oerlinghausen Wie bereits im Vorjahr berichtet, hatten drei Rechtsextremisten aus Bielefeld und Paderborn im September 1980 in Oerlinghausen mit Molotow-Cocktails einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus verübt in dem sie eine "linke Kommune" vermuteten. Sie wurden vom Landgericht Detmold Anfang Januar 1981 wegen gemeinschaftlich versuchter schwerer Brandstiftung zu je 18 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. 1.5.3 Internationales Treffen in Belgien Das Bemühen deutscher Neonazisten wie auch anderer rechtsextremistischer Gruppen um weitere Zusammenarbeit mit ausländischen Gesinnungsgenossen zeigt ihre Teilnahme an einem internationalen Rechtsextremistentreffen, das im Juli 1981 in Diksmuide/Belgien am Rande der traditionellen flämischen "Jjzerbedevaart" stattfand. Insgesamt beteiligten sich etwa 500 westeuropäische Rechtsextremisten, darunter auch Mitglieder der NPD, JN und der Wiking-Jugend aus Nordrhein-Westfalen. 12 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 2 Linksextremismus 2.1 Entwicklungstendenz 1981 sind im linksextremistischen Bereich wesentliche organisatorische oder politische Änderungen nicht eingetreten. Die Zahl der Mitglieder der kommunistischen Parteien und sonstigen Gruppierungen blieb weitgehend konstant. Sie liegt bei ca. 62.000 (NW: 21.000). Hinzu kommen deren Anhänger in den vor allem DKP-beeinflußten Organisationen, deren Mitgliederzahl insgesamt mit ca.49.000 (NW: ca. 12.000) angenommen werden kann. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) hat ihre Position als stärkste linksextreme Gruppierung (im Bundesgebiet nahezu 40.000 Mitglieder) behaupten können. Der DKP-Führung ist es zudem gelungen, die nach der Bundestagswahl 1980 in Teilen der Mitgliederschaft einsetzende Resignation durch innerparteiliche Kampagnen und durch eine Konzentration ihrer Agitation und Propaganda auf die aktuelle Thematik des "Friedenskampfes", der Hausbesetzungen und der "Rotstiftpolitik" weitgehend zu überwinden. Insbesondere im Bereich der von ihr konzipierten "Bündnispolitik" konnte sie in den letzten Monaten des Berichtsjahres gewisse Teilerfolge erzielen. Die Kernorganisationen der "Neuen Linken" * Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW), * Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD), * Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD), die in der Vergangenheit durch ideologische und personelle Spannungen z. T. erhebliche Mitgliederverluste hinnehmen mußten, konnten bisher in NordrheinWestfalen den. völligen Zerfall verhindern. Sie versuchen, organisatorisch auf einer allerdings wesentlich bescheideneren Ebene weiterzuarbeiten. Nur dem KABD ist es gelungen, seine Organisation in Nordrhein-Westfalen auszubauen und zusätzliche Mitglieder zu gewinnen. Zu größeren Aktionen in der Öffentlichkeit waren die genannten Gruppierungen 1981 jedoch nicht in der Lage. Linksextreme Kreise, vor allem auch die DKP und ihre Nebenorganisationen, haben allerdings immer häufiger versucht, auf Hausbesetzungen (insgesamt in Nordrhein-Westfalen 1981 ca. 180, davon am Jahresende noch "besetzt" ca. 60) propagandistisch oder in anderer Weise einzuwirken. Insbesondere die DKP sieht solche Aktionen als "neue Kampfformen" an. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Die DKP vertritt den sowjetisch orientierten ("orthodoxen") Kommunismus in der Bundesrepublik Deutschland. Vorbehaltlos folgte sie auch im Berichtsjahr der von KPdSU und SED vorgegebenen Treue zum Marxismus-Leninismus. Unverändert hält sie an ihren verfassungsfeindlichen Zielen fest. Die Landesregierung hat, ebenso wie die Bundesregierung, die DKP deshalb auch stets als eine Organisation bewertet, deren politische Ziele gegen die freiheitliche 13 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 demokratische Grundordnung als den Kernbestand unserer Verfassung gerichtet sind. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung aller höchsten Gerichte hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 29. Oktober 1981 die DKP erneut als eine Organisation angesehen, deren Zielsetzungen mit elementaren Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht vereinbar sind. Allen programmatischen Erklärungen der DKP sei gemeinsam, so wird von dem Gericht hervorgehoben, daß sie das Vermächtnis der (früheren) Kommunistischen Partei Deutschlands übernommen habe, so daß die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts in dem KPD-Verbotsurteil vom 17. August 1956 (BVerfGE 5, 85) weithin auch auf die DKP zuträfen. Parteiorganisation und Finanzierung Die DKP verfügt als die bei weitem mitgliederstärkste und - nicht zuletzt durch Zuschüsse aus der DDR - finanzkräftigste linksextremistische Organisation über einen straff organisierten, funktionstüchtigen Parteiapparat. Die Parteizentrale (Sitz: Düsseldorf) mit etwa 100 hauptamtlichen Mitarbeitern leitet in Nordrhein-Westfalen die beiden Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen (Sitz: Essen) und Rheinland-Westfalen (Sitz: Düsseldorf) an, die insgesamt etwa 30 weitere Personen hauptamtlich beschäftigen. Von den 44 Kreisorganisationen in unserem Land werden ca. 280 Wohngebietsgruppen (Ortsund Stadtteilgruppen) sowie ca. 110 Betriebsund Hochschulgruppen angeleitet. In ihrem Rechenschaftsbericht für 1980 wies die DKP Gesamteinnahmen in Höhe von DM 15.759.404,22 aus. Eine auch nur annähernde Kostendeckung für den umfangreichen Parteiapparat, verbunden mit enormer Reisetätigkeit führender Funktionäre im Inund Ausland, für die Großveranstaltungen der Partei sowie für ihre aufwendige Publizistik und Agitation ist mit diesen Einnahmen nicht möglich. Auch 1981 ergaben sich deutliche Anhaltspunkte dafür, daß die Deutsche Kommunistische Partei für ihre und die Arbeit ihrer Nebenorganisationen ganz erheblich von der DDR finanziell unterstützt wurde. Die ihr von dort zugeflossenen Geldbeträge dürften weit über DM 50 Millionen betragen haben. Betriebsarbeit Für die DKP ist die Interessenvertretung der Arbeiter in den Großbetrieben, vor allem der industriellen Konzerne, das wichtigste "Kampfund Aufgabenfeld". Sie sieht deshalb auch die Betriebsgruppen als die wichtigsten Grundeinheiten der Partei an, deren Stärkung eines ihrer Daueranliegen ist. Ganz wesentliche Aufgaben der Betriebsgruppen lagen auch im Berichtsjahr darin, Parteimitglieder in den Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauenskörpern zu unterstützen und in den Betriebsund Gewerkschaftsversammlungen "den Standpunkt der Arbeiterklasse" überzeugend zu vertreten. Unterstützt wird die Betriebsarbeit in Nordrhein-Westfalen durch etwa 140 "Betriebszeitungen", die meist unregelmäßig und in der Mehrzahl von übergeordneten Parteigliederungen herausgegeben werden. Insbesondere die wirtschaftliche Krise in der Stahlindustrie und die damit verbundenen Rationalisierungsvorhaben nahm die KPD zum Anlaß, durch verstärkte 14 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Verbreitung von Flugblättern und "Betriebszeitungen" im Sinne ihrer Vorstellungen auf die Arbeiter einzuwirken. Schulung Grundlage der Mitgliederschulung in der DKP bildeten wiederum die "zweimonatlichen Bildungsabende" in den Parteigruppen. Im Mittelpunkt des "Bildungsjahres 1981/1982" der DKP steht die "Geschichte der kommunistischen Bewegung vom antifaschistischen Widerstandskampf bis zur Konstituierung der DKP".. Dazu erklärte das Parteipräsidium, das Thema enthalte wichtige Lehren für Strategie und Taktik, die Bündnispolitik und den "demokratischen" Massenkampf. Geschichtsbewußtsein sei ein wichtiger Bestandteil des sozialistischen Bewußtseins; es vermittle, Stolz, Teil der kommunistischen Bewegung zu sein, und stärke die Siegesgewißheit. Für weitere Mitgliederschulungen stehen dieser Partei zur Verfügung: * das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e. V." (IMSF) in Frankfurt am Main, * die "Marxistische Arbeiterbildung" (MAB) mit Sitz in Wuppertal als Dachverband der lokalen MAB-Bildungsgruppen und der "Marxistischen Abendschulen", * die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen" in Dortmund, Essen und Köln, * die "Marx-Engels-Stiftung e.V." im "Marx-Engels-Zentrum" in Wuppertal, * die "Karl-Liebknecht-Schule" in Leverkusen sowie * die SED-Parteischule "Franz Mehring" in Berlin (Ost) und das "Institut für Gesellschaftswissenschaften" beim ZK der KPdSU in Moskau. Schwerpunkte der Parteiarbeit Schon zu Beginn des Jahres 1981 galt die volle Unterstützung der "Friedensbewegung" als zentrales Thema und erklärtes Ziel der Parteiarbeit. Dementsprechend konzentrierte sich die Arbeit der DKP-Grundeinheiten auf die Sammlung von Unterschriften zum "Krefelder Appell" und auf die Mitwirkung in den einzelnen örtlichen "Friedensinitiativen". Folgende Veranstaltungen und Einzelaktionen sind besonders hervorzuheben: * die" Woche der DKP" In der "Woche der DKP" (24. bis 31. Januar 1981) trat die Partei mit vielfältigen Aktionen an die Öffentlichkeit. In Nordrhein-Westfalen führte sie Plakataktionen unter dem Motto "Stoppt die Inflation" durch, errichtete zahlreiche Informationsstände und ließ häufig Hausbesuche und sog. Arbeiteraussprachen durchführen. Die "Woche der DKP" fand ihren Höhepunkt in einem zentralen "LeninLiebknecht-Luxemburg-Treffen" am 25. Januar 1981 in der Stadthalle in Ratingen unter dem Leitwort: "Gegen US-Atomraketen! Im Geiste von Lenin, Liebknecht, Luxemburg: Für Frieden, gegen Militarismus und Krieg." Hieran 15 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 nahmen ca. 600 Personen teil, darunter Vertreter der SED sowie der Botschaften Afghanistans, Bulgariens, Polens, Ungarns, der CSSR und Vietnams. * Protestaktionen der DKP wegen des angeblichen Ausschlusses der DKPRatsherren aus dem Ausschuß für Angelegenheiten der zivilen Verteidigung" in Gladbeck. Der Rat der Stadt Gladbeck hatte am 6. Februar 1981 den Ausschuß für Angelegenheiten der zivilen Verteidigung", dem 2 Mandatsträger der DKP angehörten, neu gewählt; dem neu gebildeten Ausschuß gehören DKPMitglieder nicht mehr an. Hiergegen demonstrierte die DKP am 14. Februar 1981 in Gladbeck mit einem Aufgebot von ca. 200 Personen. * Internationaler Frauentag Anläßlich des Internationalen Frauentages am 8. März 1981 verbreitete die DKP Flugblätter mit der Forderung nach Verwirklichung des Rechts der Frau auf Gleichberechtigung. Darüber hinaus hielten Kreisund Ortsverbände Versammlungen ab und führten Veranstaltungen mit Referentinnen sowie Künstlern aus der DDR u. a. in Gelsenkirchen, Gevelsberg, Mönchengladbach, Opladen und Wetter durch. * 6 Parteitag In Hannover Am Parteitag (29. bis 31. Mai 1981) nahmen 677 ordentliche Delegierte und 135 Gastdelegierte teil. Auf Einladung der DKP waren 55 Delegationen anderer kommunistischer Parteien und sogenannter Befreiungsbewegungen erschienen. Die bisherigen Parteivorsitzenden Herbert MIES und Hermann GAUTIER wurden in ihren Funktionen bestätigt. * "Arbeiterzug 81" Unter der Losung "Frieden und Freundschaft mit der Sowjetunion" entsandte die DKP einen sog. Arbeiterzug 81 für die Zeit vom 6. bis 19. Juli 1981 in die UdSSR. Die über 300 Personen starke Delegation setzte sich nach Angaben der DKP aus vorwiegend in Konzernbetrieben beschäftigten Arbeitnehmern zusammen. Aus Nordrhein-Westfalen waren schätzungsweise 100 Personen in die Sowjetunion gereist. Die Delegation wurde in Moskau durch Vertreter der sowjetischen Gewerkschaften, auf deren Einladung die Reise offiziell stattfand, ferner u. a. durch die Leitung des Moskauer Stadtgewerkschaftsrates und die Stadtparteileitung der KPdSU begrüßt. Zum Reiseprogramm gehörten vor allem der Besuch nationaler Gedenkstätten, kultureller und sozialer Einrichtungen und städtebaulicher Anlagen sowie Betriebsbesichtigungen. * Kommunalpolitische Konferenz des Bezirks Ruhr-Westfalen Die Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen hielt am 7. November 1981 in Castrop-Rauxel eine "Kommunalpolitische Konferenz" ab, an der ca. 300 Personen, darunter Vertreter einzelner Gruppen der "Friedensbewegung" und der "Grünen", teilnahmen. Der Bezirksvorsitzende Werner CIESLAK sowie der Fraktionsvorsitzende im Bottroper Stadtparlament Heinz CZYMEK referierten auf der Veranstaltung zu den Themen "Den Frieden sichern, die sozialen und demokratischen Rechte verteidigen - die Kommunalpolitik weiterentwickeln mit dem Blick auf 1984' und die "Rotstiftorgie stoppen". Sie wiesen auf den ihrer Auffassung nach bestehenden Zusammenhang zwischen den Ausgaben für den Verteidigungshaushalt und der Finanzlage der Gemeinden sowie einer möglichen Einschränkung sozialer bzw. kommunaler Leistungen hin. Die Konferenzteilnehmer beteiligten sich an einer Demonstration und Kundgebung der Castrop-Rauxeler DKP unter dem Motto "Gegen Rotstift und 16 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Raketen". Der Bezirk Ruhr-Westfalen beabsichtigt, bei der nächsten Kommunalwahl in zumindest drei weiteren Städten für Bezirksvertretungen zu kandidieren. * Delegationen in die DDR Die Bezirksorganisationen Rheinlandund Ruhr-Westfalen entsandten mindestens 100 Delegationen in die DDR. Sie umfaßten in der Regel 15-30 Personen. Ihre Betreuung oblag den SED-Bezirksleitungen Halle, Karl-MarxStadt und Leipzig. * Internationale Beziehungen Im Rahmen der Pflege internationaler Beziehungen fuhren DKP-Funktionäre auch 1981 in Länder des Ostblocks zur Kontaktaufnahme mit den "Bruderparteien". Bevorzugtes Ziel war Moskau, so u. a. während des XXVI. Parteitages der KPdSU vom 23. Februar bis 3. März 1981, an dem drei Spitzenfunktionäre der DKP teilnahmen. 2.2.1 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen: Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Wie die DKP so war auch die SDAJ 1981 in die Kampagne gegen den NATODoppelbeschluß vom 12. Dezember 1979 bezüglich der Mittelstreckenraketen in Europa eingespannt. Der Bundesvorstand der SDAJ beschloß im Januar 1981, 100.000 Unterschriften für den "Krefelder Appell" zu sammeln. Die Kampagne stand sowohl bei den Pfingsttreffen 1981 der beiden Landesverbände RheinlandWestfalen und Ruhrgebiet-Westfalen in Gevelsberg und Hattingen als auch beim "Festival der Jugend" am 19./20. Juni 1981 in Dortmund im Vordergrund. Dieses von SDAJ, MSB Spartakus und Jungen Pionieren veranstaltete Festival wurde von ca. 50 - 60.000 Personen besucht. Wie in jedem Jahr nahmen auch wieder zahlreiche ausländische Delegationen und Gruppen teil. Zum Programm gehörte - neben den üblichen Sportund FolkloreVeranstaltungen und den politischen Diskussionen - erstmals ein "Hausbesetzertreffen", das als Forum für "Erfahrungsaustausch", "gegenseitige Informationen", "Diskussion über Widerstandsformen" und "Festlegung von weiteren Aktionen" angekündigt wurde. Zum gleichen Thema informierte das SDAJ-beeinflußte "Koordinationsbüro für Initiativgruppen der Jugendzentrumsbewegung e.V." laufend in seinem "Rundbrief" und gab "Tips" für Hausbesetzungen. Im März 1981 erklärte der SDAJ-Bundesvorstand in seinem "Presseinfo": "Die Bewegung wird breiter, der Häuserkampf geht weiter!". Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Der MSB und der Sozialistische Hochschulbund (SHB) haben ihre Bündnispolitik auch 1981 fortgesetzt. Auf ihren im Herbst abgehaltenen Bundesdelegiertenversammlungen bekundeten beide Verbände die enge Zusammenarbeit in den Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS) als beispielhaft für alle anderen gesellschaftlichen Bereiche. Die "Aktionseinheit von MSB und SHB" wird von beiden Studentenorganisationen als die "am weitesten entwickelte und fundierteste Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Kommunisten in der BRD" hingestellt. Beide bekräftigten die Mitarbeit in der "antifaschistischen Bewegung" und die Unterstützung der Initiative "Weg mit den Berufsverboten". 17 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) Die Jungen Pioniere konnten im Jahre 1981 ihre Mitgliederzahlen erhöhen und ihre Organisation ausbauen. In den beiden Landesverbänden RheinlandWestfalen und Ruhr-Westfalen gibt es insgesamt 30 Kreisverbände mit 139 Ortsgruppen und ca. 1.300 Kindern (1980 ca. 950 bis 1.000). Es ist anzunehmen, daß die Steigerung nicht zuletzt durch die von DKP und Jungen Pionieren veranstalteten, sehr preisgünstigen Kinderferienreisen in die DDR erreicht wurde, die auch bei den Veranstaltern selbst als besonders geeignetes Mittel angesehen werden, neue Mitglieder zu werben und über die teilnehmenden Kinder auch deren Eltern im Sinne der DKP anzusprechen. An der Kinderferienaktion 1981 nahmen aus Nordrhein-Westfalen ca. 2.500 (1980 ca. 2.000) Kinder teil. Neben der Kinderferienaktion und zahlreichen örtlichen, von DKP, SDAJ und Jungen Pionieren veranstalteten Kinderfesten wurden auch 1981 die "Pfingstcamps" der Jungen Pioniere in Bergneustadt-Baldenberg (mit ca. 700 Kindern des Landesverbandes Rheinland-Westfalen) und Hattingen (mit ca. 1.000 Kindern des Landesverbandes Ruhr-Westfalen) sowohl zur Mitgliederwerbung als auch zur politischen Beeinflussung, insbesondere bei der Schwerpunktaktion "Kampf gegen die Stationierung von neuen atomaren Raketen in der Bundesrepublik", genutzt. 2.2.2 Bündnispolitik Die DKP war auch weiterhin bemüht, mit nichtkommunistischen Kräften zusammenzuarbeiten und "Bündnisse" einzugehen, um zu einer Massenbasis und damit zu größerem politischen Einfluß zu gelangen. In dem Bericht des Parteivorstandes der DKP an den 6. Parteitag heißt es: "Nahezu 50.000 in der DKP organisierte Kommunisten sind der Zahl nach nicht allzuviel. Aber ihre Politik, ihre Aktivität, ihre Bereitschaft zur Aktionseinheit und zum demokratischen Bündnis ... ihre Verankerung in der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung haben sie zu einer Kraft gemacht, die Wirkung zeigt. ... Die DKP wirkt für eine Änderung der politischen Kräfteverhältnisse zugunsten der demokratischen Kräfte. Deshalb leisten wir unseren Beitrag zur Aktionseinheit der Arbeiterklasse, zu demokratischen Bündnissen, zur Einigung der Linkskräfte. ..." Ab Anfang 1981 waren besonders folgende Aktionsbereiche erkennbar, die der DKP für erfolgversprechende Bündnisbemühungen geeignet erschienen: * "Friedensbewegung" ("Alles kulminiert im Kampf gegen die Atomraketen", heißt es in dem vorerwähnten Bericht), * "Bewegung gegen das Bonner Atomprogramm" 18 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 * (Zusammenarbeit mit der Anti-Kernkraft-Bewegung), * Wahlbündnisse mit den "Grünen" im kommunalen Bereich, * Unterstützung von Hausbesetzungen. Krefelder Initiative Die Initiatoren des Krefelder Forums vom 15./16. November 1980 und die hinter ihnen stehenden Organisationen, insbesondere die DKP mit ihren Nebenorganisationen, die Deutsche Friedens-Union (DFU) und das "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit' (KFAZ) setzten - wie oben schon in anderem Zusammenhang erwähnt - im ganzen Jahr 1981 ihre Kampagne gegen den NATO-Doppelbeschluß und ihre Unterschriftenaktion zum "Krefelder Appell" fort. Es war jedoch zu beobachten, daß - entgegen dem einseitigen Text des "Krefelder Appells" - bei den Folgeveranstaltungen zuweilen auch gegen die atomare Rüstung in Ost und West Stellung genommen wurde, offenbar als Reaktion auf die teilweise heftige Kritik in der Öffentlichkeit an der einseitig gegen NATO und USA gerichteten Tendenz des "Krefelder Forums". Bei einigen "Bündnispartnern" des "Krefelder Forums", die nicht dem kommunistischen Bereich zuzuordnen sind, war der starke DKP-Einfluß auf Bedenken gestoßen. Die DKP hat es daher hinnehmen müssen, daß bei dem von ihr unterstützten "Zweiten Forum der Krefelder Initiative", das mit 15.000 Teilnehmern am 21. November 1981 in der Dortmunder Westfalenhalle stattfand, Redner ihre ernste Besorgnis um die Aufrechterhaltung des Friedens u. a. in der Weise zum Ausdruck brachten, daß sie auch die sowjetische Raketenrüstung kritisierten und daß in der während des Forums veröffentlichten "Erklärung der Krefelder Initiative" die Sowjetunion aufgefordert wird, für die Dauer der Genfer "Abrüstungsverhandlungen" keine neuen SS-20Raketen zu installieren. Beteiligung an der "Friedensdemonstration" am 10. Oktober 1981 in Bonn Als der Aufruf der "Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden" und der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste" zu der Demonstration bekannt geworden war, sah die DKP die Chance, in "gemeinsamen Aktionen" mit "allen friedliebenden Bürgern" ihre friedensstrategischen Zielsetzungen im Sinne des "Krefelder Appells" weiten Kreisen der Bevölkerung nahezubringen. Mit dem Beschluß des Parteivorstandes der DKP von Ende September 1981, die Demonstration "mit ganzer Kraft" zu unterstützen, setzte in der Vorbereitungsphase eine verstärkte Aktivität von Angehörigen der DKP und der von ihr gesteuerten Organisationen ein, die vor allem der Propagierung und organisatorischen Planung der Demonstration galt. Teilnehmer der Demonstration waren weit überwiegend Personen, an deren demokratischer Integrität kein Zweifel besteht. Die Wochenendausgabe der Zeitung der DKP "Unsere Zeit" vom 16. Oktober 1981 veröffentlichte unter der Überschrift "Nach dem 10. Oktober in Bonn - Bleiben wir gemeinsam in der Offensive" einen Kommentar von Martha BUSCHMANN, Mitglied des Präsidiums der DKP. Darin heißt es am Schluß: 19 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 "Bleiben wir weiterhin gemeinsam in der Offensive. Wir haben schon erreicht, die Verfechter des NATO-Raketenbeschlusses und der Einführung der Neutronenbombe in die Defensive zu drängen. Jetzt besteht die reale Chance, die Stationierung neuer amerikanischer Atomraketen politisch undurchführbar zumachen. ..." Das kommunistisch beeinflußte "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) hielt "... nach der machtvollen Demonstration in Bonn ..." den Zeitpunkt für geeignet, eine "Friedenszeitung" als "... Forum für Informationen, Erfahrungsaustausch und Diskussionen innerhalb der Friedensbewegung zu schaffen", von der die Ausgabe Nr. 1 - November 1981 - inzwischen erschienen ist. Sie soll "... den Informationsfluß innerhalb der dezentralen Friedensbewegung verbessern helfen". 2.3 Dogmatische "Neue Linke" 2.3.1 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Die Spaltung des KBW im September 1980 hatten viele Mitglieder (auch führende Funktionäre) zum Anlaß genommen, die Partei zu verlassen bzw. dem "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) beizutreten. Während die Mitgliederzahl im Bundesgebiet von 1.600 auf 1.250 gesunken ist, beläuft sich in NordrheinWestfalen die Zahl der Mitglieder nach wie vor auf ungefähr 280. Der KBW hat seine Organisationsstruktur geändert. Er gliedert sich in NordrheinWestfalen in zwei Regionalverbände (Rheinlandund Ruhr/Westfalen) mit acht Bezirken (Düsseldorf/ Rhein, Köln/Rhein/Sieg, Aachen/Grenzland, Dortmund/Westl. Westfalen, Duisburg/Niederrhein, Essen/Ruhr, Ost-Westfalen und Münsterland). Vom 14. bis 18. November 1981 fand mit 301 Delegierten in Frankfurt/Main die Vl. ordentliche Delegiertenkonferenz des KBW statt. Die Konferenz beschloß, daß bisherige KBW-Programm aufzuheben und durch verschiedene "Resolutionen" zu ersetzen, in denen u. a. gefordert wird, "durch die proletarische Revolution die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen" zu beenden.. Ein weiterer Beratungspunkt war die Verabschiedung des neuen Statuts. Danach wird der KBW nunmehr von einer Bundesleitung (44 Mitglieder) geleitet, die alle sechs Wochen tagen soll. Die engere Führung des KBW wird in Zukunft nicht mehr von einem, sondern von drei Sekretären wahrgenommen, die gemeinsam einen "Ständigen Ausschuß" bilden. Als Sekretäre des "Ständigen Ausschusses" (Sitz: Frankfurt) wurden gewählt: Hans Gerhart SCHMIERER, Bernhard PETERS und Volker LEHMANN (alle Frankfurt). 2.3.2 Vereinigung für revolutionäre Volksbildung (VrV) Die dem KBW zuzuordnende VrV (ehemals VRV-SR) hat weiterhin innerorganisatorische Schwierigkeiten. Mit wesentlichen nach außen gerichteten Aktivitäten ist sie nicht in Erscheinung getreten. 20 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 2.3.3 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) Der BWK hat nach seiner Gründung seine Zentrale in Köln eingerichtet. Aktivitäten wurden insbesondere im ostwestfälischen und im Kölner Raum festgestellt. Mit Betriebsund Hochschulzeitungen sowie verschiedenen, nach Branchen aufgeteilten Nachrichtenheften versucht der BWK, an die früheren Arbeitsfelder des KBW anzuknüpfen. Anläßlich der Delegiertenkonferenz am 7./8. Februar 1981 in Hannover wählten die etwa 70 stimmberechtigten Delegierten die 32 Mitglieder des neuen ZK und beschlossen eine Neuauflage des "Programms der Westdeutschen Kommunisten", das bislang lediglich als KBW-Programm existierte. Mittlerweile wurde auch ein BWK-Landesverband Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Bielefeld gegründet. 2.3.4 Kommunistische Partei Deutschlands (MarxistenLeninisten) (KPD) Das KPD-Zentralorgan "Roter Morgen" erscheint seit der Ausgabe 51/52 vom 19. Dezember 1980 mit einem Anhang in türkischer Sprache. Die Redaktion erklärte dazu, der "Rote Morgen" wolle die "Kampfeinheit" zwischen den deutschen und den türkischen Arbeitern fördern. Die Jugendorganisation der KPD, die "Rote Garde", beschloß auf ihrem 11. Kongreß am 9./10. Mai 1981 in Essen, ihren Namen in "Kommunistische Jugend Deutschlands" (KJD) zu ändern. Auf ein eigenes Grundsatzprogramm wurde verzichtet, da, wie der Bundesvorsitzende TOBEGEN erklärte, die KJD der Jugendverband der KPD sei und auf der Grundlage des Parteiprogramms kämpfe. 2.3.5 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, für Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Frieden - Volksfront (V) Die Volksfront ist weiterhin bemüht, ihre Organisationen auszubauen. Zur Zeit sind im Landesverband Nordrhein-Westfalen 23 Kreisorganisationen mit 42 Ortsbzw. Ortsteilgruppen zusammengefaßt. In Flugblättern und in ihrem Zentralorgan "Volks-Echo" wirbt sie um Mitglieder. Am 18. Juli 1981 veranstaltete die Volksfront Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf eine Landesdelegiertenkonferenz, an der 110 Delegierte teilnahmen. Hierbei wurde ein neuer Vorstand des Landesverbandes NW gewählt. 2.3.6 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) Seit März 1981 ruft der KABD in seinen Publikationen zur "Parteigründung" auf, die anläßlich des nächsten Zentralen Delegiertentages stattfinden soll. Er ist deshalb bemüht, seine Organisation in Nordrhein-Westfalen zu erweitern und zu festigen. 2.3.7 Gruppe 99 (Gruppe der aufgelösten KPD) Die Mitglieder der Gruppe 99 versuchen trotz interner Auseinandersetzungen 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 weiterzuarbeiten. Sie traten 1981 aber nur durch die Herausgabe der "kommunistischen Briefe" und durch Veranstaltungen zum Thema "Solidarität mit Solidarnosc" (= unabhängige polnische Gewerkschaft) in Erscheinung. 2.3.8 Kommunistischer Bund (KB) Der Kommunistische Bund ist im Jahre 1981 in Nordrhein-Westfalen nicht mehr wesentlich in Erscheinung getreten. Die Arbeit in den Zellen stagniert. Aktivitäten wurden lediglich in den Städten Bochum, Essen und Münster festgestellt. 2.4 Trotzkisten Die Ortsgruppe Duisburg der trotzkistischen Gruppe Internationale Marxisten (GIM), welche - abweichend von der sonstigen Übung in dieser Organisation - unter dem eigenen Namen Arbeiterinitiative Duisburg" auftritt, hatte 1981 durch den Beitritt zahlreicher Türken einen erheblichen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen. Der hohe Anteil türkischer Mitglieder spiegelt sich in der Besetzung der Führungsgremien wider: vier von sieben Vorstandsmitgliedern und acht von zehn Angehörigen des Beirats sind Türken. 22 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 3 Verfassungsfeindliche Bestrebungen und öffentlicher Dienst 3.1 Besondere Treuepflicht im Öffentlichen Dienst Eine der wesentlichen Voraussetzungen für Bestand und Funktionsfähigkeit unserer freiheitlichen Demokratie ist die Verfassungstreue der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Die besondere Verpflichtung des Beamten zur Verfassungstreue hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - wie folgt charakterisiert: "Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift." (B VerfGE 39, 334, Leitsatz 2) Zu der Frage, wann eine disziplinarrechtlich relevante Verletzung dieser politischen Treuepflicht vorliegt, hat nunmehr der 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29. Oktober 1981 - BVerwG 1 D 50.80 - BDiG III VL 4/79 -) in einem gegen einen Bundesbeamten gerichteten Disziplinarverfahren eingehend Stellung genommen (vgl. Anlage). Auch die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst sind ihrem Dienstherrn gegenüber zur Verfassungstreue verpflichtet, wenn auch in der Regel nicht in gleichem Maße wie die Beamten. Das Bundesarbeitsgericht hat diese prinzipiell bereits vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Rechtsauffassung bekräftigt und dahingehend präzisiert, daß sich bei Angestellten und Arbeitern die in politischer Hinsicht zu stellenden Anforderungen aus dem jeweiligen Amt ergeben müssen. Daher muß beispielsweise ein Lehrer und Erzieher im Angestelltenverhältnis gesteigerten Anforderungen genügen, weil er - in gleicher Weise wie ein beamteter Lehrer - in der Lage sein muß, den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung zu vermitteln (BAG, Urteil vom 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 -). 3.2 Angehörige des Öffentlichen Dienstes in extremistischen Organisationen Ende 1981 befanden sich unter den ca. 350.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) 164 Angehörige rechtsoder linksextremistischer Organisationen. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: 26 Rechtsextremismus IM FM JM KM MWF MAGS insges. Beamte NPD 12 3 4 1 -- 11 sonst. -- -- -- ---- _ --_ ges. 123 4 1 _ 11 AngeNPD u 1 -- 2 stellte sonst. -- -- -------- _ -- ges. u 1 .- 2 nstes. 1 235 2 -- 13 Linksextremismus IM FM JM KM MWF MAGS insg. Beamte DKP --- 2 --64 3 1 70 sonst. -- 1 --11 71 -- 13 ges. --93-754 1 83 AngeDKP --_-- 4 - 3 26 1 64 stellte sonst. -- -- -- -- 4 _ 4 ges. -- 4 - 3% 1 68 insges. -- 7 -- 108 34 2 151 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 4 Ausländerextremismus 4.1 Entwicklungstendenz Trotz Zunahme der Ausländer - vor allem der Türken - in unserem Land auf rd. 1,435 Millionen (1980: rd. 1,378 Mio.) hat sich das ausländische Extremistenpotential im Berichtsjahr insgesamt nur geringfügig erhöht. Ursächlich für das politische Handeln der jetzt schätzungsweise 21.000 extremistischen Ausländer in Nordrhein-Westfalen waren in erster Linie wieder die politischen Verhältnisse in den Heimatländern. Diese und die Gegnerschaft zwischen Gruppen unterschiedlicher politischer Ausrichtung führten erneut zu zahlreichen Gewalttätigkeiten, die in Teilbereichen sogar zunahmen. Hierdurch wurden nicht nur deutsche auswärtige Belange gefährdet, sondern z. T. auch die innere Sicherheit bedroht. Daneben richteten sich Bestrebungen linksextremistischer Ausländergruppen unmittelbar gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Von der Nationalität her stellen die Türken mit etwa 17.000 Personen (ohne Kurden) nach wie vor den größten Extremistenanteil unter den Ausländern. Sie verteilen sich auf ca. 8.000 Linksund etwa 9.000 Rechtsextremisten. Die politische Konfrontation zwischen den linksund rechtsextremistischen Türkenorganisationen besteht unvermindert fort. Infolgedessen gab es 1981 wieder zahlreiche gewaltsame Zusammenstöße zwischen Anhängern der verfeindeten Lager. Die Linksextremisten, unterstützt von deutschen Gesinnungsgenossen, verstärkten ihren Kampf gegen die "Militärjunta" im Heimatland. Selbst die türkischen Rechtsextremisten scheinen ihre bislang wohlwollende Haltung gegenüber der Militärregierung aufgegeben zu haben. Auch die hier lebenden Kurden protestierten vermehrt gegen das türkische Militärregime. Sie traten ferner durch politisch motivierte Gewalttätigkeiten in Erscheinung - ebenso wie die Syrer, die Afghanen sowie die Pakistaner, die sich in unserem Land erstmals extremistisch betätigten. Irische Terroristen verübten 1981 wieder Anschläge auf Einrichtungen der Britischen Rheinarmee in Nordrhein-Westfalen. Durch gemeinsame Demonstrationen kroatischer und albanischer Emigranten, veranlaßt durch die Unruhen in der jugoslawischen Provinz Kosovo, hat die exiljugoslawische Szene eine neue Komponente erhalten. Zu Verunsicherung und aggressiver Stimmung bei den Exiljugoslawen im Lande führten die Attentate auf jugoslawische Emigranten im Bundesgebiet und im benachbarten Ausland. Die fast uneingeschränkte Unterstützung, welche die islamische Regierung des Ayatollah KHOMEINI ursprünglich durch die hier lebenden Perser erfuhr, ist im Berichtsjahr mehr und mehr geschwunden. Statt dessen formierten sich Oppositionsgruppen und häuften sich Demonstrationen gegen den Revolutionsführer und die Zustände im Iran. Es kam zu gewaltsamen Botschaftsbesetzungen sowie zu Schlägereien zwischen KHOMEINI-Anhängern und -Gegnern. 28 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Die Verhängung des Kriegsrechts in Polen (13. Dezember 1981) löste eine Reihe von Bombenund sonstigen Drohungen gegenüber der polnischen Botschaft aus, die möglicherweise von polnischen Nationalistengruppen ausgingen. 4.2 Türken Linksextremisten Von den in Nordrhein-Westfalen lebenden ca. 8.000 linksextremistischen Türken gehören etwa zwei Drittel dem orthodox-kommunistischen Lager und ein Drittel der Neuen Linken an. Hauptrepräsentant der orthodoxen Linken ist die von der moskautreuen Kommunistischen Partei der Türken (TKP) beeinflußte Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FIDEF) mit Sitz in Düsseldorf; sie verfügt allein in Nordrhein-Westfalen über rd. 25 Mitgliedsvereine. Die demgegenüber in mehr als 10 Gruppen zersplitterte und militantere Neue Linke tritt besonders durch folgende Organisationen in Erscheinung: * Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) mit Sitz in Duisburg, beeinflußt durch die proalbanische Kommunistische Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML), * Studentenföderation der Türkei in Deutschland e.V. (ATÖF), studentische Parallelorganisation zur ATIF, Sitz München, * Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in Deutschland (DIDF) mit Sitz in Köln, beeinflußt von der albanienorientierten Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei (TDKP), * DEVRIMCI YOL (Revolutionärer Weg), deren Anhänger konspirativ und vereinzelt gewalttätig agieren. Alle linksextremistischen Türkenorganisationen sind sich einig in ihrer Gegnerschaft zu und Agitation gegen "faschistische" Türken. Anhänger der Neuen Linken waren im Berichtsjahr wieder in tätliche Auseinandersetzungen mit nationalistischen Landsleuten verwickelt. So griffen DEVRIMCI YOL-Anhänger Ende Februar in Duisburg vermeintliche "Graue Wölfe" an und verletzten drei durch Messerstiche und Hiebe mit Eisenstangen. Weitere Tätlichkeiten zwischen angeblich linksextremistischen und extrem nationalistischen Türken ereigneten sich im Juni und Oktober 1981 in Köln. Mit einer Massenschlägerei gegen Ende Dezember 1981 begann in Duisburg eine Kette von Auseinandersetzungen zwischen vermutlich linksextremistischen Türken, die die Streitigkeiten begonnen haben sollen, und nationalistischen Landsleuten. Sie gipfelten in einem Mordversuch; insgesamt 10 Türken mußten mit z. T. schweren Hiebund Stichverletzungen in Krankenhäuser eingeliefert werden. Außer in Kampagnen gegen den "faschistischen" Gegner wandten sich linksextremistische Türkengruppen im Berichtszeitraum mit zahlreichen Protestaktionen (Demonstrationen, Hungerstreiks, Kirchenbesetzungen, Flugblattverbreitung, Plakatund Schmieraktionen sowie kurzfristige Konsulatsbesetzung in Köln im August) gegen die derzeitige Militärregierung im 29 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Heimatland. Dabei wurden sie teilweise von deutschen Linksextremisten unterstützt. Die größte zentrale Demonstration veranstaltete die türkische Neue Linke mit ca. 20.000 Teilnehmern in Duisburg am 12. September 1981. An diesem 1. Jahrestag der Machtübernahme durch das türkische Militär beschoß eine terroristische Türkengruppe die Filiale einer türkischen Bank in Köln. Darüber hinaus beteiligten sich türkische Linksextremisten an Demonstrationen deutscher linksextremistischer Organisationen. Auch dabei propagierten sie ihre eigenen politischen Vorstellungen und wandten sich u. a. gegen den "westdeutschen Imperialismus" als weiterem Angriffsziel. Rechtsextremisten Bei den schätzungsweise 9.000 rechtsextremistischen Türken hierzulande handelt es sich um Mitglieder und Sympathisanten der islamisch-fundamentalistischen, nationalistischen und gegen den Kommunismus gerichteten Nationalen Heilspartei (MSP) und der extremnationalistischen, militant-antikommunistischen Partei der Nationalen Bewegung (MHP). Die MSP-Anhänger kommen in örtlichen Vereinen der Türkischen Union Europa e.V. (Sitz Köln) und der Organisation der Islamischen Jugend in Europa zusammen. Beide Organisationen sind Mitglieder des Dachverbandes "Nationale Sicht" in Europa. Die wesentlich aktiveren MHPAnhänger, häufig vereinfacht als "Graue Wölfe" bezeichnet, treffen sich in örtlichen "Kultur"und "Idealistenvereinen". Dachverband dieser Vereine ist die Türk-Föderation (Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V., abgekürzt ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt/Main. Sie ist mit rd. 23.000 Mitgliedern die größte Ausländervereinigung in der Bundesrepublik Deutschland. Im April 1981 hielt die Türk-Föderation in Iserlohn ihre 3. Jahreshauptversammlung ab, an der ca. 2.000 Türken teilnahmen; Thema war u. a. die Situation der Türken in Deutschland. Ihre Mitgliedsvereine führten im Berichtszeitraum wieder zahlreiche "Folklore-Veranstaltungen" durch. Hierbei kam es regelmäßig zu Gegendemonstrationen linksgerichteter Türken wie auch deutscher Gruppen, die ein Verbot der sog. Grauen Wölfe forderten. Die anhaltende "antifaschistische" Kampagne verstärkte sich nach dem Attentat, das der türkische Terrorist und MHP-Anhänger Mehmet Ali AGCA im Mai 1981 auf Papst Johannes Paul II. verübte. Es kam häufig wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen den gegnerischen Türkengruppen, so im August und September 1981 in Lüdenscheid. Auch Tätlichkeiten nicht politischer Natur werden von türkischen Linksextremisten vielfach den sog. Grauen Wölfen angelastet. Beispielsweise hatte die Ermordung eines Türken in Hagen im Juni - in linksextremistischen Flugblättern als Tat der Grauen Wölfe hingestellt - laut polizeilichem Ermittlungsergebnis keinen politischen Hintergrund. Mitte Oktober 1981 führte die Türk-Föderation in Bonn einen "Protestmarsch für die Demokratie und nationale Einheit in der Türkei" durch. Es nahmen über 7.000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teil, Eine angekündigte Gegendemonstration und befürchtete Störungen durch Linksextremisten blieben aus. Das Veranstaltungsthema läßt erkennen, daß die Türk-Föderation ihre zunächst wohlwollende Haltung gegenüber der türkischen Militärregierung aufgegeben hat. 30 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 4.3 Kurden Die schätzungsweise 1.000 Anhänger umfassenden Kurdenorganisationen, die sich hierzulande extremistisch betätigen, gehören dem linksextremistischen Lager an. Sie kämpfen in erster Linie für das Selbstbestimmungsrecht der Kurden in ihren Heimatländern (Türkei, Iran, Irak, Syrien), mehrheitlich auch für einen eigenen Kurdenstaat. Daneben wenden sie sich schwerpunktmäßig gegen die türkischen Nationalisten und gegen die "Militärjunta" in der Türkei; insoweit bilden sie in der Regel Aktionseinheiten mit türkischen Linksextremisten. Am auffälligsten verhielt sich auch 1981 die orthodox-kommunistische Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) durch zahlreiche Protestbzw. Gedenkveranstaltungen und Flugblattaktionen. Anhänger der PKK waren im Januar in Bonn und im April 1981 in Köln aktiv an Messerstechereien mit andersgesinnten Türken beteiligt. 4.4 Syrer Im März 1981 wurde die Syrerin Banan EL-ATTAR in ihrer Aachener Wohnung von drei Männern erschossen. Zwei der Täter konnten identifiziert werden; sie waren mit Touristenvisa aus Damaskus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach dem Tathergang ist anzunehmen, daß der Mordanschlag dem Ehemann Dr. Issam EL-ATTAR galt. Dieser ist der Leiter des Islamischen Zentrums in Aachen und zugleich maßgeblicher Führer der streng orthodoxen syrischen "Muslim-Bruderschaft", die auf den - notfalls gewaltsamen - Sturz der syrischen Regierung hinarbeitet und u. a. in Aachen, Bonn und Köln Anhänger besitzt. Nachdem Dr. EL-ATTAR im Bundesgebiet wiederholt öffentlich zur Beseitigung der Heimatregierung aufgerufen hat, ist ihm vom Oberstadtdirektor der Stadt Aachen im August 1981 die politische Betätigung beschränkt worden. 4.5 Pakistaner Aus Anlaß des Jahrestages der Hinrichtung von Ex-Präsident BHUTTO sowie aus Protest gegen das derzeitige Regime in Pakistan demonstrierten seit März 1981 Anhänger der sozialrevolutionären Pakistanischen Volkspartei (Pakistan Peoples Party - PPP) in acht Städten unseres Landes. Dabei kam es in Herne und Aachen zu Gewalttätigkeiten zwischen rivalisierenden PPP-Gruppen. Im Mai/Juni 1981 gingen Drohbriefe bei einer Kölner Firma ein, die Pakistan mit Vakuumpumpen im Millionenwert beliefert, die angeblich zur Verwendung in der Kerntechnik geeignet sind. Der Firma wurden Sprengstoffanschläge angedroht, falls sie nicht sofort ihre "direkte oder indirekte Hilfe für den pakistanischen Diktator abbrechen" sollte. Ein Drohbrief ist von einer "Organisation zur Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen in Südasien" unterzeichnet. Diese bisher unbekannte Organisation hat sich zu dem Sprengstoffanschlag bekannt, der am 18. Mai 1981 auf eine Firma für Laborund Strahlenschutzeinrichtungen im Bodenseekreis verübt worden ist; auch hat sie der süddeutschen Firma weitere "Angriffsmaßnahmen" angedroht, falls sie ihre Warenlieferungen nach Pakistan nicht einstellen würde. Mehrere Pakistaner drangen im August 1981 gewaltsam in 31 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 die pakistanische Botschaft in Bonn-Bad Godesberg ein und forderten die Verlängerung ihrer Pässe. 4.6 Iraner Angehörige der linksextremistischen Conföderation Iranischer Studenten (CIS), welche die Revolution in Persien mitgetragen hat, besetzten im Mai 1981 die Botschaft ihres Heimatlandes in Bonn, um nunmehr gegen das dort herrschende Regime zu protestieren. Zu einer weiteren Botschaftsbesetzung kam es im August 1981 durch ca. 100 Personen, die sich als Angehörige der Volksmodjahedin bezeichneten. Hierbei entstand erheblicher Sachschaden; mehrere Personen trugen Verletzungen davon. In Aachen ereigneten sich im Juli, August und November 1981 tätliche Auseinandersetzungen zwischen KHOMEINI-Anhängern und -Gegnern, wobei im August drei Personen verletzt wurden. 4.7 Afghanen Zwischen afghanischen Staatsangehörigen - vermutlich Asylanten - brachen im November 1981 in Münster tätliche Streitigkeiten aus; ein Afghane wurde erheblich verletzt und mußte ins Krankenhaus eingeliefert werden. Vor der sowjetischen Botschaft in Bonn-Bad Godesberg wurde im Dezember 1981 eine Sprengund Brandvorrichtung gefunden, die nicht vollständig gezündet hatte. Für diesen Anschlag übernahm eine bisher unbekannte Organisation "MMEAfghanistan" die Verantwortung. 4.8 Jugoslawen Angesichts der anhaltenden Unruhen in der jugoslawischen Provinz Kosovo und wegen der Prozesse gegen oppositionelle Intellektuelle in Kroatien führten kroatische und albanische Emigranten unter anderem im Mai 1981 in Köln eine gemeinsame Protestdemonstration durch. Sie forderten die Schaffung einer selbständigen Republik Kosovo und eines selbständigen Staates Kroatien sowie Freilassung aller politischen Gefangenen in Jugoslawien. Aus dem Kreis der Albaner wurden Flugblätter mit folgenden Forderungen verteilt: "Wir Albaner wollen eine eigene Republik - Wir wollen nicht länger unter der Belgrader Knute leben - Wir wollen Zusammenschluß aller Albaner in einem von Fremdherrschaft unabhängigen eigenen Staat - Wir wollen ein freies Albanien." Die Mordanschläge auf fünf Exiljugoslawen seit Mai 1981 in Frankfurt, Zürich, München, Brüssel und Paris riefen bei den jugoslawischen Emigranten in unserem Land erhebliche Verunsicherung, Mißtrauen und aggressive Stimmung gegenüber der jugoslawischen Regierung hervor. Die Attentate werden von ihnen dem jugoslawischen Geheimdienst angelastet. 4.9 Iren Anhänger irischer Untergrundorganisationen, die für eine "Befreiung" Nordirlands von Großbritannien und für einen selbständigen gesamtirischen Inselstaat kämpfen, suchten im Berichtsjahr wiederum den britischen Staat auch auf 32 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 deutschem Boden zu treffen. Unklar bleibt weiterhin, ob die einzeln einreisenden irischen Terroristen sich bei ihren Aktionen der Hilfe deutscher Sympathisanten bedienen; über eigene Stützpunkte scheinen sie hierzulande nach wie vor nicht zu verfügen. Im Mai 1981 wurde in Düsseldorf ein Brandanschlag auf das englische Kino "GLOBE" verübt, eine Einrichtung der Britischen Rheinarmee in NordrheinWestfalen. Ein am Tatort aufgefundenes englischsprachiges Flugblatt fordert u. a. "Vernichtet die Rhein-Armee!" und wünscht den seinerzeit im Hungerstreik befindlichen IRA-Häftlingen den Sieg. Von den erwähnten Untergrundorganisationen in Nordirland ist die IRA (Irish Republican Army) die bekannteste, ihr Flügel Provisional-IRA (PIRA) allerdings die militantere. Nach dem Sprengstoffanschlag auf das britische Generalkonsulat tags zuvor in Hamburg detonierte am 25. November 1981 ein Sprengsatz auf dem britischen Kasernengelände in Herford und verursachte schweren Sachschaden. Für beide Anschläge hat die Irish National Liberation Army (INLA) die Verantwortung übernommen. Sie wird noch militanter eingeschätzt als die IRA bzw. PIRA. Ferner richteten sich anonyme Bombendrohungen im Dezember 1981 gegen Einrichtungen der Britischen Rheinarmee in Bielefeld und Düsseldorf. 4.10 Sonstige ausländerextremistische Aktivitäten Gegen einen Exilrumänen in Köln, der sich als Vorsitzender eines Kreises von Deutschland-Rumänen insbesondere mit dem Schutz der Menschenrechte in seinem Heimatland befaßt, richtete sich im Februar 1981 ein Sprengstoffanschlag von unbekannter Seite. Auf die Botschaft von Sri Lanka wurde Anfang August 1981 ein Brandanschlag verübt, der geringen Sachschaden anrichtete. Nach Angaben der Botschaft waren im Juni 1981 zwei anonyme Attentatsdrohungen vorausgegangen. Die Täter blieben bisher unbekannt. 33 Graue Wölfe der MHP n der 0] BT ul.) EUER Bar t + lalamischen ETMEon NTlinrn Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 5 Terrorismus 5.1 Entwicklungstendenz Im Bereich des deutschen linksextremen Terrorismus sind die "Rote Armee Fraktion" (RAF) und die "Revolutionären Zellen" (RZ) als die gegenwärtig gefährlichsten terroristischen Vereinigungen anzusehen. Die RAF unterstrich 1981 mit einem Sprengstoffanschlag auf das Hauptquartier der US-Luftwaffe in Ramstein und dem Versuch eines Mordanschlages auf den US-General Kroesen in Heidelberg ihre fortdauernde Bereitschaft, diesen Staat mit Hilfe schwerster Gewaltverbrechen anzugreifen. Die RZ, die seit 1973 für zahlreiche, zum Teil mit hohem Sachschaden verbundene Sprengstoffund Brandanschläge verantwortlich sind, haben 1981, wie in verschiedenen Ländern des Bundesgebiets so auch in NordrheinWestfalen, ihre terroristischen Aktionen fortgesetzt. Zu dem im Mai 1981 auf den hessischen Wirtschaftsminister KARRY verübten Mordanschlag wurden Bekennerschreiben verbreitet, in denen RZ die Verantwortung für die Tat übernahmen; die terroristischen Aktionen der RZ weisen auf die zunehmende Gefährlichkeit dieser Vereinigung hin. Daneben sind terroristische Kleingruppen für zahlreiche Sprengstoff-, Brandanschläge und Sachbeschädigungen mit terroristischem Hintergrund verantwortlich. Die terroristische Gefahr ist noch nicht gebannt; mit neuen Anschlägen deutscher Terroristen muß gerechnet werden. 5.2 Rote Armee Fraktion (RAF) In einem Hungerstreik versuchten inhaftierte Mitglieder der RAF in der Zeit vom 2. Februar bis zum Tod des Terroristen Sigurd DEBUS, der am 16. April 1981 in Hamburg an den Folgen seines Hungerstreiks starb, ihre Forderungen auf "Anwendung der Mindestgarantien der Genfer Konvention auf die Gefangenen aus der RAF und anderen antiimperialistischen Widerstandsgruppen", und in diesem Zusammenhang auf * Zusammenlegung zu "interaktionsfähigen" Gruppen, * Kontrolle der Haftbedingungen durch die "Internationale Kommission zum Schutz von Gefangenen und gegen Isolation" und * sofortige Freilassung von Verena BECKER und Günther SONNENBERG bundesweit durchzusetzen. Der Hungerstreik wurde mit der Begründung abgebrochen, daß nach zwei Interventionen von Amnesty International Hafterleichterungen für die Mitglieder der RAF zu erwarten seien. Am 31. August 1981 detonierten vor dem Hauptquartier der US-Luftwaffe in Europa in Ramstein zwei Sprengsätze. Durch die Explosion wurden 14 Personen verletzt; außerdem entstand erheblicher Sachschaden. Zu diesem Anschlag bekannte sich in einem Bekennerschreiben die RAF mit dem "Kommando Sigurd DEBUS". 35 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Am 15. September 1981 wurde in Heidelberg das gepanzerte Fahrzeug, mit dem der Oberkommandierende der US-Streitkräfe in Europa, General Kroesen, zum Dienst fuhr, von einer Panzerabwehrgranate sowie mehreren Projektilen, die aus einer automatischen Waffe verschossen wurden, getroffen. Der General erlitt leichte Verletzungen; am Fahrzeug entstand erheblicher Sachschaden. In diesem Fall bekannte sich die RAF mit dem "Kommando Gudrun ENSSLIN" zu der Tat. Nachdem im Oktober 1981 in Süddeutschland zwei Frauen unter dem Verdacht festgenommen wurden, an den Vorbereitungen zu dem Anschlag auf General Kroesen beteiligt gewesen zu sein, ging am 18. November 1981 bei der "Frankfurter Rundschau" die Fotokopie eines zweiseitigen Schreibens ein, in dem sich die RAF zur "Zusammenarbeit" zwischen dem Kommando-Bereich der RAF und den "Leuten aus der Legalität" äußert. Gleichlautende Schreiben sind auch aus anderen Städten des Bundesgebietes, darunter Bonn und Köln, bekanntgeworden. 5.3 Revolutionäre Zellen/Rote Zora (RZ) Im Januar 1981 wurde bundesweit der "Revolutionäre Zorn - 6. Zeitung von Revolutionären Zellen" verbreitet. Neben dem Emblem der RZ, einem fünfzackigen Stern mit den Initialen RZ, enthält die Titelseite das biologische Zeichen für weiblich mit der Inschrift "Rote Zora". In einem 4seitigen Artikel, in dem sich die Rote Zora als Autonorne Frauengruppe in den RZ" bezeichnet, setzt sie sich mit der Beteiligung der Frauen am "bewaffneten" Kampf auseinander. Die letzte Seite der Schrift enthält unter der Überschrift "8 Jahre RZ - 8 Jahre bewaffneter Widerstand" eine im Jahre 1973 beginnende beispielhafte Aufzählung 36 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 von Anschlägen der RZ. Am 11. Mai 1981 wurde in Frankfurt der hessische Minister für Wirtschaft und Technik, Heinz Herbert KARRY, bei einem Mordanschlag getötet, zu dem sich RZ mit dem Bemerken bekannten, man habe seinen Tod nicht gewollt, sondern ihn lediglich durch Schüsse in die Beine verletzen wollen. Es handelt sich um den schwersten Terrorakt der RZ, die bisher, von einer weiteren Ausnahme abgesehen, ihre terroristischen Aktionen gegen Sachen und Institutionen, nicht jedoch gegen Personen unmittelbar richteten. In NordrheinWestfalen wurden Ende März/Anfang April 1981 in verschiedenen Städten des Ruhrgebietes gefälschte Fahrausweise des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) durch Hauswurfsendungen verteilt. Zu dieser Aktion bekannten sich in einem an die "Frankfurter Rundschau" gesandten Bekennerschreiben "Revolutionäre Zellen/Rote Zora". In einem als "Offener Brief an die VRR" gekennzeichneten Schreiben, das am 22. Juni 1981 zwei Tageszeitungen in Dortmund zuging, geben 37 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 "Revolutionäre Zellen/Rote Zora" an, insgesamt 85.000 gefälschte Fahrausweise des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr verbreitet zu haben. Am 10. Oktober 1981 wurde in Köln ein Brandanschlag auf ein Fahrzeug einer Privatfirma verübt, zu dem sich in einem Bekennerschreiben, das am 12. Oktober 1981 zwei Kölner Tageszeitungen zuging, "Freundinnen und Freunde des Häuserkampfes in den Revolutionären Zellen" bekannten. Der Anschlag wird damit begründet, daß die Halterin des Fahrzeuges den Auftrag einer anderen Privatfirma zur Räumung eines besetzten Hauses in Aachen ausführte. 5.4 Terroristisches Umfeld Personen und Gruppen des terroristischen Umfeldes, vor allem auch die Anhänger der RAF, haben ihre Tätigkeiten, die sich teilweise auf die Betreuung inhaftierter terroristischer Gewalttäter, die Verbreitung terroristischen Gedankengutes in linksextremen Schriften sowie die Mitarbeit in Knastgruppen, in Initiativen und sogenannten autonomen Gruppen, teils anarchistischer Ausrichtung, erstreckten, auch im Berichtszeitraum fortgesetzt. Versuche der Knastgruppen, auf überregionalen Zusammenkünften zu einer Einigung in ideologischen und praktischen Fragen zu gelangen, sind weitgehend erfolglos 38 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 geblieben. Der Hungerstreik der RAF-Häftlinge wurde propagandistisch begleitet durch Protestund Solidaritätsaktionen von Anhängern der RAF und Angehörigen der inhaftierten RAF-Mitglieder. So besetzten am 4. März 1981 rd. 20 "Angehörige der politischen Gefangenen", darunter 8 Frauen aus Nordrhein-Westfalen, die Kantine des "Spiegel"-Verlags in Hamburg und versuchten, durch Transparente und Flugblätter zum Hungerstreik öffentlich Aufmerksamkeit zu erregen. Am 2. April 1981 führten Angehörige inhaftierter Terroristen und RAF-Anhänger auf dem Bonner Münsterplatz eine unangemeldete Demonstration durch, wo sie - teilweise angekettet - auf zwei Lastkraftwagen mit Transparenten und Flugblättern für die Forderungen der Hungerstreikenden demonstrierten. Der Bruder eines inhaftierten Terroristen verlas die Hungerstreikerklärung der "Gefangenen aus der RAF", in der "zum bewaffneten Widerstand" aufgerufen wird. 5.5 Terroristische sowie sonstige politisch motivierte Gewalttaten In Nordrhein-Westfalen wurden 1981 weitere Straftaten, insbesondere Brandund Sprengstoffanschläge, begangen, die erkennen lassen, daß Gruppen von örtlicher Bedeutung und Einzelpersonen nicht vor terroristischen Handlungen zurückschrecken. Die wachsende Bereitschaft, Gewalt auszuüben, wird unterstützt durch in Nordrhein-Westfalen erfaßte Schriften, die Anleitungen für den "bewaffneten Widerstand" enthalten. Insgesamt haben die Polizeibehörden des Landes 103 (1980: 80) versuchte bzw. vollendete Gewalttaten registriert (ausgenommen Sachbeschädigungen in Verbindung mit Demonstrationen und Hausbesetzungen). Im einzelnen handelte es sich um 2 Morde, 2 Mordversuche, 21 gefährliche Körperverletzungen, 8 Sprengstoffanschläge, 65 Brandanschläge, 4 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr und einen Fall verfassungsfeindlicher Sabotage. Bezeichnende Einzelfälle: 04. Februar 1981 Sprengstoffanschlag mittels Paketbombe auf einen Exilrumänen in Köln 17. März 1981 Ermordung der Ehefrau des Führers der "MuslimBruderschaft" in Aachen 20. März 1981 Versuchter Brandanschlag auf die Deutsche Apothekerund Ärztebank in Düsseldorf In einem Bekennerschreiben werden u. a. Forderungen der hungerstreikenden inhaftierten RAF-Mitglieder erhoben 07. April 1981 Ermordung eines jugoslawischen Staatsangehörigen in Hamm 08. April 1981 Sprengstoffanschlag auf den U-Bahnhof Neumarkt in Köln, bei dem ein Mitarbeiter der Kölner 39 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Verkehrsbetriebe verletzt wurde und erheblicher Sachschaden entstand 18. April 1981 Brandanschlag auf die Justizvollzugsschule in Wuppertal Anonymes Bekennerschreiben 03. Mai 1981 Blockieren von Gleisen der Bundesbahn durch Steine und Hölzer hinter einem besetzten Haus in WuppertalBarmen 08. Mai 1981 Brandanschlag auf das Kaufhaus Karstadt in Bielefeld Bekennerschreiben einer "Aktionsgruppe Bi" 27. Mai 1981 Brandanschlag auf das Gebäude der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) in Bielefeld, bei dem ein Sachschaden von rd. DM 600.000 entstand 04. Juni 1981 Fund eines Brandsatzes im Kaufhaus Horten in Bielefeld Bekennerschreiben der "AG Bi" (Aktionsgruppe Bi) 22. August 1981 Anschlag auf die Produktionsanlagen einer Firma in Bielefeld, die Beobachtungskanzeln für den Einbau in Justizvollzugsanstalten herstellt. Der Sachschaden betrug rd. DM 3 Millionen. In anonymen Bekennerschreiben wird zum Kampf gegen das "Knastsystem" aufgerufen 14. September 1981 Fund eines Sprengstoffsatzes vor dem Gebäude der US-amerikanischen Firma Dow Chemical in Düsseldorf, der nicht detoniert war Bekennerschreiben mit RAFParole und Aufruf zum "weltweiten revolutionären Befreiungskampf" 12. November 1981 Brandanschlag auf eine Nebenstelle der Stadtverwaltung Dortmund mit einem Sachschaden von rd. DM 200.000. An der Außenwand des Gebäudes waren u. a. die Buchstaben RZ aufgesprüht. 30. Dezember 1981 Mordversuch z. N. eines Türken in Duisburg 1981 wurden 263 Gewalttaten (1980: = 360), bei denen politische Motive erkennbar waren oder behauptet wurden, angedroht. In 147 Fällen handelte es sich um sog. Bombendrohungen, die vorwiegend gegen öffentliche Gebäude und Einrichtungen ausgesprochen wurden. Die Bedrohungen gegen Personen (116 Fälle) richteten sich überwiegend gegen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. 40 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 6 Spionageabwehr 6.1 Schwerpunkt und Tendenzen Die Nachrichtendienste der Staaten des kommunistischen Machtbereichs setzten 1981 ihre Ausspähungsbemühungen gegen die Bundesrepublik Deutschland unvermindert fort, wobei Nordrhein-Westfalen weiterhin Schwerpunktbereich solcher Bemühungen blieb. Die Zahl der erfaßten Spionageaufträge ist erheblich angestiegen. In erster Linie versuchen die Nachrichtendienste der DDR die Bundesrepublik Deutschland aufzuklären; von ihnen gingen 68 % aller erkannten Spionageaufträge aus. Auf die Aktionen der polnischen Nachrichtendienste entfallen 14 %, auf die sowjetischen Nachrichtendienste 12 % dieser Aufträge. Welchen Stellenwert die Nachrichtendienste im politischen System der DDR haben, läßt die öffentliche Grußadresse erkennen, die das Zentralkomitee der SED zum 32. Jahrestag des , Bestehens an das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gerichtet hat. Darin spricht das Zentralkomitee den "heldenhaften Kämpfern an der unsichtbaren Front" Dank und Anerkennung aus. 6.2 Werbungen und Werbungsversuche Fast zwei Drittel der gegen Nordrhein-Westfalen gerichteten Werbungsbemühungen bezogen sich auf Personen, die zur Zeit der Werbung in unserem Land lebten. Die übrigen Personen wohnten in der DDR oder in anderen kommunistisch regierten Staaten. Etwa die Hälfte der in Nordrhein-Westfalen wohnenden Personen wurde im kommunistischen Machtbereich nachrichtendienstlich angesprochen. Reisen jeder Art dienten hier als Kontaktanlaß. Sonst erfolgte die Anbahnung überwiegend brieflich, eine Werbungsmethode, die fast ausschließlich von DDR-Nachrichtendiensten angewandt wird. Im Berichtsjahr werteten diese Dienste auf dem Hintergrund der angespannten Arbeitsmarktlage offenbar systematisch Stellengesuche in Zeitungen und Fachzeitschriften für ihre Zwecke aus. Bei über 40 % der brieflichen Anbahnungen war Anknüpfungspunkt die Aufgabe eines Inserats durch den Arbeitsuchenden. Bei Personen mit Wohnsitz im kommunistischen Machtbereich waren Ausbzw. Übersiedlungsbemühungen, Westreisen und Westverbindungen Kontaktanlaß. Die Werbungsmittel der Nachrichtendienste kommunistischer Staaten sind im wesentlichen gleichgeblieben. Versprechen und Zusicherungen aller Art wie Einreisebewilligungen und Aufenthaltsgenehmigungen, berufliche Förderung und finanzielle Zusicherungen standen an der Spitze. Die Kontaktaufnahme im Bundesgebiet erfolgte vorwiegend unter einer Legende, um den Angesprochenen zunächst über den wahren Auftraggeber und dessen tatsächliche Absichten zu täuschen. Mehr als zwei Drittel der in Nordrhein-Westfalen lebenden Personen lehnten eine nachrichtendienstliche Mitarbeit von vornherein ab. Nur etwa 12 % haben nach 42 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 ihrer Anwerbung eine Spionagetätigkeit aufgenommen, während die übrigen zwar Zusagen machten, tatsächlich aber nicht tätig wurden. 6.3 Aufträge Die Zahl der 1981 erfaßten Aufträge, die sich gegen Ziele in Nordrhein-Westfalen richteten, ist gegenüber dem Vorjahr um 32 % erheblich gestiegen. Eine Verschiebung bei den sachlichen Zielrichtungen hat es nicht gegeben. So lag weiterhin mit 40 % der Schwerpunkt der gegnerischen Ausspähungsbemühungen bei der politischen Spionage. Sie richtete sich insbesondere gegen Regierungsund Verwaltungsstellen des Bundes und Landes, wobei die intensiven Ausforschungsbemühungen gegen Sicherheitsbehörden unverändert fortgesetzt wurden. Daneben waren Universitäten, Hochschulen, Parteien und Flüchtlingsverbände Ziel der Ausspähungsbemühungen. Bei der Wirtschaftsspionage hat sich der Anteil der 1981 erkannten Aufträge gegenüber 1980 auf 17 % verringert. Daraus kann jedoch nicht auf ein Nachlassen der gegnerischen Ausspähungsbemühungen in dieser Richtung geschlossen werden; vielmehr sind im Vorjahr durch die Auswertung der Angaben des übergetretenen MfS-Oberleutnants STILLER einige größere Spionagefälle im Bereich Wirtschaft, Wissenschaft und Technik aufgedeckt worden. Bei der militärischen Spionage (16 %) richteten sich die gegnerischen Ausspähungsbemühungen hauptsächlich gegen die Bundeswehr sowie militärisch bedeutsame Anlagen in Nordrhein-Westfalen. Bei den Spionageaufträgen vorbereitender und unterstützender Art (27 %) standen wie bisher die Personenund Objektklärung, Kontaktaufnahme sowie Anbahnung im Vordergrund. Von Bedeutung war auch das Beschaffen nachrichtendienstlicher Hilfsmittel wie Stadtpläne, Telefonund Adreßbücher. 6.4 Führungsund Verbindungswesen Im Führungsund Verbindungswesen waren gegenüber dem Vorjahr keine Veränderungen festzustellen. Nach wie vor benutzen die Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten - mit Ausnahme der DDR - ihre legalen Residenturen zur Führung der Agenten. Zu diesen amtlichen Vertretungen gehören nicht nur ihre Botschaften, Handelsvertretungen und Militärmissionen, sondern auch ihre Reiseunternehmen und Vertretungen von Presse, Funk und Fernsehen. Mitarbeiter dieser Einrichtungen können ihre nachrichtendienstlichen Kontaktaufnahmen mit ihrer beruflichen Aufgabe relativ sehr leicht tarnen. 6.5 Besuchsreisen in die DDR Besuchsreisen in die DDR versuchen Mitarbeiter des MfS für nachrichtendienstliche Zwecke zu nutzen. Die nachfolgende Darstellung will über solche Praktiken aufklären. Gewöhnlich werden Privatbesuche in die DDR durch briefliche oder telefonische Absprachen mit den Gastgebern über den Zeitpunkt des Besuches vorbereitet. Bereits dadurch wird die für die Kontrolle des Postund Fernmeldeverkehrs zuständige MfS-Abteilung in die Lage versetzt, der für die Auslandsaufklärung 43 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 zuständigen Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) den ersten Hinweis auf eine Einreise zu geben. Ist dem MfS bereits bekannt, daß der besuchte DDR-Bürger nachrichtendienstlich interessante Verwandte oder Freunde im Westen hat, wird durch den Hinweis ein erstes nachrichtendienstliches Interesse geweckt. Den zweiten Schritt für einen geplanten Besuch in der DDR stellt der "Antrag auf Einreise in die DDR" dar, der von dem Gastgeber beim örtlich zuständigen Volkspolizei-Kreisamt (VPKA) zu stellen ist. Zum Verteiler dieses Antrages gehören neben der Volkspolizei (Fahndungsüberprüfung) das MfS (Sicherheitsüberprüfung und operative Nutzung) sowie die SED (politische Einflußnahme). Diesem Antrag wird nur mit Zustimmung des MfS entsprochen. Das MfS erfährt so die vollen Personalien des Besuchers, den genauen Besuchertermin sowie das vorgesehene Verkehrsmittel. Nach Genehmigung erhält der antragstellende Gastgeber zur Weiterleitung an den Bundesbürger den "Berechtigungsschein zum Empfang eines Visums", das an der Grenze entweder mittels Stempelaufdrucks im Reisepaß oder auf einem gesonderten Einlageblatt erteilt wird. Hatte der Besucher bis zur Einreise die Möglichkeit, über seine Beschäftigungsstelle unklare und vage Angaben zu machen, so ist er beim Grenzübertritt den Fragen des Grenzpersonals unmittelbar ausgesetzt. Bei diesem Personal handelt es sich um Angehörige des MfS, die für die Sicherung des Reiseverkehrs und die Kontrolle des Tourismus verantwortlich sind. Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist an jeder Grenzübergangsstelle eine Paßkontrolleinheit (PKE) des MfS tätig, die ausschließlich mit der Überwachung des Personenverkehrs befaßt ist. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß diese MfS-Arbeitseinheit auch für die Überwachung und Kontrolle von Hotels, sonstigen Beherbergungsstätten, Campingplätzen, Ferienheimen etc. in der DDR zuständig ist. Durch den MfS-Überläufer STILLER wurde bekannt, daß die HVA des MfS ein Verzeichnis derjenigen Behörden, Firmen und Berufsgruppen in der Bundesrepublik Deutschland erarbeitet hat, die nachrichtendienstlich interessant sind. Trifft eines der Kriterien auf einen Einreisenden zu, meldet die PKE den Besucher der für den Besuchsort zuständigen Bezirksverwaltung des MfS. Dort ist es Aufgabe der Abteilung "Aufklärung", die Eignung des Kandidaten für eine nachrichtendienstliche Ansprache zu prüfen. Den ersten Kontakt mit Behörden der DDR im Landesinnern erhält der Besucher durch die binnen 24 Stunden vorzunehmende Anmeldung bei der Dienststelle der Volkspolizei am Besuchsort. Dadurch erhält das MfS die Bestätigung, daß der Besucher eingetroffen ist. Aber auch bei den Verwandten, Freunden oder Bekannten ist der Besucher dem Blick des MfS nicht entzogen. Nicht seiten haben die Gastgeber selbst Kontakt zum MfS, etwa aufgrund wiederholter Besuche aus dem Westen oder aber auch durch die - meist aufgezwungene - inoffizielle Mitarbeit als "Spitzel". Auch die sog. Abschnittsbevollmächtigten (ABV) der örtlichen Volkspolizeidienststellen sind meist inoffizielle Mitarbeiter des MfS; ebenso kann der für die Führung des "Hausbuches" Verantwortliche dem MfS Informationen über den Besucher zukommen lassen. 44 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Unabhängig von diesen unvermeidlichen Berührungen mit Organen der DDR läuft der Besucher aus dem Westen Gefahr, bei den geringsten Verfehlungen, etwa Verstößen gegen Zollund Devisenbestimmungen oder Verkehrsverstößen, Kontakt zum MfS zu erhalten. Verstöße von Ausländern - und als solche betrachtet die DDR Besucher aus der Bundesrepublik Deutschland - gegen die Rechtsordnung der DDR werden von den zuständigen Organen umgehend der örtlichen Dienststelle des MfS gemeldet. Entscheidend für die Frage, ob eine nachrichtendienstliche Ansprache durch das MfS erfolgt, sind Kriterien wie z. B. Lebensalter, Arbeitsstelle, vermutete Zugänge zu nachrichtendienstlich interessanten Objekten, politische Einstellung, mitunter auch Wohnsitz und Beruf des Besuchers. Zeitpunkt und Ort der Ansprache sind vom Einzelfall abhängig. Das MfS bevorzugt die Ansprache unter Legende während des Aufenthaltes bei den Gastgebern. Häufig hat der angebliche "Student" oder "Journalist', der "Angehörige des Ministeriums des Innern" oder eines "wissenschaftlichen Instituts" sein Erscheinen bei den Verwandten oder Bekannten des Besuchers bereits vor dessen Eintreffen angekündigt. Dieser Methode der nachrichtendienstlichen Kontaktierung gibt das MfS gegenwärtig den Vorzug vor der früher üblichen Vorladung zum "Rat des Kreises", wo er von einem "Zivilisten" auf eine nachrichtendienstliche Eignung und Bereitschaft zur Mitarbeit abgeklärt wurde. Als Legende für die Ansprache wird meist Interesse an einer Diskussion über gleichgelagerte berufliche Probleme, politische Gegenwartsfragen oder an einer Mitarbeit auf wissenschaftlicher Ebene vorgetäuscht. Der Besucher hat bei einer Weigerung, auf das nachrichtendienstliche Angebot anläßlich solcher Ansprachen einzugehen, erfahrungsgemäß keine Nachteile zu befürchten, wenn er sich bei seinem Aufenthalt an die Gesetze der DDR hält. Er sollte sich jedoch im Falle seiner Ansprache nach Rückkehr in das Bundesgebiet an die zuständigen Behörden wenden. 6.6 Verurteilte Agenten Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat 1981 fünf Personen (1980 waren es neun) rechtskräftig wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit verurteilt. Auftraggeber waren in vier Fällen DDR-Nachrichtendienste, in einem Fall ein polnischer Nachrichtendienst. 45 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 7 Strafrechtspflege 7.1 Entwicklungstendenz Die Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen sind, wie schon in den Vorjahren, auch 1981 in erheblichem Maße mit Strafverfahren, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren, befaßt worden. 7.2 Terrorismus Im Lande Nordrhein-Westfalen ist das Oberlandesgericht Düsseldorf nach SS 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes für die Aburteilung terroristischer Gewalttaten zuständig. Dabei übt es, soweit der Generalbundesanwalt nach SS 142a des Gerichtsverfassungsgesetzes Anklagebehörde ist, Gerichtsbarkeit des Bundes (zu vgl. Artikel 96 Abs. 5 des Grundgesetzes), im übrigen Gerichtsbarkeit des Landes aus, wobei in diesen Fällen die Anklage von dem Generalstaatsanwalt in Düsseldorf vertreten wird. 7.3 Demonstrationsstraftaten Wie schon in den vergangenen Jahren haben auch im Jahre 1981 bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten Ermittlungsund Strafverfahren, die durch Demonstrationen oder im Zusammenhang mit solchen begangen worden sind, einen breiten Raum eingenommen. Zur Bewertung der nachfolgend aufgeführten Zahlen ist anzumerken, daß die erfaßten Vorkommnisse sowohl aus rechtswie aus linksextremistischen Aktivitäten herrühren. Wie bereits in den Jahresberichten für 1979 und 1980 dargelegt, ist es bei Veranstaltungen der genannten Art zu strafrechtlich relevanten Übergriffen sowohl der Veranstaltungsteilnehmer oder von Außenstehenden gegenüber Teilnehmern als auch von Teilnehmern einer Gegendemonstration gekommen. Ferner sind die Fälle der Ausschreitungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften erfaßt. Im Jahre 1981 hatten die Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 2.640 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. Davon betrafen 33 Verfahren Straftaten aus dem Hochschulbereich. Insgesamt 1.724 der genannten Verfahren sind im Jahre 1981 abgeschlossen worden, und zwar 1372 Verfahren durch Einstellung, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten, weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte, oder aber, weil die Beweismittel zu einer Überführung der Beschuldigten nicht ausreichten. 85 Verfahren durch rechtskräftige Urteile gegen 117 Personen. 66 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 66 Personen. 201 Verfahren auf andere Weise. Noch anhängig waren am 31. Dezember 1981 916 Verfahren gegen 1.113 Personen, wobei in 479 Verfahren gegen 621 Personen bereits Anklage erhoben bzw. der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden ist. Die weiteren Verfahren befinden sich noch im Ermittlungsstadium. Die genannten Zahlen weisen einen 46 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 beträchtlichen Anstieg der einschlägigen Verfahren aus. Bei den im Jahre 1981 bearbeiteten Ermittlungsverfahren ist, bezogen auf das Jahr 1980, eine Steigerung von 56,49 % zu verzeichnen. Der Anstieg erklärt sich größtenteils aus den starken Aktivitäten kommunistisch orientierter Parteigruppierungen im Dortmunder Raum und rechtsextremistischer Kräfte im Raum Bochum. 7.4 Rechtsextremistische Aktivitäten Die Staatsanwaltschaften des Landes hatten im Jahre 1981 insgesamt 843 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. In 171 Verfahren gegen 181 Personen wurde Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt. Rechtskräftig verurteilt wurden 82 Personen, 23 Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 58 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum 345 Ermittlungsverfahren aus den vorgenannten Gründen eingestellt. In 45 Fällen haben die Staatsanwaltschaften die Verfahren wegen geringer Schuld der Beschuldigten und geringer Bedeutung der Vorfälle (zum Teil gegen Geldauflagen) eingestellt oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen, von der Erhebung öffentlicher Klagen abgesehen. Der Bundesminister der Justiz hat den Landesjustizverwaltungen Ende Januar 1982 den Referentenentwurf eines 21. Strafrechtsänderungsgesetzes zugeleitet, der die Möglichkeiten zur Bekämpfung extremistischer - insbesondere rechtsextremistischer - Agitation verbessern soll. Zum einen soll die schon im Jahresbericht 1978 aufgezeigte Strafbarkeitslücke bei der für die Bekämpfung des Rechtsextremismus bedeutsamen Strafnorm des SS 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) geschlossen werden. Dafür hatte sich auf Antrag des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen die Mehrheit der Justizminister und -senatoren ausgesprochen. Zum anderen soll durch eine Änderung des SS 76a Abs. 2 Satz 1 des Strafgesetzbuches klargestellt werden, daß die Einziehung extremistischer Schriften, soweit sie strafrechtlich relevanten Inhalt haben, auch nach Eintritt der Strafverfolgungsverjährung im sogenannten objektiven Verfahren noch zulässig ist. Diese Klarstellung ist erforderlich geworden, nachdem das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluß vom 7. Mai 1980 (3 Ws 178/80) entgegen der von anderen Oberlandesgerichten vertretenen Auffassung entschieden hat, daß eine Einziehung von Schriften nach Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht zulässig sei. Mit der Klarstellung wird einer vom Justizminister des Landes NordrheinWestfalen mit Schreiben vom 27. August 1980 an den Bundesminister der Justiz herangetragenen Bitte Rechnung getragen. Schließlich will der Referentenentwurf durch eine Änderung der SSSS 126, 140 des Strafgesetzbuchs Strafbarkeitslücken schließen, die bei der Herstellung und dem Vertrieb von Schriften mit nationalsozialistischem oder neonazistischem Inhalt aufgetreten sind. In neuerer Zeit treten verstärkt Schriften in den Vordergrund, die zumindest ihrem Wortlaut nach Tendenzen der vorerwähnten Art nur mittelbar enthalten, indem sie sich auf die Leugnung oder Verharmlosung des NS-Regimes und seiner Untaten beschränken. Derartige Äußerungen sind strafrechtlich nach geltendem Recht nicht ausreichend erfaßt, weil insbesondere die Anwendung des 47 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 SS 131 des Strafgesetzbuches regelmäßig daran scheitert, daß die dafür erforderliche grausame oder unmenschliche Weise der Schilderung fehlt. 7.5 Linksextremistische Aktivitäten Wie schon in den Vorjahren haben Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, die Justizbehörden des Landes nicht unerheblich beschäftigt, wobei wiederum ein Schwerpunkt bei der Staatsanwaltschaft Dortmund lag; hier wurden allein 501 Verfahren wegen einschlägiger Propagandaaktionen neu eingeleitet. Im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Dortmund erscheinen zahlreiche Druckschriften, die von ihr wegen ihrer zentralen Zuständigkeit (SS 7 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) auf strafrechtliche Relevanz überprüft werden. 48 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 8 Zusammenfassung Der politische Extremismus bildete auch im Jahre 1981 keine schwerwiegende Bedrohung unserer Sicherheit. Der Rechtsextremismus ist in der Zahl seiner Anhänger zwar leicht rückläufig, doch setzte sich die besonders in den neonazistischen Kreisen vorhandene Tendenz zu stärkerer Militanz fort. Die Gesamtheit der im Bericht erwähnten staatlichen Maßnahmen und Vorhaben berechtigt anzunehmen, daß neue militante rechtsextremistische Bestrebungen zurückgedämmt werden können. Der organisierte Linksextremismus wird unverändert von der DKP als der stärksten extremistischen Kraft in unserem Lande beherrscht; dagegen haben die Gruppierungen der Neuen Linken ganz erheblich an Bedeutung verloren. Die Anhängerschaft rechter und linker extremistischer Organisationen stagniert oder ist leicht rückläufig. Es kann zugleich festgestellt werden, daß es diesen Kräften bisher noch nicht gelungen ist, in der Bevölkerung vorhandene Sorgen und Ängste, soweit sie von ihr vor allem auf die immer noch zunehmende Zahl der Ausländer Lind auf die internationale Atomrüstung zurückgeführt werden, für ihre jeweiligen politischen Ziele nachhaltig auszunutzen. Die Gefahren dürfen jedoch nicht unterschätzt werden. Terrorismusgefahren, Ausforschungsbemühungen der gegnerischen Nachrichtendienste und die von extremistischen Ausländern ausgehenden sicherheitsgefährdenden Bestrebungen haben während des Berichtsjahres im wesentlichen unverändert angehalten. Abgesehen von den ständigen vielseitigen Bemühungen, durch die Überzeugungskraft politischer Auseinandersetzung den Gegnern unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung wirksam entgegenzutreten, werden angesichts des Lagebildes auch alle Sicherheitsorgane - Verfassungsschutz, Polizei und Justiz - unverändert gefordert sein, im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben unseren Rechtsstaat unermüdlich zu schützen. 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 9 Anhang 9.1 Übersicht über rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1981 (1980) Bürgerinitiative "Deutsche Zukunft" Ausländerstopp (unregelmäßig) 4630 Bochum-Wattenscheid Deutsche Bürgerinitiative (DBI) 100 (100) "Europäische 3579 Schwarzenborn Freiheitsbewegung" (unregelmäßig) Deutsches Kulturwerk "Der Pflegestättenleiter" Europäischen Geistes (DKEG) (unregelmäßig) 8000 München NW 50 (50) Deutsche Volksunion (DVU) 10.000 (6.000) "Deutscher Anzeiger" 8000 München (wöchentlich 20.000) einschließlich Aktion Deutsche Einheit AKON e.V. Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.), München Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) München Deutscher Rechtsschutzkreis 40 (40) (DRsK) 4630 Bochum NW 10 (10) 50 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Gesellschaft für freie Publizistik 400 (450) "Das freie Forum" (GfP) (vierteljährlich) 6730 Neustadt a.d. Weinstraße Hilfsorganisation für nationale 50 (-) Information der HNG politische Gefangene und deren (monatlich) Angehörige (HNG) 6000 Frankfurt am Main Junge Nationaldemokraten (JN) 750 (1.000) "JN-Global" 5000 Köln (unregelmäßig) "JN-Report" (unregelmäßig) "Junge Stimme" (vierteljährlich) "JN-Intern" (unregelmäßig) Landesverband NW 100 (300) "Pfeil" - JN Münster (unregelmäßig 5.000) "Querkopp" - JN Wuppertal (unregelmäßig) "Stachel" - JN Steinfurt (unregelmäßig) "Klartext" - JN - Ostwestf. (unregelmäßig) "Der Pfeil" - JN Hagen (unregelmäßig) Nationaldemokratische Partei 6.500 (7.000) "Deutsche Stimme" Deutschlands (NPD) (monatlich 75.000) 7000 Stuttgart "Nationaldemokratische Propaganda Depesche Artikeldienst" (zweimonatlich) "NPD-Propaganda-Blitz" (unregelmäßig) Landesverband NW 800 (1.100) 4630 Bochum-Wattenscheid NW: 54 Kreisverbände NSDAP-Auslandsund 100 (100) "NS-Kampfruf" Aufbauorganisation (NSDAP-A0) (monatlich) Lincoln/USA Unabhängige Arbeiterpartei e.V. 110 (120) "Reichs-Arbeiter-Zeitung" (UAP) (monatlich) 4300 Essen Unabhängige Freundeskreise 100 (100) "Unabhängige Nachrichten" 4630 Bochum (monatlich) 51 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Volkssozialistische Bewegung 120 (50) Deutschlands (VSBD) 8000 München NW 10 (10) Wiking-Jugend (WJ) 400 (400) "Wikinger" 5190 Stolberg (vierteljährlich) NW 90 (100) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 9.2 Übersicht über linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1981 (1980) Bund Sozialistischer Arbeiter 150 (100) "neue Arbeiter Presse" (BSA) (wöchentlich) 4300 Essen NW 50 (50) Bund Westdeutscher 600 (600) "Politische Berichte des Kommunisten (BWK) BWK" 5000 Köln (vierzehntägig) NW 120 (140) Deutsche Friedensunion (DFU) 2.000 (2.000) "Deutsche Volkszeitung" (DVZ) - inoffiziell - (40.000 wöchentlich) "Pressedienst DFU" (unregelmäßig) "DFU betr. Politik" (unregelmäßig) Landesverband NW 1.000 (1.000) "Pressedienst DFU NRW 4300 Essen (unregelmäßig) Deutsche Kommunistische Partei 40.000 (40.000) "Unsere Zeit" (UZ) (DKP) Tagesausgaben: 25.000 4000 Düsseldorf Wochenendausgaben: 50.000 "DKP-Pressedienst" (täglich) 52 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Zentrale Einrichtungen "Marxistische Blätter" "Institut für Marxistische Studien (alle 2 Monate) und Forschungen" "Nachrichten" - für 6000 Frankfurt am Main Gewerkschaftsfunktionäre (monatlich) "Verein zur Förderung der "Landrevue" - Informationen Forschung und des Studiums der für die Landbevölkerung - Sozialwissenschaften e.V." (unregelmäßig) Frankfurt am Main "Karl-Liebknecht-Schule" "PRAXIS" Leverkusen (unregelmäßig) "Marx-Engels-Stiftung e.V." "Sozialismus konkret" (früher: "Friedrich-Engels(unregelmäßig) Zentrum") "Probleme des Friedens und Wuppertal Sozialismus" - deutschsprachige Ausgabe der in der CSSR hergestellten Schrift - (monatlich) "infodienst" - für DKPBetriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen (unregelmäßig) Bezirk Ruhr-Westfalen 6.500 (7.000) Hoffnungstr. 18 4300 Essen Bezirk Rheinland-Westfalen 5.500 (6.000) Ackerstr. 3 4000 Düsseldorf NW: 44 Kreisorganisationen ca. 120 Kreisund Stadtteilzeitungen ca. 150 Betriebszeitungen ca. 110 Betriebsund Hochschulgruppen ca. 280 Wohngebietsgruppen (Ortsbzw. Stadtteilorganisationen) Gruppe Internationale Marxisten 300 (400) "was tun" (GIM) (zweiwöchentlich) 6000 Frankfurt am Main NW 80 (50) Junge Pioniere (JP) 3.000 (2.500) "Willibald" 4600 Dortmund (zweimonatlich) Landesverband RuhrgebietWestfalen 4300 Essen Landesverband RheinlandWestfalen 5000 Köln NW 1.300 (950 - 1.000) 53 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Komitee für Frieden, Abrüstung 400 (400) "Bulletin" und Zusammenarbeit (KFAZ) (unregelmäßig) 5000 Köln Kommunistische Jugend 350 (350) "Roter Rebell" Deutschlands (KJD) 4600 Dortmund NW 100 (100) Kommunistische Partei 500 (500) "Roter Morgen" Deutschlands (Marxisten(6.000 wöchentlich) Leninisten) (KPD) "Der Weg der Partei" 4600 Dortmund (theoret. Organ) Landesverband Mitte 200 (200) 4600 Dortmund Kommunistischer Arbeiterbund 900 (700) "Rote Fahne" Deutschlands (KABD) (vierzehntägig) NW 250 (200) Kommunistischer Bund (KB) 600 (800) "Arbeiterkampf" 2000 Hamburg (vierzehntägig) NW 40 (50) Kommunistischer Bund 1250 (1600) "Kommunistische Westdeutschland (KBW) Volkszeitung" (KVZ) 6000 Frankfurt am Main NW 280 (285) "Kommunismus und Klassenkampf" Marxistische Arbeiterbildung 60 Gruppen e.V. (MAB) Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus 5600 Wuppertal NW 30 Gruppen Marxistischer Studentenbund 6.000 (6.100) "rote Blätter" Spartakus (MSB) 5300 Bonn NW: 35 Hochschulgruppen 1.400 (1.400) Sozialistische Deutsche 15.000 (15.000) "elan" (inoffiziell) Arbeiterjugend (SDAJ) (40.000 monatlich) 4600 Dortmund Landesverband Ruhrgebiet86 örtliche Zeitungen Westfalen 4300 Essen 54 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Landesverband Rheinland80 örtliche Zeitungen Westfalen 5000 Köln NW: 39 Kreisverbände mit 5.000(6.000) 216 Ortsgruppen 6.000 Sozialistischer Jugendbund 150 (100) "links voran" (SJB) (monatlich) 4300 Essen NW 50 (50) Spartacusbund Funktionärsgruppe "Spartacus" (monatlich) 12.000 (10.000) "die tat" Vereinigung der Verfolgten "Pressedienst" des Naziregimes - Bund (unregelmäßig) der Antifaschisten (VVN"antifaschistischer BDA) jugenddienst" (Informationen für die 6000 Frankfurt am Main Jugendpresse) Landesverband NW 4.000 (4.000) "effektiv" 4000 Düsseldorf Organ der VVN-BDA (4x jährlich) 350 (-) "revolutionäre Volksbildung" Vereinigung für (monatlich) revolutionäre Volksbildung (VrV) 6000 Frankfurt am Main NW 90 (180) 1.500 (1.500) "Volks-Echo" Volksfront (V) (monatlich) 4300 Essen Landesverband NW 300 (600) 5100 Aachen (z.T. Mitgliedschaft KPD) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 9.3 Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst RdErl. d. Innenministers v. 28. 1. 1980 - 55 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 II A 1 - 1.20.01 - 0/80 Die Landesregierung hat am 18. Dezember 1979 beschlossen, zum 1. Januar 1980 die "Vorläufigen Richtlinien über die Beurteilung von Zweifeln an der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst auf Grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. 5. 1975" aufzuheben und die anliegenden "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst" in Kraft zu setzen. Meinen RdErl. v. 28.4.1976 (MBI. NW.S.869/SMBI. NW. 203020) hebe ich auf. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, die Grundsätze entsprechend anzuwenden. Anlage: Wortlaut der Grundsätze I. Der freiheitliche Rechtsstaat geht von der Verfassungstreue seiner Bürger aus. II. In das Beamten-(Richter-)verhältnis darf nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (SS 6 Abs. 1 Z. 1 LBG, SS 9 Nr. 2 DRiG). Angestellte und Arbeiter müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen (SS 8 Abs. 1 S. 1 BAT, SS 9 Abs. 9 S. 2 MTL II). Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes bekräftigen ihre Pflicht zur Verfassungstreue mit ihrer Eidesleistung bzw. ihrem Gelöbnis. III. Die Feststellung, ob der Bewerber neben den sonst geforderten auch diese Eignungsvoraussetzung erfüllt, treffen die Einstellungsbehörden unter Beachtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. IV. Bei der Feststellung, ob ein Bewerber die für die Einstellung in den öffentlichen Dienst erforderliche Gewähr der Verfassungstreue bietet, sind in der Landesverwaltung einheitlich folgende Grundsätze anzuwenden: 1 Bei der Entscheidung, ob bei der Verfassungsschutzbehörde angefragt wird, gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: 1.1 Anfragen dürfen nicht routinemäßig erfolgen. 1.2 Anfragen erfolgen nicht, wenn der Bewerber das. 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 1.3 Anfragen erfolgen nicht bei Bewerbern für einen Vorbereitungsdienst, der Voraussetzung für die Ausübung eines Berufes auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ist (z. B. Lehrerund Juristenausbildung). 56 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 1.4 Anfragen erfolgen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte darauf hindeuten, daß der Bewerber nicht die Voraussetzung für die Einstellung in den öffentlichen Dienst erfüllt. Die Anhaltspunkte sind in der Anfrage anzugeben. 1.4.1 Anhaltspunkte i. S. dieser Vorschrift können insbesondere gewonnen werden - in der Probezeit - im Vorbereitungsdienst - im Einstellungsverfahren. 1.4.2 Im Einstellungsverfahren finden grundsätzlich Einstellungsgespräche statt. Dabei sind die Bewerber über die Pflicht zur Verfassungstreue gem. Anlage zu belehren. Die Bewerber haben über ihre Verfassungstreue folgende Erklärung abzugeben: "Ich bin über meine Pflicht zur Verfassungstreue und darüber belehrt worden, daß die Teilnahme an Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen ihre grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes unvereinbar ist. Auf Grund der mir erteilten Belehrung erkläre ich hiermit, daß ich meine Pflicht zur Verfassungstreue stets erfüllen werde, daß ich die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und daß ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Ich versichere ausdrücklich, daß ich in keiner Weise Bestrebungen unterstütze, deren Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eines ihrer grundlegenden Prinzipien gerichtet sind. Ich bin mir bewußt, daß beim Verschweigen einer solchen Unterstützung die Ernennung/der Abschluß des Arbeitsvertrages als durch arglistige Täuschung herbeigeführt angesehen wird. Arglistige Täuschung führt zur Zurücknahme der Ernennung/Anfechtung des Arbeitsvertrages." 1.4.3 Soweit den Umständen nach ein Einstellungsgespräch nicht in Betracht kommt, sind Belehrung und Erklärung im Rahmen des schriftlichen Einstellungsverfahrens vorzusehen. 1.4.4 Lehnt ein Bewerber die Abgabe der vorgesehenen Erklärung über seine Verfassungstreue ab oder ergeben sich im Einstellungsverfahren - insbesondere im Einstellungsgespräch - sonstige Bedenken hinsichtlich der Verfassungstreue des Bewerbers, so ist zur Einleitung der Einzelfallprüfung die Anfrage durchzuführen. 1.5 Anfragen dürfen nur erfolgen, wenn eine Einstellung tatsächlich beabsichtigt und die Verfassungstreue nur noch die letzte zu prüfende Einstellungsvoraussetzung ist. 2 Für die Mitteilung von Erkenntnissen auf Grund von Anfragen der Einstellungsbehörden ist zu beachten: 2.1 Den Einstellungsbehörden dürfen nur solche Tatsachen mitgeteilt werden, die Zweifel an der Verfassungstreue eines Bewerbers gerichtsverwertbar begründen können. 2.2 Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, die Tätigkeiten vor der Vollendung des. 18. Lebensjahres betreffen und Erkenntnisse über abgeschlossene Tatbestände, die mehr als 2 Jahre zurückliegen, dürfen nicht weitergegeben werden, es sei denn, die Weitergabe ist im Hinblick auf das besondere Gewicht der Erkenntnisse nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten. 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 2.3 Erkenntnisse, die unter eine gesetzlich geregelte Schweigepflicht fallen, dürfen nicht weitergegeben werden. 3 Der Innenminister teilt der anfragenden Einstellungsbehörde und der zuständigen obersten Dienstbehörde Erkenntnisse nach Ziffer 2 unverzüglich mit. 4 Die Einstellungsbehörden des Landes sind verpflichtet, Bedenken, die gegen die Einstellung eines Bewerbers sprechen, und die dafür erheblichen Tatsachen dem Bewerber schriftlich mitzuteilen. 5 Der Bewerber hat das Recht, sich hierzu zu äußern. 6 Findet ein Anhörungsgespräch statt, ist ein Protokoll zu führen. Dem Bewerber ist auf Antrag Einsicht zu gewähren. 7 Die Mitwirkung eines Rechtsbeistandes ist auf Antrag des Bewerbers zu gestatten. Sie ist auf die Beratung des Bewerbers und auf Verfahrensfragen zu beschränken. 8 Die Entscheidung über die Einstellung oder Ablehnung von Bewerbern, deren Verfassungstreue die Einstellungsbehörde nicht für gewährleistet hält, trifft die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Innenminister. 9 Ablehnende Entscheidungen dürfen nur auf gerichtsverwertbare Tatsachen gestützt werden. 10 Dem Bewerber ist die Ablehnungsbegründung unter Angabe der hierfür maßgeblichen Tatsachen, jedenfalls auf seinen Antrag hin, schriftlich mitzuteilen. Der Bescheid erhält eine Rechtsmittelbelehrung. 11 Erkenntnisse, die von den Verfassungsschutzbehörden nicht an die Einstellungsbehörde weitergegeben werden dürfen (Ziff. 2.2, 2.3), dürfen von ihr auch dann nicht verwertet werden, wenn sie ihr von anderer Seite mitgeteilt worden sind. 12 Wenn eine Einstellung trotz vorliegender Erkenntnisse des Verfassungsschutzes erfolgt ist, müssen alle Unterlagen über die Durchführung des Überprüfungsverfahrens aus den Personalakten entfernt werden. V. Die Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Landesbediensteten bleiben unberührt. Anlage zu Ziffer IV 1.4.2 der Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst Bewerber für den öffentlichen Dienst sind in Einstellungsgesprächen oder im formalisierten schriftlichen Einstellungsverfahren wie folgt zu belehren: "Belehrung Nach SS 55 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes - LBG - (SS 4 Abs. 1 Satz 1 des Landesrichtergesetzes - LRiG -) ist der Beamte (Richter) verpflichtet, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Dementsprechend darf gemäß SS 6 Abs. 1 Nr. 2 LBG (SS 9 Nr. 2 DRiG) in das Beamten-(Richter-)verhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr bietet, daß er 58 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Die Pflicht, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen, ergibt sich für Angestellte aus SS 8 Abs. 1 des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages - BAT - und für Arbeiter des Landes aus SS 9 Abs. 9 des Mantel-Tarifvertrages für Arbeiter der Länder - MTL II -. Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urt. vom 23. 10, 1952 - 1 BvB 1/51 -BVerfGE 2,1; Urt. vom 17.8.1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5,85) eine Ordnung, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist das Gegenteil des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind insbesondere zu rechnen: - Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht auf Leben und freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, - die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung, - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, - die Unabhängigkeit der Gerichte, - das Mehrparteienprinzip, - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien, - das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition: Die Teilnahme an Bestrebungen, die sich gegen diese Grundsätze richten, ist unvereinbar mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Gegen Beamte auf Lebenszeit oder auf Zeit, die sich einer solchen Pflichtverletzung schuldig machen, wird ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst, gegen Beamte auf Probe oder auf Widerruf ein Entlassungsverfahren eingeleitet. Angestellte und Arbeiter müssen in diesen Fällen mit einer außerordentlichen Kündigung gemäß SS 54 BAT bzw. SS 59 MTL II rechnen." (Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen 1980 S. 178) 9.4 Leitsätze zum Beschluß des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mal 1975 - 2 BvL 13/73 - 59 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 1. Es ist ein hergebrachter und zu beachtender Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), daß den Beamten eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung obliegt. 2. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern insbesondere in der beruflichen Tätigkeit dadurch, daß der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift. 3. Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt die Verletzung der Treuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei Beamten auf Lebenszeit kann wegen dieser Dienstpflichtverletzung im förmlichen Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden. 4. Es ist eine von der Verfassung (Art. 33 Abs. 5 GG) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. 5. Der Überzeugung, daß der Bewerber die geforderte Gewähr nicht bietet, liegt ein Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers zugrunde, das zugleich eine Prognose enthält und sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründet. 6. Die sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebende Rechtslage gilt für jedes Beamtenverhältnis, für das Beamtenverhältnis auf Zeit, für das Beamtenverhältnis auf Probe und für das Beamtenverhältnis auf Widerruf ebenso wie für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. 7. Wenn auch an die Angestellten im öffentlichen Dienst weniger hohe Anforderungen als an die Beamten zu stellen sind, schulden sie gleichwohl dem Dienstherrn Loyalität und die gewissenhafte Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten; auch sie dürfen nicht den Staat, in dessen Dienst sie stehen, und seine Verfassungsordnung angreifen; auch sie können wegen grober Verletzung dieser Dienstpflichten fristlos entlassen werden; und auch ihre Einstellung kann abgelehnt werden, wenn damit zu rechnen ist, daß sie ihre mit der Einstellung verbundenen Pflichten nicht werden erfüllen können oder wollen. 8. Ein Teil des Verhaltens, das für die Beurteilung der Persönlichkeit eines Beamtenanwärters erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele 60 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 verfolgt - unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht. 9. Die durch Art. 33 Abs. 5 GG gedeckten Regelungen des Beamtenund Disziplinarrechts sind allgemeine Gesetze im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG. 10. Es steht nicht in Widerspruch zu Art. 12 GG, wenn der hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums im Beamtenrecht verwirklicht wird, vom Bewerber für ein Amt zu verlangen, daß er die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. 11. Dem Staat steht frei, einen Vorbereitungsdienst, dessen erfolgreiche Absolvierung Voraussetzung sowohl für den Staatsdienst im Beamtenverhältnis als auch für einen freien Beruf ist, allgemein so zu organisieren, daß er in einem zivilrechtlichen Anstellungsverhältnis oder in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Verhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses abzuleisten ist. Entscheidet er sich für einen Vorbereitungsdienst, der im Beamtenverhältnis zurückzulegen ist, so muß er für diejenigen, für die ein Beruf außerhalb des Staatsdienstes in Betracht kommt, entweder einen gleichwertigen, nicht diskriminierenden Vorbereitungsdienst anbieten, der ohne Berufung ins Beamtenverhältnis geleistet werden kann, oder innerhalb seiner beamtenrechtlichen Regelung eine Ausnahmevorschrift vorsehen, die es gestattet, den Vorbereitungsdienst auf Wunsch außerhalb eines Beamtenverhältnisses abzuleisten. Im Hinblick darauf, daß in zunehmendem Maße neben die zweistufige juristische Ausbildung eine einstufige Ausbildung tritt, mag es zur rechtlichen Vereinheitlichung des juristischen Vorbereitungsdienstes naheliegen, künftig für alle Juristen die praktische Ausbildung vor der zweiten juristischen Staatsprüfung innerhalb eines öffentlich-rechtlichen RechtspraktikantenVerhältnisses vorzusehen, das kein Beamtenverhältnis ist. 9.5 Leitsätze zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31. März 1976 1. Art. 33 II GG begründet für jeden Bewerber das Recht, bei seiner Bewerbung um ein öffentliches Amt allein nach den in Art. 33 II GG genannten Voraussetzungen - Eignung, Befähigung und fachliche Leistung - beurteilt zu werden. Verstößt die Einstellungsbehörde bei ihrer Auswahl gegen Art. 33 II GG, kann der Bewerber im Regelfall nur verlangen, daß der auf verfassungswidrige Gesichtspunkte gestützte Ablehnungsbescheid aufgehoben wird. Nur unter besonderen Umständen kann sich aus Art. 33 II GG darüber hinaus ein Einstellungsanspruch des Bewerbers ergeben, nämlich dann, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als die Einstellung dieses Bewerbers als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft und mithin die Einstellung als die einzige rechtmäßige Entscheidung der Behörde über die Bewerbung darstellt. 2. Die "Eignung" eines Bewerbers i. S. von Art. 33 II GG umfaßt fachliche Voraussetzungen, formelle Qualifikationen (z. B. Staatsprüfungen), aber auch charakterliche Eigenschaften und die Bereitschaft, der für das erstrebte Amt erforderlichen politischen Treuepflicht zu genügen. Nicht allen Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes ist das gleiche Maß an politischer Treue abzuverlangen wie den Beamten. Bei Angestellten und Arbeitern müssen sich 61 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 die in politischer Hinsicht zu stellenden Anforderungen aus dem jeweiligen Amt ergeben. 3. Ein Lehrer und Erzieher muß gesteigerten Anforderungen genügen; er muß den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung vermitteln, Die Fähigkeit und Bereitschaft eines Bewerbers um ein Amt als Lehrer und Erzieher, Grundwerte der Verfassung glaubwürdig darzustellen, kann nicht allein nach seiner Mitgliedschaft in einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, beurteilt werden. Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei ist aber ein wesentliches Indiz dafür, daß der Bewerber die ihm auferlegten Treuepflichten nicht erfüllen kann, mithin die Eignung nicht besitzt. 4. Die verfassungsrechtlich gesicherte Betätigungsfreiheit einer nicht verbotenen politischen Partei und ihrer Mitglieder muß zurückstehen hinter dem ebenfalls verfassungsmäßig verankerten Grundsatz, daß der Staat ungeeignete Bewerber von öffentlichen Ämtern ausschließen darf. 5. Die auf die Person des Bewerbers bezogene Eignungsprüfung kann nicht daran scheitern, daß es für die Beurteilung der politischen Ziele einer Partei durch die Einstellungsbehörde und die zur Entscheidung über den Einstellungsanspruch berufenen Gerichte zur Zeit kein dem verfassungsgerichtlichen Verbotsverfahren vergleichbares Verfahren gibt. Nach den Erkenntnisquellen, die Einstellungsbehörden und Gerichte heute zur Verfügung stehen, hält der Senat es für erkennbar, daß die Ziele der DKP mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. BAG, Urt. v. 31. 3.1976 - 5 AZR 104/74 (Bremen) 9.6 Leitsätze zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5. März 1980 1. Ein Bewerber ist für das Lehramt in einer Realschule nur geeignet (Art. 33 Abs. 2 GG), wenn er den Schülern die Grundwerte der Verfassung glaubwürdig vermitteln kann. 2. Bei der Prüfung, ob ein Bewerber für das öffentliche Amt, für das er sich beworben hat, geeignet ist im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG, steht der einstellenden Behörde ein Beurteilungsspielraum zu. Das gilt auch für die Beurteilung der politischen Treuepflicht. Die Beurteilung ist von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob die Einstellungsbehörde von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie allgemeingültige Bewertungsgrundsätze beachtet hat oder ob sie sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, und ob sie ihre Entschließung in einem fehlerfreien Verfahren getroffen hat. 3. Die einstellende Behörde darf nur auf die individuelle Eignung de5 jeweiligen Bewerbers abstellen, auf sein Verfassungsverständnis, seine Einstellung und das von ihm zu erwartende Verhalten. Die Behörde darf sich nicht auf die Prüfung formaler Merkmale wie Mitgliedschaft und Aktivitäten in Vereinigungen oder politischen Parteien beschränken. 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 4. Mitgliedschaft und Aktivitäten in Organisationen mit verfassungsfeindlichen Zielen können Zweifel an der Eignung eines Bewerbers begründen. Es ist Sache des Bewerbers, etwaige Zweifel an seiner Eignung auszuräumen. Dafür genügt nicht die Erklärung, er wolle seine politischen Ziele nur mit verfassungsrechtlich zulässigen Mitteln erreichen. 5. Die einstellende Behörde darf den Bewerber nach einer Mitgliedschaft und nach Aktivitäten in solchen Organisationen fragen. Sie darf bei der Verfassungsschutzbehörde Erkenntnisse über den Bewerber einholen und ihm solche Erkenntnisse vorhalten. 6. Die einstellende Behörde muß bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Dazu können je nach Lage des Falles gehören: etwa eine erfolgreiche Erprobung in einem vorausgegangenen Ausbildungsoder in einem früheren Arbeitsverhältnis und die Gründe, die einen Bewerber zum Beitritt in eine verfassungsfeindliche Organisation bewogen haben. 7. Das Arbeitsgericht hat, wenn es bei der Beurteilung des Bewerbers einen Mangel feststellt, die einstellende Behörde auf diesen Rechtsfehler hinzuweisen und ihr Gelegenheit zu einer neuen Beurteilung zu geben. 8. Eine Klage vor dem Arbeitsgericht auf Übernahme in den Schuldienst als Angestellter ist nicht deshalb unzulässig, weil der Bewerber gleichzeitig vor dem Verwaltungsgericht seine Einstellung als Beamter betreibt. 9.7 Auszug aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorn 28.11.1980 ... Die Revision des Klägers ist unbegründet, Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist SS 38 Abs. 1 Nr. 2 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg (LBG) in der Fassung vom 27. Mai 1971 (BWGBI. 1971 S. 225). Hiernach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit wegen mangelnder Eignung, Befähigung oder fachlicher Eignung nicht bewährt. Das ist auch der Fall, wenn er nicht die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Die Eignung des Beamten auf Probe ist an den Anforderungen des ihm auf Lebenszeit zu übertragenden Amtes zu messen. Aus dem Zusammenhang zwischen SS 8 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 sowie SS 6 Abs. 1 Nr. 2 LBG ergibt sich, daß für die Beantwortung der Frage, ob Zweifel an der Verfassungstreue bestehen, nicht entscheidend ist, ob es sich um einen Beamtenbewerber oder um einen Beamten auf Probe handelt (Beschluß vom 31. Mai 1978 - BVerwG 2 B 30.77 - [Buchholz 237.0 SS 8 LBG Baden-Württemberg Nr. 1]). Die Verfassungstreuepflicht des Beamten gegenüber dem Staat und seiner Verfassung ist eine bundesverfassungsrechtlich vorgegebene, durch den zuständigen Beamtengesetzgeber konkretisierte Eignungsvoraussetzung. Die Pflicht des Beamten zur Verfassungstreue ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. Dieses Erfordernis gilt für jedes Beamtenverhältnis, auch für das Beamtenverhältnis auf Probe. Die 63 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 beamtenrechtliche Regelung des SS 38 Abs. 1 Nr. 2 LBG verstößt - ebenso wie entsprechende Vorschriften des Bundes und anderer Länder - nicht gegen Grundrechte der Beamten auf Probe (BVerfGE 39, 334). Der erkennende Senat hat im Urteil der am 27. November 1980 verhandelten Verwaltungsstreitsache BVerwG 2 C 38.79 (zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt) in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts dazu Stellung genommen, wann Zweifel des Dienstherrn an der künftigen Verfassungstreue eines Beamtenbewerbers gerechtfertigt sein können und in welchem Umfang diese Beurteilung des Dienstherrn von den Verwaltungsgerichten überprüft werden kann. Diese Darlegungen, auf die Bezug genommen wird, sind - unter Berücksichtigung der sich aus der bereits bestehenden Pflichtenbindung des Beamten auf Probe zum Dienstherrn ergebenden Besonderheiten - auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgebend. Ausgehend von diesen Erwägungen ist das Berufungsurteil zwar in verschiedener Hinsicht fehlerhaft. Im Ergebnis ist die Entscheidung aber nicht zu beanstanden. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Dienstherr dürfe bei der Bewährungsbeurteilung eines Beamten auf Probe dessen Mitgliedschaft in einer Partei nur dann als Merkmal zweifelhafter Verfassungstreue berücksichtigen, wenn die Partei aktiv kämpferisch, planvoll die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt, d. h. wenn materiell die Voraussetzungen für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit und das Verbot dieser Partei durch das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 21 Abs. 2 GG vorliegen. Die Regelungen über die Feststellung der Verfassungswidrigkeit sowie das Verbot politischer Parteien und die Regelungen über die Verfassungstreuepflicht der Beamten stehen jedoch in einem jeweils anderen rechtlichen Zusammenhang (BVerfGE 39, 334 [357 ff.]; vgl. auch BVerfGE 40, 287 [293]). Zwar stimmt in beiden Fällen das geschützte Rechtsgut, die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, überein. Deshalb gilt deren Umschreibung, die das Bundesverfassungsgericht im Rahmen von Parteiverbotsverfahren gegeben hat (BVerfGE 2, 1 [12 ff.]; 5, 85 [140 ff.]), auch im Hinblick auf den Gegenstand der Verfassungstreuepflicht der Beamten und die hieran anknüpfende Bewährungsbeurteilung des Dienstherrn bei einem Beamten auf Probe. Die Regelungen unterscheiden sich aber - wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 6. Februar 1975 - BVerwG 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 (348 f.); vgl. auch BVerwGE 52, 313 (327) ausgeführt hat - "in der Funktion, in den Voraussetzungen - die Anforderungen, die der Staat an seine Beamten stellen kann, dürfen nach Art. 33 GG höher sein als die, die er nach Art. 21 Abs.2 GG an die politischen Parteien stellen will - und in ihrer Tragweite". Gehört ein Beamter auf Probe einer politischen Partei an, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbare Ziele verfolgt, so bedarf es für eine Bewertung dieses Umstandes im Rahmen der beamtenrechtlichen Bewährungsbeurteilung deshalb keiner Feststellung, daß die Partei diese Ziele mit aktiv kämpferischer, aggressiver Haltung gegenüber der bestehenden Verfassungsordnung und mit der Absicht planvoller Beeinträchtigung und Beseitigung dieser Ordnung verfolgt und daß sie damit die materiellen Verbotsvoraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG im Sinne der zu dieser Verfassungsvorschrift ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfüllt (BVerfGE 5, 85 [141 ff.]). Nach dem im Urteil 64 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 des erkennenden Senats vom 27. November 1980 - BVerwG 2 C 38.79 - dargelegten Begriff des Gewährbietens der Verfassungstreue genügt es vielmehr, wenn die Partei mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbare Ziele verfolgt. Wie in dem angeführten Urteil vom 27. November 1980 BVerwG 2 C 38.79 - weiter ausgeführt ist, schließt zwar die Mitgliedschaft eines Beamtenbewerbers in einer Partei mit derartigen Zielsetzungen ein verfassungstreues Verhalten als Beamter nicht zwingend aus (BVerfGE 39, 334 [335, 3591; BVerwGE 52, 313 [336]; vgl. auch das zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehene Urteil vom 31. Januar 1980 - BVerwG 2 C 5.78 - [NJW 1980, 2145] sowie Beschlüsse vom 29. Oktober 1979 - BVerwG 2 CB 30.77 -[Buchholz 237.5 SS 7 HessBG Nr. 1 ] und vom 11. März 1980 - BVerwG 2 B 50.79 -). Sie kann aber bei der gebotenen Berücksichtigung der Einzelumstände des jeweils zu entscheidenden Falles gleichwohl Schlüsse auf eine mangelnde Gewähr der Verfassungstreue eines Beamtenbewerbers rechtfertigen. Entscheidend ist auch hier, ob der Bewerber durch sein Verhalten zu der ernsten Besorgnis Anlaß gibt, er werde noch nach seiner Berufung in das Beamtenverhältnis entgegen der Treuepflicht eines Beamten die mit der Verfassungsordnung unvereinbaren Ziele der Partei unterstützen oder jedenfalls eine gebotene Distanzierung unterlassen. In diesem Zusammenhang kann einer fortbestehenden Mitgliedschaft in einer Partei besondere Bedeutung zukommen. Erhält ein - im Gegensatz zu einem Bewerber bereits in besonderer Pflichtenbindung zum Dienstherrn stehender - Beamter auf Probe die Mitgliedschaft in einer derartigen Partei aufrecht, so wird regelmäßig schon darin zumindest eine außerdienstliche (möglicherweise sogar pflichtwidrige) Nichtdistanzierung und - bei objektiver Betrachtungsweise - eine ideelle und materielle Unterstützung auch der mit der Verfassungsordnung unvereinbaren Ziele der Partei liegen. Im übrigen kann ein derartiges Verhalten eines Beamten auf Probe auch Zweifel an der zuverlässigen Erfüllung der Verfassungstreuepflicht im täglichen Dienst begründen. Allerdings können andere Umstände des Einzelfalles einer derartigen Bewertung der Mitgliedschaft entgegenstehen, so wenn der Beamte auf Probe innerhalb der Partei aktiv und erkennbar, insbesondere öffentlich erkennbar, für eine mit der Verfassungsordnung vereinbare politische Linie und gegen die damit unvereinbaren Ziele eintritt. Ob dies unter Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft tatsächlich möglich ist, wird nicht zuletzt von den inneren Verhältnissen der betreffenden Partei sowie von Stellung und Verhalten des Bewerbers selbst innerhalb deren politischen Kräftespiels abhängen. Hiernach sind die Zweifel des Beklagten an der Verfassungstreue des Klägers schon auf Grund dessen Mitgliedschaft in der NPD und dessen Aktivitäten für diese Partei begründet. Die vom Berufungsgericht getroffenen und - was noch auszuführen sein wird - mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen, das Revisionsgericht bindenden (SS 137 Abs. 2 VwG0) tatsächlichen Feststellungen tragen die rechtliche Wertung, daß die NPD Ziele verfolgt, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind. Diese ergeben sich - unabhängig von dem offiziellen Parteiprogramm und der Satzung der NPD - aus einer ständigen gegen diese Grundprinzipien gerichteten und der Partei politisch zuzurechnenden Polemik. Die in diesem Verfahren insbesondere durch Zitate aus den Deutschen Nachrichten bzw. der Deutschen Wochenzeitung (mit dem Untertitel Deutsche Nachrichten) im einzelnen belegten und nach den 65 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts der NPD zurechenbaren Äußerungen - die Deutschen Nachrichten sind satzungsgemäß zur Bekanntmachung der politischen Beschlüsse des Parteitages der NPD bestimmt - lassen eine mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbare Haltung der Partei erkennen. Durch einen Sprachgebrauch, der teilweise durch den Nationalsozialismus berüchtigt ist, wird der politische Wirkungsbereich teils der an der Regierung beteiligten, teils der im Deutschen Bundestag insgesamt vertretenen Parteien in offensichtlich verächtlicher Weise gekennzeichnet. Die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien werden unter anderem in ihrer Gesamtheit als "schädlich, verlogen und korrupt" diffamiert und als Repräsentanten eines "verrotteten und verfilzten Parteibuchstaates" herabgesetzt. Einige Mißstände und Verfehlungen einzelner werden zum Anlaß genommen, das Wirken der Volksvertretung herabzuwürdigen und die Beseitigung der pluralistischen Gesellschaft zu fordern. Hinzu kommen die wiederkehrenden der NPD nach den Feststellungen des Berufungsgerichts insgesamt zuzurechnenden Bemühungen, die Verhältnisse und Geschehnisse des Dritten Reiches zu verharmlosen und zu beschönigen und die darin zum Ausdruck kommende mangelnde Distanz zum Nationalsozialismus. Nach den weiteren das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sind die der NPD zurechenbaren Äußerungen in ihrer über Jahre hinweg zu verfolgenden und zumindest nach außen unwidersprochenen Häufung und Intensität für die NPD als Ganzes symptomatisch und als Ausdruck eines Teils ihrer politischen Haltung zu werten. Die darin zum Ausdruck kommende Mißachtung und Ablehnung oberster Verfassungswerte, insbesondere der parlamentarischen Demokratie, des Mehrparteiensystems und der Volkssouveränität läßt erkennen, daß die Partei bei ihrem tatsächlichen politischen Auftreten der freiheitlich demokratischen Grundordnung widersprechende Zielsetzungen verfolgt. Von diesen mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbarenden Zielsetzungen hat sich der Kläger nicht distanziert, sondern hat sich vielmehr - bei objektiver Betrachtungsweise - mit ihnen identifiziert. Er war nicht nur untergeordneter, sondern sogar ein führender Funktionär der NPD, unter anderem Mitglied des Landesvorstandes in Baden-Württemberg, Mitglied des Bundesvorstandes, Mitglied des Landtages in Baden-Württemberg und Kandidat im Bundestagswahlkampf 1972. Es ist nicht zu beanstanden, daß der Beklagte angesichts dieser Aktivitäten des Klägers dessen verbales Bekenntnis zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung lediglich als Lippenbekenntnis wertet, das nicht geeignet ist, die begründeten Zweifel zu zerstreuen. Soweit der Verwaltungsgerichtshof Bedenken hat, allein aufgrund dieses Sachverhalts die Entscheidung des Beklagten für rechtmäßig zu erachten, beruht dies ersichtlich darauf, daß er die Begriffe des "Gewährbietens" und der "berechtigten Zweifel" unrichtig ausgelegt hat. Er hat - ebenso wie schon das Verwaltungsgericht, das unter anderem von einem nicht hinreichenden Nachweis "verfassungsfeindlicher" Haltung spricht - nicht ausreichend berücksichtigt, daß bereits die mangelnde Überzeugung des Dienstherrn an dem vorbehaltlosen Eintreten des Beamten auf Probe für die freiheitliche demokratische Grundordnung die Entlassung aus dem Probebeamtenverhältnis zu rechtfertigen vermag und daß die begründeten Zweifel an der Verfassungstreue die Feststellung einer eindeutig feindseligen Haltung gegenüber der Verfassungsordnung ("Verfassungsfeind") nicht erfordern. 66 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 9.8 Auszug aus dem Urteil des 1. Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1981 ................. ................. 3. Der Beamte hat diese sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebende und in SS 52 Abs. 2 BBG normierte sowie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts präzisierte politische Treuepflicht verletzt und tut dies weiterhin. Er hat sich nicht nur nicht distanziert von den Zielen einer Partei, die die freiheitliche demokratische Grundordnung angreift, bekämpft und diffamiert; er hat sich im Gegenteil aktiv in ihr betätigt und angekündigt, daß er dies auf jeden Fall auch weiterhin tun werde. ................. ................. b) die DKP gehört zu solchen Gruppierungen, von denen sich ein Beamter zu distanzieren hat, denn ihr geht es nicht etwa allein um eine Verstaatlichung der Grundstoffindustrie und einiger anderer Fabrikationsoder Geschäftszweige, sondern sie bekämpft entscheidende Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und strebt eine nach anderen Gesichtspunkten gestaltete Gesellschaftsordnung sowie ein entsprechendes Staatswesen an. Die DKP will eine Entwicklung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren ist. Die freiheitlich demokratische Grundordnung läßt sich als eine Ordnung bestimmen, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das damit keine Definition der Demokratie allgemein gegeben, sondern nur den Kern der Wertgarantien des Grundgesetzes herausgearbeitet hat, mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (BVerfGE 2,1 [12 ff.]). Die DKP lehnt diese Grundprinzipien einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Demokratie ab, wie sich aus ihren eigenen Äußerungen ergibt. Gegenwärtig ist für ihre Zielsetzung die vorrangige Erkenntnisquelle das auf dem Mannheimer Parteitag vom 20. bis 22. Oktober 1978 beschlossene Programm. Für die Zeit davor ergibt sich aus ihren programmatischen Äußerungen im wesentlichen das gleiche Bild. Allen Erklärungen ist gemeinsam, daß die DKP das Vermächtnis der Kommunistischen Partei Deutschlands übernommen hat und sich der auch für diese verpflichtenden Tradition verbunden fühlt, so daß die 67 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Aussagen des Bundesverfassungsgerichts in dem KPD-Verbotsurteil vom 17. August 1956 (BVerfGE 5, 85) weiterhin auch auf die DKP zutreffen. aa) Die DKP gebraucht zwar nicht mehr die früheren Begriffe "sozialistische Revolution" und "Diktatur des Proletariats", Ziele, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfGE 5, 85 [195]). Statt dessen verwendet sie in ihrem Sprachgebrauch gleichbedeutende Ausdrücke wie "sozialistische Umwälzung" und "Herrschaft" oder "Macht der Arbeiterklasse". Insbesondere aber bekennt sie sich nachdrücklich zum Marxismus-Leninismus, einer Handlungsanweisung, die nach früherem Sprachgebrauch die "sozialistische Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" herbeiführen sollte und jetzt auf die gleichen Ziele unter anderer Bezeichnung gerichtet ist. So sagt das Parteiprogramm von 1978 in vielfältiger Wiederholung, die DKP sei die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse, ihr politischer Kompaß und wissenschaftliches Fundament ihrer Politik sei die Lehre von Marx, Engels und Lenin, sie kämpfe für die freie Verbreitung des Marxismus und Leninismus in der Bundesrepublik, diese Lehre sei für den Kommunisten unentbehrliches geistiges Rüstzeug, die DKP leiste ihren Beitrag zur Festigung der Einheit und Geschlossenheit der kommunistischen Weltbewegung auf der Grundlage dieser Lehre, und setzt diese Aussage in gleicher oder ähnlicher Variante im Programm noch vielerorts fort. bb) Die DKP bekennt sich auch nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie "wirkt" - wie es in ihrem Parteiprogramm heißt - nur "auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Sie bekennt sich zu seinen demokratischen Prinzipien", womit aber keineswegs ein Bekenntnis zur oben beschriebenen freiheitlichen Grundordnung abgegeben, sondern allenfalls Übereinstimmung mit einigen Regelungen der Verfassung zum Ausdruck gebracht wird. Das ist ebenso wie die verbale Bekundung des Beamten in der Hauptverhandlung ein anderes Bekenntnis, zumal die Kennzeichnung der Demokratie des Grundgesetzes als freiheitliche auch darauf beruht, daß der Unterschied zu anderen Demokratiebegriffen, etwa wie er in der Sowjetunion und in der DDR ständig gebraucht wird, deutlich herausgestellt werden sollte. Die DKP beruft sich in ihrem Mannheimer Programm aber - wie bereits erwähnt - nicht nur ausdrücklich darauf, daß sie das Vermächtnis der KPD übernommen habe, sondern das macht auch der gesamte Inhalt ihres Parteiprogramms deutlich. Die inhaltlichen politischen Bestrebungen beider Organisationen sind identisch, wie das DKP-Programm zeigt. Eine Abkehr von den früheren Zielen ist nicht erkennbar. Die Übernahme des "Vermächtnisses" der KPD wäre sonst auch nicht verständlich. Wenn es heißt, "die DKP geht von den Realitäten des eigenen Landes aus", so ist dies nur eine Selbstverständlichkeit, die keineswegs die Bejahung der bestehenden Verfassungsordnung beinhaltet, wie insbesondere die darauf folgende Äußerung verdeutlicht, daß sie zugleich die Erfahrungen und Lehren des internationalen Klassenkampfes berücksichtige. Bei der Wertung solcher Äußerungen ist auch zu beachten, daß Machtkämpfe mit dem Ziel, die bestehende Ordnung zu beseitigen, immer weniger offen und mit unmittelbarer Gewalt geführt werden, vielmehr in steigendem Maße mit den schleichenden Mitteln innerer Zersetzung. Offen und mit Gewalt durchgesetzt werden die verfassungsfeindlichen Ziele erst, nachdem die politische Macht bereits 68 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 errungen ist (BVerfGE 2, 1 [20]). Diese Parteiziele werden daher naturgemäß nicht immer klar und eindeutig verkündet. cc) Demzufolge ist die Achtung vor dem im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten nach den Zielen der DKP nicht für jedermann gewährleistet. Wie die Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 7/4231 vom 29. Oktober 1975 bereits dargelegt hat, will die DKP die Freiheitsrechte in dem von ihr erstrebten sozialistischen System dann nicht gelten lassen, wenn von ihnen in einer Weise Gebrauch gemacht wird, die dem Ziel des "Sozialismus" oder dem Weg dahin zuwiderläuft. In diesem Falle ergäben sich Freiheitsbeschränkungen "aus der Notwendigkeit, die neue Ordnung, die neuen gesellschaftlichen und persönlichen Freiheiten, die sozialistischen Grundrechte gegen die Aggressivität des Imperialismus, gegen seine geistige und politische Konterrevolution zu schützen. Eine 'Freiheit' für die Verbreitung reaktionärer kapitalistischer Organisationen, Zeitungen, Institutionen usw. im Sozialismus, die unkontrollierte Öffnung der Grenzen ... würde nicht nur bedeuten zuzulassen, daß die Grundlagen des Sozialismus untergraben werden, es würde schließlich auch bedeuten, die feindlichen Klassengegensätze, die der Sozialismus überwunden hat, immer wieder auf die neue Gesellschaft zu übertragen ...". Diese Ideen liegen auch dem Mannheimer Programm von 1978 zugrunde, wie die Äußerungen zeigen, es müßten "alle Versuche der entmachteten Ausbeuter, die mit der Verfassung und den Gesetzen des sozialistischen Staates unvereinbare kapitalistische Ausbeuteordnung wiederherzustellen, auf der Grundlage dieser sozialistischen Gesetzlichkeit unterbunden werden. Es erwüchsen reale Möglichkeiten, durch die Einengung des Handlungsspielraums der Reaktion konterrevolutionäre Gewaltanwendung zu verhindern und den Übergang zur sozialistischen Umgestaltung kontinuierlich und unter weitestgehender Berücksichtigung der Interessen und Vorstellungen aller beteiligten Gesellschaften und politischen Kräfte zu gestalten". Ebenso spricht die Erklärung im Mannheimer Programm, daß der Sozialismus "dem Volk alle Freiheit" gibt, jedoch keinen Raum "für diejenigen, die die Errungenschaften des Volkes und seine verfassungsmäßige Ordnung beseitigen wollen", eine deutliche Sprache: Demjenigen, der nicht für den Sozialismus ist, wird keine Möglichkeit des Ausdrucks und der Entfaltung seines Willens geboten; ihm - der Opposition - wird "kein Raum" gelassen. dd) Auch soll die Staatsgewalt nicht mehr vom ganzen Volk ausgehen, sondern nur noch von einem Teil. Nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes geht die Staatsgewalt vom Volke aus (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG). Dieses ist der eigentliche Träger der Staatsgewalt. Die DKP fordert, wie die Bundesregierung überzeugend dargelegt hat, nach grundlegender Änderung politischer Machtverhältnisse, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland gegeben seien, müsse die "arbeitende Bevölkerung als absolute Mehrheit des Volkes ihren Einfluß in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens" ausüben. Mit der arbeitenden Bevölkerung ist aber nicht die Gesamtheit des Volkes, sondern ist - abgesehen von anderen "Werktätigen" - die Arbeiterklasse gemeint, deren Organisation - unabhängig von irgendwelchen Mehrheitsverhältnissen, die bei Wahlen oder Abstimmungen festgestellt werden könnten - nach marxistisch-leninistischer Lehre die Kommunistische Partei ist. 69 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Auch insofern ergibt sich aus dem Mannheimer Programm keine Änderung der Zielrichtung. Dort ist ausgeführt, der Sozialismus, diese grundlegend neue Gesellschaftsordnung, die auf der revolutionären Überwindung der kapitalistischen Machtund Besitzverhältnisse aufbaue, könne nur das Ergebnis des Wollens und Handelns der Arbeiterklasse, der Volksmassen sein. Weiter heißt es: "Das unverrückbare Ziel der DKP ist der Sozialismus." Auch in einem Teil des einstigen Machtbereichs des deutschen Imperialismus - in der Deutschen Demokratischen Republik - hat der Sozialismus gesiegt." Die Gefahr einer Mißachtung der Volkssouveränität wird besonders deutlich, wenn man sich an den Verhältnissen in der DDR orientiert. Dort ist unabhängig von Mehrheitsverhältnissen - freie und geheime Wahlen gibt es nicht - die Führungsrolle der SED durch Art. 1 Abs. 1 der Verfassung auf Dauer festgelegt. Die zu erwartende Mißachtung der Volkssouveränität durch die DKP im Falle der Durchsetzung ihres Machtstrebens ist - unabhängig von Erklärungen programmatischer oder verfassungsrechtlicher Art - mit dem Hinweis auf die DDR als Vorbild für jedermann offensichtlich. Der immense personelle und materielle Aufwand für eine örtlich und zeitlich lückenlose Absperrung der Grenze zur Bundesrepublik unter Inkaufnahme der Tötung oder schweren Verletzung eigener Bürger, deren einzige "Verfehlung" es ist, diese Grenze überschreiten zu wollen, läßt sich nur damit erklären, daß der "reale Sozialismus" dem Willen eines erheblichen Teils der dortigen Bevölkerung nicht entspricht. Anderenfalls bedürfte es derart rigoroser und in ihrer Intensität in der Welt einmaliger Absperrmaßnahmen nicht. Sie würden überflüssig, wenn man der Bevölkerung der DDR durch freie und geheime Wahlen Gelegenheit gäbe, den Staat nach ihren Wünschen zu gestalten. Der wesentliche Anlaß massenhaft das Land zu verlassen, würde dann entfallen. Aber eine derartige Änderung der Verhältnisse bezeichnet die DKP als "Konterrevolution", die mit allen Mitteln verhindert werden müsse. Der Beamte hat zwar erklärt, daß er die Staatsform der DDR nicht für die Bundesrepublik übernehmen möchte. Dies ist aber ohne realen Hintergrund, denn wie auch der Beamte weiß, ist das "unverrückbare" Ziel der DKP der Sozialismus, wie er - nach zwangsweiser Einführung - in der DDR bereits "gesiegt" hat. Wer sich auf diesen Sieg als sein Ziel bezieht, kann sich nicht mit dem Anspruch auf Glaubwürdigkeit darauf berufen, daß er - wie dies der Beamte vor dem Senat erklärt hat - der Meinung sei, die parlamentarischen Grundlagen des Grundgesetzes und das Mehrparteiensystem mit der Möglichkeit, wieder eine andere Regierung zu wählen, sollten auch unter der Herrschaft der DKP erhalten bleiben. Ihm gehe es darum, eine Kontrolle der Wirtschaft zu erreichen. Gewaltanwendung lehne er ab. ee) Ferner wird das Gewaltenteilungsprinzip verworfen. Im Programm heißt es: "In einer sozialistischen Bundesrepublik werden die gewählten Volksvertretungen die höchsten staatlichen Machtorgane sein." Diese Äußerung im Zusammenhang mit dem Bekenntnis zu den Verhältnissen in der DDR bestätigt die Auffassung der Bundesregierung, daß die DKP die Gewaltenteilung ablehnt (vgl. Art. 47 und 48 Abs. 2 letzter Satz der Verfassung der DDR). ff) Auch bezüglich Mehrparteiensystem, Chancengleichheit für alle politischen Parteien, Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition ist die Unvereinbarkeit der Ziele der DKP mit den tragenden 70 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Prinzipien des Grundgesetzes aus dem Bekenntnis zu den Verhältnissen in der DDR abzuleiten. Diese Folgerung wird nicht entkräftet durch die Ausführungen im Programm, auch im Sozialismus gebe es unterschiedliche soziale Klassen und Schichten, ebenso wie unterschiedliche weltanschauliche und religiöse Strömungen; die DKP wirke dafür, daß alle diese Kräfte am Aufbau des Sozialismus teilnähmen; sie strebe ein Bündnis der verschiedenen Parteien an, um den Übergang zum Sozialismus und seinen Aufbau gemeinsam mit ihnen zu vollziehen. Hier wird die typische Bündnispolitik der Kommunisten angesprochen. Dies bedeutet aber nicht, daß es nach Einführung des Sozialismus eine wirksame Opposition würde geben können. Eine solche Opposition würde vielmehr als "konterrevolutionär" bis zum Äußersten bekämpft und unterdrückt, ihr würde - wie oben schon ausgeführt - "kein Raum gelassen" werden. Diese grundlegende Einstellung seiner Partei zu einer Opposition nach einem Sieg des Sozialismus kennt auch der Beamte. Da er sich gleichwohl seit Jahren für die Partei aktiv einsetzt, ist seine Einlassung unglaubwürdig, die parlamentarischen Grundlagen des Grundgesetzes und das Mehrparteiensystem mit der Möglichkeit, wieder eine andere - etwa eine bürgerliche - Regierung zu wählen, sollten seiner Meinung nach auch unter der Herrschaft der DKP erhalten bleiben. gg) Auch hinsichtlich der Frage der Unabhängigkeit der Gerichte liegt der Vergleich mit der DDR nahe. Mit Recht folgert die Bundesregierung aus der Tatsache, daß die DKP die Gewaltenteilung ablehnt, eine Absage an unabhängige Gerichte. Weiter ist in diesem Zusammenhang folgende Äußerung in dem Programm bemerkenswert: "Diese Regierung würde - unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Geschichte und gestützt auf die demokratische Legitimation durch das Volk - die Armee, die Polizei, die Justiz und den Verwaltungsapparat sowie die Massenmedien vom Einfluß neonazistischer und militaristischer Kräfte befreien und den Mißbrauch der staatlichen Machtorgane gegen das Volk und die verfassungsmäßige Regierung unterbinden." Es wird danach das Vorhandensein von neonazistischen und/oder militaristischen Kräften auch in der Justiz unterstellt. Wer das sein soll, ist ohne weiteres nicht ersichtlich. Gemeint ist aber offenbar, daß jeder, der der Partei nicht genehm ist und mit derartigen als Schimpfwort gemeinten Begriffen charakterisiert wird, als mißliebiger Richter aus dem Amt entfernt werden kann. Mit der vom Grundgesetz geforderten Unabhängigkeit der Gerichte ist das jedoch unvereinbar. ................. ................. 6. Es besteht kein Anlaß, in dem vorliegenden Verfahren darüber zu entscheiden, ob Erwerb und Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in der DKP für sich betrachtet ein Dienstvergehen wäre, was das Bundesdisziplinargericht verneint hat, während der Bundesdisziplinaranwalt diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund stellt. Zwar muß der Prozeßstoff, wie er durch die Anschuldigungsschrift begrenzt ist, vom Gericht voll ausgeschöpft werden (BDHE 7,149 [150]). Dies geschieht aber, wenn die Mitgliedschaft des Beamten in der DKP und seine Aktivitäten für diese Partei im Zusammenhang gewürdigt werden, wie es nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geboten ist. Die Frage, wie die Mitgliedschaft allein zu 71 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 beurteilen wäre, ist eine abstrakte Rechtsfrage, die hier nicht entscheidungserheblich ist, weil der Sachverhalt darüber hinausgeht und das Disziplinarverfahren nicht den Zweck hat, abstrakte Rechtsbelehrungen zu erteilen. Zudem ließe sich angesichts der erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 die Frage, wie die Mitgliedschaft in einer solchen Partei in disziplinarrechtlicher Hinsicht zu werten ist, nicht allgemein beantworten; sie ist nur ein Beurteilungselement. Es müßte z. B. zusätzlich berücksichtigt werden, unter welchen Umständen der betreffende Beamte die Mitgliedschaft erwarb, welche Kenntnisse er von den Zielen der Partei damals hatte und welche Kenntnisse er später - ggf. auch noch in einem gegen ihn durchgeführten Verfahren - davon erlangte, inwieweit er Versammlungen besuchte oder sonst am Parteileben teilnahm, ob und mit welchem Ergebnis er aufgefordert wurde, sich für die Ziele der Partei einzusetzen, ob und warum er die Mitgliedschaft aufrechterhielt oder sie irgendwann später aufgab und dergleichen mehr. Nur so könnte man dem Einzelfall gerecht werden. Dies allein entspricht der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, nach der beispielsweise bei der Beurteilung der Persönlichkeit eines Bewerbers auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, von Bedeutung sein kann (BVerfGE 39, 334 [359]). Deshalb ist es einerseits ausgeschlossen zu sagen, eine solche Mitgliedschaft könne nie mal s indem gegebenen Zusammenhang von Bedeutung sein; ebensowenig wäre es einem Verwaltungsoder Disziplinargericht möglich zu sagen, einer solchen Mitgliedschaft komme immer - entscheidende -Bedeutung zu. Die Verletzung der politischen Treuepflicht durch Unterstützung einer Organisation, die Ziele verfolgt, die mit den elementaren Wertentscheidungen des Grundgesetzes unvereinbar sind, setzt zudem eine Mitgliedschaft in dieser Organisation überhaupt nicht voraus. 9.9 Antwort der Bundesregierung Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode Drucksache 8/2481 22.1.79 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Dregger, Erhard (Bad Schwalbach), Spranger, Dr. Klein (Göttingen), Dr. Jentsch (Wiesbaden), Berger (Herne), Gerlach (Obernau), Regenspurger, Dr. Langguth, Dr. Laufs, Dr. Miltner, Volmer, Blechele, Broll, Krey und der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 8/2305 - Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst (Auszug) 72 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Der Bundesminister des Innern D 13 - 210 152/7 - hat mit Schreiben vom 22. Januar 1979 die Große Anfrage namens der Bundesregierung wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Die Bundesregierung bejaht uneingeschränkt das verfassungsrechtliche Gebot der Verfassungstreue von Beamten. Sie wird auch künftig an den dieses Verfassungsgebot konkretisierenden beamtenrechtlichen Regelungen festhalten, nach denen in ein Beamtenverhältnis nur berufen werden darf, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Den Inhalt dieser Verfassungstreuepflicht und die Gesichtspunkte, die bei der Prüfung der Verfassungstreue zu beachten sind, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem grundlegenden Beschluß vom 22. Mai 1975 dargelegt. Die Bundesregierung hat diesen Beschluß zum Bestandteil der von ihr am 19. Mai 1976 zustimmend zur Kenntnis genommenen "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue" gemacht. Die Entwicklung der letzten Jahre hat immer deutlicher werden lassen, wie Übermaß und Perfektionierung der Verfassungstreue-Prüfung das Vertrauen in die Freiheit unseres Staates untergraben und vor allem junge Bürger unserem Staat entfremden können. Dies sind Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, die der Staat, dem Schutz und Verteidigung dieser Ordnung aufgegeben sind, ebenfalls berücksichtigen muß. Die Bundesregierung unterstreicht deshalb die Feststellung des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976: "Wir werden alles tun, um die Entstehung eines allgemeinen Mißtrauens zu verhindern, welche die persönliche Ausübung von Grundrechten mit Gefahren für die persönliche berufliche Zukunft belasten könnte; denn dies führt zu Leisetreterei und zu Furcht. Wir wollen aber nicht Furcht, sondern wir wollen die persönliche Bereitschaft, die verfassungsmäßige Ordnung lebendig zu erhalten." Die Entschlossenheit, bei ihren Bestrebungen den vorgegebenen rechtlichen Rahmen einzuhalten, hat die Bundesregierung mit der am 8. November 1978 verabschiedeten Darstellung des verfassungsrechtlichen Rahmens für die Verfassungstreue-Prüfung im öffentlichen Dienst bekundet. 1. Erkennt die Bundesregierung den Verfassungsgrundsatz an, daß Beamte eine besondere über die allgemeinen Bürgerpflichten hinausgehende politische Treuepflicht gegenüber unserem Staat und seiner Verfassung zu erfüllen haben dergestalt, daß sie die Gewähr bieten müssen, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten? Ja. Zum Erfordernis der Verfassungstreue hat die Bundesregierung in ihrer Darstellung vom 8. November 1978 festgestellt: "Nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Bestimmungen (vgl. SS 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Dabei ist nach der Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975 (E 39, 334) für den Eintritt in jedes Beamtenverhältnis die Gewähr der Verfassungstreue eine von der Verfassung geforderte und durch das einfache 73 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Gesetz lediglich konkretisierte Eignungsvoraussetzung. Auf der Grundlage des derzeit bestehenden einheitlichen Beamtenstatus kann auf das Erfordernis der Verfassungstreue schon bei der Einstellung auch im Wege einer Gesetzesänderung nicht verzichtet werden. Die demnach gebotene Verfassungstreue-Prüfung erfordert ein Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers, das zugleich eine Prognose enthält' (Leitsatz 5 der BVerfGE vom 22. Mai 1975). Dabei ist nur auf das tatsächliche Verhalten abzustellen; bloße Mutmaßungen ohne tatsächliche Anhaltspunkte können nicht maßgeblich sein." 2. Erkennt die Bundesregierung an, daß diese Treuepflicht von den Angehörigen des öffentlichen Dienstes insbesondere fordert, sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die unseren demokratischen Rechtsstaat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren? 3. Sind der Bundesregierung derartige Gruppen und Bestrebungen im Bundesgebiet bekannt, und welche sind diese im wesentlichen? Gehören dazu a) die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), b) die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)? 4. Erkennt die Bundesregierung an, daß "eindeutige Distanzierung" und gleichzeitige Mitgliedschaft oder Mitarbeit in diesen Gruppen sich normalerweise gegenseitig ausschließen, oder ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Treuepflicht nur für das dienstliche, nicht aber für das außerdienstliche Verhalten gelte? 5. Wie wird bei der Einstellung von Bewerbern in den Bundesdienst in den Geschäftsbereichen der einzelnen Bundesminister in Fällen einer Mitgliedschaft bei einer Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung diese "Distanzierung" festgestellt? Wie wird ihre Glaubwürdigkeit ermittelt und die notwendige Prognose für die Zukunft erstellt? Die Fragen 2 bis 5 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt zusammen beantwortet: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 festgestellt: "Die politische Treuepflicht - Staatsund Verfassungstreue - fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren." Auf diesen Beschluß hat die Bundesregierung unter Ziffer I der "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue" Bezug genommen. Bestrebungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung und sie tragende Gruppen sind in dem vom Bundesminister des Innern vorgelegten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977 dargestellt, auf den Bezug genommen wird. Der Bericht unterscheidet zwischen Kernorganisationen, deren 74 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Nebenorganisationen und den von ihnen beeinflußten Organisationen. Als extremistisch werden dabei ausschließlich solche Organisationen bewertet, deren politische Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als den Kernbestand unserer Verfassung gerichtet sind. Dazu gehört, wie aus dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977 ersichtlich, auch die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), ebenso die sog. K-Gruppen wie z. B. KBW, KPD und KPD/ML. Die Bundesregierung hat in ihrer Darstellung vom 6. November 1978 ausgeführt: "Mit dem Beschluß des BVerfG vom 22. Mai 1975 wäre eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Bewerber um Aufnahme in den öffentlichen Dienst jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht vereinbar. Die Mitgliedschaft in einer solchen Partei kann für das prognostische Urteil über die Bewerbungspersönlichkeit relevant sein, sie muß es aber nicht. Die Beurteilung kann nur den Einzelfall im Auge haben und muß sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründen. Eines dieser Einzelelemente kann auch die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung oder Partei sein, ohne daß diesem Element Vorrang vor anderen Einzelumständen zukommt. Dieser Auffassung des Bundesverfassungsgerichts würde es aber ebenso zuwiderlaufen, wollte man die Relevanz bestimmter Einzelelemente, wie z. B. die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei und sogar bestimmter Aktivitäten im Rahmen dieser Mitgliedschaft, für die Gesamtbeurteilung ausschließen. Es ist auch nicht in jedem Einzelfall erforderlich, daß über die bloße Mitgliedschaft oder über bestimmte Aktivitäten im Rahmen einer verfassungsfeindlichen Partei hinaus für die Ablehnung eines Bewerbers außerhalb dieser Partei stattfindende verfassungsfeindliche Aktivitäten festgestellt werden müßten. Dies kann, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, auch aus dem Parteienprivileg des Artikels 21 GG nicht abgeleitet werden; für Vereinigungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung gilt Artikel 21 GG ohnehin nicht. Nach der Entscheidung des BVerfG muß in jedem Falle eine auf diesen Einzelfall bezogene Beurteilung stattfinden. Von der Aufstellung förmlicher Beurteilungskriterien ist daher abzusehen." Dies gilt auch für die Feststellung, ob ein Bewerber sich eindeutig von extremistischen Gruppen und Bestrebungen distanziert. Mit der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Einzelfallprüfung unter Bewertung der jeweils von Fall zu Fall wechselnden Vielzahl von Elementen wäre es ferner unvereinbar, für die Gewinnung des Urteils über die Persönlichkeit eines Bewerbers, der Mitglied einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung ist, generelle Regelungen für die Feststellung zu treffen, ob dieses Mitglied sich im Sinne der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts distanziert. Es lassen sich deshalb auch keine allgemeinen Kriterien nennen, nach denen die Einstellungsbehörden im Rahmen der ihnen obliegenden Prüfung des Einzelfalles die erforderliche Distanzierung feststellen. Zu der Frage, ob für die Beurteilung der 75 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Verfassungstreue allein auf das dienstliche Verhalten abgestellt werden kann, hat die Bundesregierung in der Darstellung vom 8. November 1978 festgestellt: "Die beamtenrechtlichen Vorschriften fordern, daß der Beamte 'jederzeit' (vgl. SS 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) und 'durch sein gesamtes Verhalten' (vgl. SS 52 Abs. 2 BBG) für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. Das schließt dienstliches und außerdienstliches Verhalten ein. Es handelt sich bei diesen Erfordernissen um eine Konkretisierung verfassungsrechtlicher Anforderungen, die einer Änderung durch einfaches Gesetz nicht zugänglich sind (Leitsätze 2 und 4 der Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975)." 6. Welche Pflichten haben Mitglieder von Parteien, die sich auf totalitäre Ideologien gründen? Welche Maßnahmen ergreifen solche Parteien, um diese Pflichten durch die Mitglieder zu gewährleisten? Wie verträgt sich die Erfüllung von Mitgliedspflichten in totalitären Parteien mit besonderen Treuepflichten zu unserem freiheitlichen Rechtsstaat? Die Bundesregierung nimmt zunächst Bezug auf die Beantwortung der Frage 30 in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 8. November 1978 (Plenarprotokoll 8/113 S. 8866). Der Vertreter der Bundesregierung führte damals u. a. aus, daß die in den Verfassungsschutzberichten genannten linksextremistischen Parteien - DKP, KPD, KPD/ML und KBW - nach ihren Statuten bzw. Satzungen von ihren Mitgliedern folgendes fordern: das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus, die aktive Mitarbeit in einer Parteiorganisation, Gehorsam gegenüber der Partei, die aktive Durchsetzung der Politik der Partei in allen Bereichen des Lebens jedes Parteimitgliedes, die Wahrhaftigkeit gegenüber der Partei, und daß nach der Satzung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) Mitglied dieser Partei nur werden kann, wer sich zu diesen Zielen bekennt. Unterschiedliche Maßstäbe legen diese Parteien jedoch hinsichtlich der Erfüllung dieser Pflichten an. Auch die Kontrollmöglichkeiten und Sanktionen sind verschieden. Bei KBW, KPD und KPD/ML hat das einzelne Parteimitglied einen nur geringen persönlichen Freiraum, außerdem gibt die organisatorische Aufteilung dieser Parteien in kleine Zellen der Parteileitung gute Kontrollmöglichkeiten über das Verhalten des einzelnen Mitgliedes. Bei Vernachlässigung der Mitgliedspflichten bzw. bei Verstößen gegen diese Pflichten wird das Mitglied gerügt, zur Selbstkritik genötigt oder aus der Partei ausgeschlossen. Bei der rund 42 000 Mitglieder zählenden DKP sind die Möglichkeiten für eine Kontrolle der Einhaltung der Mitgliedspflichten geringer. Während Mitglieder, die gegen die politische Linie der DKP gerichteten Aktivitäten entfalten, grundsätzlich ausgeschlossen werden, wird wegen zu geringer Aktivität i. S. des Statuts in der Regel kein Parteiordnungsverfahren durchgeführt. Die NPD war auf Grund ihres organisatorischen Zustandes in den letzten Jahren kaum in der Lage, ihrer Satzung Geltung zu verschaffen. Auch vor diesem Hintergrund kommt der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts besondere Bedeutung zu, daß nur eine Einzelfallprüfung Aufschluß darüber geben kann, ob ein Bewerber die Gewähr der Verfassungstreue bietet. 76 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 7. Trifft es zu, daß a) die "Berufsverbote"-Kampagne mit ihrer Agitationsvokabel von der "Gesinnungsschnüffelei" durch die DKP, ihre Nebenorganisationen, die von ihr beeinflußten Organisationen sowie die sie lenkenden oder unterstützenden anderen kommunistischen Parteien in Gang gebracht und bis heute gesteuert, intensiviert und zu erheblichen Teilen finanziert wird, b) das Ziel der DKP, welches sie mit dieser Kampagne verbindet, vor allem auch darin besteht, als gleichberechtigte politische Kraft im "demokratischen Verfassungsbogen" akzeptiert zu werden und damit das berechtigte Verdikt verfassungsfeindlicher Zielsetzung abstreifen zu können? 8. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß es das Ziel der kommunistisch gesteuerten "Berufsverbote"-Kampagne ist, jedem Mitglied mindestens orthodox-kommunistischer Organisationen grundsätzlich freien Zugang zum öffentlichen Dienst zu erkämpfen? Hält es die Bundesregierung für richtig zu versuchen, dieser Kampagne durch Nachgiebigkeit den Boden zu entziehen, insbesondere dadurch, daß auf die Zuziehung von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bei der Prüfung der Gewähr der Verfassungstreue von Bewerbern verzichtet wird? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt beantwortet: Die Bestrebungen der Bundesregierung, die Verfassungstreue-Prüfung bei Bewerbern für den öffentlichen Dienst in einem stärker am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Verfahren durchzuführen, haben weder zum Ziel noch zur Folge daß Extremisten der Weg in den öffentlichen Dienst geöffnet wird. Sie erwachsen aus der Überzeugung, daß in unserem Staat durch eine ausufernde Anfrageund Prüfungspraxis ein gesellschaftliches Klima mit verursacht worden ist, das es vielen Bundesbürgern als riskant erscheinen läßt, politisches !Engagement - gleich welcher Richtung - offen zu zeigen, und in dem die Bereitschaft, unsere Demokratie durch aktives Engagement lebendig zu erhalten, vielfach gerade bei jungen Menschen der Angst gewichen ist, eines Tages hierdurch Nachteile zu erleiden. Dieser Entwicklung, die im Ergebnis die demokratische Substanz dieses Staates eher schwächt als stärkt, gilt es zu begegnen. Die Bundesregierung hat wiederholt darauf hingewiesen, daß Gruppen wie z. B. die DKP mit entgegengesetzter Zielsetzung durch sog. "BerufsverbotsKampagnen" gegen die seit dem Ministerpräsidentenbeschluß von 1972 bestehende Praxis der Verfassungstreue-Prüfung vorgehen. Diesen Kampagnen, die zu Unrecht auf die Nationalsozialistische Terminologie des "Berufsverbotes" zurückgreifen, geht es zum Teil nicht um eine Stärkung der Liberalität in unserem Lande, sondern um die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Extremisten und um die Diskreditierung nicht nur des Verfassungsschutzes, sondern auch des freiheitlichen Staates. Dies kann die Bundesregierung nicht davon abhalten, ihrer Sorge um das gefährdete Vertrauen in die Liberalität unseres Staates Ausdruck zu geben und für eine konsequente Durchsetzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Prüfung der Verfassungstreue einzutreten. Im übrigen kann auf die jährlich vom Bundesminister des Innern vorgelegten Verfassungsschutzberichte verwiesen werden, in denen über die Aktivitäten 77 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 orthodoxer Kommunisten gegen die "Berufsverbote" berichtet wird (vgl. Verfassungsschutzberichte 1975, S. 50, 66; 1976, S. 64, 83 f.; 1977, S. 67, 79). Hierbei ist durch die Darstellung der "Berufsverbotskampagne" unter dem Abschnitt "Bündnispolitik" zum Ausdruck gebracht worden, daß die Kampagne Teil dieser Politik ist, mit der die DKP das Ziel verfolgt, zu einer "Massenbasis und damit zu größerem politischen Einfluß zu gelangen (vgl. Verfassungsschutzberichte 1975, S. 62 ff.; 1976, S. 79 ff.; 1977, S. 77 ff.). Konkrete Einzelheiten über die Finanzierung der "Berufsverbotskampagne" sind nicht bekannt. Auch die Parteien der "Neuen Linken" wenden sich, wenn auch mit geringem Einsatz, in Publikationen und Aktionen gegen "Berufsverbote". Andere kommunistische Parteien i. S. der Frage 7a waren bisher wegen innerer Rivalitäten und organisatorischer Schwächen daran gehindert, eine größere zentralgesteuerte Kampagne zu organisieren, die an Umfang und Intensität der DKP-gesteuerten Kampagne entspricht. Die DKP betont im Interesse der Wirksamkeit ihrer "Bündnispolitik", deren Verwirklichung auch die "Berufsverbotskampagne" dient, und um ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung zu verschleiern, in ihrer Agitation zunehmend auf dem "Boden des Grundgesetz" zu wirken und sich zu seinen "demokratischen Prinzipien" zu bekennen. 9. Erkennt die Bundesregierung an, daß der Beschluß der Ministerpräsidenten der Bundesländer über "Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst" vom 28. Januar 1972 und die gemeinsame Erklärung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten vom gleichen Tage das geltende Recht richtig wiedergegeben haben, richtig wiedergegeben und richtige Folgerungen daraus ziehen, oder welche Punkte des Beschlusses oder der Erklärung hält die Bundesregierung heute - aus welchen Gründen - für a) rechtswidrig, b) politisch untunlich? Erkennt die Bundesregierung insbesondere die Erfahrungsfeststellung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten als richtig an, es werde die (gleichzeitige)"Mitgliedschaft von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Parteien oder Organisationen, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen - wie auch die sonstige Forderung solcher Parteien und Organisationen - ... in aller Regel zu einem Loyalitätskonflikt führen"? Die Aussage im Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972, eine Mitgliedschaft in Organisationen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, begründe Zweifel an der Gewähr der Verfassungstreue des Bewerbers und diese Zweifel rechtfertigten "in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages", ist durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 obsolet geworden. Mit der rechtlich gebotenen Bewertung der Gesamtheit der Einzelelemente, die für die Persönlichkeitsbeurteilung von Bedeutung sind, ist nicht zu vereinbaren, wenn aus der Vielzahl der denkbaren Beurteilungselemente eines, nämlich die Mitgliedschaft, besonders herausgehoben wird. Dies führt zu einer vorweggenommenen und deshalb unvertretbaren Gewichtung dieses Elements, mit der die Gefahr einer automatischen Ablehnung des Bewerbers ohne angemessene Würdigung auch der sonst relevanten Elemente heraufbeschworen wird. 78 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 10. Trifft es zu, daß die Bundesregierung, wie der damalige Bundeskanzler Brandt vor einiger Zeit erklärte, dem Beschluß nur deshalb zustimmte, weil sie davon ausging, daß andernfalls aus dem Bereich der CDU/CSU das Verbot der DKP angestrebt werden würde, und was hat den Bundeskanzler bewogen, einem solchen Verbotsverfahren unter allen Umständen entgegenzuwirken? Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972 bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 obsolet geworden ... 11. Trifft es zu, daß die Bundesregierung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berechtigt und verpflichtet ist, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Gruppen oder Parteien nach ihren Erkenntnissen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen? Welches sind die Voraussetzungen dafür, daß politische Bestrebungen oder Zielsetzungen von Parteien oder sonstigen Organisationen als verfassungsfeindlich bezeichnet werden müssen? Die Frage ist zu bejahen. Die Bundesregierung verfährt entsprechend. Zur Frage der Berechtigung bzw. Verpflichtung der Bundesregierung, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Gruppen oder Parteien ihren Erkenntnissen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, hat das Bundesverfassungsgericht u. a. folgendes aufgeführt: "Der Umstand, daß die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei bisher nicht ergangen ist, hindert nicht, daß die Überzeugung gewonnen und vertreten werden darf, diese Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele und sei deshalb politisch zu bekämpfen ... Deshalb ist es verfassungsrechtlich unbedenklich und von der politischen Verantwortung der Regierung gefordert, daß sie ihren jährlichen Bericht über die Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien dem Parlament und der Öffentlichkeit vorlegt. Soweit daraus für eine Partei faktische Nachteile (bei der Gewinnung von Mitgliedern oder Anhängern) entstehen, ist sie dagegen nicht durch Artikel 21 GG geschützt" (Entscheidung vom 22. Mai 1975 - BVerfG 39, 334, 360). Die Bundesregierung sieht es in Übereinstimmung mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als erforderlich an, im Rahmen ihrer politischen Aufklärungsarbeit auf Organisationen und Parteien aufmerksam zu machen, die nach ihrer Überzeugung verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Diese Voraussetzung ist bei einer Zielsetzung gegeben, die gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist. Zu diesen Prinzipien sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 2, 1, 13 und 5, 85,140) mindestens zu rechnen: * Die Achtung vor den Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung * die Volkssouveränität 79 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 * die Gewaltenteilung * die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung * die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung * die Unabhängigkeit der Gerichte * das Mehrparteiensystem * das Recht auf Opposition. Eine gegen diese Prinzipien gerichtete Zielsetzung reicht für den Begriff der Verfassungsfeindlichkeit aus, ohne daß zugleich ein aktiv kämpferisch, aggressives Verhalten vorliegen muß, wie es im KPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Voraussetzung für ein Parteiverbot gefordert wird. Dies folgt daraus, daß die Bewertung als "verfassungsfeindlich" sich in ihrer Wirkung auf die politische Aufklärungsarbeit der Regierung beschränkt und Rechtsfolgen mit ihr nicht verbunden sind. Die Befugnis der Regierung solche Bewertungen vorzunehmen, ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch das Willkürverbot in der Weise begrenzt, daß entsprechende Werturteile vertretbar und in der Form sachlich gehalten sein müssen, also nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen (BVerfGE 40, 287, 293). 12. Wie gedenkt die Bundesregierung das geltende Verfassungsund Beamtenrecht zu wahren? Hält sie bei Einstellung in den öffentlichen Dienst Feststellungen darüber für geboten, ob Bewerber gleichzeitig einer der Verfassungsordnung bekämpfenden Gruppe angehören, und auf welche Weise solche Feststellungen getroffen werden? 13. Hält es die Bundesregierung für rechtlich vertretbar, die Feststellung einzelner Einstellungsvoraussetzungen durch eine Vermutung zu ersetzen? Wenn ja, a) kann eine solche Vermutung bei allen Bewerbungen oder nur bei solchen für bestimmte Dienstposten oder Laufbahnen und gegebenenfalls nach welchen Kriterien gelegt werden; b) nach welchen Kriterien unterscheidet sie nachzuweisende und zu vermutende Einstellungsvoraussetzungen? 14. In welchen Fällen können nach Auffassung der Bundesregierung bei der Feststellung der Gewähr der Verfassungstreue Erkenntnisse, die vom Verfassungsschutz auf Grund seines gesetzlichen Auftrages gewonnen 80 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 wurden, Bestrebungen zu beobachten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, a) durch das Einfühlungsvermögen oder die zufälligen oder systematisch gesammelten Erkenntnisse der für Einstellungen zuständigen Beamten, b) durch gelegentliches oder systematisches Beobachten von zunächst einmal ohne Überprüfung eingestellten Probebeamten durch Vorgesetzte, Kollegen oder Schüler ersetzt werden? Auf welche Weise kann bei einem Verzicht auf die Anfrage beim Verfassungsschutz sichergestellt werden, daß an die Stelle einer Überprüfung der Verfassungstreue eines Bewerbers nicht eine bloße Mutmaßung darüber tritt? Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, "eine Behörde dürfe sich nicht künstlich dumm machen ... Sie darf keineswegs vorhandene Unterlagen bewußt nicht zur Kenntnis nehmen"? Wenn nein, welche Argumente hat sie zur Widerlegung dieser Auffassung? Die Fragen 12 bis 14 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet: Die von den Fragen berührten Themen sind im wesentlichen bereits in der Darstellung der Bundesregierung vom 8. November 1978 behandelt worden. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ist von der verfassungsrechtlichen Verpflichtung auszugehen, die Gewähr der Verfassungstreue in jedem Fall zu prüfen. Entsprechend der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 24. Oktober 1975, ... geht der freiheitlich-demokratische Staat von der Verfassungsloyalität seiner Bürger aus. Dies bedeutet allerdings keine Rechtsvermutung im Sinne einer Beweislastregelung. Zusammen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erlaubt es dieser Gesichtspunkt jedoch, Nebenwirkungen der Anfragen beim Verfassungsschutz, wie die Störung des Vertrauens in die Liberalität des Staates, mit dem durch sie erreichten Nutzen bei der Abwehr von Extremisten abzuwägen. Aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich keine Verpflichtung, in allen Fällen routinemäßig beim Verfassungsschutz anzufragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich expressiv verbis zum Thema der Anfrage beim Verfassungsschutz nur negativ, und zwar dahin geäußert, daß eine solche Anfrage bei der Übernahme in den Vorbereitungsdienst, die zu zusätzlichen Ermittlungen führen würde, schädlich ist. Eine positive Äußerung dahin, daß und in welchen Fällen eine Anfrage erfolgen muß, weist die Entscheidung nicht auf. Allerdings kann aus dem Beschluß gefolgert werden, daß das Gericht eine Anfrage beim Verfassungsschutz nur als eines von mehreren Mitteln zur Prüfung der Verfassungstreue ansieht: Es bezeichnet Vorbereitungsdienst und Probezeit als Möglichkeiten, "den Bewerber intensiv kennenzulernen, ihn zu beobachten und sich schließlich ein Urteil über seine Persönlichkeit zu bilden". In diesen Zeiträumen, die grundsätzlich jeder Bewerber vor der endgültigen Berufung in das Beamtenverhältnis zu durchlaufen hat, soll sich primär die Eignung eines Bewerbers, zu der auch die Verfassungstreue gehört, erweisen: "Hier, wo sich die Verwaltung unmittelbar ein zuverlässiges Bild über den Anwärter machen kann, muß der Schwerpunkt liegen für die Gewinnung des Urteils, ob der Bewerber die geforderte Gewähr bietet oder nicht' (BVerfGE 39, 334, 356). Dem 81 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht es, die Entscheidung, ob beim Verfassungsschutz angefragt wird, von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig zu machen. Die Bundesregierung lehnt die Auffassung ab, daß schon der Grundsatz der "Einheit der Staatsverwaltung" eine Pflicht zum routinemäßigen Datenaustausch zwischen Verfassungsschutz und Einstellungsbehörde beinhalte. Diese Auffassung widerspräche auch dem im Grundgesetz zum Ausdruck gelangten liberalen Staatsverständnis von den Grenzen der Wirksamkeit des Staates. Damit wäre nicht vereinbar, ohne weiteres die bei den verschiedenen staatlichen Stellen vorhandenen personenbezogenen Daten zu einem umfassenden Persönlichkeitsbild der Bürger zusammenzuführen. Nach dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz) muß auch für die Weitergabe personenbezogener Daten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Wenn mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf routinemäßige Anfragen beim Verfassungsschutz verzichtet wird, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Einstellungsbehörden, welche Feststellungen zu treffen sind und ob im Einzelfall eine Anfrage beim Verfassungsschutz erfolgt. Die Einstellungsbehörden haben dann anzufragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte, die insbesondere während Vorbereitungsdienst und Probezeit gewonnen werden können, darauf hindeuten, daß der Bewerber nicht die Voraussetzungen für den Eintritt in den öffentlichen Dienst erfüllt. Wenn von Routineanfragen abgesehen wird, so ist dies nach Auffassung der Bundesregierung auch geeignet, Mißtrauen gegenüber den Verfassungsschutzbehörden abzubauen. Die Bundesregierung weist gegenüber der irrigen Meinung, die Routinenachfrage habe gezielte Nachforschungen ausgelöst, darauf hin, daß es sich nur um die Abfrage des beim Verfassungsschutz bereits vorhandenen, gerichtsverwertbaren Wissens handelte. Dennoch hat die automatische Heranziehung des Verfassungsschutzes wesentlichen Anteil an den besonders bei der jungen Generation vorhandenen Vorbehalten gegenüber dem Verfassungsschutz. Die Bundesregierung hält es für unverzichtbar, daß die Bürger ihren Sicherheitsbehörden Vertrauen entgegenbringen. Ohne dieses grundsätzliche Vertrauen kann auch der Verfassungsschutz seine wichtige Aufgabe nicht erfüllen. Das Grundgesetz will diese Institution, um Freiheit und Toleranz dadurch zu ermöglichen, daß Bestrebungen, die gegen Freiheit und Toleranz gerichtet sind, beobachtet werden. 15 .... 9.10 Antwort der Bundesregierung Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode Drucksache 8/4493 01.10.80 Antwort der Bundesregierung 82 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Spranger, Dr. Dregger, Dr. Langguth, Broh, Dr. Miltner, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Krey und der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 8/4447 - Extremisten im öffentlichen Dienst Der Bundesminister des Innern - D 14 - M 601 530/4 - hat mit Schreiben vom 30. September 1980 namens der Bundesregierung die Kleine Anfrage wie folgt beantwortet: Die Zahl der Linksextremisten im Bundesdienst hat sich in dem erfragten Zeitraum wie folgt entwickelt: 1976:266,1977:288,1978:271,1979:267. Danach ist die Zahl der Linksextremisten im Bundesdienst gegenüber dem Jahr 1976 praktisch unverändert geblieben. Mit der am 1. April 1979 in Kraft getretenen Neufassung der Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue hat die Bundesregierung für ihren Zuständigkeitsbereich die routinemäßigen Anfragen beim Verfassungsschutz in jedem Fall einer Bewerbung um Einstellung in den öffentlichen Dienst abgeschafft. Sie ist damit einem Gebot des Rechtsstaatsprinzips gefolgt und hat auch für die Weitergabe personenbezogener Daten des Verfassungsschutzes an die Einstellungsbehörden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verwirklicht. Diesem Grundsatz entspricht es, die Entscheidung, ob beim Verfassungsschutz angefragt wird, von den Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen. Das Absehen von der Regelanfrage stimmt überdies mit der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in seiner grundlegenden Entscheidung vom 22. Mai 1975 (BVerfGE 39, 334) überein, daß der Schwerpunkt für die Gewinnung des Urteils, ob der Bewerber die Gewähr der Verfassungstreue biete oder nicht, in den Vorbereitungsdienst und die Probezeit gelegt werden müsse. Es entbehrt jeder Grundlage, diese Maßnahme als schädlich für unseren Staat zu bezeichnen. Die Bundesregierung ist nach wie vor davon überzeugt, daß durch ein Absehen von der Regelanfrage beim Verfassungsschutz die Demokratie eher gestärkt als geschwächt wird. Von einer besorgniserregenden Zunahme von Extremisten im Bundesgebiet kann nach den Angaben in den Verfassungsschutzberichten auch gar keine Rede sein. Ebenso unbegründet ist die Behauptung, durch einen angeblichen Beschluß der Bundesregierung über die Behandlung von Disziplinarverfahren gegen aktive DKP-Mitglieder sei großer Schaden für den Staat entstanden (vgl. Antwort auf die Fragen 5 bis 9). Zu den einzelnen Fragen: 1. Welches sind die Gründe, die dazu geführt haben, daß die Zahl der Linksextremisten im öffentlichen Dienst von 1944 im Jahr 1976 auf mindestens 2454 im Jahr 1979 angestiegen ist, obwohl im gleichen Zeitraum nach dem Verfassungsschutzbericht 1979 der Bundesregierung die Zahl der Mitglieder in diesen Organisationen angeblich im gleichen Zeitraum zurückgegangen ist? 83 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Da die Zahl der im öffentlichen Dienst des Bundes beschäftigten Linksextremisten, wie im Vorwort aufgeführt, im Vergleichszeitraum unverändert geblieben ist, erledigt sich die Frage für die Bundesregierung. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, sich über die Gründe zu äußern, die für einen Anstieg im Länderbereich maßgeblich sind. 2. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, a) wie viele Mitglieder in etwa die im Verfassungsschutzbericht 1979 nicht erfaßten linksextremistischen Sekundärorganisationen haben und b) wie viele dieser Personen Angehörige des öffentlichen Dienstes sind, die den in Frage 1, aufgeführten Linksextremisten im öffentlichen Dienst zugerechnet werden müssen? Die Frage geht offenbar von einem Mißverständnis aus. Die Tatsache, daß Sekundärorganisationen (Arbeitskreise, Initiativen, Komitees, Basisund ad-hocGruppen usw.) in der Organisationsund Mitgliederstatistik des Verfassungsschutzberichts 1979 aus den dort genannten Gründen nicht aufgeführt worden sind, bedeutet nicht, daß diejenigen Personen, die sich in diesen Gruppen linksextremistisch betätigen, bei der Gesamtzahl der Linksextremisten im öffentlichen Dienst nicht miterfaßt wären. Das Gegenteil ist der Fall. Im übrigen ist eine verläßliche Aussage über die Zahl der "Mitglieder" dieser Gruppen den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder aus den im Verfassungsschutzbericht 1979 genannten Gründen nicht möglich. 3. Worauf sind die hohen Anteile der linksextremistischen Lehrer zurückzuführen (1979: 1044), und welches sind die Gründe für das anhaltende Anwachsen der Zahl der linksextremistischen Lehrer (1976: 701)? 4. Wie verteilen sich die Linksund Rechtsextremisten und hierbei gesondert die extremistischen Lehrer auf die einzelnen Bundesländer? Die Fragen lassen sich nur anhand von Verschlußsachenmaterial der Länder beantworten. Eine ausdrückliche Freigabe seitens der Länder wäre erforderlich. Im übrigen ist die Veröffentlichung derartiger Zahlen eine Entscheidung, die jedes Land nur für sich treffen kann. Als einziges Land hat 1979 Bayern in seinem Verfassungsschutzbericht die Zahlen linksund rechtsextremistischer Lehrer veröffentlicht. Danach waren 39 linksextreme und acht rechtsextreme Lehrer im Landesdienst Bayern tätig (Vergleichszahlen 1978: 41 linksextreme und sieben rechtsextreme Lehrer und 1977: 28 linksextreme Lehrer). 5? Weshalb hat die Bundesregierung am 20. Juni 1980 den Beschluß gefaßt, bis zur höchstrichterlichen Entscheidung über zwei anhängige Verfahren gegen aktive DKP-Beamte im Bundesdienst das Bundesdisziplinargericht in vergleichbaren Fällen nicht mehr anzurufen, obwohl nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Disziplinargerichte bereits die nominelle Zugehörigkeit zu einer verfassungsfeindlichen Partei ein objektives Dienstvergehen darstellt? Es gibt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1975 in Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur nominellen Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung. Zu dieser Frage liegen zwei unterschiedliche Urteile des Bundesdisziplinargerichts vor, die noch nicht rechtskräftig sind. In den anhängigen Berufungsverfahren ist eine Klärung grundsätzlicher Fragen durch das Bundesverwaltungsgericht zu erwarten. Mit Rücksicht hierauf sollen nach 84 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 übereinstimmender Auffassung des Bundesressorts vergleichbare Fälle vorerst nicht an das Bundesdisziplinargericht herangebracht werden. Ausgenommen hiervon ist ein Verfahren, in dem der Bundesdisziplinaranwalt beabsichtigt, die Anschuldigungsschrift wegen Verletzung der politischen Treuepflicht auf Grund von Aktivitäten für die NPD beim Bundesdisziplinargericht einzureichen mit dem Ziel, eine höchstrichterliche Entscheidung und Klärung auch in einem solchen Fall zu erreichen. 6. Hält die Bundesregierung den am 20. Juni 1980 gefaßten Beschluß für vereinbar mit dem gesetzlichen Auftrag, Disziplinarmaßnahmen von Amts wegen und so schnell wie möglich durchzuführen, und dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungsgebot, den Beamtenapparat von Verfassungsfeinden freizuhalten? Das in der Antwort zu Frage 5 erwähnte, zwischen den Bundesressorts abgestimmte Verfahren steht nicht im Widerspruch zu der Verpflichtung, den öffentlichen Dienst von Verfassungsfeinden freizuhalten. Es kann darin auch keine Mißachtung des Beschleunigungsgebots gesehen werden. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die zu erwartende höchstrichterliche Entscheidung Grundsätze enthalten wird, die für Disziplinarentscheidungen in vergleichbaren Fällen von wesentlicher Bedeutung sein werden. Sie hält es deshalb für erforderlich, wenn vorerst weitere Verfahren an das Bundesdisziplinargericht nicht herangetragen werden. Unberührt hiervon bleibt das Recht eines betroffenen Beamten, nach SS 66 der Bundesdisziplinarordnung das Bundesdisziplinargericht zur Entscheidung darüber anzurufen, ob eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens vorliegt. 7. Ist es zutreffend, daß die Bundesregierung über den am 20. Juni 1980 getroffenen Beschluß hinaus angeordnet hat, bis zur höchstrichterlichen Entscheidung in den Fällen gegen die beiden DKP-Beamten überhaupt keine Disziplinarverfahren gegen aktive DKP-Beamte im Bundesdienst mehr durchzuführen, und welche Gründe haben die Bundesregierung zu dieser Entschließung bewogen? Die Bundesregierung hat einen Beschluß im Sinne der Fragestellung nicht gefaßt. 8. Wann ist frühestens mit einer abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in beiden genannten Fällen gegen DKP-Beamte im Bundesdienst zu rechnen? Bei Berufungen gegen Urteile des Bundesdisziplinargerichts kann erfahrungsgemäß damit gerechnet werden, daß die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts etwa ein Jahr nach dem erstinstanzlichen Urteil vorliegt. Danach dürfte eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in den Disziplinarverfahren wegen Verletzung der politischen Treuepflicht Mitte des nächsten Jahren zu erwarten sein. 9. Gegen wie viele Beamte des Bundes sind disziplinarrechtliche Verfahren wegen des Verdachts der Verletzung der politischen Treuepflicht eingeleitet worden, und in wieviel Fällen kann wegen des "Stillhaltebeschlusses" der Bundesregierung das Bundesdisziplinargericht nicht angerufen werden? Wegen Verdachts einer Verletzung der politischen Treuepflicht wurden gegen Beamte des Bundes nach Auskunft des Bundesdisziplinaranwalts insgesamt 22 85 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1981 Disziplinarverfahren eingeleitet, davon elf nichtförmliche und elf förmliche Verfahren. Von den noch nicht bei den Disziplinargerichten anhängigen sieben förmlichen Disziplinarverfahren - auf die sich der zweite Teil der Frage nur beziehen kann - läuft in fünf Fällen die Untersuchung, während in zwei Verfahren z. Z. das Ergebnis der Untersuchung geprüft wird. Das in der Antwort zu den Fragen 5 und 6 erläuterte, zwischen den Ressorts abgestimmte Verfahren steht z. Z. in keinem dieser Fälle einer Anrufung des Bundesdisziplinargerichts entgegen. 86