Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 1 Inhaltsverzeichnis 1 Rechtsradikalismus ......................................................................... 2 1.1 Aktivität der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im Land Nordrhein-Westfalen ...............................................................................................2 1.2 "Aktion Neue Rechte" (ANR) ............................................................................2 2 Linksradikalismus ............................................................................ 3 2.1 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und Hilfsorganisationen .......3 2.1.1 KPD-Demonstrationen in Bonn, Düsseldorf und Dortmund..............................3 2.1.2 Maßnahmen gegen KPD-Veranstaltungen.......................................................4 2.1.3 Schwerpunkte der KPD-Agitation .....................................................................4 2.1.3.1 Aktion "Hände weg von der KPD"..................................................................4 2.1.3.2 Arbeit in den Betrieben ..................................................................................4 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP).........................................................5 2.2.1 Schwerpunkte der politischen Arbeit ................................................................5 2.2.2 Internationale Kontakte.....................................................................................6 2.2.3 Kampagne gegen den Beschluß der Ministerpräsidenten ................................6 2.2.4 Unterstützung der wilden Streiks ......................................................................7 2.3 Studierende Jugend ..........................................................................................7 2.3.1 Situation in den studentischen Selbstverwaltungsgremien...............................8 2.3.2 Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) und Verband der Studentenschaften an Fachhochschulen und Höheren Fachschulen (VSI)...............8 2.3.3 Studentenorganisationen..................................................................................9 2.3.3.1 Marxistischer Studentenbund (MSB)-Spartakus............................................9 2.3.3.2 Kommunistischer Studentenverband (KSV) ..................................................9 2.4 Situation an den Schulen................................................................................10 2.4.1 Schülermitverwaltung .....................................................................................10 2.4.2 Kollegs zur Erlangung der Hochschulreife......................................................10 2.4.3 Kommunistische Gruppierungen (SDAJ, MSB, KOV).....................................10 2.5 Berufstätige Jugend........................................................................................11 2.5.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) .............................................11 2.5.2 Maoistische Jugendorganisationen ................................................................12 3 Gefährdung auswärtiger Belange durch Gewalttäter .................. 13 3.1 Palästinenser ...................................................................................................13 3.2 Sonstige ...........................................................................................................13 4 Gewaltandrohungen....................................................................... 14 5 Maßnahmen im Bereich des Justizministers ............................... 15 5.1 Gesetzgeberische Maßnahmen ......................................................................15 Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 2 1 Rechtsradikalismus Die Tendenz auf dem Gebiete des Rechtsradikalismus ist seit den letzten Berichten im Dezember 1972 und am 30. Januar dieses Jahres im wesentlichen unverändert. Neben der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und den Jungen Nationaldemokraten (JN) treten andere rechtsradikale Gruppen in Nordrhein-Westfalen kaum noch in Erscheinung. 1.1 Aktivität der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im Land Nordrhein-Westfalen Die Versuche der Festigung des Parteiapparates der NPD und der Werbung neuer Mitglieder setzten sich nur in begrenztem Umfange fort. Zur Zeit läuft im Landesverband NW die Mitgliederwerbeaktion "Aus Eins mach Zwei", die bis Ende des Jahres andauern soll. In Verbindung damit werden von den Kreisverbänden Informationsstände als wirksamster Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit hauptsächlich an den Wochenenden aufgestellt. Gleichzeitig wird der Bundesparteitag am 12. - 14. 10.1973 in Düsseldorf vorbereitet, der sich besonders mit der Ergänzung bzw. Fortschreibung des Parteiprogramms befassen wird. Zum "Tag der Deutschen Einheit" (17.06.) führte die NPD in Minden eine Großveranstaltung mit ca. 800 Teilnehmern durch. Bei dem Versuch, im Anschluß an diese Veranstaltungen einen verbotenen Umzug in die Innenstadt von Minden zu unternehmen, kam es zu einem kurzen Zusammenstoß zwischen Polizei und NPD-Anhängern, die abgedrängt wurden. Zwei von der NPD als "zentrale Großaktionen" angekündigte Veranstaltungen aus Anlaß des 12. Jahrestages des Baues der Berliner Mauer am 11. August d. J. in Hamm und Oberhausen bestanden lediglich aus dem Aufstellen einiger Informationsstände und der Verteilung von Propagandamaterial, woran sich in beiden Städten ca. je 50 Personen beteiligten. Die Bevölkerung zeigte kaum Interesse. 1.2 "Aktion Neue Rechte" (ANR) Nachdem bisher nur über ein Tätigwerden der "Aktion Neue Rechte" im Raum München berichtet werden konnte, konstituierte sich nach vertraulichen Informationen am 26.05.1973 in Wanne-Eickel auch ein Landesverband NW der ANR. Zur Zeit ist jedoch nicht erkennbar, dass mit dieser Gründung eine nennenswerte Steigerung der Aktivität dieser stärksten Gruppe der sogenannten Neuen Rechten verbunden ist. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 3 2 Linksradikalismus Während des Berichtszeitraumes hat sich dagegen die Aktivität im linksradikalen Bereich gesteigert. Insbesondere die maoistisch-kommunistischen Organisationen - hier sind vor allem die KPD und die KPD/ML zu nennen - traten besonders augenfällig in Erscheinung. 2.1 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und Hilfsorganisationen Die 1970 von früheren SDS-Funktionären in Westberlin gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) hatte Anfang 1973 die Verlegung ihres organisatorischen Schwerpunkts von Westberlin nach Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. Das Zentralkomitee der KPD und die Redaktion des Zentralorgans "Rote Fahne" haben nunmehr ihren Sitz in Dortmund. Gleichzeitig sind regionale Parteibüros in Aachen, Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen errichtet worden. Darüber hinaus verfügt sie inzwischen über örtliche Parteigruppen u. a. in Aachen, Köln, Düsseldorf, Solingen, Duisburg, Mühlheim, Dortmund, Münster und Bielefeld. Einige aktive Funktionäre ihrer "Revolutionären Gewerkschaftsopposition" (RGO) konnte sie gleichzeitig als Arbeiter in wichtige Industriebetriebe (z. B. Opel - Bochum, Bayer - Leverkusen, Ford - Köln) einschleusen. Gemeinsam mit den von der KPD gesteuerten Jugendorganisation ("Kommunistischer Studentenverband" -KSV-, "Kommunistischer Jugendverband" -KJV-, "Kommunistischer Oberschülerverband" - KOV-), der Liga gegen den Imperialismus, dem Nationalen Vietnamkomitee und der Roten Hilfe und in zeitweiliger Zusammenarbeit mit der aus Hamburg geleiteten "Kommunistischen Partei Deutschlands/MarxistenLeninisten" (KPD/ML) ging sie dazu über, durch z. T. gewaltsame Aktionen in der Öffentlichkeit ihre Vorstellungen von der "proletarischen Revolution" in die Tat umzusetzen. 2.1.1 KPD-Demonstrationen in Bonn, Düsseldorf und Dortmund Zu erinnern ist an die Vorgänge * am 24.02.1973, als in Bonn unangemeldet 400 bis 500 Anhänger der KPD und der Liga gegen den Imperialismus demonstrierten; mit Eisenstangen, Holzlatten und Knüppeln bewaffnet versuchten sie, in die Bannmeile einzudringen; * am 17.03.1973, als es in Düsseldorf bei einer Demonstration der Liga.... zu tätlichen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam; * am 10.04.1973, als das Rathaus in Bonn von Anhängern der KPD und ihrer Hilfsorganisationen besetzt wurde; * am 01.05.1973 und 18./19.05.1973, als aus Anlaß des Breschnew-Besuches KPD und KPD/ML in Dortmund versuchten, trotz Versammlungsverbotes größere Demonstrationen durchzuführen. Da zu diesen Vorfällen bereits in den Sitzungen des Hauptausschusses vom 3. bzw. 29. Mai ausführlich berichtet worden ist, können hierzu weitere Ausführungen unterbleiben. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 4 2.1.2 Maßnahmen gegen KPD-Veranstaltungen Mit den von den Polizeibehörden des Landes erlassenen und von den Verwaltungsgerichten bestätigten 18 Versammlungsverboten, den Strafverfolgungsmaßnahmen des Generalbundesanwaltes gegen die KPD, den KSV und die "Liga...." am 15.05.1973 und den Festnahmen der von zwei KPDFunktionären am 15.05. und am 23.05.1973 konnten die organisierten Gewaltaktionen der KPD in NW ab Mai 1973 unterbunden werden. Zur Verhinderung oder Auflösung der insgesamt 18 verbotenen Demonstrationen mußten mehr als 10 000 Polizeibeamte eingesetzt werden. Bei diesen Polizeieinsätzen wurden insgesamt 755 Personen vorübergehend festgenommen, 19 Demonstranten und 23 Polizeibeamte verletzt. In der letzten Zeit kam es bei den meist kleineren Demonstrationen der KPD und ihrer Unterorganisationen nicht mehr zu solchen Ausschreitungen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die KPD ihren Willen zur Konfrontation mit der Polizei aufgegeben hat oder bei einem günstigeren Anlaß wiederum Gewalt gegen Sachen oder Personen anwenden wird. 2.1.3 Schwerpunkte der KPD-Agitation Die genannten Organisationen setzten jedoch ihre Agitation und Propaganda fort. Dabei bildeten sich zwei Schwerpunkte heraus: 2.1.3.1 Aktion "Hände weg von der KPD" einmal die Agitation gegen das angeblich "brutale" Vorgehen der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden: Hierzu wurden im Bundesgebiet 23 Ortskomitees "Hände weg von der KPD" gebildet; an einer zentralen, sog. Solidaritätskundgebung der KPD am 23.06.1973 in Karlsruhe erreichte sie in diesem Zusammenhang die Teilnahme von 5 000 Personen, darunter mehrere Hundert aus NW; 2.1.3.2 Arbeit in den Betrieben zum anderen die verstärkte Tätigkeit in den Betrieben: Träger dieser kommunistischen Betriebsarbeit sind die Betriebszellen der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO), der KPD und KPD/ML (insgesamt etwa 30 in NW). Die KPD-Führung hatte dazu im März 1973 unmißverständlich erklärt, dass sich die RGO eindeutig gegen die Gewerkschaften richtet und das Ziel verfolge, Streitkräfte auf betrieblicher Ebene ohne Rücksicht auf geltende Tarifverträge zu führen. Am 14./15.04.1973 fand in Dortmund eine von der KPD ausgerichtete "Nationale Konferenz der RGO" statt, an der u. a. 60 Betriebsräte aus dem Bundesgebiet sowie etwa 30 - 40 türkische, italienische und spanische Gestarbeiter teilnahmen. Es wurde u. a. beschlossen, die Arbeit in den Betrieben auf die ausländischen Arbeitnehmer zu konzentrieren. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 5 Konkrete Erfolge im Sinne ihrer Vorstellungen konnten KPD und KPD/ML bei den sogenannten wilden Streiks Ende August 1973 bei den Firmen Pierburg - Neuß, Opel - Bochum, Valvo - Aachen und Ford - Köln erzielen. Hier gelang es den innerhalb der Betriebe als Arbeiter tätigen Anhängern dieser Organisationen (z. B. dem Türken und dem KPD-Funktionär bei Ford), die Führung der Streikbewegung eines Teils der Arbeitnehmer - vor allem der Gastarbeiter - zu übernehmen und die Demonstrationen bis zu tätlichen Auseinandersetzungen mit Arbeitswilligen, z. B. bei Pierburg, Valvo und Ford, zu radikalisieren. Bei den Opel-Werken spielte insbesondere die "Gruppe oppositioneller Gewerkschafter in der IG-Metall" eine maßgebliche Rolle. Diese Gruppe hat bei den letzten Betriebsratswahlen (1972) über eine eigene Liste fast 2 000 Stimmen erreicht und 5 von 39 Betriebsratssitzen erhalten. Die Gruppe besteht insbesondere aus KPD/ML-Mitgliedern, dem ein aktiver Kern von 50 bis 80 OpelMitarbeitern zugerechnet wird, und etwa 50 bis 80 Mitläufern. Die führenden Vertreter dieser Gruppe sind inzwischen aus der IG-Metall ausgeschlossen worden. Unterstützt wurden diese innerbetrieblichen Aktivitäten, besonders bei Ford, durch kleinere Demonstrationsgruppen, die z. T. aus anderen Ländern (Hessen, Hamburg und Berlin) angereist waren und nicht nur Flugblätter zu verteilen, sondern auch versuchten, in das Werksgelände einzudringen oder Arbeitswillige am Betreten der Betriebe zu hindern. Im Rahmen der notwendig gewordenen polizeilichen Einsätze wurden 7 Deutsche und 28 Ausländer vorläufig festgenommen und gegen mehrere Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Eine zentrale linksradikale Steuerung der gesamten Streikbewegung - ab Mitte 1973 kam es in Nordrhein-Westfalen zu Arbeitsniederlegung in insgesamt 62 Betrieben - konnte nicht festgestellt werden. Auch liegen keine zuverlässigen Erkenntnisse darüber vor, dass die wilden Streiks bei Pierburg, Opel, Valvo und Ford ausschließlich auf Aktivitäten der genannten extremen Gruppen zurückzuführen sind. Vielmehr wird davon auszugehen sein, dass das Zusammentreffen verschiedener außerund innerbetrieblicher Faktoren - Preissteigerung, allgemeine Unzufriedenheit über die letzten Tarifabschlüsse, schwierige Arbeitsbedingungen, Gastarbeiterprobleme - die Einwirkungsmöglichkeiten der in den Betrieben präsenten KPDund KPD/ML-Gruppen stärker als bisher begünstigt haben. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Trotz der Aktivitäten von KPD und KPD/ML steht außer Zweifel, dass die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), deren Mitgliederzahl in Nordrhein-Westfalen im Berichtszeitraum von 13 300 auf rd. 15 000 angestiegen ist, im linksradikalen Lager nach wie vor die politisch wirkungsvollste Organisation darstellt. 2.2.1 Schwerpunkte der politischen Arbeit Ihre politische Arbeit konzentrierte sich darauf, * die Kontakte zu den Bruderparteien kontinuierlich fortzusetzen und durch repräsentative Veranstaltungen der Öffentlichkeit in unserem Lande deutlich zu machen, * die Propagandakampagnen gegen die "Berufsverbote" im öffentlichen Dienst Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 6 zu intensivieren sowie * permanent Einfluß auf die Lohnauseinandersetzungen in den Betrieben zu gewinnen. 2.2.2 Internationale Kontakte Den Auftakt der "internationalen Beziehungen" der DKP bildete eine Konferenz der Zeitschrift "Problem des Friedens und des Sozialismus", die am 06./07.02.1973 in der Parteischule "Karl Liebknecht" in Essen stattfand. An der Konferenz nahmen neben leitenden Funktionären der DKP 33 Vertreter anderer kommunistischer Parteien, darunter aus der Sowjet-Union, aus Belgien, Großbritannien, Dänemark, Finnland, Österreich, Italien, Spanien, Portugal und den USA teil. - Die Zeitschrift "Probleme des Friedens und des Sozialismus", die seit 1957 in Prag in 24 Sprachen herausgegeben wird, ist das theoretische Sprachrohr der internationalen kommunistischen Bewegung. Ihren Beiträgen kommt für die Beurteilung der Zielsetzung der DKP insofern Bedeutung zu, als sie durch einen leitenden Funktionär offiziell in der Redaktion vertreten ist. Vom 06. bis 16.04.1973 hielt sich auf Einladung des Parteivorstandes der DKP zudem eine Delegation der KPdSU in NW auf. Die Delegation sprach u. a. mit Repräsentanten mehrerer Städte des Ruhrgebietes (so z. B. Rheinhausen, Moers, Duisburg, Essen, Bottrop, Gladbeck, Gelsenkirchen, Herten und Dortmund) und besuchte Veranstaltungen der DKP. Als Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit mit den kommunistischen Bruderparteien wertet die DKP ihre Veranstaltungen beim Besuch Breshnews in der Bundesrepublik. Die DKP hatte Wochen vorher ihren gesamten Parteiapparat auf die Vorbereitung der "Freundschaftskundgebung" am 19.05.1973 in Bonn ausgerichtet, an der ca. 20 000 Mitglieder und Symphatisanten teilnahmen. Am 21.05.1973 empfing Breshnew auf dem Petersberg eine DKPDelegation unter Leitung des DKP-Vorsitzenden Kurt Bachmann. In Kreisen des Parteivorstandes wird die Auffassung vertreten, dass es der DKP mit der Kundgebung in Bonn gelungen sei, sowohl die sowjetischen Freunde zufriedenzustellen als auch in der Öffentlichkeit Profil zu gewinnen. Der Bundesregierung sei es nun nicht mehr möglich, die DKP zu verbieten. 2.2.3 Kampagne gegen den Beschluß der Ministerpräsidenten Hervorragende Möglichkeiten für ihr politisches Wirken sieht die DKP in der Kampagne gegen den Ministerpräsidentenbeschluß über die Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst. Die Fülle von Informationen, die im Berichtszeitraum zu diesem Themenkomplex gewonnen werden konnten, lassen die folgenden taktischen Ziele der DKP erkennen: * Es geht der DKP darum, der Öffentlichkeit darzulegen, dass sie angeblich keine verfassungsfeindlichen Ziele verfolgt und sich in Übereinstimmung mit den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes befindet. Diese Prinzipien würden in Wahrheit von den Verfechtern der "Berufsverbote" verletzt. * Durch Bildung vom Komitees, Initiativkreisen und Bürgerinitiativen soll die organisatorische Basis der DKP-Bündnispolitik verbreitert und bis in die staatstragenden Parteien und deren Jugendorganisationen (besonders Jungsozialisten, Jungdemokraten) hineingetragen werden. * Durch Druck der öffentlichen Meinung - und nicht so sehr durch juristische Schritte - soll es Mitgliedern aber auch Funktionären ermöglicht werden, nach Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 7 und nach in den Staatsapparat einzudringen. Als Paradebeispiel für die Verwirklichung dieser taktischen Konzeption wird der Fall X gesehen. Ein leitender DKP-Funktionär erklärte, dass die breite öffentliche Erörterung des Falles im DKP-Parteivorstand mit Genugtuung aufgenommen worden sei. Soviel Publizität hätte die DKP aus eigener Kraft nie erreichen können. 2.2.4 Unterstützung der wilden Streiks Auch die wilden Streiks hat die DKP für ihre Agitation zu nutzen versucht. Obwohl sie - im Gegensatz zu KPD und KPD/ML - eine Frontstellung zu den Gewerkschaften vermied, hat sie durch Verteilen von Flugblättern und Betriebszeitungen, z. T. in ausländischer Sprache, und durch Kontakte zu ihr politisch nahestehenden Gastarbeitern eskalierend auf die Streiks einzuwirken versucht. 2.3 Studierende Jugend Nach den Ereignissen an den Hochschulen des Landes im Wintersemester 1972/73 war damit zu rechnen gewesen, dass die Streikbewegung an den Gesamt-, den Fachund den Pädagogischen Hochschulen im Laufe des Sommersemesters 1973 wieder aufleben würde. Es gab zumindest Hinweise in dieser Richtung, doch haben sie sich nicht bestätigt. Größere, überörtlich bedeutsame Vorlesungsstreiks wurden jedoch nicht bekannt. Selbst der Versuch, Anfang Juni 1973 in Düsseldorf eine zentrale Demonstration aller Studentenschaften - ohne Rücksicht auf ihren politischen Standort - gegen die Hochschulsituation in Nordrhein-Westfalen durchzuführen, war weder von der Beteiligung noch von der Geschlossenheit her als erfolgreich zu bezeichnen. Eine nach außen von verschiedenen Fachschaften, in Wirklichkeit aber vom Kommunistischen Studentenverband (KSV) getragene gleichzeitige Demonstration in Düsseldorf machte vielmehr die Spannungen deutlich, die z. Z. das Verhältnis zwischen dem maoistischund dem orthodox-kommunistischen Lager in der Studentenschaft bestimmen. An besonderen Einzelvorkommnissen sind zu verzeichnen: * Der Einsatz in der Universität Bonn in Zusammenhang mit den Ereignissen um die Erstürmung des Rathauses. Nach Zusammenstößen mit linksradikalen Studentengruppen und nach Anforderung von Polizeikräften entschloß sich der Rektor der Universität zu deren vorübergehender Schließung. Die anhaltenden Demonstrationen wurden von Mitgliedern des KSV gesteuert. * Am 27.06.1973 besetzten rd. 25 Anhänger des KSV das Dekanat der Juristischen Fakultät der Bonner Universität und störten eine Sitzung der Fakultät. Die Studenten wollten die Berufung von C. v. Weizsäcker auf einen Lehrstuhl für Wirtschaftswissenschaft verhindern. Polizeieinsatz war erforderlich. * In Köln lassen die Angriffe gegen den Historiker Prof. Dr. Hillgruber nicht nach. Diese Kampagne muß im Rahmen eines an einzelnen Universitäten der Bundesrepublik praktizierten selektiven Terrors gesehen werden. Prof. Dr. Hillgruber hatte - allerdings vergeblich - versucht, mit einer offensiven Methode, die auch Diskussionen einschloß, diesen Störungen zu begegnen. * Ebenfalls in Köln wurden aufgrund von Aktivitäten des Kommunistischen Studentenverbandes Vorlesungen von Prof. Dr. Scheuch und Prof. Dr. Greive gestört. Der KSV beginnt zunehmend auch Lehrveranstaltungen von Assistenten zu stören, an denen in der Regel nur wenige Personen teilnehmen und Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 8 die deshalb besonders schwer zu "verteidigen" sind. * In Bochum wurde die Arbeit einer Berufungskommission der Abteilung Sozialwissenschaften im Juni 1973 mehrfach empfindlich gestört. Der Berufungskommission wurde in der Weise Schutz gewährt, dass für ihre Sitzungen Räume des Rektorats zur Verfügung gestellt wurden. Eine Gruppe von Studenten erzwang sich daraufhin Zugang zum Rektorat. Hierbei wurde ein Hausmeister angegriffen und verletzt. Die Sitzung der Berufungskommission wurde gesprengt. * Ebenfalls in Bochum wurde die Senatssitzung am 28.06.1973 gesprengt; Urheber waren dieselben Kräfte, die bereits die Abstimmung in der Berufungskommission verhinderten. Die Sprengung der Senatssitzung hatte zum Ziel, den Senat an der Abstimmung über die von der Abteilung Sozialwissenschaften inzwischen im Umlaufverfahren beschlossene Berufungsliste zu hindern. 2.3.1 Situation in den studentischen Selbstverwaltungsgremien Die Wahlen zu den studentischen Selbstverwaltungsgremien enden weiterhin mit Erfolgen oder zumindest - wenn auch knappen - Mehrheiten der linksradikalen Gruppen. Ein völliger Wechsel in den Mehrheiten, wie er nach den letzten Wahlen an der Ruhruniversität zugunsten der sozialliberal orientierten Bochumer Studentenunion und des RCDS eintrat, muß vorerst als Ausnahme und nicht als Anzeichen einer etwa beginnenden Tendenzwende angesehen werden. Mit Befriedigung darf jedoch festgestellt werden, dass die AStA-Vertretung in Bochum ausschließlich aus Mitgliedern oder Sympathisanten der drei im Landtag vertretenden demokratischen Parteien besteht. Hierzu trug folgende Entwicklung bei: Durch die Auflösung des Sozialdemokratischen Hochschulbundes (SHB) war in Bochum einer "linken" AStA-Koalition die Basis entzogen worden; denn der SHB hatte in Bochum bisher nur mit linksradikalen Gruppen koaliert. Diese Position verdeutlicht sich unter anderem dadurch, dass bei der Spaltung des SHB in SHB/MF (Mehrheitsfraktion - gemäßigt, reformerisch) und SHB/SF (Sozialistische Fraktion - linksradikal, aktionistisch) in Bochum im Gegensatz zum Bundesgebiet die letztere Gruppe als größere hervorging. Entsprechend hat der Spartakus von der Auflösung des SHB am meisten profitiert. Die Aufstellung einer Liste der Jungsozialisten hatte sich zerschlagen. 2.3.2 Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) und Verband der Studentenschaften an Fachhochschulen und Höheren Fachschulen (VSI) Im Verband Deutscher Studentenschaften (VDS), dem Dachverband der Allgemeinen Studentenausschüsse (AStA) der Universitäten und Technischen Hochschulen, hat die letzte Mitgliederversammlung im März 1973 in Bonn eine erneute Führung der MSB/SHB-Koalition gebracht. Allerdings war dies nur dadurch zu erreichen, dass die Stimmen der unter dem Einfluß der Jungsozialisten stehende "Asten" mit einem Juso-Vertreter im Vorstand des VDS honoriert wurden. Dieses "Zugeständnis" sollte andererseits dazu dienen, nach außen - insbesondere auch bei den damals anstehenden Gesprächen mit den zuständigen Bundesministerien über die Wiederfinanzierung des VDS - als Alibi für die verfas- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 9 sungskonforme und bündnisbreite Haltung der MSB/SHB-Koalition zu dienen. Die Entwicklung hat schon kurz nach der Mitgliederversammlung gezeigt, dass die Beteiligung der Jungsozialisten an der Führung des VDS keine Änderung der politischen Linie des VDS bringen würde. Der Juso-Vertreter im Vorstand sah sich im Mai veranlaßt, sich öffentlich von der Politik der MSB-SHB-Koalition abzugrenzen und zu erklären, dass er an den Entscheidungen des VDS-Vorstandes nicht ausreichend beteiligt werde. Im April 1973 hat der VDS bei einem Treffen in Moskau eine umfassende und intensive Zusammenarbeit mit dem Sowjetischen Studentenrat verabredet. Er wurde dort als der alleinige Sprecher der westdeutschen Studentenschaft anerkannt. Der SVI, der Dachverband der Studentenschaften der Fachhochschulen, und der VIS als Landesverband des VSI in NW sind weiterhin in Händen der sog. Chaoten. Die bis zum Frühjahr 1973 unternommenen Versuche, eine Zusammenarbeit zwischen dem VDS einerseits und dem SVI/VIS andererseits zu erreichen, sind an den Spannungen zwischen den maoistischen und den orthodoxen Kommunisten gescheitert. 2.3.3 Studentenorganisationen 2.3.3.1 Marxistischer Studentenbund (MSB)-Spartakus Der orthodox-kommunistische und auf der ideologischen Basis der DKP stehende Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB) hat in Nordrhein-Westfalen seine Position leicht verbessern können. Zusammen mit dem SHB besetzt er eine Reihe von "Asten". Das gibt ihm eine Machtposition, die über seine - im Vergleich mit der Gesamtzahl der Studenten - relativ geringe Mitgliederzahl von jetzt wahrscheinlich über 800 weit hinausgeht. 2.3.3.2 Kommunistischer Studentenverband (KSV) Der Kommunistische Studentenverband (KSV) ist im Sommer 1971 in Berlin - wo auch heute noch die Zentrale sitzt - als Studentenorganisation im Sinne der maoistischen KPD gegründet und später auch z. T. in Westdeutschland etabliert worden. In seinem Zentralorgan "Dem Volke dienen", Ausgabe Nr. 8 vom April 1973, hat er ein "Aktionsprogramm" veröffentlicht. Darin wird festgestellt, "die revolutionären" Studenten seien bisher aus eigener Kraft nicht fähig gewesen, "ihrem Kampf ein klares Ziel zu geben". Nur die Arbeiterklasse unter Führung der KPD könne die klassenlose Gesellschaft errichten. Die "leninistische Pflicht", auch unter den Studenten den Kampf für den Sozialismus zu führen und zu propagieren, habe der KSV übernommen. Für die Arbeit an den Hochschulen erneuerte der KSV die alten Parolen "Weg mit dem Hochschulrahmengesetz" und "Stärkung der verfaßten Studentenschaften". Relativ neu in der Palette der politischen Begriffe ist die Bezeichnung "Reisekader", die bereits im März d. J. im Zusammenhang mit der Agitation des Kommunistischen Studentenverbandes (KSV) unter Studenten Gegenstand einer mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Pohl (Drucksache 7/2495 vom Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 10 13.03.1973) war. Damals wurde im Ergebnis festgestellt, dass der KSV bei seinen Aktionen zwar von auswärtigen Gesinnungsgenossen unterstützt, "Reisekader" im Sinne organisierter, mobiler Gruppen mit zentral gelenktem gezieltem Einsatz aber nicht bekannt wurden. Zu dieser Frage wurde und wird weiter ermittelt mit dem vorläufigem Ergebnis, dass auch gegenwärtig mit letzter Sicherheit "Reisekader" in dem genannten Sinne nicht nachweisbar sind. Gleichwohl muß festgehalten werden, dass örtliche KSV-Aktionen auch jetzt noch von auswärtigen Kräften unterstützt werden. Auch die KPD setzt einen Teil ihrer Mitglieder ähnlich ein. 2.4 Situation an den Schulen 2.4.1 Schülermitverwaltung Die Tätigkeit linksextremer Gruppen unter den Schülern zeigt allgemein eine zunehmende Tendenz. Sie hat nicht zuletzt dazu geführt, dass die Schülermitverwaltung (SMV) an allgemeinbildenden Schulen auf Landesebene z. Z. unter dem Einfluß einer orthodox-kommunistischen Gruppe steht, nachdem noch im vergangenen Jahr dort Vertreter maoistischer Gruppen die Führung innehatten. Der derzeitige Landesvorstand besteht weitgehend aus Mitgliedern der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und des Marxistischen Schülerbundes (MSB). Es bleibt abzuwarten, ob durch den im Entwurf vorliegenden sogenannten Mandatierungserlaß des Kultusministers, durch den bestimmt wird, dass "ausschließlich mandatierte Schülervertreter in den Vorstand der überörtlichen Zusammenschlüsse der SMV gewählt werden können", eine ausgewogene Repräsentanz der Schülerschaft erreicht werden kann. 2.4.2 Kollegs zur Erlangung der Hochschulreife An den Kollegs zur Erlangung der Hochschulreife machen sich weiterhin linksradikale Tendenzen bemerkbar. An einigen Kollegs haben sich einzelne Lehrer auf die Seite der zum linken Radikalismus neigenden Gruppen von Studierenden gestellt. Dadurch ist ein gewisses Mißtrauen in die Kollegien getragen und die Arbeitsatmosphäre beeinträchtigt worden. Im allgemeinen läßt sich jedoch sagen, dass der Unterricht an den Kollegs von Radikalen nur unwesentlich gestört wird; außerdem scheinen sich die Linksradikalen in überschaubaren Basisgruppen zu organisieren, die nach dem Eindruck des Kultusministers an einer Mitund Zusammenarbeit im Rahmen der Kollegordnungen interessiert sind. Über entsprechende Bestrebungen im Bereich der Berufsschulen liegen bisher noch keine Erkenntnisse vor. 2.4.3 Kommunistische Gruppierungen (SDAJ, MSB, KOV) Zur Entwicklung der kommunistischen Gruppierungen unter den Schülern gibt es folgende Hinweise: * Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Sie hat im Juni 1973, nachdem sich ihr 12 Schülergruppen mit ca. 200 Mitglie- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 11 dern korporativ anschlossen, einen "Arbeitskreis Schüler beim Bundesvorstand der SDAJ" eingerichtet, der ein "Schülerförderungsprogramm" mit klaren Alternativen und Forderungen für die Schülerbewegung erarbeiten soll. Angesichts ihres Organisationsstandes hat sie für die Arbeit unter Schülern die besten Ansatzund Arbeitsmöglichkeiten. * Marxistischer Schülerbund (MSB) Mit einer neuen Gruppe in Münster wird die bisherige Konzentration dieser Gruppe auf den Raum Düsseldorf-Mönchengladbach erstmals durchbrochen. Ansätze für einen überörtlichen Zusammenschluß oder eine Zusammenarbeit mit gleichgerichteten Gruppen in anderen Bundesländern bestehen z. Z. nicht, so dass ein wachsender Einfluß dieser Gruppe nur im Zusammenhang mit der politisch auf gleicher Linie liegenden SDAJ befürchtet zu werden braucht. * Kommunistischer Oberschülerverband (KOV) Dieser mit seiner maoistischen Mutterpartei KPD und deren "Massenorganisationen" (KJV, KSV usw.) außerhalb des Schulbereiches immer gemeinsam auftretende Verband findet offensichtlich ständig neue Anhänger. Er unterhält inzwischen einige Zellen im Landesbereich, wobei sich ihm auch örtliche maoistische Schülergruppen direkt anschlossen, die ihn bisher nur unterstützt hatten, so in Münster und Düsseldorf. Im Amtsbereich des Schulkollegiums beim Regierungspräsidenten in Münster tritt nach wie vor das linksextreme Schülerkollektiv Marxisten-Leninisten besonders hervor. Es hat eine relativ starke Gruppe am Städ. Konrad-Schlaun-Gymnasium in Münster. An dieser Schule ist es auch im vergangenen Schuljahr zu einer Reihe von Vorfällen gekommen, die das Schulleben erheblich gestört haben. Das Schulkollegium ist zur Zeit bemüht, die Ursachen dieser Unruhe aufzudecken und daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Einer der hauptbeteiligten Schüler ist inzwischen auf Beschluß der Gesamtkonferenz von der Schule verwiesen worden. 2.5 Berufstätige Jugend 2.5.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Unter den extremen Organisationen, die sich besonders an die berufstätige Jugend wenden, stellt weiterhin die SDAJ die zahlenmäßig größte und bedeutendste Vereinigung dar. Die Anzahl ihrer hier bekannten örtlichen Gruppen in Nordrhein-Westfalen ist in diesem Jahr von 86 auf 104 gestiegen. Im gleichen Zeitraum stieg auch die Zahl der hier erfaßten örtlichen Lehrlingsund Jungarbeiterzeitungen der SDAJ in NW weiter an, und zwar von 64 Zeitungen in 33 Städten auf 81 Zeitungen in 38 Städten. Die Zahl der davon durch Titel oder Untertitel als betriebsbezogenen gekennzeichneten Zeitungen wurde seit Beginn des Jahres 22 auf 30, die der Berufsschulzeitungen von 9 auf 11 erhöht. Daneben sind in NW 7 SDAJ-Schülerzeitungen - zwei mehr als zum Jahresanfang - bekannt. Im Zuge der Verbreitung der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in OstBerlin in diesem Sommer war die SDAJ neben den studentischen Verbänden VDS, SHB und MSB Spartakus einer der Hauptträger des "Arbeitskreises Festival", in dem sich vorwiegend kommunistische und prokommunistische Jugendorganisationen der Bundesrepublik zur Vorbereitung der Spiele zusammengeschlossen hatten. In der Führungsspitze des Festivalkomitees war die Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 12 SDAJ durch ihren Bundesvorsitzenden, Mitglied des PV der DKP, und ein weiteres Bundesvorstandsmitglied, Referent für Jugendpolitik beim PV der DKP, vertreten. 2.5.2 Maoistische Jugendorganisationen Bei den in Nordrhein-Westfalen tätigen maoistischen Jugendverbänden hat es eine bemerkenswerte Veränderung gegeben. Der "Kommunistische Jugendverband Deutschlands" (KJVD), Jugendorganisation der KPD/ML, Richtung: "Rote Fahne", Bochum, der in NW mit 19 örtlichen Gruppen verhältnismäßig aktiv war, beschloß auf seiner Delegiertenversammlung im April d. J. seine Auflösung und den Anschluß an die "Rote Garde", Jugendorganisation der KPD/ML, Gruppe "Roter Morgen", Hamburg. Er vollzog damit denselben Schritt wie die Mutterpartei, die KPD/ML-Gruppe "Rote Fahne", die sich ebenfalls auflöste und der Gruppe "Roter Morgen", Hamburg, beitrat und damit die vor drei Jahren eingetretene Spaltung in diesem Lager wesentlich einschränkte. Die "Rote Garde" die in NW nur noch zwei überörtliche maoistische Jugendverbände tätig, und zwar neben der "Roten Garde" noch der "Kommunistische Jugendverband" (KJV), Jugendorganisation der KPD. Der KJV war an allen größeren Aktionen der KPD in diesem Jahr, wie z. B. bei der spektakulären Bonner Rathausbesetzung im April, beteiligt und hat die Anzahl seiner örtlichen Gruppen bzw. Stützpunkte in NW in diesem Jahr von 6 auf 9 erhöht. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 13 3 Gefährdung auswärtiger Belange durch Gewalttäter Wie bereits in der Plenarsitzung vom 14. Dezember 1972 im Zusammenhang mit dem Antrag der CDU-Fraktion zur Verbesserung der personellen Ausstattung der Abteilung VII ausgeführt worden ist, gibt es im Lande Nordrhein-Westfalen schätzungsweise 12 bis 15 ausländische Organisationen, die Gewalt als geeignetes Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele propagieren. 3.1 Palästinenser Unter diesen militanten Gruppierungen nehmen die in der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) zusammengeschlossenen Kampforganisationen * der revolutionär-nationalistischen "Fatah", * der maoistischen "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) sowie * der maoistischen "Demokratischen Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PDFLP)wegen ihrer Aktivitäten außerhalb des Nahen Ostens eine Sonderstellung ein. Ob es sich bei dem berühmt-berüchtigten "Schwarzen September" um eine Opperationsgruppe der "Fatah" handelt, ist umstritten. Auf jeden Fall aber steht diese Terroristengruppe unter dem maßgeblichen Einfluß von Funktionären der "Fatah". Von der "Fatah" werden mit größter Wahrscheinlichkeit auch heute noch konspirative Zellen im Lande unterhalten. Das Verbot der "Generalunion Palästinensischer Studenten" (GUPS) und der "Generalunion Palästinensischer Arbeiter" (GUPA), die der "Fatah" als Rekrutierungsbasis, Propagandainstrument und finanzielle Hilfsquelle dienten, hat zwar den palästinensischen Widerstand in der Bundesrepublik zunächst beunruhigt und verunsichert; indessen gibt es Anzeichen dafür, dass versucht wird, die verbotenen Ausländervereine zu reorganisieren. Diese Tendenzen können durch die angestrebte Zusammenarbeit zwischen palästinensischen Organisationen und deutschen Linksextremisten Auftrieb erhalten. 3.2 Sonstige Militante Gruppen gibt es auch unter kroatischen Nationalisten, spanischen und italienischen Anarchisten sowie innerhalb des griechischen Widerstandes. Obwohl es den Anschein hat, daß die politische motivierte Gewaltkriminalität im Rückgang begriffen ist, muß, solange die in der Regel im Ausland gelegenen Führungszentren nicht ausgeschaltet sind, mit weiteren Anschlägen auch dieser Gruppen gerechnet werden. Das skizzierte Bild gewalttätiger ausländischer Organisationen ist notwendigerweise noch sehr unvollständig und lückenhaft, da die für die Beobachtung ergriffenen Maßnahmen erst nach längerer Dauer zu eingehenderen Erkenntnissen führen können. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 14 4 Gewaltandrohungen Die Androhung von Gewalttaten ist erheblich gesunken; während im Vorjahr 1 321 Drohungen zu verzeichnen waren, belaufen sie sich in diesem Jahr auf bisher 50. Der Rückgang dieser Zahlen beruht allerdings auch auf einer anderen statistischen Erfassungsweise dieser Delikte. Während früher alle Bombendrohungen pp. erfaßt wurden, auch wenn sie erkennbar "Böse-Jungen-Streiche" waren, werden jetzt nur noch ernst zu nehmende Bedrohungen mit erkennbar politischem Hintergrund erfaßt. Damit ergeben sich genauere und wirklichkeitsnahe Angaben über diese Straftaten. Trotz der Änderung der Erfassungsmethode kann gesagt werden, dass politisch motivierte Gewaltandrohungen deutlich nachgelassen haben. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1973 15 5 Maßnahmen im Bereich des Justizministers Vorgänge von überörtlicher Bedeutung, die Anlaß zu Koordinierungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaften aufgrund der Rundverfügung des Justizministers vom 14. März 1971 (411 - III A. 198) hätten geben können, haben sich im Berichtszeitraum nicht ereignet. Wegen Straftaten, die durch Demonstrationen oder im Zusammenhang hiermit begangen worden sind, sind in der Zeit vom 1. September 1972 bis zum 31. August 1973 1.031 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen 1.280 namentlich bekannte sowie gegen weitere, nicht bekannte Personen eingeleitet worden. 146 Verfahren haben im Hochschulbereich begangene Straftaten zum Gegenstand. Zwei Verfahrenskomplexe betreffen die Ausschreitungen anläßlich des Besuchs des südvietnamesichen Staatspräsidenten Thieu am 10.04.1973 in Bonn (Erstürmung des Bonner Rathauses). Diese Verfahren sind inzwischen von dem Generalbundesanwalt übernommen worden. 101 Verfahren beziehen sich auf Demonstrationen der KPD (Maoistische Chaoten) und KPD/ML sowie ihrer Hilfsorganisationen am Maifeiertag und am 18./19. Mai 1973 aus Anlaß des Breschnew-Besuches. In der Zeit vom 1. September 1972 bis 31. August 1973 haben 651 Verfahren wegen Straftaten, die seit dem 1. Januar 1970 durch Demonstrationen oder im Zusammenhang hiermit begangen worden sind, ihren Abschluß gefunden, und zwar * 518 Verfahren durch Einstellung oder Absehen von der Verfolgung, * 87 Verfahren durch rechtkräftige Urteile gegen 118 Angeklagte, * 26 Verfahren durch rechtskräftige Strafbefehle gegen 28 Beschuldigte, * 20 Verfahren durch Verbindung mit anderen Verfahren oder durch Abgabe an andere Staatsanwaltschaften. Am 31. August 1973 waren wegen Straftaten, die seit dem 1. Januar 1970 begangen worden sind, noch 524 Verfahren gegen 953 namentlich bekannte Personen anhängig. In 251 dieser Verfahren ist gegen 336 Personen Anklage erhoben oder der Erlaß eines Strafbefehls beantragt worden. Im übrigen Verfahren befinden sich noch im Ermittlungsstadium. 5.1 Gesetzgeberische Maßnahmen Die Verherrlichung von Gewaltanwendung in Schriften und anderen Medien sowie die öffentliche Aufforderung zur Anwendung der Gewalt - beides Erscheinungen, die bei der Betätigung radikaler Gruppen mitunter eine bedeutsame Rolle spielen - sollen demnächst unter Strafe gestellt werden. Wer durch Schriften oder andere Medien Gewalttätigkeit verherrlicht oder verharmlost oder zum Rassenhaß aufstachelt, soll künftig nach SS 131 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Diese Strafbestimmung ist in dem vom Bundestag bereits verabschiedeten Vierten Strafrechtsreformgesetz vorgesehen. Gesetzgeberische Maßnahmen zur Pönalisierung der öffentlichen Aufforderung zur Gewalt sind in Vorbereitung.