Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 1 Inhaltsverzeichnis 1 Parteien ............................................................................................. 2 1.1 Deutsche Reichs-/Rechtspartei/Deutsche Konservative Partei/Nationaldemokratische Partei (DRP/DKP/NDP)..............................................2 1.2 Die Deutsche Partei.............................................................................................5 1.3 "Sozialistische Reichspartei" ...............................................................................6 1.4 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ......................................................8 2 Organisationen, Gruppen und Kreise ........................................... 10 2.1 Deutsche Aktion ................................................................................................10 2.2 Sammlung zur Tat .............................................................................................14 2.3 Strasser-Organisation........................................................................................16 2.4 "Tatgemeinschaft parteifreier Deutscher" ..........................................................18 2.5 Deutsche Union .................................................................................................23 2.6 Deutsche Gemeinschaft ....................................................................................24 2.7 Nationale Union .................................................................................................25 2.8 Tradition ............................................................................................................25 2.9 Katakombe Scheinwerfer ..................................................................................26 2.10 Die Bruderschaft..............................................................................................27 2.11 "Nauheimer Kreis" ...........................................................................................29 2.12 Sozialdemokratische Aktion ............................................................................31 Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 2 1 Parteien 1.1 Deutsche Reichs-/Rechtspartei/Deutsche Konservative Partei/Nationaldemokratische Partei (DRP/DKP/NDP) Die Zersplitterung und die Streitigkeiten, die auf der sogenannten "Nationalen Rechten" bestehen und schon früher - insbesondere auf der Landesvertretertagung am 02.11.1949 in Hannover - offen zu Tage traten, zeigten sich erneut bei den seit langem vorbereiteten Fusionsverhandlungen der DRP/DKP/NDP in Kassel am 18./19.01.50 und der Gründung der "Nationalen Rechten" in Hamm am 26.01.1950. Es kann danach kein Zweifel bestehen, dass es der "Rechten" noch an einem Programm und an führenden Köpfen fehlt. Die Fusionsverhandlungen zwischen der DRP/DKP/NDP waren bis Mitte Januar soweit gediehen, dass für den 18./19.01.50 eine Delegiertentagung nach Kassel einberufen werden konnte, wo die Fusion der genannten Parteien die Tagesordnung bildete. In Kassel - ursprünglich war Göttingen vorgesehen - waren im Tagungslokal "Nordischer Hof" am 18.01.1950 versammelt: a) Deutsche Konservative Partei (DKP) - insbesondere die Anhänger aus Nordrhein-Westfalen, b) Deutsche Reichspartei (DRP) - insbesondere die Anhänger aus Niedersachsen, c) Nationaldemokratische Partei (NDP) - insbesondere die Anhänger aus Hessen. Als Exponenten wurden in Kassel herausgestellt: zu a) K, Siegen, früher Reichstagsmitglied der DVP, zu b) R., Bundestagsabgeordneter der DRP, zu c) L., Leiter der NDP Hessen, Berufsschullehrer, Aufsichtsratsvorsitzender der Wetterauer Bank. Er gilt als Typ des politischen Geschäftsmannes, der sich auch bei der nationalsozialistischen Hessen-Regierung um das Finanzministerium bemüht hatte. An Stelle von R. war auch Sch. in der Wahl. Er unterlag jedoch, weil man ihm zutraute, dass er sich mit seinen Wolfsburger Anhängern der "Sozialistischen Reichspartei" des D. zuwenden könnte. Infolge einer Intrige war K. in Kassel nicht erschienen. Die Fusionsverhandlungen mit der DKP gerieten damit von vornherein ins Stocken, zumal ihr seitens der DRP auch in Kassel "reaktionäre Tendenzen" vorgeworfen wurden. Diesen Vorwurf quittierte die DKP, indem sie der DRP "Neofaschismus" vorwarf. Noch in Kassel kam es innerhalb der DRP zu Auseinandersetzungen. Hier war es der Wolfsburg-Flügel (Volkswagen-Werk), der national-sozialistische Sicherungen verlangte. Ihr Exponent Sch. drang jedoch nicht durch. Weitere Reibereien und heftige Auseinandersetzungen entstanden um personelle Fragen. R. und M. waren sehr umstritten. Unter den Delegierten - ca. 200 waren erschienen - zirkulierte ein Schriftstück, das beweisen sollte, dass R. einem DRPFunktionär gegenüber geäußert habe: "Gehören Sie auch zu dem Pöbel, der uns die Diäten nicht gönnt?". Weiterhin wurde offenbar, dass Dr. R. und Dr. M. ihre Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 3 Unterschrift unter die Liste Adolf von Thaddens verweigert hatten, als dieser Unterschriften zur Einbringung eines Antrages zur Verringerung der MdB-Diäten sammelte. Die Auseinandersetzungen erstreckten sich über mehrere Stunden. Einer der Delegierten hatte bereits seine "Kameraden" aufgefordert nach Hause zu gehen, da "hier keine Fusion, sondern eine Konfusion stattfinde". Durch das Dazwischentreten von R. wurde im letzten Moment die Auflösung der Tagung verhindert, und es kam schließlich zur Fusion DRP/DKP/NDP unter dem Namen "Deutsche Reichspartei". Durch Zusagen R's, ein monatliches hohes Fixum an die NDP aus der Fraktionskasse der DRP zu leisten, hatte er die hinter L. stehenden Delegierten der NDP geködert. Er hatte gleichzeitig versprochen, einen festangestellten Parteisekretär der NDP mit monatlich 750,00 DM aus der Fraktionskasse der DRP zu bezahlen. Bei der Masse der in Kassel erschienenen Delegierten handelt es sich nach einer Erklärung des Pressebeauftragten der DRP vorwiegend um frühere Mitglieder der "Deutschnationalen Volkspartei" und um "Nationalsozialisten", die noch 1946/1947 die Internierungslager bevölkert haben. Äußerlich war die Delegiertenversammlung durch Marschstiefel, Stiefelhosen, Meldetaschen, Uniformstücke, schwarz-weiß-rote Schleifen bzw. Abzeichen am Anzug gekennzeichnet. Nach der Fusion wurde unter Beifall eine schwarz-weißrote Fahne entrollt und zum Abschluß der Versammlung die 3. Strophe des "Deutschlandliedes" gesungen. Die Reden R's und Dr. Sch's wurden an markanten Stellen von den Zuhörern mit Vergnügen betrampelt - erinnerten im Tonfall, in den Gesten und auch im Inhalt stark an Dr. Goebbels. Es wurde von dem "deutschen Dichter Kolbenheyer" gesprochen und Sch. meinte, man "müsse die Dinge im Volk ausrichten". Dieser Gründung der "Deutschen Reichspartei" folgte am 26.01.1950 in Hamm die Gründung der "Nationalen Rechten". In Hamm waren erschienen ca. 100 Delegierten der DKP und DRP aus a) Nordrhein-Westfalen, b) Schleswig-Holstein, c) Hamburg, d) Niedersachsen, e) Anhänger der NDP Zum ersten Vorsitzenden der "Nationalen Rechten" wurde in Hamm K. gewählt. Hinter ihm stehen die weitaus stärksten Kräfte der DKP/DRP im Bundesgebiet. Die "Nationale Rechte" betrachtet als ihr Ziel: "Zusammenfassung aller gemäßigten und vernünftigen Rechtskreise zu einer auf dem Boden der heutigen Verfassung stehenden Parlamentsgruppe, die, obwohl in Opposition zur augenblicklichen Regierung stehend, diese Opposition jedoch konstruktiv führen soll. Bejahung der außenpolitischen Ziele der jetzigen Regierung betreffend die europäischen Zusammenschlussbestrebungen und die Verständigung mit Frankreich, Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 4 allerdings unter der Bedingung der Anerkennung Deutschlands als gleichberechtigten Partner." In der Presse sind eine Reihe von Meldungen zum Abdruck gekommen, die obiger Zielsetzung widersprechen. K. hat die dort vorgebrachten Ansichten in einem privaten Gespräch als persönliche Ansichten bezeichnet, hinter denen die "Nationalen Rechten" nicht stehen würden, soweit sie sich nicht mit obiger Zielsetzung decken. Das Parteiprogramm der "Nationalen Rechten" befindet sich zur Zeit in Bearbeitung. Mit seinem Erscheinen ist in Kürze zu rechnen. Verbindungen der "Nationalen Rechtspartei" bestehen zur "Deutschen Partei". Die Verhandlungen laufen unter dem Motto "Sammlung aller gemäßigten Rechtskreise". Zu den radikalen Rechtsgruppen, insbesondere zur "Sozialistischen Reichspartei" steht die "Nationale Rechte" in scharfem Gegensatz. Der "Nauheimer Kreis" wird abgelehnt. Mit dem "Godesberger Kreis" wird sich die "Nationale Rechte" zu einem Gespräch einlassen. Zur "Deutschen Aktion" nimmt die "Nationale Rechte" eine abwartende Stellung ein. Zu der ohne Lizenz gegründeten "Deutschnationale Volkspartei" ( Düsseldorf) hat die "Nationale Rechte" keine Verbindung, noch ist eine solche beabsichtigt. Im Zusammenhang mit den Fusionsbestrebungen der genannten Parteien ist die Rolle von P., Stadtrat in Wiesbaden, undurchsichtig. Von ihm ist bekannt, dass er eng mit D. verbunden und ebenso wie dieser ein entschlossener Anhänger Otto Strassers ist. Es ist weiterhin von ihm bekannt, dass er auf Seiten der NDP maßgebend an dem Zustandekommen der Fusionsversammlung beteiligt war. Wegen parteischädigenden Verhaltens wurde er jedoch Ende Dezember 1949 vom Kreisverband Wiesbaden beurlaubt, nachdem sein Ausschluss aus der NDP beantragt worden war, weil er von dem Spielbankkonzessionär N. in Wiesbaden Geld zur Finanzierung einer NDP-Heldengedenkfeier angenommen hatte. Einen Tag vor seiner Beurlaubung war P. noch gegen P. vorgegangen. Dieses Manöver der zumindest ideenmäßig stark verbundenen Parteifreunde P/P kann nur so seine Erklärung finden, dass P., d.h. sein starker Anhang in der "Deutschen Reichspartei" aufgegangen ist, um diese erneut zu spalten, um - ebenso wie jetzt P mit seinem Anhang - zur "Sozialistischen Reichspartei" des D. zu stoßen. Die "Deutsche Reichspartei" rechnet bei den nächsten Wahlen für sich mit folgenden Wählerstimmen: Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 5 a) Niedersachsen 300 000 b) Hessen 300 000 c) Nordrhein-Westfalen d) Schleswig-Holstein 150 000 Die "Nationale Rechte" hat sich hierüber noch nicht geäußert. Ihr Anhang wird jedoch nicht geringer sein. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die bei den einzelnen Kreisverbänden der "Deutschen Reichspartei" bestehenden Jugendgruppen. Sie sind zum Teil stark nationalistisch und nationalbolschewistisch eingestellt. Ihre Vertreter waren es auch, die der "DKP" in Kassel vorgeworfen haben, "sie sei die 'Deutschnationale Volkspartei' geblieben und soziale Bestrebungen der DRP seien ihr fremd". In ihren Kreisen wird anscheinend die HJ-Erziehung weitergepflegt. Das Deutschlandlied bildet regelmäßig den Abschluss ihrer Zusammenkünfte. 1.2 Die Deutsche Partei Mit dem Übertritt der Verbände der DRP Solingen, Remscheid, Wülfrath, Mettmann, Rhein-Wupper hat die "Deutsche Partei" in NRW Fuß gefasst. Sie ist seit dem 27.07.1949 in NRW auf Landesebene zugelassen und hat hier seither ca. 41 Kreisverbände gebildet. Sie betrachtete den Aufbau der Kreisverbände als ihre vordringliche Aufgabe, dem sie die Gründung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen nachfolgen ließ. Vorsitzender des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen mit dem Sitz in Essen ist der frühere Oberstleutnant von E. Geschäftsführer des Landesverbandes NRW ist K. Bei der Gründung des Bezirksverbandes Düsseldorf trat deutlich zu Tage, dass die DP sich in erster Linie an die Frontsoldaten, insbesondere die früheren Frontoffiziere wendet. Auf dieser Gründungsversammlung verkündete der Redner auch, dass der Wahlkampf schon jetzt vorbereitet und von der Partei hart und unter den Farben schwarz-weiß-rot geführt werden müsse. Zur Zeit entwickelt der Landesverband eine lebhafte propagandistische Tätigkeit durch Verteilung von Propagandamaterial. Als Beispiel für die schnelle Entwicklung der DP in NRW sei die Tatsache angeführt, dass sie innerhalb von 5 Wochen die Zahl ihrer Kreisverbände von 11 auf 36 steigern konnte. Wenn auch die DP Personen von nationalistischer Aktivität sofort ausschließt - Ende Dezember 1949 z.B. beim Landesverband Hamburg 13 Mitglieder wegen nationalsozialistischer Umtriebe - so zeigt dies doch die Gefährlichkeit der der DP innewohnenden nationalistischen und militaristischen Bestrebungen. Die Jugendorganisation der DP, der "Bund junger Deutscher", marschiert buchstäblich unter den Farben schwarz-weiß-rot. Nach einer Pressemeldung ("Die Welt") haben Mitglieder dieses Bundes bei einer Kundgebung in Hamburg, Ende 1949, als offizielles Abzeichen die Treuerune der SA getragen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 6 Es hat den Anschein, als ob die DP sich auch in Nordrhein-Westfalen - mit Ausnahme des Münsterlandes - stark entwickeln wird. 1.3 "Sozialistische Reichspartei" Sie wurde am 02.10.1949 in Hameln von D., K. und W. gegründet. Sie gilt allgemein als die Partei der Nazis. Bei ihrer ersten Versammlung in Bad Pyrmont am 04.12.1949 richteten D. und K. scharfe Angriffe gegen die Regierung Adenauer. Als auch R. in dieser Versammlung das Rednerpult betrat, kam es zu Tumultszenen. Die Zahl der Anhänger dieser Partei wird auf ca. 8.000 geschätzt. Schon bald nach ihrer Gründung begann die "Sozialistische Reichspartei" mit rigoroser Aktivität in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein mit dem Abhalten von Versammlungen, wobei es regelmäßig zu Tumult und Prügeleien kam. Hierfür ist in erster Linie die Person R's verantwortlich zu machen, der von D. ins Schlepptau genommen worden war, um bei den Versammlungen die Säle zu füllen. R. hat sich bis auf wenige Ausnahmen stets darauf beschränken wollen, den Versammlungsteilnehmern seine Rolle beim 20.07.1944 klar zu machen. Daran wurde er jedoch stets gehindert, wenn er ins nationalistische Fahrwasser geriet. In einigen Städten - unter anderem in Wilhelmshaven - musste die Polizei einen Kordon um ihn bilden, um ihn zu schützen. Bei Versammlungen in Oldenburg, Hamburg kam es dabei zu einem wilden Handgemenge und zu Prügeleien mit Stühlen, an denen sich auch R. persönlich beteiligte. Neben Niedersachsen hat die SRP mit einer Kreisgruppe (lizenziert) in Witzenhausen, jetzt in Hessen, Fuß gefasst. Auf der dort abgehaltenen ersten Versammlung hat sie angekündigt, dass sie an den nächsten Landtagswahlen teilnehmen werde. Die geplante Gründungsversammlung der SRP Ende Januar 1950 in Münster wurde durch den Widerstand der Gewerkschaften, der SPD und der KPD verhindert. Es gelang jedoch der SRP trotzdem, einen Kreisverband in Münster-Stadt und eine Kreisgruppe in Warendorf und in Greven zu gründen. D. erklärte dort nach scharfer Kritik an Dr. Adenauer, dass die SRP ihre Stoßkraft zunächst auf die Wahlen zum Landtag von Nordrhein-Westfalen konzentriert. Bei diesen Gründungen in Münsterland waren auch R. und K. anwesend. Sie hatten zunächst jedoch unerkannt unter den Zuhörern gesessen. D. hat sich geäußert, er sei persönlich in Münster erschienen, weil er mit seiner Immunität als Bundestagsabgeordneter seinen "Parteigenossen" Schutz und Rückhalt geben wolle, da ihm die Störung der beabsichtigten Gründungsversammlung der SRP in Münster schon vorher bekannt gewesen sei. Es ist interessant festzustellen, dass die Stützpunkte der SRP in Münsterland - siehe oben - gerade dort eingerichtet wurden, wo einige früher führende Nationalsozialisten wohnen. Interessant ist diese Feststellung deshalb, weil D. stets entgegen den Tatsachen versichert, "es sei nur ein äußerst geringer Prozentsatz e- hemaliger Nazis in die DRP aufgenommen worden". Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 7 Der Kurs der SRP ist nationalbolschewistisch. D. selbst gilt als politischer Abenteurer. Von seinen eigenen Bekannten wird er "als pathologischer Fall", als "Wahnsinniger, krankhaft, gefährlich" und "typischer SA-Mann von vor 1933" bezeichnet, mit dem selbst seine Freunde eine Zusammenarbeit schwierig finden. Von D. ist weiterhin bekannt, dass er ein entschlossener Anhänger Otto Strassers ist, und es muss angenommen werden, dass Strasser durch S. D. gebeten hat, seinen Einfluss im Bundestag einzusetzen, um Strassers Rückkehr nach Deutschland zu fördern. Die Ansichten D. sind von einem derartigen Radikalismus, dass selbst die DRP ihn im September 1949 ausgeschlossen hat und von Ostau ihm in seiner "Nationalen Union" die nachgesuchte Mitgliedschaft versagte. D. war Mitglied des Nachrichtendienstes der SS. Nach seiner eigenen Behauptung hat er diese Organisation verlassen, als sie sich im Jahre 1934 zum SD entwickelte, obwohl ihm eine Ernennung im Amt VI/S des SD angeboten worden war. D. steht über S., an dessen internen Besprechungen er durch Mittelsmänner beteiligt ist, in Verbindung mit dem "Bund für Deutschlands Erneuerung" und über G. S. mit der "Tatgemeinschaft parteifreier Deutscher". Über R. steht er in Verbindung mit der "Vaterländischen Union" und über den Geistlichen Rat zu "Flüchtlingsgruppen". Er hat auch Beziehungen zur "Nationaldemokratischen Partei" der Ostzone , die es ihm ermöglichte, in Hannover ein Gespräch mit einem Vertreter der TASS zu führen, um die Russen an die Rückkehr Strassers nach Deutschland zu interessieren. Die Pressemeldungen, dass S. bei der Aufstellung des jetzt vorliegenden Programms (10 Punkte) der SRP mitgewirkt habe und finanziell bei der SRP "beteiligt" sei, entbehre jeder Grundlage. D's Gruppe ist sehr radikal, und es ist damit zu rechnen, dass sie die konservativen Elemente in der DRP, an die er Anschluss erstrebt, überspielen wird. Als seine Schrittmacher im Bezug auf den Anschluss an die "Deutsche Reichspartei" sind der ehemalige Nazi-Schriftsteller P. und der Wiesbadener Stadtrat P. anzusehen, deren Anhänger zum Teil in die neugegründete "Deutsche Reichspartei" R's eingetreten sind. Beide werden mit D. zusammen als "rechte Flügelmänner Otto Strassers" bezeichnet. Die Zeitung der SRP ist das "Deutsche Echo", das in Witzenhausen erscheint, oft mit Versen von V. und Romanen von D. Es muss angenommen werden, dass die Finanzierung der SRP zum Teil durch die Industrie erfolgt. Als einer der Finanzleute ist erkannt: von L. Von L. ist eine sehr undurchsichtige Persönlichkeit. Es liegen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass er in sowjetischen Diensten steht. Auch in Flüchtlingsgruppen entwickelt er eine merkwürdige Betriebsamkeit. Das von ihm geleitete Interzonen-Textilgeschäft dient offenbar nur seiner Tarnung. Die Verbindungen D's/ von L: sind ein weiteres Indiz für die Verbindungen der SRP mit der Ostzone und die wörtliche Behauptung des Dr. Dorls: "Ich habe meine Verbindungen zum Osten und zu Strasser", lässt hieran keinen Zweifel. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 8 Dass gerade die Verbindung des Nationalismus östlicher und westlicher Prägung, wie er in der SRP zum Ausdruck kommt, die aufmerksamste Beobachtung erfordert, bedarf keiner weiteren Erörterung. 1.4 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) Bis vor kurzer Zeit zeichneten sich nur die rechtsgerichteten Parteien durch starke Rivalitätsstreitigkeiten, Desorganisation und Unklarheiten aus, während die KPD besser organisiert und kaum unter Rivalitätsstreitigkeiten zu leiden schien. In der letzten Zeit ist es aber auch in der KPD zu großen Säuberungsaktionen und der sich daraus ergebenden Desorganisation gekommen. Eine ungewöhnlich große zahl alter und führender Kommunisten wurde entweder ausgeschlossen oder so vor den Kopf gestoßen, dass sie - teils unter öffentlichen Selbstbezichtigungen - ihren Austritt aus der KPD erklärten. Der Mitgliedbestand der KPD nach 1945 umfasste nur zu 30 % Mitglieder von vor 1933, während es sich bei den restlichen 70 % um solche handelte, die nach 19345 der KPD beigetreten waren. Unter letzten, vereinzelt auch unter ersteren, befand sich bewiesenermaßen eine Reihe von Personen, die gegen die KPD, sei es als Agenten oder als Titoisten oder Trotzkisten arbeiteten. Sie saßen - nach dem innerhalb der KPD geäußerten Verdacht - sogar im Landesvorstand und der Landtagsund Bundestagsfraktion. Eine rücksichtslose Säuberungsaktion hat diese Kräfte ausgekämmt, wobei die Redaktionen und Parteizeitungen nicht vergessen wurden; zum Teil wurde das Vorgehen dort unter dem Stichwort "Sparmaßnahmen" getarnt. In Nordrhein-Westfalen war der Träger der "Säuberungswelle" die Personalpolitische Abteilung (PPA) beim LV in Düsseldorf mit den Exponenten D. und S. Dies geht zurück auf die Beschlüsse des PV vom 30. Dezember 1949, die wiederum auf den Beschlüssen der im Dezember 1949 in Budapest abgehaltenen Kominformtagung fußten. Die KPD hatte nach der Währungsreform ca. 25 % ihrer eingeschriebenen Mitglieder eingebüßt. Nach neueren Meldungen verfügt sie jetzt nur noch über 50 % der seit 1945 eingetragenen Mitglieder. Bei diesem beachtlichen Umfang der Rückentwicklung der kommunistischen Partei ist es ersichtlich, dass sie nicht mehr in der Lage ist, als Partei eine Rolle zu spielen. Damit ist jedoch keineswegs die Gefahr politischer Einflussnahme durch die KP gebannt, denn sie ist nach wie vor und gerade wegen ihrer Entwicklung zur Kaderpartei in der Lage, als "Instrument" in kommunistischer Sicht eine entscheidende Rolle zu spielen. Im Augenblick scheint ihr die Schaffung einer Bewegung für die "Einheit Deutschlands und den gerechten Frieden" unter dem Motto "Nationale Front" vordringlich zu sein, um ihre Anhänger als "Patrioten" in den Vordergrund zu spielen. In diesem Zusammenhang wird in nächster Zeit zu beobachten sein, dass von der KPD öffentlich gemaßregelte Personen in Organisationen und Gruppen stehen werden, die dem "Gedanken der Neutralisation und des Nationalbolschewismus" huldigen. Es kann keinen Zweifel unterliegen, dass die "Nationale Front" die Aufgabe hat, ein Sammelbecken aller Kreise zu werden, die Russland nicht feindlich sind. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 9 Beweis dafür ist die intensiv betriebene Schulung bis hinunter zu den "ZehnerGruppen", wo immer wieder darauf hingewiesen wurde, es komme nicht darauf an, welcher Partei der mit den Ideen der "Nationalen Front" Angesprochene angehöre. Wichtig sei nur, dass man in Fragen von nationalen Belangen ins Gespräch komme und damit ach ideologisch sich widersprechende Kräfte in einem Becken sammeln können. In diesem Sinne versucht man, ehemalige SSund HJ-Angehörige, Frontsoldaten und die Masse der "kleinen" Pgs anzusprechen. Es liegen aber auch Beweise dafür vor, dass Generäle und Offiziere der ehemaligen Deutschen Wehrmacht zur Unterstützung der "Nationalen Front" gewonnen worden sind. Im Zusammenhang mit den im folgenden zu schildernden Organisationen gewinnen diese Fragen eine Bedeutung, die bei der gegenwärtigen Lage der KPD nur zu leicht übersehen wird. Dies umso mehr, wenn man weiß, dass neben W. K., E. N., der vor 1933 für den engen Kontakt zwischen Reichswehr und russischer Wehrmacht bedeutsam gewesen ist, derjenige ist, der an der zu schaffenden Sammelorganisation "Nationale Front" zielbewusst arbeitet. Es ist dabei interessant zu beobachten, dass die gleiche Reinigungswelle wie in Westdeutschland über die KPD in der Ostzone über die SED hinwegbraust und Hand in Hand geht mit Maßnahmen der Ost-CDU und Ost-LDP. Sieht man die Gleichartigkeit und Gleichzeitigkeit der Maßnahmen hier wie dort, so erkennt man die Schaffung zweier absolut zuverlässiger Kader für Westund Ostdeutschland, die ihre Bedeutung sowohl im Falle einer Wiedervereinigung als auch im Falle einer absoluten Trennung Westdeutschlands behalten werden. Von Fall zu Fall wird von diesen Plattformen aus eine russische Einflussnahme möglich bleiben. Die Politik der "Nationalen Front" erscheint daher im Augenblick als die gefährlichste, was auch aus den Darlegungen zu Ziff. 3.) Bc, Be, Bg, Bi, Bk dieses Berichtes hervorgeht. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 10 2 Organisationen, Gruppen und Kreise 2.1 Deutsche Aktion Gründer und Leiter: zu L. Zentrale: Amorbach Schwerpunkt: Holzminden, daneben Regensburg, Hannover, Hamburg. zu L. ist 1906 geboren, legte 1928 das Referendarexamen ab und promovierte 1931 in Hamburg. Bis 1933 war er Jugendführer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und ging nach 1933 über das Saargebiet in Emigration nach Amerika. 1935 wurde er ausgebürgert. Programm und Ziele: Wiederherstellung des Deutschen Reiches und der Grenzen von 1914 unter Rückforderung der deutschen Kolonien. Straffe, autoritäre Staatsführung mit Anklängen an den "Ständestaat" und den Ottonen, Saliern und Hohenstaufen als Vorbildern. In der Zeitung "Die Welt" war sein Programm überschrieben mit "Ein Volk, ein Reich, ein Löwenstein". Von der Zentrale in Holzminden aus versucht die "Deutsche Aktion" Stützpunkte in NRW, vor allem im Ruhrgebiet zu gewinnen. Im Grundgesetz sieht L. eine "Ausführungsverordnung zum Alliierten Besatzungsstatut" und die "Möglichkeit einer hemmungslosen Sozialisierung" und den Bundespräsidenten zu einem Gummistempel herabgewürdigt. Bemerkenswert erscheint die sogenannte "Regensburger Resolution", auf einer öffentlichen Kundgebung am 29. Oktober 1949 vorgelegt und von den ca. 15.000 erschienenen Einheimischen und Ostvertriebenen durch Erheben der "Schwurhand" feierlich angenommen und bekräftigt. Diese Resolution wurde dem Bundesrat, dem Parlament, dem Heiligen Stuhl, dem Weltkirchenrat, den Vereinten Nationen und allen Regierungen zugeleitet, die das Potsdamer Abkommen unterzeichnet haben. Hier finden sich die ersten Anklänge an eine selbständige Außenpolitik, die die "Deutsche Aktion" zu betreiben anscheinend beabsichtigt. Die weitgehenden Auslandsverbindungen, die zu L. hat, benutzt er zweifelsohne zum Ausbau seiner Organisation. Er war nach dem Krieg schon mehrere Mal in fast allen europäischen Ländern und hat u.a. bei seiner letzten Italienreise auch Verhandlungen mit dem Staatssekretariat des Vatikans gepflogen. Nach seiner persönlichen Äußerung ist er dort beauftragt worden, den Heimatvertriebenen in Deutschland zu sagen, dass man in Rom nach wie vor von dem den Vertriebenen zugefügten Unrecht überzeugt sei und dass der Papst zu seinen bisherigen Erklärungen in dieser Frage stehe. Aus dem Kalender seiner Vortragsreisen nur einige Daten: 24. Oktober 1949 Bad Münster/Deister 25. Oktober 1949 Elze Thema: Deutschland und die Außenpolitik 26. Oktober 1949 Holzminden/Weser Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 11 Thema: im engeren Kreise - wie oben - öffentlich: Reich und Jugend 27./28. Oktober 1949 Hamburg - mehrere Vorträge 29. Oktober 1949 Hannover: Thema: Die Flüchtlinge als Träger des Reichsgedankens 30. Oktober 1949 Göttingen Thema: Die Oder, Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze. Zu seinen Vorträgen - oft werden nur geladene Gäste vorgelassen - erscheinen auffallend viele Jugendliche, die ihm begeisterten Beifall spenden. Im Jahre 1950 beabsichtigt zu L. in Regensburg den ersten "Reichstag" abzuhalten. Tagesordnung: 1. Lokales und Kommunales 2. Landespolitik 3. Reichspolitik Am Anfang seiner Bewegung stand zu L. in Verbindung mit der "Aktion der Deutschen Jugend für Einheit und gerechten Frieden" (kommunistische Gründung) und über seinen Geschäftsführer für Bayern zum "Jungdeutschen Orden" . Auch mit von O., Prof. Dr. K und insbesondere D. hielt er Verbindung, hat sich jedoch von den Genannten getrennt und über letzteren geäußert: "Ich mag den Kerl nicht und kann ihn nicht riechen, wie den ganzen Anhang, den er an sich hat". Ohne Zweifel ist die "Deutsche Aktion" Gegnerin aller radikalen Rechtsgruppen und Gegnerin aller nationalsozialistischen und neofaschistischen Gruppen. Von seiner Zentrale spricht zu L. selbst als von einer "Reichsleitung". Nach einem auf einer dortigen Konferenz aufgestellten Plan will er diese sogenannte "Reichsleitung" in verschiedene Sparten einteilen und diese mit erstklassigen Fachleuten besetzen. Gebildet wird u.a. eine Abteilung für Außenpolitik, die er im wesentlichen selbst leiten wird, für die aber auch ein Diplomat vorgesehen ist. Weiter werden gebildet Abteilungen für Rechtsfragen, Völkerrecht, Geschichte u.a.m. In Bonn beabsichtigt er die Errichtung einer Verbindungsstelle, für die er zur Zeit eine geeignete Persönlichkeit sucht. Diese Stelle soll laufende Verbindung mit dem Bundesparlament und der Presse aufrechterhalten. Verbindung oder Anschluss an eine Partei lehnt zu L. nach wie vor kategorisch ab. Sein Ziel ist es, "aus allen Parteien Persönlichkeiten zu gewinnen, die bereit seien, dem Deutschen Gedanken uneigennützig und in idealem Sinne zu dienen". Nach seinen Angaben will er "nicht parteigebunden, dafür aber Motor für die Parteien sein". Sein höchstes Ziel ist es, "seine Arbeit einer freigewählten Deutschen Regierung zum Nutzen und Auftrieb zu Gute kommen zu lassen, indem er ihr gleichsam die Bälle zuspielt und das ausspricht, was die Regierung aus außenpolitischen Gründen nicht sagen kann". Der organisatorische Ausund Aufbau der "Deutschen Aktion" macht schnelle und beachtliche Fortschritte. Insbesondere hat das folgende auf einer Tagung im Dezember in Amorbach aufgestellte "Sofortprogramm" ihr viele Anhänger unter den Vertriebenen gesichert. Das "Sofortprogramm" lautet: Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 12 1. Die Ansprüche der Vertriebenen sollen im Sinne der bereits in der Regensburger Resolution dargestellten Maßnahme mit aller Entschiedenheit vorwärts getrieben werden. 2. Planung zur Wiederbesiedlung und zum Wiederaufbau des Deutschen Ostens. 3. Forderung zur Abhaltung von Wahlen zu einer gesamtdeutschen Nationalversammlung unter neutraler, internationaler Kontrolle als Mittel für die friedliche Wiederherstellung der Einheit Deutschlands. 4. Wiederherstellung der Rechte der ehemaligen Wehrmachtsangehörigen und der öffentlich Bediensteten. 5. Überwindung des Parteienstaates durch Wahlgemeinden (Persönlichkeitswahlrecht). Um in kurzer Zeit tatsächlichen politischen Einfluss zu gewinnen, sind "regionale Bürgerkomitees unter Leitung von Aktionsgruppen, die auf Kreis-, Landund Reichsebene gegründet werden sollen", zu errichten. Der Erfolg war, dass "mehrere hunderttausend Ostvertriebene, etwa ein Drittel der Abgeordneten des Bundestages sich schriftlich solidarisch erklärten". Im westdeutschen Bundesgebiet sind inzwischen in 15 verschiedenen Städten sogenannte Sekretariate gebildet worden, die über Aktionsund Fachgruppen für die verschiedensten Gebiete verfügen. Besondere Bedeutung misst zu L. dem Sekretariat für Verfassungsfragen in Düsseldorf und dem für soziale Fragen in München bei. Die Arbeit der Aktionsgruppen denkt sich zu L. so, "dass sie ohne Ansehen von Parteizugehörigkeit und Religion die Bevölkerung zu einem Forum zusammenrufen und die politischen Fragen von Wichtigkeit behandeln sollten. Vor diesen Versammlungen könne auch geprüft und entschieden werden, wer als Person geeignet und würdig sei, Abgeordneter zu werden. In Heidelberg ist zu einem noch nicht bestimmten Termin die Abhaltung einer "Notabeln-Versammlung" geplant. In Heidelberg ist auch die Eintragung der "Deutschen Aktion" in das Vereinsregister beantragt. Um den Zugang von neuen Mitgliedern und damit den Einfluss der "Deutschen Aktion" zu stärken, wurde auf Vorschlag zu L. die sofortige Gründung einer Nebenorganisation in die Wege geleitet. In einem "Reichsbund der Freunde der Deutschen Aktion", der als Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes die Bestrebungen der "Deutschen Aktion" fördern soll, sollen möglichst viele Einzelpersonen zusammengefasst werden. Die Werbung in Nordrhein-Westfalen wird erst beginnen, wenn die Festigung der Organisation in Niedersachsen weiter vorgeschritten ist. Von den weitgespannten Zielen der "Deutschen Aktion" geben die inzwischen erstellten Sekretariate, denen noch weitere folgen sollen, ein Bild: 1. Reichssekretariat, unter Leitung des zu L. Aufgabenkreis:Koordinierung der geplanten Landesund Provinzialsekretariate, "Ernennung und Bestätigung Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 13 aller Amtsträger", Vertretung der GesamtOrganisation nach innen und außen. 2. Sekretariat für auswärtige Angelegenheiten, unter Leitung von zu L. Aufgabenkreis:Beziehung zur Deutschen und ausländischen Presse, Stellungnahme zu wesentlichen Fragen und Forderungen der "Deutschen Aktion". 3. Sekretariat des Innern, unter Leitung Dr. von Z.Freund des zu L. ,der mit ihm zusammen in der Emigration in Amerika war - Aufgabenkreis: Aufsicht über die Sekretariate in den Provinzen und Ländern, Errichtung der Ämter, Jugendpflege, Presseund Propaganda. 4. Sekretariat für Rechtsangelegenheiten unter Leitung von Generalkonsul Dr. S., Göttingen, Aufgabenkreis: Bearbeitung staatsund völkerrechtlicher Fragen, Zusammenarbeit mit juristischen Fakultäten des Inund Auslandes, Überprüfung der Gesetzgebung seit 1945 vom Standpunkt des Völkerund Staatsrechtes aus. Es ist hierbei davon auszugehen, dass nach dem Standpunkt der "Deutschen Aktion" die Souveränität des Deutschen Reiches weiterbesteht, dass das allgemeine, und insbesondere das Völkerrecht - Haager Landkriegsordnung und die Atlantik-Charta - auf Deutschland anzuwenden sind und dass die vom Deutschen Reich geschlossenen Verträge - insbesondere auch Locarno-Vertrag - noch in Gültigkeit sind. 5. Sekretariat für Verfassungsund Verwaltungsfragen, unter Leitung von Prof. C., Düsseldorf, Aufgabenkreis:Bearbeitung aller Fragen des gültigen Wahlrechts und Ausarbeitung einer Wahlordnung für die Zukunft im Sinne der "Deutschen Aktion", Verfassungsfragen, Prüfung der Bundesrepublik, Vereinbarkeit von Regierungsmaßnahmen mit der Bundesverfassung. 6. Sekretariat für Sozialfragen, unter Leitung des Abgeordneten N., München, Aufgabenkreis: Stellungnahme zu sozialen Fragen vom Standpunkt der "Deutschen Aktion", Verbindung zu Gewerkschaften, Vertriebenenfrage als soziales Problem. 7. Sekretariat für Wirtschaftsfragen, unter Leitung von Dr. F., Frankfurt/Main, Aufgabenkreis: Verbindung zu Wirtschaftskreisen, Arbeitern und Unternehmern, Stellungnahme zu Zollund Steuerpolitik, Preisbildung und Demontageproblemen. 8. Sekretariat für Währungsgeschädigte, unter Leitung von G., Hamburg, zugleich Vorsitzender der "Interessengemeinschaft der währungsgeschädigten Sparer e.V., Hamburg". Aufgabenkreis: Aufwertungsfragen, Gutachten, Verbindung zu Kreditinstituten, Verhandlung mit Bundestag und Behörden. 9. Sekretariat für Kultur, unter Leitung von Prof. Dr. N., Heidelberg, Aufgabenkreis:Volksbildung, Literatur, Reichsgeschichte unter Betonung des Reichsgedankens als universalen Pflichtenkreis, Wiedererweckung des Sinnes für deutsche Klassiker und Lyriker. 10. Sekretariat für Fortbildung, unter Leitung von Oberst von H., Paderborn, Aufgabenkreis: Aufnahme, Ausbau und Gestaltung von Beziehungen zu anderen Gruppen und Kreisen, die mit den Bestrebungen der "Deutschen Aktion" konform gehen. Vorgesehen sind weiterhin Sekretariate für Finanzen, Organisation und freiwilligen Arbeitsdienst. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 14 Geplant ist auch die Errichtung von Ostsekretariaten, die sich die Koordinierung der Ostverbände im Sinne der "Deutschen Aktion" angelegen sein und die Unterstützung der Ostland-Politik der "Deutschen Aktion" und Verbindungsaufnahme zu Organisationen in den Ostzonen betreiben sollen. Aus der Arbeit der Sekretariate ist am 15.01.1950 die sogenannte Göttinger Erklärung bekannt geworden, die auch am 16.01.1950 in der New York Herald Tribune veröffentlicht wurde, und über die die Zeitungen dann - durchweg unter der Überschrift - "Eine überflüssige Erklärung aus Göttingen" eingehend berichteten. Das Gutachten ist abgefasst worden unter Hinzuziehung des Prof. Dr. H. K. - Direktor des Instituts für Völkerrecht in Göttingen - unter Zustimmung des Prof. Dr. R. S., Ordinarius des öffentlichen Rechts in Göttingen. In der Presse wird über Ziele und Bestrebungen sowie über die "Deutsche Aktion" überhaupt kaum berichtet. Ihre Bedeutung ist jedoch groß und "trotz des Totschweigens in der Presse" - der Ausdruck stammt von zu L. - ständig im Wachsen. Es besteht die größte Wahrscheinlichkeit, dass sich beachtliche Auswirkungen schon bei der nächsten Landtagswahl ergeben werden. Es wird sich dabei in der Hauptsache um eine bedeutende Stärkung der Listen der "unabhängigen Kandidaten" handeln. Trotz dauernder Aufforderung aus vielen Teilen der Bevölkerung lehnt es zu L. ab, die "Deutsche Aktion" mit eigener Liste an den kommenden Wahlen zu beteiligen. Er spricht immer wieder die Absicht aus, mit seiner Organisation neutral zu bleiben. Sowohl die "Deutsche Union" als auch die "Tatgemeinschaft parteifreier Deutscher" suchen Verbindung zu zu L. 2.2 Sammlung zur Tat Die "Sammlung zur Tat" setzt sich zusammen aus 5 Gruppen: a) "Bund für Deutschlands Erneuerung" s. hierzu Strasser-Bewegung b) "Religiöse Sozialisten" Die Gruppe um Dr. R. umfasst eine größere Anzahl überzeugter Christen, die Anhänger des Kommunismus sind, auf den sie mit allen Mitteln hinarbeiten. Nach ihrer Ansicht ist die Sowjetzone sowohl in soziologischer als auch in historischer Hinsicht dem westdeutschen Staat voraus. Zur Zeit treten sie für einen straffen Staatssozialismus ein, den sie jedoch nur als Übergang betrachten. Die Gruppe steht in Verbindung mit dem "Nauheimer Kreis", der "Aktionsgemeinschaft der Jugend für ein einiges Deutschland", der "Sozialdemokratischen Aktion" und der "Deutschen Volkschaft" . Weitere Verbindung hat Dr. R. (KPD) und zu Dr. M., Düsseldorf, der als "geheimer Chef" des "Demokratischen Kulturbundes zur Erneuerung Deutschlands" bezeichnet wird. Dr. R. kommt aus der katholischen Jugendbewegung. Er hatte Beziehungen zum "Schulze-Boyson-Kreis" (Rote Kapelle) und war wegen seiner Zusammenarbeit mit dem Kommunisten und der "Schwarzen Front" im KZ. Nach 1945 war er häufig in der Ostzone und hat dort an vielen Tagungen teilgenommen. Von den dortigen Wahrnehmungen ist er begeistert. Die Agrarwirtschaft der Ostzone hat er studiert und hierüber ein Buch veröffentlicht. Dadurch kam er mit H. zusammen, mit dem er ebenso wie mit dem früheren nationalsozialistischen Chefredakteur U., der heute in der Ostzone führend im kommunistischen Kulturbund tätig ist, Verkehr pflegt. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 15 Dr. R. ist der eigentliche Führer der kommunistischen "Freien Deutschen Jugend", die in der Ostzone die Stelle der Hitler-Jugend eingenommen hat. Mit der Führung der "Freien Deutschen Jugend" in der Westzone ist Dr. R. von der SMA beauftragt. Sein Vertreter ist insoweit M. Nach Dr. R. wird die FdJ "das Führerkorps für das nationalkommunistische Deutschland stellen". Mehrere illegale FdJFührertagungen hat Dr. R. in den Westzonen bereits geleitet. Er selbst bezeichnet sich als "nationalen Kommunisten". Sein Freund Dr. M. nennt ihn einen christlichen Radikal-Marxisten. Er wird als persönlich sauber und unkorrupt bezeichnet. Seine Wirkungsstätte ist vor allem das Ruhrgebiet. Nach der Spaltung der "Sammlung zur Tat" (Pfingsttagung in Worm 1949) hat die Gruppe um Dr. R. ihre Verbindung mit der Kölner Gruppe des "Bundes für Deutschlands Erneuerung" vertieft. Einige Rundschreiben dieser Gruppe aus der letzten Zeit sind ausschließlich von Dr. R. verfasst. Die Gruppe um Dr. R. ist nicht stark. Im Hinblick auf den ausgesprochen nationalbolschewistischen Kurs und ihre entschlossene "geistige Ausrichtung" kommt ihr Bedeutung zu. c) Die eigentliche "Sammlung zur Tat" aus Villingen Sie stellt die ursprüngliche Gründung dar, die ihre Plattform auf der Pfingsttagung in Worms 1949 verbreiterte durch Aufnahme der "religiösen Sozialisten", des "Bundes für Deutschlands Erneuerung", der "Flüchtlinge" und des "Freiheitsbundes". R. wurde zum Vorsitzenden des Aktionsausschusses der SzT und Steinfeld zum Zonen-Sekretär gewählt. Das Programm: Einiges Deutschland mit voller Souveränität, Neutralisierung, UniEuropa, gerechte Verteilung der Kriegslasten, Gleichberechtigung der Frau, Ablehnung des Parteienstaates. Nach der Tagung in Worms kam es zu Auseinandersetzungen und zur Spaltung in nördliche Gruppe und in südliche Gruppe. Die nördliche Gruppe wollte die Führung in die Hand nehmen und teilte dies der südlichen Gruppe mit. Diese suchte sich durch Verbindung mit der "Deutschen Union", der "WAV" oder der "Deutschen Rechtspartei" zu stärken. Auf der Verbindungssuche landete die SzT schließlich bei der "Deutschen Partei". Es kam zu Besprechungen über eine Fusion am 03./04.09.1949 in Villingen. Der zweite Vorsitzende der DP, Minister S. und Generalsekretär Dr. L., waren erschienen. Die "Sammlung zur Tat" bestand darauf, dass das neue Gebilde "Deutsche Partei - Sammlung zur Tat" zu nennen sei. Die Verhandlungen wurden gesprengt. Danach zerschlugen sich weitere Verhandlungen; dies auch, nachdem die "Sammlung zur Tat" als 5. Partei in Baden auf Landesbasis durch die französische Militärregierung zugelassen worden war. Der "Sammlung zur Tat" wird vorgeworfen, dass sie mit Kommunisten und westdeutschen SEDisten Verbindung aufgenommen habe. Ihr wird weiterhin vorgeworfen, dass sie "Franzosen-freundlich" sei. Zur Rengsdorfer Tagung des "Nauheimer Kreises" war St. eingeladen und erschienen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 16 d) "Freiheitsbund", Hamburg K. ist ehemaliger Kommunist. Er vertritt heute den Gedanken des Nachbarschaftsprinzips des "Jungdeutschen Ordens" und ist parteienfeindlich. Verbindung hat er zur "Union der Unabhängigen" des Hamburger Schriftstellers (SPDOpposition) und zu Prof. N. sowie enge Verbindung mit Dr. R.. Die Zahl seiner Anhänger ist gering; Schwerpunkt der Bewegung ist Hamburg. e) Pastor K. und seine "Flüchtlingsgruppe" K. ist eine der radikalsten Erscheinungen im politischen Nachkriegs-Deutschland. Er forderte zum Steuerund Mietstreik und zum Wahlboykott auf. Jede Zusammenarbeit mit den Alliierten nennt er Verrat. Zur Zeit verbüßt er eine durch das Militärgericht verhängte 3-jährige Gefängnisstrafe, nachdem er die Strafunterbrechung durch sein Verhalten verwirkt hatte. (Er ist Strasser-Anhänger.) Sein Anhang ist nicht bedeutend. Seine Propagandaschriften werden nach dem Impressum bei Kenion Press, Slough in England gedruckt und auch vertrieben durch die Contemporary Press in London und New York. 2.3 Strasser-Organisation Unter dem Namen "Bund für Deutschlands Erneuerung" sind zwei Richtungen zu verstehen, die beide auf Strasser fußen. Es ist dies eine gemässigte radikale Richtung. a) Der gemäßigte "Bund für Deutschlands Erneuerung" steht unter der Leitung von B., des Malers T. und eines N. (alle aus Köln). H. K. und R. K., Frankfurt am Main, gehören zu dieser Gruppe. Sie stehen im Kampf mit den "Gauleitern" Strassers. An Strasser üben sie scharfe Kritik und meinen, er müsse erst "umgeschult" werden, wenn er nach Deutschland zurück komme. Das Buch "Deutschlands Erneuerung" lehnen sie wegen seiner autoritären Tendenz ab. Diese Gruppe ist ohne jeden Zweifel kommunistenfreundlich, propagiert Neutralität und deutsch-sowjetische Verständigung. Sie hat Verbindungen zu dem Flüchtlingsvertreter K.. In Berlin hat sie Verbindung mit K. Auch der frühere Oberst M., Schriftleiter der VVNNachrichten und 20.-Juli-Mann, steht mit dieser Gruppe in Verbindung. Strasser soll mit dieser Gruppe gebrochen haben, jedoch weiterhin über den früheren SA-Führer G., der in Paraguay lebt, Verbindung halten. Die Gruppe um B. fühlt sich als Verwalter des Erbes der gesamten "Schwarzen Front". Sie ist Gegner der Verbindung zu de Gaulle. Verbindungen dieser Gruppe bestehen auch zu Prof. N. B. selbst hat nicht mehr als 20 Anhänger. b) In der radikaleren Gruppe fühlt sich S. als der Stellvertreter Strassers und Mittelpunkt des "Freundeskreises Otto Strasser". In letzter Zeit erscheint er amtsmüde und soll Strasser um Entlastung gebeten haben. G., Düsseldorf, Mitglied der früheren SS, dann "Schwarze Front", jetzt Mitglied der VVN, gründete am 10.09.1948 in Düsseldorf die "Gesellschaft der Freunde Otto Strassers", die sich für die Rückkehr Strassers nach Deutschland einsetzt und den Prinzipien Otto Strassers - Deutschlands Erneuerung - folgt. Die Westalliierten, so erklärt G., hätten die "alten Leichen der Weimarer Republik hervorgeholt". Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 17 "Unterschiede zwischen Nazis und anderen kennen wir nicht, wir erstreben eine europäische Föderation mit dem 'Herz Deutschland' an und lehnen die Sowjets wegen der Oder-Neisse-Linie ab", erklärte er weiter. Dieser Gruppe sind auch die Propaganda-Zettel mit dem Aufdruck: "Von Aachen bis Beuthen, von der Memel bis zur Saar - Deutschland, Deutschland immer dar"; Unterschrift: Otto Strasser zuzuschreiben. Diese Gruppe hat Verbindung zu dem Geistlichen Rat G. und seiner Flüchtlingsorganisation, zu Dr. D., "einem entschlossenen Anhänger Otto Strassers" und der "Sozialistischen Reichspartei" sowie zur "Nationalen Union" von O's. Es wird darauf hingewiesen, dass "die nach Außen in Erscheinung tretenden Streitigkeiten dieser Gruppe auftragsgemäß gesteuertes Handeln sind". Durch die äußerliche Trennung soll die Arbeit der Gruppen erleichtert werden, wobei Bauer die Aufgabe zugefallen ist, insbesondere ehemalige Kommunisten zu gewinnen. Aus dieser Marschrichtung heraus erklären sich auch die verschieden abgefassten Rundschreiben, mit denen einmal politisch linksund zum anderen politisch rechtsstehende Kreise - um diese alte Unterscheidung zu gebrauchen - angesprochen werden sollen. Es war stets zu beobachten, dass das folgende Rundschreiben immer einen anderen politischen Anstrich hatte, als das vorhergehende. S. steht nach den im Umlauf befindlichen Briefen in ständigem Briefwechsel mit Otto Strasser in Kanada. Verschiedene Gründe - Briefstil, Briefinhalt, Unstimmigkeiten bei wesentlichen Daten usw. - gaben jedoch zu der in früheren Berichten geäußerten Vermutung Anlass, dass es sich bei der überwiegende Mehrzahl der umlaufenden Briefe um Fälschungen handelt. Es ist nämlich kein Geheimnis, dass für diese Briefe auf vielen Seiten Interesse besteht, dem die Fälschung, da es sich bezahlt macht, auf diese Weise Rechnung trägt. Diese Vermutung wurde jetzt bestätigt . Die zirkulierenden Rundbriefe stammen nicht von der Hand Strassers. Sie werden ihm untergeschoben, um ihn in Misskredit zu bringen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch eine Meldung, wonach Strasser kürzlich 2 Tage in Paris zu Besprechungen geweilt hat, nicht zuverlässig, trotz zweimaliger Bestätigung der Meldung. Mit der gleichen Skepsis ist auch den Meldungen über die Beziehungen Strassers zu de Gaulle und zur Schweiz zu begegnen. Seine eigenen Anhänger geben jetzt zu, dass Strasser kaum noch Chancen zum Erfolg in Deutschland hat. "Die Militärregierung und die MonopolParteien haben ihn sich gegenseitig als Kinderschreck vorgehalten und damit für ihn Propaganda gemacht", - so B.. Außerdem hätte "Strasser hemmungslos auf Dewey gesetzt und brauche sich jetzt nicht zu wundern, wenn die derzeitige USA-Regierung ihm nicht freundlich gesinnt sei, ihn aber auch aus Deutschland fernhalte". Einen weiteren Grund dafür, dass Strasser nicht nach Deutschland zurückkehren dürfe, sehen seine Anhänger in seinem sogenannten Solidariusmus, der in einigen wirtschaftlichen Forderungen Dinge enthält, "die der SPD und dem kapitalistischen Ausland einige kalter Schauer über den Rücken jagen mussten". Wenn Strasser keine Einreisegenehmigung erhält, ist die Zeit nicht mehr fern, wo die "Strasser-Bewegung" als solche ihr Dasein nur noch von den Aufbauschungen in der Presse fristet. Daran ändern auch einige Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 18 ausländische Freunde Strasser - auch in England - und seine "Gauleiter" und der Stellvertreter S. nichts. Interesse dürfte noch sein, dass behauptet wird, der vor einiger Zeit im "Spiegel" erschienene Artikel über Strasser mit dem Bild: "Reform bis ins Hosenbein" sei dem "Spiegel" durch die Labour-Party, von der der Spiegel abhängig sei und von der SPD aufoktroyiert worden. Nach den Feststellungen ist die Meldung falsch. Zu beobachten bleibt die Strasser-Bewegung stets. 2.4 "Tatgemeinschaft parteifreier Deutscher" Die Tatgemeinschaft wird geleitet von S., Hilden bei Düsseldorf . S. treibt sehr lebhafte Propaganda durch die Verschickung von Rundbriefen, in denen er für seinen "Ständestaat-Gedanken" Propaganda macht. Er ist Mitbegründer des Rhein-Ruhr-Clubs in Unna-Königsborn. Er steht in Verbindung mit dem Geistlichen Rat G., der neben ihm als Leiter der TFD angesehen werden muss. Über G. hat S. Verbindung zu W. und über W. zu von O. Der TFD haben sich die Fliegergeschädigten, die hinter dem Bonner M. stehen und der "Deutsche Ständerat" - Schleswig-Holstein - angeschlossen. Ende November, Anfang Dezember 1949 hat S. in Bayern Besprechungen mit H. und dem Strasser-Mann W. gepflogen. S. soll H. finanzielle Unterstützung zugesagt haben, zwischen W. und S. soll der Plan einer neuen "Aktionsgemeinschaft", die die Aufgabe hat, für eine gemeinsame Bundesaktion zur Änderung der Wahlbestimmungen für ehemalige Nazis Gelder zu sammeln, entstanden sein. Bei einer im September 1949 in Frankfurt stattgefundenen Zusammenkunft von "Vertretern freier Wählergruppen" wurde ein "Koordinierungsausschuss" gebildet, der die Aufgabe hat, die "parteipolitisch nicht gebundenen Gruppen und die Kriegsund Kriegsfolgegeschädigten und die Flüchtlinge" zu sammeln und die Möglichkeit einer gemeinsamen politischen Plattform zu schaffen. Diesem "Koordinierungsausschuss" gehören die Vertreter von 15 Notund Tatgemeinschaft, u.a. auch S. an, der damit Verbindung zu den bezeichneten Verbänden hat. Die Rührigkeit S's erhellt aus folgendem Reiseund Besprechungsplan: Vom 27.09.-12.12. war er an 38 verschiedenen Städten des Bundesgebietes, u.a. von Heidelberg über Karlsruhe nach München, Darmstadt, Duisburg, Düsseldorf, Trier, Kaiserslautern, Kassel, Hannover, Braunschweig, Lübeck, Hamburg, Münster unterwegs, und zwar ausschließlich für Zwecke der Tatgemeinschaft. S. wird weiterhin nachgesagt, dass er am Vertrieb der Strasser-Schriften und an der Werbung von Strasser-Leuten sich beteilige. Neben Nordrhein-Westfalen hofft S. in Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf weitere Ausbreitung seiner Tatgemeinschaft. Zu internen Besprechung mit S. war S. für den 07./08.01.1950 nach Wildeshausen eingeladen, und zwar neben Dr. D., M. und M. Er erschien jedoch persönlich nicht, sondern hat sich durch einen Mittelsmann vertreten lassen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 19 Das Programm der "Tatgemeinschaft", an dem die "Ostvertriebenen", die "Fliegergeschädigten", der "Deutschen Ständerat" , für den "Leistungsstaat" mitgearbeitet haben, fordert: 1. zur Überwindung des Parteimonopols volles Mitbestimmungsrecht berufsständischer Vertretungen bei der Gesetzgebung, 2. das Verbot hauptamtlicher Tätigkeit in politischen Parteien oder Berufsvertretungen für die Abgeordneten aller Parlamente, 3. Abbau der Funktionen der Behörden soweit sie nicht zur Aufrechterhaltung eines geordneten Gemeinschaftslebens wahrgenommen werden müssen, 4. unabhängige Berufsbeamte in Staatsund Kommunalverwaltungen, denen jede parteipolitische Betätigung und Zugehörigkeit untersagt ist, 5. einen Richterstand, unbeeinflussbar durch wirtschaftliche oder parteipolitische Interessen, 6. Hochschulen, frei von wirtschaftlichen und politischen Einflüssen. Als vordringlich werden im Programm weiter gefordert: Gleichstellung der Vertriebenen, Lösung des Kriegsschädensproblems, Schaffung ausreichender Lebensgrundlagen, schärfste Drosselung der öffentlichen Ausgaben, unbedingter Vorrang des Wohnungsbaues. Trotz dieses Programms ist die "Tatgemeinschaft keine Partei und will auch keine werden". Lediglich die Lizenzierungsbestimmungen "zwingen sie dazu, einen förmlichen Antrag auf Zulassung zu stellen". Das hindert sie aber nicht, wie eine Partei zu handeln, denn "die Tatgemeinschaft freier Deutscher wird in allen Wahlkreisen parteifreie Kandidaten aufstellen, die sich verpflichtet haben, die im Programm festgelegten Punkte im Parlament zu vertreten". Der Vorwurf der Tatgemeinschaft gegenüber den anderen Parteien, dass sie programmatisch gebundene Kandidaten aufstelle, ist nicht recht verständlich, da sie ihre Kandidaten verpflichtet, "die im Programm festgelegten Punkte im Parlament zu vertreten". Diese Taktik erscheint aus dem 3. Reich übernommen, wo gleichfalls vorgegeben wurde, keine Partei, sondern eine "Bewegung" zu gründen und die Absicht, eine Partei, und zwar die größte, zu schaffen, bald ersichtlich war. Als Hauptangriffsziel wie auch als Angriffswaffe und Beweissammlung für alle gegen die Parteien erhobenen Vorwürfe dient der Tatgemeinschaft das Bonner Grundgesetz. Ihre Anschauung über die dort niedergelegten Grundrechte formuliert die Tatgemeinschaft so: Die meisten Artikel, in denen Grundrechte festgelegt sind, enthalten in ihrem zweiten Teil eine Formulierung, die diese Grundrechte wieder einschränkt und jedem Missbrauch durch die Staatsgewalt und den jeweiligen - die Staatsgewalt ausübenden politischen Parteien - den Weg frei macht. Nach ihrer Ansicht fehlt den Grundrechten die Einführung und Garantie des Rechtes zum Widerstand des einzelnen gegen Verfassungsbruch und rechtsund sittenwidrigen Missbrauch der Staatsgewalt. Sie behauptet, dass es dem Gesetzgeber nur darauf angekommen sei, das parteipolitische System verfassungsmäßig Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 20 zu sichern und das Grundgesetz zu rein machtpolitischen Zwecken zu missbrauchen. Die Präambel wird von ihr als Anmaßung bezeichnet, da sie sinngemäß auch die umfasst, die "gar nicht stimmen durften". (Damit sind fraglos die früheren Nazis gemeint.) Die Kritik richtet sich fast gegen jeden Artikel des Gesetzes einfach aus dem Geist der Feindschaft gegen die Parteien mit dem Ziele der Zersetzung. Nationalsozialistische Gedankengänge sind dabei ohne weiteres feststellbar. Festgehalten seien einige besonders charakteristische weitere Stellungnahmen: "Nichtskönner und charakterlich minderwertige Personen bleiben, wenn sie keine Nazis waren, in ihren Stellungen. Das ist die Diktatur der Parteibücher von 1945. Die Bestimmung Artikel 132 gibt aber immerhin die Möglichkeit, dass wir in Zukunft, wenn uns irgendwo ein fachlich und charakterlich unzureichender Beamter begegnet, mit Bestimmtheit sagen können, dass es sich dabei nicht um ein früheres Mitglied der NSDAP handeln kann". "Welche politische Partei maßt sich an, im Zeitalter der Entnazifizierung 500 Unterschriften für ihren Parteikandiaten zu bekommen, mit denen sich die Betreffenden schriftlich und für alle Zeit zu einer bestimmten politischen Partei bekennen und dieses Bekenntnis bei einer Behörde niederlegen? Das Wahlgesetz hat deswegen wohlweislich bei politischen Parteien auf die 500 Unterschriften verzichtet und sie bei den "Unabhängigen" aber verlangt." "Lässt sich die Entnazifizierung nach Verkündung des Artikel 103 noch fortsetzen? Als die Betroffenen in die NSDAP eintraten oder sich mit ihr solidarisch erklärten, war dies zweifellos nach den damals gültigen Gesetzen, auch nach den Gesetzen der Weimarer Republik nicht strafbar. Vom Zeitpunkt der Unterzeichnung des Grundgesetzes ab - wenn man die Zwischenzeit als gesetzlosen Zustand betrachen will - können also nach diesem Artikel Verfahren dagegen nicht mehr laufen. Die Gesetzgeber haben wohl diesen Einwand vorgesehen, sie möchten die Entnazifizierung, die Aufgliederung und Klassifizierung, die ihnen die Möglichkeit der Mundtotmachung aller Persönlichkeiten gibt, die ihnen in ihrem undemokratischen Tun hinderlich werden könnten, auch weiterhin aufrecht erhalten, um ihre Diktatur zu festigen. Deshalb Artikel 136." Die Tatgemeinschaft formuliert weiter: "Wir - d.h. die Tatgemeinschaft - stehen im natürlichen Gegensatz zu den politischen Parteien. Wir sind üb erhaupt erst entstanden aufgrund der schlechten Erfahrungen, die wir mit den politischen Parteien gemacht haben. Daher müssen alle, die bisher mit Abscheu vor dem parteipolitischen Getriebe gestanden haben, zu uns stoßen, um nicht kollektiv mitschuldig zu werden an der Verewigung des Parteimonopols." Aus diesen Grundgedanken heraus hat die Tatgemeinschaft schon vor der Bundestagswahl aufgefordert, da, wo keine ihrer Kandidaten aufgestellt waren, zur Wahl zu gehen und die Stimmzettel durch die Aufschrift "Tat" ungültig zu machen. Der Propaganda der Tatgemeinschaft ist zu einem großen Teil die mangelnde Wahlbereitschaft zuzuschreiben. Diese Propaganda trat nach außen wenig in Er- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 21 scheinung. Sie beschränkt sich auf viele kleine, fast unerkennbare Kreise und war bewusst auf die Einzelpersönlichkeit abgestellt. Wenn auch die durch die Propaganda der Tatgemeinschaft sich ergebende Gefahrenquelle bei der Bundestagswahl überwunden werden konnte, so darf doch nicht verkannt werden, dass die Tatgemeinschaft inzwischen wesentliche Fortschritte gemacht hat, äußerst tatkräftig agitatorisch und organisatoirsch tätig war und schon bei der kommenden Landtagswahl mit Überraschungen aufwarten wird. Allein bei der Bundestagswahl hatte die Tatgemeinschaft in Nordrhein-Westfalen 32 Kandidaten getarnt als Unabhängige aufgestellt, die sich auf ihr Programm schriftlich verpflichtet hatten. In Niedersachsen war die Zahl nicht geringer. In Hamburg waren die Kandidaten der Tatgemeinschaft von der Organisation "Fliegergeschädigte" nominiert. In Württemberg-Hohenzollern waren sie getarnt als Kandidaten der "Sammlung zur Tat". Direkt nach der Bundestagswahl hat S. sofort die Vorbereitung der kommenden Landtagswahl in die Wege geleitet, sehr ausgedehnte und gut vorbereitete Propagandareisen durchgeführt. Das Ergebnis war die Bildung von 13 neuen Aktionsausschüssen, die zu den bereits zahlreichen bestehenden hinzukommen. Es ist in nächster Zeit die völlige Verschmelzung von ca. 13 Notund Tatgemeinschaften mit der Tatgemeinschaft freier Deutscher zu erwarten. Hierzu ist es trotz eifrig betriebener Vorarbeiten noch nicht gekommen, weil - nach S. - "die einzelnen Organisationen noch nicht genügend Gewähr dafür bieten, dass die Verfolgung des gemeinsamen Zieles der politischen Erneuerung sichergestellt ist." Dieser Zusammenschluss ist allem Anschein nach zu der kommenden Landtagswahl noch nicht zu erwarten. Hier wird sich die Tatgemeinschaft vielmehr nur in Form der "unabhängigen Kandidaten" beteiligen, die dann eine Listenverbindung eingehen können, um den Wegfall von Stimmen zu vermeiden. Die Organe der Tatgemeinschaft sind: Sekretariat in Hilden - wird in Kürze nach Düsseldorf verlegt - Leitung: S. - Aussenpolitisches, Besatzungsfragen Geistl. Rat G.: Wahrnehmung der Interessen der Ostvertriebenen M.: Wahrnehmung der Interessen der Fliegergeschädigten Dr. von K.: Vertretung des Geistl. Rats G., Organisationsfragen der Aktionsausschüsse von der G.: Arbeitskreis Leistungsstaat L.: Organisation und Schriftverkehr T.: Auskünfte Büro M., Bonn: Verbindungsund Informationsstelle im Bundestag, steht den unabhängigen Kandidaten zur Verfügung. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 22 Dieses aufgeführte Personal des Sekretariats ist hauptamtlich tätig. Es dient den weiteren Organen, Aktionsausschüssen und Delegiertenversammlungen. Die Tatgemeinschaft kennt keine Mitgliedschaft. Sie erhebt keine Beiträge. Die Finanazierung erfolgt durch freiwillige Spenden aus den Aktionsausschüssen. Der Geldeingang ist mäßig, wie die vertraulichen Rundschreiben beweisen. Seitdem die Zeitung "Der Fortschritt" - erscheint seit einigen Wochen - als Werbe-, Kampfund Finanzierungsinstrument dient, hat sich die Finanzlage gebessert. Durch die Artikel "Skandalfälle in Düsseldorfer Ministerien - Dr. A. stellt endlich Strafantrag" und seit dem Eintreten des "Fortschritts" für den "Bund der Steuerzahler" ist die abonnierte Auflage um 18.000 Stück auf ca. 40.000 gestiegen. Sie wird - allem Anschein nach - weiter steigen. Die in der Zwischenzeit von der Tatgemeinschaft gegründeten sogenannten "Arbeitskreise" machen beachtliche Fortschritte. Insbesondere machen von sich reden der Arbeitskreis "Lastenausgleich" und der für "wirtschaftliche und soziale Neuordnung" und "Staatlichen Neuaufbau". Überraschend wurde am 01.01.1950 - das Datum ist vermutlich als Symbol gedacht - das sogenannte "Grundsatzprogramm" veröffentlicht. Dass an diesem Programm gearbeitet wurde, war bekannt. Mit seiner Veröffentlichung zu diesem Zeitpunkt konnte nicht gerechnet werden. Von der Tatgemeinschaft fühlen sich besonders angesprochen und angezogen: viele, die vor Hitler aller Politik ferngestanden haben, dann zur NSDAP gestoßen sind und durch die Entnazifizierung sich betrogen fühlen. Besonders viele Anhänger hat die Tatgemeinschaft unter der jungen und mittleren Generation, die noch "einen guten Kern im Nationalsozialismus zu sehen glauben". Diese fühlen sich durch einen menschlichen Ton der Tatgemeinschaft angesprochen, den sie bei den großen Parteien vermissen. Es fällt auf, dass viele zur ihr stoßen, die aus Kriegsgefangenschaft und Internierung zurückkommen. Hinzu kommen viele Beamte aller Kategorien, die ihre Stellen mit "Nichtskönnern" und "Nutznießern" besetzt sehen. Die Tatgemeinschaft macht sich zum Dolmetscher ihrer Gedanken und Gefühle. Wehrmachtsangehörige, Vertriebene finden sich gleichfalls in großer Anzahl bei ihr ein. Was magisch anzieht, ist der "Leistungsstaat", in dessen Kommen viele den Glauben und die Sicherheit ihres Daseins wiederzufinden hoffen. S. hat es bei seiner Sammlung taktisch abgesehen auf das parteipolitisch nicht erfasste Treibholz, auf Besitzlose, auf Unzufriedene, Enttäuschte, kurz auf "unabhängige Wähler". Er könnte Recht behalten mit seinem Wort "Wir werden die stärkste Organisation werden", zumal sich unter seinen Anhängern Personen von geistigem Format und persön lichem Ansehen befinden. Hervorgehoben werden muss, dass die Arbeitsweise der Tatgemeinschaft taktisch durchdacht und besonders schwer zu beobachten ist. Ihre geschickte Anpassung an die politische Situation und eine gekonnte Ausnutzung der anschauungs-, stimmungsund gefühlsmäßig gegebenen Möglichkeiten tritt in Erscheinung. Die Auflösung und die Arbeit in kleinsten "Zirkeln und Kreisen" lässt eine Beobachtung Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 23 kaum zu, da alle nicht "voll positiven Kräfte" von vornherein als "belastet" und als "der Tatgemeinschaft nicht würdig" abgelehnt werden. S. selbst ist ein erfahrener, weitgereister Mann mit mehrjährigem Auslandsaufenthalt, auf hoher Bildungsstufe stehend, besitzt völlige wirtschaftliche Unabhängigkeit und ist von großem Ehrgeiz besessen. Eine gewisse "weltverbesserische Haltung" wird ihm nachgesagt. Er begann den Schritt in die Öffentlichkeit im Jahr 1948 mit der Verteilung seiner Schrift: "Der Leistungsstaat" "an die vorurteilsfreien, parteipolitisch ungebundenen, in Gegenwart und Vergangenheit unbelasteten Personen seiner, der Mittelund der jungen Generation angehörenden Mitmenschen". Die zustimmende Resonanz aus allen sozialen Schichten hat ihn veranlasst, politisch weiter tätig zu sein. 2.5 Deutsche Union Die "Deutsche Union" wurde gegründet Ende 1948 in Braunschweig. Sie setzt sich zusammen aus politisch nicht gebundenen Gruppen der Kriegsund Kriegsfolgegeschädigten und der Flüchtlinge. Aus diesen Gruppen hat sich ein Koordinierungsausschuss gebildet, dem u.a. angehören S. (Tatgemeinschaft), Dr. v. K. - Vertreter des Geistl. Rates G. und seiner Flüchtlingsgruppen, Baltendeutscher, sehr rührig, in letzter Zeit stark für die Tatgemeinschaft freier Deutscher bemüht, undurchsichtige Persönlichkeit - Pfarrer M., Tatgemeinschaft, Minister a.D. M. (Zentralverband der Fliegergeschädigten), H. (Deutsche Gemeinschaft), Dr. R. (Notgemeinschaft), Dr. E. (Paulskirche), Dr. O. (Notgemeinschaft Württemberg), von L. (Notgemeinschaft der Währungsgeschädigten, Berlin), Dr. M. (Gemeinschaft freier Wähler Rheinland-Pfalz), Dr. E. (Notgemeinschaft Bremen), S. (Deutscher Angestelltenbund), N., München (Heimatvertriebene), B., Hamburg. Auf der Delegiertentagung in Berlin Ende November '49 wurden zu Vorstandsmitgliedern dieses Koordinierungsausschusses gewählt: von S. (als geschäftsführender Vorsitzender), H. (SPD, Student der "Freien Universität"), Dr. K., S., früher innerpolitischer Redakteur des "Kurier", Berlin. H. hat jedoch erklärt, dass er sich in der Deutschen Union "zurückhalten" wolle. Die DU legt ihren Schwerpunkt zunächst auf die Sammlung der Intellektuellen aus den oben aufgeführten Organisationen. Sie will ihren überparteilichen Charakter wahren und behauptet, "nicht den Ehrgeiz zu haben, Partei zu werden". Über losen Zusammenhang der obigen Organisationen ist sie bisher noch nicht hinausgekommen. Der Geistl. Rat G. war und ist nicht führend an der DU beteiligt, wie dies in der Presse öfter behauptet wurde. Von der Deutschen Union wird behauptet, sie sei unter die Botmäßigkeit der "Bruderschaft" bzw. des "Bruderrates" geraten, ohne Billigung dieser Organisation dürfe die Deutsche Union keine entscheidenden Schritte unternehmen. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 24 Diese Meldung besitzt einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit. Die Wahrscheinlichkeit gründet sich auf die Person des geschäftsführenden Vorsitzenden der DU und auf die Person H's. Das Organ der Deutschen Union sind die "Europa-Briefe", herausgegeben von v. S. Sie sollen der Orientierung und Ausrichtung der Freunde und Anhänger der Deutschen Union dienen. Auffällig dabei ist eine verhältnismäßig milde Kritik an der Ostzone. 2.6 Deutsche Gemeinschaft H. - der Gründer - spekuliert auf die bisher noch politisch Unbehausten. Schon seit Frühjahr 1949 ist er an der Gründung einer Gemeinschaft, die "eine Sammlung aller politisch Heimatlosen, gesamtdeutschen Gruppen, vor allem der sozial schwachen Gruppen der Heimatvertriebenen, Fliegergeschädigten und Heimkehrer" darstellt, interessiert. In Frankfurt hob er dann die "Deutsche Gemeinschaft" aus der Taufe und versicherte, sie solle eine "sozial orientierte deutsche Partei nichtsozialistischen Stils" werden. Zu ihm bekannten sich sofort Notgemeinschaft Bayern und Württemberg-Baden und Berlin, sowie "Unabhängige deutsche Gemeinschaft Hessen" und "Arbeitsgemeinschaft Hamburg". Dies war Mitte November 1949. In München gründete er Anfang Dezember 1949 die "Deutsche Gemeinschaft für Bayern" als Partei. S. und Minister a.D. M. waren schon bei der Gründung in Frankfurt anwesend. Letzterer ist bald danach zu H. gestoßen, während S. und H. erst jetzt in engeren Kontakt getreten sind. S. gedenkt sich auch mit seiner "Tatgemeinschaft" der "Deutschen Gemeinschaft" anzuschließen. Sein Einfluss wird dort, da er über eine eigene Geldquelle verfügt, besondere Bedeutung bekommen. Besonders in Niedersachsen und Schleswig-Holstein will die "Deutsche Gemeinschaft" Propaganda betreiben, da sie hofft, dort der "Deutschen Partei" Anhänger abgewinnen zu können. In Nordrhein-Westfalen wird die "Deutsche Gemeinschaft" nicht in Erscheinung treten, sondern hier wird sie ihre Geschäfte durch die "Deutsche Union" besorgen lassen, die in NRW über besonders gute Leute verfügen soll. Es ist kein Geheimnis, dass H. die Schlüsselstellungen in der "Deutschen Gemeinschaft" mit seinen früheren Anhängern aus der "Deutschen Union" besetzt. Er hofft damit, seine "Gemeinschaft" von radikalen Elementen, insbesondere Strasser-Leuten und Kommunisten freizuhalten. H. erkennt nämlich die Gefahr der Radikalisierung innerhalb der "Deutschen Gemeinschaft". Er hat aus diesen Gründen abgelehnt, die "Sammlung zur Tat" und den "Freiheitsbund" in die "Deutsche Gemeinschaft" aufzunehmen, die ihn darum angegangen hatten. H. ist überzeugt, dass seine Partei eine große Rolle spielen wird, und zwar schon bei den nächsten Wahlen. In Nordrhein-Westfalen soll noch vor den nächsten Landtagswahlen die Aktion der "Deutschen Gemeinschaft", d.h. der "Deutschen Union" beginnen. H. werden Verbindungen zum früheren Reichskanzler Luther nachgesagt, der ein Mann im Hintergrund der "Deutschen Gemeinschaft" sein soll. Mit Luther soll H. auch in Verbindung wegen einer zu gründenden Zeitung gestanden haben. Hierfür und für Propagandazwecke soll Luther einen Betrag von 350.000,00 DM an H. zugesagt haben. Zwischen beiden kam es jedoch zu einem Zerwürfnis. H. suchte dann Anschluss an S. und hatte mit M. und Dr. M. vom Bochumer Verein, der die Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 25 Pfingsttagung der "Sammlung zur Tat" in Worms finanziert hatte, eine Besprechung in Recklinghausen, bei der Finanzierungsfragen der "Deutschen Union" verhandelt wurden. Verhandlungen zwischen den Vorständen der DWA - "Deutsche Wirtschaftsund Aufbaugemeinschaft Hessen" und der "Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Kandidaten", die sich zu einer "Unabhängigen deutschen Gemeinschaft" in Gießen zusammengeschlossen haben und der "Deutschen Gemeinschaft" sind im Gange. Es wird zu einem Zusammenschluss kommen. In der "Deutschen Gemeinschaft" sind viele radikale Kräfte vorhanden. H. selbst scheint die Gewähr dafür zu bieten, dass er alles tun wird, um jeden Radikalismus aus seinen Reihen fernzuhalten oder zu unterbinden. Ob seine Mitarbeiter dies können oder wollen, ist nicht sicher. 2.7 Nationale Union Die "Nationale Union" ist die 7. politische Gründung des von O. Er gründete sie am 28.08.1949 in Dortmund mit Dr. S., Köln, Dr. U., Duisburg-Meiderich und dem ehem. Sozialdemokraten A. in Dortmund. Die erstrebte Verbreitung blieb ihr jedoch versagt. Von O. ist nicht ernst zu nehmen. Er hat Verbindung mit Dr. D., der ihn bei seinen früheren Gründungen unterstützte. Er gilt als Initiatior der Spaltung der DRP, als Strasser-Anhänger - zweimal soll er bereits durch seine Verbindung zu Strasser Kredite erhalten haben - und ist eine politisch sehr verdächtige Persönlichkeit. 2.8 Tradition In letzter Zeit fällt es auf, dass Mitglieder früherer militärischer Organisationen sich zusammenzuschließen suchen unter dem Stichwort "Tradition". So versendet der frühere General von S. an ehem. Angehörige der 116. Panzerdivision Rundschreiben, und zwar von Bonn aus, in denen zu gemeinsamen "Sangestreffen" aufgefordert wird. Die Empfänger werden dabei mit "Sangesbruder" oder mit "Windhund" angesprochen. Den Namen "Windhund" führt im übrigen auch das Informationsblatt dieser Gruppe. Häufig nennt sich diese Gruppe auch "Gesangesbrüder Cidre". Neben von S. ist F., Hannover-Linden, der Initiator dieser Gruppe. Ihre Aufgabe sieht sie darin, "Ehre und Ansehen des deutschen Soldaten vor dem eigenen Volk und aller Welt wieder herzustellen". Für das Frühjahr 1950 ist ein Treffen in der Gegend von Soest beabsichtigt, wozu z.Zt. eifrig Adressen von Sangesbrüdern gesammelt weren. Die Vermutung, dass es sich bei dieser Organisation um eine im Aufbau begriffene militärische Organisation handelt, hat noch keine Bestätigung gefunden. Allem Anschein nach handelt es sich dabei um den Teil einer Organisation, die unter den Namen "Katakombe Scheinwerfer" und "Bruderschaft" durch viele Veröffentlichungen in der Presse bekanntgeworden ist. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 26 2.9 Katakombe Scheinwerfer Unter diesem Wort wird eine Organisation zusammengefasst, die völlig in der Illegalität lebt und seit ca. einem Jahr ein hektografiertes Blatt - "Der Scheinwerfer" von Hand zu Hand weiterreicht. Nach dem Inhalt wendet es sich an alle ehemaligen deutschen Offiziere und Soldaten und fordert den Zusammenschluss auch mit den jetzt noch "in kleinen Zellen und Kreisen in der Isolierung verharrenden intelligenten Elementen". Als Ziel ihres Kampfes bezeichnet diese Organisation ein "freies, geeintes Deutschland als gleichberechtigtes Glied eines geeinten Europas". Die Leistungen des Nationalsozialismus werden anerkannt und gewertet. Die dieser Zeit eigenen Schlagworte werden weiter benutzt. Bonn gilt als "Zwischenregierung" und "notwendiges Übel". Insbesondere die SPD wird heftig angegriffen. Bisher - seit November 1948 - sind etwa 45 Nummern dieser Schrift erschienen. Sie zirkuliert, wie einwandfrei festgestellt wurde, in den Kreisen ehemaliger Offiziere und SS-Führer. Um Entdeckung der Verfasser und Hersteller haben sich schon viele amtliche und private Stellen bemüht, ohne dass in dieser Beziehung viel erreicht worden wäre. Als sicher kann angenommen werden, dass "Der Scheinwerfer" in MünchenPasing hektografiert worden ist. In diesem Zusammenhang wurde auch Hamburg genannt. Nach unseren Beobachtungen kommt aber München in Frage. Seit der Bloßstellung des "Scheinwerfers" durch die "Münchner Allgemeine" im November 1949 und seit der Bekanntgabe des Gesetzes Nr. 16 der AHK ist das Erscheinen des Blattes eingestellt. Ab November 1949 waren keine Fortsetzungen mehr zu erhalten. Es ist anzunehmen, dass aus Vorsichtsgründen in der Herausgabe der Schrift eine Pause eingetreten ist. "Der Scheinwerfer" wird häufig als das Blatt der "Vaterländischen Union" in München bezeichnet. Dies ist jedoch nicht richtig. F. selbst äusserte, dass er nicht daran denke, seine Bewegung durch die illegale ScheinwerferOrganisation zu gefährden. Der Gedanke, dass die Bewegung F's von Leuten der Organisation "Scheinwerfer" durchsetzt ist, die auf diese Weise getarnt "legal" weiterarbeiten, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, zumal F. - nach den bisherigen Urteilen über seine persönliche Qualifikation - nicht in der Lage sein dürfte, derartige Zusammenhänge zu durchschauen. Zur Zeit ist eine "Umorganisation" im "Scheinwerfer-Kreis" im Gange. Sie wurde veranlasst durch die Überlegung, dass die Organisation aus ihrer Reserve, d.h. aus dem Dunkel heraus müsse, wenn sie wachsen wolle. Außerdem könne sie nur zu Geld kommen - nach zuverlässigen Meldungen fehlt es hieran sehr - wenn sie in die Öffentlichkeit trete. Zu diesem Zweck sind Beauftragte der Organisation mit der Presse in Verbindung getreten. In Presseberichten ist in der letzten Zeit häufig behauptet worden, dass hinter der Scheinwerfer-Organisation ein früherer Gebietsführer der HJ, L., der Mussolini-Befreier S. und einige andere frühere NSGrößen stehen. Ihr wurden weiterhin Beziehungen und Verbindungen zu dem "Verband der Unabhängigen" in Österreich nachgesagt. In diesem Zusammen- Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 27 hang wurde von der Organisation "Spinne" gesprochen, die als Verbindungsträger fungieren sollte. Endlich wurde auch Otto Strasser in Kanada als der geistige Führer dieser Gruppe bezeichnet. Es war bisher nicht möglich, sowohl L. - er soll in Rom leben - als auch S. - es wird behauptet, er halte sich in Westdeuschland, nach anderen Meldungen in Frankreich und Argentinien auf - die behaupteten Beziehungen nachzuweisen. Aus der möglichen Ideologie dieser Personen wird, ebenso bei Strasser, auf ihre Zugehörigkeit zum Scheinwerfer-Kreis geschlossen. Die angeblichen Anhaltspunkte werden bei Strasser darin gefunden, dass sich in den unter seinem Namen kursierenden Rundbriefen weitgehendste Übereinstimmungen mit der Schrift "Der Scheinwerfer" offenbart. Da feststeht, dass diese Rundbriefe überhaupt nicht von Strasser stammen und zum Teil mit dem Zweck veröffentlicht werden, ihn zu diskreditieren, ist es auch unmöglich, hieraus auf eine Verbindung Strasser-Scheinwerfer zu schließen. Was die Organisation "Spinne" angeht, so ist es - trotz eifriger Bemühungen privater und amtlicher Stellen - bisher noch nicht möglich gewesen, ihre Existenz überhaupt nachzuweisen. Fest steht, dass ein gewisser Dr. C. in Wien bisher der einzige ist, der über diese Organisation überhaupt berichtet hat. Nach den bisherigen Untersuchungen muss angenommen werden, dass diese Organisation eine Erfindung des Dr. C. darstellt. Weiterhin wird der frühere nationalsozialistische Gauleiter von Hamburg, K., mit dem Scheinwerfer-Kreis in Zusammenhang gebracht und ihm Verbindung zur italienischen MSI, zum "Verband der Unabhängigkeit", Österreich - als "Sammelbecken aller Nazis" bezeichnet - zum "Deutschen Block" und zur "Gemeinschaft unabhängiger Deutscher" in NRW nachgesagt. Was hier Dichtung und Wahrheit ist, kann z.Zt. noch nicht auseinandergehalten werden. Es scheint aber den Tatsachen zu entsprechen, dass Testversuche zu einer geplanten "Internationalen faschistischen Union", um die sich ehemalige belgische Rexisten, norwegische Quisling-Anhänger und Mitglieder der britischen "Unionsbewegung Sir Mosleys" bemühen sollen, an K. und seinen Kreis herangetreten worden sind. Es ist weiterhin behauptet worden, dass der Scheinwerfer-Kreis in Verbindung stehe mit der in letzter Zeit häufig genannten Organisation: 2.10 Die Bruderschaft Bei dem Stand der bisherigen Untersuchungen kann noch nicht gesagt werden, ob die "Bruderschaft" die Spitzengruppe für alle diejenigen Gruppen ist, die bestrebt sind, eine nationalistische Bewegung zu organisieren und jetzt mit der Realisierung ihrer Absichten beginnen. Es kann auch nicht gesagt werden, ob die "Bruderschaft" ebenso wie die Organisationen "Scheinwerfer" und "Tradition" nur Untergruppen der genannten geplanten "Internationlen faschistischen Union" sind. Gemeinsam ist allen diesen Gruppen die Zugehörigkeit einer größeren Anzahl nazistischer Personen, deren Bestrebungen in der Schaffung einer europäischen Ordnung durch Zusammenschluss von Nationalstaaten - jeweils von Nationalen Regierungen geführt, als einiges Europa, als sogenannte "Dritte Macht" zwischen Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 28 Ost und West - liegen. Besonderer Wert wird dabei auf eine zentral geführte Unions-Wehrmacht gelegt, an der Deutschland völlig gleichberechtigt zu beteiligen sei. Diese Absichten hofft man verwirklichen zu können dadurch, dass man zunächst die mit den Schlagworten des Nazismus noch anzusprechenden Personen in "losen organisatorischen Formen" sammelt, aus denen dann der Zusammenschluss eine Organisation mit Massenbasis schaffen soll. Dabei ist speziell in der "Bruderschaft" der Gedanke der Ordensbildung wieder lebendig geworden. In diesem Zusammenhang ist der "Deutsche Orden vom weißen Schwert" bekanntgeworden, der Ende Dezember 1949 in Essen unter dem Vorsitz des früheren Generalmajors von F. eine private Tagung abgehalten hat, auf der folgende Ziele und Auffassungen dieses Personenkreises bekanntgeworden sind: 1. scharfe Einstellung gegen Besatzungsmächte und die derzeitigen deutschen Parteien, 2. Anerkennung Hitlers und des Nationalsozialismus im Prinzip, 3. radikale Ablehnung des Personenkreises 20. Juli 1944 - als "VerräterVereinigung" bezeichnet, 4. Auffassung, dass der Krieg nur durch Sabatoge der zu 3. genannten Personengruppe verloren gegangen sei, 5. Wiederaufbau der Deutschen Wehrmacht. Der Zeitpunkt hierfür wird zwangsläufig kommen. Um dann die "richtigen Offiziere" in diese Wehrmacht einzubauen, sei es notwendig, 6. ordensartige Gemeinschaften, in die nur frühere Offiziere aufzunehmen seien, schon jetzt zu schaffen. In der gedachten Europa-Armee würden sich diese deutschen Offiziere dann von selbst durchsetzen, womit 7. das deutsche Heer Träger einer politischen Idee wird. Geplant sind in diesem Zusammenhang Ehrengerichte, planmässige politische Schulung im Sinne eines "Führerstaates" und sorgfältige Beobachtung der Aufrüstungsbestrebungen. Wie schon bei dem Abschnitt "Deutsche Union" dargetan, soll die DU nur als Aushängeschild für die Bruderschaft dienen und eigens zu dem Zweck gegründet worden sein, um der "Bruderschaft" in NRW als Schrittmacht zu dienen. Für Norddeutschland, insbesondere Niedersachsen, und auch in der amerikanischen Zone soll diese Rolle der "Sozialistischen Reichspartei" des Dr. D. zugedacht sein. Zahlreichen Persönlichkeiten, wird die Mitgliedschaft oder sonstige Verbindung zur Bruderschaft nachgesagt. Als Abgesandter der "Sammlung zur Tat" betätigt sich in der "Bruderschaft" der Journalist M. Weiterhin wird D. genannt, der die Abwehr-Organisation der "Bruderschaft" leiten soll. Regelmäßige Besprechungen und Zuammenkünfte führender Mitglieder der "Bruderschaft" sollen auf dem Wintermühlenhof bei Köln stattfinden. Aus der Veröffentlichung des "Spiegels" - "Die Nacht der langen Messer " - von Rudolf Diels, wird gefolgert, dass der "Spiegel" sich in der Hand der "Bruderschaft" Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 29 befindet. Für diese Behauptung wird weiterhin ein dort erschienener Artikel über den SS-Führer Wappenhaus herangezogen. Diese Vermutungen den "Spiegel" betreffend sind unrichtig. Als Mann hinter den Kulissen, der am Rande aller Konferenzen und Gruppenbildungen um die die zuletzt geschilderten Organisationen tätig ist, wird Dr. Dr. G. bezeichnet. Es liegen auch Meldungen darüber vor, dass die "Bruderschaft" es verstanden hat, ihre Anhänger in bestehende Parteien einzuschleusen. Verbindungen der "Bruderschaft" sollen auch bestehen zu der LiberalDemokratischen Partei der Ostzone, insbesondere zu M., einem der Führer der Volkspolizei der Ostzone. Als Verbindungsträger der "Bruderschaft" nach dem Osten soll weiterhin der frühere Oberst L.-L. fungieren, der auch enge Verbindung zu N. hat. Durch diese Verbindungen hat sich die "Bruderschaft" in den Ruf gesetzt, dass ihr Kurs nationalbolschewistisch sei. Sie wird daher auch als eine der Organisationen angesehen, die mit auf dem Wege sind, den Westen für den Osten zu gewinnen, wie dies insbesondere nachgesagt wird dem: 2.11 "Nauheimer Kreis" Der "Nauheimer Kreis" geht zurück auf den Physiologen Prof. S., Bad Nauheim., der sich zurückgezogen hat. Dieser Kreis spielt eine besondere Rolle in der "Nationalen Front" der KPD. Er erscheint als der Mittelpunkt dieser Politik und der Verbindungsträger nach allen Seiten. Prof. N. verkehrt sowohl beim sowjetischen Oberkommissar als auch beim Sachbearbeiter der Ostzonenregierung für Fragen der "Nationalen Front", K. Für seine Besprechungen in der Ostzone mit den genannten Dienststellen liegen hier die eindeutigen Beweise vor. Prof. N. steht in Verbindung und persönlicher Beziehung zu Dr. M., Leiter des "Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands", Landesverband Düsseldorf. Über Dr. M. hat N. Verbindung zu von H., dem Vorsitzenden des "vorläufigen Komitees der Friedensbewegung". Dr. M. ist weiterhin der Verbindungsmann N's zu Dr. R., dem Leiter des "Bundes religiöser Sozialisten" und Vorsitzenden des Aktionsausschusses der "Sammlung zur Tat", der seinerseits mit B., "Bund für Deutschlands Erneuerung" und K. mit seiner "Flüchtlingsgruppe" engste Verbindung hat. Zu dem "Komitee für Friedensbewegung" steht N. auch in direkter Beziehung über den früheren hessischen Kultusminister Dr. S., der zu den Gründern des "Nauheimer Kreises" und des "Friedenskomitees" gehört. N. arbeitet weiterhin eng zusammen mit den "Landesausschüssen für Einheit und gerechten Frieden", der "Nationalen Front" in Westdeutschland: Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 30 a) "Aktionsgemeinschaft für Frieden und Völkerverständigung", die der ehem. Oberbürgermeister in Nürnberg, Hans Ziegler, im Jahre 1949 gegründet hat, b) "Gesellschaft zum Kampf für die Einheit Deutschlands" in Hamburg, c) "Karlsruher Kreis zur Wahrung der Einheit Deutschlands", d) "Dortmunder Kreis für ein einheitliches und unabhängiges Deutschland", der nach der verbotenen Rengsdorfer Tagung des "Nauheimer Kreises" in Dortmund gegründet worden ist, e) "Arbeitsgemeinschaft Württemberg-Baden für deutsche Einheit", die im Oktober 1949 in Heidelberg unter dem Ehrenpräsidium der Witwe des hingerichteten von Harnack gegründet wurde. Auch zur "Deutschen Friedensgesellschaft" und zum "Bund der Kriegsgegner" (MD., München), und zu der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit" (Stuttgart und Hamburg), die sich bisher stets für die Ostzone eingesetzt haben, bestehen Verbindungen. Über von M., mit dem er in engem Kontakt steht, hat N. Verbindung zu der sogenannten "Sozialdemokratischen Aktion", einem kommunistenfreundlichen Sammelbecken ehemaliger Sozialdemokraten. Diese "Aktion" besteht auch im Berliner Sowjet-Sektor. Über Dr. R. hat N. weiterhin Verbindung zur "Aktionsgemeinschaft der Jugend für ein einiges Deutschland", deren Vorsitzender M. die volle Anerkennung bei R. findet. Über S., leitendes Mitglied des "Bundes junger Deutscher", bestehen auch Verbindung zu dieser Jugendvereinigung der "Deutschen Partei", die sich durch radikale nationalsozialistische Tendenzen auszeichnet. N's Aktivität hat nach seiner Besprechung mit dem Botschafter Semjonow in Karlshosrt zugenommen. Er bezeichnet die Oder-Neisse-Linie als "Friedenslinie" und befürwortet in Westdeutschland eine Truppe, ähnlich und als Gegenstück zur Volkspolizei der Ostzone. Nach seinen eigenen Worten hat er "Gott gedankt, als er erfuhr, dass die Russen auch die Atombombe besitzen". Dr. R.behauptete, dass Prof. N.von studentisch-bündischen Kreisen stark beeinflusst würde. Da N. wie Dr. M.behauptet, nicht über Geldmittel verfügt, bleibt die Frage offen, wer die Propagandareisen und Tagungen bezahlt. Sicher ist, trotz gegenteiliger Behauptungen der Sowjets, dass die Sowjets nur bis zu einem "gewisssen Punkt" von ihrem Interesse an N.sprechen und "ein Stück des Weges gemeinsam mit ihm gehen wollen", daher wahrscheinlich auch nur "dieses Stück" finanzieren. Der Rest fließt ihm vermutlich aus Kreisen zu, die von N's Idee im Hinblick auf den "Ost-West-Handel" ebenso angetan sind, wie die Sowjets in politischer Hinsicht. N. wird teils ernstgenommen, teils als ein "politischer Hysteriker" angesehen, der sich der Tragweite seins Handelns nicht bewusst ist, und den die Zeitumstände hochgespült haben. Seine Unaufrichtigkeit wurde durch H. aufgedeckt, aus dessen Briefen, die H's Abstand vom Nauheimer Kreis darlegten, N. nur das veröffentliche, was ihm dienlich erschien. Die Zahl seiner Anhänger innerhalb der Universität wird von manchen als groß, von anderen als gering bezeichnet. Extremismus-Berichte des Innenministeriums NRW an den Landtag oder Landesbehörden 1950 31 Auf seinen Reisen und Konferenzen ist er ständig von seiner Sekretärin begleitet, die ihm "souffliert". Für den 01. August 1950 plant er einen Deutschland-Kongress in Frankfurt und für den 15. August die Parallele in Berlin. 2.12 Sozialdemokratische Aktion Als Vereinigung, die im Auftrage der Sowjets unterwegs ist, wird auch die Sozialdemokratische Aktion angesehen. Ihre Mitglieder sind zu 55 % ausgestossene SPD-Leute. Es kann keinen Zweifel unterliegen, dass sie in Richtung der SED marschiert. Über einen "kompromisslosen Klassenkampf" soll die Einheit des Proletariats erreicht werden. Hauptparole: "Mauserung der SPD" und kompromissloser Klassenkampf für die Einheit der Arbeiterschaft im Marxismus". Schumacher wird als eine "verkorkste Persönlichkeit" angesehen, "die nicht die Freiheit habe, große Entschlüsse zu fassen, für die man aber menschliches Verständnis empfinde" - so von M. Als nächstes Ziel hat sich die "Sozialdemokratische Aktion" die Trennung der Massen als Anhänger der SPD von deren Führung gesetzt. Sie will dies erreichen durch 5 bis 12-Köpfe starke Komitees, die in allen Bezirken und Ortsgruppen der SPD gebildet werden sollen. Von M. ist "jener schlesische Agrarkommunist, der als Ministerialrat beim Wirtschaftsrat in Frankfurt beschäftigt war und seit dem Frühjar 1949 sehr aktiv für die Zusammenarbeit mit der kommunistischen Ostzonenführung tätig ist". Von M. wird unmittelbar vom agrarpolitischen Ausschuss der SED mit Geldmitteln versehen. Ihm ist die Aufgabe gestellt, im Rahmen der zu erwartenden westdeutschen Agrarkrise die Ideen der nationalkommunistischen "Nationalen Front" zu verbreiten. Er bereitet z.Zt. eine Zeitung vor, die dafür bestimmt ist, die ostdeutsche Bodenreform bei den landsuchenden Flüchtlingen und Vertriebenen in den Westzonen schmackhaft zu machen. Er steht dieserhalb mit dem in Godesberg wohnenden Verleger P. in Verbindung, der mit H. und Pieck befreundet ist und trotz seiner Behauptung, er sei ein "Opfer des Kommunismus", als der Beauftrage der SED für ihren in Westdeutschland geplanten agrarpolitischen Feldzug anzusehen ist. P. plant ein Blatt "Deutscher Bauer" in 100.000 Auflage herauszubringen, das mit dazu beitragen soll, in die westdeutsche Bauernfront einzubrechen