Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Vorwort ................................................................................................ 4 1 Rechtsextremismus ......................................................................... 6 1.1 Entwicklungstendenz ....................................................................................6 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten (JN) ....................................................................................9 1.3 Unabhängige Arbeiterpartei (UAP)..............................................................12 1.4 National-Freiheitliche Rechte ......................................................................12 1.4.1 Deutsche Volksunion (DVU)/Aktion Deutsche Einheit - AKON e.V./Volksbewegung für Generalamnestie (VoGA)/Initiative für Ausländerbegrenzung (I.F.A.)...................................................................12 1.4.2 Wiking-Jugend (WJ) ........................................................................13 1.5 Neonazistische Gruppen .............................................................................13 1.5.1 Allgemeines .....................................................................................13 1.5.2 Deutscher Rechtsschutzkreis (DRsK) und Unabhängige Freundeskreise (UFK) ..............................................................................13 1.5.3 Deutsche Aktionsgruppen und Deutsche Bürgerinitiative (DM) .......13 1.5.4 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (VSBD) .....................14 1.5.5 NS-Auslandsorganisationen ............................................................14 1.5.6 Weitere Aktionen mit rechtsextremistischem Hintergrund ...............14 1.5.7 Verurteilungen von Anhängern neonazistischer Gruppen ...............15 2 Linksextremismus.......................................................................... 17 2.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................17 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).....................................................17 2.2.1 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen...................23 2.2.2 DKP-Bündnispolitik ..........................................................................25 2.3 "Neue Linke" ...............................................................................................26 2.3.1 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) ............................26 2.3.2 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) .....................................27 2.3.3 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Gruppe 99).................27 2.3.4 Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD).27 2.3.5 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, ........................28 2.3.6 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) ....................29 2.3.7 Kommunistischer Bund (KB)............................................................29 2.4 Trotzkisten...................................................................................................29 3 Verfassungsfeindliche Bestrebungen und öffentlicher Dienst ... 30 3.1 Besondere Treuepflicht im öffentlichen Dienst ............................................30 3.2 Neuregelung des Überprüfungsverfahrens und Mitwirkung des Verfassungsschutzes ........................................................................................30 3.3 Angehörige des öffentlichen Dienstes in extremistischen Organisationen ..31 4 Ausländerextremismus.................................................................. 32 4.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................32 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 4.2 Afghanen.....................................................................................................34 4.3 Iren..............................................................................................................34 4.4 Jugoslawen .................................................................................................34 4.5 Türken .........................................................................................................35 4.6 Kurden.........................................................................................................38 4.7 Libyer ..........................................................................................................39 4.8 Syrer ...........................................................................................................39 4.9 Iraner...........................................................................................................39 5 Terrorismus .................................................................................... 40 5.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................40 5.2 Rote Armee Fraktion (RAF).........................................................................40 5.3 Bewegung 2. Juni........................................................................................41 5.4 Revolutionäre Zellen (RZ) ...........................................................................41 5.5 Terroristische Handlungen sonstiger Gruppen............................................41 5.6 Terroristisches Umfeld ................................................................................42 5.7 Terroristische sowie sonstige politisch motivierte Gewalttaten....................43 ............................................................................................................ 45 6 Spionageabwehr............................................................................. 46 6.1 Schwerpunkt und Tendenzen......................................................................46 6.2 Werbungen und Werbungsversuche...........................................................46 6.3 Aufträge.......................................................................................................47 6.4 Führungsund Verbindungswesen des gegnerischen Nachrichtendienstes47 6.5 Verurteilte Agenten .....................................................................................48 7 Strafrechtspflege............................................................................ 49 7.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................49 7.2 Terrorismus .................................................................................................49 7.3 Demonstrationsstraftaten ............................................................................49 7.4 Rechtsextremistische Aktivitäten.................................................................50 7.5 Linksextremistische Aktivitäten ...................................................................50 8 Zusammenfassung......................................................................... 51 9 Anhang............................................................................................ 52 9.1 Übersicht über rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen im Zusammenhang mit diesem Bericht sowie deren Presseerzeugnisse............................................................................................52 9.2 Übersicht über linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen im Zusammenhang mit diesem Bericht sowie deren Presseerzeugnisse............................................................................................54 9.3 Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst.............................................................................................58 9.4 Leitsätze zum Beschluß des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mal 1975 - 2 BvL 13/73 - ........................62 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 9.5 Leitsätze zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31. März 1976 ..........63 9.6 Leitsätze zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5. März 1980 ............64 9.7 Antwort der Bundesregierung......................................................................65 9.8 Antwort der Bundesregierung......................................................................75 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Vorwort Der Verfassungsschutzbericht für das Berichtsjahr 1980, den die nach den Landtagswahlen vom 11. Mai des vergangenen Jahres gebildete neue Landesregierung vorlegt, zeigt in der zusammenfassenden politischen Beurteilung zwei Tendenzen auf, die hervorzuheben sind: * Im Rechtsextremismus verstärkt sich die Neigung zur Gewalt durch Einzeltäter. * Im Linksextremismus setzt die DKP mit ihrer Bündnispolitik konzentriert auf Themen von grundlegender Bedeutung für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Der Staat und die demokratische Öffentlichkeit müssen hierauf ebenso angemessen wie überzeugend antworten. Gegenüber jedweder Gewalt muß klipp und klar der Behauptungswille des freiheitlichen Rechtsstaates durch die Anwendung und Durchsetzung des Rechts eingesetzt werden. Das gilt insbesondere auch gegenüber allen Formen der Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen, Rechtssicherheit ist die unabdingbare Grundlage für freies Argumentieren und Diskutieren, dem fundamentalen Prinzip der politischen Willensbildung in unserem demokratischen Staat. Gegenüber einer beabsichtigten Schwächung unserer Sicherheit durch den Versuch, allgemeine und unbestrittene Ziele wie die Erhaltung des Friedens politisch einseitig auszunutzen, ist umfassende und gründliche Information das angezeigte Mittel. Der Verfassungsschutzbericht 1980 soll, wie sein Vorgänger, dazu beitragen, daß die Bürger unseres Landes, unter ihnen nicht zuletzt die Verantwortlichen in der öffentlichen Verwaltung, weiter und noch besser als bisher unterscheiden können zwischen denen, die als Demokraten um die geeigneteren politischen Mittel und Wege ringen, die in der Verfassung verankerten Ziele zu verwirklichen, und extremistischen sowie sicherheitsgefährdenden Bestrebungen, die Freiheit und Demokratie beseitigen wollen. 4 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Dr. Herbert Schnoor Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 1 Rechtsextremismus 1.1 Entwicklungstendenz In Nordrhein-Westfalen waren Ende des Jahres 1980 weiterhin rd. 30 Organisationen vertreten, in denen sich deutsche Rechtsextremisten maßgeblich betätigten. Deren Gesamtzahl beläuft sich nach neuester Einschätzung auf ca. 3.000. Die Organisationen verteilen sich im wesentlichen auf die Hauptgruppierungen "Alte Rechte" und "Neonazismus". Unter der Alten Rechten versteht man die Gesamtheit aller rechtsextremistischen Vereinigungen, die an traditionelle nationalistische bzw. rassistische sowie völkisch-kollektivistische Vorstellungen anknüpfen. Sie stellt den weitaus stärksten Komplex innerhalb des deutschen Rechtsextremismus dar. Zur Alten Rechten zählen die "Nationaldemokraten", die "national-freiheitlichen" Organisationen sowie Kultur-, Weltanschauungs-, völkische und sonstige Vereinigungen. Einige Gruppen, die Ziele und Politik des traditionellen Rechtsextremismus der Alten Rechten als zu sehr vergangenheitsbezogen kritisieren und selbst einen "progressiven Nationalismus" propagieren, womit sie eine Verbindung von nationalistischen und sozialistischen Komponenten anstreben, sind bedeutungslos geworden. Zu ihnen gehört in unserem Lande die Unabhängige Arbeiterpartei. Ziel des Neonazismus ist die Wiedererrichtung eines NS-Regimes. Alle neonazistischen Gruppen und Aktivisten streben daher einen rassistischen, nach dem Führerprinzip ausgerichteten, von einer Einheitspartei beherrschten Staat an. Sie bilden insgesamt eine verhältnismäßig kleine, aber dennoch sehr militante Hauptgruppe des rechtsextremistischen Lagers. Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) büßte 1980 wiederum, ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) erstmalig Mitglieder in beträchtlichem Umfang ein. Der anhaltende Verlust an politischer Wirkung und der beginnende Zerfall der NPD zeigen sich an ihrem Mißerfolg, zuletzt bei der Bundestagswahl 1980. Darin dürfte einer der Gründe liegen, weshalb in den Reihen der JN wie auch bei einzelnen NPD-Mitgliedern Tendenzen zum Neonazismus fortwirken. Es erscheint fraglich, ob es den Nationaldemokraten unter diesen Umständen gelingt, mit Hilfe der neugegründeten "Bürgerinitiative Ausländerstopp" wieder Anhänger und Bedeutung zu gewinnen. Demgegenüber hat der bei der sogenannten National-Freiheitlichen Rechten sich schon 1979 abzeichnende Aufwärtstrend angehalten. So konnten die ihr zugehörigen Vereinigungen - darunter die Deutsche Volksunion (DVU) die von dem Herausgeber der" Deutschen National-Zeitung", Dr. Gerhard FREY, geführt oder beeinflußt werden, ihre Mitgliederzahl bundesweit deutlich steigern und mittlerweile die NPD als die bisher größte rechtsextremistische Organisation überholen. Bei den übrigen Organisationen der Alten Rechten wie dem Bund Heimattreuer Jugend, dem Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes und der Gesellschaft für freie Publizistik haben sich im Mitgliederbestand hingegen keine wesentlichen Änderungen ergeben. Die Neonazisten sind in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1980 6 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 zahlenmäßig leicht angestiegen, während im übrigen Bundesgebiet ein deutlicherer Zuwachs festzustellen ist. Dem neonazistischen Anhängerkreis gehören überwiegend Personen an, die jünger als 30 Jahre alt sind, die also das NS-Regime nicht selbst erlebt haben. Der Neonazismus ist auch in unserem Land weiterhin durch Militanz gekennzeichnet; von ihm geht eine latente Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Alles in allem sind gegenüber früher rechtsextremistische Kundgebungen, Propaganda-Aktionen und Ausschreitungen zurückgegangen, wohl nicht zuletzt dank verstärkter Beobachtung und Strafverfolgung. Allerdings bestätigen die in diesem Bericht geschilderten Anschläge und Waffenfunde die - im Herbst 1977 beginnende - Tendenz, daß deutsche Rechtsextremisten bundesweit sich bewaffnen und zur Durchsetzung ihrer Ziele Gewaltakte begehen. Die darin liegende Gefährdung wird vermutlich andauern, weil der angesprochene Personenkreis sich verstärkt konspirativ verhält und um Zusammenarbeit mit militanten Extremisten im Ausland bemüht. 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 . Aus der Fülle rechtsextremistischer Publikationen sind als auflagenstärkste erwähnenswert die "Deutsche Stimme" (NPD-Sprachrohr, monatlich 100.000 Exemplare), das DVU-Organ "Deutscher Anzeiger" (DA, Wochenauflage 20.000) sowie aus selbständigen Verlagen die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ, 85.000 Exemplare wöchentlich), die "Deutsche Wochenzeitung" (DWZ, Wochenauflage 20.000) und "MUT" (10.000 Exemplare im Monat). Das Schrifttum im "nationaldemokratischen" Bereich hat sich wegen sinkender Resonanz und Mitgliederschwund verringert. In Teilbereichen der sonstigen Alten Rechten und des Neonazismus erscheinen infolge staatlicher Maßnahmen einige Publikationen nicht oder zur Zeit nicht mehr, wie z. B. das Wittener Jugendmagazin ,,die Wende" und die NS-Zeitschrift "Wille und Weg''. Hingegen erhöhten sich die Auflagen der "national-freiheitlichen" Publikationen; auch verstärkte sich die Einfuhr neonazistischer Schriften aus dem Ausland, und zwar aus den USA, aus Kanada 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 und Großbritannien. 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten (JN) Allgemeines Ideologische Basis der NPD und ihrer Nebenorganisationen ist nach wie vor ein nationalistischer Kollektivismus, der sich mit rassistischen Tendenzen und Vorstellungen von einem autoritären Staat verbindet. Die NPD hat sich bis heute nicht von den rassebiologischen, an nationalsozialistischem Gedankengut ausgerichteten staatsautoritären Thesen ihrer Gründungsjahre distanziert. Wegen anhaltender politischer Erfolglosigkeit hat die NPD auch 1980 zahlreiche Mitglieder verloren. Sie zählt jetzt rd. 7.000 Parteizugehörige, davon ca. 1.100 in Nordrhein-Westfalen. Besonders in Erscheinung trat sie im Berichtsjahr mit der 9 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 von ihr gesteuerten "Bürgerinitiative Ausländerstopp''. Auch die NPD-Jugendorganisation JN mit derzeit rd. 1.000 (in NordrheinWestfalen 300) Mitgliedern hatte 1980 einen Mitgliederrückgang zu verzeichnen. Dies beruht vor allem auf der Abwanderung zu neonazistischen Gruppen. Veranstaltungen zum "Reichsgründungstag" Zum Gedächtnis an die Gründung des Deutschen Reiches am 18. Januar 1871 veranstalteten NPD und JN am 18. Januar in Iserlohn und am 19. Januar in Hagen "Reichsgründungsfeiern". An der Iserlohner Veranstaltung nahmen ca. 300 Personen teil. In Hagen fanden sich etwa 50 NPD-Anhänger sowie rd. 200 Zuhörer ein. JN-Kongresse In Hagen fand am 19. Januar 1980 ein Landeskongreß der JN NordrheinWestfalen statt. Der bisherige Landesvorsitzende Heinrich GERLACH (Iserlohn) erklärte, die Arbeit des Landesvorstandes in den letzten zwei Jahren sei zunehmend schwieriger gewesen. Zum neuen Landesvorsitzenden wurde der 21jährige Max Arndt vom BROCKE (Hagen) gewählt. Nach seinen Worten ist es das Ziel der JN, die "Bonner Systemparteien" mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen. Die JN dürften sich auch durch Verbote nicht in die Enge treiben lassen. Am 25. und 26. Oktober 1980 hielten die JN in Jork (Niederelbe) ihren 9. ordentlichen Bundeskongreß ab. Zum neuen Bundesvorsitzenden wurde der 30jährige Rainer VOGEL gewählt, der stellvertretender Vorsitzender des NPDKreisverbandes Köln ist. 10 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 "Bürgerinitiative Ausländerstopp" Laut einem Beschluß ihres Grevenbroicher Parteitages (13. Oktober 1979) verfolgt die nordrhein-westfälische NPD das Ziel, zur "Förderung der Rückkehr ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien" eine Gesetzesinitiative durch ein Volksbegehren herbeizuführen. Sie gründete deshalb am 26. Januar 1980 in Bochum die "Bürgerinitiative Ausländerstopp". Deren Vertrauensmann wurde der 43jährige Professor Dipl.-Ing. Hagen PREHL (Schalksmühle), der auch Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Märkischer Kreis ist. Nach einer großangelegten Werbeund Unterschriftenaktion beantragte die - von der NPD weiterhin gesteuerte -"Bürgerinitiative Ausländerstopp'' am 12. September 1980 beim Innenminister NW die Listenauslegung für das beabsichtigte Volksbegehren; sie legte mehr als 5.000 Unterschriften und einen entsprechenden "Gesetzesentwurf" vor. Ihr Antrag ist von der Landesregierung nicht zugelassen worden. Hauptsächlicher Ablehnungsgrund waren verfassungsrechtliche Bedenken. Gegen den ablehnenden Bescheid des Innenministers vom 24. Oktober 1980 hat die Bürgerinitiative Ausländerstopp Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen eingelegt. NPD-Landesparteitag 1980 Am 1. Mai 1980 hielt die nordrhein-westfälische NPD in Wuppertal ihren Landesparteitag ab. Es nahmen rund 300 Personen teil, davon 59 Delegierte. Der Parteitag stand unter dem Motto "Ausländerstopp - Deutschland den Deutschen!". Biwaklager in Werdohl Nordrhein-westfälische NPDund JN-Angehörige hatten am 7. Juni 1980 in Werdohl ein Biwaklager aufgeschlagen. Sie waren mit Wehrmachttarnjacken, Stahlhelmen, Gasmasken, Luftgewehren, Gaspistolen und Fahrtenmessern ausgerüstet, sangen Kampflieder der NPD und schrien "Nieder mit der SPD!". Mit Luftgewehren schossen sie auf vorüberfahrende Boote, allerdings, ohne Insassen zu verletzen. Die Polizei löste das Lager auf, die Waffen wurden beschlagnahmt. Kundgebungen zum 17. Juni Zum Gedenken an den 17. Juni 1953 hatte die NPD wie alljährlich ein "Deutschlandtreffen" geplant. Nach mißglücktem Verlauf des Treffens am 17. Juni 1980 im nordhessischen Philippsthal versammelten sich NPDund JN-Angehörige noch am selben Tage zu einer Kundgebung in Warburg unter dem Motto "Kampf dem Verbrechen an Mauer und Zonengrenze". Viele der ca. 280 Teilnehmer fuhren anschließend zu einer weiteren Kundgebung nach Paderborn. Die Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen verliefen störungsfrei. NPD-Beteiligung an der Bundestagswahl 1980 Die NPD, die ihren Wahlkampf unter dem Leitsatz "Ausländerstopp - Deutschland den Deutschen" führte, beteiligte sich an der Wahl zum Deutschen Bundestag am 5. Oktober 1980 erstmalig nur mit Landeslisten. Auf sie entfielen im Bundesgebiet 67.798 Stimmen = 0,2 % (Bundestagswahl 1976: 122.661 Stimmen 0,3 %). In 11 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Nordrhein-Westfalen erreichte sie 14.369 Zweitstimmen = 0,1 %. Hier verlor sie gegenüber der Bundestagswahl 1976 8.989 Zweitstimmen. An der Landtagswahl am 11. Mai 1980 hat sich die nordrhein-westfälische NPD nicht beteiligt. NPD-Bundesparteitag 1980 Am 22. und 23. November 1980 fand in Augsburg der 14. ordentliche Bundesparteitag der NPD mit rund 500 Teilnehmern statt. Er befaßte sich im wesentlichen mit der Lage der Partei nach der Bundestagswahl und verlief ohne Höhepunkte. Die NPD beabsichtigt, den Schwerpunkt ihrer künftigen Arbeit auf das Thema "Ausländerstopp" zu legen. 1.3 Unabhängige Arbeiterpartei (UAP) Bei der UAP handelt es sich um eine 1962 in Essen gegründete "sozialistischnationale" Partei, die Aktionsschwerpunkte im Ruhrgebiet hat. Sie gibt regelmäßig die "Reichs-Arbeiter-Zeitung" heraus. In ihrem Schrifttum bezeichnet sie die Bundesregierung als antidemokratisch und den Bundestag als illegal. In der Öffentlichkeit kommt der UAP keine Bedeutung zu. Zur Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 bewarb sich die UAP in NordrheinWestfalen in 4 Wahlkreisen mit Direktkandidaten. Sie erhielt insgesamt 159 Erststimmen. 1.4 National-Freiheitliche Rechte 1.4.1 Deutsche Volksunion (DVU)/Aktion Deutsche Einheit - AKON e.V./Volksbewegung für Generalamnestie (VoGA)/Initiative für Ausländerbegrenzung (I.F.A.) Unter der Bezeichnung National-Freiheitliche Rechte werden u. a. die vorgenannten Gruppierungen erfaßt, die von dem rechtsextremistischen Münchner Publizisten und Herausgeber der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ), Dr. Gerhard FREY, mit dem Funktionärsgremium "Freiheitlicher Rat" geführt oder zumindest entscheidend beeinflußt werden. Sie haben sämtlich ihren Sitz in München. Ihnen gehören auch in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Mitglieder an. Unter den vier Organisationen kommt der DVU, die durch Großveranstaltungen u. a. mit dem ehemaligen Oberst RUDEL bekanntgeworden ist, die größte Bedeutung zu. Während AKON vornehmlich in ostpolitischen Fragen agiert, fordert die 1979 gegründete VoGA den "überfälligen Schlußstrich durch Generalamnestie für jedwedes behauptete oder tatsächliche Unrecht im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg". Als "gemeinsame große Aufgabe" bezeichnet das DVU-Organ, der antisemitische und das NS-System aufwertende "Deutsche Anzeiger", "die Nationalisierung unseres Volkes". Mit der Ende 1980 von ihm gegründete I.F.A., welche - ähnlich wie die NPD-gesteuerte "Bürgerinitiative Ausländerstopp" - auf eine Rückführung der im Bundesgebiet lebenden Ausländer hinwirkt, sucht Dr. FREY seinen Einfluß im rechtsextremistischen Lager auszudehnen. Inzwischen hat sich der Mitgliederbestand der genannten, eng miteinander verflochtenen vier 12 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Organisationen erheblich vergrößert. Insgesamt hat er nunmehr die Zahl der NDPMitglieder überflügelt. 1.4.2 Wiking-Jugend (WJ) Den National-Freiheitlichen ist auch die WJ zuzuordnen. Sie hat ihren Sitz in Stolberg und wird von dem 52jährigen Wolfgang NAHRATH geleitet. Zur Zeit gehören ihr etwa 400 Mitglieder im Bundesgebiet an. Die WJ bekennt sich zum Volkstumsund Reichsgedanken und propagiert einen Elitecharakter der "nordischen Rasse". 1980 hat sie Werbeaktionen durchgeführt sowie wiederum Zeltlager für Kinder und Jugendliche veranstaltet. 1.5 Neonazistische Gruppen 1.5.1 Allgemeines Die Anhänger (einschließlich Förderer) neonazistischer Gruppen sind bis Ende 1980 im Bundesgebiet auf nahezu 1800 angewachsen und bilden weiterhin einen "harten Kern" von schätzungsweise 300 Personen. In Nordrhein-Westfalen gab es zwar nur einen leichten Anstieg; jedoch bemühen sich die Neonazisten - nicht zuletzt wegen der verstärkten staatlichen Gegenmaßnahmen - hier wie bundesweit, ihre Aktionskreise umzugruppieren und neue militante Zellen aufzubauen. Dabei verhalten sie sich zunehmend konspirativ. Außerdem versuchen sie, einen Teil ihrer Tätigkeit ins Ausland zu verlagern und ausländische Gesinnungsfreunde zur Unterstützung heranzuziehen. Allgemein ist in den neonazistischen Führungskreisen verstärkter Fanatismus und steigende Militanz gegenüber dem demokratischen System zu beobachten. Aktionsgruppen und Einzelaktivisten schreckten nicht vor Gewalttaten zurück, um ihre Ziele durchzusetzen. Die neonazistische Agitation aus dem Ausland nahm im Berichtsjahr weiter zu und beeinflußt die Tätigkeit deutscher Neonazisten auch in Nordrhein-Westfalen erheblich. 1.5.2 Deutscher Rechtsschutzkreis (DRsK) und Unabhängige Freundeskreise (UFK) Der im März 1979 in Bochum gegründete DRsK versteht sich als "gemeinnützige Vereinigung zur Abwehr politischer Justiz" und gewährt Rechtshilfe und andere Unterstützung denen, die "durch aktive Mitarbeit im Sinne volksbewußter Politik strafrechtlich verfolgt werden". Sein Vorsitzender VOIGT ist Gründer und sog. Sprecher der neonazistischen UFK. Als Herausgeber der UFK-Monatsschrift "Unabhängige Nachrichten" hatte er zugleich für den DRsK geworben. 1.5.3 Deutsche Aktionsgruppen und Deutsche Bürgerinitiative (DM) Anfang August 1980 erhielten zahlreiche Polizeidienststellen auch unseres Landes von Deutschen Aktionsgruppen Briefsendungen mit Flugblättern rechtsextremistischen Inhalts. Darin wurden Polizei und Bundesgrenzschutz u. a. aufgefordert, sich nicht als "Erfüllungsgehilfen der Zionisten und Geldmacher" zu betätigen. In einem anderen Flugblatt, als ,Offener Brief" an den Bundeskanzler bezeichnet, wurde die "Abschiebung aller Nichtdeutschen aus unserem aus zahllosen Wunden blutenden Vaterland" verlangt. Bei Nichterfüllung ihrer Forderungen drohten die Absender Gewalt an. Die Briefsendungen waren 13 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 überwiegend in Bremen, z. T. in den Räumen Stuttgart und Düsseldorf aufgegeben worden. Die Deutschen Aktionsgruppen sind auch verantwortlich für eine Reihe von Bombenanschlägen in Städten außerhalb Nordrhein-Westfalens. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen die Bombenattentäter bzw. die Deutschen Aktionsgruppen gelang es im September 1980, eine Reihe von Verdächtigen festzunehmen. Unter ihnen befand sich der mit Haftbefehl gesuchte ehemalige Rechtsanwalt Manfred ROEDER. Er ist der Leiter der neonazistischen DBI (Sitz Schwarzenborn/Hessen), die auch in Nordrhein-Westfalen Anhänger besitzt. 1.5.4 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (VSBD) Die VSBD, 1971 in Krefeld von dem ehemaligen NPD-Funktionär Friedhelm BUSSE gegründet, hat ihren Sitz in München. Sie versteht sich als politische Partei, propagiert nationalsozialistisches Ideengut und feiert historische Ereignisse der ehemaligen NSDAP. In Nordrhein-Westfalen verfügt sie über etwa 10 Mitglieder. Nachdem neun von ihnen vom Amtsgericht Düsseldorf im April 1979 u. a. wegen Verwendens von NS-Emblemen zu Geldstrafen bzw. in einem Fall zu einer Haftstrafe verurteilt wurden, sind nennenswerte Aktivitäten der nordrheinwestfälischen VSBD nicht mehr zu verzeichnen. Am 24. Dezember 1980 erschoß der als Rechtsextremist und Anhänger der VSBD bekannte 23jährige Frank SCHUBERT (Frankfurt/Main) im Kanton Aargau/Schweiz einen Polizisten und einen Zollbeamten; zwei weitere Schweizer Beamte verletzte er schwer. SCHUBERT selbst wurde bei der Fahndung nach einem Schußwechsel mit der Polizei noch am selben Tag nahe LenggernBöttstein/Schweiz tot aufgefunden; höchstwahrscheinlich hat er sich mit seiner Pistole selbst erschossen, Sein Aufenthalt in der Schweiz dürfte illegalen Waffengeschäften gegolten haben. SCHUBERT hatte über die VSBD Kontakte zu einer 23jährigen Sekretärin aus Siegen. Sie ist aktives Mitglied der VSBD und gehört zugleich deren Jugendorganisation Junge Front an. 1.5.5 NS-Auslandsorganisationen Seit Herbst 1980 hat die neonazistische Agitation aus dem Ausland weiter zugenommen. Hierdurch werden die Aktivitäten der deutschen Neonazisten auch in Nordrhein-Westfalen erheblich unterstützt. Das gilt vor allem für die NSDAP-Aufbauund Auslandsorganisation (NSDAP-A0) des Gary Rex LAUCK in den USA. Sie schleust in Nordamerika hergestellte NSSchriften und -Propagandamaterialien in die Bundesrepublik Deutschland ein und läßt sie hier verbreiten. Gleichermaßen verfahren die Deutsche Befreiungsfront im White Power Movement des Deutsch-Amerikaners Georg DIETZ aus den USA und der Verlag SAMISDAT Publishers Ltd. des Deutsch-Kanadiers Ernst Christoph Friedrich ZÜNDEL aus Toronto/Kanada. Von seiten der NSDAP-AO finden in Nordrhein-Westfalen hauptsächlich Hakenkreuz-Aufkleber und die Monatsschrift "NS-Kampfruf" Verbreitung. 1.5.6 Weitere Aktionen mit rechtsextremistischem Hintergrund Münchener Bombenanschlag und Wehrsportgruppe HOFFMANN (WSG) 14 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Der Sprengstoffanschlag auf der Oktoberfestwiese in München am 26. September 1980 hat deutlich und zugleich auf tragische Weise auf die von solchen Gruppen ausgehende Gefahr rechtsextremistischer Terroraktionen aufmerksam gemacht. Bei dem Attentäter handelte es sich vermutlich um den 21jährigen Geologiestudenten Gundolf KÖHLER (Donaueschingen), der bei dem Anschlag tödlich verletzt wurde. KÖHLER gehörte früher einmal nachweislich der WSG an, der zwar eine unmittelbare Tatbeteiligung nicht nachgewiesen werden konnte, in deren geistig-politischer Vorstellungswelt zumindest aber eine Wurzel dieses Verbrechens zu suchen sein dürfte. Die WSG war streng nach dem "Führerprinzip" organisiert und vermittelte ihren Anhängern eine paramilitärische Ausbildung in Form von Geländeübungen und Nahkampftraining. Sie galt im gesamten Bundesgebiet als Vorbild für kleinere vergleichbare Gruppierungen. Im Januar 1980 ist sie durch den Bundesminister des Innern als eine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Vereinigung verboten und aufgelöst worden. Am 7. Oktober 1980 beschlagnahmte die Polizei bei einem Düsseldorfer eine Kiste mit etwa 1.500 Schuß Munition. Sie war von einem 26jährigen Kaufmann aus Düsseldorf nach dem Münchener Oktoberfest-Anschlag (26. September) bei ihm abgestellt worden. Der Besitzer hatte die Auslagerung angezeigt, weil sich der Kaufmann, der einen Handel mit ausgemusterten militärischen Ausrüstungsgegenständen und militärischen Fachbüchern betreibt, ihm gegenüber enger Kontakte zur verbotenen WSG gerühmt hatte. Bei der anschließenden Durchsuchung mehrerer Wohnungen im Raum Düsseldorf fand die Polizei weitere Munition unterschiedlichen Kalibers, Magazine für Schnellfeuerwaffen, Sprengmittel und militärische Fachliteratur. Bei dem Kaufmann sichergestellte Unterlagen weisen eindeutig auf Verbindungen zur WSG hin. Brandanschlag in Oerlinghausen Am 27. September 1980 wurde in Oerlinghausen der Dachstuhl eines Hauses mit Molotow-Cocktails in Brand gesetzt. Die Täter, zwei 25jährige NPD-Mitglieder aus den Kreisverbänden Bielefeld und Paderborn (inzwischen von ihrer Partei ausgeschlossen) und ein ehemaliges 26jähriges NPD-Mitglied aus Paderborn, konnten unmittelbar nach der Tat festgenommen werden. Sie hatten in dem Haus eine Wohngemeinschaft ,,Alternatives Leben" vermutet und wollten mit dem Anschlag "den Linken einen Denkzettel verpassen" Waffenfund im Kreis Steinfurt Am Abend des 25. Dezember 1980 feuerte ein kaufmännischer Angestellter, Mitglied der DVU, in angetrunkenem Zustand in seiner Wohnung in Lotte/Kr. Steinfurt mehrere Schüsse ab. Einige Geschosse durchschlugen Fensterund Türscheiben. Die herbeigerufene Polizei stellte in der Wohnung Schußwaffen, Munition und Waffenzubehör in größerem Umfang, Granaten verschiedener Art, ferner Uniformteile, Stahlhelm, Gasmasken u. ä. sowie umfangreiches Adressenmaterial sicher. 1.5.7 Verurteilungen von Anhängern neonazistischer Gruppen 15 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Daß unser Staat gegen neonazistische Bestrebungen entschieden vorgeht, zeigen die nachfolgend als Beispiele genannten Gerichtsentscheidungen. Durch sie bzw. durch eingeleitete Strafverfahren sind die Aktivitäten der betroffenen Gruppen unterbunden worden: Zu Haftstrafen zwischen 10 und 12 Monaten auf Bewährung verurteilte das Landgericht Dortmund am 6. Juni 1980 drei Mitglieder der Wehrsportgruppe Stahle-Albaxen u. a. wegen Verstoßes gegen das Waffenund das Sprengstoffgesetz, wegen Diebstahls und Volksverhetzung. Gegen fünf weitere Mitglieder wurden Geldbußen zwischen DM 1.500 und 2.500 verhängt. Das Jugendschöffengericht Krefeld verurteilte am 27. Juni 1980 den 24jährigen Anführer einer nach ihm benannten ehemaligen Kampfgruppe in Willich wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von DM 2.700. Drei weitere Gruppenmitglieder erhielten mit je DM 500 Geldbuße verbundene Verwarnungen. 16 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 2 Linksextremismus 2.1 Entwicklungstendenz Die linksextremen Bestrebungen in Nordrhein-Westfalen wurden 1980 vorwiegend von drei (1979: vier) kommunistischen Parteien bestimmt, deren Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind: * der Deutschen Kommunistischen Partei' (DKP) als der mit Abstand stärksten linksextremen Gruppierung, * dem Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) sowie * der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD) mit Hilfe der von ihr für die Teilnahme an der Bundestagswahl 1980 initiierten ,Volksfront". Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die 1979 in eine tiefgreifende politische Krise geraten war, hat sich im März 1980 aufgelöst. Der KBW hat sich gespalten und deshalb an personeller und organisatorischer Substanz erheblich eingebüßt. Lediglich der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD) und die "Volksfront" konnten ihre Positionen halten und örtlich sogar geringfügig ausbauen. Wegen der insgesamt eindeutig rückläufigen organisatorischen Entwicklung im linksextremen Bereich ist den genannten Gruppierungen und ihren Nebenorganisationen (Jugendund Studentenorganisationen) trotz des anhaltend hohen publizistischen Aufwandes ein stärkerer Einfluß auf die Bevölkerung des Landes versagt geblieben. Angehörige linksextremistischer Kreise, z. B. der DKP, der SDAJ und des MSB Spartakus, waren in Nordrhein-Westfalen auch an einigen "Hausbesetzungen" beteiligt, von denen es 1980 in unserem Lande ca. 40 gab. Ein entscheidender Einfluß dieser Kreise auf deren Planung oder Durchführung wurde bisher jedoch nicht offenbar. Die gleiche Feststellung gilt für die bei Hausbesetzungen vereinzelt angetroffenen Personen, die dem terroristischen Umfeld zuzuordnen sind, wobei jedoch deren negative Einwirkungsversuche auf die bei Hausbesetzungen häufig vorhandene emotionsgeladene Stimmung in Rechnung gestellt werden müssen. Im Laufe des Jahres 1980 wurden erstmals auch überregionale Versuche einer Einflußnahme dieser Kreise auf Hausbesetzungsaktionen erkennbar. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Die DKP hat sich auch 1980 ohne jede Einschränkung den politischen Lehren und Leitlinien der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) untergeordnet. Sie ist damit nach wie vor ein fester und zuverlässiger Bestandteil des an der KPdSU orientierten orthodoxen Kommunismus. Bei aller dogmatischen Starrheit blieb die DKP aber die bei weitem stärkste linksextremistische Kraft in unserem Lande. 17 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Hieran hat die SED unmittelbar wesentlichen Anteil. Mit ihrer beim Zentralkomitee unterhaltenen Abteilung für "Westarbeit" unterstützt sie die DKP kontinuierlich auf vielfältige Weise, um so auf die politische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland Einfluß zu nehmen. Spitzenfunktionäre der DKP haben ihrerseits in parteioffiziellen Publikationen die im Parteiprogramm formulierten Ziele (Sozialismus durch Errichtung der "Herrschaft der Arbeiterklasse" als "Etappe auf dem Weg zum Kommunismus") weiter verdeutlicht und erneut auf den unmittelbaren Zusammenhang der DKP mit der 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verbotenen damaligen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) hingewiesen. Organisation Die DKP besitzt einen straff gegliederten, funktionstüchtigen Parteiapparat. Die Parteizentrale (Sitz: Düsseldorf) mit fast 100 hauptberuflich tätigen Personen leitet 18 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 in Nordrhein-Westfalen die beiden Bezirksorganisationen Ruhr-Westfalen (Sitz: Essen) und Rheinland-Westfalen (Sitz: Düsseldorf) an, die insgesamt etwa 30 weitere hauptberufliche Mitarbeiter beschäftigen, Von den 44 diesen beiden Bezirken nachgeordneten Kreisorganisationen werden als sogenannte Grundeinheiten der Partei ca. 250 Wohngebietsund rd. 100 Betriebsbzw. Hochschulgruppen angeleitet. Finanzierung In dem im Herbst 1980 vorgelegten Rechenschaftsbericht für 1979 wies die DKP Gesamteinnahmen in Höhe von DM 14.854.084,06 aus. Eine auch nur annähernde Kostendeckung für den aufwendigen Parteiapparat sowie für die umfangreiche Publizistik und Agitation (u. a. "Volksund Pressefeste") ist mit diesen Einnahmen nicht möglich. Ohnedies gibt es Anhaltspunkte dafür, daß die DKP und ihre Nebenorganisationen nach wie vor von der DDR finanziell in weitgehend konspirativer Weise erheblich unterstützt wurden. Die von dort zugeflossenen Geldbeträge dürften auch 1980 die Summe von DM 50 Millionen erheblich überstiegen haben. Pressearbeit Die DKP besitzt ein umfangreiches Netz von Publikationsorganen. Wichtigstes Propagandainstrument ist das Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ). Diese Zeitung erscheint täglich in einer Auflage von ca. 25.000, die Wochenendausgabe in etwa 50.000 Exemplaren (1979: 30.000/60.000). Daneben werden regelmäßig als wichtigste überregionale Schriften der "DKPPressedienst', die "Marxistischen Blätter", die "Nachrichten" (für Gewerkschaftsfunktionäre), die "Landrevue" (für die Landbevölkerung), der "infodienst" (für DKP-Betriebs-, Wohngebietsund Hochschulzeitungen) und die deutschsprachige Ausgabe der internationalen Zeitschrift "Probleme des Friedens und des Sozialismus" herausgegeben. Eine besondere Rolle nehmen die Betriebs-, Kreisund Stadtteilzeitungen ein. Sie werden unter Anleitung der DKPFührungsgremien von den Grundeinheiten verbreitet. 1980 konnten in NordrheinWestfalen rund 180 Betriebsbzw. Hochschulzeitungen und 120 Kreisund Stadtteilzeitungen festgestellt werden, deren Auflagenhöhe durchschnittlich jeweils unter 10.000 Exemplaren lag. Die Schriften sind fast ausnahmslos in der 19 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 "Hausdruckerei" der DKP, "Plambeck & Co." in Neuss, hergestellt worden. Eine weitere besondere Bedeutung in der Pressearbeit der DKP nimmt die "Progreß-Presse-Agentur" (PPA) ein. Von ihren sechs örtlichen Agenturen im Bundesgebiet befinden sich zwei in Nordrhein-Westfalen, und zwar das Hauptbüro in Düsseldorf sowie eine Zweigstelle im Pressehaus in Bonn. Die Redakteure erhielten ihre Ausbildung hauptsächlich in der DDR. Die PPA versendet sechsmal in der Woche den "PPA-Tagesdienst". Er enthält Berichte über die DKP, ihre Nebenorganisationen und die von der DKP beeinflußten Vereinigungen. Betriebsgruppen In den Betrieben sieht die DKP "die besten Möglichkeiten, den Arbeitern die Unversöhnlichkeit ihrer Klasseninteressen mit denen der Bourgeoisie bewußt zu machen" (so der DKP-Parteivorstand). 20 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Träger der Parteiarbeit in den Betrieben sind die Betriebsgruppen, deren Aufgabe u. a. darin besteht, DKP-Mitglieder in den Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauenskörpern zu unterstützen und in "Betriebsund Gewerkschaftsversammlungen den Standpunkt der Arbeiterklasse überzeugend zu vertreten". Deshalb wurde den Betriebsratswahlen des Jahres 1981 schon im Berichtszeitraum große Aufmerksamkeit gewidmet, um das "Ziel der größeren Einflußnahme und Stärkung der Partei in der Arbeiterklasse zu erreichen". Unterstützt wird die Arbeit der Betriebsgruppen durch die Betriebszeitungen, deren Auflagen bei besonderen Anlässen (z. B. bei Protestdemonstrationen u. ä.) auf mehrere zehntausend Exemplare gesteigert werden. Der weiteren Intensivierung dienen überregionale "Arbeiterberatungen" sowie Betriebsarbeiterlehrgänge in den drei "Betriebsarbeiterschulen" Dortmund, Düsseldorf und Essen. Schulung Die DKP-Führung geht nach wie vor davon aus, daß sie ihre Ziele nur dann erreichen kann, wenn sie ihre Mitglieder planmäßig ideologisch-politisch unterweist. Hierfür stehen ihr zur Verfügung: o das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V." in Frankfurt/Main, o die "Marxistische Arbeiterbildung" (MAB) als Dachverband der lokalen MAB-Bildungsgruppen und der "Marxistischen Abendschulen" (MASCH) mit Sitz in Wuppertal, o die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen" in Dortmund, Düsseldorf und Essen, o der in das Vereinsregister in Wuppertal eingetragene Verein "Marx-EngelsStiftung" e.V., mit Sitz im "Marx-Engels-Zentrum" (früher "Friedrich-EngelsZentrum") in Wuppertal, o die "Karl-Liebknecht-Schule" in Leverkusen sowie - Schulungseinrichtungen der SED in Ost-Berlin und der KPdSU in Moskau (SED-Parteischule Franz Mehring in Berlin (Ost) und "Institut für Gesellschaftswissenschaften" beim ZK der KPdSU in Moskau). Schwerpunkte der Parteiarbeit Im Vordergrund der Arbeit der DKP standen 1980: Woche der DKP In der Zeit vom 19. bis 27. Januar 1980 veranstaltete sie die sogenannte Woche der DKP. Die DKP-Kreisorganisationen in Nordrhein-Westfalen ließen Informationsstände errichten, Flugblätter verteilen und die" UZ" verkaufen. Derartige Aktivitäten waren von der Absicht getragen, die Öffentlichkeit insbesondere über die sowjetischen" Friedensvorschläge" und das "Kampfprogramm" der DKP gegen die "Rechtsentwicklung" zu unterrichten. Unter dem Eindruck der Afghanistan-Krise verhielten sich die Parteimitglieder jedoch überwiegend passiv. 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Internationaler Frauentag am 8. März 1980 Aus Anlaß des Internationalen Frauentages führte die DKP Festveranstaltungen u. a. in Brügge/Märkischer Kreis, Solingen und Bielefeld durch, an denen jeweils ca. 200, in Bielefeld etwa 80 Personen teilnahmen. Auf der Veranstaltung in Bielefeld sprach eine Funktionärin aus der DDR. Delegationen in die DDR Die DKP entsandte auch 1980 zahlreiche Delegationen in die DDR zum Studium des dortigen Modells des "realen Sozialismus", so allein ca. 50 durch den DKPBezirksvorstand Ruhr-Westfalen. Ihnen gehörten neben DKP-Mitgliedern bisweilen auch parteilose Bürger an. Die Delegationen wurden von Funktionären der SED und des FDGB betreut. Landtagswahl 1980 Ihre entscheidende Aufgabe sah die DKP im Wahlkampf darin, "breite Aktionen und Bündnisse zu entwickeln, damit der NATO-Beschluß zur Raketenrüstung nicht realisiert und die Rechtsentwicklung in unserem Lande gestoppt wird". Die DKP betrieb ihre Wahlwerbung vorwiegend in Arbeiterstadtbezirken, wo sie sich bemühte, insbesondere Arbeiter und Jugendliche für ihre politischen Ziele zu gewinnen. Sie hat ihren Wahlkampf mit einem hohen Kostenaufwand geführt. Es wurden mehr als 2 Millionen Flugblätter sowie Zeitungen und mehr als 100000 Plakate aller Größen eingesetzt. Eine Wahlwerbung versprach sich die DKP auch davon, daß sie in einigen Städten kostengünstige Kinderferienplätze in der DDR vermittelte. Bei der Wahl stimmten für die DKP 30.441 Wähler = 0,3 % (1975: 54.777 Stimmen 0,5 %). Schwerpunkte ihres Wahlkampfes waren die Städte Ahlen, Bottrop, Gevelsberg, Gladbeck und Hattingen, in deren Kommunalparlamenten sie bereits mit insgesamt 20 Stadtverordneten vertreten ist. Sie erreichte dort Stimmanteile zwischen 0,9 und 1,5 %. Bundestagswahl 1980 Am 20./21. September 1980 veranstalteten die DKP-Bezirksverbände Rheinlandund Ruhr-Westfalen sogenannte Volksfeste, um sich im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen. Die öffentliche Resonanz hierauf war gering. Nach dem offiziellen Ergebnis gaben der DKP 33.594 (0,3 %) Wähler ihre Erststimme und 23.115 (0,2 %) Wähler ihre Zweitstimme. Sie hat damit gegenüber der Bundestagswahl 1976 eine Einbuße von 23.016 Erststimmen und 15.061 Zweitstimmen erlitten. Ein über dem Landesdurchschnitt liegendes Ergebnis konnte sie im Wahlkreis Bottrop-Recklinghausen IV erzielen, wo sie 1,5 % der gültigen Erststimmen und 0,7 % der gültigen Zweitstimmen erhielt.*) 22 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 *) Einen lokalen Erfolg errang sie mit einem Stimmenanteil von 5,08 % (1.314 Stimmen) = ein Mandat auch bei der Wiederholungswahl am gleichen Tage zur Bezirksvertretung Gelsenkirchen-West, 2.2.1 DKP-orientierte Jugendund Studentenorganisationen Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), der Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB) und die Sozialistische Kinderorganisation Junge Pioniere (JP) sind Nebenorganisationen der DKP mit dem Ziel, dieser unter der Jugend politisch Einfluß zu verschaffen sowie junge Menschen für die DKP zu gewinnen. Die DKP-orientierten Jugendorganisationen sind zwar organisatorisch unabhängig, sie stimmen jedoch in ihren Zielen mit der Partei voll überein. Zudem werden sie personell von der Partei angeleitet und kontrolliert. Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Die SDAJ, die Organisationsstand und Mitgliederzahl weitgehend halten konnte, verfolgt unverändert ihr Ziel, in enger und freundschaftlicher Verbundenheit mit der DKP auf die Errichtung einer "sozialistischen Bundesrepublik Deutschland" hinzuwirken. Die Agitation der SDAJ richtete sich 1980 in Übereinstimmung mit dem gesamten DKP-orientierten Lager schwerpunktmäßig gegen den NATORatsbeschluß über die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa, den Olympia-Boykott und die öffentlichen Bundeswehrgelöbnisse. 23 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Weitere Schwerpunkte bildeten die Dauerthemen "Jugendarbeitslosigkeit'' und "Bildungsmisere" sowie die Bemühungen um Aktionseinheit mit "anderen demokratischen Jugendverbänden". Die große Bedeutung, welche die SDAJ der Schülerarbeit beimißt, wurde durch einen Schülerkongreß am 19. Januar 1980 in Wuppertal betont, an dem ca. 800 Personen teilnahmen. Die SDAJ konnte in unserem Lande 1980 die Anzahl ihrer Schülergruppen von sieben auf zwölf erhöhen und 21 Zeitungen für Schüler herausgeben. Die beiden Landesverbände der SDAJ in Nordrhein-Westfalen - RheinlandWestfalen und Ruhrgebiet-Westfalen - führten auch 1980 ihre Pfingstfestivals in Gevelsberg und Hattingen mit insgesamt ca. 11.000 Teilnehmern durch. Das Programm umfaßte neben Sportwettkämpfen und Darbietungen inund ausländischer Rockund Folkloregruppen auch eine Reihe von politischen Gesprächsrunden, die u. a. das Verhalten in der Bundeswehr, die Schülerarbeit, das Leben der Jugend in der DDR, den Olympia-Boykott und die Arbeit in Jugendzentrumsinitiativen behandelten. Bereits bei der Werbung für die Festivals hatte die SDAJ Flugblätter in türkischer Sprache verbreitet und beim Festival selbst gab es einen türkischen Stand, an dem Agitationsschriften gegen rechtsgerichtete türkische Organisationen in deutscher und türkischer Sprache verteilt wurden. Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Der MSB, dessen Mitgliederzahl in Nordrhein-Westfalen 1980 in etwa gleich blieb, fühlt sich nach den Aussagen seines 6. Bundeskongresses (1979) über die" marxistische Analyse der Welt und das gemeinsame sozialistische Ziel" der DKP "freundschaftlich verbunden". Er erstrebt die "Stärkung der marxistischen Bewegung unseres Landes, die Stärkung der DKP im außerparlamentarischen Kampf wie im Ringen um parlamentarische Positionen". In diesem Bemühen stützt er sich weiterhin auf den Sozialistischen Hochschulbund (SHB), der die Zusammenarbeit mit dem MSB seinerseits als "prinzipielle Aktionseinheit' sieht, die eine "Keimzelle für eine neue, stärkere Zusammenarbeit der beiden großen Strömungen der Arbeiterbewegung" enthält und der sich verpflichtet fühlt, "dieses Bündnis zu hegen, zu pflegen und zu vertiefen". Der Einfluß, den das "Bündnis" MSB/SHB weiterhin auf die studentischen Selbstverwaltungsorgane in den Hochschulen des Landes ausüben kann, hat sich im Berichtsjahr nicht wesentlich verändert. Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) Die auf Initiative der DKP nach dem Vorbild der Staatsjugendorganisationen der sozialistischen Länder gegründete Kinderorganisation sieht sich nach eigenem Bekunden als "Weggefährte" jener Organisationen, die "gegen die Macht der Monopole" und "für den Sozialismus" kämpfen. Die JP arbeiten dementsprechend eng mit der DKP und der SDAJ zusammen. Ihr Auftrag ist die geschickte Kopplung von Freizeitgestaltung und Politik, um damit schon die Jüngsten allmählich an die Partei heranzuführen. 24 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Die Jungen Pioniere konnten trotz bestehender Schwierigkeiten bei der Heranziehung geeigneter Betreuer 1980 in Nordrhein-Westfalen ihre Mitgliederzahl von ca. 800 auf schätzungsweise 950 bis 1.000 Kinder erhöhen. In den beiden Landesverbänden Rheinland-Westfalen und Ruhr-Westfalen bestehen 27 Kreisverbände mit 135 Ortsgruppen. Es liegen Erkenntnisse darüber vor, daß die Jungen Pioniere in Nordrhein-Westfalen in letzter Zeit zahlreiche ausländische, insbesondere türkische Kinder als Mitglieder gewinnen konnten. Der 3. Bundeskongreß der JP fand am 9. und 10. Februar 1980 in Köln unter dem Motto "Für eine kinderfreundliche Bundesrepublik" statt. Die Referate und Beschlüsse des Kongresses enthielten Vorwürfe an die Regierungen der westlichen Länder, echte Verbesserungen der Lage der Kinder zu verhindern sowie "menschenfeindliche und friedensfeindliche Hochrüstungsbeschlüsse" gefaßt zu haben. Bei den Wahlen der Führungsgremien wurden der bisherige Bundesvorsitzende Achim KROOSS und seine Stellvertreterin Helga RIESBERG, beide aus Dortmund, in ihren Ämtern bestätigt. Sie gehören dem Bundesvorstand der SDAJ an und sind Mitglieder der DKP. Die Leitung der JP bemühte sich mit vielfältigen Aktionen Kinder anzusprechen und zu begeistern, um sie in ihrem Sinne politisch beeinflussen zu können. So beteiligte sie sich mit einem eigenen, auf 10bis 14jährige abgestimmten Programm an den SDAJ-Zeltlagern in Gevelsberg und Hattingen. Ferner führte sie mit Unterstützung der DKP - wie in den Vorjahren - Kinderferienreisen in die DDR durch, an denen schätzungsweise 2000 Kinder aus Nordrhein-Westfalen teilnahmen. 2.2.2 DKP-Bündnispolitik Bei ihrer derzeit geringen Ausstrahlung weiß die DKP, daß sie ihr revolutionäres Endziel, die Errichtung des marxistisch-leninistisch verstandenen Sozialismus und schließlich des Kommunismus, nur langfristig in Etappen mit Hilfe von Bündnispartnern anstreben kann. Sie läßt daher nichts unversucht, ihre Einflußmöglichkeiten in der Bevölkerung dadurch auszudehnen, daß sie immer wieder die scheinbar unverfängliche Forderung nach Herstellung eines "breiten Bündnisses aller demokratischen Kräfte" erhebt und allgemein-demokratische Ziele vorgibt. So hatte sie im Jahre 1980 vor allem die Kampagne gegen den Raketenbeschluß der NATO als "Friedensaufgabe Nummer eins" ausersehen ("Unsere Zeit" vom 12. Dezember 1980). Der Kampf der DKP gegen diesen Beschluß darf nicht von ihren wahren Zielen isoliert werden; er ist vielmehr deren konkreter Ausdruck in dem für die Position und die Chancen des revolutionären kommunistischen Fernziels zentralen Bereich der machtpolitischen Verhältnisse in Europa. Die Kommunisten und mit ihr die DKP identifizieren Sozialismus/Kommunismus mit Frieden. Sie vertreten den Standpunkt, daß jedwede Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten der Länder des realen Sozialismus dem Frieden dient. Sie erwarten, daß eine allmähliche Schwächung des atlantischen Bündnisses durch einseitigen Verzicht auf militärisches Gleichgewicht und ein Vordringen pazifistisch-neutralistischer Bestrebungen die Möglichkeiten der Kommunisten auch in der Bundesrepublik Deutschland erheblich verbessern. 25 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Die DKP unterstützt offiziell die sogenannte Krefelder Erklärung vom 15./16. November 1980 "Der Atomtod bedroht uns alle: Keine Atomraketen in Europa''. Die Initiative zu dieser Erklärung ging wesentlich von der kommunistisch beeinflußten Deutschen Friedensunion (DFU) aus. Die ebenfalls kommunistisch beeinflußten Organisationen wie das Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ), die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG-VK) tragen die Kampagne maßgeblich mit. Bei der DFG-VK ist nicht zu übersehen, daß sie zwar die Mitarbeit von Kommunisten in ihren Reihen mehrheitlich duldet, diese jedoch dort auch auf Widerspruch und Widerstand stoßen, wenn sie den pazifistischen Standpunkt marxistischleninistisch relativieren wollen. Die DKP wird das nicht übersehen; der Umstand dürfte ihr jedoch wegen ihres übergeordneten Interesses an einer erfolgreichen Zusammenarbeit auch und gerade mit Nichtkommunisten in dieser Kampagne nicht einmal unwillkommen sein. Denn deren "Überparteilichkeit' mit offenkundig verschiedenen Standpunkten in anderen Fragen kann ihr Glaubwürdigkeit und Anhang unter Demokraten verleihen. 2.3 "Neue Linke" Die "Kernorganisationen" der ,,Neuen Linken'' (KBW, KPD [früher KPD/ML], KABD) bekennen sich nach wie vor zum Marxismus-Leninismus, zur "proletarischen Revolution" und zur "Diktatur des Proletariats" als Voraussetzung für eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung. Sie lehnen jedoch die "sozialimperialistische Supermacht" UdSSR mit ihren "deutschen Agenturen" DKP, SED und SEW ab. Im übrigen ist die ideologische Unterscheidung dieser Organisationen untereinander schwierig geworden, nachdem mit dem Tode Mao Tse-tungs und der danach eingetretenen Entwicklung im chinesischen Kommunismus das ursprünglich gemeinsame Leitbild weggefallen ist oder sich doch stark verwandelt hat. Lediglich kann gesagt werden, daß außer der KPD, die sich am Vorbild der albanischen Kommunisten orientiert, die anderen Parteien und Organisationen nach wie vor, bei unterschiedlicher Auslegung und Anwendung auf die hiesigen Verhältnisse, sich zu den Mao Tse-tung-Ideen bekennen. Ihre auch 1980 offenkundigen ideologischen und personellen Spannungen haben innerhalb einiger Gruppierungen zu Spaltungen und Mitgliederverlusten geführt. 2.3.1 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Der KBW beteiligte sich sowohl an der Landtagswahl Nordrhein-Westfalen als auch an der Bundestagswahl. Er erhielt bei der Landtagswahl 2358 Stimmen, bei der Bundestagswahl 2518 Erststimmen und 1672 Zweitstimmen. Die ständigen Auseinandersetzungen zwischen den ZK-Mitgliedern Jochen SCHMIERER und Martin FOCHLER führten im September 1980 zur Spaltung des KBW, die auf der V. ordentlichen Delegiertenkonferenz am 20./21. September 1980 in Gießen bekanntgegeben wurde. Die Mitgliederzahlen für den KBW werden nunmehr im Bundesgebiet auf ca. 1.600 (1979 = 2.410) und ca. 285 (1979 = 435) in Nordrhein-Westfalen geschätzt. Auf Beschluß der Delegiertenkonferenz wurde die Organisationsstruktur des KBW 26 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 geändert. Für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen sind nunmehr die Regionalverbände "Rheinland", "Ruhr", "Bremen" (für das Münsterland) und "Hannover" (für Ost-Westfalen) zuständig. Der KBW trat, insbesondere während des Wahlkampfes, durch Informationsstände und Plakataktionen in Erscheinung. Das zurückhaltende Taktieren des KBW und seiner Nebenorganisationen bei Massenveranstaltungen (Demonstrationen) war möglicherweise mit einer gewissen Rücksichtnahme im Hinblick auf die Beteiligung des KBW an der Bundestagswahl bzw. der Landtagswahl im Lande Nordrhein-Westfalen zu erklären. Die Spaltung des KBW hat auch bei der dieser Partei zuzuordnenden Vereinigung für revolutionäre Volksbindung - Soldaten und Reservisten (VRV-SR) zu innerorganisatorischen Problemen und einem Nachlassen der Aktivitäten geführt. 2.3.2 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) Nach der Spaltung des KBW konstituierte sich die Gruppe um Martin FOCHLER in Hannover zum "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK). 64 Delegierte wählten das "Zentrale Komitee" (40 Mitglieder) und einen "Geschäftsführenden Ausschuß". Der BWK will auf der Grundlage des Programms des KBW tätig werden. 1. Sekretär ist Jörg DETJEN, Hamburg. Seit Dezember 1980 hat die Gruppierung in Köln unter der Firma "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung mbH" Büroräume für die Einrichtung ihrer Zentrale und den Sitz ihres Landesverbandes NordrheinWestfalen angemietet. 2.3.3 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/Gruppe 99) Die KPD hat sich nach ausführlichen parteiinternen Diskussionen während ihres 111. Parteitages im März 1980 aufgelöst; sie ist seither nicht mehr in Erscheinung getreten. Einige Funktionäre der aufgelösten KPD arbeiten in der sogenannten "Gruppe 99'' weiter. Diese Organisation beschränkte sich bisher auf die Herausgabe einer Broschüre mit dem Titel "Kommunistische Briefe", für die die ehemaligen KPDFunktionäre Thomas LUCZAK und Werner HEULER presserechtlich verantwortlich zeichnen. Als vorläufige Redaktionsadresse wird Dortmund, Münsterstraße 95, angegeben. 2.3.4 Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD) Anläßlich ihrer zentralen Delegiertenkonferenz Mitte Mai 1980 beschloß die KPD/ML, sich Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD) zu nennen. Laut Veröffentlichung in ihrem Zentralorgan "Roter Morgen" will die Partei bei künftigen Wahlen und bei Veröffentlichungen die Kurzbezeichnung KPD 27 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 verwenden. In Flugblättern und in ihrem Zentralorgan "Roter Morgen" unterstützte die KPD die von ihr initiierte Organisation "Volksfront''. Die Jugendorganisation der KPD "Rote Garde" hat, wie bereits im Jahre 1979 zu beobachten, in ihrer Aktivität weiter spürbar nachgelassen. 2.3.5 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, für Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Frieden - Volksfront Die Volksfront, mit deren Hilfe sich die KPD an der Bundestagswahl 1980 beteiligte, führte am 26. Januar 1980 in Dortmund einen "Kongreß gegen Reaktion und Faschismus" durch, an dem ca. 4.000 bis 4.500 Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Zur Finanzierung des Wahlkampfes betrieb die Volksfront schon Monate vor den Wahlen eine Spendenkampagne, mit der sie ca. DM 400.000 aufbringen wollte. Finanzielle Unterstützung fand die Volksfront auch bei der KPD, die ebenfalls Spenden sammelte. 28 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Flugblätter und die Zeitung "Volks-Echo" der Volksfront wurden bei der Firma "Alpha-Druck GmbH" in Dortmund gedruckt, die auch Publikationen der KPD herstellt. Bei den Kandidaten der Volksfront zur Bundestagswahl handelte es sich bis auf wenige Ausnahmen um Funktionäre bzw. Mitglieder der KPD. Die Volksfront erhielt in Nordrhein-Westfalen bei der Wahl 2.234 Erststimmen und 2.415 Zweitstimmen. Nach dem Kommentar "Zur Bilanz des Volksfront-Wahlkampfes'' der KPD, veröffentlicht im "Roten Morgen", sollte die Volksfront im Wahlkampf "bekanntgemacht" werden. Auch das "zweite Ziel", die Gewinnung neuer Mitglieder, sei erreicht worden, bzw. werde sich noch verbessern. Mit mehr Mitgliedern habe die Volksfront auch größere Möglichkeiten "in den kommenden Kämpfen und Aktionen". Der ursprüngliche Beschluß des ZK der KPD, die Volksfront lediglich zum Zweck der Wahlbeteiligung zu gründen, scheint damit überholt. Die Volksfront hat in Nordrhein-Westfalen zur Zeit 21 Kreisverbände und 42 Ortsgruppen. 2.3.6 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) In Nordrhein-Westfalen verfügt der KABD lediglich in einigen Orten über Stützpunkte, in denen ca. 200 Mitglieder organisiert sind. Am 29. März 1980 führte er in der Dortmunder Westfalenhalle eine Gemeinschaftsveranstaltung zusammen mit einer befreundeten französischen Organisation durch, die unter dem Motto "Arbeitsplatzvernichtung in Europa" stand. An der Veranstaltung nahmen ca. 2000 Personen aus der gesamten Bundesrepublik Deutschland teil. Weiterhin fand am 8. November 1980 in der Philipshalle in Düsseldorf das Pressefest des Zentralorgans "Rote Fahne'' statt, an dem ca. 2500 Personen teilnahmen. 2.3.7 Kommunistischer Bund (KB) Der Kommunistische Bund ist im Jahre 1980 in Nordrhein-Westfalen nicht mehr wesentlich in Erscheinung getreten. 2.4 Trotzkisten Bemerkenswerte Aktivitäten von Trotzkisten waren im Berichtszeitraum nicht festzustellen. Die miteinander rivalisierenden Gruppen bemühen sich, weiterhin ohne Erfolg, um politische Einflußnahme. Geringe Mitgliederzahlen und ideologische Zersplitterung zwingen die meisten Gruppen, sich mit organisationsinternen Fragen zu befassen. Über arbeitsfähige örtliche Gruppen verfügen - auch in Nordrhein-Westfalen - lediglich die Gruppe Internationale Marxisten (GIM) und der Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) mit seiner Jugendorganisation Sozialistischer Jugendbund (SJB). 29 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 3 Verfassungsfeindliche Bestrebungen und öffentlicher Dienst 3.1 Besondere Treuepflicht im öffentlichen Dienst Eine der wesentlichen Voraussetzungen für Bestand und Funktionsfähigkeit unserer freiheitlichen Demokratie ist die Verfassungstreue der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Die besondere Verpflichtung des Beamten zur Verfassungstreue hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 -2 BvL 13/73 - wie folgt charakterisiert: "Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift." (BVerfGE 39, 334, Leitsatz 2) Auch die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst sind ihrem Dienstherrn gegenüber zur Verfassungstreue verpflichtet, wenn auch in der Regel nicht in gleichem Maße wie die Beamten. Das Bundesarbeitsgericht hat diese prinzipiell bereits vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Rechtsauffassung bekräftigt und dahingehend präzisiert, daß sich bei Angestellten und Arbeitern die in politischer Hinsicht zu stellenden Anforderungen aus dem jeweiligen Amt ergeben müssen. Daher muß beispielsweise ein Lehrer und Erzieher im Angestelltenverhältnis gesteigerten Anforderungen genügen, weil er - in gleicher Weise wie ein beamteter Lehrerin der Lage sein muß, den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung zu vermitteln (BAG, Urteil vom 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 -). 3.2 Neuregelung des Überprüfungsverfahrens und Mitwirkung des Verfassungsschutzes Das für die Prüfung der Verfassungstreue der Bewerber für den öffentlichen Dienst maßgebliche Verfahren ist mit Wirkung vom 1. Januar 1980 neu geregelt worden. An die Stelle der bisherigen "Vorläufigen Richtlinien" (MBI.NW. 1976 S. 869) sind die von der Landesregierung am 18. Dezember 1979 beschlossenen "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst" (MBI. NW. 1980 S. 178) getreten. Hiernach dürfen bei der Einstellung von Bewerbern in den Landesdienst Anfragen an den Innenminister (Verfassungsschutzabteilung) nicht mehr routinemäßig erfolgen. Die Einstellungsbehörde hat jedoch im Einzelfall anzufragen, wenn ihr tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die darauf hindeuten, daß der Bewerber hinsichtlich der zu fordernden Verfassungstreue nicht die Voraussetzungen für die von ihm angestrebte Einstellung in den öffentlichen Dienst erfüllt. 30 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Nach den neuen Verfahrensgrundsätzen sind im Berichtsjahr - abgesehen von erneuten Anfragen in noch nicht abgeschlossenen Einstellungsverfahren - 24 Anfragen an die Verfassungsschutzbehörde gerichtet worden; in 7 Fällen waren Erkenntnisse mitzuteilen. 3.3 Angehörige des öffentlichen Dienstes in extremistischen Organisationen Ende 1980 befanden sich unter den ca. 350.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) 129 Angehörige einer rechtsoder linksextremistischen Organisation. Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt: In 3 Fällen gegen beamtete Lehrer bzw. Lehrerinnen wegen Verletzung der politischen Treuepflicht (durch langjährige aktive Betätigung für den KBW bzw. die KPD) eingeleitete Disziplinarverfahren wurden im Berichtsjahr rechtskräftig abgeschlossen. Sie führten in allen Fällen zur Entfernung aus dem öffentlichen Dienst. 31 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 4 Ausländerextremismus 4.1 Entwicklungstendenz Die Zahl der in unserem Land wohnhaften Ausländer hat sich seit dem Vorjahr um rund 100.000 erhöht. Dabei war im türkischen Bereich die Zunahme am deutlichsten. Ende September 1980 lebten in Nordrhein-Westfalen (Vorjahreszahlen im Klammern) 515.581 (452.429) Türken 170.775 (164.549) Italiener 144.992 (141.364) Jugoslawen 100.855 (102.209) Griechen 65.737 (67.364) Spanier 48.361 (48.416) Portugiesen 43.026 (38.614) Angehörige arabischer Länder 6.982 (5.213) Iraner 5.549 (2.076) Afghanen, Kambodschaner, Vietnamesen 275.748 (253.748) sonstige Ausländer 1.377.606 (1.276.982) Ausländer insgesamt. Hiervon betätigt sich allerdings nur ein verhältnismäßig kleiner Prozentsatz in extremistischer Weise. Innerhalb des Extremistenpotentials bilden die Türken den größten und aktivsten Anteil. Ihre Zahl nahm im Berichtszeitraum - nicht zuletzt infolge verstärkter Polarisierung - erheblich zu; sie dürfte jetzt bis zu 17.000 Personen betragen. Bei den übrigen Nationalitäten war nur ein geringer Anstieg festzustellen, so daß die Gesamtzahl derjenigen, die in Nordrhein-Westfalen ausländischen Extremistenorganisationen angehören, Ende 1980 bei schätzungsweise 20.000 lag (Ende 1979: ca. 17.000). Auch im Berichtsjahr wurden die Aktivitäten ausländischer Extremisten in Nordrhein-Westfalen weitgehend von den politischen Verhältnissen in den Heimatländern bestimmt. So wirkten sich insbesondere aus die Intervention sowjetischer Truppen in Afghanistan, die lange Zeit herrschenden bürgerkriegsähnlichen Zustände in der Türke, die Machtergreifung durch das Militär dort und in Bolivien, der außenund innenpolitische Kurs der iranischen Revolutionsmacht sowie der Ausbruch des Krieges zwischen Irak und Iran. Die hier lebenden moslemischen Extremisten unterschiedlicher Nationalität fühlten sich einerseits herausgefordert durch Maßnahmen gegen Moslems in den Heimatländern; andererseits standen ihre Aktionen im Zusammenhang mit der weltweit zu beobachtenden, auch politisch wirksamen Erstarkung des Islams. In ihrem Kampf gegen die Britische Rheinarmee in Nordrhein-Westfalen, den sie bisher mit Bombenattentaten gegen militärische Einrichtungen führte, ging die irische Untergrundorganisation IRA erstmals zu Mordanschlägen gegen britische Soldaten über. Im Berichtszeitraum wurde in Nordrhein-Westfalen wiederum ein politisch aktiver Exiljugoslawe ermordet. Die hierdurch und durch weitere Mordanschläge im übrigen Bundesgebiet stark beunruhigten exiljugoslawischen Kreise machten den jugoslawischen Geheimdienst für die Attentate verantwortlich. Nach dem Tode 32 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Titos blieben befürchtete Gewaltaktionen von Exilkroaten gegen den jugoslawischen Staat aus. Die meisten Ausländeraktivitäten gingen wieder von türkischen Extremisten aus. Die Polarisierung zwischen rechtsund linksextremistischen Türkenorganisationen nahm weiter zu. Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen ihnen häuften sich. Nach der Machtergreifung durch das Militär im Heimatland hat eine Protestkampagne linksextremistischer Türkengruppen eingesetzt, die von gleichgesinnten deutschen Vereinigungen unterstützt wird. Protestaktionen gegen das türkische Militärregime sowie Gewalttätigkeiten gab es auch im kurdischen Bereich. Der Ermordung eines Libyers in Bonn lagen ebenfalls politische Motive zugrunde. Insgesamt haben sich die gewaltsamen Bestrebungen, welche ausländische Extremisten verfolgten und durch die sie deutsche auswärtige Belange gefährdeten, auch in unserem Land verstärkt. Im Jahre 1980 kam es in Nordrhein-Westfalen zu folgenden politisch motivierten Ausländeraktivitäten, die überwiegend von extremistischen oder extremistisch beeinflußten Organisationen ausgingen: 33 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 4.2 Afghanen Der zur Neuen Linken gehörende Flügel der Generalunion Afghanischer Studenten im Ausland (GUAFS), die prochinesische Föderation Afghanischer Studenten im Ausland (FASA) und die Union der afghanischen Studentenvereine in Europa (IAAS) bekämpfen die prosowjetische Regierung ihres Heimatlandes; zugleich wandten sie sich im Berichtszeitraum gegen die sowjetische Invasion Ende Dezember 1979 in Afghanistan. Am 2. Januar 1980 besetzten 31 afghanische Staatsbürger - vermutlich Anhänger der genannten Organisationen - die Botschaft ihres Heimatlandes in BonnÜckesdorf. Drei Botschaftsangehörige wurden niedergeschlagen, gefesselt und an eine Heizung gebunden. Im Gebäude kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen. 15 Besetzer sind inzwischen bestraft worden. Erstmals erfaßt wurden Ende April 1980 u. a. in Düsseldorf Flugblätter der Organisation zu Befreiung des afghanischen Volkes (SAMA). Sie ist Anfang 1979 aus dem Bündnis mehrerer revolutionärer Gruppen hervorgegangen und führt einen bewaffneten Kampf gegen das afghanische Regime. Die Flugblätter enthielten Aufrufe wie "Nieder mit dem russischen Sozialimperialismus!" und "Es lebe der heroische Befreiungskampf des afghanischen Volkes!". 4.3 Iren Anhänger der Irischen Republikanischen Armee (IRA), die mit Gewalt eine Loslösung Nordirlands von Großbritannien anstrebt, erschossen am 16. Februar 1980 in Bielefeld den britischen Oberst Mark COE. Am 1. März 1980 wurden in Münster auf einen Streifenwagen der britischen Militärpolizei mehrere Schüsse abgegeben; ein Militärpolizist erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Auch zu diesem Mordanschlag hat sich die IRA bekannt. Außerdem erfolgte im Berichtszeitraum - anonym oder angeblich von der IRA - wieder eine Reihe von Bombenanschlägen gegen das Britische Hauptquartier und andere britische Militäreinrichtungen in Nordrhein-Westfalen. Nach bisherigen Erkenntnissen besitzt die IRA in der Bundesrepublik Deutschland keine festen Stützpunkte. Anscheinend reisen Attentäter jeweils einzeln ein und führen ihre Anschläge - trotz vermuteter Kontakte zu deutschen Extremisten - allein aus. 4.4 Jugoslawen Die in Nordrhein-Westfalen ansässigen Gruppen von Exiljugoslawen wollen den derzeitigen jugoslawischen "Vielvölkerstaat" beseitigen und an seiner Stelle einen kroatischen Nationalstaat bzw. einen Staatenbund unter serbischer Hoheit errichten. Ein Teil der Exilkroaten ist bereit, zur Durchsetzung ihres Ziel, Gewalt anzuwenden. Von zwei unbekannten Männern wurde am 16. April 1980 der Exilserbe Dusan SEDLAR in Düsseldorf auf offener Straße erschossen. SEDLAR war u. a. Präsident des nationalistischen Serbischen Nationalbundes in der Bundesrepublik Deutschland (SNO, Sitz Düsseldorf). Der SNO strebt auf friedlichem Wege die Errichtung einer föderativen demokratischen Ordnung im Heimatland unter Führung des serbischen Königshauses an. Daher hat der Anschlag auf SEDLAR wie die Ermordung des Kroaten MILICEVIC im Januar 1980 in Frankfurt/Main 34 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 wahrscheinlich politische Hintergründe und zu erheblicher Beunruhigung der hiesigen Exiljugoslawen geführt. 4.5 Türken Verstärkte Polarisierung zwischen Rechtsund Linksextremisten Wegen ihrer unterschiedlichen politischen Ausrichtung lassen sich die türkischen Extremisten in Nordrhein-Westfalen und bundesweit einteilen in * Mitglieder und Sympathisanten der extrem nationalistischen, militant antikommunistischen Partei der Nationalen Bewegung (MHP), organisiert in örtlichen Kulturund Idealistenvereinen, welche ihrerseits zusammengefaßt sind in der Föderation demokratischer türkischer Idealistenvereinigungen in Europa (ADÜTDF, Sitz Frankfurt/Main); * Mitglieder und Sympathisanten der islamisch-fundamentalistischen, nationalistischen Nationalen Heilsarmee (MSP), vereinigt in der Dachorganisation Nationale Sicht in Europa (AMGT), der wiederum die Türkische Union Europa e.V. (ATB, Sitz Köln) und die Organisation der Islamischen Jugend in Europa (AIGT) mit jeweils eigenen örtlichen Zweiggruppen angehören; * Mitglieder und Sympathisanten der orthodoxen moskautreuen Türkischen Kommunistischen Partei (TKP) und der von dieser beeinflußten Türkenvereinigungen, darunter namentlich die Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der BRD e.V. (FIDEF) mit Sitz in Düsseldorf und örtlichen Mitgliedsvereinen; * Neue Linke, d. h. nicht moskau-orientierte Marxisten-Leninisten unterschiedlicher Prägung, als deren wichtigste Organisation die illegale proalbanische Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) und die ebenfalls illegale und proalbanisch ausgerichtete Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei (TDKP) zu nennen sind. MHPund MSP-Anhänger bilden das rechtsextremistische Lager mit zusammen schätzungsweise 9.000 Personen in Nordrhein-Westfalen. Ihre politischen Aktivitäten vollziehen sie jedoch grundsätzlich getrennt. Ihnen steht das stärker differenzierte linksextremistische Türkenlager gegenüber, über etwa 8.000 Anhänger umfaßt. Orthodoxe Kommunisten und Neue Linke unterscheiden sich in Ideologie, Strategie und Taktik bei der Verfolgung ihres Endziels, dem revolutionären Umsturz in der Türkei. Einig sind sie sich jedoch in ihrem seit Jahren geführten Kampf gegen ihre rechtsextremistischen Landsleute. Die daraus entstandenen Polarisierung zwischen den türkischen Linksund Rechtsextremisten in Nordrhein-Westfalen hat sich im Berichtszeitraum weiter verstärkt. Sie spiegelte gleichzeitig die bürgerkriegsähnliche Entwicklung von der Machtübernahme durch das Militär (12. September 1980) und die seitherige politische Entwicklung in der Türkei wider. Die von den neuen Machthabern im Heimatland verhängten Verbote hindern türkische Extremisten nicht, sich hier weiterhin politisch zu betätigen. Gewalttätige Auseinandersetzungen 35 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Seit April 1980 häuften sich gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der MHP und der türkischen Neuen Linken. So wurde im April in Duisburg ein ADÜTDF-Funktionär überfallen und verletzt. Am Tatort blieb eine Zeitung der türkischen Neuen Linken zurück. Ferner fanden im April in Castrop-Rauxel sowie im Juni 1980 in Duisburg und Bielefeld gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen linksund rechtsextremistischer Vereine statt. Anlaß des Vorfalls in Bielefeld war die Vorführung eines antikommunistischen türkischen Films durch den örtlichen ADÜTDF-Verein. Linksgerichtete Türken behinderten Filmbesucher und beschädigten Personenwagen. Daraufhin unternahmen Mitglieder des ADÜTDF-Vereins einen Protestmarsch zum Lokal eines Vereins der türkischen Neuen Linken in Bielefeld. Unterwegs wurde ein Mitglied dieses Vereins von ADÜTDF-Angehörigen festgehalten und mit einem Messer in den Unterleib gestochen. Bei Durchsuchung der Räume beider Türkenvereine traf die Polizei in dem Vereinslokal der Linken mit Messern und Schreckschußpistolen bewaffneten Türken an. Außerdem wurden dort verschiedene Schlaginstrumente sichergestellt. Als Reaktion auf die geschilderten Vorkommnisse führten am 5. Juli 1980 in Bielefeld ca. 2.600 Türken und 400 Deutsche eine Protestdemonstration durch, auf der das Verbot de "Grauen Wölfe" (gemeint sind die ADÜTDF-Vereine) gefordert wurde. Am 28. Juli 1980 wurde in Bochum vor seiner Wohnung wiederum ein Türke von fünf Landsleuten zusammengeschlagen und mit einem Schraubenzieher verletzt. Bei den mutmaßlichen Tätern fand die Polizei Schriften der türkischen Neuen Linken. Gewaltbereitschaft der Neuen Linken ergibt sich unmißverständlich aus der MaiAusgabe 1980 der türkischsprachigen Zeitschrift "ISCI-KÖYLÜ KURTULUSU" ("Arbeiter-Bauern-Befreiung"). Sie ist das Zentralorgan der TKP/ML und wird auch in Nordrhein-Westfalen verbreitet. In der genannten Schrift ist folgender Parteibeschluß veröffentlicht (in Übersetzung): "Unsere Partei ruft alle Revolutionäre auf, die nachfolgend namentlich aufgeführten Faschisten aus den Löchern, in denen sie sich befinden, herauszuholen. Wir rufen alle Revolutionäre auf, die diese Volksfeinde kennen, sehen oder wissen, wo sie sich befinden. Tötet diese Volksfeinde, wo ihr sie seht. Wir rufen das ganze werktätige Volk auf, mobilisiert euch, damit die Todesstrafe, die diese Volksfeinde verdienen, durchgeführt werden kann!" 36 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Zu solchen "Volksfeinden" werden mit Namen und Abbildungen erklärt u. a. der MHP-Vorsitzende TÜRKES und seine Stellvertreter (von denen einer Ende Mai 1980 in der Türkei ermordet worden ist). In Aachen wurde am 21. August 1980 der Türke SALTAN tot in seiner Wohnung aufgefunden. Er war an Händen und Füßen gefesselt. Sein Oberkörper wies zahlreiche Stichund Schnittverletzungen auf. Die aufgestellte Behauptung, die Mörder seien türkische Rechtsextremisten, läßt sich bisher nicht nachweisen. An einer Protestdemonstration am 30. August 1980 in Aachen, zu der in diesem Zusammenhang bundesweit aufgerufen worden war, nahmen etwa 6.000 Türken und ca. 50 Deutsche teil. Sie riefen "Nieder mit den Faschisten - Tod den Faschisten!" und forderten ein Verbot "aller faschistischen Parteien und Organisation" sowie die Ausweisung "faschistischer Personen". Am 6. Oktober 1980 wurde in Ratingen eine 15jährige Türkin überfallen und verletzt. Sie bezeichnet die Täter als "Graue Wölfe". Ebenfalls in Ratingen zeigte ein Türke an, er sei am 19. Dezember 1980 von drei unbekannten Landsleuten 37 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 entführt und unter Schlägen über politische Aktivitäten "verhört" worden. FIDEF lastet in ihren Publikationen beide Vorfälle den "Grauen Wölfen" an. Abgesehen von ihrer Reaktion in Bielefeld im Juni 1980 und ihrer angeblichen, bisher aber ungeklärten Beteiligung im Aachener Mordfall und an den Vorfällen in Ratingen, hielten sich die Anhänger der MHP und des MSP bisher mit Tätlichkeiten zurück. Der ADÜTDF-Vorstand forderte die Mitglieder in den Basisvereinen immer wieder auf, sich vom Gegner nicht provozieren zu lassen uns sich gesetzestreu zu verhalten. Linksextremistische Angriffen begegneten die ADÜTDF-Vereine vorwiegend mit Flugblättern, die sich z. T. auch an die deutsche Bevölkerung richteten. 4.6 Kurden Auch im Bereich der in Nordrhein-Westfalen lebenden Kurden unterschiedlicher Nationalität kam es im Berichtszeitraum zu tätlichen Auseinandersetzungen. Ihre Ursache liegt in der Unterdrückung kurdischer Autonomiebestrebungen in den Heimatgebieten. Teilnehmer einer Demonstration der Vereinigung der Studenten Kurdistans im Ausland (AKSA) in Bonn, die sich im April 1980 gegen die Unterdrückung der Kurden im Irak richtete, wurden von plötzlich auftauchenden 38 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 proirakischen (regimetreuen) Gegendemonstranten tätlich angegriffen und u. a. mit Stöcken geschlagen. Seit der Machtergreifung des Militärs in der Türkei traten linksextremistische türkisch-kurdische Nationalisten, die einen selbständigen Staat Kurdistan anstreben, gewalttätig in Erscheinung. Nach einem Hungerstreik Anfang Oktober 1980 in Köln "gegen die Junta in der Türkei" besetzten ca. 30 Kurden, offenbar Anhänger der marxistisch-leninistischen Arbeiterpartei Kurdistan (PKK), für kurze Zeit das Türkische Generalkonsulat in Essen. Verteiler von PKK-Flugschriften stachen am 16. November 1980 in Bonn mit Messern auf Landsleute ein, als diese die Annahme der Blätter verweigerten. 4.7 Libyer Am 10. Mai 1980 wurde in Bonn ein libyscher Staatsangehöriger von einem Landsmann durch mehrere Schüsse getötet. Er war von 1970 bis zu seiner Abberufung im Mai 1978 als 2. Sekretär (Finanzattache in der Libyschen Botschaft in Bonn tätig. Der Anschlag muß im Zusammenhang mit anderen Morden an ExilLibyern in London und Rom gesehen werden. Der libysche Staatschef GHADDAFI hatte zuvor den im Ausland lebenden Landsleuten für den Fall, daß sie nicht freiwillig in ihre Heimat zurückkehrten, "physische Vernichtung" angedroht. Der Attentäter wurde im Dezember 1980 vom Landgericht Bonn wegen Mordes zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt. 4.8 Syrer In Nordrhein-Westfalen gibt es seit einigen Jahren die Moslembruderschaft mit Zentrum in Aachen und Anhängern in mehreren anderen Städten. Sie vereint Moslems verschiedener Nationalitäten, hauptsächlich Syrer. Es handelt sich um eine streng orthodoxe islamische Organisation, deren Hauptziel der - notfalls gewaltsame - Sturz der syrischen Regierung ist. Im Juli 1980 verfaßte und verbreitete der Betreuer der Bilal-Moschee in Aachen, Issam El ATTAR, als "Leiter der Muslim-Bruderschaft in Syrien" Flugblätter, in denen er das "diktatorische und sippenhafte Regime in Syrien" anklagt, unschuldige Menschen zu verhaften, zu foltern und zu morden. Er versichert in einem der Flugblätter, daß die Moslembruderschaft ihren gerechten Kampf beharrlich fortsetzen werden, bis dieses Regime beseitigt und eine islamische Gesellschaftsund Regierungsform durch das Volk geschaffen worden sei. 4.9 Iraner Auf einer geplanten Kundgebung Anfang November 1980 in Bonn, veranlaßt durch die Krönung des Schah-Sohnes Cyrus (31. Oktober), kam es zwischen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden KHOMEINI-Anhängern und Schahtreuen Iranern zu tätlichen Auseinandersetzungen mit mehreren Verletzten. KHOMEINI-Anhänger griffen auch die Polizei an. 39 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 5 Terrorismus 5.1 Entwicklungstendenz Wie schon in den beiden Vorjahren, haben deutsche Terroristen im Bundesgebiet auch 1980 keine Mordanschläge verübt. Durch die Festnahme von fünf mutmaßlichen deutschen Terroristinnen in Paris sowie durch den Unfalltod von Juliane PLAMBECK und Wolfgang BEER wurde die Rote Armee Fraktion (RAF), der sich zwischenzeitlich auch Mitglieder der Bewegung 2. Juni angeschlossen haben, erneut geschwächt. Die Entdeckung mehrerer Tarnwohnungen und die dort sichergestellten Gegenstände, Spuren und sonstige Unterlagen machen allerdings deutlich, daß die RAF ihre auf die Zerstörung des Staates mit terroristischen Mitteln gerichteten Ziele keineswegs aufgegeben hat und weiterhin schwerste Gewaltverbrechen plant. Revolutionäre Zellen und terroristische Kleingruppen sind auch 1980 für zahlreiche Brandund Sprengstoffanschläge und Sachbeschädigungen mit terroristischem Hintergrund verantwortlich. Es muß daher auch weiterhin mit Gewalttaten deutscher Terroristen gerechnet werden. 5.2 Rote Armee Fraktion (RAF) Am 5. Mai 1980 wurden in Paris in einer konspirativen Wohnung die mutmaßlichen terroristischen Gewalttäterinnen Sieglinde HOFMANN, Ingrid BARABASS, Regina NICOLAI, Karin KAMP-MÜNNICHOW und Carola MAGG festgenommen. Gleichzeitig wurde dort eine erhebliche Menge Sprengstoff und Munition gefunden. Während Sieglinde HOFMANN als Mitglied der RAF gesucht wurde, sind die übrigen Festgenommenen bisher der Bewegung 2. Juni und deren Umfeld zugerechnet worden. Zur Bewegung 2. Juni gehörte ursprünglich auch Juliane PLAMBECK, die am 25. Juli 1980 gemeinsam mit Wolfgang BEER bei einem Verkehrsunfall bei Bietigheim-Bissingen tödlich verunglückte. Im Unfallfahrzeug wurden neben Kraftfahrzeugkennzeichen und Ausweispapieren verschiedener Nationalität u. a. drei Pistolen, darunter eine offenbar bei der Schleyer-Entführung am 5. September 1977 benutzte Maschinenpistole, aufgefunden. Am 29. Juli 1980 erhielt die Deutsche Presseagentur in Frankfurt ein Schreiben der RAF zum Tode von Juliane PLAMBECK und Wolfgang BEER. Zu dem gegenwärtigen strategischen Konzept der RAF, die eine Verbreiterung ihrer Basis anstrebt, heißt es darin: "Die Offensive 77 hat die Perspektive für einen neuen Abschnitt eröffnet, konkret die Notwendigkeit einer Umstrukturierung für uns und die nächsten Schritte der Strategie zu entwickeln, die die bewaffnete illegale und die legale 40 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Struktur zur politisch-militärischen Einheit des antiimperialistischen Widerstandes werden läßt. Daran bestimmen wir unsere Aktion." Anonym versandte Schreiben gleichen Inhalts tauchten auch in NordrheinWestfalen auf. 5.3 Bewegung 2. Juni Die im Untergrund tätigen Restkader der Bewegung 2. Juni haben sich offenbar der RAF angeschlossen. Dies geht auch aus einem Anfang Juni 1980 verbreiteten anonymen Schreiben hervor, in dem es heißt: "Wir lösen die Bewegung 2. Juni auf und führen in der RAF - als RAF - den antiimperialistischen Kampf weiter." Dieser Anschluß an die RAF ist allerdings unter den inhaftierten Mitgliedern der Bewegung sowie ihren mutmaßlichen Unterstützern umstritten. Während die Angeklagte Gabriele ROLLNIK am 10. Juni 1980 in der Hauptverhandlung gegen Mitglieder der Bewegung 2. Juni vor dem Berliner Kammergericht die Anfang Juni 1980 verbreitete Auflösungserklärung verlas, trat der Mitangeklagte Klaus VIEHMANN in derselben Sitzung dem mit der Aussage entgegen, daß durch die Verlesung eines Flugblattes die Bewegung 2. Juni nicht aufgelöst werden könne. Gleichsam als "Lebenszeichen" soll wohl ein Sprengstoffanschlag auf das Gebäude des Bezirksamtes in Berlin-Kreuzberg am 12. Juni 1980 verstanden werden, zu dem sich bisher unbekannte Täter unter der Bezeichnung "Bewegung 2. Juni" bekannt haben. 5.4 Revolutionäre Zellen (RZ) Die Revolutionären Zellen haben ihre terroristischen Aktionen fortgesetzt, wobei sie ihrer bisherigen Strategie gemäß versuchten, durch ausführliche Bekennerschreiben die politisch extremen Ziele ihrer Anschläge zu verdeutlichen, um damit eine "Massenwirkung'' zu erzielen. Hervorzuheben sind die mit hohem Sachschaden verbundenen Sprengstoffanschläge auf das Hauptgebäude der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg und das Gebäude des Bundesarbeitsgerichts in Kassel. Am 14. August 1980 setzten nicht identifizierte Täter in Bergisch Gladbach den Pkw eines Rechtsanwaltes in Brand. Die Verantwortung für diesen Anschlag übernahm eine Gruppe "Rote Zora". Unter dieser Bezeichnung hatten sich unbekannte Täter bereits zu einem Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Bundesärztekammer am 28. April 1977 in Köln bekannt. Bei der "Roten Zora'' handelt es sich um eine Frauengruppe der RZ. Im April 1980 erschien die auch in Nordrhein-Westfalen heimlich verbreitete terroristische Publikation der RZ "Revolutionärer Zorn -7. Zeitung der Revolutionären Zelle'', in der im Zusammenhang mit einer Kritik an dem aus der terroristischen Szene offenbar ausgestiegenen Terroristen Hans-Joachim KLEIN das "Ausschlagen scheinheiliger Amnestieund Friedensangebote" gefordert und zum bewaffneten Widerstand gegen den Staat aufgerufen wird. 5.5 Terroristische Handlungen sonstiger Gruppen Im Bundesgebiet, aber auch in Nordrhein-Westfalen sind 1980 wiederum zahlreiche Straftaten, besonders Brandanschläge und Sachbeschädigungen verübt worden, die erkennen lassen, daß einzelne Personen oder terroristische 41 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Kleingruppen bereit sind, die insbesondere von den Revolutionären Zellen erhobene Forderung nach "militantem Widerstand" in die Tat umzusetzen. Für Nordrhein-Westfalen sind folgende Aktionen beispielhaft, bei denen ein terroristischer Hintergrund vorliegt oder zu vermuten ist: 11. Januar 1980 anonyme Bombendrohung gegen das Arbeitsamt Dortmund durch eine ,,Rote Zelle". 14. Februar 1980 Explosion eines selbstgefertigten Sprengkörpers im Briefkasten des Wohnhauses des Bürgermeisters von Siegburg. 15. April 1980 Sachbeschädigung an vier CDU-Informationsbüros in Essen durch angebliche Mitglieder einer "Autonomen Zelle". 17. April 1980 Brandanschlag auf den Briefkasten des Finanzamtes Wuppertal-Barmen. 06. Juni 1980 Brandanschlag auf das Bayer-Informationszentrum in Wuppertal. 21.Juni1980 Brandanschlag auf das Wahlkampfbüro eines SPDBundestagskandidaten in Essen. 07. Juli 1980 Brandanschlag auf die CDU-Geschäftsstelle in EssenSteele. 16. Juli 1980 Brandanschlag auf ein Dienststelle des Einwohnermeldeamtes in Duisburg-Rheinhausen. 02. November 1980 Sachbeschädigung des Wohnhauses und des Pkw einer SPD-Landtagsabgeordneten in Duisburg. 03. November 1980 Brandanschlag auf das Amtsgericht Wuppertal - Grundbuchamt -, bei dem ein Gebäudeschaden von rd. DM 100 000,entstand. 04. Dezember 1980 Explosion eines Sprengkörpers im Eingang eines Büround Geschäftshauses in Köln, in dem die "Gesellschaft für Reaktorsicherheit" (GRS) Büroräume unterhält. 5.6 Terroristisches Umfeld RAF-Bereich Anhänger der RAF, die sich vorwiegend als "legale Ebene" der RAF verstehen, haben 980, z. B. anläßlich von Gerichtsverhandlungen oder im Zusammenhang mit den Haftbedingungen inhaftierter Terroristen, ihre propagandistischen Aktionen für die RAF fortgesetzt. 3o besetzten sie am 4. März 1980 das Dach des Amerika-Hauses in Hamburg, die Ausstellungsräume des Badischen Kunstvereins in Karlsruhe und im von-der-Heydt-Museum in Wuppertal eine von Amnesty 42 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 International ausgerichtete Ausstellung unter dem Motto "Folter und Menschenwürde'' in vermutlich abgesprochenen Aktionen. Die Besetzer entrollten Transparente oder Plakate mit der Forderung nach Abschaffung der sogenannten Hochsicherheitstrakte. Am 30. Juni 1980 besetzten zehn Personen dreieinhalb Stunden lang das Handelsbüro des US-Staates North Carolina in Düsseldorf und forderten die Freilassung von 13 inhaftierten Besetzern des Amerika-Hauses in Berlin (West) sowie "Keine Internierung von Jürgen, der im Düsseldorfer Parolenprozeß verurteilt wurde". Bei ,Jürgen'' handelt es sich um einen vom Oberlandesgericht Düsseldorf u. a. wegen Werbens für eine terroristische Vereinigung verurteilten mutmaßlichen Extremisten (Urteil noch nicht rechtskräftig). Sonstige Gruppen Knastgruppen, Prozeßgruppen, Initiativen und andere Gruppen haben auch 1980 ihre extremistischen Aktivitäten fortgesetzt. Während z. B. ein Teil der Knastgruppen sich die Anliegen aller Strafgefangenen, insbesondere auch der sog. sozialen Gefangenen zu eigen macht, betreuen andere Gruppen, insbesondere die Anhänger der RAF ausschließlich oder überwiegend nur die sogenannten "politischen" Gefangenen. Die Existenz der Gruppen ist oftmals nur von geringer Dauer und abhängig von der Tätigkeit einiger weniger Aktivisten. Eine zentrale Koordinierung oder Steuerung gemeinsamer Aktionen aller dieser Gruppen ist nach wie vor auf Grund ihrer unterschiedlichen Zielsetzungen oder wegen persönlicher Zwistigkeiten unter ihren Mitgliedern nicht zu erkennen. Das terroristische Umfeld in Nordrhein-Westfalen ist weiterhin zersplittert. 5.7 Terroristische sowie sonstige politisch motivierte Gewalttaten 1980 wurden von den Polizeibehörden des Landes 80 versuchte bzw. vollendete Gewalttaten registriert. Die herausragenden sind zuvor im einzelnen dargestellt worden. Ferner sind im Berichtsjahr 360 Gewalttaten angedroht worden, bei denen ein politisches Motiv erkennbar war oder behauptet wurde. In 195 Fällen handelt es sich um sogenannte Bombendrohungen, die vorwiegend gegen öffentliche Gebäude und Institutionen gerichtet waren. Die Bedrohungen (165 Fälle) richteten sich überwiegend gegen Personen aus Politik und Wirtschaft. 43 4 - ICH fa Krxy 1 m 'HA er, CZ 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 6 Spionageabwehr 6.1 Schwerpunkt und Tendenzen Die Spionagetätigkeit von Nachrichtendiensten kommunistischer Staaten hat auch im vergangenen Jahr unvermindert angehalten. Nach wie vor bildet die Bundesrepublik Deutschland das Hauptangriffsziel östlicher Ausspähungstätigkeit in Westeuropa, wobei alle wichtigen Bereiche des öffentlichen Lebens betroffen sind. Die leichte Zunahme der Agententätigkeit gegenüber dem Vorjahr geht auf verstärkten Einsatz der Geheimdienste der DDR zurück, von denen - wie bisher - die stärkste Spionagebedrohung ausgeht; ihr Gesamtanteil beträgt 83 %. Nordrhein-Westfalen war - schon wegen der Größe des Landes - mit 26 % - wie auch in den früheren Jahren - Schwerpunkt aller Ausspähungsbemühungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. 6.2 Werbungen und Werbungsversuche Etwa 25 % der von kommunistischen Nachrichtendiensten zur Spionagetätigkeit aufgeforderten Personen wohnte z. Z. der Werbung in unserem Lande. Insgesamt sind nach den vorhandenen Erkenntnissen aber nur wenige dieser Personen auch nachrichtendienstlich tätig geworden; die meisten lehnten eine Spionagetätigkeit von vornherein ab. Diese Tatsache dürfte nicht zuletzt auf mehr und intensivere vorbeugende Aufklärung staatlicher Stellen und auf die Berichterstattung über einige spektakuläre Spionagefälle zurückzuführen sein. Etwa die Hälfte der nachrichtendienstlich angesprochenen Bewohner Nordrhein-Westfalens wurden im kommunistischen Machtbereich "kontaktiert". Reisen jeder Art dienten hier als Anlaß. Bei den Werbungsbemühungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland standen Briefansprachen und Ansprachen auf Grund von Stellengesuchen in der Presse im Vordergrund. Daneben ist eine leicht steigende Tendenz der telefonischen Kontaktierungen bemerkenswert. Die nachrichtendienstlichen Ansprachen erfolgten vorwiegend unter einer Legende, um den Angesprochenen zunächst über den wahren Auftraggeber und dessen tatsächliche Absichten zu täuschen. Bei in der DDR und dem übrigen kommunistischen Machtbereich lebenden Personen waren zumeist Anträge auf Überbzw. Aussiedlung Anlaß der nachrichtendienstlichen Ansprache. Insgesamt gesehen ist die Werbungsmethodik der kommunistischen Nachrichtendienste in den letzten Jahren unverändert geblieben: Versprechungen aller Art, Ausnutzung ideologischer Gründe, menschlicher Beziehungen und charakterlicher Schwächen, nicht selten auch Drohungen und Nötigungen in offener und versteckter Form gehören zu den Mitteln, die diese gegnerischen Spionageorganisationen bei ihren Werbungen anwenden. Etwa 70 % der angesprochenen Bürger offenbarten ihren nachrichtendienstlichen Kontakt den Sicherheitsbehörden freiwillig. 46 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 6.3 Aufträge Das Schwergewicht der Spionageaufträge lag im Berichtsjahr mit etwa 44 % bei der politischen Spionage, mit etwa 20% im Bereich der Wirtschafts-, mit 14 % bei der Militärspionage. Ein wesentlicher Teil der politischen Spionageaufträge richtete sich gegen Regierungsund Verwaltungsstellen des Bundes, des Landes und der Kommunen sowie die politischen Parteien. Daneben waren Universitäten, Hochschulen, Kultureinrichtungen und Flüchtlingsverbände Ziel der Ausspähungsbemühungen. Die Ausspähung im Bereich der Wirtschaft erwies sich als weiterer Schwerpunkt der gegnerischen Spionage. Insbesondere die DDR-Nachrichtendienste konzentrierten erhebliche Teile ihrer Spionagekapazitäten auf die Gewinnung wissenschaftlich-technischer Informationen. Ausforschungsobjekte sind alle Unternehmensbereiche, Marktund Wettbewerbsdaten, Lizenzverträge und Investitionspläne. Schwerpunktmäßig betroffen sind die Bereiche Mikroelektronik, elektronische Datenverarbeitung sowie die Grundlagenforschung. Die durch den Übertritt des ehemaligen MfS-Oberleutnants STILLER gewonnenen Erkenntnisse lassen den Schluß zu, daß Intensität und Erfolg der Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage der DDR-Nachrichtendienste bisher in der Bundesrepublik unterschätzt worden sind. So gibt es seit Anfang der siebziger Jahre in der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) den besonderen "Sektor Wissenschaft und Technik'' (SWT), dem die Ausspähung der Wirtschaft obliegt. Der SWT wählt die Zielobjekte nach den Anforderungen der DDR-Wirtschaft aus. Er verfügt über eine große Anzahl "inoffizieller Mitarbeiter", die in der DDR bedeutende politische oder wissenschaftliche Positionen inne haben. Sie gehören zum sogenannten Reisekader und können Reisen in nichtsozialistische Länder unternehmen, um Kontakte zu westlichen Fachkollegen zu unterhalten. Es sind Personen, die neben ihrer normalen beruflichen Tätigkeit nachrichtendienstliche Aufträge im westlichen Ausland, vornehmlich in der Bundesrepublik Deutschland, erledigen. Dies geschieht im Rahmen ihrer normalen beruflichen Aufgabenwahrnehmung bei Kongressen, Fachtagungen und Messen oder Firmenbesuchen. Die Erfolge der gegnerischen Ausspähung wurden zweifellos dadurch erleichtert, daß Forschungsprojekte grundsätzlich offen bearbeitet werden. Die militärische Spionage hatte vorrangig die Ausspähung der Bundeswehr sowie strategische Objekte in unserem Land zum Ziel. 6.4 Führungsund Verbindungswesen des gegnerischen Nachrichtendienstes Weiterhin werden in erster Linie Kontakte zwischen den gegnerischen Nachrichtendiensten und den von ihnen geführten Agenten durch persönliche Treffs wahrgenommen. Zunehmend gewinnt auch der Telefonverkehr als direkter und einfacher Verbindungsweg zwischen den im Bundesgebiet tätigen Agenten und ihrer Führungsstelle in Berlin (Ost) an Bedeutung. 47 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Mit Ausnahme der DDR-Nachrichtendienste benutzen die übrigen Geheimdienste der kommunistischen Staaten ihre offiziellen Vertretungen (Botschaften, Konsulate) als "legale Residenturen" zur Führung ihrer Agenten. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Anteil der dort erkannten Nachrichtendienstoffiziere nur unwesentlich verändert. 6.5 Verurteilte Agenten Im Berichtsjahr 1980 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf neun Personen (1979 waren es 15) wegen Landesverrats, geheimdienstlicher Tätigkeit oder sicherheitsgefährdenden Nachrichtendienstes verurteilt. Auftraggeber waren in allen Fällen DDR-Nachrichtendienste. 48 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 7 Strafrechtspflege 7.1 Entwicklungstendenz Die Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen sind, wie schon in den Vorjahren, auch 1980 in erheblichem Maße mit Strafverfahren, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren, befaßt worden. 7.2 Terrorismus Im Lande Nordrhein-Westfalen ist das Oberlandesgericht Düsseldorf nach SS 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes für die Aburteilung terroristischer Gewalttaten zuständig. Dabei übt es, soweit der Generalbundesanwalt nach SS 142a des Gerichtsverfassungsgesetzes Anklagebehörde ist, Gerichtsbarkeit des Bundes (vgl. Art. 96 Abs. 5 des Grundgesetzes), im übrigen Gerichtsbarkeit des Landes aus, wobei in diesen Fällen die Anklage von dem Generalstaatsanwalt in Düsseldorf vertreten wird. 7.3 Demonstrationsstraftaten Wie schon in den vorangegangenen Jahren ist auch die Anzahl der von den Staatsanwaltschaften und Gerichten zu bewältigenden Ermittlungsund Strafverfahren, die durch Demonstrationen oder im Zusammenhang mit solchen begangen worden sind, weiter angestiegen. Zur Bewertung der nachfolgend aufgeführten Zahlen ist anzumerken, daß die erfaßten Vorkommnisse sowohl aus rechtswie aus linksextremistischen Aktivitäten herrühren. Wie bereits in den Jahresberichten für 1978 und 1979 dargelegt worden, ist es bei Veranstaltungen der genannten Art zu strafrechtlich relevanten Übergriffen der Veranstaltungsteilnehmer und von Außenstehenden gegenüber Teilnehmern bzw. von Teilnehmern einer Gegendemonstration gekommen. Ferner sind die Fälle der Ausschreitungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften erfaßt. Im Jahre 1980 hatten die Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 1.687 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. Dabei betrafen 11 Verfahren Straftaten aus dem Hochschulbereich. Insgesamt 1.352 der genannten Verfahren sind im Jahre 1980 abgeschlossen worden, und zwar a) 1.007 Verfahren durch Einstellung, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten, weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber, weil die Beweismittel zu einer Überführung der Beschuldigten nicht ausreichten, b) 93 Verfahren durch rechtskräftige Urteile gegen 163 Personen, c) 31 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 33 Personen, d) 221 Verfahren auf andere Weise. Noch anhängig waren am 31. Dezember 1980 335 Verfahren gegen 616 Personen, wobei in 126 Verfahren gegen 227 Personen bereits Anklage erhoben bzw. der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden ist. Die weiteren Verfahren 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 befinden sich im Ermittlungsstadium, Die genannten Zahlen weisen einen nicht unerheblichen Anstieg der einschlägigen Verfahren aus. Bei den im Jahre 1980 bearbeiteten Ermittlungsverfahren ist, bezogen auf das Jahr 1979, eine Steigerung um 9,8 % zu verzeichnen. Der Anstieg erklärt sich aus der starken Betätigung kommunistisch orientierter Parteigruppierungen im Dortmunder Raum und rechtsextremistischer Kräfte im Raum Bochum. 7.4 Rechtsextremistische Aktivitäten Die Staatsanwaltschaften des Landes hatten im Jahre 1980 insgesamt 803 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. In 47 Verfahren gegen 80 Personen wurde Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt. Rechtskräftig verurteilt wurden 48 Personen, 15 Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 16 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum 672 Ermittlungsverfahren aus den zuvor unter a) genannten Gründen eingestellt. In 22 Fällen haben die Staatsanwaltschaften die Verfahren wegen geringer Schuld der Beschuldigten und geringer Bedeutung der Vorfälle (z. T. gegen Geldauflagen) eingestellt oder im Hinblick auf schwerere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen, von der Erhebung öffentlicher Klagen abgesehen. 7.5 Linksextremistische Aktivitäten Wie schon in den Vorjahren haben Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, die Justizbehörden des Landes nicht unerheblich beschäftigt, wobei wiederum ein Schwerpunkt bei der Staatsanwaltschaft Dortmund lag; hier wurden allein 431 Verfahren wegen einschlägiger Propagandaaktionen neu eingeleitet. Im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Dortmund erscheinen zahlreiche Druckschriften, die von ihr wegen ihrer zentralen Zuständigkeit (SS 7 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) auf strafrechtliche Relevanz überprüft werden. 50 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 8 Zusammenfassung Auch im Jahre 1980 ist vom politischen Extremismus keine ernsthafte Bedrohung der Sicherheit unseres Landes ausgegangen. Für das geringe Interesse, das den extremistischen Parteien entgegengebracht wird, legen die Wahlergebnisse des Jahres ein beredtes Zeugnis ab. Die Gruppierungen der Alten Rechten verlieren insgesamt weiter an Bedeutung, wenn auch nicht übersehen werden kann, daß der Bereich der "nationalfreiheitlichen" Vereinigungen zur Zeit noch einen Aufwärtstrend zeigt. Zugenommen hat auch die Neigung zur Gewalt und die Militanz der Neonazis, der jedoch durch Exekutivmaßnahmen zunehmend Einhalt geboten werden konnte. Im Bereich der Linksextremisten haben sich die Orthodoxen in etwa halten können. Die Gruppierungen der Neuen Linken konnten hingegen ihre internen Schwierigkeiten nicht überwinden, so daß sich die Zerfallserscheinungen weiter fortsetzen. Auch die Basis des deutschen Terrorismus wurde wesentlich geschwächt, ohne daß die Gefahr von Anschlägen als gebannt angesehen werden könnte. Bei den Ausländern waren insbesondere die innenpolitischen Entwicklungen in den Heimatländern Ursachen für Ausschreitungen und Gewalttaten durch extremistische Gruppen. Wenngleich der politische Extremismus, insgesamt gesehen, kaum Fortschritte erzielen und in einigen Bereichen, gemessen an Organisationsstärke und Aktivität, sogar eher abgenommen hat, so darf nicht übersehen werden, daß hierher gehörende Vereinigungen immer wieder versuchen, für einzelne Vorhaben auf dem Wege zum angestrebten verfassungsfeindlichen Ziel auch Bürger zu gewinnen, die meinen, sich damit für allgemein anerkannte Ideale einzusetzen. Darin könnte sich gegenwärtig eher eine Gefährdung für unsere Sicherheit entwickeln als im isolierten Auftreten extremistischer Gruppen. Die Landesregierung wird deshalb auch weiterhin dazu beitragen, den Blick auf extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen zu schärfen und damit den demokratischen Kräften die Abwehr solcher Bestrebungen zu erleichtern. In einer Vielzahl von Vortragsveranstaltungen des Referats Öffentlichkeitsarbeit der Verfassungsschutzbehörde und der Landeszentrale für politische Bildung sowie durch Publikationen ist sie bemüht, auf gefährliche Gegner unseres Rechtsstaates hinzuweisen. 51 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 9 Anhang 9.1 Übersicht über rechtsextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen im Zusammenhang mit diesem Bericht sowie deren Presseerzeugnisse. Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1980 (1979) Aktion Deutsche Einheit AKON 1.200 (800) e.V. 8000 München Bürgerinitiative Ausländerstopp "Deutsche Zukunft" 4630 Bochum-Wattenscheid (unregelmäßig) Bund Heimattreuer Jugend e.V. 400 (400) "Der Trommler" (BHJ) (vierteljährlich) 8500 Nürnberg Deutsche Bürgerinitiative (DBI) 100 (100) "Europäische 3579 Schwarzenborn Freiheitsbewegung" NW 20 (20) (unregelmäßig) Deutsches Kulturwerk 400 (500) "Der Pflegestättenleiter" Europäischen Geistes (DKEG) (unregelmäßig) 8000 München NW 50 (50) Deutsche Volksunion (DVU) 6.000 (5.000) "Deutscher Anzeiger" 8000 München (wöchentlich 20.000) Deutscher Rechtsschutzkreis 40 (-) (DRsK) 4630 Bochum NW 10 (-) Gesellschaft für freie Publizistik 450 (700) "Das freie Forum" (GfP) (vierteljährlich) 6730 Neustadt a.d. Weinstraße 52 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.), 8000 München Junge Nationaldemokraten (JN) 1.000 (1.500) "JB-Global" 5000 Köln (unregelmäßig) "JN-Report" (unregelmäßig) "Junge Stimme" (unregelmäßig) "JN-Intern" (unregelmäßig) Landesverband NW 300 (350) "Pfeil" - JN Münster (unregelmäßig 5.000) "Querkopp" - JN Wuppertal (unregelmäßig) "Stachel" - JN Steinfurt (unregelmäßig) Nationaldemokratische Partei 7.000 (8.000) "Deutsche Stimme" Deutschlands (NPD) (monatlich 100.000) 7000 Stuttgart "Nationaldemokratische Propaganda Depesche Artikeldienst" (zweimonatlich) "NPD-informiert" (unregelmäßig) "NPD-Propaganda-Blitz" (unregelmäßig) "NPD-Profil" (unregelmäßig) Landesverband NW 1.100 (1.500) "NPD-Organisationsspiegel 4630 Bochum-Wattenscheid Nordrhein-Westfalen" (monatlich) NW: 54 Kreisverbände NSDAP-Auslandsund Über 100 (50) "NS-Kampfruf" Aufbauorganisation (NSDAP-A0) (monatlich) Lincoln/USA NW 20 (20) Unabhängige Arbeiterpartei e.V. 120 (120) "Reichs-Arbeiter-Zeitung" (UAP) (monatlich) 4300 Essen NW 60 (60) Unabhängige Freundeskreise 100 (100) "Unabhängige Nachrichten" (UFK) 4630 Bochum 53 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Volksbewegung für 2.500 (-) Generalamnestie (VoGA) 8000 München Volkssozialistische Bewegung 50 (50) Deutschlands (VSBD) 8000 München NW 10 (10) Wiking-Jugend (WJ) 400 (400) "Wikinger" 5190 Stolberg (vierteljährlich) NW 100 (60) Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 9.2 Übersicht über linksextremistische Parteien, nebenund beeinflußte Organisationen im Zusammenhang mit diesem Bericht sowie deren Presseerzeugnisse. Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) 1980 (1979) Bund Sozialistischer Arbeiter 100 (100) "neue Arbeiter Presse" (BSA) (wöchentlich) 4300 Essen NW 50 (50) Bund Westdeutscher 600 "Politische Berichte des Kommunisten (BWK) BWK" 5000 Köln (vierzehntägig) NW 140 Deutsche Friedensunion 2.000 (2.000) "Deutsche Volkszeitung" (DFU) (DVZ) - inoffiziell - 5000 Köln (40.000 wöchentlich) "Pressedienst DFU" (unregelmäßig) "DFU betr. Politik" (unregelmäßig) Landesverband NW 1.000 (1.000) "Pressedienst DFU NRW 4300 Essen (unregelmäßig) 54 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Deutsche Kommunistische 40.000 (40.000) "Unsere Zeit" (UZ) Partei (DKP) Tagesausgaben: 25.000 4000 Düsseldorf Wochenendausgaben: 50.000 "DKP-Pressedienst" (täglich) Zentrale Einrichtungen "Marxistische Blätter" "Institut für Marxistische (alle 2 Monate) Studien und Forschungen" "Nachrichten" - für 6000 Frankfurt am Main Gewerkschaftsfunktionäre (monatlich) "Verein zur Förderung der "Landrevue" - Forschung und des Studiums Informationen für die der Sozialwissenschaften e.V." Landbevölkerung - Frankfurt am Main (unregelmäßig) "Karl-Liebknecht-Schule" "PRAXIS" Leverkusen (unregelmäßig) "Marx-Engels-Stiftung e.V." "Sozialismus konkret" (früher: "Friedrich-Engels(unregelmäßig) Zentrum") "infodienst" - für DKPWuppertal Betriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen (unregelmäßig) "Probleme des Friedens und Sozialismus" - deutschsprachige Ausgabe der in der CSSR hergestellten Schrift - (monatlich) "Notizen" - Informationen der DKP (unregelmäßig) Bezirk Ruhr-Westfalen 7.000 (7.000) 4300 Essen Bezirk Rheinland-Westfalen 5.500 (6.000) 4000 Düsseldorf NW: 44 Kreisorganisationen ca. 120 Kreisund ca. 100 Betriebsund Stadtteilzeitungen Hochschulgruppen ca. 180 Betriebszeitungen ca. 250 Wohngebietsgruppen (Ortsbzw. Stadtteilorganisationen) Gruppe Internationale 400 (500) "was tun" Marxisten (GIM) (zweiwöchentlich) 6000 Frankfurt am Main NW 50 (50) Junge Pioniere (JP) 2.500 (2.500) "Willibald" 4600 Dortmund (zweimonatlich) Landesverband RuhrgebietWestfalen 4300 Essen 55 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Landesverband RheinlandWestfalen 5000 Köln NW (950 - 1.000) (800) Komitee für Frieden, 400 (400) "Bulletin" Abrüstung und (unregelmäßig) Zusammenarbeit (KFAZ) 5000 Köln Kommunistische Partei 500 (500) "Roter Morgen" Deutschlands/Marxisten(6.000 wöchentlich) Leninisten (KPD) "Der Weg der Partei" 4600 Dortmund (theoret. Organ) Landesverband Mitte 200 (250) 4600 Dortmund Kommunistischer Arbeiterbund 700 (420) "Rote Fahne" Deutschlands (KABD) (vierzehntägig) NW 200 (140) Kommunistischer Bund (KB) 800 (900) "Arbeiterkampf" 2000 Hamburg (vierzehntägig) "Unser Weg" (4.000 unregelmäßig) "Die Internationale" (6.000 monatlich) NW 50 (70) Kommunistischer Bund 1.600 (2.410) "Kommunistische Westdeutschland (KBW) Volkszeitung" (KVZ) 6000 Frankfurt am Main NW 285 (700) "Kommunismus und Klassenkampf" Marxistische Arbeiterbildung 90 Gruppen e.V. (MAB) Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus 5600 Wuppertal NW 30 Gruppen Marxistischer Studentenbund 6.100 (5.900) "rote Blätter" Spartakus (MSB) 5300 Bonn NW: 35 Hochschulgruppen 1.400 (1.400) 56 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Rote Garde 350 (450) "Roter Rebell" 4600 Dortmund 100 (100) (monatlich) NW Sozialistische Deutsche 15.000 (15.000) "elan" (inoffiziell) Arbeiterjugend (SDAJ) (40.000 monatlich) 4600 Dortmund Landesverband Ruhrgebiet86 örtliche Zeitungen Westfalen 4300 Essen Landesverband Rheinland80 örtliche Zeitungen Westfalen 5000 Köln NW: 39 Kreisverbände mit 5.000-6.000 (6.000) 188 Ortsgruppen Sozialistischer Jugendbund 100 (200) "links voran" (SJB) (monatlich) 4300 Essen NW 50 (50) 10.000 (10.000) "die tat" Vereinigung der "Pressedienst" Verfolgten des (unregelmäßig) Naziregimes - Bund der "antifaschistischer Antifaschisten (VVNjugenddienst" (Informationen für die BDA) Jugendpresse) 6000 Frankfurt am Main Landesverband NW 4.000 (4.000) "effektiv" 4000 Düsseldorf Organ der VVN-BDA (4x jährlich) unbekannt Kommunistische Vereinigung für Volkszeitung - Ausgabe für revolutionäre Soldaten und Reservisten Volksbildung - Soldaten und Reservisten (VRVSR) 6000 Frankfurt am Main NW 180 1.500 "Volks-Echo" Volksfront (V) (monatlich) 4300 Essen Landesverband NW 600 4630 Bochum (z.T. Mitgliedschaft KPD) 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 9.3 Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst RdErl. d. Innenministers v. 28. 1. 1980 - II A 1 - 1.20.01 - 0/80 Die Landesregierung hat am 18. Dezember 1979 beschlossen, zum 1. Januar 1980 die "Vorläufigen Richtlinien über die Beurteilung von Zweifeln an der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst auf Grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. 5. 1975" aufzuheben und die anliegenden "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst" in Kraft zu setzen. Meinen RdErl. v. 28.4.1976 (MBI. NW.S.869/SMBI. NW. 203020) hebe ich auf. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, die Grundsätze entsprechend anzuwenden. Anlage: Wortlaut der Grundsätze I. Der freiheitliche Rechtsstaat geht von der Verfassungstreue seiner Bürger aus. II. In das Beamten-(Richter-)verhältnis darf nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (SS 6 Abs. 1 Z. 1 LBG, SS 9 Nr. 2 DRiG). Angestellte und Arbeiter müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen (SS 8 Abs. 1 S. 1 BAT, SS 9 Abs. 9 S. 2 MTL II). Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes bekräftigen ihre Pflicht zur Verfassungstreue mit ihrer Eidesleistung bzw. ihrem Gelöbnis. III. Die Feststellung, ob der Bewerber neben den sonst geforderten auch diese Eignungsvoraussetzung erfüllt, treffen die Einstellungsbehörden unter Beachtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. IV. Bei der Feststellung, ob ein Bewerber die für die Einstellung in den öffentlichen Dienst erforderliche Gewähr der Verfassungstreue bietet, sind in der Landesverwaltung einheitlich folgende Grundsätze anzuwenden: 58 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 1 Bei der Entscheidung, ob bei der Verfassungsschutzbehörde angefragt wird, gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: 1.1 Anfragen dürfen nicht routinemäßig erfolgen. 1.2 Anfragen erfolgen nicht, wenn der Bewerber das. 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 1.3 Anfragen erfolgen nicht bei Bewerbern für einen Vorbereitungsdienst, der Voraussetzung für die Ausübung eines Berufes auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ist (z. B. Lehrerund Juristenausbildung). 1.4 Anfragen erfolgen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte darauf hindeuten, daß der Bewerber nicht die Voraussetzung für die Einstellung in den öffentlichen Dienst erfüllt. Die Anhaltspunkte sind in der Anfrage anzugeben. 1.4.1 Anhaltspunkte i. S. dieser Vorschrift können insbesondere gewonnen werden - in der Probezeit - im Vorbereitungsdienst - im Einstellungsverfahren. 1.4.2 Im Einstellungsverfahren finden grundsätzlich Einstellungsgespräche statt. Dabei sind die Bewerber über die Pflicht zur Verfassungstreue gem. Anlage zu belehren. Die Bewerber haben über ihre Verfassungstreue folgende Erklärung abzugeben: "Ich bin über meine Pflicht zur Verfassungstreue und darüber belehrt worden, daß die Teilnahme an Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen ihre grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes unvereinbar ist. Auf Grund der mir erteilten Belehrung erkläre ich hiermit, daß ich meine Pflicht zur Verfassungstreue stets erfüllen werde, daß ich die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und daß ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Ich versichere ausdrücklich, daß ich in keiner Weise Bestrebungen unterstütze, deren Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eines ihrer grundlegenden Prinzipien gerichtet sind. Ich bin mir bewußt, daß beim Verschweigen einer solchen Unterstützung die Ernennung/der Abschluß des Arbeitsvertrages als durch arglistige Täuschung herbeigeführt angesehen wird. Arglistige Täuschung führt zur Zurücknahme der Ernennung/Anfechtung des Arbeitsvertrages." 1.4.3 Soweit den Umständen nach ein Einstellungsgespräch nicht in Betracht kommt, sind Belehrung und Erklärung im Rahmen des schriftlichen Einstellungsverfahrens vorzusehen. 1.4.4 Lehnt ein Bewerber die Abgabe der vorgesehenen Erklärung über seine Verfassungstreue ab oder ergeben sich im Einstellungsverfahren - insbesondere im Einstellungsgespräch - sonstige Bedenken hinsichtlich der Verfassungstreue des Bewerbers, so ist zur Einleitung der Einzelfallprüfung die Anfrage durchzuführen. 1.5 Anfragen dürfen nur erfolgen, wenn eine Einstellung tatsächlich beabsichtigt und die Verfassungstreue nur noch die letzte zu prüfende Einstellungsvoraussetzung ist. 59 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 2 Für die Mitteilung von Erkenntnissen auf Grund von Anfragen der Einstellungsbehörden ist zu beachten: 2.1 Den Einstellungsbehörden dürfen nur solche Tatsachen mitgeteilt werden, die Zweifel an der Verfassungstreue eines Bewerbers gerichtsverwertbar begründen können. 2.2 Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, die Tätigkeiten vor der Vollendung des. 18. Lebensjahres betreffen und Erkenntnisse über abgeschlossene Tatbestände, die mehr als 2 Jahre zurückliegen, dürfen nicht weitergegeben werden, es sei denn, die Weitergabe ist im Hinblick auf das besondere Gewicht der Erkenntnisse nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten. 2.3 Erkenntnisse, die unter eine gesetzlich geregelte Schweigepflicht fallen, dürfen nicht weitergegeben werden. 3 Der Innenminister teilt der anfragenden Einstellungsbehörde und der zuständigen obersten Dienstbehörde Erkenntnisse nach Ziffer 2 unverzüglich mit. 4 Die Einstellungsbehörden des Landes sind verpflichtet, Bedenken, die gegen die Einstellung eines Bewerbers sprechen, und die dafür erheblichen Tatsachen dem Bewerber schriftlich mitzuteilen. 5 Der Bewerber hat das Recht, sich hierzu zu äußern. 6 Findet ein Anhörungsgespräch statt, ist ein Protokoll zu führen. Dem Bewerber ist auf Antrag Einsicht zu gewähren. 7 Die Mitwirkung eines Rechtsbeistandes ist auf Antrag des Bewerbers zu gestatten. Sie ist auf die Beratung des Bewerbers und auf Verfahrensfragen zu beschränken. 8 Die Entscheidung über die Einstellung oder Ablehnung von Bewerbern, deren Verfassungstreue die Einstellungsbehörde nicht für gewährleistet hält, trifft die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Innenminister. 9 Ablehnende Entscheidungen dürfen nur auf gerichtsverwertbare Tatsachen gestützt werden. 10 Dem Bewerber ist die Ablehnungsbegründung unter Angabe der hierfür maßgeblichen Tatsachen, jedenfalls auf seinen Antrag hin, schriftlich mitzuteilen. Der Bescheid erhält eine Rechtsmittelbelehrung. 11 Erkenntnisse, die von den Verfassungsschutzbehörden nicht an die Einstellungsbehörde weitergegeben werden dürfen (Ziff. 2.2, 2.3), dürfen von ihr auch dann nicht verwertet werden, wenn sie ihr von anderer Seite mitgeteilt worden sind. 12 Wenn eine Einstellung trotz vorliegender Erkenntnisse des Verfassungsschutzes erfolgt ist, müssen alle Unterlagen über die Durchführung des Überprüfungsverfahrens aus den Personalakten entfernt werden. V. Die Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Landesbediensteten bleiben unberührt. Anlage zu Ziffer IV 1.4.2 der Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst 60 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Bewerber für den öffentlichen Dienst sind in Einstellungsgesprächen oder im formalisierten schriftlichen Einstellungsverfahren wie folgt zu belehren: "Belehrung Nach SS 55 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes - LBG - (SS 4 Abs. 1 Satz 1 des Landesrichtergesetzes - LRiG -) ist der Beamte (Richter) verpflichtet, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Dementsprechend darf gemäß SS 6 Abs. 1 Nr. 2 LBG (SS 9 Nr. 2 DRiG) in das Beamten-(Richter-)verhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Die Pflicht, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen, ergibt sich für Angestellte aus SS 8 Abs. 1 des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages - BAT - und für Arbeiter des Landes aus SS 9 Abs. 9 des Mantel-Tarifvertrages für Arbeiter der Länder - MTL II -. Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urt. vom 23. 10, 1952 - 1 BvB 1/51 -BVerfGE 2,1; Urt. vom 17.8.1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5,85) eine Ordnung, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist das Gegenteil des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind insbesondere zu rechnen: - Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht auf Leben und freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, - die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung, - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, - die Unabhängigkeit der Gerichte, - das Mehrparteienprinzip, - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien, - das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition: Die Teilnahme an Bestrebungen, die sich gegen diese Grundsätze richten, ist unvereinbar mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Gegen Beamte auf Lebenszeit oder auf Zeit, die sich einer solchen Pflichtverletzung schuldig machen, wird ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst, gegen Beamte auf Probe oder auf Widerruf ein Entlassungsverfahren eingeleitet. 61 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Angestellte und Arbeiter müssen in diesen Fällen mit einer außerordentlichen Kündigung gemäß SS 54 BAT bzw. SS 59 MTL 11 rechnen." (Ministerialblatt Nordrhein-Westfalen 1980 S. 178) 9.4 Leitsätze zum Beschluß des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mal 1975 - 2 BvL 13/73 - 1. Es ist ein hergebrachter und zu beachtender Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG), daß den Beamten eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung obliegt. 2. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern insbesondere in der beruflichen Tätigkeit dadurch, daß der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift. 3. Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt die Verletzung der Treuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei Beamten auf Lebenszeit kann wegen dieser Dienstpflichtverletzung im förmlichen Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden. 4. Es ist eine von der Verfassung (Art. 33 Abs. 5 GG) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. 5. Der Überzeugung, daß der Bewerber die geforderte Gewähr nicht bietet, liegt ein Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers zugrunde, das zugleich eine Prognose enthält und sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründet. 6. Die sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebende Rechtslage gilt für jedes Beamtenverhältnis, für das Beamtenverhältnis auf Zeit, für das Beamtenverhältnis auf Probe und für das Beamtenverhältnis auf Widerruf ebenso wie für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. 7. Wenn auch an die Angestellten im öffentlichen Dienst weniger hohe Anforderungen als an die Beamten zu stellen sind, schulden sie gleichwohl dem Dienstherrn Loyalität und die gewissenhafte Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten; auch sie dürfen nicht den Staat, in dessen Dienst sie stehen, und seine Verfassungsordnung angreifen; auch sie können wegen grober Verletzung dieser Dienstpflichten fristlos entlassen werden; und auch ihre 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Einstellung kann abgelehnt werden, wenn damit zu rechnen ist, daß sie ihre mit der Einstellung verbundenen Pflichten nicht werden erfüllen können oder wollen. 8. Ein Teil des Verhaltens, das für die Beurteilung der Persönlichkeit eines Beamtenanwärters erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt - unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht. 9. Die durch Art. 33 Abs. 5 GG gedeckten Regelungen des Beamtenund Disziplinarrechts sind allgemeine Gesetze im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG. 10. Es steht nicht in Widerspruch zu Art. 12 GG, wenn der hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums im Beamtenrecht verwirklicht wird, vom Bewerber für ein Amt zu verlangen, daß er die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. 11. Dem Staat steht frei, einen Vorbereitungsdienst, dessen erfolgreiche Absolvierung Voraussetzung sowohl für den Staatsdienst im Beamtenverhältnis als auch für einen freien Beruf ist, allgemein so zu organisieren, daß er in einem zivilrechtlichen Anstellungsverhältnis oder in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Verhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses abzuleisten ist. Entscheidet er sich für einen Vorbereitungsdienst, der im Beamtenverhältnis zurückzulegen ist, so muß er für diejenigen, für die ein Beruf außerhalb des Staatsdienstes in Betracht kommt, entweder einen gleichwertigen, nicht diskriminierenden Vorbereitungsdienst anbieten, der ohne Berufung ins Beamtenverhältnis geleistet werden kann, oder innerhalb seiner beamtenrechtlichen Regelung eine Ausnahmevorschrift vorsehen, die es gestattet, den Vorbereitungsdienst auf Wunsch außerhalb eines Beamtenverhältnisses abzuleisten. Im Hinblick darauf, daß in zunehmendem Maße neben die zweistufige juristische Ausbildung eine einstufige Ausbildung tritt, mag es zur rechtlichen Vereinheitlichung des juristischen Vorbereitungsdienstes naheliegen, künftig für alle Juristen die praktische Ausbildung vor der zweiten juristischen Staatsprüfung innerhalb eines öffentlich-rechtlichen RechtspraktikantenVerhältnisses vorzusehen, das kein Beamtenverhältnis ist. 9.5 Leitsätze zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31. März 1976 1. Art. 33 II GG begründet für jeden Bewerber das Recht, bei seiner Bewerbung um ein öffentliches Amt allein nach den in Art. 33 II GG genannten Voraussetzungen - Eignung, Befähigung und fachliche Leistung - beurteilt zu werden. Verstößt die Einstellungsbehörde bei ihrer Auswahl gegen Art. 33 II GG, kann der Bewerber im Regelfall nur verlangen, daß der auf verfassungswidrige Gesichtspunkte gestützte Ablehnungsbescheid aufgehoben wird. Nur unter besonderen Umständen kann sich aus Art. 33 II GG darüber hinaus ein Einstellungsanspruch des Bewerbers ergeben, nämlich dann, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als die Einstellung dieses Bewerbers als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft und mithin die Einstellung als die einzige rechtmäßige Entscheidung der Behörde über die Bewerbung darstellt. 63 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 2. Die "Eignung" eines Bewerbers i. S. von Art. 33 II GG umfaßt fachliche Voraussetzungen, formelle Qualifikationen (z. B. Staatsprüfungen), aber auch charakterliche Eigenschaften und die Bereitschaft, der für das erstrebte Amt erforderlichen politischen Treuepflicht zu genügen. Nicht allen Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes ist das gleiche Maß an politischer Treue abzuverlangen wie den Beamten. Bei Angestellten und Arbeitern müssen sich die in politischer Hinsicht zu stellenden Anforderungen aus dem jeweiligen Amt ergeben. 3. Ein Lehrer und Erzieher muß gesteigerten Anforderungen genügen; er muß den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung vermitteln, Die Fähigkeit und Bereitschaft eines Bewerbers um ein Amt als Lehrer und Erzieher, Grundwerte der Verfassung glaubwürdig darzustellen, kann nicht allein nach seiner Mitgliedschaft in einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, beurteilt werden. Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei ist aber ein wesentliches Indiz dafür, daß der Bewerber die ihm auferlegten Treuepflichten nicht erfüllen kann, mithin die Eignung nicht besitzt. 4. Die verfassungsrechtlich gesicherte Betätigungsfreiheit einer nicht verbotenen politischen Partei und ihrer Mitglieder muß zurückstehen hinter dem ebenfalls verfassungsmäßig verankerten Grundsatz, daß der Staat ungeeignete Bewerber von öffentlichen Ämtern ausschließen darf. 5. Die auf die Person des Bewerbers bezogene Eignungsprüfung kann nicht daran scheitern, daß es für die Beurteilung der politischen Ziele einer Partei durch die Einstellungsbehörde und die zur Entscheidung über den Einstellungsanspruch berufenen Gerichte zur Zeit kein dem verfassungsgerichtlichen Verbotsverfahren vergleichbares Verfahren gibt. Nach den Erkenntnisquellen, die Einstellungsbehörden und Gerichte heute zur Verfügung stehen, hält der Senat es für erkennbar, daß die Ziele der DKP mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. BAG, Urt. v. 31. 3.1976 - 5 AZR 104/74 (Bremen) 9.6 Leitsätze zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5. März 1980 1. Ein Bewerber ist für das Lehramt in einer Realschule nur geeignet (Art. 33 Abs. 2 GG), wenn er den Schülern die Grundwerte der Verfassung glaubwürdig vermitteln kann. 2. Bei der Prüfung, ob ein Bewerber für das öffentliche Amt, für das er sich beworben hat, geeignet ist im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG, steht der einstellenden Behörde ein Beurteilungsspielraum zu. Das gilt auch für die Beurteilung der politischen Treuepflicht. Die Beurteilung ist von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob die Einstellungsbehörde von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie allgemeingültige Bewertungsgrundsätze beachtet hat oder ob sie sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, und ob sie ihre Entschließung in einem fehlerfreien Verfahren getroffen hat. 3. Die einstellende Behörde darf nur auf die individuelle Eignung de5 jeweiligen Bewerbers abstellen, auf sein Verfassungsverständnis, seine Einstellung und das von ihm zu erwartende Verhalten. Die Behörde darf sich nicht auf die 64 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Prüfung formaler Merkmale wie Mitgliedschaft und Aktivitäten in Vereinigungen oder politischen Parteien beschränken. 4. Mitgliedschaft und Aktivitäten in Organisationen mit verfassungsfeindlichen Zielen können Zweifel an der Eignung eines Bewerbers begründen. Es ist Sache des Bewerbers, etwaige Zweifel an seiner Eignung auszuräumen. Dafür genügt nicht die Erklärung, er wolle seine politischen Ziele nur mit verfassungsrechtlich zulässigen Mitteln erreichen. 5. Die einstellende Behörde darf den Bewerber nach einer Mitgliedschaft und nach Aktivitäten in solchen Organisationen fragen. Sie darf bei der Verfassungsschutzbehörde Erkenntnisse über den Bewerber einholen und ihm solche Erkenntnisse vorhalten. 6. Die einstellende Behörde muß bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Dazu können je nach Lage des Falles gehören: etwa eine erfolgreiche Erprobung in einem vorausgegangenen Ausbildungsoder in einem früheren Arbeitsverhältnis und die Gründe, die einen Bewerber zum Beitritt in eine verfassungsfeindliche Organisation bewogen haben. 7. Das Arbeitsgericht hat, wenn es bei der Beurteilung des Bewerbers einen Mangel feststellt, die einstellende Behörde auf diesen Rechtsfehler hinzuweisen und ihr Gelegenheit zu einer neuen Beurteilung zu geben. 8. Eine Klage vor dem Arbeitsgericht auf Übernahme in den Schuldienst als Angestellter ist nicht deshalb unzulässig, weil der Bewerber gleichzeitig vor dem Verwaltungsgericht seine Einstellung als Beamter betreibt. 9.7 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Dregger, Erhard (Bad Schwalbach), Spranger, Dr. Klein (Göttingen), Dr. Jentsch (Wiesbaden), Berger (Herne), Gerlach (Obernau), Regenspurger, Dr. Langguth, Dr. Laufs, Dr. Miltner, Volmer, Biechele, Broll, Krey und der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 8/2305 - Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst (Auszug) Der Bundesminister des Innern D 13 - 210 152/7 - hat mit Schreiben vom 22. Januar 1979 die Große Anfrage namens der Bundesregierung wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Die Bundesregierung bejaht uneingeschränkt das verfassungsrechtliche Gebot der Verfassungstreue von Beamten. Sie wird auch künftig an den dieses Verfassungsgebot konkretisierenden beamtenrechtlichen Regelungen festhalten, nach denen in ein Beamtenverhältnis nur berufen werden darf, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Den Inhalt dieser Verfassungstreuepflicht und die Gesichtspunkte, die bei der Prüfung der Verfassungstreue zu beachten sind, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem grundlegenden Beschluß vom 22. Mai 1975 dargelegt. Die Bundesregierung hat diesen Beschluß zum Bestandteil 65 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 der von ihr am 19. Mai 1976 zustimmend zur Kenntnis genommenen "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue" gemacht. Die Entwicklung der letzten Jahre hat immer deutlicher werden lassen, wie Übermaß und Perfektionierung der Verfassungstreue-Prüfung das Vertrauen in die Freiheit unseres Staates untergraben und vor allem junge Bürger unserem Staat entfremden können. Dies sind Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, die der Staat, dem Schutz und Verteidigung dieser Ordnung aufgegeben sind, ebenfalls berücksichtigen muß. Die Bundesregierung unterstreicht deshalb die Feststellung des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976: "Wir werden alles tun, um die Entstehung eines allgemeinen Mißtrauens zu verhindern, welche die persönliche Ausübung von Grundrechten mit Gefahren für die persönliche berufliche Zukunft belasten könnte; denn dies führt zu Leisetreterei und zu Furcht. Wir wollen aber nicht Furcht, sondern wir wollen die persönliche Bereitschaft, die verfassungsmäßige Ordnung lebendig zu erhalten." Die Entschlossenheit, bei ihren Bestrebungen den vorgegebenen rechtlichen Rahmen einzuhalten, hat die Bundesregierung mit der am 8. November 1978 verabschiedeten Darstellung des verfassungsrechtlichen Rahmens für die Verfassungstreue-Prüfung im öffentlichen Dienst bekundet. 1. Erkennt die Bundesregierung den Verfassungsgrundsatz an, daß Beamte eine besondere über die allgemeinen Bürgerpflichten hinausgehende politische Treuepflicht gegenüber unserem Staat und seiner Verfassung zu erfüllen haben dergestalt, daß sie die Gewähr bieten müssen, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten? Ja. Zum Erfordernis der Verfassungstreue hat die Bundesregierung in ihrer Darstellung vom 8. November 1978 festgestellt: "Nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Bestimmungen (vgl. SS 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Dabei ist nach der Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975 (E 39, 334) für den Eintritt in jedes Beamtenverhältnis die Gewähr der Verfassungstreue eine von der Verfassung geforderte und durch das einfache Gesetz lediglich konkretisierte Eignungsvoraussetzung. Auf der Grundlage des derzeit bestehenden einheitlichen Beamtenstatus kann auf das Erfordernis der Verfassungstreue schon bei der Einstellung auch im Wege einer Gesetzesänderung nicht verzichtet werden. Die demnach gebotene Verfassungstreue-Prüfung erfordert ein Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers, das zugleich eine Prognose enthält' (Leitsatz 5 der BVerfGE vom 22. Mai 1975). Dabei ist nur auf das tatsächliche Verhalten abzustellen; bloße Mutmaßungen ohne tatsächliche Anhaltspunkte können nicht maßgeblich sein." 2. Erkennt die Bundesregierung an, daß diese Treuepflicht von den Angehörigen des öffentlichen Dienstes insbesondere fordert, sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die unseren demokratischen Rechtsstaat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren? 66 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 3. Sind der Bundesregierung derartige Gruppen und Bestrebungen im Bundesgebiet bekannt, und welche sind diese im wesentlichen? Gehören dazu a) die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), b) die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)? 4. Erkennt die Bundesregierung an, daß "eindeutige Distanzierung" und gleichzeitige Mitgliedschaft oder Mitarbeit in diesen Gruppen sich normalerweise gegenseitig ausschließen, oder ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Treuepflicht nur für das dienstliche, nicht aber für das außerdienstliche Verhalten gelte? 5. Wie wird bei der Einstellung von Bewerbern in den Bundesdienst in den Geschäftsbereichen der einzelnen Bundesminister in Fällen einer Mitgliedschaft bei einer Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung diese "Distanzierung" festgestellt? Wie wird ihre Glaubwürdigkeit ermittelt und die notwendige Prognose für die Zukunft erstellt? Die Fragen 2 bis 5 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt zusammen beantwortet: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 festgestellt: "Die politische Treuepflicht - Staatsund Verfassungstreue - fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren." Auf diesen Beschluß hat die Bundesregierung unter Ziffer I der "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue" Bezug genommen. Bestrebungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung und sie tragende Gruppen sind in dem vom Bundesminister des Innern vorgelegten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977 dargestellt, auf den Bezug genommen wird. Der Bericht unterscheidet zwischen Kernorganisationen, deren Nebenorganisationen und den von ihnen beeinflußten Organisationen. Als extremistisch werden dabei ausschließlich solche Organisationen bewertet, deren politische Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als den Kernbestand unserer Verfassung gerichtet sind. Dazu gehört, wie aus dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977 ersichtlich, auch die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), ebenso die sog. K-Gruppen wie z. B. KBW, KPD und KPD/ML. Die Bundesregierung hat in ihrer Darstellung vom 6. November 1978 ausgeführt: "Mit dem Beschluß des BVerfG vom 22. Mai 1975 wäre eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Bewerber um Aufnahme in den öffentlichen Dienst jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht vereinbar. Die Mitgliedschaft in 67 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 einer solchen Partei kann für das prognostische Urteil über die Bewerbungspersönlichkeit relevant sein, sie muß es aber nicht. Die Beurteilung kann nur den Einzelfall im Auge haben und muß sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründen. Eines dieser Einzelelemente kann auch die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung oder Partei sein, ohne daß diesem Element Vorrang vor anderen Einzelumständen zukommt. Dieser Auffassung des Bundesverfassungsgerichts würde es aber ebenso zuwiderlaufen, wollte man die Relevanz bestimmter Einzelelemente, wie z. B. die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei und sogar bestimmter Aktivitäten im Rahmen dieser Mitgliedschaft, für die Gesamtbeurteilung ausschließen. Es ist auch nicht in jedem Einzelfall erforderlich, daß über die bloße Mitgliedschaft oder über bestimmte Aktivitäten im Rahmen einer verfassungsfeindlichen Partei hinaus für die Ablehnung eines Bewerbers außerhalb dieser Partei stattfindende verfassungsfeindliche Aktivitäten festgestellt werden müßten. Dies kann, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, auch aus dem Parteienprivileg des Artikels 21 GG nicht abgeleitet werden; für Vereinigungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung gilt Artikel 21 GG ohnehin nicht. Nach der Entscheidung des BVerfG muß in jedem Falle eine auf diesen Einzelfall bezogene Beurteilung stattfinden. Von der Aufstellung förmlicher Beurteilungskriterien ist daher abzusehen." Dies gilt auch für die Feststellung, ob ein Bewerber sich eindeutig von extremistischen Gruppen und Bestrebungen distanziert. Mit der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Einzelfallprüfung unter Bewertung der jeweils von Fall zu Fall wechselnden Vielzahl von Elementen wäre es ferner unvereinbar, für die Gewinnung des Urteils über die Persönlichkeit eines Bewerbers, der Mitglied einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung ist, generelle Regelungen für die Feststellung zu treffen, ob dieses Mitglied sich im Sinne der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts distanziert. Es lassen sich deshalb auch keine allgemeinen Kriterien nennen, nach denen die Einstellungsbehörden im Rahmen der ihnen obliegenden Prüfung des Einzelfalles die erforderliche Distanzierung feststellen. Zu der Frage, ob für die Beurteilung der Verfassungstreue allein auf das dienstliche Verhalten abgestellt werden kann, hat die Bundesregierung in der Darstellung vom 8. November 1978 festgestellt: "Die beamtenrechtlichen Vorschriften fordern, daß der Beamte 'jederzeit' (vgl. SS 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) und 'durch sein gesamtes Verhalten' (vgl. SS 52 Abs. 2 BBG) für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. Das schließt dienstliches und außerdienstliches Verhalten ein. Es handelt sich bei diesen Erfordernissen um eine Konkretisierung verfassungsrechtlicher Anforderungen, die einer Änderung durch einfaches Gesetz nicht zugänglich sind (Leitsätze 2 und 4 der Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975)." 6. Welche Pflichten haben Mitglieder von Parteien, die sich auf totalitäre Ideologien gründen? Welche Maßnahmen ergreifen solche Parteien, um diese Pflichten durch die Mitglieder zu gewährleisten? Wie verträgt sich die Erfüllung von Mitgliedspflichten in totalitären Parteien mit besonderen Treuepflichten zu unserem freiheitlichen Rechtsstaat? 68 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Die Bundesregierung nimmt zunächst Bezug auf die Beantwortung der Frage 30 in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 8. November 1978 (Plenarprotokoll 8/113 S. 8866). Der Vertreter der Bundesregierung führte damals u. a. aus, daß die in den Verfassungsschutzberichten genannten linksextremistischen Parteien - DKP, KPD, KPD/ML und KBW - nach ihren Statuten bzw. Satzungen von ihren Mitgliedern folgendes fordern: das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus, die aktive Mitarbeit in einer Parteiorganisation, Gehorsam gegenüber der Partei, die aktive Durchsetzung der Politik der Partei in allen Bereichen des Lebens jedes Parteimitgliedes, die Wahrhaftigkeit gegenüber der Partei, und daß nach der Satzung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) Mitglied dieser Partei nur werden kann, wer sich zu diesen Zielen bekennt. Unterschiedliche Maßstäbe legen diese Parteien jedoch hinsichtlich der Erfüllung dieser Pflichten an. Auch die Kontrollmöglichkeiten und Sanktionen sind verschieden. Bei KBW, KPD und KPD/ML hat das einzelne Parteimitglied einen nur geringen persönlichen Freiraum, außerdem gibt die organisatorische Aufteilung dieser Parteien in kleine Zellen der Parteileitung gute Kontrollmöglichkeiten über das Verhalten des einzelnen Mitgliedes. Bei Vernachlässigung der Mitgliedspflichten bzw. bei Verstößen gegen diese Pflichten wird das Mitglied gerügt, zur Selbstkritik genötigt oder aus der Partei ausgeschlossen. Bei der rund 42 000 Mitglieder zählenden DKP sind die Möglichkeiten für eine Kontrolle der Einhaltung der Mitgliedspflichten geringer. Während Mitglieder, die gegen die politische Linie der DKP gerichteten Aktivitäten entfalten, grundsätzlich ausgeschlossen werden, wird wegen zu geringer Aktivität i. S. des Statuts in der Regel kein Parteiordnungsverfahren durchgeführt. Die NPD war auf Grund ihres organisatorischen Zustandes in den letzten Jahren kaum in der Lage, ihrer Satzung Geltung zu verschaffen. Auch vor diesem Hintergrund kommt der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts besondere Bedeutung zu, daß nur eine Einzelfallprüfung Aufschluß darüber geben kann, ob ein Bewerber die Gewähr der Verfassungstreue bietet. 7. Trifft es zu, daß a) die "Berufsverbote"-Kampagne mit ihrer Agitationsvokabel von der "Gesinnungsschnüffelei" durch die DKP, ihre Nebenorganisationen, die von ihr beeinflußten Organisationen sowie die sie lenkenden oder unterstützenden anderen kommunistischen Parteien in Gang gebracht und bis heute gesteuert, intensiviert und zu erheblichen Teilen finanziert wird, b) das Ziel der DKP, welches sie mit dieser Kampagne verbindet, vor allem auch darin besteht, als gleichberechtigte politische Kraft im "demokratischen Verfassungsbogen" akzeptiert zu werden und damit das berechtigte Verdikt verfassungsfeindlicher Zielsetzung abstreifen zu können? 8. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß es das Ziel der kommunistisch gesteuerten "Berufsverbote"-Kampagne ist, jedem Mitglied mindestens orthodox-kommunistischer Organisationen grundsätzlich freien 69 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Zugang zum öffentlichen Dienst zu erkämpfen? Hält es die Bundesregierung für richtig zu versuchen, dieser Kampagne durch Nachgiebigkeit den Boden zu entziehen, insbesondere dadurch, daß auf die Zuziehung von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bei der Prüfung der Gewähr der Verfassungstreue von Bewerbern verzichtet wird? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt beantwortet: Die Bestrebungen der Bundesregierung, die Verfassungstreue-Prüfung bei Bewerbern für den öffentlichen Dienst in einem stärker am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Verfahren durchzuführen, haben weder zum Ziel noch zur Folge daß Extremisten der Weg in den öffentlichen Dienst geöffnet wird. Sie erwachsen aus der Überzeugung, daß in unserem Staat durch eine ausufernde Anfrageund Prüfungspraxis ein gesellschaftliches Klima mit verursacht worden ist, das es vielen Bundesbürgern als riskant erscheinen läßt, politisches !Engagement - gleich welcher Richtung - offen zu zeigen, und in dem die Bereitschaft, unsere Demokratie durch aktives Engagement lebendig zu erhalten, vielfach gerade bei jungen Menschen der Angst gewichen ist, eines Tages hierdurch Nachteile zu erleiden. Dieser Entwicklung, die im Ergebnis die demokratische Substanz dieses Staates eher schwächt als stärkt, gilt es zu begegnen. Die Bundesregierung hat wiederholt darauf hingewiesen, daß Gruppen wie z. B. die DKP mit entgegengesetzter Zielsetzung durch sog. "BerufsverbotsKampagnen" gegen die seit dem Ministerpräsidentenbeschluß von 1972 bestehende Praxis der Verfassungstreue-Prüfung vorgehen. Diesen Kampagnen, die zu Unrecht auf die Nationalsozialistische Terminologie des "Berufsverbotes" zurückgreifen, geht es zum Teil nicht um eine Stärkung der Liberalität in unserem Lande, sondern um die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Extremisten und um die Diskreditierung nicht nur des Verfassungsschutzes, sondern auch des freiheitlichen Staates. Dies kann die Bundesregierung nicht davon abhalten, ihrer Sorge um das gefährdete Vertrauen in die Liberalität unseres Staates Ausdruck zu geben und für eine konsequente Durchsetzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Prüfung der Verfassungstreue einzutreten. Im übrigen kann auf die jährlich vom Bundesminister des Innern vorgelegten Verfassungsschutzberichte verwiesen werden, in denen über die Aktivitäten orthodoxer Kommunisten gegen die "Berufsverbote" berichtet wird (vgl. Verfassungsschutzberichte 1975, S. 50, 66; 1976, S. 64, 83 f.; 1977, S. 67, 79). Hierbei ist durch die Darstellung der "Berufsverbotskampagne" unter dem Abschnitt "Bündnispolitik" zum Ausdruck gebracht worden, daß die Kampagne Teil dieser Politik ist, mit der die DKP das Ziel verfolgt, zu einer "Massenbasis und damit zu größerem politischen Einfluß zu gelangen (vgl. Verfassungsschutzberichte 1975, S. 62 ff.; 1976, S. 79 ff.; 1977, S. 77 ff.). Konkrete Einzelheiten über die Finanzierung der "Berufsverbotskampagne" sind nicht bekannt. Auch die Parteien der "Neuen Linken" wenden sich, wenn auch mit geringem Einsatz, in Publikationen und Aktionen gegen "Berufsverbote". Andere kommunistische Parteien i. S. der Frage 7a waren bisher wegen innerer Rivalitäten und organisatorischer Schwächen daran gehindert, eine größere zentralgesteuerte Kampagne zu organisieren, die an Umfang und Intensität der 70 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 DKP-gesteuerten Kampagne entspricht. Die DKP betont im Interesse der Wirksamkeit ihrer "Bündnispolitik", deren Verwirklichung auch die "Berufsverbotskampagne" dient, und um ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung zu verschleiern, in ihrer Agitation zunehmend auf dem "Boden des Grundgesetz" zu wirken und sich zu seinen "demokratischen Prinzipien" zu bekennen. 9. Erkennt die Bundesregierung an, daß der Beschluß der Ministerpräsidenten der Bundesländer über "Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst" vom 28. Januar 1972 und die gemeinsame Erklärung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten vom gleichen Tage das geltende Recht richtig wiedergegeben haben, richtig wiedergegeben und richtige Folgerungen daraus ziehen, oder welche Punkte des Beschlusses oder der Erklärung hält die Bundesregierung heute - aus welchen Gründen - für a) rechtswidrig, b) politisch untunlich? Erkennt die Bundesregierung insbesondere die Erfahrungsfeststellung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten als richtig an, es werde die (gleichzeitige)"Mitgliedschaft von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Parteien oder Organisationen, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen - wie auch die sonstige Forderung solcher Parteien und Organisationen - ... in aller Regel zu einem Loyalitätskonflikt führen"? Die Aussage im Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972, eine Mitgliedschaft in Organisationen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, begründe Zweifel an der Gewähr der Verfassungstreue des Bewerbers und diese Zweifel rechtfertigten "in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages", ist durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 obsolet geworden. Mit der rechtlich gebotenen Bewertung der Gesamtheit der Einzelelemente, die für die Persönlichkeitsbeurteilung von Bedeutung sind, ist nicht zu vereinbaren, wenn aus der Vielzahl der denkbaren Beurteilungselemente eines, nämlich die Mitgliedschaft, besonders herausgehoben wird. Dies führt zu einer vorweggenommenen und deshalb unvertretbaren Gewichtung dieses Elements, mit der die Gefahr einer automatischen Ablehnung des Bewerbers ohne angemessene Würdigung auch der sonst relevanten Elemente heraufbeschworen wird. 10. Trifft es zu, daß die Bundesregierung, wie der damalige Bundeskanzler Brandt vor einiger Zeit erklärte, dem Beschluß nur deshalb zustimmte, weil sie davon ausging, daß andernfalls aus dem Bereich der CDU/CSU das Verbot der DKP angestrebt werden würde, und was hat den Bundeskanzler bewogen, einem solchen Verbotsverfahren unter allen Umständen entgegenzuwirken? Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972 bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 obsolet geworden ... 11. Trifft es zu, daß die Bundesregierung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berechtigt und verpflichtet ist, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Gruppen oder Parteien nach ihren Erkenntnissen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen? Welches sind die Voraussetzungen 71 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 dafür, daß politische Bestrebungen oder Zielsetzungen von Parteien oder sonstigen Organisationen als verfassungsfeindlich bezeichnet werden müssen? Die Frage ist zu bejahen. Die Bundesregierung verfährt entsprechend. Zur Frage der Berechtigung bzw. Verpflichtung der Bundesregierung, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Gruppen oder Parteien ihren Erkenntnissen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, hat das Bundesverfassungsgericht u. a. folgendes aufgeführt: "Der Umstand, daß die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei bisher nicht ergangen ist, hindert nicht, daß die Überzeugung gewonnen und vertreten werden darf, diese Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele und sei deshalb politisch zu bekämpfen ... Deshalb ist es verfassungsrechtlich unbedenklich und von der politischen Verantwortung der Regierung gefordert, daß sie ihren jährlichen Bericht über die Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien dem Parlament und der Öffentlichkeit vorlegt. Soweit daraus für eine Partei faktische Nachteile (bei der Gewinnung von Mitgliedern oder Anhängern) entstehen, ist sie dagegen nicht durch Artikel 21 GG geschützt" (Entscheidung vom 22. Mai 1975 - BVerfG 39, 334, 360). Die Bundesregierung sieht es in Übereinstimmung mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als erforderlich an, im Rahmen ihrer politischen Aufklärungsarbeit auf Organisationen und Parteien aufmerksam zu machen, die nach ihrer Überzeugung verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Diese Voraussetzung ist bei einer Zielsetzung gegeben, die gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist. Zu diesen Prinzipien sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 2, 1, 13 und 5, 85,140) mindestens zu rechnen: * Die Achtung vor den Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung * die Volkssouveränität * die Gewaltenteilung * die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung * die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung * die Unabhängigkeit der Gerichte * das Mehrparteiensystem * das Recht auf Opposition. Eine gegen diese Prinzipien gerichtete Zielsetzung reicht für den Begriff der Verfassungsfeindlichkeit aus, ohne daß zugleich ein aktiv kämpferisch, 72 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 aggressives Verhalten vorliegen muß, wie es im KPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Voraussetzung für ein Parteiverbot gefordert wird. Dies folgt daraus, daß die Bewertung als "verfassungsfeindlich" sich in ihrer Wirkung auf die politische Aufklärungsarbeit der Regierung beschränkt und Rechtsfolgen mit ihr nicht verbunden sind. Die Befugnis der Regierung solche Bewertungen vorzunehmen, ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch das Willkürverbot in der Weise begrenzt, daß entsprechende Werturteile vertretbar und in der Form sachlich gehalten sein müssen, also nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen (BVerfGE 40, 287, 293). 12. Wie gedenkt die Bundesregierung das geltende Verfassungsund Beamtenrecht zu wahren? Hält sie bei Einstellung in den öffentlichen Dienst Feststellungen darüber für geboten, ob Bewerber gleichzeitig einer der Verfassungsordnung bekämpfenden Gruppe angehören, und auf welche Weise solche Feststellungen getroffen werden? 13. Hält es die Bundesregierung für rechtlich vertretbar, die Feststellung einzelner Einstellungsvoraussetzungen durch eine Vermutung zu ersetzen? Wenn ja, a) kann eine solche Vermutung bei allen Bewerbungen oder nur bei solchen für bestimmte Dienstposten oder Laufbahnen und gegebenenfalls nach welchen Kriterien gelegt werden; b) nach welchen Kriterien unterscheidet sie nachzuweisende und zu vermutende Einstellungsvoraussetzungen? 14. In welchen Fällen können nach Auffassung der Bundesregierung bei der Feststellung der Gewähr der Verfassungstreue Erkenntnisse, die vom Verfassungsschutz auf Grund seines gesetzlichen Auftrages gewonnen wurden, Bestrebungen zu beobachten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, a) durch das Einfühlungsvermögen oder die zufälligen oder systematisch gesammelten Erkenntnisse der für Einstellungen zuständigen Beamten, b) durch gelegentliches oder systematisches Beobachten von zunächst einmal ohne Überprüfung eingestellten Probebeamten durch Vorgesetzte, Kollegen oder Schüler ersetzt werden? Auf welche Weise kann bei einem Verzicht auf die Anfrage beim Verfassungsschutz sichergestellt werden, daß an die Stelle einer Überprüfung der Verfassungstreue eines Bewerbers nicht eine bloße Mutmaßung darüber tritt? Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, "eine Behörde dürfe sich nicht künstlich dumm machen ... Sie darf keineswegs vorhandene Unterlagen bewußt nicht zur Kenntnis nehmen"? Wenn nein, welche Argumente hat sie zur Widerlegung dieser Auffassung? Die Fragen 12 bis 14 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet: 73 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Die von den Fragen berührten Themen sind im wesentlichen bereits in der Darstellung der Bundesregierung vom 8. November 1978 behandelt worden. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ist von der verfassungsrechtlichen Verpflichtung auszugehen, die Gewähr der Verfassungstreue in jedem Fall zu prüfen. Entsprechend der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 24. Oktober 1975, ... geht der freiheitlich-demokratische Staat von der Verfassungsloyalität seiner Bürger aus. Dies bedeutet allerdings keine Rechtsvermutung im Sinne einer Beweislastregelung. Zusammen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erlaubt es dieser Gesichtspunkt jedoch, Nebenwirkungen der Anfragen beim Verfassungsschutz, wie die Störung des Vertrauens in die Liberalität des Staates, mit dem durch sie erreichten Nutzen bei der Abwehr von Extremisten abzuwägen. Aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich keine Verpflichtung, in allen Fällen routinemäßig beim Verfassungsschutz anzufragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich expressiv verbis zum Thema der Anfrage beim Verfassungsschutz nur negativ, und zwar dahin geäußert, daß eine solche Anfrage bei der Übernahme in den Vorbereitungsdienst, die zu zusätzlichen Ermittlungen führen würde, schädlich ist. Eine positive Äußerung dahin, daß und in welchen Fällen eine Anfrage erfolgen muß, weist die Entscheidung nicht auf. Allerdings kann aus dem Beschluß gefolgert werden, daß das Gericht eine Anfrage beim Verfassungsschutz nur als eines von mehreren Mitteln zur Prüfung der Verfassungstreue ansieht: Es bezeichnet Vorbereitungsdienst und Probezeit als Möglichkeiten, "den Bewerber intensiv kennenzulernen, ihn zu beobachten und sich schließlich ein Urteil über seine Persönlichkeit zu bilden". In diesen Zeiträumen, die grundsätzlich jeder Bewerber vor der endgültigen Berufung in das Beamtenverhältnis zu durchlaufen hat, soll sich primär die Eignung eines Bewerbers, zu der auch die Verfassungstreue gehört, erweisen: "Hier, wo sich die Verwaltung unmittelbar ein zuverlässiges Bild über den Anwärter machen kann, muß der Schwerpunkt liegen für die Gewinnung des Urteils, ob der Bewerber die geforderte Gewähr bietet oder nicht' (BVerfGE 39, 334, 356). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht es, die Entscheidung, ob beim Verfassungsschutz angefragt wird, von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig zu machen. Die Bundesregierung lehnt die Auffassung ab, daß schon der Grundsatz der "Einheit der Staatsverwaltung" eine Pflicht zum routinemäßigen Datenaustausch zwischen Verfassungsschutz und Einstellungsbehörde beinhalte. Diese Auffassung widerspräche auch dem im Grundgesetz zum Ausdruck gelangten liberalen Staatsverständnis von den Grenzen der Wirksamkeit des Staates. Damit wäre nicht vereinbar, ohne weiteres die bei den verschiedenen staatlichen Stellen vorhandenen personenbezogenen Daten zu einem umfassenden Persönlichkeitsbild der Bürger zusammenzuführen. Nach dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz) muß auch für die Weitergabe personenbezogener Daten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Wenn mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf routinemäßige Anfragen beim Verfassungsschutz verzichtet wird, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Einstellungsbehörden, welche Feststellungen zu treffen sind und ob im Einzelfall eine Anfrage beim Verfassungsschutz erfolgt. Die Einstellungsbehörden haben dann anzufragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte, die insbesondere während Vorbereitungsdienst und Probezeit gewonnen werden 74 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 können, darauf hindeuten, daß der Bewerber nicht die Voraussetzungen für den Eintritt in den öffentlichen Dienst erfüllt. Wenn von Routineanfragen abgesehen wird, so ist dies nach Auffassung der Bundesregierung auch geeignet, Mißtrauen gegenüber den Verfassungsschutzbehörden abzubauen. Die Bundesregierung weist gegenüber der irrigen Meinung, die Routinenachfrage habe gezielte Nachforschungen ausgelöst, darauf hin, daß es sich nur um die Abfrage des beim Verfassungsschutz bereits vorhandenen, gerichtsverwertbaren Wissens handelte. Dennoch hat die automatische Heranziehung des Verfassungsschutzes wesentlichen Anteil an den besonders bei der jungen Generation vorhandenen Vorbehalten gegenüber dem Verfassungsschutz. Die Bundesregierung hält es für unverzichtbar, daß die Bürger ihren Sicherheitsbehörden Vertrauen entgegenbringen. Ohne dieses grundsätzliche Vertrauen kann auch der Verfassungsschutz seine wichtige Aufgabe nicht erfüllen. Das Grundgesetz will diese Institution, um Freiheit und Toleranz dadurch zu ermöglichen, daß Bestrebungen, die gegen Freiheit und Toleranz gerichtet sind, beobachtet werden. 15 .... 9.8 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Spranger, Dr. Dregger, Dr. Langguth, Broh, Dr. Miltner, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Krey und der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 8/4447 - Extremisten im öffentlichen Dienst Der Bundesminister des Innern - D I4 - M 601 530/4 - hat mit Schreiben vom 30. September 1980 namens der Bundesregierung die Kleine Anfrage wie folgt beantwortet: Die Zahl der Linksextremisten im Bundesdienst hat sich in dem erfragten Zeitraum wie folgt entwickelt: 1976:266,1977:288,1978:271,1979:267. Danach ist die Zahl der Linksextremisten im Bundesdienst gegenüber dem Jahr 1976 praktisch unverändert geblieben. Mit der am 1. April 1979 in Kraft getretenen Neufassung der Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue hat die Bundesregierung für ihren Zuständigkeitsbereich die routinemäßigen Anfragen beim Verfassungsschutz in jedem Fall einer Bewerbung um Einstellung in den öffentlichen Dienst abgeschafft. Sie ist damit einem Gebot des Rechtsstaatsprinzips gefolgt und hat auch für die Weitergabe personenbezogener Daten des Verfassungsschutzes an die Einstellungsbehörden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verwirklicht. Diesem Grundsatz entspricht es, die Entscheidung, ob beim Verfassungsschutz angefragt wird, von den Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen. Das Absehen von der Regelanfrage stimmt überdies mit der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in seiner grundlegenden Entscheidung vom 22. Mai 1975 (BVerfGE 39, 334) überein, daß der Schwerpunkt für die Gewinnung des 75 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Urteils, ob der Bewerber die Gewähr der Verfassungstreue biete oder nicht, in den Vorbereitungsdienst und die Probezeit gelegt werden müsse. Es entbehrt jeder Grundlage, diese Maßnahme als schädlich für unseren Staat zu bezeichnen. Die Bundesregierung ist nach wie vor davon überzeugt, daß durch ein Absehen von der Regelanfrage beim Verfassungsschutz die Demokratie eher gestärkt als geschwächt wird. Von einer besorgniserregenden Zunahme von Extremisten im Bundesgebiet kann nach den Angaben in den Verfassungsschutzberichten auch gar keine Rede sein. Ebenso unbegründet ist die Behauptung, durch einen angeblichen Beschluß der Bundesregierung über die Behandlung von Disziplinarverfahren gegen aktive DKP-Mitglieder sei großer Schaden für den Staat entstanden (vgl. Antwort auf die Fragen 5 bis 9). Zu den einzelnen Fragen: 1. Welches sind die Gründe, die dazu geführt haben, daß die Zahl der Linksextremisten im öffentlichen Dienst von 1944 im Jahr 1976 auf mindestens 2454 im Jahr 1979 angestiegen ist, obwohl im gleichen Zeitraum nach dem Verfassungsschutzbericht 1979 der Bundesregierung die Zahl der Mitglieder in diesen Organisationen angeblich im gleichen Zeitraum zurückgegangen ist? Da die Zahl der im öffentlichen Dienst des Bundes beschäftigten Linksextremisten, wie im Vorwort aufgeführt, im Vergleichszeitraum unverändert geblieben ist, erledigt sich die Frage für die Bundesregierung. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, sich über die Gründe zu äußern, die für einen Anstieg im Länderbereich maßgeblich sind. 2. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, a) wie viele Mitglieder in etwa die im Verfassungsschutzbericht 1979 nicht erfaßten linksextremistischen Sekundärorganisationen haben und b) wie viele dieser Personen Angehörige des öffentlichen Dienstes sind, die den in Frage 1, aufgeführten Linksextremisten im öffentlichen Dienst zugerechnet werden müssen? Die Frage geht offenbar von einem Mißverständnis aus. Die Tatsache, daß Sekundärorganisationen (Arbeitskreise, Initiativen, Komitees, Basisund ad-hocGruppen usw.) in der Organisationsund Mitgliederstatistik des Verfassungsschutzberichts 1979 aus den dort genannten Gründen nicht aufgeführt worden sind, bedeutet nicht, daß diejenigen Personen, die sich in diesen Gruppen linksextremistisch betätigen, bei der Gesamtzahl der Linksextremisten im öffentlichen Dienst nicht miterfaßt wären. Das Gegenteil ist der Fall. Im übrigen ist eine verläßliche Aussage über die Zahl der "Mitglieder" dieser Gruppen den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder aus den im Verfassungsschutzbericht 1979 genannten Gründen nicht möglich. 3. Worauf sind die hohen Anteile der linksextremistischen Lehrer zurückzuführen (1979: 1044), und welches sind die Gründe für das anhaltende Anwachsen der Zahl der linksextremistischen Lehrer (1976: 701)? 4. Wie verteilen sich die Linksund Rechtsextremisten und hierbei gesondert die extremistischen Lehrer auf die einzelnen Bundesländer? Die Fragen lassen sich nur anhand von Verschlußsachenmaterial der Länder beantworten. Eine ausdrückliche Freigabe seitens der Länder wäre erforderlich. 76 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 Im übrigen ist die Veröffentlichung derartiger Zahlen eine Entscheidung, die jedes Land nur für sich treffen kann. Als einziges Land hat 1979 Bayern in seinem Verfassungsschutzbericht die Zahlen linksund rechtsextremistischer Lehrer veröffentlicht. Danach waren 39 linksextreme und acht rechtsextreme Lehrer im Landesdienst Bayern tätig (Vergleichszahlen 1978: 41 linksextreme und sieben rechtsextreme Lehrer und 1977: 28 linksextreme Lehrer). 5. Weshalb hat die Bundesregierung am 20. Juni 1980 den Beschluß gefaßt, bis zur höchstrichterlichen Entscheidung über zwei anhängige Verfahren gegen aktive DKP-Beamte im Bundesdienst das Bundesdisziplinargericht in vergleichbaren Fällen nicht mehr anzurufen, obwohl nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Disziplinargerichte bereits die nominelle Zugehörigkeit zu einer verfassungsfeindlichen Partei ein objektives Dienstvergehen darstellt? Es gibt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1975 in Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur nominellen Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung. Zu dieser Frage liegen zwei unterschiedliche Urteile des Bundesdisziplinargerichts vor, die noch nicht rechtskräftig sind. In den anhängigen Berufungsverfahren ist eine Klärung grundsätzlicher Fragen durch das Bundesverwaltungsgericht zu erwarten. Mit Rücksicht hierauf sollen nach übereinstimmender Auffassung des Bundesressorts vergleichbare Fälle vorerst nicht an das Bundesdisziplinargericht herangebracht werden. Ausgenommen hiervon ist ein Verfahren, in dem der Bundesdisziplinaranwalt beabsichtigt, die Anschuldigungsschrift wegen Verletzung der politischen Treuepflicht auf Grund von Aktivitäten für die NPD beim Bundesdisziplinargericht einzureichen mit dem Ziel, eine höchstrichterliche Entscheidung und Klärung auch in einem solchen Fall zu erreichen. 6. Hält die Bundesregierung den am 20. Juni 1980 gefaßten Beschluß für vereinbar mit dem gesetzlichen Auftrag, Disziplinarmaßnahmen von Amts wegen und so schnell wie möglich durchzuführen, und dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungsgebot, den Beamtenapparat von Verfassungsfeinden freizuhalten? Das in der Antwort zu Frage 5 erwähnte, zwischen den Bundesressorts abgestimmte Verfahren steht nicht im Widerspruch zu der Verpflichtung, den öffentlichen Dienst von Verfassungsfeinden freizuhalten. Es kann darin auch keine Mißachtung des Beschleunigungsgebots gesehen werden. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die zu erwartende höchstrichterliche Entscheidung Grundsätze enthalten wird, die für Disziplinarentscheidungen in vergleichbaren Fällen von wesentlicher Bedeutung sein werden. Sie hält es deshalb für erforderlich, wenn vorerst weitere Verfahren an das Bundesdisziplinargericht nicht herangetragen werden. Unberührt hiervon bleibt das Recht eines betroffenen Beamten, nach SS 66 der Bundesdisziplinarordnung das Bundesdisziplinargericht zur Entscheidung darüber anzurufen, ob eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens vorliegt. 7. Ist es zutreffend, daß die Bundesregierung über den am 20. Juni 1980 getroffenen Beschluß hinaus angeordnet hat, bis zur höchstrichterlichen Entscheidung in den Fällen gegen die beiden DKP-Beamten überhaupt keine Disziplinarverfahren gegen aktive DKP-Beamte im Bundesdienst mehr 77 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1980 durchzuführen, und welche Gründe haben die Bundesregierung zu dieser Entschließung bewogen? Die Bundesregierung hat einen Beschluß im Sinne der Fragestellung nicht gefaßt. 8. Wann ist frühestens mit einer abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in beiden genannten Fällen gegen DKP-Beamte im Bundesdienst zu rechnen? Bei Berufungen gegen Urteile des Bundesdisziplinargerichts kann erfahrungsgemäß damit gerechnet werden, daß die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts etwa ein Jahr nach dem erstinstanzlichen Urteil vorliegt. Danach dürfte eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in den Disziplinarverfahren wegen Verletzung der politischen Treuepflicht Mitte des nächsten Jahren zu erwarten sein. 9. Gegen wie viele Beamte des Bundes sind disziplinarrechtliche Verfahren wegen des Verdachts der Verletzung der politischen Treuepflicht eingeleitet worden, und in wieviel Fällen kann wegen des "Stillhaltebeschlusses" der Bundesregierung das Bundesdisziplinargericht nicht angerufen werden? Wegen Verdachts einer Verletzung der politischen Treuepflicht wurden gegen Beamte des Bundes nach Auskunft des Bundesdisziplinaranwalts insgesamt 22 Disziplinarverfahren eingeleitet, davon elf nichtförmliche und elf förmliche Verfahren. Von den noch nicht bei den Disziplinargerichten anhängigen sieben förmlichen Disziplinarverfahren - auf die sich der zweite Teil der Frage nur beziehen kann - läuft in fünf Fällen die Untersuchung, während in zwei Verfahren z. Z. das Ergebnis der Untersuchung geprüft wird. Das in der Antwort zu den Fragen 5 und 6 erläuterte, zwischen den Ressorts abgestimmte Verfahren steht z. Z. in keinem dieser Fälle einer Anrufung des Bundesdisziplinargerichts entgegen. 78