Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 1 Inhaltsverzeichnis 1 Lagebericht vor Mitgliedern des Landtages NRW ......................... 3 1.1 Linksradikalismus .............................................................................................3 1.1.1 KPD und ihre Hilfsorganisationen - Hauptaufgaben und Ziele .........................3 1.1.2 Festigung und Ausbau der Organisation der KPD............................................4 1.1.3 Politische Organisation der KPD ......................................................................5 1.1.4 Organisation der KPD auf Landesebene ..........................................................5 1.1.5 Zentrale Organe der KPD.................................................................................6 1.1.6 Dezentralisierung des Literaturvertriebsapparates ...........................................6 1.1.7 Örtliches Propagandamaterial ..........................................................................6 1.1.8 Schleusungsapparat.........................................................................................7 1.1.9 Postkurierapparat .............................................................................................7 1.1.10 Briefversandapparat .......................................................................................7 1.1.11 Sicherheitsund Abwehrapparat ....................................................................7 1.1.12 "Deutsche Freiheitssender 904" .....................................................................8 1.1.13 Politik der Bündnisse ......................................................................................8 1.1.14 "Deutsche Friedensunion" (DFU) ...................................................................9 1.1.15 "Vereinigung Unabhängiger Sozialisten" (VUS) ...........................................11 1.1.16 "Sozialistische Studiengemeinschaft"...........................................................11 1.1.17 "Bund der Deutschen" (BdD) ........................................................................11 1.1.18 Kommunistische Unterstützung für den Ostermarsch ..................................12 1.1.19 Kommunistische Jugendpolitik .....................................................................12 1.1.20 Umfangreiche Unterstützung der KPD aus der SBZ.....................................13 1.1.21 "offene" Parteiarbeit......................................................................................13 1.2 Rechtsradikalismus.........................................................................................15 1.2.1 Wahlniederlagen der Deutschen Reichs-Partei (DRP) ...................................15 1.2.2 Politischer Kräfteverfall der DRP ....................................................................16 1.2.3 Versuche einer "Nationalen Sammlung".........................................................16 1.2.4 Infiltrationsversuche bestimmter Bevölkerungsgruppen .................................17 1.2.5 "Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes" ..............................................18 1.2.6 "Gesellschaft für freie Publizistik" ...................................................................18 1.2.7 Arbeitskreise zur "Förderung der geschichtswissenschaftlichen Forschung und zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit"............................................18 2 Der Versand "Offener Briefe" in Nordrhein - Westfalen als besondere Form der Arbeit der KPD, 1965...................................... 20 Einleitung ...............................................................................................................20 Vorbemerkung .......................................................................................................20 2.1 Die strategische und taktische Linie der illegalen KPD als Basis der "offenen" Arbeit.....................................................................................................21 2.2 Wesen und Zielsetzung der "offenen" Arbeit ...............................................24 Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 2 2.3 Anleitung der offen auftretenden Kommunisten durch die KPDFührungsgremien ..................................................................................................26 2.4 Briefaktionen als besondere Form der offenen Arbeit.................................28 2.5 Briefaktionen als Instrument im Kampf um die Aufhebung des Parteiverbote .........................................................................................................30 2.6 Vergleich des Inhaltes der "Offenen Briefe" mit den zentralen Verlautbarungen der KPD.....................................................................................33 2.6.1 Zentrale Verlautbarungen der KPD ................................................................33 2.6.2 Formulierungen in den offenen Briefen ..........................................................34 2.7 Zusammenfassende Beurteilung ...................................................................41 2.8 Anlage ..............................................................................................................42 2.8.1 Anlage 1 .........................................................................................................42 2.8.2 Anlage 2 .........................................................................................................45 Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 3 1 Lagebericht vor Mitgliedern des Landtages NRW (Berichtsstand: 10. Juni 1964) 1.1 Linksradikalismus Den Schwerpunkt auf dem Gebiete der politischen Untergrundarbeit bildet nach wie vor der Linksradikalismus. 1.1.1 KPD und ihre Hilfsorganisationen - Hauptaufgaben und Ziele Die Arbeit der KPD und ihrer Hilfsorganisationen ist - heute wie vor Jahren - darauf gerichtet, die gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik in ein System umzuwandeln, das von den Vorstellungen der kommunistischen Ideologie geprägt ist. Die Generallinie wird neben den Dokumenten der sogenannten "Moskauer Beratungen" der Jahre 1957 und 1960 von den Programmen der KPdSU (22. Parteitag Nov. 1961) und der SED (6. Parteitag Januar 1963) und schließlich dem Programm der KPD selbst bestimmt, das auf dem zweiten illegalen Parteitag im Mai 1963 beschlossen wurde. Die KPD nennt dieses Dokument allerdings nicht "Programm" sondern "Programmatische Erklärung". Inhaltlich läuft dies aber auf das Gleiche hinaus. Aus diesen Dokumenten ergibt sich, daß die KPD in der gegenwärtigen Etappe ihre Hauptaufgabe nicht darin sieht, die sozialistische Revolution als Voraussetzung zur Errichtung der Diktatur des Proletariats schon jetzt zu vollziehen. Das bedeutet nicht etwa, wie häufig angenommen wird, daß die Kommunisten dieses Ziel aufgegeben hätten, um sich im Zeitalter der Entspannung und der friedlichen Ko-Existenz mit dem in ihren Augen kapitalistischen System zu arrangieren. Eine solche Einstellung ist ideologisch ausgeschlossen. Die kommunistische Führung hat jedoch erkannt, daß unter den gegenwärtigen politischen und ökonomischen Verhältnissen eine solche Revolution unmöglich ist. Es gilt daher, die Entwicklung zunächst auf einen Zustand hinzulenken, der in der kommunistischen Terminologie als sogenannte "revolutionäre Situation" bezeichnet wird und die Basis für die spätere Revolution selbst bilden soll. Diesem Ziel dienen die immer wieder festgestellten Versuche der KPD, unter Ausnutzung aller angeblichen Widersprüche im kapitalistischen System Verbündete zu gewinnen und die in ihren Augen fortschrittlichen Kräfte zu einer breiten antimonopolistischen Volksbewegung zusammenzufassen deren Führung selbstverständlich die KPD selbst übernehmen will. Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß zwischen der kommunistischen Theorie und ihrer Praxis in der Bundesrepublik eine tiefe Kluft besteht. Deshalb unternehmen die Kommunisten alle Anstrengungen, um zumindest schrittweise im Sinne ihrer Nahziele Fortschritte zu erlangen. Sie haben erkannt, daß sie hierfür drei entscheidende Voraussetzungen erfüllen müssen: 1. Sie müssen die Partei in der Bundesrepublik trotz des bestehenden Verbots organisatorisch und personell weiter ausbauen und vor allem ideologisch so weit festigen, daß sie als politisches Instrument gehandhabt werden kann. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 4 2. Sie müssen sich - da ihre Kraft allein nicht ausreicht - um Bündnispartner unter denjenigen politisch aktiven Kräften bemühen, die geneigt sein könnten, mit ihnen "ein Stück Weges gemeinsam zu gehen". 3. Sie müssen daher versuchen, jene Bevölkerungsschichten anzusprechen die nach der kommunistischen Ideologie für die Durchsetzung ihrer Politik bedeutsam sind, und jene Kreise politisch zu neutralisieren, bei denen sie keinen Widerhall zu finden glauben. 1.1.2 Festigung und Ausbau der Organisation der KPD Hinsichtlich der erstgenannten Voraussetzung - Festigung und Ausbau der Organisation der KPD - wurden zweifellos einige Fortschritte erzielt. Ursächlich hierfür war einmal das sogenannte Parteiaufgebot, mit dem die KPD sich selbst verpflichtete, die Partei ideologisch und organisatorisch zu straffen und auszubauen. Diese Aktion begann am 1. Januar 1962 und wurde am 31. Dezember 1962 abgeschlossen. U.a. waren als Einzelziele vorgesehen, 3.000 neue Mitglieder für die Partei zu gewinnen und 100 neue Betriebszeitungen herauszugeben. Allerdings wurden die erstrebten Ziele zahlenmäßig nicht erreicht. Im gesamten Bundesgebiet erschienen im Jahre 1962 insgesamt 95 Betriebszeitungen von denen 60 dem Parteiaufgebot zugerechnet werden können. Hiervon entfallen auf das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt 51 Zeitungen, von denen 39 als Ergebnis des Parteiaufgebotes gelten müssen. Noch weniger Erfolg wurde bei der Werbung neuer Mitglieder erreicht. Bei sehr optimistischer Schätzung liegt der Mitgliederzugang im Rahmen des Parteiaufgebotes im Bundesgebiet bei etwa 600 Werbungen. Das entspricht etwa einem Fünftel des gesteckten Zieles. Diese Tatsache hat dazu geführt, daß sich das Zentralkomitee kürzlich erneut mit der Frage der Mitgliederwerbung befaßt hat. Ausgehend von Ausführungen eines bekannten KP-Funktionärs beschloß das Zentralkomitee auf einer Tagung Ende April/ Anfang Mai 1964, ein "Karl-Liebknecht-Parteiaufgebot" durchzuführen, in dessen verlauf 2.000 neue Parteimitglieder gewonnen werden sollen. Die Führungsgremien der KPD denken dabei vornehmlich an junge Mitglieder, die sie zur Erhaltung ihrer Kader und zur Intensivierung der illegalen Parteiarbeit dringend benötigen. Abgesehen von dem zahlenmäßig unbefriedigenden Ergebnis hat das Parteiaufgebot aber doch zu einer erheblichen Straffung und Intensivierung der Parteiarbeit geführt. Es ist der KPD offensichtlich gelungen mit dem Parteiaufgebot wenigstens teilweise die allgemeine Lethargie und Resignation zu überwinden, die unter den Mitgliedern Platz gegriffen hatte. Unter diesem Gesichtswinkel ist auch das neue "Karl-Liebknecht-Parteiaufgebot" zu sehen, das vornehmlich den Zweck verfolgt, durch die Aufstellung konkreter Organisationsziele die Aktivität des kommunistischen Untergrundes nicht abklingen zu lassen. Als zweites Ergebnis ist der zweite illegale Parteitag zu nennen der in der Zeit vom 23. - 25. Mai 1963 in Klein-Machnow bei Berlin stattfand. Mit ihm wurde praktisch das Parteiaufgebot des Jahres 1962 abgeschlossen. Die anwesenden 217 ordentlichen Delegierten verabschiedeten ein neues Statut der KPD, das den Bedingungen der Illegalität angepaßt ist und beschlossen die anfangs schon erwähnte Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 5 "Programmatische Erklärung", die die derzeitige politische und taktische Linie der KPD wiedergibt. Darüber hinaus wurde das Zentralkomitee, bestehend aus 50 Mitgliedern und 20 Kandidaten, und das Politische Büro (abgekürzt: Polit-Büro) neu gewählt. Dem aus 10 Mitgliedern bestehenden Polit-Büro gehören 5 Funktionäre an, die aus Nordrhein-Westfalen stammen - ein Indiz dafür, welche Bedeutung gerade unserem Land von der KPD beigemessen wird. 1.1.3 Politische Organisation der KPD Nach dem augenblicklichen Stand vermittelt die politische Organisation der KPD folgendes Bild: Die Führungsspitze - das Zentralkomitee - hat ihren Sitz in Ostberlin. Seine Organe sind das schon erwähnte Polit-Büro, das für die politischen Entscheidungen zuständig ist, ein Sekretariat, das die Beschlüsse des Zentralkomitees und des Polit-Büros durchzuführen hat, und die sehr wichtige "Zentrale Partei-KontrollKommission" (ZPKK). Das Sekretariat, das sich in Abteilungen und Kommissionen gliedert, ist für die Anleitung der gesamten Untergrundarbeit verantwortlich. 1. Sekretär des Zentralkomitees ist der frühere 1. Vorsitzende des Parteivorstandes. 1.1.4 Organisation der KPD auf Landesebene Unterhalb des Zentralkomitees befinden sich in den Ländern die illegalen Landesund Bezirksleitungen. Das Land Nordrhein-Westfalen war bisher in zwei KPDBezirke gegliedert, die "Ruhrgebiet" und "Niederrhein" hießen. Neueste Erkenntnisse lassen jedoch die Annahme zu, daß heute in Nordrhein-Westfalen mindestens vier Bezirksleitungen arbeiten, nämlich "Ruhrgebiet", "Niederrhein", "Mittelrhein" und "Westfalen-Ost". Ob oberhalb dieser vier Bezirksleitungen noch eine illegale Landesleitung besteht, konnte bisher nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Im Hinblick auf die außerordentliche Bedeutung, die gerade NordrheinWestfalen in der kommunistischen Arbeit einnimmt, ist dies nicht unwahrscheinlich. Z.Zt. ist jedoch noch nicht geklärt, ob diese Leitung in Nordrhein-Westfalen oder aus der SBZ arbeitet. Den Bezirksleitungen sind die KP-Kreisorganisationen in den Städten und Landkreisen nachgeordnet, deren Aufbau überall zumindest versucht wurde. Die Zahl der wirklich arbeitenden Leitungen in Nordrhein-Westfalen wird zur Zeit auf etwa 50-60 geschätzt. Den Kreisleitungen unterstehen die sogenannten "Grundeinheiten", als deren wichtigste die Betriebsgruppen zu nennen sind. Ihre Gesamtzahl zu schätzen, ist sehr schwierig, weil nach dem Statut der KPD bereits drei Mitglieder für die Bildung einer Betriebsgruppe ausreichen. Es liegt auf der Hand, daß derart kleine Zellen vielfach überhaupt nicht wirksam werden und deshalb auch nicht angesprochen werden können. Mit allen Vorbehalten kann die Zahl der KPDBetriebsgruppen in Nordrhein-Westfalen auf etwa 100-120 geschätzt werden. Die Gesamtzahl im Bundesgebiet wird mit etwa 300 angenommen. Die Verbindung zwischen den Bezirksleitungen und den Kreisorganisationen halten Instrukteure aufrecht, die vor allem die Aufgabe haben, die Kreisorganisationen politisch und organisatorisch anzuleiten. Sie werden innerhalb der KPD deshalb auch "Berater" genannt. Hierbei handelt es sich um Funktionäre, die langjährig geschult und absolut linientreu sind und fast immer hauptamtlich tätig werden. Ihre Tätigkeit ist für die Arbeit der KPD von entscheidender Bedeutung; man kann Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 6 sie auch den "Motor der Partei" nennen. Früher waren die Instrukteure grundsätzlich außerhalb ihres Wohnsitzes eingesetzt, wohnten am Einsatzort in illegalen Quartieren und unter Decknamen und arbeiteten unter strengster Konspiration. Seit einiger Zeit ist diese Arbeitsform geändert worden. Die Instrukteure üben jetzt ihre anleitende Tätigkeit am Wohnort aus, wobei sie sich möglichst ein Arbeitsverhältnis suchen, das eine reisende Tätigkeit zuläßt. Hierdurch wurde eine gewisse Abschirmung gegen Exekutivmaßnahmen erreicht, weil die wichtigsten Indizien für eine illegale Tätigkeit - Deckname, falsche Ausweispapiere, geheimes Quartier usw. - in der Regel weggefallen sind. Andererseits ist es leichter möglich, unerkannt auftretende Funktionäre zu identifizieren da sie uns meist aus früherer Tätigkeit bekannt sind. Zur Unterstützung der im Untergrund arbeitenden politischen Organisationen hat die KPD bereits unmittelbar nach dem Verbot mit dem Ausbau sogenannter "Sonderapparate" begonnen, die unmittelbar von den verschiedenen Abteilungen des Sekretariats des ZK der KPD in Ostberlin angeleitet werden. 1.1.5 Zentrale Organe der KPD Ich möchte hier zunächst den Literaturvertriebsapparat nennen der vornehmlich die zentralen Organe "Freies Volk" und "Wissen und Tat" im Bundesgebiet verbreitet. Dieses Material ist nicht so sehr für die Öffentlichkeit bestimmt. Als sogenanntes Propagandamaterial hat es vor allem die Aufgabe, die Mitglieder und Funktionäre der Partei ideologisch zu schulen und mit der Linie der KPD vertraut zu machen. Darüber hinaus sollen den Mitgliedern und Funktionären die Argumente für die tagespolitischen Auseinandersetzungen geliefert werden. 1.1.6 Dezentralisierung des Literaturvertriebsapparates Während bis zur Durchführung größerer Exekutivmaßnahmen in unserem Land (Aktion "Sendepause" 1959) der Literaturvertriebsapparat zentral aufgebaut war - seine Zuständigkeit erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet - ist man ab etwa 1960 zu einer Dezentralisierung des Apparates übergegangen. Das hat in der Praxis zur Folge, daß z.B. "Freies Volk" nicht mehr in einer Druckerei, sondern zur Zeit in mindestens 3 Druckereien im Bundesgebiet hergestellt wird. Davon dürfte sich eine Druckerei in Nordrhein-Westfalen befinden. "Freies Volk" wird von dieser Druckerei durch Kuriere zu den Anlaufstellen in den KPD-Bezirken unseres Landes gebracht, dort mit dem aus der SBZ eingeführten "Wissen und Tat" gemischt und von der Bezirksanlaufstelle aus zu den Kreisanlaufstellen im KP-Bezirk gebracht. Von diesen Kreisanlaufstellen, die in der Regel von den illegalen KPKreisleitungen eingerichtet werden, fließt das Material an die Mitglieder und Funktionäre in den Grundeinheiten (Betriebsgruppen, Wohngebietsgruppen usw.) ab. Der Vorteil der dezentralisierten Regelung besteht für die KPD darin, daß von E- xekutivaktionen höchstens ein Land betroffen werden kann. Man sieht, die KPD hat aus den verschiedenen Exekutivmaßnahmen der Staatsschutzorgane gelernt. 1.1.7 Örtliches Propagandamaterial Neben diesem zentralen Material wird - in geringerem Umfang - aber auch örtlich hergestelltes Propagandamaterial verbreitet. Diese Kreisund Ortszeitungen und vor allem die wichtigen Betriebszeitungen sind nicht gedruckt, sondern werden im Handabzugsverfahren hergestellt. Allerdings darf ihre primitive Form und ihr meist Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 7 auch primitiver Inhalt nicht dazu verleiten, ihre Wirksamkeit zu unterschätzen. Sie haben die Möglichkeit, ihre Agitation auf lokalen oder betriebsinternen Vorgängen aufzubauen und sprechen deshalb oft wirksamer an, als es das zentrale Material vermag, das mehr theoretisch und abstrakt bleiben muß. Seit dem KPD-Verbot erschienen in NRW bisher insgesamt 41 Kreisund Ortszeitungen. Die Herausgabe dieser Zeitungen ist jedoch fast völlig eingestellt worden, im Jahre 1962 erschien nur noch eine Zeitung, im Jahre 1963 zwei. 1964 wurde noch keine Zeitung erfaßt. Anders verhält es sich mit den Betriebszeitungen. Seit dem KPD-Verbot wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 119 Betriebszeitungen herausgebracht. Davon erschienen noch im Jahre 1963 vierzig, im Jahre 1964 bisher 21 verschiedene Zeitungen. Weitere Apparate, denen eine besondere Bedeutung zukommt, sind der Schleusungsapparat, der Postkurierapparat, der Briefversandapparat, der Sicherheitsund Abwehrapparat und der "Deutsche Freiheitssender 904". 1.1.8 Schleusungsapparat Der Schleusungsapparat - auch Grenzapparat genannt - hat die Aufgabe, wichtige Funktionäre, insbesondere solche, die von der Polizei gesucht werden, von Ost nach West oder umgekehrt über die Demarkationslinie zu schleusen. Dieser Apparat arbeitet besonders eng mit der Verkehrsabteilung des ZK der SED in OstBerlin zusammen und ist von zuverlässigen und erprobten KPD-Funktionären besetzt. 1.1.9 Postkurierapparat Der Postkurierapparat hat die Aufgabe, schriftliche Weisungen und sonstige bedeutsame Unterlagen des Zentralkomitees an die Bezirksleitungen in der Bundesrepublik weiterzugeben und Post für das ZK entgegenzunehmen. Auch dieser Apparat ist für die KPD von besonderer Bedeutung. Um ihn vor dem Zugriff staatlicher Organe abzusichern, wird oft der Weg über das Ausland gewählt, wo die KPD mit Hilfe ihrer Bruderparteien Anlaufstellen, Geheimquartiere usw. eingerichtet hat. 1.1.10 Briefversandapparat Der Briefversandapparat hat die Aufgabe, einen nach politischen Gesichtspunkten ausgewählten Personenkreis in der Bundesrepublik auf dem Postwege mit KPAgitationsund Propagandamaterial zu versorgen. Auch Sie, meine Herren werden sicherlich des öfteren in Ihrem Briefkasten einen Brief mit dem Absender einer Ihnen völlig unbekannten Person oder einer bekannten westdeutschen Firma gefunden haben, in dem sich dann ein kommunistisches Pamphlet befand. Dieses Material verbreitet der zentrale Briefversandapparat, der im Bundesgebiet über eine Vielzahl von Stützpunkten verfügt. 1.1.11 Sicherheitsund Abwehrapparat Der Sicherheitsund Abwehrapparat ist eine traditionsreiche kommunistische Einrichtung. Er hat nicht nur die defensive Funktion, "Spitzel und Agenten" staatlicher Organe und feindlicher Organisationen in der Partei zu entlarven. Er soll auch of- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 8 fensiv diejenigen Kräfte erkennen und durch gezielte Maßnahmen auszuschalten versuchen, die sich mit Abwehrmaßnahmen gegen die kommunistische Untergrundarbeit in der Bundesrepublik befassen. Der Sicherheitsapparat und die ZPKK sind sachlich und personell miteinander verzahnt. Sie haben Beauftragte in allen Bereichen der Partei. Sie sind die GPU des ZK. 1.1.12 "Deutsche Freiheitssender 904" Ein wichtiges Instrument der kommunistischen Agitation ist der "Deutsche Freiheitssender 904". Er konnte seine Sendungen schon unmittelbar nach dem Verbot der KPD, nämlich am 18.8.1956, aufnehmen. Bereits im Jahre 1955 waren die ersten Pläne für seine Inbetriebnahme vom "Arbeitsbüro" des ZK der SED und dem damaligen Parteivorstand der KPD ausgearbeitet worden. Nach diesen Plänen sollte der Sender ursprünglich die ideologisch-politische Arbeit der Funktionäre der illegalen KPD unterstützen, Sympathisierende für eine Mitarbeit in der illegalen KPD werben und den organisatorischen Zusammenhalt der ehemaligen Mitglieder der Partei fördern. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus ein Programm, das sich gliedert in * politische Tagesinformationen, * Kommentare und Berichte, * Sendungen aus Betrieb und Gewerkschaft, * Sendungen für die KPD und * Sendungen für die Bundeswehr. Die Sendeanlagen des "DFS 904" befinden sich in einem in Burg bei Magdeburg gelegenen Objekt des Deutschlandsenders. Die Redaktion des "DFS 904" hat ihren Sitz in dem ehemaligen Ausweichstudio des sowjetzonalen staatlichen Rundfunkkomitees in Berlin-Grünau. Der Leiter der Redaktion war vor dem Verbot der Partei Chefredakteur des Zentralorgans "Freies Volk". 1.1.13 Politik der Bündnisse Der Überblick über die politische Organisation der KPD und ihre Sonderapparate zeigt, daß es den Führungsgremien in Ostberlin im großen und ganzen gelungen ist, eine arbeitsfähige Organisation in der Bundesrepublik aufzubauen. Wie ich anfangs bereits ausführte, ist diese Organisation allein jedoch nicht in der Lage, die politische Entwicklung so zu beeinflussen, daß sie in der von den Kommunisten gewünschten Richtung verläuft. Dies war der KPD bereits vor ihrem Verbot nicht möglich. Die engen Grenzen, die ihr die Bedingungen der Illegalität setzen, haben ihre Möglichkeiten noch weiter eingeengt. Die KPD ist daher heute mehr denn je darauf angewiesen, Erfolge durch die Politik der Bündnisse zu erreichen. Diese Politik verfolgt den Zweck, andere politische Kräftegruppen für die Ziele der Kommunisten einzuspannen und auszunutzen. Man unterscheidet folgende Bündnisformen, die von Fall zu Fall je nach der politischen und wirtschaftlichen Lage angewandt werden: 1. Die Politik der Nationalen Front, - bei uns als "Schlageterkurs" bekannt - bei der alle politischen Kräfte bis zu rechtsgerichteten Kreisen zur Erreichung bestimmter "nationaler" Ziele zusammengefaßt war. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 9 2. Die Politik der demokratischen Einheit, früher die Politik der "Volksfront" genannt, die eine Zusammenfassung der Arbeiterschaft, der Mittelschichten und Kreise des liberalen Bürgertums auf der Basis allgemeiner demokratischer Forderungen und Losungen erstrebt. Diese Politik spielte in den dreißiger Jahren in Frankreich und Spanien eine Rolle und stand bei der Gründung der DFU in der Bundesrepublik Pate. 3. Die Politik der Aktionseinheit der Arbeiterklasse "von oben" ist der Versuch, auf der Grundlage konkreter politischer, vor allem aber sozialer Forderungen mit den Führungen der sozialdemokratischen Parteien und der sozialdemokratisch beeinflußten Gewerkschaften zusammenzuarbeiten. Einer solchen Politik wird von den Kommunisten nach wie vor besondere Bedeutung beigemessen, da der "Sozialistischen Internationale", dem Zusammenschluß der sozialdemokratischen Parteien in der freien Welt, über 10 Millionen Mitglieder angehören und die von den Kommunisten erstrebte Aktionsgemeinschaft zwischen dem kommunistischen "Weltgewerkschaftsbund" (WGB) und dem "Internationalen Bund freier Gewerkschaften" (IBFG) darüber hinaus rund 160 Millionen Mitglieder in Ost und West zu gemeinsamen Handeln vereinen würde. 4. Die Politik der Aktionseinheit der Arbeiterklasse "von unten" wird von dem Bestreben diktiert, die bisher stets fehlgeschlagene Aktionseinheit "von oben" durch ein Zusammengehen mit den Mitgliedern (also gegen die Führung) der sozialdemokratischen Parteien, der freien und christlichen Gewerkschaften und Angehörigen der Arbeiterschaft in christlichen und liberalen Parteien zu ersetzen. Der besondere Zweck dieser Taktik besteht darin, auf der Grundlage rein ökonomischer Forderungen den Klassenkampf zu intensivieren. Sie wird nach außen hin damit begründet, daß die Werktätigen - gleichgültig, welche politische oder religiöse Ansicht sie vertreten mögen - als Ausgebeutete des kapitalistischen Systems gemeinsame Interessen haben. Seit den letzten Bundestagswahlen liegt der Schwerpunkt der kommunistischen Bündnispolitik auf der Politik der "Aktionseinheit der Arbeiterklasse". 1.1.14 "Deutsche Friedensunion" (DFU) Die KPD hatte bei den Bundestagswahlen 1961 auf die "Deutsche Friedensunion" gesetzt, die bewußt als eine Volksfrontpartei angelegt war, also als ein Werkzeug der "Politik der demokratischen Einheit". Außer den Kommunisten sollte sie sozialdemokratisch orientierte Wähler ansprechen, die mit dem Deutschlandund außenpolitischen Kurs der SPD nicht einverstanden sind, sowie darüber hinaus alle - im kommunistischen Sinne - fortschrittlich und demokratisch gesinnten Bürger. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Die DFU erhielt bei der Bundestagswahl 1961 in Nordrhein-Westfalen einen Stimmenanteil von 2 % und blieb damit noch unter den 2,9 %, die bei der Bundestagswahl 1953 für die KPD abgegeben wurden. Nur im Wahlkreis Solingen/ Remscheid konnte die DFU mehr als 5 % der Stimmen auf sich vereinigen. Bei den Landtagswahlen in NRW im Jahre 1962 erhielt die DFU im Landesdurchschnitt 2 %. Nur in 5 Wahlkreisen, nämlich Remscheid, Solingen I und II, Bottrop und Herne wurden mehr als 5 % der Stimmen für die Friedens-Union abgegeben. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 10 Die Verschiedenartigkeit der in der DFU zusammenwirkenden Kräfte und der auch in der Presse offen geäußerte Verdacht der kommunistischen Unterwanderung oder gar Steuerung bewirkte in der Folgezeit Zerfallserscheinungen in der Partei, die sich vor allem in Niedersachsen auswirkten. In NRW gelang es der DFU immerhin ihre Richtungskämpfe bis zum Frühjahr 1964 mehr oder weniger parteiintern beizulegen. Zur wohl nicht geringen Überraschung der DFU-Bundesleitung legte dann jedoch im April 1964 der Landesgeschäftsführer seine gesamten Ämter in der DFU nieder und trat im Mai 1964 ganz aus dieser Partei aus. Er begründete seinen Schritt damit, er habe nach längerer Prüfung erkannt, daß die DFU im Hintergrund von der KPD/SED gesteuert werde. In zunehmendem Maße seien sowohl in der DFU-Bundesgeschäftsstelle in Köln als auch im DFU-Landesbüro NRW Kommunisten in Schlüsselpositionen gebracht worden. Damit allein dürfte indessen die Abkehr des Landesgeschäftsführers von der DFU noch nicht hinreichend erklärt sein. Nach hier vorliegenden Erkenntnissen hatte er sich bei seinem Übertritt zur DFU sowohl in finanzieller als auch politischer Hinsicht (Wahl in den Bundestag) Hoffnungen gemacht, die sich alsbald als Illusionen erwiesen. Als er dies erkannte und er sich überdies durch zwei gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren stark beunruhigt fühlte, begann er nach neuen beruflichen und politischen Möglichkeiten Ausschau zu halten. Besonders markante Fälle kommunistischer Einflußnahmen in der DFU dürften ihm dann einen willkommenen äußeren Anlaß für seine schließliche Abkehr von der DFU geboten haben. Man kann jedoch mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, daß er die kommunistische Lenkung der DFU schon seit längerem gekannt und toleriert hat. In Kreisen der DFU-Bundesleitung wird befürchtet, daß dieser Austritt die DFU in der Öffentlichkeit noch mehr diskriminieren wird, als dies schon bei einem ähnlichen Fall in Niedersachsen der Fall war. Als neuer DFU-Landesgeschäftsführer ist vermutlich ein zunächst kommissarisch eingesetzter DFUund VUS-Funktionär aus Hamburg vorgesehen. Der Misserfolg der DFU bei den Wahlen, ihr mangelnder Zusammenhalt und die Schwierigkeit, die bürgerlichen Mitglieder und Anhänger sowie die mit dem DFUProgramm sympathisierenden pazifistischen Kräfte besonders aus dem evangelisch-kirchlichen Raum an die Linie der kommunistischen Politik zu binden, waren Hauptgründe für die Abkehr der Kommunisten von der DFU. Man kann heute sagen, daß die DFU zwar noch nicht völlig abgeschrieben ist - sie wird weiterhin von der SED/KPD unterstützt -, jedoch ihre dominierende Rolle in der kommunistischen Bündnispolitik weitgehend verloren hat. Man darf gespannt sein, wie sich die neue Linie der SED/KPD auf die DFU und in der DFU auswirkt. Der am 5./6. Juni 1964 in Frankfurt/Main als "Unionstag 1964" durchgeführte Bundesparteitag hat hierüber noch keine Aufschlüsse gebracht. Bezeichnenderweise unterblieb die fällige Neuwahl der DFU-Bundesleitungsgremien. Man beschränkte sich auf die Propagierung und Erörterung der vom DFU-Direktorium erarbeiteten "Grundsätze für eine deutsche Politik der Mitte und der Verständigung", die dann am 6./7. Juni 1964 am gleichen Ort auf einem sog. "Unions-Forum" auch an nicht formell zur DFU gehörende Kreise herangetragen wurden. Die "Grundsätze" enthalten die übliche neutralistische Zielsetzung der DFU die außenpolitisch auf die Herauslösung der Bundesrepublik aus dem westlichen Bündnissystem abgestellt Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 11 und innenpolitisch insbesondere vom Kampf gegen die Notstandsgesetzgebung geprägt ist. An den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen im September 1964 will sich die DFU nach bisherigen Erkenntnissen beteiligen. 1.1.15 "Vereinigung Unabhängiger Sozialisten" (VUS) Die erste kommunistisch beeinflußte Organisation in der Bundesrepublik, auf die sich die Hinwendung der SED/KPD zur Politik der Aktionseinheit offen auswirkte, war die "Vereinigung Unabhängiger Sozialisten". Die aus dem "Zentralausschuss ausgeschlossener und ausgetretener Sozialdemokraten" entstandene VUS wurde auf dem Gründungskongress im November 1960 auf die Unterstützung der DFU verpflichtet. Sie wurde eine der Initiativgruppen für die Gründung der DFU und eine ihrer Trägerorganisationen. Selbst empfand sie sch als der linke, sozialistische Flügel der Sammlungspartei DFU. Auf dem letzten VUS-Kongress im November 1963 in Hannover versuchte nunmehr die Führungsgruppe des Zentralausschusses der VUS, diese auf die Unterstützung der SPD bei den nächsten Bundestagswahlen festzulegen. Darüber kam es zu einer Auseinandersetzung. Die Opposition gegen diese Absicht war so stark, daß beschlossen wurde über die endgültige Haltung der VUS in dieser Frage erst auf einem außerordentlichen Kongress vor den Bundestagswahlen im kommenden Jahr zu entscheiden. Immerhin wurde eine Entschließung angenommen, in der zum Ausdruck kommt, daß man gegen den augenblicklichen Kurs der SPD eingestellte linksoppositionelle sozialdemokratische Kräfte ermutigen und fördern will. Zwei dem alten Zentralausschuß der VUS angehörende DFUFunktionäre standen in Hannover nicht wieder für den neuen Zentralausschuss zur Wahl. Das ist ein Erfolg der neuen Linie. 1.1.16 "Sozialistische Studiengemeinschaft" Bei den teils in der "Sozialistischen Studiengemeinschaft" zusammengeschlossenen, teils selbständig, aber mit gleicher Zielsetzung arbeitenden dogmatischmarxistischen Studienzirkeln dürfte es zu ähnlichen Auseinandersetzungen kommen. Wegen des kommunistischen Einflusses in diesen Gruppen müssen sie als ideologisch-politisches Reservoir für eine linksradikale Einflußnahme insbesondere auf die Gewerkschaften angesehen werden. Die Mitglieder sind gehalten, an der Praxis des Klassenkampfes teilzunehmen, mit anderen Worten, sich radikalisierend vor allem in der Gewerkschaftsbewegung zu betätigen. Die Politik der Aktionseinheit verstärkt daher die Bedeutung dieser Gruppen. Sie verstärkt aber auch die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaften und dem Verfassungsschutz. 1.1.17 "Bund der Deutschen" (BdD) Die Entwicklung der DFU und die neue Linie der SED/KPD hat auch bei dem "Bund der Deutschen" Reaktionen ausgelöst. Der BdD kann nach seinem Programm, das allerdings - im Gegensatz zum Programm der DFU - stets Wert auf wirtschaftsund sozialpolitische Forderungen besonders des Mittelstandes und der Bauern legte, als Vorläufer der Friedens-Union angesehen werden. Bei Wahlen war er jedoch ebenso wenig erfolgreich wie die DFU. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 12 Der BdD verfügte und verfügt über eine unter starker kommunistischer Mithilfe aufgebaute gute Organisation. Er stellte sie, entsprechend der Unterstützung der DFU durch die SED/ KPD, der Friedens-Union zur Verfügung, ohne jedoch seine Selbständigkeit aufzugeben. Er kann somit als eine Art vorgeschalteter Kaderorganisation für die DFU angesehen werden. Im Hinblick darauf, daß diese Funktion heute jedenfalls nicht mehr in demselben Masse aktuell ist, steht man in den Führungskrisen des BdD offenbar vor dem Problem, sich über dessen Aufgabe in der Zukunft klar zu werden. Man kann annehmen, daß der BdD seine Aufmerksamkeit auf diejenigen bürgerlichen Kreise konzentrieren wird, von denen die BdDFührung annimmt, daß sie gegenüber den Forderungen, die den Nahzielen der kommunistischen Deutschland-Politik entsprechen, aufgeschlossen sind. Das Beispiel des BdD zeigt, daß die Konzentration kommunistischer Bemühungen im Sinne der Politik der Aktionseinheit auch die mehr bürgerlich ausgerichteten Organisationen für die KPD nicht uninteressant macht. Grundsätzlich sind alle Vereinigungen, Gruppen und Kreise für die kommunistische Taktik von Interesse, von deren Einstellung oder Aktivität sie sich eine Schwächung der Position der Bundesrepublik und des westeuropäisch-atlantischen Bündnissystems versprechen. 1.1.18 Kommunistische Unterstützung für den Ostermarsch So konzentrierten sich vor Ostern die Bemühungen der Kommunisten auf den Ostermarsch der Atomwaffengegner. Diese Märsche werden in Anlehnung an die Aldermaston-Märsche britischer Atomwaffengegner und Pazifisten seit 1960 in der Bundesrepublik durchgeführt. Sie richten sich gegen eine atomare Bewaffnung in West und Ost und propagieren u.a. eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa. Die SED/KPD sieht hier einen geeigneten Ansatzpunkt, unter Ausnutzung der Furcht vor einem atomaren Krieg, Unruhe und Unsicherheit in die Bevölkerung der Bundesrepublik zu tragen und sie hierdurch in ihrem Widerstandswillen gegen den Kommunismus psychologisch zu schwächen. Die Kommunisten haben daher auch in diesem Jahr ihre Anhänger zur nachhaltigen Unterstützung der Vorbereitungen und der Märsche selbst aufgerufen. Der publizistische Einsatz der Kommunisten für den Ostermarsch war in diesem Jahr besonders intensiv. Nachdem schon in der Januar-Ausgabe des KPDZentralorgans "Freies Volk" auf die Bedeutung der Ostermärsche hingewiesen worden war, starteten der "Deutsche Freiheitssender 904" und die gesamte offen und getarnte kommunistische Presse eine großangelegte Werbe-Kampagne. Bisher ist es den Kommunisten nicht gelungen, auf den Zentralen Ausschuß und Regional-Ausschuß-West der Ostermarschbewegung Einfluß zu nehmen. Jedoch konnten sie, wie bereits im vorigen Jahr, auch im Jahre 1964 in einer Reihe von örtlichen Ausschüssen Fuß fassen. In Nordrhein-Westfalen waren von 115 erfaßten Mitgliedern örtlicher Ostermarschausschüsse 44 (= 38 %) Mitglieder der KPD oder ihrer Tarnorganisationen. Von 26 bekannten örtlichen Ausschüssen standen 6 unter vorherrschend kommunistischem Einfluß. 1.1.19 Kommunistische Jugendpolitik Das in dem Jahr bisher hervorstechendste Ereignis der kommunistischen Jugendpolitik war das "Deutschlandtreffen der Jugend" zu Pfingsten in Ostberlin. Kreise Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 13 der illegalen KPD betreiben örtlich eine intensive Werbung, ebenso die Organisationen, Gruppen und Publikationen mit bekannter Sympathie für Veranstaltungen dieser Art und für kommunistische Politik. Die Auswertung der Erkenntnisse über die Werbung für das Treffen, seinen Verlauf sowie über Teilnahme und Teilnehmer ist noch nicht abgeschlossen. Die von offizieller kommunistischer Seite angegebene Zahl von 24.000 Teilnehmern aus dem Westen dürfte erheblich übersetzt sein. Die tatsächliche Zahl der Teilnehmer aus der Bundesrepublik liegt etwa bei 8.000, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß zuverlässige Schätzungen kaum möglich sind. In dem Demonstrationszug am Pfingstsonntag befanden sich Gruppen aus der Bundesrepublik mit insgesamt etwa 1.000 Personen. Unter den Gruppen, die aus positiver Einstellung zu der kommunistischen Ausrichtung des Pfingsttreffens teilnahmen, sei hier namentlich die "Deutsche Jugendgemeinschaft" erwähnt, die dem "Bund der Deutschen" verbunden ist. Ein großer Teil Jugendlicher ist aber, wie die vorliegenden Berichte in ihrer Gesamtheit erkennen lassen, aus Informationsinteresse und in der Absicht der echten Begegnung mit der mitteldeutschen Jugend zu Pfingsten nach Berlin gefahren. 1.1.20 Umfangreiche Unterstützung der KPD aus der SBZ Daß die Arbeit der KPD und ihrer westdeutschen Hilfsorganisationen in dieser Form nicht möglich wäre ohne eine umfangreiche Unterstützung aus der SBZ braucht wohl vor diesem Gremium nicht näher ausgeführt zu werden. Es läßt sich leicht ausrechnen, daß die KPD ihren Aufwand auch nicht annähernd aus den Beiträgen ihrer schätzungsweise 6.500 Mitglieder finanzieren kann. Ähnliches gilt von der Arbeit der meisten ihrer Hilfsorganisationen. Die Unterstützung aus der Zone erschöpft sich aber nicht in finanziellen Zuwendungen und in der Einschleusung von Propagandamaterial. Die SED und die von ihr abhängigen sowjetzonalen Massenorganisationen haben sch seit eh und je aktiv an der Zersetzungsarbeit beteiligt. Allerdings hat hier die Errichtung der Mauer und die Abriegelung der Zonengrenze zu einer Verlagerung der Taktik geführt, da die unentdeckte Einreise sowjetzonaler Funktionäre in die Bundesrepublik seitdem sehr viel schwieriger geworden ist. Statt dessen ist man dazu übergegangen, in verstärktem Umfange westdeutsche Kontaktpersonen zur Einreise in die Zone zu veranlassen und sie hier mit Richtlinien und Hilfsmitteln für ihre Arbeit in der Bundesrepublik auszustatten. Diese Taktik ist sicher nicht erfolglos geblieben. Das wird beispielsweise schon daraus ersichtlich, daß die Zahl westdeutscher Teilnehmer an den sogenannten Deutschen Arbeiterkonferenzen bereits im Jahre 1963 mit 1.000-1.100 wieder den Stand vor dem 13. August 1961 erreicht hat. Dem Landesamt für Verfassungsschutz sind zur Zeit 1.580 Personen aus Nordrhein-Westfalen bekannt, die seit August 1961 Kontakte zum FDGB unterhalten haben beziehungsweise noch unterhalten. Gegen rund 500 dieser Kontaktleute sind noch Verfahren anhängig, etwa 260 Verfahren endeten mit Einstellung, weitere 200 mit einer Verurteilung. 1.1.21 "offene" Parteiarbeit Trotz dieser Unterstützung, deren Umfang und Art ich im Rahmen dieses Vortrages nur andeuten konnte, ist es der KPD und ihrer Hilfsorganisationen aber bisher nicht gelungen, entscheidenden Einfluß auf die politische Willensbildung der Bevölkerung in der Bundesrepublik zu gewinnen. Organisieren, koalieren und infiltrie- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 14 ren sind zwar wichtige Mittel kommunistischer Politik, aber damit allein hat man die Massen noch nicht gewonnen. Deshalb gehen die Bemühungen der KPD seit ihrem Verbot darauf aus, die Isolierung durch die Illegalität zu durchbrechen und die Tätigkeit im Untergrund durch sogenannte offene Arbeit zu ergänzen. Dieser Taktik liegt die schon von Lenin entwickelte These zugrunde, wonach es von entscheidender Bedeutung sei, klug die illegalen Arbeitsmethoden mit den Möglichkeiten der legalen Arbeit zu verbinden. Auf die Bedeutung dieser Taktik wurden die Mitglieder der KPD bereits unmittelbar nach dem Verbot hingewiesen. Auf dem schon erwähnten zweiten illegalen Parteitag der KPD im Mai 1963 wurde erneut die Forderung erhoben, in der Bundesrepublik offen für die kommunistischen Nahziele einzutreten. Das Polit-Büro der KPD prägte für diese Arbeit die Faustregel: "Illegal soviel wie nötig, legal so viel wie möglich". Tatsächlich konnte festgestellt werden, daß vor allem gehobene Funktionäre, aber auch einfache Mitglieder sich dieser Taktik in vielfältiger Form bedienten und heute noch bedienen. Die Beispiele sind zahlreich: So traten schon 1956 bei den Kommunalwahlen einzelne KPD-Funktionäre als unabhängige Wahlkandidaten auf. 1958 wurden diese Versuche bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen fortgesetzt. Damals bemühten sich 41 Einzelkandidaten, die sämtlich als profilierte Kommunisten bekannt waren, um eine Zulassung. Ein gleicher Versuch erfolgte bei den Bundestagswahlen 1961. Hier gingen die Kandidaten sogar noch einen Schritt weiter und bekannten sich offen als Kommunisten. Im Juli 1961 schlossen sie sich zu einer "Kommunistischen Wahlgemeinschaft" zusammen. In beiden Fällen ging es den Kandidaten weniger darum, ein Mandat im Landtag oder Bundestag zu erringen. Selbst ihnen war klar, daß hierfür keinerlei Chance bestand. Beabsichtigt war vielmehr, unter Missbrauch des passiven Wahlrechtes sich zumindest für begrenzte Zeit eine scheinlegale Basis zu schaffen, die ihnen die ungestörte Verbreitung kommunistischer Propagandathesen erlaubte. In beiden Fällen gelang es dem Landesamt für Verfassungsschutz, den wirklichen Hintergrund dieser Kandidaturen aufzudecken, die daher von den zuständigen Wahlausschüssen nicht zugelassen wurden. Eine weitere Form der offenen Arbeit war die Herausgabe angeblich unabhängiger periodischer Zeitschriften. Allein im Jahre 1960 erschienen in der Bundesrepublik 30 solcher Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 40.000 Exemplaren. Weit mehr als die Hälfte dieser Zeitungen wurden in Nordrhein-Westfalen herausgegeben. Auch hier sahen sich die Staatsschutzorgane zu Verbotsmaßnahmen veranlaßt, da der organisatorische Zusammenhang mit der KPD nachgewiesen werden konnte. Als Folge dieser Abwehrmaßnahmen haben die Kommunisten ihre Taktik umgestellt. Da organisatorisch mehr oder weniger fest verbundene Gruppen zu leicht als Ersatzorganisationen der KPD zu erkennen sind, treten die KPD-Funktionäre nunmehr in verstärktem Maße als "Einzelkämpfer" in Erscheinung. Diese Form der offenen Arbeit umfaßt alle Methoden und Spielarten der kommunistischen Infiltration. Sie reicht von der Veröffentlichung von Broschüren, Rundschreiben und Leserbriefen in Tageszeitungen mit hoher Auflage bis zu den Versuchen, in politisch oder Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 15 wirtschaftlich wichtigen Organisationen, z.B. in den Industriegewerkschaften des DGB, in Sportvereinen, Bürgervereinen usw. ehrenamtliche Schlüsselpositionen zu übernehmen. Dabei werden alle nach außen hin sichtbaren Kontakte unter den offen auftretenden KPD-Funktionären sorgfältig vermieden und die Verzahnung mit der illegalen Partei konspirativ abgeschirmt. Eine nicht unbeträchtliche Erleichterung für das offene Wirken der Funktionäre besteht darin, daß die von mir bereits geschilderte Generallinie und die taktische Linie der Partei im augenblicklichen Zeitpunkt ein Bekenntnis zu den klassischen kommunistischen Thesen und Zielen (proletarische Revolution Diktatur des Proletariats usw.) in der gegenwärtigen Periode nicht verlangen. So kann sich der offen arbeitende Funktionär nach außen als der um das Wohl der Arbeiter besorgte Gewerkschafter als der "Friedensfreund", "Antifaschist" und "wirkliche Demokrat" ausgeben und in seinem offenen Auftreten immer wieder betonen, daß es den Kommunisten nur um die Erhaltung des Friedens, den Schutz der demokratischen Grundordnung, die Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiterschaft usw. gehe. Hat ein Funktionär im Rahmen der offenen Arbeit durch die Übernahme einer Funktion eine wichtige Plattform errungen, von der aus er wirkungsvoll die Anliegen der KPD vertreten kann wird er in der Regel im illegalen Apparat nicht mehr eingesetzt. Er ist der KPD in der neugewonnenen Funktion weitaus wertvoller. Auf eines möchte ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich hinweisen: Die sogenannte "offene Arbeit" tritt nicht - wie die Tätigkeit der Tarnorganisationen - neben die Arbeit der KPD, sondern sie ist ein Teil dieser Arbeit. Sie hat für die KPD den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß sie der Organisation selbst erlaubt, sich mehr auf innere Stabilisierung zu konzentrieren als sich durch erfolglose Aktionen zu gefährden. Sie ist darüber hinaus nach außen als KPD-Arbeit ungleich schwer zu erkennen - und damit auch schwerer zu bekämpfen. Wir werden uns deshalb einiges einfallen lassen müssen, um ihr wirksam zu begegnen, wobei vermutlich der Schwerpunkt der Abwehr weniger in staatliche Maßnahmen als im Bereich der politischen Auseinandersetzung liegen wird. Damit darf ich die Darstellung des politischen Untergrundes auf dem linksradikalen Sektor abschließen und mich nunmehr dem Rechtsradikalismus zuwenden. 1.2 Rechtsradikalismus Das Jahr 1963 war für alle rechtsextremen Parteien ein Jahr der Enttäuschungen. Die Zersplitterung des sogenannten "nationalen Lagers" führte erneut zu einem Rückgang an Erfolg und politischer Wirksamkeit. An den gegensätzlichen politischen Auffassungen rieb man sich bei teilweise hektischer Aktivität auf. Die geringe Resonanz bei der Bevölkerung zeigte sch augenfällig in den Wahlniederlagen. Hiervon wurde insbesondere die "Deutsche Reichs-Partei" betroffen. 1.2.1 Wahlniederlagen der Deutschen Reichs-Partei (DRP) Das Ergebnis der Landtagswahlen in Niedersachsen war für die DRP derart niederschmetternd, daß der Parteivorsitzende von Thadden in der Wahlnacht von einer "blanken Katastrophe" sprach. Auf die DRP entfielen nämlich nur 1,5 % der abgegebenen gültigen Stimmen. In Rheinland-Pfalz lag der Prozentsatz zwar etwas höher (3,2), aber auch hier verlor sie einen erheblichen Teil ihrer früheren Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 16 Wählerschaft und der erwartete Durchbruch, nämlich - wie im Jahre 1959 - die 5 %-Klausel zu überspringen, mißlang. An der Landtagswahl in Baden-Württemberg beteiligte sch die DRP nicht mehr; sie empfahl ihren Anhängern, die Kandidaten der GDP zu wählen. Wie bekannt, erreichte aber auch die GDP trotz dieser Unterstützung nur 1,8 % der abgegebenen Stimmen. 1.2.2 Politischer Kräfteverfall der DRP Nachdem ein Industrieller, der mit erheblichen monatlichen Zuwendungen maßgeblich an der finanziellen Förderung der Partei beteiligt war, im Juli 1963 gestorben war, setzt sich der politische Kräfteverfall der DRP fort. Als Folge dieses Ausfalles mußte z.B. aus Kostenersparnisgründen das Hamburger Büro der DRP aufgelöst und mit der in Hannover bestehenden Geschäftsstelle zusammengelegt werden. Die Resignation zeigte sich in vollem Umfange auf dem Parteitag der DRP im September 1963 in Karlsruhe. (Der diesjährige Parteitag findet am 20./21. Juni in der Beethovenhalle statt, die von der Stadt Bonn an die DRP zu diesem Zweck vermietet wurde. Mit der Wahl dieses Ortes beabsichtigt man zweifellos eine Aufwertung der Partei zu erreichen.) Auf dem letzten Parteitag gab der Vorsitzende von Thadden uneingeschränkt die bisherigen Mißerfolge von den Delegierten zu und ließ zum ersten Male deutlich erkennen, daß die DRP allein nicht mehr in der Lage sein würde, die früher gesetzten Ziele zu erreichen. Er stellte den Parteitag vor die Alternative, entweder die Partei aufzulösen bzw. als reine Funktionärsorganisation in "bessere Zeiten" herüberzuretten oder durch eine sogenannte "Nationale Sammlung" neue Wege zu beschreiten. Der Parteitag ermächtigte daraufhin den Vorstand, in größtmöglicher Freizügigkeit nach neuen Möglichkeiten zu suchen. 1.2.3 Versuche einer "Nationalen Sammlung" Während die "Deutsche Gemeinschaft" durch ihren Vorsitzenden der DRP sofort eine Absage an Annäherungsversuche erteilte, gab die DRP ihrerseits bekannt, daß sie nicht daran denke, mit der von ihr abgespaltenen "Deutschen Freiheitspartei" zu paktieren. Aus dieser Einstellung wurde ersichtlich, daß keine umfassende Einigung zu erwarten ist. Inzwischen haben sich in Nordrhein-Westfalen auf örtlicher Ebene einige lose Zusammenschlüsse gebildet. In Aachen die "Arbeitsgemeinschaft nationaldemokratischer Kreise" und in Bonn die "Aktion national-demokratische Sammlung". Hieran haben sich allerdings wieder u.a. örtliche Funktionäre der DRP und DFP beteiligt. In anderen Ländern der Bundesrepublik haben sich gleichfalls Arbeitsgemeinschaften gebildet, die darauf hoffen, neben allen nationalistischen Gruppen auch die "Gesamtdeutsche Partei" und die "Deutsche Partei" zu erfassen. Am bekanntesten ist die am 18. Januar 1964 erfolgte Gründung der "Arbeitsgemeinschaft für nationale Politik" in Kiel geworden, zu der der Landesvorsitzende der "Gesamtdeutschen Partei" die Initiative ergriffen hatte. Der Parteivorstand der DRP erblickt hierin einen ersten entscheidenden Schritt auf dem Wege der Sammlung aller nationalen Kräfte in der Bundesrepublik und erhofft sich die Bildung einer Dachorganisation, deren Ziel ein gemeinsames Auftreten zur Bundestagswahl sein soll. Zu den in diesem Jahr in verschiedenen Ländern stattfindenden Kommunalwahlen sind bereits Wählergemeinschaften in Vorbereitung. In Nordrhein-Westfalen sind Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 17 solche Bestrebungen bisher nur in schwachen Ansätzen in Aachen und Wuppertal sowie im Bielefelder Raum erkennbar geworden. Politische Beobachter und Kritiker meinen, daß in den neuen Arbeitsgemeinschaften die "Deutsche Reichs-Partei" der schwierigste Partner sein wird, da sie hinsichtlich der Organisation und der Wahlkandidaten unter Berufung auf ihre bereits in allen Ländern bestehenden Kader weitgehende Führungsansprüche erheben dürfte. Erfolg und Mißerfolg der parteilichen Sammlungsbestrebungen werden weitgehend davon abhängen, ob es gelingt, "Führungspersönlichkeiten" zu gewinnen. Bisher sind alle derartigen Versuche gescheitert. Darüber hinaus wird man den Wählerunterbau vergrößern müssen. 1.2.4 Infiltrationsversuche bestimmter Bevölkerungsgruppen In Erkenntnis dieser Notwendigkeit glauben die nationalistischen Parteien, neue Anhänger aus dem Landvolk gewinnen zu können. Wie bekannt ist, haben sich in verschiedenen Teilen der Bundesrepublik "Notgemeinschaften" deutscher Bauern und "Landvolkverbände" gebildet, die angeblich zwar alle Infiltrationsversuche von links und rechts ablehnen, die jedoch nach den bisherigen Beobachtungen geneigt zu sein scheinen, "nationalistische Waffenhilfe" anzunehmen. Das beweisen Bauernversammlungen, in denen vorzugsweise Spitzenredner der DRP zu Wort kommen. Eine Radikalisierung der Bauern wird weiter durch Flugblattaktionen und publizistische Veröffentlichungen in rechtsextremen Blättern versucht, die auf den im allgemeinen gut besuchten Veranstaltungen kostenlos verteilt werden. Einen weiteren ansprechbaren Kreis, der einer nationalen Sammlung Auftrieb verleihen könnte, sieht man offensichtlich in den Vertriebenen und Flüchtlingen. Neben den schon erwähnten Anbiederungsversuchen zur Gesamtdeutschen Partei lassen vor allem die DRP und DFP keine Gelegenheit aus, auf Vertriebenenversammlungen ihre Flugblätter und Zeitungen zu verteilen. Die als rechtsradikal zu beurteilende "Deutsche Nationalzeitung und Soldatenzeitung" (DNZSZ) erscheint hier in gewissem Umfange als Antriebskraft. Es dürfte bekannt sein, daß sie durch den Aufkauf von Vertriebenenzeitungen und durch entsprechende Abhandlungen unmittelbaren Einfluß auf diese Bevölkerungsgruppen zu nehmen sucht. U.a. ist es ihr ständiger Mitarbeiter, der ehemalige sudetendeutsche NS-Schriftsteller, der diese Richtung aktiviert; er hält in der Bundesrepublik auch zahlreiche "Dichterlesungen", in denen er die Vergangenheit - und sei es nur am Rande der Veranstaltung - auf seine Weise interpretiert. Die Sammlungsbestrebungen erhalten weiter Auftrieb durch die Gründung zahlreicher Arbeitskreise, die sich mit dem Thema der Kriegsursache und Kriegsschuld befassen. Ausgangspunkt ist auch hier mehr oder weniger die "Deutsche Nationalzeitung und Soldatenzeitung", die über diese Fragen in einer Artikelserie unter dem ihr eigentümlichen Blickwinkel berichtet hat. Die Artikelserie stammt aus der Feder eines ständigen Mitarbeiters der DNZSZ . Inzwischen wurde dieses Thema von der gesamten nationalistischen Presse aufgegriffen. Angeregt durch die DNZSZ wurden in mehreren Städten der Bundesrepublik - u.a. auch in NW - Arbeitskreise ge- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 18 gründet, in deren Mittelpunkt der ständige Mitarbeiter der DNZSZ steht und über die Kriegsschuldfrage referiert. Diese Diskussionsforen haben sich mehr und mehr zu einer Klammer des ansonsten stark zersplitterten nationalen Lagers entwickelt. Sie werden von den Leitern der Arbeitskreise bewußt überparteilich aufgezogen. Die Versammlungen werden nicht nur von den Mitgliedern aller Rechtsparteien und Organisationen, sondern auch von solchen Personen besucht die bisher keine Verbindung zu rechtsextremen Kreisen gefunden hatten. Außerhalb der rechtsgerichteten Parteien wirken eine Reihe von Vereinigungen auf eine nationale Sammlung hin. Es ist auffallend, daß diesen Gruppen eine Vielzahl von ehemals führenden NS-Ideologen und Funktionären angehören. 1.2.5 "Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes" In erster Linie ist hier das "Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes" mit Sitz in München zu nennen, das unter der Führung des ehemaligen SA-Dichters Dr. Herbert B ö h m e (NSDAP 1933) steht und über mehr als 2.000 Mitglieder verfügt. In Nordrhein-Westfalen unterhielt das DKEG im Jahre 1963 13 Pflegstätten, die ü- berwiegend von alten NS-Parteigenossen geleitet werden. Weitere 4 Pflegstätten sollen sich im Aufbau befinden. Die führenden Funktionäre in Nordrhein-Westfalen sind u.a. ein ehemaliger Reichsredner und Mitarbeiter im rassenpolitischen Amt der NSDAP sowie neuerdings ein Inhaber des Goldenen HJ-Abzeichens (NSDAP 1937). Die Veranstaltungen des DKEG werden in der Regel gut besucht. 1.2.6 "Gesellschaft für freie Publizistik" Das DKEG ist durch seine Mitglieder eng mit der "Gesellschaft für freie Publizistik" verflochten, die etwa 750 Mitglieder zählt, darunter zahlreiche (NS-) Verleger und (NS-) Schriftsteller. Beide Organisationen wollen sich u.a. vorwiegend für Autoren, Werke und Verlage einsetzen, die ihrer Ansicht nach aus politischen Erwägungen "totgeschwiegen" werden. 1.2.7 Arbeitskreise zur "Förderung der geschichtswissenschaftlichen Forschung und zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit" Ähnlichen Zielen dienen auch die verschiedensten Arbeitskreise zur "Förderung der geschichtswissenschaftlichen Forschung und zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit", die zielstrebig auf eine Rehabilitierung des NS-Regimes hinarbeiten. Die soeben genannten Vereinigungen waren es auch, die unlängst den amerikanischen "Historiker" Professor David L. Hoggan zu einer Deutschlandreise einluden, die Herausgabe seines Buches "Der erzwungene Krieg - Die Ursachen und Urheber des 2. Weltkrieges" finanzierten und ihn mit spektakulären Ehrungen (HuttenPreis, Ranke-Preis, Hoggan-Leuchter usw.) feierten. Sie alle kennen aus der Tagespresse und aus den Wochenzeitungen die Reaktion der Öffentlichkeit auf diesen unqualifizierten Versuch, die Geschichte zu verfälschen. Bei diesen Vorgängen ist weniger die Person des Professors Hoggan von Bedeutung der mehr als vorgeschobener Blickfang diente. Entscheidend sind die eigentlichen Initiatoren: Jene Kreise, denen es sicher nicht um eine objektive Klärung der jüngsten Ver- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 19 gangenheit geht, sondern um eine Interpretation, die ihnen eine Rechtfertigung des eigenen Handelns in Vergangenheit und Gegenwart geben soll. Es unterliegt ferner keinem Zweifel, daß die starke Zunahme der rechtsextremen Publizistik in Wochenzeitungen, Büchern und Broschüren nicht unwesentlich auf die Existenz dieser Vereinigungen zurückzuführen ist. Die Tatsache, daß trotz fortschreitender Zersplitterung des rechtsradikalen Lagers und des damit verbundenen Mitgliederschwundes die Auflagenhöhe rechtsradikalen Schrifttums in den letzten Jahren progressiv war, muß zu denken geben. Sie berechtigt zu der Annahme, daß die latente Zahl der Anhänger rechtsradikaler Gedankengänge doch um einiges größer ist, als die Gesamtzahl des organisierten Rechtsradikalismus vermuten läßt. Ganz offensichtlich gehen hiervon auch die letztgenannten außerparteilichen Vereinigungen aus, die den Kontakt zu Gleichgesinnten bewußt und in nur sehr loser Form halten, um sich nicht der Gefahr eines Verbotes auszusetzen. Der Verfassungsschutz sieht seine Aufgabe darin, gerade diesen Vorgängen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen, um sich abzeichnenden Gefahren rechtzeitig begegnen zu können. Zwar sollte man meinen, daß das Erlebnis der jüngsten Vergangenheit, mit der wir uns noch heute immer wieder auseinanderzusetzen haben, jedem von uns gezeigt hat, wohin übersteigerter Nationalismus und Herrenmenschtum letztlich führen. Die Vorgänge im rechtsradikalen Untergrund zeigen jedoch, daß diese Erkenntnis noch nicht Allgemeingut geworden ist. Die politische Wirkungslosigkeit, zu der die Träger des Rechtsradikalismus heute verurteilt sind, darf daher nicht zu einem Nachlassen der Wachsamkeit führen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 20 2 Der Versand "Offener Briefe" in Nordrhein - Westfalen als besondere Form der Arbeit der KPD, 1965 (Berichtsstand: 20. Januar 1965) Einleitung (Vor der Veröffentlichung auf CD-ROM wurde diese Zusammenstellung redaktionell so überarbeitet, dass datenschutzrelevante personenbezogene Daten nicht mehr enthalten sind. Ehemalige Führungsmitglieder der KPD sind unter dem Kürzel "FM" zusammengefasst.) Der Innenminister des Landes Nordrhein - Westfalen - VII - B/1 - Tgb.-Nr. - Freiheit für die Kommunistische Partei Deutschlands! "Der offene Brief ist als politischer Schritt Vorbildlich ... Vorbildlich als erster Akt der praktischen Methode, Um wirklich die Mehrheit der Arbeiterklasse zu bekommen." Lenin Vorbemerkung In Nordrhein-Westfalen werden seit Anfang 1963 in steigendem Maße von ehemaligen KPD-Funktionären oder deren Angehörigen "Offene Briefe" in hektographierter Form verbreitet, in denen in teils verdeckter und teils unverhüllter Form für kommunistische Ziele oder die KPD selbst geworben wird. Bisher wurden in Nordrhein-Westfalen 64 solcher Briefe erfasst. Diese nicht unbeträchtliche Zahl und die Tatsache der weitgehenden thematischen Übereinstimmung der Briefinhalte deuten auf eine zentrale Lenkung hin und lassen die Annahme, dass es sich lediglich um die Privatinitiative Einzelner handeln könnte, kaum zu. Tatsächlich sind denn auch in der Zwischenzeit gegen einige der Herausgeber strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das KPD-Verbot eingeleitet worden. Die Beweisführung wird in diesen Verfahren besonderen Schwierigkeiten begegenen, weil hier - anders als bei direkten Organisationsdelikten (weil beispielsweise der Bildung von Kadern und Literaturverteilerapparten der illegalen KPD) - in aller Regel kaum eine Möglichkeit bestehen wird, den Herausgebern der Briefe eine konkrete, im Einzelfall ergangene Weisung seitens der illegalen KPD oder gar eine organisatorische Verbindung zu dieser nachzuweisen. Diesen Schwierigkeiten will die vorliegende Studie insoweit begegenen, als es ihr Anliegen sein soll, durch eine Gesamtschau des systematischen Zusammenwirkens von illegaler und legaler kommunistischer Arbeit deutlich werden zu lassen, Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 21 dass die Versendung sogenannter "Offener Briefe" nichts anderes ist als eine besondere Form der politischen Arbeit der seit dem 17.08.1956 verbotenen KPD.. 2.1 Die strategische und taktische Linie der illegalen KPD als Basis der "offenen" Arbeit 1) Die Politik der illegalen KPD wird von der Ideologie des MarxismusLeninismus bestimmt. Im neuen Parteistatut, das auf dem 2. Illegalen Parteitag im Mai 1963 beschlossen wurde, wird darauf hingewiesen, dass die KPD die einzige Partei in der Bundesrepublik sei, die sich von der Theorie des MarxismusLeninismus leiten lasse. Der Marxismus-Leninismus gewährleiste die Stärke und Unbesiegbarkeit der KPD. 2) Kern dieser Ideologie ist die These, dass nach der gesetzmäßig festgelegten Entwicklung der menschlichen Gesellschaft der Kapitalismus an den unversöhnbaren Wiedersprüchen zwischen dem ausgebeuteten Proletariat und den Kapitalisten zugrunde gehen muss. Die Arbeiterklasse ist auf Grund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit und ihrer überragenden Bedeutung in der Gesellschaft dazu berufen, das kapitalistische System durch die sozialistische Revolution zu stürzen und über die Diktatur des Proletariats und die sozialistischen Demokratie den Sozialismus/Kommunismus als eine neue klassenlose Ordnung aufzubauen. Allerdings ist die Arbeiterklasse hierzu allein nicht in der lage, da sie - wie Lenin es formulierte - nur ein trade-unionistisches, d.h. gewerkschaftliches Bewusstsein zu entwickeln vermag. Deshalb braucht sie die kommunistische Partei, die auf Grund ihrer Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung und ihres revolutionären Elans allein dazu berufen ist, als Vorhut und Führerin, als bewusster und organisierter Vortrupp, die historische Mission der Arbeiterklasse zu vollziehen. "Damit die Arbeiterklasse in der Bundesrepublik ihre Aufgabe erfüllen kann, braucht sie eine Partei, die fest auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht.....Damit sich die Arbeiterklasse in der Bundesrepublik inmitten der monopolkapitalistischen Gesellschaftsordnung mit ihren Widersprüchen und Klassengegensätzen, gegen den ständigen Einfluss der raffinierten Propaganda der Bourgeoisie zurechtfinden, ihre Klasseninteressen und ihre historische Mission erkennen kann, braucht sie einen Kompass: den Marxismus-Leninismus, die Ideologie der Arbeiterklasse, die Lehre von ihrer Befreiung. Diese entsteht nicht spontan in der Arbeiterklasse, sondern muß im ständigen Kampf gegen die bürgerliche Ideologie in die Arbeiterklasse hineingetragen werden. Diese Aufgabe kann nur die Partei erfüllen, die allein in Westdeutschland auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht, die KPD. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 22 Darum brauchen die Arbeiter, die Werktätigen der Bundesrepublik eine starke, eng mit den Massen verbundene Kommunistische Partei Deutschlands. Die Erfahrungen der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung lehren, ohne eine marxistisch-leninistische Partei ist die Arbeiterklasse den Einflüssen der bürgerlichen Ideologie ausgeliefert und kann nicht siegen...." (Thesen des Parteitages der KPD 1957 in "Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente der KPD 1956-1962, DIETZ-Verlag Ost-Berlin, Seite 107). 3) Die "Generallinie" der illegalen KPD, d.h. die Linie, die auf die Lösung der Hauptaufgaben einer ganzen historischen Etappe abzielt, wird von dem Bestreben diktiert, auch in der Bundesrepublik den Sozialismus/Kommunismus nach dem Muster der SBZ zu verwirklichen. "Wir leben heute in der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Der Sieg des Sozialismus in allen Ländern ist gesetzmäßig. Alle Hindernisse, die durch die untergehende kapitalistische Klasse auf den Weg getürmt werden, können den Lauf der Geschichte nicht aufhalten. Wir Kommunisten befinden uns in voller Übereinstimmung mit den kommunistischen und Arbeiterparteien, wenn wir, von den Grundlagen des Marxismus-Leninismus ausgehend, feststellen, seinem Bewusstseinsgrad und seinem Willen entsprechend, den Weg zum Sozialismus beschreitet..." ("Die Lage in der Bundesrepublik und der Kampf für Frieden, Demokratie und sozialen Wohlstand" - Beschluss der Parteidelegierten-Konferenz der KPD, Februar 1960 in "Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente der KPD 1956-1962, DIETZ-Verlag Ost-Berlin, Seite 455). "Wir lassen keinen Zweifel daran, dass wir die sozialistische Demokratie, die politische Macht der Arbeiterklasse im Bündnis mit den werktätigen Bauern und den anderen werktätigen Schichten anstreben. Der Sozialismus, die sozialistische Demokratie ist unser Ziel, das wir in keiner Entwicklungsphase unseres Kampfes aus den Augen lassen...." "Erst die sozialistische Umwälzung bringt die von der Arbeiterklasse geführten Werktätigen zur Macht und schafft eine höhere Art der Demokratie, die sozialistische Demokratie. Mit der sozialistischen Demokratie wird die Epoche der Herrschaft einer privilegierten Minderheit beendet und beginnt die Epoche der realen Demokratie für das Volk, d.h. der wahren Volksherrschaft... Die sozialistische Demokratie wurde bereits in einem Teil Deutschlands, in der DDR, lebendige Wirklichkeit. Der grundlegende Unterschied der politischen Ordnung der DDR zur Ordnung in der Bundesrepublik besteht darin, dass in der DDR nicht mehr die Monopolherren und Junker Besitzer der Produktionsmittel sind, sondern das werktätige Volk. Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen wurde beseitigt. Keine Monopolgesellschaft, kein Junker oder Vertreter des Finanzkapitals kann in der DDR mehr politische Macht, Parteien und Abgeordnete kaufen. Dies ist Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 23 es, was die politische und gesellschaftliche Ordnung der DDR jener in der Bundesrepublik um eine ganze Geschichtsepoche voraus sein lässt..." ("Wir Kommunisten und das Grundgesetz" - Schulungsbrief, November 1964 - Beilage zu "FREIES VOLK" -.) 4) Die Kommunisten sind sich jedoch darüber im klaren, dass in der Bundesrepublik eine "sozialistische Umwälzung" (=Revolution) unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht zu verwirklichen ist. Die Erreichung dieses strategischen Endzieles setzt nach ihren Vorstellungen voraus, dass die illegale KPD ihre gesamten Bemühungen darauf konzentriert, in der Bundesrepublik zunächst eine "revolutionäre Situation" herbeizuführen. Die in Vollzug der "Generallinie" entwickelte "taktische Linie" geht deshalb davon aus, dass es unter den derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen zunächst darauf ankommt, den Kampf gegen den "Kriegslüsternen staatsmonopolistischen Kapitalismus" in der Bundesrepublik zu verstärken und unter Ausnutzung aller Widersprüche und Schwierigkeiten im kapitalistischen System zu versuchen, die Arbeiterschaft zu gemeinsamen Aktionen zur Verbesserung ihrer sozialen Lage aufzurufen und darüber hinaus alle fortschrittlichen Kräfte zu einer breiten antimonopolistischen Volksbewegung zusammenzufassen. Es bleibt somit festzuhalten, dass die Konzentration der kommunistischen Bestrebungen auf konkrete Nahziele keinesfalls einen Verzicht auf die proletarische Revolution bedeutet. Um es ideologisch zu formulieren: Bevor eine Revolution durchgeführt werden kann, die nach den Gesetzen des dialektischen Materialismus als eine entscheidende qualitative Veränderung bezeichnet wird, müssen eine Reihen quantitativer Veränderungen vollzogen werden. "Gegenwärtig sind die Anstrengungen großer Volksmassen in ganz Deutschland darauf gerichtet, einen qualitativen Umschwung im politischen Zustand Westdeutschlands herbeizuführen und zu erreichen, dass an die Stelle des Bonner Staates der Militaristen und der reaktionärsten Kreise des Monopolkapitals ein friedliebender, demokratischer Staat tritt. Das Gesetz des Umschlagens quantitativer Veränderungen in neue qualitative Zustände lehrt uns, dass das nicht durch eine einmalige Anstrengung erreicht werden kann. Alle Volksaktionen, Protestversammlungen gegen die atomare Aufrüstung, Aufstellung von Atommahnwachen, Streiks gegen Aufstellung von Raketenabschussbasen, jede einzelne Leistung in der Produktion, mit der wir in der DDR zur Erfüllung der ökonomischen Hauptaufgabe beitragen, das alles sind quantitative Vorbereitungen des qualitativen Umschlags ..." ("Wissenschaftliche Weltanschauung" I, 3 Seite 22; Siehe auch "DER SOWJETISCHE MARXISMUS" - Fundus-Verlag Darmstadt, Seite 53.) Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 24 2.2 Wesen und Zielsetzung der "offenen" Arbeit 1) Die Kommunisten wissen, dass sie ihre Ziele nur dann erreichen können, wenn es ihnen gelingt, durch die sogenannte "Massenarbeit" Einfluss auf die Bevölkerung, insbesondere auf die werktätigen Schichten in der Bundesrepublik zu gewinnen. "Die Kommunisten können nur dann zu einer Partei im wahren Sinne des Wortes werden, wenn sie eng mit den Massen verbunden sind und von ihnen unterstützt werden. Als LENIN im Jahre 1920 an einigen englischen Kommunisten, die die Notwendigkeit der Verbindung mit den Massen nicht verstanden hatten, Kritik übte, stellte er mit Nachdruck fest: "Wenn die Minderheit es nicht versteht, die Massen zu führen, eine enge Verbindung mit ihnen herzustellen, so ist sie keine Partei und überhaupt nichts wert, ganz gleich, ob sie sich nun Partei ... nennt." ... Wie wird die Partei zum wirklichen Führer? Hierzu gibt es nur einen Weg: die Massen überzeugen. Die Partei muß die Massen davon überzeugen, dass sie deren Interessen richtig zum Ausdruck bringt und vertritt, und das geschieht durch ihre Taten, durch ihre Politik, ihre Initiative, durch ihre Ergebenheit für die Sache. Die Partei muß also das Vertrauen und die Anerkennung der Massen erwerben. 'Es genügt nicht, sich 'Avantgarde', Vortrupp zu nennen', schrieb Lenin, 'man muß auch so handeln, dass alle übrigen Trupps erkennen und gezwungen sind anzuerkennen, dass wir an der Spitze marschieren' ... Die Kommunisten halten es für ihre Pflicht, überall dort zu arbeiten, wo die Werktätigen sind. Dazu bedarf es der engsten organischen und tagtäglichen Verbindung mit den Massen. 'Um der Masse zu dienen', sagte LENIN, 'und ihre richtig erkannten Interessen zum Ausdruck zu bringen, muß der Vortrupp, die Organisation ihre ganze Tätigkeit in die Masse verlegen und dabei aus ihr ausnahmslos alle guten Kräfte heranziehen und auf Schritt und Tritt sorgfältig und objektiv prüfen, ob die Verbindung mit den Massen gewahrt wird, ob sie lebendig ist. So und nur so erzieht und schult der Vortrupp die Masse, indem er ihre Interessen zum Ausdruck bringt, sieh lehrt, sich zu organisieren, und die ganze Tätigkeit der Masse auf den Weg bewusster Klassenpolitik lenkt'... ." ("Die Grundlagen des Marxismus-Leninismus", DIETZ-Verlag Ost-Berlin, Seite 407-409.) 2) Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 17.08.1956 hat der KPD die Möglichkeit genommen, sich in aller Öffentlichkeit für ihre Ziele einzusetzen. Zwar ist es den KPD-Führungsgremien in Ost-Berlin mit aktiver Unterstützung der Parteiund Staatsorgane der SBZ gelungen, einen Untergrundapparat in der Bundesrepublik aufzubauen. Man ist sich jedoch der Tatsache bewusst, dass die konspirative Arbeit geheimer Organisationen nur die Mitglieder und Funktionäre erfasst und deshalb nicht ausreicht, die angestrebten Nahziele zu erreichen. Der hierzu notwendige "Kontakt mit den Massen" fehlt. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 25 Um die entstandenen Lücken auszugleichen, ist die KPD bestrebt, die unzureichenden Möglichkeiten illegaler Arbeit durch das offene Auftreten ihrer Anhänger in der Öffentlichkeit zu ergänzen und beide Formen kommunistischer Arbeit - konspirative und offene - miteinander zu verbinden. Richtschnur der offenen Arbeit sind die taktischen Lehren Lenin's, die dieser im Kampf der Bolschewisten in Russland entwickelt hat. In der "Geschichte der KPDSU (B) heißt es hierzu: "In den Jahren der Reaktion war es weit schwieriger, in den Parteiorganisationen zu arbeiten, als in der vorhergehenden Periode der Entfaltung der Revolution. Die Zahl der Parteimitglieder schmolz sehr zusammen. Viele kleinbürgerliche Mitläufer, besonders Intellektuelle, verließen die Reihen der Partei, weil sie die Verfolgungen der zaristischen Regierung fürchteten. Lenin wies darauf hin, dass revolutionäre Parteien in solchen Augenblicken zulernen müssen. In der Periode des Aufschwungs der Revolution hatten sie angreifen gelernt, in der Periode der Reaktion müssen sie lernen, wie man einen Rückzug richtig durchzuführen, wie man zur Illegalität überzugehen, wie man die illegale Partei zu erhalten und zu festigen hat, wie man die legalen Möglichkeiten, die verschiedensten legalen Organisationen, besonders die Massenorganisationen, zur Festigung der Verbindungen mit den Massen auszunutzen hat. ... ... Man musste die Angriffstaktik ersetzen durch die Verteidigungstaktik, durch die Taktik der Sammlung der Kräfte, durch die Taktik der Überführung der Kader in die Illegalität und durch die Taktik der illegalen Parteiarbeit, der Verbindung der illegalen Arbeit mit der Arbeit in den legalen Arbeiterorganisationen ..." ("Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjet-Union (Bolschewiki)" - Kurzer Lehrgang - Verlag der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland - 1946). 3) Diesen taktischen Lehren Lenin's folgend gab das Zentralorgan der illegalen KPD "FREIES VOLK" bereits unmittelbar nach dem KPD-Verbot in seiner Oktober-Ausgabe 1956 folgende Anweisung des Zentralkomitees (ZK) der KPD an alle Kommunisten in der Bundesrepublik bekannt: "Viele Genossen stellen jetzt die Frage: Auf welche Weise soll die Arbeit weitergehen? Was sollen wir tun? Unter den Bedingungen des Parteiverbots kommt es mehr denn je darauf an, dass jeder einzelne Kommunist die größte Eigeninitiative entwickelt, damit in jedem Betrieb, in jedem Ort, in jeder Organisation, überall, wo Kommunisten arbeiten, überall dort, wo die Massen sind, die Politik unserer Partei vertreten wird. Erscheinungen der Passivität müssen überwunden werden... Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 26 Auffassungen, die Partei solle unter den gegenwärtigen Bedingungen auf die illegale Fortführung der Parteiorganisationen und auf ein selbständiges Auftreten verzichten, sind falsch und widersprechen den Grundsätzen des Marxismus-Leninismus und allen Erfahrungen der Arbeiterbewegung... Von entscheidender Bedeutung ist gerade heute, klug die illegalen Arbeitsmethoden mit den Möglichkeiten der legalen Arbeit zu verbinden. Jeder Kommunist ist darauf bedacht, von jeder Möglichkeit der legalen Betätigung Gebrauch zu machen, um auf diese Weise die Verbindungen der Partei zu den Massen zu vermehren und zu festigen... ... Der beste Schutz vor dem Zugriff des Gegners ist eine gute Arbeit unter den Massen. Dadurch werden sich die Kommunisten hohes Ansehen erwerben, so dass sich die Arbeiter und Werktätigen schützend vor sie stellen ..." (Entschließung der 2. Tagung des ZK der KPD; siehe auch "Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente der KPD 1956-1962, DIETZ-Verlag Ost-Berlin, Seite 17). In der Folgezeit ist die Notwendigkeit der "offenen Arbeit" in zahlreichen Erklärungen der obersten Führungsgremien und führender Funktionäre der KPD immer wieder betont worden. Im einzelnen wird hierzu auf die Zusammenstellung der wichtigsten Verlautbarungen (Anlage 1) verwiesen. Aus diesen Parteidokumenten geht deutlich hervor, dass die offene Arbeit ein unlösbarer Bestandteil der politischen Arbeit der KPD unter den besonderen Bedingungen der Illegalität ist. 2.3 Anleitung der offen auftretenden Kommunisten durch die KPD-Führungsgremien 1) Die in Abschnitt II wiedergegebenen Beschlüsse der höchsten Parteiorgane sind - entsprechend dem Prinzip des "Demokratischen Zentralismus" - für jeden Kommunisten absolut verbindlich. Sie sind Weisungen, die jeder Kommunist befolgen muß. Die in der Öffentlichkeit auftretenden Kommunisten sind in der Darlegung ihrer politischen Auffassungen nicht frei. Nach dem Parteistatut sind sie verpflichtet, die Ziele der Partei anzuerkennen. Dies bedeutet in der Praxis vor allem, dass sie sich in ihrer Argumentation an die in Abschnitt I dargelegte strategische und taktische Linie der Partei zu halten haben bzw. keine Thesen vertreten dürfen, die der Linie widersprechen. Darüber hinaus sind sie gehalten, alles zu tun, um die Politik der Partei und die Beschlüsse der Parteiorgane durchzuführen (Ziffer 2 des Parteistatuts). "Für eine marxistisch-leninistische Kampfpartei ist die Einhaltung der Leninschen Normen des Parteilebens, darunter des demokratischen Zentralismus, von besonderer Bedeutung. Die Partei wird ihre Aufgaben dann erfolgreich durchführen können, wenn sie die größte Eigeninitiative der Parteiorganisationen und Parteileitungen, die Diskussion und Klärung aller politischen Probleme in den Parteiorganisationen verbindet mit einer Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 27 eisernen Disziplin in der Durchführung gefasster Beschlüsse, mit der Unterordnung der Minderheit unter den Willen der Mehrheit und mit dem Grundsatz, dass die Beschlüsse der höheren Parteiorgane für weitere Parteiorgane bindend sind.... Das bedeutet aber auch: ist die Diskussion eines Problems abgeschlossen, haben die leitenden Organe der Partei einen Beschluss gefasst, so ist dieser Beschluss für alle Kommunisten bindend." (Thesen des Parteitages der KPD 1957 in "Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente der KPD 1956-1962; DIETZ-Verlag Ost-Berlin, Seite 113). Ein Mitglied des Polit-Büros des ZK erklärte im November 1964: "Ein Kommunist muß, wenn er in den Betrieben, Gewerkschaften und anderen Massenorganisationen fruchtbare Arbeit leisten will, mit der Politik der Partei verbunden sein, fest zu ihrer Politik und zu den Beschlüssen stehen. Er muß sich immer bewusst sein, dass er Kommunist ist..." ("WISSEN UND TAT" November/Dezember 1964). 2) Es ist die Aufgabe der illegalen Parteiorganisation, die offen auftretenden Kommunisten ständig anzuleiten und mit den notwendigen politischen Argumenten auszustatten. "In der illegalen Parteiorganisation erhalten alle Mitglieder das Rüstzeug und die Argumente, um die Politik unserer Partei offensiv vertreten zu können." ("WISSEN UND TAT" Nr. 6/1958, S. 32). "In den Grundorganisationen erhalten die Genossen Hilfe und Unterstützung für die praktische Parteiarbeit. Mit Hilfe von Parteiaufträgen und Selbstverpflichtungen sind sie zu ergebenen und treuen Funktionären der Partei zu erziehen. In den Grundorganisationen sind unsere Mitglieder so zu erziehen, dass sie sich durch ihr vorbildliches Wirken, vor allem in den Betrieben und Gewerkschaften Vertrauen und Funktionen erwerben und dort unsere Politik vertreten und realisieren...." ("WISSEN UND TAT" Nov./Dez. 1964) Vor allem haben die verschieden konspirativ arbeitenden Propagandaapparate (Lit.-Vertriebsapparat, Briefversandapparat, "DEUTSCHER FREIHEITSSENDER 904") den offen auftretenden Kommunisten Kenntnis von den Beschlüssen und Weisungen der Parteiführung zu vermitteln. Das Mitglied des Politbüros des ZK der KPD, Auf der 3. ZK-Tagung im Mai 1964erklärte ein anderes Führungsmitglied: "Im neuen Statut der Partei werden die Aufgaben der Grundorganisationen dargelegt. Dementsprechend müssen den Leitern der Grundorganisationen bzw. Parteigruppen die Bedeutung ihrer Funktionen klar gemacht werden. Davon hängt weitgehendst die Aktivierung der Grundeinheiten ab. Das beste Hilfsmittel für diese wichtigen Funktionäre ist das 'FREIE VOLK' und Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 28 der Sender 904 sowie die 14tägigen Sendungen unserer Partei über den Deutschlandsender. In der Praxis wird es z.B. oftmals schon genügen, die politische Diskussion um einen Artikel in 'FREIES VOLK' oder eine abgehörte Sendung zu entwickeln und daraus entsprechende Aufgaben für jeden Genossen abzuleiten, ..." ("WISSEN UND TAT", Juni 1964, Seite 31). 3) Mit dieser intensiven Anleitung durch die Partei wird sichergestellt, dass die "offen" arbeitenden Kommunisten kein politisches Eigenleben entwickeln, sondern sich strikt an die politischen Direktiven der Partei halten. Die Verzahnung der offenen und konspirativen Arbeit wird vor allem aus einem mit "Friedrich" gezeichneten Artikel in "WISSEN UND TAT" (Nr. 4/1958) deutlich, in dem es u.a. heißt: "Natürlich muß eine gewisse Arbeitsteilung in der Parteiorganisation vorhanden sein, auch insoweit, dass solche Genossen, die am stärksten im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen,... natürlich nicht gleichzeitig Anlaufstellen oder Boten für illegales Parteimaterial sein können. ... " Am 02.07.1961 wurde im "DEUTSCHEN FREIHEITSSENDER 904" ein Artikel unter der Überschrift "Die Festigung der Parteiorganisation" verlesen. Es heißt dort u.a.: "Die illegale Parteiorganisation arbeitet dort am besten, wo sie alle Genossen befähigt, erfolgreiche legale Arbeit unter den Massen zu leisten, wo sie diese Arbeit anleitet, fördert und kontrolliert, wo sie ihre gesamte Tätigkeit an den Erfolgen in der Massenarbeit misst." Hiernach ist zusammenfassend festzustellen, dass konspirative und offene Aktionen bei aller Unterschiedlichkeit in der Methode Handlungen eines nach den Prinzipien des "Demokratischen Zentralismus" geleiteten und auf der revolutionären Ideologie des Marxismus-Leninismus basierenden einheitlichen Apparates sind. 2.4 Briefaktionen als besondere Form der offenen Arbeit 1) In Befolgung der dargelegten Weisungen hat die illegale KPD in NordrheinWestfalen mehrfach versucht, ihre konspirative Arbeit durch offene Aktionen zu ergänzen. Als Hauptformen wurden zunächst festgestellt: a) Das Auftreten angeblich "unabhängiger" Kandidaten und die Bildung kommunistischer Wahlgemeinschaften als organisatorische Zusammenfassung der "unabhängigen" - in Wahrheit kommunistischen - Wahlkandidaten. b) Die Herausgabe "unabhängiger", in Wahrheit kommunistischer Zeitungen. Beide Arten offener Arbeit hatten folgende Merkmale gemeinsam: a) Bei den Tätern (Wahlkandidaten und Herausgeber "unabhängiger" Zeitungen und Informationsdienste) handelte es sich durchweg um altbekannte aktive Kommunisten, die meist schon vor dem KPDVerbot wichtige Parteifunktionen ausgeübt hatten. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 29 b) Als "legaler Mantel" diente die Berufung auf verfassungsmäßig garantierte Grundrechte, - wie passives Wahlrecht, Presseund Meinungsfreiheit - und der Hinweis darauf, dass die kommunistische Gesinnung vom Verbotsurteil des BVG nicht erfasst werde. c) Die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte wurden als Vorwand missbraucht, um kaum verhüllte Agitation für die Ziele des Kommunismus zu betreiben. Diese Aktionen sind bereits u.a. durch Urteile des Landgerichts Dortmund vom 01.10.1963 - 31 Kls 11/63 - und des Landgerichts Köln vom 16.07.1962 - 24 Kls 12/60 - als Bestrebungen im Sinne der SSSS 42, 47 BverfGG a.F.; also als Bildung von Ersatzorganisationen und Fortsetzung der Tätigkeit der verbotenen KPD, festgestellt worden. Beide Urteile sind rechtskräftig. 2) Etwa ab Anfang 1962 verlagerte sich - abgesehen von der Herausgabe der kommunistisch gelenkten Zeitschrift "tatsachen" (gegen deren Herausgeber bei der Staatsanwaltschaft Dortmund das Ermittlungsverfahren 31 Js 1911/61 anhängig ist) - das Schwergewicht der offenen Arbeit auf die Herausgabe sogenannten "Offener Briefe", d.h. von schriftlichen Erklärungen, die a) entweder an eine unbestimmte Anzahl von Personen ("Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Mitbürger!") b) oder an bestimmte Einzelpersönlichkeiten gerichtet, jedoch gleichzeitig in der Öffentlichkeit verbreitet worden sind. Bis zum 01.01.1965 konnten 64 solcher Briefe erfasst werden, die im einzelnen in der als Anlage beigefügten Liste aufgeführt sind. 3) Diese Briefaktionen weisen folgende Grundmerkmale auf: a) Bei den Verfassern der Briefe handelt es sich ausnahmslos entweder um bekannte Kommunisten oder aber - insoweit eine Variante - um Ehegatten von Kommunisten, die aber häufig ebenfalls bereits durch aktive kommunistische Betätigung bekannt geworden sind. b) Als "legaler Mantel" dient entweder die Berufung auf das Recht der Meinungsfreiheit oder der Vorwand, durch die Aktion eine Hilfe für den inhaftierten oder verurteilten Ehepartner zu erlangen. c) Alle bisher erfassten Briefe gehen auf den vorgeschobenen Anlass nur vordergründung ein, während sie sich in der Hauptsache damit befassen, in kaum verhüllter Form kommunistische Propagandathesen zu verbreiten. (Die Gelegenheit, den wegen Staatsgefährdung verurteilten Ehepartner vor der Öffentlichkeit dadurch zu rechtfertigen, dass seine Betätigung, die zur Verurteilung führte, als einzig richtig dargestellt wird, bietet sich dabei geradezu an.) d) Die Briefe lassen in ihrer tatsächlichen Zielrichtung, im Stil und in der Art der Agitation Übereinstimmungen erkennen. Form und Inhalt deuten auf ideologisch und politisch geschulte und schriftgewandte Verfasser hin, (und zwar auch dann, wenn im Einzelfall die vorliegenden Erkenntnisse erhebliche Zweifel begründen, ob der angebliche Verfasser diese Voraussetzungen erfüllt.) Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 30 Die Grundmerkmale der Briefaktionen stimmen somit im wesentlichen mit den Formen der offenen Arbeit überein, die in Ziffer 1) dieses Abschnittes aufgeführt sind. 2.5 Briefaktionen als Instrument im Kampf um die Aufhebung des Parteiverbote 1) Im Jahre 1964 haben die Kommunisten ihre Bemühungen intensiviert, in der Öffentlichkeit Resonanz für ihre Forderung nach Aufhebung des KPDVerbotes zu finden. Am 10.04.1964 richtete Max Reimann einen "Offenen Brief" an Bundeskanzler Prof. Erhard und forderte darin die Aufhebung des KPDVerbotes. Am 09. Oktober 1964 wiederholte Reimann diese Forderung in einem zweiten "Offenen Brief", der ebenfalls an den Bundeskanzler gerichtet war. 2) Auf der dritten ZK-Tagung der KPD im Mai 1964 erklärte ein PolitbüroMitglied: "Das Politbüro sah Ende 1963 die Zeit gekommen, in einem Brief des Genossen Max Reimann an Erhard das Ersuchen zu richten, die Aufhebung des Verbotes der KPD herbeizuführen. Der Brief enthält die Orientierung und die Hauptrichtung der politischen Argumentation im Kampf um die schrittweise Wiederherstellung der legalen politischen Betätigungsmöglichkeiten für unsere Partei..." "Die Lage ist herangereift, die Frage der Aufhebung des KPD-Verbotes zu stellen. Es gibt dazu drei Wege: a) durch einen Regierungsakt. Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ausdrücklich die Möglichkeit, das KPD-Verbot im Interesse der Wiedervereinigung aufzuheben, enthalten; b) durch eine Ergänzung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes könnte der Bundestag mit einfacher Mehrheit festlegen, dass auch bei Parteiverboten ein Wiederaufnahmeverfahren einzuleiten ist; c) stehen Verfassungsrechtler auf dem Standpunkt, dass auch ohne dem eine Abänderung des Verbotes durch das Gericht möglich sei. Der Gedanke der Rechtsstaatlichkeit schließe geradezu unabänderliche Verbote von Parteien aus, da sich die politische Lage ständig verändere und damit auch die Auslegung der Verfassung und die Politik der Parteien. Die Prozessbevollmächtigten betonten, das auch im Interesse der Rechtssicherheit die Aufhebung des KPD-Verbotes wünschenswert sei." Zu den "politischen Strafverfahren" erklärte ein führendes Mitglied, dass "dieser ganze schändliche Zustand" bereinigt würde, wenn nach dem Vorschlag Max Reimann's an Bundeskanzler Erhard verfahren werde: Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 31 "1. Erlass einer Amnestie und Einstellung all der Verfahren gegen Personen und Organisationen, die auf Grund oder im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD anhängig sind. 2. Sicherung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit in Wort und Schrift auch für alle Bürger der Bundesrepublik, die sich zur kommunistischen Weltanschauung bekennen. 3. Sicherung auch des passiven Wahlrechts für alle Kommunisten und damit Möglichkeit ihrer Teilnahme an Wahlen als Einzelkandidaten und auf Listen im Rahmen der geltenden Wahlordnungen für kommunale und Landesparlamente sowie für den Bundestag. 4. Wiederherstellung der Legalität der KPD." 3) Im Rahmen dieser Bemühungen spielen die Briefaktionen eine hervorragende Rolle. Entsprechend dem auf dem zweiten illegalen KPDParteitag (Mai 1963) von Max Reimann geprägten Grundsatz "Illegal so viel wie nötig, legal so viel wie möglich!" Soll die Frage der Aufhebung des Parteiverbotes vornehmlich in "Offenen Briefen" in die Öffentlichkeit getragen werden. Ein Führungsmitglied gab hierzu anhand eines Einzelbeispiels ganz konkrete Weisungen, indem er sagte: "Der Brief Max Reimann's an Erhard hat der Diskussion einen neuen Anstoß gegeben.... Das gibt uns die Möglichkeit, legal diese Frage aufzuwerfen. Darum war es wohl ein erfreulich rasches Reagierten, dass die KL (Kreisleitung) Düsseldorf nach dem Interview von ... sofort in einem Flugblatt Stellung nahm. Besser aber wäre, und das sollte die Linie sein, dass bekannte Kommunisten offen in Briefen oder Versammlungen zu der Frage Stellung nehmen." In einer Sendung des "DEUTSCHEN FREIHEITSSENDERS 904" von Mitte Dezember 1964 wurde ein offener Brief eines früheren KPDLandtagsabgeordneten aus Stuttgart verlesen, in dem dieser u.a. die Aufhebung des KPD-Verbotes fordert. Der "DSF 904" kommentierte den Brief wie folgt: "Wir haben diesen Brief verlesen, weil wir der Meinung sind, dass der Kampf um die Legalität unserer Partei um ein Vielfaches verstärkt werden kann, wenn alle bekannten Kommunisten, ehemalige Abgeordnete, Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre sich aus eigener Initiative in ähnlicher Weise an die Öffentlichkeit wenden." Über die Notwendigkeit der Bemühungen aller Kommunisten um die "Legalisierung" der KPD äußerte sich ein Führungsmitglied wie folgt: "Einige Genossen haben gesagt, sie glaubten nicht, dass die Aufhebung des KPD-Verbotes heute möglich sei. Natürlich kommt die Freiheit für die Betätigung unserer Partei nicht von selbst, nicht als Himmelsgeschenk. Sie Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 32 ist eine Kampffrage, die im engsten Zusammenhang steht mit unserem ganzen Kampf um Frieden und Demokratie..." "Wir können die Wiederherstellung der vollen gesetzlichen Rechte für unsere Partei erkämpfen. Der Weg dahin führt über die größte Aktivität aller Kommunisten." ... . "Indem wir weiter systematisch und kühn in die Legalität vorstoßen und mutig öffentlich auftreten, werden wir die Legalität unserer Partei erkämpfen." ("WISSEN UND TAT" Sonder-Nummer Juni 1964) 4) Die anleitenden Führungsgremien des kommunistischen Untergrundes (Zentralkomitee, Bezirksund Kreisleitungen) sehen in der Aufhebung des Parteiverbotes nicht nur einen Akt rechtsstaatlicher Notwendigkeit, sondern die einzige Möglichkeit, in der Bundesrepublik eine "friedliche und demokratische Politik" durchzusetzen. Deshalb ist die Forderung nach Legalisierung der KPD integrierender Bestandteil der kommunistischen Agitation, die sich auf folgende Schwerpunkte konzentriert: a) gegen die atomare Aufrüstung, b) für die Wiedervereinigung, c) für einen gebührenden Einfluss der Arbeiterklasse, auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Und d) gegen die Notstandsgesetze. (Vgl. hierzu die Gemeinsame Erklärung des Zentralkomitees der SED und des Zentralkomitees der KPD "Im Namen des Friedens und der Demokratie, im Namen der Nation: Freiheit für die Kommunistische Partei Deutschlands!", ohne Datum, herausgegeben zum 8. Jahrestag des Verbotes der KPD im August 1964 (Anlage 2). Diese Erklärung der beiden Zentralkomitees wurde von einer Anzahl weiterer Parteidokumentationen übernommen. So werden z.B. in dem schon erwähnten Schulungsbrief (NovemberAusgabe 1964 Beilage zu "FREIES VOLK") der bis in die Grundeinheiten der illegalen KPD verteilt worden ist, in längeren Ausführungen ebenfalls a) Aufhebung des KPD-Verbotes, b) Kampf gegen die Atomrüstung, c) Kampf gegen die Notstandsgesetze, d) gebührender Einfluss der Arbeiterklasse auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert. In einer bereits im Frühjahr 1964 verbreiteten "Stellungnahme zur Diskussion um die Aufhebung des KPD-Verbotes" fordert die illegale KPDBezirksleitung Niederrhein die Aufhebung des Verbotes, um dadurch wirksam Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 33 gegen die Atomrüstung und Notstandspolitik, für die Wahrung der sozialen und wirtschaftlichen Belange der Arbeiterklasse und für eine "Verständigung zwischen den beiden deutschen Staaten" eintreten zu können. Im gleichen Stil fordert die illegale KPD-Kreisleitung Düsseldorf in einem Flugblatt vom 13.03.1964: a) "Abrüstung und Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten", b) "Herstellung eines demokratischen und sozialen Friedensstaates", c) "Amnestie und Einstellung aller Verfahren gegen Kommunisten", d) "Meinungsfreiheit in Wort und Schrift auch für Kommunisten" und e) Wiederherstellung der Legalität der KPD. 2.6 Vergleich des Inhaltes der "Offenen Briefe" mit den zentralen Verlautbarungen der KPD Die im Abschnitt 5 aufgezeigten, auf die Wiederzulassung der KPD ausgerichteten Schwerpunkte der zentralen kommunistischen Agitation sind - wenn auch mit verschiedener Betonung und teilweise nicht voll ausgeführt - grundsätzlich in allen erfassten offenen Briefen anzutreffen. Das wird aus der nachfolgenden Gegenüberstellung* deutlich, die zeigt, wie sich die offenen Briefe inhaltlich systematisch in die Scherpunkte der kommunistischen Agitation einordnen. 2.6.1 Zentrale Verlautbarungen der KPD 1) Kampf gegen Atomrüstung ..."besteht die Möglichkeit, dass sich große Teile der Bevölkerung dem Protest gegen die Bewaffnung der Bundeswehr mit Atomwaffen und gegen die multilateralen Atomrüstung anschließen." (Führungsmitglied - im folgenden: FM - auf der III. Tagung des ZK der KPD; "WISSEN UND TAT", Sonder-Nr. Juni 1964) "Die Aufhebung des KPD-Verbotes wäre ein entscheidender Schritt, um das Selbstbestimmungsrecht der westdeutschen Bevölkerung zu wahren und ihre Entscheidung gegen die atomare Aufrüstung in jeder Form, für eine selbständige Abrüstungsinitiative der Bundesrepublik zur Geltung zu bringen." (Gemeinsame Erklärung der ZK's der SED und KPD; siehe Anlage 2) Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 34 2.6.2 Formulierungen in den offenen Briefen "Sie" (die SPD-Wahlkandidaten in Köln) "würden die Entscheidung" (für eine Stimmabgabe vieler Wähler am 27.09.1964) "erleichtern, wenn sie eine Erklärung abgeben würden gegen die MLF gegen Notstandsgesetze für eine politische Amnestie für die Aufhebung des KPD-Verbotes!" FM "Jedem vernünftigen Menschen ist klar, dass im Interesse des Friedens, der Entspannung und der Wiedervereinigung in absehbarer Zeit das Verbot der KPD aufgehoben werden muß. ... Die maßlose Aufrüstung und die Entrechtung der Bürger durch die geplanten Notstandsgesetze entziehen den Kreisen und Gemeinden in wenigen Jahren über 100 Milliarden DM.... Solche Sozialdemokraten, die offen für Verhandlungen" (mit der SBZ), "für Abrüstung und zur Verteidigung der demokratischen Rechte und Freiheiten (Aufhebung des KPD-Verbotes und Verhinderung der Notstandsgesetze) "eintreten, soll man wählen." FM ... "Aus den Erfahrungen unseres gemeinsamen Kampfes gegen Notstandsund Atomrüstungspolitik . . wissen wir: Herbert Wehner spricht nicht in Eurem Namen, wenn er... die Wiederzulassung der KPD ablehnt... Weil sich unsere Partei der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik am energischsten widersetzte und sich als ein ernstes Hindernis für die Durchsetzung dieser Pläne erwies, griff man zum Verbot der KPD." ("Stellungnahme der Bezirksleitung Niederrhein de KPD zur Diskussion um die Aufhebung des KPD-Verbotes"; verbreitet im April 1964) 2) Kampf gegen die Notstandsgesetze "Zu den unabdingbaren Forderungen einer neuen Politik in der Bundesrepublik gehört die Verteidigung und Erweiterung der Demokratie, der Schutz des Grundgesetzes durch die Verhinderung aller Notstandsgesetze und die Aufhebung des KPD-Verbotes." (FM auf der III. Tagung des ZK der KPD; "WISSEN UND TAT", Sonder-Nr. Juni 1964) "Darum sollten wir alles daransetzen, um den gefährlichen Kurs der Bundesregierung nach Atomwaffen und Notstandsgesetzen zu verhindern." FM "Ich bin der Auffassung, dass zur ungehinderten Verwirklichung der gewerkschaftlichen Beschlüsse" (u.a. Verhinderung der Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 35 gewerkschaftsfeindlichen Notstandsgesetze) "die Aufhebung des KPDVerbotes erste Voraussetzung ist... " FM "Das Verbot der KPD ist eine Waffe in der Hand der äußersten Reaktion, die damit die Aushöhlung aller verfassungsmäßig garantierten Freiheiten und rechtsstaatlichen Grundsätze bemäntelt und jetzt mit den Notstandsgesetzen das Volk schon in Friedenszeiten unter Kriegsrecht stellen will." (Gemeinsame Erklärung der ZK's der SED und KPD; siehe Anlage 2) "Im Kampf gegen die Notstandspläne der Bundesregierung erweist es sich wiederum, dass die Kommunisten in vorderster Front zur Verteidigung des Grundgesetzes stehen." (Stellungnahme der Bezirksleitung Niederrhein der KPD zur Diskussion um die Aufhebung des KPD-Verbotes, verbreitet im April 1964) "Darum sollten wir alles daransetzen, um den gefährlichen Kurs der Bundesregierung nach Atomwaffen und Notstandsgesetzen zu verhindern." FM "So hat m.E. das KPD-Verbot zu einer bedenklichen Einschränkung der demokratischen Rechte, zu einer Atomsphäre der Einschüchterung und des Gesinnungszwanges geführt. ... Nicht anders ist da auch die Begründung für die Beseitigung wesentlicher Grundrechte durch das geplante Notstandsgesetz... ." FM 3) Sicherung der demokratischen Freiheiten auch für Kommunisten "Dieser ganze schändliche Zustand würde bereinigt werden, wenn nach dem Vorschlag Max Reimann's an Bundeskanzler Erhard verfahren wird: 1. Erlass einer Amnestie und Einstellung all der Verfahren gegen Personen und Organisationen, die auf Grund oder im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD anhängig sind. 2. Sicherung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit in Wort und Schrift auch für alle Bürger der Bundesrepublik, die sich zur kommunistischen Weltanschauung bekennen. 3. Sicherung auch des passiven Wahlrechts für alle Kommunisten und damit Möglichkeit ihrer Teilnahme an Wahlen als Einzelkandidaten und auf Listen im Rahmen der geltenden Wahlordnungen für kommunale und Landesparlamente sowie für den Bundestag. 4. Wiederherstellung der Legalität der KPD." (FM auf der III. Tagung des ZK der KPD; "WISSEN UND TAT", Sonder-Nr. Juni 1964) Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 36 "Nach meinen Vorstellungen müsste als erster Schritt folgendes geschehen: 1. Maßnahmen einzuleiten, die die Aufhebung des Verbotes der KPD ermöglichen. 2. Freilassung aller der mit dem Verbot der KPD im Zusammenhang stehenden Inhaftierten. 3. Wiederherstellung und Sicherung der Rechte auch für Vertreter der kommunistischen Auffassung, so wie es das Grundgesetz verlangt." FM "Die freie Betätigung der Kommunisten bietet Gewähr dafür, dass... der Weg zu einer vom Volk getragenen friedlichen und demokratischen Ordnung und zur sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft gewiesen wird." (Gemeinsame Erklärung der ZK's der SED und KPD; siehe Anlage 2) "Das auf dem Höhepunkt des kalten Krieges ausgesprochene Verbot hat zu einer bedenklichen Einschränkung der demokratischen Rechte und zu einer Atmosphäre des Druckes und der Einschüchterung gegenüber allen Gegnern der offiziellen Regierungspolitik geführt... Im Interesse der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit wird darum die Aufhebung des KPDVerbotes zu einer zwingenden Notwendigkeit. ... dass im Interesse der Lösung unserer nationalen Lebensfrage Schluss gemacht wird mit der Verteufelung der Kommunisten. Ohne die Diskussion und Verständigung mit den Kommunisten kommen wir der Wiedervereinigung keinen Schritt näher. ... M.E. Würden folgende Maßnahmen zur Überwindung des KPD-Verbotes beitragen: a) eine umfassende Amnestie und Einstellung aller Verfahren, die durch das Verbot ausgesprochen und eingeleitet worden sind; b) die Sicherung aller im Grundgesetz garantierten Rechte und Freiheiten auch für die Bürger kommunistischer Weltanschauung." FM "Eine sachliche Grundlage bieten dazu die im Brief des Vorsitzenden der KPD, Max Reimann, an den Bundeskanzler Erhard enthaltenen Vorschläge: 1. Erlass einer Amnestie und Einstellung all der Verfahren gegen Personen und Organisationen, die aufgrund oder im Zusammenhang mit dem Verbot der KPD anhängig sind. 2. Sicherung der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit in Wort und Schrift, auch für alle Bürger der Bundesrepublik, die sich zur kommunistischen Weltanschauung und Politik bekennen. 3. Sicherung auch des passiven Wahlrechts für alle Kommunisten und damit Möglichkeit ihrer Teilnahme an Wahlen als Einzelkandidaten und auf Listen im Rahmen der geltenden Wahlordnungen für kommunale und Landesparlamente sowie für den Bundestag. 4. Wiederherstellung der Legalität der KPD. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 37 Dazu könnten mit der Bundesregierung Beratungen stattfinden, zu denen jederzeit bevollmächtigte politische bzw. juristische Berater der KPD zur Verfügung stehen." (Stellungnahme der Bezirksleitung Niederrhein der KPD zur Diskussion um die Aufhebung des KPD-Verbotes) "Ich würde mich freuen, wenn auch Sie Ihre Stimme im Interesse der Demokratie und des sozialen Fortschrittes für eine Überprüfung des KPDVerbotes erheben würden. Als Schritte auf dem Wege zur Wiederzulassung der KPD in der Bundesrepublik könnte man sich mit dem Problem einer Amnestie für alle politischen Gefangenen befassen. Ebenfalls wäre es an der Zeit, eine freie politische Betätigung für alle Kommunisten, einschließlich der Zulassung als Kandidaten bei Wahlen, zu gewährleisten." FM "Die Gewerkschaften und alle Menschen, denen Demokratie und Entspannung mehr als ein unverbindliches Lippenbekenntnis ist, sollten daraus die Schlussfolgerung ziehen,, nunmehr auch in der Bundesrepublik die Forderung zu erheben: Freiheit für die politischen Gefangenen in der Bundesrepublik Freiheit für die KPD". FM "....glaube ich, dass das Interesse der Öffentlichkeit vielmehr auf die Beseitigung der Rechtsunsicherheit, auf eine politische Amnestie und die Aufhebung des Verbotes der KPD gerichtet ist." FM "Vielleicht ziehen Sie in Ihre Überlegungen auch solche Gedanken ein, wie eine umfassende Amnestie sowie die Einstellung aller noch durch das KPDVerbot bedingten schwebenden Verfahren. Das, sowie die Sicherung aller im Grundgesetz garantierten Rechte und Freiheiten auch für Bürger kommunistischer Weltanschauung scheinen mir erste Maßnahmen zu sein, um das KPD-Verbot zu überwinden. FM "Meinen Sie nicht auch, dass es endlich an der Zeit ist, Schluss zu machen mit der Verfolgungsjagd auf Kommunisten und andere friedliebende Bürger?...Ich habe daher den begreiflichen Wunsch, dass auch Sie sich dem Kreis der Persönlichkeiten anschließen, die für die Aufhebung des KPD-Verbotes und für eine politische Amnestie eintreten." FM 4) Ohne Wiederzulassung der KPD keine Wiedevereinigung Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 38 "In der öffentlichen Diskussion wird von Bürgern und Arbeitern darauf hingewiesen, dass die Aufhebung des KPD-Verbotes für den Beginn einer neuen Politik in der Bundesrepublik notwendig sei. Mit ihm werde ein Beitrag zur Klimaverbesserung und zur Entspannung geleistet, die Verständigung und Annäherung der beiden deutschen Staaten gefördert und damit ein Schritt auf dem Wege der Wiedervereinigung Deutschlands getan, die ja nicht ein einmaliger Akt, sondern nur ein längerer Prozess sein kann." (FM auf der III. Tagung des ZK der KPD; "WISSEN UND TAT", Sonder-Nr. Juni 1964) "Jedem vernünftigen Menschen ist klar, dass im Interesse des Friedens, der Entspannung und der Wiedervereinigung in absehbarer Zeit das Verbot der KPD aufgehoben werden muss." FM "Die Wiederzulassung der KPD würde nicht nur den Kommunisten dienen, sondern weit mehr der Demokratie, der Wiedervereinigung und damit allen Deutschen..." "... das Verbot der KPD ist juristisch umstritten und politisch beanstandet worden. Eine Aufhebung des KPD-Verbotes - wozu die Bundesregierung jederzeit berechtigt wäre, würde das demokratische Leben in der Bundesrepublik festigen, das politische Klima verbessern und die Wiedervereinigung Deutschlands fördern." FM "Das Verbot der KPD hat den kalten Krieg verschärft und den Graben zwischen den zwei deutschen Staaten vertieft. Stets ist die KPD davon ausgegangen, dass eine Lösung der nationalen Probleme unseres Volkes niemals ohne oder gar gegen die DDR erfolgen kann. Stets ist sie für den Verzicht auf Gewalt und für Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten eingetreten. Das Zentralkomitee der SED und das Zentralkomitee der KPD erklären darum mit allem Nachdruck: Mit der Beseitigung des Verbotes der KPD wäre viel gewonnen für eine Verbesserung des politischen Klimas und für die Entspannung der Lage in Deutschland. Eine legale KPD wird eine starke Kraft für die Annäherung und Verständigung aller deutschen Arbeiterorganisationen sein, für die Aktionsgemeinschaft von DGV und FDGB, für das Zusammenwirken von SED, SPD und KPD. Das ist der Weg, um das Übergewicht der westdeutschen Arbeiterklasse über Militarismus und Monopolkapital zu sichern und ganz Deutschland auf den Weg des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus zu führen." (Gemeinsame Erklärung der ZK's der SED und KPD; siehe Anlage 2) "Das auf dem Höhepunkt des kalten Krieges ausgesprochene Verbot hat zu einer bedenklichen Einschränkung der demokratischen Rechte und zu einer Atmosphäre des Druckes und der Einschüchterung gegenüber allen Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 39 Gegnern der offiziellen Regierungspolitik geführt... Im Interesse der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit wird darum die Aufhebung des KPDVerbotes zu einer zwingenden Notwendigkeit. ... dass im Interesse der Lösung unserer nationalen Lebensfrage Schluss gemacht wird mit der Verteufelung der Kommunisten. Ohne die Diskussion und Verständigung mit den Kommunisten kommen wir der Wiedervereinigung keinen Schritt näher..." FM "Die Wiederzulassung unserer Partei würde zur Verständigung zwischen den beiden deutschen Staaten, zur Versachlichung und Normalisierung der innerdeutschen Beziehungen beitragen... Darum ist der Kampf um die Wiederherstellung der Rechte und Freiheiten der KPD nicht nur eine Angelegenheit der Kommunisten, sondern sie muss zur Angelegenheit eines jeden demokratischen Bürgers werden. (Stellungnahme der Bezirksleitung Niederrhein der KPD zur Diskussion um die Aufhebung des KPD-Verbotes) "Mit diesem Brief möchte ich als Marxist und bis zum Verbot der KPD im Jahre 1956 Mitglied und Funktionär dieser Partei mithelfen, diese Diskussion" (über die Frage der Wiederzulassung der KPD) "weiter zu treiben im Interesse unserer Demokratie, der Entspannung und nicht zuletzt der Wiedervereinigung unseres geteilten Vaterlandes... Wer ehrlich den Frieden will, wer die Entspannung in der Welt will, muss it Kommunisten verhandeln und mit ihnen sprechen. Für uns Deutsche heißt das, wer die Wiedervereinigung will, wer für Wandel durch Annäherung will, wer die Verfassungswirklichkeit will, muss mit der Regierung der DDR verhandeln, das heißt, er muss mit Kommunisten verhandeln." FM 5) Widerzulassung der KPD "Zu den unabdingbaren Forderungen einer neuen Politik in der Bundesrepublik gehört... die Aufhebung des KPD-Verbotes." (FM auf der III. Tagung des zK der KPD; "WISSEN UND TAT", Sonder-Nr. Juni 1964) "Im Namen des Friedens und der Demokratie, im Namen der Nation: Freiheit für die KPD!" (Gemeinsame Erklärung der ZK's der SED und KPD; siehe Anlage 2) "Ich würde mich freuen, wenn auch Sie Ihre Stimme im Interesse der Demokratie und des sozialen Fortschrittes für eine Überprüfung des KPDVerbotes erheben würden." FM Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 40 "Mit diesem Brief möchte ich als Marxist und bis zum Verbot der KPD im Jahre 1956 Mitglied und Funktionär dieser Partei mithelfen, diese Diskussion" (über die Frage der Wiederzulassung der KPD) "weiter zu treiben im Interesse unserer Demokratie, der Entspannung und nicht zuletzt der Wiedervereinigung unseres geteilten Vaterlandes." FM "Nun gibt es zwei Wege, auf denen meinem Mann, der sich stets uneigennützig für das Wohl seiner Mitmenschen eingesetzt hat, noch geholfen werden kann. Der Hauptweg ist die Aufhebung des KPDVerbotes...." FM "Die Forderung: Freiheit für die KPD - darf nicht mehr verstummen. Der Kampf für die Legalität der KPD muss jetzt Sache aller Demokraten werden. Die friedliebende Bevölkerung der Bundesrepublik braucht eine legale KPD!" (Stellungnahme der Bezirksleitung Niederrhein der KPD zur Diskussion um die Aufhebung des KPD-Verbotes) "Freiheit für die politischen Gefangenen in der Bundesrepublik. Freiheit für die KPD." FM "... das Verbot der KPD ist juristisch umstritten und politisch beanstandet worden. Eine Aufhebung des KPD-Verbotes -wozu die Bundesregierung jederzeit berechtigt wäre, würde das demokratische Leben in der Bundesrepublik festigen, das politische Klima verbessern und die Wiedervereinigung Deutschlands fördern.," FM "...gegen die MLF gegen die Notstandsgesetze für eine politische Amnestie für die Aufhebung des KPD-Verbotes!" FM "... glaube ich, dass das Interesse der Öffentlichkeit vielmehr auf die Beseitigung der Rechtsunsicherheit, auf eine politische Amnestie und die Aufhebung des Verbotes der KPD gerichtet ist." FM Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 41 "Ich habe daher den begreiflichen Wunsch, dass auch Sie sich dem kreise der Persönlichkeiten anschließen, die für die Aufhebung des KPD-Verbotes und für eine politische Amnestie eintreten." FM 2.7 Zusammenfassende Beurteilung Nach den Ausführungen der Abschnitte I bis VI dieser Studie können folgende Tatsachen als erwiesen angesehen werden. 1) Jeder Kommunist ist zu einem Maximum an offener kommunistischer Arbeit verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist er sich auch bewusst. 2) Dazu gehört - wenn im Einzelfall die Voraussetzungen, insbesondere plausible Ansatzpunkte vorliegen - auch die Pflicht, durch Herausgabe Offener Briefe "legal" (also nicht konspirativ) für kommunistische Ziele zu werben. 3) Die Thematik der "Offenen Briefe" liegt prinzipiell nicht im Belieben der einzelnen Verfasser und Herausgeber, sondern wird von der KPD zentral bestimmt. 4) Sie gipfelt in der Werbung für kommunistische Bestrebungen, die als Nahziel die Wiederzulassung der KPD und als Fernziel die Etablierung der kommunistischen Herrschaft in der Bundesrepublik verfolgen. 5) Bei den Herausgebern der erfassten "Offenen Briefe" (siehe Anlage) handelt es sich ausnahmslos um ehemalige KPD-Funktionäre oder deren Angehörige. 6) Inhalt und Argumentation der erfassten "Offenen Briefe" entsprechen den zentralen Anweisungen der KPD (vgl. Ziffer 3.) Und 4.) Und ordnen sich systematisch in die Schwerpunkte der kommunistischen Agitation ein. Hinzu kommt, dass polizeiliche Ermittlungen folgende Tatsachen ergeben hatten: 1) Die Finanzlage und das Einkommen der meisten Angehörigen von inhaftierten illegalen KP-Funktionären, die als Briefschreiber auftraten, reicht nicht einmal an den öffentlichen Wohlfahrtssatz heran, so dass eine Eigenfinanzierung der Briefaktionen ausscheidet. 2) Bisher hat keiner der Versender der Briefe offengelegt, wo die angeblich von ihm verfassten und verbreiteten Briefe hergestellt wurden. In den Ermittlungsverfahren wurde zu diesem Punkt stets die Aussage verweigert. Damit dürfte - trotz fehlender Beweismittel über konkrete Weisungen im Einzelfall - die Indizienkette geschlossen und die Schlussfolgerung begründet sein, dass es sich bei den im Lande Nordrhein-Westfalen erfassten "Offenen" Briefen nicht um private Einzelaktionen, sondern um von der KPD zentral gelenkte Agitation handelt, die dazu beitragen soll, einerseits den Zusammenhalt der illegalen KPD zu festigen und anderseits die Versuche des Kommunismus zu unterstützen, in Nord- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 42 rhein-Westfalen und der Bundesrepublik stärkeren Einfluss auf das politische Geschehen zu gewinnen. Anmerkung: Zur Verdeutlichung des Gedankenganges wurden in den Zitaten Unterstreichungen vorgenommen. Sie sind in den Originaltexten nicht enthalten. 2.8 Anlage 2.8.1 Anlage 1 Zusammenstellung der wichtigsten Erklärungen der KPD-Führung zur "Offenen Arbeit" "Die Partei muss einen verstärkten Kampf für die Aufhebung des Verbotes führen, indem sie um jede Möglichkeit des legalen Auftretens ringt und jeder Kommunist alle dazu gebotenen Möglichkeiten ausnutzt. Wenn die Verneinung der illegalen Organisation den Verzicht auf die selbständige Klassenorganisation und die Klassenpolitik der Arbeiter bedeutet, so bedeutet andererseits der Verzicht auf die Ausnutzung jeder Möglichkeit legalen Auftretens, dass sich die Partei selbst von den Massen isoliert. Wir brauchen eine kampffähige illegale Organisation, die die Regeln der Konspiration einhält, aber andererseits überall in den Betrieben, Gewerkschaften, Massenorganisationen, überall, wo die Massen sind, in allen Volksschichten arbeitet. Dabei müssen nicht nur alle bestehenden legalen Möglichkeiten genutzt werden; die Kommunisten müssen vielmehr darum kämpfen, sich weitere Möglichkeiten des legalen Auftretens zu verschaffen und den Rahmen der Illegalität zu sprengen..." (Thesen des Parteitages der KPD 1957 in "Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente der KPD 1956 - 1962; DIETZ-Verlag Ost-Berlin, Seite 114). Ein Mitglied des Politbüros der illegalen KPD erklärte auf der 8. Tagung des ZK der KPD im Januar 1958 in seinem Referat "Über das Wirken des Gegners und offensive Gegenmaßnahmen der Partei": "Es gilt, die Stärke unserer Sache zu beweisen, die großen Perspektiven aufzuzeigen und die vorhandenen Unklarheiten beharrlich überzeugend aus der Welt zu schaffen. Das heißt, dass unsere Partei lernen muss, alle legalen Möglichkeiten der Massenarbeit auszunutzen und gleichzeitig durch Anwendung der konspirativen Regeln und Entwicklung der politischen Wachsamkeit die Arbeit zu sichern... ." ("WISSEN UND TAT" Nr. 2/58, S. 80) In der Entschließung der 10. Tagung des ZK der illegalen KPD vom November 1958 wird zum Ausdruck gebracht: "Die Erfahrungen seit dem Verbot unserer Partei - am 17. August 1956 - zeigen, dass die Bonner Regierung ihr Ziel nicht erricht hat. Die Aktivität der illegalen Parteiorganisation wächst, die Eigeninitiative der grundorganisationen entwickelt sich, die Mitglieder und Funktionäre unserer Partei lernen die Parteiarbeit durch die strenge Anwendung der konspirativen Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 43 Arbeitsmethoden zu sichern und gleichzeitig alle legalen Arbeitsmöglichkeiten auszunutzen..." ("Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente der KPD 1956 - 1962; DIETZ-Verlag OstBerlin, Seite 214). Auf dem Parteitag der illegalen KPD im Mai/Juni 1957 erklärte Max REIMANN: "Wenn die Partei immer mehr die illegale Arbeit mit der halblegalen und der legalen Tätigkeit zu verbinden versteht und politisch aktiv auftritt, dann wird der Gegner spüren, dass sich das Verbot der KPD für ihn nicht ausgezahlt hat." ("WISSEN UND TAT", Sondernummer Parteitag 1957, (II), S. 16) In seinem Rechenschaftsbericht auf dem gleichen Parteitag stellte REIMANN folgende Aufgaben: "1) dass unsere Partei ihre Aktivität erhöht, in allen Fragen ihre eigene selbständige Politik vertritt und dafür die Massen gewinnt; 2) dass alle Parteiorganisationen und Leitungen und jeder einzelne Kommunist besonders heute unter den Bedingungen der Illegalität größte Eigeninitiative zu entwickeln; 3) dass wir alle Anstrengungen machen, um die Massenarbeit der Partei zu verbessern, hierbei jede legale Möglichkeit auszunutzen und so um die Legalität unserer Partei kämpfen." ("WISSEN UND TAT", Sondernummer Parteitag 1957 (I), S. 42) Und im Schlusswort verkündete Reimann: "Dieses Ziel erfordert die höchste Aktivität der Kommunisten, wobei im Bundestagswahlkampf genau wie im gesamten übrigen politischen Kampf unsere Partei die Ausnützung aller legalen Möglichkeiten im Vordergrund stehen muss." "Das ist zugleich das Wichtigste im Kampf um die Legalität unserer Partei." ("WISSEN UND TAT", Sondernummer Parteitag 1957 (I), S. 51) Der 1. Sekretär der SED, Walter Ulbricht , sagte vor demselben Forum: "Der Gegner muss wissen, er hat zwar die Partei verboten, aber die Massenarbeit der Partei vermindert sich nicht, sondern die Partei ist als großer politischer Faktor vorhanden. Wenn die Partei immer mehr die illegale Arbeit mit der halblegalen Tätigkeit zu verbinden versteht und politisch aktiv auftritt, dann wird der Gegner spüren, dass sich das Verbot der KPD für ihn nicht ausgezahlt hat." ("WISSEN UND TAT", Sondernummer Parteitag 1957 (II), S. 16) Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 44 Kurze Zeit später schrieb Reimann : "Das legale Auftreten aller unserer Genossen ist das wichtigste Mittel, um den Masseneinfluss zu verstärken und wieder die Legalität der Partei zu erkämpfen." ... "Die ideologisch-politische Festigung unserer Partei und die Ausnutzung aller legalen Möglichkeiten des Kampfes in Westdeutschland ist der Weg, den wir beschreiten müssen, um den Kampf gegen Imperialismus und Militarismus, für Frieden, Demokratie und die Wiedervereinigung Deutschlands erfolgreich zu führen." ("WISSEN UND TAT", Nr. 9/57, S. 39) Auf der 9. Tagung des ZK der KPD betonte Reimann, dass "die Ausnutzung der legalen Möglichkeiten die Voraussetzung für eine enge Verbindung der Parteimitglieder mit den Massen sei." ("WISSEN UND TAT", Nr. 6/1958, S. 32) Auf der 11. Tagung des ZK der KPD erklärte er: "Die Aufgaben, die wir heute entwickelt haben, unterstreichen die Notwendigkeit, dass unsere ganze Partei unsere Politik in die Massen trägt und dafür alle legalen, halblegalen und illegalen Methoden anwendet." ("WISSEN UND TAT", Nr. 6/1959, S. 47) In dem Entwurf eines Beschlusses zur Ende 1959 geplanten und am 28./29. Februar 1960 in Ballenstedt am Harz /Sowjetzone veranstalteten Parteidelegierten-Konferenz wird ausgeführt: "Zugleich muss die Partei die ernsten Versäumnisse in der Entwicklung des Kampfes um die Wiederherstellung der Legalität der Partei überwinden. Die Führung der Partei muss eine hinreichende Einschätzung über die besonderen Bedingungen der Illegalität zum Vergleich zur Hitler-Herrschaft ausarbeiten und laufend daraus Schlussfolgerungen ziehen." ("NEUES DEUTSCHLAND" vom 08.11.1959) In einem mit "Karl" gezeichneten Artikel in dem KPD-Organ "WISSEN UND TAT" Nr. 10/1959, S. 25, zur Vorbereitung der Parteikonferenz heißt es: "... Klarheit über die Verbindung der legalen mit der illegalen Arbeit schaffen und die Genossen damit vertraut machen, die vielfältigen Möglichkeiten der legalen Arbeit immer umfassender auszunutzen. Es ist doch so, dass 99 % unserer Genossen legal auftreten können. Durch das offene Auftreten der Genossen steigt die Autorität der Partei. Das ist ein entscheidender Bestandteil des Kampfes um die Legalität." In seinem Referat auf der Parteikonferenz verkündete Reimann : "Nach dieser Parteidelegierten-Konferenz gilt für alle Parteiorganisationen die Losung: vorwärts zur legalen Massenarbeit! Stärkt die Partei durch ihre Einheit und die Aufnahme neuer Mitglieder! Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 45 Kommunisten in die Offensive!" ("WISSEN UND TAT", Nr. 4/1960) In dem Beschluss der Konferenz wird festgestellt: "Kein Ereignis von Bedeutung, keine Frage, die die Arbeiterklasse und die Massen bewegt, darf ohne Antwort der KPD bleiben. Sie muss der Bevölkerung die Ereignisse erläutern und ihr vor allem den Weg des erfolgeichen Kampfes zur Verwirklichung ihrer Forderungen zeigen. Dabei gilt es, das in der Partei noch stark vorhandene Zurückweichen vor der Massenarbeit zu überwinden. Alle Parteieinheiten, alle Mitglieder und Funktionäre der Partei müssen die Möglichkeiten des legalen Auftretens voll ausnutzen. Das gilt besonders für das Auftreten in den Betrieben, in den Gewerkschaften wie in allen übrigen Organisationen der Arbeiterklasse. Es gibt für jeden Kommunisten vielseitige Möglichkeiten des legalen Auftretens. Manche Kommunisten haben hervorragende Beispiele dafür geliefert... ." ("Die Lage in der Bundesrepublik und der Kampf für Frieden, Demokratie und sozialen Wohlstand" - Beschluss der Parteidelegierten-Konferenz der KPD Februar 1960 in "Die KPD lebt und kämpft" - Dokumente 1956-1962, DIETZ-Verlag OstBerlin, S. 453) 2.8.2 Anlage 2 Gemeinsame Erklärung des Zentralkomitees der SED und des Zentralkomitees der KPD zum 8. Jahrestag des Verbotes der KPD Im Namen des Friedens und der Demokratie, im Namen der Nation: Freiheit für die Kommunistische Partei Deutschlands! Gemeinsame Erklärung des Zentralkomitees der SED und des Zentralkomitees der KPD Am 17. August 1956 wurde die KPD verboten. Die Urheber dieses Verbots wollten die westdeutsche Arbeiterklasse ihrer Führung berauben und sie als selbständige Kraft aus dem politischen Leben in der Bundesrepublik ausschalten. Dieses Ziel konnten und können sie nicht erreichen. Denn in unserer Zeit ist das Schicksal der Nation nicht von der geschichtlichen Aufgabe und Rolle der Arbeiterklasse zu trennen. Als der 1. Weltkrieg vorbereitet wurde, wütete die kaiserliche Polizei gegen die revolutionäre Führung der deutschen Arbeiter. Als der 2. Weltkrieg vorbereitet wurde, stand der faschistische Terror gegen die Kommunisten am Anfang der Verfolgung der Sozialdemokraten, aller Demokraten, aller Anhänger des Friedens. Immer waren es die Arbeiter, von denen der Krieg die schwersten Opfer forderte. Immer haben sie in harter Arbeit aus Trümmern ein neues Leben aufgebaut. Heute steht die westdeutsche Arbeiterklasse wieder vor der Gefahr, alles zu verlieren - Als die Regierung Adenauer die Wiederaufrüstung Westdeutschlands begann, beantragte sie im Jahre 1951 wiederum das Verbot der KPD, sie erzwang das Ver- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 46 bot wenige Tage nach Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, unmittelbar vor Bekanntgabe ihrer Pläne, die Bundeswehr mit Atomwaffen auszurüsten. Damit hat die Bonner Regierung den gleichen Weg beschritten, auf dem Deutschland bereits zweimal in die Katastrophe geführt wurde. - Wie Hitler, versucht sie, aller reaktionären Kräfte unter ihrem Bann des antikommunistischen Kreuzzuges zu sammeln. Aber selbst die Regierungen der anderen NATO-Staaten folgen ihr nicht. Mit dem Verbot der Kommunistischen Partei befindet sich die Bundesregierung in der schändlichen Gemeinschaft mit den schlimmsten Reaktionären unserer Zeit, den faschistischen Diktatoren Franco und Salazar, mit den aggressivsten Feinden des Friedens und der Freiheit in den USA, den McCarthy und Goldwater. Die Hoffnung der Meinscheit aber heißt nicht Politik am Rande des Krieges, sondern Friede. Sie ist verkörpert im Kampf der kommunistischen Weltbewegung gegen die Gefahr des Atomtods, für friedliche Koexistenz und Abrüstung, Sicherung des Friedens, das ist auch das Kernstück der gesamten Politik der SED und der KPD. Das ist Inhalt des Friedensdoktrin der Deutschen Demokratischen Republik: Anerkennung der bestehenden Grenzen, Anerkennung der Gleichberechtigung beider deutscher Staaten und Normalisierung ihrer Beziehungen zueinander, Normalisierung der Beziehungen aller Länder zu den beiden deutschen Staaten. Der Aufbau des Sozialismus in der DDR und ihre Friedenspolitik, der Kampf gegen den Militarismus und Revanchismus in der Bundesrepublik dienen der großen gemeinsamen Sache, dass von deutschem Boden niemals wieder ein Krieg ausgeht, dass ganz Deutschland ein Land des Friedens wird. Den Frieden stärkt der zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Sowjetunion abgeschlossene Vertrag über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit. Wie für alle Bürger der DDR ist es auch für die Bürger der Bundesrepublik von größter Bedeutung, dass mit diesem Vertrag die westdeutschen Revanchisten in die Schranken gewiesen, die Unantastbarkeit des ersten Friedensstaates in der deutschen Geschichte garantiert und sein internationales Gesicht gestärkt, Ruhe und Sicherheit in Europa gefördert werden. Die Entscheidung gegen den Krieg, für den Frieden wird also heute in Deutschland unter neuen, günstigeren Bedingungen ausgetragen. Welch ein Wahn, die Ideale des Friedens und des gesellschaftlichen Fortschritts, die Ideen von Marx, Engels und Lenin in der Bundesrepublik jetzt noch unterdrücken zu wollen, nachdem sie dank der Einigung der Arbeiterbewegung in der SED auch auf deutschem Boden, in der DDR, schon ihren Siegeszug angetreten haben! SED und KPD sind fest verbunden durch die Gemeinsamkeit der marxistischleninistischen Weltanschauung. Sie stehen in engster Kampfgemeinschaft gegen den deutschen Imperialismus, von dem gegenwärtig die größte Gefahr für den Frieden in Europa ausgeht. SED und KPD eint das Streben nach einer gesicherten Friedensordnung, nach einer glücklichen Zukunft der deutschen Nation in einem geeinten sozialistischem Vaterland. Darin sehen sie den geschichtlichen Auftrag der gesamten deutschen Arbeiterklasse. Im Bewusstsein ihrer Verpflichtung vor der deutschen Arbeiterbewegung erklären das Zentralkomitee der SozialistischenEinheitspartei Deutschlands und das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands: Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 47 An der Haltung zum Verbot der KPD scheiden sich die Geister. Wer mit der autonomaren Bewaffnung der Bundeswehr Kurs auf den Krieg nimmt, der züchtet Neonazismus und Revanchismus und will die Aufrechterhaltung des Verbotes der KPD. Wer eine neue, den Interessen der westdeutschen Bevölkerung und den Belangen der Nation verpflichtete deutsche Politik in der Bundesrepublik erstrebt, der muß, ungeachtet der parteipolitischen Auffassung, im Interesse des Friedens und der Demokratie, der Bewältigung der Vergangenheit, des sozialen Fortschritts und der nationalen Zukunft für die Legalität der Kommunistischen Partei Deutschlands eintreten. Mit einer legalen KPD wird der FRIEDE stärker Die Aufhebung des Verbotes der KPD wäre ein entscheidender Schritt, um das Selbstbestimmungsrecht der westdeutschen Bevölkerung zu wahren und ihre Entscheidung gegen die atomare Aufrüstung in jeder Form, für eine selbständige Abrüstungsinitiative der Bundesrepublik zur Geltung zu bringen. Denn die KPD ist in Westdeutschland die entschiedenste Kraft gegen den Drang der Hitlergenerale nach Atomwaffen, gegen den Ungeist des Militarismus und der Revanche. Die KPD unternimmt bereits in der Illegalität die größten Anstrengungen, um die Arbeiterklasse und alle friedwilligen Menschen für die tatkräftige Verteidigung des Friedens und der Sicherheit, für die Einstellung des Wettrüstens und für die Abrüstung zu gewinnen. Die Wiederherstellung der Legalität der KPD würde den Widerstand gegen die neofaschistischen und militaristischen Abenteurer stärken, die in der Bundeswehr die Jugend im Geist von gestern an die Waffen von morgen zwingen, einen Bruderkrieg gegen die DDR auslösen und unser Volk in die Vernichtung des Atomkrieges treiben wollen. Darum ist die Legalität der KPD ein unabdingbarer Bestandteil des Rechts auf demokratische Selbstbestimmung des Volkes, ein Gebot der Selbsterhaltung für jeden Bürger der Bundesrepublik. Ohne eine legale KPD gibt es KEINE Wiedervereinigung Das Verbot der KPD hat den kalten Krieg verschärft und den Graben zwischen den zwei deutschen Staaten vertieft. Stets ist die KPD davon ausgegangen, dass eine Lösung der nationalen Probleme unseres Volkes niemals ohne oder gar gegen die DDR erfolgen kann. Stets ist sie für den Verzicht auf Gewalt und für Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten eingetreten. Das Zentralkomitee der SED und das Zentralkomitee der KPD erklären darum mit allem Nachdruck: Mit der Beseitigung des Verbots der KPD wäre viel gewonnen für eine Verbesserung des politischen Klimas und für die Entspannung der Lage in Deutschland. Eine legale KPD wird eine starke kraft für die Annäherung und Verständigung aller deutschen Arbeiterorganisationen sein, für die Aktionsgemeinschaft von DGB und FDGB, für das Zusammenwirken von SED, SPD und KPD. Das ist der Weg, um das Übergewicht der westdeutschen Arbeiterklasse über Militarismus und Monopolkapital zu sichern und ganz Deutschland auf den Weg des Friedens, der Demokratie und des Sozialismus zu führen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 48 Eine legale KPD Stärkt die westdeutsche Arbeiterklasse Die Aufhebung des Verbots der KPD ist notwendig, damit die Arbeiterklasse und ihre Gewerkschaften den ihnen gebührenden Einfluß auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gewinnen. In den Jahren seit dem Verbot der KPD hat sich das deutsche Monopolkapital, haben sich die Flick und Siemens, die IG-Farben und die Deutsche Bank durch die verschärfte Ausbeutung der Werktätigen märchenhafte Profite gesichert. Durch die Rüstungslasten, die sich seit dem Verbot der KPD mehr als verdreifacht haben, durch die Erhöhung der Tarife und Steuern wurden seit dem Jahre 1956 aus jeder westdeutschen Familie fast 10 000 DM für die Bonner Kriegskasse herausgepresst. Für die Beseitigung des Bildungsnotstands aber, für die soziale Sicherheit der Alten und Kranken hat die Regierung kein Geld. -Eine legale KPD würde den Kampf der westdeutschen Gewerkschaften gegen die Allmacht der Monopole, für die gewerkschaftlichen Rechte im Betrieb und im Staat, um die Mitbestimmung der Arbeiter und Angestellten, für eine aktive Lohnpolitik, gegen Rüstungslasten, Preiswucher und Inflationsgefahr neuen Auftrieb geben. Die Aufhebung des Verbots der KPD würde auch die Bemühungen vieler Sozialdemokraten fördern, mit einer selbständigen Politik der SPD aus den Schützengräben des kalten Krieges herauszukommen und ihre Partei aus der Gemeinsamkeit mit der CDU/CSU zu lösen. Die Wiederherstellung der Legalität der KPD würde das gemeinsame Handeln von Sozialdemokraten und Kommunisten gegen die Bonner Scharfmacher erleichtern. Das ist der Weg, um der CDU/CSU auch bei den parlamentarischen Wahlen eine Niederlage beizubringen. Den Nutzen davon hätten gleichermaßen Sozialdemokraten und Kommunisten, die Arbeiterklasse und das ganze Volk. Eine legale KPD schützt die Volksrechte Getreu den Traditionen ihres Widerstandes gegen die faschistische Gewaltherrschaft hat die KPD stets die Rechte des Volkes in der Bundesrepublik zu ihrer Sache gemacht. Sie ist jederzeit für den Schutz des Grundgesetzes, für die Verteidigung der Arbeitsrechte, des Koalitionsund Streikrechts, der Meinungsund Pressefreiheit, für die Rechte der Parlamente der Länder und Gemeinden eingetreten. Das Verbot der KPD ist eine Waffe in der Hand der äußersten Reaktion, die damit die Aushöhlung aller verfassungsmäßig garantieren Freiheiten und rechtsstaatlichen Grundsätze bemäntelt und jetzt mit den Notstandsgesetzen das Volk schon in Friedenzeiten unter Kriegsrecht stellen will. So wird die Aufhebung des Verbots der KPD zum Prüfstein für die Realität der Bürgerrechte, für die Einhaltung des Grundgesetzes. Eine legale KPD würde die Kräfte stärken, die gegen Nazismus, für die Säuberung des Staates und der Wirtschaft, der Justiz und der Armee von faschistischen Verbrechern wirken und mehr Freiheit und Demokratie für das Volk erstreben. So beweist das Leben selbst die Notwendigkeit einer legalen KPD. Die freie Betätigung der Kommunisten bietet Gewähr dafür, dass von der Bevölkerung der Bundesrepublik, in den Betrieben wie in den Parlamenten, jederzeit die Alternative zu Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1964 49 der aussichtslosen Politik der Monopolherren und Militaristen dargelegt, der Weg zu einer vom Volk getragenen friedlichen und demokratischen Ordnung und zur sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft gewiesen wird, die auf immer Frieden und Wohlstand des Volkes sichert. In unserer Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus ist die Zukunft nur mit den Kommunisten zu gewinnen. - Das Zentralkomitee der SED und das Zentralkomitee der KPD grüßen alle Mitglieder und Anhänger der KPD, die dem Terror und der Verfolgung trotzen und in der Bundesrepublik mutig die Sache des Friedens, der Demokratie und des sozialen Fortschritts verfechten. Sie grüßen alle Werktätigen der DDR, die mit ihren hervorragenden Leistungen beim Aufbau des Sozialismus der KPD und allen Friedenskräften in der Bundesrepublik in ihrem Kampf die wirksamste Unterstützung geben. - Das Zentralkomitee der SED und das Zentralkomitee der KPD appellieren an die Arbeiterklasse, an alle demokratischen und friedliebenden Kräfte in der Bundesrepublik und an die Weltöffentlichkeit, die Freiheit für alle Opfer des kalten Krieges und der politischen Gesinnungsjustiz in der Bundesrepublik zu erwirken und von der Regierung Erhard die Beseitigung des Verbots der KPD zu fordern. Zentralkomitee Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands der Kommunistischen Partei Deutschland