Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern Extremismusbericht 1999 0 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 INHALTSVERZEICHNIS I. Rechtsextremismus 3 1. Lageüberblick 3 2. Straftatengeschehen 3 3. Rechtsextremistische Skinheads und sonstige gewaltbereite Rechts- 3 extremisten /Neonazis/ "Kameradschaftsbewegung" 4. Rechtsextremistische Musikveranstaltungen/ Skinmusik 6 5. Szenepublikationen/ -läden/ Versandhandel 8 6. Nutzung moderner Kommunikationsmittel 8 7. Rechtsextremistische Parteien 9 7.1 Teilnahme an Europaund Kommunalwahlen am 13. Juni 1999 9 7.2 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 9 7.2.1 Organisatorische Entwicklung 9 7.2.2 Politische Ausrichtung/Aktivitäten 10 7.3 "Sozialistische Volkspartei" (SVP) 12 7.4 "Deutsche Volksunion" (DVU) 12 7.5 "Die Republikaner" (REP) 12 8. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 12 II. Linksextremismus 14 1. Lageüberblick 14 2. Straftatengeschehen 15 3. Linksextremistischer Terrorismus/ Antiimperialistischer Widerstand 15 4. Militante Autonome 15 4.1 "Antifaschismuskampf" 16 4.2 Kampf gegen die wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie 18 1 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 5. Revolutionäre Marxisten/ Marxisten-Leninisten 18 5.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 18 5.2 "Kommunistische Plattform" (KPF) der PDS 19 5.3 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 19 5.4 "Sozialistische Alternative VORAN" (SAV) 19 III. Ausländerextremismus 20 1. Lageüberblick 20 2. Straftatengeschehen 22 3. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 23 IV. Scientology-Organisation 25 V. Öffentlichkeitsarbeit 26 VI. Strukturdaten 27 VII. Lagebild Staatsschutz 28 2 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 I. RECHTSEXTREMISMUS 1. Lageüberblick Auch 1999 dominierten in Mecklenburg-Vorpommern erneut rechtsextremistische Skinheads und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten. Erneut bildeten sich weitere, tendenziell dem Neonazismus zuneigende sogenannte "Kameradschaften". Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) konnte ihren 1998 erreichten organisatorischen und personellen Stand nicht behaupten. Trotzdem gelang ihr als einziger rechtsextremistischer Partei im Lande eine kontinuierliche politische Arbeit. Auch trat sie regelmäßig durch Demonstrationen öffentlich in Erscheinung. Die "Deutsche Volksunion" (DVU) und die "Republikaner" (REP) waren weitgehend inaktiv. 2. Straftatengeschehen 1999 wurden vom Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern 268 Straftaten (1998: 303) registriert, bei denen eine rechtsextremistische Motivation vorliegt oder nicht ausgeschlossen werden kann. Darunter sind 53 Gewalttaten (davon 37 mit fremdenfeindlicher Zielrichtung). 1998 waren 51 (34) Gewalttaten mit entsprechender Motivation registriert worden. Der geringe Anstieg der rechtsextremistischen Gewalttaten um zwei Delikte ist vermutlich auf die verstärkten Bekämpfungsund Aufklärungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden im Lande zurückzuführen. Trotz allem wird in MecklenburgVorpommern durchschnittlich jede Woche ein Mensch verletzt, nur weil er ein "Fremder" ist oder als solcher empfunden wird. Die Stadt Eggesin (Landkreis Uecker-Randow) geriet im Berichtszeitraum durch den brutalen und offensichtlich fremdenfeindlich motivierten Überfall auf zwei Vietnamesen am 22.8.1999 überregional in die Schlagzeilen. In diesem Fall wird die Anklage vom Generalbundesanwalt (GBA) vertreten, da diese Tat "bestimmt und geeignet" sei, die "innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen". Das Eingreifen des GBA soll einer befürchteten Eskalation rechtsextremistischer Gewalt - vor allem in Ostdeutschland - entgegenwirken. 3. Rechtsextremistische Skinheads und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten / Neonazis / "Kameradschaftsbewegung" Dem "harten Kern" rechtsextremistischer Skinheads und sonstiger gewaltbereiter Rechtsextremisten in Mecklenburg-Vorpommern sind nach wie vor rund 800 Personen zuzurechnen. Das neonazistische Personenpotenzial im Land stieg 1999 auf etwa 300 Anhänger (1998: 250) an. Die Bedeutung rechtsextremistischer "Kameradschaften" im Land nimmt weiterhin zu; dem Verfassungsschutz sind gegenwärtig etwa 49 (zum größeren Teil lediglich) namentlich bekannt. Dies hat nicht zu einem starken Anstieg des Gesamtpotenzials geführt, sondern ist als ein sicheres Zeichen für eine zunehmende Organisierung und Ideologisierung dieser Szene zu werten. 3 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Als eindeutig neonazistisch dominiert muss der in Ribnitz-Damgarten (Landkreis Nordvorpommern) agierende "Nordische Kameradschaftsbund Ribnitz" (NKR) qualifiziert werden. Auch die im Landkreis Uecker - Randow aktive "NationalGermanische Bruderschaft" (NGB) ist als neonazistisch einzustufen. Eine Sonderstellung im Bereich neonazistischer Aktivitäten nahm im Berichtszeitraum der Landkreis Ludwigslust ein. Bereits im Herbst 1998 wurde bekannt, dass ein bekannter Hamburger Neonazi eine Immobilie in Teldau ("Gutshaus Amholz") mit dem Ziel erwarb, dort mittelfristig ein rechtsextremistisches Tagungsund Schulungszentrum zu etablieren. Auch wenn diese Pläne wegen aufwändiger Renovierungsarbeiten des Objektes gegenwärtig zu stagnieren scheinen, hat die westliche Peripherie Mecklenburg-Vorpommerns für Aktivitäten von Neonazis aus Hamburg und Niedersachsen ganz offensichtlich weiter an Attraktivität gewonnen. So siedelten 1999 zahlreiche, z. T. langjährig und einschlägig bekannte Personen aus dem Umfeld des genannten Neonazis in den Landkreis Ludwigslust über. Sie sind überwiegend den sogenannten "Freie Nationalisten" zuzurechnen, deren "Angehörige" zahlenmäßig nicht genau zu erfassen sind und die sich bewusst keiner Organisation anschließen. Gleichwohl traten sie als Organisatoren von Demonstrationen in Ludwigslust auf. Daneben konnten Angehörige dieser Gruppierung immer wieder bei Demonstrationen der NPD (s.u.) festgestellt werden. In Boizenburg residiert zudem ein rechtsextremistischer Sanitätsdienst namens "Das Braune Kreuz". Diese Organisation ist laut "ZORG" (s.u.) immer an Brennpunkten von (rechtsextremistischen) Demonstrationen im Einsatz und hat bei speziellen Schulungen "einige Kameradinnen und Kameraden zu 'Ersthelfern' ausgebildet". "Das Braune Kreuz" agiert auch in anderen Regionen (Nordost-) Deutschlands. Am 10. Januar 2000 wurden u.a. die Wohnungen einiger tatverdächtiger Neonazis im Landkreis Ludwigslust wegen des Verdachts gemeinschaftlicher Volksverhetzung durch die Staatschutzabteilungen der Landeskriminalämter Hamburg und MecklenburgVorpommern durchsucht. Hintergrund dieser Aktion war eine strafrechtlich relevante Ausgabe der neonazistischen Zeitschrift "Zentralorgan" (ZORG), die ebenfalls den "Freien Nationalisten" zuzurechnen ist. 4 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Abbildung 1 Zum Volkstrauertag (im Szenejargon: "Heldengedenktag") am 14. November 1999 versammelten sich landesweit insgesamt ca. 400 Personen zu Kranzniederlegungen, u.a. auf dem Golm (Usedom) mit Mitgliedern der NGB, in Satow (Kreis Bad Doberan), in Goldenbaum (Kreis Mecklenburg - Strelitz), Wittenburg (Kreis Ludwigslust), Schwerin und Neustrelitz. 5 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Die große Resonanz zeigt ein bemerkenswertes Mobilisierungspotential des rechtsextremistischen Spektrums in Mecklenburg-Vorpommern. Darüber hinaus wurden die üblichen Anlässe wie Hitlers Geburtstag, Rudolf-HessGedenktag oder Sommerund Wintersonnwende ebenfalls für einschlägige Aktivitäten genutzt. Der "Heldengedenktag" könnte bei anhaltender reger Teilnahme dem zur Existenzfrage des neonazistischen Spektrums hochstilisierten "Rudolf Hess-Gedenken" den Rang ablaufen, weil die Durchführung immer wieder durch staatliche Maßnahmen behindert oder verhindert worden ist. 4. Rechtsextremistische Musikveranstaltungen/Skinmusik Die rechtsextremistische Skinhead-Musik mit ihrer unverhohlen rassistischen Botschaft spielt aus der Sicht des Verfassungsschutzes bei der Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts in den subkulturellen Jugendszenen weiterhin eine zentrale Rolle. Allerdings ist die Zahl der rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in MecklenburgVorpommern im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Wurden 1998 noch 33 derartige Veranstaltungen (17 Skinkonzerte, 14 Liederabende und zwei sonstige Parties) registriert, so sind in diesem Jahr insgesamt 12 rechtsextremistische Musikveranstaltungen, davon vier Konzerte mit in - und ausländischen Skinbands, vier Liederabende und ebenfalls vier sonstige Parties festgestellt worden. An den Skinkonzerten nahmen durchschnittlich ca. 200, an den sonstigen Musikveranstaltungen im Durchschnitt ca. 100 Personen teil. Rechtsextremisten aus dem Lande haben zudem an Skinkonzerten in anderen Bundesländern, so z.B. aus Anlass eines Konzertes am 13./14. November 1999 mit ca. 1000 Teilnehmern in Schorba /Thüringen, teilgenommen. Die Rostocker Skinband "Nordmacht" trat ebenfalls außerhalb der Landesgrenzen auf. Auch bundesweit konnte ein Rückgang rechtsextremistischer Musikveranstaltungen beobachtet werden. Vielfach wurden die Konzerte von der neonazistischen Skinheadgruppierung "Blood and Honour" ausgerichtet. 6 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Abbildung 2 Der Rückgang der Musikveranstaltungen ist offensichtlich auf verstärkte Gegenmaßnahmen der Sicherheitsbehörden zurückzuführen. So wurde beispielsweise am 20.02.1999 ein Skinkonzert in Spantekow/Ostvorpommern von der Polizei aufgelöst. Die Veranstaltungsteilnehmer widersetzten sich bei der Räumung mit Schlägen und Tritten. Sie warfen u.a. mit Flaschen, Steinen und Gehwegplatten. Später errichteten einige Rechtsextremisten eine Straßensperre aus Wertstoffcontainern und zündeten sie an. Ein Polizist und einige Jugendliche wurden verletzt. Die Polizei nahm 19 Personen fest. 7 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern setzte am 19.03.1999 einen Erlass in Kraft, der der Polizei zusätzliche Rechtssicherheit bei der Verhinderung bzw. Auflösung rechtsextremistischer Musikveranstaltungen verschafft. 5. Szenepublikationen/-läden/ Versandhandel Bundesweit gibt es ca. 50 sogenannte "Fanzines" (Fanmagazine), die z.T. auch in der hiesigen Skinheadszene kursieren. Eine im Lande selbst erstellte Publikation konnte im Berichtszeitraum nicht festgestellt werden. "Fanzines" enthalten Berichte aus der Szene, Besprechungen von Tonträgern, Interviews mit einschlägigen Bands sowie Leserbriefseiten. Auffallend häufig werden Themen aus dem "Dritten Reich" aufgegriffen. So werden z.B. damalige Waffensysteme beschrieben und die Waffen-SS glorifiziert. Unübersehbar ist zudem eine rassistische Grundhaltung. Bundesweite rechtsextremistische Verlags -und Vertriebsdienste boten in ihren Versandkatalogen erneut Skinheadutensilien, wie Anstecker, T-Shirts, Aufnäher und CDs an. In Mecklenburg-Vorpommern sind Vertriebsdienste in Boizenburg und Zarrentin sowie rechtsextremistische Szeneläden in Anklam, Waren und Stralsund festgestellt worden. Im Oktober 1999 stellte die Polizei im Rahmen einer bundesweiten Durchsuchungsaktion in der rechtsextremistischen Szene auch in MecklenburgVorpommern umfangreiches Propagandamaterial sicher. Dabei wurden Kontakte der hiesigen Szene zu einem einschlägigen Versandhandel in Thüringen bekannt. 6. Nutzung moderner Kommunikationsmittel In Mecklenburg-Vorpommern werden weiterhin zwei "Nationale Info - Telefone" (NIT) betrieben, darunter eine "Dependance" des NIT eines schleswig-holsteinischen Neonazis mit Sitz in Stavenhagen. Das in Rostock angesiedelte Infotelefon wurde mittlerweile in "Freies Info - Telefon Norddeutschland" (FIT) umbenannt. Als Begründung für die Namensänderung heißt es: "Mit dem Begriff 'frei' soll noch klarer die zunehmende Bedeutung freier Informationsquellen gegenüber der Nachrichtendiktatur der Oneworld-Medien unterstrichen werden." 1 Die Texte der NIT/FIT-Ansagen können weiterhin auch im Internet abgerufen werden. Damit nutzen auch die "Infotelefone" ein Medium, das zu einem wesentlichen Bestandteil der Kommunikation innerhalb der rechtsextremistischen Szene geworden ist. Bundesweit sind 320 rechtsextremistische Homepages bekannt - hinzu kommen zahlreiche ausländische Websites. In Mecklenburg-Vorpommern nutzen die Betreiber des in Stralsund ansässigen rechtsextremistischen "Störtebeker-Netzes" (vormals "Stralsund-Netz") das Internet, um zynisch das aktuelle politische Geschehen zu kommentieren. Antisemitische Ausfälle sind dabei an der Tagesordnung. 1 "Zentralorgan" Nr. 07/99 8 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 7. Rechtsextremistische Parteien 7.1 Teilnahme an Europaund Kommunalwahlen am 13. Juni 1999 Bei Kommunalwie Europawahlen am 13.06.99 war erneut keine rechtsextremistische Partei im Lande erfolgreich. Die "Deutsche Volksunion" (DVU) trat gar nicht erst an, NPD und REP scheiterten deutlich an der 5 %-Hürde: Europawahl: REP: MV: 1,2 %, Bund: 1,7 % NPD: MV: 0,6 %, Bund: 0,4 % Wahl der Kreistage der Landkreise und der Stadtvertretungen / Bürgerschaften der kreisfreien Städte: NPD: landesweit: 0,5 % REP: landesweit: 0,1 % Die Ergebnisse der Kommunalwahlen im einzelnen: NPD: Greifswald: 1,9 % Kreistag Mecklenburg - Strelitz : 1,8 % Kreistag Ludwigslust: 1,6 % Stralsund: 1,5 % Rostock: 1,2 % Kreistag Landkreis Parchim: 1,0 % REP: Stralsund: 1,6 % 7.2 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 7.2.1 Organisatorische Entwicklung Die NPD konnte den im Zuge des Landtagswahlkampfes 1998 erreichten Mitgliederaufschwung (auf 350 Anhänger) nicht halten. Die Mitgliederzahlen lagen 1999 bei etwa 300, gegenwärtig ist nur noch von etwa 250 Anhängern auszugehen. Arbeitsfähige Kreisverbände existieren in Ludwigslust, Rostock / Bad Doberan, Greifswald, Stralsund und Neustrelitz. In den übrigen Landesteilen kommt es immer wieder zu Neugründungen, die aber oftmals - abhängig vom Engagement der Mitglieder vor Ort - nur geringe Aktivitäten entwickeln. 9 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 7.2.2 Politische Ausrichtung/Aktivitäten Die Bundesführung der NPD rechnet mittelfristig realistischerweise nicht mit Wahlerfolgen ihrer Partei; als erfreulich wird bereits gewertet, wenn das Ergebnis zur Teilhabe an der staatlichen Parteienfinanzierung berechtigt. Die NPD verfolgt stattdessen langfristige Ziele, die mit den Schlagworten "Kampf um die Köpfe", "Kampf um die Straße" und "Kampf um die Parlamente" umschrieben werden. Als Rüstzeug für diese "Kämpfe" versucht die Partei, ihren Anhängern "neue" ideologische Konzepte zu vermitteln. Primitiv-rechtsextremistische Propaganda mit antisemitischen, nazistischen und revisionistischen Inhalten (für die u.a. der ehemalige Bundesvorsitzende Günter DECKERT stand) hatte dazu geführt, dass die NPD seit ihren Hochzeiten in den sechziger Jahren an Bedeutung und Mitgliedern verlor und Anfang der neunziger Jahre innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums nicht mehr als ernstzunehmende politische Kraft galt. Mittlerweile gibt sich die NPD deutlich antikapitalistisch. Sie strebt einen nationalen Sozialismus an und gibt sich revolutionär. Darüber hinaus sieht sie sich in der Führungsrolle innerhalb des "Nationalen Widerstandes", die bislang jedoch Wunschdenken geblieben ist. Der NPD-Bundesvorstand beschreibt dies so: "Noch vor ein paar Jahren schien das Schicksal der NPD besiegelt. Sie galt als verstaubter Hinterzimmerverein, der in seinem gesamten Erscheinungsbild nur wenig anziehend wirkte. [...] Seitdem Udo VOIGT zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, ist davon in der Partei kaum noch etwas zu spüren. Mit der Öffnung für neue Konzepte und die enge Zusammenarbeit mit anderen nationalen Gruppen und Verbänden hat sich das Bild der Partei in den letzten zwei Jahren radikal verändert. [...] Die Umgestaltung zu einer weltanschaulichen Programmpartei hat der NPD nicht nur ein deutlicheres Profil gegenüber den 'rechten Protestparteien' gegeben, sondern bestätigt auch deren Führungsanspruch innerhalb der nationalen Bewegung. [...] 'Wir sind die Speerspitze der nationalen Erneuerung', unterstreicht der mecklenburgische Landesvorsitzende Dr. Eisenecker den Anspruch der NPD." 2 2 "NN aktuell - Nationale Nachrichten Nr. 1", Beilage zum NPD-Organ "Deutsche Stimme", Ausgabe 01/2000 10 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Abbildung 3: "Die NPD auf der Straße" Quelle: "Deutsche Stimme" Nr. 12, Dezember 1999 Dieser Führungsanspruch zeigte sich in der Praxis bei der Zusammenarbeit mit "anderen nationalen Gruppen und Verbänden". Berührungsängste zu Neonazis und rechtsextremistischen Skinheads wurden zurückgestellt, selbst auf die Gefahr hin, potenzielle "bürgerliche" Wähler damit abzuschrecken. Da Skinheads und Neonazis leicht zu mobilisieren sind, benötigt die NPD diese Lager zur Durchführung öffentlichkeitswirksamer Veranstaltungen. Dass dabei die "Qualität" auf der Strecke bleibt (Skinheads lassen sich nur schwer in starre Parteistrukturen einbinden, Neonazis verfolgen meist eigene Ziele), wird hingenommen. Tatsächlich gelingt es der NPD auf diese Weise, zahlreiche Teilnehmer für ihre Demonstrationen zu gewinnen. Die Partei führte 1999 im Lande insgesamt 11 Demonstrationen durch, an denen sich durchschnittlich 150 Personen beteiligten, wobei das Minimum bei 10 und das Maximum bei 400 Personen lag. Thematisch bewegte man sich auf verschiedenen Feldern, protestierte "Gegen Bombenterror und US-amerikanische Kriegstreiberei - Für ein souveränes Irak", gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, "Gegen Kolonialisierung der Völker Europas durch US-Imperialismus, NATO und EU" bzw. setzte sich "Für die Wahrung des Friedens und der Menschenrechte" ein. Vor diesem Hintergrund wird die NPD allein wegen ihrer organisatorischen Möglichkeiten innerhalb des rechtsextremistischen Lagers auch zukünftig eine zentrale Rolle spielen. 11 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 7.3 "Soziale Volkspartei" (SVP) Der im Extremismusbericht 1998 beschriebene ideologische Wandel innerhalb des NPD-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern wurde von zahlreichen Anhängern nicht mitgetragen. Insbesondere die angestrebte Kontaktaufnahme zu den (national)kommunistischen Regimen in China und Nord-Korea löste Irritationen aus. Hochrangige Funktionäre verließen die NPD und gründeten im Januar 1999 in Rostock die SVP. Sie trat politisch zu keiner Zeit nennenswert in Erscheinung. Die Partei geriet jedoch im Zusammenhang mit dem ausländerfeindlichen Brandanschlag auf eine Pizzeria in Grevesmühlen im März 1999 in die Schlagzeilen. Die Täter waren z.T. Mitglieder der SVP. Zwischenzeitlich hat sich die SVP offenbar wieder aufgelöst. 7.4 "Deutsche Volksunion" (DVU) Der DVU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern hat schätzungsweise 200 Mitglieder, die überwiegend inaktiv sind. 1999 konnten keine nennenswerten Aktivitäten festgestellt werden. 7.5 "Die Republikaner" (REP) Die Partei verfügt im Lande schätzungsweise noch über 100 Mitglieder. Abgesehen von der - erfolglosen - Wahlteilnahme waren 1999 keine Aktivitäten der REP im Lande zu verzeichnen. 8. Sonstige rechtsextremistische Organisationen Sonstige rechtsextremistische Organisationen sind in Mecklenburg-Vorpommern eine Randerscheinung. Es handelt sich dabei überwiegend um kleine Personenzusammenschlüsse, die - zumindest hierzulande - von Einzelpersonen repräsentiert werden. Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten sind selten festzustellen. Im Berichtszeitraum fanden zwei erwähnenswerte Aktionen bzw. Veranstaltungen statt: - Am 09.01.1999 betrieb der - nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern - antiparlamentarische und rassistische, insbesondere antisemitische Verein "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)" (BfG) in Rostock einen Infostand zugunsten eines "Volksbegehrens gegen die Rechtschreibreform". Mit der Unterstützung solcher tagesaktueller Themen, die - für sich genommen - keine Bezüge zum Rechtsextremismus aufweisen, versucht der BfG Kontakte in der Bevölkerung aufzubauen und neue Anhänger zu gewinnen. - Der "Nation & Europa Freunde e.V." aus Coburg, der die Zeitschrift "Nation & Europa - Deutsche Monatshefte", das bedeutendste rechtsextremistische Theorie -und Strategieorgan des nicht-neonazistischen Spektrums, herausgibt, organisierte am 12 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 18.08.1999 in einem Landgasthof in Hohewisch bei Neustadt-Glewe eine Vortragsveranstaltung , an der etwa 150 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Vertreten waren auch Funktionäre der rechtsextremistischen Parteien NPD, DVU und REP. Unter den Teilnehmern bestand Einigkeit, eine "gemeinsame Front" gegen den von ihnen abgelehnten freiheitlichen Rechtsstaat zu bilden. Die Bildung einer derartigen "Front" scheint jedoch über die Absichtserklärung nicht hinausgekommen zu sein. Mecklenburg - Vorpommern - Rechtsextremismuspotenzial - Organisationen und Personenzusammen1998 1999 schlüsse 1) Rechtsextremistisch e Skinheads und ca. 800 ca. 800 sonstige (Bund) 8.200 (Bund) 9.000 gewaltbereite Rechtsextremisten Neonazis ca. 250 ca. 300 (Bund) 2.400 (Bund) 2.200 Parteien: "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" ca. 350 ca. 300 (NPD) (Bund) 6.000 (Bund) 6.000 "Deutsche Volksunion" (DVU) ca. 200 ca. 200 2) (Bund) 18.000 (Bund) 17.000 13 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 "Republikaner" 3) (REP) ca. 100 ca. 100 4) (Bund) 15.000 (Bund) 14.000 "Soziale Volkspartei" (SVP) - ca. 50 Sonstige rechtsextremistische Einzelpersonen Einzelpersonen Organisationen (Bund) 4.500 (Bund) 4.200 Summe ca. 1700 ca. 1800 (Bund) 54.100 (Bund) 52.400 1) Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2) Nach von der DVU unwidersprochenen Presseberichten aus 1998: 300 3) Das Bundesministerium des Innern weist darauf hin, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Mitglieder der REP rechtsextremistische Ziele verfolgen oder unterstützen. 4) Eigenangabe aus 1998: über 400 14 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 II. LINKSEXTREMISMUS 1. Lageüberblick Der Linksextremismus hatte auch im Jahr 1999 in Mecklenburg-Vorpommern nur nachgeordnete Bedeutung. Die Parteienlandschaft zeigte sich nach wie vor weitgehend inaktiv, Autonome und Antifa agierten nur anlassbezogen und schwach organisiert. Die Zahl der dem linksextremistischen Spektrum insgesamt zuzuordnenden Personen liegt wie im Vorjahr bei etwa 350 (Bund: Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften 35.200; 1998: 34.700). Die verschiedenen Gruppierungen und Parteien sind zwar einig im Ziel, eine andere als die im Grundgesetz verankerte Gesellschaftsordnung erlangen zu wollen, sie sind aber kaum zu einer "Zusammenarbeit" bereit. 2. Straftatengeschehen Die dem militanten autonomen Spektrum zuzurechnenden Gewalttaten sind, so drastisch sie im Jahr 1998 wegen verstärkter Auseinandersetzungen mit Rechtsextremisten im Rahmen von Wahlkampfaktivitäten angestiegen waren, durch das Fehlen vergleichbarer Anlässe 1999 zurück gegangen. Nach Angaben des Landeskriminalamtes wurden 1999 in Mecklenburg-Vorpommern 26 Straftaten (1998: 75) mit erwiesener oder zu vermutender linksextremistischer Motivation begangen. Darunter waren 3 Gewalttaten (1998: 28). 3. Linksextremistischer Terrorismus / Antiimperialistischer Widerstand 1999 wurden den deutschen Sicherheitsbehörden zwei mutmaßliche Angehörige der "Roten Armee Fraktion" (RAF) aus dem Ausland überstellt (Hans-Joachim Klein aus Frankreich, Andrea Klump aus Österreich). Im Bereich des "Antiimperialistischen Widerstands" kam es zu den ersten Verurteilungen von Angehörigen der "Antiimperialistischen Zelle" (AIZ). Das OLG Düsseldorf verurteilte die beiden Angeklagten zu 13 bzw. 9 Jahren Haft. In Mecklenburg-Vorpommern konnten 1999 keine Bezüge zum linksextremistischen Terrorismus festgestellt werden. 15 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 4. Militante Autonome Autonome sehen -analog zur historischen Faschismusdefinition des MarxismusLeninismus - in der bürgerlichen und marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaft die Wurzeln des "Faschismus". Sie sind der Überzeugung, dass nur eine in ihrem Sinne "freie Gesellschaft" die Gefahr des "Faschismus" endlich bannen könne. Insoweit geht es der Szene um Systemüberwindung. In Mecklenburg-Vorpommern sind weiterhin etwa 200 Personen (Bund: Gewaltbereite Linksextremisten 7.000; 1998: 7.000) der autonomen Szene zuzurechnen, von denen ca. 50 den sogenannten "harten Kern" bilden. Dazu kommt ein lediglich anlassbezogen und regional mobilisierbares Umfeld, das zahlenmäßig allerdings nur schwer eingrenzbar ist. Schwerpunkte in Mecklenburg-Vorpommern sind die Städte Rostock und Schwerin, weniger ausgeprägt ist die Szene in Neubrandenburg, Wismar, Ludwigslust, Stralsund und Greifswald. 4.1. "Antifaschismuskampf" Zentrale Themen waren 1999 der Krieg in (Ex-)Jugoslawien sowie der "Antifaschismuskampf". So kam es im Berichtszeitraum zu einigen Aktionen, die allerdings weitestgehend ohne die ansonsten bekannte Militanz abliefen. Am 13. März 1999 hatte eine Gruppe "Antifaschisten aus Schwerin" im Rahmen der Kampagne "Tag des politischen Gefangenen" zu einer Demonstration in Schwerin aufgerufen, an der ca. 100 Personen - darunter auch Autonome - teilnahmen. Bei der weitgehend friedlichen Veranstaltung kam es am Rande zu einer Festnahme wegen Landfriedensbruchs. Autonome beteiligten sich auch am 27. März in Anklam an einer friedlich verlaufenden Veranstaltung gegen die NPD-Demonstration. Am 12. Juni kam es in Rostock ebenfalls anlässlich einer NPD-Demonstration zu Protestaktionen unter Beteiligung von Angehörigen des autonomen Spektrums. Dort suchten Angehörige der autonomen Szene die körperliche Auseinandersetzung mit rechten Teilnehmern, polizeiliche Platzverweise verhinderten aber ernstere Zwischenfälle. Auffällig waren darüber hinaus vermehrt festzustellende Schmierereien und Plakatierungen der Antifa an Hauswänden und Mauern, vor allem in Schwerin. 16 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 17 Anna und Lotte forder n: Nazizentren # i en 2. in der Goethestr >23 befihdet sich ein : or ""Meonaris bewohnkes unkl unterhaltenes . Zentrum, von Jem alla faschietische Aktivitäten and Übergriffe in Schwerin ausgehen . Der Verankerufig dieser Form ".-rochter "hi Eur" gi it sa entgagenezuwi rkan! Zwar hat auch die Stadtveoktreterversammlung genau das in ihren Sitzung en bakundee, aber geschehen wird da nichts! Das hat una echen die Genshmigung won zwei Hazsiaufmärschen in Schwerin gezeigt, oe if Baschluß vorlag, rechtsradikalen Oredjari sationen keine öffentlichen Bäume und Plätze zur Verfügung "su stellen. Der herrschenden Folitik sollte Mersch nicht verboten. Herr Wir Was verändern wollen, müssen hir selbst aktiv "erden Darum; Helft den aris beim Foffer packen und Zimmer aufraumen E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 4.2 Kampf gegen die wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie Neben dem "Antifaschismus" bleibt auch der Kampf gegen die Kernenergie zentrales, allerdings nicht besonders erfolgreiches Thema der Szene. In der Berliner Autonomenzeitschrift "Interim" (Nr. 469) vom 11.02.1999 und der Zeitschrift "anti atom aktuell Nr. 99" (März 1999) wurde auf ein "Aktions-Camp" in der Zeit vom 13.-16. Mai 1999 in Lubmin hingewiesen. Obwohl der Standort Lubmin innerhalb der unter linksextremistischem Einfluss stehenden Teile der "Anti-AKW-Bewegung" als ein Schwerpunkt angesehen wird, war die Resonanz auf den Aufruf jedoch kaum spürbar. Die Aktionen anlässlich des "Aktions-Camps" verliefen störungsfrei. 5. Revolutionäre Marxisten/Marxisten-Leninisten Die verfassungsfeindliche Zielsetzung des Marxismus - Leninismus ist für die Verfechter dieser Ideologie nicht nur eine theoretische Lehre, sondern auch eine Anleitung zum konkreten Handeln. Lenin lehrte, dass die Arbeiterklasse in der sozialistischen Revolution die Macht erobern, den "bürgerlichen" Staat zerschlagen und ihre - totalitäre - Herrschaft, die Diktatur des Proletariats errichten müsse. Dies sind nach Lenin die Voraussetzungen, um den Sozialismus und Kommunismus aufzubauen. Die Trotzkisten sind eine Abspaltung der traditionellen Marxisten-Leninisten. Begründer war der Russe Trotzki (1879-1940), neben Lenin und Stalin einer der wesentlichen Akteure der russischen Oktoberrevolution. Das Ziel, der Sozialismus, kann nach deren Auffassung nur in einer "permanenten Revolution" erreicht und mit einer sozialistischen "Weltpartei" - ohne Begrenzung auf ein Land - erhalten werden. Eine gepflegte taktische Variante ist es bei den Trotzkisten, nach Eindringen in demokratische "Arbeiterorganisationen" diese dann in ihren Sinne zu beeinflussen (Entrismus). Den Gruppierungen der revolutionären Marxisten, Marxisten-Leninisten und Trotzkisten in Mecklenburg-Vorpommern gehörten wie in den Vorjahren ca. 150 Personen an (Bund: 28.700; 1998: 28.400). 5.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Eine wesentliche Veränderung des Mitgliederstandes von deutlich unter 50 Personen in M-V war im Vergleich zum Vorjahr nicht zu verzeichnen. Die Arbeit der Parteigruppen wird laut "DKP-Information 5/99" (Juni 1999) von "Koordinierungsräten". organisiert. Offensichtlich ist es bislang nicht gelungen, einen eigenständigen DKP-Bezirk aufzubauen. An dem jährlichen Pressefest des DKP - Organs "Unsere Zeit" (UZ) im August 1999 in Dortmund nahmen auch Mitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern teil. Neben vereinzelten Flugblattaktionen, z.B. der DKP in Rostock zur Verurteilung des PKK-Führers ÖCALAN, trat die DKP öffentlich nur am 09. Oktober in Greifswald anlässlich einer Veranstaltung zum "50. Jahrestag der DDR" in Erscheinung. Praktisch war die DKP im zurückliegenden Jahr im Wesentlichen mit ihrer politischen Selbstdarstellung, mit ihren allgemein systemkritischen Beiträgen und mit Fragen der Stärkung der Partei beschäftigt. Zur Zielgruppe gehörend definierte der Parteivorstand 19 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 auf seiner 7. Tagung "ehemalige SEDund SEWund DKP-Mitglieder, die nicht zuletzt durch politische Ereignisse der jüngsten Vergangenheit neu politisiert werden können." 5.2. "Kommunistische Plattform" (KPF) der PDS Die Mitgliederzahl der KPF in Mecklenburg-Vorpommern beläuft sich nach offiziellen Angaben inzwischen auf weniger als 20 Personen. Sie trat im Berichtszeitraum öffentlich nicht in Erscheinung. 5.3 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die Mitgliederzahl in Mecklenburg-Vorpommern liegt nach wie vor deutlich unter 50 Personen. Es existieren lediglich einige Ortsgruppen, die anlässlich des NATOEinsatzes in Jugoslawien, teilweise im Bündnis mit Demokraten, Protestaktionen organisierten, die jedoch ohne Resonanz blieben. In Malchow rief nach eigener Presseberichterstattung in "Rote Fahne" (20/99) die Jugendorganisation REBELL mit einem Flugblatt die Schüler eines Gymnasiums zu Protestmaßnahmen gegen die "imperialistische Kriegspolitik" der NATO auf. Das Schulungszentrum der MLPD ("Arbeiterbildungszentrum") in Alt Schwerin am Plauer See stand der Partei im Sommer als Ferienstätte für Kinder und darüber hinaus weiter als Fortbildungsund Seminarveranstaltungsort zur Verfügung. An der Kommunalwahl am 13. Juni 1999 beteiligte sich die MLPD nicht. 5.4 "Sozialistische Alternative VORAN" (SAV) Die trotzkistische SAV ist in Mecklenburg-Vorpommern lediglich mit einer ca. 20 Mitglieder starken Gruppe in Rostock vertreten. Die SAV beteiligte sich am 13. Juni 1999 an den Kommunalwahlen in Rostock und erzielte für ihre beiden Kandidaten nach Angaben des Landeswahlleiters einen Achtungserfolg von 859 oder 0,5 % der Stimmen. Die wesentlichen Aktivitäten der SAV waren bestimmt durch Aktionen gegen ein in Rostock geplantes Zentrum der "Deutschen Volks-Union" (DVU) sowie durch Teilnahme an Protestmaßnahmen gegen NPD-Veranstaltungen. Darüber hinaus beteiligten sich Angehörige der SAV am 29. Mai 1999 in Köln am so genannten Europamarsch, einer Protestveranstaltung gegen den "Doppelgipfel". 20 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Mecklenburg - Vorpommern - Linksextremismuspotenzial - Organisationen und Personenzusammen1998 1999 schlüsse 1) Gewaltbereite Linksextremisten 200 200 (Autonome) (Bund) 7.000 (Bund) 7.000 Marxisten-Leninisten und andere ca. 150 ca. 150 revolutionäre Marxisten (Bund) 28.400 (Bund) 28.7002) Summe ca. 350 ca. 350 (Bund) 35.400 (Bund) 35.700 1) Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2) Einschließlich "Kommunistischer Plattform der PDS" (KPF). 21 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 III. AUSLÄNDEREXTREMISMUS 1. Lageüberblick In Mecklenburg-Vorpommern waren Ende 1999 22.319 ausländische Mitbürger registriert (Bund: 7,34 Mio.). Gemessen an der Gesamtbevölkerung des Landes beträgt der Ausländeranteil damit 1,25 % (Bund: 8,9 %). Nur ein absolut geringer Teil der in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Ausländer gehört einer extremistischen Organisation an oder unterstützt sie aktiv. Relevante Aktivitäten gingen auch 1999 nahezu ausschließlich von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aus 3. 1999 lebten hier etwa 1000 türkische Staatsangehörige mit kurdischer Volkszugehörigkeit. Im Berichtsjahr waren etwa 100 Kurden in M-V nachweislich Mitglieder/aktive Anhänger der PKK. Versuche, im Lande anlassbezogen demonstrative Stärke zu zeigen, waren insgesamt nicht besonders erfolgreich. Das deutet darauf hin, dass es in M-V kaum möglich sein dürfte, größere Versammlungen mit den aktiven Anhängern, geschweige denn mit dem auf etwa 500 Personen geschätzten Sympathisantenkreis durchzuführen (Bund: Mitgliederpotential extremistischer Kurdenorganisationen 12.400; 1998: 11.900). Der seit längerem von der PKK eingeschlagene Deeskalationskurs hatte zunächst nur bis zum Anfang des Jahres 1999 gehalten. Die gewaltsamen Aktionen militanter PKKAktivisten im Bundesgebiet von Februar 1999 nach der Verhaftung ihres Vorsitzenden Öcalan durch türkische Behörden haben den bis dahin unternommenen Versuchen, in Deutschland um Vertrauen zu werben, nachhaltig geschadet. Demonstrativ schloss sich an diese erste Phase der Gewalt allerdings eine gewaltfrei ausgerichtete Kampagne zu Gunsten ihres Parteivorsitzenden Öcalan an, die bis über das Jahresende 1999 hinaus andauert. Zu Beginn des Jahres 2000 wurden dann öffentlich Pläne zum Umbau - auch 3 Die von den im Bundesgebiet lebenden Ausländern ausgehenden extremistischen Bestrebungen sind unter zwei Gesichtspunkten bedeutsam. Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland oder deren Sicherheit richten, werden gem. SS 5 Abs. 1 Nr. 1 Landesverfassungsschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LVerfSchG M-V) beobachtet. Bestrebungen, die vom Boden der Bundesrepublik Deutschland aus durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, fallen unter SS 5 Abs. 1 Nr. 3 LVerfSchG M-V. ? Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung sind in erster Linie im Zusammenwirken ausländischer extremistischer Organisationen mit inländischen extremistischen Gruppen zu sehen. ? Bestrebungen gegen die innere Sicherheit gehen bisweilen auch von extremistischen Ausländergruppen aus. ? Eine Gefährdung der auswärtigen Belange liegt immer dann vor, wenn durch die Bestrebungen das friedliche Zusammenleben der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Völkern oder die Beziehungen zu anderen Regierungen beeinträchtigt werden können. Dies kann auch durch gewaltsame Aktionen von extremistischen Ausländerorganisationen geschehen, die vom Bundesgebiet aus in interne Angelegenheiten fremder Staaten eingreifen wollen. 22 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 zur Umbenennung - der Partei und ihrer Untergliederungen bekannt gemacht, die den friedlichen Charakter der Organisation unterstreichen sollen. Weitere Erkenntnisse zur PKK in M-V siehe Ziffer 3. ? Die türkischen linksextremistischen Organisationen - "Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten" (TKP/M-L), - "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) und - "Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei" (TDKP) sind in M-V weiterhin ohne Struktur und nur durch Einzelpersonen vertreten. Aktivitäten wurden nicht bekannt. Die verbotene "Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front" (DHKP-C) und "Türkische Volksbefreiungspartei/-front - Revolutionäre Linke" (THKP-C) haben im Rahmen ihres Konkurrenzkampfes im Bundesgebiet erneut hohe Gewaltbereitschaft gezeigt. In M-V wurden keine Vorkommnisse mit Bezügen zu den genannten Organisationen bekannt. ? Das Potential türkischer Islamisten ist im Bundesgebiet weiter gestiegen und wird durch die Organisationen - "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) und - "Kalifatstaat" (Nachfolgeorganisation des "Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB), vertreten. Exemplarisch für die Drohund Motivationsgebärden des "Kalifatsstaates" steht plakativ folgende Aussage: Islamistische Organisationen sind in Mecklenburg-Vorpommern strukturell nicht vertreten. 23 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 2. Straftatengeschehen 1999 wurden vom Landeskriminalamt M-V 9 (1998: 3) ausländerextremistische Straftaten mit erwiesenem bzw. zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund registriert. Im Bundesgebiet insgesamt ist im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Anstieg der Gewaltund Straftaten zu verzeichnen gewesen (Gewalttaten 1999: 391;1998: 258; Straftaten 1999: 2563; 1998: 2356). Dies ist weitgehend auf die Aktionen der Anhänger der verbotenen linksextremistischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) nach der Festnahme des Vorsitzenden der Organisation, Abdullah Öcalan, am 15. Februar 1999 bzw. nach der Verkündung des Todesurteils gegen Öcalan am 29. Juni zurückzuführen. 3. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Einzelerkenntnisse zu Mecklenburg-Vorpommern Im Zuge von bundesweiten Protestaktionen nach der Festnahme des Generalvorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan, am 15. Februar 1999 in Kenia und dessen Überführung in die Türkei kam es ab dem 16. Februar in zahlreichen deutschen Städten zu Aktionen von PKK-Anhängern. Bei dem Versuch, am 17. Februar 1999 das israelische Generalkonsulat in Berlin zu stürmen und zu besetzen, wurden drei Kurden von israelischen Sicherheitskräften getötet, ein vierter Kurde erlag zu einem späteren Zeitpunkt seinen Verletzungen. Neben Protestdemonstrationen kam es in Hamburg zur vorübergehenden Besetzung der SPD-Zentrale, in deren Verlauf erhebliche Sachbeschädigungen und Geiselnahmen verübt wurden. An der Erstürmung des o.g. Generalkonsulats und an der Besetzung der SPD-Zentrale in Hamburg waren auch Kurden mit Wohnsitz in MecklenburgVorpommern beteiligt. Bei der Berliner Aktion erlitt einer der Beteiligten Kurden aus M-V eine Schussverletzung. Im Lande M-V fanden drei Kundgebungen u.a. mit bekannten PKK-Aktivisten statt. Die Demonstrationen vom 18.02. und 06.03.1999 in Rostock sowie am 02.03.1999 in Neubrandenburg mit der bekannten, zentralen Forderung: "Freiheit für Öcalan" blieben friedlich. Verbotene "PKK-Symbole" wurden allerdings auch hierbei öffentlich zur Schau gestellt. 24 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Weitere Protesthandlungen im Land in Form von (kurzfristigen) Hungerstreiks waren nicht öffentlichkeitswirksam. Sprühaktionen mit den verbotenen PKK-Symbolen, die an die Adresse der vermeintlichen "Gegner" gerichtet waren, hatten die Zielrichtung CDU, öffentliche Gebäude und Polizei. Todesurteil gegen Öcalan Mit Prozessbeginn gegen Öcalan am 31.05.1999, sowie, verschärft durch den (allerdings auch erwarteten) Antrag der Staatsanwaltschaft auf Todesstrafe vom 29.06.1999 und den bestätigenden Richterspruch, u.a. wegen Hochverrats, durch das Staatssicherheitsgericht Ankara am 08.07.1999 fanden in ganz Deutschland zahlreiche Kundgebungen mit Tausenden Teilnehmern statt. Bis auf wenige Einzelfälle blieb es dabei gewaltfrei. Dem PKK-Aufruf zur Großdemonstration in Bonn am 17.04.1999 folgten hier bekannte PKK-Aktivisten/Anhänger aus dem Land mit etwa 100 Personen. An weiteren PKKorientierten Demonstrationen außerhalb des Landes in Berlin, Den Haag/NL, Hamburg und Dortmund nahmen ebenfalls PKK-Aktivisten aus M-V teil. In M-V wurden in diesem Zusammenhang noch drei PKK-orientierte Aktionen/Demonstrationen bekannt., die zwischen Mai und Juli in den Städten Malchin, Malchow Neubrandenburg und Rostock stattfanden. Für die Durchführung der Demonstrationen zeichneten PKK-Aktivisten aus M-V verantwortlich. Aus Anlass der Bestätigung des Todesurteils durch das türkische Kassationsgericht (oberster Gerichtshof) am 25.11.1999 gegen Öcalan fanden erneut bundesweit - überwiegend friedliche - kurdische Demonstrationen statt. In M-V demonstrierten lediglich ca. 25 Kurden störungsfrei für eine Stunde in Neubrandenburg. Auch bei weiteren Gedenkveranstaltung auf "PKK-Regionsebene" waren PKKAktivisten/Anhänger aus M-V vertreten. 25 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Hintergrund und Perspektive: Die Leitungsund Führungsfunktion Öcalans wurde zuletzt anlässlich des 7. Parteikongresses im Februar 2000, bei dem weitergehende Umstrukturierungen und Umbenennungen beschlossen worden sind, durch dessen Wiederwahl zum "Vorsitzenden" bestätigt und gefestigt. Derzeit bestimmt ein Präsidialrat, der aus sieben Personen besteht, den weiteren Kurs der PKK. Eine Bewertung der Erklärungen und des tatsächlichen Verhaltens der Anhänger von Öcalan in Deutschland deuten darauf hin, dass dessen Vorgabe, die PKK vom bewaffneten Kampf zu einer politisch ausgerichteten Organisation führen zu wollen, auch weitestgehend angenommen wird. Eine mehr oder minder deutliche Warnung vor unkalkulierbaren Reaktionen wurde allerdings für den Fall erhoben, dass Öcalan tatsächlich hingerichtet wird. Mehrere Sprecher kurdischer Vereine stellten am 09.12.1999 eine gemeinsame bundesweite Petition für das Jahr 2000 mit dem Motto "Kurdinnen und Kurden in Deutschland fordern ihr Recht" vor. Die unter diesem Leitsatz gesammelten Unterschriften sollen letztlich beim Bundestag eingereicht werden.4 Mecklenburg - Vorpommern - Mitgliederzahl extremistischer Kurden-Organisationen - Organisationen und Personenzusammen1998 1999 schlüsse 1) Kurden 602) 1003) (Bund) 11.900 (Bund) 12.400 1) Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2) "Harter Kern"; daneben bis zu 600 mobilisierbare Sympathisanten. 3) Eindeutig zuzuordnende PKK-Aktivisten; daneben bis zu 500 mobilisierbare Sympathisanten. 4 Eine Petitionsinitiative für die "Aufhebung des PKK-Verbots" ist im September 1999 durch den Bundestag abgelehnt worden. 26 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 IV. SCIENTOLOGY-ORGANISATION Während die Scientology-Organisation (SO) angibt, in Deutschland etwa 30.000 Mitglieder zu haben, gehen die Verfassungsschutzbehörden bundesweit von 5.000 bis 6.000 SO-Mitgliedern aus. In Mecklenburg-Vorpommern verfügt die SO nach wie vor über keine eigenständigen Strukturen. Hier lebende Mitglieder sind nach dem derzeitigen Erkenntnisstand in die Hamburger Organisation eingebunden. Im Berichtszeitraum unternahm die SO mehrere bundesweite "direct mailing-Aktionen" mit dem Ziel, Entscheidungsträger mit ihrer Selbstdarstellung im Sinne ihrer Zielsetzung zu beeinflussen. Adressaten waren u.a. Minister, Bürgermeister, Dienststellenleiter von Behörden so wie kirchliche Amtsträger. Vereinzelt wurden in Mecklenburg-Vorpommern öffentliche Bibliotheken um Aufnahme von einschlägiger SO-Literatur ersucht. 27 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 V. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern hat 1999 wieder mehrere Publikationen veröffentlicht. Gemeinsam mit der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums des Landes Brandenburg wurde ein Faltblatt mit dem Titel "Rechtsextremisten in Deutschland ? Was sie sagen ? Was sie wollen ? Was sie tun" herausgegeben, in dem kurz und plakativ auf Gefahren des Rechtsextremismus hingewiesen wird. Auf Initiative und unter der Regie der Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern ist mit finanzieller Unterstützung der Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin ein Videofilm über Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes hergestellt worden. Der Film mit dem Titel "Demokratie schützen - Verfassungsschutz" ist in großer Stückzahl produziert worden und kann auf Nachfrage auch Multiplikatoren als Darstellungshilfe zur Verfügung gestellt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz, das die Dreharbeiten ebenfalls unterstützt hat, hält den Film für besonders geeignet, Aufklärung über die Arbeit des Verfassungsschutzes zu leisten. Im Sommer wurde die einzige Ausgabe 1999 des Verfassungsschutz-Journals mit einem leicht veränderten "Gesicht" herausgegeben. Zum Leitthema "Freiheit und Sicherheit - kein Gegensatz" äußern sich darin überaus kompetente Autoren. Der "Extremismusbericht 1998", der öffentlich über die Lage im Arbeitsbereich des politischen Extremismus berichtet und durch Statistiken auf regionale Schwerpunkte hinweist, wurde erstmals gemeinsam mit dem Landeskriminalamt erstellt. Nach der Pressevorstellung im Mai 1999 ist der Bericht als Beilage zum Journal verbreitet worden. Seit Dezember 1999 ist die Neuauflage der Broschüre "Skinheads" erhältlich. Diese, in wesentlichen Teilen neu konzipierte Broschüre fand große Resonanz. Die gesamte erste Auflage von 4.000 Stück war bereits innerhalb von vier Wochen vergriffen. Schulen und Polizeidienststellen - auch außerhalb der Landesgrenzen von M-V - haben Sätze von 20 - 50 Stück bestellt und nutzen die Broschüre als Lehrmaterial. Inzwischen liegt eine zweite Auflage von erneut 4.000 Stück vor, so dass Nachbestellung weiterhin möglich sind (siehe hierzu auch Verfassungsschutz-Journal 1/2000). 28 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 Bei Interesse können sämtliche Publikationen über die Verfassungsschutzabteilung oder die Pressestelle des Innenministeriums bestellt werden. Auch 1999 sind Vorträge und Diskussionsrunden an Schulen und vor Multiplikatoren gehalten worden. Die Veranstaltungszahlen erreichten allerdings nicht die Größenordnung der Vorjahre, da personelle Engpässe es nicht mehr zuließen, jede entsprechende Anfrage - insbesondere aus dem schulischen Bereich - zu bedienen. Ab sofort können Sie in Fragen der Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes auch die neue E-mail-Adresse nutzen: VS-MV@t-online.de VI. STRUKTURDATEN Im Haushaltsjahr 1999 standen der Abt. II 5 Haushaltsmittel in Höhe von DM 1.435.500,- - zur Bewirtschaftung zur Verfügung. Zusätzlich waren weiterhin DM 47.000,-als Anteil des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Schule für Verfassungsschutz als gemeinsame Bund-/Länder-Einrichtung veranschlagt. Zum Ende des Jahres 1999 betrug der Personalbestand 73 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 29 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 VII. LAGEBILD STAATSSCHUTZ A Rechtsextremismus 1. Gesamtbewertende Übersicht Bundesweit wurden 10.037 (1998: 11.048) Straften mit einer rechtsextremistischen (6.937; 1998: 7.414) ), fremdenfeindlichen (2.283; 1998: 2.644) oder antisemitischen (817; 1998: 991) Motivation registriert. Die im Jahr 1998 durch die AG Fallzahlen vorgeschlagene und durch die 44. Tagung der K-Staatsschutz einstimmig beschlossene veränderte Zählweise (Fallzahlen) wurde wie im "Extremismusbericht 1998" für den Berichtszeitraum berücksichtigt und stellt erstmalig für den "Extremismusbericht 1999" eine vergleichbare Größe dar. Die Zahlenangaben wurden zu einem gleichen Stichtag für den zu vergleichenden Vorjahreszeitraum erhoben. Unter der Beachtung der veränderten Zählweise ergibt sich nur eine eingeschränkte Vergleichbarkeit Berichtszeiträume 1999 und 1998 mit 1997.* Im Jahr 1999 meldeten die 4. Fachkommissariate 268 Straftaten, bei denen nach dem jetzigen Erkenntnisstand eine rechtsextremistische (156), fremdenfeindliche (86) oder antisemitische (26) Motivation zugrunde liegen könnte; darunter 53 Gewaltstraftaten. 16 Gewaltstraftaten werden einer rechtsextremistischen, 37 einer fremdenfeindlichen Motivation zugeordnet. Antisemitische Gewaltdelikte wurden nicht festgestellt. Gegenüber dem Vorjahr ist bei der Gesamtzahl der Straftaten ein Rückgang um 11,5 % zu verzeichnen. Bei den Propagandadelikten ist ein Rückgang um 4,5 % festzustellen. Demgegenüber sind die Gewaltdelikte um 3,9 % angestiegen. Von den 268 gemeldeten Straftaten wurden 196 aufgeklärt, darunter 127 rechtsextremistische, 57 fremdenfeindliche und 12 antisemitische Delikte. Die Aufklärungsquote stieg damit von 65,0 % im Jahr 1998 auf 73,1 %. Von den 53 Gewaltstraftaten wurden 39 aufgeklärt. Es handelte sich um 12 rechtsextremistisch und 27 fremdenfeindlich motivierte Straftaten. Dies entspricht einer Aufklärungsquote von 73,6 %. Insgesamt wurden 475 Tatverdächtige ermittelt oder waren bei der Anzeigenaufnahme bekannt. Davon wurde bei 269 eine rechtsextremistische, 171 eine fremdenfeindliche und 39 eine antisemitische Motivation festgestellt. Im Rahmen der aufgeklärten Gewaltstraftaten wurden insgesamt 160 Tatverdächtige ermittelt, davon handelten 97 mit fremdenfeindlicher Motivation. 30 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 2. Gegenüberstellung Gesamt/Propaganda-/Gewaltdelikte in den Vergleichszeiträumen 434 450 425 400 375 350 325 303 300 268 275 237 250 Gesamt 225 200 155 Propagandadelikte 175 148 Gewaltdelikte 150 125 82 100 75 53 51 50 25 0 1999 1998 1997 2.1 Gegenüberstellung Gesamt/Propaganda-/Gewaltdelikte in den Vergleichszeiträumen auf die Monate verteilt Jahre 1999 1998 1997 GesamtPropaGewaltGesamtPropaGewaltGesamtPropaGewaltzahl der gandadelikte zahl der gandadelikte zahl der gandadelikte Delikte delikte Delikte delikte Delikte delikte Monate Januar 13 8 2 37 18 3 28 18 6 Februar 20 10 6 35 24 3 20 13 3 März 34 19 7 27 13 7 46 23 10 April 22 13 4 30 17 4 32 17 5 Mai 30 20 4 26 14 4 47 26 11 Juni 33 15 11 24 13 7 52 31 7 Juli 19 10 3 12 3 2 29 16 12 August 22 8 6 43 17 9 40 22 10 September 28 17 5 19 7 4 43 16 5 Oktober 22 13 3 17 9 2 37 27 7 November 10 6 2 21 11 5 42 16 4 Dezember 15 9 0 12 9 1 18 12 2 Gesamt 268 148 53 303 155 51 434 237 82 31 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 3. Deliktschwerpunkte Mit 55,2 % (148) bilden die Propagandadelikte gem. SSSS 86 ff. StGB den Schwerpunkt. Die Körperverletzungsund Volksverhetzungsdelikte gem. SSSS 223 ff. StGB und SS 130 StGB folgen mit 15,7 % (42) bzw. 14,5 % (39). Es wurden 1999 zwei versuchte Tötungsdelikte und vier Brandstiftungen gemeldet. Weiterhin waren 33 weitere Straftaten (z. B. Beleidigung, Sachbeschädigung, Nötigung/ Bedrohung, Raub u.a.) zu registrieren. 32 4. Verteilung der Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straftaten auf die Landkreise und die Kreisfreien Städte in MV für das Jahr 1999 LK/ PD Rechtsextremistische Fremdenfeindliche Antisemitische Sonstige Gesamtzahl der KF Städte Bereich Straftaten in LK/KF Städten Straftaten in LK/KF Städten Straftaten in LK/KF Städten R.-extrem. Straftaten in LK/KF Städten Gesamt Propaga.-d. Gewaltd. Gesamt Propaga.-d. Gewaltd. Gesamt Propaga.-d. Gewaltd. Straftaten Gesamt Propaga.-d. Gewaltd. NWM SN 12 9 0 6 0 3 3 0 0 9 21 9 3 LWL SN 18 12 1 5 3 0 2 0 0 9 25 15 1 PCH SN 5 5 0 2 1 0 0 0 0 1 7 6 0 HWI SN 6 5 0 6 0 5 0 0 0 2 12 5 5 SN SN 11 7 1 4 2 0 6 1 0 10 21 10 1 Gesamt 52 38 2 23 6 8 11 1 0 31 86 45 10 DBR HRO 8 4 2 4 1 2 4 2 0 5 16 7 4 GÜ HRO 7 7 0 1 0 1 0 0 0 0 8 7 1 HRO HRO 15 11 3 15 3 7 3 3 0 6 33 17 10 UnbekanntHRO 1 1 Gesamt 30 22 5 20 4 10 8 5 0 12 58 31 15 MÜR NB 1 1 0 2 0 1 0 0 0 1 3 1 1 DM NB 8 8 0 12 0 6 0 0 0 6 20 8 6 MST NB 9 9 0 5 1 2 1 0 0 3 15 10 2 NB NB 5 4 1 3 0 1 2 0 0 4 10 4 2 Gesamt 23 22 1 22 1 10 3 0 0 14 48 23 11 NVP HST 5 4 1 1 1 0 0 0 0 0 6 5 1 RÜG HST 2 2 0 5 0 2 1 0 0 4 8 2 2 HST HST 14 9 5 5 2 1 2 1 0 3 21 12 6 Gesamt 21 15 6 11 3 3 3 1 0 7 35 19 9 OVP ANK 21 20 1 2 0 1 1 1 0 1 24 21 2 UER ANK 8 7 1 4 1 2 0 0 0 1 12 8 3 HGW ANK 1 1 0 4 0 3 0 0 0 1 5 1 3 Gesamt 30 28 2 10 1 6 1 1 0 3 41 30 8 Gesamt MV 156 125 16 86 15 37 26 8 0 67 268 148 53 33 5. Täterstruktur 5.1 Altersstruktur der männlichen und weiblichen Tatverdächtigen Alter (Jahre) männl. weibl. Gesamt bis 13 176 16 192 18-20 148 10 158 21-24 71 6 77 25-29 22 1 23 30< 21 21 unbekannt 4 4 Gesamt 442 33 475 5.2 Gruppenstruktur der Tatverdächtigen Einzeltäter: 123 Tätergruppen bis zu 10 Personen: 62 Tätergruppen über 10 Personen: 9 6. Aufklärungsquote Einklassifizierung Erfasste Geklärte Aufklärungsquote Fälle Fälle Gewaltdelikte 53 39 73,6 % Propagandadelikte 148 123 83,1 % Sonstige Straftaten 67 34 50,7 % Gesamt 268 196 73,1 % 34 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 B Linksextremismus 1. Gesamtbewertende Übersicht Bundesweit wurden 3.055 (1998: 3.201) Straftaten mit einer linksextremistischen Motivation registriert. Im Jahr 1999 meldeten die 4. Fachkommissariate 26 Straftaten, bei denen nach dem jetzigen Erkenntnisstand eine linksextremistische Motivation zugrunde liegen könnte, darunter drei Gewaltdelikte. Gegenüber dem Vorjahr wurden 49 linksextremistische Straftaten weniger registriert. Sechs Straftaten wurden aufgeklärt. Dies entspricht einer Aufklärungsquote von 23,1 %. 11 Tatverdächtige wurden ermittelt. Eine weitere statistische Aufbereitung ist aufgrund der geringen Ausgangsdaten nicht erforderlich. 75 80 70 60 50 40 28 Gesamt 26 28 Gewaltdelikte 30 20 10 3 1 0 1999 1998 1997 2. Gegenüberstellung Gesamt/Gewaltdelikte in den Vergleichszeiträumen 2.1 Gegenüberstellung Gesamt/Gewaltdelikte in den Vergleichszeiträumen auf die Monate verteilt Jahre 1999 1998 1997 GesamtGewaltGesamtGewaltGesamtGewaltzahl der delikte zahl der delikte zahl der delikte Delikte Delikte Delikte Monate Januar 2 0 15 8 0 0 Februar 0 0 5 3 4 0 März 8 1 1 0 7 0 April 3 0 7 1 4 0 Mai 3 1 8 4 4 0 Juni 3 1 9 2 2 0 Juli 3 0 4 1 4 0 August 0 0 11 3 2 0 September 2 0 11 3 2 0 Oktober 1 0 0 0 6 0 November 0 0 0 0 1 0 Dezember 1 0 4 3 1 1 35 Gesamt 26 3 75 28 21 1 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 2.2 Aufgliederung der Straftaten auf die PD-Bereiche PD-Bereich Schwerin Rostock Stralsund Neubrandenburg Anklam Gesamt Monat Januar 2 0 0 0 0 2 Februar 0 0 0 0 0 0 März 5 0 3 0 0 8 April 1 1 0 0 0 2 Mai 1 1 1 0 0 3 Juni 0 2 2 0 0 4 Juli 0 0 2 1 0 3 August 0 0 0 0 0 0 September 1 1 0 0 0 2 Oktober 1 0 0 0 0 1 November 0 0 0 0 0 0 Dezember 1 0 0 0 0 1 Gesamt 12 5 8 1 0 26 3. Deliktschwerpunkte Bei den angegriffenen Straftatbeständen bilden die Sachbeschädigungen gem. SSSS 303 ff. StGB, mit 50 % (13), den Schwerpunkt. Drei Körperverletzungsdelikte gem. SSSS 223 ff. StGB wurden hier registriert. Weiterhin wurden 10 weitere Straftaten (z. B. Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Beleidigung, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz u.a.) gemeldet. 4. Täterstruktur 4.1 Altersstruktur der männlichen und weiblichen Tatverdächtigen Alter (Jahre) männl. weibl. Gesamt bis 13 18-20 0 0 21-24 2 1 3 25-29 5 4 9 30< 1 2 3 unbekannt 2 2 4 Gesamt 10 9 19 36 E x t r e m i s m u s b e r i c h t 1 9 9 9 4.2 Gruppenstruktur der Tatverdächtigen Einzeltäter: 2 Tätergruppen bis zu 10 Personen: 4 5. Aufklärungsquote Einklassifizierung Erfasste Fälle Geklärte Fälle Aufklärungsquote Gewaltdelikte 3 1 33,3 % Sonstige Straftaten 23 5 21,7 % Gesamt 26 6 23,1 % C Politisch motivierte Ausländerkriminalität 1. Gesamtbewertende Übersicht Bundesweit wurden 2536 (1998: 2356) Straftaten aus dem Bereich der politisch motivierten Ausländerkriminalität registriert. Im Jahr 1999 meldeten die 4. Fachkommissariate neun Straftaten, die nach dem jetzigen Erkenntnisstand als politisch motivierten Ausländerkriminalität einzustufen sind. Im Vergleichszeitraum 1998 wurden drei Delikte an das LKA gemeldet. Bei den neun Straftaten für 1999, von denen sieben aufgeklärt und insgesamt 12 Tatverdächtige ermittelt werden konnten, handelt es sich um sechs Verstöße gg. das Vereinsgesetz, eine Erpressung, eine Sachbeschädigung und einen Verstoß gg. das Versammlungsgesetz. Betroffen sind die PD-Bereiche Rostock (6), Neubrandenburg (2) und Stralsund (1). Bei den Tatverdächtigen handelt es sich um Asylbewerber sowie vier anerkannte Asylbewerber, die als Gewerbetreibende registriert sind. 37