Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 1 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung..................................................................................... 3 1 Parteien und parteiähnliche Organisationen.................................. 6 1.1 "Deutsche Reichs-Partei" (DRP) .........................................................................6 1.2 "Deutsche Freiheits-Partei" (DFP) .......................................................................8 1.3 "Deutsche Gemeinschaft" (DG) ...........................................................................8 1.4 "Freie Sozialistische Volkspartei" (FSVP)............................................................9 1.5 "Deutsch-Soziale Bewegung" (DSB) .................................................................10 1.6 "Deutschnationale Volkspartei" (DNVP) ............................................................10 1.7 "Der Deutsche Block" (DB) ................................................................................11 1.8 "Unabhängige Arbeiterpartei" (UAP) .................................................................12 1.9 "Konservative Partei".........................................................................................12 1.10 "Deutsch Soziale Union" (DSU).......................................................................13 2 Sonstige Vereinigungen ................................................................ 14 2.1 "Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes" (DKEG)....................................14 2.2 "Gesellschaft für freie Publizistik" (GfP).............................................................14 2.3 "Gesellschaft zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Forschung e.V.".....15 2.4 "Volksbund Deutscher Ring" (VDR)...................................................................15 2.5 "Arbeitskreis Kriegsschuldfrage" und "Komitee zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit".............................................................................................16 2.6 "Stille Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte e.V." .......................................17 3 Soldatenverbände .......................................................................... 18 3.1 "Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen WaffenSS" (HIAG) e.V........................................................................................................18 3.2 "Der Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten von 1918 e.V."..................................18 3.3 "Reichsverband der Soldaten e.V." (RdS) .........................................................19 4 Jugendorganisationen ................................................................... 20 4.1 "Junge Kameradschaft" (JK)..............................................................................20 4.2 "Deutsche Freiheits-Jugend" (DFJ) ...................................................................20 4.3 "Pfadfinderschaft Gesamtdeutsche Jugend" (PGJ) ...........................................20 4.4 "Bund Deutscher Jugend" (BDJ) und "Bund Vaterländischer Jugend" (BVJ) ....21 4.5 "Wiking Jugend" (WJ)........................................................................................22 4.6 "Bund Heimattreuer Jugend" (BHJ) und "Kameradschaftsring der nationalen Jugend" (KNJ) .........................................................................................................22 4.7 "Freundeskreis der Nationalen Jugend" (FKNJ) ................................................23 5 Antisemitische und Neonazistische Schmierund Störaktionen24 6 Zeitungen; Zeitschriften und Informationsdienste mit rechtsextremer Tendenz, die in Nordrhein-Westfalen verbreitet werden ............................................................................................... 25 Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 2 6.1 Parteiorgane ......................................................................................................25 6.2 Verbandsorgane ................................................................................................25 6.3 Periodika freier Verlage .....................................................................................26 7 Aufgelöste Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen ..................... 28 Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 3 Vorbemerkung I Mit dem nachfolgenden Bericht gibt das Landesamt für Verfassungsschutz eine Übersicht über den organisierten Rechtsradikalismus in NordrheinWestfalen. Die Zusammenstellung soll der Unterrichtung von Behörden und anderen legitimierten Stellen dienen, deren Arbeit die Kenntnis des politischen Untergrundes in Nordrhein-Westfalen erfordert. Sie wurde deshalb besonders auf die Vorgänge innerhalb des Landes abgestellt und kann die auf Bundesebene gegebenen Darstellungen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Im Interesse der Übersichtlichkeit wurde bewusst auf letzteVollständigkeit verzichtet. Der Bericht konzentriert sich aufSchwerpunkte. Die recht zahlreichen Gruppen und Grüppchen undvor allem die im Rechtsradikalismus nicht seltenen"Ein-Mann-Organisationen" konnten als politisch bedeutungslosunberücksichtigt bleiben oder wurden allenfalls am Rande erwähnt. II Eine Definition des Begriffes "Rechtsradikalismus" ist nicht leicht.Das sichere Einstufen einzelner politischer Bewegungen als"rechtsradikal" bereitet oft erheblich größere Schwierigkeiten als aufdem linksradikalen Sektor. Wesentliche kennzeichnende Merkmaledes Rechtsradikalismus sind * übersteigerter, aggressiver Nationalismus, * damit verbunden das Bekenntnis zu einzelnen angeblichen Werten der NSVergangenheit, Verharmlosung der NS-Verbrechen, Umdeutung der Fragen von Kriegsursache und Kriegsschuld u.s.f., * Anlehnung an den "Rassegedanken" bis zur extremen Form des Antisemitismus, * "deutsch-bewusste" Kulturpolitik, verbunden mit aggressiver Intoleranz gegenüber allem "Nichtdeutschen" Diese Grundgedanken werden in zahlreichen Formen variiert, der Schwerpunkt liegt bald auf dieser, bald auf jener Vorstellung, jedoch ergibt eine Analyse der verschiedenen ideologischen Parolen eine auffallende Übereinstimmung in der Verfolgung eines extrem nationalistischen Leitbildes. Im einzelnen darf hierzu auf die eingehende Darstellung verwiesen werden, die der Bundesminister des Innern in der Beilage zur Wochenzeitung "Das Parlament" vom 3. April 1963 der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Die verschiedenen divergierenden Einzelerscheinungen im rechtsradikalen Lager - das sich selbst gern als "Lager der nationalen Opposition" bezeichnet - könnten die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass es in der Bundesrepublik einen Rechtsradikalismus als einheitliche politische Erscheinung gar nicht gibt. Dennoch vereinigen sich alle rechtsradikalen Bewegungen in einem kennzeichnenden Merkmal: ihre Leitbilder sind - trotz Differenzierung im einzelnen - mit den Grundwerten einer freiheitlichen demokratischen Ordnung nicht zu vereinbaren - ebenso wenig wie die Ideologie des Linksradikalismus, mit dem der Rechtsradikalismus mehr gemeinsam hat, als es auf den ersten Blick scheinen möchte. Die Grundwerte einer freiheitlichen Demokratie werden deshalb von den verschiedenen Trägern des Rechtsradikalismus - trotz wiederholter gegenteiliger Lippenbekenntnisse - nicht nur nicht anerkannt, sondern aktiv Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 4 bekämpft mit dem Ziel, sie durch eine nach ihren Vorstellungen geprägte Ordnung zu ersetzen. In diesem entscheidenden Kriterium grenzt sich der Rechtsradikalismus von allen anderen nationalbetonten Bewegungen ab - und ordnet sich damit dem Radikalismus zu, wie entschieden seine Verfechter auch gegen diese Bezeichnung protestieren mögen. III Im Vergleich zu der relativ starken Aktivität auf dem kommunistischen Sektor nehmen sich die rechtsradikalen Bewegungen auf den ersten Blick vergleichsweise bescheiden und unbedeutend aus - ein Anschein, der leicht zu einer falschen Beurteilung führt. Gegenwärtig sind die Anhänger des Rechtsradikalismus in zahlreiche Parteien, Organisationen, Gruppen und Grüppchen - bis hinunter zur "EinMann-Organisation" - zersplittert. Nach einer Zusammenstellung des Bundesamtes für Verfassungsschutz - Stand 31.12.1962 - bestanden zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik 15 rechtsradikale Parteien, 19 Jugendorganisationen, 46 sonstige Organisationen und 32 nicht organisationsgebundene Verlage mit rechtsextremer Zielsetzung. Eine Zusammenstellung nach dem Stand vom 31.12.1963 ist in Zusammenarbeit mit den Landesämtern für Verfassungsschutz in Vorbereitung; es sind keine grundsätzlichen Veränderungen zu erwarten. Anders als unter den kommunistischen Organisationen, die die KPD in allen entscheidenden politischen Fragen auf ihrem Kurs zu halten versteht, herrscht unter den rechtsradikalen Bewegungen ausgesprochene Eigenbrötelei und organisationsgebundenes Denken. In der Regel fühlt jede Vereinigung, selbst wenn ihre Mitgliederzahl unter 100 liegt, einzig sich allein dazu berufen, "die nationale Frage zu lösen". Das führt zu einer politischen Frontstellung nicht nur gegen Organisationen und Verbände anderer politischer Vorstellungen, sondern auch innerhalb des rechtsradikalen Lagers selbst. Dieser Zustand verurteilte den Rechtsradikalismus bisher zur politischen Wirkungslosigkeit. Die Erkenntnis, dass zur Zeit keine Chance besteht, im politischen Leben Einfluss zu gewinnen, hat unter vielen Anhängern des Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik zur Resignation geführt, die sich in starkem Mitgliederschwund äußert. Die Organisationen schrumpfen langsam auf kleine Kader zusammen, die aus den noch treu gebliebenen aktiven Funktionären bestehen. Während Ende 1959 der organisierte Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik noch über etwa 56.200 Mitglieder verfügte, ging diese Zahl bis Ende 1962 auf rund 27.600 und bis Ende 1963 auf etwa 24.600 zurück. Unter einigen maßgeblichen Führern hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass diese Entwicklung nur aufzuhalten ist, wenn es gelingt, die verschiedenen Vereinigungen in ein gemeinsames "nationales Lager" zusammenzuführen. Alle derartigen Versuche blieben jedoch bisher erfolglos; im Gegenteil: die Zersplitterung schritt fort und die Anhänger schwanden. Die Abspaltung der "Deutschen Freiheits-Partei" von der mitgliederstärksten rechtsextremen Partei - der "Deutschen Reichs-Partei" - hat diese Situation noch mehr verschärft. Auch die jüngsten Versuche, eine "nationaldemokratische Opposition" als Dachverband zu bilden, um bei den nächsten Bundestagswahlen die 5 %-Hürde zu überspringen, scheinen in den Anfängen steckengeblieben zu sein. Im Gegensatz zur Rückläufigkeit der Mitgliederzahl ist der Umfang rechtsradikalen Schrifttums ausgesprochen progressiv. Die Gesamtauflage Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 5 aller Periodika wird zur Zeit auf 223.000 Exemplare geschätzt. In gleicher Weise hat sich auch die Zahl der erschienenen Monographien in letzter Zeit merklich erhöht. Gemessen an der Zahl der organisierten Anhänger des Rechtsradikalismus ist der Umfang des rechtsextremen Schrifttums unverhältnismäßig hoch. Das gilt vor allem für Publikationen, die sich aus nationalistischer Sicht mit Fragen zur Geschichte der jüngsten (NS-) Vergangenheit auseinandersetzen. Die Herausgabe wird teilweise von "interessierten Gruppen" organisiert und finanziert. Die Bücher eines amerikanischen Historikers und eines englischen Historikers sowie des Redakteurs der "Deutsche National-Zeitung und Soldaten-Zeitung" zur Kriegsursachenund Kriegsschuldfrage nahmen eine bevorzugte Stellung ein. Sie bilden - mit dem Anschein der historischen Objektivität ausgestattet - die Grundlage für immer zahlreicher werdende örtliche Diskussionskreise, denen man besondere Beachtung wird schenken müssen, da sie - zunächst jedenfalls - bewusst auf einen organisatorischen Zusammenschluss verzichten. IV Eine zusammenfassende Beurteilung ergibt, dass der organisierte Rechtsradikalismus in Nordrhein-Westfalen sowie auch in der Bundesrepublik trotz erheblicher Anstrengungen gegenwärtig keine aktuelle politische Gefahr darstellt. Von leichtfertigem Radikalismus getragene Gedankengänge vermögen nur eine verhältnismäßig kleine Zahl Unbelehrbarer anzusprechen, die vielfach hierin eine Rechtfertigung ihres früheren Tuns zu finden glauben. Die Wahlen zu den Parlamenten in Bund, Ländern und Gemeinden haben immer wieder eine eindeutige Absage gegenüber allen extremen Gruppierungen ergeben. Die Feststellung enthebt die verantwortlichen Stellen jedoch nicht der Aufgabe, den Rechtsradikalismus auch weiterhin in allen seinen Erscheinungsformen im Auge zu behalten. Die Zahl latenter oder potentieller Anhänger seiner Parolen ist - wenn man den Umfang des verbreiteten Schrifttums berücksichtigt - möglicherweise doch größer, als es die Zahl der organisierten Mitglieder vermuten lässt. Wenn es den führenden Funktionären trotz aller bisheriger Misserfolge doch gelingen sollte, wenigstens die bedeutendsten Organisationen in einer gemeinsamen Bewegung zu vereinen, so würde der Rechtsradikalismus an Anziehungskraft gewinnen und sicherlich viele in sein Lager ziehen, die bisher resigniert abseits standen. Hinzu kommt, dass einzelne Auswüchse und extreme Fälle - etwa die Schändung einer Synagoge oder auch nur die Verbreitung besonders radikaler Schriften - in der Öffentlichkeit und vor allem im Ausland, aufmerksam registriert werden und in den Augen der Weltöffentlichkeit eine Bedeutung erhalten, die im Einzelfall in keinem Verhältnis zu den dahinter stehenden politischen Kräften steht. Das gilt insbesondere auch für Terrorund Sprengstoffaktionen, an denen einzelne Mitglieder rechtsradikaler Organisationen beteiligt sind. Hier sorgfältig zu beobachten und rechtzeitig vorzubeugen, um im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten gefährlichen Entwicklungen wirksam entgegentreten zu können, ist eine Aufgabe, deren Bedeutung nicht unterschätzt werden darf.. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 6 1 Parteien und parteiähnliche Organisationen 1.1 "Deutsche Reichs-Partei" (DRP) Die DRP wurde am 21.01.1950 in Kassel gegründet und hat dort ihren Sitz. Sie ist mit etwa 7.000 Mitgliedern - trotz ständig sinkender Mitgliederzahl - immer noch die stärkste und aktivste nationalistische Partei in der Bundesrepublik. Über die rechtsextreme Tendenz dieser Partei hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 27.09.1960 (Az.: 4 U 178/60) u.a. ausgeführt. "Das Parteiprogramm der DRP vom 25.10.1958 enthält kein klares Bekenntnis zur Demokratie. Die Formulierung "Die Deutsche Reichs-Partei bekennt sich zur Demokratie der Freiheit und Ordnung: Jedem das Seine - alles für Deutschland!" legt die Befürchtung nahe, dass hier dem Begriff "Demokratie" ein anderer als der übliche Sinn beigelegt wird. Diese Befürchtung wird noch dadurch verstärkt, dass in den Artikeln IX und X des Parteiprogramms die "Gesunde Wertund Führungsordnung des Volkes" als erstrebenswert hingestellt und dadurch der Eindruck erweckt wird, als wünsche man die Wiederherstellung einer dem nationalsozialistischen Staat ähnlichen autoritären Verfassung." Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Konzentrierung ehem. Funktionäre und Mitglieder der NSDAP in den Führungsgremien. 1. Vorsitzender der DRP ist Adolf von Thadden, NSDAP: 01.09.1939. Von dem jetzt amtierenden 19-köpfigen Vorstand, der am 22.09.1963 auf dem Parteitag in Karlsruhe-Durlach gewählt worden ist, gehörten 15 Mitglieder der NSDAP oder der verbotenen SRP, verschiedene auch beiden Organisationen an. Nach den Wahlniederlagen der DRP in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen im Jahre 1963 zeigt sich innerhalb der Partei eine große Resignation. Es wird daher erwogen, sich mit anderen nationalen Wählergruppen zusammenzuschließen, um eine Dachorganisation oder evtl. eine neue gesamtnationalistische Partei zu bilden. Auf dem Parteitag in Karlsruhe-Durlach ließ sich der Parteivorstand ermächtigen, Verbindungen zu anderen Splitterparteien aufzunehmen, um mit einer sog. "Nationalen Sammlung" bzw. "Nationaldemokratischen Union" die 5 %-Klausel bei den nächsten Bundestagswahlen im Herbst 1965 zu überspringen. Es scheint jedoch, als würden sich die in dieser Richtung gehegten Hoffnungen zerschlagen, da verschiedene rechtsstehende Parteien und Organisationen der DRP bereits krasse Absagen erteilt haben. Auf dem vorgenannten Parteitag wurde ferner beschlossen, vorerst die gesamte Werbearbeit aller Landes-, Bezirksund Kreisverbände in den Dienst der Ausdehnung der parteieigenen Publizistik zu stellen. Zur Koordinierung und Herausgabe einheitlicher Arbeitsrichtlinien ist inzwischen ein "Pressewerberat" gebildet worden, der aus 4 DRP-Funktionären besteht. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 7 Als Parteiorgan der DRP erscheint wöchentlich "Der Reichsruf" (geschätzte Auflagenhöhe 20.000). Diese Zeitung nimmt in zahlreichen Artikeln zu Vorgängen aus der Hitlerzeit positiv oder doch zumindest beschönigend Stellung. Dagegen werden die demokratischen Einrichtungen der Bundesrepublik und ihre leitenden politischen Persönlichkeiten kritisiert oder bleiben absichtlich unerwähnt. Die Partei ist auch einflussreich an der "Deutschen Wochenzeitung" beteiligt, die mit dem "Reichsruf" bis auf die Deckseiten inhaltlich gleichgestaltet wird. Die DWZ gibt ihre Gesamtauflage (samt allen Nebenausgaben) mit 96.000 Exemplaren an. Darin dürfte der "Deutsche Studentenanzeiger" enthalten sein, der unregelmäßig erscheint und zum letzten Semesterbeginn in einer Auflage von 36.000 Stück gedruckt wurde. Die "Junge Kameradschaft" ist die der Partei angegliederte Jugendorganisation (vgl. "JK"). Während der Landesverband Nordrhein-Westfalen 1960 noch 2.000 Mitglieder zählte, ist diese Zahl heute auf etwa 1.000 gesunken. Diesen Verlust erlitt die Partei hauptsächlich durch die am 13.01.1962 vollzogene Spaltung, die zur Gründung der Deutschen Freiheits-Partei führte. Trotz intensiver Versammlungstätigkeit mit Spitzenrednern wie Adolf von Thadden ist es nicht gelungen, die Mitgliederzahl zu erhöhen. Der Landesverband NW hat sich an Wahlen wie folgt beteiligt: Kommunalwahl 1952 11.230 Stimmen = 0,2 % Kommunalwahl 1956 5.942 Stimmen = 0,1 % Kommunalwahl 1961 19.525 Stimmen = 0,2 % Landtagswahl 1954 keine Beteiligung Landtagswahl 1958 43.299 Stimmen = 0,5 % Landtagswahl 1962 keine Beteiligung Bundestagswahl 1953 5.000 Stimmen in NW = 0,1 % Bundestagswahl 1957 57.755 Stimmen in NW = 0,6 % Bundestagswahl 1961 43.952 Stimmen in NW = 0,5 % Dem Landesvorstand gehörten 1959 12 Personen 1961 7 Personen 1962 13 Personen 1963 14 Personen an; davon Mitglieder der: 1963 1962 1961 1959 NSDAP 50,0 % 53,8 % 28,6 % 25% SRP 7,1 % 7,6 % 28,6 % 50 % NSDAP u. SRP 14,2 % 7,6 % 14,3 % 16,7% 71,3 % 69,0 % 71,5 % 91,7 % Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 8 Seit der Parteigründung hat sich der Landesverband NW stets aktiv betätigt. 1.2 "Deutsche Freiheits-Partei" (DFP) Die am 13.01.1962 von abgefallenen DRP-Anhängern in Hagen gegründete DFP, zu deren Stamm eine Reihe ehemals führender SRP-Funktionäre zählt, hat ihren Sitz in Hamburg. Zum Bundesvorstand gehören u.a. zwei aus NW stammende ehemalige führende Funktionäre der "Sozialistischen Reichs-Partei" (SRP): Beide gehören zum geschäftsführenden Vorstand der DFP. Die Bundesgeschäftsstelle befindet sich in Wanne-Eickel. Die politischen Ziele der DFP sind in der sog. "Düsseldorfer Aussage" (vgl. "Freie Nation" Nr. 1 S. 8 vom 05.01.1963) niedergelegt, die von einem ehemaligen SRPFunktionär verfasst worden sind. In dieser programmatischen Aussage wendet sich die DFP gegen jeden Versuch, ein "bundesrepublikanisches Staatsbewusstsein" zu schaffen und strebt eine geistige, gesellschaftliche Erneuerung Deutschlands durch Überwindung beider Formen des Materialismus, nämlich des Kommunismus wie des Kapitalismus, an. Es wird die bewaffnete Neutralität Deutschlands gefordert. Vor allem bekämpft die DFP den deutsch-französischen Vertrag und die damit verbundene Anlehnung an das Frankreich de Gaulles. Als Organ wird von der Partei die bisher 14-tägig (und ab 1964 wöchentlich) erscheinende "Freie Nation" (Auflagenhöhe etwa 5.000) herausgegeben, die in ihrer redaktionellen Linie der DRP-Zeitung "Reichsruf" ähnelt. Daneben erscheint seit Herbst 1962 ein interner Informationsdienst "Inform". Die Mitgliederstärke der DFP beträgt etwa 800, davon 600 in NW. Trotz reger Veranstaltungstätigkeit und beachtlicher Besucherzahlen bei öffentlichen Veranstaltungen in Dortmund (etwa 280 Teilnehmer), Oberhausen (etwa 60 Teilnehmer), Düsseldorf (etwa 200 Teilnehmer) und Gütersloh (etwa 115 Teilnehmer) ist es dem Landesverband nicht gelungen, seine Mitgliederzahl zu erhöhen, sie war vielmehr 1963 leicht rückläufig. An der Landtagswahl in NRW im Juli 1962 hat sich die DFP nicht beteiligt. Die "Deutsche Freiheits-Jugend" ist die der Partei angegliederte Jugendorganisation (vgl. "DFJ"). Der Landesverband hat Kreisund Ortsverbände. 1.3 "Deutsche Gemeinschaft" (DG) Die DG wurde 1949 mit Sitz in München gegründet. Nach der Satzung will die DG eine freie und starke Demokratie eigener Prägung schaffen. Ihre bisherige Tätigkeit zeichnet sich insbesondere durch den Kampf gegen die demokratischen Parteien und ihre von starken nationalistischen Ressentiments getragene Einstellung aus. In Reden der Funktionäre wird versucht, das Staatsbewusstsein der Bevölkerung der Bundesrepublik durch geringschätzige Hinweise auf ihren provisorischen Charakter zu untergraben. Der Bundesrepu- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 9 blik wird der Staatscharakter abgesprochen, weil sie weder über ein Staatsgebiet noch über die Staatssouveränität noch über das ganze Staatsvolk verfüge. Nach Auffassung der DG besitzt sie keine demokratische, sondern eine "autoritäre Führung". Auf dem Parteitag der DG am 28. September 1963 in Karlsruhe hat der 1. Vorsitzender der DG alle "Anbiederungsversuche" anderer Parteien abgewiesen, weil er der Meinung ist, dass es der DG nach weiterem Ausbau ihrer Organisation gelingen wird, bei den Bundestagswahlen 1965 im "Alleingang" die 5 %-Klausel zu ü- berspringen. Die Mitgliederzahl der DG beträgt schätzungsweise 2.500, davon etwa 300 in NW. Neben den Parteiorganen "Deutsche Gemeinschaft" (Auflagenhöhe etwa 7.500) und "Politischer Sonderdienst" erscheint für die Mitglieder in NW ein im Abzugsverfahren hergestellter und von dem Landesvorsitzenden herausgegebener "Monatsbrief". Seit ihrer Gründung hat die DG in NW eine beständig rege Aktivität entwickelt, ohne jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt zahlenmäßig eine besondere Bedeutung erlangt zu haben. Die Leiter der Kreisverbände sind gleichzeitig Mitglieder des "Landesdirektoriums". Öffentliche Veranstaltungen der DG wurden durchschnittlich von rd. 30 Personen besucht. Im Jahre 1962 wurde mit Sitz in Münster eine "Opfer-Gemeinschaft für Deutschlands Einheit und Freiheit" gegründet, die der DG NW weitere Finanzierungsquellen erschließen soll. Neuerdings beabsichtigt der Landesverband auch die Gründung von Jugendgruppen unter der Bezeichnung "Junge Deutsche Gemeinschaft" (JDG). Bei der Bundestagswahl 1957 erhielt die DG insgesamt 17.490 Stimmen = 0,1 % davon in NW 805 Stimmen = 0,0 % Bei der Bundestagswahl 1961 erhielt die DG insgesamt 27.308 Stimmen = 0,1 % davon in NW 4.369 Stimmen = 0,0 % Bei der Landtagswahl in NW 1958 erhielt die DG in 2 Wahlkreisen 220 Stimmen = 0,0 % Bei der Landtagswahl in NW 1962 erhielt die DG 4.917 Stimmen = 0,1 % Der Landesverband hat seinen Sitz in Münster. 1.4 "Freie Sozialistische Volkspartei" (FSVP) Die FSVP wurde am 18.1.1959 mit Sitz in Köln gegründet. Sie setzt sich überwiegend aus ehemaligen unzufriedenen Mitgliedern und Funktionären der DRP und der DG zusammen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 10 Die politische Zielsetzung ergibt sich aus den seit 1959 unverändert geltenden "Leitsätzen der FSVP". Danach tritt die Partei für die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches auf der Grundlage eines freien, demokratischen und sozialistischen Rechtsstaates ein. Im einzelnen lehnt die FSVP die herrschenden politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik als undemokratisch ab. Sie fordert die Einführung einer "Volksordnung" zur Verwirklichung der "echten Demokratie", die aus den Wesensmerkmalen der Volksgebundenheit, des Volksbewusstseins und der Volksbezogenheit bestehen soll. Am 17.10.1960 ist die FSVP in das Vereinsregister des Amtsgerichts Köln eingetragen worden. Dem Vorstand (Parteileitung) gehören auch Funktionäre der ehemaligen SRP an. Neben der Parteileitung dient nach der Satzung der "Zentralrat" der "Wahrung der ideologischen und organisatorischen Kontinuität". Außerdem überwacht dieses Gremium das gesamte Schrifttum der Partei. Die Parteiarbeit beschränkt sich im wesentlichen auf Nordrhein-Westfalen und insbesondere auf den Kreisverband Köln-Stadt. Die Gesamtmitgliederzahl des Landesverbandes NW dürfte etwa 80 - 100 betragen. Die Aktivität der FSVP erschöpft sich in kleinen öffentlichen Versammlungen (Köln, Schwerte, Bonn, Euskirchen), Diskussionsabenden und internen Mitgliedertreffen. Gelegentlich werden Flugblätter in geringer Auflage verteilt. Neben dem Informationsdienst "Der Freie Sozialist" gibt die FSVP seit März 1962 die mehr als Flugblatt anzusehende Parteizeitung "Das Volk" (Auflagenhöhe 400) heraus. Sie erscheint unregelmäßig. 1.5 "Deutsch-Soziale Bewegung" (DSB) Die DSB wurde in Wiesbaden gegründet. Sie gehört der rechtsextremen faschistischen "Europäischen Sozialen Bewegung" (ESB) an, die für die Verwirklichung einer "korporativ und autoritär gegliederten europäischen Staatengemeinschaft auf rassisch-biologischer Grundlage" eintritt (Malmöbewegung). Die DSB betätigt sich in Nordrhein-Westfalen überwiegend im Kölner Raum. Als Mitglieder gehören ihr etwa 150 Personen an. Der Hauptinitiator der Bewegung hat in den letzten Jahren wiederholt an faschistischen Treffen in Schweden teilgenommen und Referate gehalten. Es bestehen enge Kontakte zu anderen rechtsradikalen Organisationen. Als Organ erscheint seit 1959 monatlich die Flugschrift "DER WEG NACH VORN" - in einer Auflagenhöhe von etwa 200 Exemplaren. 1.6 "Deutschnationale Volkspartei" (DNVP) Die DNVP wurde im Juli 1962 in Kassel neu gegründet und hat ihren Sitz in Schwelm. Sie beruft sich auf die ehemalige DNVP der Weimarer Zeit, die für Mo- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 11 narchie, nationale Unabhängigkeit und Erhaltung der Privatwirtschaft eintrat und nach der Machtergreifung Hitlers ein Bündnis mit den Nationalsozialisten einging. Die DNVP hat nach ihrer Hauptsatzung folgende Zielsetzung: "Die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) ist der Zusammenschluss der heimatbewussten deutschen Menschen, die für die Erneuerung des Deutschen Reiches in seinen völkerrechtlichen Grenzen in einem freien Europa eintreten, die eine freiheitliche Gestaltung auf allen Ebenen fordern und das Gemeinschaftsleben nach den Grundsätzen der von Gott gegebenen Lebensordnung gestaltet und geschützt wissen wollen." Die Gesamtzahl der Mitglieder auf Bundesebene dürfte etwa 70 betragen. Innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen bestehen Arbeitskreise in Hattingen, Münster, Wuppertal und Dortmund. Die DNVP gibt seit kurzem als monatliche Publikation die "Kommentare zu POLITIK und WIRTSCHAFT" heraus. Bisher sind in einer Auflage von je 300 Stück zwei hektographierte "Kommentare" (5 Blatt, geklammert) erschienen, die in erster Linie an "Wirtschaftsexperten" verschickt worden sein sollen, um Finanzquellen zu erschließen. Die Unkosten in Höhe von 500,-DM mussten aus Beiträgen pp. gedeckt werden. Verantwortlich zeichnet der Vorsitzende des Direktoriums. In letzter Zeit wurde festgestellt, dass einzelne Vorstandsmitglieder Verbindung zu rechtsextremen Kreisen aufgenommen haben. 1.7 "Der Deutsche Block" (DB) Der DB - Reichsverband e.V. - wurde am 15.10.1947 in München gegründet. Er ist in der Bundesrepublik wiederholt mit Flugblättern und Plakaten an die Öffentlichkeit getreten, die offensichtlich darauf abzielten, den Bestand der Parteien als verfassungsrechtliche Institution und die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu untergraben. Dabei wurden Parolen verwendet wie: "Die Parteien sind unser Unglück" "Kampf dem System" "Der Deutsche Block fordert parteilosen Volksstaat". In Hamburg wurde eine Versammlung verboten, die am 20. Juli 1957 stattfinden sollte, weil das Plakat folgenden Aufdruck trug: "Millionen wollen wieder an Deutschland glauben; doch Verrat bleibt Verrat. Landesverräter und Deserteure haben keinen Zutritt." Auch andere Versammlungen mussten zur damaligen Zeit wegen dieser und ähnlicher Parolen und auch wegen vorhergegangener antisemitischer Äußerungen untersagt werden. Die Gesamtmitgliederzahl liegt etwa bei 200. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 12 In NW tritt diese Partei seit kurzem im Raum Bonn in Erscheinung. Ihr Aufbau liegt hier in Händen des 2. Bundesvorsitzenden (Mitglied und Funktionär in verschiedenen rechtsradikalen Organisationen). Der DB gibt einen Rednerund Informationsdienst "Deutsche Politik" heraus. Mit anderen rechtsgerichteten Organisationen (DRP, FSVP, DSB, DKEG u.a.) wird eine enge Zusammenarbeit (Nachrichten-, Redneraustausch usw.) angestrebt. 1.8 "Unabhängige Arbeiterpartei" (UAP) Die UAP wurde am 21.1.1962 auf Bundesebene mit Sitz in Essen gegründet. Nach SS 2 der Satzung strebt die Partei einen "Deutschen Sozialismus" an. Einzelheiten hierüber sind dem Programm zu entnehmen. Darin werden die Ziele der UAP wie folgt proklamiert: 1. Eine neue VERWALTUNGSFORM in der Wirtschaft! 2. Vergesellschaftung aller staatlichen und privaten Großunternehmen! 3. Die Verwaltung der Betriebe in die Hände der Belegschaftsmitglieder! 4. Gleichmäßige Aufteilung der Dividenden! 5. Eine gewerkschaftliche Kontrolle! 6. Vereinfachung des Zwischenhandels! 7. Einführung einer INDEXWÄHRUNG! durch ein 8. Bankinstitut ohne Zinsgewinn! 9. Schaffung einer Zentralen-Versicherungsausgleichsbank! 10. Für alle vergesellschafteten Großbetriebe und kleinen Privatunternehmer! Die Partei setzt sich vornehmlich aus ehemaligen Funktionären der von Dr. Otto Strasser 1956 gegründeten "Deutschen Sozialen Union" (DSU) zusammen, die seine Empfehlung, sich der am 13.1.1962 gegründeten "Deutsche Freiheitspartei" (DFP) anzuschließen, nicht billigten. Es bleibt abzuwarten, ob die Partei eine rechtsextreme Richtung einschlagen wird, was ihre personelle Zusammensetzung vermuten lässt. Im April 1962 wurde in Essen der Landesverband NW mit Sitz in Hattingen gegründet. Die Partei trat bisher nur in NW in Erscheinung, wo Ortsgruppen in Essen, Bochum, Hattingen, Solingen und Unna bestehen. Ihre Gesamtmitgliederzahl dürfte bei etwa 60 Personen liegen. Unter dem Titel "Ruhr-Arbeiter-Zeitung" erscheint wöchentlich ein im Abzugsverfahren hergestellter Informationsdienst. Die UAP beteiligte sich an der Landtagswahl in NW im Juli 1962 in den Wahlkreisen Essen 1, Bochum 1, Ennepe/Ruhr Kreis Nord und erhielt insgesamt 426 Stimmen. 1.9 "Konservative Partei" Die Partei hat ihren Sitz in Berlin. Die Stärke wird auf 50 Mitglieder geschätzt. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 13 Seit Oktober wird 1963 wird versucht, den Landesverband Rheinland der "Konservativen Partei" aufzubauen. Weitere Landesverbände sollen im Bundesgebiet folgen. In einem Rundschreiben vom 29.9.1963 wird folgende Zielsetzung bekannt: "In deutschnationalem Geist erstreben wir als Krönung unserer Arbeit die Errichtung eines neuen Kaiserreiches, einer konstitutionellen Monarchie, mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot als Reichs-, Kriegsund Handelsflagge." 1.10 "Deutsch Soziale Union" (DSU) Die DSU wurde am 17.6.1956 in Miltenberg unter Führung von Dr. Otto Strasser, NSDAP: 1925 - 4.7.1930, 1930 Gründer der "Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten" und der "Schwarzen Front", gegründet. Bis zu ihrer Selbstauflösung im Frühjahr 1962 unterhielt sie mehrere Kreisverbände in NW. Seit Anfang 1963 ist sie erneut unter ihrem alten Parteinamen tätig. Am 1.10.1963 führte sie erstmals in Duisburg wieder eine öffentliche Veranstaltung unter Leitung eines früheren Funktionärs der DSU und ehem. Mitglied der SRP durch. Die DSU will nach Erklärungen ihres Gründers das Parlament und die politischen Parteien beseitigen. An deren Stelle soll ein Stände-Parlament treten. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 14 2 Sonstige Vereinigungen 2.1 "Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes" (DKEG) Das DKEG ist eine unter Leitung eines ehemaligen SA-Dichters stehende Vereinigung "kulturell" Interessierter, die in ihren - in der Regel von einem erheblichen Teil von ehemaligen Nationalsozialisten besuchten - Veranstaltungen vornehmlich Autoren zu Wort kommen lassen, die während des NS-Regimes Anerkennung gefunden haben. Das DKEG unterhält Pflegstätten im gesamten Bundesgebiet. Die von den Pflegstätten in NW durchgeführten Veranstaltungen finden regen Zuspruch und werden durchschnittlich von etwa 80 - 100 Personen besucht. Neben den Spitzenfunktionären tritt in den letzten Jahren in zunehmendem Maße der e- hemalige Reichsredner und Mitarbeiter im rassenpolitischen Amt der NSDAP als Referent der in NW stattfindenden Veranstaltungen auf. Seine von NSGedankengut getragenen Referate dürften zur Radikalisierung des DKEG beitragen. Als Publikationsorgan gibt das DKEG monatlich die "Klüter-Blätter" mit einer Auflagenhöhe von etwa 3.000 Exemplaren heraus. Intern erscheint als Informationsblatt "Der Pflegstättenleiter". Die Gesamtmitgliederzahl der Organisation beträgt schätzungsweise 800, davon in NW etwa 300. Im Gegensatz zu anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen kann beim DKEG mit einer Zunahme von Mitgliedern gerechnet werden. Kürzlich ist von dem DKEG-Pflegstättenleiter von Nürnberg, eine "Gesellschaft für geisteswissenschaftliche Forschung" gegründet worden, die der "politischgeistigen Erneuerung" den Weg bereiten soll. Die Gesellschaft hat die Aufgabe, als ständiges "Münchener Seminar" an Wochenendtagungen das geistige Rüstzeug für eine "lebensrichtige Politik im Sinne echter, unverfälschter Demokratie" zu erarbeiten. Die Gesellschaft soll später von einer "Deutschen Akademie" abgelöst werden. 2.2 "Gesellschaft für freie Publizistik" (GfP) Die GfP wurde anlässlich der Buchmesse am 20.9.1960 in Frankfurt/M. gegründet und hat etwa 450 Mitglieder, darunter zahlreiche aus NW. Ziel der Gesellschaft ist die Zusammenführung aller publizistisch tätigen Personen aus den verschiedensten politischen Kreisen, die in der Lage sind, die Geschehnisse der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit "so objektiv wie möglich" zu beurteilen. U.a. will sich die Vereinigung besonders für Autoren, Werke und Verlage einsetzen, die aus rein politischen Erwägungen totgeschwiegen werden. Zu erwähnen ist hier insbesondere die finanzielle und propagandistische Förderung des von einem amerikanischen Professor herausgegebenen Buches "Der erzwungene Krieg", das von namhaften deutschen Historikern abgelehnt wird. Die Gesellschaft beabsichtigt, im Frühjahr 1964, dem Professor den von der Gesellschaft gestifteten "Ulrich-von-Hutten-Preis" zu verleihen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 15 Zu den Mitgliedern der "GfP" zählen eine Reihe von Personen, die in der NS-Zeit auf literarischem Gebiet führend tätig gewesen sind und dort Anerkennung gefunden haben, sowie weitere Personen, die nach 1945 in rechtsextremen Kreisen in Erscheinung traten. Im Oktober 1963 hat sich der am "Deutschen Block" nahestehende "Jugendbund Adler", Sitz Memmingen, korporativ der GfP angeschlossen. Die GfP gibt das Informationsblatt "Das freie Forum" heraus, das nach Bedarf erscheint und im September 1963 eine Auflagenhöhe von 6.000 hatte. 2.3 "Gesellschaft zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Forschung e.V." Am 16.10.1962 wurde in Düsseldorf die "Gesellschaft zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Forschung e.V." gegründet. In der Satzung wird der Zweck wie folgt umrissen: "Der Verein hat sich die Aufgabe gestellt, wissenschaftliche Forschungen zu fördern, die der Ermittlung des historischen Geschehens dienen, die Durchführung solcher Forschungen und Veröffentlichung der Ergebnisse durch Bereitstellung finanzieller Mittel zu ermöglichen, das allgemeine Interesse an objektiver Geschichtsdarstellung zu wecken und interessierte Kreise zur finanziellen Unterstützung entsprechender Forschungsvorhaben aufzufordern." Nach der Satzung ist ein "Wissenschaftlicher Beirat" vorgesehen: 1. "Dem wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft gehören inund ausländische Gelehrte, in erster Linie Historiker an, die in der wissenschaftlichen Welt Rang und Namen haben. 2. Die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats werden von der Mitgliederversammlung der Gesellschaft auf Vorschlag des Präsidenten berufen. 3. Die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats unterbreiten dem Vorstand schriftliche Vorschläge darüber, welche Forschungsvorhaben sie für besonders förderungswürdig halten. 4. Über die Reihenfolge und Höhe des Betrages, in der diesen Vorschlägen des wissenschaftlichen Beirats jeweils stattgegeben werden kann, entscheidet und beschließt der Vorstand von Fall zu Fall." Die Gesellschaft hat durch Kredite und Zuwendungen an den Verlag der als rechtsextrem bekannten "Deutschen Hochschullehrer Zeitung" in Tübingen die Herausgabe des Buches "Der erzwungene Krieg - Die Ursachen und Urheber des 2. Weltkrieges -" mitermöglicht. 2.4 "Volksbund Deutscher Ring" (VDR) Der VDR wurde am 16.4.1963 in Köln gegründet und hat z.Zt. etwa 100 Mitglieder. Nach der Satzung hat sich der Volksbund insbesondere folgende Aufgaben gestellt: Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 16 1. Das geschichtliche Werden, Wirken und Wollen des deutschen Volkes auf der Grundlage der historischen Wahrheit zu erforschen und in Wort und Schrift zu verbreiten, 2. jeder fahrlässigen oder böswilligen Verfälschung und Verzerrung des deutschen Geschichtsbildes entgegenzuwirken, 3. zur Wiederherstellung eines guten deutschen Namens in der Welt beizutragen, 4. das Recht des deutschen Volkes als ein unveräußerliches Gut auf der Grundlage des anerkannten Völkerund Menschenrechts zu suchen und dafür nachdrücklich einzutreten, 5. das hergebrachte deutsche Kulturgut zu hegen und zu pflegen, 6. ein eigenständiges, deutsches Kulturschaffen zu fördern und es vor Überfremdung und Auszehrung zu bewahren, 7. ein staatspolitisches Denken im Sinne einer verantwortungsbewussten Mitarbeit an der Gestaltung und Verbesserung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung zu wecken und zu fördern, 8. eine gediegene, das Leben des einzelnen und der Gemeinschaft bereichernde Geselligkeit zu pflegen und 9. eine auf gegenseitiger Achtung beruhende, fruchtbare Zusammenarbeit mit gleichgerichteten Gemeinschaften des Inund Auslandes anzustreben. Nach den bisherigen Erfahrungen mit Vereinigungen dieser Art ist zu erwarten, dass der Volksbund die vom "Arbeitskreis Kriegsursachen/Kriegsschuld" begonnene und von sogenannten "nationalen" rechtsstehenden Historikern begründete Agitation gegen die (Allein-)Schuld Hitlers am Ausbruch des 2. Weltkrieges verstärkt fortsetzen wird. Seit seiner Gründung hat der Volksbund mehrere Veranstaltungen in Köln durchgeführt, die durchschnittlich von 100 Personen besucht wurden. Ihr Teilnehmerkreis setzte sich vornehmlich aus Personen der in Köln bestehenden rechtsextremen Vereinigungen zusammen. Der Volksbund unterhält auch Kontakte zu rechtsextremen Jugendorganisationen wie "Bund Deutscher Jugend", "WikingJugend" und "Junge Kameradschaft". 2.5 "Arbeitskreis Kriegsschuldfrage" und "Komitee zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit" In zahlreichen Veranstaltungen des "Arbeitskreis Kriegsschuldfrage" behandeln nationalistische Gruppen das Thema Kriegsschuld vorwiegend unter dem Gesichtspunkt des Nachweises einer ausländischen Mitoder Alleinschuld. Dabei werden Tatsachen, die gegen eine Rechtfertigung des NS-Regimes sprechen, entweder nicht zur Kenntnis genommen oder unterdrückt. Als ihr Hauptsprecher ist der Redakteur der "Deutsche National-Zeitung und Soldaten-Zeitung" in Erscheinung getreten. Ähnliche Ziele verfolgt auch das "Komitee zur Wiederherstellung der historischen Wahrheit", Hamburg. Vom Komitee wird in Zusammenarbeit mit dem "Bund für deutsche Wiedervereinigung", Berlin, der enge Verbindung zum DKEG unterhält, in unregelmäßiger Folge und relativ hoher Auflage ein "Besinnungsblatt" mit "Lügentafel" herausgegeben. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 17 2.6 "Stille Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte e.V." Sitz: Heiligenhaus bei Düsseldorf Diese Organisation ist hauptsächlich durch Hilfsaktionen für Personen, die im Zusammenhang mit NSund Kriegsverbrechen verurteilt wurden, bekannt geworden. Sie unterhält Kontakte mit rechtsextremen Kreisen in der Bundesrepublik und der NS-Emigration im Ausland. In unregelmäßigen Zeitabständen wird ein "Rundbrief für den Freundeskreis" herausgegeben. Die Geschäftsstelle befindet sich in Wuppertal-Elberfeld. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 18 3 Soldatenverbände 3.1 "Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS" (HIAG) e.V. Der HIAG-Bundesverband hat sich 1952/1953 durch den Zusammenschluss der nach 1950 im gesamten Bundesgebiet entstandenen örtlichen "Hilfsgemeinschaften auf Gegenseitigkeit" mit Sitz in Bonn gebildet. Dem Bundesverband gehören 10 Landesverbände an. Nach der Satzung betrachtet die HIAG die Vertretung der rechtlichen und sozialen Belange der ehemaligen Waffen-SS als eine ihrer Hauptaufgaben. In der Praxis trat diese Aufgabe jedoch häufig in den Hintergrund und bildete nur den Rahmen für die eigentliche Veranstaltungsund Publikationstätigkeit, die auf eine "Rehabilitierung" der Waffen-SS und Pflege einer Waffen-SS-Tradition ausgerichtet ist. Es gilt in der HIAG nach wie vor die alte SS-Devise "Unsere Ehre heißt Treue" und man begegnet vielfach nationalsozialistischem Gedankengut. Als Verbandsorgan erscheint monatlich die Zeitschrift "Der Freiwillige" mit einer Auflage von ca. 16.000 Exemplaren. Daneben gibt der HIAG-Bundesverband monatlich den "HIAG-Informationsbrief" heraus. Die Mitgliederzahl der HIAG auf Bundesebene betrug anfänglich 20.000, ist jedoch heute auf etwa 6.000 zurückgegangen. Der Mitgliederschwund hat zu finanziellen Sorgen und zu einer teilweisen Verbandsmüdigkeit geführt. Es wurden angesichts dieser Lage sogar Stimmen laut, die für eine Auflösung der HIAG eintreten, womit allerdings einstweilen wohl nicht zu rechnen ist. Die Diskrepanz zwischen Mitgliederstand und Abonnentenzahl der Zeitschrift "Der Freiwillige" zeigt, dass trotz organisatorischen Rückganges es nicht an Solidaritätsbewusstsein unter den ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS fehlt. Der Landesverband gliedert sich in die Landesbezirke Ostwestfalen, Südwestfalen, Ruhrbezirk und Rheinbezirk, die insgesamt 38 Kameradschaften umfassen. Die Mitgliederzahl des Landesverbandes liegt entsprechend dem Beitragseingang bei etwa 700. Über die Geschehnisse innerhalb des LV unterrichten die in unregelmäßiger Folge vom 1. Landessprecher herausgegebenen Rundschreiben. Von der HIAG wird ein Sozialwerk e.V. betrieben. Das Sozialwerk dient der Beratung und Unterstützung von Mitgliedern und Hinterbliebenen. Seit seinem Bestehen sind etwa 40.000,DM Spenden eingekommen und für Hilfeleistungen verausgabt worden. Der monatliche Spendeneingang liegt durchschnittlich bei 1.500,- - DM bis 1.600,-DM. 3.2 "Der Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten von 1918 e.V." Bei der hier aufgeführten Organisation handelt es sich nicht um den 1951 wiedergegründeten Verband "Der Stahlhelm e.V., Bund der Frontsoldaten", der heute auf Bundesebene etwa 6.000 Mitglieder, davon schätzungsweise 1.200 in NW, zählen Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 19 dürfte. Vielmehr schied 1953 nach internen Auseinandersetzungen wegen der demokratischen und gemäßigten Zielsetzung ein Teil der Mitglieder aus, der im "Stahlhelm" auch weiterhin eine dem alten Stahlhelm vergleichbare Kampforganisation sehen wollte. Diese Gruppe gründete 1954 die Traditionsgemeinschaft "Der Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten von 1918 e.V.". Die Bundesführung hat ihren Sitz in Köln. Für die politische Einstellung der Traditionsgemeinschaft sind das zähe Festhalten an den Farben schwarz-weiß-rot, die kühle Distanz gegenüber dem parlamentarisch demokratischen Staat sowie die Bestrebungen, dem Bund die alte Stoßrichtung des Stahlhelm aus der Weimarer Zeit zu geben, kennzeichnend. Verbandsorgan ist die "Deutsche National Zeitung und Soldaten-Zeitung". Für die Mitglieder erscheint monatlich das vom Bund herausgegebene Mitteilungsblatt "Die Westmark" in 450 Exemplaren. In NW unterhält die Traditionsgemeinschaft Gruppen in Köln, Aachen, Rheydt, Mönchengladbach und Siegen. 3.3 "Reichsverband der Soldaten e.V." (RdS) Der RdS wurde am 7.5.1961 in Langen b. Frankfurt/Main gegründet. In seiner Werbe-Broschüre "Weg und Ziel" strebt der RdS u.a. die Wiederherstellung des Reiches, die Rehabilitierung aller zu Unrecht verurteilten Soldaten und die Aufklärung der Jugend über das wahre Geschichtsbild an. Weiter wird hierin sein Kampf gegen die Diffamierung der deutschen Soldaten sowie die Wiederherstellung ihrer Rechte und die Traditionspflege des deutschen Soldatentums hervorgehoben. Das vom RdS angestrebte und praktizierte Führerprinzip ist in der Zeit seines Bestehens immer sichtbarer geworden. In unregelmäßiger Folge erscheint seit der Gründung des Verbandes das "RdSMitteilungsblatt". Unstimmigkeiten im Präsidium des RdS führten in letzter Zeit fast zur Spaltung des Verbandes. Die Mitgliederzahl dürfte schätzungsweise zwischen 300 bis 400 liegen. Der Landesverband Rheinland-Westfalen "Albert Leo Schlageter" wurde im Mai 1961 aufgestellt. Der Landesverband zählt 10 Ortsverbände, deren Gesamtstärke etwa 130 Mitglieder beträgt. Zur internen Unterrichtung seiner Mitglieder gibt der Landesverband seit März 1962 ein eigenes Mitteilungsblatt heraus. Die Jugendarbeit des LV hat der Bundesführer des "Bundes Deutscher Jugend" (ehem. Gauführer Rhein-Ruhr des verbotenen "Bund Vaterländischer Jugend" und ehem. Führer der verbotenen "Reichsjugend") übernommen, der im Dezember 1962 vom RdS-Landesverband NW zum Landesjugendreferenten gewählt worden ist. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 20 4 Jugendorganisationen 4.1 "Junge Kameradschaft" (JK) Die DRP bemüht sich seit einiger Zeit in erhöhtem Maße, Jugendliche für ihre Partei zu gewinnen. Deshalb gründete sie Ende September 1962 in Göttingen die "Junge Kameradschaft" auf Bundesebene. Nach der Satzung sieht es die "Junge Kameradschaft" als ihre besondere Aufgabe an, deutschen Jungen und Mädchen ein "gesundes Volksund Staatsbewusstsein" zu vermitteln. Es bestehen Gruppen der "Jungen Kameradschaft" in Geilenkirchen, Wuppertal und Köln. Weitere Gruppen sind im Aufbau begriffen. Insgesamt beträgt die Mitgliederzahl in NW etwa 70 Jugendliche. Seit Anfang 1963 erschien "für alle Mitglieder und Freunde" das von der Bundesleitung herausgegebene Mitteilungsblatt "Wir Kommenden" mit dem Untertitel: Richtbrief der "Jungen Kameradschaft", Nationaldemokratischer Jugendbund in der "DRP". Dieses Blatt wird nunmehr nur noch als interner Jugendleiterbrief für Information und Schulung weitergeführt, nachdem der "Reichsruf" es übernommen hat, alle 8 Wochen seine Seite 8 für die JK zu gestalten. 4.2 "Deutsche Freiheits-Jugend" (DFJ) Der "Deutschen Freiheits-Partei" ist die "Deutsche Freiheits-Jugend" (DFJ) angegliedert, die am 6./7.10.1962 in Düsseldorf gegründet wurde. In ihrem Programm verkündet die DFJ die Mitwirkung bei der Ablösung der bestehenden Gesellschaftsordnung durch eine neue Gemeinschaftsidee als eine ihrer Aufgaben. Als Informationsdienst der DFJ erscheint seit Februar 1963 unregelmäßig "Der neue Weg". Ab April 1963 erscheint ferner monatlich die Zeitschrift "Argumente der jungen Generation". Die Zeitschrift muss ihrem Inhalt nach der DFJ zugerechnet werden, wenngleich sie als "parteipolitisch neutral und unabhängig" angesehen werden will. Die DFJ hat insgesamt etwa 100 Mitglieder. In NW bestehen ausgebaute Stützpunkte in Köln und Düsseldorf. Auch in anderen Städten bemüht man sich um die Gründung von aktionsfähigen Gruppen. 4.3 "Pfadfinderschaft Gesamtdeutsche Jugend" (PGJ) Nach Selbstauflösung der in Mülheim a.d. Ruhr bestehenden rechtsextremen Jugendorganisation "Gesamtdeutsche Jugend" im Sommer 1962 gründete deren ehemaliger "Völkerschaftsführer" die "Pfadfinderschaft 'Gesamtdeutsche Jugend'", die ebenfalls von ihm geleitet wird. Offensichtlich handelt es sich nur um eine Namensänderung, da sich die Struktur und die aggressive politische Zielsetzung der Jugendgruppe nur unwesentlich geändert haben. Satzung und Programm weisen nach wie vor nationalsozialistisches Gedankengut auf. Die vorgeschriebene Kleidung der Mitglieder ist der früheren Hitler-Jugend-Uniform nachgeahmt. Neben Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 21 dem Völkerschaftsführer sind Gau-, Sippen-, Fähnleinund Rottenführer pp. vorgesehen. - Das Jugendamt der Stadt Mülheim a.d. Ruhr hat die PGJ nicht als förderungswürdige Jugendgemeinschaft anerkannt. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen Angehörige einer anderen, dem internationalen Faschismus verbunden Jugendorganisation wurde jetzt auch die Wohnung des Gründers durchsucht. Hierbei fand die Polizei umfangreiches nazistisches Propagandamaterial, das zum Teil von NS-Propaganda-Zentralen außerhalb des Bundesgebietes vertrieben wird. Es bestehen Verbindungen zum "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes", mit dem eine gemeinschaftliche Sonnenwendfeier veranstaltet wurde. Nach den vorliegenden Erkenntnissen arbeitete die PGJ bisher nur auf örtlicher Ebene; sie zählt etwa 15 Mitglieder. Ein Publikationsorgan ist bisher nicht herausgegeben worden. 4.4 "Bund Deutscher Jugend" (BDJ) und "Bund Vaterländischer Jugend" (BVJ) Der BDJ wurde am 29.9.1962 in Wuppertal gegründet. "Oberstes Gesetz" dieser Jugendorganisation ist die "Treue zu Volk und Reich". Im übrigen bekennt sie sich zu den "4 Grundwahrheiten" des verbotenen BVJ. Ende 1962 hat der BDJ die Jugendarbeit des Landesverbandes NW des "Reichsverbandes der Soldaten" übernommen und auch in dieser Hinsicht die Nachfolge des BVJ angetreten. Neben einem mit der Odalsrune versehenen Informationsdienst erscheint für den BDJ noch die Zeitschrift "Die Fanfare". Die Gesamtmitgliederzahl des BDJ soll bei etwa 40 liegen, die überwiegend in NW wohnen. Ihr Führer ist nach rechtskräftigem Abschluss eines Strafverfahrens in den letzten Wochen wieder sehr aktiv geworden, um seine Jugendgruppe mit Schwerpunkt in NW weiter aufzubauen. In einem Rundschreiben kündigte er eine enge Zusammenarbeit mit anderen nationalistischen Jugendverbänden und mit dem "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes" an. Es bleibt abzuwarten, ob die jetzige "Jugendführertätigkeit" den Verdacht der Fortführung des verbotenen BVJ bestätigt. In einigen Ländern der Bundesrepublik ist der BVJ nach dem Verbot wiederholt mit Veranstaltungen, unter Beachtung konspirativer Vorsichtsmaßnahmen in Erscheinung getreten. Zur Anfechtung der Verbote, die mit Ausnahme des Verbots in Hamburg rechtskräftig geworden sind, wurde ein sogenannter "Verteidigungsausschuss" gebildet, der von einem Funktionär des DKEG geleitet wird. Von ihm stammen u.a. die an den Herrn Bundespräsidenten gerichtete Denkschrift wegen der politischen Verfolgung der vaterländisch gesinnten Jugend vom 6.8.1962 und das Flugblatt "Verfassungsbruch durch Verfassungsschützer ! -" (vgl. "FREIE NATION" vom 5.11.1963, S. 2), worin Maßnahmen gegen den BVJ kritisiert und seine frühere Existenz gerechtfertigt wird. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 22 4.5 "Wiking Jugend" (WJ) Die WJ wurde 1952 mit Sitz in Köln gegründet. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der WJ liegt offensichtlich nicht auf dem Gebiet der Jugendpflege, sondern auf politischem Gebiet. Die "Leitsätze" der WJ enthalten ein Bekenntnis zum Volkstumsund Reichsgedanken, zum Aufbau einer nach völkischen Gesichtspunkten gegliederten "Nation Europa" und zum "Sozialismus auf völkischer Grundlage". Die Einstellung der WJ und das Gedankengut, das zur Erziehung der dem Bund anvertrauten Jugendlichen dient, zeigt sich am deutlichsten in ihren Publikationen. Hierin werden rechtsextreme Ansichten und Äußerungen wiedergegeben, die zur Verächtlichmachung und Verunglimpfung der Bundesrepublik und der demokratischen Parteien geeignet sind, antisemitische und antichristliche Tendenzen verfolgen und Hinweise über Verbindungen der WJ zu rechtsextremen Vereinigungen und Organisationen zeigen. Im Oktober 1962 hat daher der Bundesminister des Innern der WJ das Tragen von Uniformen untersagt. Das für das die WJ richtungsweisende Blatt ist die monatlich erscheinende Zeitschrift "Fanal" mit einer Auflage von annähernd 200 Exemplaren. Die Zahl der aktiven Mitglieder beträgt etwa 100, davon wohnen in NW 40 - 50, und zwar vorwiegend im Raume Köln. Der "Stoßtrupp-Wiking" und die "Internationale-Wiking-Bewegung" sind nicht mit der WJ identisch. 4.6 "Bund Heimattreuer Jugend" (BHJ) und "Kameradschaftsring der nationalen Jugend" (KNJ) Der BHJ wurde im Oktober 1957 in Nürnberg gegründet und hat auch dort seinen Sitz. Die Zielsetzung des Bundes wurzelt teilweise in politischen Vorstellungen des NSRegimes. Sein innerer Aufbau sowie die Satzung zeigen eine starke Ausprägung des Führerprinzips. Im Februar 1962 wurde dem BHJ durch den Bundesminister des Innern das Tragen von Uniformen untersagt. Infolge interner Auseinandersetzungen, die zur Neugründung führten, dürfte die Gesamtmitgliederzahl heute auf 80 abgesunken sein. Der BHJ bezeichnet sich als "nationalpolitische Kampfgemeinschaft junger Deutscher". Er unterhält Gruppen in mehreren Ländern der Bundesrepublik. Neuerdings bemüht man sich um den Aufbau von Stützpunkten in NW (Raum Münster/Bielefeld). BHJ, Wiking-Jugend u.a. gehören korporativ dem "Kameradschaftsring der nationalen Jugend" - früher Kameradschaftsring nationaler Jugendverbände (KNJ) - an. Er unterhält enge Verbindungen auch zu ausländischen Jugendgruppen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 23 Als Verbandsorgan dient "Der Trommler" - Kampfschrift der nationalen Jugend - . 4.7 "Freundeskreis der Nationalen Jugend" (FKNJ) Am 3.3.1963 wurde in Hannover der FKNJ gegründet. Es handelt sich hierbei um einen Zusammenschluss "unabhängiger Einzelpersonen aus den verschiedensten volkstreuen Organisationen und Parteien". An der konstituierenden Sitzung nahmen zahlreiche führende Funktionäre nationalistischer Jugendorganisationen teil. Zum 1. Vorsitzenden wurde der Initiator gewählt, der bisher in mehreren rechtsradikalen Organisationen in Erscheinung getreten ist. Am 19.3.1963 wurde er wegen Herstellung und Verbreitung antisemitischer Schriften vom Landgericht in Hannover wegen Volksverhetzung (SS 130 StGB) zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Der "Freundeskreis" will ihm geeignet erscheinende Jugendverbände unterstützen und zur seelischen, geistigen und körperlichen Ertüchtigung der deutschen Jugend beitragen. Der FKNJ behauptet zwar, "parteipolitisch neutral" zu sein, er pflegt jedoch eine enge Zusammenarbeit mit den "nationalistischen" Parteien und Organisationen. Zur Information der Mitglieder dient "Der Trommler" - Kampfschrift der nationalen Jugend. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 24 5 Antisemitische und Neonazistische Schmierund Störaktionen Im Vergleich zu den Vorjahren sind die antisemitischen und neonazistischen Vorfälle stark zurückgegangen. Nach Schändung der Synagoge in Köln (in der Nacht vom 24./25.12.1959) sind im Jahre 1960 im Bundesgebiet einschließlich Westberlin 1.206 Fälle bekannt geworden; 1961 waren es 389 und im Jahre 1962 205 Fälle. Im ersten Halbjahr 1963 wurden nur noch 64 Vorkommnisse erfasst. Die Gesamtzahl für 1963 dürfte etwas über 100 liegen. 2/3 aller Fälle trugen sich in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Berlin zu. Während in den Jahren 1960/61 die Schmieraktionen auf Straßen und Verkehrsmitteln, an Häusern und Kirchen den größten Anteil der Vorfälle ausmachten, traten 1962 Beleidigungen und Bedrohungen von zumeist jüdischen Mitbürgern zahlenmäßig an die erste Stelle, 1963 halten sich beide in etwa die Waage. Leicht zugenommen hat seit Ende vergangenen Jahres die Versendung antisemitischer Hetzschriften (früher meist aus dem Ausland kommend und verbreitet) an Behörden, Firmen und Einzelpersonen. Im Juni 1963 konnte ein Hersteller und Verbreiter antisemitischer Hetzschriften gefasst werden. Er gab zu, etwa 120 - 150 Pamphlete mit einem Handdruckkasten gefertigt und seit Herbst 1962 vornehmlich im Ruhrgebiet und Raum Aachen verbreitet zu haben. Das Strafverfahren gegen ihn ist noch nicht abgeschlossen. Da nach einem vorläufigen amtsärztlichen Zeugnis begründete Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit bestehen, soll ein psychiatrisches Gutachten über seinen Geisteszustand eingeholt werden. Als Störaktionen sind hier noch Friedhofsschändungen, Anwendung des NSGrußes, Singen von NS-Liedern sowie antisemitische Wirtshausgespräche zu erwähnen, die vielfach von übermäßigem Alkoholgenuss beeinflusst waren. Annähernd die Hälfte der in den Jahren 1960 bis 1962 ermittelten Täter war jünger als 30 Jahre und kannte den Nationalsozialismus nicht mehr aus eigenem bewussten Erleben. 1963 ist der Anteil dieser Täter auf etwa 60 % gestiegen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 25 6 Zeitungen; Zeitschriften und Informationsdienste mit rechtsextremer Tendenz, die in Nordrhein-Westfalen verbreitet werden 6.1 Parteiorgane (Verlage und Herausgeber wurden aus Datenschutzgründen aus der Tabelle entfernt.) Titel Hintergrund Aufl.+Folge "Reichsruf" Organ der "Deutschen 20.000 Reichspartei" (DRP) wöchentl. Informationsdienst der . 800 monatl. "Deutschen Reichspartei" (DRP) "Freie Nation" Organ der "Deutschen Freiheits5.000 Partei" (DFP) wöchentl. "Inform" Informationsdienst der 800 14-tägig "Deutschen Freiheits-Partei" (DFP) "Deutsche Organ der "Deutschen 7.500 Gemeinschaft" Gemeinschaft" (DG) wöchentl. "Politischer Informationsdienst der 400 monatl. Sonderdienst" "Deutschen Gemeinschaft" (DG) "Das Volk" Organ der "Freien 400 unregelm. Sozialistischen Volkspartei" e.V., Sitz Köln "Der Freie Sozialist" Informationsdienst der "Freien 150 unregelm. Sozialistischen Volkspartei" (FSVP) "Kommentare zu Organ der "Deutschnationalen 300 monatl. Politik und Wirtschaft" Volkspartei" (DNVP) "Der Weg nach vorn" Organ der "Deutschen Sozialen 200 monatl. Bewegung" (DSB) "Deutsche Politik" Redneru. Informationsdienst 100 unregelm. des "Deutschen Block" "Ruhr-Arbeiter Organ der "Unabhängigen 200 wöchentl. Zeitung" Arbeiterpartei" (UAP) 6.2 Verbandsorgane (Verlage und Herausgeber wurden aus Datenschutzgründen aus der Tabelle entfernt.) Titel Hintergrund Aufl.+Folge "Der Freiwillige" Organ der "Hilfsgemeinschaft 16.000 auf Gegenseitigkeit der monatl. Soldaten der ehem. Waffen-SS e.V.", Sitz Bonn (HIAG) "Informationsbrief" "Hilfsgemeinschaft auf 400 monatl. Gegenseitigkeit der Soldaten der ehem. Waffen-SS e.V.", Sitz Bonn (HIAG) Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 26 "Klüter-Blätter" Organ des DKEG 3.000 monatl. "Das Freie Forum" Organ der "Gesellschaft für 1.500 n. freie Publizistik" Bedarf "Die Westmark" Organ der 450 mtl. bzw. Traditionsgemeinschaft "Der als Doppelnr. Stahlhelm, B.d.F. von 1918" 2-monatl. e.V., Sitz Köln "RdS-Mitteilungsblatt" Organ des Reichsverbandes 600 unregelm. der Soldaten e.V. "Wir Kommenden" Jugendorganisation der 250 monatl. Deutschen Reichs-Partei, "Junge Kameradschaft" (JK) "Argumente der Steht der "Deutschen Freiheits1.500 monatl. Jungen Generation" Jugend" nahe. "Der Neue Weg" "Deutsche Freiheits-Jugend" 200 unregelm. (DFJ) "Fanal" Organ der "Wiking-Jugend" 200 monatl. "Drachenboot" "Pimpfenschrift" der "Wiking50 unregelm. Jugend" "Die Fanfare" "Bund Deutscher Jugend" 100 monatl. "Informationsdienst"Bu "Bund Deutscher Jugend" 100 monatl. nd Deutscher Jugend (BDJ) "Der Trommler" "Kameradschaftsring der 1.500 nationalen Jugend unregelm. 6.3 Periodika freier Verlage (Verlage und Herausgeber wurden aus Datenschutzgründen aus der Tabelle entfernt.) Titel Hintergrund Aufl.+Folge "Deutsche National unabhängig 65.000 Zeitung und Soldaten wöchentl. Zeitung" "Deutsche WochenParteilos, steht jedoch der DRP 40.000 Zeitung" nahe wöchentl. "Deutscher StudentenNationale bzw. nationalistische 15.000 letzte Anzeiger" Bestrebungen Aufl. 36.000 7 x jährl. "Nation Europa" Organ einer internationalen 8.000 monatl. neonazistischen Anhängerschaft "Deutsche Zu den Mitarbeitern "Deutschen 1.500 Viertelj. HochschullehrerHochschullehrer-Zeitung" zählen Zeitung" vorzugsweise nach 1945 "amtsverdrängte Hochschullehrer", die wegen ihrer pronationalsozialistischen Haltung entlassen oder zwangseremitiert worden sind. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 27 Titel Hintergrund Aufl.+Folge "Strasser-Vorschau" Informationsblatt von Dr. Otto 500 wöchentl. Strasser (Gründer der "Deutsch Sozialen Union" DSU) "Kurz-Berichte zum Förderung nationalistischer 200 dreiwöch. Zeitgeschehen" Bestrebungen kbz Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1963 28 7 Aufgelöste Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen "Sozialistische Reichspartei" (SRP) 23.10.1952 Jugendorganisation "Reichsjugend" 8. 6.1957 Soziales Hilfswerk für Zivilinternierte und Entnazifizierungsgeschädigte e.V., Sitz Wuppertal (SHW) 20. 4.1959 Bundesverband der ehem. Internierten und Entnazifizierungsgeschädigten (BIE), Sitz Bonn 20. 4.1959 Bund Nationaler Studenten (BNS) 11. 1.1961 Bund für Gotterkenntnis (L) e.V. (BfG) 25. 5.1961 Jugendorganisation "Bund Vaterländischer Jugend" (BVJ) 17. 7.1962