Mecklenburg-Vorpommern Innenministerium Verfassungsschutzbericht 2005 Herausgeber: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern Arsenal am Pfaffenteich Alexandrinenstrasse 1 19055 Schwerin Redaktion: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern Verfassungsschutzabteilung - Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit - Postfach 11 05 52 19005 Schwerin Auflage: 500 Exemplare Stand: April 2006 2 Inhaltsverzeichnis Seite Vorbemerkung 5 I. Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern 6-9 I.1 Aufgaben des Verfassungsschutzes 6 I.2 Freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) 7 I.3 Bestrebungen 7 I.4 Radikal und extremistisch 7-8 I.5 Informationsbeschaffung 8 I.6 Kontrolle des Verfassungsschutzes 8-9 I.7 Strukturdaten 9 II. Ausländerextremismus 10 - 30 II.1 Lageüberblick 10 II.2 Personenpotential 11 II.3 Islamismus 11 II.3.1 Panislamisch - transnationaler Extremismus und Terrorismus 11 II.3.1.1 BIN LADIN-Netzwerk und "Globaler Jihad" 11 - 19 II.3.1.2 "Islamische Befreiungspartei" (Hizb ut-Tahrir) 19 II.3.2 National-islamistische Bestrebungen 19 - 20 II.4 Terrorismusfinanzierung 20 - 25 II.5 Terrorismusbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland 25 - 26 II.6 "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA GEL) 26 - 30 III. Rechtsextremismus 31 - 57 III.1 Lageüberblick 31 III.2 Personenpotential 31 III.3 Straftatenaufkommen 32 III.4 Rechtsextremistische Skinheads und sonstige gewaltbereite 32 - 40 Rechtsextremisten/Neonazis/"Kameradschaften" III.5 Beteiligung an überregionalen Veranstaltungen/Demonstrationen 40 - 44 3 III.6 Rechtsextremistische Musikveranstaltungen in Mecklenburg44 - 48 Vorpommern III.7 Rechtsextremistische Parteien 48 III.7.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 48 - 56 III.7.2 "Junge Nationaldemokraten" (JN) 56 III.7.3 "Deutsche Volksunion" (DVU) 56 III.8 Rechtsextremistische Kommunikationsmedien 57 IV. Linksextremismus 58 - 63 IV.1 Lageüberblick 58 IV.2 Personenpotential 59 IV.3 Straftatengeschehen 59 IV.4 Gewaltbereiter Linksextremismus 59 - 61 IV.5 "Antirassismus" 62 IV.6 "Anti-Globalisierung" 62 IV.7 Linksextremistische Parteien und Organisationen 63 V. Spionageabwehr 64 - 65 VI. Geheimschutz 66 - 67 VII. Öffentlichkeitsarbeit 68 - 73 VIII. Wesentliche Rechtsgrundlagen der Arbeit des 74 Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern 4 Vorbemerkung Nach dem Landesverfassungsschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LVerfSchG M-V) ist die Information und Aufklärung der Öffentlichkeit über die Ursachen und Gefahren von extremistischen und terroristischen Bestrebungen eine der Aufgaben des Verfassungsschutzes. Vor diesem Hintergrund legt das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern auch für das Jahr 2005 einen Verfassungsschutzbericht vor. Daneben soll der Verfassungsschutzbericht auch Orientierungshilfe für die politische Auseinandersetzung mit dem Extremismus und Terrorismus sein. Der Bericht für das Jahr 2005 vermittelt erneut einen umfassenden Überblick zu den Beobachtungsfeldern des Verfassungsschutzes und informiert so zugleich über Entwicklungen und Geschehnisse des extremistischen und terroristischen Spektrums. Nicht zuletzt die menschenverachtenden Bombenanschläge vom Juli 2005 in London haben nochmals verdeutlicht, dass sich der islamistische Terrorismus auch zu einer Bedrohung für das friedliche Zusammenleben der Völker in Europa entwickelt hat. In Deutschland sah sich der demokratische Rechtsstaat auch im Jahre 2005 weiterhin zahlreichen Herausforderungen durch Aktivitäten politischer Extremisten gegenüber. Die anhaltende weltweite Bedrohung durch islamistische Terroristen, rechtsextremistische Umtriebe sowie Aktionen linksextremistischer Gewalttäter bildeten wiederum Schwerpunkte der Arbeit der bundesdeutschen Sicherheitsbehörden. Auch Mecklenburg-Vorpommern war in dem Berichtsjahr Schauplatz vielfältiger extremistischer Aktivitäten. Obwohl der Ausländerextremismus hier wegen des geringen Ausländeranteils an der Gesamtbevölkerung nach wie vor nicht über eine ähnliche gesellschaftliche Präsenz verfügt wie der Rechtsextremismus, ist diesem Phänomen aufgrund des globalen Gefährdungspotentials auch diesmal ein besonderer Stellenwert in der Berichterstattung der hiesigen Verfassungsschutzbehörde einzuräumen. Daher wird auch für das Jahr 2005 an der ausführlichen Darstellung der Aktivitäten und Hintergründe des Islamismus bzw. des islamistischen Terrorismus festgehalten. 5 I. Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern I.1 Aufgaben des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. Zu diesem Zweck sammelt er Informationen und wertet diese aus. Er informiert die Öffentlichkeit und die zuständigen Stellen, um diesen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Wesentliche Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen über f Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, f sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht, f Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und f Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Ferner wirkt der Verfassungsschutz beim Geheimund Sabotageschutz mit. 6 I.2 Freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) Die freiheitliche demokratische Grundordnung umfasst den unabänderlichen Kernbestand unserer Demokratie. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere folgende Merkmale zu den obersten Wertprinzipien unserer Demokratie bestimmt: f Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten f Volkssouveränität f Gewaltenteilung f Gesetzmäßigkeit der Verwaltung f Unabhängigkeit der Gerichte f Mehrparteienprinzip f Chancengleichheit für alle politischen Parteien f Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition I.3 Bestrebungen Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind Bestrebungen alle auf ein Ziel gerichtete Aktivitäten. Extremistische Bestrebungen im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes sind demzufolge Aktivitäten mit der Zielrichtung, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen. I.4 Radikal und extremistisch Als radikal werden Bestrebungen bezeichnet, die zur Lösung politischer Probleme "bis auf die Wurzel gehen", diese jedoch ohne zielgerichteten Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung lösen wollen. Bestrebungen werden als extremistisch bezeichnet, wenn sie gegen den Kernbestand unserer Verfassung - die freiheitliche demokratische Grundordnung - gerichtet sind und diese ganz oder teilweise abschaffen wollen. Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. So ist z.B. die Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. 7 Wer seine radikalen Zielvorstellungen realisieren will, muss nicht befürchten, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird; jedenfalls nicht, solange er die Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung anerkennt. Denn radikal ist nicht gleich extremistisch, aber extremistisch ist gleich verfassungsfeindlich. I.5 Informationsbeschaffung Den größten Teil der Erkenntnisse (ca. 80 %) gewinnt der Verfassungsschutz aus offen zugänglichen Quellen (Auswertung von Publikationen, z.B. Zeitungen und Parteiprogrammen sowie elektronischer Medien, freiwillige Auskünfte, Besuch von Veranstaltungen usw.). Die Sammlung offenen Materials ergibt allerdings nicht immer ein vollständiges Bild. Um auch verdeckte oder geheim gehaltene Aktivitäten beobachten zu können, ist dem Verfassungsschutz auch die Anwendung sog. nachrichtendienstlicher Mittel zur Informationsgewinnung erlaubt. Zu den "klassischen" Methoden der verdeckten (geheimen) Nachrichtenbeschaffung zählen z.B. die Observation, der Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen sowie die Bildund Tonaufzeichnungen. Generell gilt jedoch: Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel kommt immer erst dann in Betracht, wenn alle anderen Mittel der Nachrichtenbeschaffung ausgeschöpft sind. In keinem Fall darf der Verfassungsschutz den Kernbereich eines Persönlichkeitsrechts, zu dem insbesondere die Intimsphäre gehört, verletzen. I.6 Kontrolle des Verfassungsschutzes Für die Arbeit des Verfassungsschutzes gelten strenge rechtsstaatliche Maßstäbe. Eingriffe in die Privatund Freiheitsrechte des Bürgers sind dem Verfassungsschutz nur auf gesetzlicher Grundlage gestattet. Damit der Bürger darauf vertrauen kann, dass der Verfassungsschutz sich streng an seinen gesetzlichen Auftrag und an die für die Tätigkeit geltenden Rechtsbestimmungen hält, unterliegt er - neben der eigenen, innerbehördlichen Kontrolle - einer genauen Kontrolle auf mehreren Ebenen. 8 Die Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern unterliegt der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtages. Ferner wacht der Landesbeauftragte für den Datenschutz über die Einhaltung von Datenschutzvorschriften und verfügt bei seiner Tätigkeit auch über das Recht zur Akteneinsicht. Durch die Öffentlichkeit, die Berichterstattung in den Medien zu Aufgaben und Arbeit des Verfassungsschutzes und durch die sich daraus ergebende Diskussion wird eine ständige Kontrolle ausgeübt. Nicht zu vergessen ist die Kontrolle der Arbeit des Verfassungsschutzes durch das G 10-Gremium, die G 10-Kommission, den Landesrechnungshof und die Justiz. I.7 Strukturdaten Im Haushaltsjahr 2005 standen der Verfassungsschutzbehörde MecklenburgVorpommern Haushaltsmittel in Höhe von 708.100 EUR zur Verfügung. Die anteiligen Kosten des Landes Mecklenburg-Vorpommern an der Schule für Verfassungsschutz (als gemeinsame Bund/Länder-Einrichtung) betrugen 21.000 EUR. 9 II. Ausländerextremismus II.1 Lageüberblick Wie in den vergangenen Jahren auch, war der Ausländerextremismus in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2005 aufgrund des weiterhin geringen Ausländeranteils an der Gesamtbevölkerung nur schwach organisiert und in der Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar. Allerdings ist eine nicht geringe Anzahl von Anhängern der verbotenen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), die sich in "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA GEL) umbenannt hat, im Lande aktiv. Hinzu kommen Personen, bei denen Verdachtsmomente vorliegen, dass sie dem islamistischen oder dem entsprechenden terroristischen Spektrum zuzurechnen sind, das vor dem Hintergrund der aktuellen Gefährdungslage weiterhin im Fokus der Arbeit der Verfassungsschutzbehörden steht. Die Anschläge in London im Juli 2005 haben noch einmal sehr deutlich werden lassen, das Westeuropa Zielgebiet des islamistischen Terrorismus ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist davon nicht ausgenommen. Anschläge auf die Bundeswehr in Afghanistan und die jüngsten Ausschreitungen gegen deutsche Einrichtungen während des so genannten "Karikaturenstreits" belegen, dass Deutschland von den Islamisten als Feind betrachtet wird. Insoweit geht von diesem Spektrum weiterhin eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit aus. Vor diesem Hintergrund widmet sich auch dieser Bericht ausführlich dieser Problematik. 10 II.2 Personenpotential Personenpotential 2004 / 2005 M-V M-V Bund Bund 2004 2005 2004 2005 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) / 290 240 11.500 11.500 KONGRA GEL Revolutionäre olksbefreiungspartei<10 <10 700 650 Front (DHKP-C) Türkische Kommunistische Partei / <10 <10 1.400 1.300 Marxisten-Leninisten (TKP / ML) Marxistisch-Leninistische <10 <10 600 600 Kommunistische Partei (MLKP) Islamische Widerstandsbewegung <10 <10 300 300 (HAMAS) II.3 Islamismus II.3.1 Panislamisch-transnationaler Extremismus und Terrorismus II.3.1.1 BIN-LADIN-Netzwerk und "Globaler Jihad" Chronologie von Massenmordanschlägen und Terrorkampagnen panislamischer Extremisten (Auswahl): 14.02.2005: Philippinen: landesweite koordinierte Anschlagsserie radikaler Islamisten (ca. 40 Tote) 28.02.2005: Hilla (Irak): Autobombenanschlag (mindestens 132 Tote) 19.03.2005: Fatahpur (Pakistan): Bombenanschlag auf schiitische Pilger (39 Tote) 07.04.2005: Kairo (Ägypten): Anschlag auf Touristen im Basar (3 Tote) 30.04.2005: Kairo (Ägypten): "Selbstmord"-Anschlag auf Touristengruppe und Beschuss eines Touristenbusses (keine Toten) 11 07.07.2005: London: Serie synchronisierter Anschläge mittels täterseitiger Selbsttötung ("Selbstmord-Anschläge") auf drei U-Bahnen und einen Linienbus im Stadtzentrum (54 Tote) 21.07.2005: London: gescheiterter Versuch eines weiteren Mehrfachanschlages mittels täterseitiger Selbsttötung auf drei U-Bahnen und einen Linienbus im Stadtzentrum 23.07.2005: Sinai-Halbinsel (Ägypten): Anschlag auf touristische Einrichtungen im Badeort Scharm el-Scheich (mindestens 88 Tote) 17.08.2005: Bangladesch: landesweite Explosionsserie mittels Zündung von ca. 430 kleineren Sprengsätzen innerhalb einer halben Stunde durch radikale Islamisten 19.08.2005: Aqaba (Jordanien): Raketenangriff mutmaßlicher Angehörige der Zarqawi-Gruppe auf einen US-Hubschraubträger sowie ein Begleitschiff in den Gewässern des Roten Meeres vor der jordanischen Hafenstadt 14.09.2005: Irak: Anschlagsserie (vermutlich der Zarqawi-Gruppe) gegen schiitische Einrichtungen in mehreren Landesteilen (mindestens 150 Tote meist Schiiten) 01.10.2005: Bali (Indonesien): "Selbstmord"-Anschlag der "Jemaa Islamiyah" auf ein vor allem von Touristen frequentiertes Restaurant (23 Tote) 24.10.2005: Bagdad (Irak): synchronisierter Anschlag mit drei Autobomben auf ein vor allem von Journalisten bewohntes Hotel 29.10.2005: Delhi (Indien): Anschlagserie einer islamistischen Terrorgruppe auf einen Markt sowie den Nahverkehr der indischen Hauptstadt (59 Tote) 09.11.2005: Amman (Jordanien): synchronisierte Serie von "Selbstmord"Anschlägen auf drei Hotels in Amman (67 Tote) 14.11.2005: Afghanistan: "Selbstmord"-Anschlag auf Bundeswehrkonvoi , durch den ein deutscher Offizier der Reserve getötet und zwei Soldaten schwer verletzt werden 29.11.2005: Chittagong (Bangladesch): erster Selbstmordanschlag in diesem südost-asiatischen Land (2 Tote) 12 Die Lageentwicklung im Bereich des panislamisch orientierten und transnational organisierten islamistischen Terrorismus folgte im Jahr 2005 im Wesentlichen den im hiesigen Vorjahresbericht diagnostizierten bzw. prognostizierten Trends der strukturellen Dezentralisierung sowie der strategischen und taktischen Vielseitigkeit auf der Grundlage einer gemeinsamen Ideologie des "globalen Jihads". "al-Qa'ida"-Führung in Afghanistan und Pakistan Der anhaltend hohe Verfolgungsdruck auf Usama BIN LADIN und seine engsten Gefolgsleute aus dem Kreis der (ursprünglichen) "al-Qai'da" hat die Operationsfähigkeit dieses Kernbereiches des globalen "BIN-LADIN-Netzwerkes" auch im Berichtszeitraum behindert. Die Festnahme von Abu Faraj AL-LIBY im Mai 2005 (als "Nr. 3" in der"al-Qa'ida"-Hierarchie zuständig für die Beziehungen zu "Mujahedin" bzw. islamistischen Terroristen im Ausland) sowie die Tötung des "alQa'ida"-Operationschefs Hamza RABIA in Pakistan haben die Möglichkeiten einer großdimensionierten Anschlagsplanung offenbar eingeschränkt. Zu eigenständigen Anschlägen waren "al-Qa'ida"-Operateure 2005 nur innerhalb eines relativ begrenzten Aktionsradius um den mutmaßlichen Aufenthaltsort der Organisationsführung im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet in der Lage. Offenkundig inspiriert durch das Beispiel der Zarqawi-Gruppe im Irak intensivierten Kräfte der "al-Qa'ida" und der mit ihr verbündeten "Taliban" im Jahr 2005 nicht nur ihre Angriffe auf Sicherheitskräfte und Repräsentanten des afghanischen Staates, sondern auch auf Angehörige und Einrichtungen der (im Rahmen der UN-Missionen ISAF und "Enduring Freedom" in Afghanistan stationierten) ausländischen Streitkräfte sowie internationaler Hilfsorganisationen. Insgesamt kam es zu einem deutlichen Anstieg der Zahl von Anschlägen mittels täterseitiger Selbsttötung (sog. "Selbstmord-Anschläge") von drei im Jahr 2004 auf mindestens 15 im Jahr 2005 (2003: 1). Auch ein Offizier der Bundeswehr fiel im Jahr 2005 einem derartigen Mordanschlag zum Opfer. In Anbetracht des im November 2005 veröffentlichten Aufrufes des Führers der "Taliban", Mullah OMAR, zur Intensivierung des "Jihads" gegen die in Afghanistan stationierten Streitkräfte der Anti-Terror-Allianz, besteht wenig Anlass zur Hoffnung, dass sich die Lage in Afghanistan kurzoder mittelfristig spürbar entspannen könnte. 13 Auch im Jahr 2005 nutzten Führungsmitglieder der "al-Qa'ida" (ebenso wie nahezu alle anderen islamistischen Terrorgruppen) per Fernsehen und Internet verbreitete Videound Audio-Botschaften, um Präsenz zu zeigen und ihren Anspruch auf die Führerschaft im "globalen Jihad" zu artikulieren. Vor allem der "BIN-LADINStellvertreter" Aiman AZ-ZAWAHIRI meldete sich auf diesem Wege im Jahr 2005 relativ häufig zu Wort. In seinen unregelmäßigen Videobotschaften war ZAWAHIRI oft um zeitnahe Reaktionen auf aktuelle Ereignisse bemüht. Mit ihren Botschaften richteten sich die "al-Qa'ida"-Führer jedoch nicht nur an eine islamische Zuhörerschaft, sondern häufig auch an ein westliches Auditorium, indem sie (z.T. in Bezugnahme auf BIN LADINs so genannte "Waffenstillstandsangebot" aus dem Jahr 2004) an die Bevölkerungen westlicher Staaten appellierten, sich von ihren Regierungen abzuwenden. Auch wenn mit der Häufung derartiger Verlautbarungen zukünftig eine Verringerung ihrer Wirksamkeit nicht ausgeschlossen werden kann, gehen von ihnen weiterhin schwer kalkulierbare Mobilisierungseffekte bzw. Handlungszwänge aus, da sich die "al-Qa'ida"-Führung durch die Ankündigung von Anschlägen einem enormen Erwartungsdruck ihrer Anhängerschaft aussetzt. Auch die Bereitschaft der "alQa'ida"-Führer, Anschläge unabhängiger Tätergruppen zu vereinnahmen bzw. mit dem eigenen "Gütesiegel" zu versehen, dürfte auf potentielle Attentäter (vor allem aus dem Spektrum der so genannten "non-aligned mujahedin") motivierend wirken. So reklamierte ZAWAHIRI in einem Anfang August veröffentlichten Video zwar nicht explizit die Urheberschaft seiner Organisation für die Londoner Anschläge vom 7. Juli 2005. Da das Band jedoch auch Sequenzen enthielt, in denen sich einer der Tatbeteiligten zu dem von ihm geplanten (und später auch ausgeführten) Verbrechen bekannte, wurde zumindest der Eindruck einer Steuerung der Tätergruppe durch die "al-Qa'ida"-Führung erweckt. Anschlagsserien in der Londoner Innenstadt Am 7. und 21. Juli 2005 zündeten mutmaßlich islamistisch motivierte Attentäter in der Londoner Innenstadt nahezu simultan je vier selbstgefertigte Sprengsätze in jeweils drei U-Bahnen sowie in einem Linienbus. 14 Beide Attentate zielten offenkundig auf eine Maximierung der Opferzahlen mittels täterseitiger Selbsttötung ab. So forderte die erste Attentatsserie das Leben von 52 Menschen sowie das der vier Attentäter. Aufgrund technischer Mängel versagten jedoch die von den Attentätern der zweiten Anschlagsserie mitgeführten Sprengsätze, so dass ein weiterer Massenmordanschlag nicht realisiert werden konnte. Bei den Attentätern der Anschlagsserie vom 7. Juli 2005 handelte es sich durchweg um britische Staatsangehörige, von denen drei als Kinder pakistanischer Einwanderer bereits in Großbritannien geboren worden waren. Der vierte Täter war im Alter von vier Jahren mit seinen Eltern aus Jamaika eingewandert. In ihrem persönlichen Umfeld galten die vier jungen Männer als sozial integriert und unauffällig. Insofern bestätigte sich die hiesige (und im letzten Jahresbericht auch veröffentlichte) Einschätzung, dass auch Europa Anschlagsziel und "(zweite) Heimat" islamistischer Terroristen ist. Offenkundig handelten die Attentäter der zweiten Anschlagsserie (die alle aus Ostafrika stammen und ebenfalls seit längerer Zeit in Europa bzw. Großbritannien lebten) jedoch nicht als reine Nachahmungstäter, da sie ihre eigenen Anschlagsplanungen und -vorbereitungen bereits vor dem 7. Juli 2005, also noch vor der ersten Anschlagsserie, begonnen hatten. Eventuell ließen sie sich jedoch bei der Auswahl ihrer Ziele (ebenfalls drei U-Bahnen sowie ein Linienbus) durch den zwei Wochen zuvor verübten Massenmordanschlag animieren. Obwohl es den britischen Sicherheitskräften jeweils innerhalb weniger Tage gelang, die Täter zweifelsfrei zu identifizieren (und im Falle der zweiten Anschlagswelle auch festzunehmen), liegen bislang noch keine gesicherten Erkenntnisse zu mutmaßlichen Hintermännern oder aber zu einer eventuellen unmittelbaren Verbindung zwischen beiden Tätergruppen vor. Obwohl Ermittlungen ergaben, dass einzelne Tatbeteiligte des Anschlages vom 7. Juli zuvor nach Pakistan gereist waren und mit hoher Wahrscheinlichkeit in Großbritannien über Kontakte zum "al-Qa'ida"-Umfeld verfügten, lässt sich eine Mitwirkung der "al-Qa'ida"-Führung bei der Planung und Vorbereitung der Anschläge zur Zeit nicht belegen (aber auch nicht gänzlich ausschließen). 15 "non-aligned Mujahedin" Generell muss jedoch weiter davon ausgegangen werden, dass Europa auch zukünftig primär durch terroristische Aktivitäten sogenannter "non-aligned - Mujahedin" gefährdet ist: kleinen Tätergruppen mit bestenfalls losen Anbindungen an die ursprüngliche "al-Qa'ida"-Organisation, deren Angehörige jedoch durch langjährige Aufenthalte in westlichen Staaten, durch ihre scheinbare Integration oder aber durch ihre Einbindung in allgemeinkriminelle Strukturen über optimale Voraussetzungen für die unbemerkte Planung und Vorbereitung von Anschlägen verfügen. Da derartige Tätergruppen nur schwer zu identifizieren sind und zudem u.U. bei der Auswahl von Anschlagszielen einer eigenen (ggf. auch lokalen) Agenda folgen, gilt dieser Tätertyp als besonders unberechenbar und gefährlich. "Non-aligned - Mujahedin" verübten auch in islamischen Staaten zahlreiche Attentate (so handelte es sich z.B. bei den Urhebern des Anschlags im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich im Juli 2005 s.o. vermutlich um ein lokales Netzwerk von SinaiBeduinen). Regionale islamistische Terror-Organisationen in der arabischen Welt In diesem Teil der Welt zeichneten jedoch auch im Jahr 2005 vor allem regionale (z.T. transnational bzw. mit "al-Qa'ida" vernetzte) Terrorgruppen mit einer panislamischen Orientierung für die meisten (und schwersten) Anschläge verantwortlich. Da Organisationen dieses Typs in einem mehrheitlich muslimischen Umfeld operieren und zumeist die Regime ihrer Heimatländer bekämpfen, ist es nicht verwunderlich, dass es sich auch im Jahr 2005 bei dem Großteil der Opfer des islamistischen Terrorismus um Muslime handelte. Insgesamt konnten diese regional verankerten islamistischen Terrororganisationen auch 2005 das hohe Anschlagsniveau der Vorjahre weiterhin aufrechterhalten. In mehreren Fällen gelang es jedoch den Sicherheitskräften der betroffenen Staaten, derartige Strukturen durch exekutive Maßnahmen zumindest zwischenzeitlich handlungsunfähig zu machen, so z.B. in Saudi-Arabien, dass im Jahr 2005 (nach mehreren schweren Anschlagsserien in den Jahren 2003 und 2004) keine größeren Anschläge mehr verzeichnen musste. 16 Diese Entwicklung ist wohl vor allem auf die Tötung bzw. Festnahme zahlreicher Operateure, Spezialisten, Ideologen und Führer des saudischen Ablegers der "alQa'ida", der sogenannten "al-Qa'ida auf der arbischen (Halb-) Insel" zurückzuführen, die durch diese Maßnahmen zumindest temporär stark geschwächt wurde. Als möglicher weiterer Grund für den drastischen Rückgang terroristischer Anschläge in Saudi-Arabien kann jedoch auch die Beteiligung einer großen Zahl saudischer Jihadisten am "Jihad" im Irak gesehen werden. Irak: Zarqawi-Gruppe Zweifelsohne stellte der Irak auch im Jahr 2005 den blutigsten (und damit für Jihadisten attraktivsten) Schauplatz des globalen "Jihads" dar, auf dem sich eine Vielzahl von Gruppen und Organisationen terroristisch betätigen. Diese unterscheiden sich jedoch nicht nur hinsichtlich ihrer Größe und Operationsfähigkeit 1 z.T. sehr stark voneinander, sondern auch hinsichtlich ihrer Bereitschaft, auf Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen zu reagieren. So liegen Anzeichen dafür vor, dass einige irakische Jihadisten nach den beiden (von ihnen boykottierten) Wahlen (der verfassungsgebenden Nationalversammlung im Januar und des Parlamentes im Dezember 2005) nunmehr bereit sind, ihre grundsätzliche Ablehnung der neuen politischen Ordnung im Irak zu überdenken und ihre Interessen (u.a. an einer Eindämmung des durch die Wahlen nochmals gestärkten schiitischen Einflusses) durch den Aufbau eigener politischer Strukturen zu wahren. Dass auch Abu Mus'ab AZ-ZARQAWI derart zweckrational kalkuliert, ist hingegen wenig wahrscheinlich. Der wegen eines Sexualdeliktes in seinem Heimatland Jordanien vorbestrafte Gewaltverbrecher, der sich im Jahr 2004 zumindest medial dem Kommando BIN LADINs unterstellte und seine Terrorgruppe in "Organisation der Jihad-Basis im Zweistromland" umbenannte, machte auch im Jahr 2005 vor allem durch zahllose Massaker, Massenmordanschläge und Entführungen (u.a. von Diplomaten islamischer Staaten) von sich reden. 17 Selbst für Kritik aus den eigenen Reihen am scheinbar wahllosen und willkürlichen Morden seiner Truppe scheint ZARQAWI ebenso wenig zugänglich zu sein, wie für Warnungen vor einer Isolation innerhalb des Iraks, dessen Bevölkerung seinen Kurs mit ihrer außergewöhnlich hohen Wahlbeteiligung eine deutliche Absage erteilt hat. Erst wütende Proteste seiner eigenen Landsleute gegen das Blutbad, das die von ihm entsandten Attentäter bei den Anschlägen des 9. November 2005, u.a. unter einer jordanischen Hochzeitsgesellschaft anrichteten, scheinen den im nordjordanischen Zarqa geborenen (und deswegen "Zarqawi" gerufenen) Massenmörder unter Rechtfertigungsdruck gesetzt zu haben. So erklärte er im Nachhinein angesichts des hohen Blutzolls, den diese Anschläge von der einheimischen Bevölkerung forderten und auch einem beliebten syrischen Filmemacher das Leben kosteten, dass die von seinen Gefolgsleuten ausgebombten Hotels in der Vergangenheit als Treffpunkte westlicher bzw. israelischer Geheimdienste fungiert hätten. Doch auch diese halbherzige Distanzierung ZARQAWIs von den Folgen seiner Taten wird aller Voraussicht nach nicht zu einer Änderung seines modus operandi führen. Auch weiterhin muss mit schweren, vorzugsweise mittels Autobomben und täterseitiger Selbsttötung verübten Massenmordanschlägen auf all jene gerechnet werden, die ZARQAWI zu Feinden des Islams erklärt hat. Dass ZARQAWI den Kreis seiner Feinde besonders weit zu ziehen pflegt, zeigen nicht nur sein Hass auf das jordanische Königshaus sowie seine obsessive Verfolgung der schiitischen Muslime (denen er 2005 im Internet mit einem "totalen Krieg" drohte): Die Anschläge von Amman (wo bereits 2004 ein Massenmordanschlag mit giftigen Chemikalien vereitelt wurde), der Beschuss USamerikanischer Schiffe im Golf von Aqaba und der von ihm reklamierte Beschuss Israels mit Boden-Boden-Raketen Ende Dezember 2005 zeugen zudem vom Bestreben ZARQAWIs, auch geographische Grenzen zu überschreiten und sein Operationsgebiet über den Irak hinaus auszuweiten. Dass die Grenzen Europas für ZARQAWI prinzipiell weder ein Tabu noch ein Hindernis für eine Ausweitung der Kampfzone darstellen, hat der jordanische Terroristenführer bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt: Eine Zelle 18 seines (damals unter dem Namen "al-Tauhid" bekannt gewordenen) TerrorNetzwerkes wurde bereits im Frühjahr 2002 in Deutschland zerschlagen. Die Zelle, deren Anführer über einen unmittelbaren Kontakt zu ZARQAWI verfügte, beschaffte diesem nicht nur gefälschte Reisepässe, sondern plante im Auftrag ZARQAWIs auch Anschläge auf vermeintlich "jüdische" Einrichtungen in Deutschland, darunter auch eine Diskothek in Düsseldorf. Im Herbst 2005 verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf (in zwei getrennten Verfahren) vier Mitglieder der Zelle wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Urkundenfälschung und anderen Straftaten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Einer der Verurteilten hatte seinen Hauptwohnsitz im Rahmen des Asylverfahrens bislang in MecklenburgVorpommern, war aber hier nicht einschlägig in Erscheinung getreten. II.3.1.2 "Islamische Befreiungspartei" (Hizb ut-Tahrir) Das vom Bundesminister des Innern im Januar 2003 gegen die "Hizb ut-Tahrir" verfügte Betätigungsverbot, gegen das die islamistische Organisation geklagt hatte, wurde am 25. Januar 2006 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht die Rechtmäßigkeit des Verbotes fest. Der Kläger (der Verein "Hizb ut-Tahrir" - Anm. d. Verf.) habe sich zu dem für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet, indem er in einer Vielzahl ihm zuzurechnender Äußerungen vor dem Hintergrund des israelisch-palästinensischen Konfliktes zur gewaltsamen Beseitigung des Staates Israel und zur Tötung von Menschen aufgefordert und auf diese Weise der friedlichen Lösung der israelischpalästinensischen Interessengegensätze entgegengewirkt habe. Anhänger der "Hizb ut-Tahrir" entfalteten im Jahr 2005 im Bundesgebiet keine öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten. II.3.2 National-islamistische Bestrebungen Die mit der Wahl Mahmud ABBAS (ABU MAZEN) zum Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde verbundenen Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses sowie auf einen spürbaren Rückgang terroristischer Aktivitäten erfüllten sich im Jahr 2005 nur teilweise. 19 Während die HAMAS seit dem Frühjahr 2005 tatsächlich keinen Selbstmordanschlag in Israel verübte, verstärkten die Terrorgruppen "Palästinensischer Islamischer Jihad" und "al-Aqsa-Märtyrerbrigaden" (eine radikale Untergruppe der "al-Fatah") ihre terroristischen Aktivitäten. Beide Gruppen sollen maßgeblich von der im Libanon beheimateten schiitischen "Hizb Allah" unterstützt bzw. gesteuert werden. Zur "Hizb Allah" stellte das Europäische Parlament im März 2005 fest, dass es "eindeutige Beweise für terroristische Aktivitäten" dieser Organisation gebe und forderte in einer Resolution die EU-Staaten auf, alle notwendigen Schritte zur Beendigung dieser Aktivitäten zu unternehmen. In Mecklenburg-Vorpommern werden jeweils Einzelpersonen den Sympathisantenkreisen der o.a. Gruppierungen zugerechnet. II.4 Terrorismusfinanzierung Finanzierungsquellen und Transfermöglichkeiten Die Erlangung von Geldern und eine funktionierende Abwicklung des Zahlungsverkehrs sind maßgebliche Voraussetzungen für eine Finanzierung terroristischer Aktivitäten. Bei der Suche nach Finanzströmen aus bzw. für illegalen Aktivitäten haben schriftliche oder elektronische Aufzeichnungen für die Herstellung eines beweisbaren Zusammenhangs zwischen Geld und Tat eine enorme Bedeutung. Terroristen sind deshalb bestrebt, Kontrollmechanismen zu umgehen oder Herkunft und Verwendung der Gelder zu verschleiern. Sie akquirieren Gelder aus einer Vielzahl unterschiedlichster Quellen. Vorzugsweise sind hier Spendensammlungen (durch Einzelpersonen, Vereine/ gemeinnützige Organisationen etc.), kriminelle Aktivitäten (Handel mit Drogen, Waffen, Diamanten, Lösegelder aus Entführungen etc.) oder legale und illegale geschäftliche Aktivitäten (z.B. über Importu. Exportfirmen, Gebrauchtwagenhandel) zu nennen. Darüber hinaus werden einige Nichtregierungsorganisationen verdächtigt, terroristische Aktivitäten mit zu finanzieren. Eine besondere Rolle kommt der Spendensammlung unter angeblich wohltätigen Zwecken zu. Diverse Spendenorganisationen/ -vereine mit Niederlassungen in aller 20 Welt unterhalten umfangreiche Hilfsprojekte in Krisenund Katastrophengebieten. Sie sammeln Spenden mit der Intention, Armut zu bekämpfen, Waisenkinder zu unterstützen oder Bildung fördern zu wollen. Tatsächlich dient ein Teil dieser Gelder unmittelbar oder mittelbar der Finanzierung terroristischer Aktivitäten. So hat der Bundesminister des Innern mit Verfügung vom 30.8.2005 dem Spendensammelverein "YATIM-Kinderhilfe e.V." jede weitere Betätigung verboten, da es sich bei dem Verein nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden um eine Nachfolgeorganisation des 2002 verbotenen "al-Aqsa e.V." handelt. Gleichzeitig wurden vereinsrechtliche Ermittlungen gegen den in Herne ansässigen Verein "Islamische Wohlfahrtsorganisation" (IWO) eingeleitet, der ebenfalls verdächtigt wird, Spenden für die HAMAS zu sammeln. In diesem Zusammenhang stellte der Bundesinnenminister folgendes fest: Der "YATIM-Kinderhilfe e.V." verfolgt die völkerverständigungswidrigen Bestrebungen des im Jahre 2002 verbotenen "al-Aqsa e.V." weiter. Er ist in naher zeitlicher Folge zum Vollzug des Verbots des "al-Aqsa e.V." gegründet worden mit dem Ziel, Spendengelder an HAMASSozialorganisationen in den palästinensischen Gebieten weiterzuleiten. Da die sozialen und terroristischen Aktivitäten der HAMAS untrennbar miteinander verknüpft sind, ist die finanzielle Unterstützung von HAMAS-Sozialvereinen als unmittelbare Finanzierung der terroristischen Aktivitäten der HAMAS anzusehen. Damit wird eine Gruppierung unterstützt, die durch Ausübung von Gewalt der friedlichen Verständigung zwischen dem israelischen und palästinensischen Volk diametral entgegenwirkt. Um die notwendigen Finanzmittel an ihren Bestimmungsort zu bringen, werden eine Reihe von Verfahren in Anspruch genommen. Partiell erfolgt der Transfer über Finanzdienstleister oder das offizielle Bankensystem. Der amerikanische Finanzdienstleister "Western Union" hat mehr als 225.000 Agenturstellen in über 195 Ländern 1 , u.a. auch in Deutschland. Bei diesem System, dass auch von den New Yorker Attentätern genutzt worden sein soll 2 , zahlt der Auftraggeber gegen eine Gebühr in einer Filiale einen Geldbetrag ein, den sich der Empfänger in einer beliebigen anderen Filiale abholt. Bei kleineren Summen ist das System insofern geeignet, als dass kaum schriftliche Belege bestehen. 1 Quelle: www.westernunion.com 2 Quelle: "Bericht Innere Sicherheit der Schweiz 2002", S. 43 (www.bap.admin.ch) 21 Ferner kann die Identität des Empfängers auch durch die Angabe falscher Personalien anonym bleiben. Bei der Nutzung des etablierten Bankensystems werden zahlreiche Verschleierungsmöglichkeiten angewendet, darunter die Verschlüsselung des Verwendungszwecks, die Erteilung von Kontovollmachten, die Übergabe von Verrechnungsschecks, die Eröffnung von Konten mit gefälschten Dokumenten bzw. durch "Strohmänner" oder unauffällige Überweisungen zwischen Einzelpersonen. Als Transfermethoden rückten jedoch informelle Überweisungssysteme oder Geldkuriere verstärkt in den Vordergrund. Vorrangig wird zur Verschleierung von Finanzaktivitäten bzw. zur Geldwäsche ein uraltes Überweisungssystem, das Hawala 1 , genutzt. Dieses auf Vertrauen basierende und nur Eingeweihten bekannte System kommt in Gänze ohne schriftliche oder elektronische Aufzeichnungen aus. Ein weiterer Vorteil ist die schnelle und gegenüber vergleichbaren Alternativen kostengünstige Abwicklung. In das Netz des Hawala sind Händler aus verschiedenen Geschäftsfeldern (Imbisse, Reisebüros, Lebensmitteloder Juwelierläden etc.) eingebunden. Der Einzahlende übergibt dem Geschäftsmann (sog. "Hawaladar") eine Geldsumme mit dem Auftrag, die gleiche Summe einem Adressaten in einem anderen Land auszuzahlen. Dem Empfänger im Zielstaat wird ein Code mitgeteilt der ihn wiederum berechtigt, die Summe bei einer dortigen Zweigstelle nach Nennung des Codes entgegen zu nehmen. Es findet praktisch kein materieller Geldwechsel statt. Die Differenzen werden später bei Überweisungen aus dem Zielstaat oder zwischen den Händlern im Rahmen ihres alltäglichen geschäftlichen Zahlungsverkehrs verrechnet. Bekämpfungsansätze der Terrorismusfinanzierung Das Wissen der Sicherheitsbehörden in Bezug auf die Signifikanz finanzieller Netzwerke zur Vorbereitung und Durchführung von terroristischen Anschlägen hat sich insbesondere nach den verheerenden Anschlägen vom 11.9.2001 deutlich erweitert. 1 Hawala stammt aus dem Arabischen und wird u.a. mit Überweisung, Wechsel, Anweisung übersetzt. Das Hawala existierte bereits im Mittelalter und wurde vorwiegend im arabischen Raum betrieben. In den meisten Fällen wird das System nicht für illegale Aktivitäten genutzt. Vielmehr ist es die oft einzige und 22 Vor allem auf internationaler Ebene bestand insofern der Bedarf an einer abgestimmten und effizienten Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, um angemessen auf das globale Phänomen des Terrorismus reagieren zu können. Für die Sicherheitsbehörden ergab sich die Notwendigkeit, das Finanzgebaren terroristischer Personenkreise sowie deren finanzielle Verbindungen aufzuklären. Der Identifizierung von Finanzierungsquellen und der Verhinderung von Finanztransaktionen kommen in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle zu. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (VN) hat in diesem Kontext mehrere Resolutionen verabschiedet, auf deren Grundlage die VN-Mitgliedsstaaten zur Umsetzung umfassender rechtlicher und politischer Maßnahmen verpflichtet wurden. Nennenswert sind hier die VN-Resolutionen 1267, 1333, 1373 und 1390, welche inhaltlich u.a. darauf abzielten, Vermögenswerte von Terroristen einzufrieren sowie Finanzströme zu Gefolgsleuten der Taliban, Al-Qaida und von Usama BIN LADEN zu vereiteln. In Anwendung der VN-Resolution 1373 sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, an das speziell eingerichtete Counter Terrorism Committee (CTC) der VN über den aktuellen Stand der durch sie bereits umgesetzten Maßnahmen zu berichten. Als wichtigstes internationales Gremium zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus und der Geldwäsche kann die "Financial Action Task Force on Money Laundering" (FATF) bezeichnet werden. Sie wurde im Juni 1989 während des damaligen G7-Gipfels in Paris gegründet und ist der "Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung" (OECD) angegliedert. Die FATF hat ihren Sitz in Paris und vereint gegenwärtig 33 Mitglieder, zu denen auch Deutschland zählt. Nachdem die FATF bereits im Jahre 1990 40 Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche herausgab, ist das Mandat der FATF im Oktober 2001 - kurze Zeit nach den Anschlägen auf das World Trade Center - auch auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung erweitert worden. Diesbezüglich verabschiedete die FATF weitere spezielle Empfehlungen, die den grundsätzlichen Rahmen für Maßnahmen gegen die Terrorismusfinanzierung auf internationaler Ebene abstecken. Sowohl die Mitgliedsstaaten als auch eine Vielzahl weiterer Staaten betrachten diese Empfehlungen als verbindlich. kostengünstigste Möglichkeit für im Ausland arbeitende Personen, ihren Familien Geld in die Heimat zu schicken. 23 Die Unterbindung von Mechanismen der Terrorismusfinanzierung ist auch innerhalb der Europäischen Union (EU) eine der zentralen Aufgaben. Verschiedene Behörden und Arbeitsgruppen - genannt seien auf nachrichtendienstlicher Ebene beispielsweise das beim Rat der EU angesiedelte "Joint Situation Center" 1 (SitCen) sowie Sachverständige in der Counter-Terrorism Group 2 (CTG) - tragen dazu bei, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten der Mitgliedsstaaten zu lenken. Nicht zuletzt fließen Analysen solcher Arbeitsgruppen in die politischen Entscheidungsprozesse der EU im Hinblick auf zu entwickelnde Strategien zur Terrorismusbekämpfung ein. Als Reaktion auf die Ereignisse des 11.09.2001 verabschiedete die EU einen Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus, der neben dem Ausbau polizeilicher und justizieller Kooperation u.a. auch die Verhinderung der Finanzierung terroristischer Aktivitäten vorsah. Dass die EU die Terrorismusbekämpfung als vorrangige Aufgabe sieht, hat sie unter den Eindrücken des 11. März 2004 in Madrid noch einmal klar unterstrichen. Nach den Madrider Anschlägen ist die Eindämmung des Zugangs von Terroristen zu finanziellen und anderen wirtschaftlichen Ressourcen zu einem der vorrangigen strategischen Ziele erklärt und der im Jahr 2001 verfasste EU-Aktionsplan modifiziert worden. In beachtlichem Umfang sind sowohl VN-Resolutionen als auch die FATFEmpfehlungen umgesetzt und durch EU-Verordnungen gesetzlich normiert worden. In die 2. EU-Geldwäscherichtlinie aus dem Jahr 2001 sind die Empfehlungen der FATF eingeflossen. Die im Dezember 2005 in Kraft getretene 3. GeldwäscheRichtlinie verschärft die Vorschriften zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung noch und muss von den Mitgliedsstaaten bis Ende 2007 umgesetzt werden. Die innerstaatliche Umsetzung von VN-Resolutionen und FATF-Standards erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland über das Geldwäschebekämpfungsgesetz (GwG) und das Kreditwesengesetz (KWG). Unter Berücksichtigung der 2. EU-GeldwäscheRichtlinie forcierte Deutschland u.a. Maßnahmen in den Bereichen Polizei, Strafverfolgung und Bankenaufsicht. 1 Quelle: EU-Nachrichten Nr. 4 vom 11.11.2004 "Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat (Brüssel) vom 04. und 05.11.2004; EU-Nachrichten Nr. 5 vom 17.12.2004 "Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat (Brüssel) vom 16. und 17.12.2004; Herausgeber: Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland; (www.eu-kommission.de) 2 Quelle: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, "Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat" vom 18.05.2004 (www.europa.eu.int) 24 Des weiteren ist beim Bundeskriminalamt eine "Financial Intelligence Unit" (FIU) eingerichtet worden. Sachverhalte, die den Verdacht der Geldwäsche nahe legen, werden dort zentral entgegengenommen, analysiert und den jeweiligen Strafverfolgungsbehörden im Inund Ausland zur Verfügung gestellt. Anzeigen nach dem GwG sollen auch dann erfolgen, wenn sich der Verdacht der Terrorismusfinanzierung erhärtet. Nunmehr ergibt sich für Deutschland aufgrund der seit Dezember 2005 geltenden 3. EU-Geldwäscherichtlinie erneut Handlungsbedarf, da die Vorgaben bis Ende 2007 zu erfüllen sind. Bereits mit Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 9. Januar 2002 sind Finanzermittlungen auch von Seiten des Verfassungsschutzes möglich. Damit sind die Verfassungsschutzbehörden in die Lage versetzt worden, Finanzierungsmodalitäten als existenzielle Grundlage islamistisch-terroristischer Gruppierungen aufzuhellen. Das Landesverfassungsschutzgesetz MecklenburgVorpommerns ist bereits im Jahr 2004 einer entsprechenden Novellierung unterzogen worden. II.5 Terrorismusbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland Auch im Jahr 2005 stellte die Terrorismusbekämpfung einen wesentlichen Schwerpunkt in der Arbeit der Sicherheitsund Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder dar. Welchen Umfang und welche Tragweite polizeiliche und nachrichtendienstliche Ermittlungen zu terroristischen Aktivitäten und Strukturen annehmen können, ließen auch im Jahr 2005 mehrere (z.T. länderübergreifende) Exekutivmaßnahmen zumindest erahnen. So wurden beispielsweise am 12. Januar 2005 im Rahmen einer bundesweiten Großrazzia in fünf Bundesländern insgesamt 59 Objekte durchsucht, Beweismaterial sichergestellt und 24 Personen festgenommen, die der Bildung einer kriminellen Vereinigung bzw. der logistischen und propagandistischen Unterstützung des "Jihads" verdächtigt werden. Am 23. Januar 2005 wurden im Rhein-Main-Gebiet zwei Personen wegen des Verdachtes der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung festgenommen, die angeblich als Angehörige der "alQa'ida" den "Jihad" durch Versicherungsbetrug, die Beschaffung von radioaktiven 25 Materialien sowie letztendlich durch ihre eigene Teilnahme an Kampfhandlungen im Irak unterstützen wollten. Weitere großangelegte Durchsuchungsmaßnahmen wurden am 2. Februar 2005 (in sieben Bundesländern) sowie am 14. Juni 2005 (in fünf Bundesländern) durchgeführt. Auch in diesen beiden Fällen bestand der Verdacht der logistischen Unterstützung terroristischer Aktivitäten und Strukturen durch radikale Islamisten im Bundesgebiet. Mecklenburg-Vorpommern war in diesen Fällen nicht betroffen. II.6 "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA GEL) KONGRA GEL in Mecklenburg-Vorpommern Im Berichtsjahr entfaltete die Anhängerschaft des KONGRA GEL in MecklenburgVorpommern, der gegenwärtig etwa 240 Personen zugerechnet werden, keine öffentlichkeitswirksamen politischen Aktivitäten im Lande. Relativ wenig Resonanz fanden auch Großveranstaltungen auf Bundesund Europaebene. Das Verbot der in Neu-Isenburg beheimateten E. Xani Presseund Verlags - GmbH wurde zwar mit Empörung aufgenommen, zu Demonstrationen kam es in diesem Zusammenhang aber nicht. Weitere, auf der politischen Tagesordnung des KONGRA GEL stehende Themen spielen eine eher untergeordnete Rolle. In Bezug auf die Spendenbereitschaft ist nach wie vor ein rückläufiger Trend erkennbar. Umso mehr werden Spendenunwillige unter Druck gesetzt, um Beiträge zu erbringen. In diesem Zusammenhang soll es vereinzelt zur Gewaltanwendung gekommen sein. Gleichwohl spendet die überwiegende Zahl der in Mecklenburg-Vorpommern ansässigen Organisationsanhänger aus freiem Willen. Andere Finanzierungsformen sind der Verkauf von Publikationen und Eintrittskarten zu Veranstaltungen. Demonstrationsgeschehen Ca. 9.000 Anhänger und Sympathisanten des KONGRA GEL nahmen den sechsten Jahrestag der Festnahme Abdullah Öcalans zum Anlass, am 12. Februar 2005 eine Demonstration in Straßburg unter dem Motto "Freiheit für Öcalan - eine demokratische Lösung der Kurdenfrage" durchzuführen. In vielen weiteren Städten Europas und in der Türkei wurden weitere Veranstaltungen organisiert und 26 abgehalten. An der Veranstaltung beteiligten sich auch einige Kurden aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Anreise nach Straßburg erfolgte mit privaten Fahrzeugen. Wie im Vorjahr fanden auch im Jahr 2005 die alljährlichen Feierlichkeiten zum kurdischen Neujahrsfest Newroz statt. Anstelle einer zentralen Großdemonstration richtete man in diesem Jahr drei Veranstaltungen mit überregionalem Charakter in Hamburg, Essen und Frankfurt am Main aus. Mehrere tausend Kurden konnten zur Teilnahme an den jeweiligen Ereignissen mobilisiert werden. Für die Teilnahme am Newroz - Fest in Hamburg sind in Mecklenburg-Vorpommern zwei Reisebusse angemietet worden. Daneben reisten einzelne Personen mit Fahrzeugen in die Hansestadt. Das "13. Internationale Kurdistan-Kulturfestival" fand am 3. September 2005 im Kölner "Rhein-Energie-Stadion" statt und widmete sich dem Motto "EU - Türkei: Auch wir sind Verhandlungspartei - Lösung der kurdischen Frage, Freiheit für Abdullah Öcalan". Das von der "Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V." (YEK-KOM) ausgerichtete Festival wurde von ca. 40.000 Personen aus verschiedenen europäischen Staaten besucht. Bei dem Ereignis war auch eine geringe Anzahl von Kurden aus Mecklenburg-Vorpommern anwesend. Am 1. Oktober 2005 veranstaltete die "Konföderation kurdischer Vereine in Europa" (KON-KURD) in Brüssel eine Großdemonstration, an der sich etwa 4.000 Personen beteiligten. Leitthemen der Veranstaltung waren die Verbotsmaßnahmen gegen Einrichtungen kurdischer Medien in Deutschland und die ab Oktober geplanten Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union (EU) mit der Türkei. In Bezug auf aktuelle politischen Themen - Freilassung Öcalans, Änderung der türkischen Haltung gegenüber Kurden und Beendigung militärischer Aktionen - hat der KONGRA GEL die Intention, bei den Beitrittsverhandlungen zwischen EU und der Türkei berücksichtigt zu werden. Diese Forderung korrespondiert im Übrigen mit einer Erklärung des KONGRA GEL vom 6. Oktober 2005 zu den Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei. Darin warf man den Verhandlungsparteien vor, für die Lösung des Kurdenproblems zu wenig Initiative gezeigt zu haben. Ferner sei die EU nun in der Verantwortung, diesbezüglich regulierend tätig zu werden. 27 Gründung einer "neuen PKK" verkündet Im April 2005 verkündete das "Wiederaufbaukomitee 1 der PKK" die Gründung einer neuen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Neugründung erfolgte nach eigenen Angaben mit der Absicht, die Kurdenfrage auf demokratischem Wege zu lösen und sei als eine zweite Geburt der Organisation zu verstehen. Hervorgehoben wurde auch, dass sich die neue PKK innerhalb des KONGRA GEL etablieren und ihn nicht ersetzen wolle. Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Fall Abdullah Öcalan Am 12. Mai 2005 bestätigte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg sein Urteil bezüglich der Klage Abdullah Öcalans gegen die Türkei aus dem Jahr 2003 2 . Dennoch hat die Große Kammer des EGMR den Prozessverlauf gegen ÖCALAN aus dem Jahr 1999 in der Türkei abermals als unfair gerügt. In den Umständen der Inhaftierung, den Haftbedingungen ÖCALANs sowie seiner Festnahme im Februar 1999 in Kenia sah der EGMR jedoch keine Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention. Im Kontext mit der Urteilsverkündung versammelten sich Sympathisanten und Anhänger des KONGRA GEL in vielen Städten Europas, darunter in Straßburg sowie vor dem Bundesinnenministerium in Berlin, um ihre Solidarität mit Abdullah Öcalan zu bekunden. 1 Murat Karayilan, Vorsitzender des Vorbereitungskomitees des KONGRA GEL, gab im Jahr 2004 bekannt, dass ein "Vorbereitungskomitee für den Wiederaufbau der PKK" konstituiert wurde. Die Pläne zum Wiederaufbau der PKK basierten auf Vorstellungen von Abdullah Öcalan. Ziel war u.a. die Überwindung der innerorganisatorischen Spannungen - beispielsweise hatten sich sogenannte "Abtrünnige", darunter der Bruder A. Öcalans, Osman Öcalan, von der Organisation abgewandt. 2 Öcalans Anwälte hatten sich mit einer Beschwerde an den EGMR gewandt und vorgebracht, dass sowohl dessen Verhaftung und Verbringung in die Türkei als auch das anschließende Gerichtsverfahren, die Verhängung der Todesstrafe und ÖCALANs Haftbedingungen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstießen. Die Kleine Kammer des EGMR stellte mit Urteil vom 12. März 2003 punktuell Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention fest. Die türkische Regierung und die Anwälte Öcalans beantragten die Verweisung an die Große Kammer des EGMR. 28 Anschlagsgeschehen in der Türkei Im westtürkischen Ferienort Cesme explodierte am 10. Juli 2005 ein in einer Mülltonne versteckter Sprengsatz. Durch die Explosion sind 20 Personen verletzt worden. In einem Anruf bei der in Deutschland ansässigen Nachrichtenagentur "Mezopotamya" (MHA) übernahmen die "Freiheitsfalken Kurdistans" (TAK), die dem KONGRA GEL nahe stehen sollen, die Verantwortung für den Anschlag. Am 16. Juli 2005 erfolgte ein Anschlag in Kusadasi, bei dem nach der Explosion eines Kleinbusses fünf getötete und 14 verletzte Personen zu beklagen waren. Hierzu lag kein Tatbekenntnis vor. Im Oktober 2005 ereigneten sich in Istanbul vier weitere Anschläge gegen ausschließlich zivile Objekte, bei denen Personenund Sachschäden entstanden. Via Internet bekannten sich abermals die "Freiheitsfalken Kurdistans" zu den Taten. Das Bekennerschreiben beinhaltete ferner die Drohung mit weiteren Aktionen, sofern die Türkei ihre "Vernichtungspolitik" gegen das kurdische Volk fortsetze. Bereits in einer im Juni 2005 von der "Özgür Politika" auszugsweise veröffentlichten Erklärung hatte die TAK deutlich gemacht, dass sie in zahlreichen Städten der Türkei Anschläge verüben würden, sollte das türkische Militär seine Angriffe auf das kurdische Volk fortsetzen. Die Drohungen richteten sich gegen Ziele im wirtschaftlichen und touristischen Bereich. Explizit sind ausländische Touristen vor Reisen in die Türkei gewarnt worden. Die TAK erklärte, dass ihre Angehörigen auch zu Aktionen bereit wären, bei denen man "sich selbst opfere". Organisatorische oder personelle Verbindungen zwischen KONGRA GEL und TAK sind von beiden Seiten bestritten worden. Der KONGRA GEL distanzierte sich von den "Freiheitsfalken Kurdistans" und wies in einer im Juli 2005 von der Özgür Politika veröffentlichten Erklärung darauf hin, dass die TAK keine unter der Kontrolle des KONGRA GEL stehende Gruppierung sei. Die TAK wiederum erklärte, dass sie völlig unabhängig von anderen kurdischen Organisationen agierte. 29 Verfahren bezüglich der E. Xani Presseund Verlags-GmbH Mit Wirkung vom 5. September 2005 erließ der Bundesinnenminister eine Verbotsverfügung gegen die Verlegerin der KONGRA GEL nahen Tageszeitung "Özgür Politika", die E. Xani Presseund Verlags - GmbH in Neu-Isenburg. Dem Verbot folgten umfangreiche Durchsuchungen von Geschäftsräumen und Privatwohnungen sowie die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen, Propagandamaterialien und mehrstelligen Geldbeträgen. KONGRA GEL - Anhänger reagierten mit Empörung auf das Verbot und brachten diese im Rahmen von Demonstrationen in Deutschland und ganz Europa zum Ausdruck. Der E. XaniVerlag erhob am 22. September 2005 Klage gegen die Verfügung und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2005 ordnete das Bundesverwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung an und gab damit der Klage statt. 30 III. Rechtsextremismus III.1 Lageüberblick Der Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern wurde auch im Jahr 2005 durch die neonazistische Kameradschaftsszene geprägt, die sich weiterhin aktionsund kampagnenfähig zeigte. Im Vordergrund stand im Berichtszeitraum die Unterstützung der "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) im Bundestagswahlkampf. Nach dem für die NPD erfolgreichen Verlauf der Wahl unterstrich die Neonaziszene einmal mehr ihren politischen Anspruch durch die Initiierung einer Beitrittswelle in den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, die im Ergebnis zu einer Instrumentalisierung der Partei durch die Neonazis geführt hat. Sie soll als Vehikel für die eigenen politischen Ambitionen dienen. Unter dem Motto "Wir feiern nicht" bildete der 60. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung vom Nationalsozialismus einen weiteren Themenschwerpunkt für die Szene. Die subkulturellen rechtsextremistischen Gruppierungen (Skinheads) haben offenbar an Einfluss verloren. Ihr Anhängerpotential ist rückläufig. III.2 Personenpotential Insgesamt stagniert das rechtsextremistische Spektrum im Lande bei ca. 1.200 Personen (2004: ca.1.200). Personenpotential 2004 / 2005 M-V M-V Bund Bund 2004 2005 2004 2005 Rechtsextr. Skinheads und sonstige 700 600 10.000 10.400 gewaltbereite Rechtsextremisten Neonationalsozialisten 320 320 3.800 4.100 Nationaldemokratische 100 200 5.300 6.000 Partei Deutschlands (NPD) Deutsche Volksunion (DVU) 50 50 11.000 9.000 31 III.3 Straftatenaufkommen Im Jahre 2005 registrierte das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern (LKA M-V) im Bereich der politisch motivierten Kriminalität im Phänomenbereich "rechts"' 322 Straftaten (Vorjahr: 264). Davon wurden insgesamt 295 (246) als rechtsextremistisch klassifiziert. Den Schwerpunkt der Straftaten bildeten 193 (186) Propagandadelikte 1 . Hinzu kommen 28 (21) Gewalttaten, die sich gegen Personen nichtdeutscher Herkunft sowie schwerpunktmäßig gegen den politischen Gegner richteten. Des Weiteren wurden 33 (17) antisemitische Straftaten (darunter eine Gewalttat) erfasst, bei denen eine rechtsextremistische Tatmotivation anzunehmen ist. Mit gleicher Motivation wurden 49 (22) fremdenfeindliche Delikte begangen. III.4 Rechtsextremistische Skinheads und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten/Neonazis/"Kameradschaften" Die subkulturelle rechtsextremistische Skinheadszene, der in MecklenburgVorpommern 2005 ca. 600 Personen zugerechnet wurden, prägte lange Zeit das Erscheinungsbild des Rechtsextremismus im Lande. Hier ist ein Wandel eingetreten. Die Gründe hierfür dürften in einem häufiger zu beobachtenden Rückzug in den privaten / unpolitischen Raum sowie in einer wachsenden Dominanz der ideologisch gefestigten Neonaziszene liegen. Entsprechend ist das Gesamtpotential rückläufig. Regionale Schwerpunkte gibt es in folgenden Bereichen: Großraum Rostock Großraum Stralsund Landkreis Ludwigslust Landkreis Ostvorpommern Landkreis Ücker - Randow und Raum Mecklenburg - Strelitz/ Neubrandenburg Allerdings ist auch zu beobachten, dass sich Angehörige dieser Szene zunehmend unauffällig kleiden. Das szenetypische martialische Outfit vergangener Jahre wird immer öfter abgelegt. Aktionsorientierte rechtsextremistische Skinheads lassen sich 1 Bei der Mehrzahl der Propagandadelikte handelte es sich um das Rufen von rechtsextremistischen Parolen und einschlägige Farbschmierereien. 32 jedoch auch weiterhin für Demonstrationen und sonstige Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene mobilisieren. Auch nehmen sie regelmäßig an szenetypischen Musikveranstaltungen teil (s.u.). Im Bereich des Neonazismus - diesem Spektrum gehören ca. 320 Personen an - spielen die "Kameradschaften" nach wie vor eine zentrale Rolle, insbesondere bei der personellen und logistischen Unterstützung der NPD im vergangenen Bundestagswahlkampf. In diesen Gruppierungen gibt es meist einen Kern von 10 - 20 Mitgliedern, dem sich anlassbezogen ein unterschiedlich großes Umfeld anschließt. Derzeit lassen sich die folgenden acht aktiven Kameradschaften benennen: f Freier Kameradschaftsbund Bad Doberan (FKBD) f Aktionsgruppe Rostock (AGR) / "BI-Hanse M/V" f Kameradschaft Stralsund / "Freundeskreis avanti" f Soziales und Nationales Bündnis Pommern (SNBP) (bis Januar 2005 Pommersche Aktionsfront) f Kameradschaftsbund Anklam (KBA), Untergliederung des SNBP f National-Germanische Bruderschaft (NGB), Landkreis Uecker-Randow (als Untergliederung des SNBP) f Mecklenburger Aktionsfront (MAF), Landkreis Mecklenburg-Strelitz f Aryan Warriors, Ueckermünde Wie eingangs bereits angedeutet, bestimmt die Neonaziszene weitgehend die Strategie des Rechtsextremismus im Lande. Hierbei sind drei Aspekte besonders bemerkenswert: f die Kampagnenfähigkeit f die Propagandatätigkeit sowie f die Vorfeldund Tarnaktivitäten. 33 Sie lassen insgesamt eine längerfristige Planung mit dem Ziel erkennen, den politischen und kulturellen Einfluss kontinuierlich auszudehnen. Für diese These spricht auch die sich ausweitende Zusammenarbeit zwischen der Neonaziszene und der NPD, die jedoch nicht spannungsfrei verläuft (vgl. Abschnitt NPD). Abgestellt auf die verschiedenen thematischen Aufhänger sind die Protagonisten der Szene darum bemüht, ihre Ideen so in die Öffentlichkeit zu transportieren, dass der neonazistische Hintergrund und ihre dem "Dritten Reich" entnommenen Vorstellungen durch fiktive Gruppenbezeichnungen kaschiert werden. Seit 2003 wenden Neonazis im Lande diese Tarnstrategie an. So finden sich in Wolgast und Ueckermünde weiterhin die bekannten "Bürgerinitiativen" mit dem Namen "Schöner und sicherer wohnen". Initiatoren sind führende Neonazis der Regionen. Kameradschaftsszene im Osten des Landes Die Kameradschaftsszene im Osten des Landes hat erneut deutlich gemacht, dass sie - wie bereits im Jahr 2004 - in der Lage ist, Kampagnen zu entwickeln und ihnen Kontinuität zu verleihen. Stand im vorherigen Jahr noch die vom ,,Nationales und soziales Aktionsbündnis Mitteldeutschland" (NSAM) initiierte Kampagne "Keine Agenda 2010" mit Protesten gegen die Arbeitsmarktreformen im Vordergrund, so fanden im Jahre 2005 zahlreiche und weitgehend inhaltlich wie auch personell identische Demonstrationen für die Abschaffung des jetzigen und den Aufbau eines "Sozialen und Nationalen Systems" statt. Sie dienten auch der Unterstützung der NPD im Bundestagswahlkampf. Thematisiert wurde zudem der 60. Jahrestag des Kriegsendes. Hierzu fand eine Reihe von "Gedenkveranstaltungen" bzw. propagandistischen Aktivitäten statt. Bundesweite Beachtung fand in diesem Zusammenhang eine für den 16. April 2005 in Ahlbeck angemeldete Demonstration unter dem Motto "Wir feiern nicht! Wir klagen an!". Als Initiatoren der Veranstaltung in Ahlbeck traten das "Soziale und Nationale Bündnis Pommern" (SNBP) und der Verein "Der Inselbote - Initiative für Volksaufklärung" auf. Das SNBP ist Nachfolger des Anfang 2005 aufgelösten Kameradschaftsbündnisses "Pommersche Aktionsfront" (PAF), welches in der Vergangenheit zahlreiche rechtsextremistische Aktionen in der Region Vorpommern koordiniert hatte. 34 Grund für die Umbenennung bzw. Neugründung dürfte der Wunsch der Führungskader nach einem weniger martialisch klingenden Organisationsnamen gewesen sein. Auch könnten Überlegungen, mit der Umbenennung mögliche staatliche Verbotsüberlegungen zu unterlaufen, eine Rolle gespielt haben. Auf einem im Vorfeld der Veranstaltung verteilten Flugblatt ist neben dem SNBP auch die "Initiative für Volksaufklärung e.V." als Initiator aufgeführt. Diese "Initiative" dürfte mit dem am 28. September 2004 beim Amtsgericht Wolgast eingetragenen Verein "Insel Bote - Unabhängiges Mitteilungsblatt für Volksaufklärung" mit Sitz im Seebad Bansin identisch sein. Als Vereinsvorsitzender fungiert ein bekannter Neonazi von der Insel Usedom. Die Gründung eines Vereins ist im neonazistischen Spektrum außergewöhnlich, wenn auch das Ziel "Volksaufklärung", insbesondere bei den organisierten Neonazis in Mecklenburg-Vorpommern, schon seit geraumer Zeit eine zentrale Rolle spielt. Bisher haben die "Freien Nationalisten" streng darauf geachtet, keine Organisationsstrukturen zu schaffen, die dem Staat eine mögliche Handhabe für Verbotsverfahren bieten. Die gleichnamige Publikation "Der Insel Bote" wird seit dem Jahr 2001 etwa vierteljährlich herausgegeben. Nach Eigenangaben beträgt die Auflage 30.000 Exemplare. Zusätzlich finden sich die einzelnen Ausgaben im Internet. Der Inhalt bezieht sich u.a. auf den Umbau des Sozialstaates oder die Einwanderungspolitik. Die Redakteure vermeiden es zwar, offen neonazistische Standpunkte zu vertreten. Ein provokantes Schüren von Fremdenfeindlichkeit ist jedoch unschwer zu erkennen. Seit dem Sommer 2005 erscheinen Regionalausgaben in Stralsund, Anklam, Greifswald und im Uecker - Randow Kreis, wobei die einzelnen Ausgaben - abgesehen vom jeweiligen Banner und einzelnen regionalen Bezügen - weitgehend inhaltsgleich sind. Daneben wird über den "Nationalen Medienverbund" (NMV) mit Sitz in Wolgast versucht, die Propagandaaktivitäten der Neonaziszene in Ostdeutschland stärker zu vernetzen. Diesem Zweck dient auch die Herausgabe der "Mitteldeutschen Jugendzeitung", die auch über das Internet bezogen werden kann. 35 Insgesamt gibt es neben dem zuvor genannten noch zwei weitere Vereine im neonazistischen Spektrum: den bereits bekannten "Heimatbund Pommern" (vgl. Jahresbericht 2004) und den "Kulturkreis Mecklenburg - Strelitz". Insbesondere der "Heimatbund Pommern" kann als eine Art Vorfeldorganisation des SNBP verstanden werden, da ein späteres Überwechseln aus Kreisen der jüngeren Vereinsmitglieder in eine örtliche Kameradschaft gefördert werden soll. Dafür spricht auch, dass die Homepage des "Heimatbundes", die 2005 zeitweise abgeschaltet gewesen war, unter "http.snbp.info" firmiert. Somit wird der Bezug auf das "Soziale und Nationale Bündnis Pommern" beim Aufrufen der entsprechenden Seiten für den Nutzer deutlich. Die ins Internet eingestellten Bilder der vom "Heimatbund" organisierten Veranstaltungen belegen ebenfalls, dass es sich bei den Teilnehmern weitgehend um Jugendliche bzw. Jungerwachsene handelt, die weiterhin über deutschtümelnde Kulturarbeit an das rechtsextremistische Gedankengut herangeführt werden sollen. Diesem Zweck dient auch das Propagandaorgan des Heimatbundes "Stimme der Heimat", das auch 2005 regelmäßig erschienen ist und nach wie vor über das Internet bezogen werden kann. Der "Heimatbund" tritt neben seinem kulturellen Engagement auch politisch in Erscheinung. So veranstaltete er am 09. April 2005 in Pasewalk unter dem Motto "Der Jugend eine Perspektive geben" eine Demonstration, an der etwa 260 Personen teilnahmen. Eine ähnliche Funktion dürfte auch dem "Kulturkreis Mecklenburg - Strelitz" im Hinblick auf die Kameradschaft "Mecklenburgische Aktionsfront" (MAF) zukommen, wobei zu öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten dieses Vereins keine Erkenntnisse vorliegen. Im Berichtszeitraum hat die organisierte Neonaziszene durch kontinuierliche Demonstrationsaktivitäten versucht, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So fanden am 14. Mai und 9. Juli 2005 in Schwerin, am 30. Juli 2005 in Stralsund und am 11. August 2005 in Anklam Demonstrationen statt, deren Organisation sowohl die NPD als auch das "Soziale und Nationale Bündnis Pommern" (SNBP) übernommen hatten. Das Demonstrationsthema war überwiegend gleichlautend "Schluß mit dem Volksbetrug der Etablierten! Linke lügen! Jetzt NPD ... aus der Mitte des Volkes", so auch zuletzt am 02. September 2005 mit 120 Teilnehmern in Ückermünde. 36 Bei einer Demonstrationen der "Freien Nationalisten" in Neubrandenburg am 01. Mai 2005 mit etwa 450 Teilnehmern wurde mit der Wahl des Mottos: "1. Mai - Tag der nationalen Arbeit. Arbeit schaffen durch Systemwechsel - Arbeit durch nationalen Sozialismus" nicht nur die Ablehnung des demokratischen Systems propagiert, sondern gleichzeitig der Nationalsozialismus als politische Alternative präsentiert, ohne dass unmittelbar auf das 3. Reich Bezug genommen wurde. Die neonazistische Szene im Lande ist jedoch keineswegs homogen. So kommt es immer wieder zu Spannungen oder Zerwürfnissen, die auch ideologisch begründet sein können. Ein Beleg hierfür ist die Einstellung des Magazins "Der Fahnenträger - Rundbrief für nationale Sozialisten". Der auf Usedom wohnende Herausgeber propagierte zuletzt einen nationalrevolutionären Kurs, dem die überwiegende Mehrzahl der hiesigen Neonazis jedoch offensichtlich die Gefolgschaft verweigerte. Für sie ist offenbar der Nationalsozialismus HITLERscher Prägung ideologische Leitlinie. Nationalrevolutionär gibt sich auch der "Kampfbund Deutscher Sozialisten"(KDS), dessen Bundesgeschäftsstelle in Heringsdorf auf Usedom firmiert und der über einen Ableger im Raum Neuhaus an der Elbe verfügt. Er versucht einen ideologischen Spagat zwischen sozialistischem und nationalistischem Gedankengut. Der KDS strebt einen revolutionären Prozess an, an dessen Ende ein antikapitalistisches und zugleich auf die eigene Nation fixiertes politisches System stehen soll. Szeneintern werden die Anhänger dieser Richtung aufgrund ihrer deutlichen Anlehnung an marxistische Theorien eher skeptisch gesehen, so dass deren Einfluss begrenzt ist. Kameradschaften im Westen des Landes Die Kameradschaftsstrukturen im Westen des Landes waren 2005 im Vergleich mit den Gruppierungen im Osten deutlich rückläufig. So traten die Kameradschaften Ludwigslust und Schwerin nicht mehr in Erscheinung. Sie dürften sich aufgelöst haben. Im Raum Ludwigslust ist ohnehin eine große Dominanz der NPD festzustellen. Die größeren Szeneveranstaltungen im Berichtszeitraum wurden erstmalig von den Gruppierungen aus dem Osten des Landes organisiert. 37 Die übrigen neonazistischen Kameradschaften wie der "Freie Kameradschaftsbund Bad Doberan" (FKB), die "Aktionsgruppe Rostock" (AGR) und die Kameradschaft Stralsund scheinen sich von ihren Szeneprotagonisten aus den alten Bundesländern zu emanzipieren und wenden sich in jüngster Zeit vorwiegend der NPD zu. Der Einfluss des Hamburger Neonazis Christian WORCH auf das Rostocker und Stralsunder Umfeld dürfte sich, insbesondere wegen seiner ideologischen Distanz zur NPD, verringert haben. Die über Jahre von WORCH und Lars JACOBS in Rostock organisierten Kundgebungen fanden 2005 nicht statt. In Bützow kam es am 26. Februar 2005 zu einer Demonstration mit ca. 160 Teilnehmern, auf der u.a. WORCH als Redner auftrat. Auch bei dieser Szeneveranstaltung war die Präsenz regionaler Kameradschaften aus dem "Osten" wie der "Mecklenburgischen Aktionsfront" (MAF), dem neonazistischen Bündnis "Soziales und Nationales Bündnis Pommern" (SNBP) sowie der NPDKreisverbände Rostock und Umgebung sehr deutlich. Die örtliche Szene in Bützow schien bis auf den aus Rühn bei Bützow kommenden Anmelder kaum eingebunden gewesen zu sein. Ebenfalls auf dieser Demonstration trat eine Gruppierung von Rostocker Neonazis auf, die in Bützow als "Autonome Nationalisten Rostock" (ANR) mit einem entsprechenden Transparent und typischem AutonomenOutfit firmierten. Die Personen waren hier bislang als "Hatecrew 88" bekannt und traten 2003 auf den von WORCH organisierten Demonstrationen erstmalig in Erscheinung. Bei der Führungsperson der "Hatecrew 88" bzw. der "Autonomen Nationalisten Rostock" handelt es sich um einen 2002 von NordrheinWestfalen nach Rostock zugezogenen Neonazi, der sich gleich nach seinem Zuzug in der Rostocker Szene etablierte und Szenepersonen um sich gruppierte. Auf ihrer gleichnamigen Internetseite www.hatecrew88.com. berichteten sie über ihre Beteiligung an der Demonstration als "Autonome Nationalisten". Nach der Gründung einer "BürgerInteressengemeinschaft Hanse MecklenburgVorpommern" (BI Hanse M-V) Ende 2004 , die sich in Rostock großenteils aus Anhängern der kaum noch öffentlich auftretenden "Aktionsgruppe Rostock" (AGR) zusammensetzt, kam es u.a. im Großraum Rostock zu mehreren Verteilaktionen von einschlägigen Flugblättern, die zeitweilig als "Nieges von de Fischköpp" firmierten. Neben der BI Hanse M-V zeichnet der NPD-Kreisverband Rostock für die Publikation verantwortlich. 38 Inhalt und Diktion lassen auf den ersten Blick keinen rechtsextremistischen Hintergrund erkennen. Erst nach intensiverer Betrachtung wird dem Leser die politische Tendenz deutlich. Im Zusammenhang mit den Studentenprotesten gegen die Sparpläne der Universitäten in Greifswald und Rostock kam es im März 2005 in Rostock zu einer Flugblattaktion der BI Hanse M-V, die von der NPD und der "Mecklenburgischen Aktionsfront" (MAF) unterstützt wurde. Die Flugblätter enthielten einen Unterstützungscoupon, in dem der Leser aufgerufen wurde, ihn ausgefüllt der BI zuzusenden. Der Versuch der Initiatoren, die Studentenproteste neonazistisch zu beeinflussen und für eine Mitgliederrekrutierung zu nutzen, scheint von keinerlei Erfolgen gekrönt gewesen zu sein. Zum Zeitpunkt der Studentenproteste studierte der Anführer der MAF an der Universität Rostock. Im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag des Kriegsendes am 08. Mai 2005 provozierten Anhänger der neonazistischen Szene in Bad Doberan und Stralsund öffentliche Gedenkveranstaltungen. Wie oben bereits erwähnt, veranstalteten führende Rechtsextremisten des NPDLandesverbandes, der MAF sowie des SNBP am 14. Mai 2005 (80 Teilnehmer) und am 09. Juli 2005 (170 Teilnehmer) in Schwerin zwei Demonstrationen, u.a. auch, um in der "Landeshauptstadt wieder rechtsextremistische Strukturen zu entwickeln". Beide Demonstrationen sind für die Veranstalter trotz "prominenter" Redner hinsichtlich Frequentierung und Reaktion der örtlichen Szene, ähnlich wie in Bützow enttäuschend verlaufen. Auch diese Aktionen belegen einen Zerfall der neonazistischen Strukturen im Westteil des Landes. Der in jüngster Zeit mehrheitlich der NPD beigetretenen Kameradschaft Stralsund bzw. dem überwiegend identischen "Freundeskreis avanti" um einen bekannten Neonazi der Hansestadt, von dem auch die neonazistische Schülerzeitung "avanti" herausgegeben wird, werden ungefähr 10 Personen zugerechnet, darunter auch der mutmaßliche Betreiber des rechtsextremistischen "Störtebekernetzes". Die Zeitschrift "avanti" wird in Zusammenarbeit mit der NPD vorwiegend im Umfeld von Schulen verteilt und war schon Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung (Verunglimpfung des Andenkens der Anne Frank). Derartige Propagandaaktionen fanden in Stralsund, Abtshagen, Franzburg, Reinkenhagen und Grimmen statt. 39 Gelegentlich konnten einzelne Neonazis lokale subkulturelle, rechtsextremistische Skinheadgruppierungen ideologisch ansprechen und rekrutieren. In Grimmen gelang es dem Anführer der Stralsunder Kameradschaft und dem NPD-Kreisvorsitzenden der Hansestadt, eine bis dato unbedeutende örtliche Skinheadgruppierung innerhalb eines Jahres ideologisch zu festigen und zu strukturieren. Das Potenzial konnte von anfangs 20 (2004) auf 50-60 Personen ausgedehnt werden. Seit März 2004 fielen die örtlichen rechtsextremistischen Jugendlichen mit mehreren Übergriffen gegen Aussiedler, "Linke" und die Polizei auf. Inzwischen kam es dort zu mehreren InfoStänden und öffentlichen Versammlungen der rechtsextremistischen Szene. Unter dem Motto "Hartz IV, Deutschland und die Welt" fanden in Grimmen am 19. März 2005, am 13. Juli 2005 und einen Tag vor der Bundestagswahl, am 17. September 2005, rechtsextremistische Demonstrationen mit 10 bis 85 Teilnehmern statt. Das Störtebeker-Netz berichtete in diesem Zusammenhang über die Gründung einer "Interessengemeinschaft Nordvorpommern". In einer Ausgabe der "avanti" wird ein Neonazi aus Grimmen zitiert, der deutlich machte, dass "...seit dem (ersten) Demonstrationsmarsch klar sein dürfte, dass es sich hierbei nicht um eine Eintagsfliege handelt. Wir sind dabei, Konzepte zu entwickeln, wie man in Grimmen politisch am besten arbeiten kann." Ausfluss dieser Überlegungen ist offensichtlich auch ein aggressives Vorgehen gegen die dortigen Aktivitäten für Demokratie und Toleranz. So versuchten Rechtsextremisten am 22. Dezember 2005 ehrenamtliche Mitarbeiter eines CIVITAS-Projektes 1 zu provozieren. III.5 Beteiligung an überregionalen Veranstaltungen/Demonstrationen Rechtsextremisten aus Mecklenburg-Vorpommern beteiligten sich 2005 wiederum regelmäßig an verschiedenen überregionalen Demonstrationen: Am 15. Januar 2005 führten rund 1.000 Rechtsextremisten aus Anlass des 60. Jahrestages der Bombardierung Magdeburgs durch die alliierten Streitkräfte (16. Januar) in der dortigen Innenstadt eine als "Trauermarsch" bezeichnete Demonstration durch. Als Redner trat u.a. der bekannte Neonazi und NPD-Aktivist Thomas WULFF (Amholz/Landkreis Ludwigslust) auf. 1 CIVITAS ist Teil des Aktionsprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie" und speziell auf die neuen Bundesländer ausgerichtet. 40 In Kiel demonstrierten am 29. Januar 2005 ungefähr 300 Personen der rechtsextremistischen Szene "Gegen Multikulti & Hartz IV", Versammlungsleiter war der bereits genannte Thomas WULFF. Die "Junge Landsmannschaft Ostpreußen" (JLO) organisierte am 11. Februar 2005 in Dresden anlässlich des 60. Jahrestages der Bombardierung der Stadt eine Großkundgebung, an der ca. 5.000 Personen teilnahmen. In Leipzig fand am 1. Mai 2005 erneut eine Kundgebung statt, die vom Hamburger Neonazi Christian WORCH veranstaltet worden war, an der insgesamt ca. 800 Personen, darunter Angehörige des "Schwarzen Blockes" und der "Autonomen Nationalisten", teilnahmen. Neonazis und NPD-Mitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern beteiligten sich auch an der von den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) am 08. Mai 2005 in Berlin unter dem Motto "60 Jahre Befreiungslüge - Schluß mit dem Schuldkult" durchgeführten Demonstration zum Jahrestag des Kriegsendes, die weit über 3.000 Rechtsextremisten mobilisiert hatte. Im Stockholmer Stadtteil Salem demonstrierten am 10. Dezember 2005 aus Anlass des gewaltsamen Todes des jugendlichen Rechtsextremisten Daniel WRETSTRÖM vor fünf Jahren ungefähr 1.400 Neonazis, die neben den schwedischen Teilnehmern u.a. aus Deutschland, Estland, Norwegen und Dänemark kamen. Einer Meldung des "Störtebeker-Netzes" vom 14. Dezember 2005 zufolge hielt der Greifswalder Neonazi Lutz GIESEN eine Rede. An dem Aufmarsch sollen Trommler aus Pommern beteiligt gewesen sein. Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene im Zusammenhang des 18. Todestages von Rudolf HEß am 17. August 2005 Wie in den Jahren zuvor, meldete der Hamburger Rechtsanwalt und Neonazi Jürgen RIEGER für den 20. August 2005 unter dem Tenor "Gedenken an Rudolf HEß", beim Landratsamt Wunsiedel eine Veranstaltung an, die nach der Novellierung des Versammlungsrechts und des Tatbestandes der Volksverhetzung am 29. Juni 2005 von der Versammlungsbehörde verboten wurde. 41 Nachdem das Veranstaltungsverbot von den bayerischen Gerichten in allen Instanzen bestätigt wurde, lehnte auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17. August 2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Herstellung des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das Verbot ab. Das Bundesverfassungsgericht begründete die Ablehnung damit, dass in einem Eilverfahren nicht ausreichend Zeit bliebe, um alle relevanten Streitpunkte zu klären. In einem Hauptsacheverfahren wird das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob das öffentliche Gedenken an Rudolf HEß künftig als Verbotsgrund ausreicht. Infolge des Verbotes wurden bundesweit Ersatzveranstaltungen durchgeführt, die allerdings mit insgesamt ca. 2.000 Teilnehmern hinter den Veranstaltungen der Vorjahre zurückblieben (2002: 2.500, 2003: 2.600, 2004: 3.800 - szeneintern 5.000 bis 7.000). Berichten verschiedener rechtsextremistischer Internetseiten zufolge kam es am 20. August 2005 zu - teilweise - spontanen Kundgebungen mit unterschiedlichen Beteiligungen u.a. in Berlin (500-700), Peine (500), Weißenfels (400), Nürnberg (400) und Ingolstadt (120). Im dänischen Kolding demonstrierten ca. 100 Neonazis aus Schweden, Dänemark und Deutschland, darunter der Hamburger Neonazi Christian WORCH, der die Kundgebung kurzfristig initiiert haben soll. An einer Kundgebung vor der deutschen Botschaft in Stockholm beteiligten sich ca. 25 schwedische Neonazis. Nach dem Verbot der zentralen Kundgebung in Wunsiedel gingen auch die Mobilisierungen in Mecklenburg-Vorpommern zurück. Angemietete Reisebusse wurden storniert. Insgesamt dürften von den anfänglich erwarteten 350 Teilnehmern höchstens 150 zu verschiedenen Kundgebungen gefahren sein, u.a. nach Berlin, wo der bereits erwähnte Greifswalder Neonazi Lutz GIESEN als Redner auftrat. In Mecklenburg-Vorpommern konnten keine regionalen Ersatzveranstaltungen festgestellt werden. 42 Nach Polizeiangaben kam es lediglich zu vereinzelten themenbezogenen Plakatierungen in Altentreptow, Waren/ Müritz, Neu Panstorf bei Malchin, Marlow, Burg Stargard und im Raum Boizenburg. Aktivitäten anlässlich des Volkstrauertages im November 2005 Nach dem Verbot der HEß-Großkundgebung in Wunsiedel rückte die rechtsextremistische Szene die "Heldengedenkkundgebung" in Halbe am 12. November 2005 in das Zentrum ihrer Mobilisierungsbemühungen. Der Aufzug von 1.600 Rechtsextremisten konnte jedoch wegen des passiven Widerstandes einer Gegenaktion "linker" und bürgerlicher Gruppierungen auf der vorgesehen Wegstrecke nicht durchgeführt werden. An der Großveranstaltung in Halbe dürften aus Mecklenburg-Vorpommern ungefähr 150 Personen teilgenommen haben. Verschiedenen Internet-Meldungen zufolge beteiligten sich die Rostocker Teilnehmer auf der Rückfahrt an einer spontanen Ersatzaktion in GroßKreutz/ Brandenburg. In MecklenburgVorpommern kam es am eigentlichen Volkstrauertag (13. November 2005) zu mehreren Aktionen. Die größte Veranstaltung mit ca. 160 Rechtsextremisten fand wiederum auf dem Golm bei Kamminke/ Insel Usedom statt. Dort legte die "Initiative für Volksaufklärung e.V." (s.o.) einen Kranz ab, der u.a. dem "stillen Gedenken an unsere gefallenen Helden" der "Divisionen der ehemaligen Waffen - SS" gewidmet war. In Grimmen störten zehn Neonazis eine offizielle Gedenkveranstaltung der Stadt mit provokanten Zwischenrufen und einer mitgeführten kaiserlichen Reichkriegsflagge. Ein Stralsunder Neonazi versuchte dabei, eine Kranzschleife eines Gebindes der Linkspartei.PDS anzustecken. Eine Ansammlung von 40 Szenepersonen auf dem Denkmalsberg in Burg Stargard wurde von der Polizei aufgelöst. Laut einer Internetmeldung der NPD soll in Kummer/Landkreis Ludwigslust - MecklenburgVorpommern am Volkstrauertag eine Gedenkveranstaltung mit 30 Personen der rechtsextremistischen Szene stattgefunden haben. 43 Sonstige Aktivitäten der Neonaziszene Neben den o.a. Aktivitäten wurden auch die traditionellen Osterfeuer, Sommerund Wintersonnenwendfeiern durchgeführt. So u.a. am Gutshaus Amholz/Landkreis Ludwigslust. Der dort wohnende Neonazi Thomas WULFF hat sich nach seinem Parteibeitritt von der NPD in höhere Funktionen einbinden lassen (s.u.) und gilt bundesweit weiterhin als wichtige Integrationsperson zwischen freien und parteigebundenen Kräften. Das Objekt selbst wird weiterhin lediglich als Wohnhaus genutzt. Auch im Zusammenhang mit dem Geburtstag Adolf HITLERs am 20. April gab es - wie in den Vorjahren - mehrere Vorfälle: In Grimmen kam es zu einer Feier in der rechtsextremistischen Szene. Auf einem Wasserwanderrastplatz in Demmin wurde auf einem öffentlichen Grillplatz eine Ansammlung von Jugendlichen festgestellt, unter denen sich 12 Personen der rechtsextremistischen Szene befunden haben sollen, von denen einige rechtsextremistische Parolen skandierten. Der "Freundeskreis avanti" führte mit acht Neonazis in Stralsund vor der GerhartHauptmann-Schule einen Info-Stand durch, der das Motto trug "Nationalismus an die Schulen tragen". Exemplare der rechtsextremistischen Schülerzeitung "avanti" wurden verteilt. In Wismar griffen Personen der rechtsextremistischen Szene zwei Ausländer afghanischer und irakischer Herkunft mit einer zerbrochenen Bierflasche und einem Messer an. Am gleichen Tag stellte die Polizei in Schwerin sieben Personen der rechtsextremistischen Szene fest, die Szenemusik hörten. Eine Person zeigte dabei den Hitlergruß. III.6 Rechtsextremistische Musikveranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern Im Jahr 2005 ist die Zahl der rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern gegenüber dem Vorjahr gesunken. Es konnten insgesamt 21 rechtsextremistische Musikveranstaltungen, davon 15 Skinkonzerte, drei Partys und drei Liederabende festgestellt werden. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres 44 waren es 27 rechtsextremistische Musikveranstaltungen, davon 20 Skinkonzerte, sechs Partys und ein Liederabend. Die Veranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern 2005 verteilten sich erneut über das ganze Land. Eine gewisse Schwerpunktbildung konnte in den Landkreisen Güstrow und Ostvorpommern sowie Mecklenburg - Strelitz festgestellt werden. Dies hängt offenbar mit den vorhandenen Raumnutzungsmöglichkeiten zusammen, die insbesondere in Tarnow (Landkreis Güstrow), im "nationalen Wohnprojekt Salchow" bei Anklam und in Lassan (Landkreis Ostvorpommern) gegeben sind. Die Vorbereitungen für derartige Musikveranstaltungen laufen in aller Regel äußerst konspirativ, so dass sich nur wenige Gelegenheiten zu einem vorbeugenden Einschreiten ergaben. Ein polizeiliches Vorgehen wurde vielfach erschwert durch eine völlige Abschirmung der Konzerte, die zudem zum Teil auf privatem Gelände stattfanden und als private "Feiern" deklariert wurden. Verteilung der rechtsextremistischen Musikveranstaltungen 2005 auf die Landkreise bzw. kreisfreien Städte: f Landkreis Güstrow 6 f Landkreis Ostvorpommern 5 f Landkreis Nordvorpommern 3 f Landkreis Ücker-Randow 3 f Landkreis Mecklenburg Strelitz 3 f Rostock 1 45 Skinbands aus Mecklenburg-Vorpommern Bundesweit agieren zwischen 90 und 100 rechtsextremistische Skinbands. In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Zahl bei etwa 10, wobei hier immer wieder Umbenennungen oder Auflösungen zu beobachten sind. Am bekanntesten sind die Bands "Skalinger" aus dem Raum Wolgast, die sich seit Ende 2005 in "Liebenfels Kapelle" umbenannt hat sowie die Skinband "Path of Resistance" aus dem Raum Rostock. "Projekt Schulhof" Der von Neonazis unternommene Versuch mit der massenhaften Verteilung der CD "Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund" bundesweit ihre Ideologie an Schülerinnen und Schüler heranzutragen, wurde im Berichtszeitraum fortgeführt. So wurden u.a. zwischen dem 06. und 11. August 2005 im Raum Stuttgart CDs an den Frontscheiben parkender Autos angebracht oder in Briefkästen geworfen. 46 Am 6. August 2005 hinderten Polizeibeamte zwei einschlägig bekannte Szeneaktivisten in Lohr (Bayern) daran, CDs an den Frontscheiben parkender Pkw zu befestigen. Im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle konnten bei einem Aktivisten des neonazistischen "Märkischen Heimatschutzes" (MHS) am 9. August 2005 in Strausberg (Brandenburg) 671 Exemplare der "Projekt Schulhof"-CD, einzelne Cover sowie ein Hinweisblatt mit Ratschlägen zu einer möglichst effizienten Verteilung beschlagnahmt werden. In der Nacht zum 12. August legten unbekannte Täter etwa 190 CDs an mehreren Schulen in Geesthacht und Schwarzenbek (SchleswigHolstein) aus. Weitere Sicherstellungen erfolgten in Bremen und im Saarland. Die Polizei stellt damit bislang insgesamt rund 3.000 CDs sicher. Hierzulande konnte noch keine Verteilaktion festgestellt werden. Mit dem Versuch der Verbreitung muss jedoch jederzeit gerechnet werden. Szeneläden/Versandhandel Szeneutensilien, Bücher, Kleidung und Tonträger bestellen Rechtsextremisten vornehmlich aus in der Szene kursierenden Versandkatalogen oder über das Internet. Eine wichtige Bezugsquelle sind zudem Szeneläden, die es u.a. in Anklam, Rostock, Waren und Wismar gibt. Rechtsextremistische Internet-Vertriebsdienste sind in Grevesmühlen (V7/TTV -Versand) 1 , Wismar (H8Store) 2 und in Waren (BIB - Versand) 3 ansässig. Im Zusammenhang mit der Verbreitung strafrechtlich relevanter Materialien sind in einigen Fällen entsprechende Ermittlungsverfahren anhängig. Die Vertriebsdienste wollen vielfach nicht nur ihre Geschäfte abwickeln, sondern sehen sich auch als Teil des rechtsextremistischen Propagandaapparates. Ein Beispiel hierfür ist ein Mitte Dezember 2005 im rechtsextremistischen "Hatecore Forum" unter dem Pseudonym "Harry Andersen" erschienener Beitrag. Dort wird eine neue CD des Labels "North X" (dem H8Store in Wismar zuzurechnen) mit dem Titel "XXX - Die Antwort auf's System" angepriesen: "Neu bei North X - Totgesagte leben eben doch länger!!! Hass braucht keinen Namen. Hass benötigt ein Ventil. Und dieses Ventil ist in diesem Falle zweifelsohne die Musik. 1 TTV = Tonträger-Vertrieb; V7 = Abkürzung für ein von den Nationalsozialisten (angeblich) entwickeltes Ganzflügelflugzeug, das Anlass zu zahlreichen UFO-Legenden gegeben hat (www.v7versand.com) 2 www.h8store.com 3 Bedeutung der Abkürzung nicht bekannt (www.bib-versand.de) 47 Die Stücke auf dieser brandneuen Scheibe sind genau das richtige Mittel, um den Weihnachtsmann rückwärts den Kamin hinauf zu jagen! ... Texte und Musik sind wie ein Schlag in die Fresse des Systems. Eine geballte Ladung Hass, um Euch und Euren lieben das Julfest zu versüßen ... Wer vorab mal ein Ohr riskieren möchte: 2 Hörproben auf unserer Seite. www.h8store.com" III.7 Rechtsextremistische Parteien III.7.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) - Gesamtentwicklung Da die NPD bei der Bundestagswahl im September 2005 für ihre Verhältnisse relativ gut abgeschnitten hat, konnte sie den bereits 2004 einsetzenden Aufwärtstrend stabilisieren; der Mitgliederzuwachs hat sich im Laufe des Jahres 2005 verstetigt. Auftritt und Programmatik der Partei belegen weiterhin eine aggressiv-kämpferische Feindschaft gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 1 Besonders auffällig ist nach wie vor die positive Reflexion des Nationalsozialismus. Zwar heißt es in einer "Handreichung für Kandidaten und Funktionsträger" 2 zum Thema Holocaust, Kriegsschuldfrage 1939 und Nationalsozialismus", dass auf entsprechende Fragen immer nur mit den Worten "Adolf Hitler ist tot und die NSDAP aufgelöst...Die Menschen haben andere Probleme, als sich ständig mit einer Zeit zu beschäftigen, die mehr als sechzig Jahre zurückliegt" geantwortet werden sollte. Gleichwohl finden sich sowohl im Devotionalienhandel als auch in den Parteipublikationen immer wieder Anklänge an den Nationalsozialismus. So können beim NPD eigenen Deutsche Stimme Verlag u.a. Poster mit den "Ritterkreuzträgern der Leibstandarte Adolf Hitler" oder Kalender mit Wehrmachtsmotiven bestellt werden. Unter der Rubrik "Soldatentum" wird in der Parteizeitung "Deutsche Stimme" im Zusammenhang mit Schilderungen aus dem 2. Weltkrieg von einem "Schicksalskampf für Volk und Reich" gesprochen. Einem Ritterkreuzträger der Waffen-SS und Hitlerjugendführer wird im gleichen Artikel sogar bescheinigt, dass er die alliierte Gefangenschaft "weltanschaulich 1 vgl.:Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2004, S. 57 2 NPDParteivorstand - Amt für Öffentlichkeitsarbeit (Hg.): Argumente für Kandidaten und Funktionsträger. Eine Handreichung für die öffentliche Auseinandersetzung. Berlin o.J., S. 27/28 48 ungebrochen" überstanden habe. 1 All dies zeigt, dass die Zeit des Nationalsozialismus in der NPD stets präsent ist und einen wichtigen Teil ihrer politischen Identität - insbesondere im innerparteilichen Milieu - ausmacht. Bezeichnend für die Haltung der NPD gegenüber der bundesdeutschen Demokratie ist auch das - allerdings noch nicht rechtskräftige - Urteil des Landgerichts Stralsund wegen Volksverhetzung gegen den Bundesvorsitzenden der NPD Udo VOIGT vom 25. August 2005. VOIGT hatte bei einer Wahlveranstaltung am 28. August 1998 in Greifswald dazu aufgefordert, die "Waffe in die Hand zu nehmen", um das Vaterland zu verteidigen". Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Insgesamt ist es der NPD jedoch auch im Berichtszeitraum nicht gelungen, auf der bundespolitischen Ebene Fuß zu fassen. Größere Aufmerksamkeit erregte lediglich die NPD-Landtagsfraktion in Sachsen, etwa mit ihrer Debatte um den "Bombenholocaust in Dresden" im Januar 2005 oder aktuell mit dem Austritt von drei Mitgliedern der dortigen Landtagsfraktion innerhalb von wenigen Tagen. Teilnahme an der Bundestagswahl Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 18. September 2005 konnte die NPD 1,8% (2002: 0,22%) der Erststimmen und 1,6% (2002: 0,45%) der Zweitstimmen erringen. Damit hat sie bundesweit ihr bestes Ergebnis nach 1969 erreicht. Insoweit ist die Bundestagswahl für die NPD trotz des Verfehlens der 5%-Hürde als Erfolg zu werten. Die NPD erzielte in Mecklenburg-Vorpommern 32.922 Erststimmen (3,3%, 2002: 1108/0,1%) und 34.711 Zweitstimmen (3,5%, 2002: 8019/0,8%). Damit kann die Partei ihr mit Abstand bestes Ergebnis seit 1990 verbuchen (Landtagswahl 1998: 1,1% der Wählerstimmen als bisher höchsten Wert). 1 NPD-Parteivorstand: Deutsche Stimme Nr. 5, Berlin 2005, S. 22 49 In den einzelnen Wahlkreisen ergaben sich folgende Ergebnisse (Werte für 2002 in Klammern): Wahlkreis 12 (Wismar, Nordwestmecklenburg, Parchim) Erststimmen 5091 = 3,3 % Zweitstimmen 4829 (791) = 3,1% (0,5%) Wahlkreis 13 (Schwerin, Ludwigslust) Erststimmen 4484 (1108) = 3,4% (0,8%) Zweitstimmen 4404 (1047) = 3,3% (0,8%) Wahlkreis 14 (Rostock) Zweitstimmen 2768 (616) = 2.0% (0,5%) Wahlkreis 15 (Stralsund, Nordvorpommern, Rügen) Erststimmen 4785 (1692) = 3,5 % (1,2%) Zweitstimmen 5035 (1143) = 3,6% (0,9%) Wahlkreis 16 (Greifswald, Demmin, Ostvorpommern) Erststimmen 6865 =4,8% Zweitstimmen 6447 (1740) = 4,5% (1,2%) Wahlkreis 17 (Bad Doberan, Güstrow, Müritz) Erststimmen 5261 = 3,5 % Zweitstimmen 5072 (1170) = 3,3% (0,7%) Wahlkreis 18 (Neubrandenburg, Mecklenburg-Strelitz, Ücker-Randow) Erststimmen 6436 = 4,8% Zweitstimmen 6156 (1512) = 4,6% (1,1%) Im Unterschied zur Bundestagswahl 2002, als die NPD lediglich im Wahlkreis 13 mit einem Direktkandidaten antrat, präsentierte sie dieses Mal etliche Direktkandidaten. Zur Bundestagswahl 2005 hatte die NPD sowohl eine Landesliste als auch fünf Direktkandidaten aufgestellt. Sie gehörten der Partei selbst oder der Neonaziszene an. 50 Diese Aufstellung belegte einmal mehr die enge Verflechtung der NPD mit den Neonazis. Besonders bemerkenswert war die - letztlich aufgrund eines Formfehlers gescheiterte - Direktkandidatur des bundesweit bekannten Hamburger Neonazis Jürgen RIEGER im Wahlkreis 14 (Rostock) sowie die Bestellung des bekannten Neonazis und NPD-Angehörigen Thomas WULFF zum Wahlkampfleiter in Mecklenburg-Vorpommern. Gleichzeitig wurde er als Listenkandidat aufgestellt. Auffällig ist, dass die NPD ihre Ergebnisse auch in den Kreisen, in denen sie bei der letzten Kommunalwahl erfolgreich war, teilweise noch gesteigert hat. Dies könnte daraufhin hindeuten, dass sich zwischenzeitlich eine Stammwählerschaft herausgebildet hat, die auch ideologisch mit der NPD übereinstimmt. Im Übrigen ist es sicher kein Zufall, dass in den genannten Bereichen - bis auf den Landkreis Demmin - seit Jahren verfestigte rechtsextremistische Strukturen agieren. Ihnen scheint eine Einflussnahme auf Teile der Bevölkerung gelungen zu sein. Ursachen für die Stimmengewinne sind zum einen äußere Faktoren, wie z.B. der von vielen Menschen als Bedrohung wahrgenommene Umbau des Sozialstaates oder verfestigte fremdenfeindliche Einstellungen. Zum anderen sind es szeneinterne Entwicklungen, wie der Nichtantritt anderer rechtsextremistischer Parteien im Lande oder die - wenn auch mühselig zusammengehaltene - "Koalition" mit der freien Kameradschaftsszene. Die Partei selbst sieht gegenwärtig die besten Voraussetzungen für den Einzug in den hiesigen Landtag. So stellte der NPDBundesvorsitzende VOIGT fest, dass "bei der Landtagswahl 2006 gute Chancen bestehen, den Einzug in den Landtag zu schaffen." 1 Für die Einschätzung VOIGTs sprechen gegenwärtig tatsächlich folgende Aspekte: ein hoher Motivationsschub für den kommenden Wahlkampf und für die NPD günstige Ergebnisse in den östlichen Wahlkreisen 16 und 18 mit 4,8% bei den Erststimmen und 4,5 bzw. 4,6% bei den Zweitstimmen sowie ein möglicher höherer Stimmenanteil der NPD bei einer geringeren Wahlbeteiligung. Die NPD wird versuchen, ihre Chancen wahrzunehmen und beabsichtigt die Durchführung eines Schwerpunktwahlkampfes. 51 Zusammenarbeit mit anderen Rechtsextremisten Der NPD-Bundesvorsitzende betont regelmäßig - u.a. in der "Deutschen Stimme" im Oktober 2005 2 - dass sich " ... das Bündnis mit der DVU und die Zusammenarbeit mit den freien Kräften als tragfähig, zuverlässig und zukunftsorientiert erwiesen" habe. "An nationaler Bündnispolitik führt jedenfalls jetzt kein Weg mehr vorbei. Sie ist ohne Alternative". Er warb dabei indirekt weiter bei der Partei "Die Republikaner" (REP) und der "Deutsche Partei" (DP), sich dem Bündnis anzuschließen. In Mecklenburg-Vorpommern dauert die Zusammenarbeit der NPD mit den Neonazis und der "Deutschen Volksunion" (DVU) weiter an. Dieses ursprünglich "Volksfront von Rechts" genannte Bündnis trat zwischenzeitlich in Mecklenburg-Vorpommern weniger martialisch klingend als "Deutsche Volksbewegung" auf. Die DVU ist hierzulande allerdings nach wie vor zu schwach, um in dem Bündnis eine aktive Rolle spielen zu können. Die Neonazis hingegen haben entsprechend ihrer Stärke ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein entwickelt, das weiterhin für Spannungen im Verhältnis zur NPD sorgt. Sowohl der Neonaziszene als auch der NPD ist jedoch klar, dass nur eine gemeinsame Kraftanstrengung das gewünschte Ziel, nämlich den Einzug in den Schweriner Landtag im Jahr 2006, näher bringt. Überraschend war insoweit das Ergebnis des Landesparteitages Anfang November 2005. Dort wurde kein prominenter Vertreter der Kameradschaftsszene in den Vorstand gewählt. Stattdessen wurde der bisherige NPD-Landesvorsitzende Stefan KÖSTER, der aus der Sicht der Szene in dieser Funktion bis dahin nicht überzeugend gewirkt hat, als Landesvorsitzender bestätigt. Er ist zugleich auch Bundesgeschäftsführer der NPD. Dieses Parteitagsergebnis sorgte in der Neonaziszene für Unmut. Bei der Aufstellung der Wahlkandidatenliste auf dem Parteitag am 5. Februar 2006 in Greifswald konnte die Neonaziszene allerdings sieben ihrer Kandidaten durchsetzen. Die restlichen acht Plätze wurden an NPDAngehörige vergeben. Die DVU hatte szeneeigenen Angaben zufolge auf ihre Listenplätze verzichtet (s.u.). 1 NPD-Parteivorstand: Deutsche Stimme Nr. 10, Berlin 2005, S. 2 2 NPD-Parteivorstand: Deutsche Stimme Nr. 10, Berlin 2005, S. 2 52 Bei der Einschätzung des Verhältnisses zwischen Neonazis aus Kameradschaftszusammenhängen und der NPD muss jedoch immer wieder darauf hingewiesen werden, dass die szeneinternen Querelen nicht auf grundsätzliche ideologische Unterschiede zurückzuführen sind, sondern allein auf Konflikte um Einfluss und Ressourcen. Sowohl die NPD als auch die Neonazis pflegen ein gemeinsames rassistisches Menschenbild. So heißt es in einer Handreichung für Kandidaten und Funktionsträger der NPD 1 : "Ein Negrider, Mongolider, Australider oder Indianider wird nie Deutscher werden können, weil die Verteilung bunt bedruckten Papiers, in Form eines BRD-Passes, ja nicht die biologischen Anlagen verändert...Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, gleich wie lange sie in Deutschland leben". Obwohl dieses aus der nationalsozialistischen Rassenideologie stammende Menschenbild einer biologischen Ungleichheit der Menschen durch die moderne Naturwissenschaft hinlänglich widerlegt ist 2 , bildet es gleichsam die Basis des politischen Handels beider Lager. Parteiinterne Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern Die NPD in Mecklenburg-Vorpommern organisiert sich laut einer neueren Internetdarstellung in einen Landesverband und fünf aktive Kreisverbände (Stralsund, Ludwigslust, Ostvorpommern, Rostock und Neubrandenburg). Die Zahl der NPD-Mitglieder ist seit Jahresbeginn kontinuierlich gestiegen und zählte zum Jahresende 2005 ca. 200 Personen mit steigender Tendenz. Die Masse der Neumitglieder kommt dabei offensichtlich aus dem Bereich der Neonazis, die allein durch ihre Anzahl zwischenzeitlich mehrere Kreisverbände dominieren. Dies führte im Ergebnis auch dazu, dass die NPD-Neumitglieder satzungsgemäß über die Entsendung von Delegierten zum Landesparteitag am 5. Februar 2006 (s.o.) abstimmen durften. Diese der Neonaziszene genehmen Parteitagsteilnehmer sicherten den Kameradschaftszusammenhängen aussichtsreiche Listenplätze zu Lasten altgedienter NPD-Funktionäre (s.o.). 1 NPDParteivorstand - Amt für Öffentlichkeitsarbeit (Hg.): Argumente für Kandidaten und Funktionsträger. Eine Handreichung für die öffentliche Auseinandersetzung. Berlin o.J., S.12 2 vgl. die Stellungnahme von Teilnehmern der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der internationalen UNESCO - Konferenz "Gegen Rassismus, Gewalt und Diskriminierung" am 8./9. Juni 1995 in Österreich - www.unioldenburg.de/biodaktik/BioNew/Kattmann/... 53 Öffentliche Aktivitäten Die öffentlichen Aktivitäten der NPD standen im Berichtszeitraum ganz wesentlich im Zeichen des Bundestagswahlkampfes und des 60. Jahrestages des Kriegsendes. Vor diesem Hintergrund unternahm die Partei besondere Anstrengungen. Neben zahlreichen Infoständen, Kundgebungen, einem Kinderfest und Demonstrationen wurden in großem Umfang Propagandamittel verteilt. Zentrale Themen des Wahlkampfes waren die Sozialpolitik und die Zuwanderungsfrage. Im Einzelnen führte die NPD im Jahr 2005 zwei Demonstrationen durch: 9. Juli 2005 in Schwerin: Motto: "Für Freiheit und Gerechtigkeit. Schluß mit dem Volksbetrug"( 170 Teilnehmer) 30. Juli 2005 in Stralsund: Motto: "Bürger wacht endlich auf! Mit uns soziale und nationale Alternativen schaffen!" (140 Teilnehmer) Die Zahl der Informationsstände dürfte sich verdoppelt haben und liegt bei ca. 90 Veranstaltungen. Die Zunahme erklärt sich zum einen aus dem Bundestagswahlkampf und zum anderen aus generell gestiegenen Aktivitäten in den Landkreisen Bad Doberan, Güstrow, Ostvorpommern, Ücker - Randow, Mecklenburg - Strelitz, Nordwestmecklenburg und Parchim. Am 29. Mai 2005 führte die Partei in Stralsund zum vierten Mal ein Kinderfest durch. Nach Polizeiangaben zog es mehrere hundert Teilnehmer an. Etwa 20 Personen aus dem linksextremistischen Spektrum wurden durch die Polizei mittels Platzverweisen von Störungen abgehalten. Kinder waren auch das Ziel einer Weihnachtsaktion des Kreisverbandes Stralsund. Dort wurden am 18. Dezember 2005 erstmals durch ein als Weihnachtsmann verkleidetes NPD-Mitglied Werbematerialien sowie Süßigkeiten verteilt. Im Berichtszeitraum konnte eine verstärkte Anwendung der so genannten "Wortergreifungsstrategie" beobachtet werden. Sie geht auf Überlegungen eines ideologischen Vordenkers der Szene aus dem Jahr 1994 zurück. 54 Er führte aus, dass eine "bloße Wortergreifung" zwar keine "vollständige Revolution sei", gleichwohl aber deren "Sprechprobe". Eine "vollständige Wortergreifung" füge sich keiner Diskussion ein, sondern verfüge selber "wann, wo und wie diskutiert werden darf." Gerade die NPD hat diesen Gedanken aufgegriffen. So forderte der Parteivorsitzende VOIGT im August 2003 im Parteiorgan "Deutsche Stimme" dazu auf, "immer und überall" von dieser Strategie Gebrauch zu machen, insbesondere auf "Veranstaltungen des Gegners". Die hiesige NPD hat die Anregung des Parteivorsitzenden offenbar verinnerlicht und 2005 sechsmal "das Wort ergriffen": am 24. und 31. Januar 2005 bei Veranstaltungen der "Marxistisch Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD) zu Hartz IV in Stralsund 17. März 2005 bei einer Veranstaltung des "Zentrums für Bildung, Erholung und Freizeit" (ZEBEF) in Ludwigslust 25. Mai 2005 im Rahmen einer Vortragsveranstaltung der Europäischen Akademie in Waren zur Thematik Bundeswehr 23. Juli 2005 anlässlich des Landesparteitages der CDU in Güstrow, hier wurde lautstark skandiert: "CDU wählen, heißt Krieg und soziale Verelendung zu wählen" 22. August 2005 bei einer Parteiveranstaltung mit der Bundeskanzlerin in Warnemünde wurde ebenfalls lautstark dazu aufgerufen, NPD zu wählen. Die seit 2004 in die Kommunalvertretungen gewählten NPD-Mitglieder machen öffentlich eher selten von sich reden. Kontinuierliche Aktivitäten gehen lediglich von den Vertretern in den Landkreisen Ludwigslust und Ostvorpommern aus. Sie greifen sowohl aktuelle überregionale als auch örtliche Themen auf. Sie üben u.a. Kritik an der Umsetzung der "Hartz IV-Gesetze" oder der Verwaltungsreform im Lande. Auf örtlicher Ebene werden die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen oder angeblich zu überdimensionierte Dienstwagen kommunaler Beamter angeprangert. Aufgegriffen werden aber auch Umweltaspekte. So hat sich die NPD im Landkreis Ludwigslust bereits frühzeitig gegen den Abbau von Braunkohle im Raum Lübtheen ausgesprochen. In diesem Zusammenhang versuchte die NPD, eine in gleicher Sache aktive Bürgerinitiative zu beeinflussen. 55 Auffällig ist, dass die NPD ihre Kritik immer mit weltanschaulichen Aspekten verbindet. Jedes Problem wird zu einem "Versagen" des demokratischen Rechtstaates hochstilisiert. Der Landesvorsitzende KÖSTER äußerte im Zusammenhang mit der o.a. Braunkohlethematik und den damit verbundenen Entscheidungsprozessen: "Das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, dass sie keine ist. Das Volk, der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts zu sagen". 1 Hierbei ist es Ziel der NPD, die freiheitliche demokratische Grundordnung, die sie abschätzig "das System" nennt, als unglaubwürdig darzustellen. Diese häufig in der NPD - Propaganda vorzufindende Konstruktion eines angeblichen Widerspruchs zwischen dem Volk und dem "System" soll der Partei im "Kampf um die Köpfe" vor Ort den Boden für die Ausweitung ihres politischen Einflusses bereiten. III.7.2 "Junge Nationaldemokraten" (JN) Im Frühjahr 2005 wurde offenbar ein JN-Verband in Mecklenburg-Vorpommern gegründet 2 . Bekannt wurde ein in der Zeit vom 10. bis 12. Juni 2005 im Raum Güstrow durchgeführtes Zeltlager. Der JN-Verband trat darüber hinaus als Unterstützer der Demonstrationen am 1. Mai 2005 in Neubrandenburg und am 9. Juli 2005 in Schwerin auf. III.7.3 "Deutsche Volksunion" (DVU) Der DVU-Landesverband entwickelt kaum Aktivitäten. Die Mitgliederzahl liegt bei ca. 50 Personen. DVU-"Stammtische" existierten nach Darstellung der Partei im Berichtszeitraum in Ostvorpommern und Neubrandenburg. 1 http://npd-mv.net/lwl/kreistag.htm 2 http://npd-mv.net/jn/ 56 III.8 Rechtsextremistische Kommunikationsmedien Die Zahl der von Rechtsextremisten aus dem Lande betriebenen Internet-Seiten bewegt sich im Schnitt bei rund zehn. Die Qualität ist unterschiedlich. Während einige Seiten einen dauerhaften und inhaltlich stringenten Auftritt zeigen, werden andere nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Mit nach Angaben des maßgeblichen Betreibers bis zu vier Millionen Zugriffen pro Jahr erreicht das rechtsextremistische "Störtebeker-Netz" aus Stralsund bundesweit bei weitem die meisten Internet-Nutzer. Die Inhalte stellen eine Mischung aus Szenemeldungen, Demonstrationsaufrufen und Kommentaren zum politischen Geschehen dar. Allen gemeinsam ist der zynische und - bisweilen angedeutet, oft offen - fremdenfeindliche und antisemitische Ton. 57 IV. Linksextremismus IV.1 Lageüberblick Das linksextremistische Spektrum in Mecklenburg-Vorpommern ist nach wie vor personell schwach und verfügt über wenig feste Strukturen. Im Berichtszeitraum war das Aktionsfeld "Antifaschismus" erneut von zentraler Bedeutung. Auf diesem Feld sind auch die meisten einschlägigen Straftaten zu verzeichnen. Zunehmende Bedeutung gewinnt der geplante G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm. 1 Die linksextremistische Szene beschäftigt sich verstärkt mit der Organisation und Durchführung von Protesten gegen dieses Treffen und sucht dafür auch Anknüpfungspunkte in Mecklenburg-Vorpommern. In diesem Aktionsfeld ist auch mit einem Aufwachsen entsprechend schlagkräftiger linksextremistischer, überwiegend undogmatischer Strukturen zu rechnen. Der linksextremistischen Szene im Lande können weiterhin bis zu 200 Personen zugerechnet werden, davon gehören allein ca. 100 der gewaltbereiten und anarchistischen Szene an. Die nur in Kleingruppen im Lande vertretenen dogmatischen linksextremistischen Parteien und Organisationen sind weiterhin politisch bedeutungslos. Lediglich die "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) und die "Marxistisch - Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) entfalten gelegentliche öffentliche Aktivitäten. 1 Der Gruppe der Acht (G 8) gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland und die Vereinigten Staaten von Amerika an; hinzu tritt ein Vertreter der Europäischen Kommission. Die jährlichen Gipfeltreffen gehören zu den sichtbarsten Aktivitäten dieses Gremiums, dessen Ziel es ist, gemeinsame Antworten auf globale Fragestellungen bzw. Probleme u.a. im Bereich der WirtschaftsUmweltund Sicherheitspolitik zu finden. 58 IV.2 Personenpotential Gruppierung M-V M-V Bund Bund 2004 2005 2004 2005 Autonome ca. 100 ca. 100 5.000 5.000 Deutsche kommunistische ca. 20 ca. 20 4.500 <4.500 Partei (DKP) MarxistischLeninistische Partei ca. 20 ca. 20 >2.000 2.300 Deutschlands (MLPD) Sozialistische Alternative ca. 20 ca. 20 400 400 Voran (SAV) Kommunistische Partei ca. 10 ca. 10 200 200 Deutschlands (KPD) IV.3 Straftatengeschehen Im Jahr 2005 registrierte das LKA M-V im Bereich der politisch motivierten Kriminalität im Phänomenbereich "links" insgesamt 32 (Vorjahr: 52) Straftaten. Davon waren 26 (45) extremistisch motiviert. Darunter waren 14 (22) Gewalttaten. IV.4 Gewaltbereiter Linksextremismus Aktionsfeld Antifaschismus Der Autonomenszene zuzurechnende "Antifaschisten" fielen auch 2005 wieder durch gewalttätige Aktionen gegen ihren politischen Gegner auf. Vorwiegend traten sie durch Proteste und Blockaden bei Aufmärschen von Rechtsextremisten in Erscheinung. 59 Beispielhaft waren folgende Vorfälle: Im Februar 2005 verhinderte die Polizei bei einer NPD-Kundgebung in Rostock das Vordringen von Gegnern der Demonstration mittels einer Sperrkette. Im Rahmen einer Gegendemonstration mit ca. 300 Teilnehmern anlässlich einer rechtsextremistischen Demonstration im Februar 2005 in Bützow erfolgten 14 Platzverweise, eine Gewahrsamnahme und die Beschlagnahme von Gegenständen, wie Baseballschläger, Knüppel und Fahnenstangen durch die Polizei. Während einer Demonstration mit ca. 200 Personen gegen einen Aufzuges des rechtsextremistischen "Heimatbund Pommern" im April 2005 in Pasewalk kam es zu Auseinandersetzungen. Es wurden 30 Personen, darunter 25 Gegendemonstranten, in Gewahrsam genommen. Anlässlich eines Aufzugs der rechtsextremistischen Szene im Mai 2005 in Neubrandenburg fand eine Gegendemonstration mit ca. 150 Teilnehmern statt. Es wurden Sitzblockaden durchgeführt. Insgesamt wurden 13 Personen, darunter 12 Gegendemonstranten, vorläufig festgenommen. Mehrere Jugendliche spuckten im Mai 2005 in Burg Stargard einer auf der Straße entgegenkommenden Person ins Gesicht und bedrohten sie mit den Worten: "Scheiß Nazi, verpiss Dich, sonst bringen wir Dich um!" Im Rahmen einer Demonstration mit ca. 300 Teilnehmern gegen einen rechtsextremistischen Aufmarsch im Mai 2005 in Schwerin kam es zu einer Blockade der Marschstrecke. Es erfolgte eine Räumung durch die Polizei. Dabei wurden 25 Platzverweise erteilt und es erfolgten vier Gewahrsamnahmen. Anlässlich eines NPD-Kinderfests im Mai 2005 in Stralsund wurden mehreren Gegendemonstranten aus der Antifa-Szene Platzverweise erteilt. Bei einem NPD-Aufmarsch im Juli 2005 in Schwerin erteilte die Polizei ca. 14 Gegendemonstranten Platzverweise und nahm 3 Personen in Gewahrsam. 60 Mehrere Gegendemonstranten versuchten während einer NPD-Demonstration im Juli 2005 in Stralsund auf die Demonstrationsstrecke zu gelangen und die Versammlung zu stören. Es wurden für den Verlauf der Aufzugsstrecke 19 Platzverweise ausgesprochen. Im Rahmen einer rechtsextremistischen Demonstration im September 2005 in Grimmen erteilte die Polizei acht Gegendemonstranten zeitlich und lokal begrenzte Platzverweise. Das Thema "Antifaschismus" spiegelt sich auch in den einschlägigen Internetauftritten wider: Unter der Überschrift "antifaschistischer widerstand hat einen neuen namen...Antifa ist der Kampf ums Ganze!" berichtet die "Antifaschistische Aktion Neubrandenburg" (aan) auf ihrer neuen domain, sich "anfang 2005 zusammengefunden" zu haben , um einer "aufkommenden rechten Szene in unserer stadt vorzubeugen und rassistische zustände organisiert zu bekämpfen." "Das kapitalistische System"..."mit seinem Konkurrenzprinzip" sei die "Grundlage für das entstehen von faschistischen Bewegungen. "Antifaschistische Aktion" sei daher der "Versuch, eines revolutionären Angriffs auf den von der Kommerzialisierung des Lebens bis zu direkten sexistischen und faschistischen Übergriffen reichenden täglichen Terror der Verhältnisse." Das "System mit all seinen Folgen" müsse "gekippt" werden. Zum Thema "Deutsche Täter sind keine Opfer-Wenn Deutschland, dann Dresden" unterstützte die "antifa [affect ] schwerin" (ehemals autonome antifa schwerin) im Internet einen Aufruf und Aktionen im Februar 2005 zum 60. Jahrestag der Bombardierung Dresdens. Darüber hinaus veröffentlichte sie unter dem Motto "Keinen Schutz für Nazis - Nazis sabotieren - Am längsten lebe Israel" einen Aufruf auf der Internetseite links-lang de anlässlich einer im Februar 2005 in Bützow geplanten NPD-Demonstration. Der Aufruf wurde plakativ mit einem abgebildeten Gewehr hervorgehoben. Unter dem Motto "A-Team versus Nazispaken - nazidemo wegmachen!keine schülerferientickets für nazis!" forderte sie in links-lang. Widerstand gegen eine geplante rechtsextremistische Demonstration im Juli 2005 in Schwerin (s.o.). Zudem sollte dafür gesorgt werden, dass der "aufmarsch in schwerin der beginn eines glutheißen sommers wird." 61 IV.5 "Antirassismus" Im August/September 2005 fand erneut die von antirassistischen Gruppen und Initiativen sowie von autonomen Gruppen und Zusammenschlüssen organisierte bundesweit stattfindende "Anti-Lager-Tour" statt, die sich gegen das von ihnen so genannte "Europäische Lagersystem" richtete. Ca. 250 Personen führten in Mecklenburg-Vorpommern angemeldete Versammlungen vor dem Landesamt für Asyl - und Flüchtlingsangelegenheiten in Horst, vor der Gemeinschaftsunterkunft in Schwerin - Görries sowie einen Aufzug im Schweriner Innenstadtbereich durch. In Horst kam es nach gewaltsamen Übergriffen auf Polizeibeamte zu zwei Festnahmen. IV.6 "Anti-Globalisierung" Nach den gewalttätigen Protesten während des G8-Gipfels im Juli 2005 in Schottland setzen Linksextremisten nunmehr die kommenden Gipfeltreffen 2006 in Russland und 2007 in Heiligendamm/Mecklenburg-Vorpommern auf ihre Agenda. Militante Aktivisten äußerten bereits die Hoffnung, auch dort wieder gemeinsam "protestieren, blockieren und sabotieren" zu können. In diesem Zusammenhang ist es in anderen Bundesländern bereits zu vereinzelten Brandanschlägen mit dem Begründungszusammenhang "G 8" gekommen. Bundesweit fanden erste Vorbereitungsund Abstimmungstreffen einschlägiger Gruppierungen statt, an denen sich auch Personen aus Mecklenburg-Vorpommern beteiligten. In einem Aufruf im Berliner autonomen Szeneblatt "INTERIM" (Ausgabe 622 vom 15.09.2005, S. 24) "NO G8 2007 DISKUTIEREN PROTESTIEREN UMZINGELN BLOCKIEREN" wurde ein breit angelegtes Gesamtbündnis aus Initiativen aller Spektren der Linken, darunter Autonome Gruppen, traditionskommunistische und trotzkistische Organisationen gefordert. Nur ein derartiger Zusammenschluss könne eine Organisation und Koordination der gemeinsamen Aufgaben leisten. Ein solches Bündnis ist jedoch aufgrund der widerstreitenden Interessen einzelner Gruppierungen noch nicht zustande gekommen. 62 IV.7 Linksextremistische Parteien und Organisationen Die "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) ist im Lande mit ca. 10, die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und die "Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) mit jeweils ca. 20 Anhängern vertreten. KPD und DKP sind im Lande öffentlich kaum präsent. Im "Arbeiterbildungszentrum - Ferienpark Alt Schweriner Werder" der MLPD finden einschlägige Schulungen und Bildungsfreizeiten statt. Bei den Bundestagswahlen 2005 erzielte die Partei in Mecklenburg-Vorpommern 1181 Erststimmen (= 0,1%) und 2955 Zweitstimmen (= 0,3%). Die trotzkistische "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) mit ca. 20 Anhängern ist vorrangig in Rostock aktiv und dort weiterhin mit einer Vertreterin in der Bürgerschaft präsent. Ein wesentliches Agitationsthema bei öffentlichen Auftritten der SAV ist nach wie vor der von ihr so bezeichnete "Sozialkahlschlag". Im Berichtszeitraum bemühte sich die SAV im Rahmen ihrer entristischen Strategie 1 um Einfluss in der "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit" (WASG). 1 Entrismus ist eine von Anhängern des Trotzkismus praktizierte Methode, andere Parteien und Vereinigungen gezielt zu unterwandern, um in ihnen Einfluss zu erlangen, die eigene Ideologie zu verbreiten und schließlich die betroffene Organisation für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. 63 V. Spionageabwehr Die überwiegende Arbeit der Mitarbeiter der Spionageabwehr bestand auch im Jahr 2005 im Zusammentragen von Informationen für Lagebilder über die Aufklärungsaktivitäten fremder Nachrichtendienste in Mecklenburg-Vorpommern sowie in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zum gesamten Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Dabei sind alle Details über die Arbeitsmethoden, Strukturen, den Einsatz von nachrichtendienstlichen Hilfsmitteln sowie insbesondere die Angriffsziele fremder Nachrichtendienste von höchstem Interesse für die Spionageabwehr. In den letzten Jahren war zu beobachten, dass neben den klassischen Spionagefeldern Politik und Militär verstärkt Wirtschaft und Technik deutscher Unternehmen mit Spitzenniveau in der Welt ausgespäht und zum "Nulltarif" abgeschöpft wird. Deswegen wurden der Wirtschaft im Rahmen der präventiven Spionageabwehr im vergangenen Jahr über die Industrieund Handelskammern des Landes verstärkt unternehmensoder themenbezogene Vorträge und Beratungen zu potentiellen Gefahren sowie zu Sicherheitsaspekten angeboten. Ziel war und ist es, die Sensibilität für die Themen KNOW-HOW-Diebstahl und Spionage zu verstärken. Daneben bemühen sich Länder aus Krisenregionen, wie zuletzt in Nordkorea, Pakistan und Iran deutlich geworden, in den Besitz von nuklearen, biologischen oder chemischen Massenvernichtungswaffen und der zu ihrem Einsatz benötigten Trägertechnologie zu gelangen. Eine Beschaffung von diesen Technologien oder einzelnen Produkten wird als Proliferation bezeichnet. Die Proliferation erfolgt häufig über getarnt arbeitende, staatlich gelenkte Netzwerke unter Beteiligung von Nachrichtendiensten. Zur Abwehr von Spionageaktivitäten fremder Nachrichtendienste in MecklenburgVorpommern ist die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger des Landes auch zukünftig unverzichtbar. 64 Jeder kann ohne eigenes Handeln und unbewusst in Kontakt zu Mitarbeitern von fremden Nachrichtendiensten treten. So können Mitarbeiter fremder Nachrichtendienste u.a. als Diplomaten, Geschäftsleute, Journalisten tätig sein oder als Vertreter von staatlichen oder staatsnahen Unternehmen in allen Lebensbereichen auftreten. Ihre eigentlichen Interessen treten beim Aufbau von persönlichen Beziehungen zunächst weit in den Hintergrund und werden geschickt getarnt. Erst wenn sich ein gegenseitiges Vertrauen entwickelt hat, werden gewöhnlich oder auch ungewöhnlich erscheinende Anliegen vorgebracht. Hier ist ihre besondere Aufmerksamkeit gefordert! Eine mögliche Verstrickung in illegale Aktivitäten von nachrichtendienstlichen Mitarbeitern und ihren Mittelsmännern kann für die Betroffenen zu weitreichenden strafrechtlichen Sanktionen mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bzw. in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren führen. Die Spionageabwehr kann im Falle einer Verstrickung und der Absicht einer umfassenden Offenbarung jederzeit Wege aufzeigen, um unangenehme staatliche Sanktionen zu vermeiden. Alle Bürgerinnen und Bürger werden gebeten, Hinweise zu nachrichtendienstlichen Handlungen bzw. Spionageversuchen oder auch nur den Verdacht für derartige Aktivitäten dem Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern zu melden. Sämtliche Hinweise zur Aufklärung oder Verhinderung von Spionage werden streng vertraulich behandelt. Für ein vertrauensvolles Gespräch ist die Spionageabwehr des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern wie folgt erreichbar: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern Verfassungsschutzabteilung -SpionageabwehrPostfach 11 05 52 19005 Schwerin E-Mail : spionageabwehr@verfassungsschutz-mv.de Telefon: (0385) 74200 Telefax: (0385) 714438 65 VI. Geheimschutz Der Geheimschutz ist ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls und für den demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass Informationen und Vorgänge, deren Bekanntwerden den Bestand oder lebenswichtige Interessen, die Sicherheit oder die Interessen des Bundes oder eines seiner Länder gefährden kann, geheim gehalten und vor unbekannter Kenntnisnahme geschützt werden. Personen, bei denen ein Sicherheitsrisiko vorliegt oder nicht ausgeschlossen werden kann, soll der Zugang zu Verschlusssachen verwehrt werden. Neben den bundesgesetzlichen Regelungen hat der überwiegende Teil der Bundesländer eigene Sicherheitsüberprüfungsgesetze geschaffen. Die rechtlichen Voraussetzungen in Mecklenburg-Vorpommern sind im "Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Lande Mecklenburg-Vorpommern" (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG Mecklenburg-Vorpommern) sowie in der "Verschlusssachenanweisung Mecklenburg-Vorpommern" (VSA MecklenburgVorpommern) geregelt. Der Geheimschutz lässt sich unterteilen in den personellen und materiellen Geheimschutz. Wesentlichstes Instrument des personellen Geheimschutzes ist die Sicherheitsüberprüfung für den Personenkreis, dem eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zugewiesen werden soll. Dies kann sowohl im Behördenbereich wie auch im nicht-öffentlichen Bereich erfolgen. Im Behördenbereich ist grundsätzlich die Beschäftigungsdienststelle für die Einleitung der Sicherheitsüberprüfung (sog. "zuständige Stelle") zuständig. Der Verfassungsschutzabteilung im Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern ist die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung als Mitwirkungsaufgabe zugewiesen, sie ist also nicht originär zuständig. Zum nichtöffentlichen Bereich zählen Wirtschaftsunternehmen, in denen mit staatlichen Verschlusssachen umgegangen werden soll. In Mecklenburg-Vorpommern nimmt in diesen Fällen das Innenministerium die Aufgaben der zuständigen Stelle wahr. 66 Soweit Wirtschaftsunternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern Verschlusssachenaufträge des Bundes (z.B. für die Bundeswehr) bearbeiten sollen, liegt die Zuständigkeit beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Bonn. Das SÜG Mecklenburg-Vorpommern unterscheidet drei Überprüfungsarten: Die einfache Sicherheitsüberprüfung, die erweiterte Sicherheitsüberprüfung sowie die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen. Die Art der durchzuführenden Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der konkret auszuübenden sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Hervorzuheben ist, dass niemand ohne seine ausdrückliche Zustimmung einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden darf. Der materielle Geheimschutz dient der Schaffung der organisatorischen und technischen Vorkehrungen zum Schutz von Verschlusssachen. Die Mitwirkung der Verfassungsschutzabteilung beruht auf SS 5 Abs. 2 Nr. 2 des Landesverfassungsschutzgesetzes. Die Verfassungsschutzabteilung arbeitet dabei eng mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zusammen. 67 VII. Öffentlichkeitsarbeit Die Information und Aufklärung über die Ursachen und Gefahren von extremistischen und terroristischen Ideologien und Entwicklungen dient ebenso dem Schutz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie repressive Maßnahmen gegen entsprechende Bestrebungen. Insofern ist die Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiger Bestandteil im gesetzlich normierten Aufgabenkatalog der Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2005 wurden mehrere Vorträge und Fortbildungsveranstaltungen an den unterschiedlichsten Institutionen und Bildungseinrichtungen des Landes sowie vor Multiplikatoren durchgeführt. Auf der Homepage der Verfassungsschutzabteilung www.verfassungsschutz-mv.de sind Beiträge und Meldungen zu aktuellen Ereignissen eingestellt. Darüber hinaus stellt der Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit ein umfangreiches Angebot an themenbezogenen Publikationen zur Verfügung. Hier ist vor allem die Herausgabe der Broschüre "Rechtsextremistische Subkulturen" anzuführen, die bereits in einer zweiten Auflage von 8.000 Exemplaren erschienen ist. Diese Publikationsschrift wurde allen Allgemeinbildendenund Berufsschulen des Landes für Unterrichtszwecke zur Verfügung gestellt. Zudem wurde der Verfassungsschutzbericht 2004, der insbesondere einen Überblick über die Entwicklungen des politischen Extremismus und Terrorismus in MecklenburgVorpommern gibt, veröffentlicht. Die Ausstellung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) "Die braune Falle - Eine rechtsextremistische Karriere" wurde im Jahr 2005 auch in unserem Bundesland gezeigt und während des Aufenthalts von der hiesigen Verfassungsschutzbehörde begleitend unterstützt. 68 Des weiteren wurde auch die im Jahr 2004 konzipierte Initiative: "Aktiv gegen Extremismus" im Jahr 2005 fortgesetzt. Durch die Initiative soll der Bedrohung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch jegliche Form von politischem Extremismus und Terrorismus entschieden entgegen getreten werden. Die Verfassungsschutzbehörde Mecklenburg-Vorpommern begleitet die Initiative mit einem umfangreichen Angebot an themenbezogenen Broschüren, Internetbeiträgen sowie Vortragsund Fortbildungsveranstaltungen. Die Resonanz der Öffentlichkeit ist weiterhin positiv und das Interesse an entsprechenden Materialien sehr groß. Ausführliche Informationen zu der Initiative "Aktiv gegen Extremismus" erhalten Sie auf unserer Homepage www.verfassungsschutzmv.de. 69 Folgende Publikationen können Sie kostenlos bestellen: Jahresberichte des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern: f Verfassungsschutzbericht 2004 f Verfassungsschutzbericht 2003 f Extremismusbericht 2002 f Extremismusbericht 2001 f Extremismusbericht 2000 Journale des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern: f Verfassungsschutz Journal 2002 Thema: Terrorismus - Lebensgefahr für die Demokratie? f Verfassungsschutz Journal 2001 Thema: Demokratie: Aufbruch - Ankunft - Zukunft f Verfassungsschutz Journal Nr. 1/2000 Thema: Pass' doch auf - Mensch! Zivilcourage 70 VS-aktuellDas Journal zum Verfassungsschutz Nr. 2/98 Thema: Von REVOLUTIONEN, Kämpfern und Grundrechten VS-aktuell - Das Journal zum Verfassungsschutz Nr. 1/97 Thema: Geheimschutz VS-aktuell - Das Journal zum Verfassungsschutz Nr. 1/96 Thema: Alles streng geheim? Broschüren Rechtsextremistische Subkulturen (Innenministerium M-V, Dezember 2005 ) Wirtschaftsspionage - Information und Prävention (Gemeinschaftsproduktion der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern, Januar 2002) f Islamistische Extremisten (Innenministerium M-V, November 2001) 71 f Proliferation - das geht uns an! (Gemeinschaftsproduktion der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern, März 2001) Demokratie, aber sicher! - Grundrechte/Extremismus/Verfassungsschutz (Gemeinschaftsproduktion des Innenministerien der Länder Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Thüringen; August 1995) Film Film "Demokratie schützen - Verfassungsschutz" (Film über die Arbeit des Verfassungsschutzes, Koproduktion der Verfassungsschutzbehörden der Länder Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Februar 1999) Der Film ist als VHS oder DVD bestellbar, er wird nur an Multiplikatoren mit entsprechender Begründung versandt. 72 Bestellanforderungen richten Sie bitte an: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern - Verfassungsschutzabteilung - Postfach 11 05 52 19005 Schwerin Telefon: 03 85 / 7 42 00 Telefax: 03 85 / 71 44 38 info@verfassungsschutz-mv.de www.verfassungsschutz-mv.de oder: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern - Pressestelle - Arsenal am Pfaffenteich Karl-Marx-Straße 1 19055 Schwerin Telefon: 03 85 / 5 88 20 16 im-presse@mvnet.de 73 VIII. Wesentliche Rechtsgrundlagen der Arbeit des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommern Neben dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sind insbesondere folgende Rechtsgrundlagen zu erwähnen: f Landesverfassungsschutzgesetz M-V (LVerfSchG M-V) vom 11. Juli 2001 (GVOBl.M-V S. 261), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. April 2004 (GVOBl. M-V S. 167) f Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses vom 26. Juni 2001 (BGBl. 2001, 1254, 2298), zuletzt geändert durch Art 3 Abs. 1 Gesetzes vom 11. Februar 2005 (I 239) f Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes vom 17. Juli 1992 (GVOBl, M-V S. 486), geändert durch geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. April 2004 (GVOBl. M-V S. 167) f Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (SÜG M-V) vom 22. Januar 1998 (GVOBl. M-V S. 114 ber. S. 1959, geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. April 2004 (GVOBl. M-V S. 167) Der Verfassungsschutz des Landes M-V hat im Jahre 2004 damit neue rechtliche Grundlagen erhalten. Neben der Aufnahme der Öffentlichkeitsarbeit in den gesetzlich normierten Aufgabenkatalog des Verfassungsschutzes besteht nunmehr die Möglichkeit, Auskünfte bei Finanzdienstleistern, Luftfahrtunternehmen, Postdienstleistern und Telekommunikationsunternehmen einzuholen. 74