Ministerium für Inneres und Sport Verfassungsschutzbericht 2014 Verfassungsschutzbericht 2014 Impressum Herausgeber: Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern Redaktion: Abteilung Verfassungsschutz Postfach 11 05 52 19005 Schwerin 1. Auflage: 1000 Exemplare Layout, Gestaltung und Herstellung: Janner & Schöne Medien GmbH Titelbild: "Die wehrhafte Demokratie" Manfred Diekmann, 2009 Vorwort Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, Aufklärung und Information sind zentrale Säulen bei der Bekämpfung des politischen Extremismus. Nur wer die drohenden Gefahren kennt, kann ihnen wirksam begegnen. Der Transfer von Informationen und Meinungen erfolgt immer häufiger über das schnelle und weltweite Internet. Es löst damit zunehmend die herkömmlichen Formen politischer Kommunikation ab. Diese Dynamik führt zu kurzfristigen Mobilisierungseffekten und Wechselwirkungen zwischen den extremistischen Szenen, nicht selten auch mit Gefährdungspotenzial. Dies stellt die Sicherheitsbehörden vor neue, besondere Herausforderungen. Der Verfassungsschutzbericht 2014 soll auch vor diesem Hintergrund einen Beitrag zur Information der Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen leisten, die unser freiheitlich-demokratisches Werteund Rechtssystem abschaffen wollen. Er informiert über die wesentlichen Entwicklungen im Bereich des Rechts-, Links-, Ausländerund islamistischen Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern, bewertet diese und stellt sie in einen Gesamtzusammenhang. Den Schwerpunkt extremistischer Umtriebe im Land bildet nach wie vor der Rechtsextremismus. Er ist weiterhin durch eine deutliche Gewaltbereitschaft und Kontinuität in der ideologischen Ausrichtung am Nationalsozialismus gekennzeichnet. Rechtsextremisten konzentrierten sich 2014 verstärkt auf den Kommunalwahlkampf. Die NPD führte ihre Wahlkampagne aktiv über soziale Netzwerke, indem die Kandidaten auf verschiedenen Seiten ihr Konterfei und ihre 5 Parolen veröffentlichten. Auf Profilseiten von rechtsextremistischen Kameradschaften wiederum wurde auf diese Kandidaten in der Szene hingewiesen und zu deren Wahl aufgerufen, so dass weiterhin von einem hohen Vernetzungsgrad der parteigebundenen und parteiungebundenen Rechtsextremisten gesprochen werden kann. Zentrales Thema der NPD war die fremdenfeindliche "Anti-Asylkampagne". Besorgniserregend ist allerdings auch der Linksextremismus. Die Gewaltdelikte, die ganz überwiegend den anarchistischen Autonomen zuzurechnen sind, bewegten sich 2014, auch bedingt durch das Wahlgeschehen, auf nahezu gleichem Niveau wie im Rechtsextremismus. Brennpunkte des Linksextremismus sind vor allem die Universitätsstädte Rostock und Greifswald. Auch die linksextremistische Szene setzt als agitatorische Plattform zur Diffamierung des politischen Gegners auf das Internet. Durch so genannte "Outings" von echten oder vermeintlichen Rechtsextremisten werden Persönlichkeitsrechte verletzt und das Recht in die eigene Hand genommen. Die momentan größte Bedrohung für unser Land geht vom islamistischen Terrorismus aus, wie dies die Anschläge in Paris, Brüssel und Kopenhagen vor Augen geführt haben. Auch Islamisten, die sonst eher durch mittelalterliches Denken auffallen, nutzen modernste Kommunikationsmittel, um ihre fundamentalistisch-religiösen Ansichten und Grausamkeiten darzustellen. Das Internet dient zugleich der Rekrutierung und Radikalisierung. Der Verfassungsschutz hat auf die sich ändernde Sicherheitslage mit ihren komplexen, oftmals internationalen Verflechtungen und Herausforderungen wirksam zu reagieren. Das Handlungsinstrumentarium muss daher kontinuierlich überprüft und ggf. angepasst werden. Das Jahr 2014 hat wieder gezeigt, dass die Anforderungen an den Verfassungsschutz, um Frieden und Freiheit der Bürger unseres Landes zu schützen, gestiegen sind. 6 Der Verfassungsschutz ist und bleibt daher ein unverzichtbares Instrument des demokratischen Rechtsstaates, um den Schutzauftrag für die Bevölkerung zu erfüllen. Lorenz Caffier Minister für Inneres und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern 7 Inhaltsverzeichnis 1 "Wehrhafte Demokratie" - Auftrag und Verpflichtung des Verfassungsschutzes .......................................................11 1.1 Der gesetzliche Auftrag des Verfassungsschutzes ................. 11 1.2 Freiheitliche demokratische Grundordnung............................ 13 1.3 Weitere Rechtsgrundlagen ............................................................. 14 1.4 Struktur ................................................................................................. 14 1.5 Informationsbeschaffung ............................................................... 14 1.6 Kontrolle ............................................................................................... 15 1.7 Verhältnis von Verfassungsschutz und Polizei ......................... 16 2 Rechtsextremismus .................................................................18 2.1 Lageüberblick ..................................................................................... 18 2.2 Personenpotenzial ............................................................................ 20 2.3 Straftatenaufkommen ...................................................................... 20 2.4 Rechtsterrorismus / "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ...................................................................................................... 21 2.5 Fortsetzung der "Antiasylkampagne" ......................................... 22 2.6 Einflussnahme der rechtsextremistischen Szene auf islamkritische Bewegungen ................................................... 26 2.7 Trefforte der rechtsextremistischen Szene ............................... 27 2.8 Subkultureller Rechtsextremismus.............................................. 30 2.8.1 Rechtsextremistische Musikveranstaltungen 2014 ............... 31 2.8.2 Internetauftritte rechtsextremistischer Bands......................... 35 2.8.3 Szeneläden/Versandhandel ........................................................... 36 2.9 Neonationalsozialismus (Neonazismus) .................................... 36 2.9.1 Neonazistische Publikationen ....................................................... 40 2.9.2 Neonazistische Veranstaltungen und Aktivitäten .................. 40 2.10 Rechtsextremistische Parteien ...................................................... 42 2.10.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern ........................... 42 2.10.2 Kommunalpolitische Forderungen und Arbeit in den Kommmunalvertretungen ............................................................. 53 2.10.3 Besondere Veranstaltungen des NPD-Landesverbandes und einzelner Kreisverbände ......................................................... 54 8 2.10.4 Udo Pastörs als amtierender Bundesvorsitzender der NPD.... 58 2.10.5 Wahl eines neuen NPD-Bundesvorsitzenden beim Bundesparteitag am 1. November 2014 in Weinheim/ Baden Württemberg ......................................................................... 59 2.11 "Junge Nationaldemokraten" (JN) ............................................... 61 2.12 NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen" (RNF) ... 64 2.13 Partei "Die Rechte" ............................................................................. 65 2.14 Nutzung des Internets durch Rechtsextremisten ................... 66 3 Linksextremismus ...................................................................68 3.1 Ideologie ............................................................................................... 68 3.2 Straftatengeschehen und Personenpotenzial im Jahr 2014 in Mecklenburg-Vorpommern ...................................................... 69 3.3 Undogmatischer Linksextremismus............................................ 71 3.3.1 Entwicklung der gewaltbereiten Autonomenszene.............. 74 3.3.2 Linksextremistische Aktionsfelder ............................................... 74 3.3.3 Linksextremistische Musik .............................................................. 80 3.4 Dogmatischer Linksextremismus ................................................. 81 4 Islamismus / Islamistischer Terrorismus ..............................83 4.1 Islamistische Bestrebungen - politischer Extremismus mit Rückgriff auf den Islam............................................................. 83 4.2 Entwicklungstendenzen des Islamismus 2014 ........................ 84 4.3 Salafismus: Hintergründe und aktuelle Entwicklung ............ 85 4.4 Wachsende Beteiligung von Islamisten aus Deutschland am Bürgerkrieg in Syrien................................................................. 88 4.5 Islamistischer Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern 91 4.6 Aktivitäten von Islamisten aus dem Nordkaukasus ............... 93 5 Sonstiger Ausländerextremismus ........................................95 5.1 Personenpotenzial ............................................................................ 95 5.2 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) / Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL)..................................................................................... 96 5.2.1 Allgemeines ......................................................................................... 96 9 5.2.2 Aktivitäten der PKK in Deutschland ............................................ 97 5.2.3 Unterstützung für die Kurden in Syrien ..................................... 98 6 Spionageabwehr .................................................................. 101 6.1 Aktivitäten fremder Nachrichtendienste - Entwicklungstendenzen................................................................101 6.2 Wirtschaftsschutz im Rahmen der Spionageabwehr ..........102 6.3 Ansprechpartner vor Ort ...............................................................103 7 Öffentlichkeitsarbeit ............................................................ 105 7.1 Aktivitäten ..........................................................................................105 7.2 Informationsmaterialien................................................................108 7.3 Ausund Fortbildung an der Fachhochschule Güstrow.....109 Abkürzungsverzeichnis .................................................................111 Glossar .................................................................................................114 Registeranhang ................................................................................126 Anlage ........................................................................................................ 1 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Jahresübersicht 2013/2014 ..........................................................................................130 2 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern .........................................................133 10 1 "Wehrhafte Demokratie" - Auftrag und Verpflichtung des Verfassungsschutzes 1.1 Der gesetzliche Auftrag des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Informationen über "Bestrebungen" zu sammeln und auszuwerten, die sich zielgerichtet gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, also die Grundprinzipien unseres Staates, richten. Dies ist in allen Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder entsprechend geregelt (vgl. SSSS 5, 6 LVerfSchG M-V). Als "Frühwarnsystem" soll der Verfassungsschutz aufklären, informieren, sensibilisieren und warnen. Dabei wird er bereits unterhalb der Schwelle der konkreten Gefahr und des Anfangsverdachts einer Straftat tätig, allerdings nur bei sogenannten Beobachtungsobjekten, die im Einzelnen festgelegt sind. Dies können rechtsextremistische Strukturen wie die NPD oder Neonazi-Kameradschaften, linksextremistische Gruppierungen wie gewalttätige Autonome oder islamistische Organisationen sein, die Freiheit und Sicherheit bedrohen. Damit zeigt sich der demokratische Rechtsstaat "wehrhaft", eine Lehre aus der auf legalistischem Wege erfolgten Abschaffung der Weimarer Republik durch die Nationalsozialisten. Es gilt, entschlossen den drohenden totalitären Gefahren entgegenzutreten - bevor es zu spät ist! Die "Wehrhafte Demokratie" hat folgende Wesensmerkmale: * Die Wertegebundenheit, d. h. unser Staat bekennt sich zu Werten, denen er eine besondere Bedeutung beimisst und die deshalb nicht zur Disposition stehen, * die Abwehrbereitschaft, d. h. der Staat ist gewillt, diese wichtigsten Werte gegenüber extremistischen Positionen zu verteidigen und * die Vorverlagerung des Verfassungsschutzes, d. h. der Staat reagiert nicht erst dann, wenn Extremisten gegen gesetzliche Normen verstoßen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die Landesbehörden für Verfassungsschutz (LfV) haben ihrem gesetzlichen Auftrag 11 folgend also Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zu sammeln und auszuwerten über: * Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes und eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, * sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht, * Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und * Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes) oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Ferner wirken das BfV und die LfV mit * bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, * bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen sowie bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen und * bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Der Verfassungsschutz ist die maßgebliche Bewertungsinstanz für den politischen Extremismus in Deutschland. Er ist und bleibt eine eigenständige Säule innerhalb der förderalen Sicherheitsarchitektur. Vorstellungen, dem Verfassungsschutz diese 12 Stellung streitig zu machen und die Bewertung für den politischen Extremismus außerhalb des Staates anzusiedeln, ist die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) entschieden entgegen getreten. Der weiteren Erosion des staatlichen Gewaltmonopols als wesentlichem Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips wurde damit Einhalt geboten. Von der Tätigkeit des Verfassungsschutzes als Inlandsnachrichtendienst zu unterscheiden ist die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND). Dieser beschafft außenund sicherheitspolitisch relevante Informationen über das Ausland. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) nimmt Verfassungsschutzaufgaben im Bereich der Bundeswehr wahr. 1.2 Freiheitliche demokratische Grundordnung Der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist Kernaufgabe der Verfassungsschutzbehörden. Damit ist aber nicht die Verfassung bzw. das Grundgesetz in seiner Gesamtheit gemeint, sondern die unabänderlichen obersten Wertprinzipien als Kernbestand der Demokratie. Diese fundamentalen Wertprinzipien bestimmen die Gesetzgebung des Bundes und der Länder, so auch die Verfassungsschutzgesetze. Zu diesen Grundsätzen gehören folgende Verfassungsprinzipien: * das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, * die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, * das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, * die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, * die Unabhängigkeit der Gerichte, * der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft sowie * die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. 13 1.3 Weitere Rechtsgrundlagen Für die Arbeit des Verfassungsschutzes sind neben dem Grundgesetz und der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern insbesondere das Landesverfassungsschutzgesetz (LVerfSchG M-V), das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) und das Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) maßgebend. 1.4 Struktur Der Verfassungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland ist föderal organisiert. Dementsprechend existieren 17 Verfassungsschutzbehörden, ein Bundesamt (BfV) und 16 Landesbehörden für Verfassungsschutz (LfV). Die Verfassungsschutzbehörden der Länder sind entweder eine Abteilung des jeweiligen Innenressorts oder eine eigenständige Landesoberbehörde. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Verfassungsschutz seit 1991 eine Abteilung des Ministeriums für Inneres und Sport (Abteilung 5), wie dies auch in acht weiteren Ländern der Fall ist. 1.5 Informationsbeschaffung Den weitaus größten Teil ihrer Informationen gewinnen die Verfassungsschutzbehörden aus offenen, allgemein zugänglichen Quellen - also aus Druckerzeugnissen wie Zeitungen, Flugblättern, Programmen, Aufrufen und dem Internet. Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörden besuchen öffentliche Veranstaltungen und sie befragen auch Personen, die sachdienliche Hinweise geben können. Bei diesen Gesprächen auf freiwilliger Basis treten die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes offen auf. Mit der Sammlung offenen Materials entsteht allerdings nicht immer ein vollständiges Bild. Gegenüber konspirativen Methoden versagen diese Mittel der Nachrichtengewinnung. Nicht alle Extremisten verfassen nach der Tat Bekennerschreiben oder nennen gar ihren wahren Namen. Spione veröffentlichen keine Programme und verteilen keine Flugblätter. Um auch getarnte oder geheim gehaltene Aktivitäten beobachten zu können, 14 ist dem Verfassungsschutz im Rahmen gesetzlich festgelegter Befugnisse und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Gebrauch nachrichtendienstlicher Mittel zur Informationsgewinnung gestattet. Zu diesen Methoden der geheimen, verdeckten Nachrichtenbeschaffung gehören insbesondere: * die Observation, * der Einsatz von Vertrauenspersonen (VP) und Gewährspersonen, * Bildund Tonaufzeichnungen und * die Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes. 1.6 Kontrolle Für die Arbeit des Verfassungsschutzes gelten strenge rechtsstaatliche Maßstäbe. Eingriffe in die Privatund Freiheitsrechte der Bürger sind den Verfassungsschutzbehörden nur auf gesetzlicher Grundlage gestattet. Damit die Bürger darauf vertrauen können, dass die Verfassungsschutzbehörden sich an ihren gesetzlichen Auftrag und an die für die Tätigkeit geltenden Rechtsbestimmungen halten, unterliegen sie der Kontrolle auf mehreren Ebenen: * der allgemeinen parlamentarischen Kontrolle durch die Abgeordneten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern aufgrund von Berichtspflichten des Ministers für Inneres und Sport im Rahmen von Aktuellen Stunden, Kleinen und Großen Anfragen oder Petitionen; * einer besonderen parlamentarischen Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtages und ggf. durch einen Untersuchungsausschuss; * Postkontrollen und Telefonüberwachungen müssen durch die G-10-Kommission des Landtages genehmigt werden; * des Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI M-V) in Bezug auf die Einhaltung von Datenschutzvorschriften und sein Recht zur Akteneinsicht; * des Landesrechnungshofs Mecklenburg-Vorpommern (LRH M-V) in Bezug auf das Haushaltsrecht; * der justiziellen Überprüfung seines Handelns, soweit es dafür einen Anlass gibt sowie 15 * der ständigen und intensiven Überwachung durch die Öffentlichkeit und Medien, die die Aufgaben und Arbeit des Verfassungsschutzes kritisch würdigen. Parlamentarische Kontrolle Kontrolle durch PKK die Justiz G-10-Kommission Verfassungsschutz M-V Innerbehördliche Kontrolle Kontrolle durch Sonstige externe die Öffentlichkeit Kontrolle Bürger LfDI M-V Medien LRH M-V 1.7 Verhältnis von Verfassungsschutz und Polizei Verfassungsschutz und Polizeibehörden sind organisatorisch voneinander getrennt (vgl. SS 2 Absatz 2 LVerfSchG M-V). Somit steht die Ausübung polizeilicher oder strafprozessualer Eingriffsbefugnisse, z. B. die Durchsuchung von Personen oder Sachen, die Beschlagnahme oder Festnahme von Personen, dem Verfassungsschutz nicht zu. Halten Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ein polizeiliches Eingreifen für geboten, unterrichten sie die Polizei. Diese entscheidet, ob und ggf. wie sie in eigener Zuständigkeit tätig wird. Der Verfassungsschutz unterliegt - im Gegensatz zu Polizei und Staatsanwaltschaft - nicht dem Legalitätsprinzip, so dass er nicht in jedem Fall Strafverfolgungsmaßnahmen initiieren muss, wenn er Kenntnis von einer Straftat erlangt. Die Kompetenzverteilung lässt sich überblicksartig wie folgt darstellen: 16 Polizei Verfassungsschutz Legalitätsprinzip bei Strafverfolgungsmaßnahmen, Opportunitätsprinzip Opportunitätsprinzip bei Gefahrenabwehr allgemeine Gefahrenabwehr Aufklärung von politischem und Strafverfolgung durch Extremismus durch offene und offene und verdeckte verdeckte InformationsgewinInformationsgewinnung nung keine polizeilichen EingriffsEingriffsbefugnisse befugnisse Einsatz von Zwangsmitteln keine Zwangsmittel Dieses organisatorische Trennungsgebot bedeutet jedoch nicht, dass Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Verfassungsschutz nicht zusammenwirken dürfen. Im Sinne eines notwendigen ganzheitlichen Aufklärungsund Bekämpfungsansatzes extremistischer Bedrohungen ist eine informationelle Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen unverzichtbar. Die notwendige Zusammenarbeit der verschiedenen Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder wird über die tägliche Arbeit hinaus auch über gemeinsame Zentren gewährleistet: * Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) seit dem 14. Dezember 2004 * Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) seit dem 15. November 2012. 17 2 Rechtsextremismus 2.1 Lageüberblick Die Lage auf dem Gebiet des Rechtsextremismus war im Berichtszeitraum in der ersten Jahreshälfte durch den Wahlkampf der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) für die Europaund Kommunalwahlen 2014 in Mecklenburg-Vorpommern geprägt. Zentrales Thema war hier die Agitation gegen die Zuwanderung, die auch nach den Wahlen beinahe unvermindert fortgesetzt wurde. Insgesamt zeigte sich die Szene weiterhin aktionsbereit, konnte aber nicht an die Mobilisierungsfähigkeit der letzten Jahre anknüpfen. Trotz eines intensiv geführten Wahlkampfes ist das Wahlergebnis der NPD bei der Europawahl und den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Die Partei zeigte sich in ersten Reaktionen entsprechend enttäuscht. Ein leiser Optimismus wurde erst wieder nach außen getragen, als das Gesamtergebnis bei den Kommunalwahlen feststand, konnte sich die Partei trotz der laufenden Verbotsdiskussion mit 49 Mandaten doch erneut landesweit und insbesondere im Osten des Landes im kommunalpolitischen Raum verankern. Vor diesem Hintergrund bleibt die Einschätzung weiterhin richtig, dass die NPD hierzulande auf ein Stammwählerpotenzial zurückgreifen kann. Es bleibt der Partei offenbar auch in schwierigen Zeiten treu. Erfolge konnten drei rechtsextremistische Wählergemeinschaften verbuchen, die erstmals angetreten waren. Sie sollten aus Sicht der rechtsextremistischen Szene offenbar deren kommunalpolitische Angebotspalette erweitern. Dabei haben sie möglicherweise die insgesamt positive Entwicklung kommunaler Wählergemeinschaften gerade im dortigen geographischen Raum im Blick gehabt.1 In der öffentlichen Darstellung verwendete Bezeichnungen wie "NPD-Tarnlisten" oder "Wölfe im Schafspelz" gehen fehl, da die politische Zuordnung dieser Gruppierungen schon aufgrund der handelnden Per- 1 vgl. Eckert,Carlo, Müller, Tobias: Landkreis Vorpommern-Greifswald, in: Nestler, Christian, Scheele, Christopher (Hrsg.): Die Kommunalwahlen 2014 in Mecklenburg-Vorpommern, Rostocker Informationen zu Politik und Verwaltung Nr. 33, Rostock: Universität, Institut für Politik-und Verwaltungswissenschaften 2014, S. 72 18 sonen gerade vor Ort durchaus bekannt ist. Hier stand nach hiesiger Einschätzung also weniger eine Irreführung des Wählers als vielmehr das politische Experiment im Vordergrund. Insgesamt zeigt das Wahlergebnis jedoch, dass die rechtsextremistische Szene ihren politischen Spielraum erneut nicht erweitern konnte. Auch scheint es, als ob die NPD - möglicherweise im Zuge der im Land allgemein festzustellenden Parteienkritik - an Anziehungskraft verloren hat. Für eine Entwarnung besteht gleichwohl kein Anlass. Mecklenburg-Vorpommern bleibt im Vergleich mit den meisten anderen Bundesländern eine "Hochburg" der NPD. Dementsprechend nehmen deren Aktivitäten auch in diesem Bericht breiten Raum ein. Besondere Aufmerksamkeit bedurften im Jahr 2014 die Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene in sozialen Netzwerken, die weiter anwachsen und damit zu einer immer größeren Herausforderung für die Sicherheitsbehörden werden. Diese neuen Formen politischer Kommunikation schaffen Möglichkeiten der Vernetzung und der Informationssteuerung, die ein großes Personenpotenzial erreichen und dieses gegebenenfalls auch mobilisieren können. Deutlich wird dies bei der Organisierung islamkritischer Proteste, die zumindest in Mecklenburg-Vorpommern unter dem Einfluss von Rechtsextremisten stehen. Veränderungen des Gesamtpotenzials der rechtsextremistischen Szene konnten im Berichtszeitraum nicht festgestellt werden. Weiterhin können etwa 1.400 Personen diesem Spektrum zugerechnet werden. Allerdings hat es erneut szeneinterne Verschiebungen gegeben. Während die NPD Mitglieder verloren hat, ist das Lager der Neonazis weiter angewachsen. Gegenüber 2013 ist bei einem Rückgang der Gesamtstraftatenzahl die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten leicht gestiegen. Dies belegt einmal mehr, dass von dieser Szene eine ständige Bedrohung für die Menschen ausgeht, die von ihr als feindlich betrachtet werden. Hierzu gehören insbesondere Zuwanderer, der politische Gegner und als Vertreter des verhassten Staatsapparates die Polizei. 19 2.2 Personenpotenzial M-V M-V Bund Bund 2013 2014 2013 2014 Rechtsextremistische 550 550 7.400 7.200 Subkulturen Neonationalsozialisten 450 480 5.800 5.600 (Neonazis) "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), inkl. 20 Mitglieder der "Jungen Nationalde380 340 5.500 5.200 mokraten" (JN) und ca. 10 Mitglieder des "Ringes Nationaler Frauen" (RNF) "Die Rechte" < 10 < 10 500 500 Sonstige 20 20 2.500 2.500 Gesamt 2 ca. 1.400 ca.1400 21.700 21.000 dav. gewaltorientierte ca. 650 ca. 650 9.600 10.500 Rechtsextremisten 2.3 Straftatenaufkommen Im Jahre 2014 registrierte das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern im Bereich der politisch motivierten Kriminalität im Phänomenbereich "Rechts" 689 Straftaten (Vorjahr: 771). Davon wurden insgesamt 642 (Vorjahr: 724) als rechtsextremistisch klassifiziert, u. a. weil sie zum Teil antisemitisch oder fremdenfeindlich motiviert waren. Den Schwerpunkt der Straftaten bildeten mit 520 Vorfällen (Vorjahr: 601) erneut die Propagandadelikte. Weiterhin wurden 35 (Vorjahr: 31) Gewalttaten mit rechtsextremistischer Motivation registriert, darunter 16 (Vorjahr: 13) mit einer fremdenfeindlichen Ausrichtung. Die Gesamtzahl der fremdenfeindlichen Straftaten stieg von 55 auf 62. Erneut kam es dabei auch zu Übergriffen auf Asylbewerberunterkünfte. Die Anzahl antisemitischer Straftaten ist in etwa 2 nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften 20 konstant geblieben (28 Vorfälle 2014 gegenüber 30 Straftaten im Vorjahr). Darunter war jedoch keine Gewalttat. 2.4 Rechtsterrorismus / "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Am 15. April 2014 hat die Landespolizei im Rahmen eines nicht im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Aktivitäten stehenden Ermittlungsverfahrens in Krakow am See eine Compaktdisc aufgefunden, die weitgehend inhaltsgleich ist mit einer von der Landesbehörde für Verfassungsschutz Hamburg im Februar 2014 erlangten DVD. Die darauf gespeicherten Dateien enthalten unter anderem die Abkürzung "NSU/NSDAP". Dies führte bei der Landesbehörde für Verfassungsschutz Hamburg zu der nachvollziehbaren Einschätzung, dass hier ein Bezug zur terroristischen Vereinigung NSU möglich sein könnte. Der Generalbundesanwalt wurde daraufhin unverzüglich informiert. In der Folge sind sowohl beim Bundesamt für Verfassungsschutz als auch bei den Sicherheitsbehörden in Sachsen Datenträger festgestellt worden, die einen entsprechenden inhaltlichen Bezug aufweisen oder aufweisen könnten. Da die Ermittlungen zur Frage, ob und inwieweit hier ein tatsächlicher Zusammenhang mit dem "NSU-Trio" besteht, in die Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes fallen, können aus rechtlichen Gründen an dieser Stelle keine weiteren Ausführungen zum Sachverhalt erfolgen. Die bereits im letzten Jahr erfolgten Versuche der hiesigen Szene, den NSU als staatliches Konstrukt darzustellen, fanden auch 2014 ihre Fortsetzung, so etwa in der Landtagsdebatte zum Thema NSU am 12. November 2014, als ein Mitglied der NPD-Fraktion von einer "staatlichen Versorgung des Mundlos-Böhnhardt-Trios" sprach.3 Die Sicherheitsbehörden des Landes haben im Berichtszeitraum den notwendigen Reformprozess fortgesetzt. Dies wird in einem im Januar 2015 vorgelegten Bericht deutlich, der dem Landtag nach dessen Beschluss vom 30. Oktober 2013 durch die Landesregierung vorzulegen war. Diese war in dem Beschluss aufgefordert worden, die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen 3 Internetseite MUPINFO: "Dauerbrenner NSU" vom 12.11.2014, abgerufen am 14.11.2014 21 Bundestages im Hinblick auf notwendige Reformen landesspezifisch zu analysieren und über den bisherigen Stand jährlich zu berichten. Der Bericht stellt gleichzeitig eine Ergänzung der kontinuierlichen Berichterstattung gegenüber dem Parlament dar, die unter anderem regelmäßig gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission, aber beispielsweise auch durch den Informationsbrief zum NSU erfolgt ist. Da die mediale Reflexion des detaillierten Berichts sehr verkürzt war und allenfalls kritische Aspekte aufgegriffen wurden, ist es empfehlenswert, den Bericht im Original zu lesen. Er kann auf den Internetseiten des Landtages eingesehen werden.4 2.5 Fortsetzung der "Antiasylkampagne" Motiviert durch ihr rassistisches Weltbild und die gestiegene Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen hat die rechtsextremistische Szene des Landes auch 2014 einen Schwerpunkt auf die Agitation gegen Zuwanderer gelegt. Wie die Zahl der Straftaten mit fremdenfeindlicher Motivation zeigt, ist es jedoch nicht nur bei verbalen Attacken geblieben. Erneut waren auch gewalttätige Übergriffe zu verzeichnen, die sicherlich auch auf die aufstachelnde Wirkung der "Propagandaoffensive" zurückzuführen sind. Eine zentrale Funktion beim Schüren der Ressentiments gegen Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge hat der Landesverband der NPD inne, wobei sich die Partei in Gänze als Vorreiter einer zuwanderungsfeindlichen Politik sieht. Der NPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Udo PASTÖRS hat als seinerzeit amtierender Bundesvorsitzender zur Rolle seiner Partei entsprechend angemerkt, dass diese "seit Jahrzehnten" bemüht sei, "auf die unkalkulierbaren Gefahren hinzuweisen, die sich aus dem ungezügelten Zuzug Fremder aus allen Herrenländern ergeben. (...)Die bereits jetzt schon geplanten zusätzlichen Asylantenheime und Flüchtlingsunterkünfte könnten das Faß der Geduld in der deutschen Bevölkerung zum Überlaufen bringen."5 4 www.landtag-mv.de, Drucksache 6/3536 5 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Tod und Verderben" vom 26.09.2014, abgerufen am 26.09.2014 22 Offenkundig sieht die NPD hier ein Politikfeld, das sich als anknüpfungsfähig mit Teilen der Mehrheitsgesellschaft erweisen könnte. Entsprechend hoch waren die Bemühungen, öffentlich Präsenz zu zeigen: Eine Kundgebungstour der NPD-Landtagsfraktion in der Zeit vom 17. März bis 3. April 2014 hatte u. a. das Motto "Ausländer kosten uns Millionen - Recht auf Asyl abschaffen". Dabei sollten gezielt regionale Proteste von Anwohnern gegen geplante oder bereits vorhandene Asylbewerberbzw. Flüchtlingsheime aufgegriffen oder entsprechende Proteste auch selbst initiiert werden, um diese anschließend in die eigene Richtung zu steuern. Dieser Zielsetzung entsprechend haben der NPD-Landesverband und mehrere Kreisverbände einen "Leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft" herausgegeben, in dem ausländerfeindliche Kernforderungen wie "nie ohne Zeugen mit Asylanten sprechen" oder "Bekanntschaften schließen lohnt sich nicht" verbreitet und Asylbewerber stigmatisiert wurden. Dieser Leitfaden wurden u. a. auch im Rahmen des Kommunalwahlkampfes flächendeckend verteilt.6 Auch nach den Wahlen bis zum Jahresende 2014 war die Thematik bei der Berichterstattung des NPD-Landesverbandes von herausragender Bedeutung. So wurde u. a. die Auffassung verbreitet, dass "Überfremdungsfanatiker in den herrschenden Parteien" für den "Massenzustrom" von "Asylanten" bzw. den "massiven Ansturm von Wohlstandsjägern aus aller Welt" in Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich seien. Für die Einwohner soll es "bald unmöglich sein, eine Wohnung zu finden".7 Auch wird aus einem Einzelfall um das Kirchasyl eines abgelehnten Asylbewerbers in Wolgast das Szenario entwickelt, dass "Schlepperbanden" neue Moscheen gründen könnten, um dort ihre "Kunden" abschiebesicher unterzubringen.8 Besonders intensiv sind die ausländerfeindlichen Aktivitäten im Osten des Landes. Nachfolgend sind nur einige Beispiele erwähnt: 6 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Asylantenleitfaden und Asylantenfrühwarnsystem" vom 11.04.2014, abgerufen am 11.04.2014 7 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Anklam drohen zwei weitere Asylantenheime" vom 27.11.2014, abgerufen am 05.11.2014 8 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Kirchenasyl und Moschee-Asyl" vom 28.10.2014, abgerufen am 05.11.2014 23 * In einem am 10. November 2014 auf der rechtsextremistischen Internetplattform MUPINFO eingestellten Video9 behauptet der NPD-Landtagsabgeordnete Michael ANDREJEWSKI, dass "Massen von Asylanten nach Vorpommern strömen", um Anklam zur "Asylstadt Nummer 1" zu machen. Man habe, so ANDREJEWSKI weiter, "nicht vor, das hinzunehmen", weitere Aktionen wie "Kundgebungen und Demonstrationen" würden folgen. Im Begleittext heißt es "der nationale Widerstand läuft bereits an". Diese Ankündigung kann durchaus als Drohung verstanden werden. * Am 5. Dezember 2014 kam es zu einem Zwischenfall in dem Asylbewerberheim in Plöwen (Landkreis Vorpommern-Greifswald), als der NPD-Landtagsabgeordnete Tino MÜLLER mit vier weiteren Personen das Objekt betrat und dabei filmte. Die Filmaufnahmen mit dem NPD-Landtagsabgeordneten Michael ANDREJEWSKI waren unmittelbar im Anschluss auf der Internetseite der NPD unter der Überschrift "Offenes Tor für NPD-Besuch im Asylanten-Ferienlager Plöwen" abrufbar. ANDREJEWSKI baute darin erneut eine Drohkulisse dahingehend auf, dass Privatwohnungen oder sogar einzelne Zimmer in Privatwohnungen für "Asylanten" beschlagnahmt werden könnten.10 * An der B 104 in Löcknitz und Rossow, ebenfalls im Landkreis Vorpommern-Greifswald, wurden am 7. Dezember 2014 darüber hinaus mehrere Plakate der NPD mit der Aufschrift "Asylmissbrauch-nein Danke. Wir sind nicht das Sozialamt der Welt" festgestellt. In Löcknitz, Eggesin, Ueckermünde und Torgelow brachten Unbekannte an Bäumen, Gebäuden und in Werbeaufstellern mehrere Plakate mit Parolen gegen Asylsuchende an. Die Plakate waren u. a. mit Beschriftungen wie "Kein Multikulti in Vorpommern-Greifswald", "Bürgermut gegen Asylantenflut" oder "Überfremdung geht uns alle an", versehen. Auf kommunalpolitischer Ebene behandelte die NPD M-V ebenfalls häufig Themen rund um das Asylrecht. 9 Internetseite MUPINFO: "Asyldrohnen kreisen über Anklam - und suchen Platz für noch mehr Asylanten" vom 10.11.2014, abgerufen am 11.11.2014 10 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Offenes Tor für NPD-Besuch im AsylantenFerienlager Plöwen" vom 06.12.2014, abgerufen am 08.12.2014 24 Neben der NPD beteiligten sich aber auch "parteifreie Kräfte" wie neonazistische Kameradschaften oder andere Vereinigungen, die durch eine verschleiernde Namensgebung z. B. als "Bürgerinitative" den wahren ideologischen Hintergrund verbergen sollen, an den Aktivitäten gegen Zuwanderer. Ein besonderer Schwerpunkt war im Berichtszeitraum im Raum Bützow/Güstrow zu beobachten. Eine "Bürgerinitiative Bützow wehrt sich", die offensichtlich der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen ist, meldete für den 19. Juli 2014 unter dem Motto "Asylmissbrauch - Nicht mit uns! Bützow wehrt sich!" eine Demonstration in Bützow an, an der sich etwa 100 Personen, darunter auch Kader der NPD, beteiligten. In Güstrow kam es neben ausländerfeindlichen Plakataktionen zu mehreren Kleindemonstrationen, die von der "freien Szene" organisiert wurden. Am 18. Oktober 2014 wurde ein Fackelmarsch organisiert, an dem sich ca. 100 Personen, die hauptsächlich der rechtsextremistischen Szene zuzurechnen waren, beteiligt haben. Darüber hinaus wurde in den FACEBOOK-Gruppen "Güstrow (bzw.) Bützow wehrt sich gegen Asylmissbrauch" gegen Zuwanderer agitiert. Zugleich dienten sie als Organisationsplattformen für die beschriebenen Proteste. Gerade die Demonstration in Bützow veranschaulicht die enge Vernetzung der Neonaziszene mit der NPD. Diese war zwar von der vorgenannten "Bürgerinitiative" bzw. einer Einzelperson, die der "Kameradschaft Bützow" zuzurechnen ist, angemeldet worden, die Durchführung wurde jedoch - wie in Mecklenburg-Vorpommern üblich - von der NPD übernommen, was u. a. anhand der Lautsprecherwagen oder auch der Tatsache deutlich wurde, dass Udo PASTÖRS als Redner auftrat. Für die rechtsextremistische subkulturelle Szene des Landes bietet die Agitation gegen Asylbewerber oder Flüchtlinge Anlass für die Ausübung von Gewalt. So wurde beispielsweise am 15. Februar 2014 ein afghanischer Asylbewerber in Neubrandenburg von seinem Fahrrad getreten und anschließend von zwei Personen gewürgt und geschlagen. Am 18. Mai 2014 wurde eine dunkelhäutige männliche Person in Kramerhof (Landkreis Vorpommern-Rügen) von mehreren Beschuldigten zunächst geschubst, dann durch eine Sprung in den Rücken zu Boden gerissen, getreten und als "Neger" beleidigt. 25 2.6 Einflussnahme der rechtsextremistischen Szene auf islamkritische Bewegungen Die Aktivitäten der nicht dem extremistischen Spektrum zurechnenden PEGIDA ("Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") und deren Ableger haben im Berichtszeitraum auch in der rechtsextremistischen Szene Mecklenburg-Vorpommerns Reaktionen ausgelöst. So hat der NPD-Landtagsabgeordnete Tino MÜLLER mit seiner "Bürgerinitiative 'Schöner und sicherer Wohnen'" und einem Transparent mit der Aufschrift "Wir lassen uns nicht länger belügen! Heimat und Identität bewahren! Asylbetrug stoppen! BI 'Schöner und sicherer Wohnen'" an der Protestkundgebung der PEGIDA am 8. Dezember 2014 in Dresden teilgenommen.11 Eine offizielle Stellungnahme gab der NPD-Landesverband mit Datum vom 12. Dezember 2014 ab. Danach solidarisiere sich die NPD mit den Forderungen dieser Bürgerbewegungen. Auch die NPD fordere "die Bewahrung und den Schutz unserer Identität und unser abendländischer Kultur". Von daher würden sich Mitglieder, Sympathisanten und politische Weggefährten der NPD an diesen Demonstrationen beteiligen.12 Die NPD M-V sah die PEGIDA-Bewegung zum Jahreswechsel 2014/ 2015 "im Geiste der NPD". Die bei den Demonstrationen feststellbaren "Volksverräter"-Rufe seien "NPD-Sprachgebrauch" und "NPD-Denken". Vielen der Rufer sei möglicherweise gar nicht bewusst, dass sie damit die ideologische Grundhaltung der NPD übernommen hätten. Die NPD M-V führte dies auf die eigene "beharrliche Volksaufklärungsarbeit" zurück, die auch auf unbewusster Ebene wirke.13 Der neue Bundesvorsitzende der "Jungen Nationaldemokraten" (JN), Sebastian RICHTER, hat sich ebenfalls zur PEGIDA geäußert: 11 Internetseite der NPD-Landtagsfraktion: "Überfremdung geht uns alle an! Null Toleranz - das Gebot der Stunde!" vom 12.12.2014, abgerufen am 15.12.2014 12 Internetseite der NPD-Landtagsfraktion: "Überfremdung geht uns alle an! Null Toleranz - das Gebot der Stunde!" vom 12.12.2014, abgerufen am 15.12.2014 13 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Drei Pluspunkte für die NPD im neuen Jahr" vom 05.01.2015, abgerufen am 06.01.2015 26 "Protestbewegungen haben zunächst den Vorteil, dass sie breit aufgestellt sind und schwer weltanschaulich verortet werden können, da sie schlichtweg selten ein einheitliches Weltbild vertreten. Doch genau das ist langfristig gesehen ein Nachteil. Die grundlegenden Ursachen der momentanen Zuwanderungswelle werden nämlich nicht tiefgründig herausgearbeitet. (...) Und deswegen muß der Protest endlich Partei ergreifen und sich einer nationalen Sammlungsbewegung, wie es die NPD sein könnte, anschließen! (...) Denn wenn die Identitäten der Völker Europas nachhaltig bewahrt werden sollen, muß zwangsweise aus dieser Bürgerbewegung eine volkstreue Massenbewegung mit der NPD an der Spitze werden."14 Ganz offensichtlich sehen NPD und JN zwar eine geistige Nähe zu den Zielen der PEGIDA, bemängeln aber deren fehlenden Willen zur "Systemveränderung". Ein solcher - letztlich revolutionärer Prozess - könne nach den Vorstellungen der Parteikader nur durch die NPD und ihre Nebenorganisationen als "Spitze der Bewegung" initiiert werden. Gleichwohl hat die rechtsextremistische Szene des Landes von Anfang an versucht, die sich hierzulande bildenden PEGIDA-Ableger (ROGIDA, MEGIDA, MVGIDA) zu beeinflussen. Der Minister für Inneres und Sport des Landes hatte im Dezember 2014 öffentlich auf diese Gefahr hingewiesen und vor einer Instrumentalisierung der Bürgerproteste durch Rechtsextremisten gewarnt. 2.7 Trefforte der rechtsextremistischen Szene Eigene Immobilien sind für die rechtsextremistische Szene weiterhin von zentraler Bedeutung. Ein NPD-Funktionär aus Thüringen hat dies in der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" sehr deutlich gemacht: "Jedes Haus, jede Wohnung, in dem sich die nationale Opposition treffen kann, ist eine Burg im Feindesland!"15 14 Internetseite des JN-Bundesverbandes: "Protestbewegung muß Partei ergreifen" vom 19.12.2014, abgerufen am 29.12.2014 15 Thorsten HEISE in "gemeinsam, authentisch, deutsch", veröffentlicht in der "Deutschen Stimme" Ausgabe 11, November 2014 27 Eine solche "Burg" ist ganz offensichtlich das "Nationale Begegnungszentrum" Anklam, welches Sitz des NPD-Landesverbandes und Anlaufpunkt für Rechtsextremisten vornehmlich aus dem Bereich Vorpommern-Greifswald ist. In dem Objekt sind ein Versandhandel ("Pommerscher Buchdienst") sowie das Bürgerbüro des NPD-Landtagsabgeordneten Michael ANDREJEWSKI angesiedelt. Zwar dient dieses gegenwärtig nicht als Wohnobjekt, aber Bibliothek und Versammlungsraum sind vorhanden. Weitere zentrale Anlaufpunkte der rechtsextremistischen Szene sind Objekte in Grevesmühlen, Lübtheen, Burg Stargard, Salchow und Viereck, in denen die unterschiedlichsten Szeneveranstaltungen durchgeführt werden. * "Thinghaus" Grevesmühlen Das "Thinghaus" ist als wichtigster Treffort der rechtsextremistischen Szene im Westen des Landes anzusehen. Dieser wird auch Rechtsextremisten aus anderen Bundesländern für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. So fand dort am 14. September 2014 der Landesparteitag des NPD-Landesverbandes Schleswig-Holstein statt, da es nach eigenen Angaben nicht möglich war, eine geeignete Gaststätte in Schleswig-Holstein zu bekommen.16 Der große Versammlungsraum bietet die Möglichkeit, auch Konzerte oder Vortragsveranstaltungen durchzuführen. Bemerkenswert ist, dass das Objekt bislang dreimal am "Tag des offenen Thinghauses" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, was außerhalb der rechtsextremistischen Szene jedoch auf wenig Resonanz stieß. Die Veranstaltung im Jahr 2014 zeigte allerdings die besonders enge Beziehung zwischen dem NPD-Kreisverband und den Neonazis des "Freundeskreises Thinghaus". Der Kreisverband trat im Jahr 2014 erstmals als Anmelder des "Tages des offenen Thinghauses" am 26. Oktober 2014 in Erscheinung. In einem Interview mit MUPINFO hat der Kreisvorsitzende David BÖTTCHER sich erfreut darüber gezeigt, für die "musikalische Unterhaltung" beim "Tag des offenen Thinghauses" 2014 "Lunikoff" gewonnen zu ha16 Internetseite des NPD-Landesverbandes Schleswig-Holstein: "Landesparteitag der NPD Schleswig-Holstein" vom 15.09.2014, abgerufen am 17.09.2014 28 ben.17 Hierbei handelt es sich um den Rechtsextremisten Michael REGNER, der vom Bundesgerichtshof am 10. März 2005 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (Musikband "Landser") als Rädelsführer in Tateinheit mit Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war.18 * "Kulturraum" Lübtheen Der "Kulturraum Lübtheen" wurde im Jahr 2014 für Veranstaltungen und Aktivitäten vornehmlich des NPD-Kreisverbandes Westmecklenburg genutzt. Wie im Vorjahr wurden dort von Rechtsextremisten organisierte Sportund weitere Freizeitangebote, auch für Kinder, angeboten. * "Bürgerbüro" Burg Stargard Das Bürgerbüro Burg Stargard war ursprünglich als Kreisgeschäftsstelle der NPD-Kreistagsfraktion Mecklenburgische Seenplatte eingerichtet worden. Nach dem Verlust des Fraktionsstatus wird das Objekt weiterhin von NPD-Angehörigen genutzt und bewohnt. * "Saustall" (ehemaliger Schweinestall) Viereck In Viereck (Landkreis Vorpommern-Greifswald) existiert mit dem dortigen "Saustall" ein überregionaler Treffort, der auch "Publikum" aus Brandenburg und Berlin anzieht. Trotz einer baurechtlichen Einschränkung für Veranstaltungen kam es auch im Jahre 2014 wieder zu illegalen Veranstaltungen, die von der Polizei aufgelöst werden mussten. * "Nationales Wohnprojekt" in Salchow Das im Landkreis Vorpommern-Greifswald liegende "Nationale Wohnprojekt" in Salchow dient neben seiner Rolle als Wohnsitz für Szeneangehörige als Austragungsort für rechtsextremistische Musikveranstaltungen, die dort von der Außenwelt abgeschottet durchgeführt werden. Eigentümer ist u. a. ein NPD-Kader. 17 Internetseite MUPINFO: "Tag des offenen Thinghauses" vom 22.10.2014, abgerufen am 24.10. 2014 18 Urteil vom 10.03.2005, 3 StR 233/04 29 2.8 Subkultureller Rechtsextremismus Dem subkulturellen Rechtsextremismus rechnen die Verfassungsschutzbehörden die Personen zu, die ohne größeren Organisationsgrad zumeist auf örtlicher Ebene rechtsextremistische Aktivitäten entfalten. Deren Eindringtiefe in ideologisch-politische Zusammenhänge ist weiterhin eher gering. Diese Szene bleibt überwiegend aktionsorientiert und findet sich - wenn überhaupt - im Rahmen des rechtsextremistischen Konzertgeschehens oder als Teilnehmer bei Demonstrationen des organisierten Rechtsextremismus zusammen. Typisch für diese in Teilen gewaltorientierte Szene ist die Bereitschaft zur Begehung von Straftaten, wie etwa Propagandadelikte ("Sieg Heil-Rufe", der "Hitlergruß"), die nicht selten im Zusammenhang mit einschlägigen Gewalttaten erfolgen. Andere subkulturelle Szenen, wie Hooligans und Rocker, fallen wegen des in der Regel Fehlens politisch-extremistischer Zielsetzungen zwar nicht unter die Beobachtung des Verfassungsschutzes. Gleichwohl müssen partiell vorhandene Überschneidungen mit der rechtsextremistischen Szene im Blick behalten werden, um das damit möglicherweise verbundene Gefahrenpotenzial einschätzen zu können. Diese Verbindungen stellen sich im Bundesgebiet aber auch regional unterschiedlich dar und sind meist von persönlichen Kennverhältnissen abhängig. Eine maßgebliche Beeinflussung der Rockerszene oder der hiesigen Hooliganszene durch Rechtsextremisten ist jedoch wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Interessenlage weiterhin nicht erkennbar. Allerdings ist über die persönlichen Kontakte hinaus erkennbar, dass es habituelle Überschneidungen der einzelnen Subkulturen gibt. So sind ähnliche Vorstellungen von "Kameradschaft", "Disziplin" und "Männlichkeit" vorhanden. Darüber hinaus gibt es im Rechtsextremismus Gruppierungen, wie etwa die "Hammerskins" oder die "Brigade 8", die ähnliche Rituale pflegen wie die Rockerszene. Dies gilt für das Tragen von "Kutten" oder die Praxis bei der Aufnahme neuer Mitglieder. Allerdings sind die "Hammerskins" mit ihren auch in Mecklenburg-Vorpommern agierenden konspirativen Strukturen eher dem Lager der Neonazis zuzuordnen, während die "Brigade 8" im Grenzbereich zwischen den rechtsextremistischen Subkulturen 30 und der Neonaziszene angesiedelt ist. 2014 rückten im Zusammenhang mit den Demonstrationen der "Hooligans gegen Salafisten" (HOGESA) am 26. Oktober in Köln und am 15. November in Hannover die Überschneidungen der Hooliganszene mit der rechtsextremistischen Szene in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Tatsächlich nahmen auch zum Teil bekannte Rechtsextremisten an den Demonstrationen teil. In Mecklenburg-Vorpommern blieb die Resonanz auf die Demonstrationsaufrufe allerdings sehr gering. Im Übrigen ist es der HOGESA-Bewegung insgesamt weder gelungen, eine auf Dauer angelegte Struktur zu schaffen noch einen kontinuierlichen politischen Meinungsbildungsprozess zu organisieren. 2.8.1 Rechtsextremistische Musikveranstaltungen 2014 Sehr wahrscheinlich auch aufgrund des kontinuierlichen Verfolgungsdrucks wurden 2014 gegenüber dem Vorjahr deutlich weniger rechtsextremistische Musikveranstaltungen im Land durchgeführt. So fanden im Berichtzeitraum in Mecklenburg-Vorpommern 12 einschlägige Musikveranstaltungen (2013: 18) statt, darunter sieben Konzerte mit Live-Auftritten von rechtsextremistischen Bands (2013: 13)19. Des Weiteren wurden vier Musikdarbietungen im Rahmen von politischen Veranstaltungen, etwa der NPD (2013: 4), und ein "Liederabend" festgestellt. Drei Veranstaltungen konnten im Vorfeld verhindert werden. Dabei kam es wiederum zu Gewalttaten gegenüber eingesetzten Polizeibeamten, so z. B. anlässlich der Auflösung eines Konzertes im "Thinghaus" in Grevesmühlen am 3. August 2014. Zu Gewaltaktionen gegen Polizeibeamte kam es auch bei der Auflösung eines Konzertes am 31. Oktober 2014 in Greifswald. Dabei handelte es sich mit etwa 500 Teilnehmern um das größte rechtsextremistische Konzert im Jahr 2014, an dem sowohl Musikgruppen aus Deutschland als auch aus dem Ausland beteiligt waren. Organisiert wurde es durch ein NPD-Mitglied aus Brandenburg. Besonders erwähnenswert ist die Teilnahme der Band "P.W.A." aus Estland ("P.W.A." steht für "preserve white aryans" = "Schütze weiße 19 Das LKA M-V weist in seiner Statistik zusätzlich sieben Szenepartys ohne Livemusik aus. 31 areifs1Karonlczert Eriedl1Kanodzert Fus ieben I 2MReucshik0tvxra1nesmtil4ucghen Steinh1Kaognezern m1L!iedNrabend Heuklo1KstenrzerGtrev Wi2smoühnlesti,Jar]ge WA1sonzi ge ALGNSDTKRECIS LARDER IS SVneKORFÖDMNELBSMLTEAcK-ChRDMKNa)WLwLSIUAFELMEUNIMHGANRDSeLBUETTUARr-IPAiCDCIGHnSSEM Heustac1Kdo-GnlozwerertLibtheWA1sonnstige Arier"), die Kontakte zum "Blood and Honour" Netzwerk unterhält. Bei den restlichen rechtsextremistischen Konzertveranstaltungen lag die durchschnittliche Teilnehmerzahl wie im Vorjahr bei etwa 130 Personen. Das Veranstaltungsgeschehen hat sich im Berichtszeitraum jedoch von den Szeneobjekten wieder vermehrt in die Fläche verlagert. Grund hierfür dürfte der Versuch sein, staatlichen Maßnahmen auszuweichen. Die Zahl der in Mecklenburg-Vorpommern ansässigen rechtsextremistischen Bands liegt weiter bei etwa 10. Zu den aktivsten Gruppen gehörten20 auch 2014 "Skalinger" (Raum Wolgast), die auch als "Die Liebenfels-Kapelle" in Erscheinung tritt, "Path of Resistance" (Raum Rostock), "Painful Awakening" (Raum Güstrow) und "Thrima" (Raum Nordvorpommern). Sie treten regelmäßig im Inund Ausland auf. So sollen die Bands "Thrima" und "Painful Awakening" z. B. am Konzert aus Anlass des Todestages (23. September 1993) des Gründers der "Blood and Honour"-Bewegung Ian Stuart DONALDSON im September 2014 in Großbritannien 20 teilgenommen haben. Die Nähe der hiesigen Bands zum historischen Nationalsozialismus war auch 2014 unverkennbar. Sie führte am 30. April 2014 zu einer Indizierung des "Pommern Samplers"21, der u. a. Aufnahmen der Bands "Thrima", "Stimme der Vergeltung" und "Wiege des Schicksals" enthielt, als jugendgefährdend. Ende Juli 2014 veröffentlichte die Band "Thrima" auf ihrer Internetseite erneut einen "Geburtstagsgruß" für den im Oktober 2013 gestorbenen ehemaligen SS-Offizier und verurteilten Kriegsverbrecher Erich PRIEBKE. 20 Internetseite der internationalen "Blood and Honour"-Bewegung, abgerufen am 25.09.2014 21 vgl. Verfassungsschutzbericht M-V 2013, S. 27f. 33 MRnecukhltsbixrg-eVmaopsntidcher TIpe Neben den Bands finden sich regional oder überregional immer wieder rechtsextremistische Bandprojekte zusammen, wie etwa "Ahnenblut", an dem auch Rechtsextremisten auch Mecklenburg-Vorpommern beteiligt sind. Die aus diesem Projekt 2014 entstandene CD mit dem gleichlautenden Titel "Ahnenblut" wurde im Oktober des Jahres von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) als jugendgefährdend indiziert. In zwei Liedern sieht das Gremium eine Verherrlichung der Ideologie und der Rassenlehre des Nationalsozialismus.22 22 2.8.2 Internetauftritte rechtsextremistischer Bands Neben einer eigenen Internetseite werden durch rechtsextremistische Bands auch FACEBOOK-Profile verwendet. Das Profil der Band "Path of Resistance" ist sehr aktuell gehalten und verweist unter anderem auf anstehende Konzerte. Bemerkenswert ist hierbei ein Eintrag vom 24. September 2014, bei dem mittels Foto die Verbundenheit zu Ian Stuart DONALDSON dokumentiert wird: 23 23 22 Abbildung der CD-Hülle 23 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite der Band "Path of Resistance" am 24.09.2014, abgerufen am 17.03.2015 35 Der Internetauftritt der Band "Thrima" wurde letztmalig im September 2013 aktualisiert, das FACEBOOK-Profil ist dagegen aktuell gehalten. Auch hier wird auf anstehende Konzerte verwiesen sowie eigene Produkte, wie z. B. T-Shirts, beworben. Aktuell ist auch der FACEBOOK-Auftritt der Band "Painful Awakening", der ähnliche Inhalte aufweist. Auffällig ist dort die deutlich antisemitische Propaganda. 2.8.3 Szeneläden/Versandhandel Der Handel mit rechtsextremistischen Musikprodukten, entsprechenden Kleidungsstücken oder sonstigen Devotionalien wird weiterhin hauptsächlich über das Internet abgewickelt. Ein aktuelles Angebot halten das "Nordlicht-Gnoien-Weltnetzgeschäft" mit Sitz in Hagenow, der Szeneladen in Anklam "New Dawn" mit dem dazugehörigen "4uVinyl"-Versand, der "Levensboom"-Versand des NPD-Landtagsabgeordneten David PETEREIT im "Thinghaus" in Grevesmühlen sowie der "Pommersche Buchdienst" im "Nationalen Begegnungszentrum" in Anklam bereit. Die Angebotspalette umfasst auch antiquarische Schriften aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie etwa das von Joseph GOEBBELS verfasste Buch "Kampf um Berlin". Dieses Werk ist für die heutige Neonaziszene insoweit von "vorbildhafter" Bedeutung, als dass es eine Reihe von politisch-taktischen Hinweisen enthält, die letztlich einen Umsturz der von den Nazis gehassten Weimarer Demokratie zur Folge hatten.24 24 2.9 Neonationalsozialismus (Neonazismus) Die nicht parteigebundenen neonazistischen Strukturen arbeiten weiterhin eng mit der NPD zusammen. Dies wurde z. B. im Raum Waren (Müritz) deutlich. Die dortige NPD-Stadtvertreterin Doris ZUTT verfügt über gute Verbindungen in die örtliche Kameradschaftsszene 24 Internetseite "Pommerscher Buchdienst", abgerufen am 09.04.2015 36 und fungiert vor Ort als Anmelderin für neonazistische Versammlungen. So trat sie bei einer "Mahnwache gegen Kinderschänder" am 3. Oktober 2014 als Anmelderin auf, die den "Nationalen Sozialisten Müritz" zuzurechnen war. Auf der anderen Seite wird sie von heimischen Neonazis bei eigenen NPD-Anliegen unterstützt: So entrollten Begleiter der NPD-Stadtvertreterin, die als Zuschauer bei der Stadtvertretersitzung am 15. Oktober 2014 in Waren (Müritz) zugegen waren, bei einem Antrag zum Thema "Prostitution in Waren" ein themenbezogenes Transparent. Zudem führten der NPD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte und die "Nationalen Sozialisten Müritz" am 16. November 2014 in Waren (Müritz) eine gemeinsame Veranstaltung zum "Heldengedenken" durch. Die vorgenannte NPD-Stadtvertreterin, der Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Mecklenburgische Seenplatte, Norman RUNGE, sowie Angehörige der "Nationalen Sozialisten Müritz" hielten Reden und trugen Gedichte vor. Im Vergleich zu den Vorjahren sind vermehrt Aktivitäten zu beobachten, für die die "freien Kräfte" Verantwortung übernehmen. Dies ist besonders im Raum Güstrow/Bützow erkennbar.25 Allerdings wirken hier NPD-Aktivisten mit. Ein Ablösungsprozess von der NPD bzw. ihrer Jugendorganisation war in Rostock zu beobachten. Dort führte die Neonaziszene, die zeitweilig unter maßgeblichem Einfluss der "Nationalen Sozialisten Rostock" stand, deutlich weniger Aktionen unter dem Dach der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) durch, sondern legte einen Schwerpunkt auf Internetaktivitäten. Wie wichtig die Kommunikation über das Internet für die Rechtsextremisten auch im Hinblick auf die Koordination von Aktionen ist, wird an der Beteiligung der hiesigen Neonaziszene an der "Aktion Schwarze Kreuze Deutschland" deutlich. Für den 13. Juli 2014 wurde im Netz dazu aufgerufen, zum Gedenken an angebliche "Deutsche Opfer von Ausländergewalt" an Orten solcher Übergriffe und an anderen Brennpunkten (z. B. Asylbewerberunterkünften) schwarze Kreuze aufzustellen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden an über 30 Orten solche Kreuze aufgestellt, so in Schwerin, Greifswald, Grevesmühlen und Stralsund. 25 vgl. Abschnitt 2.5 37 Darüber hinaus konnten auch 2014 offensichtlich neonazistische Gruppierungen festgestellt werden, die Aktivitäten im Internet entfalteten, in der realen Welt aber kaum wahrnehmbar waren, wie etwa die "WhiteBoysStralsund" oder der "Agitationsdistrict Amt Goldberg-Mildenitz", der bereits im Jahr davor als Gruppierung der "Autonomen Nationalisten" in Erscheinung getreten war. Neonazis aus dem Lande beteiligten sich 2014 zudem regelmäßig an rechtsextremistischen Veranstaltungen in und außerhalb des Landes.26 Kontakte waren auch zur Neonaziszene im Südosten Schleswig-Holsteins festzustellen. Offenbar ist weiterhin ein Bedürfnis nach überregionaler Vernetzung außerhalb der NPD-Strukturen vorhanden. Von besonderer Bedeutung für den Szenezusammenhalt sind die vorwiegend auf örtlicher Ebene agierenden Neonazigruppierungen. Sie bilden das Milieu, in dem die neonazistische Weltanschauung gepflegt und gelebt wird. Neben den bereits oben genannten Strukturen waren 2014 folgende "Kameradschaften"/Gruppen diesem Spektrum zuzuordnen: * "Freie Kameradschaft Wismar" * "Germanisches Bollwerk Mecklenburg" * "Kameradschaft Schwerin" * "Kameradschaft Bützow" * "Rostocker Division" * "Nationale Offensive Gnoien" * "Kameradschaft Malchin" * "Arischer Widerstandsbund", Altentreptow * "Netzwerk Freies Pommern / Nationale Sozialisten Pommern" * "Freie Kräfte Greifswald / Nationale Sozialisten Greifswald" * "Völkische Burschenschar Strasburg" * "Kameradschaftsbund Anklam" * "Kameradschaftsbund Bargischow" * "Aryan Warriors", Ueckermünde * "Kameradschaft Borken" * "Nationales Bündnis Löcknitz" 26 vgl. Abschnitt 2.9.2 38 Die Aufstellung zeigt, dass hier nach wie vor ein Schwerpunkt im Osten des Landes liegt. Um einen überregionalen oder gar internationalen Ansatz bemühen sich die folgenden Strukturen: * Die "Europäische Aktion" (EA) versucht weiterhin ein gesamteuropäisches Netzwerk von Rechtsextremisten zu knüpfen, scheint aber zumindest in Mecklenburg-Vorpommern dabei keine größeren Erfolge erzielt zu haben. * Die rechtsextremistische Hafthilfeorganisation "Gefangenenhilfe. info" hat ihre Aktivitäten im Bundesgebiet verstetigt und stieß auch in der hiesigen Szene auf Interesse. Die Internetseite wurde insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2014 regelmäßig aktualisiert, wobei die Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Organisationen großen Raum einnahmen. Besonders bemerkenswert war der Versuch, über den Verkauf von T-Shirts mit der Aufschrift "Freiheit für Wolle" Einnahmen für den mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf WOHLLEBEN zu akquirieren. * Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten der "Artgemeinschaft-Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V." (AG GGG), kurz "Artgemeinschaft" waren im vergangenen Jahr erneut nicht festzustellen. Diese Gruppierung verfolgt weiterhin ihre klandestine Strategie, um im sozialen Nahraum Einfluss zu gewinnen.27 * Der Vereinssitz der mit der "Artgemeinschaft" eng verbundenen "Gesellschaft für biologische Anthropologie und Verhaltensforschung e. V." (GfbAV; vorher: "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e. V."). wurde inzwischen aus Schleswig-Holstein nach Lalendorf im Landkreis Rostock verlegt. In diesem Raum liegt auch der Schwerpunkt der "Artgemeinschaft" in Mecklenburg-Vorpommern. In der Gesamtschau scheint die parteifreie neonazistische Szene für die Rechtsextremisten im Land wieder an Anziehungskraft zu gewin27 vgl. Verfassungsschutzbericht M-V 2012, S. 28f. 39 nen. Ein Beleg hierfür ist auch das weiter angewachsene Personenpotenzial. 2.9.1 Neonazistische Publikationen Durch die rechtsextremistische Szene werden wie in den Vorjahren "Boten" für jeweils verschiedene Regionen verteilt. Gab es jedoch im Jahr 2012 eine Zunahme regionaler Boten, insbesondere im Westteil des Landes, so ist dieser Trend im Jahr 2013 zum Erliegen gekommen. Im Jahr 2014 wurde im Westteil des Landes nur noch eine Regionalausgabe des "Boten" veröffentlicht. 2014 sind folgende "Boten" mit mindestens einer Ausgabe und zum Teil hoher Auflage bekannt geworden: * "Der Anklamer Bote" * "Der Lassaner Bote" * "Der Uecker-Randow Bote" * "De Meckelbörger Bote", Bereich Nordwestmecklenburg und Wismar * "Meckelbörger Landbote". Presserechtlich verantwortlich sind weit überwiegend NPD-Kader. Ein ähnliches Ziel wie die "Boten" verfolgt offenbar nach wie vor auch der von der "Interessengemeinschaft Schöneres Strasburg" herausgegebene "Strasburger Beobachter", von dem im Jahre 2014 mehrere Ausgaben bekannt wurden. 2.9.2 Neonazistische Veranstaltungen und Aktivitäten * Rechtsextremistischer Trauermarsch am 12. Februar 2014 in Dresden anlässlich des Jahrestages der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg Traditionell führt die rechtsextremistische Szene um den 13. Februar, dem Jahrestag der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg, in der Stadt eine Demonstration durch. 2014 wurde die Veranstaltung nach bundesweiter Mobilisierung kurzfristig auf den Abend des 12. Februar 2014 gelegt, 40 um die von Jahr zu Jahr anwachsenden Gegenaktionen zu unterlaufen. Letztlich beteiligten sich etwa 500 Personen, darunter auch Mitglieder der NPD-Landtagsfraktion aus Mecklenburg-Vorpommern. * "Tollensemarsch" der rechtsextremistischen Szene am 22. Februar 2014 im Raum Neubrandenburg Am 22. Februar 2014 fand der jährliche "Tollensemarsch" der rechtsextremistischen Szene im Raum Tollensesee/Alt Rhese mit ca. 60 Teilnehmern statt (11. "Tollensemarsch"). Maßgeblich organisiert wird der Marsch vom NPD-Landtagsabgeordneten David PETEREIT. * Neonazistische Aktionen zum 8. Mai Zum Jahrestag der deutschen Kapitulation 1945 und dem damit einhergehenden Ende des nationalsozialistischen Regimes veranstaltet die rechtsextremistische Szene in Mecklenburg-Vorpommern jährlich einen Trauermarsch in Demmin, an dem im Jahr 2014 ca. 170 Rechtsextremisten teilnahmen. Michael GIELNIK, Mitglied des NPD-Landesvorstandes Mecklenburg-Vorpommern, hatte die Demonstration als Privatperson angemeldet. Als Redner trat der rechtsextremistische Historiker Dr. Olaf ROSE auf. * Aktionen zum Todestag von Rudolf HEß am 17. August Die Bedeutung des Todestages des HITLER-Stellvertreters Rudolf HEß innerhalb der rechtsextremistischen Szene nimmt weiter ab. Insgesamt wurden 2014 nur wenige Aktionen mit Bezug zu diesem Datum registriert, allesamt Plakatierungen. So wurden am 16. August 2014 in Waren mehrere Plakate geklebt und mehrere Holzkreuze aufgestellt. * "Heldengedenken" der rechtsextremistischen Szene Am 16. März 2014 sowie am Volkstrauertag (16. November 2014) führte die rechtsextremistische Szene wie in jedem Jahr landesweit "Gedenkveranstaltungen" an Denkmälern für in den Weltkriegen gefallenen deutschen Soldaten durch, bei denen durch die NPD und die Neonaziszene gemeinsam Kränze niedergelegt 41 wurden. Entsprechende Aktionen gab es beispielweise in Ludwigslust, Neubrandenburg, Usedom, Waren und Schwerin. 2.10 Rechtsextremistische Parteien 2.10.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern 28 28 Gründung 1990 Mitglieder 380 (davon 20 "Junge Nationaldemokraten", JN) 2013 Mitglieder 340 (davon 20 "Junge Nationaldemokraten", JN) 2014 LandesvorStefan KÖSTER (Landesvorsitzender), stand 2014 David PETEREIT (stellv. Landesvorsitzender), Michael GIELNIK (stellv. Landesvorsitzender), Michael GREWE (Landesorganisationsleiter), Frank-Uwe LINKE (Beisitzer), Tino MÜLLER (Beisitzer), Enrico HAMISCH (Beisitzer), Alexander WENDT (Beisitzer), Marko MÜLLER (Beisitzer), Udo PASTÖRS (Mitglied kraft Amtes) Bürgerbüros Lübtheen (Udo PASTÖRS, Stefan KÖSTER) der NPDGrevesmühlen, "Thinghaus" (Udo PASTÖRS, Stefan KÖSTER) LandtagsAnklam, "Nationales Begegnungszentrum" abgeordneten (Michael ANDREJEWSKI) Ueckermünde (Tino MÜLLER) Rostock (David PETEREIT) 28 Internetseite des NPD-Landesverbandes, abgerufen am 15.10.2013 42 Publikationen "Der Ordnungsruf", Ausgabe 16 (soweit AusHrsg.: NPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern gaben im Jahr 2014 "Meckelbörger Landbote, Volkstreues Mitteilungsblatt für den veröffentlicht Landkreis Rostock", Sonderausgabe zur Wahl" wurden) Hrsg.: NPD-Kreisverband Mecklenburg-Mitte "Kurz & Knapp, Nachrichten der NPD-Westmecklenburg", Sonderausgabe zur Kommunalwahl Hrsg.: NPD-Kreisverband Westmecklenburg "Kurz & Knapp", Sonderausgabe zur Wahl der Friedländer Stadtvertretung Hrsg.: NPD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte "Kurz & Knapp, Nachrichten aus der Gemeindevertretung der Kaiserbäder", Sonderausgabe zur Kommunalwahl 2014 Hrsg.: NPD-Fraktion Kaiserbäder "Klartext - Die Stimme der mündigen Bürger in Waren", Sonderausgabe zur Kommunalwahl Hrsg.: NPD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte "Klartext! Informationen zur Kreistagswahl" (Ludwigslust-Parchim) Hrsg.: NPD-Kreisverband Westmecklenburg "Warum NPD? Informationen zur Anklamer Stadtvertretungswahl" Hrsg.: NPD-Kreisverband Ostvorpommern-Greifswald "Warum NPD? Informationen zur Kreistagswahl" Mecklenburgische Seenplatte Hrsg.: NPD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte "Warum NPD? Informationen zur Kreistagswahl" Vorpommern-Greifswald Hrsg.: NPD-Kreisverband Ostvorpommern-Greifswald "Volkstreu & Konsequent - Die NPD in der Rostocker Bürgerschaft 2009 - 2014" Hrsg.: NPD-Kreisverband Mecklenburg-Mitte "Blickpunkt VG - Mitteilungsblatt der NPD-Fraktion im Kreistag Vorpommern-Greifswald Hrsg.: NPD-Kreistagsfraktion Vorpommern-Greifswald 43 Internet Internetseite des NPD-Landesverbandes mit Berichten von den Kreisverbänden und aus den Gemeindeund Stadtvertretungen sowie Kreistagen mit NPD-Mandatsträgern Internetseite der NPD-Landtagsfraktion Internetseite der NPD-Fraktion Kaiserbäder FACEBOOK-Gemeinschaftsseiten des NPD-Landesverbandes, der NPD-Landtagsfraktion sowie der Kreistagsfraktion Vorpommern-Greifswald und der NPD-Kreisverbände Westmecklenburg, Mecklenburgische Seenplatte, Mecklenburg-Mitte und Nordvorpommern Youtube-Kanal: "weiterdenken.tv" UnterJugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) organisationen Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen" (RNF) NPD-Kreisverband Westmecklenburg NPD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte NPD-Kreisverband Ostvorpommern-Greifswald Kreisverbände NPD-Regionalverband Uecker-Randow NPD-Kreisverband Mecklenburg-Mitte NPD-Kreisverband Nordwestmecklenburg NPD-Kreisverband Nordvorpommern * Aktivitäten der NPD M-V im Jahr 2014 Die Aktivitäten wurden im ersten Halbjahr 2014 maßgeblich durch den Wahlkampf für die Kommunalwahlen und die Europawahl am 25. Mai 2014 geprägt. Die kommunalpolitische Ebene hat eine zentrale Bedeutung für die NPD, da sie als wichtige Basis für den angestrebten Systemwechsel dienen soll. Vor diesem Hintergrund hat der Landesverband im Rahmen des Kommunalwahlkampfes erhebliche Anstrengungen unternommen, um flächendeckend eine möglichst breite Präsenz in den kommunalen Vertretungen zu erzielen. Bis einschließlich September 2014 haben zahlreiche NPD-Funktionäre und -Unterstützer aus Mecklenburg-Vorpommern die Landtagswahlkämpfe der NPD in Sachsen, Brandenburg und Thüringen unterstützt, was mit einem Rückgang rechtsextremistischer Aktivitäten im hiesigen Bundesland verbunden war. Mit der Demonstration am 11. Oktober 2014 in Stralsund hat 44 sich der NPD-Kreisverband Nordvorpommern mit einer größeren Veranstaltung zurückgemeldet, wobei die Teilnehmerzahlen im Vergleich zu entsprechenden Demonstrationen in den Vorjahren rückläufig waren.29 Mit der Wahl des neuen NPD-Bundesvorsitzenden am 1. November 2014 in Weinheim hat die NPD signalisiert, den bisherigen "sächsischen Weg" der "seriösen Radikalität" fortführen zu wollen. Der Landesparteitag der hiesigen NPD wurde ins neue Jahr verschoben. Bedeutsam für den gesamten Rechtsextremismus im Land ist nach wie vor die bundesweit nunmehr einzige NPD-Landtagsfraktion, die für den Rechtsextremismus im Land eine tragende Rolle einnimmt und zudem zahlreiche NPD-Kader als Fraktionsmitarbeiter beschäftigt, die sich dadurch zumindest zeitweise in der Landeshauptstadt aufhalten. Zudem ist die Landtagsfraktion bundesweit Anziehungspunkt für rechtsextremistische Besucher, weshalb die Sicherheitsvorkehrungen im Parlament im Jahr 2006 nach dem Einzug der NPD in den Landtag massiv ausgebaut wurden. Außerdem sind die Kleinen Anfragen im Landtag ein wichtiges Mittel zur Gewinnung von Informationen. Die NPD-Landtagsfraktion trat im Rahmen des Wahlkampfes als Anmelder zahlreicher Informationsstände in Erscheinung. Am 15. Juni 2014 beteiligte sich die NPD-Landtagsfraktion wie in jedem Jahr am "Tag der offenen Tür" im Schweriner Landtag. * Wahlergebnisse der NPD bei den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 in Mecklenburg-Vorpommern Bei den Kommunalwahlen 2014 erreichte die NPD in Mecklenburg-Vorpommern bei einer Wahlbeteiligung von nur 46,5 Prozent 3,2 Prozent der Stimmen (2011: 5,4 Prozent). Dies entspricht einer absoluten Stimmenzahl von 58.696 (2011: 89.440 Stimmen), wobei zu berücksichtigen ist, dass jeder Wähler drei Stimmen hat. Verluste für die NPD gegenüber 2011 waren in allen sechs Landkreisen und der kreisfreien Stadt Rostock festzustellen (ein Wahlantritt in Schwerin erfolgte nicht). 29 vgl. Abschnitt 2.10.3 45 Zwar ist die NPD wie bisher in allen Kreistagen und der Bürgerschaft Rostock mit mindestens einem Sitz vertreten, allerdings entfiel nach der Wahl in zwei Landkreisen der bisherige Fraktionsstatus und die damit verbundenen finanziellen Zuwendungen. Damit bleibt die Fraktionsstärke nur noch im Kreistag Vorpommern-Greifswald erhalten, und selbst dort musste die NPD einen Sitz abgeben. Die Ergebnisse für die NPD bei den Kreistagswahlen im Einzelnen: Landkreis/kreisfreie Stadt 2011 2014 Vorpommern-Greifswald 8,9 %, 6 Sitze 6,6 %, 5 Sitze Ludwigslust-Parchim 5,5 %, 4 Sitze 3,5 %, 3 Sitze Mecklenburgische Seen4,8 %, 4 Sitze 3,3 %, 2 Sitze platte Landkreis Rostock 4,0 %, 3 Sitze 2,8 %, 2 Sitze Nordwestmecklenburg 4,3 %, 3 Sitze 2,5 %, 2 Sitze Vorpommern-Rügen 4,3 %, 3 Sitze 2,5 %, 2 Sitze Bürgerschaft Rostock 3,0 %, 2 Sitze 1,7 %, 1 Sitz (2009) Gesamt: 25 Sitze 17 Sitze Bezogen auf die Kreistagswahlen lagen wie bei den vorangegangenen Kommunalwahlen 2009 und 2011 nahezu ausschließlich im Landkreis Vorpommern-Greifswald zweistellige Wahlergebnisse für die NPD vor, beispielsweise in Blesewitz (27,2 Prozent), Neuenkirchen (21 Prozent), Wilhelmsburg und Ziethen (18,9 Prozent), Klein Bünzow (16,8 Prozent), Koblentz (16,1 Prozent), Papendorf und Garz (15 Prozent) und Eggesin (13,6 Prozent). Auch auf der Insel Usedom und im Landkreis Ludwiglust-Parchim wurden teilweise zweistellige Ergebnisse erzielt. In Lübtheen, dem Wohnort des NPD-Fraktionsvorsitzenden Udo PASTÖRS erreichte die NPD 10,7 Prozent. Anzumerken ist aber, dass diese zweistelligen Ergebnisse - mit Ausnahme von Groß Krams, hier konnte die NPD ca. drei Prozent46 punkte hinzugewinnen - mit Verlusten für die NPD gegenüber 2011 verbunden waren. Besonders auffällig war dies beispielsweise in Koblentz: Hier ist das Ergebnis im Vergleich zu 2011 um 15 Prozentpunkte gefallen (von 31,1 Prozent auf 16,1 Prozent). Zusätzlich wird die NPD künftig mit ein bis zwei Sitzen in 25 Gemeindeund Stadtvertretungen vertreten sein. Dies entspricht in etwa der Anzahl der Gemeindeund Stadtvertretungen, in denen die NPD nach den Kommunalwahlen 2009 mit ein bis zwei Gemeindebzw. Stadtvertretern saß. Bei den Wahlen 2009 war, wie schon oben genannt, von der NPD insgesamt ein annähernd gleiches Wahlergebnis erzielt worden wie 2014. Damit verfügt sie auf kreislicher Ebene über 17 Mandate und auf Stadtund Gemeindeebene über 32 Mandate (2009: 36). Der NPD-Landesverband hat am Tag nach den Wahlen auf seiner Internetseite eine Stellungnahme des NPD-Landesvorsitzenden Stefan KÖSTER veröffentlicht, in der dieser die Kommunalwahlergebnisse der NPD als "größtenteils sehr enttäuschend" beschrieb. Vor allem bei den Kreistagswahlen habe die NPD deutliche Stimmeneinbußen hinnehmen müssen. Die Wahlziele der NPD seien weitgehend nicht erreicht worden.30 Nach Feststellung der errungenen Mandate in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden wurde seitens der NPD allerdings wieder ein Optimismus zur Schau getragen. In ihren Hochburgen habe die "heimattreue Partei" nach eigener Wahrnehmung zum Teil deutlich zugelegt.31 Der rechtsextremistische Internetauftritt MUPINFO sah das Wahlergebnis etwas differenzierter und hat in einer eigenen Wahlanalyse vom 26. Mai 2014 mehrfach betont, dass die Parteien rechts der CDU, die "Alternative für Deutschland" (AfD) und die NPD, gemeinsam auf 7,4 Prozent der Stimmen gekommen seien. Insgesamt lasse sich eine erfreuliche Entwicklung beobachten, weil nicht nur in Europa, sondern auch in Deutschland die Zustimmung für EU-kritische Parteien wachse. Gleichwohl habe die 30 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Wir danken unseren Wählern!" vom 26.05.2014, abgerufen am 27.05.2014 31 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "NPD weiterhin mit einer guten kommunalpolitischen Verankerung im Land!" vom 30.05.2014, abgerufen am 03.06.2014 47 NPD vom europaweiten Aufschwung der Rechtsparteien nicht profitieren können, was sicherlich für einigen Handlungsbedarf in den Verbänden sorgen werde.32 Insgesamt zeigt das Wahlergebnis, dass die rechtsextremistische Szene ihren politischen Spielraum erneut nicht erweitern konnte. Auch scheint es, als ob die NPD - möglicherweise im Zuge der im Land allgemein festzustellenden Parteienkritik - an Anziehungskraft verloren hat. Durch die im Wahlkampf eingesetzte zum Teil sehr aggressive Agitation gegen Asylbewerber konnten offenbar keine neuen Wählerschichten erschlossen werden. Im Ergebnis bleibt die NPD jedoch flächendeckendend im kommunalpolitischen Raum verankert. * Wahlerfolge für rechtsextremistische Wählervereinigungen In Ueckermünde, Torgelow und Strasburg im Landkreis Vorpommern-Greifswald waren Rechtsextremisten nicht für die NPD angetreten, sondern erstmals für drei Wählergemeinschaften. Die rechtsextremistische Wählervereinigung "Wir von hier" mit NPD-Landesvorstandsmitglied Marko MÜLLER erreichte 14,1 Prozent der Stimmen und ist damit mit drei Sitzen drittstärkste Kraft in der Ueckermünder Stadtvertretung. Ein Vergleich mit dem Ergebnis der Kreistagswahl zeigt jedoch, dass in Ueckermünde 13,7 Prozent der Stimmen auf die NPD entfallen sind. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Kandidaten der Wählervereinigung mit fast gleichem Ergebnis auch auf einer NPD-Liste gewählt worden wären. Ähnlich sieht es in Torgelow aus: Die rechtsextremistische "Alternative für Torgelow" kam zwar auf 8,7 Prozent der Stimmen (2 Sitze), allerdings lag auch das Wahlergebnis für die NPD bei der Kreistagswahl in dieser Stadt bei 8,1 Prozent. Nur in Strasburg konnte ein eigenständiger Erfolg für die "Wählergemeinschaft Schöneres Strasburg" (WGS) verbucht werden: Diese erhielt 15 Prozent der Stimmen (3 Sitze), während die NPD im Rahmen der Kreistagswahl lediglich auf 7,0 Prozent kam. Sowohl WGS als auch die "Interessengemeinschaft Schöneres Strasburg" (IGS) 32 Internetseite MUPINFO: "Kommunalwahlen 2014" vom 26.05.2014, abgerufen am 27.05.2014 48 haben sich vor der Wahl auf der FACEBOOK-Seite der IGS von der Verfolgung "rechter oder gar faschistischer Ziele" und von "neofaschistischem Gedankengut" distanziert.33 Das Wahlergebnis zeigt, dass die Strategie, sich als "Kümmerer vor Ort" ohne eindeutigen NPD-Bezug zu präsentieren, zumindest in Strasburg aufgegangen ist. So wurde auf der FACEBOOK-Seite des rechtsextremistischen "Uecker-Randow Boten" am 27. Mai 2014 auch verkündet, dass die Wahlergebnisse in Torgelow und Strasburg "hoffen lassen" würden und auch andernorts alternativ zum "etablierten Parteienfilz" Wählergruppen in die Stadtvertretungen gewählt worden seien.34 Insgesamt sitzen somit im Landkreis Vorpommern-Greifswald acht Rechtsextremisten für unabhängige Wählergemeinschaften in Stadtvertretungen. Hinzu kommt ein rechtsextremistischer Einzelbewerber in Postlow, der mit 56 Stimmen das drittbeste Ergebnis in der Gemeinde erzielte. * Landesergebnis Europawahl Bei der Europawahl erreichte die NPD in Mecklenburg-Vorpommern 3,0 Prozent der Stimmen (18.031 Stimmen). Das landesweit beste Ergebnis wurde auch hier im Landkreis Vorpommern-Greifswald erzielt (5,6 Prozent), danach folgt wie bei den Kommunalwahlen der Landkreis Ludwigslust-Parchim mit 3,1 Prozent, das schlechteste Ergebnis wurde erneut in der Hansestadt Rostock erzielt (1,5 Prozent). * Wahlergebnis der NPD bei der Bürgermeisterwahl in Pasewalk Der NPD-Kandidat Kristian BELZ erreichte bei der Bürgermeisterwahl in Pasewalk am 23. März 2014 7,76 Prozent der Stimmen (entspricht 408 Stimmen). Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 56,49 Prozent. Der NPD-Landesverband kommentierte das Wahlergebnis dahingehend, dass die NPD "von einem Durchbruch in den zweistelligen Stimmenbereich" nur "ein zusätzliches Asylantenheim entfernt" gewesen sei.35 33 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "Schöneres Strasburg", abgerufen am 04.06.2014 34 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "Der Uecker-Randow Bote": "Torgelow/Strasburg: Wahlergebnisse lassen hoffen!", vom 27.05.2014, abgerufen am 28.05.2014 35 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Etablierte erleichtert - NPD in Pasewalk 'nur' bei 7,8 Prozent" vom 24.03.2014, abgerufen am 25.03.2014 49 Die Zulassung des NPD-Wahlvorschlags durch den Kreiswahlausschuss hatte, zumal dieser vom Gemeindewahlausschuss zunächst abgelehnt worden war und eine entsprechende Positionierung der Verfassungsschutzbehörde vorlag, öffentliche Empörung ausgelöst. Dass die NPD und ihr Bürgermeisterkandidat Kristian BELZ trotz dieser Rahmenbedingungen ihr Wahlergebnis von 2009 noch leicht verbessern konnten, zeigte erneut das in der Region vorhandene Stammwählerpotential, das sich in den letzten fünf Jahren offenbar nicht nennenswert verändert hat. Der Bürgermeisterkandidat aus Löcknitz, Dirk BAHLMANN, ist dagegen sowohl vom Gemeindewahlausschuss als auch nach erfolgter Beschwerde vom Kreiswahlausschuss abgelehnt worden. Auch hier war eine Stellungnahme des Verfassungsschutzes erbeten und entsprechend übersandt worden. * Wahlkampf der NPD in Mecklenburg-Vorpommern für die Europaund Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 Die NPD hatte in allen sechs Landkreisen sowie in der kreisfreien Hansestadt Rostock sowie in zahlreichen Städten und Gemeinden Kandidaten vorzuweisen. Von den 68 NPD-Kandidaten traten 31 sowohl für den Kreistag als auch für die Stadtoder Gemeindevertretung ihres jeweiligen Wohnortes an. Neun der 68 NPD-Kandidaten waren weiblich, dies entspricht einem Anteil von ca. 13 Prozent. Die NPD war bei den Kommunalwahlen 2009 noch mit fast 100 Kandidaten in vier kreisfreien Städten, zehn Landkreisen und etlichen kreisangehörigen Städten und Gemeinden angetreten. Die geringere Anzahl von Kandidaten bei den Kommunalwahlen 2014 dürfte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, dass sich die Anzahl der Landkreise halbiert hat. Auf kreislicher Ebene trat die NPD dafür nunmehr nahezu flächendeckend an - einzige Ausnahme bildete die Landeshauptstadt Schwerin. Hinzu kam, dass mehr Rechtsextremisten als bisher als Einzelbewerber oder in Wählergemeinschaften kandidierten. Insgesamt war ein Nachlassen der Motivation der NPD-Wahlkämpfer gegenüber den Vorjahren trotz des laufenden Verbotsverfahrens nicht feststellbar. 50 Der Wahlkampf startete mit einer Kundgebungstour der NPD-Landtagsfraktion von Mitte März bis Anfang April u. a. unter dem Motto "Ausländer kosten uns Millionen - Recht auf Asyl abschaffen." Dabei kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen NPD-Anhängern und Gegendemonstranten. 36 36 Am 14. Mai 2014 startete der NPD-Kreisverband Westmecklenburg zudem eine eigene Kundgebungstour. Im sozialen Netzwerk FACEBOOK auf der rechtsextremistischen Seite "Regional bleibt 1. Wahl" waren hierzu verschiedene Lichtbilder von "Fuchs Reinar", der Figur des rechtsextremistischen Satireprojektes "Tolerie und Demokranz" eingestellt. 37 Die Figur, die ein T-Shirt mit der Aufschrift "Schlaue Füchse wählen NPD" trug, wurde u. a. beim Abreißen von Antifa-Aufklebern und vorm dortigen SPD-Bürgerbüro gezeigt. Mit dem Aufhängen von Wahlplakaten für die Kommunalwahlen und die Europawahl hatte die NPD Mitte April begonnen. Die Plakate stammten zum größten Teil vom hiesigen Landesverband und tru37 gen u. a. folgende Parolen: 36 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "Regional bleibt 1. Wahl", abgerufen am 11.04.2014 37 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "Regional bleibt 1. Wahl", abgerufen am 16.05.2014 51 "Pommern wählt deutsch" "Asylantenstadt Anklam (Pasewalk, Stralsund usw.) - Nicht mit uns!" "Wir sind nicht das Sozialamt der Welt! Asylflut stoppen" "Wir bleiben hier! Wir packen an!" "Geld in Mütterhand statt für Griechenland" "Grenzen dicht! Eigentum vor Plünderungen sichern" "Wählt deutsch! Es ist Zeit zu rebellieren" 38 Hier wurden die von der NPD für sich beanspruchten "Kernkompetenzen" - die "Überfremdungsfrage", "Sozialabbau" und "Grenzkriminalität" - bedient. In der Publikation der NPD-Landtagsfraktion "Der Ordnungsruf", die bis zum Beginn der eigentlichen Wahlkampfphase landesweit zur Verteilung kam, wurden bereits zentrale Wahlkampfthemen der NPD aufgegriffen, wie "Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien stoppen!", "Grenzkriminalität endlich wirksam bekämpfen" und "Raus aus dem Euro". 39 In den Wahlwerbezeitungen der einzelnen Kreisverbände wurden die NPD-Kandidaten für den Kreistag und einzelne Gemeindevertretungen im Kreisgebiet mit Foto vorgestellt. Daneben kamen regionale Postillen zum Einsatz, wie erstmals im Bereich des Kreisverbandes Mecklenburg-Mitte der "Meckelbörger Landbote" oder die "Klartext"-Schriften in Waren und im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Neben flächendeckender Plakatierung und zahlreichen Kundgebungen waren Wahlkampfbemühungen der NPD auch im sozialen Netzwerk FACEBOOK feststellbar. Viele Kommunalwahlkandidaten veröffentlichen Wahlplakate mit ihrem Konterfei oder sonstige themenbezogene Bilder in ihren Profilen bzw. auf den Seiten ihrer Kreisverbände. Neonazistische Gruppierungen unterstützen die Partei durch Aufrufe, die NPD zu wählen oder auch Abbildungen, die wahlkampfunterstützende Aktionen wie Flugblattverteilungen u. ä. zeigten, wie beispielsweise der "Agitationsdistrict Amt Goldberg-Mildenitz". Im Er38 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Plakatmotive zur Kommunalwahl" vom 07.05.2014, abgerufen am 07.05.2014 39 "Der Ordnungsruf - Mitteilungsblatt der NPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern", Ausgabe 16 52 gebnis ist festzustellen, dass der Wahlkampf unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationsmittel sehr aufwändig und durchaus professionell geführt wurde. 40 40 2.10.2 Kommunalpolitische Forderungen und Arbeit in den Kommmunalvertretungen 41 41 Der NPD-Kreisvorsitzende Norman Runge hatte sich am Rande der Kandidatenaufstellung zur Kommunalwahl grundsätzlich zur Bedeutung der Erlangung kommunaler Mandate für die NPD - vorliegend bezogen auf den NPD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte - geäußert: "Nach der Eroberung mehrerer kommunaler Mandate 2009 und dem Einzug unserer Fraktion in den Kreistag 2011 konnten wir unser Profil auf kommunaler Ebene seither weiter schärfen. Unser Verband ist ambitioniert, die bereits bestehenden Mandate abzusichern und zusätzlich neue Sitze in den Stadtund Gemeindevertretungen zu erringen. Überdies gilt es, den Wieder40 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite des "Agitationsdistricts Amt Goldberg-Mildenitz, abgerufen am 28.04.2014 41 Internetseite des NPD-Landesverbandes, abgerufen am 11.09.2014 53 einzug in den Kreistag zu meistern. Wir werden im Wahlkampf schwerpunktmäßig auf die Themen Asylmissbrauch und Armutseinwanderung eingehen...Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit einem beherzten und engagierten Wahlkampf die Herzen unserer Landsleute gewinnen und unsere Kommunalarbeit in der Mecklenburgischen Seenplatte weiter vorantreiben." 42 Für die NPD sind die Kommunalpolitiker für den "Kampf um die Parlamente" deshalb so bedeutsam, weil sie vor Ort "direkt am Bürger sind" und so über Zustimmung oder Ablehnung der NPD mit entscheiden. Darauf aufbauend würden sich die personellen und logistischen Bedingungen ergeben, die künftige Landtagseinzüge zumindest begünstigen.43 Kurz vor den Kommunalwahlen hat die NPD Mecklenburg-Vorpommern einen Katalog ihrer kommunalpolitischen Forderungen veröffentlicht. Zur "Chefsache" hat sie darin eine Steigerung der Geburtenzahlen und die Familienförderung erklärt. An zweiter Stelle stehe der "Kampf für Heimat und Identität", der einschließe, dass leergezogene Wohnräume nicht "mit Ausländern vollgestopft" werden, vielmehr wolle man Abgewanderte in die Heimat zurückholen. Weitere Forderungen sind die nach der Förderung "regionaler Wirtschaftskreisläufe" und "bäuerlicher Landwirtschaft", Bewahrung von "Volkseigentum" sowie Unterstützung des Ehrenamtes als "persönliche Hingabe Einzelner für die Gemeinschaft".44 Bei der Arbeit in den kommunalen Vertretungen geht es der NPD nach eigener Aussage u. a. darum, die "Machenschaften der etablierten Parteien" aufzudecken.45 2.10.3 Besondere Veranstaltungen des NPD-Landesverbandes und einzelner Kreisverbände Neben den bereits im Zusammenhang mit neonazistischen Struktu42 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Grundstein gelegt - Kommunalwahl im festen Blick" vom 05.02.2014, abgerufen am 05.02.2014. 43 Frank FRANZ in "Souveränität, Identität, Solidarität", veröffentlicht in der "Deutschen Stimme", Ausgabe 11, November 2014 44 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Wofür steht die NPD?" vom 16.05.2014, abgerufen am 19.05.2014 45 Internetseite des NPD-Landesverbandes, abgerufen am 09.04.2014 54 ren genannten Aktionen, bei denen die NPD entweder mitgewirkt oder diese gesteuert hat, waren im Berichtszeitraum die nachfolgenden Veranstaltungen von zum Teil überregionaler Bedeutung und lösten damit eine entsprechendes Medieninteresse aus. * Demonstration des NPD-Landesverbandes "ARBEIT - HEIMAT - ZUKUNFT - Wir kämpfen für Deutschland!" am 1. Mai 2014 in Rostock Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, begehen Rechtsextremisten den von den Nationalsozialisten 1933 eingeführten "Tag der nationalen Arbeit". Sie äußern sich dabei regelmäßig globalisierungskritisch, antikapitalistisch und antiamerikanisch. An der vom NPD-Landtagsabgeordneten David PETEREIT angemeldeten Demonstration beteiligten sich etwa 300 Rechtsextremisten. 46 46 Aufgrund von zahlreichen Störaktionen des politischen Gegners musste der Aufzug verlegt werden. Auch kam es zu Verzögerungen im Ablauf, so dass die Partei von einem "durchwachsenen Ergebnis" sprach.47 * Kinderfeste der NPD am 30. August 2014 in Ferdinandshof und am 7. September 2014 in Stralsund Das 7. Kinderfest des NPD-Regionalverbandes Uecker-Randow wurde am 30. August 2014 erstmals in Ferdinandshof durchgeführt. Die im Internet veröffentlichten Lichtbilder zeigten eine Beteiligung von ca. 30 Personen, darunter zahlreiche Kinder. Als Verantwortliche traten der stellvertretende NPD-Kreisverbands46 Internetseite des NPD-Landesverbandes, abgerufen am 09.04.2014 47 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Verkehrchaos und Randale" vom 02.05.2014, abgerufen am 02.05.2014 55 vorsitzende Marko MÜLLER sowie der NPD-Gemeindevertreter aus Ferdinandshof Christian ALSDORF in Erscheinung. Im Zusammenhang mit dem Kinderfest war nach Aussage von Marko MÜLLER, Angehöriger der Fraktion "Wir von hier" in Ueckermünde, in einem Internetvideo eine Spende in Höhe von 500 Euro an verschiedene Jugendfeuerwehren im Landkreis angekündigt worden. Im Nachgang hat der NPD-Landesverband im Internet von einem Schreiben des Kreisverbandes der Jugendwehren berichtet, mit dem den Feuerwehren geraten worden war, die Spenden abzulehnen. Die NPD sah in dem Schreiben Werbung für die NPD, da damit "auch die letzte Jugendfeuerwehr der Region vom Unterstützerwillen der NPD unterrichtet" worden sei. Die 500 Euro seien "ihrem geplanten Zweck zugeführt" worden, ohne dass hierbei eine konkrete Feuerwehr benannt wurde.48 Am 7. September 2014 veranstaltete der NPD-Kreisverband Nordvorpommern bereits zum 13. Mal ein Kinderfest in Stralsund. Der Kreisvorsitzende Dirk ARENDT sprach in einem Videobeitrag von mehreren hundert Besuchern mit Kindern, tatsächlich waren insgesamt ca. 100 Besucher vor Ort. Am 6. September 2014 war in Stralsund, wie FACEBOOK-Aufnahmen zeigten, eine Person im Bärenkostüm ("Kinderfestbär Bruno") mit einem "Überraschungskörbchen" eingesetzt worden, um zum Kinderfest einzuladen. Diese Figur war auch beim Kinderfest zugegen.49 * Trauerund Gedenkmarsch der NPD am 11. Oktober 2014 in Stralsund An dem vom NPD-Kreisvorsitzenden Dirk ARENDT angemeldeten Trauerund Gedenkmarsch der NPD anlässlich des 70. Jahrestages der Bombardierung Stralsunds beteiligten sich ca. 100 Personen und damit weniger als erwartet. Im Vorfeld wurde u. a. mit einem Flugblatt für eine Teilnahme mobilisiert. Darin wurde zunächst auf den Ukraine-Konflikt Bezug 48 Internetseite des NPD-Landesverbandes: "Feuerwehrverband wirbt für NPD" vom 29.09.2014, abgerufen am 29.09.2014 49 FACEBOOK-Seite von Dirk ARENDT: "In Stralsund steppt der Bär..." vom 06.09.2014, abgerufen am 09.09.2014 56 genommen, der veranschaulichen würde, "wie Völker aus Gründen der Profitmaximierung und der Rohstoffausbeutung aufeinander gehetzt werden". Anschließend wurden die Geschehnisse rund um den alliierten Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 geschildert. Abschließend wurde seitens der NPD die "Unabhängigkeit und Souveränität Deutschlands" und Distanzierung von den USA und der NATO gefordert.50 51 51 Von verschiedenen Neonazi-Gruppierungen wurde zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. Im Internet insbesondere von den "WhiteBoysStralsund", die die NPD M-V nach eigenen Angaben "gerne unterstützen, weil es auch unser Anliegen ist, der Opfer von alliiertem Bombenterror zu gedenken und damit gleichzeitig ein Zeichen gegen die heutigen Kriege - insbesondere der Hetze gegen Russland und die Angriffskriege der USA - zu setzen" (Schreibweise wie im Original). 52 Als Redner traten der Anmelder ARENDT, der NPD-Landesvorsitzende Stefan KÖSTER sowie die Landesvorsitzende des "Rings Nationaler Frauen" Antje MENTZEL auf. Am Anfang des Demonstrationszuges wurden u. a. schwarze Holzkreuze mit den Aufschriften "Weit über 800 50 Internetseite des NPD-Landesverbandes, Flugblatt: "Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Bombardierung Stralsunds", abgerufen am 29.09.2014 51 Internetseite des NPD-Landesverbandes, abgerufen am 13.10.2014 52 Internetseite der "WhiteBoysStralsund": "Aufruf zum Gedenkmarsch in Stralsund" vom 03.10.2014, abgerufen am 06.10.2014 57 Tote" sowie "Völkermord" getragen. Darüber hinaus wurde ein Transparent mit der Aufschrift "Freiheit zertrümmert - Kein Vergeben - kein Vergessen - www.npd-mv.de" mitgeführt. 2.10.4 Udo PASTÖRS als amtierender Bundesvorsitzender der NPD Am 19. Dezember 2013 trat der bisherige NPD-Bundesvorsitzende Holger APFEL überraschend zurück. Daraufhin wurde am 22. Dezember 2013 beschlossen, dass der bisherige stellvertretende Bundesvorsitzende und NPD-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag Udo PASTÖRS bis zu einer Neuwahl im Herbst 2014 als kommissarischer Bundesvorsitzender fungieren soll. Der rechtsextremistische Internetauftritt MUPINFO kommentierte den Rücktritt nach rund zwei Jahren NPD-Führung und kritisierte den von APFEL ausgerufenen Kurs der "seriösen Radikalität", unter welchem er die Nationaldemokraten aus der politischen Isolation in die bürgerliche Mitte führen wollte. Zu spürbaren Verbesserungen habe das zunehmend als "Anbiederungskurs" empfundene Aufweichen politischer Inhalte nicht geführt. Auch in den Wahlkämpfen sei die Partei stets hinter den Erwartungen zurückgeblieben.53 Dieser parteiinterne Machtzuwachs für PASTÖRS führte jedoch nicht zu dem von ihm erwünschten Erfolg bei der Aufstellung der Europawahlliste, sondern zu einer für ihn herben Niederlage. Auf dem Bundesparteitag der NPD am 18. Januar 2014 in Kirchheim/ Thüringen gewann der frühere Parteivorsitzende Udo VOIGT mit 93 Stimmen gegen Udo PASTÖRS, der nur 71 Stimmen auf sich vereinen konnte. PASTÖRS verzichtete in der Folge auf eine Kandidatur für die folgenden Listenplätze. Dass PASTÖRS ausgerechnet dem ehemaligen Parteivorsitzenden Udo VOIGT unterlegen war, an dessen Sturz als Parteivorsitzender PASTÖRS im November 2011 maßgeblich mit beteiligt war, hat in der Folge die parteiinternen Auseinandersetzungen weiter befördert. 53 Internetseite MUPINFO: "Parteichef Holger Apfel zurückgetreten" vom 19.12.2013, abgerufen am 20.12.2013 58 In Mecklenburg-Vorpommern konzentrierte man sich in der Folge vor allem auf die zeitgleich stattfindenden Kommunalwahlen. PASTÖRS hatte sich als Bundesvorsitzender, insbesondere im Rahmen der Landtagswahlkämpfe in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, um eine gemäßigte Außendarstellung der NPD bemüht, um dem politischen Gegner möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und hierdurch Wahlerfolge zu erzielen. Diese "gemäßigte" Strategie war parteiintern jedoch höchst umstritten und wurde nach den Wahlniederlagen zum Teil scharf kritisiert. Der Hamburger Landesvorsitzende Thomas WULFF mit Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern veröffentlichte auf der Internetseite "ALTERMEDIA" mehrere offene Briefe, in denen dieser vehement für einen "radikalen" Kurs der NPD eintrat. Udo PASTÖRS wurde scharf kritisiert und u. a. als "Aushilfsvorsitzender" und "hilfswilliger Wegbegleiter des parlamentarischen Abwrackkommandos für die NPD" bezeichnet.54 2.10.5 Wahl eines neuen NPD-Bundesvorsitzenden beim Bundesparteitag am 1. November 2014 in Weinheim/Baden Württemberg Beim kurzfristig durchgeführten 35. ordentlichen Bundesparteitag der NPD am 1./2. November 2014 in Weinheim setzte sich bei der Wahl des neuen NPD-Bundesvorsitzenden der bisherige NPD-Pressesprecher Frank FRANZ gegen die Mitbewerber Peter MARX (ehemaliger Generalsekretär der NPD und ehemaliger NPD-Fraktionsgeschäftsführer) und Sigrid SCHÜßLER (ehemalige Vorsitzende des "Ring Nationaler Frauen", RNF) im ersten Wahlgang mit 86 von 139 Delegierten-Stimmen durch. Der amtierende Bundesvorsitzende Udo PASTÖRS hatte zuvor seinen Rückzug aus der Bundespolitik verkündet. Stellvertreter wurde, neben zwei weiteren NPD-Funktionären aus anderen Bundesländern, der hiesige NPD-Landesvorsitzende Ste54 Internetseite ALTERMEDIA: "NPD im freien Fall" vom 22.09.2014, abgerufen am 22.09.2014 59 fan KÖSTER. In der Abstimmung über die drei Stellvertreterposten unterlag neben MARX auch der Hamburger NPD-Landesvorsitzende Thomas WULFF. Allerdings gehört letzterer nunmehr - neben 13 weiteren Personen, darunter zwei Frauen - dem Bundesvorstand der NPD als Beisitzer an. Noch als Kandidat für das Amt des Bundesvorsitzenden der NPD hatte sich FRANZ in der "Deutschen Stimme", Ausgabe 11/November 2014, zu den Grundpositionen der NPD geäußert. Darin führte er u. a. aus, an den "vier strategischen Säulen", also der "Vier-Säulen-Strategie" der NPD - Kampf um die Köpfe, Kampf um die Straße, Kampf um die Parlamente, Kampf um den organisierten Willen - festhalten zu wollen. Die NPD bilde innerhalb der "Bewegung" den "sogenannten parlamentarischen Arm als Wahlpartei". Bemerkenswert für die "Männersekte" NPD war, dass erstmals eine Kandidatin für den Bundesvorsitz nominiert wurde, auch wenn diese von vornherein chancenlos war. Dies ist, zusammen mit der in der Vergangenheit zu beobachtenden Stärkung des "Ring Nationaler Frauen" womöglich als Signal zu werten, Frauen stärker als bisher in die parteipolitische Arbeit einzubinden, damit diese das traditionelle Rollenverständnis transportieren und das öffentliche Bild der NPD positiv beeinflussen können. Über den Stellvertreter KÖSTER dürfte der hiesige Landesverband weiterhin einen deutlichen Einfluss auf den NPD-Bundesverband ausüben. 60 2.11 "Junge Nationaldemokraten" (JN) 55 55 Die Jugendorganisation der NPD, die "Jungen Nationaldemokraten" (JN), hat als Zielgruppe Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr. Schwerpunkt der Jugendarbeit sind nach eigenen Angaben Wanderfahrten, Vortragsnachmittage, Sportveranstaltungen, Zeltlager und politische Aktionen. Ihren Sitz haben die "JN - Mecklenburg & Pommern" im "Thinghaus" in Grevesmühlen56, treten dort jedoch nicht öffentlich in Erscheinung. Die JN bekennen sich offen dazu, die auch im Dritten Reich gelebte "Volksgemeinschaft" anzustreben, die an die Stelle der heutigen pluralistischen Gesellschaft treten soll, und bekräftigen in diesem Zusammenhang ihr völkisch-biologistisches Weltbild und ihre sozialdarwinistische Sichtweise: "Wir kommen aus der Gemeinschaft der Familie und fühlen uns durch die Nation unser Leben lang der Gemeinschaft - der Volksgemeinschaft - verbunden. Dieses Verbundenheitsgefühl wird umso stärker sein wenn die Nation nur ein Volk umschließt, denn die Gebundenheit zur eigenen Art ist stärker als die zur Nation - sie ist naturgesetzlich." 57 Vom Bundesverband wurde Ende 2014 das "6. Kaderwochende" veranstaltet, welches als Bildungsseminar regelmäßig einbis zweimal im Jahr durchgeführt wird und der "Kaderschmiede" für künftige 55 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "JN Mecklenburg und Pommern", abgerufen am 18.09.2014 56 "Wer sind die Jungen Nationaldemokraten?", veröffentlicht in: "Klartext! Die starke Stimme der Einheimischen, Informationen zur Kreistagswahl", herausgegeben vom NPDKreisverband Westmecklenburg 57 Internetseite der JN: "Gewissen und Gemeinschaft", abgerufen am 03.02.2015 61 Führungspersönlichkeiten der NPD dienen soll. Das Motto der Veranstaltung lautete "Jugendarbeit - Gestern, Heute, Morgen". Zu diesem Thema referierte neben dem JN-Landesvorsitzenden aus Sachsen u. a. der damalige JN-Bundesvorstandsangehörige und spätere Bundesvorsitzende Sebastian RICHTER aus Mecklenburg-Vorpommern. Bei der Veranstaltung sollten wie bei den JN üblich "Körper und Geist" gefordert werden. So begann der Tag jeweils bereits frühmorgens mit Frühsport und es wurde ein Fahnenappell abgehalten. Anschließend wurde der "richtige Umgang mit Funkgeräten im Gelände und auf Demonstrationen" geübt. Es folgte ein Seminar über "psychologische Kriegsführung, ihre Auswirkungen im Status Quo sowie ihre Anwendung im politischen Kampf", wobei es um die "Vertiefung" der "neurobiologischen und psychologischen Kenntnisse" ging. RICHTER habe "vergangene Strategien" der Jugendarbeit vorgestellt und "neue Denkweisen" aufgezeigt. Ziel sei es, "ein neues Deutschland und ein neues Europa zu schaffen", der Jugend solle "eine Alternative" aufgezeigt werden. Es gehe darum "zu wahren, was unser ist und die Jugend da anzusprechen, wo sie heute ist".58 Im Jahr 2014 waren die in den Vorjahren beobachtete Zunahme von Aktionen der Jugendorganisation der NPD in der Hansestadt Rostock erstmals wieder rückläufig und die Aktivitäten nahezu zum Erliegen gekommen. Der feststellbare Rückgang der JN-Aktivitäten dürfte darin begründet sein, dass sich maßgebende Akteure der JN aus der Hansestadt Rostock im Jahr 2014 anderen Strukturen angeschlossen haben. Letzteres wiederum könnte seine Gründe im laufenden NPD-Verbotsverfahren haben, welches die Jugendorganisation mit einschließen würde. Die JN Schwerin haben auf ihrer FACEBOOK-Seite u. a. über eine Flugblattaktion im Vorfeld des "Tages der offenen Moschee" der Schweriner "As Salam" Moschee berichtet. Es seien an 1.500 Haushalte in der unmittelbaren Umgebung Flugblätter mit dem Titel "WIR oder SCHARIA" - Herausgeber ist der Bundesverband der JN - verteilt worden. 59 59 58 Internetseite des JN-Bundesverbandes: "KWE 6.0 - JN im Wandel" vom 28.10.2014, abgerufen am 27.11.2014 59 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "JN Schwerin", abgerufen am 06.10.2014 62 Darüber hinaus hat sich die Gruppierung nach eigenen Angaben an der Abschlussdemonstration der JN Sachsen zur "Sag, was du denkst"-Kampagne am 4. Oktober 2014 in Döbeln unter dem Motto "Freiheit für alle politischen Gefangenen! Her mit der echten Meinungsfreiheit!" beteiligt. Die Kampagne sollte Unzufriedenheit bei Jugendlichen schüren "in einer Zeit des universellen Betruges, die von verlogenen Politikern, linken Demagogen und geldraffenden Kapitalisten regiert wird". In Deutschland würde eine "Meinungsdiktatur" herrschen. Deshalb wurde gefordert: "Die Zeiten sind reif für eine Veränderung! Sie stehen auf Sturm in ganz Europa. Überall geht die Jugend auf die Straße, um ähnliche Verhältnisse wie hier zu bekämpfen. Damit das auch endlich in Deutschland so wird: Sag, was du denkst!"60 Auch bundesweit kam es nach dem Auszug der sächsischen NPD-Landtagsfraktion aus dem dortigen Landesparlament zu einem Einbruch der JN-Aktivitäten, da vier der sechs Vorstandsmitglieder bei der sächsischen Landtagsfraktion beschäftigt waren. Insbesondere um den bisherigen JN-Bundesvorsitzenden ist es danach ruhig geworden. Am 13. Dezember 2014 führten die JN ihren ordentlichen Bundeskongress in Berlin durch. Dort wurde der neue Bundesvorstand und als neuer Vorsitzender der bisherige Beisitzer Sebastian RICHTER gewählt. Dieser hat in seiner Rede nach der Wahl bekräftigt, dass die JN "Kaderorganisation einer nationalistischen Partei" sein wolle, die "nach innen bedingungslos ein Leitbild" verfolge, "welches sich an Geschichte, Genetik und Schicksal unseres Volkes" ausrichte.61 Die Wahl RICHTERS unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der hiesigen Szene für die bundesweite Entwicklung der NPD und ihrer Nebenorganisationen. Der Einfluss des hiesigen Landesverbandes auf den Bundesverband wurde deutlich gestärkt. 60 Internetseite "Sag, was du denkst": "Selbstverständnis", abgerufen am 02.10.2014 61 FACEBOOK-Gemeinschaftsseite "JN - Die Jugend für Deutschland": "Kurzmeldung: JNBundeskongress wählt neuen Vorstand" vom 14.12.2014, abgerufen am 15.12.2014 63 2.12 NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen" (RNF) 62 62 Der "Ring Nationaler Frauen" (RNF) ist nach eigenen Angaben eine "Organisation nationaldenkender Frauen in Deutschland", die in Übereinstimmung mit der NPD "Kinderreichtum und Familiengründung" fördern und "junge Menschen in ihrem Wunsch nach Kindern" bestärken will.63 Während die JN-Aktivitäten deutlich zurückgegangen sind, hat der hiesige Landesverband der NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen" im Jahr 2014 versucht, innerparteilich deutlichere Akzente zu setzen. Dies dürfte auch mit der am 3. Mai 2014 erfolgten Wahl der neuen Vorsitzenden Antje MENTZEL aus Stralsund zusammenhängen. Sie war bereits im Zusammenhang mit der Demonstration der NPD am 1. Mai 2014 in Rostock in Erscheinung getreten. Bislang waren von der NPD-Frauenorganisation in Mecklenburg-Vorpommern so gut wie keine wahrnehmbaren Aktivitäten ausgegangen. Möglicherweise soll der RNF mit Hilfe der aktiven neuen Vorsitzenden durch die Partei künftig mehr in den Fokus der Öffentlichkeit 62 MUPINFO, abgerufen am 07.05.2014 63 Internetseite des RNF, Material, Flugblatt: "Familienförderung statt Zuwanderung", abgerufen am 18.09.2014 64 gerückt werden. Schließlich sind Frauen für Rechtsextremisten eine wichtige Zielgruppe, da sie in der Szene weiterhin deutlich unterrepräsentiert sind. Von den in Mecklenburg-Vorpommern erfassten rechtsextremistischen Personen sind gegenwärtig nur etwa 12 Prozent weiblichen Geschlechts. Auf der Ebene der Führungskader sind nur einzelne Frauen zu finden. In den Kommunalvertretungen werden lediglich drei von insgesamt 49 Sitzen der NPD von Frauen besetzt. Auch im NPD-Landesvorstand sind keine Frauen vertreten. Allerdings ist fraglich, ob sich hieran etwas grundsätzlich ändern wird, schließlich reduziert die rechtsextremistische Ideologie die Frau im Wesentlichen auf ihre biologische Rolle. Eine tatsächliche Emanzipation erscheint vor diesem Hintergrund eher unwahrscheinlich und ist vom RNF auch nicht gewollt. 2.13 Partei "Die Rechte" 64 Beim Fünften Bundesparteitag der Partei "Die Rechte" am 5. Juli 2014 in Hamm/Nordrhein-Westfalen fand nach zweijährigem Bestehen der Partei turnusgemäß eine Neuwahl des Vorstandes statt. Dabei wurde der in Mecklenburg-Vorpommern wohnhafte Christian WORCH mit deutlicher Mehrheit - 91 Prozent der anwesenden Mitglieder stimmten für ihn - als Bundesvorsitzender wiedergewählt, wobei es keinen Gegenkandidaten gab. Ergänzt wurde der Vorstand durch drei Stellvertreter und acht Beisitzer, darunter keine weiteren Personen aus Mecklenburg-Vorpommern. Neun der zwölf Vorstandsmitglieder stammen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Die im Jahr 2012 gegründete Partei "Die Rechte", die Beobachtungsobjekt aller Verfassungsschutzbehörden ist und bundesweit über acht Landesverbände verfügt, hat bislang in Mecklenburg-Vorpom64 Internetseite "Die Rechte", abgerufen am 07.01.2013 65 mern keine Aktivitäten entfaltet und bislang keinen Landesverband gegründet. Der Schwerpunkt der Partei liegt in Nordrhein-Westfalen. Der dortige Landesverband hatte sich als Reaktion auf Verbote neonazistischer Kameradschaften im Sommer 2012 für Aktivisten dieses Spektrums geöffnet, was dazu geführt hat, dass mehr als die Hälfte aller Parteimitglieder dem Landesverband Nordrhein-Westfalen angehören. Die Mitgliederzahl der Partei "Die Rechte" liegt in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin bei unter zehn Personen. 2.14 Nutzung des Internets durch Rechtsextremisten Wie die beschriebene Entwicklung zeigt, setzen Rechtsextremisten verstärkt auf die Möglichkeiten des Internets. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den sozialen Netzwerken zu. Sie werden einerseits offen als Plattform für Parteipropaganda genutzt. Andererseits finden sich aber auch vermehrt Auftritte, die keiner Organisation zuzurechnen sind, sondern die themenbezogen agieren. In diesem Bereich ist ein gefährliches Anwachsen fremdenfeindlicher Agitation festzustellen. Diese Hetze richtet sich weniger an die eigene Szene als vielmehr an die "normale" Bevölkerung. Der große Verbreitungsgrad wird hier gezielt und unter Ausnutzung der Anonymität des Internets genutzt, um politische Stimmungen zu erzeugen, die den Rechtsextremisten nützlich sein sollen. Da junge Menschen eher auf Internetinhalte zurückgreifen als der ältere Teil der Gesellschaft sind diese besonders gefährdet, da sie möglicherweise häufiger und damit intensiver auf rechtsextremistische Propaganda treffen. Es ist nicht absehbar, welche Folgen dies langfristig haben wird. Diese Entwicklung darf keinesfalls unterschätzt werden und bedarf daher der aufmerksamen Beobachtung, wobei hier nicht die Sicherheitsbehörden allein gefordert sind, sondern auch Eltern und Bildungseinrichtungen. Sorge bereitet zudem die Tendenz, sich der staatlichen Beobachtung durch eine intensive Nutzung von Verschlüsselungsmöglichkeiten zu entziehen. Neben der ungeheuren Fülle von Internetinhalten, die nicht mehr überschaubar 66 ist, ist die zunehmend verdeckte Szenekommunikation damit eine große Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. * MUPINFO - Nachrichten für Mecklenburg und Pommern Auch in 2014 war der vom NPD-Landtagsabgeordneten David PETEREIT verantwortete Internetauftritt MUPINFO65 - Nachrichten für Mecklenburg und Vorpommern in ähnlicher Weise präsent wie in den Vorjahren. Allerdings wurde die Abhängigkeit von der Medienarbeit der NPD noch deutlicher, da weniger eigene Beiträge eingestellt wurden. Zum Ende des Jahres fehlte es zudem teilweise an Aktualität. * THIAZI-Forum Ende November 2014 hat der Prozess gegen die Verantwortlichen des THIAZI-Forums vor dem Landgericht Rostock begonnen. Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung vorgeworfen. Ein Hauptangeklagter stammt aus Mecklenburg-Vorpommern. Diese Internetplattform war mit etwa 30.000 registrierten Nutzern die bedeutendste Informationsbörse für Rechtsextremisten in Deutschland. Zudem wurden hier Konzerte angekündigt, Liedtexte veröffentlicht und Tauschbörsen initiiert. Irritationen löste im Berichtszeitraum die Tatsache aus, dass die rechtsextremistische Internetseite ALTERMEDIA Ermittlungsakten zum Verfahren gegen das THIAZI-Forum zum Herunterladen anbot. 65 Abschaltung im Frühjahr 2015 67 3 Linksextremismus 3.1 Ideologie Linksextremisten stehen dem Staat und dessen freiheitlicher demokratischer Grundordnung feindlich gegenüber und wollen das bestehende Staatswesen abschaffen, um es durch ein - je nach Ausrichtung - anarchistisches oder kommunistisches zu ersetzen. Wie zahlreiche Beispiele in der Geschichte zeigen, sind derartige Systeme jedoch weit davon entfernt, die oft postulierte "Freiheit des Andersdenkenden" zu gewährleisten - in einer "Diktatur des Proletariats" ist die individuelle Unfreiheit Programm. Da für Linksextremisten die Vermittelbarkeit ihrer Themen und die Anschlussfähigkeit an gesellschaftliche Bündnisse von taktischer und strategischer Bedeutung sind, werden ihre tatsächlichen Ziele aber in der Regel nicht offen benannt. Eine Möglichkeit der Einflussnahme sehen Linksextremisten deshalb darin, sich zivilgesellschaftlichen Bewegungen anzuschließen, um diese möglichst im eigenen Sinn zu beeinflussen und zu radikalisieren. Allerdings bleiben zahlreiche linksextremistische Strömungen auf der Kritikebene stehen. Konkrete Vorstellungen, wodurch das bestehende System, dessen Abschaffung angestrebt wird, ersetzt werden soll, sucht man oftmals vergeblich. Lediglich im dogmatischen Linksextremismus sind die Analyse bestehender Verhältnisse und daraus abzuleitende Handlungsmuster klar vorgegeben. Dogmatiker in diesem Sinne berufen sich auf Protagonisten wie Marx, Engels, Lenin, Trotzki und anarchistische Theoretiker; einige wenige Splittergruppen sehen auch Stalin oder Mao Zedong als Vorbilder. Im dogmatischen Linksextremismus sind die Analyse bestehender Verhältnisse und daraus abzuleitende Lösungswege über die Jahrzehnte fast unverändert gleich geblieben. Diesem Spektrum werden vor allem linksextremistische Vereinigungen wie die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD), die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" 68 (SDAJ) oder die "Sozialistische Alternative" (SAV) zugerechnet.66 Die undogmatische linksextremistische Szene ist hingegen weit heterogener, sowohl Ziele als auch Organisationsgrad betreffend. Das Spektrum reicht dabei von Gruppen mit festen Strukturen bis hin zu unorganisierten Kleingruppen, die sich nur anlassbezogen zusammenfinden. Das besondere Augenmerk des Verfassungsschutzes liegt dabei auf den undogmatischen gewaltbereiten Linksextremisten, vornehmlich den Autonomen. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Autonomen gegenüber anderen Linksextremisten ist ihr Verhältnis zu politisch motivierter Gewalt, welche gegenüber Sachen als legitim gilt und gegen Personen (teilweise bewusst) in Kauf genommen und vereinzelt auch gerechtfertigt wird. Entsprechend geht von diesem Spektrum die weit überwiegende Zahl der politisch motivierten Strafund Gewalttaten aus. 3.2 Straftatengeschehen und Personenpotenzial im Jahr 2014 in Mecklenburg-Vorpommern Auch im Jahr 2014 kam es in Mecklenburg-Vorpommern zu Strafund Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund, die gewaltbereiten Linksextremisten, insbesondere Autonomen, zuzurechnen sind. Insgesamt wurden durch das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern 190 Straftaten (Vorjahr: 93) festgestellt, davon 34 Gewalttaten (Vorjahr: 19). Trotz der deutlichen Zunahme des Straftatengeschehens reduzierte sich 2014 das Potenzial der gewaltbereiten Linksextremisten in Mecklenburg-Vorpommern von rund 300 im Jahr 2013 auf aktuell ca. 270 (Rückgang um 10 Prozent). Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich damit, dass die Straftatenzahlen nur wenig Aussagekraft über die Stärke der Szene haben - die tatsächliche Begehung solcher Delikte hängt in der Regel nicht von sorgfältiger Planung und Durchführung, sondern von eher zufälligen Gegebenheiten ab. In Wahljahren (2014 fanden in Mecklenburg-Vor66 vgl. Abschnitt 3.4 69 pommern Europaund Kommunalwahlen statt) wird Wahlkampfmaterial zerstört oder beschädigt, wodurch die Straftatenstatistik steigt. Auch bietet der politische Gegner durch Wahlkampfauftritte eine größere Präsenz und damit Angriffsfläche. Konfrontationen zwischen Linksund Rechtsextremisten werden ausgetragen, wenn es zu einer tatsächlichen Begegnung kommt. Die Rollenzuweisung (Täter - Opfer) ist dabei oftmals ebenfalls von zufälligen Faktoren abhängig, so z. B. von der jeweiligen Gruppenstärke. Größere Demonstrationen des politischen Gegners bieten ferner einen willkommenen Anlass für Proteste, die sich zum Teil in der Statistik als versammlungstypische Straftaten wiederfinden. Im Berichtszeitraum war dies in Rostock am 1. Mai 2014 (Proteste gegen eine Demonstration der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD)) und am 8. Mai 2014 in Demmin (Aktionen gegen einen rechtsextremistischen Aufmarsch) der Fall. 67 Personenpotenzial der linksextremistischen Organisationen 2014 in Mecklenburg-Vorpommern M-V M-V Bund Bund 2013 2014 2013 2014 Gewaltbereite 300 270 6.900 7.600 69 Linksextremisten 68 Rote Hilfe e.V. 120 120 6.000 6.500 Deutsche Kommunistische 30 40 3.500 3.000 Partei (DKP) Marxistisch-Leninistische Partei 20 20 1.900 1.800 Deutschlands (MLPD) Sozialistische Alternative (SAV) 20 20 400 350 Sozialistische Deutsche Arbei20 20 500 500 terjugend (SDAJ) Gesamt 70 430 410 27.700 27.200 68 69 70 67 Zu besonders erwähnenswerten Strafoder Gewalttaten im Einzelnen vgl. Abschnitt 3.3.2 68 Die Begriffe "gewaltbereite Linksextremisten" und "Autonome" werden weitgehend synonym verwendet. 69 Seit 2014 wird beim Bund die Anzahl gewaltorientierter Linksextremisten angegeben, in der die Zahl der gewaltbereiten Linksextremistenals Teilmenge enthalten ist. 70 Gesamtzahl von Mecklenburg-Vorpommern und Bund um Mehrfachmitgliedschaften bereinigt. Die Gesamtzahl des Bundes umfasst auch Organisationen, die in MecklenburgVorpommern nicht vertreten sind bzw. nicht beobachtet werden. 70 3.3 Undogmatischer Linksextremismus 3.3.1 Entwicklung der gewaltbereiten Autonomenszene Autonome lehnen grundsätzlich feste Strukturen ab, was in der Regel eine Zusammenarbeit mit anderen Gruppen oder politischen Parteien ausschließt. Ebenso gibt es - gerade im Gegensatz zu dogmatischen Linksextremisten - kein theoretisches Fundament, auf dem ihr politisches Handeln fußt. Das autonome Selbstverständnis beruht ausschließlich auf Negativdefinitionen: Antifaschismus, Antikapitalismus, Antimilitarismus, Antigentrifizierung, Antirassismus71 und Anti-Etatismus. Letzteres bedeutet eine grundsätzliche Ablehnung des Staates und staatlicher Strukturen, was so weit geht, dass von einigen Gruppen marxistische oder kommunistische Theorien verworfen werden, weil diese auf dem Weg zur bzw. nach der Revolution immer staatliche oder staatsähnliche Strukturen vorsehen. Selbst als "Zwischenstufe" zu einer anarchistischen "Ordnung" werden diese abgelehnt. Ausgehend von dieser diffusen, lediglich von Ideologiefragmenten durchsetzten Antihaltung, erschöpft sich das politische Handeln autonomer Gruppen zumeist darin, auf Aktionen des politischen Gegners zu reagieren. Als solche gelten nicht nur rechtsextremistische Gruppierungen, sondern auch der Staat, dessen Vertreter sowie sonstige politische Bewegungen, denen eine "faschistische" Ausrichtung unterstellt wird. Aus den vorgenannten Gründen ist die gewaltbereite Autonomenszene von einer erheblichen personellen Fluktuation geprägt. Hinzu kommen der demographische Wandel und Veränderungen der persönlichen oder beruflichen Verhältnisse der Akteure, die dazu beitragen, dass bislang aktive Gruppen zerfallen oder neue Schwerpunktregionen entstehen. 71 vgl. Abschnitt 3.3.2 71 Auch in der Autonomenszene Mecklenburg-Vorpommerns werden immer wieder Stimmen laut, die eine über tagespolitische Ereignisse hinausgehende Agenda fordern und denen eine diffuse "antifaschistische" Haltung nicht ausreicht. Als Folge davon treten einstmals aktive Organisationen wie die "Antifaschistische Aktion Greifswald" (AAG), die "Antifa Offensive Neubrandenburg" (AONB) oder "Antirep-Mob Manfred" unter diesen Bezeichnungen nicht mehr öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Im Jahr 2014 waren in dieser Hinsicht deutliche Umbrüche insbesondere in der Berliner Autonomenszene festzustellen, die Auswirkungen über die Bundeshauptstadt hinaus hatten. Seit September 2014 lösten sich in kurzer Folge drei etablierte Gruppen auf oder schlossen sich anderen Strukturen an. Beispielhaft sei die "Antifaschistische Linke Berlin" (ALB) erwähnt, die nach elf Jahren regelmäßiger Aktivitäten ihre Auflösung bekannt gab.72 "Unsere Gruppe war nie ein homogener Zusammenschluss, wie es vielleicht für Außenstehende aussah. [...] Wir haben uns nicht im Streit zur Auflösung der [ALB] entschlossen, doch mittlerweile sind die Ideen, Strategien und Ziele zu unterschiedlich, die wir hinsichtlich einer linksradikalen Praxis, Organisierung und Perspektive haben. Organisierung und Organisation erfordern Verbindlichkeit und bedürfen Zeit und Aufwand, mitunter brauchen sie auch inhaltliche Korrekturen und zähe Debatten [...]. Festhalten können wir, dass wir es bereits seit einiger Zeit nicht mehr geschafft haben, die unterschiedlichen Antworten auf diese Fragen in Kraft und Enthusiasmus zu kanalisieren, sondern leider in Ratlosigkeit, Resignation und Austritten." Die Tageszeitung "junge Welt" 73 konstatierte mit Blick auf die Auflösung der ALB unter der Überschrift "Nur noch Event": 72 Internetseite der ALB, abgerufen am 10.9.2014 73 junge Welt vom 22.09.2014 72 "Nun sind Auflösungen von Antifagruppen im allgemeinen nicht von sonderlich großem nachrichtlichem Wert. Ein Problem der Szene ist, dass ohnehin nur die wenigsten dieser Gruppen eine Halbwertzeit haben, die ihnen ein Mindestmaß an theoretischer wie praktischer Kontinuität sichert. [...] Denn es geht nicht darum, auch 'über die Szene hinaus' zu mobilisieren, es geht darum, aufzuhören, eine 'Szene' zu sein. Eine 'Szene' ist keine politische Bewegung, sondern deren Gegenteil. An die Stelle theoretischer Verständigung und ideologischer Debatten tritt eine diffuse Zugehörigkeit, gestiftet nicht durch ein gemeinsames Projekt, sondern durch Kleidung, Habitus und einen Verhaltenskodex."74 In Vorbereitung eines bundesweiten Antifa-Kongresses unter dem Motto "Antifa in der Krise" in Berlin beklagte bereits im April 2014 ein Aktivist gegenüber einer deutschen Tageszeitung75, dass die Antifa ein Nachwuchsproblem habe, da ein "Braindrain", d. h. eine Abwanderung von "Leistungsträgern" ausgerechnet zu staatlich finanzierten Projekten wie mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus festzustellen sei. Die Antifaszene selbst habe dem wenig entgegenzusetzen. Allerdings teilen nicht alle Anhänger der militanten linksextremistischen Szene diese Einschätzung. Die linksextremistische Szenezeitschrift "INTERIM" beispielsweise widerspricht in ihrer Ausgabe vom November 2014 76 der Analyse der ALB, dass die "radikale Linke" in weiten Teilen Europas in "Schockstarre" verfallen sei. Als - aus ihrer Sicht - "positives" Gegenbeispiel nennen die Autoren die "Exekution von Nazis im November 2013 in Athen" 77. Politisch motivierter Mord wird damit in selten deutlicher Form nicht nur legitimiert, sondern als nachahmenswert dargestellt. Auch wenn es sich bei dem Zitat um eine Einzelmeinung handeln sollte, illustriert es doch die Militanzdebatte, die seit Jahren in Teilen der 74 junge Welt vom 22.9.2014 75 www.taz.de, abgerufen am 2.4.2014 76 INTERIM", Ausgabe Nr. 765 vom November 2014 77 Im November 2013 wurden in Athen zwei Mitglieder der rechtsextremistischen Partei "Goldene Morgenröte" von Anhängern der linksextremistischen "Kämpfenden Revolutionären Volkskräfte" erschossen; diese bekannten sich in einem Bekennerschreiben zu der Tat. 73 Autonomenszene geführt wird. Die Befürwortung von Gewalt auch gegen Personen stellt dabei das Recht des politischen Gegners auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Frage. 3.3.2 Linksextremistische Aktionsfelder * Aktionsfeld Antifaschismus Die Bekämpfung des "Faschismus" ist - nicht zuletzt aufgrund der Vermittelbarkeit des Themas - das Hauptaktionsfeld von Linksextremisten. Daher sind auch im Jahr 2014 die meisten linksextremistischen Strafund Gewalttaten in diesem Kontext zu sehen. Dass Linksextremisten nicht ausschließlich Rechtsextremisten (oder solche Personen oder Gruppierungen, denen eine derartige Haltung unterstellt wird) ins Visier nehmen, sondern auch staatliche Einrichtungen und Vertreter des Staates, vor allem Polizisten, wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft ausgeblendet. In der Auseinandersetzung mit "Faschisten" begehen Linksextremisten immer wieder teilweise erhebliche Körperverletzungen. Exemplarisch seien zwei Fälle aus dem Jahr 2014 skizziert: Am 1. Mai 2014 wurde ein Rechtsextremist in Greifswald von mehreren Personen angegriffen, geschlagen und mit Pfefferspray besprüht. Im April 2014 wurde ein Rechtsextremist in Rostock von vier Tätern zu Fall gebracht, die anschließend gemeinschaftlich auf ihn einschlugen und ihm eine Platzwunde am Hinterkopf zufügten. Am selben Abend wurde auf der für Linksextremisten relevanten Internetseite "linksunten.indymedia" ein Bekennerschreiben zu dem Vorfall veröffentlicht: 78 78 78 Internetseite "linksunten.indymedia", abgerufen am 10.04.2014 74 Eine weitere, regelmäßig zum Einsatz kommende Maßnahme gegen Rechtsextremisten sind so genannte Outingaktionen. Dazu sammeln eigens gegründete Recherchegruppen Informationen über das private und berufliche Umfeld des politischen Gegners, um diese publik zu machen. Anfang Juni 2014 wurde ein mutmaßlicher Rechtsextremist aus Greifswald "geoutet", dessen Rolle in der rechtsextremistischen Szene neben Adresse und Arbeitsstätte auf Flyern verbreitet wurden. Aber nicht nur mutmaßliche Rechtsextremisten geraten in den Fokus von derartigen "Recherchegruppen", sondern teilweise auch Personen oder Unternehmen, die nur mittelbar dem Rechtsextremismus zugeordnet werden. Im Berichtszeitraum betraf dies eine Tontechnikfirma aus Mecklenburg-Vorpommern, der in einem Beitrag des linksextremistischen Internetportals "Kombinat Fortschritt" vorgeworfen wurde, als Unternehmen für Veranstaltungstechnik nicht nur bei Stadtund Dorffesten tätig zu werden, sondern auch bei rechtsextremistischen Veranstaltungen. Ferner fanden in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2014 zwei größere rechtsextremistische Versammlungen statt, bei denen sich Linksextremisten an den Gegenprotesten beteiligten: * Proteste gegen NPD-Versammlung am 1. Mai 2014 in Rostock An Protesten gegen eine durch den NPD-Landesverband für den 1. Mai 2014 in Rostock angemeldete Demonstration beteiligten sich insgesamt ca. 2.000 Personen. Unter den zahlreichen Unterstützern, die zur Teilnahme aufgerufen hatten, waren neben weit überwiegend bürgerlichen Gruppen und demokratischen Parteien auch einige Linksextremisten, nämlich die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "Sozialistische Alternative" (SAV) Rostock und die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Rostock. Ein Aufruf zur Teilnahme an den Protesten fordert fast unverhohlen zu militanten Aktionen gegen den "wohl bundesweit größten Naziaufmarsch an diesem Tag" auf: 75 "Deshalb fordern wir euch auf: Stellt euch den Nazis entschlossen und offensiv entgegen ! Blockiert, demonstriert, sabotiert - Alles kann, alles muss ! An unserem Kampftag !" 79 80 80 Die Brandstiftung an drei mit Holz beladenen Güterwaggons, der dadurch verursachte Ausfall des öffentlichen Nahverkehrs sowie diverse Sitzblockaden der Gegendemonstranten führten zu umfangreichen Verkehrsbehinderungen. Aus einer Gruppe von gewaltbereiten und zum Teil vermummten Protestierenden heraus wurden Sachbeschädigungen begangen und Polizeibeamte mit Steinen beworfen. Weitere Konfrontationen ergaben sich nach Abschluss der Versammlung auf dem Rostocker Hauptbahnhof, als die Teilnehmer der NPD-Versammlung beim Umsteigen in die jeweiligen Regionalbahnen mit Gegenständen beworfen wurden. 81 * Proteste gegen rechtsextremistische Versammlung am 8. Mai 2014 in Demmin Der jährlich stattfindende rechtsextremistische Aufmarsch am 8. Mai in Demmin war auch im Jahr 2014 Anlass für zahlreiche Protestaktionen bürgerlicher Gruppen unter Be81 79 Internetseite "nazisstoppen.blogsport", abgerufen am 17.4.2014 80 picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck 81 Internetseite "defiant.antifa", abgerufen am 10.09.2014 76 teiligung der linksextremistischen Szene. An insgesamt 31 Mahnwachen und mehreren Sitzblockaden beteiligten sich ca. 400 Personen ohne besondere Vorkommnisse. Hervorzuheben sind jedoch verschiedene Aktionen gewaltbereiter Linksextremisten, deren Anteil an der Gesamtzahl der Gegendemonstranten mit ca. 150 deutlich höher war als in den Vorjahren. Gewaltbereite Linksextremisten - teilweise aus Hamburg und Berlin angereist - zeigten ein hohes Aggressionspotenzial und suchten offenbar gezielt die Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und der Polizei. So wurden zwei mutmaßliche Rechtsextremisten von etwa 30 Personen aus der "Antifa Rostock" mit Fahnenstangen angegriffen und verletzt. Im Bereich des Demminer Hafens wurden Polizeibeamte von insgesamt mehr als 150 Personen, die dem linksextremistischen Spektrum zugerechnet werden, in zwei Gruppen angegriffen, die ein hohes Aggressionspotenzial zeigten. Weiterhin wurden drei Polizeibeamte durch Bisse und Tritte von einem Teilnehmer der Gegendemonstrationen verletzt. * Aktionsfeld "Antirepression" Innerhalb des Aktionsfeldes "Antirepression" kritisieren Linksextremisten die - aus ihrer Sicht - unverhältnismäßige staatliche Überwachung und Verfolgung "linker Strukturen". Ihre Aktionen richten sich gegen die Justiz sowie Sicherheitsund Ordnungskräfte des Staates und werden überwiegend mit der Solidarität gegenüber "Opfern der Repression" begründet. 82 82 Die Rote Hilfe (RH e.V.) ist nach wie vor die mitgliederstärkste Organisation im Bereich des undogmatischen Linksextremismus. Sie unterstützt vornehmlich linksextremistische Strafund 82 Internetseite "rotehilfegreifswald", abgerufen am 24.01.2014 77 Gewalttäter finanziell und juristisch. Daneben organisiert sie Vortragsund Informationsveranstaltungen zum Umgang mit "staatlicher Repression". In Mecklenburg-Vorpommern ist die Greifswalder Ortsgruppe mit weiterhin ca. 100 Mitgliedern am aktivsten. Die 2013 (wieder) gegründete Ortsgruppe in Rostock tritt dagegen nur selten in Erscheinung. 83 83 Die Schwarz Rote Hilfe Rostock (SRH) ist weitgehend inaktiv und dürfte über weniger als zehn Mitglieder verfügen. Zu einem Vorfall mit dem Hintergrund "Antirepression" kam es am 8. Mai 2014 mit Bezug auf den Polizeieinsatz am 8. Mai in Demmin in Rostock, als unbekannte Täter auf dem Gelände der Polizeiinspektion Rostock die Reifen von sechs Privat-Pkw der in der dortigen Behörde beschäftigten Mitarbeiter zerstachen und damit einen Schaden von mehreren tausend Euro verursachten. In der selben Nacht wurde auf der Internetplattform "linksunten.indymedia" ein Bekennerschreiben durch den Verfasser "acab" 84 veröffentlicht: "Die Beamt_innen sollen dies als direkte Reaktion auf den brutalen Polizeieinsatz gegen Gegenprotestler_innen des Nazi-Fackelmarsches in Demmin verstehen. Wir haben uns bewusst nicht für die Dienstfahrzeuge entschieden, weil wir euch persönlich treffen wollten. Ihr sollt unsere Gegenwehr nicht nach Dienstende vergessen, Ihr und eure Familien sollt wissen, dass ihr euch nicht unter dem Deckmäntelchen der Privatsphäre verstecken könnt. Bulle sein heisst Probleme kriegen! Jederzeit und überall!!" (Schreibweise wie im Original) 83 Internetseite "schwarzrotehilfe", abgerufen am 24.01.2014 84 Akronym für: "all cops are bastards" 78 Einige der auf der Seite veröffentlichten Kommentare lobten die Tat. Ein anonymer Verfasser ergänzt die Worte "follow your cops back home" unter der Überschrift "1312". 85 * Aktionsfeld Autonome Freiräume / Gentrifizierung Der Kampf gegen "Gentrifizierung" richtet sich gegen die Aufwertung eines Stadtteils durch Sanierung oder Umbau, in deren Folge durch steigende Mieten alteingesessene Bevölkerungsgruppen verdrängt werden. In Greifswald kam es im Berichtszeitraum erstmals für Mecklenburg-Vorpommern zu einer solchen Hausbesetzung, die sich über mehrere Wochen hinzog. Nachdem die durch den Gerichtsvollzieher gesetzte Frist zum Verlassen des Gebäudes abgelaufen war, erfolgte am 20. November 2014 die polizeiliche Räumung des Hauses Brinkstraße 16/17 in Greifswald. Zum Zeitpunkt der Räumung befanden sich zehn Personen in dem Haus. Die Beamten mussten sich teilweise mit technischen Hilfsmitteln Zugang zu den Räumlichkeiten verschaffen. Dabei kam es im Wesentlichen zu passiven Widerstandshandlungen. So hatten sich zwei Frauen im Gebäude angekettet und mussten mittels Trennschleifer von einem Rohr getrennt werden. Drei Personen, die sich auf dem Dach aufhielten, wurden durch Spezialkräfte der Polizei nach unten geleitet. Zwei der Personen in dem Gebäude versuchten sich einer vorübergehenden Ingewahrsamnahme zu entziehen. Als Motivation für ihr Handeln gaben die Hausbesetzer den Kampf gegen "Gentrifizierung" an. In verschiedenen Stellungnahmen wurden zur geltenden Rechtsordnung konträre Rechtsauffassungen deutlich. Der Eigentümer habe, so hieß es, seine "moralische Berechtigung" an der Immobilie verwirkt: "Wenn Eigentum dazu berechtigt, ein funktionstüchtiges Haus verfallen zu lassen um dieses kulturhistorisch bedeutsame Zeug85 Das Zahlenkürzel "1312" steht für die Buchstabenfolge acab 79 nis anschließend abzureißen, dann fällt es uns nicht schwer, die moralische Berechtigung dieses Eigentümers in Frage zu stellen." 86 Die Hausbesetzer nahmen bewusst in Kauf, geltendes Recht mit der Aktion zu verletzen: "In den letzten Wochen fanden verschiedene von der WG organisierte Aktionen statt, unter anderem Wohnungsbesichtigungen, bei denen die Interessent_innen öffentlich und bewusst die Schwelle zum Hausfriedensbruch übertraten. Damit wollten wir Eigentumsdenken kritisieren, das Profitstreben über das Grundbedürfnis nach Wohnen stellt." 87 Schließlich wurde das Selbstverständnis der Hausbesetzer deutlich, demzufolge nicht ihr eigenes Handeln rechtswidrig sei, sondern dass es erst durch staatliche Maßnahmen "illegalisiert" werde: "Wir sehen in dieser Besetzung die einmalige Chance diese illegalisierte direkte Aktionsform einer breiten Öffentlichkeit nahe zu bringen und so auch im bürgerlichen Umfeld Anstöße zu einer Kapitalismusund Eigentumskritik zu geben. Eine erfolgreiche Besetzung ermutigt viele zum Widerstand - eine erfolgreich verhinderte Räumung umso mehr." 88 3.3.3 Linksextremistische Musik Linksextremisten nutzen vielfältige Medien, um ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen Ausdruck zu verleihen. Eine dieser Möglichkeiten stellt die Musik dar, die als Medium genutzt wird, um linksextremistische Inhalte zu verbreiten, Sympathisanten zu gewinnen und zu Gewalt gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten sowie gegen Polizisten aufzurufen. 86 Einzugserklärung der Brinke WG (Internetseite Brinke WG), abgerufen am 1.10.2014 87 Internetseite "linksunten.indymedia", abgerufen am 11.11.2014 88 Internetseite "linksunten.indymedia", abgerufen am 11.11.2014 80 Gerade im Vorfeld größerer Veranstaltungen wird die Musik - teilweise in Verbindung mit gewaltverherrlichenden Bildern - zur Mobilisierung und als Element zur Gewaltunterstützung eingesetzt. Daneben werden durch die Musik finanzielle Mittel generiert, die wiederum bei der Finanzierung linksextremistischer Aktivitäten zum Einsatz kommen. Hervorzuheben ist die Indizierung der Langspielplatte "10inch revenge!" der Greifswalder Band "Tesla Cessna" im August 2014 durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Die Band richtet sich in ihren Texten nicht nur gegen Rechtsextremisten, sondern ruft darin offen zur Gewalt gegen Polizisten auf. So heißt es in dem Lied "Peace and Anarchy": "...destroy the government, you're not a slave / smash the system, fuck the fascists / ...fight the police in the streets / beat all the fascists you can see..." (Übersetzung: Zerstör die Regierung, du bist doch kein Sklave / Zerschlage das System, scheiß auf die Faschisten / ...Bekämpfe die Polizei in den Straßen / Schlag alle Faschisten, die du siehst). Das Lied dieser Band mit dem Titel "Fick die Cops" fordert u. a.: "Schwarzer Block, Pflasterstein / auf die Fresse, Bullenschwein / Fick die Cops - jagt sie aus der Straße raus / Fick die Cops - schlagt ihnen die Zähne aus ..." In Bezug auf die Punkband "Feine Sahne Fischfilet" hat sich gegenüber den Vorjahren keine Änderung der Rechtslage ergeben. 3.4 Dogmatischer Linksextremismus Der dogmatische Linksextremismus ist weder strukturell noch personell von nennenswerter Bedeutung in Mecklenburg-Vorpommern. Die dem dogmatischen Linksextremismus zuzurechnenden Parteien "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und "Marxistisch-Leninis81 tische Partei Deutschlands" (MLPD) erhielten bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014 bundesweit jeweils 0,1 Prozent der Stimmen; in Mecklenburg-Vorpommern votierten 0,2 Prozent der Wähler für die DKP (1480 Stimmen) und 0,1 Prozent für die MLPD (881 Stimmen). Die trotzkistische "Sozialistische Alternative" (SAV), die während zweier Wahlperioden in der Rostocker Bürgerschaft einen Sitz innehatte, war 2014 nicht mehr zur Wahl angetreten. Sowohl MLPD als auch DKP konnten jeweils ein Kommunalmandat für sich verbuchen. Die Ergebnisse des Bündnisses "Alternativ - Unabhängig - Fortschrittlich - Alt Schwerin" (AUF), dessen Kandidatin ihren Ratssitz verteidigen konnte, wird von der MLPD 89 als Beispiel für "Genossinnen und Genossen der MLPD" genannt, die "in einigen wichtigen Städten" auf den Listen "überparteilicher Wahlbündnisse" angetreten seien. Ein DKP-Mitglied errang einen Sitz in der Kommunalvertretung der Gemeinde Gottesgabe (Landkreis Nordwestmecklenburg). Nachdem im Jahr 2013 erstmals ein DKP-Landesverband gegründet worden war, wurde im Jahr 2014 eine neue Ortsgruppe Nordvorpommern der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend" (SDAJ), der informellen Jugendorganisation der DKP, gegründet. Beide Gruppierungen traten wiederholt öffentlich in Erscheinung, so bei Protesten gegen die Verhüllung der Leninstatue in Schwerin anlässlich des 17. Juni und anlässlich einer DKP-Demonstration mit 60 Teilnehmern am 4. Oktober 2014 in Schwerin unter dem Motto "Schluss mit Lügen und Kriegshetze - Nein zum Krieg in der Ukraine !" Eine neu gegründete Ortsgruppe Schwerin der MLPD sieht als "Schwerpunkt" ihrer Tätigkeit den "Kampf um den Erhalt unseres Lenin-Denkmals" gegen "Kräfte, die nichts unversucht lassen und jede Möglichkeit nutzen, das einzige Lenin-Denkmal in Westeuropa zu zerstören". 90 89 Internetseite der MLPD, abgerufen am 23.6.2014 90 "Rote Fahne" vom 7.11.2014 82 4 Islamismus / Islamistischer Terrorismus 4.1 Islamistische Bestrebungen - politischer Extremismus mit Rückgriff auf den Islam Das Phänomen des Islamismus ist begrifflich vom Islam zu unterscheiden. Während der Islam lediglich eine Religion verkörpert, ist der Islamismus dadurch gekennzeichnet, dass er einen explizit politischen Anspruch aus der Religion des Islam ableitet. Islamisten instrumentalisieren die Religion des Islam für politische und verfassungsfeindliche Zwecke. Sie verfolgen das Ziel, ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen in Staat und Gesellschaft durchzusetzen, sowohl in muslimischen wie auch in säkular geprägten Gesellschaften. Islamisten wollen eine "Ordnung des Islam" errichten, in der mittels Anwendung "islamischer Rechtsnormen" der Geltungsanspruch der Schari'a durchgesetzt und damit wesentliche Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung außer Kraft gesetzt werden sollen. Der Verfassungsschutz beobachtet deshalb unter der Überschrift "Islamismus" religiös motivierte extremistische Bestrebungen, die sich gegen westliche Wertund Ordnungsvorstellungen, insbesondere gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, richten. Der islamistische Extremismus ist kein einheitliches Phänomen, sondern weist verschiedene Facetten auf. Diese unterscheiden sich zum einen in ihrer Reichweite und ihrem Anspruch; das Spektrum reicht hier von lokal (ortsbezogene Vereine mit Islamismusbezug) bis zu global agierenden Organisationen ("al-Qaida"). Daneben gibt es islamistische Gruppierungen, deren Agenda sich auf bestimmte Regionen bezieht. Die islamistische HAMAS etwa richtet ihre Aktivitäten auf eine Islamisierung Palästinas, ist für dieses Ziel aber weit über die Grenzen Palästinas hinaus aktiv. Zum anderen differieren die Mittel, die islamistische Gruppierungen einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen. So gibt es legalistische islamistische Organisationen, die ihre Ziele innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens verfolgen, wie etwa der "Islamische Bund Rostock". Andere befürworten unter 83 bestimmten Umständen den Einsatz von Gewalt als Mittel, um ihre Ziele durchzusetzen. Schließlich gibt es im Bereich des Islamismus terroristische Gruppierungen wie "al-Qaida" und den "Islamischen Staat", deren primäres Ziel die Propagierung, Androhung und der Einsatz von Gewalt ist. Diese Vielfalt hat zur Folge, dass der islamistische Extremismus auch keine Bewegung ist, die nach außen hin geschlossen auftritt. Teile dieses Spektrums bekämpfen einander aufs heftigste. Deutlich wird das beispielsweise in Angriffen von Salafisten (also Sunniten, s. u.) gegen Schiiten. 4.2 Entwicklungstendenzen des Islamismus 2014 Deutschland steht weiterhin im Zielspektrum von islamistisch-terroristischen Bestrebungen. Trotz zahlreicher Fahndungserfolge stellt der islamistische Terrorismus im Bereich des politischen Extremismus weiterhin die größte Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands dar. Die zahlreichen vereitelten oder fehlgeschlagenen Anschläge im Inland seit dem Jahr 2000 belegen, dass deutsche und internationale Islamisten ihren vielfachen Anschlagsdrohungen gegen deutsche Interessen auch Taten folgen lassen. Zu den wichtigsten Maßnahmen gegen die Bedrohung durch Islamisten zählen Vereinsverbote, die ein geeignetes Mittel sind, um die organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten islamistischer Organisationen zu beschränken. Extremisten wird so die offene Werbung von Anhängern, die Finanzierung ihrer Aktivitäten und die Kommunikation erheblich erschwert. 2014 wurden neben der Terrororganisation "IS" (s. u. Abschnitt 4.4) das "Waisenkinderprojekt Libanon e.V. (WKP)" und der "Kultur & Familien Verein e.V. (KuF)" verboten und aufgelöst. WKP wurde durch den Bundesinnenminister am 8. April 2014 verboten, da der Verein fortdauernd die libanesische "Shahid-Stiftung" unterstützt hatte, welche der islamistischen "Hizb Allah" zugerechnet wird und sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. KuF aus Bremen wurde durch den Bremer Senator für Inneres verboten, da die von Mitgliedern des Vereins bei Predigten verbreitete Ideologie die verfassungsmäßige Ordnung 84 sowie den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend und nachhaltig beeinträchtigt. Die politischen Entwicklungen in der arabischen Welt haben weiterhin erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des islamistischen Extremismus in Deutschland. So hat die Anziehungskraft des Bürgerkrieges in Syrien für Jihadisten aus Deutschland 2014 weiter zugekommen (vgl. Abschnitt 4.4). Zwar blieb Deutschland 2014 von Anschlägen verschont, jedoch galt dies nicht für andere westliche Staaten. So war der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel am 24. Mai 2014, bei dem der Täter mit einer Schnellfeuerwaffe vier Personen tötete, islamistisch motiviert. In Kanada kam es zu zwei mutmaßlich islamistischen Anschlägen: Am 20. Oktober 2014 überfuhr ein kanadischer Konvertit auf einem Parkplatz in der Nähe von Montreal zwei kanadische Soldaten, wobei ein Opfer am Tatort starb. Bei dem anderen Anschlag, der unabhängig vom ersten erfolgte, erschoss am 22. Oktober 2014 ein kanadischer Konvertit einen kanadischen Soldaten, der an einem Kriegerdenkmal in der Hauptstadt Ottawa Wache hielt. Am 23. Oktober 2014 griff ein Islamist in New York zwei Polizisten mit einer Axt an und verletzte sie schwer. 4.3 Salafismus: Hintergründe und aktuelle Entwicklung Der Salafismus ist weiterhin die am stärksten wachsende islamistische Bewegung, sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern. Ihm werden in Deutschland derzeit ca. 7.500 Personen (Stand: Juni 2015) zugerechnet. 2013 veranschlagte der Verfassungsschutz die Zahl der Salafisten bundesweit noch auf 5.500. Unter dem Oberbegriff Salafismus versteht man eine besonders radikale und rückwärtsgewandte Strömung innerhalb des Islamismus, die sich an den Ideen und Lebensweisen der ersten Muslime und der islamischen Frühzeit orientiert. So geben Salafisten vor, ihre religiöse Praxis und Lebensführung ausschließlich an den Prinzipien des Koran und dem Vorbild des Propheten Muhammad und der frühen Muslime - der so genannten rechtschaffenen Altvorderen - auf Arabisch al-salaf al-salih - auszurichten. 85 Die Orientierung an der frühislamischen Zeit drückt sich für Salafisten in der bedingungslosen Befolgung und Durchsetzung von islamischen Regelungen aus, die sie als authentisch und maßgeblich ansehen. "Islam" im Sinne des Salafismus ist für sie eben nicht nur "Religion" (arabisch din), sondern ein auf der wortgetreuen Befolgung des Koran und der Prophetentradition beruhendes System, welches sämtliche Lebensbereiche, einschließlich Gesetzgebung und Politik, regelt. In letzter Konsequenz soll ein islamischer "Gottesstaat" errichtet werden. Für Deutschland würde dieser Schritt bedeuten, dass wesentliche Grundrechte und Verfassungsprinzipien keine Geltung mehr hätten. Propaganda und Handlungsweisen von Salafisten zielen folglich nicht nur auf eine Beeinflussung religiöser Überzeugungen ab, sondern verfolgen einen totalitären Ansatz. Salafisten verwenden zwar religiöse Begriffe, deuten sie jedoch politisch um und instrumentalisieren sie in ihrem Sinne. Die salafistische Ideologie ist daher mit Integration, religiöser Toleranz und den Grundlagen des demokratischen Rechtsstaates nicht vereinbar. Gleichwohl ist der Salafismus keine homogene Bewegung, sondern wiederum in verschiedene Unterkategorien zu gliedern. Der Verfassungsschutz unterscheidet zwischen den Strömungen des politischen und des jihadistischen Salafismus. Beide Strömungen teilen zwar die gleichen Glaubensvorstellungen (arabisch 'aqida), unterscheiden sich jedoch in der Wahl der Methoden (arabisch manhaj), mit denen die Glaubensvorstellungen zur Anwendung gebracht werden sollen. Politische Salafisten versuchen, ihre islamistische Ideologie durch intensive Propagandaaktivitäten, die sie als "Missionierung" (arabisch da'wa) bezeichnen, zu verbreiten. Mit ihnen soll die Gesellschaft in einem langfristig angelegten Prozess gemäß salafistischen Normen verändert werden. Politische Salafisten veranstalten in zunehmend professioneller Weise in Deutschland "Islam-Infostände", Kundgebungen in Innenstädten und "Islamseminare". Sie unterhalten ein umfangreiches Angebot im Internet, mit dem sie ihre Propaganda verbreiten. Nach außen wird diese Propaganda als 86 Informationsangebot zur korrekten Religionsausübung dargestellt, tatsächlich betreibt der politische Salafismus auf diesem Weg jedoch eine systematische Indoktrination, die in vielen Fällen den Anfangspunkt für eine Radikalisierung bildet. Salafisten sind bei der Ansprache von Jugendlichen häufig erfolgreich, da sie eine jugendtypische Sprache sprechen und ihnen eine vermeintlich klare Orientierung in einer als unübersichtlich empfundenen Welt aufzeigen können. Zudem bieten sie ihnen das Zusammengehörigkeitsgefühl einer eingeschworenen Gemeinschaft, reduzieren Komplexität, indem sie Sachverhalte knapp und klar in Gut und Böse einteilen, stellen klare Gebote und Verbote für alle Bereiche des Lebens auf und entlasten den Jugendlichen davon, eigene Entscheidungen fällen zu müssen. Häufig nutzen sie auch den Idealismus der Jugendlichen und deren altersbedingte Protesthaltung, um sie für die Ziele des Salafismus einzuspannen. Im Herbst 2013 erklärte DWR, nunmehr Korane an Nicht-Muslime in ganz Europa in den jeweiligen Landessprachen verteilen zu wollen. Mittlerweile ist die Kampagne auch in der Türkei und Nordafrika aktiv. Ein Beispiel für salafistische "Da'wa-Arbeit" ist die von der Missionierungsorganisation "Die wahre Religion" (DWR) betriebene Kampagne "Lies!" des salafistischen Predigers Ibrahim ABOU NAGIE. Mit ihr werden seit Oktober 2011 kostenlose Koranübersetzungen an Nicht-Muslime verteilt. Die Kampagne war seinerzeit mit dem selbst erklärten Ziel gestartet, 25 Millionen Koranexemplare an Haushalte in Deutschland zu verteilen. Grundsätzlich ist die Verteilung von Koranen kein verfassungsschutzrelevanter Vorgang, da Missionierungsaktivitäten durch die in Artikel 4 des Grundgesetzes verankerte Religionsfreiheit geschützt sind. Die "Islam-Infostände" werden je87 doch auch mit dem Ziel betrieben, Kontakte zu potenziellen neuen Anhängern anzubahnen, was in der Folge häufig zu deren Indoktrinierung und weiterer Radikalisierung führt. Das Gebrauchmachen vom Grundrecht der Religionsfreiheit stellt sich in dieser Konstellation somit als eine aus staatlicher Sicht zumindest problematische Form der Rechtsausübung dar. Insgesamt ist festzustellen, dass der politische Salafismus ein ambivalentes Verhältnis zur Gewalt als Mittel zur Durchsetzung seiner Ziele pflegt, da religiös legitimierte Gewalt häufig nicht prinzipiell ausgeschlossen wird. Anhänger des politischen Salafismus positionieren sich in Teilbereichen ostentativ gegen Terrorismus, heben den friedfertigen Charakter des Islam hervor und vermeiden offene Aufrufe zur Gewalt. Zwischen den unterschiedlichen salafistischen Strömungen besteht Uneinigkeit, unter welchen Voraussetzungen Gewalt angewendet werden darf. Somit erweist sich die Grenzziehung zwischen politischem und jihadistischem Salafismus häufig als schwierig. Jihadistische Salafisten befürworten dagegen eine unmittelbare und sofortige Gewaltanwendung. Sie propagieren den bewaffneten Kampf auch gegen Machthaber in Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, denen sie vorwerfen, vom Islam abgefallen und Handlanger des verhassten "Westens" zu sein. Hervorzuheben ist hier, dass sämtliche Personen mit Deutschlandbezug, die den gewaltsamen Jihad befürworten, zuvor mit salafistischen Einrichtungen in Kontakt standen. Es kann somit als gesichert gelten, dass das von Salafisten verbreitete Gedankengut den Nährboden für eine islamistische Radikalisierung, "Jihadisierung" und schließlich Rekrutierung für den militanten Jihad bildet. 4.4 Wachsende Beteiligung von Islamisten aus Deutschland am Bürgerkrieg in Syrien Der Bürgerkrieg in Syrien ist weiterhin der wichtigste Anziehungspunkt für Jihadisten aus Deutschland und nimmt als Mobilisierungsthema weiter an Bedeutung zu. 88 Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden des Bundes liegen aktuell (Stand: Juni 2015) Erkenntnisse zu mehr als 700 Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien ausgereist sind, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen oder den Widerstand gegen das Assad-Regime in sonstiger Weise zu unterstützen. 2013 lag die Zahl noch bei 240. Teilweise sind diese Personen von Syrien aus in den Irak gereist und haben sich dort an Kampfhandlungen beteiligt. Das Hochglanzmagazin "Dabiq", das Medium der Terrororganisation IS, das auch auf Deutsch publiziert wird, veröffentlicht brutale Propaganda. Dabiq ist ein Dorf in der Nähe von Aleppo in Syrien, wo der Überlieferung zufolge nach einer letzten Schlacht, in der die Muslime gegen die Christen siegen, die Apokalypse stattfinden wird. IS setzt diese Überlieferung gezielt ein, um apokalyptische Phantasien nach einem kollektiven Sieg der Muslime und der damit verbundenen Errettung zu nähren und so Anhänger für die angeblich entscheidende Schlacht gegen die "Ungläubigen" zu mobilisieren. Rund 200 der Ausgereisten, also ungefähr ein Drittel, ist mittlerweile nach Deutschland zurückgekehrt. In den meisten Fällen ist schwer einzuschätzen, ob diese Personen in Syrien bzw. im Irak als Islamisten an Kampfhandlungen teilgenommen haben. Gleichzeitig liegen zu mehr als 60 Personen Hinweise vor, dass sie im Rahmen von Kampfhandlungen in Syrien oder im Irak zu Tode gekommen sind. Die Sicherheitsbehörden sind in diesem Zusammenhang bestrebt, Ausreiseplanungen von Islamisten nach Syrien frühzeitig zu erkennen und Ausreisen zu unterbinden. So soll verhindert werden, dass Islamisten in Syrien weiter radikalisiert werden und dort Erfahrungen und Fertigkeiten erwerben, die ihr Gefahrenpotenzial nach einer Rückkehr nach Europa erheblich erhöhen würden. Der mutmaßliche Attentäter Mehdi NEMMOUCHE, der am 24. Mai 2014 am Jüdischen Museum in Brüssel vier Menschen tötete, soll während eines einjährigen Aufenthaltes in Syrien 2013 auf Seiten der Islamisten am Bürgerkrieg teilgenommen und dort Kampferfahrung gesammelt 89 haben. Er stellt somit ein bezeichnendes Beispiel für die von JihadRückkehrern ausgehenden Gefahren dar. Eine zentrale Stellung in den Aktivitäten der islamistischen Terroristen in Syrien nimmt die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) ein. Der IS geht auf eine Gruppierung zurück, die 2003 im Irak nach dem Einmarsch der USA entstand und seitdem häufig ihren Namen wechselte. Die Organisation stand bis 2006 unter der Führung des berüchtigten Abu Musab AZ-ZARQAWI, schloss sich 2004 der Terrororganisation al-Qaida an und firmierte dann unter anderem unter dem Namen "al-Qaida im Irak". Selbst innerhalb von al-Qaida wurden zu dieser Zeit deren Brutalität und Terroranschläge gegen Schiiten kritisiert. Seit ungefähr 2012 beteiligt sich die Organisation am syrischen Bürgerkrieg und firmierte ab April 2013 unter dem Namen "Islamischer Staat im Irak und der Levante". Vor allem im Nordosten Syriens gelang ihr seitdem eine verstärkte Festsetzung. Konflikte mit"Jabhat al-Nusra", einem anderen Ableger von al-Qaida in Syrien, eskalierten 2014 und führten zu einer Distanzierung des al-Qaida-Chefs Ayman al-Zawahiri vom "Islamischen Staat im Irak und Syrien". 2014 intensivierte die Organisation ihre Aktivitäten innerhalb des Irak und konnte sich kurzfristig in Falludscha und al-Ramadi festsetzen. Im Juni 2014 nahm sie schließlich mit Mossul die zweitgrößte Stadt des Landes ein, die bis zu diesem Zeitpunkt das Zentrum der ostchristlichen Kultur im Irak war. Dort rief der Führer der Terrororganisation Abu Bakr al-Baghdadi am 29. Juni 2014 das islamische Kalifat aus und Die Aktivitäten der Terrororganisation IS in Deutschland wurden am 12. September 2014 durch das Bundesinnenministerium auf Grundlage des Vereinsrechts verboten. Das te n- Verbot umfasst jegliche Beteiligung an der e r bo Organisation, etwa über soziale Medien oder bei -v Demonstrationen, die Anwerbung von Geldern oder Kämpfern sowie die öffentliche Verwendung von Kennzeichen der Organisation. 90 Der Islamist Abu Usama al-Almani alias Philip B. aus Dinslaken (NRW) reiste 2013 nach Syrien und schloss sich dort der Vorgängerorganisation des IS an. Von dort soll er v .a. über das Internet deutsche Muslime mobilisiert haben, sich dem heiligen Krieg in Syrien anzuschließen. 2014 kam er mutmaßlich im Irak ums Leben. Laut einem per Twitter verbreiteten Bekennerschreiben des IS soll er mittels einem mit fünf Tonnen Sprengstoff beladenen LKW einen Selbstmordanschlag in der Ortschaft Ali Rash verübt haben. (Foto aus einem Propagandavideo) benannte die Organisation in "Islamischer Staat" (IS) um. Mit diesem Auftritt dokumentierte Abu Bakr al-Baghdadi seinen Anspruch auf die weltweite Führung aller Muslime. Wie alle Terrororganisationen, wenngleich professioneller als die meisten anderen, setzt der IS Propaganda systematisch als Mittel der Kriegsführung ein. Er verbreitet auf diesem Weg die erzielten militärischen Erfolge und die von ihm verübten Gräueltaten, u. a mit dem Ziel der Mobilisierung neuer Kämpfer. Die festgestellte Zunahme deutschsprachiger Propaganda ist ein Hinweis auf die zunehmenden Aktivitäten von Islamisten aus Deutschland in Syrien und erhöht zudem die Gefahr, dass es zu weiteren Radikalisierungen und Rekrutierungen von Islamisten in Deutschland kommt. 4.5 Islamistischer Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern Auch 2014 konnten wieder Aktivitäten aus verschiedenen Bereichen des islamistischen Extremismus bzw. von verschiedenen Organisationen in Mecklenburg-Vorpommern festgestellt werden. Von besonderer Bedeutung waren erneut Aktivitäten von Anhängern des politischen Salafismus. 91 Mobile Koran-Verteiler in der Fußgängerzone in Rostock. Das bundesweit einheitliche Design der Verteilaktion ist ein Zeichen für die zunehmende Professionalisierung des Projektes. So fanden erstmals Aktionen der sogenannten "LIES!"-Kampagne in Mecklenburg-Vorpommern statt91. Seit Oktober 2011 verteilt die salafistische Missionierungsorganisation "Die wahre Religion" (DWR) des salafistischen Predigers Ibrahim Abou Nagie in zahlreichen Bundesländern kostenlose Koranübersetzungen (vgl. Abschnitt 4.3). Die "LIES!"-Kampagne in Rostock wird von Personen aus Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit auswärtigen Aktivisten veranstaltet. Dieses Projekt zeigt deutlich, wie der Salafismus von bestimmten Zentren, die in einigen Westdeutschen Großstädten und in Berlin zu verorten sind, in die Fläche hineinwirkt. Die Protagonisten und Initiatoren des politischen Salafismus - seien es Autoren, Initiatoren von sozialen Netzwerken oder Prediger - wohnen ganz überwiegend außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern. Da der Salafismus aber eine globale Bewegung ist, sind sie bestrebt, ihre Ideologie an möglichst jedem Ort zu verbreiten, um so gesellschaftlichen und politischen Einfluss zu gewinnen. Ziel ist dabei, die Ideologie des Salafismus zu verbreiten und neue Anhänger zu mobilisieren. Bundesweit sind nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden gegenwärtig etwa 7.500 Salafisten aktiv (s. o.). Die Zahl für Mecklenburg-Vorpommern bewegt sich im unteren bis mittleren zweistelligen Bereich. Zur Teilnahme von Personen aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern am Bürgerkrieg in Syrien liegen auch für das Jahr 2014 keine 91 FACEBOOK-Seite von "Die wahre Religion", abgerufen am 29.01.2015 92 belastbaren Erkenntnisse vor. Es gibt jedoch Hinweise auf Einzelpersonen, welche Bezüge zum Bürgerkrieg in Syrien aufweisen, so etwa in Form von Ausreiseabsichten oder dortigen Aktivitäten vor der Einreise nach Deutschland. Da von einer mehr oder weniger großen Dunkelziffer auszugehen ist - jede Türkeireise kann zumindest theoretisch auch eine Weiterreise nach Syrien beinhalten -, ist eine seriöse Zahlenangabe an dieser Stelle nicht möglich. Auffallend waren 2014 verschiedene festgestellte Profile aus Mecklenburg-Vorpommern in sozialen Netzwerken, in denen eine Solidarisierung mit dem IS zum Ausdruck kam. Sie enthielten zumeist Fotos und Videos, die extreme Grausamkeiten und damit die Verrohung der dortigen Akteure darstellen. Das Bildmaterial macht deutlich, dass die Aktivitäten der Terrororganisation "Islamischer Staat" auch in Mecklenburg-Vorpommern wahrgenommen und weiterverbreitet werden. Die Gefahr, dass derartige Veröffentlichungen eine Radikalisierung oder eine Rekrutierung für den IS oder andere Terrororganisationen nach sich ziehen, ist evident. Einzelne Personen in Mecklenburg-Vorpommern lassen sich darüber hinaus islamistischen Organisationen wie der Hamas, der Hizb Allah, den "Murabitun", der "Muslimischen Jugend Deutschlands" und der "Türkischen Hizbollah", zuordnen. 4.6 Aktivitäten von Islamisten aus dem Nordkaukasus Bundesweit wurden in den vergangenen zwei Jahren verschiedene islamistisch motivierte gewalttätige Auseinandersetzungen festgestellt, an denen Personen aus dem Nordkaukasus beteiligt waren - zum Beispiel Ausschreitungen im August 2014 in Herford und im Oktober 2014 in Celle und Hamburg. Die nordkaukasische Islamistenszene wird im überwiegenden Maße als salafistisch und gewaltbereit eingeschätzt. Ihre Anhänger sind zum Teil dem "Kaukasischen Emirat" (KE) zuzurechnen. Dabei handelt es sich um eine ursprünglich an al-Qaida angelehnte Separatistenbewegung im Nordkaukasus, die u. a. mit Terroranschlägen die russischen Sicherheitskräfte bekämpft und einen islamischen Gottesstaat 93 auf Basis der Schari'a anstrebt. Zudem gibt es zahlreiche Bezüge von Anhängern des KE zum IS im syrischen Bürgerkrieg. Die Anhänger des KE bezeichnen sich selbst auch als "Wahabiten", was wiederum eine Unterart des Salafismus darstellt. Die Übergänge zwischen der nordkaukasischen Separatistenbewegung und dem Salafismus sind somit fließend. Eines der Kernprojekte der Salafisten in Deutschland, an der sich auch Nordkaukasier beteiligen, stellt die LIES!-Kampagne dar.92 Darüber hinaus wurde seit der zweiten Jahreshälfte 2013 eine Tendenz zur Radikalisierung von Nordkaukasiern innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern festgestellt. Auffällig waren typische Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes nach salafistischem Vorbild und - in mehreren bekannt gewordenen Fällen - Versuche, insbesondere die muslimischen Mitbewohner religiös zu bevormunden und sie dabei psychisch und physisch unter Druck zu setzen. 92 vgl. Abschnitt 4.5 94 5 Sonstiger Ausländerextremismus 5.1 Personenpotenzial Personenpotenzial der nicht islamistischen, linksextremistischen Ausländerorganisationen 2014 in Mecklenburg-Vorpommern M-V M-V Bund Bund 2013 2014 2013 2014 Arbeiterpartei Kurdistans 250 250 13.000 14.000 (PKK)/ KONGRA GEL Revolutionäre Volksbefrei<10 <10 650 650 ungspartei-Front (DHKP-C) Ehemalige Türkische Kommunistische Partei/ <10 <10 1.300 1.300 Marxisten-Leninisten (TKP/ ML) und MKP Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei <10 <10 600 600 (MLKP) Gesamt: < 280 < 280 15.550 93 16.550 93 Die meisten dieser Organisationen sehen Deutschland als gesicherten Rückzugsraum. Die Anhängerzahlen von DHKP-C, TKP/ML und MLKP in Mecklenburg-Vorpommern sind allerdings - im Gegensatz zur PKK / KONGRA GEL - eher unbedeutend. 93 Die Gesamtzahl (hier: Bund) der Mitglieder-/Anhängerzahlen von nicht islamistischen - linksextremistischen Ausländerorganisationen weicht von der seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlichten Gesamtstatistik insofern ab, als in der o.a. Tabelle ausschließlich die im Land Mecklenburg-Vorpommern agierenden Organisationen berücksichtigt worden sind. 95 5.2 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) / Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL) 5.2.1 Allgemeines Die im Jahr 1978 in der Türkei unter Führung von Abdullah Öcalan gegründete Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kämpft seit Anfang der 1980er Jahre für die Unabhängigkeit der Kurdengebiete im Osten der Türkei. Seitdem sind bei Anschlägen und Gefechten mehrere zehntausend Menschen getötet worden, darunter auch viele Zivilisten. Die PKK ist in Deutschland, was Anhängerzahlen, Organisationsgrad - und Mobilisierungspotenzial betrifft, o ten er b immer noch die bedeutendste Kraft -v im Bereich des nicht religiös motivierten Extremismus mit Auslandsbezug. Sie wurde von der Europäischen Union in die Liste der terroristischen Vereinigungen aufgenommen und unterliegt in Deutschland unter allen von ihr benutzten Bezeichnungen wie KADEK, KONGRA GEL, KKK und KCK - einschließlich verschiedener Teilund Nebenorganisationen - seit 1993 einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot. Der Aktionsradius der PKK erstreckt sich über die Grenzen Deutschlands hinaus auf ganz Europa. Dabei verfolgt die PKK seit Jahren eine Doppelstrategie, die einerseits einen weitgehend gewaltfreien Kurs im westlichen Europa, andererseits aber terroristische Akte durch die PKK und ihre bewaffneten Guerillaverbände insbesondere in der Türkei beinhaltet. Mit Bezug auf die politische und militärische Situation in der Türkei sowie auf die Haftbedingungen ihres seit 1999 in der Türkei inhaftierten unangefochtenen Anführers Abdullah Öcalan fanden auch im Jahr 2014 unter der PKK-Anhängerschaft europaweit zahlreiche Resonanzaktionen wie Kundgebungen und Hungerstreiks statt. In Mecklenburg-Vorpommern werden der PKK ca. 250 Personen zugerechnet. Obwohl diese im Jahr 2014 keine öffentlichkeitswirk96 samen politischen Aktivitäten im Land entfalteten, gelingt es der PKK immer wieder, eine relativ große Zahl von Kurden aus Mecklenburg-Vorpommern zur Teilnahme an überregionalen Veranstaltungen zu mobilisieren. 5.2.2 Aktivitäten der PKK in Deutschland Die PKK verfügt in Deutschland über einen konspirativ agierenden und streng hierarchisch strukturierten Funktionärsapparat. Das gesamte Bundesgebiet ist dabei in Zuständigkeitsbereiche aufgeteilt, dem jeweils ein PKK-Führungsmitglied (so genannte Gebietsverantwortliche) vorsteht. Um sich der Verfolgung durch deutsche Sicherheitsbehörden zu entziehen, wechseln diese Führungskader regelmäßig und in kurzen Zeitabständen europaweit ihr Zuständigkeitsgebiet. Mecklenburg-Vorpommern bildet zusammen mit dem größten Teil Schleswig-Holsteins das "Gebiet Kiel", das wiederum in einzelne Teilgebiete aufgeteilt ist. Eine der Hauptaufgaben dieser Führungskader ist die Beschaffung finanzieller Mittel zur Durchsetzung der Parteiziele und der Verbreitung der Ideologie der PKK. Dies erfolgt überwiegend durch den Verkauf von Publikationen und durch Einnahmen aus Veranstaltungen. Ein großer Teil der Gelder wird darüber hinaus durch mehr oder weniger freiwillige "Spendensammlungen" in der PKK-Anhängerschaft erzielt. Entsprechende monatliche Sammlungen sowie gesonderte jährliche "Spenden"-Kampagnen finden auch in Mecklenburg-Vorpommern statt. Die Geldmittel werden überwiegend zur Aufrechterhaltung der konspirativen und der "offenen" Organisationsstrukturen der PKK, für die PKK-nahen Medien und für die Ausrüstung und den Lebensunterhalt der Guerillatruppen in den Kampfgebieten im Nahen Osten verwendet. Trotz des seit 1993 bestehenden PKK-Verbots führten deren Anhänger auch im Jahr 2014 erneut Großveranstaltungen mit teilweise 97 mehreren zehntausend Teilnehmern durch, an denen ebenfalls Personen aus Mecklenburg-Vorpommern teilnahmen. Organisiert wurden diese Veranstaltungen in der Regel nicht unmittelbar durch die PKK, sondern durch das "Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland" (NAV-DEM e.V.; dieses firmierte bis Juni 2014 unter der Bezeichnung Yek-Kom e.V.)". Teilnehmerzahlen von bis zu 30.000 Personen pro Veranstaltung, wie beim Kurdistan-Festival am 13. September 2014 in Düsseldorf und bei den jährlich stattfindenden "Newroz-Kundgebungen", welche auch als Symbol des Freiheitskampfes gefeiert werden, zeigen, dass die PKK nach wie vor in der Lage ist, eine große Anzahl von Kurden für die Bewegung in Deutschland zu mobilisieren. Darüber hinaus fand am 12. April 2014 eine vom "Kurdistan-Solidaritätszentrum Duisburg e.V." angemeldete "europaweite Jugenddemonstration" unter dem Motto "Freiheit für Öcalan" statt. Im Verlauf der Veranstaltung kam es unter den 650 zumeist jugendlichen Teilnehmern zu Gewalttätigkeiten gegen türkische Einrichtungen und ein Wohnhaus, an dem die türkische Nationalflagge gehisst war. Ein Polizeibeamter erlitt bei den Auseinandersetzungen schwere Verletzungen. In der PKK-nahen Presse wurden diese Gewaltaktionen auf Provokationen nationalistischer Türken und der Polizei zurückgeführt. Der Vorfall zeigt das unverändert vorhandene Aggressionspotenzial von PKK-Anhängern - insbesondere der Jugendlichen - gegenüber Personen, die als türkische Nationalisten angesehen werden, sowie gegen türkische Einrichtungen. Beim Aufeinandertreffen beider Gruppen kann es jederzeit zu spontanen Gewalttätigkeiten kommen. 5.2.3 Unterstützung für die Kurden in Syrien Seit Beginn des Aufstandes in Syrien im Frühjahr 2011 verlagerten sich die Interessen der PKK darauf, die syrischen Kurden enger an die PKK zu binden. Als strategisches Fernziel der PKK zeichnet sich dabei die Einrichtung eines kurdischen Autonomiegebietes im Norden Syriens ab. In den kurdisch bewohnten Gebieten Syriens (im Sprachgebrauch der 98 PKK als "Rojava" bzw. "Westkurdistan" bezeichnet) agiert zu diesem Zweck der syrische Ableger der PKK, die "Partei der demokratischen Union" (Partiya Yekitiya Demokrat, PYD). Deren militärischer Arm, die "Volksverteidigungseinheiten" (Yekineyen Parastina Gel, YPG), kämpfte im Berichtszeitraum gegen die übrigen Bürgerkriegsparteien, insbesondere gegen die Verbände der "al-Qaida" zuzurechnenden islamistischen "Jabhat al-Nusra" und des "Islamischen Staates". Die PKK beschuldigte dabei die türkische Regierung, die "islamistischen Banden" logistisch und finanziell zu unterstützen; den westeuropäischen Staaten unterstellte sie, die Ausreise islamistischer Glaubenskrieger absichtlich nicht zu verhindern. PKK-nahe Medien berichteten nahezu täglich über Menschenrechtsverletzungen der Islamisten an syrischen Kurden und lösten damit eine Welle der Solidarität unter den Kurden in Deutschland aus. Die PKK mobilisierte deutschlandweit zu Solidaritätskundgebungen und rief eine Sonderspendenkampagne für "Rojava" ins Leben, in deren Zuge auch in Mecklenburg-Vorpommern Gelder gesammelt wurden. Die PKK-Anhängerschaft selbst ist überwiegend in örtlichen Vereinen organisiert, die dem am 27. März 1994 gegründeten YEK-KOM e.V., der "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland", angegliedert sind. Diese Vereine haben die Bestimmung, die Politik der PKK unter den Anhängern zu verbreiten und stellen sich in der Öffentlichkeit in der Regel als reine Kulturvereine dar. Seit Juni 2014 setzt YEKKOM e.V. seine Arbeit unter dem neuen Namen "Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland" (NAV-DEM e.V.) fort. NAV-DEM e.V. ist zur Zeit nicht vom Betätigungsverbot gegen die PKK und deren Nachfolgeorganisationen erfasst. Nach seinem Selbstverständnis vertritt er gleichwohl die politischen Interessen der PKK. So organisierte der NAV-DEM regelmäßig Veranstaltungen mit PKK-Bezug bzw. -Hintergrund, deren Einnahmen, wie z. B. 99 Eintrittsgelder und Verkaufserlöse, unmittelbar der PKK zufließen. Teilnehmer dieser Veranstaltungen demonstrieren ihre Nähe zur PKK oftmals mit entsprechenden Fahnen und Symbolen. Mehrfach forderte YEK-KOM / NAV-DEM die Aufhebung des PKK-Verbots. Auch NAV-DEM e.V. verwirklicht seine Ziele direkt oder mittelbar durch in seine Strukturen eingebundene örtliche kurdische Vereine. Bis zum Jahr 2011 war dem YEK-KOM e.V. der am 18. Mai 2008 in Rostock gegründete Deutsch-Kurdische Freundschaftsverein "Hasankeyf" e.V formal angegliedert, welcher trotz seiner anderslautenden Satzung als "Sammelund Betätigungsstelle" der PKK und ihrer Anhänger sowie auch als eine Finanzierungsquelle der PKK gewertet worden ist. Der formal fortbestehende Verein entfaltete im Berichtszeitraum jedoch keine öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten. 100 6 Spionageabwehr 6.1 Aktivitäten fremder Nachrichtendienste - Entwicklungstendenzen Die Beobachtung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten anderer Staaten in der Bundesrepublik Deutschland wird im Rahmen der Spionageabwehr wahrgenommen und ist eine gesetzliche Kernaufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Im Wesentlichen richten sich die Aktivitäten fremder Nachrichtendienste auf die Beschaffung von Informationen aus den Bereichen Politik, Militär, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung sowie Wirtschaft. Darüber hinaus stehen in unserem Lande ansässige Personen und Organisationen, die sich in Opposition zu den jeweiligen Regierungen in ihren Heimatländern befinden, im nachrichtendienstlichen Aufklärungsinteresse entsprechender Staaten. In Umsetzung des gesetzlichen Auftrages bearbeitet die Spionageabwehr rechtswidrige nachrichtendienstliche Aktivitäten aller fremden Staaten. Eine Festlegung auf bestimmte Länder oder Regionen wird im Rahmen einer 360 Grad-Ausrichtung nicht vorgenommen. Hauptträger der Spionageaktivitäten in Deutschland sind nach wie vor die Russische Föderation, die Volksrepublik China sowie die Islamische Republik Iran. Die personalstarken Nachrichtendienste fremder Länder betreiben eine intensive und an den politischen Vorgaben ihrer Regierungen ausgerichtete Aufklärungsarbeit. Im Fokus dieser Tätigkeiten steht im Hochtechnologieland Deutschland dabei weiterhin die Ausforschung insbesondere technologisch-innovativ ausgerichteter deutscher Forschungsinstitutionen und Wirtschaftsunternehmen, hier vornehmlich der Bereiche Luftund Raumfahrttechnik, Automobilund Maschinenbau, Kommunikationstechnologie sowie Umweltund Energietechnik. Unternehmen aus diesem Spektrum sind auch in Mecklenburg-Vorpommern angesiedelt. Auch die Universitäten stehen insoweit im nachrichtendienstlichen Blickfeld. 101 Eine besondere Gefahr stellt auch die gestiegene Anzahl von "Cyber-Angriffen" (auch "Elektronische Angriffe" genannt) auf Regierungsstellen, Wirtschaftsbetriebe und Einrichtungen der Kritischen Infrastrukturen (z. B. Energieund Telekommunikationsunternehmen) dar. Angesichts der erkannten Ziele sowie der angewandten Methoden kann von einer beträchtlichen Einbindung fremder Nachrichtendienste ausgegangen werden. Insofern fällt die Bearbeitung derartiger Vorkommnisse ebenfalls in die Zuständigkeit der Spionageabwehr. Eine leistungsfähige Wirtschaft und funktionierende Kommunikationsstrukturen sind grundlegende Voraussetzungen für die Stabilität unseres Staatsund Gesellschaftswesens. Insofern ist dadurch eine besondere Schutzwürdigkeit begründet. 6.2 Wirtschaftsschutz im Rahmen der Spionageabwehr Innerhalb der staatlichen Maßnahmen gegen Wirtschaftsspionage nimmt der Verfassungsschutz eine wichtige Rolle ein. Wirtschaftsschutz als der präventive Teil der Spionageabwehr umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, einen rechtswidrigen Abfluss von Know-how durch fremde Nachrichtendienste aus deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren sowie jeglichen potenziellen Angriffen bzw. Bedrohungen für die Wirtschaft durch Extremisten und Terroristen möglichst rechtzeitig zu begegnen. Hier kommt der Prävention durch Sensibilisierung und Aufklärung eine wichtige Bedeutung zu. Diese hilft, eventuelle Spionageaktivitäten bereits im Vorfeld zu erkennen und abzuwehren. Zudem unterstützt und berät der Verfassungsschutz vertraulich, praxisgerecht und fachkundig Firmen, Forschungseinrichtungen und Verbände bei der Klärung von Verdachtsfällen im Bereich der Wirtschaftsspionage. 102 Deutsche Unternehmen sind häufig Vorreiter des technologischen Fortschritts. Ihre Innovationskraft gilt als Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes. Damit dies so bleibt, müssen Knowhow und sensible Daten vor Spionage geschützt werden. Oft ist nur ein geringer Aufwand notwendig, um interne Informationen effektiv gegen unbefugten Zugriff zu schützen. Prävention ist immer der beste Schutz! Die nachfolgenden Merksätze fassen kurz und prägnant die wesentlichen Aspekte des Informationsschutzes zusammen und können bei Bedarf durch betriebsinterne Gesichtspunkte ergänzt werden: * Nicht warten, bis der Spionagefall eingetreten ist! * "Kronjuwelen" identifizieren - Informationsinventur durchführen! * Sicherheit muss Chefsache sein! * Ganzheitliches Sicherheitskonzept entwickeln (personell, materiell und IT-Sicherheit), die Umsetzung kontrollieren und permanent fortschreiben! * Informationsschutz als strategischen Erfolgsfaktor nutzen! * Know-how-Schutz auch gerade bei Auslandsreisen beachten! * Gutes Betriebsklima schaffen - zufriedene Mitarbeiter sind loyal! * Auffälligkeiten und konkrete Hinweise konsequent verfolgen; im Verdachtsfall an den Verfassungsschutz wenden! * Arbeitsvertragliche Regelungen zu klar definierten Geheimhaltungsvereinbarungen treffen, Verstöße sanktionieren! * Zugriffsberechtigungen nach dem Prinzip "Kenntnis nur wenn nötig" vergeben! 6.3 Ansprechpartner vor Ort Im Rahmen des Wirtschaftsschutzes bieten wir Ihnen konkret unsere Unterstützung in Form von Beratungsund Vortragsveranstaltungen zur Sensibilisierung und Aufklärung über die Gefahren von Spionage an. Fachkundige und kompetente Mitarbeiter der Spionageabwehr der Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern stehen Ihnen darüber hinaus jederzeit zur Verfügung, wenn es um die Klä103 rung möglicher Verdachtsfälle im Zusammenhang mit der Tätigkeit fremder Nachrichtendienste geht. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben arbeitet der Verfassungsschutz nach dem sogenannten Opportunitätsprinzip, unterliegt also im Gegensatz zur Polizei nicht der Pflicht zur Verfolgung einer Straftat. Insofern können wir Ihnen für den Fall einer persönlichen Verstrickung - auf der Grundlage einer vertraulichen Behandlung von Informationen - mögliche Lösungsansätze aus einer bestehenden nachrichtendienstlichen Einbindung aufzeigen. Wir sind für Sie da: Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern Abteilung Verfassungsschutz - Spionageabwehr - Postfach 11 05 52 19005 Schwerin Telefon: 0385/7420-0 Fax: 0385/714438 E-Mail: spionageabwehr@verfassungsschutz-mv.de 104 7 Öffentlichkeitsarbeit 7.1 Aktivitäten Der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern ist ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland. Seine Aufgabe ist es - ausschließlich auf der Grundlage von gesetzlichen Regelungen - extremistische politische Bestrebungen zu beobachten. Er informiert über die extremistischen Bestrebungen die zuständigen Stellen, damit es den staatlichen Stellen möglich ist, rechtzeitig Maßnahmen gegen die Gefährdung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzuleiten. Darunter wird u. a. subsumiert die in unserem Grundgesetz konkretisierte Achtung der Menschenrechte, die Souveränität des Volkes, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip, die Chancengleichheit für alle Parteien und das Recht auf eine parlamentarische Opposition. Aber der Verfassungsschutz hat neben dem Auftrag, die zuständigen Stellen zu informieren auch die Aufgabe, die Öffentlichkeit über die Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung zu informieren94. Denn der beste Schutz für die Demokratie ist der informierte und aufgeklärte Bürger. Dieser Informationspflicht kommt die Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern auch durch die Veröffentlichung eines Jahresberichtes nach, der von allen Bürgerinnen und Bürgern sowohl als Online-Version im Internet als auch in Form einer gedruckten Broschüre bezogen werden kann. Zusätzlich zum Verfassungsschutzbericht informierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern die Öffentlichkeit im vergangenen Jahr aber auch auf zahlreichen Veranstaltungen. Sie stellten sich dort den aktuellen Diskussionen über die Arbeit und Aufgaben der Sicherheitsbehör94 vergl. SS 5 Absatz 2 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern, Landesverfassungsschutzgesetz (LVerfSchG M-V) vom 11.07.2001 105 den, über neue Entwicklungen im Verfassungsschutz sowie über Entwicklungen in den unterschiedlichen Bereichen des politischen Extremismus und Terrorismus. Die Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern ist Teil des Beratungsnetzwerks Demokratie und Toleranz Mecklenburg-Vorpommern (www.demokratie-mv.de). Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss aus staatlichen Behörden und nichtstaatlichen Beratungsorganisationen sowie Akteuren in freier Trägerschaft. Durch die Mitwirkung im landesweiten Beratungsnetzwerk sowie in den Regionalzentren für demokratische Kultur werden Einschätzungen zu extremistischen Entwicklungen in die Diskussionen eingebracht. Zur Aufklärung der Fachöffentlichkeit führt die Verfassungsschutzbehörde zusammen mit den Polizeibehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten unseres Landes Sicherheitskonferenzen durch und informiert über die einzelnen Phänomenbereiche in der Region. Vertreter der Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern nahmen landesund bundesweit an zahlreichen Fachtagungen und Podiumsdiskussionen teil. So war die Behörde im Rahmen der Sicherheitskooperation der fünf neuen Bundesländer und Berlin am 15. Mai 2014 Mitausrichter einer gemeinsamen Fachtagung zum Thema "Hass als politisches Programm - Die Entwürdigung des politischen Gegners durch Extremisten". Mit ca. 230 Teilnehmern aus Sicherheitskreisen, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft fand das durch Berlin ausgerichtete Symposium eine sehr große Resonanz. Zukünftig wird eine solche Gemeinschaftsveranstaltung zu wechselnden Themen einmal jährlich stattfinden. Im Jahr 2014 wurden insbesondere folgende Veranstaltungen mitgestaltet: 9. Januar 2014 Vortrag zum Thema "Reformen bei Ermittlungsund Sicherheitsbehörden Mecklenburg-Vorpommern" anlässlich der Klausurtagung der SPD-Landtagsfraktion M-V in Stavenhagen 30. März 2014 Vortrag zum Thema "Islamphobie: Mythos oder Realität?" im Rahmen der Expertentagung "Extremismus in Deutschland - Schwerpunkte, Pers106 pektiven, Vergleich" im Bildungszentrum Kloster Banz / Bayern 19. Mai 2014 Vortrag und Unterstützung bei der Projektgruppenarbeit beim Jugendpolitiktag der Konrad-Adenauer-Stiftung am Gymnasium Carolinum in Neustrelitz zum Thema "Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern" 22. Mai 2014 Vortrag zum Thema "Migration als Projektionsfläche für Extremismus" im Rahmen der Danziger Gespräche 7. Juli 2014 Vortrag und Unterstützung bei der Projektgruppenarbeit beim Jugendpolitiktag der Konrad-Adenauer-Stiftung am Gymnasium Fridericianum in Schwerin zum Thema "Extremismus in Mecklenburg-Vorpommern" 11. Juli 2014 Vortrag an der Uni Rostock im Rahmen des Seminars "Geheimdienst und Intellektuelle" 4. Dezember 2014 Teilnahme an der Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung "25 Jahre Friedliche Revolution in Greifswald" der Landeszentrale für Politische Bildung MV, der Landesbeauftragen für MV für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, BÜRGERHAFEN Greifswald, Gegen Vergessen - Für Demokratie e. V., Juristische Studiengesellschaft Vorpommern e. V. und Bürgerstiftung Greifswald Beim Mecklenburg-Vorpommern-Tag vom 20.-22. Juni 2014 in Neustrelitz war die Verfassungsschutzbehörde erstmals mit einem eigenen Informationsstand vertreten und stellte sich den Fragen interessierter Bürgerinnen und Bürger. Sofern Sie eine Vortrags-, Informationsveranstaltung oder eine Fachmesse vorbereiten, die Sachbezug zur Arbeit des Verfassungsschutzes aufweist, können Sie sich direkt an den Verfassungsschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, unter der Telefon-Nummer 0385/7420-0, wenden oder hierzu Kontakt über die Internetseite www.verfassungsschutz-mv.de aufnehmen. 107 7.2 Informationsmaterialien Informationsmaterialien können kostenlos beim Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern angefordert oder im Internet unter der Adresse www.verfassungsschutz-mv.de herunter geladen werden: * Verfassungsschutzberichte der Jahre 2006 bis 2014 * Proliferation - Wir haben Verantwortung (Gemeinschaftsproduktion der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, März 2014) * Wirtschaftsspionage - 10-teilige Faltblattserie (Gemeinschaftsproduktion der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, August 2010 bzw. Dezember 2011), zu den folgenden Einzelthemen: * Sicherheitslücke Mensch - Der Innentäter als größte Bedrohung für die Unternehmen 108 * Verfassungsschutz - Ihr Ansprechpartner für Wirtschaftsschutz * Sicherheit im Know-how-Transfer * Elektronische Attacken auf Informationsund Kommunikationstechnik * Wissenschaftsspionage - Gefahren für Forschung und Lehre * Schrankenlose Offenheit - "soziale Netzwerke" im Web * Personalauswahl - Sicherheitsaspekt im Unternehmen * Wirtschaftsspionage durch Diebstahl und Einbruchdiebstahl * Besuchermanagement - Umgang mit Besuchern und Fremdpersonal * Geschäftsreisen - Schützen Sie Ihr Know-how! * Weiß ist keine Farbe (Comic des Ministeriums für Inneres und Sport über die Gefahren des Rechtsextremismus, Juli 2008) Darüber hinaus sind Informationsblätter erhältlich, die ebenfalls kostenlos als Download beim Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern zum Thema Rechtsextremismus unter der Adresse www.regierung-mv.de zur Verfügung stehen: * Informationsblatt für Vermieter von Veranstaltungssälen * Merkblatt zum Kauf von Immobilien durch Rechtsextremisten 7.3 Ausund Fortbildung an der Fachhochschule Güstrow Seit 2010 werden aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Güstrow (FHöVPR) durch Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde, im Rahmen von Ausund Fortbildungsveranstaltungen, Vorträge mit fachlichem Bezug zu der Tätigkeit und den Aufgaben des Verfassungsschutzes als auch zu ausgesuchten, aktuellen sicherheitspolitischen Themen gehalten. Im Zuge der Verbesserung des Informationsaustausches und des Verständnisses für ihre jeweiligen Aufgaben wurde im Juni 2014 109 zwischen Landespolizei und Verfassungsschutzbehörde erstmals eine mehrtägige gegenseitige Hospitation in der Abteilung Verfassungsschutz und im Landeskriminalamt, Abteilung Staatsschutz, in verschiedenen Fachbereichen durchgeführt. Eine Fortführung der gegenseitigen Hospitationen ist geplant. 110 Abkürzungsverzeichnis AAG Antifaschistische Aktion Greifswald Abs. Absatz AG GGG Artgemeinschaft Germanische-Glaubens-Gemeinschaft ALB Antifaschistische Linke Berlin AONB Antifa Offensive Neubrandenburg Art. Artikel AUF Alternativ-Unabhängig-Fortschrittlich-Alt Schwerin BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BfV Bundesamt für Verfassungsschutz BKA Bundeskriminalamt BND Bundesnachrichtendienst BPjM Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien BRD Bundesrepublik Deutschland BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BVerfSchG Bundesverfassungsschutzgesetz DHKP-C Devrimci Halk Kurtulus Partisi/Cephesi (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) DKP Deutsche Kommunistische Partei DWR Die wahre Religion EA Europäische Aktion FHöVPR Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Güstrow G-10 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses GETZ Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum GfbAV Gesellschaft für biologische Anthropologie und Verhaltensforschung e. V. GG Grundgesetz GTAZ Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum GVOBl. Gesetzund Verordnungsblatt HoGeSa Hooligans gegen Salafisten 111 Hrsg. Herausgeber IS Islamischer Staat JN Junge Nationaldemokraten KADEK Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans KE Kaukasisches Emirat KKK Koma Komalen Kurdistan KONGRA GEL Kongra Gele Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans) KPV Kommunalpolitische Vereinigung KUF Kultur- & Familienverein e.V. LfDI Landesbeauftragter für den Datenschutz und Informationsfreiheit LfV Landesamt für Verfassungsschutz LKA M-V Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern LRH Landesrechnungshof MAD Militärischer Abschirmdienst MLKP Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland NATO North Atlantic Treaty Organization (Nordatlantische Vertragsorganisation) NAV-DEM e.V. Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland NCAZ Nationales Cyber-Abwehrzentrum NHW Nordisches Hilfswerk NIAS Nachrichtendienstliche Informationsund Analysestelle NPD Nationaldemokratische Partei Deutschland NSU Nationalsozialistischer Untergrund o. O. und o. J. ohne Ortsund ohne Jahresangabe PEGIDA Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes PGP Pretty Good Privacy PIAS Polizeiliche Informationsund Analysestelle PMK Politisch motivierte Kriminalität PKK 1. Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages Mecklenburg-Vorpommern 2. Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans) 112 QR Quick Response RED Rechtsextremismusdatei RH e. V. Rote Hilfe e. V. RNF Ring Nationaler Frauen SA Sturmabteilung SAV Sozialistische Alternative SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SRH Schwarz Rote Hilfe Rostock StGB Strafgesetzbuch SS Schutzstaffel der NSDAP TKP/ML Türkische Kommunistische Partei/ MarxistenLeninisten USA Vereinigte Staaten von Amerika VA Veranstaltung V. i. S. d. P. Verantwortlich im Sinne des Presserechts YEK-KOM e. V. Yekitiya Komalen Kurd li Elmanya (Föderation kurdischer Vereine in Deutschland) VRBHV Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten WKP Waisenkinderprojekt Libanon e.V. ZKA Zollkriminalamt 113 Glossar Anti-Antifa Unter dem Begriff "Anti-Antifa" verfolgen Neonazis in Anlehnung an Terminologie und Vorgehensweise von Linksextremisten ein Konzept zur Erfassung und Veröffentlichung von Daten über politische Gegner. Antifaschismus "Antifaschismus" als Begriff wird auch von Demokraten verwendet, um ihre Ablehnung des Rechtsextremismus zum Ausdruck zu bringen. Mehrheitlich nehmen jedoch Linksextremisten diesen Begriff für sich in Anspruch. Sie behaupten, dass der kapitalistische Staat den Faschismus hervorbringe, zumindest aber toleriere. Daher richtet sich der Antifaschismus nicht nur gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten, sondern immer auch gegen den Staat und seine Vertreter, insbesondere Angehörige der Sicherheitsbehörden. Anti-Terror-Datei (ATD) Die Anti-Terror-Datei (ATD) ist eine gemeinsame Datei des Bundes und der Länder zur Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland. Ausländerextremismus Extremistische Ausländerorganisationen verfolgen in Deutschland Ziele, die typischerweise durch aktuelle Ereignisse und politische Entwicklungen in ihren Heimatländern bestimmt sind. Entsprechend ihrer politischen Ausrichtung handelt es sich dabei beispielsweise um linksextremistische Organisationen (z. B. die türkische "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C)), soweit sie in ihren Heimatländern ein sozialistisches bzw. kommunistisches Herrschaftssystem anstreben oder um nationalistische Organisationen, die ein überhöhtes Selbstverständnis von der eigenen Nation haben und die Rechte anderer Völker missachten. Daneben gibt es separatistische Organisationen, die eine Loslösung ihres Herkunftsgebietes aus einem bereits bestehenden Staatsgebilde und die Schaffung eines eigenen Staates verfolgen. Die größte von den Verfassungs114 schutzbehörden beobachtete ausländerextremistische Organisation in Deutschland ist nach wie vor die unter der Bezeichnung PKK bekannte "Arbeiterpartei Kurdistans". Autonome Kennzeichnend für die Bewegung der Autonomen, die über kein einheitliches ideologisches Konzept verfügt, ist die Ablehnung staatlicher und gesellschaftlicher Normen und Zwänge, die Suche nach einem freien, selbstbestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen und der Widerstand gegen den demokratischen Staat und seine Institutionen, wobei Gewalt von Autonomen grundsätzlich als Aktionsmittel ("militante Politik") akzeptiert ist. Autonome bilden den weitaus größten Anteil des gewaltbereiten linksextremistischen Personenpotenzials. Das Selbstverständnis der heterogenen autonomen Bewegung ist geprägt von Anti-Einstellungen ("antikapitalistisch", "antifaschistisch", "antipatriarchal"). Diffuse anarchistische und kommunistische Ideologiefragmente ("Klassenkampf", "Revolution" oder "Imperialismus") bilden den Rahmen ihrer oftmals spontanen Aktivitäten. Eine klassische Form autonomer Gewalt ist die so genannte Massenmilitanz. Das sind Straßenkrawalle, die sich im Rahmen von Demonstrationen oder im Anschluss daran entwickeln. Hierbei kommt es regelmäßig auch zu Gewaltexzessen. Autonome Freiräume Als "autonome Freiräume" können vor allem besetzte Häuser, Wohnprojekte und selbstverwaltete Jugendund Kulturzentren gelten, deren Existenz und Erhalt Linksextremisten bedroht sehen, wenn sich die Besitzund Eigentumsverhältnisse ändern. Bestrebungen, extremistische Bestrebungen sind nach allgemeinem Sprachgebrauch alle auf ein Ziel gerichtete Aktivitäten. Extremistische Bestrebungen im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes sind politisch zielgerichtete Aktivitäten, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen. Dazu gehören Vorbereitungshandlungen, Agitation und Gewaltakte. Es ist zu unterscheiden zwischen * Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes, 115 * Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, * Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Elektronische Angriffe Mit dem Begriff "Elektronische Angriffe" werden gezielte Maßnahmen mit und gegen IT-Infrastrukturen bezeichnet. Neben der Informationsbeschaffung fallen darunter auch Aktivitäten, die zur Schädigung bzw. Sabotage dieser Systeme geeignet sind. Dazu gehören das Ausspähen, Kopieren oder Verändern von Daten, die Übernahme einer fremden elektronischen Identität, der Missbrauch oder die Sabotage fremder IT-Infrastrukturen sowie die Übernahme von computergesteuerten, netzgebundenen Produktionsund Steuereinrichtungen. Die Angriffe können dabei sowohl von außen über Computernetzwerke, wie z. B. das Internet, erfolgen als auch durch einen direkten, nicht netzgebundenen Zugriff auf einen Rechner, z. B. mittels manipulierter Hardwarekomponenten wie Speichermedien (z. B. USB-Sticks). Fanzine Der Begriff setzt sich aus den Worten "Fan" und "Magazine" zusammen und bezeichnet Publikationen, die innerhalb einer subkulturellen Szene szeneinterne Informationen verbreiten. In der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene informieren diese Publikationen über Musikgruppen, Tonträger, Konzerte sowie sonstige Szeneveranstaltungen. Aktivisten und rechtsextremistische Gruppierungen erhalten in Interviews Gelegenheit zur Selbstdarstellung und zur Verbreitung ihres extremistischen Gedankengutes. Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) Das GETZ hat am 15. November 2012 seine Arbeit aufgenommen. Ziel ist die Bekämpfung des Rechts-, Links-, Ausländerextremismus/-terrorismus, der Spionage und Proliferation. Ziel ist es, die Fachexpertise aller Behörden unmittelbar zu bündeln und einen möglichst lückenlosen und schnellen Informationsfluss sicherzustellen. 116 Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) Das 2004 eingerichtete "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) in Berlin-Treptow mit einer "Nachrichtendienstlichen Informationsund Analysestelle" (NIAS) sowie einer "Polizeilichen Informationsund Analysestelle" (PIAS) konzentriert die Experten für Terrorismusabwehr der deutschen Sicherheitsbehörden an einem Ort. Im GTAZ sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, das Bundeskriminalamt (BKA), die Landeskriminalämter und der Bundesnachrichtendienst (BND) eingebunden. Weitere Teilnehmer sind Bundespolizei, Zollkriminalamt (ZKA), Militärischer Abschirmdienst (MAD), Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Vertreter der Generalbundesanwaltschaft. Die Abstimmung von Bewertungen und Maßnahmen bei sicherheitsrelevanten Sachverhalten mit Terrorismusbezug wird erleichtert und beschleunigt. Gentrifizierung Der Begriff beschreibt die Umstrukturierung ganzer Wohnviertel und Stadtteile zu hochwertigen Wohnquartieren und damit einhergehend die Veränderung der Wohnbevölkerung. Dieses Themenfeld kommt häufig in Ballungsräumen vor. Islamismus Der Begriff des Islamismus bezeichnet eine religiös motivierte Form des politischen Extremismus. Islamisten sehen in den Schriften und Geboten des Islam nicht nur Regeln für die Ausübung der Religion, sondern auch Handlungsanweisungen für eine islamistische Staatsund Gesellschaftsordnung. Ein Grundgedanke dieser islamistischen Ideologie ist die Behauptung, alle Staatsgewalt könne ausschließlich von Gott (Allah) ausgehen. Damit richten sich islamistische Bestrebungen gegen die Vorschriften des Grundgesetzes, insbesondere gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Islamisten halten die Etablierung einer islamischen Gesellschaftsordnung für unabdingbar. Dieser Ordnung sollen letztlich sowohl Muslime als auch Nicht-Muslime unterworfen werden. Sonderformen des Islamismus sind der Salafismus (A ) und der islamistische Terrorismus (A ). 117 Islamistischer Terrorismus Islamistischer Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für islamistische (a Islamismus) Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129 a Abs. 1 StGB genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen. Islamistische Terroristen nennen ihren Kampf Jihad (A ), sie legitimieren ihre Gewalt mit Vorschriften des Islam und argumentieren, dass Gott ihnen den Befehl gegeben hat, diesen Kampf zu führen. Die Ziele und Mittel des islamistischen Terrorismus sind unterschiedlich, gemein ist ihnen ein Kampf gegen die vermeintlichen Gegner des Islam. Ein typisches Handlungsmuster islamistischer Terroristen ist der Selbstmordanschlag. Er ist nach Auffassung der islamistischen Terroristen eine gottgewollte Aktion, die den Selbstmordattentäter herausragende Anerkennung im Diesseits und einen privilegierten Zugang zum Jenseits ermöglichen soll. Handlungen und Argumentationsmuster der Protagonisten des islamistischen Terrorismus stehen in Widerspruch zu den Interpretationen und Überzeugungen der religiösen Autoritäten des lslam, die v. a. Mord und Selbstmord ablehnen und den religiös begründeten Kampf nur unter eng definierten Bedingungen erlauben, Terrorismus als schwere Gewalttaten jedoch ablehnen. Jihad Die wörtliche Übersetzung dieses Begriffs ist "Anstrengung" oder "Bemühung". Es gibt zwei Formen des Jihad: die geistig-spirituelle Bemühung des Gläubigen um das richtige religiöse und moralische Verhalten gegenüber Gott und den Mitmenschen (so genannter großer Jihad) oder der kämpferische Einsatz zur Verteidigung oder Ausdehnung des islamischen Herrschaftsgebiets (so genannter kleiner Jihad). Von militanten islamistischen (A Islamismus) Gruppen wird der Jihad häufig als religiöse Legitimation für Terroranschläge verwendet. Islamistische Terroristen (a Islamistischer Terrorismus) führen unter dem Leitprinzip dieses Jihad ihren gewalttätigen Kampf/ "heiligen Krieg" gegen die angeblichen Feinde des Islam. 118 "Kameradschaften", rechtsextremistische Unter dem Begriff "Kameradschaften" werden i. d. R. neonazistische lokale Gruppierungen verstanden. Sie umfassen meist etwa 10 bis 20 Mitglieder und sind - im Gegensatz zu den Cliquen der subkulturell geprägten gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene - deutlich durch den Willen zu politischer Aktivität geprägt. Obwohl sie meist nur geringe vereinsähnliche Strukturen aufweisen, sind sie durch eine verbindliche Funktionsverteilung dennoch deutlich strukturiert. Mitglieder von Kameradschaften rechnen sich in der Regel den neonazistisch geprägten sog. "Freien Nationalisten" zu. Linksextremismus Mit diesem Begriff werden Bestrebungen von Personenzusammenschlüssen bezeichnet, für die alle oder einige der folgenden Merkmale charakteristisch sind: * Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus als "wissenschaftliche" Anleitung zum Handeln; daneben, je nach Ausprägung der Partei oder Gruppierung, Rückgriff auch auf Theorien weiterer Ideologen wie Stalin, Trotzki, Mao Zedong und andere, * Bekenntnis zur sozialistischen oder kommunistischen Transformation der Gesellschaft mittels eines revolutionären Umsturzes oder langfristiger revolutionärer Veränderungen, * Bekenntnis zur Diktatur des Proletariats oder zu einer herrschaftsfreien (anarchistischen) Gesellschaft, * Bekenntnis zur revolutionären Gewalt als bevorzugte oder - je nach den konkreten Bedingungen - taktisch einzusetzende Kampfform. Linksextremistische Parteien und Gruppierungen lassen sich grob in zwei Hauptströmungen einteilen: * dogmatische Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten: In Parteien oder anderen festgefügten Vereinigungen organisiert verfolgen sie die erklärte Absicht, eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten, * Autonome, Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre: In losen Zusammenhängen, seltener in Parteien oder formalen Vereinigungen agierend, streben sie ein herrschaftsfreies, selbstbestimmtes Leben frei von jeglicher staatlicher Autorität an. 119 NADIS Das NAchrichtenDienstliche InformationsSystem und WissensNetz (NADIS WN) ist das zentrale Hinweisund Verbundsystem der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder für Personen und Objekte. Dieses System ist eine technische Plattform, auf der Amtsund Verbunddateien von Bund und Ländern unter einer einheitlichen Anwendungsoberfläche betrieben werden können. Neonationalsozialismus/Neonazismus Der Neonationalsozialismus bezieht sich auf die Weltanschauung des "Dritten Reiches" und macht diese zur Grundlage seiner politischen Zielvorstellungen. Elementare Bestandteile der neonationalsozialistischen Weltanschauung sind Rassismus und Nationalismus sowie die Forderung nach einem autoritären "Führerstaat" unter Ausschaltung der Gewaltenteilung. Proliferation Als Proliferation bezeichnet man die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen oder chemischen Massenvernichtungswaffen und entsprechenden Waffenträgersystemen bzw. der zu deren Herstellung verwendeten Produkte einschließlich des dazu erforderlichen Know-how. Radikal Als radikal werden Bestrebungen bezeichnet, die zur Lösung politischer Probleme "bis auf die Wurzel gehen", diese jedoch ohne zielgerichteten Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung lösen wollen. Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. So ist z. B. die Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Rechtsextremismus Der Rechtsextremismus ist eine Ideologie der Ungleichheit, deren Anhänger politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen zeigen, die darauf gerichtet sind, Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung außer Geltung zu setzen 120 oder zu beseitigen (vgl. SS 6 LVerfSchG M-V). Als Gegenentwurf zu einer modernen Demokratie und einer offenen Gesellschaft wollen Rechtsextremisten - auch unter Anwendung von Gewalt - ein autoritäres oder gar totalitäres staatliches System errichten, in dem nationalistisches und rassistisches Gedankengut die Grundlage der Gesellschaftsordnung bilden soll. Dementsprechend finden sich im deutschen Rechtsextremismus in unterschiedlicher und gruppenspezifischer Ausprägung folgende ideologische Vorstellungen bzw. Handlungsmuster: * ein aggressiver, vielfach völkisch ausgerichteter Nationalismus, für den nur die deutschen Interessen als Richtschnur gelten und der andere Nationen als "minderwertig" betrachtet, * häufige Forderung nach der Neugründung eines "Reiches", das zum "mächtigen Mittelpunkt Europas" werden müsse, * der Wunsch nach einer Volksgemeinschaft auf "rassischer" Grundlage, die die Rechte des Einzelnen beliebig einschränkt und der pluralistischen Gesellschaft das Modell des "Volkskollektivismus" ("Du bist nichts, Dein Volk ist alles") entgegensetzt (Antiindividualismus, Antipluralismus, Antiliberalismus), * eine aggressive, extrem gewaltbereite Fremdenfeindlichkeit als Ergebnis rassistischen und damit verbunden antisemitischen Gedankenguts, * der Wunsch nach einem "Führerstaat" mit militärischen Ordnungsprinzipien, * Relativierung oder sogar Leugnung der Verbrechen des "Dritten Reiches" und damit verbunden eine Verharmlosung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus und * eine ständige Diffamierung der demokratischen Institutionen und ihrer Repräsentanten. Rechtsextremismusdatei (RED) Die Rechtsextremismusdatei (RED) ist eine gemeinsame Datei des Bundes und der Länder zur Aufklärung und Bekämpfung des gewaltbereiten Rechtsextremismus. Mit der RED soll der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden intensiviert und beschleunigt werden. 121 Rechtsextremistische Konzerte Die Kriterien zur Bewertung rechtsextremistischer Musikveranstaltungen lauten wie folgt: * Live-Auftritt mindestens einer als rechtsextremistisch bewerteten Band, * Szeneöffentlichkeit (z. B. überregionale Mobilisierung, Erhebung von Eintrittsgeldern, Werbung für die Veranstaltung), * Vortrag rechtsextremistischer Liedtexte bzw. Feststellung rechtsextremistischer Aktivitäten der Interpreten anlässlich der Veranstaltungen (insbesondere Propagandadelikte), * Organisation der Veranstaltung durch rechtsextremistische Gruppierungen oder Einzelpersonen. Es ist nicht erforderlich, dass Informationen zu allen Kriterien vorliegen. Mindestvoraussetzung sind der szeneöffentliche Live-Auftritt sowie Indizien für rechtsextremistische Inhalte, die sich insbesondere aus dem Auftritt einschlägiger Bands oder aus dem Vortrag entsprechender Lieder ergeben können. Salafismus Salafismus ist eine rückwärtsgewandte Strömung innerhalb des Islamismus (a), die sich an der islamischen Frühzeit orientiert. Salafisten geben vor, ihre religiöse Praxis und Lebensführung ausschließlich an den Prinzipien des Koran und der Prophetentradition (arab. Sunna), d. h. den vom Propheten Muhammad überlieferten Aussagen und Handlungen, auszurichten. Dabei kommt bei der Bestimmung dessen, was "wahrhaft islamisch" ist, den so genannten "rechtschaffenen Altvorderen" (arab. Al-salaf al-salih, daher der Begriff Salafismus) eine entscheidende Rolle zu. Das Streben der Salafisten nach Wiederherstellung der "ursprünglichen" und "reinen" Religion nach dem Modell der islamischen Frühzeit geht mit der Forderung nach vollständiger Umsetzung der Scharia einher. Nach der salafistischen Ideologie ist die Scharia von Gott gesetztes Recht. Sie ist die Gesamtheit der Regeln und Bestimmungen, die im Koran und der Prophetenüberlieferung niedergelegt sind und nach salafistischer Ansicht das Leben der Muslime in allen Aspekten leiten und bestimmen sollen. 122 Schwarzer Block Der so genannte Schwarze Block, vermummte Aktivisten in einheitlicher "Kampfausrüstung", ist eine Aktionsform, die ursprünglich im linksextremistischen autonomen Spektrum entwickelt wurde und vor allem bei Demonstrationen angewandt wird. Der "Schwarze Block" ist keine zentral organisierte und koordinierte Organisationsform, sondern ein punktueller Zusammenschluss gewaltorientierter Linksextremisten. Ziel dieses Auftretens ist die erschwerte Zuordnung von Strafund Gewalttaten zu Einzelpersonen durch die Polizei. Jeder "Schwarze Block" beinhaltet jedoch ein einzelfallbezogenes Gewaltpotenzial, das sich je nach Lageentwicklung verändern kann. Wenngleich der "Schwarze Block" überwiegend ein Ausdruck linksextremistischer Massenmilitanz (Straßenkrawalle im Rahmen von Demonstrationen) ist, schließt die Teilnahme eines "Schwarzen Blocks" an einer Demonstration keinesfalls einen friedlichen Demonstrationsverlauf aus. Spionage Als Spionage wird die Tätigkeit für den Nachrichtendienst einer fremden Macht bezeichnet, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist. Die Beschaffung von Informationen, vor allem aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militär, erfolgt zumeist unter Anwendung geheimer Mittel und Methoden. Soweit Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist, kommt eine Strafbarkeit gemäß SSSS 93 ff. StGB in Betracht. Spionageabwehr Die Spionageabwehr beschäftigt sich mit der Aufklärung und Abwehr bzw. Verhinderung von Spionageaktivitäten fremder Nachrichtendienste. Dazu sammelt sie Informationen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten fremder Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland und wertet sie aus, mit dem Ziel, Erkenntnisse über Struktur, Aktivitäten, Arbeitsmethoden, nachrichtendienstliche Mittel und Zielobjekte dieser Nachrichtendienste zu gewinnen. Die Spionageabwehr gehört gemäß SS 3 Abs. 1, Nr. 2 BVer123 fSchG zu den Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. "Vier-Säulen-Strategie" der NPD Die Strategie der NPD wurde auf dem Bundesparteitag 1998 im mecklenburgischen Stavenhagen zunächst als "Drei-Säulen-Strategie" konzipiert: Kampf um die Straße: Durchführung von Demonstrationen, Zeigen von Präsenz in der Öffentlichkeit, Massenmobilisierung, Kampf um die Köpfe: Ziel ist die Meinungsführerschaft in der rechtsextremistischen Szene, aber ganz wesentlich auch das Erreichen von Personen außerhalb ihrer politischen Klientel, Kampf um die Parlamente: Wahlerfolge konnte die NPD in Mecklenburg-Vorpommern 2006, 2009, 2011 und 2014 vorweisen. Auf dem Bundesparteitag 2004 in Leinefeld/Thüringen wurde eine vierte Säule ergänzt: Kampf um den organisierten Willen: Die NPD sieht sich als "Speerspitze der "nationalen Erneuerung" und versucht, alle "nationalen Kräfte" zu einem Bündnis zu bewegen - natürlich unter ihrer Führung. Wirtschaftsschutz Als Wirtschaftsschutz werden staatliche Maßnahmen bezeichnet, die dem Schutz deutscher Unternehmen und Forschungseinrichtungen vor einem durch Spionage betriebenen Know-how-Abfluss sowie vor Bedrohungen durch Rechtsund Linksextremisten, durch ausländische Extremisten sowie durch islamistische Terroristen dienen. Wirtschaftsspionage Wirtschaftsspionage ist Teil der Spionage, der die staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Ausforschung von Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen beinhaltet. Betreibt hingegen ein konkurrierendes Unternehmen eine private Ausforschung, handelt es sich um Konkur124 renzausspähung, die häufig auch Industriespionage genannt wird. In den Zuständigkeitsbereich der Verfassungsschutzbehörden fällt ausschließlich die Wirtschaftsspionage. 125 Registeranhang Extremistische Organisationen Gruppierungen/Versandhandel Seitenzahl A Agitationsdistrict Amt Goldberg-Mildenitz 38, 52-53 Ahnenblut 35 83-84, 90, Al-Qaida 93, 99 Alternative für Torgelow 48 Antifa Offensive Neubrandenburg (AONB) 72 Antifaschistische Aktion Greifswald (AAG) 72 Antifaschistische Linke Berlin (ALB) 72 Antirep Mob Manfred 72 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)/ KONGRA GEL 95-96, 115 Arischer Widerstandsbund Altentreptow 38 Artgemeinschaft-Germanische Glaubens-Gemeinschaft 39 wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (AG GGG) Aryan Warriors Ueckermünde 38 Autonome Nationalisten Amt Goldberg-Mildenitz 38 B Blood and Honour 33 Brigade 8 30 Bürgerinitiative Bützow wehrt sich 25 Bürgerinitiative Schöner und sicherer Wohnen 26 Bützo wehrt sich gegen Asylmissbrauch 25 D Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in 98-100 Deutschland (NAV-DEM e.V.) Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 68, 70, 75, 81-82 Deutsch-Kurdische Freundschaftsverein "Hasankeyf" e.V 100 Die Rechte 20 Die Liebenfels-Kapelle/Skalinger 33, 34 126 E Europäische Aktion (EA) 39 F Feine Sahne Fischfilet 81 Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (YEK98-100 KOM e.V.) Freie Kameradschaft Wismar 38 Freie Kräfte Greifswald/Nationale Sozialisten Greifswald 38 G Germanisches Bollwerk Mecklenburg 38 Gefangenenhilfe.info 39 Gesellschaft für biologische Anthropologie und Verhal39 tensforschung e.V. (GfbAV) Güstrow wehrt sich gegen Asylmissbrauch 25 H Hamas 83, 93 Hammerskins 30 Hizb Allah 84, 93 Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) 31 I Interessengemeinschaft Schöneres Strasburg 40, 48-49 84, 90-91, Islamischer Staat (IS) 93, 99 J Junge Nationaldemokraten (JN) 20, 26, 37, 42, 44, 61-63 K Kameradschaftsbund Anklam 38 Kameradschaftsbund Bargischow 38 Kameradschaft Borken 38 Kameradschaft Bützow 25, 38 Kameradschaft Malchin 38 Kameradschaft Schwerin 38 Kaukasisches Emirat (KE) 93 Komando Ost 34 127 L Landser 29 Levensboom-Versand 36 Lunikoff 28 M Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) 95 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 68, 70, 82 Murabitun 93 Muslimische Jugend Deutschland 93 N 5-6, 11, 18Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 29, 31, 36-38, 40-65, 67, 70, 75-76 Nationale Offenisive Gnoien 38 Nationales Bündnis Löcknitz 38 Nationale Sozialisten Müritz 37 Nationale Sozialisten Rostock 37 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) 21-22, 39 Netzwerk Freies Pommern/Nationale Sozialisten Pom38 mern New Dawn/4uVinyl-Versand 36 Nordlicht-Gnoien-Weltnetzgeschäft 36 P Path of Resistance 33-35 Painful Awakening 33-34, 36 Pommerscher Buchdienst 28, 36 P.W.A. 31 R Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) 95, 114 20, 44, 59-60, Ring Nationaler Frauen (RNF) 64-65 Rostocker Division 38 Rote Hilfe e.V. (RH e.V.) 70, 77 128 S Schwarz Rote Hilfe Rostock (SRH) 78 Sozialistische Alternative (SAV) 69-70, 75, 82 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 69-70, 75, 82 Stimme der Vergeltung 33-34 T Thrima 33-34, 36 Türkische Hizbollah 93 Ehemalige Türkische Kommunistische Partei/ Marxis95 ten-Leninisten (TKP/ML) und MKP V Völkische Burschenschar Strasburg 38 W Wählergemeinschaft Schöneres Strasburg 48 White Boys Stralsund 38, 57 Wiege des Schicksals/Motorhate 33-34 Wir von hier 48, 56 129 Anlage 1 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Jahresübersicht 2013/2014 2 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande MecklenburgVorpommern 130 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Jahresübersicht 2013/2014 Politisch motivierte Kriminalität - Rechts - 2013 2014 Straftaten Gesamt 771 689 davon extremistisch 724 642 Propagandadelikte 603 520 davon extremistisch 601 520 Gewaltdelikte 31 35 davon extremistisch 31 35 Fremdenfeindliche Straftaten 55 62 davon extremistisch 55 62 davon Gewaltdelikte 13 16 Antisemitische Straftaten 30 28 davon Gewaltdelikte 0 28 Politisch motivierte Kriminalität - Links - 2013 2014 Straftaten Gesamt 93 190 davon extremistisch 27 44 Propagandadelikte 2 3 davon extremistisch 2 3 Gewaltdelikte 19 34 davon extremistisch 19 34 Fremdenfeindliche Straftaten davon extremistisch 0 0 davon Gewaltdelikte Antisemitische Straftaten 0 0 131 Politisch motivierte Kriminalität - Ausländer - 2013 2014 Straftaten Gesamt 11 0 davon extremistisch 8 Propagandadelikte 0 0 Gewaltdelikte 2 0 davon extremistisch 2 Fremdenfeindliche Straftaten 0 0 Antisemitische Straftaten 1 0 davon Gewaltdelikte 0 132 Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Mecklenburg-Vorpommern (Landesverfassungsschutzgesetz - LVerfSchG M-V) Vom 11. Juli 2001 Amtliche Abkürzung: LVerfSchG M-V Ausfertigungsdatum: 11.07.2001 Quelle: Textnachweis ab: 01.01.2005 Fundstelle: GVOBl. M-V 2001, 261 Dokumenttyp: Gesetz Gliederungs-Nr: 12-4 Zum 13.08.2015 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe Stand: letzte berücksichtigte Änderung: Inhaltsübersicht geändert, SS 24b neu eingefügt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 2. Juli 2013 (GVOBl. M-V S. 434) Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: Inhaltsübersicht Abschnitt 1 Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde SS1 Zweck des Verfassungsschutzes SS2 Organisation SS3 Bedienstete SS4 Zusammenarbeit SS5 Aufgaben des Verfassungsschutzes SS6 Begriffsbestimmungen SS7 Rahmen für die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde SS8 Funktionelle Trennung von Polizei und Verfassungsschutzbehörde SS9 Formen der Datenerhebung SS 10 Informationsbeschaffung mit nachrichtendienstlichen Mitteln SS 11 Mitteilung an betroffene Personen 133 SS 12 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde Abschnitt 2 Datenverarbeitung SS 13 Speichern, Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten SS 14 Voraussetzung der Speicherung SS 15 Speicherung personenbezogener Daten über Minderjährige SS 16 Begriff der Datei und der Akte SS 17 Dateianordnung Abschnitt 3 Informationsübermittlung und Auskunftserteilung SS 18 Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden SS 19 Informationsübermittlung an Bundesnachrichtendienst und Militärischen Abschirmdienst SS 20 Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde an Polizei, Staatsanwaltschaft und andere Stellen SS 21 Informationsübermittlung an ausländische Stellen SS 22 Informationsübermittlung an die Öffentlichkeit SS 23 Dokumentation und Grundlage der Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde SS 24 Informationsübermittlung durch öffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde Informationsübermittlung durch nicht-öffentliche Stellen an die SS 24a Verfassungsschutzbehörde SS 24b Weitere Auskunftsverlangen SS 25 Übermittlungsverbote, Nachberichtspflicht SS 26 Auskunft an betroffene Personen Abschnitt 4 Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde SS 27 Parlamentarische Kontrollkommission SS 28 Geheimhaltung SS 29 Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission 134 Abschnitt 5 Schlussvorschriften SS 30 Geltung des Landesdatenschutzgesetzes SS 31 (weggefallen) SS 32 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten Abschnitt 1 Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde SS 1 *) Zweck des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. Fußnoten * SS 1 geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. April 2004. SS2 Organisation (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden von der Verfassungsschutzbehörde wahrgenommen Verfassungsschutzbehörde ist das Innenministerium. Es unterhält für diese Aufgaben eine besondere Abteilung. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf Dienststellen der Polizei, Dienststellen der Polizei dürfen der Verfassungsschutzbehörde nicht angegliedert werden. SS3 Bedienstete Mit Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde dürfen nur Personen betraut werden, die nach ihrer Persönlichkeit und nach ihrem Verhalten die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die Sicherung und Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eintreten. SS4 Zusammenarbeit (1) Die Verfassungsschutzbehörde ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht insbesondere in gegenseitiger Unterstützung 135 und Information sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen. (2) Die Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, der Bund nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommerns tätig werden. SS5 Aufgaben des Verfassungsschutzes (1) Zur Erfüllung ihrer Aufgabe sammelt und wertet die Verfassungsschutzbehörde sachund personenbezogene Daten, insbesondere Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen aus über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht im Geltungsbereich dieses Gesetzes, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörde informiert die zuständigen Stellen und die Öffentlichkeit über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Den staatlichen Stellen soll ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu treffen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen nach Maßgabe des 5. Sicherheitsüberprüfungsgesetzes vom 22. Januar 1998 (GVOBl. M-V S. 114, 195), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. Januar 2009 (GVOBl. M-V S. 82), sowie bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen in den übrigen gesetzlich bestimmten Fällen, 6. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im 136 öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. (4) Die Verfassungsschutzbehörde ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden ( Artikel 20 des Grundgesetzes). SS6 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, einen der in Absatz 3 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, 2. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, 3. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, die darauf gerichtet sind, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. (2) Eine Bestrebung im Sinne des Gesetzes ist insbesondere dann gegeben, wenn sie auf Gewaltanwendung gerichtet ist oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in Absatz 3 genannten Grundsätzen erkennen lässt. (3) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 137 3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 6. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und 7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. (4) Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (5) Betroffene Personen sind Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für Tätigkeiten oder Bestrebungen gemäß SS 5 Abs. 1 vorliegen. Dritte sind Personen, bei denen keine derartigen Anhaltspunkte vorliegen. (6) Gewalt im Sinne dieses Gesetzes ist die Anwendung körperlichen Zwanges gegen Personen und die gewalttätige Einwirkung auf Sachen. SS7 Rahmen für die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde 4. Die Verfassungsschutzbehörde darf sachund personenbezogene Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich sind. Voraussetzung für die Sammlung von Informationen im Sinne des SS 5 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte, die, insgesamt betrachtet und unter Einbeziehung nachrichtendienstlicher Erfahrungen, den Verdacht einer der in SS 5 Abs. 1 genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten rechtfertigen. Die Art und der Umfang des Umgangs mit Daten richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gilt das Landesdatenschutzgesetz von Mecklenburg-Vorpommern. 5. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben darf die Verfassungsschutzbehörde nur die dazu erforderlichen Maßnahmen ergreifen; dies gilt insbesondere für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat sie diejenige zu treffen, die den einzelnen, insbesondere in seinen Grundrechten, und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, 138 bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. SS8 Funktionelle Trennung von Polizei und Verfassungsschutzbehörde Polizeiliche Befugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu; sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. SS9 Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten der betroffenen Person auch ohne deren Kenntnis bei ihr und bei Dritten erheben, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten gemäß SS 5 Abs. 1 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 1 Nr. 2 erforderlich ist oder 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 1 erforderlich ist. Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist sie über die Freiwilligkeit der Mitwirkung und den Verwendungszweck aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfasst bei einer beabsichtigten Übermittlung auch den Empfänger der Daten. Die Aufklärung kann unterbleiben, wenn die Tatsache, dass die Erhebung für Zwecke des Verfassungsschutzes erfolgt, aus besonderen Gründen nicht bekannt werden soll. (2) Personenbezogene Daten von Dritten dürfen ohne deren Kenntnis nur erhoben werden, wenn 1. dies für die Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 1 vorübergehend erforderlich ist, 2. die Erforschung des Sachverhaltes auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und 3. überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen nicht entgegenstehen. Daten Dritter dürfen auch erhoben werden, wenn sie mit zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen untrennbar verbunden sind. Daten, die für das Verständnis der zu speichernden Informationen 139 nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die Löschung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist. In diesem Fall sind die Daten zu sperren; die gesperrten Daten dürfen nicht mehr genutzt werden. (3) Ist zum Zwecke der Sammlung von Informationen die Weitergabe personenbezogener Daten unerlässlich, so dürfen schutzwürdige Interessen der betroffenen Person oder Dritter nur im unvermeidbaren Umfang beeinträchtigt werden. SS 10 Informationsbeschaffung mit nachrichtendienstlichen Mitteln (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur heimlichen Informationsbeschaffung, insbesondere zur heimlichen Erhebung personenbezogener Daten, nur folgende nachrichtendienstliche Mittel anwenden: 1. Inanspruchnahme von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten und Gewährspersonen, vorbehaltlich Satz 2; 2. Einsatz von Bediensteten als verdeckte Ermittler; 3. Observationen; 4. Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Filmen und Videografieren) außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 5. verdeckte Ermittlungen und Befragungen; 6. heimliches Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel; 7. heimliches Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 8. Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen; 9. Verwendung fingierter biographischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden) mit Ausnahme solcher beruflicher Angaben, die sich auf die in Satz 3 genannten Personen beziehen; 10. Beschaffung, Herstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen; 11. Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Bundesgesetzes. Minderjährige dürfen nicht nach Satz 1 Nr. 1 in Anspruch genommen werden. Personen, die berechtigt sind, in Strafsachen aus beruflichen Gründen das Zeugnis zu verweigern (SSSS 53 und 53a der Strafprozessordnung), darf die Verfassungsschutzbehörde nicht von sich aus nach Satz 1 Nr. 1 zur 140 Beschaffung von Informationen über Sachverhalte in Anspruch nehmen, auf die sich ihr Zeugnisverweigerungsrecht bezieht; Informationen, die diese Personen unter Verletzung des SS 203 des Strafgesetzbuches rechtswidrig an die Verfassungsschutzbehörde weiterzugeben beabsichtigen, dürfen von dieser nicht entgegengenommen werden. (2) Die Mittel nach Absatz 1 dürfen nur angewendet werden, wenn 1. die Voraussetzungen des SS 9 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 vorliegen, 2. sich ihr Einsatz gegen Dritte richtet, deren Einbeziehung in eine solche Maßnahme unumgänglich ist, um auf diese Weise Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen zu gewinnen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die im SS 5 Abs. 1 Nr. 1 und 3 genannten Schutzgüter gerichtet sind oder 3. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Verfassungsschutzes gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Mittel nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 und 10 dürfen auch für Vertrauensleute angewendet werden, wenn dies zur Erfüllung eines dienstlichen Auftrags oder zu ihrem Schutz erforderlich ist. (3) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel gemäß Absatz 1 ist unzulässig, wenn die Informationsbeschaffung auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist. Eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch Übermittlung nach SS 24 gewonnen werden können. Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel darf nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. Die Verfassungsschutzbehörde darf die mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobenen Daten nur für die in SS 9 Abs. 1 genannten Zwecke nutzen. Daten, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen. Sind diese Daten mit anderen, für die in SS 9 Abs. 1 genannten Zwecke erforderlichen Daten derart verbunden, dass sie nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand getrennt werden können, so sind diese Daten zu sperren; sie dürfen nicht mehr genutzt werden. (4) Wirkt die Verfassungsschutzbehörde an Sicherheitsüberprüfungen im Sinne des SS 5 Abs. 3 Nr. 1 mit, so darf sie nur das nachrichtendienstliche Mittel der Tarnung von Mitarbeitern anwenden. (5) Die Behörden des Landes sowie die Kommunalbehörden sind 141 verpflichtet, der Verfassungsschutzbehörde Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten. (6) Die Anwendung des nachrichtendienstlichen Mittels nach Absatz 1 Nr. 7 bedarf im Einzelfall der Zustimmung des Innenministers, im Falle seiner Verhinderung der des Staatssekretärs, und der Zustimmung der nach dem Ausführungsgesetz des Landes MecklenburgVorpommern zu dem aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Bundesgesetzes gebildeten Kommission; bei Gefahr im Verzug ist unverzüglich die Genehmigung dieser Kommission nachträglich einzuholen. Die durch solche Maßnahmen erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur nach Maßgabe des aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Bundesgesetzes verwendet werden. (7) Die Verfassungsschutzbehörde darf unter den Voraussetzungen des SS 24a Abs. 2 technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes und zur Ermittlung der Geräteoder Kartennummer einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 die Ermittlung des Standortes oder die Ermittlung der Geräteoder Kartennummer aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen die in SS 24a Abs. 3 Nr. 1 und 2 Buchstabe b bezeichneten Personen richten. Für die Verarbeitung der Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Personenbezogene Daten eines Dritten dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zweckes nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. SS 24a Abs. 4 bis 6 gilt entsprechend. Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. SS 11 Mitteilung an betroffene Personen Betroffenen Personen sind Maßnahmen nach SS 10 Abs. 6 Satz 1 nach ihrer Beendigung mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffs ausgeschlossen werden kann. Lässt sich im Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, unterbleibt die Mitteilung so lange, bis eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Die nach dem Ausführungsgesetz zu dem aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes gebildete Kommission ist über die Gründe, die 142 einer Mitteilung entgegenstehen, zu unterrichten; hält sie eine Mitteilung für geboten, so ist diese unverzüglich zu veranlassen. SS 12 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Aufklärung 1. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, 2. von Bestrebungen im Sinne des SS 5 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 bei öffentlichen Stellen geführte Dateien, Akten und Register einsehen. (2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, 2. die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt werden würden und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht. (3) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Daten, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen. Sind diese Daten mit anderen, für die in Absatz 1 genannten Zwecke erforderlichen Daten derart verbunden, dass sie nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand getrennt werden können, so sind diese Daten zu sperren; sie dürfen nicht mehr genutzt werden. (4) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle sowie die Namen der betroffenen Person, deren Daten für eine weitere Verwendung erforderlich sind, hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. Dieser Nachweis ist der Parlamentarischen Kontrollkommission auf Wunsch vorzulegen. 143 Abschnitt 2 Datenverarbeitung SS 13 *) Speichern, Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten (1) Umfang und Dauer der Speicherung personenbezogener Daten sind auf das für die Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörde erforderliche Maß zu beschränken. (2) Wird die Richtigkeit von personenbezogenen Daten von betroffenen Personen bestritten, so ist dies in der Akte und Datei zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Dabei muss nachvollziehbar bleiben, in welchem Zeitraum und aus welchem Grund sie unrichtig waren. Die Daten sind zu ergänzen, wenn sie unvollständig sind und dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt sein können. (3) Personenbezogene Daten in Dateien sind zu löschen, wenn ihre Erhebung oder Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Bei jeder Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens aber nach fünf Jahren, sind die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen. Soweit die Daten Bestrebungen nach SS 5 Abs. 1 Nr. 1 betreffen, sind sie spätestens zehn Jahre, soweit sie Bestrebungen nach SS 5 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 betreffen, spätestens fünfzehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder sein Vertreter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (4) Personenbezogene Daten sind in Dateien zu sperren, soweit durch ihre Löschung schutzwürdige Belange der betroffenen Person oder von Dritten beeinträchtigt würden. Ein schutzwürdiges Interesse liegt auch vor, wenn die betroffene Person einen Antrag nach SS 26 Abs. 1 Satz 1 gestellt hat. An Stelle der Löschung tritt auch dann eine Sperrung, wenn die nach Absatz 3 zu löschenden Daten mit anderen Daten derart verbunden sind, dass sie nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand getrennt werden können. Die gesperrten Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nicht mehr genutzt werden. (5) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der 144 Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diesen Zweck verwendet werden. Fußnoten * SS 13 Abs. 3 Satz 3 neu gefasst durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. April 2004. SS 14 Voraussetzung der Speicherung Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Informationen in Dateien nur speichern, wenn die Voraussetzungen ihrer Erhebung gemäß SS 9 Abs. 1 oder 2 vorliegen. Bundesgesetzliche Vorschriften über die Datenverarbeitung in gemeinsamen Dateien der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder bleiben unberührt. SS 15 Speicherung personenbezogener Daten über Minderjährige (1) Personenbezogene Daten über Minderjährige dürfen in Dateien nur gespeichert werden, wenn diese zu dem Zeitpunkt, auf den sich die Daten beziehen, das 16. Lebensjahr vollendet haben und der Verdacht einer geheimdienstlichen Tätigkeit (SS 5 Abs. 1 Nr. 2) oder einer Bestrebung im Sinne des SS 5 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 besteht, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgt wird. (2) Personenbezogene Daten über Minderjährige nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 18. Lebensjahres sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 5 Abs. 1 angefallen sind. SS 16 Begriff der Datei und der Akte (1) Eine Datei im Sinne dieses Gesetzes ist 1. eine Sammlung personenbezogener Daten, die durch automatisierte Verfahren verarbeitet und ausgewertet werden kann (automatisierte Datei) oder 145 2. jede sonstige Sammlung gleichartig aufgebauter personenbezogener Daten, die nach bestimmten Merkmalen geordnet und ausgewertet werden kann (nicht-automatisierte Datei). (2) Eine Akte ist jede sonstige amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienende Unterlage; dazu zählen auch Bildund Tonträger. Akten dürfen auch in elektronischer Form geführt werden. Eine Abfrage personenbezogener Daten mittels automatisierter Verarbeitung ist nur zulässig, wenn für sie die Voraussetzungen der Speicherung nach den SSSS 14 oder 15 vorliegen. Nicht hierunter fallen Vorentwürfe oder Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen. SS 17 Dateianordnung (1) Für jede automatisierte Datei der Verfassungsschutzbehörde sind in einer Dateianordnung durch die Verfassungsschutzbehörde festzulegen: 1. Bezeichnung der Datei, 2. Zweck der Datei, 3. Inhalt, Umfang, Voraussetzungen der Speicherung, Übermittlung und Nutzung, 4. Berechtigung zur Eingabe von Daten, 5. Zugangsberechtigung, 6. Überprüfungsfristen und Speicherungsdauer, 7. Protokollierung. (2) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist vor Erlass der Dateianordnung anzuhören. Abschnitt 3 Informationsübermittlung und Auskunftserteilung SS 18 Informationsübermittlung zwischen den Verfassungsschutzbehörden Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden der Länder über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stellen erforderlich ist. SS 19 Informationsübermittlung an Bundesnachrichtendienst und Militärischen Abschirmdienst Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt dem Bundesnachrichten146 dienst und dem Militärischen Abschirmdienst die ihr bekannt gewordenen Informationen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der empfangenden Stelle erforderlich ist. Handelt die Verfassungsschutzbehörde auf Ersuchen, so ist sie zur Übermittlung nur verpflichtet und berechtigt, wenn sich die tatsächlichen Anhaltspunkte aus den Angaben der ersuchenden Behörde ergeben. SS 20 Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde an Polizei, Staatsanwaltschaft und andere Stellen (1) Die im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben gewonnenen Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde, die nicht personenbezogen sind, können an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und Staatsanwaltschaften, übermittelt werden, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der empfangenden Stellen erforderlich sein können. (2) Personenbezogene Daten übermittelt die Verfassungsschutzbehörde von sich aus an die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei, sofern aufgrund der bei der Verfassungsschutzbehörde vorliegenden Informationen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in SS 74a Abs. 1 und SS 120 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1756), genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. (3) Personenbezogene Daten darf die Verfassungsschutzbehörde übermitteln 1. an die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei, sofern aufgrund der bei der Verfassungsschutzbehörde vorliegenden Informationen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine Straftat plant oder begangen hat, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedroht ist, oder wenn es zum Schutz vor Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 1 erforderlich ist, 147 2. an andere staatliche Behörden und an die der Aufsicht des Landes unterstellten Gebietskörperschaften, wenn dies zum Schutz vor Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 1 erforderlich ist, 3. an Stellen, die mit dem Überprüfungsverfahren nach SS 5 Abs. 2 Nr. 1 befasst sind, 4. an andere Stellen, wenn es zum Schutz vor Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes unverzichtbar ist. In den Fällen der Nummer 4 entscheidet der Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder sein Vertreter. (4) Soweit es zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten gemäß Absatz 2 erforderlich ist, können die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei die Übermittlung personenbezogener Daten im Einzelfall verlangen. Das Ersuchen bedarf der Schriftform, ist zu begründen und zu dokumentieren. Eine Übermittlung unterbleibt, sofern übergeordnete Bedenken aus den Aufgaben des Verfassungsschutzes der Übermittlung entgegenstehen. Die Entscheidung trifft der Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder sein Vertreter. Die Ablehnung ist zu dokumentieren und zu begründen. Nach Wegfall der Ablehnungsgründe ist die Auskunft auf Verlangen nachzuholen. (5) Die nach Absatz 2, 3 oder 4 übermittelten personenbezogenen Daten darf die empfangende Stelle nur zu dem Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihr übermittelt wurden. Auf diese Einschränkung ist die empfangende Stelle hinzuweisen. SS 21 Informationsübermittlung an ausländische Stellen Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, soweit die Übermittlung in einem Gesetz, einem Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften oder in einer internationalen Vereinbarung geregelt ist. Eine Übermittlung darf auch erfolgen, wenn sie 1. zum Schutz von Leib oder Leben erforderlich ist oder 2. zur Erfüllung eigener Aufgaben, insbesondere in Fällen grenzüberschreitender Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde, unumgänglich ist und im Empfängerland gleichwertige Datenschutz148 regelungen gelten. Die Übermittlung unterbleibt, wenn ihr auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere deren Schutz vor einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. SS 20 Abs. 5 gilt entsprechend; die empfangende Stelle ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass sich die Verfassungsschutzbehörde vorbehält, Auskunft über die Verarbeitung der übermittelten Daten zu verlangen. SS 22 Informationsübermittlung an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit, einschließlich der Medien, über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten nur zulässig, wenn es zu einer sachgemäßen Information erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht entgegenstehen. Werden von der Verfassungsschutzbehörde personenbezogene Daten an die Öffentlichkeit gegeben, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob vorab eine Benachrichtigung der betroffenen Person oder des Dritten geboten ist. SS 23 Dokumentation und Grundlage der Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde Die Übermittlung von personenbezogenen Daten ist zu dokumentieren. Vor der Datenübermittlung soll der Akteninhalt gewürdigt und der Datenübermittlung zugrunde gelegt werden. Erkennbar unvollständige Daten sind vor der Übermittlung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durch Einholung zusätzlicher Auskünfte zu vervollständigen, anderenfalls ist auf die Unvollständigkeit hinzuweisen. SS 24 *) Informationsübermittlung durch öffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde kann von den Behörden des Landes und den der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Übermittlung von Daten verlangen, die diesen Stellen im Rahmen ihrer Aufgaben vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die betreffenden Daten nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person 149 stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. (2) Die Verfassungsschutzbehörde braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. (3) Die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln von sich aus der Verfassungsschutzbehörde alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgaben vorliegenden Daten über Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgt werden, und über geheimdienstliche Tätigkeiten. Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt gewordene Daten über Bestrebungen im Sinne des SS 5 Abs. 1. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der im aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Bundesgesetz als Voraussetzung für eine Beschränkungsmaßnahme genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmen bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für geheimdienstliche oder sicherheitsgefährdende Tätigkeiten oder gewalttätige Bestrebungen bestehen. Auf die nach Satz 3 übermittelten Daten und die dazugehörenden Unterlagen finden die im aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen über die Nutzung, Übermittlung und Vernichtung von Daten entsprechende Anwendung. Die nach Satz 4 übermittelten Daten dürfen nur zur Erforschung geheimdienstlicher oder sicherheitsgefährdender Tätigkeiten oder gewalttätiger Bestrebungen genutzt werden. (4) Vorschriften zur Datenübermittlung an die Verfassungsschutzbehörde nach anderen Gesetzen bleiben unberührt. (5) Die Verfassungsschutzbehörde hat die übermittelten Daten nach ihrem Eingang unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie für die Erfüllung ihrer in SS 5 genannten Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass sie nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Daten, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall sind die Daten gesperrt und 150 entsprechend zu kennzeichnen. (6) Soweit andere gesetzliche Vorschriften nicht besondere Regelungen über die Dokumentation treffen, haben die Verfassungsschutzbehörde und die übermittelnde Stelle die Datenübermittlung zu dokumentieren. Fußnoten SS 24 Überschrift neu gefasst durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. April 2004. SS 24a Informationsübermittlung durch nicht-öffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen oder Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemediendienste (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall Auskunft einholen bei 1. Luftfahrtunternehmen zu Namen und Anschriften des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg, 2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungseinund -ausgänge, 3. denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, zu den Umständen des Postverkehrs, 4. denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach SS 96 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 sowie SS 113a des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) geändert worden ist, und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und 151 5. denjenigen, die geschäftsmäßig Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, zu a) Merkmalen zur Identifikation des Nutzers eines Telemediums, b) Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und c) Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemediendienste, soweit dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in SS 5 Abs. 1 genannten Schutzgüter vorliegen. Im Falle des SS 5 Abs. 1 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, 1. zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder 2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (3) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich nur gegen Personen richten, bei denen 1. tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die schwerwiegenden Gefahren nach Absatz 2 nachdrücklich fördern oder 2. aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist a) bei Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5, dass sie die Leistung für eine Person nach Nummer 1 in Anspruch nehmen oder b) bei Auskünften nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 und 4, dass sie für eine Person nach Nummer 1 bestimmte oder von ihr herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4, dass eine Person nach Nummer 1 ihren Anschluss benutzt. (4) Die Zuständigkeit für Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 ist in einer Dienstvorschrift zu regeln, die der Zustimmung des Innenministers bedarf. Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5 werden vom 152 Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder seinem Vertreter schriftlich beantragt und begründet. Im Falle der Auskunft nach Nummer 2 kann der Antrag auch von einem Bediensteten der Verfassungsschutzbehörde gestellt werden, der die Befähigung zum Richteramt hat. Zuständig für Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5 ist der Innenminister. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 hat die Verfassungsschutzbehörde dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffs ausgeschlossen werden kann. (5) Über Anordnungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 unterrichtet der Innenminister monatlich die Kommission nach SS 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes vom 17. Juli 1992 (GVOBl. M-V S. 486), das zuletzt durch das Gesetz vom 30. Juli 2007 (GVOBl. M-V S. 278) geändert worden ist, vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann er den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Die Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. SS 15 Abs. 5 des Artikel 10-Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Februar 2007 (BGBl. I S 106) geändert worden ist, ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der Kommission sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen über Auskünfte, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat der Innenminister unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Falle einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen. Für die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. SS 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes findet entsprechend Anwendung. (6) Der Innenminister unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über Anordnungen nach Absatz 2; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben. (7) Anordnungen sind dem Verpflichteten insoweit schriftlich mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung 153 zu ermöglichen. Anordnungen und übermittelte Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden. (8) Der Innenminister unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes jährlich über Anordnungen nach Absatz 2 nach Maßgabe des SS 8a Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch SS 32 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2590) geändert worden ist. (9) Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 und der Absätze 3 bis 5 eingeschränkt. SS 24b Weitere Auskunftsverlangen 1. Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist, darf von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, im Einzelfall Auskunft über die nach den SSSS 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2013 (BGBl. I S. 1602) geändert worden ist, erhobenen Daten verlangt werden (SS 113 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes). Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (SS 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen. 2. Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (SS 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes). 3. Von einer Beauskunftung nach Absatz 2 ist die betroffene Person zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald eine Gefährdung des Zwecks der Auskunft und der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes ausgeschlossen werden können. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen. 4. Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach Absatz 1 oder Absatz 2 hat 154 derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln. 5. Die Verfassungsschutzbehörde hat für ihr erteilte Auskünfte eine Entschädigung zu gewähren, deren Umfang sich nach SS 23 und Anlage 3 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2418) geändert worden ist, bemisst. Die Vorschriften über die Verjährung in SS 2 Absatz 1 und Absatz 4 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes finden entsprechend Anwendung. 6. Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des Absatzes 2 eingeschränkt. SS 25 Übermittlungsverbote, Nachberichtspflicht (1) Die Übermittlung von Daten unterbleibt, wenn 1. die Daten zu löschen oder für die empfangende Stelle nicht bedeutsam sind, 2. 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern, 3. erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Daten und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen, 4. es sich um personenbezogene Daten aus der engeren Persönlichkeitssphäre oder solche über Minderjährige unter 16 Jahren handelt, es sei denn, die empfangende Stelle der Daten benötigt diese zum Schutz vor Gewalt oder vor Vorbereitungshandlungen zur Gewalt oder vor geheimdienstlichen Tätigkeiten, 5. die Daten gesperrt sind und ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand von anderen zu übermittelnden Daten möglich ist oder 6. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. (2) Erweisen sich Daten nach ihrer Übermittlung als unrichtig, unvollständig, unzulässig gespeichert oder erhoben, so hat die übermittelnde Stelle den Empfänger unverzüglich darauf hinzuweisen, es sei denn, dass dies für die Beurteilung eines Sachverhaltes ohne Bedeutung ist. Unrichtige oder unvollständige Daten sind durch die 155 übermittelnde Stelle gegenüber dem Empfänger zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn durch die unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt sein können. Die Benachrichtigung sowie Ergänzung sind aktenkundig zu machen und in der entsprechenden Datei zu vermerken. SS 26 Auskunft an betroffene Personen (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt betroffenen Personen auf schriftlichen Antrag unentgeltlich Auskunft über zu ihrer Person gespeicherte Daten. Von der Auskunft können Angaben über die Herkunft der Daten und von Übermittlungen ausgenommen werden, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Über Daten aus Akten, die nicht zu der betroffenen Person geführt werden, wird Auskunft nur erteilt, soweit Daten, namentlich aufgrund von Angaben der betroffenen Person, mit angemessenem Aufwand auffindbar sind. Die Verfassungsschutzbehörde bestimmt Verfahren und Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen. (2) Die Auskunftserteilung kann nur abgelehnt werden, soweit 1. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde, 2. die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der berechtigten Interessen von Dritten geheimgehalten werden müssen oder 3. durch die Auskunftserteilung Informationsquellen gefährdet würden oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde zu befürchten ist. Die Entscheidung trifft der Leiter der Verfassungsschutzbehörde oder ein besonders von ihm beauftragter Mitarbeiter, der die Befähigung zum Richteramt besitzen soll. (3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind zu dokumentieren. (4) Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist dem Antragsteller die Rechtsgrundlage dieser Ablehnung mitzuteilen. Die antragstellende Person ist auf ihr Recht hinzuweisen, sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden zu können. Dem Landesbeauftragen für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen. Stellt der Innenminister oder im Verhinderungsfall der Staatssekretär im 156 Einzelfall fest, dass durch die Erteilung der Auskunft die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde, so darf die Auskunft nur dem Landesbeauftragten persönlich erteilt werden. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die antragstellende Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Kenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. Abschnitt 4 Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde SS 27 Parlamentarische Kontrollkommission (1) In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes des Landes unterliegt die Landesregierung unbeschadet der Rechte des Landtages der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission. Die Kontrolle der Durchführung des aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Bundesgesetzes bleibt den aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 des Grundgesetzes von dem Landtag bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus sechs Mitgliedern, die zu Beginn jeder Wahlperiode vom Landtag aus seiner Mitte einzeln mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt werden. Zwei Mitglieder sollen der parlamentarischen Opposition angehören. Die Mitglieder dürfen nicht der Landesregierung angehören. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission gibt sich eine Geschäftsordnung. Sie übt ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Landtages solange aus, bis der nachfolgende Landtag die Mitglieder neu gewählt hat. Der Parlamentarischen Kontrollkommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder aus der Fraktion, die ihn zur Wahl vorgeschlagen hat, aus, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus anderen Gründen aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. (5) Die Parlamentarische Kontrollkommission tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. (6) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission verlangen. 157 SS 28 Geheimhaltung (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission tagt in nichtöffentlicher Sitzung, über die jeweils ein Protokoll anzufertigen ist. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Parlamentarischen Kontrollkommission. (2) Auf Antrag eines Mitgliedes beschließt die Parlamentarische Kontrollkommission über die Herstellung der Öffentlichkeit oder die Aufhebung der Vertraulichkeit nach Absatz 1, soweit öffentliche Geheimschutzinteressen, insbesondere die Aufrechterhaltung des Nachrichtenzuganges, oder berechtigte Interessen eines Einzelnen dem nicht entgegenstehen. Der Beschluss bedarf der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder der Kommission. Der Innenminister, im Falle seiner Verhinderung der Staatssekretär, kann einem Beschluss nach Satz 1 widersprechen, wenn die Voraussetzungen der Aufhebung der Vertraulichkeit gemäß Satz 1 nicht vorliegen. Der Innenminister, im Falle seiner Verhinderung der Staatssekretär, hat die Gründe hierfür darzulegen. Die Aufhebung der Vertraulichkeit von Beratungsgegenständen, die in die Verantwortlichkeit des Bundes oder eines Landes fallen, ist nur mit deren Zustimmung möglich. (3) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben im Gewahrsam der Verfassungsschutzbehörde und können nur dort von den Mitgliedern der Kommission oder dem Innenminister, im Falle seiner Verhinderung dem Staatssekretär, eingesehen werden, es sei denn, der ordnungsgemäße Umgang mit diesen Unterlagen gemäß der Verschlusssachenanweisung für das Land Mecklenburg-Vorpommern ist nach Überzeugung der Parlamentarischen Kontrollkommission auf andere Weise gewährleistet. SS 29 Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Das Innenministerium hat die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und über die Vorgänge von besonderer Bedeutung, insbesondere Einzelfälle, in denen eine Datenübermittlung gemäß SS 20 Abs. 4 Satz 3 unterblieben ist, sowie auf Verlangen der Kommission über sonstige Einzelfälle zu unterrichten. Ferner unterrichtet es über den Erlass und die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften sowie über den Verfassungsschutz betreffende Eingaben einzelner Bürger (Petenten), 158 sofern der Petent der Unterrichtung nicht widersprochen hat. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission kann von dem Innenministerium alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und den Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen sowie bei besonderem Aufklärungsbedarf Bedienstete und Auskunftspersonen zum Sachverhalt befragen, sofern dem nicht überwiegende öffentliche (zum Beispiel Aufrechterhaltung des Nachrichtenzugangs) oder private Belange entgegenstehen; das Innenministerium hat dies vor der Parlamentarischen Kontrollkommission zu begründen. Die Parlamentarische Kontrollkommission kann ferner den Landesbeauftragten für den Datenschutzbeauftragen, die Rechtmäßigkeit einzelner Maßnahmen, welche die Verfassungsschutzbehörde durchgeführt hat, zu überprüfen und der Kommission das Ergebnis der Überprüfung mitzuteilen. Die Befugnisse des Landesbeauftragten für den Datenschutz richten sich nach dem Landesdatenschutzgesetz von Mecklenburg-Vorpommern. Wird der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach SS 26 Abs. 4 tätig, so kann er von sich aus die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichten, wenn sich Beanstandungen ergeben, eine Mitteilung an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muss. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission kann mit der Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitglieder nach Anhörung des Innenministeriums im Einzelfall einen Sachverständigen beauftragen, zur Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben Untersuchungen durchzuführen. Der Sachverständige hat der Parlamentarischen Kontrollkommission über das Ergebnis seiner Untersuchungen zu berichten; SS 28 Abs. 1 und 2 gelten entsprechend. (4) Die Angaben über Ausgaben aus dem der Abteilung zugewiesenen Titel werden der Parlamentarischen Kontrollkommission im Ansatz vor Beratung des Haushaltsplanes zur Stellungnahme überwiesen. Das Innenministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über den Vollzug des Haushaltsplanes, soweit es die der Verfassungsschutzbehörde zugewiesenen Titel betrifft. Abschnitt 5 Schlussvorschriften SS 30 Geltung des Landesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 5 durch die Verfassungsschutzbehörde finden SS 3 Abs. 2 und 3, SSSS 9, 10 Abs. 1 bis 4, SSSS 11, 13 Abs. 1 bis 4,6 und 159 7, SSSS 14, 15, 16, 18, 24 und 25 des Landesdatenschutzgesetzes keine Anwendung. SS 31 (aufgehoben) SS 32 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten (1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des SS 30 am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Landesverfassungsschutzgesetz vom 18. März 1992 (GVOBl. M-V S. 194) außer Kraft. (2) SS 30 tritt an dem Tag in Kraft, an dem das Landesdatenschutzgesetz in Kraft tritt. Der Tag des In-Kraft-Tretens ist vom Innenministerium im Gesetzund Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern bekannt zu geben. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Schwerin, den 11. Juli 2001 Der Ministerpräsident Der Innenminister Dr. Harald Ringstorff Dr. Gottfried Timm (c) juris GmbH 160 164