Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Vorwort ................................................................................................ 3 1 Rechtsextremismus ......................................................................... 4 1.1 Entwicklungstendenz ....................................................................................4 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten (JN) ....................................................................................5 1.3 Deutsche Volksunion (DVU)..........................................................................8 1.4 Wiking-Jugend (WJ)......................................................................................8 1.5 Neonazistische Gruppen und Aktivisten........................................................8 1.6 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten ...................................................11 Aktionen zum 90. Geburtstag HITLERS............................................................11 .............................................................................................................. 5 .............................................................................................................. 9 .............................................................................................................. 6 2 Linksextremismus.......................................................................... 12 2.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................12 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).....................................................12 DKP-orientierte Jugendorganisationen .....................................................18 2.3 "Maoistische" Organisationen .....................................................................20 2.4 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBM)........................................21 2.5 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ..............................................21 2.6 Kommunistische Partei Deutschlands - Marxisten-Leninisten (KPD/ML) ....23 2.7 Trotzkisten...................................................................................................23 ........................................................ Fehler! Textmarke nicht definiert. ........................................................ Fehler! Textmarke nicht definiert. ........................................................ Fehler! Textmarke nicht definiert. ........................................................ Fehler! Textmarke nicht definiert. 3 Verfassungsfeindliche Bestrebungen und öffentlicher Dienst ... 24 4 Ausländerextremismus.................................................................. 29 4.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................29 4.2 Jugoslawen .................................................................................................30 4.3 Palästinenser ..............................................................................................30 4.4 Iren..............................................................................................................30 4.5 Türken .........................................................................................................31 4.6 Iraner...........................................................................................................34 4.7 Kurden.........................................................................................................35 4.8 Afghanen.....................................................................................................35 ............................................................................................................ 36 5 Terrorismus .................................................................................... 37 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 5.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................37 5.2 Rote Armee Fraktion (RAF).........................................................................37 5.3 "Bewegung 2. Juni" .....................................................................................37 5.4 Revolutionäre Zellen (RZ) ...........................................................................37 5.5 Sonstige terroristische Gruppierungen........................................................37 5.6 Terroristisches Umfeld ................................................................................38 5.7 Weitere terroristische sowie sonstige politisch motivierte Gewalttaten .......39 ............................................................................................................ 40 ............................................................................................................ 41 ............................................................................................................ 42 6 Spionageabwehr............................................................................. 43 6.1 Schwerpunkt und Tendenzen......................................................................43 6.2 Werbungen und Werbungsversuche...........................................................43 6.3 Führungsund Verbindungswesen der Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten .................................................................................44 6.4 Verurteilte Agenten .....................................................................................44 7 Strafverfahren................................................................................. 45 7.1 Entwicklungstendenz ..................................................................................45 7.2 Terrorismus .................................................................................................45 7.3 Demonstrationsstraftaten ............................................................................45 7.4 Rechtsextremistische Aktivitäten.................................................................46 7.5 Linksextremistische Aktivitäten ...................................................................47 8 Zusammenfassung......................................................................... 48 9 Anhang............................................................................................ 49 9.1 Übersicht zu erwähnenswerten Parteien, anderen Organisationen und Gruppen im Zusammenhang mit dem Bericht sowie zu deren Presseerzeugnissen..........................................................................................49 9.2 Antwort der Bundesregierung......................................................................55 2 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Vorwort Politischer Extremismus, Terrorismus und Spionage richten sich gegen unseren freiheitlich-demokratischen Staat. Sie dürfen nicht zur Gefahr für ihn werden. Deshalb muß er solche Bestrebungen beobachten und auch öffentlich auf sie hinweisen. Dazu dient nicht zuletzt die Verbreitung der jährlichen Verfassungsschutzberichte. Gerade der Vorrang der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Organisationen macht dies notwendig. Die nordrhein-westfälische Landesregierung trägt hierzu durch die Veröffentlichung ihres Berichts 79 erneut bei. Die politische Beurteilung einzelner Parteien und anderer Gruppen soll mithelfen, bei allen, die es angeht, Klarheit zu schaffen. Die Landesregierung ist hierzu nicht nur berechtigt; sie ist das den Bürgern des Landes auch schuldig. Die Behörden für Verfassungsschutz sind eine vom Grundgesetz gewollte, in ihm verankerte Einrichtung. Ihre an Gesetz und Recht gebundene Arbeit dient der Freiheit und der Demokratie, dem Bestand und der Sicherheit des Staates, in dem wir leben. Dieser Tätigkeit gebührt Anerkennung. Die Bediensteten des Verfassungsschutzes dürfen auch von einer kritischen Öffentlichkeit menschlichen Respekt erwarten. Begründete Kritik müssen sie annehmen. Sie wissen und wollen das selbst. Sie sind verpflichtet und auch bereit, sich der demokratischen Kontrolle zu stellen. Dr. Herbert Schnoor Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen 3 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 1 Rechtsextremismus 1.1 Entwicklungstendenz Die Anzahl rechtsextremistischer deutscher Organisationen, die in unserem Land ansässig sind oder Aktivitäten entfalten, lag Ende 1979 weiterhin bei etwa 30. Ihre nordrhein-westfälische Anhängerschaft geht - insgesamt gesehen - leicht zurück und ist inzwischen knapp unter 2.500 gesunken. Im Bereich der sog. Alten Rechten sind 1979 nennenswert nur die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), die Jungen Nationaldemokraten (JN), die Deutsche Volksunion DVU) und die Wiking-Jugend (WJ) in Erscheinung getreten. NPD und JN verloren zwar weiterhin an politischer Bedeutung, konnten allerdings in etwa ihren Mitgliederstand halten. Bei der DVU zeichnet sich neuerdings ein leichter Aufwärtstrend ab. Im neonazistischen Bereich hat sich die Anhängerschaft in Nordrhein-Westfalen 1979 - bei gleichzeitigem Anstieg im übrigen Bundesgebietzwar zahlenmäßig nicht nennenswert geändert. Bis etwa Mitte des Jahres waren neonazistische Aktivisten jedoch gewalttätiger als früher aufgetreten. Das ergibt sich u. a. aus dem versuchten Sprengstoffanschlag eines NSDAP-Anhängers auf die Bundesbahnstrecke Euskirchen-Bonn und den Sprengstoffanschlägen im Januar 1979 auf Sendeanlagen in Nottuln (bei Münster) und Koblenz. Letztere waren Teil der rechtsextremistischen Reaktionen auf die vom Westdeutschen Rundfunk ausgestrahlte US-Fernsehserie "Holocaust". Zu nennen sind ferner die Waffenfunde Ende Januar/Anfang Februar bei einer im Raum Höxter aufgedeckten "Nationalsozialistischen Kampfgruppe Ostwestfalen-Lippe". Seit dem Sommer 1979 haben sich die neonazistischen Ausschreitungen merklich 4 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 verringert. Auch der Handel mit sog. NS-Artikeln nahm ab. Diese Entwicklung ist auf eine erhebliche Verunsicherung des gesamten rechtsextremistischen Lagers durch verstärkte staatliche Maßnahmen zurückzuführen. Strafprozessuale Maßnahmen gegen Rechtsextremisten nahmen erheblich zu. Zudem ergingen auch mehr Veranstaltungsverbote gegen NPD und Junge Nationaldemokraten als früher. Insbesondere der Strafprozeß vor dem OLG Celle gegen sechs Neonazisten, denen mehrere Raubüberfälle - darunter zwei auf Kölner Geschäftsleute - zur Last gelegt wurden und der mit hohen Freiheitsstrafen für die Angeklagten endete, hat - neben der ablehnenden Haltung der Bevölkerung gegenüber rechtsextremistischen Umtrieben - wesentlich dazu beigetragen, Angriffe des Rechtsextremismus gegenüber Staat und Gesellschaft abzuwehren. 1.2 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten (JN) Allgemeines 5 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Die NPD ist zwar nach wie vor die größte rechtsextremistische Organisation, jedoch bestätigen vor allem die Mißerfolge bei den letzten Wahlen ihre zunehmende Bedeutungslosigkeit. Ihre Mitgliederzahl stagniertnachdem sie 1969 fast 30.000 betragen hatte - bei rund 8.000, von denen sich nur ein Bruchteil aktiv für die Partei einsetzt. Der nordrhein-westfälische Landesverband zählt etwa 1.600 Mitglieder. 6 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Die Jugendorganisation der NPD ,JN'' ist in den letzten Jahren militanter in Erscheinung getreten. Einige Mitglieder arbeiten mit Neonazisten zusammen. Dem Aktivismus der JN verdankt auch die NPD vielfach ihre Wirkung in der Öffentlichkeit. NPD-Parteitage Am 31. März und 1. April 1979 hielt der NPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen in Brüggen einen Parteitag ab. Zum neuen Landesvorsitzenden wurde Karl-Heinz LINDNER gewählt. Auf einem weiteren Landesparteitag am 13. Oktober 1979 in Grevenbroich beschloß der NPD-Landesverband, nicht an der Landtagswahl, wohl aber an der Bundestagswahl 1980 teilzunehmen. Im Zusammenhang mit diesem Parteitag stand eine NPD-Kundgebung am selben Tag in Düsseldorf, an der etwa 70 NPD-Anhänger teilnahmen. Etwa 350 Gegendemonstranten störten die Versammlung durch Lärm, Werfen von Eiern, Knallkörpern und Nebelkerzen. Auf dem Bundesparteitag der NPD am 8,/9. Dezember 1979 in Ketsch bei Mannheim wurde erwartungsgemäß der Parteivorsitzende Martin MUSSGNUG in seinem Amt bestätigt. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende LINDNER wurde zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. Dem neuen Parteivorstand gehören aus Nordrhein-Westfalen ferner Bernd DRÖSE (Dortmund) und Udo HOLTMANN (Mülheim a. d. Ruhr) an. JN-Landeszentrum in Kamen Am 12. Mai 1979 fand in Kamen eine Kundgebung der "Landeskonferenz Antifaschistischer Arbeitskreis NRW" mit etwa 1200 Teilnehmern statt. Sie richtete sich gegen das auf dem Gut Barenbräucker gelegene "JN-Landeszentrum", in dem von den Jungen Nationaldemokraten vor allem Vorstandssitzungen, Schulungsveranstaltungen und Mitgliederversammlungen durchgeführt werden. Im Anschluß an diese Demonstration versuchte ein tschechoslowakisches Fernsehteam, den Besitzer - einen NPD-Funktionär - auf seinem Gut zu interviewen. Dabei kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit ihm und JNAnhängern. Mit einer Ordnungsverfügung hat inzwischen der Stadtdirektor der Stadt Kamen aus baurechtlichen Gründen die Schließung des JNLandeszentrums verfügt. Dem Grundstückseigentümer wurde unter Androhung eines Zwangsgeldes untersagt, das Gutshofgelände für politische Schulungen zu nutzen. "Deutschlandtreffen" 1979 Da das zum Gedenken an den 17. Juni 1953 geplante "Deutschlandtreffen" der NPD in Frankfurt/Main verboten worden war, fand am 16. Juni 1979 eine nicht angemeldete Ersatzkundgebung in Alzenau/Unterfranken statt. Nach Abbruch dieser Veranstaltung fanden sich nordrhein-westfälische NPD-Anhänger abends in Siegen zu einer Versammlung ein. Diese wurde von der Polizei wegen Verstoßes gegen eine Veranstaltungsauflage aufgelöst. Die etwa 80 Kundgebungsteilnehmer formierten sich anschließend zu einem Demonstrationszug, den die Polizei ebenfalls auflöste. Wahlbeteiligung 7 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Für die nordrhein-westfälische Kommunalwahl am 30. September 1979 hatte die NPD lediglich in Unna kandidiert. Hier führte ihr Landesverband einen konzentrierten Wahlkampf unter dem Leitspruch "NPD im Kampf fürs Grundgesetz - Gegen Behördenwillkür und Machtmißbrauch". Sie erzielte 1,21 % der abgegebenen Stimmen (Kommunalwahl 1975: 0,91 %). 1.3 Deutsche Volksunion (DVU) Die vornehmlich im süddeutschen Raum aktive DVU ist der "Alten Rechten" zuzuordnen und wird von dem Herausgeber der" Deutschen National-Zeitung", Dr. Gerhard FREY (München), geleitet. Sie ist 1979 in Nordrhein-Westfalen außer mit einer Kundgebung in Düsseldorf nicht wesentlich in Erscheinung getreten. 1.4 Wiking-Jugend (WJ) Die 1952 durch Zusammenschluß verschiedener rechtsgerichteter Jugendgruppen gegründete WJ, die wie NPD und JN der sog. Alten Rechten zugeordnet wird, hat ihren Sitz in Stolberg. Sie ist nach dem Führerprinzip organisiert, in Gaue und Horste gegliedert und führt Zeltlager für Kinder und Jugendliche durch. Die politische Programmatik der WJ enthält ein Bekenntnis zum Volkstumund Reichsgedanken, zum Aufbau einer nach völkischen Gesichtspunkten gegliederten "Nation Europa" und zum "Sozialismus auf völkischer Grundlage". Am 8. Juli 1979 nahm die Polizei drei Männer fest, die im Kölner Beethoven-Park Schießübungen unternommen hatten. In den Wohnungen von zwei der Beteiligten entdeckte die Polizei mehrere Gewehre, Pistolen, eine Hakenkreuzfahne und mehrere NS-Symbole. Zumindest einer der Beteiligten war Mitglied der WJ. 1.5 Neonazistische Gruppen und Aktivisten Allgemeines Die neonazistischen Gruppen, die im Bundesgebiet inzwischen über bis zu 1.400 Anhänger - mit einem "harten Kern" von etwa 300 Personen - verfügen, sind Aktivistenzusammenschlüsse ohne organisatorische, vereinsmäßige Struktur. Allen Neonazisten gemeinsam sind das uneingeschränkte Bekenntnis zum "Führer Adolf HITLER" und das Streben nach Wiedererrichtung eines nationalsozialistischen Staates. In ihrem Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ist zunehmende Militanz zu beobachten. "Wehrsportgruppen" Die in Nordrhein-Westfalen bekannt gewordenen "Wehrsportgruppen" vertreten - zumindest durch einen Teil ihrer überwiegend jugendlichen Mitglieder - nationalsozialistisches Gedankengut, ohne jedoch ein bestimmtes politisches Ziel zu verfolgen. Ende Januar/Anfang Februar 1979 wurden Hausdurchsuchungen bei insgesamt 21 Personen in den Kreisen Höxter und Holzminden, auf angrenzendem niedersächsischem Gebiet und in Bad Karlshafen/Nordhessen vorgenommen. Dabei fand die Polizei 8 kg Sprengstoff, zahlreiche Waffen und Munition sowie Ausrüstungsgegenstände der Bundeswehr, ferner Hitlerbilder, NS-Wimpel und 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 sonstiges neonazistisches Propagandamaterial namentlich der NSDAPAuslandsorganisation. Nach den polizeilichen Ermittlungen bildete der betroffene Personenkreis eine straff organisierte sog. Wehrsportgruppe, die sich auch "Nationalsozialistische Kampfgruppe Ostwestfalen-Lippe" nannte. Ihre Mitglieder waren überwiegend rechtsextremistisch orientiert. Die Gruppe sah ihre Betätigung als "vormilitärische Ausbildung" an. Während ihrer Übungen wurde mehrfach auch scharf geschossen. Planungen gewaltsamer bewaffneter Aktionen bestanden nicht. Am 29. Oktober 1979 durchsuchte die Polizei die Wohnungen mehrerer Jugendlicher in Bielefeld. Sie stellte außer Metallschleudern, Schlagstöcken, Gesichtsmasken, Schrotpatronen und ähnlichen Gegenständen auch ein Hitlerbild, zwei Hakenkreuzarmbinden und zwei Koppel mit Hakenkreuzschnallen sicher. Die Jugendlichen hatten auf einem Privatgelände in Bielefeld Geländeübungen abgehalten. Ein 18jähriger Maurerlehrling, der die Gruppe anführte, gab sich bei seiner Vernehmung als Anhänger des NS-Regimes zu erkennen. Sein Bemühen, den übrigen, jüngeren Mitgliedern nazistisches Gedankengut nahezubringen, blieb offenbar erfolglos. NSDAP-Auslandsorganisation (NSDAP-AO) Die NSDAP-AO wurde etwa 1972 von dem Deutsch-Amerikaner Gary (Gerhard) REX LAUCK gegründet. Sie hat ihren Sitz in Lincoln, Nebraska/USA, und spielt eine maßgebende Rolle für die NS-Propagandatätigkeit in derBundesrepublik Deutschland. Sprachrohr der NSDAP-AO ist die Monatsschrift "NS-Kampfruf", die - wie auch anderes NS-Propagandamaterial - auf Anforderung im Postwege verschickt und die von Rechtsextremisten auch in Nordrhein-Westfalen bezogen wird. Der "NS-Kampfruf" verstärkte 1979 seine aggressive Polemik. Die Ausgabe März/April 1979 (Nr. 31) ruft zu "Widerstand" und "Vergeltung" auf gegen den "Justizterror" des "Justizpöbels" und der "Systembonzen", der sich gegen die "Nationalsozialisten" richte, und sie droht: "Wenn das System den Terror will, soll es ihn bekommen." In einem Artikel zur Verjährungsfrage werden alle, die sich wie "Tagediebe", "Parlamentslumpen und -narren in den Schwatzbuden von Hamburg bis Wien an ihrem eigenen Volk versündigen", für vogelfrei erklärt; sie hätten "das Recht auf Leben verwirkt". Weiter heißt es: Die Schande solcher "Existenzen" könne "nur mit Blut vom deutschen Volkskörper abgewaschen werden. Wir warten auf unsere Stunde, die kommen wird, und dann aber gnade den parlamentarischen Menschenjägern ihr Gott! " In der Ausgabe Nr. 35 November/Dezember 1979 wird den NSDAP-AO-Anhängern nahegelegt, "lügnerischen Journalisten, Richtern und Staatsanwälten" in "Terrorprozessen" gegen "Nationalsozialisten" durch Drohanrufe die Prozesse zu erschweren. 9 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (VSBD) Die 1971 von dem ehemaligen NPD-Funktionär Friedhelm BUSSE (München) ursprünglich unter der Bezeichnung "Partei der Arbeit" gegründete VSBD versteht sich als "revolutionäre" Partei mit dem Ziel, die bestehende Gesellschaftsordnung in eine "Volksdemokratie" mit nationalsozialistischer Grundlage umzuwandeln. Die VSBD operiert zwar mit Bezeichnungen wie Statut, Zentralkomitee, Bundesgeschäftsstelle, Zentralorgan, die den Bestand einer Partei vortäuschen sollen; sie ist jedoch lediglich eine ungegliederte Vereinigung mit einzelnen Anhängern in verschiedenen Bundesländern, so auch in Nordrhein-Westfalen. Von der VSBD wird seit einigen Jahren zunehmend nationalsozialistisches Gedanken gut propagiert; ihre Anhänger feiern historische Höhepunkte der ehemaligen NSDAP. Unabhängige Freundeskreise (UFK) 10 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Die von dem 41jährigen Bergingenieur Martin VOIGT (Bochum) geleiteten UFK bildeten sich 1969 aus ehemaligen Funktionären und Mitgliedern der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher" (AUD). Die Gruppierung versteht sich als parteibzw. organisationsunabhängiger Kreis. Ihre wesentlichen Aktivitäten bestehen in Jahresund Vortragsveranstaltungen. Sie gibt die Monatsschrift ,,Unabhängige Nachrichten" (UN) heraus, in denen sie sog. Geschichtsfälschungen und Greuellügen bekämpft. Am 22. Mai 1979 führten die UFK eine Vortragsveranstaltung zum Thema ,,HITLERS Weg zum Krieg" mit dem britischen Historiker David IRVING durch. NSDAP-Gruppe WÜBBELS Der Frührentner Wilhelm WÜBBELS (Bocholt) ist Leiter eines nach ihm benannten kleinen Funktionärskreises von NSDAP-Anhängern, der sich bisher vergeblich bemühte, die in der Bundesrepublik tätigen NS-Zirkel und ihre Aktivitäten zu koordinieren. Publikationsorgan dieser Gruppe war seit 1977 die NS-Kampfschrift "Wille und Weg". Deren Erscheinen wurde durch Beschlagnahme der Druckunterlagen und Vervielfältigungsgeräte bei WÜBBELS am 30. Mai 1979 verhindert. Bei einer erneuten Durchsuchung von WÜBBELS' Wohnung und Arbeitsräumen im August 1979 fand die Polizei neben weiteren Beweismitteln eine 13seitige Schrift mit dem Titel "Das Märchen vom bösen Wolf". Darin werden den NSAktivisten detaillierte Anweisungen zur Herstellung und Anwendung u. a. von Molotow-Cocktails, Bomben, Schwarzpulver und Zündmitteln aller Art gegeben, um die "Freiheitskämpfer" zu "durchschlagenden Aktionen zu befähigen". Die Schrift, bisher unbekannten Urhebers, wird derzeit in neonazistischen Kreisen verbreitet. 1.6 Sonstige rechtsextremistische Aktivitäten Aktionen zum 90. Geburtstag HITLERS Aus Anlaß von HITLERS 90. Geburtstag (20. April) schmierten bisher unbekannte Täter in mehreren Orten im Bundesgebiet, u. a. in Köln, Münster und Siegburg, NS-Symbole und -Parolen. Andere nennenswerte Aktivitäten im Bereich Nordrhein-Westfalens waren nicht zu verzeichnen. Verlag H. F. Kathagen Seit etwa 12 Jahren vertreibt der Verlag H, F. Kathagen, Witten, rechtsextremistische Bücher, Flugblätter und regelmäßig erscheinende Zeitschriften wie "Mut" und "Unabhängige Nachrichten" (UFK-Sprachrohr). In Werbeprospekten des Verlags wird versucht, das "Dritte Reich" zu rechtfertigen. Sie offenbaren eine antijüdische Einstellung. 11 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 2 Linksextremismus 2.1 Entwicklungstendenz Die linksextremen Bestrebungen in Nordrhein-Westfalen wurden auch 1979 vorwiegend von den vier kommunistischen Parteien bestimmt, deren Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind: * der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) als der bei weitem stärksten linksextremistischen Kraft, * dem Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW), * der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) sowie * der Kommunistischen Partei Deutschlands - Marxisten-Leninisten (KPD/ML), die über ihre Funktionäre ein breites Spektrum von Nebenorganisationen (Jugendund Studentenorganisationen) Aktionskomitees und lokale Sympathisantengruppen steuern. Daneben waren weitere linksextreme Organisationen, die in Nordrhein-Westfalen lediglich über örtlich begrenzte Stützpunkte verfügen, wie z. B. der * Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD), * der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) und * der Kommunistische Bund (KB) bemüht, in unserem Lande mehr Fuß zu fassen. Die Gesamtzahl ihrer Mitglieder und Anhänger - 1978 in Nordrhein-Westfalen auf über 20.000 Personen geschätzt - stagniert; in Teilbereichen des linksextremen Lagers ist eine eindeutig rückläufige Tendenz zu erkennen. Insgesamt ist es den linksextremen Parteien und Gruppierungen, die die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung beseitigen möchten, trotz des unvermindert hohen publizistischen Aufwandes auch 1979 nicht gelungen, auf die Bevölkerung des Landes stärkeren Einfluß auszuüben. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Ziele Spitzenfunktionäre der DKP haben 1979 die im Parteiprogramm formulierten Zielvorstellungen der DKP (Sozialismus nach den grundlegenden Merkmalen der SED und der KPdSU durch Errichtung der "Herrschaft der Arbeiterklasse") erneut bekräftigt und ausdrücklich auf den unmittelbaren Zusammenhang der DKP mit der 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verbotenen KPD hingewiesen. Anläßlich einer Veranstaltung zum 60.Jahrestag der Gründung der KPD am 6. Januar 1979 in Essen erklärte der DKP-Vorsitzende Herbert MIES, daß die Partei in der "revolutionären Kontinuität" stehe, die vor 60 Jahren zur Gründung der KPD 12 iz.iy urber + ' ä eg Re, KEnlIdE: Ela FIimnHEMER:Tir Erd RATHAUS Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 geführt habe. Das Vermächtnis der Gründer der KPD sei in der DDR bereits erfüllt. Trotz der unterschiedlichen Bedingungen und Aufgabenstellungen in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland wirkten die SED, die SEW und die DKP in der "gemeinsamen Tradition des Kampfes der KPD''. Am 22. Mai 1979 führte der Parteivorstand der DKP in Bonn eine Veranstaltung "30 Jahre Grundgesetz - 30 Jahre Bundesrepublik" durch. Auch hier bekannte sich der DKP-Vorsitzende zur "Kontinuität des 30jährigen Friedenskampfes" der Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland. Parteiorganisation - Mitgliederzahl Die DKP verfügt als mitgliederstärkste und - schon wegen ihrer Zuschüsse aus der DDR finanzkräftigste Organisation des linksextremen Lagers zwar nach wie vor über einen straffgegliederten, funktionsfähigen Parteiapparat, ihre Mitgliederzahl ist jedoch in Nordrhein-Westfalen in den ersten Monaten 1979 erstmalig 15 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 zurückgegangen. Diese Entwicklung ist vornehmlich darauf zurückzuführen, daß sich die Partei unter Hinweis auf den besonderen Charakter der DKPMitgliedschaft durch eine "Umtauschaktion" (Aushändigung neuer Mitgliedsbücher) von beitragssäumigen und als unzuverlässig angesehenen Mitgliedern getrennt hat. Hinzu kommt, daß den natürlichen Abgängen keine entsprechenden Neuaufnahmen gegenüberstehen, so daß für unser Land nunmehr von einer Mitgliederzahl von etwa 13.000 ausgegangen wird. Davon entfallen auf die Bezirksorganisation Ruhr-Westfalen (Sitz: Essen) etwa 7.000 und auf die Bezirksorganisation Rheinland-Westfalen (Sitz: Düsseldorf) etwa 6.000 Mitglieder. Finanzierung Die DKP hat den Rechenschaftsbericht über ihre Einnahmen im Jahre 1979 noch nicht vorgelegt. Er wird erst im Herbst 1980 erwartet. Für 1978 gab die Partei Gesamteinnahmen in Höhe von DM 13.686.978,47 an. Im Jahre 1979 dürften die "offiziellen" Einnahmen kaum höher gewesen sein. Eine auch nur annähernde Deckung der tatsächlichen Kosten für die Unterhaltung des kostspieligen Parteiapparates, die Ausrichtung von Parteitagen und öffentlichen Großveranstaltungen sowie für die aufwendige Publizistik und Agitation ist damit nicht möglich. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß die DKP für die Finanzierung ihrer Parteiarbeit und für ihre Nebenorganisationen im Berichtsjahr weit mehr als 50 Millionen DM aus der DDR erhalten hat. Betriebsarbeit Für die DKP sind die Betriebe nach wie vor das "Hauptfeld des Klassenkampfes" (so der stellvertretende DKP-Vorsitzende Hermann GAUTIER). Die Kommunisten sehen hier ,,die besten Möglichkeiten, den Arbeitern die Unversöhnlichkeit ihrer Klasseninteressen mit denen der Bourgeoisie bewußt zu machen" (DKPParteivorstand). Träger der betrieblichen Aktivitäten sind etwa 100 Betriebsgruppen (Schwerpunkt Metallindustrie), deren wesentliche Aufgabe darin besteht, DKP-Mitglieder in den Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauenskörpern zu unterstützen und in Betriebsund Gewerkschaftsversammlungen "den Standpunkt der Arbeiterklasse überzeugend zu vertreten". Unterstützt wird die DKP-Betriebsarbeit weiter durch etwa 180 Betriebszeitungen mit einer durchschnittlichen Auflage von 1.000 Exemplaren pro Zeitung, durch überregionale "Arbeiterberatungen" sowie durch eine intensive, auf Betriebsarbeiter ausgerichtete Schulung in den drei "Betriebsarbeiterschulen" in Dortmund, Düsseldorf und Essen. 1979 wurden verstärkte Bemühungen der DKP-Führung erkennbar, im öffentlichen Dienst tätige DKP-Mitglieder zu "Betriebsgruppen öffentlicher Dienst" lokal - und im Bereich des Gesundheitswesens regional - zusammenzufassen. Trotz dieser Anstrengungen ist es der DKP in den Betrieben nicht gelungen, ihre eigene Basis zu vergrößern. Für 1980 wurde daher von der Parteiführung die Losung herausgegeben: "Tausende Betriebsarbeiter für die Partei gewinnen". Schulung 16 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Die DKP-Führung geht nach wie vor davon aus, daß sie ihre ideologisch begründeten Ziele nur dann realisieren kann, wenn sie ihre Mitglieder permanent und intensiv schult. Für die Anleitung und Durchführung der Mitgliederschulung stehen ihr - neben den Parteigruppen - * das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V." in Frankfurt am Main, * die "Marxistische Arbeiterbildung" (MAB) als Dachverband der lokalen MABBildungsgruppen und der "Marxistischen Abendschulen" (MASCH) mit Sitz in Wuppertal, * die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen" in Dortmund, Düsseldorf und Essen (siehe Betriebsarbeit), das "Friedrich-Engels-Zentrum" in Wuppertal, * die "Karl Liebknecht-Schule" in Leverkusen sowie Schulungseinrichtungen der SED in Ost-Berlin und der KPdSU in Moskau zur Verfügung. Allein an der "Karl Liebknecht-Schule'' fanden 1979 39 Lehrgänge für Parteimitglieder aus dem ganzen Bundesgebiet statt. UZ-Pressefest Die DKP ließ durch ihr Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) vom 22. bis 24. Juni 1979 auf dem Grugagelände in Essen ein "Volksfest" durchführen. Hierfür zahlte sie an die Eigentümerin eine Pacht von 450.000 DM. Während der drei Veranstaltungstage bot die DKP ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm mit etwa 1.000 Künstlern und Sportlern aus 20 Ländern, überwiegend aus den Ostblockstaaten. Der Eintritt war kostenlos. In den Restaurationsbetrieben gab es DKP-Informationsstände, Filmvorführungen und Angebote kommunistischer Literatur. Parteifunktionäre versuchten, das Publikum mit der Politik der DKP vertraut zu machen. Diese Versuche blieben jedoch weitgehend erfolglos, da sich die etwa 400.000 Besucher an den drei Veranstaltungstagen im wesentlichen nur für die künstlerischen und sportlichen Darbietungen interessierten. Beteiligung an Wahlen - Europawahl (10.Juni 1979) Zur Vorbereitung der Europawahl fand am 17. Februar 1979 in Saarbrücken eine Bundesdelegiertenkonferenz der DKP mit etwa 200 Teilnehmern statt. Es wurden 78 Kandidaten für eine Bundesliste gewählt, davon 22 aus Nordrhein-Westfalen, Bei der Wahl erhielt die DKP in Nordrhein-Westfalen 37.249 = 0,5 % der abgegebenen gültigen Stimmen. Das Ergebnis entsprach dem Bundesdurchschnitt und reichte nicht für ein Mandat im Europaparlament. Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen (30. September 1979) Die DKP hatte sich seit Juli 1979 ganz auf die Kommunalwahlen konzentriert. Wegen der Erwartung eines für sie insgesamt ungünstigen Wahlergebnisses 17 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 bildete sie in solchen Gemeinden Schwerpunkte ihres Wahlkampfes, in denen sie sich überdurchschnittliche Erfolge versprach, wie in Ahlen, Bottrop, Gevelsberg, Gladbeck und Hattingen. In diesen Städten wurde eine massierte Agitation mit Unterstützung auswärtiger Wahlhelfer, besonders aus Niedersachsen und Hamburg, geführt. Zur Wahl stellte die DKP in 23 kreisfreien Städten und 7 Kreisen 1.693 Kandidaten auf. Folgende Mandate konnte sie erringen: in Bottrop 5 (vorher ebenfalls 5) in Gladbeck 5 (vorher 3) in Ahlen 4 (vorher keine) in Gevelsberg 3 (vorher keine) in Hattingen 3 (vorher keine) DKP-orientierte Jugendorganisationen Die DKP versucht nach wie vor, ihre begrenzte Resonanz in der Bevölkerung und ihre schwache politische Basis durch eine verstärkte Ansprache der Jugend, einschließlich der Studenten, zu verbessern. Dabei kann sie darauf zählen, daß gerade unter jungen Menschen Naivität und Unerfahrenheit bei gleichzeitiger Ablehnung etablierter gesellschaftlich-politischer Verhältnisse und idealistisches Engagement für allgemein anerkannte politische Werte, wie z. B. Frieden, soziale und nationale Befreiung sowie eine Neigung zu abstrakt-ideologischer Betrachtungsweise sich zugunsten der Ziele der DKP auswirken können. Die der DKP zuzuordnenden Jugendorganisationen * die "Jungen Pioniere" (JP), * die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) und * der Marxistische Studentenbund (MSB) Spartakus sind zwar organisatorisch von der DKP unabhängig. Ihre ideologisch-politische Grundausrichtung deckt sich jedoch voll mit dem Programm und den Zielen der DKP, die auch personell die Führung dieser Organisationen in der Hand hat. Die DKP betrachtet die drei Verbände als die ganz in ihrem Sinne wirken den Jugendorganisationen; diese ihrerseits bekennen sich so vollauf zur DKP und ihren Lehren, daß sie als deren Nebenorganisationen bezeichnet werden müssen. Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) (für Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren) Sie verfügen in Nordrhein-Westfalen zur Zeit über insgesamt 80 örtliche Gruppen in den beiden Landesverbänden Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen, deren Grenzen sich mit denen der entsprechenden DKP-Bezirke decken. Die JP versuchen, mit attraktiven Veranstaltungen, wie Kinderfesten, überörtlichen, groß aufgezogenen Festivals und Zeltlagern und den alljährlichen, sehr preisgünstigen Ferienreisen in die DDR, insbesondere auch Kinder aus nichtkommunistisch eingestellten Elternhäusern für ihre Organisation zu gewinnen. Trotz gelegentlicher Erfolge wird der derzeitige Entwicklungsstand der Organisation von der Führung als nicht befriedigend angesehen. Dabei spielt weniger der vielerorts auftretende Mangel an Versammlungsräumen als der an 18 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 geeigneten Betreuern, die vorwiegend aus DKP, SDAJ und MSB Spartakus genommen werden, eine Rolle. Daß im letzten Jahr in Einzelfällen angebotene Plätze für DDR-Ferienreisen ungenutzt blieben, läßt möglicherweise auf nachlassendes Interesse an diesen Veranstaltungen schließen. Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) (für junge Arbeitnehmer - einschließlich Auszubildende - und Schüler ab 14 Jahre) Sie ist in Nordrhein-Westfalen - ebenso wie die JP - in die zwei Landesverbände Ruhr-Westfalen und Rheinland-Westfalen mit insgesamt 44 Kreisverbänden und 173 Ortsgruppen gegliedert. Die Mitglieder der Führungsgremien auf Bundesund Landesverbandsebene und in den meisten Fällen auch bei Kreisverbänden und Ortsgruppen gehören überwiegend gleichzeitig der DKP an. Überregionales Sprachrohr der SDAJ istanstelle eines offiziellen Zentralorgans - das Jugendmagazin "elan''. Es gibt insgesamt 166 örtliche Gruppen-, Betriebs-, Berufsschulund Schülerzeitungen, von denen aber nur wenige regelmäßig erscheinen. Neben der seit jeher als besonders wichtig angesehenen Betriebsarbeit, die sich in 47 betriebsbezogenen örtlichen Zeitungen manifestiert, hat die SDAJ im letzten Jahr vor allem die Schülerarbeit intensiviert. Zur Zeit gibt sie in Nordrhein-Westfalen 21 Zeitungen für Schüler heraus. Während die SDAJ - dem Beispiel der DKP folgend - sich in der Vergangenheit bei ihren Aktivitäten verhältnismäßig gemäßigt zeigte - offensichtlich um sich von den, ebenfalls als Kommunisten auftretenden "Chaoten'' abzugrenzen - wandten SDAJAngehörige bei drei Aktionen in Ahlen, Bottrop und Düsseldorf im Herbst 1979 Gewalt an. Auf dem VI. Bundeskongreß der SDAJ im Mai 1979 wurde - erstmals in der Geschichte der SDAJ - öffentlich Kritik an der von der DKP bestimmten politischen Linie laut. Ein Gastredner, der die zwielichtige Haltung der SDAJ-Führung in der Kernkraftfrage, die Behandlung der Regime-Kritiker in der DDR und die von oben diktierte Meinungsbildung in der SDAJ kritisierte, erhielt demonstrativen Beifall. Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Der MSB, der sich nach eigenen Angaben der politischen Zielsetzung der DKP solidarisch verpflichtet fühlt, hat sich nach anfänglichen und im Laufe der Zeit erfolglosen Versuchen, die neue Studentenschaftsgesetzgebung zu unterlaufen, weiterhin mit Erfolg bemüht, durch Teilnahme an Wahlen zu Vertretungsorganen der Studentenschaften auf die akademische Jugend Einfluß zu gewinnen. Bei diesem Bestreben bedient sich der MSB auch des "Sozialistischen Hochschulbundes'' (SHB), seines in der Zielsetzung ähnlichen, aber nicht auf die DKP festgelegten Bündnispartners, sowie der mit ihm sympathisierenden, sogenannten unabhängigen Wahlgruppierungen, die sich an einzelnen Hochschulen - meist zeitlich begrenzt - bilden. Bündnispolitik der DKP Bei ihrer vergleichsweise geringen Mitgliederzahl und ihrem bescheidenen Wählerpotential weiß die DKP, daß sie ihr revolutionäres Endziel, die Errichtung des marxistisch-leninistisch verstandenen Sozialismus und schließlich den Kommunismus, nur langfristig anstreben und nur in Etappen mit Hilfe von Bündnispartnern erreichen kann. Sie läßt daher nichts unversucht, ihre 19 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Einflußmöglichkeiten in der Bevölkerung dadurch auszudehnen, daß sie immer wieder die scheinbar unverfängliche Forderung nach Herstellung eines "breiten Bündnisses aller demokratischen Kräfte" erhebt und allgemein-demokratische Ziele vorgibt. In dieser Weise ist es ihr auch im abgelaufenen Jahr gelungen, über ihre Anhänger auf Friedensbewegungen und solche gegen das Wiederaufleben des Faschismus im kommunistischen Sinne Einfluß zu nehmen. Außenpolitisch sollen vor allem die Entspannung und die friedliche Koexistenz im kommunistischen Verständnis dieser Begriffe popularisiert werden. Der Trennung Westeuropas und insbesondere der Bundesrepublik Deutschland von den USA gilt das vordringliche Interesse; der Nachrüstungsbeschluß der NATO ist dabei der besonders aktuelle Angriffspunkt. Vereinigungen wie * der Deutschen Friedens-Union (DFU) * dem Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) * der Deutschen Friedensgesellschaft Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) * der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), die gerade auf diesen Gebieten ihr Wirkungsfeld haben, war es schon seit Jahren nicht oder kaum mehr möglich, gegen den Willen der DKP wesentliche Beschlüsse durchzusetzen. Auch auf die Initiative "Weg mit den Berufsverboten" konnte die Partei inzwischen ebenfalls maßgebenden Einfluß nehmen. Daß Nichtkommunisten in diesen Vereinigungen mitwirken, und zwar auch solche, an deren demokratischer Integrität kein Zweifel besteht, macht solche kommunistisch beeinflußten Organisationen in den Augen der DKP um so wertvoller. Sie glaubt, so zu einer Massenbasis und damit zu immer größerem politischen Einfluß zu gelangen, als er ihr aus eigener Kraft möglich wäre. Mit den bisherigen Ergebnissen ihrer Bündnispolitik ist die DKP allerdings immer noch unzufrieden, wenngleich sie den Wegfall der "Regelanfrage" in den Einstellungsverfahren bei Bewerbern für den öffentlichen Dienst als einen beachtlichen Erfolg ihrer darauf gerichteten politischen Initiative ansieht. 2.3 "Maoistische" Organisationen Entwicklungstendenz Die wichtigsten "maoistischen'' Organisationen (KBW, KPD, KPD/ML, KABD, KB) haben auch 1979 ihre organisatorische und politische Stagnation nicht überwinden können. Der chinesisch-vietnamesische Konflikt hat nicht nur die ideologischen Gegensätze zwischen den genannten Gruppierungen erneut deutlich werden lassen, sondern sie auch in ihren eigenen Zielvorstellungen unsicher werden lassen. Während der KBW die Zahl seiner Mitglieder in Nordrhein-Westfalen in etwa halten konnte, zeigten sich bei der KPD Ende 1979 deutliche Auflösungserscheinungen. Insgesamt ist das mobilisierbare Potential der "maoistischen" Gruppen in Nordrhein-Westfalen weiter zurückgegangen. 20 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 In gleicher Weise vollzieht sich die Entwicklung bei den Jugend-, Studentenund den sonstigen Nebenorganisationen des "maoistischen'' Lagers. 2.4 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBM) Das "Zentrale Komitee" des KBW hat im Januar 1979 beschlossen, seine Mitglieder auf das ganze Bundesgebiet zu verteilen, um "in ganz Westdeutschland und Berlin (West) eine schlagkräftige Präsenz zu gewährleisten". Zu diesem Zweck wurde das Bundesgebiet in "Kreise" (nicht immer identisch mit Verwaltungsgrenzen) mit 80.000 - 300.000 Einwohner eingeteilt. In jedem dieser "Kreise" sollten mindestens drei Parteimitglieder ihren Wohnsitz nehmen. Diese Pläne konnten 1979 zum großen Teil realisiert werden. Die Regionalleitung Mitte (Sitz Köln) traf folgende Änderungen ihrer Organisation: Die Bezirksleitung Bergisches Land (Sitz Wuppertal) wurde aufgelöst. Die Bereiche Wuppertal, Remscheid und Solingen wurden Bezirksleitung Rhein (Sitz Düsseldorf), der Bereich des Ennepe-Ruhr-Kreises der Bezirksleitung Ruhr (Sitz Essen) und der Bereich des Oberbergischen Kreises der Bezirksleitung RheinSieg (Sitz Köln) unterstellt. Weiterhin übernahm die Bezirksleitung Niederrhein (Sitz Duisburg) die Anleitung der Bereiche Bottrop, Oberhausen und Mülheim a. d. Ruhr von der Bezirksleitung Ruhr (Sitz Essen). Auf örtlicher Ebene trat der KBW vornehmlich durch Informationsstände und Plakataktionen in Erscheinung. Hierbei führte er seine Unterstützungsaktionen für militante Befreiungsbewegungen, so in Simbabwe und neuerdings in Kambodscha, fort. Die Zahl der Teilnehmer an Kundgebungen und Veranstaltungen ist weiterhin zurückgegangen. Vereinigung für revolutionäre Volksbildung - Soldaten und Reservisten (VRV-SR) Im Januar 1979 rief das ZK des KBW die Mitglieder der Soldatenund Reservistenkomitees (SRK) auf, unter dem Namen "Vereinigung für revolutionäre Volksbildung - Soldaten und Reservisten" eine neue Organisation zu schaffen. Sie soll "all denjenigen, die für das Programm des KBW eintreten wollen, ein großes Feld der revolutionären Tätigkeit eröffnen, ohne die strengen Anforderungen des Statuts des KBW zu erheben". Der Aufbau der VRV-SR wurde im Jahre 1979 weitgehend vollzogen. Sie führt monatlich auf Kreisebene und halbjährlich auf Bezirksebene Mitgliederversammlungen durch. 2.5 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) Die KPD ist 1979 in eine tiefgreifende politische und organisatorische Krise geraten, die u. a. auf die hohe Verschuldung der Partei und des Verlages des KPD-Zentralorgans "Rote Fahne" zurückzuführen ist. Im Dezember 1979 hat das ZK der KPD festgestellt, daß der Weg, den die Partei eingeschlagen habe, gescheitert sei. An der Basis in Nordrhein-Westfalen ist eine heftige Diskussion über die Lage der Partei entbrannt, die zu dem Beschluß des ZK der KPD geführt hat, im Frühjahr 1980 einen Parteitag durchzuführen, der über die Zukunft der Organisation befinden soll.*) 21 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Nennenswerte öffentliche Aktionen der in Nordrhein-Westfalen nur in wenigen Orten präsenten KPD waren nicht festzustellen. Von der Krise der Partei sind auch deren Jugendund Studentenorganisationen * Kommunistischer Jugendverband Deutschlands (KJVD) * Kommunistischer Studentenverband (KSV) sowie die * Liga gegen den Imperialismus betroffen, die alle an Bedeutung verlieren. Ihre Nebenorganisation "Rote Hilfe e.V." (RH) hat die KPD aufgelöst. Der Zentralvorstand der Roten Hilfe teilte den 22 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 örtlichen Gruppen mit, daß es keinen Sinn habe, die Organisation aufrechtzuerhalten. *) Auf dem 111. Parteitag vom 7. bis 9. März 1980 ist die Auflösung der Partei beschlossen worden. 2.6 Kommunistische Partei Deutschlands - Marxisten-Leninisten (KPD/ML) Infolge der Streitigkeiten in der Parteiführung war die Handlungsfähigkeit der Organisation 1979 erheblich beeinträchtigt. Auch die Jugendorganisation, die Rote Garde, hat in ihrer Aktivität spürbar nachgelassen. Die KPD/ML versuchte jedoch, die zum 1. Mai initiierte "Kampagne gegen die Aussperrung" zu aktivieren und gründete bzw. steuerte verschiedene Initiativen wie z. B. die "Initiative keine Jugendpolizei in Nordrhein-Westfalen''. Am 6. Oktober 1979 gründeten Funktionäre und Anhänger der KPD/ML die ,,Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg; für Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Frieden" (Volksfront). Die KPD/ML will sich im Rahmen dieser Organisation an der Bundestagswahl 1980 beteiligen. Der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD), der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) und der Kommunistische Bund (KB) sind 1979 in Nordrhein-Westfalen in der Öffentlichkeit nicht wesentlich in Erscheinung getreten. 2.7 Trotzkisten Die Tätigkeit der trotzkistisch-kommunistischen Gruppen in der Bundesrepublik ist nach wie vor gekennzeichnet durch ihre Zersplitterung in neun miteinander rivalisierende Organisationen, die sich vorwiegend mit ihren ideologischen Auseinandersetzungen beschäftigen. Sie spiegeln damit die Zersplitterung im internationalen Trotzkismus wider, da sich fast jede deutsche Gruppe als "nationale Sektion" einer entsprechenden internationalen Dachorganisation versteht, über arbeitsfähige örtliche Gruppen - auch in Nordrhein-Westfalen - verfügen lediglich die Gruppe Internationale Marxisten (GIM) und der Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) mit seiner Jugendorganisation Sozialistischer Jugendbund (SJB), während es sich bei den übrigen Vereinigungen nur um Funktionärsgruppen handelt, Keine trotzkistische Gruppe hat bisher nennenswerte politische Bedeutung erlangt. 23 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 3 Verfassungsfeindliche Bestrebungen und öffentlicher Dienst Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst eingehend Stellung genommen. Danach fordert die politische Treuepflicht des Beamten "mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift. Der Staat - und das heißt hier konkreter, jede verfassungsmäßige Regierung und die Bürgermuß sich darauf verlassen können, daß der Beamte in seiner Amtsführung Verantwortung für diesen Staat, für ,seinen' Staat zu tragen bereit ist, daß er sich in dem Staat, dem er dienen soll, zu Hause fühlt - jetzt und jederzeit und nicht erst, wenn die von ihm erstrebten Veränderungen durch entsprechende Verfassungsänderungen verwirklicht worden sind." Der Staat dürfe daher keinen Bewerber zum Staatsdienst zulassen oder im Staatsdienst belassen, der die freiheitliche demokratische, rechtsund sozialstaatliche Ordnung ablehnt und bekämpft. Wie das Bundesverfassungsgericht weiter ausführt, steht das Parteienprivileg gemäß Art. 21 GG dieser Verfassungsentscheidung nicht entgegen: "Art. 33 Abs. 5 GG fordert vom Beamten das Eintreten für die verfassungsmäßige Ordnung, Art. 21 Abs. 2 GG läßt dagegen dem Bürger die Freiheit, diese verfassungsmäßige Ordnung abzulehnen und sie politisch zu bekämpfen, solange er es innerhalb einer Partei, die nicht verboten ist, mit allgemein erlaubten Mitteln tut. Die besonderen Pflichten des Beamten sind nicht aufgestellt in Ansehung der Interessen der politischen Partei, insbesondere nicht zur Behinderung ihrer politischen Aktivitäten, sondern in Ansehung der Sicherung des Verfassungsstaates vor Gefahren aus dem Kreis seiner Beamten. Ihr besonderer Status, ihre Kompetenzen wären ohne das Erfordernis der politischen Treuepflicht des Beamten die ideale Plattform für Bestrebungen, die geltende Verfassungsordnung außerhalb des von der Verfassung gewiesenen Weges zu verändern und umzustürzen. Es geht nicht darum, daß der Beamte wegen seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei benachteiligt wird. Die Frage ist vielmehr, ob der Beamte in seinem Amt die politische Treuepflicht verletzt oder nicht verletzt, und ob der Bewerber um ein Amt seiner Persönlichkeit nach die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Das sind Fragen, die sie selbst durch ihr Verhalten beantworten. Ein Stück des Verhaltens, das für die hier geforderte Beurteilung der Persönlichkeit des Bewerbers erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, - unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht. Es wäre geradezu willkürlich, dieses Element der Beurteilung einer Persönlichkeit auszuscheiden, also den Dienstherrn zu zwingen, die Verfassungstreue eines Beamten zu bejahen, weil eine Entscheidung des 24 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungswidrigkeit einer Partei aussteht - eine Entscheidung übrigens, die von einem Antrag abhängt, der weithin im Ermessen der Antragsteller steht und schwerlich nur deshalb gestellt werden wird, um Amtsbewerber ablehnen oder gegen Beamte wegen Verletzung ihrer politischen Treuepflicht dienststrafrechtlich einschreiten zu können. Der Umstand, daß die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei bisher nicht ergangen ist, hindert nicht, daß die Überzeugung gewonnen und vertreten werden darf, diese Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele und sei deshalb politisch zu bekämpfen." Ausgehend von diesem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts hat die Bundesregierung am 22. Januar 1979 in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage von Abgeordneten der CDU/ CSU zum Thema "Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst" - Bundestags-Drucksache 8/2481 - Stellung genommen. Auf die Antwort zu den Fragen, in denen unter Bezugnahme auf den Verfassungsschutzbericht des Bundesministers des Innern für das Jahr 1977 die NPD, die DKP sowie die K-Gruppen KBW, KPD und KPD/ML als Beispiele verfassungsfeindlicher Bestrebungen namentlich erwähnt werden, wird besonders hingewiesen. Außerdem hat die Bundesregierung folgende Anfragen aus dem Bundestag betreffend die verfassungsfeindlichen Zielsetzungen hier in Betracht kommender Organisationen beantwortet: Aus dem Bereich des Rechtsextremismus zu NPD, Junge Nationaldemokraten, National-Freiheitliche Rechte sowie neonazistische Gruppen: Antwort vom 11. Januar 1979 auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestags-Drucksache 8/2463 unter Bezugnahme auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD und FDP-BundestagsDrucksache 8/2184 vom 12. Oktober 1978 - Aus dem Bereich des Linksextremismus zu DKP, SDAJ und MSB Spartakus: Antwort vom 29. Oktober 1975 auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestags-Drucksache 7/4231; Antwort vom 17. März 1978 auf eine weitere Kleine Anfrage von Abgeordneten der CDU/CSU-BundestagsDrucksache 8/1640. Darüber hinaus liegen zahlreiche Gerichtsentscheidungen vor, in denen mit zum Teil eingehender Begründung von der verfassungsfeindlichen Zielsetzung hier genannter Organisationen ausgegangen wird. Für den Bereich des Rechtsextremismus wird auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Oktober 1975 (BVerfGE 40, 287 ff.) hingewiesen. Mit diesem Beschluß hat das Bundesverfassungsgericht einen Feststellungsantrag der NPD gegen die Aussage des Bundesministers des Innern im Verfassungsschutzbericht 1973 über die verfassungsfeindliche Zielsetzung dieser Partei als unbegründet verworfen. Zur verfassungsfeindlichen Zielsetzung der NPD wird ferner hingewiesen auf das rechtskräftige Urteil des 25 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 12. Januar 1977 (2 K 1236/76). Zur verfassungsfeindlichen Zielsetzung linksextremistischer Organisationen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem bereits erwähnten Beschluß vom 22. Mai 1975 folgende generelle Feststellung getroffen: "Eine Partei, die beispielsweise programmatisch die Diktatur des Proletariats propagiert oder das Mittel der Gewalt zum Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung bejaht, wenn es die Verhältnisse zulassen sollten, verfolgt verfassungsfeindliche Ziele." Was im besonderen die DKP betrifft, so hat bereits das Bundesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf zahlreiche Entscheidungen in seinem Urteil vom 31. März 1976 (5 AZR 104/74) festgestellt, daß die bisher von abgelehnten Bewerbern angerufenen Verwaltungsgerichte einheitlich zu der Auffassung gelangt sind, die DKP verfolge verfassungsfeindliche Ziele. Es wird hierzu ferner hingewiesen auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. April 1977 (VII C 17.74) und vom 29. Oktober 1979 (2 CB 30.77) und die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, beispielsweise aus jüngster Zeit das Urteil vom 12. März 1979 (VI A 1541/76) und den Beschluß vom 23. Mai 1979 (VI A 1580/77). Zur DKP-Nebenorganisation MSB Spartakus wird Bezug genommen auf die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. Mai 1977 (IV 200/77) und vom 24. Januar 1978 (IV 1606/77). Die verfassungsfeindliche Zielsetzung von KPD, KPD/ML und KBW ist ebenfalls in zahlreichen Gerichtsentscheidungen festgestellt worden, so u. a.: zur KPD im Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. September 1977 (6 (7) 525/76) und im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 1979 (VI A 205/77), zur KPD/ML im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. Juni 1977 (IV 271/77) und im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 23,. Januar 1978 (B 53/77), zum KBW im Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Hessen vom 15. Januar 1975 (I TG 40/74), im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 3. November 1977 (2 AZR 321/76), im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 26. September 1978 (OVG D 9.77) und im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bremen vom 4. Oktober 1978 (OVG DHBA 1/77). Unter den rund 343.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ohne Vorbereitungsdienst) befinden sich (Stand 31. Dezember 1979) 115 Personen, die linksbzw. rechtsextremen Parteien oder Organisationen zuzurechnen sind (Linksbzw. Rechtsextremisten). Sie verteilen sich auf die einzelnen Ressorts wie folgt. 26 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Auf der Grundlage der bis zum 31. Dezember 1979 geltenden "Vorläufigen Richtlinien über die Beurteilung von Zweifeln an der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst auf Grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975" sind im Berichtsjahr 46.311 Anfragen für Bewerber für den öffentlichen Dienst (Landesdienst) eingegangen. In 1.508 Fällen (3,26 %) lagen Erkenntnisse bei der Verfassungsschutzabteilung vor. Den Einstellungsbehörden sind jedoch nur in 117 Fällen (0,25 %) Erkenntnisse, die einer Einstellung entgegenstehen könnten, mitgeteilt worden. In 33 Fällen (0,071 %) ist die Einstellung in den öffentlichen Dienst nach Anhörung des Bewerbers abgelehnt worden. Bei dem Personenkreis, über den Erkenntnisse vorlagen und auf Anfrage mitgeteilt worden sind, handelt es sich - wie bereits in den vergangenen Jahren - im wesentlichen um Bewerber für die Übernahme in den Schuldienst. 27 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Nach den von der Landesregierung beschlossenen neuen "Grundsätzen für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst" (MBI. NW. 1980 S. 178) wird seit dem 1. Januar 1980 die Verfassungsschutzabteilung bei der Einstellung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst nur noch durch Anfrage im Einzelfall beteiligt, wenn der Einstellungsbehörde tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die darauf hindeuten, daß der Bewerber im Hinblick auf seine Verfassungstreue nicht die Voraussetzungen für eine Einstellung in den öffentlichen Dienst erfüllt. Die Bewerber sind vor ihrer Einstellung eingehend über ihre Pflicht zur Verfassungstreue zu belehren und darauf hinzuweisen, daß die Teilnahme an Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eines ihrer grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes unvereinbar ist. Sie haben ferner eine Erklärung über ihre Verfassungstreue und eine Versicherung dahingehend abzugeben, daß sie derartige Bestrebungen in keiner Weise unterstützen. Über mögliche Folgen des Verschweigens einer solchen Unterstützung sind sie zu belehren. Ablehnende Entscheidungen dürfen nur auf gerichtsverwertbare Tatsachen gestützt werden. Die Entscheidung über die Einstellung oder Ablehnung von Bewerbern, deren Verfassungstreue die Einstellungsbehörde nicht für gewährleistet hält, trifft die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Innenminister. 28 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 4 Ausländerextremismus 4.1 Entwicklungstendenz Im Jahre 1979 stieg die Zahl der Ausländer in Nordrhein-Westfalen um etwa 50.000 - darunter rund 36.000 Türken - auf insgesamt etwa 1.277.000 an. Hiervon hängt nur ein geringer Anteil extremistischen oder extremistisch beeinflußten Ausländerorganisationen an, Er beläuft sich aber immerhin auf schätzungsweise 17.000 Personen, unter denen etwa 14.000 Türken das größte Extremistenkontingent bilden. Gegenstand u. a. von Demonstrationen türkischer, iranischer, kurdischer, koreanischer und afghanischer Gruppen waren häufig die politischen, revolutionären oder kriegerischen Auseinandersetzungen in den Heimatländern. Bei diesen Aktivitäten kam es gelegentlich zur Gewaltanwendung, wie die Botschaftsbesetzungen in Bonn durch Koreaner und Perser im Oktober und November 1979 zeigen. In zahlreichen Fällen richteten sich die Aktivitäten extremistischer Ausländergruppen - namentlich von Jugoslawen, Palästinensern, Iren, Türken und Iranern - aber auch gegen unseren Staat und die gesellschaftspolitischen Gegebenheiten in der Bundesrepublik Deutschland. Hierdurch wurden die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen und die deutschen auswärtigen Belange in Einzelfällen nicht unerheblich beeinträchtigt. Die in Nordrhein-Westfalen lebenden Exilkroaten, die den jugoslawischen Staat - z. T. mit Gewalt - bekämpfen, wurden 1979 einmal durch ein weiteres jugoslawisches Auslieferungsersuchen, zum anderen durch die Ermordung des Exilkroaten MILOS in starke Unruhe versetzt. In ihren Kreisen geht man davon aus, daß der jugoslawische Geheimdienst für den Mord verantwortlich sei. Palästinensische Aktivisten versuchten 1979 in Elten und Passau mit Sprengmitteln und falschen Pässen einzureisen. Angesichts dieser und ähnlicher Vorfälle läßt sich nicht ausschließen, daß im Bundesgebiet palästinensische Terroranschläge auf Einrichtungen insbesondere der am Friedensvertrag von 1979 beteiligten Staaten Israel, Ägypten und USA, verübt werden. Die Polarisierung der rechten und linken Kräfte unter den Türken in NordrheinWestfalen hat sich 1979 verstärkt, damit auch die latente Neigung zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Dies zeigt schlaglichtartig der von türkischen Linksextremisten im Dezember 1979 verübte Sprengstoffanschlag auf das Vereinslokal eines rechtsextremistischen Türkenvereins in Köln. Die Polarisierung wurde und wird noch gefördert durch die Bildung einer eher konservativen neuen Regierung in der Türkei und durch die weltweite Belebung des Islams Dem Sieg revolutionärer islamischer Kräfte über das Schah-Regime in Persien zum Jahresbeginn folgten in Nordrhein-Westfalen im Sommer 1979 Übergriffe vornehmlich von KHOMEINI-Anhängern gegenüber Landsleuten, die der Zusammenarbeit mit dem früheren iranischen Geheimdienst bezichtigt wurden. Die Forderung der persischen Revolutionsmacht nach Auslieferung des "Massenmörders" Schah durch die USA, welche in der Besetzung der Teheraner US-Botschaft mit Geiselnahme gipfelte, wurde in den letzten Monaten des Jahres 1979 mehrfach und nachdrücklich auch von hier ansässigen iranischen Studenten erhoben. 29 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Wie im Vorjahr machte die irische Untergrundorganisation IRA auch 1979 aufgrund von - vermutlich ihr zuzuschreibenden - Bombendrohungen und Sprengstoffanschlägen gegen die Britische Rheinarmee und andere öffentliche Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen von sich reden. Überhaupt haben die Gewaltandrohungen von Ausländern gegen öffentliche, zumal ausländische Einrichtungen in unserem Land gegenüber den Vorjahren erheblich zugenommen. Diese Entwicklung wirft besondere Probleme für die Sicherheitsbehörden wie für die auswärtigen Belange auf. 4.2 Jugoslawen Am 19. April 1979 wurde der zuletzt in Köln lebende Exilkroate Jozo MILOS bei Horrem/Erftkreis ermordet aufgefunden. Ein politischer Hintergrund der Tat liegt nahe. Aufgrund der Forderung Jugoslawiens nach Auslieferung des Exilkroaten DRAGOJA (Frankfurt), die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 19.'September 1979 für zulässig erklärt wurde, entstand auch unter den in Nordrhein-Westfalen lebenden Exiljugoslawen Beunruhigung, welche an die exilkroatischen Aktionen gegen die drohende Auslieferung des Stjepan BILANDZIC (Köln) im Jahre 1978 erinnerte. Unter anderem kam es am 10. November 1979 in Frankfurt zu einer Protestdemonstration, an der auch Kroaten aus Bochum und Köln teilnahmen. Die Bundesregierung hat inzwischen eine Auslieferung DRAGOJAs abgelehnt. 4.3 Palästinenser Der Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten (24. März 1979) war weiterhin Gegenstand der Agitation palästinensischer Gruppen auch in NordrheinWestfalen. Am 29. April 1979 wurden am deutsch-niederländischen Grenzübergang Elten zwei Palästinenser, die persische Pässe mit sich führten, bei der Einreise festgenommen, Einer von ihnen besaß zusätzlich den gleichen Ausweis wie ein zuvor in Passau verhafteter einreisender Palästinenser, bei dem und bei dessen Begleiter etwa 40 kg Sprengstoff und zahlreiche falsche Pässe gefunden wurden. 4.4 Iren Durch Bombenexplosionen beschädigt wurde am 10. Juli 1979 die Dortmunder Offiziersmesse einer Einheit der Britischen Rheinarmee. Weitere Explosionen ereigneten sich kurz danach auf einem britischen Kasernengelände in Dortmund. Die Anschläge richteten erheblichen Sachschaden an. Ob es sich hierbei um Aktionen der Irischen Republikanischen Armee (IRA) handelte - wie offenbar bei den Sprengstoffanschlägen auf nordrhein-westfälische Einrichtungen der Britischen Rheinarmee im August 1978 -, blieb bislang ungeklärt. Am 14. Oktober 1979 kam es auf dem Gelände der britischen NAAFI in KrefeldLinn zu einer weiteren Explosion. Der Täter ließ sich nicht ermitteln. Die Explosion wurde durch brisante Sprengmittel ausgelöst, wie sie von der IRA verwendet werden. 30 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 4.5 Türken Rechtsextremisten Die Anhänger und Mitgliedsvereine der extrem nationalistischen "Föderation Demokratischer Türkischer Idealistenvereinigungen in Europa" (ADÜTDF) traten 1979 wieder mit sog. Kulturoder Folklore-Veranstaltungen in Erscheinung, die gleichzeitig politischen Charakter hatten. Vielfach waren diese Veranstaltungen von Gegendemonstrationen türkischer und deutscher Linksextremisten begleitet. Hervorzuheben ist eine zentrale Kundgebung am 20. Mai 1979 in Köln, bei der etwa 5.000 rechtsgerichtete Türken gegen die von ihnen als kommunistisch beeinflußt empfundene Berichterstattung der türkischen Redaktion des WDR protestierten. Eine zur selben Zeit von deutschen demokratischen Organisationen wie auch von linksextremistischen Türken beabsichtigte Gegenveranstaltung wurde wegen befürchteter gewalttätiger Auseinandersetzungen polizeilich verboten; sie wurde am 30. Mai 1979 nachgeholt. Die Funktionäre und Mitläufer der ADÜTDF, die von der extrem nationalistischen türkischen "Partei der Nationalen Bewegung" (MHP) maßgeblich beeinflußt wird, zeichnen sich durch ausgeprägten, teils islamisch-religiös bedingten Antikommunismus aus. Beispielsweise heißt es (in Übersetzung) in dem Flugblatt eines in Nordrhein-Westfalen ansässigen ADÜTDF-Mitgliedsvereins, das im November 1979 verbreitet wurde: "Die Hunde (gemeint sind Linksextremisten) versuchen, uns an den Ostblock zu verkaufen ... Es ist Zeit, daß wir aufwachen und vor denen (den Roten) ein Tor aufbauen ... Wenn ALLAH uns erlaubt, werden wir Hand in Hand, Schulter an Schulter, gegen die roten Rebellen kämpfen und siegen." Dies kennzeichnet den Stil der verbalen Auseinandersetzungen der MHPAnhänger, die sich auch "Graue Wölfe'' nennen, mit ihren politischen Gegnern. Für den in der Öffentlichkeit weiterhin erhobenen Vorwurf, die "Grauen Wölfe" terrorisierten ihre Gegner, gibt es nach wie vor keine Beweise. Neben der MHP-Anhängerschaft machen sich zunehmend die Mitglieder und Sympathisanten der von Prof. Necmettin ERBAKAN geführten nationalistischen, islamisch-fundamentalistischen "Nationalen Heilsparte!" (MSP) bemerkbar. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine größere Zahl von Anhängern und Mitgliedsvereinen dieser ebenfalls betont antikommunistischen türkischen Partei. Die MSP-Vereine führen zuweilen gemeinsame Veranstaltungen durch. Auch in diesem streng islamisch ausgerichteten Bereich offenbart sich gelegentlich die Bereitschaft, bei der Auseinandersetzung mit Andersdenkenden Gewalt anzuwenden. So verursachten Verteiler der MSP-nahen Zeitung "MILLI GAZETE" bei Eröffnung der Zweigstelle Düsseldorf des "Islamischen Kulturzentrums e.V.", Köln, am 1. Juni 1979 eine Schlägerei, bei der auch Polizeibeamte in Mitleidenschaft gezogen wurden. Orthodoxe Kommunisten Zur Erinnerung an den Tod ihrer Gründer (28. Januar 1921) führte die - in der Türkei verbotene - moskautreue "Türkische Kommunistische Partei" (TKP) in der Zeit vom 21. bis 28. Januar 1979 eine Gedenkwoche unter Mitwirkung der DKP 31 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 durch. Am 27. Januar fand in Essen eine Gedenkveranstaltung statt; den Saal hatte die DKP angemietet. Die von der TKP beeinflußte "Föderation der Türkischen Arbeitervereine in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FIDEF) - größter und einflußreichster linksextremistischer türkischer Dachverband - hielt am 24./25. März 1979 in Duisburg ihren 3. Jahreskongreß ab. An dem Kongreß nahmen etwa 1.000 Delegierte, Beobachter und Gäste teil. Im Mittelpunkt stand ein "Internationales Forum gegen Faschismus", an dem sich auch Deutsche beteiligten. Der Kongreß beschloß, die politischen Aktionen gegen türkische Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland zu verstärken. Tatsächlich hat sich in der Folgezeit - nach entsprechenden Demonstrationen im Februar und März 1979 in Köln und Aachen - die Kampagne der orthodoxkommunistischen Türken gegen die MHP und die "Grauen Wölfe" verschärft. So fanden sog. Antifaschistische Veranstaltungen der FIDEF und ihrer jeweiligen örtlichen Vereine im August 1979 u. a. in Bonn, Dortmund, Düsseldorf, 32 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Gelsenkirchen und Köln mit örtlich bis zu 350 Anhängern statt. Die Teilnehmer forderten erneut ein Verbot hiesiger "Tarnorganisationen" der MHP. In einem Anfang September 1979 verbreiteten Flugblatt solidarisierte sich die FIDEF mit der "Anti-Strauß-Kampagne''. Sie schrieb u. a.: "... heißt für uns Stoppt Strauß' zugleich ,Stoppt den Mörder Türkesch'." (Bei letzterem handelt es sich um den Vorsitzenden der MHP.) Auf einer sog. "Friedens-Solidaritäts-Veranstaltung" am 1. Dezember 1979 in Essen lehnten Anhänger der FIDEF die neue "reaktionär-faschistische DemirelRegierung" in der Türkei ab und bekundeten ihren Wunsch nach Abrüstung. Maoistische Kommunisten Auch Anhänger der verschiedenen türkischen maoistischen Dachverbände und Parteien in Nordrhein-Westfalen verstärkten 1979 ihre Kampagne gegen türkische Rechtsextremisten. Im Juni demonstrierten in Köln etwa 2.500 Personen - hauptsächlich Anhänger der "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V." (ATIF) und der ,,Studentenföderation der Türkei in Deutschland e.V." (ATÖF) - für ein Verbot nationalistischer türkischer Vereinigungen auf deutschem Boden. Bei ATIF und ATÖF handelt es sich um die im Bundesgebiet bisher aktivsten maoistischen Dachverbände. Anhänger der "Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei - Aufbauorganisation" (TDKP-IÖ) und der Gruppe um die türkische Wochenzeitung "HALKIN KURTULUSU" (Volksbefreiung) hielten im Oktober in Bielefeld und im Dezember 1979 in Köln Großkundgebungen gegen türkische Rechtsextremisten ab. In während der Bielefelder Veranstaltung verteilten Flugblättern wird die ADÜTDF als "Mörderföderation" bezeichnet. An beiden Demonstrationen beteiligten sich etwa 2.000 Personen, darunter auch Gruppen deutscher Maoisten. Sympathisanten von "HALKIN KURTULUSU'' hatten bereits - wie alljährlich und unter Beteiligung deutscher Linksextremisten - im Mai 1979 Gedenkveranstaltungen in Bielefeld (etwa 300 Teilnehmer), Duisburg (etwa 800 Teilnehmer) und Mönchengladbach für die in der Türkei hingerichteten "Revolutionäre" durchgeführt. Die weniger bedeutende , Föderation türkischer demokratischer Volksvereinigungen in Europa" (HBF), die im März in Köln ihren 2. Jahreskongreß abhielt, forderte im November und Dezember 1979 auf Kundgebungen in Bochum (rund 150 Teilnehmer) und Wuppertal (über 100 Teilnehmer) ebenfalls ein Verbot der MHP-nahestehenden Vereine in der Bundesrepublik. An der von linksstehenden deutschen Gruppen initiierten Kölner Anti-StraußDemonstration am 14. September 1979 beteiligten sich bemerkenswerterweise Mitglieder des "Vereins der Patrioten aus der Türkei in Köln''. Dieser örtliche Verein hat auch die antifaschistische TDKP-IÖ-Großkundgebung in Köln im Dezember 1979 angemeldet. 33 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Unbekannte Täter verübten am 22. Dezember 1979 einen Sprengstoffanschlag auf die Räume eines ADÜTDF-Mitgliedsvereins in Köln, Ein Mitarbeiter des Vereins wurde schwer verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich die sozialrevolutionäre, konspirativ arbeitende "Türkische Volksbefreiungspartei/-front" (THKP/C), die auch Anhänger in Nordrhein-Westfalen besitzt. 4.6 Iraner Seit dem Umsturz im Iran Anfang 1979 haben die Aktivitäten persischer Studenten nicht nachgelassen. Im Juli 1979 kam es in Nordrhein-Westfalen - wie auch in anderen Bundesländern - zu Übergriffen von Persern, vornehmlich KHOMEINI-Anhängern, gegenüber mutmaßlichen Mitarbeitern des früheren iranischen Geheimdienstes SAVAK. So wurde in Aachen am 13. Juli ein Iraner von mehreren Männern aus seiner Wohnung verschleppt und wegen angeblicher Agententätigkeit für die SAVAK vor etwa 50 Landsleuten tribunalartig vernommen. In Krefeld sprang am 18. Juli ein 35 Jahre alter iranischer Student, der von Landsleuten verhört wurde, aus Angst aus dem Fenster des 2. Obergeschosses eines Hauses und verletzte sich dabei schwer. Weitere Iraner meldeten sich aus Furcht vor Verfolgung durch persische "Revolutionstribunale" bei der Bonner Polizei. Sie sind in einer sichergestellten "Schwarzen Liste" eines "Komitees der Enthüllung" aufgeführt, die insgesamt 348 Namen von in der Bundesrepublik und Österreich - davon etwa 25 in NordrheinWestfalen - wohnenden Iranern enthält, die der SAVAK-Mitarbeit bezichtigt werden. Am 25. August 1979 versammelten sich etwa 750 Personen vor der Iranischen Botschaft in Bonn-Bad Godesberg. Sie waren dem Aufruf der linksextremistischen "Conföderation Iranischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin - National-Union" (CISNU) gefolgt. Auf Transparenten und Flugblättern forderten die Demonstranten Presse-, Redeund Versammlungsfreiheit. In einer von der Botschaft nicht entgegengenommenen CISNU-Resolution hieß es: Die Ziele der iranischen Revolution seien verfälscht worden; die neuen Machthaber im Iran versuchten, alle errungenen Rechte des Volkes nach und nach wieder abzubauen; Höhepunkt der Unterdrückung sei das Vorgehen gegen das kurdische Volk. Etwa 30 bis 40 Angehörige der islamisch-nationalistischen "Union der Islamischen Studentenvereine in Europa" (UISA), in der überwiegend Anhänger KHOMEINIs organisiert sind, drangen am 5. November 1979 in das Botschaftsgelände der USA in Bonn-Bad Godesberg ein. Sie forderten die "unverzügliche Überstellung des Massenmörders Schah an die Revolutionsgerichte des Iran". Am 8. November 1979 ließen sich etwa 30 iranische Studenten im Kölner Dom zu einem Sitzstreik nieder. Auf Plakaten und Flugblättern forderten sie die "sofortige Auslieferung des Mörders Schah an den Iran". In einem der Flugblätter heißt es: "Eichmann büßte, Hess büßte, der Schah muß auch büßen." Unter dem Motto "Auslieferung des Schah nach Persien aus den USA" fand am 15. November 1979 in Bonn eine weitere Demonstration der UISA mit 300 Teilnehmern statt. Während der Demonstration wurden Flugschriften verbreitet, in denen die Besetzung der US-Botschaft mit Geiselnahme in Teheran (am 4. November) gerechtfertigt wird. 34 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 4.7 Kurden Anläßlich des bewaffneten Kurdenaufstands im Iran demonstrierten kurdische Gruppen verschiedener Richtungen im August und September 1979 mehrfach in Bonn gegen die Verfolgung und Hinrichtung ihrer Landsleute durch die iranische Revolutionsmacht. Bei einer Kundgebung am 8. September 1979 mit etwa 350 Teilnehmern wurde ein Transparent verbrannt, auf dem der Revolutionsführer KHOMEINI dargestellt war. 4.8 Afghanen Angesichts der Unruhen in ihrem Heimatland, die schon vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan (Ende Dezember 1979) begannen, forderte die linksextremistische "Generalunion afghanischer Studenten im Ausland" (GUAFS) bei einer Demonstration am 3. November 1979 in Bonn, an der etwa 200 Personen beteiligt waren: "Weder Rußland noch Amerika noch China noch das Amin-Regime" -"Afghanistan dem afghanischen Volk" -"Hoch die internationale Solidarität' -"Nieder mit dem Amin-Regime". Die GUAFS besitzt an mehreren nordrhein-westfälischen Hochschulen Zweiggruppen. Am 17. November 1979 führte erstmals die "Föderation Afghanischer Studenten im Ausland" (FASA), eine Gruppe der "Neuen Linken" chinesischer Richtung, in Bonn einen Demonstrationszug nebst Anschlußkundgebung durch mit der Forderung "Machtwechsel in Afghanistan". Hieran nahmen etwa 200 Personen teil, darunter Angehörige des KBW und der KPD. 35 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 5 Terrorismus 5.1 Entwicklungstendenz Im Jahre 1979 haben sich - wie auch schon 1978 - herausragende Terroranschläge nicht ereignet. Dies ist nicht zuletzt auf die Entdeckung konspirativer Unterkünfte sowie die Festnahme der mutmaßlichen Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) Elisabeth von DYCK, Rolf Gerhard HEISSLER und Rolf Klemens WAGNER zurückzuführen. Diese Erfolge in der Bekämpfung des Terrorismus haben das Potential der RAF geschwächt. Gleichwohl ist damit zu rechnen, daß sie auch künftig schwere Gewalttaten verübt, vor allem mit dem Ziel, inhaftierte Gesinnungsgenossen freizupressen. Durch bewaffnete Raubüberfälle auf Geldinstitute hat sie sich bemüht, die erforderlichen Geldmittel zur Finanzierung ihrer logistischen Struktur zu beschaffen. Auch die terroristischen Aktionen anderer Gruppen, besonders die Sprengstoffund Brandanschläge "Revolutionärer Zellen" unterstreichen die Annahme, daß die terroristische Bedrohung weiter andauert. 5.2 Rote Armee Fraktion (RAF) Für den Bestand einer beachtlichen logistischen Struktur der RAF sprechen folgende Tatsachen: Am 6. Januar 1979 wurde in Düsseldorf eine konspirative Wohnung der RAF entdeckt, die aufgrund der dort aufgefundenen Spuren enge Zusammenhänge mit den im Herbst 1978 in Düsseldorf und Dortmund entdeckten konspirativen Wohnungen der RAF erkennen läßt. Weitere konspirative Wohnungen der RAF sind im Mai in Nürnberg, im Juni und Juli in Frankfurt/M. und im November 1979 in Mannheim entdeckt worden. 5.3 "Bewegung 2. Juni" Die "Bewegung 2. Juni", die in der Vergangenheit für eine Reihe von Terrorakten verantwortlich war, ist 1979 in Nordrhein-Westfalen nicht in Erscheinung getreten. 5.4 Revolutionäre Zellen (RZ) Die Revolutionären Zellen haben auch 1979 ihre terroristischen Aktionen im Bundesgebiet fortgesetzt. In Nordrhein-Westfalen wurde am 28. November 1979 ein Sprengstoffanschlag auf die Windmeßstation des geplanten Brennelementezwischenlagers in Ahaus verübt, zu dem sich "Revolutionäre Zellen" bekannt haben. 5.5 Sonstige terroristische Gruppierungen Andere Gruppen, die sich in ihren Tatbekenntnissen teilweise auf die RAF und die RZ beziehen, haben 1979 auch in unserem Land Anschläge verübt, die einen terroristischen Hintergrund erkennen und vermuten lassen. In diesem Zusammenhang sind folgende Taten erwähnenswert: 30. März 1979 Zertrümmerung der Schaufensterscheibe der Geschäftsstelle einer Tageszeitung in Hilden, bei der die Täter ein handgeschriebenes Plakat mit den Initialen der Revolutionären Zellen "RZ" zurückließen; 37 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 16. April 1979 Brandanschlag auf das Bürogebäude eines Unternehmens in Düsseldorf, zu dem sich in Bekennerschreiben "militante AKW-Gegner" bekannt haben; 07. Mai 1979 Brandanschlag auf ein Nebengebäude des Amtsgerichts Dortmund mit geringem Sachschaden, zu dem sich ein "Kommando BAADER-MEINHOF" bekannte; 16. Mai 1979 Zertrümmerung der Fensterscheibe eines SPDStadtteilbüros in Wuppertal-Wichlinghausen, zu dem Bekennerschreiben bei der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt und zwei lokalen Zeitungsredaktionen in Wuppertal eingingen; 10. Juni 1979 Brandanschlag auf die im Bau befindliche JVA WuppertalVohwinkel, bei dem erheblicher Sachschaden entstand. Zu dem Anschlag wurden Bekennerbriefe u. a. mit anarchistischen Symbolen versandt; 10. Juli 1979 versuchter Brandanschlag auf ein Nebengebäude des Amtsgerichts Dortmund; 28. September 1979 Anbringung eines Sprengsatzes in der Grugahalle Essen; 30. September 1979 Brandanschlag auf das Bauleitungsbüro des ZentrifugenMontagebetriebes der geplanten Urananreicherungsanlage in Gronau; 30. September 1979 versuchte Brandstiftung am Gymnasium Thomaeum in Kempen. Auch 1979 haben in unserem Land Plakatund Schmieraktionen stattgefunden, in denen z. T. für die terroristischen Vereinigungen geworben wurde. 5.6 Terroristisches Umfeld Zum terroristischen Umfeld der RAF gehören Personen des sog. Antifa-Bereichs, die den "bewaffneten Kampf" der RAF bisher auf der "legalen Ebene" unterstützen und sich als Teil der RAF verstehen. Dieses Selbstverständnis von der Einheit des Kampfes wird in einem Flugblatt deutlich, das anläßlich der Eröffnung des Prozesses gegen die Besetzer des DPA-Büros in Frankfurt am 2. April 1979 verbreitet wurde und in dem es u. a. heißt: "Eine neue andere Ebene des Kampfes für die legale Linke wurde aufgezeigt. Die Trennung von illegaler und legaler Linken wurde tendenziell aufgehoben." In Nordrhein-Westfalen sind bisher nur Ansätze zur Bildung solcher AntifaGruppen erkennbar. Den Personen des Antifa-Bereichs obliegt die Betreuung der "Gefangenen aus der RAF" sowie der Informationsaustausch zwischen den Inhaftierten und den einzelnen Antifa-Gruppen. Außerdem unterstützen sie die Forderungen inhaftierter terroristischer Gewalttäter nach Verbesserung der Haftbedingungen, so z. B. nach 38 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Zusammenlegung zu sog. interaktionsfähigen Gruppen von mindestens fünfzehn Gefangenen, die durch einen Hungerstreik in der Zeit vom 20. April bis 26. Juni 1979 durchgesetzt werden sollte. An diesem Hungerstreik beteiligten sich die meisten inhaftierten Gewalttäter, die überwiegend der RAF, z.T. auch der "Bewegung 2. Juni", zuzuordnen sind. Außer den Personen des Antifa-Bereichs sind in unserem Land verschiedene, z. T. anarchistisch orientierte, linksextreme Gruppen (sog. Knastgruppen) tätig. Diesen Gruppen, die meist nur örtliche Bedeutung haben, gemeinsam ist die Ablehnung des Strafvollzuges als Mittel staatlicher Repression; Versuche, zu einheitlichen politischen Zielvorstellungen zu gelangen, sind bisher stets gescheitert. Eine zentrale Steuerung dieser Gruppen ist nicht erkennbar. 5.7 Weitere terroristische sowie sonstige politisch motivierte Gewalttaten Ausgeführte Gewalttaten Im Berichtszeitraum wurden von den Polizeibehörden des Landes 37 versuchte bzw. vollendete Gewalttaten registriert. Soweit ihnen besondere Bedeutung zukommt, sind sie oben bereits erwähnt worden. Angedrohte Gewalttaten Vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1979 wurden 371 Gewalttaten, bei denen ein politisches Motiv erkennbar war oder behauptet wurde, angedroht. In 194 Fällen handelte es sich um sog. Bombendrohungen, die vorwiegend gegen öffentliche Gebäude und Einrichtungen ausgesprochen wurden. In 177 Fällen richteten sich die Drohungen gegen Personen aus Politik und Wirtschaft. 39 u Tee Brc Army h Binm K u h Änurs Mn a 7 A jahr ee En g gen ig ie Fa ri Ta SE a nz al 1 re Ne Er a wi ER een ra A m Fun Kr TEE EB ani, A urn a TR je a a a u B1 Er = rt - EEE a Tre FTaune ra na "ein ken Fr ce Tel B a -.. nd, i Fran en em rs a ' Er ir "rulr nu A nen ee Ten Be n Fits " rem are ee = TE a E rw Be er Gra n Er Feine A aUT ee DE I ernhe , EEE Te En E are ar Ta i m, a rm, gi ee Fr en em Ei ir e e E I ee Fran Fa ak ee Dash LI air, a r >BE chHATRIE BE himWuppetrtstraalkt5 rreg7e, n Zu = KNASm I it Hochsicherhei gs | r ir ren da Ba ereH yet w yrHet , la af ni ae, ee een nk| rekeils ererche en qeinchtt, = a ir e TE E AT Ie H und in di rem rl si er " werte em Ptometen a naher ju T t denFr ee hirnein e deE r kaplalnden, a di retndeen Sbrnnat nur e ; d e a Tagendaft fu Ei Frbe IL f ; ns systen, TORTns ALLE ZERS Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 6 Spionageabwehr 6.1 Schwerpunkt und Tendenzen Die zu Beginn des Jahres 1979 nach dem Übertritt des hauptamtlichen Mitarbeiters bei der "Hauptverwaltung Aufklärung" des ,,Ministeriums für Staatssicherheit" (MfS) Werner STILLER ausgelösten Festnahmen von Agenten haben erneut deutlich werden lassen, in welchem Ausmaß die kommunistischen Nachrichtendienste der Ostblockstaaten ihre Spionagetätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland betreiben. Die Angaben STILLERs führten nicht nur zur Enttarnung mehrerer Agenten, die vorwiegend im Bereich der Industrie und Wissenschaft eingesetzt waren. Seine mitgebrachten Unterlagen und Dokumente lieferten darüber hinaus auch wertvolle Hinweise auf Struktur, Aufbau, Arbeitsmethoden und -ziele des MfS, insbesondere in Wirtschaft, Wissenschaft und Technik. Dabei darf nicht verkannt werden, daß die politische Spionage, die Ausforschung der politischen Entscheidungszentren in der Bundesrepublik, nach wie vor erstes Aufklärungsziel der gegnerischen Nachrichtendienste ist. Die Enttarnung mehrerer Sekretärinnen in der Bundeshauptstadt Bonn als Agentinnen des MfS belegen, in weicher Breite die DDR Informationen aus der Politik zu beschaffen sucht. Ein weiterer Schwerpunkt der Aufklärungsbemühungen der gegnerischen Nachrichtendienste liegt im militärischen Bereich. Aber nicht nur diese spektakulären Einzelfälle, sondern das Gesamtergebnis der Abwehrarbeit der Behörden von Bund und Ländern im Jahr 1979 weisen die anhaltende Bedrohung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch die Spionage kommunistischer Nachrichtendienste aus. Wie in den früheren Jahren so ist auch 1979 das Land Nordrhein-Westfalen mit etwa 31 % aller Spionageaufträge innerhalb der Bundesrepublik bevorzugtes Ziel der Aktivitäten kommunistischer Nachrichtendienste gewesen. Geographischer Schwerpunkt war der Köln/Bonner Raum. 6.2 Werbungen und Werbungsversuche Die Gesamtzahl der von den Abwehrbehörden im abgelaufenen Jahr festgestellten Agentenwerbungen und Werbungsversuche durch die Nachrichtendienste kommunistischer Staaten hat nicht abgenommen; der bei weitem überwiegende Teil (über 90 %) dieser nachrichtendienstlichen Ansprachen geht auf die Geheimdienste der DDR zurück und richtete sich in jedem dritten Fall gegen einen Bürger Nordrhein-Westfalens. In der überwiegenden Zahl der Fälle wurden Reisen in den kommunistischen Machtbereich zu Werbungsversuchen ausgenutzt. Die Methoden der Anwerbung für eine Mitarbeit sind im wesentlichen unverändert geblieben: Versprechen und Gewähren von Vorteilen jeder Art (finanzielle Zuwendungen, Aufenthaltsgenehmigungen, Einreisebewilligungen, Straffreiheit oder Straferlaß u. ä.), Drohung und Nötigung in offener oder versteckter Form sowie Ausnutzung persönlicher Bindungen und charakterlicher Schwächen. 43 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 In mehr als 70 % aller bekanntgewordenen Fälle nachrichtendienstlicher Ansprachen offenbarten sich die Betroffenen sofort oder später freiwillig den Sicherheitsbehörden. 6.3 Führungsund Verbindungswesen der Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten Die nachrichtendienstlichen Kontakte zu ihren Agenten werden weiterhin in erster Linie durch persönliche Treffs aufrechterhalten. Bevorzugter Treffort ist Berlin (Ost). Im Gegensatz zu den DDR-Nachrichtendiensten benutzen die Geheimdienste der übrigen kommunistischen Staaten ihre offiziellen Vertretungen im Bundesgebiet zur Führung ihrer Agenten (legale Residenturen). Der Anteil der erkannten oder verdächtigen ND-Angehörigen unter den dort Beschäftigten beträgt in einigen Vertretungen bis zu 50 %. 6.4 Verurteilte Agenten Im Jahre 1979 wurden in Nordrhein-Westfalen vom Oberlandesgericht Düsseldorf 15 Personen (1978 waren es 13, 1977 = 23) wegen Landesverrats, geheimdienstlicher Tätigkeit oder sicherheitsgefährdenden Nachrichtendienstes verurteilt. Fünf Urteile sind noch nicht rechtskräftig. 44 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 7 Strafverfahren 7.1 Entwicklungstendenz Die Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen sind, wie in den Vorjahren, auch 1979 in erheblichem Maße mit Strafverfahren, deren Gegenstand Straftaten im Zusammenhang mit extremistischen Umtrieben waren, befaßt worden. 7.2 Terrorismus Im Lande-Nordrhein-Westfalen ist, wie bereits in den vorangegangenen Berichten dargestellt worden ist, das Oberlandesgericht Düsseldorf nach SS 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes für die Aburteilung terroristischer Gewalttäter zuständig. Dabei übt es, soweit der Generalbundesanwalt nach SS 142 a des Gerichtsverfassungsgesetzes Anklagebehörde ist, Gerichtsbarkeit des Bundes (zu vgl. Art. 96 Abs. 5 des Grundgesetzes) im übrigen Gerichtsbarkeit des Landes aus, wobei in diesen Fällen die Anklage von dem Generalstaatsanwalt in Düsseldorf vertreten wird. 7.3 Demonstrationsstraftaten Wie in den Jahren 1977 und 1978 ist auch im Jahre 1979 die Anzahl der von Staatsanwaltschaften und Gerichten zu bewältigenden Ermittlungsund Strafverfahren, die durch Demonstrationen oder im Zusammenhang mit solchen begangen worden sind, weiter angestiegen. Zur Bewertung der nachfolgend aufgeführten Zahlen ist anzumerken, daß die erfaßten Vorkommnisse sowohl aus rechtswie aus linksextremistischen Aktivitäten herrühren. Wie bereits im Jahresbericht für 1978 dargelegt worden ist, ist es bei Veranstaltungen der genannten Art zu strafrechtlich relevanten Übergriffen der Veranstaltungsteilnehmer und von Außenstehenden gegenüber Teilnehmern bzw. von Teilnehmern einer Gegendemonstration gekommen. Ferner sind die Fälle der Ausschreitungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften erfaßt. Im Jahre 1979 hatten die Staatsanwaltschaften des Landes insgesamt 1.592 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. Dabei betraf lediglich ein neu anhängig gewordenes Verfahren Straftaten aus dem Hochschulbereich. Insgesamt 1.248 der genannten Verfahren sind im Jahre 1979 abgeschlossen worden, und zwar 947 Verfahren durch Einstellung, weil entweder die Täter nicht ermittelt werden konnten, weil eine Straftat nicht vorlag, weil der genaue Hergang nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufgeklärt werden konnte oder aber weil die Beweismittel zu einer Überführung der Beschuldigten nicht ausreichten, 102 Verfahren durch rechtskräftige Urteile gegen 172 Personen, 21 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 25 Personen, 178 Verfahren auf andere Weise. Noch anhängig waren am 31. Dezember 1979 344 Verfahren gegen 704 Personen, wobei in 142 Verfahren gegen 310 Personen bereits Anklage erhoben 45 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 bzw. der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden ist. Die weiteren Verfahren befinden sich noch im Ermittlungsstadium. Die genannten Zahlen weisen einen starken Anstieg der einschlägigen Verfahren aus. Bei den im Jahre 1979 zu bearbeitenden Ermittlungsverfahren ist, bezogen auf das Jahr 1978, eine Steigerung um 26 % zu verzeichnen. Der Anstieg erklärt sich aus den starken Aktivitäten kommunistisch orientierter Parteigruppierungen im Dortmunder Raum und rechtsextremistischer Kräfte im Raum Bochum. 7.4 Rechtsextremistische Aktivitäten Wie bereits in den Berichten 1977 und 1978 näher dargelegt worden ist, ist auf diesem Sektor ein erheblicher Anstieg - jedenfalls im Bereich der Generalstaatsanwaltschaft Hamm - festzustellen. Diese Zunahme strafrechtlich relevanter Aktivitäten rechtsextremistischer Kräfte schlägt sich in der Zahl der bei den Justizbehörden anhängig gewordenen Verfahren nieder. So hatten die Staatsanwaltschaften des Landes im Jahr 1979 insgesamt 896 einschlägige Verfahren zu bearbeiten. In 63 Verfahren gegen 115 Personen wurden Anklagen erhoben bzw. Anträge auf Erlaß eines Strafbefehls gestellt. Rechtskräftig verurteilt wurden 44 Personen, zwei Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 14 Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt. Die Staatsanwaltschaften haben im Berichtszeitraum 511 Ermittlungsverfahren aus den zuvor unter a) genannten Gründen eingestellt. In 28 Fällen haben die Staatsanwaltschaften die Verfahren wegen geringer Schuld der Beschuldigten und geringer Bedeutung der Vorfälle (z. T. gegen Geldauflagen) eingestellt oder im Hinblick auf schwere Tatvorwürfe, denen gegenüber die in Rede stehenden Taten nicht erheblich ins Gewicht fielen, von der Erhebung öffentlicher Klagen abgesehen. Im Jahresbericht 1978 ist bereits dargelegt worden, daß sich Strafbarkeitslücken bei einer für die Bekämpfung rechtsextremistischer Umtriebe bedeutsamen Strafnorm (SS 86 a des Strafgesetzbuches) gezeigt haben. Für die Notwendigkeit einer entsprechenden Ergänzung dieser Vorschrift des Strafgesetzbuches hat sich auf Antrag des Justizministers Nordrhein-Westfalen die Mehrheit der Justizminister und -senatoren der Länder ausgesprochen. Der Bundesminister der Justiz beabsichtigt, bei einer notwendig werdenden Änderung des Strafgesetzbuches dem Gesetzgeber eine Ergänzung des SS 86 a des Strafgesetzbuches vorzuschlagen. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß zum Teil die Strafverfolgungsbehörden mit extremistischem - insbesondere rechtsextremistischem - Schriftenmaterial erst zu einer Zeit befaßt werden, zu der die strafrechtliche Verfolgung der an der Publikation beteiligten Personen wegen Eintritts der kurzen presserechtlichen Verjährung ausscheiden muß, hat das Justizministerium geprüft, inwieweit nach Eintritt der Verjährung noch sogenannte objektive Verfahren zum Zwecke der Einziehung des einschlägigen Schriftenmaterials durchgeführt werden können. Das Justizministerium und die Leiter der Staatsanwaltschaften stimmen in der rechtlichen Beurteilung dahin überein, daß derartige Verfahren durchzuführen seien, so daß einschlägiges Schriftenmaterial vom Markt genommen werden kann, auch wenn die beteiligten Täter nicht mehr verfolgt werden können 46 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 7.5 Linksextremistische Aktivitäten Wie schon im Berichtsjahr 1978 haben Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, die Justizbehörden des Landes nicht unerheblich beschäftigt, wobei wiederum ein Schwerpunkt bei der Staatsanwaltschaft Dortmund lag; hier wurden allein 483 Verfahren wegen einschlägiger Propagandaaktionen neu eingeleitet. Im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Dortmund erscheinen zahlreiche Druckschriften, die von ihr wegen ihrer zentralen Zuständigkeit (SS 7 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) auf strafrechtliche Relevanz überprüft werden. 47 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 8 Zusammenfassung Der politische Extremismus stellt in unserem Lande zur Zeit keine ernsthafte Bedrohung dar. Wo sich extremistische Parteien in politischen Wahlen den Bürgern stellen, haben sie kaum Erfolge. Die rechtsextremistischen Gruppierungen sind insgesamt auf ihrem bisher niedrigsten Mitgliederstand angelangt. Der zunehmenden Neigung neonazistischer Gruppen zur Gewalt konnte durch die Strafverfolgungsbehörden wirksam begegnet werden. Auch die Linksextremisten mußten insgesamt zahlenmäßige Einbußen hinnehmen. Sie haben isoliert keine bedeutende Resonanz in der Bevölkerung; ihr Einfluß hängt davon ab, ob sie für strategische Etappenund taktische Teilziele Bündnispartner finden. Die erfolgreiche Bekämpfung des deutschen Terrorismus hat dessen Potential geschwächt; dennoch ist weiter mit schweren Anschlägen zu rechnen. Die im Lande lebenden Ausländer verhalten sich weitgehend gesetzestreu; innenpolitische Spannungen in ihren Heimatländern und internationale Konflikte, die sie berühren, finden aber auch in Nordrhein-Westfalen im Verhalten extremistischer Ausländergruppen ihren Niederschlag, wobei es gelegentlich auch zur Anwendung von Gewalt kommt. Politischer Extremismus, einschließlich der Sicherheitsgefährdung, bedarf auch in Zukunft der Beobachtung und anderer rechtsstaatlicher Abwehrmaßnahmen sowie der besonderen Aufmerksamkeit aller Bürger. 48 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 9 Anhang 9.1 Übersicht zu erwähnenswerten Parteien, anderen Organisationen und Gruppen im Zusammenhang mit dem Bericht sowie zu deren Presseerzeugnissen Organisation Mitglieder Presse (einschließlich (einschließlich Sitz) Erscheinungsweise und Auflage) Nationaldemokratische Partei Ca. 8.000 "Deutsche Stimme" Deutschlands (NPD) (monatlich 100.000) Parteivorstand "Nationaldemokratische Rötestraße 4 Propaganda Depesche 7000 Stuttgart Artikeldienst" (zweimonatlich) "NPD-informiert" (monatlich) Landesvorstand NW Ca. 1.500 "NPD-Organisationsspiegel Günnigfelder Straße 101a Nordrhein-Westfalen" 4640 Bochum-Wattenscheid (monatlich) Junge Nationaldemokraten Ca. 1.500 "JN-Report" (JN) (unregelmäßig) Bundesgeschäftsstelle "Junge Stimme" Daimlerstraße 2 (unregelmäßig) 7145 Markgröningen "JN-Global" (unregelmäßig) Landesvorstand NW Ca. 350 "Pfeil" - JN Münster Günnigfelder Straße 101a (5.000 unregelmäßig) 4640 Bochum-Wattenscheid "Die Sirene" - JN Bonn (1.000 unregelmäßig) "Widerhaken" - JN Neuss (unregelmäßig) "Eulenspiegel" - JN Köln (2.500 unregelmäßig) Unabhängige Arbeiterpartei Unter 100 "Reichs-Arbeiter-Zeitung" e.V. (UAP) (monatlich) - mit Jugendorganisation Blaue Adler Jugend (BAJ) 4300 Essen Deutsche Volksunion Ca. 5.000 "Deutscher Anzeiger" (DVU) (10.000 wöchentlich) 8000 München NW Über 300 Wiking-Jugend (WJ) Ca. 400 "Wikinger" 5190 Stolberg 4 (unregelmäßig) NW Ca. 60 49 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Unabhängige Freundeskreise Ca 100 "Unabhängige Nachrichten" (UFK) (monatlich) 4630 Bochum 5 Volkssozialistische Bewegung Ca. 50 "Dritte Republik" Deutschlands / Partei der (unregelmäßig) Arbeit (VSBD/PdA) "Volkssozialistische 8014 Neubiberg b. München Schulungsbriefe" (unregelmäßig) NW Ca. 10 NSDAP-Gruppe WÜBBELS Kleine 4290 Bocholt Funktionärsgruppe NSDAP-Auslandsund Über 50 im Bundesgebiet "NS-Kampfruf" Aufbauorganisation (NSDAP(monatlich) A0) Lincoln/USA Deutsche Kommunistische 40.000 "Unsere Zeit" (UZ) Partei (DKP) Tagesausgaben: 30.000 4000 Düsseldorf Wochenendausgaben: 60.000 "DKP-Pressedienst" (täglich) "DKP-Report" (unregelmäßig) Zentrale Einrichtungen "Marxistische Blätter" (alle 2 Monate) "Nachrichten" - für "Institut für Marxistische Studien Gewerkschaftsfunktionäre und Forschungen" (monatlich) Frankfurt am Main "Landrevue" - Informationen "Verein zur Förderung der für die Landbevölkerung - Forschung und des Studiums der (unregelmäßig) Sozialwissenschaften e.V." "PRAXIS" Frankfurt am Main (unregelmäßig) "Karl-Liebknecht-Schule" "Sozialismus konkret" Leverkusen (unregelmäßig) Friedrich-Engels-Zentrum "Probleme des Friedens und Wuppertal Sozialismus" - deutschsprachige Ausgabe der in der CSSR hergestellten Schrift - (monatlich) Bezirk Ruhr-Westfalen 7.000 "Informationen" Hoffnungsstr. 18 (Ruhr-Westfalen) 4300 Essen "Informationen der DKP für die Landbevölkerung" (Ruhr-Westfalen) 50 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Bezirk Rheinland-Westfalen 8.000 "Informationen zur LandesDuisburger Straße 83 und Kommunalpolitik" 4000 Düsseldorf (Rheinland-Westfalen) "Pressedienst" (Rheinland-Westfalen) (erscheinen alle unregelmäßig) NW: 44 Kreisorganisationen ca. 150 Kreisund ca. 100 Betrielbsund Stadtteilzeitungen Hochschulgruppen ca. 180 Betriebszeitungen Sozialistische Deutsche Ca. 15.000 "elan" (inoffiziell) Arbeiterjugend (SDAJ) (55.000 monatlich) Bundesvorstand Sonnenscheingasse 8 4600 Dortmund Landesverband Ruhrgebiet86 örtliche Zeitungen Westfalen Bersonstraße 11 4300 Essen Landesverband Rheinland80 örtliche Zeitungen Westfalen Werderstraße 26 5000 Köln NW: 44 Kreisverbände mit 6.000 173 Ortsgruppen Marxistischer Studentenbund 5.900 "rote Blätter" Spartakus (MSB) (30.000 monatlich) 5300 Bonn NW: 35 Hochschulgruppen 1.400 Junge Pioniere (JP) 2.500 "Willibald" Bundesvorstand (zweimonatlich) Sonnenscheingasse 8 4600 Dortmund Landesverband Ruhrgebiet800 Westfalen Bersonstraße 11 4300 Essen Landesverband RheinlandWestfalen Werderstraße 26 5000 Köln NW 50 bis 60 örtliche Gruppen Marxistische Arbeiterbildung 90 Gruppen e.V. (MAB) Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus 5600 Wuppertal NW Ca. 30 örtliche Gruppen 51 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 10.000 "Die Tat" Vereinigung der (13.000 wöchentlich) Verfolgten des "VVN-DBA Pressedienst" Naziregimes - Bund der (unregelmäßig) Antifaschisten (VVN-BDA) "antifaschistischer jugenddienst" Präsidium (Informationen für die Rossertstraße 4 Jugendpresse) 6000 Frankfurt am Main Landesverband NW 4.000 "VVN-Informationsdienst" Kirchfeldstraße 149 (unregelmäßig) 4000 Düsseldorf Deutsche Friedensunion (DFU) 2.000 "Deutsche Volkszeitung" Bundesvorstand (DVZ) - inoffiziell - Venloer Straße 383 (40.000 wöchentlich) 5000 Köln "Pressedienst DFU" (unregelmäßig) "DFU betr. Politik" (unregelmäßig) Landesverband NW 1.000 "Pressedienst DFU NRW Rüttenscheider Straße 127 (unregelmäßig) 4300 Essen Initiative "Weg mit den Funktionärsgruppe, über "Freiheit im Beruf, Berufsverboten" 350 Initiativen Demokratie im Betrieb" Arbeitsausschuß (monatlich) Schanzenstraße 115 "Presseund 2000 Hamburg 6 Informationsdienst der Initiative 'Weg mit den Berufsverboten'" (unregelmäßig) Koordinierungsausschuß der Keine Mitgliedschaft, ca. "Berufsverbote-Info" Bürgerinitiativen gegen 55 örtliche Initiativen (zweimonatlich) Berufsverbote - für die Verteidigung der verfassungsmäßigen Rechte in NRW 4630 Bochum Komitee für Frieden, 400 "KFAZ-Bulletin" Abrüstung und (unregelmäßig) Zusammenarbeit (KFAZ) Büro Gottesweg 52 5000 Köln Kommunistischer Bund 2.410 "Kommunistische Westdeutschland (KBW) Volkszeitung" (KVZ) Zentrales Komitee (32.000 wöchentlich) Mainzer Landstraße 147 "Kommunismus und 6000 Frankfurt am Main Klassenkampf" (10.000 sechswöchentlich) Regionalleitung "Mitte" 700 Neusser Straße 27/29 5000 Köln NW 8 Bezirksleitungen 52 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Kommunistischer Jugendbund 750 (KJB) Keine Zentrale in Bund und Ländern NW: 17 örtliche Gruppen bzw. 150 Stützpunkte Kommunistische 800 "Kommunistische Hochschulgruppen (KHG) / Volkszeitung" Kommunistische Für Studenten Studentenbünde (KSB) Hochschule/Hochschulort/e Sprecherräte auf Bundesund Regionalebene NW: 150 800 "Kommunistische Vereinigung für Volkszeitung - Ausgabe für revolutionäre Volksbildung Soldaten und Reservisten" - Soldaten und Reservisten (VRV-SR) Sprecherräte auf Bundesund Regionalebene Mainzer Landstraße 147 6000 Frankfurt am Main NW 8 Bezirksleitungen 180 Kommunistische Partei 500 "Roter Morgen" Deutschlands / (Marxisten(6.000 wöchentlich) Leninisten) (KPD/ML) "Der Weg der Partei" Zentralkomitee (theoret. Organ) Wellinghofer Straße 103 4600 Dortmund Landesverband Mitte 250 Wellinghofer Straße 103 4600 Dortmund NW 6 örtliche Gruppen Rote Garde 450 "Roter Rebell" Zentralkomitee (monatlich) Wellinghofer Straße 103 4600 Dormund NW 19 örtliche Gruppen bzw. 100 Stützpunkte Rote Hilfe Deutschlands e.V. 500 "Rote Hilfe" (RHD) (monatlich) Stollenstraße 12 4600 Dortmund NW 200 53 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Kommunistischer Bund (KB) 900 "Arbeiterkampf" 2000 Hamburg (vierzehntägig) NW 10 Stützpunkte 70 "Unser Weg" (4.000 unregelmäßig) "Die Internationale" (6.000 monatlich) Kommunistischer Unbekannt Hochschulbund (KHB) Sozialistischer Studentenbund 200 "Solidarität" (SSB) (3.500 unregelmäßig) 2000 Hamburg in Nordrhein-Westfalen bisher nur sporadisch in Erscheinung getreten Kommunistischer 420 "Rote Fahne" Arbeiterbund Deutschlands (vierzehntägig) (KABD) NW 140 Kommunistische unbekannt "Roter Pfeil" Studentengruppen (KSG) Revolutionärer Jugendverband 200 "Rebell" Deutschlands (RJVD) (monatlich) Verbandsleitung Stuttgart NW 4 örtliche Gruppen bzw. 50 Stützpunkte Marxistische Gruppen (MG) 250 "Marxistische Kommunikationszentrum: Studentenzeitung" (MSZ) "Verein zur Förderung des (unregelmäßig) studentischen Pressewesens "Marxistische e.V." Arbeiterzeitung" (MAZ) 8000 München (unregelmäßig) NW 4 Gruppen 80 Gruppe Internationale 500 "was tun" Marxisten (GIM) (zweiwöchentlich) Zentralkomitee Speicherstraße 6000 Frankfurt am Main NW 50 54 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Wegen ständiger "Spartacus" Spartacusbund Spaltungen keine (monatlich) 6000 Frankfurt am Main konkrete Erkenntnisse Bund Sozialistischer Arbeiter 100 "neue Arbeiter Presse" (BSA) (wöchentlich) Büro Alfredstraße 71 4300 Essen NW 50 Sozialistischer Jugendbund 200 "links voran" (SJB) (monatlich) Büro Alfredstraße 71 4300 Essen NW 50 Anmerkung: Die Aufnahme von extremistisch beeinflußten Organisationen in die vorstehende Übersicht bedeutet nicht, daß die eigene Zielsetzung einer solchen Organisation als extremistisch zu beurteilen ist. 9.2 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Dregger, Erhard (Bad Schwalbach), Spranger, Dr. Klein (Göttingen), Dr. Jentsch (Wiesbaden), Berger (Herne), Gerlach (Obernau), Regenspurger, Dr. Langguth, Dr. Laufs, Dr. Miltner, Volmer, Biechele, Broll, Krey und der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 8/2305 - Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst (Auszug) Der Bundesminister des Innern D 13 - 210 152/7 - hat mit Schreiben vom 22. Januar 1979 die Große Anfrage namens der Bundesregierung wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Die Bundesregierung bejaht uneingeschränkt das verfassungsrechtliche Gebot der Verfassungstreue von Beamten. Sie wird auch künftig an den dieses Verfassungsgebot konkretisierenden beamtenrechtlichen Regelungen festhalten, nach denen in ein Beamtenverhältnis nur berufen werden darf, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Den Inhalt dieser Verfassungstreuepflicht und die Gesichtspunkte, die bei der Prüfung der Verfassungstreue zu beachten sind, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem grundlegenden Beschluß vom 22. Mai 1975 dargelegt. Die Bundesregierung hat diesen Beschluß zum Bestandteil 55 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 der von ihr am 19. Mai 1976 zustimmend zur Kenntnis genommenen "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue" gemacht. Die Entwicklung der letzten Jahre hat immer deutlicher werden lassen, wie Übermaß und Perfektionierung der Verfassungstreue-Prüfung das Vertrauen in die Freiheit unseres Staates untergraben und vor allem junge Bürger unserem Staat entfremden können. Dies sind Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, die der Staat, dem Schutz und Verteidigung dieser Ordnung aufgegeben sind, ebenfalls berücksichtigen muß. Die Bundesregierung unterstreicht deshalb die Feststellung des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976: "Wir werden alles tun, um die Entstehung eines allgemeinen Mißtrauens zu verhindern, welche die persönliche Ausübung von Grundrechten mit Gefahren für die persönliche berufliche Zukunft belasten könnte; denn dies führt zu Leisetreterei und zu Furcht. Wir wollen aber nicht Furcht, sondern wir wollen die persönliche Bereitschaft, die verfassungsmäßige Ordnung lebendig zu erhalten." Die Entschlossenheit, bei ihren Bestrebungen den vorgegebenen rechtlichen Rahmen einzuhalten, hat die Bundesregierung mit der am 8. November 1978 verabschiedeten Darstellung des verfassungsrechtlichen Rahmens für die Verfassungstreue-Prüfung im öffentlichen Dienst bekundet. 1. Erkennt die Bundesregierung den Verfassungsgrundsatz an, daß Beamte eine besondere über die allgemeinen Bürgerpflichten hinausgehende politische Treuepflicht gegenüber unserem Staat und seiner Verfassung zu erfüllen haben dergestalt, daß sie die Gewähr bieten müssen, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten? Ja. Zum Erfordernis der Verfassungstreue hat die Bundesregierung in ihrer Darstellung vom 8. November 1978 festgestellt: "Nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Bestimmungen (vgl. SS 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Dabei ist nach der Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975 (E 39, 334) für den Eintritt in jedes Beamtenverhältnis die Gewähr der Verfassungstreue eine von der Verfassung geforderte und durch das einfache Gesetz lediglich konkretisierte Eignungsvoraussetzung. Auf der Grundlage des derzeit bestehenden einheitlichen Beamtenstatus kann auf das Erfordernis der Verfassungstreue schon bei der Einstellung auch im Wege einer Gesetzesänderung nicht verzichtet werden. Die demnach gebotene Verfassungstreue-Prüfung erfordert ein Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers, das zugleich eine Prognose enthält' (Leitsatz 5 der BVerfGE vom 22. Mai 1975). Dabei ist nur auf das tatsächliche Verhalten abzustellen; bloße Mutmaßungen ohne tatsächliche Anhaltspunkte können nicht maßgeblich sein." 2. Erkennt die Bundesregierung an, daß diese Treuepflicht von den Angehörigen des öffentlichen Dienstes insbesondere fordert, sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die unseren demokratischen Rechtsstaat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren? 56 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 3. Sind der Bundesregierung derartige Gruppen und Bestrebungen im Bundesgebiet bekannt, und welche sind diese im wesentlichen? Gehören dazu a) die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), b) die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)? 4. Erkennt die Bundesregierung an, daß "eindeutige Distanzierung" und gleichzeitige Mitgliedschaft oder Mitarbeit in diesen Gruppen sich normalerweise gegenseitig ausschließen, oder ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Treuepflicht nur für das dienstliche, nicht aber für das außerdienstliche Verhalten gelte? 5. Wie wird bei der Einstellung von Bewerbern in den Bundesdienst in den Geschäftsbereichen der einzelnen Bundesminister in Fällen einer Mitgliedschaft bei einer Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung diese "Distanzierung" festgestellt? Wie wird ihre Glaubwürdigkeit ermittelt und die notwendige Prognose für die Zukunft erstellt? Die Fragen 2 bis 5 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt zusammen beantwortet: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 festgestellt: "Die politische Treuepflicht - Staatsund Verfassungstreue - fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren." Auf diesen Beschluß hat die Bundesregierung unter Ziffer I der "Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue" Bezug genommen. Bestrebungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung und sie tragende Gruppen sind in dem vom Bundesminister des Innern vorgelegten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977 dargestellt, auf den Bezug genommen wird. Der Bericht unterscheidet zwischen Kernorganisationen, deren Nebenorganisationen und den von ihnen beeinflußten Organisationen. Als extremistisch werden dabei ausschließlich solche Organisationen bewertet, deren politische Ziele gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als den Kernbestand unserer Verfassung gerichtet sind. Dazu gehört, wie aus dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977 ersichtlich, auch die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), ebenso die sog. K-Gruppen wie z. B. KBW, KPD und KPD/ML. Die Bundesregierung hat in ihrer Darstellung vom 6. November 1978 ausgeführt: "Mit dem Beschluß des BVerfG vom 22. Mai 1975 wäre eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Bewerber um Aufnahme in den öffentlichen Dienst jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht vereinbar. Die Mitgliedschaft in 57 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 einer solchen Partei kann für das prognostische Urteil über die Bewerbungspersönlichkeit relevant sein, sie muß es aber nicht. Die Beurteilung kann nur den Einzelfall im Auge haben und muß sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründen. Eines dieser Einzelelemente kann auch die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung oder Partei sein, ohne daß diesem Element Vorrang vor anderen Einzelumständen zukommt. Dieser Auffassung des Bundesverfassungsgerichts würde es aber ebenso zuwiderlaufen, wollte man die Relevanz bestimmter Einzelelemente, wie z. B. die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei und sogar bestimmter Aktivitäten im Rahmen dieser Mitgliedschaft, für die Gesamtbeurteilung ausschließen. Es ist auch nicht in jedem Einzelfall erforderlich, daß über die bloße Mitgliedschaft oder über bestimmte Aktivitäten im Rahmen einer verfassungsfeindlichen Partei hinaus für die Ablehnung eines Bewerbers außerhalb dieser Partei stattfindende verfassungsfeindliche Aktivitäten festgestellt werden müßten. Dies kann, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, auch aus dem Parteienprivileg des Artikels 21 GG nicht abgeleitet werden; für Vereinigungen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung gilt Artikel 21 GG ohnehin nicht. Nach der Entscheidung des BVerfG muß in jedem Falle eine auf diesen Einzelfall bezogene Beurteilung stattfinden. Von der Aufstellung förmlicher Beurteilungskriterien ist daher abzusehen." Dies gilt auch für die Feststellung, ob ein Bewerber sich eindeutig von extremistischen Gruppen und Bestrebungen distanziert. Mit der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Einzelfallprüfung unter Bewertung der jeweils von Fall zu Fall wechselnden Vielzahl von Elementen wäre es ferner unvereinbar, für die Gewinnung des Urteils über die Persönlichkeit eines Bewerbers, der Mitglied einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung ist, generelle Regelungen für die Feststellung zu treffen, ob dieses Mitglied sich im Sinne der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts distanziert. Es lassen sich deshalb auch keine allgemeinen Kriterien nennen, nach denen die Einstellungsbehörden im Rahmen der ihnen obliegenden Prüfung des Einzelfalles die erforderliche Distanzierung feststellen. Zu der Frage, ob für die Beurteilung der Verfassungstreue allein auf das dienstliche Verhalten abgestellt werden kann, hat die Bundesregierung in der Darstellung vom 8. November 1978 festgestellt: "Die beamtenrechtlichen Vorschriften fordern, daß der Beamte 'jederzeit' (vgl. SS 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG) und 'durch sein gesamtes Verhalten' (vgl. SS 52 Abs. 2 BBG) für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. Das schließt dienstliches und außerdienstliches Verhalten ein. Es handelt sich bei diesen Erfordernissen um eine Konkretisierung verfassungsrechtlicher Anforderungen, die einer Änderung durch einfaches Gesetz nicht zugänglich sind (Leitsätze 2 und 4 der Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975)." 6. Welche Pflichten haben Mitglieder von Parteien, die sich auf totalitäre Ideologien gründen? Welche Maßnahmen ergreifen solche Parteien, um diese Pflichten durch die Mitglieder zu gewährleisten? Wie verträgt sich die Erfüllung von Mitgliedspflichten in totalitären Parteien mit besonderen Treuepflichten zu unserem freiheitlichen Rechtsstaat? 58 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Die Bundesregierung nimmt zunächst Bezug auf die Beantwortung der Frage 30 in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 8. November 1978 (Plenarprotokoll 8/113 S. 8866). Der Vertreter der Bundesregierung führte damals u. a. aus, daß die in den Verfassungsschutzberichten genannten linksextremistischen Parteien - DKP, KPD, KPD/ML und KBW - nach ihren Statuten bzw. Satzungen von ihren Mitgliedern folgendes fordern: das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus, die aktive Mitarbeit in einer Parteiorganisation, Gehorsam gegenüber der Partei, die aktive Durchsetzung der Politik der Partei in allen Bereichen des Lebens jedes Parteimitgliedes, die Wahrhaftigkeit gegenüber der Partei, und daß nach der Satzung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) Mitglied dieser Partei nur werden kann, wer sich zu diesen Zielen bekennt. Unterschiedliche Maßstäbe legen diese Parteien jedoch hinsichtlich der Erfüllung dieser Pflichten an. Auch die Kontrollmöglichkeiten und Sanktionen sind verschieden. Bei KBW, KPD und KPD/ML hat das einzelne Parteimitglied einen nur geringen persönlichen Freiraum, außerdem gibt die organisatorische Aufteilung dieser Parteien in kleine Zellen der Parteileitung gute Kontrollmöglichkeiten über das Verhalten des einzelnen Mitgliedes. Bei Vernachlässigung der Mitgliedspflichten bzw. bei Verstößen gegen diese Pflichten wird das Mitglied gerügt, zur Selbstkritik genötigt oder aus der Partei ausgeschlossen. Bei der rund 42 000 Mitglieder zählenden DKP sind die Möglichkeiten für eine Kontrolle der Einhaltung der Mitgliedspflichten geringer. Während Mitglieder, die gegen die politische Linie der DKP gerichteten Aktivitäten entfalten, grundsätzlich ausgeschlossen werden, wird wegen zu geringer Aktivität i. S. des Statuts in der Regel kein Parteiordnungsverfahren durchgeführt. Die NPD war auf Grund ihres organisatorischen Zustandes in den letzten Jahren kaum in der Lage, ihrer Satzung Geltung zu verschaffen. Auch vor diesem Hintergrund kommt der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts besondere Bedeutung zu, daß nur eine Einzelfallprüfung Aufschluß darüber geben kann, ob ein Bewerber die Gewähr der Verfassungstreue bietet. 7. Trifft es zu, daß a) die "Berufsverbote"-Kampagne mit ihrer Agitationsvokabel von der "Gesinnungsschnüffelei" durch die DKP, ihre Nebenorganisationen, die von ihr beeinflußten Organisationen sowie die sie lenkenden oder unterstützenden anderen kommunistischen Parteien in Gang gebracht und bis heute gesteuert, intensiviert und zu erheblichen Teilen finanziert wird, b) das Ziel der DKP, welches sie mit dieser Kampagne verbindet, vor allem auch darin besteht, als gleichberechtigte politische Kraft im "demokratischen Verfassungsbogen" akzeptiert zu werden und damit das berechtigte Verdikt verfassungsfeindlicher Zielsetzung abstreifen zu können? 8. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß es das Ziel der kommunistisch gesteuerten "Berufsverbote"-Kampagne ist, jedem Mitglied mindestens orthodox-kommunistischer Organisationen grundsätzlich freien 59 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Zugang zum öffentlichen Dienst zu erkämpfen? Hält es die Bundesregierung für richtig zu versuchen, dieser Kampagne durch Nachgiebigkeit den Boden zu entziehen, insbesondere dadurch, daß auf die Zuziehung von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bei der Prüfung der Gewähr der Verfassungstreue von Bewerbern verzichtet wird? Die Fragen 7 und 8 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs wie folgt beantwortet: Die Bestrebungen der Bundesregierung, die Verfassungstreue-Prüfung bei Bewerbern für den öffentlichen Dienst in einem stärker am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Verfahren durchzuführen, haben weder zum Ziel noch zur Folge daß Extremisten der Weg in den öffentlichen Dienst geöffnet wird. Sie erwachsen aus der Überzeugung, daß in unserem Staat durch eine ausufernde Anfrageund Prüfungspraxis ein gesellschaftliches Klima mit verursacht worden ist, das es vielen Bundesbürgern als riskant erscheinen läßt, politisches !Engagement - gleich welcher Richtung - offen zu zeigen, und in dem die Bereitschaft, unsere Demokratie durch aktives Engagement lebendig zu erhalten, vielfach gerade bei jungen Menschen der Angst gewichen ist, eines Tages hierdurch Nachteile zu erleiden. Dieser Entwicklung, die im Ergebnis die demokratische Substanz dieses Staates eher schwächt als stärkt, gilt es zu begegnen. Die Bundesregierung hat wiederholt darauf hingewiesen, daß Gruppen wie z. B. die DKP mit entgegengesetzter Zielsetzung durch sog. "BerufsverbotsKampagnen" gegen die seit dem Ministerpräsidentenbeschluß von 1972 bestehende Praxis der Verfassungstreue-Prüfung vorgehen. Diesen Kampagnen, die zu Unrecht auf die Nationalsozialistische Terminologie des "Berufsverbotes" zurückgreifen, geht es zum Teil nicht um eine Stärkung der Liberalität in unserem Lande, sondern um die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Extremisten und um die Diskreditierung nicht nur des Verfassungsschutzes, sondern auch des freiheitlichen Staates. Dies kann die Bundesregierung nicht davon abhalten, ihrer Sorge um das gefährdete Vertrauen in die Liberalität unseres Staates Ausdruck zu geben und für eine konsequente Durchsetzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Prüfung der Verfassungstreue einzutreten. Im übrigen kann auf die jährlich vom Bundesminister des Innern vorgelegten Verfassungsschutzberichte verwiesen werden, in denen über die Aktivitäten orthodoxer Kommunisten gegen die "Berufsverbote" berichtet wird (vgl. Verfassungsschutzberichte 1975, S. 50, 66; 1976, S. 64, 83 f.; 1977, S. 67, 79). Hierbei ist durch die Darstellung der "Berufsverbotskampagne" unter dem Abschnitt "Bündnispolitik" zum Ausdruck gebracht worden, daß die Kampagne Teil dieser Politik ist, mit der die DKP das Ziel verfolgt, zu einer "Massenbasis und damit zu größerem politischen Einfluß zu gelangen (vgl. Verfassungsschutzberichte 1975, S. 62 ff.; 1976, S. 79 ff.; 1977, S. 77 ff.). Konkrete Einzelheiten über die Finanzierung der "Berufsverbotskampagne" sind nicht bekannt. Auch die Parteien der "Neuen Linken" wenden sich, wenn auch mit geringem Einsatz, in Publikationen und Aktionen gegen "Berufsverbote". Andere kommunistische Parteien i. S. der Frage 7a waren bisher wegen innerer Rivalitäten und organisatorischer Schwächen daran gehindert, eine größere zentralgesteuerte Kampagne zu organisieren, die an Umfang und Intensität der 60 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 DKP-gesteuerten Kampagne entspricht. Die DKP betont im Interesse der Wirksamkeit ihrer "Bündnispolitik", deren Verwirklichung auch die "Berufsverbotskampagne" dient, und um ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung zu verschleiern, in ihrer Agitation zunehmend auf dem "Boden des Grundgesetz" zu wirken und sich zu seinen "demokratischen Prinzipien" zu bekennen. 9. Erkennt die Bundesregierung an, daß der Beschluß der Ministerpräsidenten der Bundesländer über "Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst" vom 28. Januar 1972 und die gemeinsame Erklärung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten vom gleichen Tage das geltende Recht richtig wiedergegeben haben, richtig wiedergegeben und richtige Folgerungen daraus ziehen, oder welche Punkte des Beschlusses oder der Erklärung hält die Bundesregierung heute - aus welchen Gründen - für a) rechtswidrig, b) politisch untunlich? Erkennt die Bundesregierung insbesondere die Erfahrungsfeststellung des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten als richtig an, es werde die (gleichzeitige)"Mitgliedschaft von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Parteien oder Organisationen, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen - wie auch die sonstige Forderung solcher Parteien und Organisationen - ... in aller Regel zu einem Loyalitätskonflikt führen"? Die Aussage im Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972, eine Mitgliedschaft in Organisationen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, begründe Zweifel an der Gewähr der Verfassungstreue des Bewerbers und diese Zweifel rechtfertigten "in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages", ist durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 obsolet geworden. Mit der rechtlich gebotenen Bewertung der Gesamtheit der Einzelelemente, die für die Persönlichkeitsbeurteilung von Bedeutung sind, ist nicht zu vereinbaren, wenn aus der Vielzahl der denkbaren Beurteilungselemente eines, nämlich die Mitgliedschaft, besonders herausgehoben wird. Dies führt zu einer vorweggenommenen und deshalb unvertretbaren Gewichtung dieses Elements, mit der die Gefahr einer automatischen Ablehnung des Bewerbers ohne angemessene Würdigung auch der sonst relevanten Elemente heraufbeschworen wird. 10. Trifft es zu, daß die Bundesregierung, wie der damalige Bundeskanzler Brandt vor einiger Zeit erklärte, dem Beschluß nur deshalb zustimmte, weil sie davon ausging, daß andernfalls aus dem Bereich der CDU/CSU das Verbot der DKP angestrebt werden würde, und was hat den Bundeskanzler bewogen, einem solchen Verbotsverfahren unter allen Umständen entgegenzuwirken? Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972 bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 obsolet geworden ... 11. Trifft es zu, daß die Bundesregierung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berechtigt und verpflichtet ist, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Gruppen oder Parteien nach ihren Erkenntnissen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen? Welches sind die Voraussetzungen 61 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 dafür, daß politische Bestrebungen oder Zielsetzungen von Parteien oder sonstigen Organisationen als verfassungsfeindlich bezeichnet werden müssen? Die Frage ist zu bejahen. Die Bundesregierung verfährt entsprechend. Zur Frage der Berechtigung bzw. Verpflichtung der Bundesregierung, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Gruppen oder Parteien ihren Erkenntnissen verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, hat das Bundesverfassungsgericht u. a. folgendes aufgeführt: "Der Umstand, daß die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei bisher nicht ergangen ist, hindert nicht, daß die Überzeugung gewonnen und vertreten werden darf, diese Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele und sei deshalb politisch zu bekämpfen ... Deshalb ist es verfassungsrechtlich unbedenklich und von der politischen Verantwortung der Regierung gefordert, daß sie ihren jährlichen Bericht über die Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien dem Parlament und der Öffentlichkeit vorlegt. Soweit daraus für eine Partei faktische Nachteile (bei der Gewinnung von Mitgliedern oder Anhängern) entstehen, ist sie dagegen nicht durch Artikel 21 GG geschützt" (Entscheidung vom 22. Mai 1975 - BVerfG 39, 334, 360). Die Bundesregierung sieht es in Übereinstimmung mit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als erforderlich an, im Rahmen ihrer politischen Aufklärungsarbeit auf Organisationen und Parteien aufmerksam zu machen, die nach ihrer Überzeugung verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Diese Voraussetzung ist bei einer Zielsetzung gegeben, die gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist. Zu diesen Prinzipien sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 2, 1, 13 und 5, 85,140) mindestens zu rechnen: * Die Achtung vor den Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung * die Volkssouveränität * die Gewaltenteilung * die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung * die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung * die Unabhängigkeit der Gerichte 62 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 * das Mehrparteiensystem * das Recht auf Opposition. Eine gegen diese Prinzipien gerichtete Zielsetzung reicht für den Begriff der Verfassungsfeindlichkeit aus, ohne daß zugleich ein aktiv kämpferisch, aggressives Verhalten vorliegen muß, wie es im KPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Voraussetzung für ein Parteiverbot gefordert wird. Dies folgt daraus, daß die Bewertung als "verfassungsfeindlich" sich in ihrer Wirkung auf die politische Aufklärungsarbeit der Regierung beschränkt und Rechtsfolgen mit ihr nicht verbunden sind. Die Befugnis der Regierung solche Bewertungen vorzunehmen, ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch das Willkürverbot in der Weise begrenzt, daß entsprechende Werturteile vertretbar und in der Form sachlich gehalten sein müssen, also nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen (BVerfGE 40, 287, 293). 12. Wie gedenkt die Bundesregierung das geltende Verfassungsund Beamtenrecht zu wahren? Hält sie bei Einstellung in den öffentlichen Dienst Feststellungen darüber für geboten, ob Bewerber gleichzeitig einer der Verfassungsordnung bekämpfenden Gruppe angehören, und auf welche Weise solche Feststellungen getroffen werden? 13. Hält es die Bundesregierung für rechtlich vertretbar, die Feststellung einzelner Einstellungsvoraussetzungen durch eine Vermutung zu ersetzen? Wenn ja, a) kann eine solche Vermutung bei allen Bewerbungen oder nur bei solchen für bestimmte Dienstposten oder Laufbahnen und gegebenenfalls nach welchen Kriterien gelegt werden; b) nach welchen Kriterien unterscheidet sie nachzuweisende und zu vermutende Einstellungsvoraussetzungen? 14. In welchen Fällen können nach Auffassung der Bundesregierung bei der Feststellung der Gewähr der Verfassungstreue Erkenntnisse, die vom Verfassungsschutz auf Grund seines gesetzlichen Auftrages gewonnen wurden, Bestrebungen zu beobachten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, a) durch das Einfühlungsvermögen oder die zufälligen oder systematisch gesammelten Erkenntnisse der für Einstellungen zuständigen Beamten, b) durch gelegentliches oder systematisches Beobachten von zunächst einmal ohne Überprüfung eingestellten Probebeamten durch Vorgesetzte, Kollegen oder Schüler ersetzt werden? Auf welche Weise kann bei einem Verzicht auf die Anfrage beim Verfassungsschutz sichergestellt werden, daß an die Stelle einer Überprüfung der Verfassungstreue eines Bewerbers nicht eine bloße Mutmaßung darüber 63 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 tritt? Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, "eine Behörde dürfe sich nicht künstlich dumm machen ... Sie darf keineswegs vorhandene Unterlagen bewußt nicht zur Kenntnis nehmen"? Wenn nein, welche Argumente hat sie zur Widerlegung dieser Auffassung? Die Fragen 12 bis 14 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet: Die von den Fragen berührten Themen sind im wesentlichen bereits in der Darstellung der Bundesregierung vom 8. November 1978 behandelt worden. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ist von der verfassungsrechtlichen Verpflichtung auszugehen, die Gewähr der Verfassungstreue in jedem Fall zu prüfen. Entsprechend der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 24. Oktober 1975, ... geht der freiheitlich-demokratische Staat von der Verfassungsloyalität seiner Bürger aus. Dies bedeutet allerdings keine Rechtsvermutung im Sinne einer Beweislastregelung. Zusammen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erlaubt es dieser Gesichtspunkt jedoch, Nebenwirkungen der Anfragen beim Verfassungsschutz, wie die Störung des Vertrauens in die Liberalität des Staates, mit dem durch sie erreichten Nutzen bei der Abwehr von Extremisten abzuwägen. Aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich keine Verpflichtung, in allen Fällen routinemäßig beim Verfassungsschutz anzufragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich expressiv verbis zum Thema der Anfrage beim Verfassungsschutz nur negativ, und zwar dahin geäußert, daß eine solche Anfrage bei der Übernahme in den Vorbereitungsdienst, die zu zusätzlichen Ermittlungen führen würde, schädlich ist. Eine positive Äußerung dahin, daß und in welchen Fällen eine Anfrage erfolgen muß, weist die Entscheidung nicht auf. Allerdings kann aus dem Beschluß gefolgert werden, daß das Gericht eine Anfrage beim Verfassungsschutz nur als eines von mehreren Mitteln zur Prüfung der Verfassungstreue ansieht: Es bezeichnet Vorbereitungsdienst und Probezeit als Möglichkeiten, "den Bewerber intensiv kennenzulernen, ihn zu beobachten und sich schließlich ein Urteil über seine Persönlichkeit zu bilden". In diesen Zeiträumen, die grundsätzlich jeder Bewerber vor der endgültigen Berufung in das Beamtenverhältnis zu durchlaufen hat, soll sich primär die Eignung eines Bewerbers, zu der auch die Verfassungstreue gehört, erweisen: "Hier, wo sich die Verwaltung unmittelbar ein zuverlässiges Bild über den Anwärter machen kann, muß der Schwerpunkt liegen für die Gewinnung des Urteils, ob der Bewerber die geforderte Gewähr bietet oder nicht' (BVerfGE 39, 334, 356). Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht es, die Entscheidung, ob beim Verfassungsschutz angefragt wird, von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig zu machen. Die Bundesregierung lehnt die Auffassung ab, daß schon der Grundsatz der "Einheit der Staatsverwaltung" eine Pflicht zum routinemäßigen Datenaustausch zwischen Verfassungsschutz und Einstellungsbehörde beinhalte. Diese Auffassung widerspräche auch dem im Grundgesetz zum Ausdruck gelangten liberalen Staatsverständnis von den Grenzen der Wirksamkeit des Staates. Damit wäre nicht vereinbar, ohne weiteres die bei den verschiedenen staatlichen Stellen vorhandenen personenbezogenen Daten zu einem umfassenden Persönlichkeitsbild der Bürger zusammenzuführen. Nach dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz) muß auch für die Weitergabe personenbezogener Daten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. 64 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1979 Wenn mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf routinemäßige Anfragen beim Verfassungsschutz verzichtet wird, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Einstellungsbehörden, welche Feststellungen zu treffen sind und ob im Einzelfall eine Anfrage beim Verfassungsschutz erfolgt. Die Einstellungsbehörden haben dann anzufragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte, die insbesondere während Vorbereitungsdienst und Probezeit gewonnen werden können, darauf hindeuten, daß der Bewerber nicht die Voraussetzungen für den Eintritt in den öffentlichen Dienst erfüllt. Wenn von Routineanfragen abgesehen wird, so ist dies nach Auffassung der Bundesregierung auch geeignet, Mißtrauen gegenüber den Verfassungsschutzbehörden abzubauen. Die Bundesregierung weist gegenüber der irrigen Meinung, die Routinenachfrage habe gezielte Nachforschungen ausgelöst, darauf hin, daß es sich nur um die Abfrage des beim Verfassungsschutz bereits vorhandenen, gerichtsverwertbaren Wissens handelte. Dennoch hat die automatische Heranziehung des Verfassungsschutzes wesentlichen Anteil an den besonders bei der jungen Generation vorhandenen Vorbehalten gegenüber dem Verfassungsschutz. Die Bundesregierung hält es für unverzichtbar, daß die Bürger ihren Sicherheitsbehörden Vertrauen entgegenbringen. Ohne dieses grundsätzliche Vertrauen kann auch der Verfassungsschutz seine wichtige Aufgabe nicht erfüllen. Das Grundgesetz will diese Institution, um Freiheit und Toleranz dadurch zu ermöglichen, daß Bestrebungen, die gegen Freiheit und Toleranz gerichtet sind, beobachtet werden. 15 .... 65