VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2018 Verfassungsschutzbericht 2018 Landesamt für erfassungsschutz Hamburg AUGEN AUF HAMBURG Im Text finden Sie vielfach die Symbole und www Das Sinnbild "Buch" verweist auf eine Fundstelle in diesem Verfassungsschutzbericht. Das Symbol "Weltkugel" bedeutet, dass es zu dem Thema weitere Informationen auf unseren Internetseiten gibt. Unter http://www.hamburg.de/verfassungsschutz finden Sie regelmäßig aktuelle Informationen über alle Arbeitsfelder des Hamburger Verfassungsschutzes. Impressum / Herausgeber: Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres und Sport Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Johanniswall 4, 20095 Hamburg Telefon: 040 / 24 44 43 Telefax: 040 / 33 83 60 Internet: http://www.hamburg.de/verfassungsschutz E-Mail-Adresse des LfV: poststelle@verfassungsschutz.hamburg.de E-Mail Öffentlichkeitsarbeit: info@verfassungsschutz.hamburg.de Auflage Juli 2019: 1.500 Exemplare Redaktionsschluss: 31.06.2019 In Teilen wurden Erkenntnisse aus 2019 aufgenommen. Fotos/Illustrationen: LfV HH, Wikimedia commons, Wikipedia, Pixabay, dpa Umschlagbild: johannes86/Adobe Stock Satz/Layout: Landesamt für Verfassungsschutz Druck: Vorwort Vo r w o r t Innensenator Andy Grote zum aktuellen Verfassungsschutzbericht 2018 Liebe Leserinnen und Leser, im Jahr 2019 wird das Grundgesetz 70 Jahre alt. Über all die Jahrzehnte hat sich das Grundgesetz als stabiles Wertegerüst erwiesen, auf dem unser gesellschaftlicher Grundkonsens basiert. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben unsere politische Ordnung bewusst als wehrhafte, streitbare Demokratie ausgestaltet, die überlebensfähig sein sollte. Nach den Erfahrungen der von Rechtsund LinksextremisSenator Andy Grote Foto: Bina Engel ten bekämpften und schließlich von Nationalsozialisten und Deutschnationalen zerstörten Weimarer Demokratie beinhaltet unser Grundgesetz gewollt Mechanismen der Verteidigung gegen Extremisten. Eine der wichtigsten Institutionen in diesem Kontext ist unser Verfassungsschutz. Wir leben in einer Phase, in der freiheitliche Demokratien weltweit unter Druck geraten. Unsere Demokratie ist sehr stabil, aber nicht unverwundbar. Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen, die sich gezielt gegen die Werteordnung unseres Grundgesetzes richten und Aktivitäten, die mit unserer freiheitlichen demokratischen Ordnung unvereinbar sind. Rechtsund Linksextremisten, Islamisten, aber auch so genannte "Reichsbürger" und Scientologen nehmen unsere Verfassung ins Visier. Aktuell steht insbesondere die Bedrohung durch den Rechtsextremismus im Vordergrund. Mit dem offenbar rechtsextremistisch motivierten Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat diese Bedrohung eine neue Qualität erreicht. Der Hamburger Verfassungsschutz ist Rechtsextremisten immer frühzeitig und sehr konsequent entgegen getreten, zuletzt bei den "Merkel-muss-weg"-Demonstrationen, und wird seine Kräfte jetzt noch 3 Vorwort stärker auf die Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene im Internet konzentrieren. Für alle Extremismus-Phänomene gilt: Insbesondere der Missbrauch gesellschaftlich breit akzeptierter Themen und Debatten, um bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig zu werden und die klare Grenze zum demokratischen Spektrum zu verwischen, bleibt eine der größten Herausforderungen der Zukunft für unsere Demokratie. In Hamburg sind als Beispiele die Aktivitäten im Kontext der rechtsextremistischen "Merkel-muss-weg"-Kampagne zu nennen. Die Organisatoren geben sich vorgeblich regierungskritisch und versuchen, den rechtsextremistischen Hintergrund der Versammlung, die sie 2019 in "Michel, wach endlich auf" umbenannt haben, zu verschleiern. Die gewaltorientierte linksextremistische "Interventionistische Linke" versucht über die Instrumentalisierung populärer Themen wie Klimawandel oder Seenotrettung von Flüchtlingen Anschluss an demokratisches Engagement zu bekommen. Islamisten, insbesondere die Hizb ut-Tahrir (Hut), nutzen den Sport als Einfallstor und gründen in Wilhelmsburg einen Fußballverein, um neue Mitglieder zu gewinnen; auch die emotional geführte Diskussion über ein angeblich bevorstehendes "Kopftuchverbot" wird von der HuT missbraucht, um Unsicherheit unter Muslimen zu schüren. Und Scientologen versuchen, sich über ihren angeblichen Einsatz gegen den Drogenmissbrauch unter dem Label "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben" Vertrauen zu erschleichen. Der Blick auf die internationalen Entwicklungen, aber auch auf Entwicklungen in Deutschland und Hamburg macht deutlich: Unser Verfassungsschutz ist absolut unverzichtbar - gerade jetzt. Schon im Namen der Institution drückt sich seine Aufgabe aus, unsere Werteordnung zu schützen, zu verteidigen. Ich habe Vertrauen in die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Hamburger Verfassungsschutzes. Sie leisten tagtäglich einen unverzichtbaren Beitrag für die Sicherheit der Menschen in unserer Stadt. Es ist gut, dass unser Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz nach wie vor den Vorsitz des wichtigen Arbeitskreises IV ("Verfassungsschutz") der Innenministerkonferenz wahrnimmt und den Ländern eine starke Stimme auch gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz gibt. Die Beobachtung und Aufklärung militanter rechtsextremistischer 4 Vorwort sowie militanter linksextremistischer und jihadistischer Strukturen wird eine Schwerpunktaufgabe unseres Verfassungsschutzes bleiben - genauso wie der Wirtschaftsschutz und die Spionageabwehr, die in einer ökonomisch, politisch und gesellschaftlich so bedeutenden Metropole wie Hamburg unabdingbar sind. Der Schutz unseres Grundgesetzes beginnt indes viel früher, weit im Vorfeld von Militanz und Straftaten. Er beginnt dort, wo Extremisten versuchen, die Grenzen zu verwischen und schleichend in unsere demokratische Gesellschaft einzusickern. Daher ist eine weitere wichtige Aufgabe unseres Verfassungsschutzes, als Frühwarnsystem zu agieren, also frühzeitig, offensiv und umfassend über extremistische Aktivitäten zu informieren. Unser Verfassungsschutz ist die erste Verteidigungslinie der Demokratie, die rechtzeitig verfassungsfeindliche Aktivitäten erkennt, davor warnt und die demokratischen Abwehrkräfte aktiviert. Und unser Verfassungsschutz wirkt: Ohne die erfolgreiche Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten wir noch die rechtsextremistische "Weiße Wölfe Terrorcrew", die salafistischen Koranverteilungsstände mit der "Lies!-Kampagne", den islamistischen Fußballklub Adil e.V., die Durchführung einer Großveranstaltung der HuT in Glinde und sicherlich noch mehr Zulauf bei den rechtsextremistischen "Merkel-muss-weg"-Versammlungen. Auch Linksextremisten hätten bei ihrer Strategie, Bündnisse mit demokratisch Engagierten zu knüpfen, gewiss noch mehr Erfolg. Der Kampf gegen Extremismus rechtfertigt dabei seinerseits keine verfassungsfeindlichen Methoden. Islamismus darf nicht mit Rechtsextremismus bekämpft werden. Und der Kampf gegen Rechtsextremismus rechtfertigt keinen Linksextremismus. Deshalb ist Vorsicht geboten, wenn Rechtsextremisten zum Widerstand gegen Islamisten aufrufen oder Linksextremisten zum Kampf gegen den Faschismus. Zum Selbstverständnis eines modernen Verfassungsschutzes gehört auch das größtmögliche Maß an Offenheit und Transparenz, soweit es mit der Aufgabe verträglich ist. Diese Offenheit und Transparenz wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Verfassungsschutzes erfolgreich gelebt, beginnend mit der engen und zugewandten Zusammenarbeit mit dem parlamentarischen Kontrollgremium sowie der unverzichtbaren Öffentlichkeitsarbeit. Daraus erwächst das notwendige Vertrauen bei politisch Verantwortlichen wie auch den Bürgerinnen und Bürgern in Hamburg. Dieses Vertrauen hat unser Verfassungsschutz uneingeschränkt. So kam 5 Vorwort es auch nicht von ungefähr, dass anlässlich des 70. Geburtstages des Grundgesetzes unser Landesamt für Verfassungsschutz ein sehr erfolgreiches und weit über Hamburg ausstrahlendes Symposium unter dem Motto "70 Jahre Verfassung - 70 Jahre Schutz" im festlichen Rahmen organisiert hat, an dem zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft teilgenommen haben. Damit unser Verfassungsschutz auch künftig so erfolgreich arbeiten kann, benötigt er neben der politischen Rückendeckung die notwendigen personellen, materiellen und auch rechtlichen Mittel. So haben Senat und Bürgerschaft unser Landesamt auf gut 200 Stellen aufgestockt - im Jahr 2011 waren es noch rund 150. Dieser bundesweit einmalige Zuwachs um ein Drittel zeugt von der vorhandenen Sensibilität und Verantwortung der Verantwortlichen in Senat und Bürgerschaft für die künftigen Herausforderungen; der Zuwachs zeugt aber auch vom hohen Vertrauen, das unser Verfassungsschutz aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit genießt. Auch dieser aktuelle Verfassungsschutzbericht ist ein erfolgreiches Beispiel für Transparenz, Offenheit und vertiefte Information durch unser demokratisches Frühwarnsystem mit seinen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine informative Lektüre, die als Basis dazu dienen sollte, sich auch 70 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland engagiert für unsere Demokratie und ihre Werte einzusetzen. Andy Grote Präses der Behörde für Inneres und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg 6 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Impressum 2 Vorwort 3 I. Verfassungsschutz in Hamburg 1. Verfassungsschutz und Demokratie 16 2. Gesetzliche Grundlage 17 3. Aufgaben des Verfassungsschutzes 17 4. Arbeitsweise und Befugnisse des Verfassungsschutzes 18 5. Informationsverarbeitung 19 6. Kontrolle 22 7. Strukturdaten, Regelanfragen und Überprüfungen 23 8. Organigramm des LfV Hamburg 26 II. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten 1. Entwicklung und Schwerpunkte 30 2. Potenziale 35 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 37 4. Islamistischer Terrorismus 37 5. Salafismus 40 6. Furkan-Gemeinschaft 42 7. Hizb ut-Tahrir 44 8. Schiitischer Islamismus 49 8.1. Hizb Allah 49 8.2. Iranische Islamisten 51 9. Entgrenzung 57 8 Inhaltsverzeichnis III. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug 1. Entwicklungen und Schwerpunkte 64 2. Potenziale 65 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 67 4. PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) 67 4.1. Entwicklungen und Organisatorisches 67 4.2. Aktivitäten und Schwerpunkte in Deutschland 68 4.3. Situation in Hamburg 74 5. Türkische Extremisten 77 5.1. Revolutionär-marxistische Gruppierungen 77 5.2. ADÜTDF/Türkische Nationalisten 81 IV. Linksextremismus 1. Entwicklungen und Schwerpunkte 86 2. Potenziale 89 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 92 4. Militanzdebatte und linksextremistische Gewalt 92 5. Linksextremistische Strukturen in Hamburg 97 5.1. Gewaltorientierte Gruppen und Strukturen 98 5.1.1. Autonome Szene (Rote Flora) 98 5.1.2. Antifa-Gruppen 99 5.1.3. Postautonome Gruppen 106 5.1.3.1. Interventionistische Linke (IL) 106 5.1.4. Antiimperialistische Gruppen 109 5.1.4.1. Roter Aufbau Hamburg (RAH) 110 5.1.4.2. Sonstige antiimperialistische Gruppierungen 111 9 Inhaltsverzeichnis 5.1.5. Anarchisten 113 5.2. Antirepression 114 5.2.1. Rote Hilfe e.V. (RH)/United We Stand (UWS) 114 5.3. Orthodoxe Kommunisten und andere revolutionäre Marxisten 116 5.3.1. DKP Hamburg, SDAJ Hamburg und trotzkistische Gruppierungen 116 5.3.2. Extremistische Teilstrukturen in der Partei "DIE LINKE" 119 6. Entgrenzung des Linksextremismus 120 V. Rechtsextremismus 1. Entwicklungen und Schwerpunkte im Überblick 130 2. Potenziale 132 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 135 4. Rechtsextremistische Gewalt und Rechtsterrorismus 136 5. Neonazismus 138 6. Subkulturell geprägte Rechtsextremisten und rechtsextremistische Musikszene 139 7. Rechtsextremistische Parteien 144 7.1. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 144 7.2. Sonstige rechtsextremistische Parteien 151 7.2.1. "Die Rechte" 151 7.2.2. "Der III. Weg" 151 8. Entgrenzung des Rechtsextremismus 151 8.1. Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) 154 8.2. Rechtsextremistische Burschenschaften 158 8.2.1. Hamburger Burschenschaft Germania (HB! Germania) 159 8.2.2. Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg (PB! Chattia) 161 8.3. "Merkel-muss-weg"-Kampagne 162 10 Inhaltsverzeichnis 9. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen 166 9.1. Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (AG-GGG) 166 9.2. Ehemalige Europäische Aktion 167 VI. Reichsbürger und Selbstverwalter 1. Allgemeines/Ideologie 172 2. Potenziale 174 3. Waffenaffinität 175 4. Aktivitäten 176 VII. Scientology-Organisation (SO) 1. Entwicklungen und Schwerpunkte 182 2. Potenzial 184 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 186 4. Strukturen und Organisationseinheiten 186 5. Strukturen in Hamburg 189 6. Aktivitäten 190 VIII. Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz 1. Überblick 196 2. Nachrichtendienste Mittlerer und Naher Osten 197 2.1. Proliferation 197 2.2. Iranische Nachrichtendienste 201 2.2.1. Festnahmen, Verurteilungen und sonstige Maßnahmen 201 3. Nachrichtendienste der Russischen Föderation 203 4. Türkische Nachrichtendienste 205 5. Elektronische Attacken / Wirtschaftsschutz 206 11 Inhaltsverzeichnis IX. Geheimund Sabotageschutz 1. Allgemeines 214 2. Geheimschutz 214 2.1. Personeller Geheimschutz 215 2.2. Materieller Geheimschutz 217 3. Personeller Sabotageschutz 217 4. Schutz von IT-Systemen und Kommunikationsstrukturen 218 X. Anhang Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz 222 Abkürzungsverzeichnis 260 Stichwortverzeichnis 266 Auflistung extremistischer Organisationen und Gruppierungen 271 12 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang G1 chtu ng us i c S ch a t a b m r O eo s ä B i oba k m s e re B o G G t n Ex e m fd bSÜG Da e t m e r Hm syst bV e wa rn i o n m D üh Fr m i ss H G1 0 - Ko m D I S GO Da te e ns r ä h t ze eit i e N A ne n p ot e o n n z t i r a o l l l e h ic mokr at rs o e K u n e isc h r D e A Z P t a r s s e G T G Er par l a me n ke n n t n i rf u S c h G TZ e b e V ism hr E e ät z H m ror e w o l l O G ns e T fr a h re n a e b n t a r i u cht Bestrebung Bestrebungen sind zielgerichtete Aktivitäten von Einzelpersonen und Personenzusammenschlüssen. Extremistische Verfassungsschutz Bestrebungen im Sinin Hamburg ne des Verfassungsschutzgesetzes sind Aktivitäten mit der Zielrichtung, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen. Sicherheitsgefährdende Dazu gehören Vorbereitungshandlungen, und extremistische Agitationen und Gewaltakte. Bestrebungen von Islamisten Radikalismus / Extremismus Sicherheitsgefährdende und extremistische Das Wort "Radikalismus"Bestrebungen leitet sich von vonGruppierungen mit Auslandsbezug der lateinischen Bezeichnung "radix" ("Wurzel") ab und bezeichnet politische Richtungen, welche die bestehende politische und gesellschaftliche Ordnung grundlegend ("bis an die Wurzel gehen") verändern, aber nicht beseitigen möchten. AnwenLinksextremismus dung von Gewalt wird dabei in der Regel ausgeschlossen. Eine radikale Einstellung kollidiert insofern nicht zwangsläufig mit einer demokratischen Einstellung. Gruppierungen mit lediglich radikalen Einstellungen Rechtsextremismus werden daher im Gegensatz zu Extremisten nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Der Begriff "Extremismus" basiert auf den Begriffen "extremus" ("entferntest, ärgste, gefährlichste") und Reichsbürger und"extremitas" Selbstverwalter("äußerster Punkt, Rand"). Als extremistisch gelten Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und diese beseitigen wollen. Extremismus ist oft mit exklusivem Wahrheitsanspruch, Dogmatismus, Scientology-Organisation Streben nach gesellschaftlicher Kontrolle, Freund-Feind-Denken sowie der fundamentalen Umwälzung der bestehenden Verhältnisse verbunden. Extremisten befürworten oder benutzen häufig Gewalt als Mittel zur Spionageabwehr Durchsetzung ihrer ideologischen undExtremistische Ziele. WirtschaftsschutzBestrebungen werden daher vom Verfassungsschutz beobachtet. Terrorismus Geheimund Sabotageschutz Terrorismus ist nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von AnschläAnhang gen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in Paragraph 129a Absatz 1 Strafgesetzbuch genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen. Verfassungsschutz in Hamburg I. Verfassungsschutz in Hamburg 1. Verfassungsschutz und Demokratie Nach den Erfahrungen mit der von Extremisten verschiedener politischer Lager bekämpften Weimarer Demokratie enthält das Grundgesetz (GG) der 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland - dem Prinzip der wehrhaften Demokratie folgend - grundlegende Schutzmechanismen gegen Gefährdungen der Verfassung und ihre wesentlichen Systemund Werteentscheidungen. Dazu gehören f die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, f die Volkssouveränität, f die Gewaltenteilung, f die Verantwortlichkeit der Regierung, f die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, f die Unabhängigkeit der Gerichte, f das Mehrparteienprinzip, f die Chancengleichheit für alle politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Zu den Schutzmechanismen gehören im Wesentlichen f die Unabänderlichkeit der in den Artikeln 1 und 20 GG niedergelegten elementaren Verfassungsgrundsätze, f das Verbot von Parteien und sonstigen Vereinigungen wegen verfassungswidriger Aktivitäten (Artikel 21 Abs. 2 GG und Artikel 9 Abs. 2 GG), f die Verwirkung von Grundrechten, wenn diese zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht werden (Artikel 18 GG), f die Pflicht der Angehörigen des Öffentlichen Dienstes zur Verfassungstreue (Artikel 5 Abs. 3 und Artikel 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit den beamtenrechtlichen Vorschriften), 16 Verfassungsschutz in Hamburg f die Verfolgung von Straftaten, die sich gegen den Bestand des Staates, seine verfassungsmäßigen Einrichtungen, das Funktionieren des Staatsapparates und andere lebenswichtige Staatsinteressen richten (Staatsschutzdelikte). Zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes ist die Beobachtung von Bestrebungen und Tätigkeiten, die die Werteentscheidungen der Verfassung beseitigen wollen oder den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen beabsichtigen [vgl. SS 1 Abs. 1, SS 4 und SS 5 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG, X.) sowie Artikel 73 Nr. 10 b und Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 GG, SS 2 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz]. 2. Gesetzliche Grundlage Das Hamburgische Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) ( X.) ist die wichtigste gesetzliche Grundlage für die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV). Das LfV ist, wie jede andere Behörde auch, bei der Erfüllung seiner Aufgaben an Gesetz und Recht gebunden und muss bei Eingriffen in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz 3. Aufgaben des Verfassungsschutzes Hauptaufgabe des LfV ist nach SS 4 Abs. 1 HmbVerfSchG die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht in der Bundesrepublik Deutschland, 17 Verfassungsschutz in Hamburg Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 GG) gerichtet sind. Das LfV wertet die mit offenen oder mit nachrichtendienstlichen Mitteln ( Punkt 4.) gewonnenen Erkenntnisse aus und informiert über entsprechende Gefahren. Neben seiner Informationsverpflichtung gegenüber dem Senat und der Weitergabe von Informationen an die zuständigen staatlichen Stellen zur Gefahrenabwehr informiert das LfV mit seinem jährlichen Verfassungsschutzbericht, mit weiteren Publikationen, Pressemitteilungen, Ausstellungen, Informationsveranstaltungen sowie aktuellen Berichten auf seiner Internetseite auch die Öffentlichkeit über die Ergebnisse seiner Arbeit, soweit diese offen dargestellt werden können. Beobachtungsfelder sind Rechts- ( V.) und Linksextremismus ( IV.), extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug ( III.), die Spionagetätigkeit fremder Geheimdienste und der Wirtschaftsschutz ( VIII.) sowie die Scientology-Organisation ( VII.). Einen besonderen Beobachtungsschwerpunkt bilden seit 2001 der Islamismus und der islamistisch motivierte Terrorismus ( II.). Bei Straftaten und Gefahren in den genannten Beobachtungsbereichen des Extremismus darf der Verfassungsschutz - grundsätzlich anders als die Polizei - bereits im Vorfeld konkreter Verdachtsmomente tätig werden. Geheimund Sabotageschutz ( IX.) gehören zu den weiteren Aufgaben des Verfassungsschutzes. 4. Arbeitsweise und Befugnisse des Verfassungsschutzes Die Informationen, die das LfV zur Wahrnehmung seiner Aufgaben benötigt, beschafft es zum Teil aus offen zugänglichen Quellen, die grundsätzlich auch jedem Bürger zur Verfügung stehen, vorrangig aus dem Internet sowie aus Zeitungen und Zeitschriften, Broschüren, Flugblättern, Archiven und aus Unterlagen anderer staatlicher Stellen. Neben der offenen Informationsgewinnung darf das LfV auch Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln verdeckt erheben. Zu diesen Mitteln, die in SS 8 Abs. 2 18 Verfassungsschutz in Hamburg HmbVerfSchG ( X.) aufgezählt sind, gehören beispielsweise die Führung von Vertrauenspersonen (Quellen), die planmäßige Observation, Bildund Tonaufzeichnungen und - nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes - die Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs. Im Jahr 2002 wurden im Rahmen der Umsetzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die Befugnisse des Landesamtes in wichtigen Punkten erweitert. Hierzu zählt unter anderem das Mittel der Finanzermittlung, um zum Beispiel Geldtransfers im Zusammenhang mit der Finanzierung des islamistischen Terrorismus aufdecken zu können. Dem LfV stehen weder polizeiliche Befugnisse noch Weisungsbefugnisse gegenüber polizeilichen Dienststellen zu, noch darf es die Polizei im Amtshilfeweg veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen, zu denen es selbst nicht befugt ist. Das LfV darf nicht an eine polizeiliche Dienststelle angegliedert werden. Das schließt einen Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz nicht aus, im HmbVerfSchG ist dies im Detail geregelt. In den letzten Jahren sind besondere Einrichtungen zum kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutzbehörden geschaffen worden. Dazu zählt insbesondere das "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) in Berlin. Das GTAZ hat maßgeblich zu einem verbesserten Informationsfluss zwischen den beteiligten Behörden beigetragen. Um dies auch auf andere Phänomenbereiche zu übertragen, wurde das "Gemeinsame Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ) mit Sitz in Köln gegründet. Schwerpunkt der dortigen Zusammenarbeit ist die Bekämpfung des Rechtsextremismus. 5. Informationsverarbeitung Die Verfassungsschutzbehörden sammeln und speichern sachund personenbezogene Daten über extremistische Bestrebungen sowie sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten. Zu den Instrumenten der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden zählen unter anderem gemeinsame Dateien. Die "klassische" gemeinsame Datei war das bundesweite Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS, Zahl der Hamburger Speicherungen: Punkt 7), das nach mehreren Jahrzehnten im Jahr 2012 durch ein 19 Verfassungsschutz in Hamburg neues System abgelöst wurde. Das bisherige NADIS war eine allen Verfassungsschutzbehörden zur Verfügung stehende Datenbank, in der jede Verfassungsschutzbehörde biografische Grunddaten von Personen und Objekten in eigener Verantwortung speicherte. Es enthielt nur Hinweise auf Aktenfundstellen. Um Näheres zu erfahren, musste die speichernde Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der Einzelerkenntnisse gebeten werden. Im neuen "NADIS-WN" (WN für WissensNetz) werden mehr Informationen erfasst und für alle Berechtigten zur Verfügung gestellt. Es bietet damit deutlich bessere Möglichkeiten zu umfassenderen Analysen und dabei insbesondere zur Verknüpfung von Daten. Die Entwicklungen im Bereich des islamistischen Terrorismus und die Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit dem rechtsterroristischen "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) haben deutlich gemacht, warum der Informationsaustausch und die Vernetzung zwischen den Verfassungsschutzbehörden fortentwickelt werden musste. In den vergangenen Jahren erfolgten unter anderem folgende Verbesserungen: Am 30. März 2007 wurde die Arbeit mit einer von Polizei und Verfassungsschutz eingerichteten zentralen "Antiterrordatei" (ATD) aufgenommen und seit Anfang des Jahres 2008 erlaubt das HmbVerfSchG, Projektdateien mit den anderen Bundesund Landessicherheitsbehörden zu betreiben. Mit diesen Dateien wird die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden unterstützt und der Informationsaustausch verbessert. Mit Beschluss vom 8./9. Dezember 2011 hatte sich die "Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder" (IMK) für die Einrichtung einer gemeinsamen Verbunddatei Rechtsextremismus für Polizei und Verfassungsschutz - "Rechtsextremismusdatei" (RED) - ausgesprochen. Sie wurde am 19. September 2012 in Betrieb genommen. Ziele der neuen Verbunddatei sind eine Zusammenführung bestimmter personenbezogener Daten von Verfassungsschutzund Polizeibehörden auf dem Gebiet des gewaltorientierten Rechtsextremismus sowie die Intensivierung und Beschleunigung des Informationsaustausches. Zudem soll die Rechercheund Analysefähigkeit der Datei über gewaltbezogene Aktivitäten von Rechtsextremisten weiter ausgebaut werden. 20 Verfassungsschutz in Hamburg Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer Entscheidung vom 24. April 2013 (1 BvR - 1215/07) erklärt, dass die Antiterrordatei (ATD) in ihren Grundstrukturen verfassungsgemäß ist. Jedoch stellte das Gericht fest, dass sie hinsichtlich ihrer Ausgestaltung in Einzelpunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge. Das Gericht forderte vom Gesetzgeber hinsichtlich einiger Speichervoraussetzungen und des Informationsaustausches zwischen Polizei und Verfassungsschutz weitere Präzisierungen. Die im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Übermaßverbot vom Gericht verlangten Änderungen betrafen die Bestimmung der beteiligten Behörden, die Reichweite der als terrorismusnah erfassten Personen, die Einbeziehung von Kontaktpersonen, die Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten, die Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und die Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht und die Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei, die durch Eingriffe in das Briefund Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Antiterrordateigesetzes und anderer Gesetze vom 18. Dezember 2014 diese Vorgaben umgesetzt. Soweit Vorschriften im Rechtsextremismus-Datei-Gesetz (RED-G) den vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelungen des Antiterrordateigesetzes (ATDG) entsprachen, wurden diese entsprechend mit angepasst. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2013 (1 BvR - 1215/07) zum ATDG enthält auch allgemeine Begründungsausführungen zu Übermittlungen von Nachrichtendiensten an Polizeien. Danach muss eine Übermittlung von Erkenntnissen, die mit besonderen Mitteln nachrichtendienstlich gewonnen worden sind, für ein operatives Tätigwerden der Polizei, das mit schwerwiegenden Grundrechtseingriffen verbunden ist, grundsätzlich einem herausragenden öffentlichen Interesse dienen. Zwar ist das Übermittlungsermessen nach SS 19 Abs. 1 S. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) bereits nach geltendem Recht abzuwägen, der Bundesgesetzgeber hat sich gleichwohl entschieden, eine rechtspolitisch sinnvolle Neuregelung dieser speziellen Übermittlungssachverhalte vorzu21 Verfassungsschutz in Hamburg nehmen. Daher sieht der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes eine entsprechende Anpassung der Vorschrift des BVerfSchG zur Übermittlung von Informationen an die Polizeien vor. Das Gesetzgebungsverfahren dauert noch an. Der Deutsche Bundestag hat in seiner 116. Sitzung am 03. Juli 2015 den Gesetzentwurf verabschiedet. 6. Kontrolle Das LfV ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden, seine Arbeit unterliegt kontinuierlicher parlamentarischer Kontrolle. In Hamburg wird diese Aufgabe vom "Ausschuss zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes" (verkürzt auch "PKA" für "Parlamentarischer Kontrollausschuss" genannt) der Hamburgischen Bürgerschaft wahrgenommen. Über Eingriffe in das Brief-, Post-, und Fernmeldegeheimnis entscheidet die G 10-Kommission der Bürgerschaft. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) hat ebenfalls umfängliche Kontrollbefugnisse. Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg: PKA Senator (Parlamentarischer Bürger Kontrollausschuss) Staatsrat G 10Gerichte Kommission InnenDatenschutzMedien ausschuss beauftragter 22 Verfassungsschutz in Hamburg Wie bei allen anderen Behörden ist auch das Verwaltungshandeln des Verfassungsschutzes grundsätzlich gerichtlich nachprüfbar. 7. Strukturdaten, Regelanfragen und Überprüfungen Stellenplan Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA war der Personalbestand des LfV mit dem Stellenplan 2002 zunächst um 15,5 Stellen aufgestockt worden. In den Jahren 2003 und 2008 wurde der Stellenbestand insgesamt um weitere elf Stellen erhöht. Für die Dauer des Doppelhaushaltes 2015/2016 wurden dem LfV Hamburg drei Stellen zur Verfügung gestellt, die insbesondere für eine verstärkte Beobachtung und Auswertung des jihadistischen Salafimus vorgesehen sind. Diese drei Stellen wurden mittlerweile verstetigt. Weiterhin wurden dem LfV vor dem Hintergrund der Anschläge in Paris und Istanbul im Jahr 2016 zehn zusätzliche Stellen für die Verstärkung von Observationsteams und in der Auswertung und Beschaffung zur Verfügung gestellt (Drs. 21/3031). Weitere fünf Stellen wurden im Rahmen der Drs. 21/5039 - Effektive Maßnahmen gegen gewaltbereiten Salafismus und religiösen Extremismus auch in Zukunft fortsetzen - bereitgestellt. Mit dem im Dezember 2016 gefassten Haushaltsbeschluss für den Doppelhaushalt 2017/2018 wurden dem LfV Hamburg eine halbe Stelle und aufgrund einer entsprechend des Koalitionsvertrages durchgeführten Organisationsuntersuchung und anschließenden Neustrukturierung weitere sieben Stellen (Drs. 21/7026) zusätzlich zur Verfügung gestellt. Zum Ende des Jahres 2018 verfügt das LfV Hamburg über 178,5 Stellen. Haushaltsansatz Im Jahr 2018 betrug der Haushaltsansatz für das LfV insgesamt 14.792.000 EUR (2017: 14.872.000 EUR). Darin enthalten waren 11.442.000 EUR für Personalausgaben (2017: 11.505.000 EUR), davon 2.777.000 EUR Versor23 Verfassungsschutz in Hamburg gungsleistungen (2017: 2.797.000 EUR) und 379.000 EUR für Investitionen (2017: 421.000EUR). Hamburger NADIS-Speicherungen Vom LfV Hamburg waren am 31. Dezember 2018 im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS-WN, 5.) Daten von 53.845 Personen gespeichert (31.12.2017: 53.273), davon 47.679 (88,55 %) im Zusammenhang mit Sicherheitsüberprüfungen (31.12.2016: 47.067 = 88,35 %). Im Phänomenbereich Linksextremismus werden 1.395 Datensätze geführt, im Bereich Rechtsextremismus sind es 1.085, im Bereich Reichsbürger und Selbstverwalter 171, im Bereich auslandsbezogener Extremismus 636, 2.151 für den Bereich Islamismus und 305 bei der Scientology-Organisation. Die Zahl der NADIS-Datensätze ist nicht identisch mit dem beobachteten Personenpotenzial, insbesondere weil sich Speicherund Löschfristen zusätzlich auswirken. Beteiligungsund Mitwirkungsaufgaben Das LfV Hamburg nutzt seine Informationen nicht nur zur Analyse und Bewertung extremistischer Organisationen, sondern ist im Rahmen von Sicherheitsanfragen und Zuverlässigkeitsüberprüfungen auch an Verfahrensentscheidungen anderer Behörden beteiligt bzw. wirkt daran mit. Einbürgerungsverfahren Mit Wirkung vom 22.10.2001 wurde in Hamburg die Regelanfrage bei Einbürgerungen eingeführt: Das Einwohner-Zentralamt als Einbürgerungsbehörde fragt vor jeder Entscheidung beim LfV nach, ob Erkenntnisse vorliegen, die einer Einbürgerung entgegenstehen könnten. Vor Einführung dieser Regelung wurde nur angefragt, wenn bereits der Einbürgerungsbehörde Anhaltspunkte für den Verdacht auf politisch-extremistische Bestrebungen aufgefallen waren. 24 Verfassungsschutz in Hamburg Im Jahr 2018 gab es 8.509 Anfragen (2017: 7.674), die nach einer Dateianfrage im NADIS-WN beantwortet wurden. In 47 Fällen (2017: 15) wurden weitergehende Ermittlungen angestellt, Bedenken wurden in 26 Fällen (2017: 13) erhoben. Darunter befanden sich auch Wiederholungauskünfte im Rahmen von Widerspruchsund Klageverfahren. Aufenthaltsverfahren Seit dem 01.05.2004 führen die Ausländerdienststellen bei Personen aus bestimmten Herkunftsländern vor Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltstiteln eine Sicherheitsbefragung durch. In jedem Fall wird auch das LfV beteiligt. Im Jahr 2018 wurden 38.761 (2017: 40.519) Anfragen beantwortet. In 38 Trefferfällen wurden weitergehende Ermittlungen angestellt (2017: vier), Bedenken wurden in 12 Fällen (2017: drei) erhoben. Schengener Visumverfahren Im Jahr 2018 gab es im "Schengener Visumverfahren" 9.246 Anfragen an das LfV (2017: 9.357). In zwei Fällen wurden Bedenken erhoben (2017: keiner). Das Verfahren wird ausgelöst, wenn der Antragsteller aus einem "Problemstaat" stammt. In das Verfahren eingebunden sind das Auswärtige Amt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und gegebenenfalls die Verfassungsschutzbehörde des jeweiligen Bundeslandes. Asyl-Konsultationsverfahren Seit Mai 2017 werden auch im Rahmen des genannten Asyl-Konsultationsverfahrens Anfragen an das LfV gestellt. 2018 wurden 695 Anfragen beantwortet. Bedenken wurden in einem Fall erhoben 25 Verfassungsschutz in Hamburg 8. Organigramm des LfV Hamburg Personalrat, Vertrauensperson für Amtsleitung Schwerbehinderte, Gleichstellungsbeauftragte Referat Referat V01 V02 Führungsunterstützung stellvertretende ÖffentlichkeitsV03 NADIS-Koordination Amtsleitung und V04 Internet-Koordination Gremienarbeit Abteilung V4 Abteilung V1 Abteilung V2 Abteilung V3 NachrichtenZentrale Auswertung Spionageabwehr, dienstliche Aufgaben Geheimschutz, InformationsRecht beschaffung Referat V11 Referat V201 Referat V31 Referat V41 Grundsatz, Geheimschutz Observation, Verwaltung Mitwirkungskonspirative aufgaben Ermittlungen Referat V12 Referat V21 Referat V32 Referat V42 SpionageForschung, Zentrale IT Islamismus abwehr und Werbung und und G10 Wirtschaftsschutz Befragung Referat V22 Referat V13 Referat V43 RechtsOperative Technik VP-Führung extremismus, Scientology Referat V23 Linksextremismus, Extremismus mit Auslandsbezug 26 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang I Smi sc herS t a re at i sen u T Ka Fu A r l k - Q zw et sla Au s er H a N r T i ke h r c k h A u Rü ge l ä a s a sch h m u H b All n c A s i s S rror ihad i s m z e J H i a i d a T e Ra r d i kal isie St ru a ng at T u h e A l-Q i sch k e g läg Is la m r e run zw t t s i e i a e l i r a N dika h a u f c ism i a S l S R d I a a ft Jih ch a K i n s e us n-G e m s N a rka m u a Islamismus Zu unterscheiden sind die Begriffe "Islam" und "Islamismus". Verfassungsschutz in Hamburg Der Islam als Religion und dessen Ausübung ist durch Artikel 4 (Religionsfreiheit) Grundgesetz geschützt und wird somit nicht durch den Verfassungsschutz beobachtet. Der Begriffund Sicherheitsgefährdende "Islamismus" extremistischekennzeichnet hingegen eine verfassungsfeindliche politische Ideologie (WeltanBestrebungen von Islamisten schauung). Wie jede andere Ideologie geht auch der Islamismus Sicherheitsgefährdende davon aus, dass und extremistische er allein für alle gesellschaftlichen Probleme die richtige Lösung parat Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug hat. Vom Verfassungsschutz beobachtet werden deshalb alle islamistischen Formen, die sich zwar auf die Religion des Islam berufen, sich aber durch ihre Herrschaftsideologie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Insbesondere davon betroffen sind die demokratischen Grundsätze Linksextremismus der Trennung von Staat und Religion, der Volkssouveränität, der freien Meinungsäußerung, der religiösen und sexuellen Selbstbestimmung und das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Rechtsextremismus Der Islamismus ist keine homogene Ideologie. Er lässt sich idealtypisch in zwei Obergruppen unterscheiden: gewaltorientiert (jihadistische) und reformorientiert (politische). Reichsbürger und Selbstverwalter Generell wird Islamismus vor allem durch folgende Merkmale geprägt: f Etablierung einer vermeintlich gottgewollten Gesellschaft ohne Trennung von Scientology-Organisation Staat und Religion, f Gottessouveränität steht über Volkssouveränität, Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz f Ausgeprägter Antisemitismus, f Ablehnung wesentlicher Grundund Menschenrechte wie Meinungsund Religionsfreiheit und Gleichberechtigung, Geheimund Sabotageschutz f Homogene Glaubensgemeinschaft, Abschaffung von Individualinteressen sowie Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates,Anhang f Potenzielle Akzeptanz von Fanatismus und Gewalt. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten II. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten 1. Entwicklung und Schwerpunkte Im Jahr 2018 setzte sich der militärische und territoriale Niedergang des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) fort. Zwar kontrollierte die Terrormiliz noch kleinere Gebiete in Syrien und im Irak, seinen fortschreitenden Zerfall konnte die Terrororganisation jedoch nicht stoppen. Allerdings bleibt die weitere Entwicklung bei einem möglichen vollständigen Abzug des US-Militärs aus Syrien abzuwarten, zumal der IS trotz aller aktuellen Schwierigkeiten immer noch in der Lage ist, flexibel zu agieren. So konnte er beispielsweise seine militärische Präsenz und damit seine Handlungsfähigkeit in Südostasien und in Teilen Afrikas ausbauen. Die territorialen Verluste in Syrien und Irak zwingen die Organisation immer mehr zu einer asymmetrischen Kriegsführung. In der Folge forcierte der IS den sogenannten "digitalen Jihad" und agiert propagandistisch im Internet, um den Fortbestand der Organisation zumindest im virtuellen Raum sicherzustellen. Info Ein asymmetrischer Krieg ist ein militärischer Konflikt zwischen Gegnern, die organisatorisch, technisch und strategisch unterschiedlich agieren. In der Regel wäre eine Partei der anderen in offen geführten Gefechten zahlenmäßig sowie in der Ausrüstung hochüberlegen. Terroristen nutzen die asymmetrische Kriegsführung, beispielsweise durch Attentate, als offensive Strategie. Medienwirksame Anschläge, möglichst im Zentrum des Feindes, sollen die Bevölkerung verunsichern und das Vertrauen in die jeweilige Regierung erschüttern. Die asymmetrische Kriegsführung betrifft hier neben den Taktiken auch die Schauplätze des Konflikts. 30 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Zwar war die IS-Propaganda auf "offiziellen" Kanälen, wie beispielsweise der als Sprachrohr des IS geltenden Nachrichtenagentur "AMAQ", rückläufig, stattdessen nahmen aber die Propagandaaktivitäten der Unterstützerszene über soziale Netzwerke und Messenger-Dienste zu. Die vom IS veröffentlichte Ansprache ihres Führers Abu Bakr al-Baghdadi aus dem Spätsommer 2018, die über Internetforen sowie Telegram-Kanäle veröffentlicht wurde, beinhaltete den schon mehrfach von IS-nahen Medien gemachten Aufruf zu Anschlägen im Westen mit einer beständigen Fokussierung auf Einzeltäter. Jihadistische Einzeltäter setzen bei der Auswahl potenzieller Anschlagsziele unverändert auf sogenannte "weiche" Ziele, zum Beispiel Orte des öffentlichen Lebens, die schwer zu schützen sind. In mehreren Fällen übernahm der IS im Jahr 2018 nach Anschlägen die Verantwortung für die Tat, jedoch gibt es Hinweise darauf, dass nicht in jedem dieser Fälle eine direkte Verbindung zwischen der Terrororganisation und dem Täter bestand. Vielmehr ist der IS offenbar bemüht, mit seinen Bekennungen eine propagandistische Wirkung zu erzielen. Exemplarisch werden die folgenden Anschläge aus dem Jahr 2018 benannt, die größtenteils der IS für sich reklamierte: f Ein Mann schoss am Abend des 11. Dezember 2018 mit einer Schusswaffe im Stadtzentrum von Straßburg (Frankreich) wahllos auf Weihnachtsmarktbesucher. Der Angreifer tötete drei Personen (laut Presseberichten verstarben in den Tagen danach noch zwei weitere Personen im Krankenhaus) und verletzte 14 Menschen zum Teil lebensgefährlich. Der Täter konnte zunächst flüchten und wurde am 13. Dezember 2018 im Straßburger Vorort Neudorf durch französische Polizeikräfte gestellt. Der Attentäter starb in Folge eines Schusswechsels mit der Polizei. Laut Augenzeugenberichten rief er bei der Tatausführung "Allahu Akbar". Zudem berichtete die IS-Medienstelle "AMAQ", dass der Täter ein Soldat des IS sei. f In der Innenstadt von Melbourne griff am 9. November 2018 ein Täter mit einem Messer Passanten und Polizeikräfte an. Eine unbeteiligte Person wurde getötet, zwei weitere Passanten verletzt. Der 31 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Angreifer wurde durch Polizeibeamte erschossen. Die IS-Medienstelle "AMAQ" verbreitete nach dem Messerangriff eine Bekennung des IS in einschlägigen sozialen Netzwerken und Internetplattformen, in welcher der Angreifer als "Kämpfer des Islamischen Staates" bezeichnet wurde. f Die Ankündigung eines so genannten "Mohammed-Karikaturen-Wettbewerbs" durch einen niederländischen Politiker im Juni 2018 führte in zahlreichen islamisch geprägten Staaten zu einer Bandbreite an negativen Reaktionen. Trotz der späteren Absage des Wettbewerbes kam es in den Niederlanden im Zusammenhang mit dem Wettbewerb zu einem Anschlag auf zwei US-amerikanische Touristen. Demnach hat ein Einzeltäter am 31. August 2018 zwei Menschen auf dem Amsterdamer Zentralbahnhof mit einem Messer angegriffen. Der Angreifer wurde von der Polizei angeschossen und ins Krankenhaus gebracht. Bei dem Verhör soll der Attentäter angegeben haben, den Angriff wegen der mutmaßlichen Beleidigung des Propheten Muhammed, des Koran sowie des Islam verübt zu haben. Bisher hat sich keine Terrororganisation zu dem Anschlag bekannt. f Am 12. Mai 2018 griff ein Mann in Paris mehrere Passanten mit einem Messer an. Dabei verletzte der Täter eine Person tödlich. Vier weitere Personen wurden verletzt - zwei davon schwer. Der Täter habe während der Tat laut Zeugenaussagen "Allahu Akbar" gerufen. Er wurde von eintreffenden Einsatzkräften am Tatort erschossen. Kurz nach der Tat veröffentlichte "AMAQ" ein Bekenntnis des IS und betitelte den Attentäter als "Soldat des Islamischen Staates". Am darauffolgenden Tag wurde ferner ein Bekennervideo des Attentäters durch "AMAQ" veröffentlicht. Im Jahr 2018 gelang es den deutschen Sicherheitsbehörden, einen islamistisch motivierten Gift-Anschlag in Deutschland zu vereiteln. Dabei wollte der Täter eine Bio-Waffe mit dem Gift Rizin einsetzen. Am 12. Juni 2018 wurde der Täter in Köln festgenommen, da er insbesondere nach Hinweisen des Verfassungsschutzes bereits seit mehreren Wochen Gegenstände und Stoffe erworben hatte (teilweise über das Internet), die er für die Herstellung einer unkonventionellen Sprengoder Brandvorrichtung (USBV) mit 32 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Freisetzung des Rizins benötigte. Das Robert-Koch-Institut hat gutachterlich bestätigt, dass der höchstgiftige Stoff Rizin in den genutzten Wohnungen des Beschuldigten festgestellt wurde. Er wird somit verdächtigt, vorsätzlich biologische Waffen hergestellt zu haben. Bereits im Jahr 2017 unternahm der Täter Versuche, nach Syrien auszureisen, um sich dort dem IS anzuschließen. Nachdem diese Bemühungen fehlgeschlagen waren, wurde ihm von IS-Angehörigen, zu denen er über soziale Medien in Kontakt stand, vorgeschlagen, einen Anschlag in Deutschland zu verüben. Ausreisebewegungen in Richtung Syrien und Irak sind im Jahr 2018 aufgrund der militärischen Niederlagen und Gebietsverluste des IS nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Die Zahl stieg bundesweit von gut 960 (2017) auf rund 1050, aber nicht in allen Fällen liegen belastbare Erkenntnisse vor, dass diese Personen auch tatsächlich Syrien oder den Irak erreicht haben. Die Steigerung für das Jahr 2018 ergibt sich überwiegend aus nachträglich bekannt gewordenen Reisebewegungen, die in den Jahren 2013 bis 2017 erfolgten. Etwa ein Drittel der ausgereisten Personen sind zurückgekehrt, ungefähr 200 sind bei Kämpfen mutmaßlich ums Leben gekommen. Zu ihnen zählen frühere Szene-Protagonisten wie Denis Cuspert und Mohamed Mahmoud, die auch in Hamburg Kontakte unterhielten und zu den führenden Jihadisten der im Jahr 2012 verbotenen Vereinigung "Millatu Ibrahim" zählten. Für die Metropolregion Hamburg ist die Zahl der in Richtung Syrien und Irak ausgereisten Personen von rund 80 auf 86 gestiegen. Ein gutes Drittel davon ist bislang zurückgekehrt. Auch hier ist der Anstieg mit nachträglich gemeldeten Ausreisen zu begründen. Von den Ausgereisten verstarben gut zwei Dutzend in den Jihad-Gebieten, andere wurden dort mittlerweile inhaftiert, ohne dass hierzu belastbare Zahlen vorliegen. Unter ihnen befindet sich auch der in Hamburg zur jihadistischen Szene zählende Mohammed Haydar Zammar, der aufgrund seiner Verwicklung in die Anschläge vom 11. September 2001 bekannt wurde. Zammar war in den 1990er Jahren mehrfach in Trainingscamps von al-Qaida nach Afghanistan gereist und nahm dort an Kampfausbildungen teil. Im Jahr 1998 lernte er in Hamburg die späteren Attentäter des 11. September 2001 kennen. Kurz nach den Anschlägen in New York wurde er in syrische Gefangenschaft genom33 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten men und schloss sich Ende 2013 nach einem Gefangenenaustausch mit der jihadistischen Organisation Ahrar al-Sham dem IS an. Im Zuge des territorialen Zusammenbruchs des IS wurde er durch kurdische Streitkräfte erneut festgenommen und befindet sich seitdem in kurdischer Haft. In einem Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin "DER SPIEGEL" gab Zammar an, dass er die Gräueltaten des IS für gerechtfertigt halte, solange diese auf Grundlage der Scharia durchgeführt würden. Durch die gute Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit dem Landeskriminalamt Hamburg konnte am 21. Dezember 2018 der in Hamburg wohnhafte Zineddin K. wegen der mutmaßlichen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (IS) verhaftet werden. Er rief unter anderem in sozialen Netzwerken zur Tötung von Polizisten auf und versuchte Dritte für den IS anzuwerben. Der gerade erst 18-jährige Zineddin K. war bereits rund drei Jahre in der jihadistisch-salafistischen Szene in Hamburg aktiv, radikalisierte sich zusehends und war bundesweit mit anderen Szeneangehörigen vernetzt. Die Verhaftung steht im Kontext zu einem der Bearbeitungsschwerpunkte des LfV Hamburg im Jahr 2018 - die islamistische Sozialisation von Kindern und Jugendlichen. In diesem Zusammenhang sind die Familien zwar ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Faktor, stellen aber im Rahmen der Ursachenforschung des Phänomens nur einen Teilaspekt dar. Islamistische Sozialisation und Radikalisierung junger Menschen findet auch (und gerade) außerhalb der Familie statt, insbesondere durch Akteure und Multiplikatoren im sozialen Umfeld, wo sich in erster Linie islamistische Organisationen wie die Hizb ut-Tahrir (HuT) und die FURKAN-Gemeinschaft durch Schulungsangebote und andere Veranstaltungen exponieren. Diese Organisationen stellen mit strukturierten Schulungsangeboten, unter anderem in kleinen konspirativen Zirkeln in Privaträumen, eine der maßgeblichen Einstiegsmöglichkeiten für junge Menschen in die islamistische, später häufig auch in die salafistisch-jihadistische Szene dar. Damit tragen diese Gruppierungen maßgeblich mit zur islamistischen sowie auch jihadistischen Sozialisation junger Menschen bei. Wie in anderen Phänomenbereichen, vor allem im Linksund Rechtsextremismus, hat auch im Bereich Islamismus die Abgrenzung zwischen extre34 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten mistischen und nichtextremistischen Bereichen an Trennschärfe verloren. Islamisten wie beispielsweise die Hizb ut-Tahrir (HuT) ( siehe Punkt 7) versuchen, gezielt aus strategischen Motiven gesellschaftlich breit diskutierte oder akzeptierte Themen zu besetzen, um die Grenzen zu demokratischem Engagement aufzulösen. Diese Entwicklung wird im Verfassungsschutzverbund als "Entgrenzung" bezeichnet ( siehe Punkt 9 sowie Kapitel IV und V, Punkte "Entgrenzung"). 2. Potenziale Nach wie vor ist das Gesamt-Personenpotenzial im Bereich Islamismus auf hohem Niveau und die Anziehungskraft der salafistischen Ideologie ungebrochen. In Hamburg betrug das Gesamtpotenzial Ende 2018 1.631 Personen (2017: 1.565). Die Zahl der Anhänger des salafistischen Spektrums lag bei 776 Personen (2017: 780). Von diesen 776 Salafisten waren 422 der jihadistischen Strömung zuzurechnen. In Hamburg wurden der HuT rund 220 (2017: 180) deutsche oder afghanischund türkischstämmige Anhänger zugerechnet, die sich in Privaträumen und zu geschlossenen Veranstaltungen, in Restaurants oder anderen Lokalitäten treffen. Furkan-Anhänger in Deutschland sind 2018 insbesondere in Berlin, Dortmund, München und auch Hamburg aufgefallen. Das Personenpotenzial der Furkan-Gemeinschaft betrug Ende 2018 in Hamburg 150 Personen (2017: 140). Gründe des Anstiegs sind der weitere Zulauf in die Szene sowie die konsequente Aufhellung des Dunkelfeldes durch den Verfassungsschutz. Ausreisebewegungen in Richtung Syrien und Irak sind im Jahr 2018 aufgrund militärischen Niederlagen und Gebietsverluste des IS nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Für Hamburg ist die Zahl der in Richtung Syrien und Irak ausgereisten Personen von rund 80 auf 86 gestiegen. Ein gutes Drittel davon ist bislang zurückgekehrt. Der Anstieg ist mit nachträglich gemeldeten Ausreisen zu begründen. 35 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Personenpotenziale Islamismus - Hamburg 2500 2.465 2000 2.270 2.245 2.065 2.010 1.631 1500 1.565 1.355 1000 955 1.065 500 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 - Zahlen sind teilweise gerundet - Personenpotenziale Salafismus - Hamburg 800 700 780 776 600 670 500 400 460 400 420 422 300 320 270 200 240 240 200 200 100 40 40 70 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Gesamtzahl Jihadistisch - Zahlen sind teilweise gerundet - 36 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Es erfolgte eine Umstellung der PMK Erfassung von 2017 auf 2018. Die sogenannte Sonderauswertung unter dem Oberbegriff Islamismus (siehe VSB 2017, S. 38) entfällt in 2018. Es werden lediglich noch die Gesamtzahlen erhoben, es gibt keine Sonderunterteilung mehr. Der Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" bildet ab, inwieweit eine Religion zur Begründung der Tat instrumentalisiert wird (dies umfasst sowohl Straftaten aus islamistischer als auch sonstiger religiöser Motivation). PKM - Religiöse Ideologie 2017 2018 PKM - Religiöse Ideologie Gesamt 28 58 davon extremistische Straftaten 6 16 hiervon extremistische Gewaltdelikte 2 1 Die Zahlen stammen aus den jeweiligen Jahres-Statistiken der Polizei Hamburg - Stand: Februar 2019 - 4. Islamistischer Terrorismus Der internationale islamistische Terrorismus setzt gerade in den Jihad-Gebieten von Syrien und Irak seinen Prozess der Fragmentierung und Dezentralisierung fort. Der "Islamische Staat" hat sein Territorium in Syrien und Irak nahezu vollständig verloren. Und auch vom al-Qaida-Netzwerk haben sich im Jahr 2018 Gruppierungen abgespalten wie zum Beispiel "Hai'at Tahrir al-Sham" (HTS) ( siehe weiter unten im Punkt 4). Unabhängig davon besteht weltweit eine unverändert hohe Gefährdungslage durch islamistische terroristische Organisationen, insbesondere durch den IS, der via Internet nach wie vor sehr aktiv ist. Im Jahr 2018 war die Bedrohung für Europa durch islamistisch motivierte Attentate maßgeblich von durch 37 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten IS-Propaganda in sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten inspirierten Einzeltätern oder Kleinstgruppen geprägt. Der Wegfall des vom IS als "Kalifat" bezeichneten Territoriums in Syrien und Irak als terroristischer Zentralstelle hat die Terrormiliz strukturell und militärisch massiv geschwächt. Gleichwohl haben sich die Propaganda-Aktivitäten nicht abgeschwächt, sondern verlagerten sich auf Messenger-Dienste insbesondere Telegram, mit dem Anhänger und Mitglieder des IS kommunizieren, sich radikalisieren und versuchen, neue Mitglieder zu werben. Messenger Dienste sind ein wichtiges Mittel der Anders als in der VergangenPropaganda-Aktivitäten Foto: Pixabay heit halten die in den neuen Telegramkanälen aktiven Nutzer mit ihrer Sympathie für den IS kaum zurück. Waren die einschlägigen Kanäle bisher darum bemüht, vermeintlich neutral zu berichten und IS-Symbolik zu vermeiden, kommunizieren die Administratoren der neu entstehenden Kanäle nun offen ihre Unterstützung für den IS. So werden arabische Meldungen des IS eingestellt und samt Glorifizierung der Taten und der Täter ins Deutsche übersetzt. Häufig erfolgt zusätzlich eine positive Kommentierung. Zugenommen haben auch direkte und indirekte Aufrufe zur Anwendung von Gewalt. Die neu entstandenen Kanäle und Gruppen haben sich insgesamt der internationalen IS-Unterstützerszene angepasst und agieren extrem dynamisch. Die Lebensdauer der Kanäle ist meist auf wenige Tage beschränkt Unabhängig von den Aktivitäten bei Telegram veröffentlichte der IS im Oktober 2018 über seine offizielle Medienstelle "Al-Hayat Media Center" die achte Folge der Videoreihe "Inside the Khilafah" mit dem Titel "Krieg". Hierin fordert der IS zum wiederholten Mal von seinen Anhängern, die "Hijra" (Auswanderung) in die noch verbliebenden IS-Gebiete zu machen. Ist dies nicht möglich, sollen Anschläge in den Ländern der "Ungläubigen" 38 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten begangen werden. Sollte auch dies nicht möglich sein, soll eine Beteiligung am digitalen Jihad erfolgen. Dabei wird die Bedeutung dieses virtuellen Jihad mit der des Kampfes an der Front und von Terroranschlägen gleichgesetzt. Auch im Jahr 2018 rief der IS mehrfach auch Frauen direkt zum Jihad auf. Damals hatte der IS in Ermangelung des kämpfenden männlichen Personals eine Änderung der bisherigen Leitlinien erkennen lassen, indem er entgegen seiner ursprünglichen Auffassung und auch im Widerspruch zur islamischen Rechtsgelehrsamkeit Frauen zum Jihad aufrief. So widmete sich der IS unter anderem über seine Online-Propaganda-Publikation "Al-Naba" dem Thema Jihad und Frauen. Anhand ausgewählter religiöser Texte vor allem in Form von Prophetenüberlieferungen wurden den IS-Anhängerinnen Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie sich in den Jihad einbringen könnten - letztendlich, wenn auch nicht primär, im Kampf gegen Feinde. Das mit dem "Islamischen Staat" konkurrierende al-Qaida-Netzwerk konnte die fast vollständige militärische Zerschlagung des IS nicht für sich nutzen. Im Gegenteil: Der Zerfall und die weitere Aufspaltung des Netzwerks, die sich bereits in 2017 abzeichnete, hat sich auch im Jahr 2018 fortgesetzt. In Syrien hält die von al-Qaida abgespaltene "Hai'at Tahrir al-Sham" (HTS) unverändert Distanz zur Kernorganisation. Dies führte 2018 zu einer Trennung vieler Mitglieder von der HTS, die sich in Teilen mit anderen Kämpfern al-Qaida nahestehender Gruppierungen zu einem neuen jihadistischen Dachverband mit dem Namen "Tanzim Hurras al-Din" (THD, Organisation der Wächter der Religion) zusammengeschlossen haben. Die Propaganda-Aktivitäten der deutschsprachigen al-Qaida-Unterstützerszene, die den "Hai'at Tahrir al-Sham" nahesteht, fand 2018 und bis zum Redaktionsschluss 2019 ähnlich wie beim IS hauptsächlich über Telegramkanäle statt. Insbesondere vor dem Hintergrund fehlender offizieller HTS-Propaganda in europäischen Sprachen waren die dort verbreiteten Inhalte wesentlich für die Meinungsbildung der Sympathisanten in Deutschland, bis hin zu einer möglichen radikalisierenden Wirkung. 39 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten 5. Salafismus Der Salafismus stellt eine radikale und kompromisslose Ausrichtung innerhalb des sunnitisch-islamistischen Spektrums dar. Salafisten wollen den Islam von allen vermeintlich "unerlaubten" Neuerungen reinigen, wie sie vor allem im Volksislam verbreitet sind. Info Der Volksislam ist eine Form des islamischen Glaubens, der an Überlieferungen anknüpft, die im Koran zwar vorhanden sind (beispielsweise der Geisterglaube), ihre Wurzeln jedoch in vorislamischer Zeit haben. Eine wichtige Rolle im Volksislam spielt die Verehrung von Heiligen. Die in dieser Glaubensrichtung gebräuchlichen Zauberformeln, Tätowierungen, Amulette und Talismane dienen als Mittel zur Abwehr von Krankheiten und anderen Gefahren. Verbreitet ist der Volksislam unter anderem in afrikanischen Ländern. Als vorbildlich gelten ihnen dabei die ersten drei Generationen der Muslime, die sogenannten "as-Salaf as-Salih" ("die frommen Altvorderen"), wovon sich die Bezeichnung der Salafisten ableitet. Der Salafismus bewegt sich außerhalb der etablierten Rechtsschulen des Islam und akzeptiert deren Meinungen lediglich, wenn sie mit den eigenen Anschauungen vereinbar sind. Innerhalb des Salafismus existieren verschiedene Strömungen, welche sich in ideologischer Hinsicht unterscheiden, aber dennoch Durchlässigkeiten und Überschneidungen aufweisen. Die vom Verfassungsschutz beobachteten Hauptrichtungen werden als politischer und jihadistischer Salafismus bezeichnet. Beide Richtungen propagieren aktiv die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und treten für die Etablierung eines Staatswesens ein, in dem vermeintlich von Gott gegebene Gesetze gelten sollen. Grundsätzlich lehnen auch politische Salafisten Gewalt nicht ab, versuchen jedoch, ihre Ziele mit Mitteln der Mission und fortwährender Überzeugungsarbeit zu verwirklichen. Jihadisten befürworten in einem stärkeren und radikaleren Maße die Anwendung von Gewalt. Zwischen diesen beiden Ausprägungen des Salafismus existieren fließende Übergänge und Wechselbeziehungen. Sie stüt40 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten zen sich beispielsweise auf dieselben ideologischen Autoritäten und Vordenker. Der Salafismus ist die islamistische Strömung, die in den vergangenen Jahren am schnellsten gewachsen ist. Nach wie vor ist das Personenpotenzial bundesweit auf hohem Niveau, und die Anziehungskraft der salafistischen Ideologie ist ungebrochen. Wie in den Vorjahren stieg auch im Jahr 2018 das Personenpotenzial im gesamten Bundesgebiet von 10.800 (2017) auf 11.300 (Stand: 31. Dezember 2018) an. In Hamburg sind die Zahlen nahezu unverändert geblieben (2017: 780; Ende 2018: 776). Die öffentliche Dawa-Arbeit (Dawa - aus dem Arabischen für "Ruf, Aufruf, Einladung, Werbung, Propaganda, Anrufung, Segenswunsch") in Hamburg hat sich im Jahr 2018 deutlich abgeschwächt und beschränkte sich auf einige wenige, sogenannte Street-Dawa-Aktionen, die im Gegensatz zu den festen Dawa-Ständen früherer Jahre, keiner Anmeldung bedürfen. Dies ist auch eine Folge des erhöhten staatlichen Repressionsdrucks und fehlender überregionaler Kampagnen, wie der im Jahr 2016 verbotenen "LIES!"-Kampagne, bei der an festen Info-Ständen in der Hamburger City und weiteren Großstädten unter anderem Koranexemplare verteilt wurden. Der wichtigste Anlaufpunkt für die salafistische Szene in Hamburg ist nach wie vor die Taqwa-Moschee in Hamburg-Harburg. Sie wird auch von als jihadistisch eingeschätzten Personen aufgesucht. Die Moschee wird zudem auch außerhalb der öffentlichen Gebetsveranstaltungen frequentiert. Schon seit Jahren betätigen sich Salafisten bundesweit, auch in Hamburg, im Bereich der humanitären Unterstützung und rufen zu Spendensammlungen auf. Die Spendensammler geben an, für vermeintlich karitative Organisationen Geld zu sammeln, um Kinder in Krisengebieten mit Lebensmitteln, Medikamenten oder Bekleidung zu unterstützen. Einer dieser Spendensammelvereine ist "Ansaar International e.V.". Der Verein verfolgt vordergründig den Zweck, humanitäre Hilfe für Muslime weltweit (beispielsweise in Syrien, Somalia, Marokko oder Burma) zu leisten. Der Verein ist 2012 in Düsseldorf gegründet worden. Auf der Inter41 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten netseite von "Ansaar International" werden für viele deutsche Städte Sammelstellen für Spenden angegeben. Eine Sammelstelle befindet sich auch in Hamburg. Am 10. April 2019 durchsuchten die Polizeibehörden in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sowie die beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen ansässige Task Force der Steuerfahndung NRW rund 90 Objekte eines bundesweit agierenden islamistischen Netzwerks, darunter "Ansaar International". Es besteht nach dem Stand der Erkenntnisse (April 2019) der dringende Verdacht, dass sich dieses Netzwerk gegen den Gedanken der Völkerverständigung gem. Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz richtet. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen wird davon ausgegangen, dass die Organisationen dem extremistischen Milieu zuzurechnen sind. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Hamas finanziell und propagandistisch unterstützt wird. 6. Furkan-Gemeinschaft Die aus der Türkei stammende Furkan-Gemeinschaft (Furkan Egitim ve Hizmet Vakfi) wird seit ihrer Gründung Mitte der 1990er Jahre durch ihr geistiges Oberhaupt Alparslan Kuytul geführt. Als Zielvorstellung strebt die Furkan-Gemeinschaft eine als Staatswesen handelnde "Islamische Zivilisation" an, welche sich ausnahmslos Prinzipien wie der Rechtsordnung der Scharia unterwirft. Hierbei sieht sie sich als Teil einer "Vorreiter-Generation" und in diesem Kontext mit islamistischen sowie auch jihadistischen Vordenkern wie Hasan al-Banna und Sayyid Qutb verbunden. Der Staatsmacht einer solchen Zivilisation wird auch das Recht eingeräumt, kriegerische Auseinandersetzungen zu führen. Alparslan Kuytul wurde am 30. Januar 2018 mit einigen seiner Anhänger in Adana (Türkei), dem Hauptsitz der Organisation, verhaftet. Die türkischen Behörden legen ihm zur Last, im Kontext der Stiftungsarbeit, abweichend vom eigentlichen Gründungszweck der Stiftung, gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die öffentliche Sicherheit agitiert und eine Untergrundorganisation gegründet zu haben. Weiterhin wird ihm vorgeworfen, in seinen Ansprachen die Bevölkerung aufzuwiegeln, den Staats42 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten präsidenten Erdogan beleidigt und den im Jahr 2016 in der Türkei stattgefundenen Putschversuch befürwortet zu haben. Als Folge der Verhaftung sowie der auch bis Ende 2018 nach wie vor andauernden Haft von Kuytul kam es in vielen türkischen sowie europäischen Städte zu öffentlichkeitswirksamen Aktionen, zum Beispiel Demonstrationen, bei den die Freilassung Kuytuls gefordert wurde. Auch in sozialen Medien wurden entsprechende Aufrufe verbreitet. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist die Furkan-Gemeinschaft vor allem in Frankreich, England, Dänemark und Deutschland aktiv; Furkan-Anhänger in Deutschland sind 2018 insbesondere in Berlin, Dortmund, München und Hamburg aufgefallen. Der Hamburger Furkan-Ableger agierte bisher über den Verein "Furkan - Zentrum für Bildung e.V.", welcher im April 2018 in "Jugend, Bildung und Soziales e.V." umbenannt wurde. Auch Hamburger Anhänger der Furkan-Gemeinschaft nahmen an den öffentlichkeitswirksamen Aktionen zur Freilassung Kuytuls teil. So zeigten Anhänger im August 2018 an der Binnenalster ein Transparent und veröffentlichten danach mehrere Botschaften im Internet, in welchen sie die Freilassung Kuytuls forderten. Am 20. Oktober 2018 organisierten Furkan-Anhänger eine Demonstration in der Hamburger Innenstadt. Es nahmen gut 240 Personen teil, darunter auch Anhänger aus anderen Städten. Am Ende der Demonstration hielt der Hamburger Vorsitzende des "Jugend, Bildung und Soziales e.V." eine Rede. Die Inhalte der Rede zeigten Anhaltspunkte für Bestrebungen auf, die mit den Werten des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren sind: "[...], dass sich Allah im Quran zu politischen Themen wie Eherecht, Wirtschaftsrecht oder Strafrecht geäußert hat und dem Menschen gelehrt hat, wie er seine Politik und Gesellschaft gestalten soll. Diese Tatsache kann kein Muslim oder Islamwissenschaftler ernsthaft bestreiten. [...] Wenn der Mensch davon überzeugt ist, dass es einen Gott gibt, und dass der Quran von diesem einen Gott offenbart wurde, dann ist es nur logisch, dass der Mensch all seine Angelegenheiten von diesem einen Gott bestimmen lässt [...] Kein Mensch würde dann so überheblich sein und denken, dass er es besser wüsste als der Erschaffer aller Menschen." 43 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten "Dass wir eine andere Überzeugung als die Mehrheitsgesellschaft haben, stand niemals und steht niemals einem friedlichen Miteinander entgegen." Weitere Demonstrationen gab es am 3. November 2018 in Dortmund und am 4. November 2018 in Berlin, zu denen auch Teilnehmer aus Hamburg anreisten. In beiden Städten hielt der Hamburger Vorsitzende ebenfalls die Abschlussrede. Anhänger der Furkan-Gemeinschaft bei einer Demonstration in Hamburg-St. Georg 7. Hizb ut-Tahrir Die Hizb ut-Tahrir (HuT) - Partei der Befreiung - wurde 1953 von dem palästinensischen Politiker und Juristen Taqiaddin an Nabhani in Jerusalem gegründet. Die HuT ist eine länderübergreifend aktive islamistische Organisation, die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen ist. 44 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Info Muslimbruderschaft - Die 1928 in Ägypten vom Volksschullehrer Hasan Al-Banna gegründete Muslimbruderschaft setzte sich zunächst eine Islamisierung der ägyptischen Gesellschaft auf dem Weg von Reform und Erziehung zum Ziel. Es hat in der Geschichte dieser Organisation jedoch immer wieder Tendenzen zu einer gewaltsamen Veränderung der Verhältnisse gegeben. Ein führender Ideologe der Organisation, Sayyid Qutb (1966 hingerichtet), hat mit seinen Schriften den entscheidenden Schritt auf dem Weg zum militanten Islamismus eingeleitet, wie er seit den 1970er Jahren verstärkt auftritt. Die HuT ist eine politische Bewegung, die den von ihr postulierten Absolutheitsanspruch mit einem entsprechenden politischen Modell (Kalifat) verbindet und jede hiervon abweichende "ungläubige Staatsform" zurückweist. Die HuT drängt dabei auf die vollständige Einführung der Scharia. Ziel der HuT ist die "Vereinigung der weltweiten Ummah" (Gemeinschaft der Muslime) in einen theokratischen (allein göttlich legitimierten) Staat ohne nationale Grenzen unter der Führung eines Kalifen. Dieser soll die Scharia als Grundlage und Maßstab staatlichen Handelns im Kalifat durchsetzen, vereint er doch die weltliche und geistige Führung in einer Person. Er wendet sich zudem gegen jede Teilnahme am politischen Leben in den "blasphemischen Systemen", zum Beispiel in parlamentarischen Demokratien. Weitere zentrale Punkte des Parteiprogrammes der HuT sind die Bekämpfung des "Kolonialismus" und des "Zionismus". Unter der Bekämpfung des Kolonialismus wird dabei die Befreiung der islamischen Gesellschaft von der angeblichen ideologischen Führung durch den Westen verstanden. Der Staat Israel und das Volk der Juden werden von der HuT als die zu bekämpfenden Grundübel auf dem Weg zur Verwirklichung der islamischen Gesellschaft bezeichnet Die HuT distanziert sich von fast allen ihrer Ideologie nicht entsprechenden Organisationen. Im Gegenzug wird die HuT innerhalb der muslimischen Gemeinde nahezu komplett abgelehnt, weil sie nach deren Ansicht keine 45 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten profunde religiöse Ausbildung vermittele, sondern in erster Linie nur das Kalifat propagiere. Bereits in den ersten Jahren nach der Gründung fand die HuT eine Vielzahl von Anhängern in den Staaten des arabischen Sprachraumes. Sie soll in den 1960er und 1970er Jahren an Putschversuchen in Jordanien, Ägypten, Syrien und dem Irak beteiligt gewesen sein. Die HuT ist inzwischen in nahezu allen arabischen Staaten verboten, da sie die dortigen Herrschaftssysteme ablehnt und die jeweiligen Staatsoberhäupter als ungläubig betrachtet. Trotz der Verbote in den arabischen Ländern ist sie dort und in vielen anderen Staaten aktiv. Gemäß der Verbotsverfügung des BundesminisLogo der "Hizb ut-Tahrir" teriums des Innern vom 15. Januar 2003 richtet sich die Organisation gegen den Gedanken der Völkerverständigung und befürwortet Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Sie verbreite unter anderem antisemitische Hetzpropaganda und fordere zur Tötung von Juden auf. Das Verbot umfasst die Produktion und Verbreitung von Publikationen wie der deutschsprachigen Zeitschrift "Explizit". Das Betätigungsverbot wurde durch das Bundesverwaltungsgericht am 25. Januar 2006 bestätigt, nachdem die Gruppierung gegen das Bundesinnenministerium geklagt hatte. Es stellte darüber hinaus fest, dass es sich bei der HuT nicht um eine Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaft handelt. Auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGMR) scheiterte die HuT am 19. Januar 2012 mit ihrer Klage gegen das Betätigungsverbot in Deutschland. Die Klage wurde vom EuGMR für unzulässig erklärt, da die Richter es weiterhin als erwiesen ansahen, dass die HuT dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen und zur Zerstörung Israels aufgerufen habe. Zudem habe diese Vereinigung den Sturz der Regierungen in muslimisch geprägten Staaten befürwortet, um diese durch ein übergeordnetes Kalifat auf Grundlage der Scharia zu ersetzen. 46 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Die HuT ist ständig bemüht, ihren Mitgliederstamm zu erweitern. Als geeignete Plattformen haben sich hierzu Veranstaltungen in Moscheen, gezielte Ansprachen an Universitäten, politische Diskussionen mit Islambezug, aber auch eigene Veranstaltungen erwiesen. Durch den Aufbau freundschaftlicher Beziehungen wird zunächst ein Vertrauensverhältnis geschaffen, indem besonders häufig religiöse und weltanschauliche Themen angesprochen und diskutiert werden. Dabei treten die Anhänger oft zunächst nicht unter ihrem Label "HuT" auf, sondern offenbaren sich erst später, wenn ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde. Bis dahin geriert sich die Gruppierung als netter Zusammenhang muslimischer junger Menschen, der anderen bei Freizeitaktivitäten behilflich sein will. Als attraktive Anknüpfungspunkte dienen der Fußball oder das Ausrichten von Grillfesten. In Hamburg können der HuT im Jahr 2018 rund 220 (2017: 180) deutsche oder afghanischund türkischstämmige Anhänger zugerechnet werden, die sich in Privaträumen und zu geschlossenen Veranstaltungen, in Restaurants oder anderen Lokalitäten treffen. Für die interne Weiterbildung gibt es über Hamburg verteilt zahlreiche Schulungszirkel (Halaqat), in deren Rahmen sowohl in Deutsch, Türkisch als auch in Dari Unterrichte stattfinden, die sehr diszipliniert durchgeführt werden. In Hamburg sind Mitglieder der HuT in fast allen Moscheen unerwünscht. Auch in den sozialen Netzwerken ist die HuT aktiv. Dort lassen sich einige Gruppierungen finden, die deutliche ideologische Überschneidungen mit der HuT aufweisen. Hier sind insbesondere die informellen Netzwerke "Generation Islam" (GI) und "Realität Islam" (RI) zu nennen. Die in diesen Netzwerken federführenden Personen sind selbst aktive Mitglieder der HuT oder sind ihrem ideologischen Umfeld zuzuordnen. Sie versuchen, gezielt Themen für sich zu besetzen oder zu vereinnahmen, die auch Nichtextremisten ansprechen ( siehe Punkt 9 "Entgrenzung"). Dem LfV Hamburg wurde 2018 ein internes Strategiepapier der HuT bekannt, dass offensichtlich schon auf die Jahre 2015/16 zu datieren ist. In diesem Papier listet die HuT auf, wie man neue Mitglieder für sich in Hamburg-Wilhelmsburg anwerben möchte, unter anderem über die Gründung eines eigenen Fußballvereins. Dies hat die HuT mit der Gründung des Vereins "Adil e.V." in die Tat umgesetzt. 47 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Der Verein "Adil e.V." wurde am 24.04.2016 gegründet. Von den gemäß Protokoll der Gründungsversammlung anwesenden Gründungsmitgliedern sind sechs der zehn Anwesenden der HuT zuzurechnen. Auch die Angehörigen des aktuellen dreiköpfigen Vorstands werden aufgrund vorliegender nachrichtendienstlicher Informationen als HuT-Angehörige eingestuft. So hatte der Vereinsvorsitzende Ahmed E. im Dezember 2018 versucht, eine größere HuT-Veranstaltung zum Thema "Kopftuchverbot" unter der Bezeichnung "Realität Islam" durchzuführen. Diese Veranstaltung konnte das LfV Hamburg verhindern (siehe dazu die Internetbeiträge vom 7. und 8. Dezember 2018 auf der LfV-Homepage). "Realität Islam" wird vom Verfassungsschutzverbund ebenfalls dem HuT-Netzwerk zugerechnet. Im Frühjahr 2017 beantragte Adil e.V. die Aufnahme in den Hamburger Fußball-Verband. Die erste Herrenmannschaft des Vereins nahm am Spielbetrieb der Hamburger Kreisklasse B 1 teil. Auch der weit überwiegende Teil der in dieser Mannschaft laut Internet spielberechtigten Personen gehören nach vorliegenden Informationen der HuT an oder stehen ihr ideologisch nahe. Weitere Mannschaften (Kinder, Jugendliche) existierten nach vorliegenden Erkenntnissen derzeit nicht. Aus Sicht des LfV wurde der Verein mit dem Zweck gegründet, unter der zunächst harmlosen Tarnung eines Fußballvereins neue Mitglieder für die verfassungsfeindliche Hizb ut-Tahrir zu gewinnen und die eigene Akzeptanz in der muslimischen Community in Wilhelmsburg zu erhöhen. Nachdem das LfV Hamburg im April 2019 auf seiner Homepage und in zahlreichen MedienDas LfV Hamburg zeigte auf seiner Homepage der "Hizb interviews über die Hintergründe des ut-Tahrir" die "Rote Karte" für den Adil e.V. Adil e.V. berichtete, suspendierte der Hamburger Fußball-Verband (HFV) den Klub vom laufenden Fußballspielbetrieb, und das HFV-Präsidium beantragte den Ausschluss des Vereins aus dem Verband. Daraufhin löste sich Adil e.V. Ende April 2019 auf. www Siehe hierzu auch: https://www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/12393536/hamburger-verfassungsschutz-adil-ev-hut/ 48 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten 8. Schiitischer Islamismus 8.1. Hizb Allah Die schiitische Hizb Allah wurde im Sommer 1982 nach dem Einmarsch israelischer Truppen in den Libanon auf iranische Initiative hin gegründet. Sie entwickelte sich aufgrund massiver iranischer Unterstützung rasch zu einer militanten Sammlungsbewegung libanesischer Schiiten mit Schwerpunkten im Bekaa-Tal, Süd-Libanon und den Vororten von Beirut. Der politische Führer der Organisation ist der 1960 in Beirut geborene Hassan Nasrallah. Wichtigstes Ziel der Organisation ist der Kampf Logo der "Hizb Allah" - auch mit terroristischen Mitteln - gegen Israel als "unrechtmäßigen Besatzer palästinensischen Bodens", den die Hizb Allah als "legitimen Widerstand" bezeichnet. Das lange propagierte Fernziel, die Umwandlung des Libanon in eine islamische Republik nach iranischem Vorbild, hat sich im Lauf der Zeit gewandelt. Nunmehr steht die allgemeinere Forderung nach mehr politischem Einfluss und einer Revision des konfessionellen Proporzsystems (die sogenannte "Taifija") im politischen und administrativen Bereich zugunsten der Muslime, insbesondere der Schiiten, im Vordergrund. Die enge ideologische Beziehung zur Islamischen Republik Iran, verbunden mit einer finanziellen Abhängigkeit, besteht unverändert fort. Info Taifija - Libanons hat eine parlamentarische Demokratie, in welcher ein konfessioneller Proporz gilt. Die politische Macht wird nach religiöser Zugehörigkeit aufgeteilt. Laut Abkommen von Ta'if muss der libanesische Staatspräsident Christ (Vertreter der mit Rom verbundenen Maronitisch-katholischen Kirche), der Premierminister sunnitischer Moslem und der Parlamentspräsident schiitischer Moslem sein. Die die Parlamentssitze je zur Hälfte an Christen sowie Muslime verteilt. 49 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Nachdem die USA im Dezember 2017 Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt haben, rief Nasrallah die Verbündeten der Hizb Allah auf, gemeinsame "Strategien auf dem Feld" zu entwickeln, um Israel zu konfrontieren. Er plädierte (nach den beiden ersten Aufständen, "Intifada", 1987 und 2000) für eine dritte palästinensische Intifada, um die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA zu kippen. In Deutschland sind derzeit rund 30 Kulturund Moscheevereine bekannt, in denen sich regelmäßig eine Klientel trifft, die der Hizb Allah beziehungsweise deren Ideologie nahesteht. Generell sind diese Kulturund Moscheevereine überwiegend im Vereinsregister eingetragen. Die Vereinsaktivitäten beschränken sich auf interne Treffen, Diskussionsveranstaltungen und religiöse Feiern (zum Beispiel Ramadan und Ashura). Info Der Ramadan ist der Fastenmonat der Muslime und der neunte Monat des islamischen Kalenders. Im Ramadan wurde nach islamischer Auffassung der Koran herabgesandt. Ashura wird der zehnte Tag des Monats Muharram genannt, des ersten Monats im islamischen Kalender. Dieser Tag ist für Muslime auf der ganzen Welt bedeutsam und wird unterschiedlich gefeiert. Die Vereine sind vom Bemühen geprägt, die Bindungen der hier lebenden Libanesen an ihre Heimat und an die Organisation zu festigen. Darüber hinaus gehört das Sammeln von Spendengeldern zu den wichtigsten Aufgaben der Vereine. Der Organisation wurden Ende 2018, wie im Vorjahr, bundesweit etwa 1050 Anhänger zugerechnet. Die Anordnung Hassan Nasrallahs an die Anhänger der Hizb Allah, sich in Deutschland gesetzeskonform zu verhalten, um keine Angriffsfläche für staatliche Maßnahmen zu bieten, wird weiterhin befolgt. Auch der Syrienkonflikt und die dadurch angespannte Sicherheitslage im Libanon haben bisher nicht zu öffentlich wahrnehmbaren Reaktionen von Hizb-Allah-Sympathisanten in Deutschland geführt. In Hamburg gibt es gut 30 Hizb Allah-Anhänger, die unter anderem im "Islamischen Zentrum Hamburg" ( 50 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten siehe Punkt 8.2 "Hamburg") verkehren, um dort an den Freitagsgebeten oder anderen religiösen Veranstaltungen teilzunehmen. 8.2. Iranische Islamisten Die Islamische Republik Iran ist einerseits ein politisches System mit gewählten Gremien und einem Parlament, andererseits eine theokratische Ordnung. Der Präsident Hassan Rohani repräsentiert in ihrem Rahmen die Republik und hat sich unter anderem vor dem Volk zu verantworten; der oberste Religionsgelehrte Ali Khamenei hingegen ist Stellvertreter des sogenannten verborgenen Imams, der 874 nicht gestorben, sondern "entrückt" sei und wiederkehren werde, um die Führung zu übernehmen. Die Rolle des obersten Korangelehrten als Platzhalter mit nahezu unbegrenzter weltlicher Machtfülle hat der Gründer der Islamischen Republik Iran, der verstorbene Großayatollah Khomeini, mit dem Prinzip der "Velayat-e faqih", der absoluten Herrschaft des anerkannten Rechtsgelehrten beziehungsweise des Klerus, formuliert. Khamenei bestimmt - trotz massiver Verwerfungen innerhalb des Establishments und teilweise mangelnder Anerkennung in klerikalen Kreisen - nach wie vor die Richtlinien in grundlegenden politischen Fragen. Hierzu steht ihm mit dem so genannten "Beyt-e rahbar" ein eigenes Steuerungs-, Machtund Finanzinstrument zur Verfügung, das zwar auch eine informelle, aber vor allem zentrale politische Funktion innerhalb der Islamischen Republik einnimmt und mit tausenden Mitarbeitern der faktischen Durchsetzung des Prinzips der Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten (persisch: "Velayat-e faqih") dienen soll. Sowohl auf der innenwie außenpolitischen Bühne wird ein antiwestlicher und rigoros islamistischer Kurs mit dem in der iranischen Verfassung deklarierten Leitmotiv der Islamisierung der westlichen Nationen ("Export der islamischen Revolution") gepflegt. Proiranische Einrichtungen in Deutschland sind grundsätzlich als Instrumente der iranischen Staatsführung zu bewerten, die deren theokratische Staatsdoktrin vertreten. Sie repräsentieren eine Werteordnung, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist. 51 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Die Bundesregierung beobachtet die Menschenrechtslage in Iran nach wie vor mit Sorge: "Die Menschenrechtslage in Iran bleibt fünf Jahre nach Amtsantritt einer gemäßigten Regierung trotz gradueller Verbesserungen im Bereich der Kunstund Pressefreiheit nahezu unverändert kritisch. Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten sind nach wie vor regelmäßig Opfer staatlicher Repressionen. Beunruhigend ist die außerordentlich hohe Anzahl an Hinrichtungen, die aufgrund einer Änderung im Drogengesetz 2018 niedriger lag als in den Vorjahren." [Auswärtiges Amt, Länderinformationen Iran, Stand: Juni 2018, aufgerufen am 14.06.2019] Zum Jahreswechsel 2017/2018 kam es zu den größten Protestkundgebungen im Land seit 2009. Sie richteten sich unter anderem gegen politische Unterdrückung, Korruption und Armut. Im Rahmen dieser Proteste sperrte der Minister für Information und Kommunikationstechnologie den Zugang zu sozialen Netzwerken (Internetdienste Telegram, Instagram, Facebook, Twitter und YouTube), um die Ausweitung der Proteste zu verhindern. Des Weiteren wurden Hunderte von Protestierenden teilweise unter Einsatz von Schusswaffen verhaftet. Khamenei sah die Proteste von "ausländischen Mächten" initiiert und gesteuert. Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten sind regelmäßig Opfer staatlicher Repressionen, was sich beispielsweise an der hohen Anzahl von Hinrichtungen zeigt. Zu diesen Opfern zählten unter anderem Menschen, die aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Ausrichtung verurteilt und hingerichtet wurden. Die iranische Staatsführung äußert sich seit Jahrzehnten antiisraelisch, regelmäßig wird der Staat Israel als "Krebsgeschwür" bezeichnet. Der oberste Religionsführer Khamenei sagte im September 2015, dass Israel "das Ende der kommenden 25 Jahre" nicht mehr erleben würde. 52 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Hamburg In Hamburg befindet sich eine wichtige proiranische Einrichtung, die an der Außenalster gelegene schiitische "Imam Ali-Moschee" (siehe folgende Doppelseite), deren Trägerverein das "Islamische Zentrum Hamburg e.V." (IZH) ist. Das LfV Hamburg berichtet über das IZH seit der Veröffentlichung des ersten gedruckten Verfassungsschutzberichtes vor 26 Jahren. Die Position des IZH-Leiters wird traditionell mit einem linientreuen Anhänger der iranischen Staatsdoktrin und der islamischen Revolutionsziele besetzt. Er gilt als Vertreter des Revolutionsführers Khamenei in Europa und ist in der schiitischen Gemeinde als religiöser Repräsentant der Islamischen Republik Iran bekannt. Im August 2018 kam es zu einem Wechsel in der IZH-Führung. Der langjährige IZH-Leiter Ayatollah Dr. Reza Ramezani wurde in den Iran zurückbeordert und durch Dr. Mohammad Hadi Mofatteh ersetzt, einen vielfältig geschulten Vertreter des gegenwärtigen Regimes im Iran. Eigenen Angaben zufolge habe er ab 1991 als wehrpflichtiger Offizier mit Universitätsabschluss im Korps der Islamischen Revolutionswächter (Islamic Revolutionary Guards Corps / IRGC) gedient, wobei er als Computerspezialist aktiv gewesen sein soll. Mofattehs Familie ist fest in die staatlich-religiöse Elite des Iran eingebunden, er agierte langjährig in verschiedenen Führungsfunktionen staatlich gelenkter Medienstellen. Das IZH ist eines der wichtigsten islamischen Zentren in Europa, das von schiitischen Muslimen verschiedener Nationen als zentrale religiöse Anlaufstelle genutzt wird - neben Iranern vor allem von Afghanen, Arabern, Libanesen, Pakistanern und Türken sowie deutschen Konvertiten. In der Moschee finden regelmäßig Gebetsveranstaltungen sowie eine Vielzahl religiöser Feierlichkeiten statt. Zudem werden diverse Lehrveranstaltungen angeboten, so etwa islamischer Religionsunterricht für Kinder und Sprachunterricht in den Sprachen Arabisch, Deutsch und Persisch. In der Öffentlichkeit treten Funktionäre und Unterstützer des IZH erheblich gemäßigter auf als beispielsweise Salafisten und suchen aktiv den gesellschaftlichen Kontakt, zum Beispiel über Einladungen zum "Tag der offenen Moschee" (zuletzt am 3. Oktober 2018) oder die Organisation von Diskussionsveranstaltungen. 53 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Wie bereits in den Vorjahren unterstützten und beteiligten sich IZH-Besucher und -Funktionäre an der auch 2018 in Berlin stattgefundenen israelfeindlichen Demonstration zum "Jerusalem-Tag" ("Quds-Tag"). Info Al-Quds ist der arabische Name für die Stadt Jerusalem. Der QudsTag wurde vom iranischen Regime nach der Machtübernahme 1979 als Feiertag eingeführt. Am 9. Juni 2018 beteiligten sich rund 160 Personen aus Hamburg und der Metropolregion an der von insgesamt gut 1.600 Demonstranten besuchten Veranstaltung, um ihren Protest gegen die Besetzung Jerusalems und ihre Solidarität mit den aus ihrer Sicht unterdrückten Palästinensern auszudrücken. Es liegen eindeutige Belege dafür vor, dass das IZH den Bustransfer (Hinund Rückreise Hamburg - Berlin) organisiert hat. Zudem gehörten wichtige Aktivisten, auch aus der Führungsebene des IZH, zu den Teilnehmern am Demonstrationszug, darunter der stellvertretende IZH-Leiter sowie der Leiter der IZH-Einrichtung "Islamische Akademie Deutschland e.V.". Unter anderem durch eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit propagiert das IZH den Islam iranischer Prägung und strebt damit an, den "Export der islamischen Revolution" zu verwirklichen. Die Inhalte sind dabei moderat formuliert und bieten nur selten Angriffsflächen. Nach außen stellt sich das IZH als rein religiöse Einrichtung dar, die keine politischen Aktivitäten gestattet. Üblicherweise wird eine öffentliche Verbindung oder Identifizierung mit der iranischen Staatsführung vermieden. Dennoch ist das Staatsund Gesellschaftsverständnis des IZH vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat geprägt. In Deutschland existiert eine Reihe schiitisch-islamischer Zentren und Organisationen. Das IZH hat ein bundesweites Kontaktnetz aufgebaut und übt auf Schiiten unterschiedlicher Nationalität sowie die schiitisch-islamischen Moscheen und Vereine Einfluss aus, bis hin zur vollständigen Kontrolle. Über diese Organisationen sorgt das IZH unter anderem mit finanziellen Mitteln für die Verbreitung der iranischen "Revolutionsidee" in 56 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen wie Religion, Bildung und Sport. Das IZH ist in einigen islamischen Dachverbänden vertreten. In Hamburg wirkt es in führender Position in der zentralen islamischen Organisation "Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V." (SCHURA), einem Zusammenschluss von zahlreichen Moschee-Trägervereinen, mit. Auf Bundesebene sind Vertreter des IZH im "Zentralrat der Muslime in Deutschland" (ZMD) und in der "Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland e.V." (IGS) und auf europäischer Ebene in der "Islamisch-Europäischen Union der Schia-Gelehrten und Theologen" (IEUS) aktiv. 9. Entgrenzung Wie in anderen Phänomenbereichen, vor allem im Linksund im RechtsextremisISLAMISMUS mus ( Kapitel IV und V, Punkte "Entgrenzung"), hat auch im Bereich Islamismus die Abgrenzung zwischen extremistischen und nichtextremistischen Bereichen an Trennschärfe verLINKSRECHTSloren, insbesondere über die gezielte EXTREMISMUS demokratischEXTREMISMUS gesellschaftlicher strategische Besetzung gesellschaftlich Bereich breit diskutierter oder akzeptierter Themen durch Extremisten, um die Grenzen zu demokratischem Engagement aufzulösen. Diese Entwicklung wird im VerSCIENTOLOGY fassungsschutzverbund als Entgrenzung bezeichnet. Extremisten streben an, Meinungsbildungsprozesse zu "Entgrenzung" als Strategie zur Besetzung gesellschaftlich breit diskutierter oder akzeptierter Themen durch gesellschaftlichen Themen zu beeinflusExtremisten Illustration LfV HH sen, um die politische Anschlussfähigkeit extremistischer Positionen in den nichtextremistischen Bereichen der Gesellschaft zu erreichen. Oft zunächst unter Verschleierung der Urheberschaft und Motivation, je nach Thema auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, versuchen Extremisten dadurch, auch neue Anhänger zu rekru57 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten tieren und bei Nichtextremisten gesellschaftsfähig zu werden. Sie nutzen in diesem Kontext auch alle Möglichkeiten des Internets, speziell sozialer Netzwerke, um ihre Thesen und Ideen zu verbreiten und Kampagnen zu unterstützen Diese Vorgehensweise ist insbesondere auch bei der Hizb ut-Tahrir (HuT) zu beobachten ( siehe Punkt 7). Die HuT versucht, über verschiedene Wege neue Anhänger zu gewinnen - zum Beispiel über beliebte Veranstaltungen wie Grillfeste oder Fußballturniere, oder auch über die Besetzung gesellschaftlich relevanter Debatten. So initiierten führende HuT-Angehörige unter dem Label "Realität Islam" (RI) im April 2018 eine Online-Petition unter dem Titel "Deine Stimme gegen das Kopftuchverbot". Diese Petition richtete sich an den Bundestag und wurde bis zum Oktober 2018 von mehr als 170.000 Menschen unterzeichnet. Neben dieser Online-Petition wurden öffentlichkeitswirksam auch Flyer in einigen großen deutschen Innenstädten verteilt, darunter auch in Hamburg. ng t ru ei ie Disk Religionsf rim in re Hizb ut-Tahrir ih Adil e.V. "Generation Islam" "Realität Islam" t or Sp te at eb Ko pftu c h d demokratischgesellschaftlicher Bereich "Entgrenzungsthemen" islamistischer Organisationen/Gruppierungen Illustration LfV HH 58 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Der Auslöser für die Unterschriftensammelaktion war der Vorschlag der Nordrhein-Westfälischen Staatssekretärin Serap Güler (CDU), das Kopftuch für unter 14-jährige Mädchen zu verbieten. Der Vorschlag wurde bei vielen Muslimen als Angriff auf die Ausübung ihrer Religionsfreiheit angesehen. Dieses gesellschaftlich breit debattierte Thema instrumentalisierte RI, um in den sozialen Netzwerken Stimmung gegen den Vorschlag der Staatssekretärin zu machen. Unter dem Hashtag #NichtohnemeinKopftuch beteiligten sich viele Muslime wie Nicht-Muslime in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram, durchaus emotional, an der Diskussion. RI warnt zudem im Internet davor, dass aus einer regionalen Debatte vorgeblich ein bundesweites Kopftuchverbot für alle Muslima folgen könne. Auffällig viele Gruppierungen und Personen, die anderen islamistischen Organisationen zugeordnet werden, wie dem Salafismus, der Muslimbruderschaft und auch dem schiitischen Spektrum, teilten offen den Aufruf zur Unterzeichnung in den sozialen Netzwerken, der ursprünglich aus den Reihen der HuT initiiert wurde. Dies belegt anschaulich, dass allgemeinpolitische Themen aus dem täglichen Leben die unterschiedlichen Strömungen des Islamismus zumindest temporär vereinen können. Darüber hinaus hatte RI eine Großveranstaltung für den 8. Dezember 2018 im Großraum Hamburg unter dem Motto "Identität Islam", auf der es auch um das Thema "Kopftuchverbot" gehen sollte, geplant. Diese Veranstaltung konnte durch das LfV Hamburg über eine frühzeitige Information des Vermieters und der Öffentlichkeit verhindert werden. RI instrumentalisiert nach wie vor gesellschaftlich relevante Themen, zum Beispiel über die Publikation von Flyern unter verschiedenen Mottos. Im Flugblatt vom 26. Dezember 2018 mit dem vom "Kommunistischen Manifest" entliehenen Titel "Ein Gespenst geht um in Europa" widmet sich die Organisation unter anderem dem Thema "Rechtspopulismus" und kritisiert eine vorgeblich "fatale Minderheitenpolitik, die seit zwei Dekaden von der parteipolitischen Mitte und den etablierten Medien kultiviert" werde. Nach dem Terroranschlag von Christchurch in Neuseeland am 15. März 2019, bei dem ein Rechtsextremist 51 Menschen tötete und 50 weitere verletzte, veröffentlichte RI einen Flyer unter dem Titel "Die Blutspur führt nach Europa" mit einem expliziten Appell an "alle Muslime, all ihre Verbände und all ihre Vertreter". Und kurz nach dem Beschluss des österreichischen 59 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Parlaments, Kopftücher an Grundschulen zu verbieten, griff RI diese Entscheidung kritisch in dem am 27. Mai 2019 publizierten Flyer "Kopftuchverbot für unsere Töchter!" auf. Ein aktuelles Beispiel für die gezielte Instrumentalisierung eines populären Themas, des Fußballsports, ist die im Kapitel 7 ausführlich dargestellte Gründung des Vereins "Adil e.V.". Von den gemäß Protokoll der Gründungsversammlung anwesenden Gründungsmitgliedern sind sechs der zehn Anwesenden der HuT zuzurechnen. Auch die Angehörigen des aktuellen dreiköpfigen Vorstands werden aufgrund vorliegender nachrichtendienstlicher Informationen als HuT-Angehörige eingestuft. So war es Vereinsvorsitzende des Adil e.V., Ahmed E., der im Dezember 2018 versucht hatte, die Großveranstaltung zum Thema "Kopftuchverbot" unter dem Label "Realität Islam" durchzuführen. In einem internen Strategiepapier der HuT, das dem LfV Hamburg bekannt wurde, listet die islamistische Organisation auf, wie man neue Mitglieder gewinnen könne - unter anderem über die Gründung eines eigenen Fußballvereins. Nachdem das LfV die beteiligten Verbände und die Öffentlichkeit über die Hintergründe des Vereins informiert hatte, wurde der Klub zunächst vom laufenden Spielbetrieb in der Fußball-Kreisklasse ausgeschlossen und löste sich Ende April 2019 selbst auf. 60 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang D K P D H K P K K Y l M f Wo am sg r u ß b u rg l fe P P H eW ö M s ko au um E K ur r L Gr o D Y ü - p c M r u ü V - CG l k o t A KP K P Ü rate i o n v e rb gs M K DH Fö d F he T D i sc D Ü K o l at A K orum n G A um P Prup Y Y l i sch K P A nat o M G sver b ot D F gun g T et äti ruß Extremismus mit Auslandsbezug Der Verfassungsschutz beobachtet alle extremistischen Bewegungen in Deutschland. Darunter fallen auch extremistische Gruppierungen aus dem Ausland, die ihren Ursprung nicht in Deutschland haben, aber in Deutschland aktiv sind, um die politischen Verhältnisse in ihren Heimatländern durch antidemokratisches Verhalten zu verändern. Entsprechend ihrer politischen Ausrichtung handelt es sich dabei um linksoder rechtsextremistische sowie separatistische Organisationen, die ihre Konflikte nach Deutschland importieren. Die Zusammensetzung dieser Gruppen ist häufig heterogen und vereint ausländische, deutsche und deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund. Diese Organisationen aus dem Ausland unterliegen der Beobachtung des Verfassungsschutzes, wenn: f sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verstoßen, f sie ihre politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen und dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden, f sie vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten durchführen oder unterstützen und dadurch auswärtige Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu diesen Staaten gefährden, f sich ihre Aktivitäten gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker, richten. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug III. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug 1. Entwicklungen und Schwerpunkte Die politischen Entwicklungen in den jeweiligen Heimatländern stehen in einem engen Kontext zu den Aktivitäten extremistischer Gruppierungen mit Auslandsbezug in Deutschland. Die in Hamburg zahlenmäßig und politisch bedeutsamste Vereinigung ist die kurdische PKK. Die am 20. Januar 2018 durch die Türkei gestartete Militäroffensive "Operation Olivenzweig" auf das von der kurdisch-syrischen "Yekineyen Parastina Gel" (YPG) kontrollierte Gebiet um die Stadt Afrin führte zu einer monatelangen Phase der Politisierung und Aktivismus türkischund kurdischstämmiger Personen in Deutschland und auch in Hamburg. In der Folge kam es zu zahlreichen Versammlungen und Protesten gegen die türkische Regierung. Deutschlandweit gab es in diesem Kontext auch politisch motivierte Sachbeschädigungen vorwiegend an türkischen Einrichtungen. Darüber hinaus führten auch die vorgezogenen Präsidentschaftsund Parlamentswahlen in der Türkei am 24. Juni 2018 zu einer weiterhin starken Politisierung der in Deutschland lebenden Türken und Kurden. Der Deutschlandbesuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vom 27. bis 29. September 2018 führte ebenfalls zu massenhaften Protesten und Zustimmungsbekundungen von türkischund kurdischstämmigen Personen. Zahlreiche deutsche Linksextremisten unterstützten dabei die Proteste gegen die türkische Regierung. Im Fokus der DHKP-C standen vor allem Solidaritätsaktionen zugunsten in Deutschland inhaftierter Genossen wie beispielsweise Erdal G. und dem mittlerweile verurteilten Musa A. (wegen SS129 a, b StGB, Bildung terroristischer Vereinigungen, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland). Hierzu fanden in Hamburg regelmäßig sogenannte Mahnwachen und 64 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Info-Stände statt, bei denen sich auch immer wieder deutsche Linksextremisten beteiligten, vor allem aus dem antiimperialistischen Spektrum. 2. Potenziale Im Jahr 2018 betrug die Zahl der Anhänger extremistischer Organisationen mit Auslandsbezug (ohne Islamisten) 30.350 Personen (2017: 30.550) und bleibt damit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Davon wurden rund 18.850 Personen linksextremistischen und 11.550 Personen extrem-nationalistischen Organisationen zugerechnet. Die zahlenmäßig größte Gruppe entfällt mit rund 14.500 Personen (2017: 14.500) weiterhin auf kurdische Gruppierungen. Aktivisten des türkisch-nationalistischen Extremismus stellen mit 11.000 Anhängern (2017: 11.000) eine ebenso bedeutende Gemeinschaft dar. Personenpotenziale im auslandsbezogenen Extremismus - Bund 35000 30000 30.050 30.550 30.350 28.810 28.810 29.330 29.050 26.410 25000 20000 24.710 24.910 15000 10000 5000 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 - Alle Zahlen sind gerundet - 65 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug In Hamburg ist die Anzahl der Anhänger ausländischer extremistischer Vereinigungen mit 845 Personen (2017: 860) nahezu unverändert: f PKK: 600 Personen (2017: 600) f Türkische Linksextremisten: 135 Personen (2017: 150) f Anhänger türkisch-nationalistischer Strömungen: 110 Personen (2017: 110) Personenpotenziale im auslandsbezogenen Extremismus - Hamburg 1000 920 920 800 850 850 850 850 860 845 770 770 600 400 200 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 - Alle Zahlen sind gerundet - Die PKK verfügt darüber hinaus in Hamburg über ein Sympathisantenumfeld, welches sich mit deren Zielen, insbesondere mit Öcalan als Person und Führungsfigur des kurdischen Volkes sowie mit der Anti-Haltung gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan, identifiziert. Wie im Vorjahr ist insgesamt von einem Unterstützerpotenzial von rund 1.500 Personen auszugehen. 66 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) 2018 wurden 141 politisch motivierte Straftaten im Bereich des Extremismus mit Auslandsbezug in Hamburg erfasst (2017: 79). Der Wert erhöhte sich dadurch signifikant im Vergleich zum Vorjahr. Darin enthalten sind 23 extremistische Straftaten (2017: 4). PMKAusländer 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 PMK-Ausländer 30 14 33 40 34 130 107 168 79 141 insgesamt davon extrem. 7 3 5 5 3 101 16 29 23 Kriminalität 4 hiervon extrem. 1 1 4 3 0 32 4 6 1 19 Gewaltdelikte Die Zahlen stammen aus den jeweiligen Jahres-Statistiken der Polizei Hamburg - Stand: Februar 2019 - Der Anstieg resultiert im Wesentlichen auf Zuwächse im Bereich der Propaganda-Delikte, insbesondere durch das Zeigen verbotener Symbolik während der Protestaktivitäten gegen das Vorgehen der türkischen Armee in Afrin im Frühjahr des Jahres 2018 ( siehe Punkt 4.2 "Operation Olivenzweig"). 4. PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) 4.1. Entwicklungen und Organisatorisches Die am 27. November 1978 in der Türkei gegründete "Partiya Karkeren Kurdistane" (PKK) unterliegt in Deutschland seit dem 26. November 1993 einem Betätigungsverbot. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 festgestellt, dass es sich bei der PKK um eine ausländi67 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug sche terroristische Vereinigung handelt. Entsprechende Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden in Deutschland werden deshalb nach den SSSS 129 a, b StGB ("Bildung terroristischer Vereinigungen" sowie "Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland") geführt. Die PKK begann 1984 hauptsächlich im Südosten der Türkei einen Guerillakrieg gegen das türkische Militär. Das Ziel, ein eigener kurdischer Staat, wurde später aufgegeben und durch die Forderung nach begrenzter Autonomie innerhalb der Türkei ersetzt. Logo der PKK Der PKK-Gründer Abdullah Öcalan befindet sich seit 1999 auf der türkischen Insel Imrali in Haft. Basierend auf den an den Marxismus angelehnten politischen Vorstellungen Öcalans, wurde seit 2005 die Idee eines überstaatlichen Gemeinwesens der Kurden entwickelt. Das Ziel eines einheitlichen kurdischen Staates wird hingegen nicht mehr postuliert. Als organisatorische Struktur wurde 2007 hierzu die Organisation "Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans" (Koma Civaken Kurdistan - KCK) ins Leben gerufen. Trotz seiner Inhaftierung fungiert Öcalan formell weiterhin als Führer der KCK. Die von Öcalan und dem Exekutivrat der KCK festgelegte Führungslinie gilt quasi als Logo der "Koma Civaken Kurdistan" (KCK) Gesetz. 4.2. Aktivitäten und Schwerpunkte in Deutschland Die PKK verfügt ungeachtet des Betätigungsverbots in Deutschland weiterhin über einen illegalen und konspirativ handelnden Funktionärskörper. Für ihren großen Funktionärsapparat, ihre umfangreichen Aktivitäten sowie zur Unterstützung der Guerilla in der Türkei und den angrenzenden Staaten benötigt die PKK erhebliche finanzielle Mittel, die nach Erkenntnissen der 68 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Sicherheitsbehörden überwiegend in Europa beschafft werden. Die Einnahmen stammen vor allem aus Beiträgen der Mitglieder, dem Verkauf von Publikationen und den Erlösen aus Veranstaltungen. Den größten Teil bringen die jährlichen Spendensammlungen ein. Hierbei erhält jedes Gebiet Zielvorgaben. Zum Selbstverständnis der PKK gehört eine Art "Alleinvertretungsanspruch" mit dem Anspruch, alle Kurden zu vertreten. Deshalb deklariert sie die Spenden als eine "Steuer" zur "Befreiung Kurdistans", der man sich nicht entziehen könne. Spendenbereitschaft und Spendenforderungen korrespondieren, sie stehen im Kontext von Ereignissen in der Herkunftsregion. Auf der Europaebene liegen die Parteiarbeit und auch die Koordinierung des Vereinslebens der PKK in den Händen ihres politischen Arms, dem "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa" (Kongreya Civaken Demokratik a Kurdistaniyen Li Ewropa, KCDK-E) der sich ursprünglich aus der "Koordination der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa" (CDK) und dem europäischen Dachverband nationaler Vereinsverbände (KON-KURD) bildete. Dem KCDK-E sind weitere Dachverbände kurdischer Vereine angeschlossen. In Deutschland tritt für die Belange der PKK, die Umsetzung von Vorgaben der Führungsspitze und den Informationsfluss zur Basis überwiegend die Dachorganisation "Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland" (Navenda Civaka Demokratik ya Kurden li Almanyaye, NAVDEM) ein, der mehr als 40 Ortsvereine angehören. Diese dienen den Anhängern der Organisation als Treffpunkte und Anlaufstellen. Das NAV-DEM übernimmt vor allem Propagandatätigkeiten, indem es für Presseerklärungen und Flugblätter verantwortlich ist und seine Angehörigen als Anmelder öffentlicher Veranstaltungen fungieren. Die Vereine wurden in den vergangenen Jahren einheitlich in "Demokratisch-kurdische Gesellschaftszentren" umbenannt. Neben aktuellen Kampagnen setzt sich das NAV-DEM kontinuierlich für die Aufhebung des Betätigungsverbots in Deutschland ein und fordert die Streichung der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen von der EU-Terrorliste. 69 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Am 7. und 8. April 2018 fand in Bergisch-Gladbach (Nordrhein-Westfalen) der 5. Kongress des "Demokratischen Gesellschaftszentrums der KurdInnen in Deutschland e.V." (NAV-DEM) statt. An der Veranstaltung beteiligten sich den Angaben der PKK-nahen Nachrichtenagentur "Firat News Agency" (ANF) zufolge rund 900 Vertreter der dem NAV-DEM zugehörigen Vereine. Als wichtigste Ergebnisse dieser Tagung können unter anderem festgehalten werden, dass NAV-DEM türkische Güter und den Türkei-Tourismus boykottiert sowie die Anerkennung der kurdischen Identität durch die Bundesrepublik Deutschland weiterhin fordert. Weitere zentrale Botschaft der Tagung: Freiheit und Unversehrtheit des PKK-Führers Abdullah Öcalan seien gleichbedeutend mit der Sicherheit des kurdischen Volkes. Die PKK und die ihr angeschlossenen Organisationen führen in der Regel pro Jahr mehrere bundesweite Großveranstaltungen durch. Zuvorderst seien hier das Newroz-Fest und weitere identitätsstiftende Events genannt. So haben diese Veranstaltungen nicht nur einen externen meinungsbildenden Charakter, sondern sie dienen regelmäßig dazu, wichtige Themen der PKK im Bewusstsein der eigenen Anhänger zu vertiefen, um das Band des Zusammenhalts zu erhalten. Info Newroz-Fest - Newroz (auch Nouruz) bedeutet "Neuer Tag" und bezeichnet das persische Neujahrsund Frühlingsfest, das am 20. oder 21. März (dem Eintritt der Sonne in das Tierkreiszeichen des Widders) als Frühlingsbeginn gefeiert wird. Von Ende Januar bis Ende März 2018 wurden die Aktivitäten der etwa 14.500 PKK-Anhänger in Deutschland wesentlich vom militärischen Vorgehen der türkischen Armee in den kurdischen Siedlungsgebieten bestimmt. Ab dem Wochenende des 10./11. März 2018 wurde bekannt, dass türkische Truppen im Rahmen ihrer Ende Januar gestarteten "Operation Olivenzweig" kurz vor der syrischen Stadt Afrin stünden. Am 18. März 2018 hatte laut Pressemeldungen die türkische Armee die Stadt vollständig eingenommen. Dies hatte - bei ohnehin seit dem 20. Januar 2018 (Beginn der türkischen Militäroffensive auf Afrin) anhaltend hohem Demonstrationsaufkommen - eine weitere Steigerung der Aktionen der PKK zur Folge. Am 70 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug 17. Februar 2018 fand in Straßburg eine Großkundgebung der PKK anlässlich des 19. Jahrestages der Festnahme Abdullah Öcalans statt. Laut Polizeiangaben reisten hierzu etwa 11.000 Personen aus ganz Europa an, wovon ein Großteil aus Deutschland stammte - nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden über gemeinsame von der PKK organisierte Busanreisen. Bereits am 10. März 2018 rief die PKK-Jugendorganisation "Ciwanen Azad" die kurdische Jugend zu Aktionen als Reaktion auf die türkische Militäroffensive in Syrien auf. In dem Aufruf heißt es: "Die bisherigen Aktionen reichen nicht, hier und heute es ist an der Zeit den Krieg zurück nach Europa zu tragen. (...) Unsere linken Freundinnen und Freunde haben für viele Länder und Städte Europas radikale Aktionen angekündigt (...). Als kurdische Jugend schließen wir uns diesen Aktionen an. Ob türkische Botschaften, AKP-Vereine wie UETD, türkische Faschisten sowie ihre Läden und Cafes oder staatliche Institutionen (SPD/CDU-Büros, Polizei, Gerichte), wer den Krieg gegen unser Volk unterstützt und verteidigt, wird dafür bezahlen müssen." Zusätzlich solidarisierten sich auch linksextremistische Organisationen im Kontext Afrin mit den kurdischen Interessen und riefen zu Protesten auf. Seit Jahrzehnten bestehen ideologische Überschneidungen zwischen PKK-Anhängern und deutschen Linksextremisten, vornehmlich aus dem antiimperialistischen Spektrum. Anlassbezogen verfügen diese deutschen Linksextremisten über ein hohes Mobilisierungspotenzial bundesweit und auch hier in Hamburg. Neben demonstrativen Protestkundgebungen wurden deutschlandweit auch militante Aktionen gegen türkische und deutsche Einrichtungen, wie etwa Farbund Brandanschläge sowie sonstige Sachbeschädigungen, verübt. Typische türkische Anschlagsziele waren Kulturvereine, Einrichtungen der "Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V." (DITIB) sowie Moscheen, wie zum Beispiel am 9. März 2018 eine Moschee in Laufen am Neckar. Typisch deutsche Anschlagsziele waren Gebäude von Polizei, Bundeswehr, Parteien und Wirtschaftsunternehmen. 71 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Als zentrale jährliche PKK-Großveranstaltung gilt traditionell das "Newroz"-Fest. Dieses fand am 17. März 2018 in Hannover unter dem Motto: "Newroz heißt Widerstand - der Widerstand heißt Afrin" mit rund 11.000 Teilnehmern statt. An den "Newroz"-Kundgebungen beteiligten sich auch deutsche Linksextremisten, darunter die gewaltorientierte "Interventionistische Linke" (IL). Unter dem Motto "Solidarität mit Afrin! Für Frieden und Demokratie. Freiheit für Abdullah Öcalan." beabsichtigte das NAV-DEM am 8. September 2018 in Dinslaken (Nordrhein-Westfalen) mit erwarteten 25.000 Teilnehmern, das "26. Internationale Kurdische Kulturfestival" auszurichten. Aufgrund nicht erfüllter behördlicher Auflagen hatten die zuständigen Behörden in Dinslaken den Veranstaltern die Durchführung des Festivals untersagt. Die Ersatzveranstaltung für das "25. Internationale Kurdistan-Festival" konnte dann schließlich am 8. September 2018 in Düsseldorf begangen werden. Mit nur rund 3.500 Teilnehmern erwies sich dieses Festival für die Veranstalter allerdings als Desaster; bei ähnlichen Veranstaltungen in den Vorjahren waren regelmäßig Besucherzahlen ab 20.000 aufwärts zu verzeichnen. Präsidentschaftsund Parlamentswahlen in der Türkei Seit etwa Anfang Mai 2018 unterstützten PKK-Anhänger den Wahlkampf der türkischen, prokurdischen HDP ("Halklarin Demokratik Partisi") für die am 24. Juni 2018 stattgefundenen vorgezogenen Parlamentsund Präsidentschaftswahlen in der Türkei. Während Wähler in der Türkei ihre Stimmen erst am Wahltag abgeben durften, war dies für die in Deutschland lebenden Wahlberechtigten bereits im Zeitraum vom 7. bis 19. Juni 2018 in den türkischen Generalkonsulaten und der Botschaft möglich. Insgesamt waren rund drei Millionen türkische Staatsangehörige im Ausland wahlberechtigt. Die größte Gruppe davon - etwa 1,4 Millionen - lebt in Deutschland. Primäres Ziel der PKK in Deutschland war es, möglichst viele OrganisationsanLogo der HDP hänger zu einer Stimmabgabe für die HDP zu mobilisieren. Zur Unterstützung der HDP richteten daher Anhän72 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug ger und Unterstützer der PKK in Deutschland zahlreiche öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen aus. Anhänger der PKK begrüßten schließlich das Wahlergebnis der HDP, denn die prokurdische Partei HDP konnte bei den vorgezogenen türkischen Parlamentswahlen am 24. Juni 2018 insgesamt 11,7 % der Stimmen auf sich vereinigen und zog als drittstärkste Fraktion abermals ins Parlament ein. Positiv zu diesem Wahlergebnis äußerte sich auch die gewaltorientierte linksextremistische Gruppierung IL. IL-Protagonistin Emily L. schlug in einer Botschaft eine Brücke zwischen Kurden und deutschen Linksextremisten und rief zu verstärkter spektrenübergreifender Zusammenarbeit auf: "Meines Erachtens sollten linke Kräfte Berührungspunkte zu den in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden suchen. Schon allein, weil sie eine der größten migrantischen Gruppen in Deutschland sind [...]. Unsere radikalen Utopien haben unterschiedliche Namen [...]. Aber ich bin mir sicher, dass wir mehr gemeinsam haben, als uns trennt. Es würde die Vielfalt der radikalen Linken in Deutschland bereichern, wenn wir [...] enger zusammenarbeiten". Der vom 27. bis 29. September 2018 durchgeführte Deutschlandbesuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan war in diesem Jahr sowohl für das deutsche linksextremistische wie auch für das ausländerextremistische Spektrum ein Kristallisationspunkt für Aufruf zur Gegendemonstration zum Deutschlandbesuch des türkischen Aktivitäten. Das gemeinStaatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vom 27. Bis 29. September 2018 (Quelle: www.facebook/ErdoganNotWelcome/) same Aktionsfeld "Kurdistansolidarität" von deutschen, türkischen und kurdischen Linksextremisten ermöglichte dabei ein hohes Mobilisierungsund Vernetzungspotenzial. Gegen den Staatsbesuch und gegen die Politik der türkischen Regierung unter Präsident Erdogan hatte sich ein breites Protestspektrum gebildet, 73 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug aus dem heraus sowohl zivilgesellschaftliche als auch extremistische Gruppierungen zu zahlreichen Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen mobilisierten. Mobilisiert wurde insbesondere für eine Großdemonstration in Berlin am 28. September 2018 sowie für eine Großdemonstration in Köln am 29. September 2018. Die Protestaufrufe und die Mobilisierung wurden schwerpunktmäßig unter dem Dach der Internetplattform "Erdogan Not Welcome" vereint. Von den auf der Website genannten über 140 Unterstützerorganisationen der Plattform gehören mehr als 20 dem ausländerextremistischen und mehr als 15 dem deutschen linksextremistischen Spektrum an. So waren aus dem ausländerextremistischen Spektrum unter anderem der KCDK-E, das NAV-DEM sowie "Young Struggle" (YS, Jugendorganisation der MLKP, vgl. Ziff. 5.1) auf der Plattform vertreten. Zu den Unterstützern aus der deutschen linksextremistischen Szene zählten beispielsweise die gewaltorientierte Gruppierung "Interventionistische Linke" sowie die Gruppierung "Rote Hilfe e.V."( nähere Informationen zu diesen Gruppierungen siehe Kapitel IV). 4.3. Situation in Hamburg Die politische Linie des Dachverbandes NAV-DEM wird auf regionaler Ebene von den jeweiligen lokalen Vereinen umgesetzt. Im Zuge der europaweiten Umstrukturierungen wurde der ursprünglich 2008 gegründete örtliche Verein seit mehreren Jahren unter der Bezeichnung "Demokratisch-kurdisches Gesellschaftszentrum" geführt. Er dient mit seinen Räumlichkeiten am Steindamm 62 in Hamburg-St. Georg weiterhin als zentraler Anlaufpunkt für PKK-Anhänger. Wiederholt wurden hier Gedenkfeiern für getötete "Märtyrer" der PKK abgehalten. Der Verein organisierte auch mehrfach öffentlichkeitswirksame Demonstrationen. Die eigentlichen Entscheidungsträger der Organisation, so auch in Hamburg, sind die von der PKK nach einem Rotationsprinzip in der Regel für einige Monate bis zu einem Jahr entsandten "Kader". Diese sind jedoch häufig nicht in der Lage, die eigene Gefolgschaft zu einer Mitarbeit, zum Beispiel in Ausschüssen, zu motivieren oder deren Akzeptanz zu erlangen. 74 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Dies liegt zum Teil an der kurzen Verweilzeit der Kader, die ihnen kaum einen tieferen Einblick in interne Abläufe und informelle Strukturen mit ihren regionalen Besonderheiten erlaubt. Die mitunter mangelnde Bereitschaft der Anhängerschaft ist daneben auch auf deren finanzielle Abschöpfung, die erhebliche zeitliche Intensität der Aufgaben und Einbindungen sowie den verpflichtenden Druck durch kaum erreichbare Vorgaben der PKK-Führung zurückzuführen. Auch in Hamburg haben 2018 zahlreiche Demonstrationen, Kundgebungen, Aktionen und Informationsveranstaltungen mit PKK-Hintergrund stattgefunden. Von Mitte Januar bis Ende März 2018 bestimmte die militärische Intervention der Türkei in Nordsyrien die Aktivitäten der PKK und ihrer Anhänger in der Stadt. In der Nacht vom 25. auf den 26. Januar 2018 begingen unbekannte Täter auch in Hamburg eine Sachbeschädigung an einem Parteibüro der SPD. Die Glasfront des Büros wurde großflächig mit roter Farbe beschmiert. Durch ein Loch in der Scheibe brachten die Täter die Farbe auch in die Innenräume des Büros ein. Vor dem Gebäude wurden drei verschossene Schreckschusspatronen sichergestellt. In einer Selbstbezichtigungserklärung bekannte sich eine als "KOMMANDO TAMARA BUNKE" bezeichnete Gruppierung zu der Tat: "unsere aktion war eine direkte antifaschistische intervention gegen den türkischen faschismus und seine unterstützerInnen [...] das büro einer deutschen kriegspartei wurde unbrauchbar gemacht [...] wir rufen auch alle revolutionäre und internationalistInnen auf es uns gleich zu tun der hauptfeind steht im eigenen land [...]" Farbanschlag auf das SPD Abgeordnetenbüro von Michael Weinreich (MdHB) im Januar 2018 (Quelle: www.facebook/MichaelWeinreich) 75 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Die Selbstbezichtigungserklärung wurde später auch auf einer Website der PKK-Jugendorganisation "Ciwanen Azad" veröffentlicht. Info Tamara Bunke (1937 - 1967) war eine deutsch-argentinische Unterstützerin einer auch mit gewalttätigen Mitteln zu etablierenden sozialistischen Gesellschaftsform. Bekannt wurde sie durch ihre Teilnahme am Guerilla-Kampf in Bolivien unter Ernesto "Che" Guevara, wo sie 1967 bei Kampfhandlungen ums Leben kam. Von 1952 bis 1960 lebte Bunke in der DDR, wurde Mitglied der SED und vom Ministerium für Staatssicherheit als Perspektivagentin geführt. Später erhielt sie vom kubanischen Geheimdienst eine militärische Ausbildung. In der DDR wurde sie als Heldin verehrt, mehr als 200 Einrichtungen trugen ihren Namen. Bei einem Aufzug am 11. März 2018 mit dem Tenor "Stoppt den Angriff auf Afrin" zündeten PKK-Anhänger vereinzelt Pyrotechnik, zeigten verbotene Symbolik und sprangen am Hamburger Hauptbahnhof in das Gleisbett, so dass der Strom abgeschaltet und das Gleis geräumt werden musste. Aufgrund der Gleisbesetzung wurde gegen alle Teilnehmer ein Ermittlungsverfahren gemäß SS 315 StGB (Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr) eingeleitet. Nach Aufzugsende begab sich eine Gruppe von Teilnehmern zum Kulturverein am Steindamm und skandierte dort weiter. Im Kontext stehen außerdem Anschläge auf ein SPD-Bürgerbüro in Hamburg-Rothenburgsort (13. März 2018) sowie auf einen türkischen Supermarkt (11. März 2018) und eine Filiale der Commerzbank (12. März 2018). In den folgenden Monaten fanden die politischen Aktionen zumeist in Form von Aufzügen der PKK bzw. deren Jugendorganisation statt. Inhaltlich setzte man sich weiterhin mit den türkischen Angriffen auf Afrin auseinander und forderte "Freiheit für Öcalan". Beispielsweise kam es am 3. Mai 2018 in der Hamburger Innenstadt zu einer gemeinsamen Aktion von Antifa-Gruppierungen und kurdischen Jugendlichen unter dem Tenor "Free Öcalan". 76 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Am 6. Mai 2018 wurde durch Angehörige des "Verbands der Studierenden aus Kurdistan e. V." ("Yekitiya Xwendekaren Kurdistan, YXK") an der Universität Hamburg anlässlich des Jahrestages des Genozids von Dersim (Genozid an den kurdischen Aleviten in 1937-38) ein Transparent aufgehängt und Flyer verteilt. YXK ist dem Netzwerk der PKK-Gruppierungen zuzuordnen. Am 3. Juni 2018 veranstaltete in Hamburg der YXK eine Podiumsdiskussion zur bevorstehenden Präsidentschaftsund Parlamentswahl in der Türkei. 5. Türkische Extremisten 5.1. Revolutionär-marxistische Gruppierungen Die meisten türkischen linksextremistischen Organisationen haben Ableger in Deutschland. Sie propagieren einen revolutionären Umsturz in der Türkei und wollen dort die Zerschlagung des türkischen Staatssystems erwirken, um es durch eine marxistische Gesellschaftsordnung zu ersetzen. Um diese Ziele zu erreichen, propagieren sie den bewaffneten Kampf in der Türkei und führen dort immer wieder auch terroristische Aktionen durch. Ziele sind vor allem staatliche türkische Einrichtungen, insbesondere Gebäude und Angehörige der türkischen Sicherheitsbehörden (Armee, Polizei und Justiz). Bei ihren öffentlichkeitswirksamen Anschlägen auf diese Einrichtungen in der Türkei setzten in der Vergangenheit auch einzelne Organisationen Selbstmordattentäter ein. In Hamburg sind folgende türkische linksextremistische Organisationen aktiv: f "Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephe" (DHKP-C) f "Türkiye Komünist Partisi/Marksist Leninist" (TKP/ML) f "Maoist Komünist Partisi" (MKP) und die f "Marksist Leninist Komünist Partisi" (MLKP) 77 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Trotz ihrer ideologischen Gemeinsamkeiten und punktuellen Bemühungen um eine stärkere Vernetzung ist die gesamte Szene stark zersplittert. Die Mitgliederzahlen der einzelnen Gruppierungen liegen seit Jahren im niedrigen zweistelligen Bereich. Sie organisieren Kundgebungen und Demonstrationen mit zumeist wenigen Teilnehmern. Durch Spendenkampagnen, den Verkauf von Publikationen und durch Einnahmen auf Veranstaltungen unterstützen sie die in der Türkei aktiven Guerillaorganisationen. Die dortigen Gruppierungen haben in der Vergangenheit bereits mehrfach gemeinsam mit der PKK terroristische Aktionen durchgeführt. Auch in Deutschland gibt es eine Kooperation zwischen Anhängern türkischer linksextremistischer Gruppen und der PKK, anlassbezogen auch mit deutschen linksextremistischen Gruppierungen, die sich jedoch auf die solidarische Unterstützung bei Demonstrationen, Kundgebungen und Veröffentlichungen beschränkt. Die marxistisch-leninistische "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) spricht sich seit ihrer Gründung 1994 in Damaskus (Syrien) für eine revolutionäre Zerschlagung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung in der Türkei aus und zielt auf die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft unter ihrer Führung. Logo der DHKP-C Als Hauptfeinde der Organisation gelten unverändert die als "faschistisch" bezeichnete Türkei, die "Oligarchie" und der "Imperialismus" der USA. Aus Sicht der Organisation dominieren die USA die Türkei in politischer, wirtschaftlicher und vor allem militärischer Hinsicht. Da unter diesen Voraussetzungen weder die Teilnahme an Wahlen noch Verhandlungen mit dem "abhängigen" und "faschistischen Regime der Türkei" zu politischen und sozialen Veränderungen führen können, propagiert die DHKP-C den permanenten bewaffneten Kampf, der unter der Führung ihres militärisch-propagandistischen Arms, der "Revolutionären Volksbefreiungsfront" (DHKC), zu einem "Volkskrieg" mit dem Ziel der Errichtung der "Revolutionären Volksmacht", ausgeweitet werden soll. 78 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug In Deutschland unterliegt die DHKP-C seit 1998 einem Organisationsverbot. Die Europäische Union listet sie seit 2002 und die USA bereits seit 1997 als terroristische Organisation. Ihre politisch-propagandistischen Aktivitäten in Deutschland entfaltet die DHKP-C nach wie vor unter der Tarnbezeichnung "Volksfront", "Dev Genc" und unter der Bezeichnung "Avrupa Anadolu Alevi Hareketi" (Alevitische Bewegung Anatoliens in Europa). Zunehmend wird die Tarnorganisation "Anatolische Föderation" durch eine im Aufbau befindliche Struktur sogenannter Volksräte ("Halk Meclisi") ersetzt. Mehrere örtliche Vereine der DHKP-C haben sich bereits als "Volksrat" neu organisiert, wobei es sich lediglich um eine Umbenennung ohne formelle vereinsrechtliche Konsequenzen handelt. Mit den "Volksräten" versucht die DHKP-C erneut, sich einen legalen Anstrich zu verleihen. Gleichzeitig nutzt sie diese Tarnung, um insbesondere durch die Einflussnahme auf alevitische Vereine den Kreis ihrer Unterstützer und Anhänger zu vergrößern. Zur Erreichung ihres ideologischen Zieles, der Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft in der Türkei, wird der Kampf auch bis zum Tod beschworen. Die DHKP-C verdeutlicht dies in ihrer wöchentlich erscheinenden und in Deutschland verbotenen Parteipublikation "Yürüyüs" (deutsch: Marsch), hier in der Ausgabe 49 vom 14. Januar 2018: "Unsere Ziele sind die Volksmacht und der Sozialismus! [....] Wir führen schließlich einen Bürgerkrieg. [...] Die Quelle derer, die den Platz eines Gefallenen oder eines Inhaftierten einnehmen, ist unerschöpflich. [...] Wir sind Revolutionäre und Befreiungskämpfer, wir sind Hoffnungsträger des Sozialismus. [...] Wir werden den bewaffneten Kampf niemals aufgeben. Wenn wir keine Waffen haben, werden wir selber Waffen herstellen. [...] Wir werden uns niemals einigen... Wir werden uns niemals ergeben... Wir werden nicht um Erlaubnis bitten... Wir werden uns ausschließlich auf unsere eigene Kraft und auf unser Volk verlassen! Wir werden sterben - aber nicht besiegt werden...!" 79 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Propagandaaktivitäten der DHKP-C in Deutschland werden auch durch Konzertauftritte der Musikband "Grup Yorum" unterstützt. Inhaltlich spiegeln die Lieder die Themen der DHKP-C wider. Die Musikgruppe bewirbt die terroristischen Aktivitäten der DHKP-C, indem sie Abbilder der DHKP-C-"Märtyrer", Symbole und Aktionen der Organisation glorifiziert. Gleiches gilt für die Videos der "Grup Yorum", in denen Aufmärsche der Partei, Anschläge der DHKP-C und Konterfeis der "Märtyrer", des ideologischen Vordenkers Mahir CAYAN und des Parteigründers Dursun KARATAS gezeigt werden. Die Auftritte der Musikband dienen letztlich der Verbreitung der Ideologie der DHKP-C und erschließen der Organisation einen neuen, über die eigene Anhängerschaft hinausgehenden Adressatenkreis. Auch 2018 fanden mehrere Auftritte der Band in Deutschland statt, unter anderem am 28. Januar.2018 in Hamburg. Am 25. Januar 2018 begann vor dem Staatsschutzsenat des OLG Hamburg das Verfahren gegen den Europaleiter der DHKP-C, Musa A. (SS 129 a, b StGB). Der Angeklagte wurde 6. Februar 2019 zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt, da er sich nach Auffassung des Gerichts als Mitglied bzw. führender Funktionär an der ausländischen terroristischen Vereinigung DHKP-C beteiligt hat. Er galt seit Jahren als Führungsperson der Organisation in Westeuropa, der sogenannten Rückfront, und soll unter anderem mit dem Nachschub an Waffen für die Kampfeinheiten der DHKP-C in der Türkei befasst gewesen sein. Im Zusammenhang mit der Eröffnung des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Europaleiter der DHKP-C, Musa A., führten Anhänger der Organisation eine als "Langer Marsch" bezeichnete bundesweite Veranstaltungsreihe im Januar 2018 durch. Hamburg war dabei ebenfalls ein zentraler Kundgebungsort. Am 7. Juni 2018 begann ebenfalls vor dem OLG Hamburg das Verfahren gegen einen weiteren mutmaßlichen Funktionär der DHKP-C. Erdal G. Ihm wird, wie Musa A., die Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung DHKP-C vorgeworfen (SS 129 a, b StGB). Die Unterstützung dieser sogenannten "revolutionären Gefangenen" ist unverändert ein wesentlicher Teil der Aktivitäten der DHKP-C in Deutschland. Ein "Freiheitskomitee für Musa A." organisierte im Jahr 2018 zahl80 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug reiche Aktionen um auf die Forderungen der DHKP-C aufmerksam zu machen. Erwähnenswert ist hier der Protestmarsch vom 15. Dezember 2018 in Hamburg mit rund 150 Teilnehmern. Auch bei diesem Aktionsfeld kam es immer wieder zu gemeinsamen Aktionen mit Linksextremisten, insbesondere aus dem antiimperialistischen Spektrum in Hamburg. 5.2. ADÜTDF/Türkische Nationalisten Die "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." ("Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu", ADÜTDF) wurde 1978 in Frankfurt am Main gegründet. Sie gilt als Auslandsvertretung der türkischen "Partei der Nationalistischen Bewegung" ("Milliyetci Hareket Partisi", MHP). Das Umfeld türkischer Nationalisten und Rechtsextremisten firmiert ferner unter der Bezeichnung "Ülkücü" (Idealisten) und "Bozkurt" (Graue Wölfe). Die Bezeichnungen "Ülkücü" und "Bozkurt" stehen letztlich immer für denselben Personenkreis türkischer Nationalisten. Ihre Ideologie kennzeichnet sich durch: f den Turanismus/Panturkismus - die Idee der ethnischen und kulturellen Verbundenheit aller Turkvölker und daraus resultierende Gebietsansprüche. In Abgrenzung dazu erkennt der Kemalismus die türkischen Grenzen aus dem Vertrag von Lausanne vom 24. Juli 1923 an. Allerdings ist daraus nicht abzuleiten, dass Anhänger der Ülkücü-Bewegung den Kemalismus ablehnen. f eine türkische Auslegung des sunnitischen Islam. f eine ausgeprägt anti-kurdische Ausrichtung Der ADÜTDF werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz rund 10.000 Mitglieder und Unterstützer zugerechnet. Sie ist damit die größte Organisation türkisch-nationalistischer Bestrebungen in Deutschland. Die Zahl der Mitglieder und Unterstützer in Hamburg wird auf mehrere Hundert geschätzt. Aktivitäten in der realen Welt beschränken sich hauptsächlich 81 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug auf interne Veranstaltungen mit Reden und Musikbeiträgen. In den sozialen Netzwerken sind türkische Nationalisten allerdings deutlich aktiver. Am 24. Juni 2018 fanden in der Türkei die vorgezogenen Präsidentschaftsund Parlamentswahlen statt. Hierfür war die MHP mit der regierenden "Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung" ("Adalet ve Kalkinma Partisi", AKP) ein Wahlbündnis eingegangen. Entsprechend sah auch die Unterstützung der Ülkücü-Bewegung in Deutschland aus. Nach Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses der Wahlen kam es am Wahlabend selbst zu zwei Spontanversammlungen in Wilhelmsburg und vor dem türkischen Generalkonsulat mit insgesamt rund 500 Teilnehmern. Beide Versammlungen verliefen friedlich. Logo der "Föderation der Die bedeutendste Veranstaltung, die dem Hamburger AbleTürkisch-Demokratischen ger der ADÜTDF im Jahr 2018 zuzurechnen ist, war das KulIdealistenvereine in Deutschland e.V." turfest am 4. März 2018 in einem Veranstaltungssaal in Hamburg-Wilhelmsburg mit mehr als 500 Teilnehmern. Neben anderen traten dort in der Ülkücü-Szene bekannte Redner und Sänger, wie Ahmet G., sowie der Vorsitzende der ADÜTDF, Sentürk D., auf. Darüber hinaus werden der Ülkücü-Bewegung in Hamburg noch verschiedene, dem Rockermilieu entstammende Gruppierungen wie die "Ottoman Warriors", die "TURKOS Hamburg" und "Turan e.V. Hamburg" zugerechnet, die auf ihren Facebook-Seiten eine eindeutige nationalistisch-patriotische Einstellung erkennen lassen. Im Jahr 2018 hatten sich diese Gruppierungen weitestgehend aufgelöst. Die verschiedenen Gruppierungen des türkischen rechtsextremistischen Lagers traten auch 2018 selbstbewusster und politischer auf als in der Vergangenheit. Dies schlägt sich weniger in vermehrten auf der Straße erkennbaren Aktionen nieder, sondern spiegelt sich eher in entsprechenden Postings im Internet wider. Insbesondere der gescheiterte Putschversuch in der Türkei 2016 führte dazu, dass sich zumindest Teile der Ülkücü-Bewegung verstärkt dem türkischen Präsidenten zugewandt haben. 82 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang ss is m u An arzer 0 a li s s zia hw u o c ism 2 S S h fas c fa G ti i nt on si A n o em urg u ng A tz e n ne Ver ismu e D s mb A g n Antira ss m no Lin ke H a Bl o c k o t istisc hwar e e r u H h z s A ntion e r ve Sc i o n R A re i tun Int H ss h 2 sc A Au s G e Anmo p r nd re st a De r u s R nti de i sm A l i r n S i ozi fa a o ra r W Ve nt F l g u t nte A ote Hambusmus Ar ta tz R nke irassi u ng i t e M i l i rnet zu Linksextremismus Der Begriff "Linksextremismus" ist eine Sammelbezeichnung für unterschiedliche, auch sich teilweise deutlich unterscheidende Positionen, Einstellungen, Strategien und Organisationsformen (zum Beispiel Autonome, Postautonome, Antiimperialisten, Antifaschisten, orthodoxe Kommunisten, Trotzkisten). Je nach politisch-ideologischer Ausrichtung streben Linksextremisten eine sozialistische, kommunistische, autonome oder anarchistische Gesellschaftsordnung an. Einig ist sich diese heterogene Szene, der sozialen Gleichheit eine zentrale Rolle zuzuschreiben, sowie in dem Bestreben, die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit die durch das Grundgesetz vorgegebene Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland überwinden zu wollen. Insbesondere die parlamentarische Demokratie ist nach linksextremistischer Überzeugung als "Herrschaftsinstrument des Kapitalismus" zu betrachten und von daher zu beseitigen. Zahlreiche Gruppierungen halten dafür auch den Einsatz von Gewalt für ein legitimes Mittel. Die größte Gruppe innerhalb der gewaltbereiten linksextremistischen Szene bilden die Autonomen. Diese haben in der Regel weder klare Strukturen noch gemeinsame politische Zielsetzungen, aber sie sind sich darin einig, den Staat und seine Einrichtungen notfalls mit Gewalt zerschlagen zu wollen. Ihre hauptsächlichen Agitationsund Aktionsfelder sind: Antifaschismus, Antirepression, Antimilitarismus, Antirassismus, Antiglobalisierung und Antiimperialismus. Aufgrund ihrer Ablehnung von Hierarchien und Herrschaft gibt es zwischen Autonomen und anderen linksextremistischen Gruppierungen zum Teil große weltanschauliche Differenzen. Linksextremismus IV. Linksextremismus 1. Entwicklungen und Schwerpunkte Linksextremisten verfolgen das Ziel - je nach szeneinterner Strömung - eine sozialistische, kommunistische oder "herrschaftsfreie" bzw. anarchistische Gesellschaftsordnung zu implementieren. Einigkeit herrscht bei den zahlreichen unterschiedlichen Gruppierungen lediglich im Bestreben, die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit die durch das Grundgesetz vorgegebene Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland überwinden zu wollen. Die parlamentarische Demokratie ist nach linksextremistischer Überzeugung als Herrschaftsinstrument des Kapitalismus zu betrachten und mit diesem untrennbar verbunden. Proteste zum G20 Gifpel in Hamburg (Symbolfoto) 86 Linksextremismus Nachdem im Jahr 2017 für nahezu alle linksextremistischen Organisationen die Proteste vom 2. bis 10. Juli 2017 gegen den G20-Gipfel in Hamburg den absoluten Schwerpunkt ihrer Aktivitäten bildeten, war im Jahr 2018 eine Phase der Neuausrichtung zu verzeichnen. Ungeachtet dessen waren die Konsequenzen der Proteste gegen den G20-Gipfel nach wie vor ein Thema in der linksextremistischen Szene. Ermittlungsund Gerichtsverfahren gegen Protestteilnehmer und die damit verbundene Furcht vor der Schließung autonomer Zentren wie der "Roten Flora" in Hamburg führten zu einer verstärkten Fokussierung auf das Thema "Antirepression". Aktionen wurden mit Solidaritätsbekundungen gegenüber inhaftierten Beschuldigten des G20-Gipfels verknüpft und auf Kundgebungen und Demonstrationen ihre Freilassung gefordert. Treibende Kraft war in Hamburg die Kampagne "United We Stand" (UWS), die unter anderem von der "Roten Hilfe" (RH) und dem sogenannten "Ermittlungsausschuss" (EA) unterstützt wird. Info "Ermittlungsausschuss" (EA) nennen sich häufig Personenzusammenschlüsse, die andere Linksextremisten bei Demonstrationen, politischen Aktionen, Strafverfolgung oder Gerichtsverfahren unterstützen. Die türkische Militäroffensive im Norden Syriens Anfang 2018 und die öffentliche Debatte um innerpolitische Entwicklungen in der Türkei führten dazu, dass linksextremistische Strukturen ihre Vernetzungsbestrebungen mit dem türkischund kurdisch-extremistischen Spektrum fortsetzten. In Hamburg spiegelt sich das in der Etablierung des "Antifa Enternasyonal Cafe" und deren monatlichen Treffen (Cafe Enternasyonal) in der Roten Flora wider. Daneben wurde im Rahmen des vom 6. bis zum 8. April 2018 durchgeführten "Antifa Kongress Hamburg 2018" der in diesem Zusammenhang stehende Workshop "Revolution in Rojava" angeboten (Rojava ist die überwiegend von Kurden bewohnte Region in Nord-Syrien). Ergänzend haben bekannte Gruppierungen wie die PKK, DHKP-C und Antiimperialisten gemeinsam zur Solidarität mit Kurdistan aufgerufen und sich ausdrücklich gegen die türkische und US-amerikanische Regierung sowie gegen die NATO positioniert. 87 Linksextremismus Die seit Anfang Februar 2018 durch Rechtsextremisten organisierte Versammlungsreihe "Merkel muss weg!" (MMW) ( siehe Kapitel V, Punkt 8.3) in Hamburg wurde von Linksextremisten mit Gegenkampagnen begleitet. In sozialen Medien riefen unter anderem antifaschistische Strukturen, die dem militanten linksextremistischen Spektrum zugerechnet werden, zur Teilnahme an den Protesten auf. Die öffentliche Aufklärung durch den Hamburger Verfassungsschutz über die rechtsextremistischen Hintergründe der MMW-Organisatoren hat auch dazu beigetragen, dass bereits geplante Versammlungen wieder abgesagt wurden. Gegendemo zur "Merkel muss weg"-Veranstaltung 2018 in Hamburg Foto: picture alliance/dpa Die den gewaltorientierten Gruppen zuzurechnende "Interventionistische Linke" (IL) und mit ihr zusammenarbeitende linksextremistische Gruppierungen sind weiterhin auf eine Strategie der Anschlussfähigkeit an demokratische Organisationen und Gruppen ausgerichtet. Beispielgebend dafür sind Aktionen der "Seebrücke Hamburg" zum Thema Seenotrettung. Wie auch extremistische Gruppierungen anderer Phänomenbereiche streben linksextremistische Gruppierungen über die Besetzung gesellschaftlich breit diskutierter oder populärer Themen (zum Beispiel dem Engagement gegen Rechtsextremismus, hohe Mieten oder Umweltzerstörung) in die 88 Linksextremismus demokratische Mitte der Gesellschaft und suchen dort Bündnispartner. Der Verfassungsschutzverbund bezeichnet diesen gezielten Versuch, die Grenze zwischen extremistischem und demokratischem Spektrum zu erodieren und aufzulösen, als "Entgrenzung". Weitere Aktivitäten linksextremistischer, insbesondere orthodox-kommunistischer und revolutionär-marxistischer Organisationen blieben weitgehend auf die Befassung mit eigenen, internen strukturellen und ideologischen Fragen beschränkt. 2. Potenziale Im Jahr 2018 betrug das Potenzial linksextremistischer Organisationen und Vereinigungen bundesweit ca. 32.000 Personen (nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften, 2017: 29.500). Davon sind wie im Vorjahr 9.000 Personen (2017: 9.000) als "Gewaltorientierte Linksextremisten" einzustufen (Autonome, Postautonome, Anarchisten und Antiimperialisten). Personenpotenziale Linksextremismus - Bund 35000 31.600 32.200 31.800 32.000 30000 29.400 29.500 27.700 28.500 27.200 26.700 25000 20000 15000 10000 5000 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 - Alle Zahlen sind gerundet - 89 Linksextremismus Linksextremistisches 2017 2018 Personenpotenzial auf Bundesebene Gesamtpotenzial (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften)4 29.500 32.000 davon Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten (Angehörige von Kernund Nebenorganisationen)1 22.600 24.000 Gewaltorientierte Linksextremisten2 9.000 3 9.000 - Alle Zahlen sind gerundet - 1 Einschließlich der offen extremistischen Zusammenschlüsse innerhalb der Partei DIE LINKE. 2 Enthält nicht nur tatsächlich als Täter / Tatverdächtige festgestellte Personen, sondern auch solche Linksextremisten, bei denen Anhaltspunkte für Gewaltorientierung gegeben sind. Erfasst sind nur Personenzusammenschlüsse, die feste Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. 3 Das Mobilisierungspotenzial der "Szene" umfasst zusätzlich mehrere Tausend Personen. 4 In den Zahlen nicht enthalten sind Mitglieder linksextremistisch beeinflusster Organisationen. Das linksextremistische Personenpotenzial in Hamburg wuchs im Jahr 2018 auf 1.335 Personen an (2017: 1.220). Der Anstieg, speziell im gewaltorientierten Spektrum, liegt insbesondere an der weiteren erfolgreichen Ermittlung von Tätern nach Straftaten im Kontext des G-20-Gipfels. So gehörten im Jahr 2018 insgesamt 750 Personen der autonomen Szene in Hamburg an (2017: 620). Das Potenzial der anarchistischen Szene betrug rund 40 Personen (2017: 30). 145 Personen (2017: 110) waren 2018 den antiimperialistischen Gruppierungen zuzurechnen. Das LfV Hamburg stufte 2018 insgesamt 935 Personen (2017: 770) als gewaltorientierte Linksextremisten ein. Das Potenzial der marxistisch-leninistischen Kernund Nebenorganisationen sowie revolutionär-marxistischen Gruppen ging auf 400 Personen (2017: 450) zurück. 90 Linksextremismus Personenpotenziale Linksextremismus - Hamburg 1500 1200 1.335 1.200 1.220 1.150 1.120 1.120 1.120 1.110 900 1.090 1.100 935 770 600 620 620 620 630 620 650 580 570 300 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Gesamtzahl Gewaltorientierte - Alle Zahlen sind gerundet - Linksextremistisches 2017 2018 Personenpotenzial Hamburg Angehörige marxistisch-leninistischer Kernu. Nebenorganisationen sowie andere revolutionäre Marxisten und Trotzkisten 450 400 Gewaltorientierte (Post-/Autonome, Anarchisten u. Antiimperialistischer Widerstand) 770 935 Gesamtpotenzial 1.120 1.335 -Alle Zahlen sind gerundet- 1 Die Zahl enthält die Mitglieder der revolutionär-marxistischen Organisationsteile der Partei DIE LINKE 2 Das Mobilisierungspotenzial der "Szene" umfasst zusätzlich mehrere Hundert Personen 91 Linksextremismus 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Die Zahl der in Hamburg insgesamt erfassten Straftaten im Rahmen der PMK Links ging mit 396 Taten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück (2017: 2.157). Darin enthalten sind 96 linksextremistische Straftaten (2017: 1.625), davon 81 linksextremistische Gewaltdelikte (2017: 1.001). Der signifikante Anstieg im Jahr 2017 war vor allem auf die massiven Ausschreitungen während des G20-Gipfels zurückzuführen. Die Zeit nach den Geschehnissen rund um den G20-Gipfel 2017 war zunächst, bis zum Jahrestag 2018, neben einer verbalen auch von einer physischen Zurückhaltung geprägt. PMKLinks 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 PMK-Links insgesamt 757 470 618 555 895 853 944 705 2.157 396 davon linksextrem. 41 70 81 138 297 248 252 165 1.625 96 Straftaten hiervon extrem. 37 27 48 64 187 219 211 126 1.001 81 Gewaltdelikte Die Zahlen stammen aus den jeweiligen Jahres-Statistiken der Polizei Hamburg - Stand: Februar 2019 - 4. Militanzdebatte und linksextremistische Gewalt Gewaltorientierte Linksextremisten führen ihren Kampf gegen die von ihnen als "kapitalistisches System" bezeichnete freiheitliche demokratische Grundordnung mit gezielten Straftaten als auch eskalierender (Massen-) Militanz. Die Straftaten richten sich zumeist gegen den sogenannten "Repressionsapparat" - Polizei, Justiz, Verfassungsschutz - sowie auch gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten sowie Unternehmen und Einrichtungen mit hoher Symbolwirkung für die Szene. 92 Linksextremismus Eines ihrer markanten Erkennungszeichen im Rahmen von Demonstrationen ist die Bildung sogenannter "schwarzer Blöcke". Spätestens seit dem G20-Gipfel 2017 in Hamburg sind auch sogenannte "bunte Finger" ein hervorstechendes Merkmal. Schwarz oder farblich einheitlich gekleidete und teils vermummte Linksextremisten gehen aus dem Schutz einer nicht nur aus Extremisten bestehenden Menge gewaltsam gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten oder Polizisten vor. Als Wurfgeschosse dienen ihnen unter anderem Steine, Flaschen und pyrotechnische Gegenstände. Auch Repräsentanten der parlamentarischen Demokratie (in Hamburg Mitglieder der Bürgerschaft und des rot-grünen Senats), Funktionsträger der Wirtschaft sowie tatsächliche oder vermeintliche rechtsextremistische Personen stehen im Fokus militanter Linksextremisten. Konspirative Kleingruppen begehen seit Jahren Straftaten insbesondere gegen Fahrzeuge oder Privatwohnungen. Das Militanzverständnis autonomer Gruppen, zum Beispiel der autonomen Antifa, ist ein zentrales Element ihres politischen Selbstbildes. Es kommt nicht zwingend darauf an, dass jeder Einzelne gewalttätig agiert, sondern vielmehr darauf, dass die Anwendung von Gewalt größtenteils befürwortet wird oder gewaltsame Aktionen auf breite Zustimmung in der Szene stoßen, wie sich beispielsweise in entsprechenden Veröffentlichungen im Internet ablesen lässt. Aus Sicht von Autonomen geht Gewalt stets vom Staat aus, worauf sie lediglich in Notwehr mit Gegengewalt reagierten. In der Szene wird seit Jahren darüber debattiert, wie weit Gewalt als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen gehen darf. Da Militanz nach autonomem Verständnis immer auch nach außen vermittelbar sein muss, wird gezielte Gewalt gegen Menschen grundsätzlich abgelehnt. Davon ausgenommen sind allerdings Angriffe auf Polizeibeamte und tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten. Sie gelten als personifizierte Feindbilder; ihre teilweise entmenschlichte Darstel"Feindbild Polizei" (Symbolfoto) Foto: Pixabay lung in Szenepublikationen wird weitgehend akzeptiert. Der Polizist gilt nicht als menschliches Individuum, sondern als funktionierender Bestandteil des sogenannten "Repressionsapparates". Ihm wird damit die Men93 Linksextremismus schenwürde abgesprochen und Gewalt gegen ihn als legitim und vermittelbar betrachtet. Darüber hinaus wurde gerade im Jahr 2017 während der G20-Proteste in Hamburg deutlich, dass für Teile der Szene dieser grundsätzliche Konsens bei entsprechenden Kräfteverhältnissen und abhängig von emotionaler Eskalation zur Disposition steht. Bei den Ausschreitungen im Bereich der Elbchaussee am 7. Juli 2017 wurden beispielsweise auch in der Szene nicht vermittelbare Sachbeschädigungen an Kfz, darunter zahlreiche Kleinwagen, und Gebäuden verübt. Hier erfolgten wahllose Brandsetzungen an Fahrzeugen, deren Halter nicht zur Zielgruppe autonomer, militanter Straftäter zählen. Dies lässt den Schluss zu, dass bei vorhandener Majorität der Kampf gegen das "kapitalistische System" nur als Vorwand dient, um Gewaltexzesse direkt in die Tat umzusetzen. 2017 wurde parallel zu den strukturierten Protestplanungen gegen den G20-Gipfel bundesweit eine "militante Begleitkampagne" durch Linksextremisten entwickelt, die bis kurz vor Beginn des Gipfels aufrechterhalten wurde und aus der insgesamt 137 Straftaten resultierten (davon 42 in Hamburg). Die Zahl solcher Straftaten nahm nach Ende des G20-Gipfels ab. So wurden im Jahr 2018 in Hamburg lediglich 28 Straftaten bekannt, größtenteils mit anschließenden Selbstbezichtigungsschreiben. Beispielhaft werden folgende Taten benannt: f Am 26. Januar 2018 wurde ein SPD-Abgeordnetenbüro in Hamburg-Wilhelmsburg durch unbekannte Täter an der Glasfront beschädigt. In einem auf der von Linksextremisten genutzten Internetseite "de.indymedia.org" eingestellten Selbstbezichtigungsschreiben (SBS) - "[HH] Angriff auf SPD Büro" sehen die Verfasser des SBS ("Kommando Tamara Bunke" - siehe Kapitel III, Punkt 4.3) ihre Tat als Reaktion auf die mutmaßliche Unterstützung der türkischen Angriffe auf Afrin (Syrien) durch die deutsche Regierung. Das Ziel sei "nicht zufällig gewählt" worden. Die SPD wird als "deutsche kriegspartei" bezeichnet, die den "türkischen faschismus" unterstütze. Es wird dazu aufgefordert, es ihnen gleichzutun, der "hauptfeind" stünde schließlich "im eigenen Land". Das SBS endet mit "lang lebe rojava, lang lebe die pkk". 94 Linksextremismus Zum Jahrestag der G20-Ausschreitungen kam es in der Nacht zum 9. Juli 2018 zu zahlreichen Brandstiftungen an Fahrzeugen und Sachbeschädigungen an Gebäuden: f Durch bislang unbekannte Täter wurden an der Straße Rainvilleterrasse in Hamburg-Ottensen an drei Fahrzeugen die Scheiben eingeschlagen und die Fahrzeuge mittels Brandsätzen angezündet. f An der Uhlandstraße in Hamburg-Hohenfelde wurde ein Fahrzeug einer Firma angezündet, die als Dienstleister für Justizvollzugsanstalten sowie im Bereich des Braunkohleabbaus als Partner eines Energiekonzerns tätig ist. Die Firma war bereits mehrfach Ziel militanter Linksextremisten. f In Lokstedt wurden zwei Fahrzeuge einer Autovermietung in Brand gesetzt, die während des G20-Gipfels zahlreiche Fahrzeuge für die Staatsgäste stellte. f Während einer Kontrollfahrt im Rahmen einer Schutzmaßnahme an der Wohnanschrift des Hamburger Justizsenators, Dr. Till Steffen, wurden mehrere Farbflecke an der Hausfront entdeckt. f Bei der stellvertretenden Leiterin des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg, Anja Domres, wurde mit Konservengläsern gelbe und graue Farbe an die Hauseingangstür geworfen. Als Begründung diente den Straftätern die erfolgreiche Ermittlungsarbeit des LfV Hamburg - so die Tatsache, dass das LfV in der Nacht auf den 7. Juli 2017 Informationen über einen militanten Block aus dem Camp am Volkspark an die Polizei weitergab. Weiterhin wird ein Hinweis des LfV, der zu einer Festsetzung von Italienern diente, als Argument für den Anschlag vorgebracht. f An einem Mehrfamilienhaus wurden Schriftzüge mit beleidigendem und drohendem Inhalt angebracht, die sich gegen den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Hamburg, Joachim Lenders, richteten, der auch Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft ist. 95 Linksextremismus Am 10. Juli 2018 wurde auf "de.indymedia.org" eine Bekennung veröffentlicht, in der alle Attacken und Anschriften aufgelistet und die Taten vorwiegend mit polizeilichen und nachrichtendienstlichen Maßnahmen im Kontext des G20-Gipfels begründet werden. Die zahlreichen Anschläge zum G20-Jahrestag belegen, dass sich die gewaltbereite linksextremistische Szene spätestens zu diesem Zeitpunkt wieder zurückgemeldet hatte. Seit Mai 2018 war unter anderem in Internetveröffentlichungen eine zunehmende verbale Radikalisierung festzustellen. f In der Nacht zum 30. November 2018 attackierten mindestens 14 vermummte Personen das Wohnhaus des Bundesfinanzministers und Vizekanzlers Olaf Scholz. Die Gruppe entzündete einen Autoreifen an einem vor dem Objekt aufgestellten, zur Tatzeit unbesetzten Wachhäuschen der Polizei und bewarf das Wohnhaus mit Marmeladengläsern, die mit schwarzer Farbe gefüllt waren. In der Bekennung auf "de.indymedia.org" wurde die Attacke in einen Zusammenhang mit dem zur gleichen Zeit in Buenos Aires (Argentinien) begonnenen G20-Gipfel gerückt und die Straftat ein "internationales Rauchzeichen der weltweiten sozialen Kämpfe" bezeichnet. Scholz, der während der Tat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Gipfeltreffen teilnahm, sei "einer der Wegbereiter und Verteidiger der Agenda 2010, einer der Taktgeber des sozialen Angriffs der vergangenen Jahrzehnte". In der Veröffentlichung kritisieren die Verfasser auch Hamburgs Innensenator Andy Grote, der sich im Oktober 2018 in Buenos Aires aufgehalten habe, um mit argentinischen Regierungsvertretern im G20-Kontext Sicherheitskonzepte zu erörtern. Die linksextremistische Szene hatte insofern mit den Gipfelereignissen von 2017 nicht abgeschlossen. Dies gilt umso mehr, da seit dem 18. Dezember 2018 vor dem Landgericht Hamburg gegen fünf Angeklagte verhandelt wird, denen eine aktive Beteiligung an den gewalttätigen Ausschreitungen während des G20-Gipfels am Morgen des 7. Juli 2017 (Elbchaussee) zugeschrieben wird. Daher muss auch künftig damit gerechnet werden, dass weitere Straftaten (zum Beispiel Farbund Brandanschläge) in diesem Kontext als Reaktion auf bereits erfolgte Attacken erfolgen können (sogenannte Resonanzstraftaten). Dabei stehen bevorzugte Stadtteile und Fahrzeuge höherer Preiskategorie, die für militante Linksextremisten Ausdruck 96 Linksextremismus des wirtschaftlichen und politischen Systems in Deutschland sind, nach wie vor besonders im Fokus. 5. Linksextremistische Strukturen in Hamburg Zu den gewaltorientierten Linksextremisten zählen Autonome, einschließlich sogenannter postautonomer Gruppierungen, Antiimperialisten und Anarchisten. Autonome agieren grundsätzlich organisationskritisch und undogmatisch. Sie lehnen Hierarchien und feste Organisationsstrukturen, zum Beispiel Vereine oder Parteien, ab. Von dieser Organisationskritik grenzen sich die Postautonomen stark ab. Sie sind bundesweit gut vernetzt und arbeiten aus taktischen Gründen auch mit anderen Gruppierungen des linksextremistischen Spektrums und demokratischen Organisationen zusammen. Anarchisten und Autonome weisen aufgrund ihrer organisationskritischen Haltung eine gewisse ideologische Nähe zueinander auf; zudem sind sie weniger dogmatisch als Antiimperialisten. Diese orientieren sich stärker an den Lehren Marx und Lenins. Ein zentraler Bestandteil der antiimperialistischen Ideologie ist die "Solidarität" mit "internationalistischen Befreiungsbewegungen". Hierzu zählen beispielsweise Agitationen zugunsten von Kurden und Palästinensern. Zwischen den autonomen und antiimperialistischen Strömungen existieren aus ideologischen Gründen grundsätzliche Konflikte. Diese lassen sich unter anderem an den unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema Organisation und Bildung fester Gruppenstrukturen sowie den Nahost-Konflikt festmachen, in welchem Teile der autonomen Szene auf der Seite Israels stehen. Als "orthodoxe Kommunisten" werden parteiähnliche Organisationen und Parteien bezeichnet, die den Ideologien von Marx, Engels und Lenin (Marxismus-Leninismus) folgen. Hierzu gehören vor allem die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), revolutionär-marxistische Teilstrukturen der Partei DIE LINKE sowie trotzkistische Gruppierungen. 97 Linksextremismus 5.1. Gewaltorientierte Gruppen und Strukturen 5.1.1. Autonome Szene (Rote Flora) Autonome lehnen den demokratischen Staat und dessen Strukturen vehement ab. Ihre Aktivitäten richten sich insbesondere gegen Behörden und Parteien, aber auch gegen Wirtschaftsunternehmen, die aus Sicht Autonomer staatliche Strukturen und das "kapitalistische" System repräsentieren. In diesem Kontext sind die wichtigsten Agitationsfelder nach wie vor Antifaschismus, Antirepression, Antimilitarismus, Antirassismus, Antiglobalisierung, Antiimperialismus und Stadtentwicklungspolitik/Anti-Gentrifizierung. Militanz wird als politische Aktionsform grundsätzlich befürwortet. Brandanschläge und Sachbeschädigungen sind für weite Teile der autonomen Szene ein wesentlicher Bestandteil des politischen Widerstandes gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Autonome lehnen hierarchische Strukturen grundsätzlich ab. Sie finden sich meist themenund anlassbezogen in eher kurzlebigen, kleinen Gruppen zusammen. Darüber hinaus bestehen lose, einer häufigen Fluktuation unterworfene Kontakte und Netzwerke, die für Unterstützungsund Mobilisierungszwecke genutzt werden. Die Rote Flora ist seit 1989 der bedeutendste politische Treffund Veranstaltungsort der Autonomen in Hamburg (Foto siehe folgende Doppelseite). Die autonome Szene befasste sich auch im Jahr 2018 mit den Geschehnissen rund um den G20-Gipfel und dem Thema "Repression", unter anderem in zwei umfangreichen Publikationen: im "Spaceballs in Danger Zone"-Papier aus der "Roten Flora" sowie in der Broschüre "Der Repression nach dem G20-Gipfel entgegentreten! - no cops no prisons no capitalism". Die Autoren beider Papiere kritisieren die Einsatztaktik der Polizei und sehen die Gründe für die darauffolgende Eskalation bei der Polizei selbst. Das "Spaceballs"-Papier schließt mit dem Hinweis "jedem Versuch autoritäre gesellschaftliche Standards zu etablieren robust entgegenzutreten". 98 Linksextremismus In den einzelnen Kapiteln der Broschüre wird "Anti-Repression" als notwendiger Teil des "Widerstands gegen das Herrschende" dargestellt. So geben die Verfasser offen zu, dass sie die "Konfrontation" während des G20-Gipfels gesucht hätten und fordern: "[...] lasst uns weiter kämpfen." Generell wird die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt und als Instrument der Herrschenden bezeichnet. Die freiheitliche, demokratische Grundordnung wird mit Repression gleichgesetzt, die es zu bekämpfen gilt. Ebenso wird deutlich, dass die Verfasser Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ideen als notwendig erachten. Die Botschaft des Repressionsleitfadens ist eindeutig eine vehemente und deutliche Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Während das "Spaceballs"-Papier der Flora die Anwendung von Gewalt verklausuliert akzeptiert, muss der Handlungsleitfaden als Aufruf zum Kampf mit allen Mitteln gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstanden werden. Diese Verlautbarungen stellten eine Zäsur in der Kommunikation der Rotfloristen nach außen dar. War die Zeit nach den Geschehnissen rund um den G20-Gipfel vor allem durch verbale Zurückhaltung geprägt, ist seit Frühjahr 2018 eine Änderung der Kommunikationsstrategie feststellbar. Die bis dato geltende Zurückhaltung war vor allen Dingen aus Sorge um den Bestand des Szenetreffs, unmittelbar nach dem G20-Gipfel, entstanden. Eine kritische Reflexion der Ereignisse hat bei den Autonomen erwartungsgemäß nicht stattgefunden. 5.1.2. Antifa-Gruppen Das Engagement gegen Rechtsextremismus ist gesellschaftlich breit akzeptiert. Daher versuchen Linksextremisten vor dem Hintergrund ihrer strategischen Bündnispolitik, das Thema für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und ihre verfassungsfeindliche Ideologie über die Zusammenarbeit mit demokratischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen in bürgerlich-demokratische Kreise zu transportieren. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus, auch unter Anwendung körperlicher Gewalt, wird von Linksextremisten zugleich als Teil des Kampfes gegen die bestehende "kapitalistische" Ordnung verstanden. 99 N_Fr;u2-1ETeneeBaEAca)Hi:miuthErenum:L.En:eTmE Linksextremismus Im Mittelpunkt stehen demonstrative Protestaktionen gegen Informationsstände und Veranstaltungen rechtsextremistischer und rechtspopulistischer Organisationen sowie das direkte Vorgehen gegen Einzelpersonen. Die Gewaltanwendung wird im Rahmen des "Kampfes gegen Rechts" als legitimes und geeignetes Mittel angesehen und als "antifaschistischer Selbstschutz" verharmlost. Eine gewalttätige Eskalation von Konflikten, beispielsweise im Kontext von Demonstrationen gegen rechtsextremistische Antifa-Logo Versammlungen, wird insbesondere von gewaltorientierten Linksextremisten bewusst in Kauf genommen und als Ausdruck besonders konsequenten Handelns angesehen. Darüber hinaus ist die Recherchearbeit für die "autonome Antifa" von besonderer Bedeutung. So werden tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten sowie rechtsextremistische Strukturen gezielt ausgespäht. Die Veröffentlichung der Recherche hat zum Ziel, diese aus der Anonymität zu lösen und sie öffentlich zu stigmatisieren. Der regelmäßig stattfindende "Antifa-Tresen" in der Roten Flora sowie die Internet-Informationsplattform "antifainfopool" bilden eine gruppenübergreifende Austauschfunktion und dienen der Koordination und Mobilisierung der autonomen Antifa-Strukturen in Hamburg. Unter den zahlreichen Zusammenhängen der autonomen Antifa weisen die Gruppen "[a2]-Hamburg" und "Antifa 309" ein hohes Maß an Kontinuität auf. Neben diesen sind die Gruppierungen "Rote Antifa Wilhelmsburg" sowie die 2018 formierte "Antifa Altona Ost" (AAO) zu den aktiven Antifa-Strukturen zu zählen. Anlassund themenbezogen arbeiten Antifa-Strukturen auch mit anderen linksextremistischen Gruppierungen zusammen. So hat die AAO unter anderem enge Kontakte zum gewaltorientierten antiimperalistischen "Roten Aufbau Hamburg". Für die Antifa blieben insbesondere Veranstaltungen der "Alternative für Deutschland" (AfD) weiter im Fokus, da diese als Sinnbild für die Verfestigung rechtsgerichteter Organisationen in Deutschland und Europa stehen. Als Rechtspopulisten bezeichnete Parteien und Gruppierungen werden 102 Linksextremismus mittlerweile von der autonomen Antifa auf eine Ebene mit klassischen Rechtsextremisten gestellt. So hob die "Antifa Altona Ost" (AAO) am 29. Dezember 2018 in ihrem Jahresrückblick zu ihrer "politischen Arbeit" hervor, sich dem "Rechtsruck" organisiert entgegen zu stellen, während die AfD im Bundestag hetze und mehr und mehr Menschen mit ihrem "Rassismus & Nationalismus" anstecke. Eine maßgeblich durch die AAO initiierte Demonstration am 31. Oktober 2018 unter dem Motto "Dem rechten Spuk entgegentreten - Antifaschistisches Halloween" zielte laut Mobilisierungsaufruf auch gegen die AfD, deren Abgeordnete ihr "völkisches Gedankengut" verbreiten würden. An dem weitgehend störungsfrei verlaufenen Aufzug nahmen insgesamt 1.200 Personen teil. Dieser setzte sich neben Teilnehmern des bürgerlichen Spektrums aus Angehörigen unterschiedlicher Antifa--Gruppierungen, der autonomen Szene sowie der Interventionistischen Linken (IL) zusammen. Das antifaschistische Spektrum beteiligte sich zudem am 18. Oktober 2018 an der Mobilisierung und an dem Protest gegen einen Auftritt von Andre Poggenburg, seinerzeit noch Vorsitzender der AfD Sachsen-Anhalt, im Privathaus der AfD-Bezirksvorsitzenden von Hamburg Mitte. Insgesamt nahmen über 400 Teilnehmer an dem Protest teil. Am 23. Oktober 2018 verübten unbekannte Täter auf dem Privatgrundstück der AfD-Bezirksvorsitzenden eine Sachbeschädigung. Ein dort abgestelltes Privatfahrzeug wurde mit rötlicher Farbe besprüht. Gegen die Veranstaltung der AfD zum Thema "AfD in den Parlamenten - unsere Politik wirkt" am 20. Dezember 2018 unter Beteiligung des Fraktionschefs und Bundessprechers Alexander Gauland im Hamburger Rathaus richteten sich unter anderem die Proteste der Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA). Im Rahmen der Proteste bildete sich unter dem Tenor "Ganz Hamburg hasst die AfD" eine neue Formierung von etwa 150 Szeneangehörigen in der Bannmeile vor dem Rathaus. Einer Auflösung der nicht angemeldeten Versammlung entzogen sich die Aktivisten, indem sie sich unter die Besucher des belebten Hamburger Weihnachtsmarktes mischten. Mehr als zehn Aktivisten gelang es in die Säulenhalle des Rathauses vorzudringen, um diese nach dem Skandieren von "Nazis raus" freiwillig zu verlassen. Über Facebook richtete die AAO noch am selben Tag die Grußbotschaft an die AfD Hamburg "Ihr habt heute 103 Linksextremismus Gauland ins Rathaus eingeladen. Was ihr nicht wusstet, wir waren auch da". Bei der Gelegenheit signierte die AAO das Gästebuch der Hamburgischen Bürgerschaft unter dem Eintrag "Nein zu Rassismus, ganz Hamburg hasst die AfD" und postete die Bilder über Facebook. Nach der AfD-Veranstaltung kam es zu einer Körperverletzung gegen einen Teilnehmer. Dieser wurde von einem unbekannten Täter im Bereich Dammtor/Moorweide ins Gesicht geschlagen. Proteste gegen die Versammlungsreihe "Merkel muss weg!" Antifa-Gruppierungen agitierten mit einer Protestkampagne auch gegen die von Rechtsextremisten organisierte Versammlungsreihe unter dem Tenor "Merkel muss weg!" (MMW), die seit Anfang Februar 2018 versuchte, sich in Hamburg zu etablieren ( siehe Kapitel V, Punkt 8.3). Hauptziel des linksextremistischen Spektrums war es, die Versammlungen zu stören oder zu verhindern, zum Beispiel durch Blockaden. Auch einer der Hauptorganisatoren der MMW-Versammlungen, welcher der subkulturellen rechtsextremistischen Szene zugerechnet wird, stand im Blickpunkt der Kampagne "Antifaschistischer Mittwoch". Eine kurzzeitige Blockade am Bahnhof Dammtor am 7. November 2018 wertete die Kampagne als Erfolg, da dadurch bereits die Anreise der MMW-Kundgebung erschwert worden wäre und vor Augen führe, dass der HVV zur "maßgeblichen Etablierung" beitrüge. So wurde in diesem Kontext den "Verantwortlichen der Stadt" angebliche "logistische Beihilfe" vorgeworfen. Die Gruppierung "Antifaschistischer Sport 161 Crew Action" rief am 10. Februar 2018 über soziale Medien ihre "Crew's" in Hamburg und Umgebung auf, die "Nazis" in die "Elbe zu hauen". Während bis Mitte März 2018 bei den Aufzügen keine schwereren gewalttätigen Auseinandersetzungen zu verzeichnen waren, kam es am 19. März 2018 nach der MMW-Demonstration auf Höhe des U-Bahnhofes Stephansplatz zu einem Angriff auf einen vermutlichen Versammlungsteilnehmer der Demo. Aus einer Personengruppe mit fünf Personen heraus attackierten zwei vermummte Täter den Geschädigten mit Fäusten, unter anderem gegen den Hinterkopf und mit einem Tritt ins Gesicht. Der Geschädigte erlitt ein akutes Schädelhirntrauma. Auch im Zuge der Versammlung am 5. 104 Linksextremismus September 2018 wurde ein Versammlungsteilnehmer angegriffen und erlitt dabei eine Kopfplatzwunde und Schürfwunden. "Antifaschistische Stadtteilrundgänge" - Aufbau eines "Selbstschutzes" Am 27. September 2018 zog eine Gruppe mit etwa 70, größtenteils dunkel gekleideten, "Antifaschisten" durch Barmbek-Nord. Aus der Gruppe heraus wurde Propagandamaterial unter anderem an Verkehrsschildern verklebt. Auf der Internetplattform "de.indymedia.org" als auch auf ihrem eigenen Facebook-Auftritt gab die Gruppierung "Antifa 309" dazu bekannt, dass es sich um einen "Antifaschistischen Stadtteilrundgang" gehandelt habe. Als Grund wurden vermeintliche rechtsextremistische Übergriffe in dem Gebiet angeführt. So sei es notwendig, dass sich "Antifaschist_innen und Betroffene rechter Gewalt" organisieren, um "Nazis die Straße streitig zu machen". Der Beitrag schließt mit der Aufforderung, einen "antifaschistischen Selbstschutz" aufzubauen. Weitere "Antifaschistische Stadtteilrundgänge" erfolgten am 25. Oktober 2018 in Hamburg-Dulsberg und 29. November 2018 in Steilshoop. Antifa-Kongress Vom 6. bis zum 8. April 2018 wurde in der Roten Flora unter dem Motto "Bilden. Organisieren. Zurückschlagen." der "Antifa Kongress Hamburg" durchgeführt, an dem etwa 250 Personen teilnahmen. In der Mobilisierung zum Kongress, die Ende Januar 2018 im Internet veröffentlicht wurde, heißt es, in Deutschland herrschten derzeit Zustände, zu denen eine "faschistische Partei im Bundestag", "Neonazis", die durch ihre Präsenz "Bedrohungsszenarien" schaffen und "brennende Unterkünfte" gehörten. Menschen würden aus rechter Motivation heraus attackiert, "und die sogenannten Wutbürger*innen klatschen im Netz und auf der Straße Beifall". Diese "Zustände bedürften einer "starken antifaschistischen Gegenbewegung". Der Kon(Quelle: https://twitter.com/ gress biete allen Interessierten aus Hamburg und Umgehamburgantifa) 105 Linksextremismus bung einen Raum, um in Workshops und Vorträgen zu lernen, zu diskutieren, sich zu vernetzen sowie zu organisieren. 5.1.3. Postautonome Gruppen 5.1.3.1. Interventionistische Linke (IL) Die Interventionistische Linke Hamburg (IL HH) ist in Hamburg die derzeit größte Organisation des postautonomen Spektrums. Sie ging aus der Hamburger Ortsgruppe des AVANTI-Bündnisses hervor, welches weitere Ortsgruppen ausschließlich in Norddeutschland unterhielt. 2009 schloss sich die Gruppierung dem überregionalen Bündnis Interventionistische Linke (IL) mit mehr als 30 Ortsgruppen in Deutschland und Österreich an und ging 2014 schließlich in dieser auf. In zahlreichen Veröffentlichungen schließt die IL Militanz als ein Mittel zur Überwindung der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung nicht aus und gilt daher als gewaltorientierte Gruppierung. Info Postautonome - Die sich selbst auch als "postautonom" bezeichnenden linksextremistischen Gruppierungen haben ihre Wurzeln im autonomen Spektrum, sehen dessen Merkmale, Ideologie und Strategie jedoch als gescheitert an und verstehen sich als Antwort darauf. Postautonome wie die IL streben eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft an, aber nicht als abrupten Bruch, sondern als langfristig angelegten Prozess "vieler kleiner Brüche, die entlang von Kämpfen stattfinden". Aus taktischen Gründen öffnen sich Postautonome daher auch Bündnissen mit demokratischen Gruppen und instrumentalisieren dazu gesellschaftlich breit diskutierte Fragen. Die IL HH versteht sich als undogmatisch agierende Organisation im linksextremistischen politischen Spektrum. Sie ist vor allem in den Themenfeldern Anti-Kapitalismus, Antifaschismus, Antirassismus, sowie der 106 Linksextremismus Sozialund Klimapolitik aktiv. Organisatorisch teilt sich die IL HH in Arbeitsgemeinschaften (AGs) auf. Entsprechend der Felder, in denen sie aktiv ist, erfolgt ihre thematische Schwerpunktsetzung. Im "IL-Giornale Nr. 2", einer im Herbst 2018 veröffentlichten Zeitung der IL HH, benennt die Organisation verschiedene AGs: Klima-AG, AG Antira/Migration, Antifa-AG, AG Klassenpolitik, AG Queerfeminismus und AG Recht auf Stadt. Diese AGs wiederum bieten der Gruppierung die Möglichkeit, in verschiedenartigen, teils selbst initiierten Bündnissen und KampaLogo der "Interventionistischen Linken" gnen tätig zu sein. Sie sucht stets den Schulterschluss mit befreundeten und nahestehenden Gruppierungen innerhalb des linksextremistischen Spektrums, aber auch mit Organisationen und Einzelpersonen, die der IL ideologisch weniger nahestehen, sowie gezielt mit demokratischen Initiativen. Es ist die Strategie der IL, gesellschaftlich sowohl anschlussfähig an radikale und extremistische Gruppierungen im linken Spektrum zu sein, als auch bürgerliche, nichtextremistische Kreise zu erreichen. Sie bezieht öffentlich Stellung zu tagespolitisch aktuellen Themen, die breite Gesellschaftsschichten von weit links bis in die bürgerliche Mitte bewegen. Ziel ist es, extremistische Positionen und Gruppierungen anschlussfähig an diese bürgerliche Mitte zu machen. Die IL fungiert als eine Art Scharnier zwischen den beiden Potenzialen und strebt die Entgrenzung radikaler und extremistischer Inhalte in den gesellschaftlichen Diskurs an ( siehe Punkt 6). Sowohl die Bundesorganisation als auch die Ortsgruppe Hamburg nutzen dabei eine Vielzahl sozialer Medien, um ihre Forderungen und Botschaften publik zu machen - speziell über Twitter. Nachdem das Jahr 2017 deutlich von der Fokussierung auf das Großereignis G20-Gipfel in Hamburg gekennzeichnet war, bestimmten im Folgejahr 2018 unterschiedliche ereignisbezogene Aktionen das Handeln der IL HH. Hierbei handelte es sich um gesellschaftlich breit diskutierte und populäre Themen, bei denen die IL HH den Versuch unternahm, die Deutungshoheit 107 Linksextremismus über die Thematik zu gewinnen, um politische Entscheidungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Im Folgenden werden einige Aktionen exemplarisch genannt: So war der Beginn des Jahres 2018 geprägt von Solidaritätsbekundungen und -initiativen mit den kurdischen kämpfenden Einheiten in Nordsyrien anlässlich des Angriffs der türkischen Armee gegen die Stadt Afrin und umliegende Gebiete, wo hauptsächlich kurdische Bevölkerungsgruppen leben. Neben der IL unterstützte auch die antiimperialistische Gruppierung "Projekt Revolutionäre Perspektive" (PRP - siehe Punkt 5.1.4.2) die Solidaritätswelle mit den Kurden, indem die Gruppierung zur Teilnahme an Demonstrationen aufrief und sich verbal für die Kurden einsetzte ( siehe Kapitel III, Punkt 4). Im Sommer 2018 gewann in der gesellschaftlichen Debatte das Thema Seenotrettung eine zunehmende Relevanz. Die IL HH beteiligte sich maßgeblich an der Gründung des Hamburger Ablegers des bundesweiten "Seebrücke"-Bündnisses und schaffte es mit mehreren öffentlichkeitswirksamen Ereignissen, in den Medien und der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Sie instrumentalisierte dabei aus strategischem Kalkül die Brisanz und angesprochene Aktualität des Themas Migration und Flucht. Das Ziel, sichere Fluchtwege zu schaffen und die Seenotrettung zu entkriminalisieren, um das Ertrinken tausender Menschen zu verhindern, findet sowohl in radikal linken als auch in bürgerlichen Kreisen Zuspruch und bietet daher die Möglichkeit des Anschlusses an das demokratische Spektrum. (siehe dazu auch "Entgrenzung" unter Punkt 7). Auch über das gesellschaftlich breit diskutierte Thema Klimaschutz versuchte die IL, Anschluss an verschiedene Initiativen und Organisationen zu bekommen, um hierüber ihre grundsätzliche Kritik an der parlamentarischen Demokratie zu verbreiten. So publizierte die IL HH Anfang Juni 2018, ein lokales Bündnis der bundesweiten Kampagne "Ende Gelände" aufbauen zu wollen, um sich "fit für die Grube" zu machen und sich an den "Massenaktionen des zivilen Ungehorsams", gegen Kohle, Klimawandel und Kapitalismus zu beteiligen. Man wolle im Oktober zusammen ins Rheinland fahren, um den Hambacher Forst zu schützen und den Braunkohleabbau durch RWE zu "stoppen". Einzelne Mitglieder der IL ließen der Ankündigung 108 Linksextremismus des "Ende-Gelände-Bündnisses" Taten folgen und beteiligten sich Ende Oktober 2018 an Protestaktivitäten rund um den Hambacher Forst, im Zuge dessen verschiedene Straftaten begangen wurden - unter anderem wurden Bahngleise und Bagger teilweise über einen längeren Zeitraum besetzt. Bündnisse wie "Seebrücke" oder "Ende Gelände" sind Beispiele dafür, dass die IL aus taktischen Gründen häufiger wichtige Protestaktionen nicht unter dem Label der "Interventionistische Linke", sondern in einem anderen Gewand präsentiert, durch das eine Zugehörigkeit zum linksextremistischen Spektrum gezielt verschleiert wird. Die IL will über diese Methode in der Öffentlichkeit als legitime politische Stimme wahrgenommen werden, von der sich auch Schichten repräsentiert fühlen, die Extremismus ablehnen. Weitere Informationen zur IL finden Sie auch im Punkt 6 "Entgrenzung des Linksextremismus". 5.1.4. Antiimperialistische Gruppen Auf der Grundlage der marxistisch-leninistischen Weltanschauung vertreten Antiimperialisten den Standpunkt, dass der Wohlstand der Industrienationen auf der ökonomischen Ausbeutung von Ressourcen in den Entwicklungsländern basiere und von den imperialistischen Großmächten militärisch gesichert werde. Ihre Agitation richtet sich daher auch überwiegend gegen global tätige Konzerne sowie nationale und internationale Institutionen. Sie lehnen das Gewaltmonopol des Staates ab und reklamieren für sich zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele ein Recht auf Widerstand gegen das "System", welches auch gewalttätige Aktionen einschließt. Von Autonomen grenzen sie sich auf Grund größerer ideologischer Differenzen ab und haben mit ihnen nur anlassund themenbezogen Berührungspunkte. Regelmäßiger Treffpunkt eines Teils der rund 145 Hamburger Antiimperialisten ist das "Internationale Zentrum" an der Brigittenstraße 5 (B5). Die dort ansässigen Gruppen solidarisieren sich mit terroristischen und kommunistischen Gruppierungen aus Indien, Peru und den kurdischen Autonomiegebieten. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine 109 Linksextremismus und die Verhaftungen in der Türkei sind ebenfalls Thema von Veranstaltungen und Demonstrationen. Antiimperialistische Gruppen fordern nach wie vor die Gründung einer neuen kommunistischen Partei in Deutschland. 5.1.4.1. Roter Aufbau Hamburg (RAH) Einer der Treffpunkte der antiimperialistischen Gruppe Roter Aufbau Hamburg (RAH) war seit Frühjahr 2018 der "Infound Kulturladen Lüttje Lüüd" in Hamburg-St. Pauli. Dem RAH können nach wie vor gut 60 Anhänger zugerechnet werden, die sich ideologisch unter anderem für marxistische, maoistische oder stalinistische Theorien interessieren. Logo auf der Internetseite "Roter Aufbau Hamburg" Ein wichtiges Thema war für den RAH im Jahr 2018 die Aufarbeitung des G20-Gipfels in Hamburg. So haben Aktivisten der Gruppe mehrfach Solidaritätsdemonstrationen für die sogenannten "G20-Gefangenen" im Rahmen der "United We Stand"-Kampagne an der Justizvollzugsanstalt Billwerder angemeldet. Die Gruppe beteiligte sich ebenfalls an der Demonstration "Kampf ihrer Klassenjustiz! Gegen Repression und Ausbeutung!" am 17. März 2018 auf dem Hamburger Gänsemarkt. Auch die Anmeldung der jährlichen "Revolutionären 1. Mai-Demonstration" am 1. Mai 2018 und der Veranstaltung "Klassenfest gegen Staat und Kapital - 200 Jahre Karl Marx!" am 5. Mai 2018 auf dem Hamburger Fischmarkt erfolgte durch den führenden Aktivisten des RAH, Halil S.. An der Demonstration zum 1. Mai nahmen etwa 2.200 Personen teil. Es kam dabei zu vereinzelten Würfen von Pyrotechnik und Gegenständen auf eingesetzte Polizeikräfte. Der Aufruf zur 1. Mai-Demonstration endete mit der Aufforderung: "Um die Vernichtung unserer Lebensräume und dieser Welt zu stoppen müssen wir dieses System überwinden!" 110 Linksextremismus Der RAH beteiligte sich ebenfalls an den Protesten gegen die Innenministerkonferenz am 24. November 2018 in Magdeburg. Auf der Facebookseite erklärte sich die Gruppe im Dezember 2018 mehrfach solidarisch mit den gewalttätig verlaufenen Protesten der "Gelbwesten-Bewegung" in Frankreich. Am 1. Mai 2019 nahmen der RAH und die "Antifa Altona Ost" wechselseitig an Demonstrationen der jeweils anderen Gruppierung teil. 5.1.4.2. Sonstige antiimperialistische Gruppierungen Zu den sonstigen antiimperialistischen Gruppen in Hamburg gehören, bei personellen Überschneidungen, unter anderem der "Revolutionäre Aufbau - BRD", die "Sozialistische Linke" (SoL), das "Bündnis gegen imperialistische Aggression" (BgiA), und das "Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen" (Netzwerk). "Revolutionärer Aufbau - BRD" (RA-BRD) Der RA-BRD nutzt die Räumlichkeiten des linksextremistischen "Internationalen Zentrums" an der Brigittenstraße 5 ("B5") seit Juli 2016. Auf ihrer Facebookseite bezeichnet sich die Gruppe als "Kommunistische Organisation mit Ortsgruppen in Bremen, Hamburg und Weimar-Jena". Ihre fundamentale Kritik an der parlamentarischen Demokratie und Einstellung zur Gewalt macht die Gruppe in einem Antwortkommentar auf ihrer Facebookseite im Januar 2018 deutlich: "Der einzige Weg diese Gesellschaft abzuschaffen und über den Sozialismus zum Kommunismus zu kommen ist die alte Gesellschaft zu zerstören. Das alte muss zerschlagen werden bevor das neue kommen kann. Das geht nur mit revolutionärer Gewalt." Beendet wird der Beitrag mit dem Mao-Zitat: "Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen." Zum "bundesweiten Aktionstag zur Unterstützung politischer Gefangener in Indien" am 23. April 2018 verteilten Aktivisten der Gruppe vor dem indischen Generalkonsulat in Hamburg Flugblätter und hielten Redebeiträge. Am 15. Juni 2018 veranstaltete die Gruppe in der B5 ein "Konzert zum 200. Jubiläum der Geburt von Karl Marx". Im August 111 Linksextremismus 2018 ehrte der RA-BRD sechs getötete "Volkskriegs-Kämpfer der TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten) und der in der Türkei terroristisch agierenden TIKKO (Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee der Türkei)" mit Sympathiebekundungen auf seiner Facebookseite. "Sozialistische Linke Hamburg" (SoL) Die SoL orientiert sich an den klassischen Theoretikern des Marxismus-Leninismus, hat in den vergangenen Jahren deutliche Bezüge zum Maoismus entwickelt und unterstützte Veranstaltungen des "Netzwerkes für alle politischen Gefangenen". "Bündnis gegen imperialistische Aggression" (BgiA) Das BgiA beschreibt sich als Zusammenschluss "von Gruppen, Organisationen, Parteien und Einzelpersonen aus verschiedenen Ländern". Der "antiimperialistische und internationalistische Kampf" sei die gemeinsame Basis. Am 3. Februar 2018 veranstaltete die Gruppe die Kundgebung "Für die Befreiung ganz Palästinas - vom Mittelmeer bis zum Jordan" in Hamburg-Billstedt. Dabei verteilten Aktivisten Flugblätter und hielten Redebeiträge. "Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen" (Netzwerk) Diese Gruppierung versteht sich als "Zusammenschluss verschiedener Organisationen und Einzelpersonen, um das Bewusstsein über Repression als Teil des Klassenkampfes von oben zu stärken und angegriffene Strukturen gemeinsam zu organisieren." Erwähnt werden Gruppen in Berlin, Hamburg und Magdeburg. Das Netzwerk ist Herausgeber der Publikation "Gefangenen Info", die ursprünglich als Organ der Solidaritätsarbeit für inhaftierte Mitglieder der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) entstanden war. Von dieser Tradition haben sich Netzwerk und "Gefangenen Info" bisher nicht gelöst. Die Gruppe organisierte mehrere Solidaritätsveranstaltungen für einen inhaftierten Führungsfunktionär der DHKP-C in Hamburg. Zusammen mit weiteren Gruppen beteiligte sich das Netzwerk an mehreren Veranstaltungen der Kampagne "United We Stand" ( siehe Punkt 5.2.1) für inhaftierte Beschuldigte und mutmaßliche Straftäter im Rahmen der Strafund Gewalttaten im Kontext des G20-Gipfels. 112 Linksextremismus "Revolutionäres Kollektiv Hamburg" Seit Juli 2018 sind Aktivitäten des "Revolutionären Kollektives Hamburg" festzustellen. Diese Gruppe ist ideologisch eng mit dem maoistischen "Jugendwiderstand" Berlin verbunden. Der "Jugendwiderstand Berlin" sorgt immer wieder mit antisemitischen Ausfällen und Aktionen für Aufsehen, was letztlich zu seiner Isolation innerhalb des linksextremistischen Spektrums führte. Das "Revolutionäre Kollektiv Hamburg" profilierte sich vor allem mit Solidaritätsaktionen zugunsten inhaftierter türkischer Linksextremisten sowie durch verbale Abgrenzung zu Autonomen. Darüber hinaus nahm die Hamburger Gruppierung an Aktionen dogmatischer Linksextremisten teil. "Projekt Revolutionäre Perspektive" (PRP) Bei PRP handelt es sich um eine im April 2009 gegründete antiimperialistische Gruppe, die nach Eigenangaben aus einem Zusammenschluss von Menschen aus verschiedenen Bereichen der (radikalen) Linken entstanden ist. Im April 2014 gründete sich die "Perspektive Kommunismus", um "der Zersplitterung der revolutionären Linken in der BRD entgegen zu wirken". PRP schloss sich einige Jahre dieser bundesweiten Organisation an, an der sich nach wie vor verschiedene kommunistische Gruppen aus dem aktionsund gewaltorientierten Spektrum beteiligen. Das verbindende Ziel dieser Gruppen ist "der Aufbau des Sozialismus hin zu einer befreiten, einer kommunistischen klassenlosen Gesellschaft". Anlassbezogen arbeitet PRP in temporären Bündnissen auch mit anderen linksextremistischen Gruppierungen zusammen, beispielsweise mit der IL. 5.1.5. Anarchisten Anarchisten streben nach einer selbstverwalteten Gesellschaft ohne Hierarchien und Herrschaft. Jede Art von Hierarchie bedeute "Unterdrückung von Freiheit" und wird von ihnen abgelehnt. Diese Grundüberzeugung ist das verbindende Element innerhalb der zersplitterten anarchistischen Szene in Hamburg, der rund 40 Personen angehören. 113 Linksextremismus Die beständigste anarchistische Gruppe in Hamburg ist die Ortsgruppe der bundesweit aktiven "Freien ArbeiterInnen Union" (FAU), die sich im Libertären Kulturund Aktionszentrum "Schwarze Katze" (LKA)" in Eimsbüttel trifft. Sie ist auf europäischer Ebene der "Freien Arbeiter-Union/Internationale ArbeiterAssoziation" (FAU/IAA) angegliedert. Das selbstverwaltete "Libertäre Zentrum" (LIZ e. V.) im Karolinenviertel, welches vor Jahren noch als Treffpunkt traditioneller Anarchisten galt, wird auch von Angehörigen der autonomen Hamburger Szene als Veranstaltungsund Versammlungsort genutzt. Die parlamentarische Demokratie mit ihren Institutionen und Behörden wird von Anarchisten vehement abgelehnt. So veröffentlichten am 30. Juli 2018 "Einige Anarchist*innen", auf "de.indymedia.org" einen kritischen Beitrag mit dem Titel "Zur Ausbildungsoffensive der Hamburger Polizei", in dem die Polizei unter anderem als "Schläger*innen, Schnüffler*innen, Lügner*innen und Menschenjäger*innen" dargestellt wird. Die Berufsbeschreibung unter den Schlagworten "Zielsicher", "Randaliererbremse" und "Handfest" sei eine Drohung an alle Menschen, die sich dennoch nicht einschüchtern ließen. Daher habe man Motive der Werbekampagne "richtig gestellt". Mehrdeutig wurde hinzugefügt, dass dies nur eine "Möglichkeit" wäre, mit den "Problem der Menschenjäger*innen in Uniform umzugehen". 5.2. Antirepression 5.2.1. Rote Hilfe e.V. (RH)/United We Stand (UWS) Die Rote Hilfe (RH) wurde 1975 gegründet und bezeichnet sich als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation". Die RH gehört mit ihren bundesweit rund 9.400 Mitgliedern aus Angehörigen verschiedener linker und linksextremistischer Organisationen und Szenestrukturen zu den mitgliederstärksten Gruppierungen des deutschen Linksextremismus. Hamburg verfügt über etwa 790 Mitglieder, von denen nur ein kleiner Teil aktiv in der Gruppe mitarbeitet. Von strafprozessualen Maßnahmen betrof114 Linksextremismus fene Aktivisten werden finanziell, unter anderem bei Anwaltsund Gerichtskosten, unterstützt, sofern diese sich den Bedingungen der RH unterwerfen. Unter dem Motto "Solidarität ist eine Waffe" oder "Anna und Arthur halten's Maul" werden Angehörige der linksextremistischen Szene - gerade mit Blick auf die Aufklärung von Straftaten - zu einer konsequenten Verweigerung der Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden gedrängt. Den Betroffenen daraus entstehende Nachteile sollen durch das Versprechen der Solidarität kompensiert werden. Die Kampagne "United We Stand" (UWS) wurde nach dem G20-Gipfel von der Roten Hilfe e.V., Ortsgruppe Hamburg, im Juli 2017 ins Leben gerufen. Ihr gehören rund 15 Gruppen der linksextremistischen Szene an, unter anderem die Rote Hilfe, der Ermittlungsausschuss sowie der Rote Aufbau Hamburg. UWS organisiert seit dieser Zeit unter anderem zu anstehenden G20-Gerichtsverfahren wöchentliche Solidaritätskundgebungen vor dem jeweiligen Amtsgericht sowie dem Untersuchungsgefängnis. Seit Logo zur Kampagne "United We Stand" November 2018 wird häufiger für Kundgebungen vor und während der Prozesse mobilisiert. So wurde auch am 17. Dezember 2018 eine Demonstration vom Bündnis gegen Repression und UWS mit dem Tenor "Gemeinsam gegen Repression gegenüber den G20-Protesten - United We Stand" organisiert. Diese richtete sich gegen den am 18. Dezember 2018 begonnenen Prozess gegen fünf Angeklagte im Kontext der Beteiligung an Ausschreitungen am 7. Juli 2017 an der Elbchaussee. Am 17. März 2018 organisierte UWS eine "Antirepressionsdemonstration" mit dem Tenor "United We Stand - gegen Repressionen und autoritäre Formierung!" in Hamburg. Hintergrund ist, dass "rund um den Tag des politischen Gefangenen" am 18. März 2018 "ein solidarisches Zeichen gegen Repressionen" gesetzt werden sollte. Insbesondere der G20-Gipfel sowie die daraus resultierenden Strafverfahren; einhergehend mit dem als zu drastisch empfundenem Strafmaß, wurden hierfür als Anlass herangezogen. An der Demonstration, für die bundesweit mobilisiert wurde, nahmen in der Spitze mehr als 1.500 Personen teil, darunter rund 400 aus 115 Linksextremismus unterschiedlichen linksextremistischen Zusammenhängen sowie etwa 50 Personen aus dem linksextremistischen türkischen Unterstützerkreis. 5.3. Orthodoxe Kommunisten und andere revolutionäre Marxisten Als "orthodoxe Kommunisten" werden Parteien und parteiähnliche Organisationen bezeichnet, die den Ideologien von Marx, Engels und Lenin (Marxismus-Leninismus) folgen. Hierzu zählen insbesondere die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), revolutionär-marxistische Teilstrukturen der Partei DIE LINKE und trotzkistische Gruppierungen. 5.3.1. DKP Hamburg, SDAJ Hamburg und trotzkistische Gruppierungen Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) wurde 1968 in Essen gegründet, bis zur Wende 1989/90 von der DDR finanziell unterstützt und ist die Kernorganisation der orthodoxen Kommunisten. Sie bekennt sich zur Theorie von Marx, Engels und Lenin als Richtschnur ihres politischen Handelns. Ihrer Weltanschauung zufolge ermöglicht nur der revolutionäre - auf die Realisierung des Kommunismus gerichtete - Sozialismus eine Lösung aller gesellschaftlichen Probleme. Das zentrale Ziel der DKP bleibt der "grundlegende Bruch mit den kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnissen" sowie die Errichtung einer sozialistischen/kommunistischen Gesellschaft. Die DKP steht damit antagonistisch zu einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der parlamentarischen Demokratie. DKP Hamburg Die DKP Hamburg hat ihre Parteizentrale im "Magda-Thürey-Zentrum" in Hamburg-Eimsbüttel. Es wird auch von anderen linksextremistischer Organisationen, wie der SDAJ, der Wilhelmsburger "MASCH" und auch der 116 Linksextremismus "Antifa Altona Ost" (AAO), als Treffpunkt genutzt. Inhaltliche Themenschwerpunkte des Hamburger Bezirks waren der Pflegenotstand in Krankenhäusern, Gewerkschaftsthemen, Schulpolitik auf Landesebene sowie die Teilnahme am Pressefest der DKP-Zeitung "Unsere Zeit" in Dortmund. Darüber hinaus solidarisierte man sich mit der französischen Massenbewegung Gelbwesten. Als einer der zentralen Punkte des politischen Lebens der DKP Hamburg zählte die Organisation des Methfesselfestes in Eimsbüttel sowie die Teilnahme an einer Demonstration am 3. November 2018 zur 100-Jahrfeier der Matrosenaufstände in Kiel. SDAJ Hamburg Der Jugendverband "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) ist formal unabhängig, betrachtet sich aber als Nachwuchsorganisation der DKP. Er wurde, wie die DKP, 1968 in Essen gegründet. Die SDAJ bezeichnet sich auf ihrer Homepage als eine Selbstorganisation von Schülern, Auszubildenden, jungen Arbeitern und Studenten, die in Deutschland leben, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Pass. Regelmäßig organisiert die SDAJ Hamburg gemeinsam mit der DKP Hamburg öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen im Magda-Thürey-Zentrum. Außerdem arbeitet die SDAJ mit der "Antifa Altona Ost" anlassbezogen zusammen. Ein politischer Höhepunkt des Jahres 2018 war die Teilnahme, gemeinsam mit der DKP, an einer Demonstrationen zum 100. Jahrestag der Matrosenaufstände in Kiel. Die thematischen Schwerpunkte der SDAJ Hamburg waren unter anderem das Thema der personellen Ausstattung von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, Aufrufe gegen die Münchener Sicherheitskonferenz und generell gegen die NATO. Weiterhin wurden israelkritische Solidaritätsaktionen zugunsten der Palästinenser, der Kurden in Syrien und des venezolanischen Machthabers Maduro bekannt. 117 Linksextremismus Marxistische Abendschulen (MASCH) in Hamburg Die "Marxistische Abendschule - MASCH e.V." wurde 2007 auf Initiative der DKP in Wilhelmsburg gegründet. Laut seiner Satzung fördert der Verein die Volksbildung, Wissenschaft und Forschung vor allem durch die Vermittlung von Grundlagenkenntnissen über den Marxismus, insbesondere anhand von Originaltexten von Marx, Engels und Lenin. Die Veranstaltungen der "MASCH" fanden im "Marxistischen Bildungszentrum" (MaBiz) (Eimsbüttel) oder im "Lüttje Lüüd" (St. Pauli) statt. Im Jahr 2018 befasste man sich dort unter anderem mit der historischen Rolle des Sowjetdiktators Josef Stalin. Neben der "Wilhelmsburger MASCH" besteht in Hamburg seit 1981 die ebenfalls auf DKP-Initiative gegründete "Marxistische Abendschule - Forum für Politik und Kultur e.V.". Diese ist hauptsächlich als "MASCH-Hochschulgruppe" im Universitätsbereich tätig und bietet dort Gesprächsund Lesekreise an. Auch dort steht die Marx-Lektüre im Vordergrund. Trotzkisten Der nach dem russischen Revolutionär Leo Trotzki benannte Trotzkismus wird geprägt durch die sogenannte Theorie der permanenten Revolution, wonach der politische Prozess nicht mit einer proletarischen Revolution endet. Trotzkistische Gruppen versuchen, mit ihrer "Entrismus" genannten Unterwanderungsstrategie Einfluss in linksextremistische und linke Organisationen zu gewinnen. Die "Sozialistische Alternative" (SAV) ist die einzige relevante trotzkistisch ausgerichtete Gruppe in Hamburg. Ihre Mitglieder engagieren sich unter anderem bei ('solid). Thematische Schwerpunkte im Jahr 2018 waren unter anderem die Personalsituation in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, die Unterstützung der "Seebrücken"-Aktion und die Teilnahme an der Großdemonstration gegen hohe Mieten am 2. Juni 2018. 118 Linksextremismus 5.3.2. Extremistische Teilstrukturen in der Partei "DIE LINKE" Die Gesamtpartei DIE LINKE wird vom Hamburger Verfassungsschutz seit 2008 nicht mehr beobachtet, sondern nur deren revolutionär-marxistische Strömungen. Deren Mitgliederpotenzial umfasst gut 80 Personen. In Hamburg ist insbesondere der parteinahe Jugendverband "Linksjugend" ('solid) aktiv. Weitere Gruppierungen sind die "Kommunistische Plattform" (KPF) sowie die "Sozialistische Linke" (SL). Linksjugend ('solid) Schwerpunktthemen der Hamburger Gruppe waren 2018 "Antifaschismus" und Solidaritätsaktionen zugunsten syrischer Kurden. So beteiligten sich 'solid-Angehörige auch, gemeinsam mit anderen linksextremistischen Teilnehmern wie dem Roten Aufbau Hamburg, Antiimperialisten aus der B5, PKKund Antifa-Strukturen und Anarchisten, an der am 24. März 2018 stattgefundenen World Afrin Demo. Ebenso stand das Thema Solidarität mit Palästina im Fokus der Hamburger Gruppierung, wobei der Staat Israel dabei immer wieder als "Apartheitsregime" diskreditiert wurde. Genauso großes Wohlwollen äußerte man gegenüber den Vertretern der "Volksrepublik Donezk" und bezeichnete hingegen die frei gewählte Regierung der Ukraine als "faschistoid". Die Hamburger Ortsgruppe setzte sich auch immer wieder mit parteiinternen Strömungen und Personaldebatten auf Bundesebene auseinander. Beispielsweise ergriff man öffentlich für die "Sozialistische Alternative" (SAV)-Mitglieder Partei, die auch gleichzeitig Mitglied der Linksjugend waren. Info Volksrepublik Donezk - Die von Russland unterstützte "Volksrepublik" wurde 2014 während des Ukraine-Krieges ausgerufen und wird international nicht anerkannt. Für mediales Aufsehen sorgte zudem ein Aufruf des Bundesvorstands der Linksjugend, während der Fußball-WM 2018 deutsche WM-Fahnen von Autos zu stehlen. 119 Linksextremismus 6. Entgrenzung des Linksextremismus Wie in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus ( siehe ISLAMISMUS Kapitel V) und Islamismus ( siehe Kapitel II), hat die Abgrenzung zwischen extremistischen und nichtextremistischen Bereichen auch im Linksextremismus LINKSRECHTSEXTREMISMUS demokratischEXTREMISMUS an Trennschärfe verloren, insbegesellschaftlicher Bereich sondere über die gezielte strategische und taktische Besetzung gesellschaftlich breit diskutierter oder akzeptierter Themen. LinksSCIENTOLOGY extremisten instrumentalisieren gesellschaftlich relevante sowie populäre Themen wie beispiels"Entgrenzung" als Strategie zur Besetzung gesellschaftweise Flüchtlingspolitik, Mieterlich breit diskutierter oder akzeptierter Themen durch Extremisten Illustration LfV HH schutz, das Engagement gegen Rechtsextremismus oder gegen die AfD, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele zu verfolgen und zu verbreiten. Gewaltorientierten Gruppierungen wie der Interventionistischen Linken, Autonomen aus dem Umfeld der Flora oder lokalen Antifa-Gruppen geht es dabei nicht um die Stärkung der offenen pluralistischen Gesellschaft und die Verteidigung demokratischer Grundrechte. Die gewählten, anschlussfähigen Themen dienen dazu, mit nichtextremistischen Initiativen Allianzen zu gründen, um die eigene totalitäre Weltanschauung in die demokratische Mitte der Gesellschaft bringen zu können. Linksextremisten nutzen in diesem Kontext auch alle Möglichkeiten des Internets, speziell sozialer Netzwerke, um ihre Thesen und Ideen zu verbreiten und Kampagnen zu unterstützen. Insbesondere die Interventionistische Linke (IL) ( siehe Punkt 5.1.3.1 ) nimmt sich gesellschaftlich relevanter Themen an, die auch im bürgerlich-demokratischen Spektrum diskutiert werden. Die IL tritt hierbei zum Teil nicht offen unter ihrem Label, sondern verschleiert unter anderen Bezeichnungen auf und versucht den gesellschaftspolitischen Diskurs zu 120 Linksextremismus ihren Gunsten zu beeinflussen. Die IL übernimmt in Kampagnen und temporären Bündnissen oftmals die Aufgabe eines Vermittlers zwischen extremistischen und eher gemäßigten Kräften. Damit soll erreicht werden, dass sich eine möglichst große Zahl nichtextremistischer Akteure radikalisiert und einhergehend das Personenpotenzial für die eigenen subversiven und extremistischen Zielvorstellungen vergrößert wird. Eindrückliches Beispiel zur Darstellung der Entgrenzung zwischen extremistischen und nichtextremistischen Bereichen ist das sogenannte "Seebrücke"-Bündnis. Mit mehreren öffentlichkeitswirksamen Ereignissen schaffte es die IL-dominierte "Seebrücke", in den Medien und der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Die IL als Antreiber und lenkende Organisation innerhalb der "Seebrücke" sah die Möglichkeit, den aktuellen und brisanten Themenbereich Flucht und Seenotrettung für ihre Ziele auszunutzen. Die initiale Bewerbung fand in diesem Fall auf der Homepage der IL Hamburg statt, bevor die Veranstaltung von weiteren linken Gruppierungen weiterverbreitet wurde. Ein besonders hohes Maß an öffentlicher Wahrnehmung konnte insbesondere die bis dato größte Hamburger "Seebrücken"-Demonstration am 2. September 2018 erreichen. Schätzungsweise 10.000 Menschen säumten die Straßen und protestierten für die Ziele der "Seebrücke". Auf der Abschlusskundgebung der Demonstration wurde von der IL-Protagonistin Emily L. (Aufzugsleiterin und -anmelderin) unter großer Aufmerksamkeit eine Rede gehalten, in der sie die Forderungen, zu denen auch die Erklärung Hamburgs als "sicheren Hafen" für Mittelmeerflüchtlinge gehörte, des Bündnisses ausformulierte und sich als deren Frontfrau präsentierte. Dabei äußerte sie sowohl radikale als auch gemäßigte Forderungen, im Sinne des Ziels ihrer Organisation "mit möglichst vielen Menschen Aktionen zu machen, die radikalisieren und ermutigen, um für widerständige und grenzüberschreitende Aktionen Legitimität nach außen [...] herzustellen." So rief sie unter anderem dazu auf, sich politischer Entscheidungen zu widersetzen: "Lasst uns der sichere Hafen sein, in dem das nächste Schiff mit Menschen in Not anlegt. Das nächste Boot nehmen wir! Auch gegen den Widerstand des Innenministeriums. [...]" . ( aus dem Video des Facebook-Profils der "Seebrücke Hamburg" vom 4. September 2018) 121 Linksextremismus Bereits in einem vorherigen Redebeitrag auf einer Kundgebung während der "Seebrücke"-Demonstration am 29. Juli 2018 rief Emily L. zum Widerstand gegen den Rechtsstaat auf, zu einem "Aufstand in Orange" und dazu "die Anti-Abschiebeindustrie (zu sein), die Dobrindt fürchtet, [...] diejenigen zu sein, die Menschen in ihren Kirchen oder Wohnungen verstecken" und "die Whistleblower, die geplante Abschiebungen rechtzeitig öffentlich machen." Klimas chu tz Flüchtlinge Interventionistische Linke Antifa demokratischRoter Aufbau Hamburg gesellschaftlicher Bereich G lo b g a li s i e r u n " s ht Ka ec m p f "g e g e n R "Entgrenzungsthemen" linksextremistischer Organisationen/Gruppierungen Illustration LfV HH Über ihre Initiative in der "Seebrücke" strebte die IL somit ein Bündnis unterschiedlicher Kräfte an, um ihre linksextremistischen, gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Positionen unter dem Deckmantel einer legitimen Forderung in das Bewusstsein vieler Menschen einsickern zu lassen, unabhängig davon, ob diese linksextremistische Positionen teilen oder nicht. Jegliche "Seebrücken"-Veranstaltung wurde frühzeitig über alle verfügbaren Kanäle der IL beworben und mitunter in Echtzeit sowie kurz danach mit Hilfe von Videound Bildaufnahmen dokumentiert. Zu den Kanälen 122 Linksextremismus gehören vor allem der Twitter-Account der Organisation und der persönliche Account Emily L.s, auf denen unter anderem auch die angesprochene Rede vom 2. September 2018 sowie eine weitere Rede eines IL-Mitglieds hinsichtlich der angemeldeten "Seebrücke"-Demonstration am 29. Juli 2018 gepostet wurden. Einher mit dieser Kampagne gingen mehrere Störaktionen von ILund "Seebrücke"-Aktivisten bei öffentlichen Veranstaltungen. Bereits im Rahmen der G20-Proteste im Jahr 2017 verfolgte die IL ihre Entgrenzungsstrategie. So hatte sie es geschafft, breite Bündnisse zwischen gewaltbereiten Linksextremisten und nichtextremistischen Kreisen zu gründen. Im Bereich des autonomen Antifaschismus wird bei der Mobilisierung gegen rechtsextremistische sowie rechtspopulistische Veranstaltungen oder Einrichtungen der Versuch unternommen, auch zivildemokratische Kräfte in den gesellschaftlich breit akzeptierten "Kampf gegen Rechts" mit einzubeziehen. Im Jahr 2018 und im Frühjahr 2019 konnte man das Phänomen der Entgrenzung zwischen extremistischen und nichtextremistischen Gruppierungen auch am Beispiel der Proteste gegen die sogenannten "Merkel-muss-weg"-Demonstrationen ( siehe Kapitel V, Punkt 8.3) erkennen. Diese von Rechtsextremisten aus dem subkulturellen Milieu organisierte Versammlungsreihe, die im Frühjahr 2019 unter dem neuen Motto "Michel wach endlich auf" einen neuen Anlauf versuchte, ist im Übrigen selbst ein Beispiel für die Entgrenzung zwischen Extremismus und Nichtextremismus - indes auf der anderen Seite des Spektrums ( siehe Kapitel V, Punkt 8). Hier warben Antifa-Gruppierungen unter dem Markenzeichen "Antifaschistischer Mittwoch" ( siehe Punkt 5.1.2) gemeinsam mit anderen extremistischen Gruppierungen, darunter die "Antifa Altona Ost", um die Anti-Merkel-Protestierer, so die Botschaften, zu "Umzingeln! Blockieren! Sabotieren!" sowie "Nazis den Rest geben!". Neben diesen antidemokratischen Gegenprotesten gab es auch nichtextremistische Gruppierungen, die von ihrem Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit Gebrauch machten. Linksextremisten versuchten, diese für ihre Zwecke zu vereinnahmen und zu missbrauchen, in dem sie sich beispielsweise unter die demokratischen Versammlungsteilnehmer mischten und so quasi vor Ort die Grenzen zwischen extremistischem und demokratischem Bereich der 123 Linksextremismus Gesellschaft auflösten, um Seite an Seite gegen den vermeintlich gemeinsamen Gegner zu protestieren. Auch für die erste Jahreshälfte 2019 waren ähnliche Bemühungen zu verzeichnen. Beispielsweise versuchte die IL, bisher allerdings erfolglos, das Bündnis "Fridays For Future" zu beeinflussen. So waren auf Kanälen der IL in den sozialen Medien eine Vielzahl von Solidaritätsbekundungen mit den Schülerstreikprotesten des Bündnisses "Fridays For Future" (FFF) zu vernehmen, mit dem Ziel, das eigene Klientel für die Proteste zu mobilisieren. Mitglieder der IL Hamburg haben an diesen Demos bereits teilgenommen. Emily L., die sich im Übrigen durch zahlreiche öffentliche Auftritte in Printund TV-Medien und umfangreiche Aktivitäten in den sozialen Netzen zum Hamburger Aushängeschild der IL selbstinszeniert, postete Fotos, die sie auf der Hamburger FFF-Demo am 1. März zeigen. Allerdings scheiterten diese Anbahnungsversuche aus dem linksextremistischen Lager einstweilen. Die IL und andere Linksextremisten wie die "Antifa Altona Ost" (AAO) erfuhren als Teilnehmer einer am 15. März 2019 stattgefundenen Klima-Demonstration eine eindeutige Absage seitens der FFF-Demo-Verantwortlichen. Von der IL beeinflusste Organisationen hatten versucht, sich mit einer eigenen Zubringer-Demonstration unter dem vielsagenden Tenor "Klima-Revolution ins Rollen bringen" an die Proteste anzuhängen. Der Aufruf der IL-dominierten Gruppe "Ende Gelände Hamburg" zum "globalen Klimaaktionstag" vereinnahmte ohne deren Einverständnis die von Schülern und Studierenden initiierten Klimaproteste, welche am 15. März 2019 eine ihrer regelmäßigen Demonstrationen für mehr Klimaschutz abhielten. Die FFF-Organisatoren distanzierten sich in einer Verlautbarung von der Zubringer-Demonstration und deren inhaltlichem Tenor. Das offensichtliche Ziel der IL, von der momentanen Strahlkraft einer nichtextremistischen Kampagne wie "Fridays For Future" zu profitieren, schlug zwar insofern fehl, unterstreicht indes nachdrücklich die Vereinnahmungsversuche der Linksextremisten über die Strategie der Entgrenzung. IL-Aktivistin Emily L. nahm 2018 auch an der Veranstaltungsreihe "Lesen ohne Atomstrom" teil. Diese Reihe wurde laut Internetauftritt von privaten Mäzenen, Kulturinstitutionen, Unternehmern, Vereinen und Stiftungen 124 Linksextremismus ermöglicht, und auch hier versuchten Linksextremisten, gesellschaftlich breit diskutierte Fragen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. So traten bei "Lesen ohne Atomstrom" außer Emily L. auch Andreas B.(Autonome Szene) sowie das ehemalige RAF-Mitglied Karl-Heinz D. auf. Im Internetauftritt der Veranstaltung hieß es unter anderem: "Lesen ohne Atomstrom" habe den Titel "Protest und Widerstand" aus "Anlass des Tabubruchs der Hamburger Landesregierung" gewählt, "die 2017 für G20 die Stadt eine Woche lang an eine militarisierte Polizei übergab und elementare Grundrechte außer Kraft setzte." Die IL unterstützte darüber hinaus einen AStA-Kongress unter dem Motto "Emanzipatorische Perspektiven unter Druck von Rechts", der vom 12. bis zum 14. April 2019 an der Universität Hamburg stattfand, laut vorab verbreitetem Programm im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Auf dem im Internet publizierten Flyer fand sich neben den Logos demokratischer Organisationen auch das Logo der gewaltorientierten IL. Durch die ausbleibende Distanzierung dieser nichtextremistischen Kreise von Gewaltbereiten fühlen sich die IL, aber auch andere extremistische Organisationen bestätigt, ihre Politik der Entgrenzung und der Vereinnahmung fortzusetzen. Auf diesem Wege gelingt es Extremisten - auch in anderen Phänomenbereichen des politischen Extremismus - ihre verfassungsfeindlichen Positionen in die demokratische Mitte der Gesellschaft zu tragen. Um einer möglichen ungerechtfertigten Diskreditierung legitimer demokratischer Proteste und Demonstrationen durch die Teilnahme oder Einflussnahme durch Extremisten entgegenzuwirken, ist eine klare Distanzierung von extremistischen Organisationen notwendig. Dass dies möglich ist, haben zum Beispiel bisher die Veranstalter der "Fridays For Future"-Proteste nachdrücklich bewiesen und Linksextremisten die Rote Karte gezeigt. 125 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang D P sik ft Se N h a Ab n sc re I I I. e tä h r sc u i u r M nt D B De i d e o n a z us dlichk I e i t N P m u s m d s en U i n fe ea lis S d e m n h N ism Fr S ki u s ft h a a s s U nd s c R ktion rd l a ad S n I g e o e N e r h N urs c h I I .De us W ra l i Se s m i n k ura S hnopl l i s m e r btri mo B l u Et S ki A re p i tä no z D de nt i U na Eth o Ra Rechtsextremismus Unter Rechtsextremismus werden Bestrebungen verstanden, die den demokratischen Verfassungsstaat, die Gleichheit der Menschen und die universell geltenden Menschenrechte ablehnen sowie ein dem Führerprinzip verpflichtendes Kollektivdenken unterstützen. Eine einheitliche rechtsextremistische Ideologie (Weltanschauung) existiert nicht. Es lassen sich aber einige Gemeinsamkeiten erkennen: Nationalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit: Bei allen Rechtsextremisten ist eine Überhöhung der eigenen ethnischen Zugehörigkeit mit gleichzeitiger Abwertung anderer Nationen und Völker sowie eine gegen die Menschenwürde und den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes gerichtete Fremdenfeindlichkeit festzustellen. Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus: Bei fast allen Rechtsextremisten ist die Verherrlichung des Nationalsozialismus mit einhergehender Judenfeindschaft sowie die Leugnung oder Relativierung des Holocausts stark verbreitet. Neonazismus: Der historische Nationalsozialismus stellt den bedeutendsten ideologischen Bezugsrahmen für die organisierte rechtsextremistische Szene in Deutschland dar. Sehr viele Rechtsextremisten sind Neonazis oder vom Nationalsozialismus beeinflusst - aber nicht jeder Rechtsextremist ist ein Neonazi. "Neue Rechte": Die sich als Gegenelite verstehende Neue Rechte versucht mit ihren Konzepten und Strategien, in die "Mitte der Gesellschaft" zu wirken, um den politischen Diskurs zu beeinflussen und schließlich zu prägen. Rechtsextremistische Positionen werden dadurch anschlussfähiger. Hierfür grenzt sie sich von der Neonaziszene ab und geht auf Distanz zum historischen Nationalsozialismus. Rechtsextremismus V. Rechtsextremismus 1. Entwicklungen und Schwerpunkte im Überblick Rechtsextremistische Bestrebungen gehen in Hamburg seit mehreren Jahren immer weniger von klassischen Szene-Akteuren wie Parteien und Kameradschaften aus. Auch wenn die NPD als einzige in Hamburg vertretene rechtsextremistische Partei einen geringen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen hat, ist sie weit von der szeneprägenden Stellung früherer Jahre entfernt. Nach der Auflösung der Kameradschaft "Sektion Nordland" besteht die neonazistische Kameradschaftsszene in Hamburg fast ausschließlich aus ehemaligen Aktivisten, die keiner Gruppierung angehören und nur sporadisch politisch aktiv sind. Dennoch kann von einem Rückgang rechtsextremistischer Aktivitäten in Hamburg nicht die Rede sein - Rechtsextremisten agieren heute anders. Dies ist Folge einer Entwicklung, welche die Verfassungsschutzbehörden als "Entgrenzung des Rechtsextremismus" beschreiben ( siehe Punkt 8 "Entgrenzung des Rechtsextremismus"). Unter den Begriff "Entgrenzung" lassen sich mehrere Trends und Strategien fassen, darunter insbesondere der Versuch rechtsextremistischer Gruppierungen, an gesellschaftlich breit diskutierte Debatten anzuknüpfen. Beispiele sind Diskurse über die Flüchtlingspolitik, über die Ursachen von Kriminalität und Terrorismus oder über den Klimawandel. Ziel ist es, diese Diskussionen zu beeinflussen und, wenn möglich, zu lenken und zu prägen. Rechtsextremisten versuchen zudem, ein Brückenspektrum zu besetzen, das als Scharnier zwischen rechtsextremistischer Szene einerseits und nationalkonservativen und rechtspopulistischen Spektren andererseits fungiert. Darüber hinaus streben Rechtsextremisten an, über populäre und politisch relevante Themen möglichst weit in die demokratische Mitte der Gesellschaft vorzustoßen, auf Debatten aufzusetzen, um diese zu instrumentalisieren. Auf diese Weise wollen sie sukzessive erreichen, die gesellschaftliche Stigmatisierung rechtsextremistischer Positionen aufzubrechen. Vor allem Vertreter der Neuen Rechten - darunter die "Identitäre Bewegung" - verfolgen diese Strategie; der Begriff der Entgrenzung geht jedoch über die Agitation dieses Spektrums 130 Rechtsextremismus hinaus. So basierte der Zulauf der so genannten "Merkel muss weg"-Kampagne auf einer an den politischen Diskurs anschlussfähigen, regierungskritischen Agenda. Die Organisatoren der Kampagne sind indes der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zuzurechnen, die bisher über keine nennenswerten Überschneidungen zur Neuen Rechten verfügte. ISLAMISMUS LINKSRECHTSEXTREMISMUS demokratischEXTREMISMUS gesellschaftlicher Bereich SCIENTOLOGY "Entgrenzung" als Strategie zur Besetzung gesellschaftlich breit diskutierter oder akzeptierter Themen durch Extremisten. Illustration LfV HH Neben der NPD gehört auch diese subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene, deren Schwerpunkte außerhalb Hamburgs liegen, weiterhin zu den Protagonisten eines sich in Symbolik und Ideologie am historischen Nationalsozialismus orientierenden Rechtsextremismus. Durch die Organisation rechtsextremistischer Konzerte und anderer Veranstaltungen, darunter auch Kampfsportveranstaltungen, hat dieses bundesweit und international ver131 Rechtsextremismus netzte Spektrum teilweise eine große Mobilisierung erreicht. Solche Veranstaltungen haben in Hamburg allerdings seit mehreren Jahren nicht stattgefunden. Die Zahl der in Hamburg erfassten rechtsextremistischen Straftaten stagniert. Bei den rechtsextremistischen Gewalttaten ist erneut ein leichter Rückgang zu verzeichnen ( siehe Punkt 3 und 4). 2. Potenziale Das bundesweite Personenpotenzial blieb 2018 mit 24.100 (2017: 24.000) etwa auf dem gleichen Niveau, darunter sind, wie 2017, 12.700 gewaltorientierte Rechtsextremisten. Personenpotenziale Rechtsextremismus - Bund 30000 26.600 25000 25.000 24.100 24.000 22.400 22.600 23.100 22.150 21.700 21.000 20000 15000 10000 5000 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 - Alle Zahlen sind gerundet - Die Mitgliederzahlen in rechtsextremistischen Parteien und der Gruppierung "pro NRW" sind insgesamt zurückgegangen. Lediglich bei der Partei "Der III. Weg" ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Mit rund 6.600 Per132 Rechtsextremismus sonen organisieren sich bundesweit etwas mehr Personen als 2017 (6.300) in parteiunabhängigen / parteiungebundenen Strukturen, zu denen sowohl neonazistische Kameradschaften als auch Gruppierungen der Neuen Rechten, wie die "Identitäre Bewegung Deutschland" (Verdachtsfall im Bund) 1, zählen. Der größte Anteil entfällt auf das weitgehend unstrukturierte rechtsextremistische Personenpotenzial, worunter neben den Einzelpersonen ohne Anbindung an rechtsextremistische Gruppierungen auch die gesamte subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene subsumiert wird. Rechtsextremistisches Personenpotenzial 2017 2018 auf Bundesebene in Parteien gesamt 6.050 5.510 Nationaldemokratische Partei 4.500 4.000 Deutschlands (NPD) Der III. Weg 500 530 DIE RECHTE 650 600 Sonstiges rechtsextremistisches 400 380 Personenpotential in Parteien 2 in parteiunabhängigen / parteiunge6.300 6.600 bundenen Strukturen weitgehend unstrukturiertes rechts12.900 13.240 extremistisches Personenpotenzial Summe 25.250 25.350 abzügl. Mehrfachmitgliedschaften 1.250 1.250 Gesamtpotenzial 24.000 24.100 davon Gewaltorientierte 12.700 12.700 - Alle Zahlen sind gerundet - Zum rechtsextremistischen Personenpotenzial in Hamburg zählen mit 340 etwas mehr Personen als im Vorjahr (2017: 320). Angestiegen ist - gegen den Bundestrend - die Mitgliederzahl der NPD ( siehe Punkt 1 Die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) wird im Bund durch das BfV im Rahmen eines Verdachtsfalles bearbeitet (siehe Verfassungsschutzbericht des Bundes 2018, S. 82 ff.) 2 Unter den sonstigen rechtsextremistischen Personenpotenzialen in Parteien werden die Mitglieder von "Bürgerbewegung pro NRW" ("pro NRW") und zusätzlich im Jahr 2018 die "Freie Bürger Union (FBU) - Landesverband Saarland" gezählt. 133 Rechtsextremismus 7.1). Die Anzahl der in sonstigen Strukturen aktiven Rechtsextremisten stieg ebenfalls leicht auf 120 (2017: 110) an. Grund hierfür ist die Beobachtung des rechtsextremistischen Organisationskreises der so genannten "Merkel-muss-weg"-Kampagne ( siehe Punkt 8.3). 110 Personen zählen wie im Vorjahr zum weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial. Hierzu werden vor allem subkulturell geprägte Rechtsextremisten und rechtsextremistische Gewalttäter ohne Szeneanbindung gerechnet. Von den 340 Hamburger Rechtsextremisten stuft das LfV Hamburg mit rund 130 (2017: 140) etwas weniger Personen als gewaltorientierte Rechtsextremisten ein. Personenpotenziale Rechtsextremismus - Hamburg 600 500 530 480 400 450 300 330 330 340 330 340 320 320 200 180 180 160 160 140 150 140 140 140 100 130 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Gesamtzahl Gewaltorientierte - Alle Zahlen sind gerundet - 134 Rechtsextremismus Rechtsextremistisches Personenpotenzial 2017 2018 in Hamburg in Parteien (ausschließlich NPD) 100 110 in parteiunabhängigen / parteiunge110 120 bundenen Strukturen weitgehend unstrukturiertes rechts110 110 extremistisches Personenpotenzial Summe 320 340 abzügl. Mehrfachmitgliedschaften 0 0 Gesamtpotenzial 320 340 davon Gewaltorientierte 140 130 - Alle Zahlen sind gerundet - 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten blieb 2018 mit 284 Fällen (2017: 286) auf Vorjahresniveau. Mit 188 (2017: ebenfalls 188) Fällen handelte es sich wie im Vorjahr bei der überwiegenden Zahl der rechtsextremistischen Straftaten um Propagandadelikte (insbesondere Hakenkreuz-Schmierereien und sonstige gemäß SS 86a StGB verbotene Verwendung von Symbolik verfassungswidriger Organisationen). Erneut gesunken ist die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten, die 2018 bei 11 lag (2017: 15). Es handelt sich um acht Körperverletzungen und drei gefährliche Körperverletzungen. Keiner der insgesamt sieben ermittelten Tatverdächtigen war zuvor als Rechtsextremist bekannt. Die Zahl mutmaßlich rechtsmotivierter Übergriffe und Gewalttaten gegen Asylbewerberunterkünfte und deren Bewohner sank erneut bundesweit im Vergleich zum Vorjahr von 257 auf 143 Straftaten, darunter zwölf Gewalttaten (Stand: Dezember 2018). 135 Rechtsextremismus Wie in den Vorjahren liegt der Anteil der rechtsextremistischen Straftaten, bei denen bereits als Rechtsextremisten bekannte Tatverdächtige ermittelt wurden, bei unter zehn Prozent. Somit sind rechtsextremistische Straftäter überwiegend dem weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial zuzurechnen. PMKRechts 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 PMKRechts 318 321 312 403 362 296 562 458 428 422 insgesamt davon rechtsextr. 297 316 298 396 360 278 500 342 286 284 Straftaten hiervon extrem. Gewaltde30 21 21 38 32 17 25 28 15 11 likte Die Zahlen stammen aus den jeweiligen Jahres-Statistiken der Polizei Hamburg - Stand: Februar 2019 - Antisemitische Straftaten Im Jahr 2018 wurden in den extremistischen Phänomenbereichen 77 antisemitische Straftaten erfasst (2017: 44), davon 43 extremistische. Eine Häufung dieser Taten gibt es im Bereich PMK rechts. Bei zahlreichen Straftaten ist eine sichere Zuordnung mangels Erkenntnissen über den Täter oder dessen Motivation nicht möglich. Der Anstieg im Vorjahresvergleich ist insbesondere auf zwei Serien antisemitischer Farbschmierereien zurückzuführen, die allein rund 30 Einzeltaten umfassten. 4. Rechtsextremistische Gewalt und Rechtsterrorismus 2018 wurde in mehreren Ermittlungsverfahren strafrechtlich gegen rechtsextremistische Gewaltund Straftäter sowie insbesondere gegen Rechtsextremisten, denen eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird, vorgegangen. 136 Rechtsextremismus f Vom 6. Mai 2013 bis zum 11. Juli 2018 fand vor dem OLG München an insgesamt 438 Tagen der sogenannte NSU-Prozess statt. Die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Die besondere Schwere ihrer Schuld wurde festgestellt. Der Senat sah es als erwiesen an, dass Zschäpe gleichberechtigtes Mitglied in der terroristischen Vereinigung NSU war und sich als Mittäterin für die begangenen Morde und Raubüberfälle zu verantworten habe. Einen Beitrag zur Aufklärung der Mordserie leistete die Beschuldigte während des Prozesses nicht. Die vier mitangeklagten Unterstützer erhielten Freiheitsstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren. f Der Generalbundesanwalt (GBA) leitete am 18. Januar 2018 gegen vier Mitglieder der Gruppe "Nordadler" ein Ermittlungsverfahren nach SS129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen) ein. Der GBA verdächtigt die Gruppierung, zur Erreichung ihres Zieles - das Wiedererstarken des Nationalsozialismus in Deutschland - auch Anschläge begehen zu wollen. Um festzustellen, ob sich die Gruppenmitglieder bereits Waffen oder Brandund Sprengmittel beschafft hatten, führte die Polizei am 17. April 2018 Hausdurchsuchungen in Bremen, Niedersachen, Schleswig-Holstein und Thüringen durch. Dabei wurden Schreckschuss-, Schlagund Stichwaffen gefunden. Eine größere Anzahl Feuerwerkskörper, Militaria und elektronischer Speichermedien wurde beschlagnahmt. f Der GBA führt seit dem 1. Oktober 2018 ein Ermittlungsverfahren gegen mittlerweile acht Beschuldigte, die dringend verdächtig sind, die rechtsterroristische Vereinigung "Revolution Chemnitz" gegründet zu haben. Die Beschuldigten sind der Hooligan-, Skinheadund Neonazi-Szene im Raum Chemnitz zuzurechnen. Sie sind verdächtig, gewalttätige Angriffe und bewaffnete Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende beabsichtigt zu haben. Die Sicherheitsbehörden haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Erkenntnisse gewonnen, die auf rechtsextremistisch motivierte terroristische Bestrebungen hindeuten. Somit besteht durch radikalisierte rechtsextremistische Strukturen als auch Einzeltäter unverändert die Gefahr rechtsextremistischer und rechtsterroristischer Gewalttaten. 137 Rechtsextremismus Hierbei wiesen die Mitglieder mehrerer erkannter Gruppierungen keinen längeren Vorlauf in der rechtsextremistischen Szene auf. Eine jahrelang gefestigte neonazistische Ideologie ist im Gegensatz zu früheren terroristischen Gruppierungen, wie dem NSU, häufig nicht ersichtlich. Die Radikalisierung erfolgte wiederholt über bürgerwehrähnliche Strukturen, die sich zunächst über soziale Netzwerke zusammenfanden, in denen rassistische und fremdenfeindliche Inhalte ausgetauscht werden. Der Themenbereich Asyl und Flüchtlingspolitik wirkt dabei als Radikalisierungsverstärker. Die Zuspitzung des politischen Diskurses - insbesondere in sozialen Netzwerken - fördert Radikalisierungsverläufe von Gruppen ebenso wie von Einzelpersonen. Zudem besteht bei psychisch labilen Einzelpersonen die Gefahr, dass eine politische Radikalisierung auslösendes Moment für Gewalttaten wird. Um diese zu verhindern, sind die Sicherheitsbehörden auch auf Hinweise des persönlichen Umfeldes der Betroffenen angewiesen. 5. Neonazismus Seit in den 1990er Jahren zahlreiche neonazistische Strukturen von Vereinsund Organisationsverboten betroffen waren, organisierten sich Neonazis zumeist in örtlichen Personenzusammenschlüssen, sogenannten Kameradschaften, um weniger Ansatzpunkte für staatliche Maßnahmen zu bieten. Auch diese haben in den vergangenen Jahren deutlich an Bindungskraft verloren. In mehreren Bundesländern haben sich die bisherigen Protagonisten der Kameradschaftsszene inzwischen in Richtung rechtsextremistischer Parteien, zum Beispiel "Die Rechte", orientiert. Teilweise bringen sich ehemalige Protagonisten der Kameradschaftsszene auch in rechtsmotivierte Bürgerproteste ein und betätigten sich so als politische Türöffner. Zentrales Element neonazistischer Weltanschauung ist der maßgeblich in der Zeit des Nationalsozialismus geprägte Begriff "Volksgemeinschaft". Der im Gedanken der Volksgemeinschaft zum Ausdruck kommende völkische Kollektivismus steht im diametralen Gegensatz zum Menschenbild des Grundgesetzes, das die Würde des Menschen und die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt. 138 Rechtsextremismus Schwerpunkte öffentlich wahrnehmbarer neonazistischer Agitation sind jährlich wiederkehrende Kundgebungen und Demonstrationen, darunter der am 2. Juni 2018 in Goslar mit 265 Teilnehmern durchgeführte "Tag der deutschen Zukunft". Außerdem veranstaltete die Neonaziszene am 10. Mai und 10. November 2018 in Bielefeld Solidaritätskundgebungen für die inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck mit jeweils mehr als 400 Teilnehmern. Zudem beteiligte sich auch die Neonaziszene - teilweise initiativ - an vorgeblichen Bürgerprotesten in Ostdeutschland mit teilweise mehreren Tausend Teilnehmern. Insofern beteiligen sich auch Neonazis aktiv an der "Entgrenzung des Rechtsextremismus" ( siehe Punkt 8). Hamburg Nach der Auflösung der norddeutschen Kameradschaft "Sektion Nordland" Mitte 2018 sind in Hamburg keine neonazistischen Personenzusammenschlüsse mehr aktiv. Allerdings beteiligen sich langjährige Protagonisten der Kameradschaftsszene nach wie vor an wichtigen überregionalen Szeneveranstaltungen wie zum Beispiel dem sogenannten "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" am 18. August 2018 in Berlin. Außerdem nahmen mehrere Hamburger Neonazis an der Solidaritätsdemonstration für Ursula Haverbeck in Bielefeld am 10. November 2018 teil. 6. Subkulturell geprägte Rechtsextremisten und rechtsextremistische Musikszene Angehörige der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene sind vornehmlich von einzelnen rechtsextremistischen Einstellungen und Argumentationsmustern beeinflusst und verfügen über kein geschlossenes rechtsextremistisches Weltbild. Aktivitäten mit Erlebnischarakter stehen für diesen Personenkreis im Vordergrund. Dazu zählen beispielsweise der Besuch rechtsextremistischer Musikund Sportveranstaltungen. Eine Einbindung in feste Organisationsstrukturen ist bei subkulturell geprägten Rechtsextremisten die Ausnahme. 139 Rechtsextremismus Neben Rockmusik mit nationalistischen, antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Texten kennzeichnen starker Alkoholkonsum und szenetypische Straftaten (zum Beispiel Propagandadelikte, Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Gewaltdelikte) das Erscheinungsbild der Szene. Soziale Netzwerke werden durch dieses Spektrum zunehmend genutzt, um rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten. Musik und Internetpropaganda vermitteln Feindbilder und schüren Hass und Aggressivität, die - gerade in Verbindung mit übermäßigem Alkoholkonsum - auch Auslöser für Gewalttaten sein können. Zur subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zählen auch Teile der gewaltbereiten Fußballszene, die die Konfrontation mit anderen Fangruppierungen und politischen Gegnern der linksextremistischen Szene suchen. In den vergangenen Jahren formierten sich auch Personenzusammenschlüsse wie "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa). Aktionen und Kundgebungen dieser Bewegung mündeten oftmals in gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei oder Linksextremisten. Diese Bewegung hat seit 2015 verschiedene Aktionsgruppen mit vorwiegend islamfeindlicher Agitation hervorgebracht. 2018 waren in Deutschland zahlreiche rechtsextremistische Bands und Einzelpersonen bei Auftritten, Konzerten und der Produktion von Tonträgern aktiv. Zum musikalischen Spektrum der Szene zählen vielfältige Musikstile, die von "Black Metal" bis hin zu Balladen reichen. Das Gros der Bands produziert Rechtsrock. Im Jahr 2018 fanden bundesweit 252 rechtsextremistische Musikveranstaltungen (2017: 259) statt. Während Balladenund Liederabende in der Regel vor einem kleineren Publikum mit meist weniger als 100 Teilnehmern stattfinden, erreichen einzelne offen beworbene Konzerte Besucherzahlen im mittleren dreistelligen Bereich. Regionale Konzerte werden zumeist von nicht mehr als 100 bis 200 Besuchern frequentiert. Diese Konzerte werden oftmals als Geburtstagspartys oder sonstige Privatfeiern getarnt und entsprechend verschleiert bei potenziellen Vermietern geeigneter Räumlichkeiten angemeldet. Offen angekündigt werden insbesondere Veranstaltungen, mit denen rechtsextremistische Parteien wie die NPD oder "Die Rechte" die Popularität einschlägiger Musik für ihre Zwecke instrumentalisieren; zudem werden Konzerte angekündigt, die vorrangig einen kommerziellen Hintergrund haben und professionell organisiert sind. 140 Rechtsextremismus Am 20. und 21. April 2018 hat der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Thorsten Heise mit dem "Schild und Schwert"-Festival in Ostritz (Sachsen) erstmalig ein Veranstaltungskonzept initiiert, das mehrere Aktionsfelder des rechtsextremistischen Spektrums abdecken und somit einen potenziell größeren Teilnehmerkreis ansprechen sollte. Neben den üblichen Redeund Musikbeiträgen einschlägiger Bands und Protagonisten gab es diverse Angebote mit Eventcharakter wie zum Beispiel eine "Tattoo-Convention" oder eine Kampfsportpräsentation des Labels "Kampf der Nibelungen". Während im Logo des Festivals "Schild und Schwert" April noch rund 1.900 Teilnehmer zu verzeichnen waren, konnte die Wiederholungsveranstaltung am 2. und 3. November 2018 lediglich knapp 1.400 Besucher gewinnen. Versuche, ein "politisches Kulturprogramm" unter anderem mit Podiumsdiskussionen und Debatten zu etablieren, stießen kaum auf Resonanz des Teilnehmerkreises. Am 8. und 9 Juni 2018 fand in Themar (Thüringen) zum zweiten Mal eine Musikund Rednerveranstaltung unter dem Motto "Tage der nationalen Bewegung - Redeund Musikbeiträge für Deutschland" statt. Für die maßgeblich durch Musikbeiträge geprägte Veranstaltung zeichnete erstmals die NPD verantwortlich, um durch den parteipolitischen Tenor der Veranstaltung behördliche Auflagen oder ein Verbot zu erschweren. Hochrangige Parteifunktionäre wie Frank Franz und Thorsten Heise hielten Reden; zudem traten an den beiden Veranstaltungstagen insgesamt 19 rechtsextremistische Musikgruppen und Solo-Interpreten auf. Mit insgesamt gut 3.300 teilnehmenden Rechtsextremisten aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland handelte es sich um die größte durchgeführte rechtsextremistische Musikund Rednerveranstaltung im Jahr 2018. Im Jahr zuvor konnte die Veranstaltung rund 6.000 Teilnehmer mobilisieren. Weiterhin erschweren behördliche Maßnahmen (Öffentlichkeitsarbeit der Sicherheitsbehörden, Information potenzieller Vermieter, Verbote) sowie das Berichtsinteresse der Medien die Planung und Durchführung solcher Veranstaltungen. Für Aufsehen sorgte 2018 die abgesagte Musikund Rednerveranstaltung "Rock gegen Überfremdung III" in Mattstedt (Thüringen). Vor dem Hintergrund einer strittigen eigentumsrechtlichen Konstellation war den Organisatoren das Betreten des Veranstaltungsgrundstücks 141 Rechtsextremismus untersagt worden, und die Veranstaltung musste in der Folge abgesagt werden. In der Vergangenheit waren behördliche Bemühungen, das Event zu verbieten, gescheitert, da der angeführte vermeintliche Versammlungscharakter der Veranstaltung einem Verbot entgegenstand. Für den 5. und 6. Oktober 2018 hatten die Verantwortlichen zwei Ersatzevents organisiert, konnten mit dem "Rocktoberfest gegen Überfremdung" und dem zweiten Anlauf von "Rock gegen Überfremdung III" die finanziellen Verluste und die beschädigte Reputation innerhalb der Szene nicht auffangen. Die Teilnehmerzahlen blieben mit insgesamt 1.500 Besuchern (erwartetet wurden rund 4.000) auf beiden Veranstaltungen hinter den Erwartungen der Organisatoren zurück. Am zweiten Veranstaltungstag kam es in Apolda zu Ausschreitungen und Auseinandersetzungen mit der Polizei, und die Veranstaltung wurde vorzeitig aufgelöst. Zunehmend offen und professionell agieren Organisatoren rechtsextremistischer Kampfsportveranstaltungen. Unter dem Label "Kampf der Nibelungen" (KdN) werden seit einigen Jahren, bislang jedoch nicht öffentlich, Kampfsportwettkämpfe vorwiegend in Ostdeutschland durchgeführt. 2018 wurde das Event erstmalig im Vorwege bei den Behörden angemeldet und der Veranstaltungsort offen auf der Internetseite bekannt gegeben. Das häufig von Rechtsextremisten frequentierte Hotel "Neißeblick" in Ostritz diente am 12. Oktober als Austragungsort für die diesjährige Veranstaltung, die mit rund 850 (2017: 500) Teilnehmern aus Deutschland und dem europäischen Ausland stetig steigende Besucherzahlen aufweist. Dabei ordnen die Organisatoren das sportliche Event ideologischen Prämissen unter. So wolle der KdN "den Sport nicht als Teil eines faulenden politischen Systems verstehen, sondern diesen als fundamentales Element einer Alternative zu eben jenem etablieren und in die Breite tragen." Sportler und Anhänger des KdN sollen als Vorbild dienen und "dem System der Versager, der Heuchler und der Schwächlinge den Rücken zukehren." (Internetpräsenz von KdN, abgerufen am 19.03.19) Am 12. Dezember 2018 wurden bei zwölf Beschuldigten in fünf Bundesländern (Hamburg ist nicht betroffen) Durchsuchungen wegen des Verdachts der Fortführung einer verbotenen Vereinigung gemäß SS 85 StGB durchgeführt. Die Personen stehen im Verdacht, sich weiterhin für die im Jahr 2000 in Deutschland verbotene rechtsextremistische Organisation "Blood & Honour" (B&H) zu betätigen und deren organisatorischen Zusammenhalt aufrecht zu erhalten. Die 1987 in Großbritannien gegründete neo142 Rechtsextremismus nazistische Organisation wurde in den 1990er Jahren zur führenden Bewegung für rechtsextremistische Musik und Propaganda innerhalb der Skinhead-Szene in Europa. Ab 1994 existierte auch eine "Division Deutschland", die sich bis zum Verbot in 15 regionale "Sektionen" unterteilte. In den Jahren nach dem Verbot wurden Nachfolgeaktivitäten von B&H konsequent durch die deutschen Sicherheitsbehörden verfolgt und waren ab Mitte der 2000er kaum noch feststellbar. 2018 erhärteten sich erneut die Verdachtsmomente für sich entwickelnde Strukturen und Aktivitäten unter dem Label von B&H. Es konnten Tonträger, Bekleidung und Propagandamaterial mit B&H-Bezügen sichergestellt werden. Die Ermittlungen dauerten im Frühjahr 2019 noch an. In Hamburg werden zur Kategorie der subkulturell geprägten Rechtsextremisten 110 Personen gerechnet, die sich zum Teil in losen Cliquen formieren und zumeist auch über soziale Netzwerke in Beziehung stehen. Auch rechtsextremistische Straftäter ohne Anbindung an feste Szenestrukturen sind zum Teil diesem Personenpotenzial zuzurechnen. Teile der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene verfügen über langjährige Kontakte zu Protagonisten der Neonaziszene und der NPD. Subkulturell geprägte Rechtsextremisten aus Hamburg nehmen regelmäßig an Rechtsrock-Konzerten im Hamburger Umland, deutschlandweit und auch im Ausland teil. Die Band "Abtrimo" ist derzeit die einzige Hamburger Rechtsrock-Band. "Abtrimo" hat sich seit der Gründung im Jahr 2010 in der rechtsextremistischen Musikszene etabliert und wurde bundesweit sowie international für Auftritte engagiert. 2018 wurden keine Auftritte der Band bekannt. Das Umfeld von "Abtrimo" bildet dennoch weiterhin den Kern der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene in Hamburg. Öffentlich war die Szene 2018 in Hamburg kaum wahrnehmbar. Gründe hierfür sind nicht vorhandene Szenetreffpunkte, diverse Outingkampagnen Cover der 2012 veröffentlichten Abtrimo-CD "7 auf einen Streich" der linken Szene und fehlende Konzertveranstaltungen seit 2011 (mit Ausnahme eines Konzertes im Jahr 2014). 143 Rechtsextremismus 7. Rechtsextremistische Parteien 7.1. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Der seit Jahren andauernde Richtungsstreit innerhalb der NPD, namentlich zwischen den Mitgliedern um den Bundesvorsitzenden Frank Franz und den radikalen, neonazistischen Kräften unter Führung des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Thorsten Heise, hat sich im Jahr 2018 noch weiter zugespitzt. Ausschlaggebend für diese Entwicklung sind in erster Linie die anhaltend schlechten Wahlergebnisse der NPD. Sowohl bei der Bundestagswahl 2017 (0,4 Prozent) als auch bei der Landtagswahl in Hessen Logo der Nationaldemokratischen 2018 (0,2 Prozent) verlor die Partei große Teile ihrer Partei Deutschlands (NPD) Wählerschaft. Zur Landtagswahl in Bayern trat die Partei gar nicht erst an. Bei der Europawahl am 26. Mai 2019 erhielt die NPD nach dem amtlichen Endergebnis 0,3 Prozent (2014: 1,0). Von dieser Entwicklung profitieren die Kräfte um Thorsten Heise. Diese fordern bereits seit Längerem eine Fokussierung der NPD auf das rechtsextremistische Binnenspektrum und die Führungsrolle der Partei in einer parteiund strömungsübergreifenden "nationalen" Sammlungsbewegung. Die Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit der NPD durch das Bundesverfassungsgericht und die Rückschläge bei Wahlen sind für sie Beleg für das Scheitern der Strategie vermeintlicher politischer Zurückhaltung. In seiner Entscheidung vom 17. Januar 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die NPD die freiheitliche demokratische Grundordnung missachtet und verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Aufgrund fehlender Möglichkeiten zur tatsächlichen Umsetzung ihrer Ziele wurde kein Parteiverbot ausgesprochen. Allerdings zeigte das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit auf, gegenüber Parteien, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, gesetzlich gestufte Sanktionsmöglichkeiten zu schaffen. Die hierfür benötigten Rechtsgrundlagen wurden im Juli 2017 geschaffen. Auf dieser Grundlage hat der Bundesrat am 2. Februar 2018 beschlossen, ein Verfahren zum Ausschluss der NPD von der staatlichen 144 Rechtsextremismus Parteienfinanzierung einzuleiten. Ein entsprechender Antrag beim Bundesverfassungsgericht soll Mitte 2019 erfolgen [Stand: Frühjahr 2019.] Exemplarisch für die zunehmenden Spannungen in der NPD steht die Gründung des "Völkischen Flügels" (VF). Mehr als 40 NPD-Mitglieder traten der Proklamation des VF als Erstunterzeichner bei, darunter viele führende Parteifunktionäre. Der von Thorsten Heise initiierte VF ist nach eigener Darstellung "ein nationalistisch und völkisch orientiertes Bündnis innerhalb der NPD" bestehend aus NPD-Mitgliedern, Freunden der NPD und "freien Kräften". Der VF strebt eine parteiübergreifende Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Rechtsextremisten an. Das auf der Internetseite veröffentlichte Motto lautet: "Ein Deutschland, das seinen Namen verdient." Der VF kritisiert die NPD in ihrer jetzigen Form und will Reformen durchsetzen: Ziele und Methoden müssten sich ändern, dem Liberalisierungsprozess und dem generellen Niedergang der Partei solle mit "einer metapolitischen sowie kulturellen Haltung" und "langfristigen, zeitlosen und existentiellen Kampagnen und Themen" entgegengewirkt werden. In dem Versuch, diesen Fliehkräften in der NPD etwas entgegenzusetzen, initiierte der nach wie vor von Frank Franz kontrollierte Parteivorstand Anfang 2018 ein Maßnahmenpaket, das den einzelnen Landesverbänden auf "Regionalkonferenzen" vorgestellt wurde: Es sollen vor allem Projekte vorangetrieben werden, die die NPD als Partei der "sozialen Gerechtigkeit" darstellen. Zentrale Bausteine sind die sogenannte "Schutzzonen-Kampagne" sowie die Kampagne "Deutsche helfen Deutschen". An einer dieser Regionalkonferenzen, die im April 2018 in Bremerhaven stattfand, nahm auch eine Delegation des Hamburger NPD-Landesverbandes teil. Mit der "Schutzzonen-Kampagne" soll deutschen Bürgern angeblich notwendiger Schutz vor vermeintlichen ausländischen Gewalttätern geboten werden. Das Konzept der Schutzzone umfasst neben festen Orten auch Aktionsformen wie "Bürgerwehren". Allerdings gehe es nicht um paramilitärische Aufzüge, sondern um "Bekannte und Nachbarn, die durch Rundgänge ihr Viertel zu einem sicheren Ort machen", so Franz in einem Rundschreiben an die Parteimitglieder. Den "aktiven Bürgern" werden von Seiten der NPD einheitliche Westen und sonstige Ausrüstung, wie etwa Taschenlampen, zur Verfügung gestellt. 145 Rechtsextremismus Auch mit der Kampagne "Deutsche helfen Deutschen" will sich die NPD als sozialer Akteur inszenieren, der den Menschen vor Ort helfe und sich damit von den etablierten Parteien positiv abhebe. Konkret räumt die NPD beispielsweise Spielplätze auf oder führt eine alljährliche Altkleider-Spendenaktion (die sogenannte "Winterhilfe") zugunsten deutscher Obdachloser durch. Diese im Internet und in den sozialen Netzwerken durch Fotos und Berichte begleiteten Aktionen dienen auch dazu, eine vermeintliche starke Aktivität zu suggerieren. Der Versuch, neben regulären NPD-Mitgliedern auch 'normale' Bürger in die "Schutzzonen-Kampagne" einzubinden, muss als Doppelstrategie verstanden werden: Die NPD soll als "Macher"-Partei wahrgenommen werden, gleichzeitig wirbt sie mit dem niedrigschwelligen Angebot der "Schutzstreifen" um potenzielle Neumitglieder. Trotz der innerparteilichen Streitigkeiten mobilisierte die NPD im Jahr 2018 für Demonstrationen, zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Parteien und Organisationen: f "Arbeiterkampftag zum 1. Mai" in Erfurt. f "10. Tag der Deutschen Zukunft" am 2. Juni .2018 in Goslar (zusammen mit anderen rechtsextremistischen Parteien und Organisationen). f "Mord verjährt nicht!"-Demo anlässlich des Jahrestages des Selbstmords von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß am 18. August 2018 in Berlin. f "Freiheit für Ursula Haverbeck"-Demo am 10. November 2018 in Bielefeld (zusammen mit der Partei "Die Rechte"). Daneben nutzt die NPD auch das Mobilisierungspotenzial der subkulturellen rechtsextremistischen Szene: Dabei werden politische Veranstaltungen beispielsweise mit Konzerten rechtsextremistischer Bands und Kampfsportveranstaltungen kombiniert, um ein breiteres, bislang unpolitisches Publikum mit rechtem Weltbild für die NPD erreichbar zu machen. 146 Rechtsextremismus Insbesondere Thorsten Heise tat sich dabei hervor, indem er am 20. und 21. April (der 20. April ist der Geburtstag Hitlers) und im November 2018 ein Mitglieder: 4.500 "Schild&Schwert-Festival" in Bundessitz: Berlin Ostritz (Sachsen) organisierte, Vorsitzender: Frank Franz zu denen jeweils mehr als 1.000 Rechtsextremisten anreisten ( siehe Punkt 6) Landesverband Hamburg Mitglieder: 110 Die Mitgliederzahl der NPD bunVorsitzender: Lennart Schwarzdesweit stagnierte trotz der Rekbach rutierungsbemühungen bei rund 4.500. Junge Nationalisten (JN) Den neonazistischen Kräften in der Partei ist auch die NPD-Jugendorganisation zuzurechnen. Passend dazu hat die bislang als "Junge Nationaldemokraten" bekannte Organisation ihren Namen auf ihrem Bundeskongress am 13. Januar 2018 in Sachsen in "Junge Nationalisten" (JN) geändert. Die Jugendorganisation versteht sich als Bindeglied zwischen der Mutterpartei und den sogenannten "Freien Kräften", also parteilich ungebundenen Rechtsextremisten, die sich beispielweise in Form von Kameradschaften organisieren Logo der "Jungen Nationalisten" und überwiegend der Neonaziszene zuzuordnen sind. Damit stehen die JN ideologisch dem "Völkischen Flügel" um Thorsten Heise näher als dem Parteivorsitzenden Frank Franz. Die JN auf Bundesebene versucht auch, Kontakte zu rechtsextremistischen Parteien und Organisationen aus dem Europäischen Ausland zu etablieren. Dazu veranstaltete sie am 12./13. Mai 2018 den "3. JN-Europakongress" in Riesa (Sachsen). Mit dabei waren Teilnehmer und Redner aus mehr als zehn Ländern. 147 Rechtsextremismus Hamburg Im Gegensatz zur Entwicklung im Bund und in den anderen Bundesländern hatte der Hamburger NPD-Landesverband einen geringen Zuwachs bei der Mitgliederzahl zu verzeichnen. Derzeit gehören ihm 110 Personen an (2017: 100). In Harburg wurde ein zusätzlicher Kreisverband gegründet. Lennart Schwarzbach ist nach wie vor sowohl Vorsitzender des NPD-Landesverbands Hamburg als auch des JN-Stützpunkts Hamburg-Nordland. Den Jungen Nationalisten Hamburg-Nordland sind wie im Jahr 2017 zehn bis 15 aktive Rechtsextremisten zuzurechnen, etwa die Hälfte davon kommt aus Schleswig-Holstein. Lennart Schwarzbach hat eine kleine, relativ zuverlässige Gruppe von Aktivisten um sich versammelt, die den Landesvorsitzenden bei öffentlichen Aktionen unterstützt. Aktivitäten im Internet Themenschwerpunkte des NPD-Landesverbands Hamburg waren in der Internetberichterstattung auch im Jahr 2018 Zuwanderung, Asyl, Flüchtlinge und Überfremdung. Auf den Facebook Seiten der NPD Hamburg wie auch auf der Webseite der Partei wurde regelmäßig Propagandamaterial mit fremdenfeindlichem Tenor verbreitet. Insbesondere die pauschale Abwertung von Menschen mit Migrationshintergrund und die generelle Diffamierung Asylsuchender als "Asylbetrüger" und "Wirtschaftsflüchtlinge" zieht sich als roter Faden durch die Beiträge der NPD auf den Seiten des Landesverbandes und seiner Kreisverbände. Die Partei stellt sich dort unter anderem als "weltanschauliche Gemeinschaft" dar, die "ihren Kampf [...] für das Überleben des deutschen Volkes" fortsetze (Facebook im Januar 2018). In einem anderen Beitrag vom Mai 2018 werden die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit Migrationshintergrund diffamiert: "Früher war die Nationalmannschaft einfacher zu erkennen. Wie lange schluckt der Deutsche diese Verdummung noch?" 148 Rechtsextremismus Auch in den unregelmäßig erscheinenden Videos hetzt die Hamburger NPD pauschal gegen Menschen mit Migrationshintergrund, speziell Asylsuchende, und verbreitet rechtsextremistische Verschwörungstheorien, mit dem Ziel, Neid und Missgunst zu erzeugen. Aktivitäten im öffentlichen Raum Die NPD hat ihre Aktivitäten im öffentlichen Raum im Jahr 2018 gesteigert. Dabei trat der Hamburger NPD-Vorsitzende Lennart Schwarzbach als Hauptakteur auf und erhielt - anders als noch 2017 - Unterstützung durch eine kleine Gruppe von NPD-Aktivisten. Dabei kamen verschiedene Aktionsformen zum Einsatz, die zum Teil von der Bundespartei vorgegeben waren. Einige Beispiele werden im Folgenden genannt: Informationsstände Ein klassisches Instrument der NPD sind Informationsstände in Fußgängerzonen, vor Supermärkten und an Bahnhöfen, von denen im Jahr 2018 sechs bekannt wurden (2017: einer). Soziale Kampagnen - "Schutzstreifen" Anknüpfend an die vom Bundesvorstand ins Leben gerufene "Schutzzonen"-Kampagne gaben sich Mitglieder des NPD-Landesverbandes an mindestens zwei Terminen im Herbst 2018 in Farmsen-Berne als "Schutzstreife" aus. Die Rechtsextremisten trugen dabei auffällige Westen und verteilten sogenannte Taschenalarme (Geräte, die durch einen lauten, schrillen Ton potenzielle Angreifer verscheuchen sollen) und das NPD-Parteiprogramm an Passanten. In den sozialen Netzwerken vermarktete die NPD Hamburg die Aktion mit fremdenfeindlichem Duktus Soziale Kampagnen - "Deutsche helfen Deutschen" Die NPD versuchte im Rahmen der bundesweiten NPD-Kampagne "Deutschen helfen Deutschen" auch in Hamburg, als sozialer Akteur wahrgenom149 Rechtsextremismus men zu werden. So missbrauchte eine Gruppe NPD-Mitglieder die von der Stadt Hamburg angestoßene Aktion "Hamburg räumt auf", um "Spielplätze in Hamburg von Abfall und Müll zu befreien." Auf der NPD-Homepage wurde die Aktion anschließend für die Verbreitung fremdenfeindlicher Stereotype genutzt: "Während in den vorwiegend deutsch besiedelten Stadtteilen der Müll meist gar nicht erst entsteht, weil die Nutzer der Spielplätze meist die Benutzung von Abfallbehältern beherrschen, bekäme man manche Stadtteile selbst mit wöchentlicher Reinigung nicht wieder sauber." Außerdem führte Lennart Schwarzbach am 2. Dezember 2018 mit einer kleinen Gruppe NPD-Mitgliedern die Aktion "Winterhilfe" im Zentrum Hamburgs durch, bei der Kleiderund Sachspenden an deutsche Obdachlose verteilt wurden. Die Bezeichnung "Winterhilfe" stellt eine direkte Verbindung zur Zeit des Nationalsozialismus ab 1933 her: So eröffnete Adolf Hitler am 13. September 1933 die sogenannte "Erste Winterhilfsaktion gegen Hunger und Kälte". Aus dieser Aktion entstand 1936 das "Winterhilfswerk des Deutschen Volkes" (WHW), welches von Propaganda-Minister Goebbels beaufsichtigt wurde. Beteiligung an Demonstrationen Mitglieder und Funktionäre der NPD Hamburg beteiligten sich auch an rechtsextremistischen Demonstrationen im Bundesgebiet: So nahm Lennart Schwarzbach an der NPD-Demonstration "Arbeiterkampftag zum 1. Mai" in Erfurt teil. Mitglieder der NPD Hamburg waren bei dem Gedenkmarsch für Rudolf Heß am 18. August 2018 in Berlin anwesend. Eine Delegation lief auch bei der Solidaritäts-Demonstration zugunsten der inhaftierten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld mit. Mehrere NPD-Mitglieder, unter anderem Lennart Schwarzbach, nahmen auch an unterschiedlichen Terminen der von Rechtsextremisten organisierten so genannten Hamburger "Merkel-muss-weg"-Kampagne teil. 150 Rechtsextremismus 7.2. Sonstige rechtsextremistische Parteien 7.2.1. "Die Rechte" Die Partei "Die Rechte" gliedert sich in sieben Landesverbände (Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt) sowie den Logo der Partei "DIE RECHTE" Gebietsverband Südwest (umfasst die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland) mit insgesamt rund 20 Kreisverbänden oder sogenannten "Stützpunkten". Die Partei verfügt bundesweit über etwa 600 Mitglieder. In Hamburg ist "Die Rechte" nicht vertreten. 7.2.2. "Der III. Weg" Die Partei "Der III. Weg" verfügt über Gebietsverbände Mitte, Süd und West. Ein weiterer Verband "Ost" ist vorgesehen. Im Norden Deutschlands gibt es so gut wie keine Strukturen und Aktivitäten der Partei. Die Partei verfügt über etwa 530 Mitglieder. Logo der Partei "Der III.Weg" 8. Entgrenzung des Rechtsextremismus In den vergangenen Jahren war der Rechtsextremismus tiefgreifenden Wandlungsprozessen unterworfen. Die vom Verfassungsschutzverbund bezeichnete "Entgrenzung", die auch in anderen extremistischen Phänomenbereichen festzustellen ist, stellt die Gesellschaft insgesamt wie Sicherheitsbehörden im Besonderen vor neue Herausforderungen. Speziell Akteure der so genannten Neuen Rechten treiben die Erosion der Grenzen zwischen demokratischen und verfassungsfeindlichen Bereichen der Gesellschaft voran, sie schlagen eine Brücke zwischen extremistischen und 151 Rechtsextremismus nicht-extremistischen Milieus. Dies geschieht vorwiegend über die Instrumentalisierung gesellschaftlich breit diskutierter Fragen, zum Beispiel des Themenkomplexes Migration und Flüchtlinge. In dieser Grauzone entstehen Mischszenen, in denen Extremisten und Nicht-Extremisten gemeinsam gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung agieren, und die daher eine besondere Aufmerksamkeit, fundierte Analyse und Bewertung durch die Verfassungsschutzbehörden erfordern. Der Verfassungsschutzverbund hat hierfür 2018 unter anderem eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Eine "Entgrenzung des Rechtsextremislismus lura mus" ist in mehreren Ausprägungen nop th erkennbar. Hierzu gehört insbeson- E dere die Neue Rechte, als deren sierung" lami ideologische Vorbilder die The"Is oretiker der "Konservativen Identitäre Bewegung Revolution" aus der Zeit der Neue Rechte "Merkel muss weg!" Weimarer Republik (1919 bis demokratisch1933) zu sehen sind. Ihr Fokus "Michel wach gesellschaftlicher endlich auf!" Bereich liegt zunächst auf dem kulturellen Bereich, Parteipolitik M i g r at i o n spielt nur eine nachgeordnete Rolle. Diese sich als Gegenelite Re verstehenden Rechtsextremisten gie r u n g s k ritik versuchen, den politischen Diskurs zu beeinflussen und schließlich zu prä"Entgrenzungsthemen" rechtsextremistischer gen, um ihre Weltanschauung in die Organisationen/Gruppierungen Illustration LfV HH "Mitte der Gesellschaft" zu tragen - frei nach dem italienischen Kommunisten und Theoretiker Antonio Gramsci und seiner Strategie der "kulturellen Hegemonie" Hierfür verzichten sie auf eine positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus; auch biologistischem Rassismus, Sozialdarwinismus und Antisemitismus wird zumindest öffentlich abgeschworen. Durch diese taktisch-strategische Distanzierung soll einer Stigmatisierung durch die Gesellschaft vorgebeugt werden. Antiparlamentarische und antiliberale Einstellungen sind indes elementarer Bestandteil neurechter Ideologie. Der Gedanke der allgemeingültigen Menschenrechte wird abgelehnt und die Unterordnung des Individuums unter das Kollektiv gefordert. Ideologischer Kern der Neuen Rechten ist der so genannte "Ethnopluralismus". Dessen 152 Rechtsextremismus Grundgedanke ist die Verschiedenheit der Völker, die wiederum in getrennten Territorien leben sollen. Eine Vermischung der Völker bedeute den Ethnozid, "multikulturelle" Gesellschaften seien nicht lebensfähig. Insgesamt negiert die Ideologie der Neuen Rechten zentrale Wesensmerkmale der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Hauptprotagonist dieser Strömung ist die "Identitäre Bewegung Deutschlands". ( siehe Punkt 8.1) Diese weist auch ideologische und personelle Schnittmengen zu rechtsextremistischen Burschenschaften auf. ( siehe Punkt 8.2) Info Antonio Gramsci (1891 bis 1937) war ein marxistischer Journalist, Schriftsteller und Philosoph und zählte zu den Gründern der Kommunistischen Partei Italiens. Von 1924 bis 1927 war er deren Generalsekretär. Auch Vertreter der Neuen Rechten berufen sich auf Gramsci, insbesondere auf seinen Gedanken, dass zur Erringung gesellschaftlicher und politischer Macht auch die Hoheit über Debatten und Diskurse, die "kulturelle Hegemonie", unabdingbar sei. Die Anschlussfähigkeit extremistischer Positionen soll unter anderem über die Besetzung gesellschaftlicher Diskurse und Debatten erreicht werden. Charakteristisch für die Akteure der "Entgrenzung" ist das Selbstverständnis als "Bewegung", als Teil eines Widerstands-Milieus. Die "Mosaik-Rechte" (Eigenbezeichnung) vereint netzwerkartig agierende unterschiedliche Erscheinungsformen, die mit einer breiten Palette an politischen Strategien und Methoden extremistische und nicht-extremistische Zielgruppen ansprechen. Die Entgrenzung des Rechtsextremismus vollzieht sich indes nicht nur in gesamtgesellschaftlicher Dimension, sondern auch an den Grenzen und innerhalb des Phänomenbereichs. Organisationen, die einst auf eine strikte Abgrenzung achteten, arbeiten mittlerweile anlassbezogen zusammen. Bei den Demonstrationen in Chemnitz Ende August/Anfang September 2018 liefen NPD-Mitglieder Seite an Seite mit Reichsbürgern, Kadern der Partei Die Rechte, Parteigängern von Der III. Weg, "freien" Neonazis, Unterstützern der Identitären Bewegung (IB), rechtsextremistischen Hooligans, PEGIDA-Aktivisten und eher bürgerlich-konservativen Teilnehmern. Die Versammlungen erfolgten als Reaktion auf das von Migranten verübte 153 Rechtsextremismus Tötungsdelikt an einem jungen Mann. Es sind nicht ausschließlich vermeintliche oder tatsächliche Verbrechen gegen die Mehrheitsbevölkerung, die Rechtsextremisten mit unterschiedlicher Szeneherkunft zusammenführen. Vielmehr erweist sich der anti-muslimisch motivierte Rassismus in Verbindung mit einer elitenfeindlichen Attitüde als ideologische Klammer. In Hamburg manifestierte sich eine mit Blick auf den Entgrenzungsaspekt vergleichbare Strömung in Form der regierungskritischen Versammlungsreihe unter dem Tenor "Merkel-muss-weg" ( siehe Punkt 8.3), die von Rechtsextremisten organisiert wurde, aber gezielt auch bestimmte Teile des bürgerlich-demokratischen Spektrums ansprechen sollte. Das Internet hat zur Entgrenzung des Rechtsextremismus seinen Beitrag geleistet. Hasspostings in den sozialen Medien erreichen heute eine Verbreitung, Frequenz und Radikalität, die vor einigen Jahren nur schwer vorstellbar gewesen wäre. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit verzichten diese Kommentatoren häufig auf die Anonymität des Netzes und verbreiten menschenverachtende Botschaften unter ihren Klarnamen. "Entgrenzt" hat sich ebenfalls das Täterprofil im Bereich der PMK rechts. Viele der fremdenfeindlich und rechtsextremistisch motivierten Straftaten wurden in jüngster Zeit von Personen begangen, die politisch nicht aktiv waren und nicht der organisierten rechtsextremistischen Szene angehörten. 8.1. Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) Die 2012 zunächst als virtuelles Phänomen entstandene und seit 2014 als Verein eingetragene "Identitäre Bewegung Deutschland e.V." (IBD) mit Sitz in Paderborn und Anschrift in Rostock sieht sich als legitime, politische "Stimme für Patrioten und Einwanderungskritiker". Sie versteht sich als außerparlamentarische, europaweite, heimatliebende, junge Interessenvertretung und Jugendbewegung, die die öffentliche Debatte über die "Themenfelder Identität, Immigration und Meinungsfreiheit mitprägen" will. Zentrale Zielsetzung der IBD ist der "Erhalt der ethnokulturellen Identität der Völker Europas". Für die IBD bilden "Kultur und Tradition", "Patriotismus und Heimatliebe", "echte Meinungsfreiheit" und eine "Welt der Vielfalt, Völker und Kulturen" die Grundlage zur "Bewahrung unserer ethnokultu154 Rechtsextremismus rellen Identität" und den "Erhalt unseres Staates". Der von der IBD vertretene "Ethnopluralismus", verbunden mit den Forderungen nach "Remigration" und "Reconquista", richtet sich gegen das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft und dient als Fundament einer völkisch-rassistischen und anti-demokratisch geprägten Ideologie. Die IBD macht die "Migrationsströme" für die Gefährdung von "Frieden, Sicherheit und StabiliLogo der "Identitären Bewegung" tät" in ganz Europa verantwortlich. Um dem (Lambda-Symbol) angeblich drohenden "Bevölkerungsaustausch" durch "fremde Völker" und der Zerstörung Europas durch die "aktuellen Zuwanderungsströme" entgegen zu wirken, fordert sie unter anderem die "Rückführung aller illegal Eingereisten", "Remigration" und eine souveräne, sichere "konsequente Grenzpolitik". In diesem Sinne agitierten die IBD und ihre Regionalgruppen in ihren öffentlichen Verlautbarungen gegen "selbstmörderische Grenzöffnung", "Islamisierung", "ungebremste Masseneinwanderung" und "grenzenlose Massenmigration". In ihrer Agitation gegen "Islamisierung als Folge der ungebremsten Masseneinwanderung" bezogen die IBD und ihre Regionalgruppen auch islamfeindliche Positionen, warnten undifferenziert vor "islamischem" Terror und machten den Islam als Religion, seine Ideologie sowie Anhänger pauschal für Terror, Gewalt und Kriminalität verantwortlich und verächtlich. Die IBD stellt sich selbst in die Tradition der "Konservativen Revolution" der 1920er Jahre und orientiert sich nach eigenem Bekunden "klar an bestehenden rechtsintellektuellen Kreisen, sowie am geistigen Erbe der neuen/alternativen Rechten und der "Konservativen Revolution". Die Weltanschauung der "Konservativen Revolution" zeichnet unter anderem kollektivistische und antiliberale Ideologieelemente aus, auf die die IBD ebenfalls Bezug nimmt und die zentrale Wesensmerkmale der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ablehnen. Als Teil der Neuen Rechten führt die IBD einen "Kulturkampf", dessen Ziel es ist, basierend auch auf den Ideen Antonio Gramscis der "kulturellen Hegemonie" (s.o.), den gesellschaftlichen Diskurs zu prägen und in ihrem Sinne zu beeinflussen. 155 Rechtsextremismus Die IBD führte 2018 mehrere Kampagnen fort und initiierte neue Aktionen, an denen sich teilweise auch Mitglieder der "Regionalgruppe" Hamburg beteiligten. Ziel und Zweck dieser Kampagnen ist neben inhaltlichen Positionierungen in erster Linie das Erringen medialer und öffentlicher Aufmerksamkeit und ist Kern der IB-Arbeit. Auch geht es der IBD darum, Ängste zu schüren und die Öffentlichkeit zu verunsichern, indem man Migranten und Flüchtlinge pauschal für steigende Kriminalität sowie soziale und wirtschaftliche Probleme verantwortlich macht. Alle Aktionen der IBD waren mit Spendenaufrufen verbunden, deren Ergebnisse auf eine finanzstarke und motivierte Anhängerschaft hinweisen. Im Rahmen ihrer Berichterstattung über ihre Aktivitäten rief die IBD dazu auf, sie außer durch Spenden auch durch Mitwirkung, Aktionen und Solidaritätsbekundungen zu unterstützen. Für ihre Öffentlichkeitsarbeit nutzte die IBD in erster Linie das Internet, in dem die IBD, ihre Regionalgruppen und Führungsaktivisten in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern mit mehreren Seiten vertreten sind. Die Löschung mehrerer Profile von IB-Gruppen und Aktivisten in Deutschland und Österreich auf zwei Social-Media-Plattformen (Facebook und Instagram) im Mai 2018 nahm der IB ein wichtiges Mittel ihrer Inszenierung und Kommunikation und führte zu massiven Protesten der Betroffenen. Die IBD und ihre Aktivisten wichen auf andere soziale Netzwerkseiten aus, informierten über ihre Aktivitäten auf eigenen Homepages und sind um den "Ausbau alternativer Medien und direkter Kommunikationsmöglichkeiten mit den eigenen Nutzern und Zielgruppen" bemüht. Am 21. April 2018 startete die IB mit angeblich "100 Aktivisten" aus Deutsch-land und anderen europäischen Staaten die Mission "Defend Europe Alpen" ("Mission Alps"). Ziel der Aktion war es, den Alpenpass Col de l'Echelle an der französisch-italienischen Grenze mit Hubschraubern, mehreren Fahrzeugen, Drohnen und einem symbolischen Absperrzaun gegen "illegale Migranten" zu schützen. Im Mai 2018 berichtete die IBD über die im September 2017 erfolgte Gründung des Vereins "Alternative Help Association" (AHA!). Auch die IB Hamburg berichtete über das "patriotische Hilfsprojekt im Nahen Osten", als deren Ziele die "konkrete und praktische Umsetzung der identitären Forderungen nach Hilfe vor Ort" und zur "Selbsthilfe" genannt wurden. Die AHA! solle eine vorgebliche "unkontrollierte Masseneinwanderung" ver156 Rechtsextremismus hindern. Ende Juni 2018 führten die IBD und ihre Regionalgruppen eine "Aktionswoche zu 50 Jahre 68er Bewegung" durch, in deren Rahmen sie regionale Aktionen an deutschen Universitäten durchführten und diese unter anderem als "ideologisch kontaminierte Zone" kennzeichneten. Neben eigenen "Kampagnen" unterstützte die IBD auch andere Initiativen wie die am 30. Januar 2018 im Internet gestartete, fremdenfeindliche "120 Dezibel"-Kampagne, die pauschal "importierte Gewalt" und "massenhafte Vergewaltigungen" behauptet und sich als angeblicher "Aufschrei" (120 Dezibel) stilisiert. Hamburg Die IB Hamburg ist seit 2016 Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes. Das Aktivistenpotenzial der IB Hamburg beläuft sich auf 20 bis 30 Personen. Im Internet erklärte die IB Hamburg: Man wolle auch 2018 und in Zeiten, wo sich die "Verhältnisse zu Ungunsten der einheimischen Bevölkerung" entwickelten und "ohne ein politisches Umdenken zahlreiche ethnische, kulturelle und religiöse Konflikte" zu erwarten seien, "die erste Reihe des Widerstandes" sein und den "ethnokulturellen Traditionsfaden fortspinnen". Die IB Hamburg verfügt über enge Verbindungen zu IB-Aktivisten aus dem nordund ostdeutschen Raum sowie zu rechtsextremistischen Hamburger Burschenschaftlern. Die Aktivitäten der IB Hamburg bestanden im Wesentlichen aus öffentlichen Auftritten, Klebeund Flyer-Aktionen in verschiedenen Hamburger Stadtteilen und Inszenierungen im Internet. Darüber hinaus führte die IB Hamburg eigene interne Treffen durch und beteiligte sich an Aktionen der IB in anderen Bundesländern. Über ihre Aktivitäten berichtete die IB Hamburg auf mehreren Netzwerkseiten im Internet. Bei ihren Aktionen und im Internet machte die IB Hamburg pauschal Migranten und Vertreter der nach ihrer Ansicht "fehlgeleiteten Integrationspolitik" für "islamischen Terror", Mord und Gewalt verantwortlich. Den Migranten warf sie vor, "Angstzonen" schaffen, dieses Land okkupieren und zu ihrer "Beute" machen zu wollen. In einer am 25. Juni 2018 veröffentlichten Stel157 Rechtsextremismus lungnahme zu den Präsidentschaftswahlen in der Türkei forderte die IB Hamburg die Anhänger des türkischen Präsidenten auf, "Deutschland zu verlassen" - "Remigration statt Islamisierung". Die IB Hamburg führte 2018 einige öffentliche Aktionen mit maximal zehn Aktivisten durch. Ziel dieser Auftritte war es vor allem, auf die eigene Gruppe und deren politische Ziele aufmerksam zu machen. Die meisten Aktivitäten fanden im Rahmen der IBD-Kampagne "Kein Opfer ist vergessen" statt. Im August und September 2018 wurden in Hamburg mehrere Flugblätter verteilt, in denen sich die IB Hamburg als "Jugend ohne Migrationshintergrund" vorstellte und vor dem "Niedergang" der Heimat und "ethnokulturellen Identität" durch "ungebremste Masseneinwanderung", "Multikulti", "Islamisierung", "Bevölkerungsaustausch" und vor der vorgeblichen "Einengung der Meinungsfreiheit" warnte. Eine medienwirksame Aktion startete die IB Hamburg am 13. Januar 2018 unter dem Motto "Jetzt Flüchtlingsvormund werden". Ziel ihres vermeintlichen "Engagements in der Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" sollte sein, den Missbrauch durch die "Asyllobby" zu verhindern und mit "ausländischen Jugendlichen" über deren "falsche Erwartungen an das Gastland" und "eine Zusammenführung mit ihrer Familie in ihrer Heimat" zu sprechen. Die IBD unterstützte den Aufruf der IB Hamburg und erweiterte das Hamburger Projekt aufgrund der "bundesweiten Dimension" am 30. Januar 2018 um eine so genannte "Meldestelle Asylmissbrauch". 8.2. Rechtsextremistische Burschenschaften Neben zahlreichen nichtextremistischen Burschenschaften existieren an den politischen Rändern burschenschaftlicher Strukturen Gruppierungen, deren Aktivitäten als Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu werten sind. Rechtsextremistische Burschenschaften sind neben den Strukturen der Neuen Rechten wichtige Protagonisten der Entgrenzung des Rechtsextremismus, die auch zu einer teilweisen Akademisierung der - im klassischen Rechtsextremismus intellektuell eher ein158 Rechtsextremismus fach gestrickten - Szene beitragen können. Die beiden in Hamburg aktiven rechtsextremistischen Burschenschaften bestehen weiterhin, haben aber 2018 - mutmaßlich auch mit Blick auf ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz, die mediale Rezeption und Angriffe der linken und linksextremistischen Szene - öffentlich zurückhaltend agiert. 8.2.1. Hamburger Burschenschaft Germania (HB! Germania) 1919 gegründet, zählt die Hamburger Burschenschaft Germania zu den sogenannten schlagenden Studentenverbindungen. Auf der Internetseite der Verbindung heißt es dazu: "Das ist ein altes, gelebtes Ritual [...]. Außerdem dient es der Auslese: Wer sich vor der Mensur scheut, der würde auch sonst kein Opfer für den Bund bringen." EHRE FREIHEIT Der Wahlspruch der HB! Germania lautet "Ehre - Freiheit - Vaterland". Es handelt VATERLAND sich um einen reinen Männerbund, AuslänDie Internetseite der "Hamburger Burschenschaft Germania" (HB! Germania) der sind nicht als Mitglieder zugelassen. Gemeinsam mit der "Burschenschaft Frankonia Erlangen" und der "Germania Halle zu Mainz" bildet die HB! Germania das "Schwarz-Weiß-Rote Kartell", eine Gemeinschaft gleichgesinnter Studentenverbindungen. Man sieht sich als "ein Bund an drei Hochschulorten". Etwa einmal im Jahr findet ein Treffen der Kartellmitglieder statt. Außerdem nehmen Abordnungen der jeweils anderen Kartellmitglieder an den Stiftungsfesten (Feiern anlässlich des Gründungstages) jeder Kartell-Burschenschaft teil. Des Weiteren treffen sich das "Schwarz-Weiß-Rote Kartell" und weitere Mitglieder des Dachverbandes "Deutsche Burschenschaft" (DB) auf dem jährlich in Eisenach stattfindenden "Burschentag" und veranstalten unter anderem einen Fackelmarsch zur Wartburg. In der DB organisieren sich auch rechtsextremistische Burschenschaften, der Dachverband selbst wird aber nicht von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet. 159 Rechtsextremismus Auch zu weiteren Burschenschaften in Deutschland und Österreich pflegt die HB! Germania freundschaftliche Verbindungen. Aus dem Selbstverständnis der HB! Germania, eine politische Studentenverbindung zu sein, ergibt sich das Ziel, ihre Mitglieder weiterzubilden. Zu diesem Zweck sind Vortragsveranstaltungen (sogenannte "Germanenabende") zu historischen wie aktuellen Themen regelmäßiger Bestandteil der burschenschaftlichen Aktivitäten. So sollen die "Füxe" und "Burschen" davor bewahrt werden, sich ihre Meinung von "stimmungsbildenden Verdummungsmedien diktieren" zu lassen. Der burschenschaftliche Alltag wird außerdem von "Conventen", "Aktivenausflügen" und als "Kneipen" bezeichneten Feiern strukturiert. Info Als "Füxe" werden diejenigen Studenten bezeichnet, die sich in der "Probezeit" befinden und noch nicht offiziell in die Burschenschaft aufgenommen wurden. Besteht man die Probezeit und wird offiziell als Vollmitglied aufgenommen (inklusive aller Rechte und Pflichten), steigt man vom "Fux" zum "Burschen" auf. Diese Bezeichnung gilt, solange man eingetragener Student ist. Ehemalige Studenten hingegen werden unabhängig von ihrem Alter als "Alte Herren" bezeichnet. Die HB! Germania formuliert ihre generelle Ablehnung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sowie ihre Verachtung gegenüber Medien und gesellschaftlichen Eliten explizit in ihrer Selbstdarstellung im Internet: "In einer Zeit, in der moralische Werte nichts mehr gelten [...] und eine mediale Verdummung den Geist der Gesellschaft bestimmt, ist die Existenz von aufrechten Klardenkern, die gegen dieses Übel angehen, wichtiger denn je. Wer sich in dieser Zeit als Burschenschafter bekennt, zeigt damit, dass ihm die Zukunft Deutschlands nicht egal ist, wie einem Großteil derjenigen, die heute über das Volk in Politik und Wirtschaft entscheiden." Wie im Vorjahr verhielt sich die HB! Germania auch im Jahr 2018 in ihrer Außendarstellung sehr vorsichtig. 160 Rechtsextremismus Nach wie vor illustriert ein Vorkommnis aus dem Jahr 2016 das vorherrschende Gedankengut in der HB! G: Nachbarn und alarmierte Polizeibeamte hörten damals deutliche "Sieg-Heil"-Rufe aus dem Haus der "HB! Germania". Nach dem LfV Hamburg vorliegenden Erkenntnissen sind entsprechende Vorfälle keine einzelnen Ausfälle, sondern Ausdruck einer innerhalb der HB! Germania auch im Jahr 2018 verbreiteten Grundhaltung. 8.2.2. Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg (PB! Chattia) Die seit 1992 in Hamburg ansässige "Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg" ist eine Schülerverbindung, die sich in erster Linie an Schüler und Auszubildende wendet, aber auch Studierende aufnimmt. Seit ihrer Gründung - und auch im Jahr 2018 - sind in der PB! Chattia Personen aktiv, die Beziehungen in die rechtsextremistische Szene unterhalten, unter anderem für die NPD aktiv waren und die deutliche Sympathien für den Nationalsozialismus zu erkennen geben. Mitglied der PB! Chattia können männliche Jugendliche ab 16 Jahren werden, wenn sie "bereit sind, ihr ICH hinter die Gemeinschaft zurückzustellen und [...], die ewigen Ideale Deutschlands zu leben", so die Eigenwerbung der Verbindung auf ihrer Homepage. Dort bezeichnet sich die Burschenschaft als "Gemeinschaft patriotisch gesinnter Deutscher", die wisse, "daß die Deutsche Geschichte nicht nur aus zwölf Jahren besteht" Ihr Wahlspruch lautet "Volkstum, Wahrheit, Recht", ihre Farben sind schwarz-weißrot. Der Dachverband der Schülerverbindung ist der "Allgemeine Pennälerring" (APR), dem nach eigenen Angaben Ende 2018 acht weitere Verbindungen an-gehören. Der APR als Ganzes ist kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden. Bei der PB! Chattia handelt es sich um eine schlagende Burschenschaft: Aktive Mitglieder müssen mindestens einen "Waffengang" (eine sogenannte Mensur) absolvieren, bei dem mit dem "Pennalen Säbel" nach der 161 Rechtsextremismus "Linzer Paukund Ehrenordnung" gefochten wird, um "Feiglinge und Dummschwätzer" auszusortieren. Den Mitgliedern der PB! Chattia sollen "Gemeinschaftsgeist" und "Zusammengehörigkeitsgefühl" im Rahmen Burschenschaftlicher Abende, gemeinsamer Reisen und Feiern und des Fechtens vermittelt werden. Begriffe wie Ehre, Kameradschaft, Volk und Heimat sind zentrale Bausteine der von der PB! Chattia vermittelten Grundeinstellung. Die PB! Chattia verfügt über kein eigenes Verbindungshaus und ist deshalb bei größeren Veranstaltungen auf die Hilfe anderer Burschenschaften angewiesen. In der Vergangenheit kam diese Unterstützung in erster Linie von der Burschenschaft Germania Hamburg (HB! Germania, s.o.). Die Beziehung der beiden Verbindungen ist jedoch angespannt (siehe VSB 2016, S. 181). Seitdem finden die meisten Veranstaltungen in privaten Räumlichkeiten von Mitgliedern der PB! Chattia statt. Die Aktivitäten auf der Internetseite und auf dem Facebook-Profil der PB! Chattia sind wie schon 2017 auch im Jahr 2018 auf ein absolutes Minimum reduziert worden. Das Facebook-Profil verzeichnete im gesamten Jahresverlauf nur zwei Beiträge, die Internetseite wurde nach der Veröffentlichung des Semesterprogramms für das Sommersemester 2017 nicht mehr aktualisiert. 8.3. "Merkel-muss-weg"-Kampagne "Der Kampf um Deutschlands Restdemokratie" werde in Hamburg ausgetragen, war auf der Webseite eines dem rechten Spektrum zuzuordnenden Monatsmagazins zu lesen, als sich ab Februar 2018 zunächst gut 50, Anfang März 2018 dann rund 350 Personen unter dem Motto "Merkel muss weg!" in der Hansestadt versammelten. Initiatorin der Protestreihe war nach eigenen Angaben eine Privatperson aus dem niedersächsischen Seevetal, die sich am 14. Februar nach einem mutmaßlich von Linksextremisten auf ihr Wohnhaus verübten Übergriff aus der Organisation der Versammlungen zurückzog. 162 Rechtsextremismus "Merkel muss weg!" Veranstaltung 2018 in Hamburg Foto: dpa/picture alliance/dpa Bereits im Februar 2018 verdichteten sich Hinweise, dass die eigentlichen Organisatoren der "Merkel muss weg!"-Versammlungen die Erst-Anmelderin und späterer weitere Personen ohne bisherige Berührungspunkte mit Extremisten als Versammlungsanmelder nutzten, um den wirklichen Charakter ihrer Veranstaltung zu verschleiern. Ziel dieser Vorgehensweise ist die Anschlussfähigkeit an gesellschaftliche Kreise, die sich normalerweise mit Rechtsextremisten nicht gemein machen, mit der aktuellen politischen Situation allerdings unzufrieden sind. Tatsächlich war bei den Kundgebungen eine Vermischung von nicht-extremistischen und extremistischen Teilnehmern feststellbar. Die Redner, die teilweise über eine höhere Bekanntheit im rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Milieu verfügen, ordneten sich auch dieser Zielsetzung weitgehend unter. Die Mehrzahl der Wortbeiträge war vergleichsweise gemäßigt formuliert. Die Hamburger "Merkel muss weg!"-Kundgebungen leisteten damit einen Beitrag zur "Entgrenzung des Rechtsextremismus", der seit einiger Zeit von den Sicherheitsbehörden aufmerksam verfolgt wird ( siehe Punkt 8). 163 Rechtsextremismus An den insgesamt zwölf Kundgebungen zwischen dem 5. Februar 2018 und dem 7. November 2018 beteiligten sich zahlreiche Rechtsextremisten. Neben NPD-Angehörigen, zu denen der amtierende Hamburger Landesvorsitzende Lennart Schwarzbach gehörte, folgten Unterstützer der mittlerweile aufgelösten Kameradschaft "Sektion Nordland", Sympathisanten der "Identitären Bewegung", Burschenschaftler, subkulturelle Rechtsextremisten, rechtsextremistische Hooligans und Reichsbürger dem Aufruf der "Merkel muss weg!"-Veranstalter. Berührungsängste der politisch unzufriedenen, mutmaßlich eher bürgerlichen Klientel gegenüber den Rechtsextremisten waren zu keinem Zeitpunkt wahrnehmbar. Seit dem 23. April 2018 gingen die Teilnehmerzahlen auch aufgrund der frühzeitigen Information der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz zurück. Fanden in den Wintermonaten und zu Beginn des Frühlings meist zwischen 250 und 300, in der Spitze 350 Personen (5. März 2018) den Weg zu den Kundgebungen, waren es am 23. April 2018 noch 180 Unterstützer. Daraufhin sagten die Organisatoren ihre für den 7. Mai 2018 geplante Veranstaltung ab und verkündeten eine "Sommerpause". Ein Comeback glückte den "Merkel muss weg!"-Kundgebungen nicht. Am 5. September 2018 standen rund 170 "Merkel-Gegnern" auf dem Gänsemarkt weit über 10.000 Gegendemonstranten gegenüber, die dem Aufruf eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses gefolgt waren. Die angestrebte "bürgerliche" Fassade zeigte bereits nach wenigen Versammlungen deutliche Risse. Auch, weil der Hauptorganisator der Kampagne ab dem 23. April 2018 selbst die Versammlung anmeldete. Bei dieser Gelegenheit ergriff zudem ein Redner das Wort, der zuvor unter anderem durch seine Teilnahme an einer von der NPD organisierten Demonstration bekannt war. In typisch rechtsextremistischem Duktus sprach er vom "von oben gewollten Identitätsverlust" und von Angriffen auf die "Homogenität des deutschen Volkes". Die Preisgabe der zunächst gewählten Außendarstellung, die extremistische Bezüge vermeiden wollte, schlug sich in den rückläufigen Teilnehmerzahlen der Proteste nieder. Das Landesamt für Verfassungsschutz wies in mehreren Internetbeiträgen und Medieninterviews auf die politische Intention und den Hintergrund der Veranstalter hin, die teilweise über Verbindungen in die subkulturelle rechtsextremistische Szene verfügen sowie aus dem Hamburger Türsteherund Althooligan-Milieu stammen. Die Attrak164 Rechtsextremismus tivität für eher national-konservativ eingestellte bisherige Unterstützer nahm daraufhin augenscheinlich ab. Neben den Kontakten einiger Organisatoren in den subkulturellen Rechtsextremismus, offenbarte auch eine öffentliche Facebook-Gruppe, die der "Merkel muss weg!"-Kampagne zugerechnet wird, die rechtsextremistische Motivation der Initiative. Dort wurde die vom Verfassungsschutz beobachtete "Identitäre Bewegung" (IB) ( siehe Punkt 8.1.) als "beste Jugendbewegung im Widerstand" bezeichnet, antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet, rassistische Ressentiments geschürt und - vor allem im Zusammenhang mit angeblich oder tatsächlich von Personen mit Migrationshintergrund begangenen Straftaten - ein Hang zur Selbstjustiz festgestellt. Schließlich mobilisierten Mitglieder dieser Facebook-Gruppe, die vom bereits erwähnten Hauptorganisator der Kundgebungen administriert wurde, für weitere von verschiedenen rechtsextremistischen Organisationen in anderen Bundesländern durchgeführte Veranstaltungen. Im Oktober pausierten die Proteste erneut. Der letzte Anlauf des Jahres 2018 konnte das Organisations-Team abermals nicht zufrieden stellen. Am 7. November 2018 kamen maximal 100 Personen zusammen, um gegen die aktuelle Regierung und ihre Politik zu demonstrieren. Die Verpflichtung eines einschlägig bekannten Redners, der ob seiner islamfeindlichen Agitation seit 2013 vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird, konnte den Protesten keinen neuen Rückenwind verleihen. Am 24. November 2018 machte der Hauptorganisator die Absage der eigentlich für den 3. Dezember 2018 angedachten und bereits beworbenen Versammlung öffentlich - zuletzt seien schlicht zu wenige Teilnehmer gekommen. 2019 setzten die bisherigen Organisatoren ihre Kampagne unter dem neuen Motto "Michel wach endlich auf" fort. Eine Ansprache von Personen außerhalb des eigenen, begrenzten Resonanzraums vermochte dieser "Neustart" indes nicht zu schaffen. Am 13. Oktober 2018 machte der bisherige Hauptorganisator seinen Rückzug aus dem Organisations-Team in einem Facebook-Kommentar öffentlich. Er sei "von den Medien und vom Verfassungsschutz zum "Rechtsextremen" gemacht worden, was nach Auffassung der Veranstalter der Protestreihe eine schwere Bürde auflaste. Tatsächlich nahm die (ehemalige) treibende Kraft der "Merkel muss weg!"-Initiative nicht an der Versammlung am 7. November 2018 teil. In den sozialen Medien schränkte das 165 Rechtsextremismus selbsterklärte Ex-Mitglied des Organisationsteams sein Engagement hingegen nicht ein. In der von ihm damals administrierten Facebook-Gruppe stellte es weiterhin regelmäßig Beiträge ein. Die Veranstalter wollen rechtsextremistische Anknüpfungspunkte so weit wie möglich vermeiden, um in die Mitte der Gesellschaft hineinwirken zu können und gleichzeitig Medien, Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden weniger Angriffsfläche zu bieten. Die Öffentlichkeitsarbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz, die regelmäßigen Berichte in der regionalen und überregionalen Presse sowie die zahlenmäßig weit überlegenen Gegenproteste verhinderten eine feste Etablierung der "Merkel muss weg!"-Protestreihe. Der früh bekannt gewordene rechtsextremistische Hintergrund der Kundgebungen und eines Teils der sie tragenden Organisatoren dürften einige der amtierenden Regierung gegenüber kritisch eingestellten so genannten "Wutbürger" von einer Teilnahme abgehalten haben. 9. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen 9.1. Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (AG-GGG) Die 1951 gegründete Artgemeinschaft-GGG (AG-GGG) beschreibt sich selbst als "größte" und "älteste germanisch-heidnische Glaubensgemeinschaft" Deutschlands. Sie hat ihren Sitz in Berlin und ihre Postanschrift in Zeitz (Sachsen-Anhalt). Untergliedert ist der Verein in sogenannte regionale "Gefährtschaften", "Freundeskreise" und "Gilden". Die AG-GGG vertritt antichristliches, völkisch-rassistisches, revisionistisches und antisemitisches Gedankengut und knüpft unmittelbar an die Rassenlehre des "Dritten Reiches" und das Denkmodell der Überlegenheit einer arisch-nordischen beziehungsweise germanischen "Rasse" an. 166 Rechtsextremismus Die Aktivitäten des Vereins beschränkten sich im Wesentlichen auf den Vertrieb eigener Schriften und Bücher im vereinseigenen "Buchdienst" und die Durchführung interner Treffen, an denen sich in den Vorjahren in der Regel bis zu 200 erwachsene Personen beteiligten. Die AG-GGG teilte 2018 mit, ihre Arbeit in den Bereichen "Jugendpflege" und "Elternschulung" ausbauen zu wollen. Besonderes Aufsehen erregten die Kontakte zwischen dem Leiter der AG-GGG und dem am 18. Juli 2018 nach sechs Jahren und acht Monaten Untersuchungshaft entlassenen Rechtsextremisten Ralf W., der im NSU-Prozess wegen Beihilfe zum Mord zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war. ( siehe Punkt 4). Auch einzelne Hamburger Rechtsextremisten gehören seit Jahren zum Anhängerund Unterstützerkreis der AG-GGG. Die von dem ehemaligen AG-GGG-Leiter Jürgen Rieger (2009 gestorben) verfassten Richtlinien über Aussagen zur "biologisch begründeten Ethik" und zur Schaffung einer "neuen Lebensordnung" und das von ihm verfasste "Sittengesetz unserer Art" sind für die Mitglieder nach wie vor bindend und neben dem "Artbekenntnis" ideologische Grundlage der AG-GGG. Dazu gehören auch die von Rieger propagierten Vorbereitungen auf erwartete Krisenszenarien durch vermeintlich "einfallende Ausländerhorden" und daraus resultierende gewalttätige Auseinandersetzungen mit Migranten, zum Beispiel durch die Einrichtung eigener wehrhafter Siedlungsformen. Der Verein sieht Rieger nach wie vor als großes Vorbild und bekennt sich zu seinen Ideen. 9.2. Ehemalige Europäische Aktion Bei der 2010 unter der Bezeichnung "Bund Freies Europa" von dem Schweizer Revisionisten Bernhard Schaub gegründeten Bewegung "Europäische Aktion" (EA) handelte es sich um ein antidemokratisch, fremdenfeindlich, rassistisch, antisemitisch und revisionistisch ausgerichtetes internationales Netzwerk von Holocaustleugnern mit einer Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus. Die nach dem "Führerprinzip" gegliederte Bewegung verfügte über Anlaufstellen in Deutschland und anderen europäischen Län167 Rechtsextremismus dern. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte lagen in Deutschland im ostdeutschen Raum, insbesondere in Thüringen und Sachsen-Anhalt. 2017 beschloss die EA, die "aktiven Organisationsteile" aufzulösen und die "Tagsatzung" als oberstes Leitungsorgan der EA sowie deren Landes-, Gebietsund Stützpunktleiter "aus ihrer Verantwortung (zu) entlassen". Die EA erklärte, dass ihre Ziele dennoch weiterhin Bestand hätten und neben den Schriften des EA-Begründers Schaub weiterhin als "Werkzeug" und Schutz "gegen die von außen einbrechenden Todesgefahren" dienen sollten. In diesem Sinne steht die Homepage der EA mit ihren bis dahin veröffentlichten programmatischen Schriften und Beiträgen den Anhängern weiterhin als Informationsund Kommunikationsplattform zur Verfügung. Auch Schaub selbst agitiert im Internet den Zielen der EA entsprechend gegen das System, seine Vertreter und deren "volksverräterische Einwanderungspolitik". Nach Auflösung der EA setzten weitere ehemalige Führungskräfte ihre politische Arbeit unter dem von der EA ausgegebenem Motto: "Jetzt erst recht: Rückeroberung oder Untergang!" selbstständig fort. Sie folgten damit dem Aufruf der EA, "eigenverantwortlich und pflichtbewusst [...] weiterzuarbeiten". Zu den von den ehemaligen EA-Aktivisten propagierten "Notwehrmaßnahmen" zählt auch der Einsatz von Waffen und Gewalt. So hatte der ehemalige EA-Gebietsleiter Thüringen im September/Oktober 2017 erklärt, dass man bei den von ihm durchgeführten "Selbstschutz"-Übungen "in erster Linie aus politisch-taktischen Gründen" auf das "Hantieren mit Schusswaffen" verzichtet habe. "Der Gebrauch von Schusswaffen und deren Anschaffung" könne "nur dem Ziel des persönlichen Selbstschutzes im Falle eines zivilisatorischen Zusammenbruchs" dienen. Eine organisierte Weiterarbeit der ehemaligen EA-Aktivisten in einer neugegründeten Bewegung oder in bereits bestehenden rechtsextremistischen Organisationen und Parteien konnte bislang nicht festgestellt werden. Auch Hamburger Rechtsextremisten zählten zu den Anhängern der EA. Hierbei arbeiteten sie eng mit Aktivisten aus den angrenzenden Bundesländern zusammen. In Hamburg selbst wurden vor und nach Auflösung der EA keine nennenswerten öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der Bewegung und ihrer Anhänger festgestellt. 168 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang Pre mt r ie t a m g st he n o - G S ö run r te g D rsc hw s ka r u n Ve i c h k ä l BR Re d e r d e r k e b e n g e r Ru be n 18 7 1 L b ü r i et s e b Le h e s-G Re ic s rän h e e e h u v o sc R S in i n e u t R e 1 e e n sc h h D ß c 7 e r S r Rei ch sf üh St AG 1 8 n Ru r ten e r e u ß fe Re i c hs ka m b H lb r P h D -G che Ge i c g BR mtis Re af St a m c he hw s öru n W s sc e t u ten Ve r e rsc D r r g füh H Reichsbürger und Selbstverwalter "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sind Einzelpersonen und Gruppierungen, die aus diversen Beweggründen und mit den verschiedensten Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland inklusive ihres Rechtssystems ablehnen und den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen. Daher sind sie häufig bereit, Straftaten zu begehen, darunter Steuerdelikte, Urkundenfälschung, Amtsanmaßung oder Nötigung oder auch Gewaltdelikte. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" berufen sich häufig auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Da sie den Bestand der Bundesrepublik Deutschland ablehnen, werden ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen vom Verfassungsschutz beobachtet. Die ausgesprochen heterogenen ideologischen Versatzstücke der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" finden ihren gemeinsamen Nenner in der grundsätzlichen Ablehnung der völkerrechtlichen Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik, die häufig mit der Forderung nach der Wiederherstellung des "Deutschen Reiches", in den Grenzen von 1871, 1914, 1917 oder 1937 einhergeht. Dieser Geschichtsrevisionismus ist auch in der rechtsextremistischen Szene verbreitet; ein kleiner Teil der Reichsbürger-Szene fällt durch rechtsextremistische Bezüge auf. Sogenannte "Selbstverwalter" negieren ebenfalls die Existenz der Bundesrepublik Deutschland, streben jedoch nicht zwangsläufig die Wiederherstellung eines "Deutschen Reiches" an. Sie erklären oftmals, aus der Bundesrepublik Deutschland ausgetreten zu sein und definieren ihr Haus oder Grundstück als souveränes Staatsgebiet, auf dem die Gesetze der Bundesrepublik keine Geltung hätten. Reichsbürger und Selbstverwalter VI. Reichsbürger und Selbstverwalter 1. Allgemeines/Ideologie "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen - unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht - die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen; sie sprechen den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation ab oder definieren sich in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Der Verfassungsschutzverbund beobachtet diese Szene seit 2016. Das Milieu der Reichsbürger und Selbstverwalter ist äußerst heterogen und umfasst vom Rechtsextremisten bis hin zum Verschwörungstheoretiker ein breites Personenspektrum. Der Bewegung gehören zahlreiche (Kleinst-)Gruppierungen und Einzelpersonen an, die die Legimitation von Behörden und demokratisch gewählten Repräsentanten sowie die Gültigkeit deutscher Gesetze nicht anerkennen. Sie bestreiten die völkerrechtliche Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland und erkennen weder das "Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland" Illustration LfV HH Grundgesetz oder Bundesund Landesgesetze noch Urteile von Gerichten oder Bescheide von Behörden an. Stattdessen geben sie sich eigene Gesetze oder berufen sich auf ein selbst definiertes Naturrecht (= universell gültiges, überpositives Recht, welches Vorrang vor den bundesdeutschen Gesetzen habe). Die Bundesrepublik Deutschland bezeichnen viele 172 Reichsbürger und Selbstverwalter auch als "BRD-GmbH" und staatliche Institutionen als deren (Unter)Firmen. Dabei beziehen sich die Szeneangehörigen auf unterschiedlichste historische und völkerrechtliche Situationen Deutschlands. Ihre Aussagen sind pseudojuristisch oder pseudohistorisch begründet. In Teilen bedient sich die Reichsbürgerszene auch völkischen Gedankenguts sowie antisemitischer Argumentationsmuster einschließlich der Leugnung des Holocaust. Sie begehen daher regelmäßig Verstöße gegen die Rechtsordnung bis hin zu Straftaten. Reichsbürger verweigern unter anderem die Zahlung von Steuern, Sozialabgaben und Bußgeldern. Sie erstellen eigene Ausweispapiere, geben ihre Personalausweise zurück oder führen ihre Pkw mit selbst hergeBeispiel eines selbst hergestellen "Personenausweis" Illustration LfV HH stellten Phantasiekennzeichen. Viele Szeneangehörige sind zudem von esoterischem Gedankengut geprägt. Bestrebungen, die eine derart fundamentale Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Gesetze und Institutionen zum Ausdruck bringen, sind eindeutig als gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet einzustufen, unabhängig davon, dass Teile dieser Bestrebungen auch dem Phänomenbereich Rechtsextremismus zugerechnet werden können. Die Verfassungsschutzbehörden sprechen daher von einem "Extremismus eigener Art" oder "Extremismus sui generis". Als sogenannte "Selbstverwalter" werden Personen innerhalb des Reichsbürger-Spektrums bezeichnet, die per Ankündigung erklären, aus der Bundesrepublik Deutschland ausgetreten zu sein und ihr Territorium zu einem souveränen Staatsgebiet erklärt zu haben. So rufen einige sogar vereinzelt Staaten oder Königreiche aus. Der Unterschied zu den Reichsbürgern besteht darin, dass Selbstverwalter nicht unbedingt auf ein wie auch immer geartetes früheres "Deutsches Reich" fixiert sind, obgleich sich beide ähnlicher Argumentationsmuster bedienen. Vielfach machen Selbstverwalter 173 Reichsbürger und Selbstverwalter ihre vermeintliche Exterritorialität mit Fantasie-Wappen, Hinweisschildern oder einer Grenzziehung nach außen deutlich. Eine territoriale Eigenverwaltung, wie von Selbstverwaltern angestrebt, hat nichts mit dem juristischen Verständnis von Selbstverwaltung, beispielsweise im Sinne der Übertragung von Aufgaben auf Körperschaften des öffentlichen Rechts, gemein. Die Selbstverwalter der Reichsbürger-Szene wollen keine Funktion im Gemeinwesen ausfüllen, sondern sich stattdessen jeder Verantwortung und Einbindung in staatliche Strukturen entziehen. Die Identifizierung der Selbstverwalter durch den Verfassungsschutz ist insofern von besonderer Wichtigkeit, da ihre Ideologie es erlaubt, eine vorgebliche "Notwehrlage" zu behaupten, insbesondere, wenn behördliche Maßnahmen gegen sie auf den von ihnen beanspruchten Territorien durchgeführt werden, zum Beispiel Zwangsvollstreckungen aufgrund nicht geleisteter Steuern, Abgaben oder Bußgelder. Die fundamentale Ablehnung des Staates und der Rechtsordnung bildet die gemeinsame ideologische Grundlage des überaus heterogenen Spektrums. 2. Potenziale Bundesweit belief sich die Zahl der Reichsbürger und Selbstverwalter 2018 auf circa 19.000 Personen (2017: 16.500). Darunter befanden sich rund 950 Rechtsextremisten (2017: 900). Der Hamburger Reichsbürgerszene wurden mit Stand 31. Dezember 2018 145 Personen zugerechnet. Knapp zehn Prozent davon weisen Überschneidungen zur rechtsextremistischen Szene auf. Der in den Vorjahren starke Anstieg des Hamburger Personenpotenzials aufgrund der konsequenten Aufhellung des Dunkelfeldes fiel 2018 deutlich geringer aus. Die weitere Steigerung des Personenpotenzials beruht im Wesentlichen nicht auf einem weiteren Zulauf, sondern überwiegend auf einer fortschreitenden Aufklärung der Szene und einem verbesserten Informationsaufkommen. 174 Reichsbürger und Selbstverwalter Personenpotenzial Reichsbürger und Selbstverwalter - Hamburg 150 145 120 130 90 90 60 30 0 2016 2017 2018 3. Waffenaffinität Die Reichsbürgerszene zeichnet sich in Teilen - im Vergleich zur Gesamtbevölkerung - durch eine ausgeprägte Waffenaffinität aus. Die Ablehnung der bestehenden Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Repräsentanten führt zu einer Abwehrhaltung. Diese kann sich auch in schwersten Gewalttaten manifestieren. Daher besteht hier ein erhöhtes Gefährdungspotenzial, weil Reichsbürger und Selbstverwalter in Teilen bereit sind, ihre Waffen für diese Gewalttaten einzuErhöhtes Gefärdungspotenzial durch bewaffnete setzen. Bei einer Hausdurchsuchung eines Reichsbürger (Symbolfoto) Foto: Pixabay mutmaßlichen Reichsbürgers wurden im Februar 2018 in Münster (Nordrhein-Westfalen) 93 Waffen sowie circa 200 175 Reichsbürger und Selbstverwalter Kilogramm Munition gefunden. Eine weitere Durchsuchung bei einem Angehörigen der Reichsbürgerszene in Sondershausen (Thüringen) führte Ende Mai 2018 zu einem Fund von 50 Langund Kurzwaffen. In Hamburg wurde bisher keine schwere Gewalttat durch Reichsbürger begangen. Gleichwohl konnte aggressives Verhalten gegen Hamburger Behördenmitarbeiter festgestellt werden, dabei handelt es sich zum Beispiel um Beleidigungen gegen Polizeibeamte, Renitenz und körperlichen Widerstand gegen Vollstreckungsmaßnahmen sowie schriftliche Diffamierungen. Das LfV Hamburg teilt im Falle waffenrechtlicher Erlaubnisse von Reichsbürgern mit Wohnsitz in Hamburg im Rahmen der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften seine Erkenntnisse der zuständigen Waffenbehörde mit, um auf dieser Grundlage die Entziehung dieser waffenrechtlichen Erlaubnisse zu prüfen. Seit Beginn der bundesweiten Szenebeobachtung im Jahr 2016 hat es in Hamburg sechs Entziehungen waffenrechtlicher Erlaubnisse bei Reichsbürgern gegeben. Zwei dieser Entziehungen erfolgten im Jahr 2018. Bundesweit wurden seit 2016 bereits zahlreiche waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen. 4. Aktivitäten Im August 2018 veröffentlichte die europaweit agierende Reichsbürgerund Selbstverwalter-Gruppierung "Global Common Law Court" (GCLC) im Internet eine Liste mit mehr als 18.000 Namen, auf der Richter, Staatsanwälte und weitere Behördenmitarbeiter aus Deutschland und der Schweiz als angebliche Straftäter, Vergewaltiger und Schuldner verunglimpft werden. Unter den dort aufgeführten Namen fanLogo der GCLC den sich auch rund 800 Hamburger Behördenmitarbeiter. Auf der Internetseite "www.gelberschein.net" (Stand: März 2019) wird unter anderem für Reichsbürger-Stammtische in Hamburg geworben. Der dort aufgelistete Stammtisch "Hamburgs Souveräne" distanziert sich jedoch seit dem 1. Oktober 2016 ausdrücklich von dem ebenfalls dort genannten "Hamburger Stammtisch" - ein weiterer Hinweis auf die Zersplitterung der Szene. Die Betreiber von gelberschein.net behaupten, das 176 Reichsbürger und Selbstverwalter Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) in seiner Fassung vom 22. Juli 1913 sei nach wie vor gültig. Daher müsse man, um der Staatenlosigkeit und dem damit einhergehenden "Sklavenstatus mit Vollversorgung" zu entgehen, einen Staatsangehörigkeitsausweis (gelber Schein) nach dem benannten RuStAG beantragen. Der sogenannte "Hamburger Stammtisch" nimmt dort Bezug auf die einschlägige Internetund Facebook-Seite "Bundesstaat Freie und Hansestadt Hamburg". Diese Gruppierung setze sich für alle ein, "die keine Heimat haben und endlich eine Heimat haben wollen". Auf ihren Internetseiten gibt die Gruppierung an, dass sie seit November 2014 Teil einer angeblichen "Verfassungsgebenden Versammlung" sei. Diese behauptet, am 4. April 2016 den "Bundesstaat Deutschland" gegründet zu haben. Sie hält die Staatlichkeit der Bundesrepublik aufgrund der angeblich nicht stattgefundenen Wiedervereinigung im Jahre 1990 für nichtig. Die "BRD" sei vielmehr ein Wirtschaftsunternehmen der US-amerikanischen Besatzer ohne hoheitliche Rechte. In der Öffentlichkeit treten Personen, die der Hamburger Reichsbürgerszene zugerechnet werden können, mitunter bei montags stattfindenden "Hamburger Mahnwachen - Das offene Mikrofon" auf dem Jungfernstieg auf. Ebenfalls finden seit Herbst 2017 dienstags auf dem Hamburger Rathausmarkt öffentliche Kundgebungen von Angehörigen der Reichsbürgergruppierung "staatenlos.info e.V." unter dem Tenor "Heimat & Weltfrieden!" statt. Diese Veranstaltungen finden jedoch unter den Passanten kaum Beachtung. Im Rahmen der Veranstaltungen, die auch nachträglich unter dem YouTube-Kanal "staatenlos.info Hamburg La Paloma - Satire" publiziert werden, werden typische Reichsbürgerthesen verbreitet. Der Gruppierung "staatenlos.info" zufolge sei die "Befreiung Deutschlands vom Faschismus und Nazismus" bis heute nicht erfolgt. Die Bundesrepublik Deutschland führe das "Dritte Reich" illegal fort und verhindere "bis heute notwendige Friedensverträge". Die Anmelderin dieser Kundgebungen trat bereits im März 2017 in Erscheinung, da sie im Internet ihre Nachhilfeschule bewarb, und hierbei bis heute (Stand: 17. Juni 2019) eindeutige Bezüge zu Reichsbürgerthesen und staatenlos.info herstellt. (siehe Internetbeitrag des LfV HH vom 18. März 2017; www.hamburg.de/innenbehowww erde/schlagzeilen/8400558). Ein unter der Eigenbezeichnung "Hamburger Menschenrechtsrat" auftretender Angehöriger der Hamburger Reichsbürgerszene hat Schriftstücke 177 Reichsbürger und Selbstverwalter an verschiedene staatliche Stellen verschickt. Empfänger waren unter anderem die Staatsanwaltschaft Hamburg sowie der Bundespräsident. Der Verfasser behauptet in einem für Reichsbürger typischen Argumentationsmuster, dass behördliche Schreiben ohne Unterschrift und Amtssiegel ungültig seien. Den Bundespräsidenten fordert der Autor "ultimativ auf, dem [...] verfassungswidrigen Treiben unmittelbar ein Ende zu setzen". Nach Auffassung des Verfassers maßen sich die "Behörden der BRD an, unter Anwendung von nationalsozialistischer Gesetzgebung und Gesetzen ohne Geltungsbereich [...] Menschen per Gewalt zu Sachen zu degradieren", um diese damit ihrer Menschenwürde zu berauben. Um die Reichsbürgerund Selbstverwalter-Szene weiter aufzuklären, ist der Verfassungsschutz auch auf Hinweise aus der Bevölkerung oder anderen Behörden angewiesen. Wer entsprechende Informationen hat, kann sich vertrauensvoll an das LfV Hamburg wenden: f Telefon: 040-244443 f E-Mail: poststelle@verfassungsschutz.hamburg.de 178 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang St D e n o - 4- ci A f S t I n n ne S Oea O rg "Sag ia gie Do St ä nd D e S a n s i ons st g rat s e g i e SA fo - Exp O r n In g ne n at i o ng a i s mp an d 4- D- Ka r no rg a b er . ub Ta .V i n " rg h se n H a m b u rity o H l e b e " " Ce L . R gy c l h Kir sein i c h D ro g e n I nfo o l o ü ck e r A e nt G l ent i Sc g zu m C zu rity ung n ei e e leb i e r lis n "W s rg t C r u me nt g a m a t i k "Sag Ins D o gie Scientology-Organisation Erklärtes Ziel der Scientology-Organisation (SO) ist es, eine sogenannte "scientologische Zivilisation" zu errichten. Um entsprechenden gesellschaftlichen Einfluss zu erreichen, agiert die SO international, einschließlich zahlreicher Tarnund Nebenorganisationen. Fester Bestandteil der SO-Ideologie ist die von ihr postulierte universelle Befreiung des menschlichen Geistes mittels ihrer geistigen "Technologie", dem so genannten "Auditing",. Die Praxis der SO ist gekennzeichnet durch ihr Streben nach Geld, Macht und vollständiger Kontrolle über ihre Mitglieder. Mit ihrer als "angewandte religiöse Philosophie" bezeichneten Lehre hebt die SO diese Praxis auf eine metaphysische Ebene. Die von den Verfassungsschutzbehörden festgestellten Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der SO ergeben sich insbesondere aus den Richtlinien ihres Gründers L. Ron Hubbard (19111986). Diese dürfen innerhalb der SO zwar redaktionell, aber niemals inhaltlich verändert werden. In einer scientologischen Gesellschaft sollen danach nur sogenannte "Clears", von allen geistigen Störungen befreite Menschen, Rechte genießen. Andere Personen gelten als nicht gleichwertig. Theorie und Praxis der SO erfüllen mehrere Merkmale einer totalitären Organisation, wie ideologischer Alleinvertretungsanspruch, rigider Dogmatismus, hermetisch abgeschlossene Organisationsstruktur, Führerkult und totale Unterordnung der Mitglieder, dualistisches Freund-Feind-Bild sowie kollektivistisches Denken. Diese Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden wurde 2008 durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster ausdrücklich bestätigt. Scientology-Organisation VII. Scientology-Organisation (SO) 1. Entwicklungen und Schwerpunkte Die seit 1997 von den Verfassungsschutzbehörden beobachtete "ScientologyOrganisation" (SO) behauptet, dass die universelle Befreiung des menschlichen Geistes mittels ihrer von L. Ron Hubbard entwickelten "Technologie" gelänge. In einer "scientologischen" Gesellschaft sollen demnach nur sogenannte "Clears", von allen geistigen Störungen befreite Menschen, Rechte eines freien Individuums genießen. "Sobald die Erde clear ist - eine Nation, ein Staat, eine Stadt oder ein Dorf - stellt die Scientologyorganisation die Regierung. Und sobald das eingetreten ist, ist das einzige Gesetz das gültig ist, das Gesetz der Scientology." (L. Ron Hubbard, Vortrag "Future Org Trends" vom 9. Januar 1962) Die SO ist eine multinationale, streng hierarchisch aufgebaute Organisation mit einer Vielzahl von Unterund Nebenorganisationen. Geführt wird die SO vom Internationalen Management in den USA, der obersten Führungsund Überwachungsebene für alle kontinentalen und nationalen Organisationsbereiche. Auf der nationalen Ebene L. Ron Hubbard (1950) gibt es sogenannte "Orgs", Missionen und weitere Untergruppierungen und Tarnorganisationen. Nachfolger Hubbards und jetziges Oberhaupt der SO ist David Miscavige, der das internationale Management in Los Angeles (USA) leitet und durch verschiedene Organisationseinheiten die SO-Standorte weltweit überwacht. Auch unter seiner Führung werden für die SO typische Merkmale, wie Alleinvertretungsanspruch, rigider Dogmatismus, hermetisch abgeschlossene Organisationsstrukturen, totales Unterordnen der Mitglieder, FreundFeind-Bilder und eine kollektivistische Denkweise, durchgesetzt. 182 Scientology-Organisation Info David Miscavige wurde 1960 in Philadelphia geboren und gehört seit mehr als drei Jahrzehnten zur Scientology-Führung. Er kam bereits als Kind mit der SO in Kontakt. Nach dem Tod von SO-Gründer L. Ron Hubbard im Jahr 1986 setzte sich Miscavige in internen Machtkämpfen durch und steht seit 1987 an der Spitze der Organisation. Die SO ist stets darauf bedacht, sich nach außen als unpolitische und demokratiekonforme Organisation darzustellen. Jedoch sind SO-Praktiken gekennzeichnet durch ihr Streben nach Geld, Macht und gesellschaftlichem Einfluss. Mit der Beschreibung ihrer Lehre als "angewandte religiöse Philosophie" und "völlig neue Religion" hebt die SO diese Praxis auf eine metaphysische Ebene. Das Menschenbild von Scientology widerspricht der durch das Grundgesetz garantierten Menschenwürde, was L. Ron Hubbard unter anderem durch folgende Aussage bestätigte: "Ein Wesen ist nur so wertvoll, wie es anderen dienen kann." Der Sprecher der Hamburger SO hatte diese Aussage 2014 in einem Beitrag als Inspiration bezeichnet. Die Rechtmäßigkeit der Beobachtung der SO durch den Verfassungsschutz wurde im Februar 2008 durch das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt. In der Urteilsbegründung hieß es, Scientology strebe eine Gesellschaftsordnung an, mit der "zentrale Verfassungswerte wie die Menschenwürde und das Recht auf Gleichbehandlung außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt" würden. Mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit versucht die SO ihrem Negativimage in der Gesellschaft entgegenzuwirken und stellt sich in diversen Internetauftritten als offen agierende Organisation dar. Hierbei setzt sie insbesondere sogenannte "Frontgroups" ein, wie SO diese Untergruppierungen und Tarnorganisationen selbst bezeichnet. Die als "humanitäre und Sozialprogramme" getarnten Initiativen rücken gesellschaftlich aktuelle Themen wie "Drogenhilfe", "Menschenrechte" oder "Hilfe in Krisengebieten" in den 183 Scientology-Organisation Fokus ihrer Aufklärungsarbeit. Diese dienen jedoch lediglich dazu, SO-Praktiken zu verschleiern und gesellschaftliche Akzeptanz zu schaffen, den totalitären Kern zu überspielen und das Image des uneigennützig agierenden Wohltäters zu wahren. Angebliche Erfolge dieser Kampagnen, die Scientology intern als so genannte "4D-Kampagnen" bezeichnet, werden auch an Vertreter verschiedener Behörden mit dem Ziel übermittelt, die Stigmatisierung der SO als verfassungsfeindlich zu beenden, was bisher allerdings nicht gelingt. Im Rahmen dieser imageaufpolierenden Strategie ist auch die Rekrutierung von bekannten Schauspielern und Sporttalenten ein bekanntes Vorgehen der SO. Insofern sind Fälle von Aussteigern aus dem Kreis dieser Personen - wie zum Beispiel der Schauspielerin Leah Remini, für die Strategie der SO besonders problematisch. Darüber hinaus bemüht sich die SO um Kontakte zu Religionsgemeinschaften. Neben ihrem Streben nach Akzeptanz versucht die SO damit, ihren selbstbeanspruchten Status als "Kirche" in der Öffentlichkeit zu untermauern. Die SO hat in Deutschland bisher erfolglos versucht, gesellschaftlich Einfluss zu gewinnen; dennoch verbreitet die Organisation regelmäßig vorgebliche und aufgebauschte Erfolgsmeldungen, zum Beispiel im Kontext ihrer sogenannten "Anti-Drogen-Kampagne". 2. Potenzial Die SO hat vor dem Hintergrund der seit Jahren bestehenden erfolgreichen Aufklärungsarbeit staatlicher Stellen, insbesondere der Verfassungsschutzbehörden, nach wie vor Schwierigkeiten, ihren generell schlechten Ruf abzulegen und neue Mitglieder zu halten und überhaupt zu gewinnen. 184 Scientology-Organisation Personenpotenziale Scientology Organisation - Bund 5000 5.000 4000 4.500 4.500 4.000 3.500 3.500 3.500 3.500 3.400 3.000 bis 3.500 3000 2000 1000 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Personenpotenziale Scientology Organisation - Hamburg 800 700 600 650 650 600 500 550 400 450 400 300 350 350 350 300 200 100 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 185 Scientology-Organisation Entgegen eigener Aussagen der SO über eine "wachsende Mitgliederschaft", gelingt es ihr weiterhin nicht, die Zahl der Aussteiger durch neue und junge Mitglieder auszugleichen. Die Zahl der Anhänger der SO in Deutschland stagniert bei 3.400 Personen. Der Hamburger SO wurden Ende 2018 gut 300 Anhänger zugerechnet (2017: 350). Im Zusammenhang mit der Beobachtung der "Reichsbürger und Selbstverwalter" wurde in der Vergangenheit festgestellt, dass in Einzelfällen auch Scientologen dieser Szene angehören. Erkenntnisse einer planmäßigen Zusammenarbeit der SO mit der Reichsbürgerszene liegen jedoch bisher nicht vor. 3. Politisch motivierte Kriminalität (PMK) Straftaten mit scientologischem Hintergrund waren 2018 nicht zu verzeichnen. 4. Strukturen und Organisationseinheiten Die internationale Hauptzentrale der SO, mit Sitz in Los Angeles (USA), beinhaltet das "Religious Technology Center" (RTC), welches die Urheberrechte der Schriften des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard besitzt und die scientologische Lehre überwacht und durchsetzt. David Miscavige fungiert an dieser Stelle als oberste Führungskraft. Der deutsche Dachverband der SO ist die "Scientology Kirche Deutschland e.V." mit Sitz in München. Intern bezeichnet die SO ihre "Kirchen" jedoch nur kurz als "Orgs". Bundesweit gibt es sieben "Orgs": In Hamburg, Berlin, Hannover, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, München. Weiterhin unterhält die SO zwei sogenannte "Celebrity Center" in Düsseldorf und München. In den Celebrity Centern werden prominentere Scientologen eingehend betreut, um ihre Popularität propagandistisch einzubinden. Daneben gibt es zahlreiche kleinere Stützpunkte ("Missionen"). 186 Scientology-Organisation Ein großes Ereignis für die SO war die Eröffnung der "idealen Org" am 9. September 2018 in Stuttgart. Eine "ideale Org" hat aus SO-Sicht erfolgreiche Mitarbeiter, ist renoviert und gekennzeichnet durch hohe Produktivität. David Miscavige weihte die neue ideale Org mit den Worten ein: "Heute eröffnen wir Deutschlands größte Scientology Kirche und ein Zuhause, das zu diesem Anker der Nation passt [...]. In dieser Hinsicht verkörpert diese Kirche die Ziele der Scientology selbst: Eine Zivilisation ohne Wahnsinn, ohne Verbrecher und ohne Krieg, in welcher der Fähige erfolgreich sein kann und ehrliche Wesen Rechte haben können [...] Und so öffnen wir unsere Türen." (D. Miscavige, 9. September 2018; Eröffnungsrede). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die SO Hamburg nicht öffentlich auf die Eröffnung der idealen Org in Stuttgart reagierte: Normalerweise werden sogar internationale Neueröffnungen idealer Orgs auf der Facebook-Seite der SO Hamburg bekanntgegeben, wie zum Beispiel die Eröffnung der Idealen Org in Salt Lake City (veröffentlicht im März 2018). Die SO beinhaltet unterschiedlich agierende Organisationseinheiten: f IAS: Die "International Association of Scientologists" ist eine Mitgliederorganisation, die alle Scientologen weltweit vereinen soll. Bei IAS-Veranstaltungen werden sogenannte Spenden und Mitgliederbeiträge eingetrieben. f SEA ORG: Die "Sea Organization" ist eine uniformierte Elite-Einheit und paramilitärische Truppe der SO. Sie besetzt Führungspositionen und betreibt die "Rehabilitation Project Forces" (RPF), die Straflagern gleichen und in denen zweifelnde Scientologen wieder "auf Linie" gebracht werden sollen. Derartige Einrichtungen gibt es in Deutschland nicht, jedoch in der Europa-Zentrale der SO in Kopenhagen (Dänemark). f OSA: Das "Office of Special Affairs" ist für Öffentlichkeitsarbeit und rechtliche Angelegenheiten zuständig und kümmert sich um die "Handhabung" von Kritikern und Abtrünnigen. Aufgrund dieser Ausforschungstätigkeit hat das OSA durchaus die Funktion eines "scientologischen Geheimdienstes". 187 Scientology-Organisation f ABLE: Die "Association of Better Living and Education" ist eine Unterorganisation des RTC (siehe oben). Zu ABLE gehören die SO-Organisationen "Applied Scholastics" (ApS) für den Bildungsbereich, "Narconon" für ein Drogenrehabilitationsprogramm und "Criminon" für Resozialisierung von Straffälligen. Die SO missbraucht hier bewusst Themen, die Menschen in aktuellen Lebenskrisen ansprechen, um sie somit als Mitglieder für sich zu gewinnen. f WISE: Das "World Institute of Scientology Enterprises" ist ein Wirtschaftsverband von Scientologen und so wie ABLE Teil der RTC. WISE ist darüber hinaus der wirtschaftlichen Expansion verpflichtet. f Ehrenamtliche Geistliche: Dieses Freiwilligenprogramm, international auch "Volunteer Ministers" genannt, nutzt Hilfseinsätze in Katastrophengebieten zu Propagandazwecken für Scientology. Sie treten in gelbfarbener Kleidung auf und repräsentieren sich in Städten durch den Aufbau gelber Informationszelte. f "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben" ( siehe Punkt 5, Strukturen in Hamburg). f Der Weg zum Glücklichsein: Kampagnen und Broschüren unter den Titeln "Der Weg zum Glücklichsein", "The Way to Happiness Foundation" und "Operation. Ein friedvoller Planet" gehören ebenfalls zur SO. Hierzu finden Verteilaktionen von Broschüren in der Öffentlichkeit statt. f KVPM/CCHR: Die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte", international "Citizens Commissions on Human Rights" agiert gegen die Psychiatrie und betreibt Ausstellungen mit dem Leitsatz: "Psychiatrie: Tod statt Hilfe". Die SO lehnt vehement psychologische Behandlungen ab, um ihr die eigene Technik des Auditing entgegenzusetzen. Die SO behauptet, mit ihren Techniken die Menschen von allen negativen Erfahrungen zu "reinigen" und strebt letztendlich die totale Abhängigkeit ihrer Anhänger von ihrer Organisation an. 188 Scientology-Organisation f Jugend für Menschenrechte: Diese Organisation, auch "Youth for Human Rights" und "United for Human Rights", soll vor allem Jugendliche ansprechen. f I HELP: Die "Internationale Hubbard Ecclesiastical League of Pastors" betreut Dianetik-Gruppen und sogenannte "Feldauditoren", die in ihrem Lebensumfeld nach Personen suchen, um sie für Scientology zu werben. 5. Strukturen in Hamburg Die "Scientology Kirche Hamburg e.V." hat ihren Sitz am Domplatz in der Innenstadt. Von dort werden die verschiedenen Scientology-Gruppen und ihre Aktivitäten organisiert und beaufsichtigt. "Frontgroups" der SO treten in Hamburg und angrenzenden oder nahegelegenen Bundesländern, zum Beispiel Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, auf. Ein offensichtlicher Bezug zur SO ist aufgrund Scientology Kirche Hamburg e.V. Foto: LfV HH des äußerst schlechten Rufes der extremistischen Organisation aus taktischen Gründen nicht sofort erkennbar. Einige der genannten Teilorganisationen und Frontgroups sind auch in Hamburg aktiv: f Zur "Jugend für Menschenrechte" gehören in Hamburg auch junge Scientologen, die vorzugsweise Gleichaltrige ansprechen sollen. f Unter dem Motto "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben" betreibt die SO regelmäßig Informationsstände und verteilt Broschüren zu dem Thema. Dabei treten die Angehörigen der Initiative häufig in türkisfarbenen T-Shirts auf. Sie erhoffen sich so, auf diese Weise das Interesse von Passanten zu gewinnen. Das Inter189 Scientology-Organisation esse hält sich aber bisher in Grenzen, auch aufgrund der Aufklärungsarbeit des Hamburger Verfassungsschutzes. Eine internationale Gruppe heißt "Foundation for a Drug Free World". f An Dianetik-Ständen werden Scientology-Bücher und Stresstests mit dem E-Meter angeboten. Das E-Meter soll ähnlich wie ein Lügendetektor funktionieren. Um auf die SO Hamburg aufmerksam zu machen, werden Passanten angesprochen mit der Aufforderung, den Dianetik-Flyer zu studieren und einer anschließenden Einladung zu einem "Persönlichkeitstest" in die Org am Domplatz. f Die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte" (KVPM) verfügt in Hamburg über eine kleine Ortsgruppe. f "Criminon Deutschland e.V." thematisiert unter anderem die Resozialisierung von Strafgefangenen und hat einen Sitz in Barsbüttel (Schleswig-Holstein). f Zu "Applied Scholastics" (ApS), dem internationalen scientologischen Bildungsbereich, gehören nur wenige Scientologen, von denen einige Nachhilfeunterricht anbieten. f Neben dem internationalen Bereich "The Way to Happiness Foundation" gibt es auch in Hamburg die Initiative "Der Weg zum Glücklichsein", die mit Kampagnen und Broschüren den scientologischen Weg für ein vorgeblich besseres und glücklicheres Leben propagiert. f Das "Departement of Special Affairs" (DSA) ist Bestandteil der Hamburger Org und ein regionaler Ableger des sogenannten scientologischen Geheimdienstes "Office of Special Affairs" (OSA). 6. Aktivitäten Die Hamburger Org bietet regelmäßig kostenpflichtige Kurse an und verleiht sogenannte "Abschlüsse" an die Teilnehmer. Die Teilnahme ist Voraus190 Scientology-Organisation setzung für den individuellen Fortschritt als Scientologe, der im ersehnten Status eines "Operating Thetan" (OT), dem spirituellen Seins-Zustand oberhalb von "Clear", mündet. Durch die hohen finanziellen Kosten dieser Kurse, welche die Mitglieder zahlen müssen, generiert die SO einen Teil ihrer Gewinne. Da im Rahmen des von der SO-Führung um Miscavige vorgegebenen Programms "Golden Age of Technology" (GAT2) zahlreiche Schriften für ungültig erklärt wurden, werden die Mitglieder seit mehreren Jahren dazu angehalten, bereits abgeschlossene und bezahlte Kurse kostenpflichtig zu erneuern. Diese Unterordnung der Hubbardschen Lehre unter das Profitinteresse der Organisation führte gerade bei langjährigen und überzeugten Mitgliedern zu Frustration. Vor allem aus dieser Klientel rekrutierten sich Gruppen, die sich von der SO trennten um eigenständig den verfassungsfeindlichen Lehren Hubbards zu folgen. Entsprechende Gruppen nennen sich unter anderem "Independent Scientologists" Unter dem Tenor "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben" betreibt die SO Informationsstände in verschiedenen Hamburger Bezirken - vorgeblich, um über die Gefahren und den Missbrauch von Drogenkonsum aufzuklären. Diese Stände, als vermeintlich soziale Projekte getarnt, sind für Unwissende nicht mit der SO in Verbindung zu bringen (Stichwort Entgrenzung: siehe hierzu auch Kapitel II, IV und V, Punkt "Entgrenzung"). Im Rahmen dieser Aktion werden Anti-DroMit unterschiedlichen Motiven und Flyern wirbt die SO für gen-Broschüren an Passanten verteilt. ihre Tarnorganisation "SAG NEIN ZU DROGEN - SAG JA ZUM Ziel ist es, über das populäre und LEBEN" (Illustration/Komposition LfV Hamburg) 191 Scientology-Organisation gesellschaftlich breit akzeptierte Thema mit Bürgerinnen und Bürgern, aber auch anderen Organisationen in Kontakt zu kommen. Die SO lobt ihre eigene Leistung zum Beispiel mit einem Beitrag auf den eigenen Internetseiten vom Oktober 2018, an einem Tag angeblich mehr als 1.100 Broschüren in der Hamburger Innenstadt unter die Leute gebracht zu haben. Weiterhin werden derartige Broschüren an Hamburger Jugendeinrichtungen verteilt oder in diversen Läden ausgelegt. Im Juli 2018 war die SO Hamburg Gastgeber der jährlich stattfindenden "Anti-Drogen-Konferenz". Die Veranstaltung gipfelte in der Übergabe einer selbst-preisenden Auszeichnung für die angeblich erfolgreichen Leistungen aller Aktivisten der "Frontgroup" "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben". Ebenso nahm eine Gruppe von Hamburger Scientologen unter dem Deckmantel der Frontgroup "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben" an einer populären Breitensportveranstaltung im Juni 2018 in Hamburg teil. Die Veranstalter wurden vom LfV Hamburg auf den Zusammenhang zur SO Hamburg hingewiesen. Info Hinweise und Informationen zur Scientology-Organisation - Für Hinweise und Infos steht Ihnen das Scientology-Postfach des LfV Hamburg zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter SO@Verfassungsschutz.Hamburg.de 192 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang e o Pr Cy logie fl o d o IT- I nf r c h no Te bargo ffen a Be e i n arg ag e E m g s w n T I S tun n i o I ich e p de K vern Co sen R ne r e nt a r nfi r m M a s ro j a T Aussp nt ä h u n g go arg f m b e n e E g S I n A I gm T - u I ä e R e Tr uss t IT ersy g K g s o n a fl p i ktu r ei n S IT-Infr acke a st r u att ste e b e r e n lo B y i imd hno Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Ausländische Nachrichtendienste spionieren offen oder konspirativ und setzen dabei sowohl technische Mittel als auch menschliche Quellen ein. Sie senden ihre Mitarbeiter als Diplomaten, Vertreter halbstaatlicher Institutionen, Wirtschaftsvertreter oder Journalisten getarnt in sogenannte Legalresidenturen (Botschaften und Generalkonsulate) oder die entsprechenden Einrichtungen und Unternehmen. Klassisches Aufklärungsziel ist die Ausforschung von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militär in Deutschland. Beschafft werden die Informationen durch die Auswertung offener Quellen (Publikationen, Tagungen) oder auch durch geschickt angebahnte Kontakte zu interessanten Gesprächspartnern auf Messen oder anderen Veranstaltungen, die häufig arglos abgeschöpft werden. Auch technische Mittel werden genutzt, beispielsweise die Ausspähung durch elektronische Angriffe. Aufgabe der Spionageabwehr ist es, dies zu verhindern. Neben der klassischen Spionage muss auch die Aufmerksamkeit auf die Abwehr der Wirtschaftsspionage gerichtet werden. Wirtschaftsspionage ist die staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Ausforschung von Wirtschaftsunternehmen sowie Betrieben. Weiterhin beobachtet die Spionageabwehr die von ausländischen Nachrichtendiensten gesteuerte oder auf nachrichtendienstliche Art und Weise betriebene Beschaffung von Know-how und Gütern, die sich auf die Entwicklung und Herstellung atomarer, biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen sowie auf die dafür erforderliche Raketentechnologie beziehen (Proliferation). Im Rahmen des Wirtschaftsschutzes werden Hamburger Unternehmen, die geheimhaltungsbedürftige Staatsaufträge erhalten, sowohl vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg als auch bei Bedarf zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie betreut. Ziel des Wirtschaftsschutzes ist es, die Unternehmen über Gefährdungslagen zu informieren und mögliche Schutzmaßnahmen und Schutzkonzepte zur Vermeidung und Verringerung von Schadensfällen anzuregen. Das LfV Hamburg stellt hierfür ein umfassendes Beratungsangebot zur Verfügung. Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz VIII. Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz 1. Überblick Die Spionageabwehr der Verfassungsschutzbehörden sammelt Informationen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten anderer Länder und wertet diese aus. Dabei geht es um das Aufklären und Verhindern aktueller Spionagefälle, aber auch um das Erkennen der Methoden, Zielrichtungen und Strukturen in Deutschland aktiver Nachrichtendienste. Russland Iran Großbritanien USA Türkei ZIELE Marokko Staat / Rüstung / Wirtschaft / Know-how Syrien Regimekritiker Nordkorea China Fremde Nachrichtendienste in Deutschland Die Spionageabwehr ist zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ganz entscheidend auf Hinweise aus der Öffentlichkeit angewiesen. Häufig ermöglichen Informationen von betroffenen Personen, Unternehmen oder anderen Stellen die Ermittlungen zur Klärung eines Spionageoder Proliferationsverdachts. Viele Betroffene unterschätzen die Tragweite ihres Falles oder 196 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz fürchten einen Imageverlust und verzichten deshalb darauf, die Spionageabwehr zu verständigen. Damit verhindern sie aber auch, dass ihre Erfahrungen Dritten zugutekommen können. Mit der Nutzung des Cyber-Raumes hat sich die Intensität der Spionage um ein Vielfaches gesteigert. Das Interesse gilt Deutschland wegen seiner Wirtschaftskraft und wegen seiner politischen Stellung als EUund NATO-Mitglied. Für eine Reihe von Nachrichtendiensten sind außerdem die oppositionellen Gruppierungen ihrer jeweiligen Heimatländer weiteres Ausforschungsund Angriffsziel. Die Nachrichtendienste nutzen verstärkt das Internet und weitere elektronische Kommunikationsmedien, zum Beispiel für elektronische Attacken. Die Gewinnung und der Einsatz menschlicher Quellen (Agenten) ist aber weiterhin ein gängiges und unverzichtbares Mittel der Informationsbeschaffung. Hauptträger der gegen Deutschland gerichteten Spionageaktivitäten sind nach wie vor die Russische Föderation, die Volksrepublik China und die Islamische Republik Iran. Hinzugekommen ist die Türkei, deren Aktivitäten seit dem dortigen Putschversuch im Juli 2016 deutlich zugenommen haben. Daneben agiert eine Vielzahl anderer Nachrichtendienste mehr oder weniger lautlos in Deutschland. 2. Nachrichtendienste Mittlerer und Naher Osten / Proliferation 2.1. Proliferation Die als sogenannte Krisenländer eingestuften Staaten bemühen sich nach wie vor um die Beschaffung von Produkten zur Herstellung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen (Proliferation) und der entsprechenden Trägertechnologie (Raketentechnik). Das LfV Hamburg hat den Auftrag, derartige Beschaffungsversuche in Kooperation mit anderen Sicherheitsbehörden frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. 197 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Als Länderschwerpunkte im Bereich der proliferationsrelevanten Aktivitäten gelten aktuell: f Iran f Syrien f Pakistan f Nordkorea Diese Staaten sind aufgrund der unzureichenden technologischen Infrastruktur im eigenen Land in hohem Maße darauf angewiesen, entsprechende Produkte und das zu ihrer Herstellung erforderliche Know-how aus den hierfür in Frage kommenden Lieferländern zu beziehen. In diesem Zusammenhang steht auch die Freie und Hansestadt Hamburg als Standort zahlreicher innovativer Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der betroffenen Risikotechnologien im Fokus der Beschaffungsversuche dieser Länder. Der Iran wird aufgrund seiner anhaltenden Beschaffungsbemühungen im Bereich der Trägertechnologie nach wie vor als proliferationsrelevanter Risikostaat eingestuft. Die langjährigen Verhandlungen zwischen dem Iran und der sogenannten EU3+3-Gruppe (damals Großbritannien, Frankreich und Deutschland sowie USA, Russland und China) zum iranischen Nuklearprogramm wurden am 14. Juli 2015 mit der Unterzeichnung des sogenannten "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) abgeschlossen. In diesem Abkommen stimmt der Iran einer starken Beschränkung und Kontrolle seines Atomprogramms zu. Im Gegenzug sind am "Implementation day" am 16. Januar 2016 bereits erste Sanktionslockerungen erfolgt. Diese Lockerungen betreffen zunächst vorrangig nicht-proliferationsrelevante Güter aus dem Bereich der Ölund Gasindustrie, deren Listung als politisches Druckmittel gegenüber dem Iran erfolgte. Sofern sich der Iran nachweislich an die festgelegten Vereinbarungen hält, soll eine komplette Aufhebung der nuklearbezogenen Sanktionen erst am "Transition day" (nach jetzigem Stand am 18.Oktober 2023) erfolgen. Bei nachweislichen Verstößen gegen das Abkommen werden sämtliche Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt. 198 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz US-Präsident Donald Trump verkündete am 8. Mai 2018 den Ausstieg der USA aus dem Abkommen. Dadurch wurden sämtliche vor dem JCPOA verhängten US-Sanktionen wieder reaktiviert. Für ausländische Unternehmen wurden hierfür Übergangsfristen für den Rückzug aus dem Iran-Geschäft festgelegt. Das Abkommen beinhaltet zudem keine Vereinbarungen zum iranischen Raketenprogramm. Der Iran verfolgt unverändert ein ambitioniertes Programm zur Modernisierung seiner Raketentechnik. Dieses Programm wird von den Sanktionserleichterungen nicht erfasst. Die möglichst frühzeitige Verhinderung der iranischen Beschaffungsbemühungen im Bereich der Trägertechnologie bildet daher auch zukünftig einen Schwerpunkt bei der Proliferationsbekämpfung. Das Atomabkommen mit dem Iran ist daher nicht mit der Einstellung von Maßnahmen zur Proliferationsbekämpfung verbunden. Es stellt lediglich einen kooperativen Ansatz auf diplomatischer Ebene dar, durch den die Kontrollund Sanktionsmechanismen im Interesse einer aktiven Abrüstung optimiert werden sollen. Zur Verschleierung von Beschaffungsaktivitäten haben die proliferationsrelevanten Staaten mittlerweile zahlreiche Methoden entwickelt: f Beteiligung von Zwischenhändlern im eigenen Land oder in Drittländern f Gründung von Tarnfirmen f Lieferungen über Umwege (über Drittstaaten) f Fälschung bzw. Manipulation der Exportdokumente Um eine möglichst wirksame Bekämpfung und Verhinderung der von den Krisenländern ausgehenden proliferationsrelevanten Aktivitäten gewährleisten zu können, sind die Verfassungsschutzbehörden in hohem Maße auf die Mitwirkung aller potenziell gefährdeten Personen und Unternehmen angewiesen. In diesem Zusammenhang besitzen gerade die Unternehmen, die als Hersteller oder Lieferanten sensibler Güter mit einer Einsatzmöglichkeit im Bereich der Herstellung von Massenvernichtungswaffen infrage kommen, eine besondere Verantwortung. 199 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Diese Firmen können sich im Falle eines Verdachts auf entsprechende Beschaffungsaktivitäten vertrauensvoll an das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg wenden. Da der Verfassungsschutz nicht zu den Strafverfolgungsbehörden zählt, unterliegt er auch nicht dem Strafverfolgungszwang und kann somit die Interessen und Belange der Personen und Firmen berücksichtigen, die ihm dahingehende Informationen zur Verfügung stellen. Bei Hinweisen und Fragen zu diesem Thema steht Ihnen das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg als vertrauensvoller Ansprechpartner unter folgender Erreichbarkeit mit Rat und Tat zur Seite: f Telefon: 040/ 24 44 43 Fax: 040/ 33 83 60 E-Mail: poststelle@verfassungsschutz.hamburg.de Selbstverständlich sind Sie bei der Übermittlung von Hinweisen und Anhaltspunkten nicht zu einer Preisgabe Ihrer Personendaten verpflichtet und können sich daher auch gerne auf anonymem Wege an uns wenden. Alle eingehenden Informationen werden grundsätzlich vertraulich behandelt. Weitere Informationen zum Thema Proliferation erhalten Sie im Internet unter der Adresse www.hamburg.de/ verfassungsschutz. Hier steht Ihnen ebenfalls die vom Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Länder herausgegebene Broschüre "ProliferationWir haben Verantwortung" zur Verfügung. 200 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz 2.2. Iranische Nachrichtendienste Der Iran nutzt seine Nachrichtendienste als wichtiges Mittel zur Sicherung des Herrschaftsanspruches der geistlichen und politischen Führung. Die iranischen Nachrichtendienste sind daher in unverändertem Maße auf die Ausspähung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen und Personen im Inund Ausland fokussiert. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bezieht sich ihr Ausspähungsinteresse weiterhin schwerpunktmäßig auf die Gewinnung von Informationen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in den westlichen Staaten. Die Spionageaktivitäten des iranischen Nachrichtendienstapparates werden überwiegend durch das iranische "Ministry of Intelligence" (MOIS) gesteuert und koordiniert. Das Hauptaugenmerk des MOIS bei den nachrichtendienstlichen Aktivitäten im westlichen Ausland richtet sich dabei auf die "Volksmodjahedin Iran-Organisation" (MEK) und deren politischen Arm (NWRI). Die bislang angefallenen Hinweise auf nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen deutsche Einrichtungen im Inund Ausland sind aus Sicht der Verfassungsschutzbehörden zudem als Belege für das anhaltende Aufklärungsinteresse des MOIS in den Bereichen Außenund Sicherheitspolitik zu bewerten. Die Verfassungsschutzbehörden haben in den vergangenen Jahren zunehmende Aktivitäten der Quds-Force in Deutschland festgestellt. Hierbei handelt es sich um eine auch nachrichtendienstlich agierende Spezialeinheit der Iranischen Revolutionsgarden, deren Ausforschungsaktivitäten sich insbesondere gegen (pro-) jüdische und (pro-) israelische Ziele richten. 2.2.1. Festnahmen, Verurteilungen und sonstige Maßnahmen Haftbefehl wegen mutmaßlicher Spionage Die Bundesanwaltschaft hat am 6. Juli 2018 beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs einen Haftbefehl gegen den iranischen Staatsangehörigen Assadollah A. wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit (SS 99 Abs. 201 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz 1 Nr. 1 StGB) und Verabredung zum Mord (SS 30 Abs. 1, Abs. 2, SS 211 StGB) erwirkt. Assadollah A. soll im März 2018 ein in Antwerpen lebendes Ehepaar beauftragt haben, einen Sprengstoffanschlag auf die jährliche Versammlung der iranischen Auslandsopposition am 30. Juni 2018 im französischen Villepinte zu verüben. Dazu soll der Beschuldigte dem Ehepaar Ende Juni 2018 eine Sprengvorrichtung mit insgesamt 500 Gramm des Sprengstoffes Triacetontriperoxid (TATP) übergeben haben. Am Tag des geplanten Sprengstoffanschlages haben belgische Sicherheitsbehörden das Ehepaar auf dem Weg nach Frankreich festgenommen und die Sprengstoffvorrichtung sichergestellt. Assadollah A. war seit 2014 als 3. Botschaftsrat an der Iranischen Botschaft in Wien akkreditiert. Nach den vorliegenden Erkenntnissen war er Mitarbeiter des iranischen Nachrichtenministeriums MOIS. Der iranische Diplomat wurde am 1. Juli 2018 aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Deutschland festgenommen und anschließend an die belgischen Behörden ausgeliefert. Wegen seiner Beteiligung an terroristischen Aktivitäten fasst der Rat der Europäischen Union mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/24 vom 8. Januar 2019 den Beschluss zur Aufnahme seiner Person auf die EU-Terrorliste. (Quelle: www.generalbundesanwalt.de) Festnahme wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit Am 6. Dezember 2018 erließ der Bundesgerichtshof einen Haftbefehl gegen den 50-jährigen deutsch-afghanischen Staatsangehörigen Abdul Hamid S. wegen des dringenden Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit für einen iranischen Geheimdienst. Der Beschuldigte war als Sprachauswerter und Landeskundlicher Berater bei der Bundeswehr tätig und soll dieses Funktion zur Weitergabe von Erkenntnissen an einen iranischen Nachrichtendienst genutzt haben. 202 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Die Bundesanwaltschaft veranlasste daraufhin am 15. Januar 2019 seine Festnahme. Seitdem befindet er sich auf Anordnung des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof in Untersuchungshaft. 3. Nachrichtendienste der Russischen Föderation Einhergehend mit der Abkühlung der politischen Beziehungen zu den Staaten der westlichen Welt in den vergangenen Jahren haben die Aktivitäten der russischen Nachrichtendienste zugenommen. Schwerpunkte des Aufklärungsinteresses sind unverändert die Bereiche Politik, Wissenschaft und Technik sowie die Wirtschaft und das Militär. So verfügt die Russische Föderation weiterhin über einen der weltweit größten nachrichtendienstlichen Apparate. Zu den bedeutendsten russischen Nachrichtendiensten zählen: f der Inlandsgeheimdienst FSB (Federalnaja Slushba Besopasnosti - geschätzte Personalstärke mindestens 350.000 Mitarbeiter, von denen etwa 200.000 im Grenzschutz eingesetzt sind), f der Militärgeheimdienst GRU (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije - geschätzte Personalstärke etwa 12.000 Mitarbeiter) f der Auslandsnachrichtendienst SWR (Slushba Wneschnej Raswedkij - circa 15.000 Mitarbeiter). Zu nennen ist auch der FSO (Federalnaja Slushba Ochrany - circa 40.000 Mitarbeiter), dessen Kernaufgabe die Gewährleistung der Sicherheit des russischen Präsidenten und der russischen Regierung ist. Der russische Präsident kann den FSO auch für Abwehrund Aufklärungsaufgaben einsetzen. Alle Nachrichtendienste dienen der Administration von Präsident Putin zur Durchsetzung der Regierungspolitik, der Verfolgung der weltweiten politischenund wirtschaftlichen Ziele und nicht zuletzt auch der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit auf dem Territorium der Russischen Föderation. Sie sind somit das bedeutendste Instrument für die Machterhaltung der russischen Staatsführung. 203 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Die Bundesrepublik Deutschland ist aufgrund ihrer Stellung in der Europäischen Union ein unverändert wichtiges Aufklärungsziel der russischen Nachrichtendienste. Hierfür spricht die verhältnismäßig hohe Präsenz von Geheimdienstangehörigen an den Legalresidenturen in den offiziellen Vertretungen der Russischen Föderation. Als Reaktion auf die Vergiftung des ehemaligen GRU-Angehörigen Sergei Skripal (in England) wurden unter anderem durch das westliche Staatenbündnis als Gegenmaßnahme über 140 russische Diplomaten ausgewiesen. Die Ausweisungswelle hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch eine Vielzahl von Geheimdienstmitarbeitern getroffen, was letztlich zu einer deutlichen Schwächung der Aufklärungsarbeit der Legalresidenturen geführt haben dürfte. Info Legalresidenturen sind abgetarnte Stützpunkte fremder Nachrichtendienste in Botschaften und Konsulaten. Die Informationsbeschaffung der russischen Geheimdienste erfolgt hierbei aus offen zugänglichen Quellen, über menschliche Quellen und nicht zuletzt verstärkt durch elektronische Angriffe auf Wirtschaft und Politik. Neben weltweit stattgefunden digitalen Angriffen wurde seit 2017 durch die russische Hackergruppe "APT28", die mit hoher Wahrscheinlichkeit den russischen Diensten zuzuordnen ist, das Datennetzwerk der Bundestagsverwaltung erfolgreich angegriffen. Info APT28 ("Advanced Persistent Threat 28") ist eine Hackergruppe, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem russischen Militärgeheimdienst GRU zuzurechnen ist. Sie firmiert unter mehreren Namen, beispielsweise Sofacy Group, Fancy Bear, Sednit Gang oder Pawn Storm. Die Bezeichnung ATP28 geht auf den Titel des Reports einer Sicherheitsfirma zurück, die über die Hackergruppe berichtet. 204 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Ein weiterer Aspekt der Geheimdienstarbeit ist die Verbreitung pro-russischer Propaganda. Ziele sind insbesondere die Verbreitung russlandfreundlicher Sichtweisen und die Beeinflussung veröffentlichter Meinungen durch die intensive Nutzung der sozialen Netzwerke und der staatsnahen Medien. Neben den klassischen Spionageaktivitäten gewinnt die Informationsbeschaffung mit technischen Mitteln, beispielsweise durch sog. Cyberangriffe, zunehmend an Gewicht ( siehe Punkt 5, Elektronische Attacken/ Wirtschaftsschutz). 4. Türkische Nachrichtendienste Die Aufklärungsbestrebungen des türkischen Inund Auslandsnachrichtendienstes MIT (Milli Istihbarat Teskilati) in Deutschland setzten sich im Jahr 2018 auf gleichbleibend hohem Niveau fort. Die Bundesrepublik Deutschland wird von dem türkischen Nachrichtendienst als wichtiges Zielland in Europa angesehen, da in Deutschland eine hohe Anzahl an türkischstämmigen Migranten lebt. Zu den Hauptaufgaben des MIT gehört die Ausforschung von Terrororganisationen wie der PKK, der TKP/ML und als "Staatsfeinde" stigmatisierte Gruppierungen wie die Gülen-Bewegung (FETÖ). Hierbei interessieren den MIT insbesondere die Aktivitäten, Strukturen und Führungspersonen der jeweiligen Organisation. Hierzu versucht der Dienst, Aktivisten der Oppositionsgruppen für seine Zwecke zu werben oder auch Mitarbeiter gezielt in deutschen Institutionen - wie der Polizei und dem Verfassungsschutz - zu platzieren. Der MIT untersteht ausschließlich dem Staatspräsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdogan. Der türkische Nachrichtendienst bedient sich zur Informationsbeschaffung in Deutschland hauptsächlich staatsund regierungstreuer türkischer Bürger sowie entsandter türkischer Staatsbeamter. Der MIT kann in Deutschland auf eine große Anzahl an Informanten und Zuträgern zurückgreifen, die häufig auch ohne konkreten Auftrag aktiv für den türkischen Staat Informationen beschaffen, spionieren und denunzieren. 205 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Der am 10. Oktober 2017 vom Hanseatischen Oberlandesgericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilte türkische Spion Mehmet Fatih S. wurde am 27. November 2017 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. 5. Elektronische Attacken / Wirtschaftsschutz Zahlreiche weltmarktführende Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind in Hamburg beheimatet. Ein deutlicher Vorsprung in der Produktforschung und -entwicklung sichert den langfristigen Erfolg dieser Institutionen auf dem Weltmarkt, weshalb Hamburger Unternehmen nicht nur für Wettbewerber, sondern auch für ausländische Nachrichtendienste ein begehrtes Ziel für Ausforschungen darstellen. Im Fokus sind dabei nach wie vor besonders die innovationskräftigen Unternehmen des Mittelstandes. In Staaten wie Russland oder China sorgt sogar eine explizite Gesetzgebung dafür, dass ihre Wirtschaft nachrichtendienstlich unterstützt wird. Bei einer derartigen Ausspähung mit staatlich-nachrichtendienstlichem Hintergrund ist der Verfassungsschutz zuständig. Fälle von Wirtschaftskriminalität und Industriespionage werden von der Polizei und der Staatsanwaltschaft bearbeitet. Die staatlich gelenkte Wirtschaftsspionage ist in aller Regel langfristig angelegt und nutzt dabei alle Methoden der nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung. Daher wird sie durch die Unternehmen oft zu spät oder gar nicht erkannt. Das begehrte Wissen wird dabei auf vielen Wirtschaftsund Forschungsfeldern ausgespäht, was der deutschen Volkswirtschaft starken Schaden zufügen kann. Daraus ergibt sich ein ureigenes staatliches Interesse, Wirtschaftsspionage in Deutschland zu verhindern. Die Gefährdung wird dabei durch nachrichtendienstliche Aufklärung mit informationstechnischen Mitteln -Cyberangriffe - noch zusätzlich erhöht. Die Zuständigkeit des LfV Hamburg im Bereich der Cyber-Sicherheit erstreckt sich allein auf Bedrohungen und Angriffe, die durch extremistische Bestrebungen oder Nachrichtendienste fremder Staaten erfolgen, sowie solcher Angriffe, deren Ziel Verschlusssachen sind. 206 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Info Verschlusssachen (kurz: VS) sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform (zum Beispiel Schriftstücke, Zeichnungen, Karten, Fotokopien, Lichtbildmaterial, elektronische Datenträger, elektrische Signale, Geräte, technische Einrichtungen, das gesprochene Wort etc.). Nicht nur Wirtschaftsspionage stellt einen Gefährdungstatbestand für Unternehmen dar, Unternehmen können auch durch politischen Extremismus betroffen werden. Unternehmensaktivitäten können durch das extremistische Spektrum politisiert werden, in Folge dessen die Unternehmen als Stellvertreter beispielsweise der Globalisierung, des Kapitalismus, des Militarismus oder Antiislamismus dargestellt werden und in öffentlichkeitswirksamen Aktionen hierauf Bezug genommen wird ( siehe Kapitel IV). Auch kann die Politik von Unternehmen zum Gegenstand von Mobilisierungen extremistischer Spektren werden - beispielsweise im Vorfeld politischer Gipfeltreffen wie G20. Die Belegschaft insbesondere größerer Unternehmen kann auch einen Querschnitt der Gesellschaft darstellen, so dass die mögliche Radikalisierung von Einzelpersonen und Sabotagerisiken durch Innentäter Risiken darstellen, die mit einkalkuliert und antizipiert werden müssen. Dies gilt besonders für Betreiber Kritischer Infrastrukturen (KRITIS). Auch im Jahr 2018 nahm der Wirtschaftsschutz des LfV eine Vielzahl von Terminen wahr, um gemeinsam mit anderen Behörden und Einrichtungen die kritischen Infrastrukturen Hamburgs auch in der Zukunft vor Angriffen und Sabotage zu schützen. Info KRITIS sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. 207 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Klassische Beispiele sind die Strom-, Wasseroder Energieversorgung, aber auch der IT-Sektor, das Bankenund Finanzwesen, Gesundheit, Medien, Transport und Verkehr sowie Staat und Verwaltung Aufgabe des LfV Hamburg ist es, Hamburger Unternehmen und Kritische Infrastrukturen für die Gefahren durch Wirtschaftsspionage, Sabotage und extremistische Bestrebungen zu sensibilisieren und bei der Abwehr dieser Gefahren zu unterstützen. Hinzu kommt der Schutz von Forschungseinrichtungen und Hochschulen im Bereich der Wissenschaftsspionage. Um eine erhöhte Sensibilität und ein angemessenes Sicherheitsbewusstsein von Führungskräften und Mitarbeitern zu erreichen, beraten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Vertreter von Firmen und Kritischer Infrastrukturen und geben aktuelle Lageeinschätzungen sowie konkrete Verhaltensempfehlungen bei eingetretenen oder befürchteten Sicherheitsgefährdungen. Sie sind darüber hinaus für die Hamburger Wirtschaft und auch für Nichtregierungsorganisationen der zentrale Ansprechpartner für alle verfassungsschutzrelevanten Belange. Das LfV Hamburg als Dienstleister 2018 hat das LfV Hamburg über 100 Gesprächskontakte wahrgenommen. Hierzu zählen: f Unternehmensbesuche, die Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden, Gremien sowie weitere Anlässe. Es gab über 30 anlassbezogene Beratungen infolge von Sicherheitsvorfällen mit mutmaßlich nachrichtendienstlichem Bezug in Unternehmen. Netzwerk Standortsicherheit: Weiterhin ist das LfV Hamburg in verschiedene Gremien eingebunden, vielfach als Teil des "Netzwerkes Standortsicherheit". Das Netzwerk Standortsicherheit wurde im Juni 2013 vom Präses der Behörde für Inneres und Sport und Vertretern der Hamburger Wirtschaft ins Leben gerufen. Das LfV 208 Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Hamburg ist hier federführend im Bereich des Schutzes vor Wirtschaftsspionage aktiv und beteiligt sich außerdem in den Arbeitsfeldern IT-Sicherheit und Cybercrime, Kritische Infrastrukturen, Qualifizierung und Bildung sowie Besondere Lagen. Hinweise von Unternehmen: Aufgrund der intensiven und guten Zusammenarbeit des LfV Hamburg mit der Hamburger Wirtschaft sowie ihren verschiedenen Vereinigungen und Verbänden, und des dadurch gewachsenen Vertrauensverhältnisses geben die Unternehmen dem LfV Hamburg Hinweise zu sicherheitsrelevanten Vorkommnissen, zum Beispiel zu Auffälligkeiten auf Geschäftsreisen bei der Einund Ausreisekontrolle, im Hotel oder bei Geschäftsverhandlungen. Die Hinweise werden grundsätzlich vertraulich behandelt, darauf können sich die Unternehmen verlassen. Weitere Informationen finden sich auf den Internetseiten des LfV Hamburg unter dem Arbeitsfeld Wirtschaftsschutz / Publikationen Wirtschaftsschutz. Info Unternehmen mit Beratungsbedarf können sich jederzeit mit dem Bereich "Wirtschaftsschutz" des LfV Hamburg unter der Telefonnummer 040 / 24 44 43 in Verbindung setzen oder eine E-Mail an wirtschaftsschutz@verfassungsschutz.hamburg.de schreiben. 209 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang i g m f u nbe s läs e t a t u r o u ve y s i ko b Z S i s Sa I T- t z R S a- cVhe str e ng sc h u te lus r s V i m nt ä m b e he I n e n Zug chr i ff h H G er rei sc Ver t be u g e Sic SA unbef hits e g bV Sic he o r t a o n m a b n t i S v e T ri t ät ssa H c he P rä e g r i t ät G I u t In G o h l im SÜ ch rsecng ge e b uli k h m i H rtra o is str e ri t ät VS A -V Sa b Geheimund Sabotageschutz Ziel des Geheimschutzes ist der Schutz von staatlichen Verschlusssachen, um geheim zu haltende Informationen und Materialien vor unbefugtem Gebrauch oder vor unerlaubter Einsichtnahme zu schützen. Der Umgang mit Verschlusssachen ist dabei sowohl personenbezogen als auch materiell geregelt. Der personelle Geheimschutz stellt sicher, dass nur solche Personen Zugang zu Verschlusssachen erhalten, bei denen keine Sicherheitsrisiken vorliegen. Zu diesem Zweck werden Sicherheitsüberprüfungen nach dem Hamburger Landesrecht (Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungund Geheimschutzgesetz, HmbSÜGG) durchgeführt. Elektronische Dateien und Datenträger sowie Schriftstücke werden entsprechend ihrer Sensibilität als sogenannte Verschlusssachen (VS) eingestuft. Um entgegenzuwirken, dass Unbefugte von diesen Informationen Kenntnis erlangen beziehungsweise zu diesen Zugriff oder Zutritt erhalten, umfasst der materielle Geheimschutz technische und organisatorische Präventivmaßnahmen für die Handhabung und Verwahrung von eingestuftem VS-Material. Aufgabe des Sabotageschutzes ist es, sicherheitsempfindliche Bereiche lebensund verteidigungswichtiger Einrichtungen vor möglichen Sabotageaktionen aus dem Kreis eigener Mitarbeiter zu schützen. Deshalb werden diese regelmäßig einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Geheimund Sabotageschutz IX. Geheimund Sabotageschutz 1. Allgemeines In Behörden und Einrichtungen gibt es, gesetzlich vorgeschrieben, geheimhaltungsbedürftige staatliche Informationen, die vor Ausforschung zu schützen sind. Im Bereich des Geheimschutzes ( 2.) obliegt diese Aufgabe dem LfV Hamburg durch personelle, technische und organisatorische Vorkehrungen. Solche amtlich geheim zu haltenden Angelegenheiten, sogenannte Verschlusssachen (VS), sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse. Dazu zählen insbesondere elektronische Speichermedien, Schriftverkehr, Transportwege, aber auch Räumlichkeiten. Sie werden nach ihrer Schutzbedürftigkeit entweder als "STRENG GEHEIM", "GEHEIM", "VS-VERTRAULICH" oder "VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH" klassifiziert. Entscheidend für die Einstufung ist der mögliche Schaden, der entstehen könnte, wenn Unbefugte von diesen Informationen Kenntnis erhalten. Auch Wirtschaftsunternehmen arbeiten mit staatlichen Verschlusssachen, wenn geheimhaltungsbedürftige Staatsaufträge zum Beispiel im Bereich der Rüstungsindustrie vergeben werden. Zum Schutz dieser Verschlusssachen werden diese Unternehmen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und dem Hamburger Verfassungsschutz betreut und daher als "geheimschutzbetreut" bezeichnet. Im Zuge des personellen Sabotageschutzes ( 3.) führt der Verfassungsschutz präventive Personenüberprüfungen durch, um potenzielle Saboteure von sicherheitsempfindlichen Bereichen fernzuhalten. Das LfV Hamburg schützt die eigenen IT-Systeme und Kommunikationsstrukturen durch Einhaltung von Sicherheitsstandards entsprechend des jeweiligen Schutzbedarfes ( 4.). 2. Geheimschutz Ziel des staatlichen Geheimschutzes ist es, geheimhaltungsbedürftige Informationen des Staates bestmöglich vor einem Zugriff durch 214 Geheimund Sabotageschutz Unbefugte zu sichern. Für solche Verschlusssachen ist deshalb ein optimaler Schutz zu gewährleisten. Der Umgang mit ihnen ist sowohl personenbezogen ( 2.1) als auch materiell ( 2.2) geregelt. 2.1. Personeller Geheimschutz Der personelle Geheimschutz stellt sicher, dass nur solche Personen Zugang zu Verschlusssachen erhalten, bei denen keine Sicherheitsrisiken vorliegen. Zu diesem Zweck werden Sicherheitsüberprüfungen nach dem Hamburger Landesrecht (Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungund Geheimschutzgesetz, HmbSÜGG) durchgeführt. Jede einzelne Sicherheitsüberprüfung dient damit der Feststellung, ob der betroffenen Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit in einer öffentlichen Stelle oder einem Unternehmen übertragen werden kann. Ein Sicherheitsrisiko, das die Zuweisung einer solchen Tätigkeit aus Gründen des staatlichen Geheimschutzes ausschließt, besteht insbesondere in folgenden Konstellationen: f Laufende oder abgeschlossene Strafverfahren; alternativ bei Straffälligkeit f Unzuverlässigkeit aufgrund von Drogenoder Alkoholmissbrauch f Fehlende Verfassungstreue, insbesondere bei politisch-extremistischer Tätigkeit f Besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (zum Beispiel wegen kompromittierender Lebensumstände). Zum Schutz der Grundrechte der Betroffenen und der einzubeziehenden Personen wurde im Sicherheitsüberprüfungsrecht festgelegt, dass die Durchführung einer vorherigen Zustimmung bedarf. Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist nur mit vorliegender Zustimmung der zu überprüfenden Personen zulässig. Falls die Zustimmung zur Sicherheitsüberprüfung nicht erteilt wird, ist die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung und daraus folgend die Zuweisung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nicht möglich. 215 Geheimund Sabotageschutz Je nach Art und Umfang der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit werden entweder eine einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü1), eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü2) oder eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü3) durchgeführt. Die Maßnahmen der einzelnen Überprüfungsarten sind im Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz (HmbSÜGG) geregelt. Hierzu gehören zum Beispiel Anfragen bei anderen Sicherheitsbehörden sowie beim Bundeszentralregister. Unabhängig vom tatsächlichen Umgang mit Verschlusssachen können auch Personen überprüft werden, die in einem sicherheitsempfindlichen öffentlichen Bereich tätig sind, der aufgrund seiner Aufgabenstellung oder seiner besonderen Bedeutung zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist. Bei dieser Form der Sicherheitsüberprüfung wirkt das Landesamt für Verfassungsschutz nicht mit (SS 34 HmbSÜGG), sie wird von der jeweiligen Behörde selbst durchgeführt. Überprüft werden hier regelhaft auch Personen, die in zentralen sicherheitsempfindlichen öffentlichen Bereichen in Funktionen der Informationsund Kommunikationstechnik - zum Beispiel bei Dataport - tätig sind. Info Dataport ist der Informationsund Kommunikations-Dienstleister der öffentlichen Verwaltung für die vier Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Sachsen-Anhalt, außerdem für die Steuerverwaltungen in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Die Anstalt des öffentlichen Rechts wurde aufgrund eines Staatsvertrages zum 1. Januar 2004 gegründet und hat ihren Sitz in Altenholz bei Kiel mit Niederlassungen in Hamburg, Rostock, Bremen, Lüneburg, Magdeburg und Halle. Bei der Durchführung einzelner Personenüberprüfungen und grundsätzlicher Fragen zum personellen Geheimschutz steht der Verfassungsschutz den öffentlichen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg und auch den geheimschutzbetreuten Unternehmen beratend zur Seite. Im Jahr 2018 hat das LfV Hamburg 449 (2017: 530) Sicherheitsüberprüfungen bearbeitet. 216 Geheimund Sabotageschutz 2.2. Materieller Geheimschutz Elektronische Dateien und Datenträger sowie Schriftstücke werden entsprechend ihrer Sensibilität als sogenannte Verschlusssachen (VS) eingestuft. Um entgegenzuwirken, dass Unbefugte von diesen Informationen Kenntnis erlangen beziehungsweise zu diesen Zugriff oder Zutritt erhalten, umfasst der materielle Geheimschutz technische und organisatorische Präventivmaßnahmen für die Handhabung und Verwahrung von eingestuftem VS-Material. Auch in anderen Symbolfoto Foto: Pixabay Behörden und Einrichtungen außerhalb des LfV Hamburg gibt es geheimhaltungsbedürftige staatliche Informationen, die vor Ausforschung zu schützen sind. Der Umgang mit Verschlusssachen richtet sich für die öffentlichen Stellen in Hamburg allgemein nach der Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbVSA) und nach dem Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz (HmbSÜGG). Bei der Planung und Durchführung technischer, baulicher und organisatorischer Sicherungsmaßnahmen steht der Verfassungsschutz den Verschlusssachen bearbeitenden öffentlichen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg beratend zur Seite. 3. Personeller Sabotageschutz Das HmbSÜGG regelt neben dem personellen Geheimschutz auch die Sicherheitsüberprüfung für den vorbeugenden personellen Sabotageschutz. Ziel ist es dabei, dass Personen, deren Zuverlässigkeit aufgrund festgestellter Sicherheitsrisiken zweifelhaft ist, nicht in sicherheitsempfindlichen Stellen eingesetzt werden, wo sie in der Lage wären, durch Sabotageakte lebensund verteidigungswichtige Einrichtungen zu zerstören (sogenannte Innentäter). 217 Geheimund Sabotageschutz Überprüft werden Personen, die innerhalb von einer durch Rechtsverordnung des Senats gemäß SS 33 HmbSÜGG bestimmten lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen an sicherheitsempfindlichen Stellen beschäftigt sind oder werden sollen und die tatsächlich auf die Funktionsfähigkeit dieser Einrichtungen Einfluss nehmen könnten. Eine sicherheitsempfindliche Stelle ist die kleinste selbstständig handelnde Organisationseinheit innerhalb einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung, die vor unberechtigten Zugang geschützt ist und von der im Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen würde. Der Verfassungsschutz steht den betroffenen öffentlichen und privaten Stellen zu Fragen rund um den personellen Sabotageschutz zur Verfügung. 4. Schutz von IT-Systemen und Kommunikationsstrukturen Verschiedene Vorfälle, wie beispielsweise der Hackerangriff auf den Bundestag in den vergangenen Jahren, haben für eine breite Öffentlichkeit deutlich gemacht, wie angreifbar moderne Kommunikationsinfrastrukturen sind. Die in öffentlichen Stellen eingesetzten IT-Systeme sind dabei einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, elektronisch angegriffen zu Symbolfoto Foto: Pixabay werden. Ziel dieser Angriffe ist häufig das Ausforschen, das Manipulieren oder Löschen von Daten sowie die Beeinträchtigung der Verfügbarkeit dieser IT-Systeme. Das LfV Hamburg, dessen zentraler Geschäftsprozess aus der Sammlung, Verarbeitung und Auswertung von Informationen besteht, ist auf die Verfügbarkeit und Integrität der elektronisch gespeicherten Daten angewiesen. Das LfV unternimmt erhebliche Anstrengungen, um durch technische und organisatorische Maßnahmen die eingesetzten IT-Systeme sowie die 218 Geheimund Sabotageschutz genutzten Kommunikationsstrukturen zu schützen. Mit einer an IT-Sicherheitsstandards ausgerichteten Struktur und der festen Einbindung in den Informationssicherheitsprozess der Freien und Hansestadt Hamburg wird das erforderliche Sicherheitsniveau, die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Informationen, Anwendungen und IT-Systeme im LfV sichergestellt. Daneben werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LfV durch unterschiedliche Maßnahmen verstärkt sensibilisiert und über die Anforderungen des Datenschutzes sowie mittels Fortbildungsangeboten informiert. Weitere Informationen finden sich auf den Internetseiten des LfV www Hamburg unter dem Arbeitsfeld Wirtschaftsschutz / Publikationen Wirtschaftsschutz. 219 Verfassungsschutz in Hamburg Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Islamisten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug Linksextremismus Rechtsextremismus Reichsbürger und Selbstverwalter Scientology-Organisation Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Geheimund Sabotageschutz Anhang Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 07.03.1995 zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.06.2013 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS1 Zweck des Verfassungsschutzes SS2 Zuständigkeit SS3 Zusammenarbeit SS4 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS5 Begriffsbestimmungen SS6 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen SS7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz SS 7a Verfahrensregelungen zu besonderen Auskunftsverlangen SS 7b Einschränkung von Grundrechten SS 7c Weitere Auskunftsverlangen SS8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln SS9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten SS 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger SS 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung 222 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 3. Abschnitt Datenübermittlung SS 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten SS 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste SS 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden SS 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen SS 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz SS 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz SS 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen SS 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger 4. Abschnitt Auskunftserteilung SS 23 Auskunftserteilung 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes SS 24 Parlamentarischer Kontrollausschuss SS 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses SS 26 Aufgaben des Ausschusses SS 27 Eingaben 223 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 6. Abschnitt Schlussvorschriften SS 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz SS 29 Inkrafttreten 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Zu diesem Zweck tritt dieses Gesetz neben das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seiten 2954, 2970), zuletzt geändert am 20. Juni 2013 (BGBl. I S. 1602, 1607). SS2 Zuständigkeit (1) 1 Der Verfassungsschutz wird innerhalb der zuständigen Behörde vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. 2 Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ausschließlich hierfür zuständig. 3 Bei der Erfüllung seiner Aufgaben ist es an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). (2) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. 2 Ihm stehen polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse gegenüber polizeilichen Dienststellen nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. 224 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) SS3 Zusammenarbeit (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. 2 Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen. (2) 1 Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses Gesetzes und soweit eigenes Landesrecht dies zulässt, der Bund gemäß SS 5 Absatz 2 BVerfSchG nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. 2 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in den anderen Ländern tätig werden, soweit es die Rechtsvorschriften dieses Gesetzes und der anderen Länder zulassen. SS4 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) 1 Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 225 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 4. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind (SS 3 Absatz 1 BVerfSchG). 2 Das Landesamt für Verfassungsschutz hat insbesondere den Senat über Gefahren für die Schutzgüter des SS 1 zu informieren und die dafür zuständigen staatlichen Stellen in die Lage zu versetzen, Maßnahmen zu ihrer Abwehr zu ergreifen. 3 Es informiert und berät auf Anforderung öffentliche und nicht-öffentliche Stellen und Einrichtungen über die Gefahren der gegen sie gerichteten Bestrebungen und Tätigkeiten des Absatzes 1. 4 Darüber hinaus unterrichtet das Landesamt für Verfassungsschutz mindestens einmal jährlich die Öffentlichkeit über Gefahren für die Schutzgüter des SS 1. (2) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich dienstlich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen und Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte (SS 3 Absatz 2 Satz 1 BVerfSchG) und 4. bei der Betreuung nicht-öffentlicher Stellen und Einrichtungen, bei denen auf Grund von öffentlichen Verschlusssachenaufträgen Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt worden sind. 226 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 2 Die Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummern 1 und 2 sind im Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsund Geheimschutzgesetz (HmbSÜGG) vom 25. Mai 1995 (HmbGVBl. S. 82), zuletzt geändert am 2. April 2013 (HmbGVBl. S. 121, 124), geregelt. 3 Die Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung an Zuverlässigkeitsüberprüfungen zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Hamburger Hafens sind im Hafensicherheitsgesetz vom 6. Oktober 2005 (HmbGVBl. S. 424), zuletzt geändert am 22. Juni 2010 (HmbGVBl. S. 440), geregelt. SS5 Begriffsbestimmungen (1) 1 Im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. 2 Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt (SS 4 Absatz 1 Sätze 1 und 2 BVerfSchG). 227 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 3 Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verhaltensweisen gemäß Satz 1 von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, wenn sie gegen Schutzgüter dieses Gesetzes mit Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder diese sonst angreifen und bekämpfen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen gemäß SS 4 Absatz 2 BVerfSchG 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und ihre Ablösbarkeit, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 6. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und 7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS6 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf nur Maßnahmen ergreifen, wenn und soweit sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind; dies gilt insbesondere für die Erhebung und weitere Verarbeitung personen228 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) bezogener Daten. 2 Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat es diejenige zu treffen, die den Einzelnen insbesondere in seinen Grundrechten und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. 3 Eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine behördliche Auskunft gewonnen werden kann. 4 Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. 5 Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen SS7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen erheben und weiter verarbeiten. 2 Es darf personenbezogene Daten auch für die Vorgangsverwaltung nutzen und verarbeiten. 3 Ist zum Zwecke der Datenerhebung die Übermittlung von personenbezogenen Daten unerlässlich, ist sie auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. 4 Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. (1a) 1 Die Erhebung von personenbezogenen Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder einem Vertrauensverhältnis mit Berufsgeheimnisträgern oder zeugnisverweigerungsberechtigten Personen gemäß SSSS 53, 53a Strafprozessordnung zuzuordnen sind (Vertrauensbereiche), ist unzulässig. 2 Werden personenbezogene Daten aus diesen Vertrauensbereichen durch Maßnahmen unvermeidbar erfasst, so dürfen die Daten nicht weiter verarbeitet werden; sie sind unter Aufsicht eines Bediensteten mit der Befähigung zum Richteramt zu löschen oder zu vernichten. 3 Die Tatsache der Erhebung und die Löschung oder Vernichtung der Daten aus diesen Vertrauensbereichen ist zu dokumentieren. 4 In Zweifelsfällen entscheidet der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz oder sein Stellvertreter, ob die Daten weiter verarbeitet werden dürfen. 5 Eine Weiterverarbeitung darf erst nach einer Berichterstattung an den 229 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Kontrollausschuss gemäß SS 26 erfolgen, sofern keine Gefahr im Verzug vorliegt. 6 Soweit die Daten für eine Mitteilung an den Betroffenen oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme von Bedeutung sein können, sind sie zu sperren. 7 Die gesperrten Daten dürfen nur zu den in Satz 6 genannten Zwecken verwendet werden. 8 Im Fall der Mitteilung an den Betroffenen sind die Daten erst zu löschen, wenn der Betroffene nach Ablauf eines Monats nach seiner Benachrichtigung keine Klage erhebt; auf diese Frist ist in der Mitteilung hinzuweisen. 9 Im Fall einer gerichtlichen Überprüfung sind die Daten nach deren Abschluss zu löschen. 10 Die Löschung von Daten ist zu protokollieren. 11 Anderweitige Rechtsvorschriften über die Bearbeitung von personenbezogenen Daten aus den Vertrauensbereichen bleiben unberührt. (2) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf bei den hamburgischen Behörden und den der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, die diesen Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bereits vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. 2 Das Landesamt für Verfassungsschutz braucht die Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz des Betroffenen dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telemediendienste (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in SS 4 Absatz 1 genannten Schutzgüter vorliegen. (4) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall Auskunft einholen bei 1. Luftfahrtunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen für Flüge zu Namen und Anschriften des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den 230 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg, 2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungseinund -ausgänge, 3. (aufgehoben), 4. denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach SS 96 Absatz 1 Nummern 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert am 20. Juni 2013 (BGBl. I S. 1602), und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und 5. denjenigen, die geschäftsmäßig Telemediendienste erbringen oder daran mitwirken, zu a) Merkmalen zur Identifikation des Nutzers eines Telemediendienstes, b) Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und c) Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemediendienste, soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass schwerwiegende Gefahren für die in SS 4 Absatz 1 Satz 1 genannten Schutzgüter vorliegen. 2 Im Falle des SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder auf Grund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, 1. zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die 231 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder 2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (5) Anordnungen nach Absatz 4 dürfen sich nur gegen Personen richten, bei denen 1. tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die schwerwiegenden Gefahren nach Absatz 4 nachdrücklich fördern oder 2. auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist a) bei Auskünften nach Absatz 4 Satz 1 Nummern 1, 2 und 5, dass sie die Leistung für eine Person nach Nummer 1 in Anspruch nehmen oder b) bei Auskünften nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 4, dass sie für eine Person nach Nummer 1 bestimmte oder von ihr herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, oder dass eine Person nach Nummer 1 ihren Anschluss benutzt. SS 7a Verfahrensregelungen zu besonderen Auskunftsverlangen (1) Anordnungen nach SS 7 Absatz 4 werden vom Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz oder seinem Vertreter beantragt; der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Zuständig für die Anordnungen ist der Präses oder bei seiner Verhinderung der Staatsrat der zuständigen Behörde. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Auf die Anordnung der Verlängerung finden die Sätze 1 und 2 Anwendung. 232 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) (2) Über Anordnungen nach SS 7 Absatz 4 unterrichtet die zuständige Behörde die G 10-Kommission nach SS 1 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes vom 17. Januar 1969 (HmbGVBl. S. 5), zuletzt geändert am 2. April 2013 (HmbGVBl. S. 121, 128), in der jeweils geltenden Fassung, vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann sie den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor der Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. SS 15 Absatz 5 des Artikel 10-Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), zuletzt geändert am 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576, 2580), ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der Kommission sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach SS 7 Absatz 4 erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen über Auskünfte, welche die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, sind unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Falle einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen. Für die Verarbeitung der nach SS 7 Absatz 4 erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. (3) Die nach Absatz 2 zuständige Behörde unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten den Kontrollausschuss gemäß SS 24 über Anordnungen nach SS 7 Absatz 4; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben. Die nach Satz 1 zuständige Behörde erstattet ferner dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach dem Kontrollgremiumgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2346) jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie Art, Umfang und Anordnungsgründe der Maßnahmen; dabei sind die Grundsätze des SS 2 Absatz 4 des Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes und des SS 10 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes zu beachten. (4) Anordnungen sind dem Verpflichteten insoweit schriftlich mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung zu ermöglichen. Anordnungen und übermittelte Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden. (5) Dem Verpflichteten ist es verboten, allein auf Grund einer Anordnung nach SS 7 Absatz 3 oder 4 einseitige Handlungen vorzunehmen, die für den 233 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Betroffenen nachteilig sind und die über die Erteilung der Auskunft hinausgehen, insbesondere bestehende Verträge oder Geschäftsverbindungen zu beenden, ihren Umfang zu beschränken oder ein Entgelt zu erheben oder zu erhöhen. Die Anordnung ist mit dem ausdrücklichen Hinweis auf dieses Verbot und darauf zu verbinden, dass das Auskunftsersuchen nicht die Aussage beinhaltet, dass sich die betroffene Person rechtswidrig verhalten hat oder ein darauf gerichteter Verdacht bestehen müsse. (6) Die in SS 7 Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 genannten Stellen sind verpflichtet, die Auskunft unverzüglich, vollständig, richtig und in dem Format zu erteilen, das durch die auf Grund von Absatz 8 Sätze 1 bis 3 erlassene Rechtsverordnung oder in den in Absatz 8 Sätze 4 und 5 bezeichneten Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist. (7) Anordnungen nach SS 7 Absatz 4 Satz 1 Nummern 1 und 2 hat die zuständige Behörde dem Betroffenen mitzuteilen; eine Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks des Eingriffs nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Für Anordnungen nach SS 7 Absatz 4 Satz 1 Nummern 4 und 5 findet SS 12 Absatz 1 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Wurden personenbezogene Daten an eine andere Stelle übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dieser. (8) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Auskünfte nach SS 7 Absätze 3 und 4 mit Ausnahme der Auskünfte nach SS 7 Absatz 4 Satz 1 Nummer 4, auch soweit andere Vorschriften hierauf verweisen, ganz oder teilweise auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenfernübertragung übermittelt werden müssen. Dabei können insbesondere geregelt werden 1. die Voraussetzungen für die Anwendung des Verfahrens, 2. das Nähere über Form, Inhalt, Verarbeitung und Sicherung der zu übermittelnden Daten, 234 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 3. die Art und Weise der Übermittlung der Daten, 4. die Zuständigkeit für die Entgegennahme der zu übermittelnden Daten, 5. der Umfang und die Form der für dieses Verfahren erforderlichen besonderen Erklärungspflichten des Auskunftspflichtigen, 6. Tatbestände und Bemessung einer auf Grund der Auskunftserteilung an Verpflichtete zu leistenden Aufwandsentschädigung und 7. die technischen und organisatorischen Maßnahmen nach SS 8 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vom 5. Juli 1990 (HmbGVBl. S. 133, 165, 266), zuletzt geändert am 14. Juni 2011 (HmbGVBl. S. 255). Zur Regelung der Datenübermittlung kann in der Rechtsverordnung auf Veröffentlichungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei sind das Datum der Veröffentlichung, die Bezugsquelle und eine Stelle zu bezeichnen, bei der die Veröffentlichung archivmäßig gesichert niedergelegt ist. Der Senat kann die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf die zuständige Behörde weiter übertragen. Die Vorgaben für die Erteilung von Auskünften nach SS 7 Absatz 4 Satz 1 Nummer 4, insbesondere ob und in welchem Umfang die Verpflichteten hierfür Vorkehrungen für die technische und organisatorische Umsetzung der Auskunftsverpflichtung zu treffen haben, bestimmen sich nach SS 110 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung. Die technischen Einzelheiten, die zur Auskunftserteilung sowie zur Gestaltung des Übergabepunktes zu den berechtigten Stellen erforderlich sind, insbesondere das technische Format für die Übermittlung derartiger Auskunftsverlangen an die Verpflichteten und die Rückübermittlung der zugehörigen Auskünfte an die berechtigten Stellen, richten sich nach den Festlegungen in der Technischen Richtlinie nach SS 110 Absatz 3 des Telekommunikationsgesetzes. (9) Für die Erteilung von Auskünften nach SS 7 Absatz 4 Satz 1 Nummer 4 hat der Verpflichtete Anspruch auf Entschädigung entsprechend SS 23 und Anlage 3 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes (JVEG) vom 235 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert am 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2182, 2189); die Vorschriften über die Verjährung in SS 2 Absätze 1 und 4 JVEG finden entsprechend Anwendung. SS 7b Einschränkungen von Grundrechten Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des SS 7 Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 Nummern 4 und 5 sowie des SS 7a Absätze 1, 2 und 4 bis 8 eingeschränkt. SS 7c Weitere Auskunftsverlangen (1) Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist, darf von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, Auskunft über die nach den SSSS 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes erhobenen Daten verlangt werden. Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen. (2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse sowie weiterer zur Individualisierung erforderlicher technischer Daten verlangt werden. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2 ist zuständig für die Anordnung der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz oder sein Vertreter. SS 7a Absatz 7 Sätze 2 und 3 gilt in diesen Fällen entsprechend. (4) Auf Grund eines Auskunftsverlangens nach Absatz 1 oder 2 hat derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder 236 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) daran mitwirkt, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln. (5) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat für ihm erteilte Auskünfte eine Entschädigung zu gewähren, deren Umfang sich nach SS 23 und Anlage 3 JVEG bemisst; die Vorschriften über die Verjährung in SS 2 Absätze 1 und 4 JVEG finden entsprechend Anwendung. (6) Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe des Absatzes 2 eingeschränkt. SS8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen verdeckt erheben. 2 Der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln ist vorbehaltlich SS 6 nur zulässig, wenn 1. er sich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 bestehen, 2. er sich gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Betroffenen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, um auf diese Weise Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 zu gewinnen, 3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder 4. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Landesamtes für Verfassungsschutz 237 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. 3 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die so gewonnenen Informationen nur für die in Satz 2 genannten Zwecke verwenden. 4 Unterlagen, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu vernichten. 5 Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen schriftlichen Unterlagen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen sie einem Verwertungsverbot. (2) 1 Zulässige nachrichtendienstliche Mittel sind 1. verdeckt eingesetzte hauptamtliche Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, 2. verdeckt eingesetzte Personen, die nicht in einem arbeitsvertraglichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Landesamt für Verfassungsschutz stehen, wie Vertrauensleute, Informanten, Gewährspersonen, 3. planmäßig angelegte Beobachtungen (Observationen), 4. Bildaufzeichnungen, 5. verdeckte Ermittlungen und Befragungen, 6. verdecktes Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel, 7. verdecktes Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder sonstiger Signale unter Einsatz technischer Mittel innerhalb und außerhalb von Wohnungen (Artikel 13 des Grundgesetzes), 8. Beobachten und Aufzeichnen des Funkverkehrs und die verdeckte Standortbestimmung mit technischen oder telekommunikativen Mitteln, soweit nicht der Postund Fernmeldeverkehr nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes betroffen ist, 238 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 9. Aufbau und Gebrauch von Legenden, 10. Beschaffen, Erstellen und Verwenden von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen, 11. Überwachen des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes sowie 12. weitere vergleichbare Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, insbesondere das sonstige Eindringen in technische Kommunikationsbeziehungen durch Bild-, Tonund Datenaufzeichnungen, um die nach Absatz 1 erforderlichen Informationen zu gewinnen. 2 Die nachrichtendienstlichen Mittel sind abschließend in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationserhebungen regelt. 3 Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde. 4 Der oder dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 5 Die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten. (3) 1 Der verdeckte Einsatz besonderer technischer Mittel zur Informationsgewinnung ist im Schutzbereich des Artikels 13 des Grundgesetzes innerhalb von Wohnungen in Abwesenheit einer für das Landesamt für Verfassungsschutz tätigen Person zur Abwehr dringender Gefahren für die Schutzgüter des SS 1 und unter Berücksichtigung des SS 6 nur zulässig, wenn die materiellen Voraussetzungen für einen Eingriff in das Brief-, Postoder Fernmeldegeheimnis nach SS 1 Absatz 1 Nummer 1 und SS 3 Absatz 1 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes vorliegen und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 2 Der verdeckte Einsatz besonderer technischer Mittel darf sich nur gegen den Verdächtigen richten. 3 Bei unmittelbar bevorstehender Gefahr darf der Einsatz sich auch gegen Personen richten, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für die Verdächtigen bestimmte oder von ihnen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass die Verdächtigen sich in ihrer Wohnung aufhalten. 4 In den Fällen des SS 53 Absatz 1 der Strafprozessordnung sind Maßnahmen nach den Sätzen 239 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 1 bis 3 nur zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass bei den zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten die materiellen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen. (4) 1 Die Anordnung des Einsatzes besonderer technischer Mittel nach Absatz 3 Satz 1 trifft der Richter. 2 Bei Gefahr im Verzug kann der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz oder bei seiner Verhinderung sein Vertreter einen Einsatz nach Absatz 3 Satz 1 anordnen; die Tatsachen, die Gefahr im Verzug begründen, sind aktenkundig zu machen. 3 Eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. 4 Die Anordnungen sind auf längstens vier Wochen zu befristen; Verlängerungen um jeweils nicht mehr als vier weitere Wochen sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. (5) 1 Die Anordnung des Einsatzes besonderer technischer Mittel nach Absatz 3 Satz 1 wird unter der Aufsicht eines Beschäftigten des Landesamtes für Verfassungsschutz vollzogen, der die Befähigung zum Richteramt hat. 2 Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor oder ist der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Informationsgewinnung nicht mehr erforderlich, ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden. 3 Das Abhören und Aufzeichnen ist unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. 4 Aufzeichnungen über solche Äußerungen sind unverzüglich zu löschen. 5 Erkenntnisse über solche Äußerungen dürfen nicht verwertet werden. 6 Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. 7 Ist eine Maßnahme unterbrochen worden, so darf sie fortgeführt werden, soweit auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht mehr erfasst werden. 8 Im Zweifel ist über die Unterbrechung oder Fortführung der Maßnahme unverzüglich eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen. (6) 1 Erkenntnisse und Unterlagen, die durch Maßnahmen nach Absatz 3 Satz 1 gewonnen wurden, dürfen zur Verfolgung und Erforschung der dort genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten sowie nach Maßgabe des SS 4 Absätze 4 bis 6 des Artikel 10-Gesetzes verwendet werden. 2 SS 14 Absatz 240 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 2 Satz 2 bleibt unberührt. 3 Für die Speicherung und Löschung der durch die Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 7 erlangten personenbezogenen Daten sowie die Entscheidung über die nachträgliche Information der von Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 7 Betroffenen gelten SS 4 Absatz 1 und SS 12 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend. 4 Die Zusammenarbeitsverpflichtung nach SS 3 bleibt unberührt. (7) 1 Der verdeckte Einsatz besonderer technischer Mittel im Schutzbereich des Artikels 13 des Grundgesetzes innerhalb von Wohnungen ist auch dann zulässig, wenn es ausschließlich zum Schutz der dort für den Verfassungsschutz tätigen Personen zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit unerlässlich ist und vom Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz oder bei seiner Verhinderung von seinem Vertreter angeordnet ist. 2 Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Kenntnisse zum Zweck der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. 3 Die Tatsachen, die Gefahr im Verzug begründen, sind aktenkundig zu machen. (8) 1 Zuständiges Gericht zur Entscheidung nach den Absätzen 3 und 7 ist das Amtsgericht Hamburg. 2 Für das Verfahren findet Buch 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), zuletzt geändert am 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1577, 1579), entsprechend Anwendung. (9) Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe der Absätze 3 und 7 eingeschränkt. (10) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des SS 7 Absatz 4 technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes oder zur Ermittlung der Geräteoder Kartennummer einsetzen. 2 Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 die Ermittlung des Standortes oder die Ermittlung der Geräteoder Kartennummer aussichtslos oder wesentlich erschwert ist. 3 Sie darf sich nur gegen die in SS 7 Absatz 5 Nummer 1 und Nummer 2 Buchstabe b bezeichneten Personen richten. 4 Für die Verarbeitung der Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzu241 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) wenden. 5 Personenbezogene Daten eines Dritten dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. 6 Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. 7 SS 7a Absätze 1 bis 3 und Absatz 7 Satz 1 gilt entsprechend. 8 Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. (11) 1 Erhebungen nach den Absätzen 3 bis 8 und Eingriffe, die in Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, bedürfen der Zustimmung des Präses, bei dessen Verhinderung des Staatsrates der zuständigen Behörde. 2 Sie sind dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. 3 Lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. 4 Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn der Kontrollausschuss gemäß SS 24 einstimmig festgestellt hat, dass 1. diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch nicht eingetreten ist, 2. diese Voraussetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten wird und 3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen. SS9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten weiter verarbeiten, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 teilnimmt, und dies für die Beobachtung der Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist, 242 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist, 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist, 4. eine Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen nach SS 2 Absatz 3 des Artikel 10-Gesetzes oder bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Hafensicherheitsgesetz oder eine Beteiligung bei Überprüfungen nach SS 7 des Luftsicherheitsgesetzes vom 11. Januar 2005 (BGBl. I S. 78), zuletzt geändert am 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2424, 2429), und SS 12b des Atomgesetzes in der Fassung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1566), zuletzt geändert am 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212, 249), erfolgt. 2 Das Recht der Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten nach SS 7 Absatz 1 Satz 2 zur Vorgangsverwaltung bleibt unberührt. (2) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. 2 Bei der Einzelfallbearbeitung, im Übrigen jeweils spätestens vier Jahre beginnend ab der ersten Speicherung, prüft das Landesamt für Verfassungsschutz, ob die Speicherung der personenbezogenen Daten weiterhin erforderlich ist. (3) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 oder 4 dürfen länger als zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten Information nur mit Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde oder der von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz gespeichert bleiben. (4) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist befugt, gemäß SS 22 a BVerfSchG personenbezogene Daten in gemeinsamen Dateien mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder und anderen Sicherheitsbehörden zu verarbeiten, soweit besondere bundesrechtliche Vorschriften oder landesrechtliche Vorschriften Anlass, Umfang und sonstige datenschutzrechtliche Anforderungen regeln. 243 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) SS 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des SS 9 Daten über Minderjährige in Sachakten und amtseigenen Dateien speichern und weiter verarbeiten. 2 Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nicht in gemeinsamen Dateien (SS 6 BVerfSchG), Daten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres nicht in amtseigenen Dateien gespeichert werden. (2) Daten über Minderjährige in Dateien sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung zu überprüfen; spätestens nach fünf Jahren sind diese Daten zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 4 Absatz 1 angefallen sind. SS 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung (1) 1 Erweist sich eine Information nach ihrer Übermittlung als unrichtig oder unvollständig, hat die übermittelnde Stelle ihre Information unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn durch die unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt sein können. 2 Die Berichtigung erfolgt dadurch, dass die unrichtigen Angaben, soweit sie in Akten enthalten sind, entfernt werden und, soweit sie in Dateien gespeichert sind, gelöscht werden. 3 Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Trennung von zu berichtigenden und richtigen Informationen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. (2) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle oder der Datensicherung gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke oder bei Verdacht des Datenmissbrauchs genutzt werden. (3) Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Sperrung und Löschung SS 19 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. 244 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 3. Abschnitt Datenübermittlung SS 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten Das Landesamt für Verfassungsschutz kann die im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung erlangten Daten, die nicht personenbezogen sind, an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermitteln, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der Empfänger erforderlich sein können. SS 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste (1) Gemäß SS 5 Absatz 1 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Länder alle personenbezogenen Daten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der Empfänger erforderlich ist. (2) Gemäß SS 21 Absatz 2 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten. SS 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 zwingend erforderlich ist oder der Empfänger eine Sicherheitsüberprüfung durchführt.2 Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 3 Hierauf ist er hinzuweisen. 245 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) (2) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf über Absatz 1 hinaus Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften und die Polizei übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine in den SSSS 74 a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz, SS 100a Absatz 2 Nummern 6, 7, 9 und 11 der Strafprozessordnung und SSSS 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat plant, begeht oder begangen hat sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. 2 Personenbezogene Daten, die das Landesamt für Verfassungsschutz selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach SS 8 erhoben hat, dürfen nur dann an die Staatsanwaltschaft oder an die Polizei übermittelt werden, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für deren Erhebung mit entsprechenden Befugnissen zur verdeckten Datenerhebung nach der Strafprozessordnung oder nach den SSSS 9 bis 12 und SS 23 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (HmbGVBl. S. 187, 191), zuletzt geändert am 30. Mai 2012 (HmbGVBl. S. 204), vorgelegen hätten. SS 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 (Bundesgesetzblatt II 1961 Seiten 1183, 1218) übermitteln. 2 Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. 3 Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 246 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz an ausländische öffentliche Stellen sowie an überoder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. 2 Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. 3 Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen oder wenn dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. 4 Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. SS 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs (1) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermitteln, es sei denn, dass die Übermittlung zum Schutz 1. der sicherheitsempfindlichen Stellen der in SS 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 genannten Einrichtungen, 2. der Verschlusssachen der in SS 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 genannten Stellen und Einrichtungen, 3. der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes vor den in SS 4 Absatz 1 bezeichneten Bestrebungen, Tätigkeiten und Gefahren erforderlich ist und hinreichende Tatsachen für eine Beeinträch247 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) tigung vorliegen. 2 Zulässig ist auch die Mitteilung, dass zu der betroffenen Person keine Erkenntnisse vorliegen.3 Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde, bei dessen Verhinderung der Staatsrat oder die besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. 4 Dies gilt nicht bei Erhebungen nach SS 7 Absatz 1 Sätze 2 und 3. (2) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über die Übermittlung nach Absatz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck und die Veranlassung der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. 2 Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (3) 1 Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 2 Hierauf ist er hinzuweisen. 3 Die Übermittlung der personenbezogenen Daten ist dem Betroffenen durch das Landesamt für Verfassungsschutz mitzuteilen, sobald eine Gefährdung seiner Aufgabenerfüllung durch die Mitteilung nicht mehr zu besorgen ist. 4 Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch fünf Jahre nach der erfolgten Übermittlung noch nicht eingetretenist und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in absehbarer Zukunft nicht eintreten wird. (4) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz darf eine Bewertung über personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln, soweit die Übermittlung für Zwecke einer Zuverlässigkeitsüberprüfung mit Einwilligung der Betroffenen erfolgt und im Hinblick auf den Anlass dieser Überprüfung, insbesondere den Zugang der Betroffenen zu einer besonders gefährdeten Veranstaltung, mit Rücksicht auf ein berechtigtes Interesse des Empfängers und wegen der Art oder des Umfangs der Erkenntnisse über den Betroffenen angemessen ist. 2 Das Landesamt für Verfassungsschutz hat den Betroffenen die Gründe für eine negative Bewertung mitzuteilen. Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. 248 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit 1 Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit einschließlich der Medien über Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn sie zu einer sachgerechten Information zwingend erforderlich ist. 2 Stehen schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegen, kommt eine Übermittlung der personenbezogenen Daten des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn die Interessen der Allgemeinheit deutlich überwiegen. SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Die hamburgischen Behörden und die der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind befugt, die Daten zu übermitteln, um die das Landesamt für Verfassungsschutz nach SS 7 Absatz 2 ersucht hat, soweit sie diesen Stellen bereits vorliegen. (2) Die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln dem Landesamt für Verfassungsschutz alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vorliegenden Informationen über gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gemäß SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummern 1, 3 und 4 und über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummern 2 und 3. (3) 1 Die Ausländerbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg übermittelt gemäß SS 18 Absatz 1 a BVerfSchG von sich aus dem Landesamt für Verfassungsschutz die ihr bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. 2 Die Übermittlung dieser personenbezogenen Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwi249 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) schenstaatliche Stellen durch das Landesamt für Verfassungsschutz unterbleibt, wenn überwiegende schutzwürdige Belange der Person, deren Daten übermittelt werden sollen oder überwiegende schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen. 3 Vor einer Übermittlung ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu beteiligen. 4 Für diese Übermittlungen des Landesamtes für Verfassungsschutz gilt SS 7a Absatz 3 entsprechend. (4) 1 Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt gewordene Informationen über Bestrebungen nach SS 4 Absatz 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. 2 Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund eines Eingriffs in das Brief-, Postund Fernmeldegeheimnis bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. 3 Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die auf Grund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmen oder verdeckter Datenerhebungen nach SS 2 Absatz 3 Satz 3 oder nach den SSSS 9 bis 12 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für gewalttätige Bestrebungen oder sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten bestehen; die Übermittlung ist auch zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine in SSSS 74 a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz und SSSS 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat bestehen oder eine sonstige Straftat, bei der aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet ist. 4 Für die Übermittlung personenbezogener Daten, die auf Grund verdeckter Datenerhebung nach SSSS 8a, 10a bis 10d des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei bekannt geworden sind, gilt Satz 2 entsprechend. 5 Auf die nach Satz 2 übermittelten Informationen und die dazu gehörenden Unterlagen ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. 6 Die nach Satz 2 übermittelten Informationen dürfen nur zur Erforschung gewalttätiger Bestrebungen oder sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten genutzt werden. 250 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) (5) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. 2 Ist dies nicht der Fall, sind die Unterlagen zu vernichten. 3 Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen die personenbezogenen Daten einem Verwertungsverbot und sind entsprechend zu kennzeichnen. (6) 1 Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen. 2 Vorschriften in anderen Gesetzen über die Informationsübermittlung an das Landesamt für Verfassungsschutz und über ihre Dokumentation bleiben unberührt. SS 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in von öffentlichen Stellen geführte Register und Datensammlungen einsehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen über 1. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1), oder 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) oder 3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3), oder 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichet sind (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4). 251 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) (2) Eine Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, 2. die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würden und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis ihr nicht entgegensteht. (3) Die Anordnung für die Maßnahme treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) 1 Die auf diese Weise gewonnenen Unterlagen dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. 2 Gespeicherte Daten sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) 1 Über die Tatsache der Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommenen Stellen sowie die Namen der Betroffenen hervorgehen. 2 Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. SS 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen (1) Die Übermittlung von Informationen nach diesem Abschnitt unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, dass die Informationen zu vernichten sind oder einem Verwertungsverbot unterliegen oder für den Empfänger nicht mehr bedeutsam sind, 252 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. (2) Besondere Rechtsvorschriften, die Informationsübermittlungen zulassen, einschränken oder verbieten sowie die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleiben unberührt. SS 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger (1) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, im Übrigen, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 10 erfüllt sind. (2) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 4. Abschnitt Auskunftserteilung SS 23 Auskunftserteilung (1) 1 Den Betroffenen ist vom Landesamt für Verfassungsschutz auf Antrag gebührenfrei Auskunft zu erteilen über 253 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 1. die zu ihrer Person gespeicherten Daten, 2. die Zweckbestimmung und die Rechtsgrundlage der Speicherung, 3. die Herkunft der Daten, 4. die Stellen, denen die Daten im Rahmen regelmäßiger Übermittlungen übermittelt werden, und die an einem automatisierten Abrufverfahren teilnehmenden Stellen, auch soweit diese Angaben nicht zu ihrer Person gespeichert sind, aber mit vertretbarem Aufwand festgestellt werden können. 2 Die Betroffenen sollen die Art der personenbezogenen Daten, über die sie Auskunft verlangen, näher bezeichnen. 3 Aus Akten ist den Betroffenen Auskunft zu erteilen, soweit sie Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zum Auskunftsinteresse der Betroffenen steht. 4 Das Landesamt für Verfassungsschutz bestimmt die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Auskunft kann auch in der Form erteilt werden, dass den Betroffenen Akteneinsicht gewährt oder ein Ausdruck aus automatisierten Dateien überlassen wird. 5 SS 29 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. durch sie die Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist, 2. die personenbezogenen Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden schutzwürdigen Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen, 3. sie die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. (3) Im Übrigen gilt für die Auskunft SS 18 Absätze 2 und 4 bis 6 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. 254 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes SS 24 Parlamentarischer Kontrollausschuss 1 Zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes bildet die Bürgerschaft einen Kontrollausschuss. 2 Dieser tagt in nichtöffentlicher Sitzung. SS 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses (1) Der Ausschuss besteht aus neun Mitgliedern der Bürgerschaft. (2) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Bürgerschaft in geheimer Abstimmung gewählt. (3) 1 Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in dem Ausschuss bekannt geworden sind. 2 Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ausschuss oder aus der Bürgerschaft. 3 Satz 1 und Satz 2 gelten nicht für eigene Bewertungen bestimmter Vorgänge, sofern die Belange des Geheimschutzes beachtet werden. (3a) 1 Die Mitglieder des Ausschusses haben das Recht, zur Unterstützung ihrer Arbeit jeweils eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter je Fraktion zu benennen. 2 Voraussetzung für diese Tätigkeit ist die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen und die förmliche Verpflichtung zur Geheimhaltung. 3 Die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind befugt, anlassbezogen die vom Ausschuss beigezogenen Akten und Dateien einzusehen und die Beratungsgegenstände des Ausschusses mit den Mitgliedern zu erörtern; das Unterstützungsbegehren ist dem Vorsitzenden anzuzeigen und den Mitgliedern des Ausschusses zur Kenntnis zu geben. 4 Die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben keinen Zutritt zu den Sitzungen. 5 Absatz 3 Sätze 1 und 2 gilt entsprechend. 255 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) (3b) 1 Dem Ausschuss ist die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. 2 Für die Beschäftigten gelten Absatz 3 Sätze 1 und 2 sowie Absatz 3a Satz 2 entsprechend. 3 Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist ihnen Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen. (4) 1 Der Ausschuss wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. 2 Beschlüsse des Ausschusses bedürfen der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. (5) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben für die laufende Wahlperiode im Gewahrsam der Bürgerschaftskanzlei, im Übrigen im Gewahrsam des Landesamtes für Verfassungsschutz und können nur an diesen Orten von den Ausschussmitgliedern eingesehen werden. (6) 1 Scheidet ein Mitglied des Ausschusses aus der Bürgerschaft oder seiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft im Ausschuss; für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu bestimmen. 2 Das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausschuss ausscheidet. (7) 1 Der Parlamentarische Kontrollausschuss berichtet der Bürgerschaft jährlich und im Übrigen anlassbezogen über seine Kontrolltätigkeit. 2 Dabei nimmt er auch dazu Stellung, ob der Senat seinen Pflichten gegenüber dem Ausschuss nachgekommen ist. 3 Die Berichte sollen so gefasst sein, dass die im Ausschuss vertretenen Meinungen und die Gründe, die zu Beschlüssen geführt haben, ersichtlich sind. 4 Sie müssen die Empfehlung des Ausschusses und das Abstimmungsverhältnis, mit dem die Empfehlung zustande gekommen ist, wiedergeben. 5 Bei der Erstellung des Berichts sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten. SS 26 Aufgaben des Ausschusses (1) 1 Der Ausschuss übt die parlamentarische Kontrolle auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes aus. 2 Diese umfasst aus zwingenden Gründen des Geheimschutzes auch die Haushaltsangelegenheiten. 3 Der das Aufgabengebiet des Verfassungsschutzes betreffende Teil des Haushaltsplanentwurfs bedarf daher der Zustimmung des Ausschusses. 4 Die Rechte der 256 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Bürgerschaft bleiben unberührt. (2) 1 Der Senat hat den Ausschuss umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten. 2 Der Ausschuss tagt in Abständen von höchstens drei Monaten oder auf Antrag eines Mitglieds. (3) 1 Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben hat der Ausschuss auf Antrag mindestens eines seiner Mitglieder das Recht auf 1. Erteilung von Auskünften, 2. Einsicht in Akten, in Dateien gespeicherte Daten, Stellungnahmen und andere Unterlagen, 3. Zugang zu den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz und 4. Anhörung bestimmter Angehöriger des öffentlichen Dienstes als Auskunftspersonen, die verpflichtet sind, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. 2 Die Befugnisse des Ausschusses nach Satz 1 Nummer 2 erstrecken sich nur auf Gegenstände, die der alleinigen Verfügungsberechtigung des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen. 3 Die Rechte nach Satz 1 sind Befugnisse gegenüber dem Ausschuss als Ganzes. (4) Den Ersuchen nach Absatz 3 ist unverzüglich zu entsprechen. Der Senat bescheidet ein solches Ersuchen abschlägig oder schränkt die Aussagegenehmigung ein, soweit gesetzliche Vorschriften entgegenstehen oder wenn dieses aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs, des Schutzes von Persönlichkeitsrechten oder des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung erforderlich ist. In diesem Fall legt der Senat dem Ausschuss seine Gründe dar. (5) Der Senat hat dem Ausschuss insbesondere über 1. Gefahren für die Schutzgüter des SS 1, 257 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) 2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach SS 8 Absatz 2 Satz 2 sowie ihre Änderungen, 3. die Maßnahmen nach SS 8 Absatz 11, 4. die Weiterspeicherung nach SS 9 Absatz 3, 5. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einem automatisierten Verfahren, für das eine Verfahrensbeschreibung nach SS 9 Absatz 1 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vorgeschrieben ist, und seine wesentlichen inhaltlichen Änderungen, 6. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach SS 15, 7. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach SS 16, 8. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nach SS 17, 9. Anfragen bei ausländischen öffentlichen Stellen nach SS 12 Absatz 5 Satz 4 HmbSÜGG mitzuteilen und jährlich über die Prüfungen nach SS 9 Absatz 2 Satz 2 zu berichten. (6) Der Ausschuss kann dem behördlichen Datenschutzbeauftragten der zuständigen Behörde und dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. SS 27 Eingaben 1 Eingaben einzelner Bürger oder einzelner Angehöriger des Verfassungsschutzes über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Ausschuss zur Kenntnis zu geben. 2 Der Ausschuss bescheidet die an ihn gerichteten Eingaben, nachdem er diese dem 258 Anhang / Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Senat zur Stellungnahme übermittelt hat. 3 Der Ausschuss hat auf Antrag eines Mitglieds Petenten und Auskunftspersonen zu hören. 4 SS 26 Absätze 3 und 4 findet entsprechende Anwendung. 5 Die Rechte des Eingabenausschusses bleiben unberührt. 6. Abschnitt Schlussvorschriften SS 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz 1 In SS 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 17. Januar 1969 mit der Änderung vom 2. Februar 1981 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1969 Seite 5, 1981 Seite 24), wird folgender Absatz 5 angefügt: "(5) Die Kommission ist ausschließlich für die Überprüfung der von der zuständigen Behörde angeordneten Beschränkungsmaßnahmen zuständig. 2 Sie kann zu ihrer Unterstützung den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ersuchen, die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in ihrem Zuständigkeitsbereich zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber zu berichten." SS 29 Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. 2 Gleichzeitig tritt das Gesetz über den Verfassungsschutz in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Februar 1978 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 51) außer Kraft. 259 Anhang / Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis A ABLE Association of Better Living and Education ADÜTDF Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu e.V. (Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland) AG-GGG Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. AKP Adalet ve Kalkinma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) APR Allgemeiner Pennäler Ring ApS Applied Scholastics AQAH al-Qaida auf der arabischen Halbinsel AQ al-Qaida ATD Antiterrordatei ATDG Antiterrordateigesetz B B5 Internationales Zentrum Brigittenstraße 5 BGBl Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BMI Bundesministerium des Innern BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BVerfSchG Bundesverfassungsschutzgesetz C CCHR Citizens Commission on Human Rights (Kommission für Verstöße der Psychatrie gegen Menschenrechte) CDK Koordination der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa COSCO Chinese Ocean Shipping Company 260 Anhang / Abkürzungsverzeichnis D DHKP-C Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephe (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) DIG Deutsch-israelische Gesellschaft DKP Deutsche Kommunistische Partei DSA Departement of Special Affairs DWR Die wahre Religion E EA Ermittlungsausschuss EA Europäische Aktion ERNK Eniya Rizgariya Neteweyi ya Kurdistane EU Europäische Union EuGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte F FCMC Free Critial Media Center FSB Federalnaja sluschba Rossijkoi Federazii (Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation) FV Furkan Egitim ve hizmet vakfi (Furkan-Gemeinschaft) G G 10 Meint das geltende Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz (Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses) GAM Gruppe Arbeitermacht GETZ Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum GG Grundgesetz GRU Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (Russicher Militärgeheimdienst) GTAZ Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum 261 Anhang / Abkürzungsverzeichnis H HDP Halklarin Demokratik Partisi (Demokratische Partei der Völker) HmbBfDI Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit HmbGVBl Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt HmbSÜGG Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungund Geheimschutzgesetz HmbVerfSchG Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz HoGeSa Hooligans gegen Salafisten HuT Hizb ut-Tahrir; auch Hizb Al Tahrir al Islami I IAD Islamische Akademie Deutschland IAEO Internationale Atomenergie-Organisation IAS International Association of Scientologists IBD Identitäre Bewegung Deutschland IEUS Islamisch-Europäische Union der Schia-Gelehrten und Theologen IGS Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland IL Interventionistische Linke IS Islamischer Staat ISIG Islamischer Staat in Irak und Großsyrien ISIS Islamischer Staat in Irak und Syrien IStI Islamischer Staat im Irak IZH Islamisches Zentrum Hamburg J JaN Jabhat al-Nusra JCPOA Joint Comprehensive Plan of Action JFS Jabhat Fath al-Sham (Front für die Eroberung der Levante) 262 Anhang / Abkürzungsverzeichnis JN Junge Nationaldemokraten JVA Justizvollzugsanstalt JXK Jinen Xwendekar en Kurdistan (Verband der Studierenden Frauen aus Kurdistan) K KCDK-E Kongreya Civaken Demokratik en Kurdistaniyen li Ewropa (Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa) KCK Koma Civaken Kurdistan (Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans) KON-KURD Konföderation der kurdischen Vereine in Europa KVPM Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte L LfV Landesamt für Verfassungsschutz M MEK Volksmodjahedin Iran-Organisation MIT Milli Istihbarat Teskilati (Türkischer Nachrichtendienst) MHP Milliyetci Hareket Partisi (Partei der nationalistischen Bewegung) MKP Maoist Komünist Partisi (Maoistische Kommunistische Partei) MLKP Marksist Leninist Komünist Partisi (Kommunistische Partei der Türkei / Marxistisch-Leninistisch) MOIS Ministry of Intelligence and Security (Ministerium für Nachrichtenwesen Iran) N NADIS Nachrichtendienstliches Informationssystem NAV-DEM Navenda Civaka Demokratik (Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland NGO Non-Governmental Organisation (Nichtregierungsorganisation) 263 Anhang / Abkürzungsverzeichnis NL Nationale Liste NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NSU Nationalsozialistischer Untergrund NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran O OLG Oberlandesgericht Org Scientology-Bezeichnung für "Scientology-Kirche" OSA Office of Special Affairs OSS Oldschool Society P PB! Chattia Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg PKA Parlamentarischer Kontrollausschuss PKK Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans) PMK Politisch Motivierte Kriminalität PRP Projekt Revolutionäre Perspektive PYD Partiya YekitA(r)ya Demokrat (Partei der demokratischen Union) R RAH Roter Aufbau Hamburg RED Rechtsextremismus-Datei RED-G Rechtsextremismus-Datei-Gesetz RH Rote Hilfe e.V. RPF Rehabilitation Project Force RTC Religious Technology Center 264 Anhang / Abkürzungsverzeichnis S SBS Selbstbezichtigungsschreiben SCHURA Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V. SO Scientology-Organisation StGB Strafgesetzbuch SWR Sluschba wneschnei raswedki (Russischer Auslandsnachrichtendienst) T TAK Teyrebazen Azadiya Kurdistan (Freiheitsfalken Kurdistans) TKP/ML Türkiye Komünist Partisi / Marksist Leninist (Kommunistische Partei der Türkei / Marxistisch-Leninistisch) V V Verfassungsschutz (Kürzel im Organigramm des LfV) VND Verein Neue Demokratie VS Verschlusssachen VSB Verfassungsschutzbericht W WISE World Institute of Scientology Enterprise Y YPG Volksverteidigungseinheiten (Yekineyen Parastina Gel) YXK Yekitiya Xwendekaren Kurdistan (Verband der Studierenden in Kurdistan) Z ZMD Zentralrat der Muslime in Deutschland 265 Anhang / Stichwortverzeichnis Stichwortverzeichnis A Applied Scholastics .....188, 190, 260, 275 Abdullah Öcalan ...................68, 70, 72 APT28 ...............................................204 ABLE................................188, 260, 275 Artgemeinschaft - Germanische Abtrimo....................................143, 274 GlaubensgemeinAdil e.V. .........................47, 48, 60, 271 schaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. (AG-GGG) 166, 167, 260 ADÜTDF - Föderation der Türkisch-Demokratischen IdealistenverArtgemeinschaft-GGG ...................166 eine in Deutschland e.V. .. 81, 82, 260, Ashura ................................................. 50 272 as-Salaf as-Salih ................................ 40 Advanced Persistent Threat 28 ...204 asymmetrischer Krieg ...................... 30 Afrin...64, 67, 70, 71, 72, 76, 94, 108, Auslandsnachrichtendienst SWR .203 119 Ausreisen ......................................33, 35 Ali Khamenei ...................................... 51 Autonome ..... 85, 89, 97, 98, 124, 125 Al-Naba ............................................... 39 AVANTI .............................................106 Alparslan Kuytul................................ 42 al-Qaida ...............33, 37, 39, 260, 271 B Al-Quds .............................................. 56 Befugnisse....... 18, 19, 222, 224, 227, Anarchisten 89, 91, 97, 113, 114, 119 229, 257 Ansaar International e.V. ................. 41 Blood &Honour ...............................142 Anschläge ..23, 30, 31, 33, 38, 76, 80, BRD-GmbH.......................................173 96, 137, 232 Bundesstaat Freie und Hansestadt Antifa .. 76, 87, 93, 99, 102, 103, 104, Hamburg ..................................177, 274 105, 107, 111, 117, 119, 120, 122, 123, 124, 273 Bündnis gegen imperialistische Aggression (BgiA) .........111, 112, 273 Antifa 309 ........................................102 Antifa Altona Ost 102, 103, 111, 117, C 123, 124, 273 Antifaschismus 85, 98, 106, 119, 123 Ciwanen Azad ..............................71, 76 Antifaschisten........................... 85, 105 Criminon Deutschland e.V. ...190, 275 Antiimperialisten . 85, 87, 89, 97, 109, D 119 Antipression.....................................114 Dataport ...........................................216 Antisemitismus ............... 29, 129, 152 David Miscavige....182, 183, 186, 187 Antiterrordatei .................. 20, 21, 260 Dawa.................................................... 41 266 Anhang / Stichwortverzeichnis Der III. Weg...132, 151, 153, 274, 133 Geheimschutz ......213, 214, 215, 216, Der Weg zum Glücklichsein 188, 190, 217 275 gelber Schein ...................................177 Deutsche Kommunistische Partei Glawnoje Raswedywatelnoje Upraw(DKP) ........................ 97, 116, 261, 273 lenije (GRU) ....................203, 204, 261 Deutsches Reich ..............................173 Global Common Law Court (GCLC) .... Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephe 176 (DHKP-C) .64, 77, 78, 79, 80, 81, 261, Guerilla..........................................68, 76 272 Gülen-Bewegung.............................205 Dianetik....................................189, 190 DIE LINKE ............90, 91, 97, 116, 119 H Die Rechte ...138, 140, 146, 151, 153, Hackerangriff ...................................218 256, 257, 259 Hai'at Tahrir al-Sham (HTS) ......37, 39 Drittes Reich ....................................177 Halklarin Demokratik Partisi (HDP) .... E 72, 73, 262 Hamburger Burschenschaft GermaEnde-Gelände ..................................109 nia (HB! Germania).......159, 160, 161, Entgrenzung 35, 47, 57, 89, 107, 108, 162, 274 109, 121, 122, 123, 124, 125, 130, Hamburger Stammtisch........176, 177 131, 139, 151, 152, 153, 154, 58, Hamburgisches Sicherheitsüberprü158, 120, 152, 122 fungsund Geheimschutzgesetz Europäische Aktion (EA)......167, 168, (HmbSÜGG).213, 215, 216, 217, 218, 261, 273, 274 227, 258, 262 Hamburgisches Verfassungsschutz- F gesetz (HmbVerfSchG) ......17, 19, 20, 222, 262 Federalnaja Slushba Besopasnosti Hizb Allah ........................... 49, 50, 271 (FSB) .........................................203, 261 Hizb ut-Tahrir (HuT) .... 34, 35, 44, 45, Federalnaja Slushba Ochrany (FSO)... 46, 47, 48, 58, 59, 60, 262, 271 203 "Föderation der Türkisch-Demokrati- I schen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) 81, 82, 260, 272 Identitäre Bewegung ...130, 133, 153, Fridays For Future..................124, 125 154, 165, 133, 274 Furkan-Gemeinschaft.. 35, 42, 43, 44, IL HH (Interventionistische Linke 261, 271 Hamburg)........................106, 107, 108 Füxe ...................................................160 Imam Ali-Moschee ......................53, 54 Inlandsgeheimdienst FSB ..............203 G 267 Anhang / Stichwortverzeichnis International Association of ScientoKoordination der kurdischen demologists.......................................187, 262 kratischen Gesellschaft in Europa 69, Internationale Zentrum ..................109 272 Interventionistische Linke (IL) ....... 88, KRITIS ...............................................207 106, 120, 262, 273 L Irak .............30, 33, 35, 37, 38, 46, 262 Iran....... 49, 51, 52, 53, 197, 198, 199, Lesen ohne Atomstrom ........124, 125 201, 263, 264 Libanon .........................................49, 50 Islamischer Staat (IS) .. 30, 31, 32, 33, Linksjugend ('solid)...............119, 273 34, 35, 37, 38, 39 L. Ron Hubbard.....181, 182, 183, 186 Islamisches Zentrum Hamburg e.V. (IZH)............... 53, 54, 56, 57, 262, 271 M Islamismus 29, 34, 35, 36, 37, 45, 49, 57, 59 Maoist Komünist Partisi (MKP) ..... 77, Islamisten ..............................30, 35, 51 263, 272 Israel ......................... 45, 46, 49, 50, 52 Marksist Leninist Komünist Partisi (MLKP) ....................... 74, 77, 263, 272 J Märtyrer........................................74, 80 Merkel muss weg ..................... 88, 104 Jihad ................................ 30, 33, 37, 39 "Merkel muss weg" - Kampagne .131, Joint Comprehensive Plan of Action .. 162, 163, 164, 165, 166 198, 262 Militärgeheimdienst GRU .....203, 204 Junge Nationalisten (JN) ......147, 148, 263, 274 Milli Istihbarat Teskilati (MIT) .......205 Muslimbruderschaft ............44, 45, 59 K N Kalifat .....................................38, 45, 46 KCDK-E ...................... 69, 74, 263, 272 Nachrichtendienste......195, 196, 197, 201, 203, 204, 205, 206, 215, 223, KCK .................................... 68, 263, 272 245 Koma Civaken Kurdistan 68, 263, 272 NADIS..................... 19, 20, 24, 25, 263 KOMMANDO TAMARA BUNKE...... 75 NADIS-WN ............................20, 24, 25 Kommission für Verstöße der PsychiNationaldemokratische Partei atrie gegen Menschenrechte .......188, Deutschlands (NPD) ....130, 131, 133, 190, 263, 275 135, 140, 141, 143, 144, 145, 146, Kongress der kurdisch-demokrati147, 148, 149, 150, 153, 161, 164, schen Gesellschaft in Europa 69, 263 133, 274 Kontrolle ........... 15, 22, 223, 255, 256 Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen (Netzwerk) .......111, 112, 273 268 Anhang / Stichwortverzeichnis Netzwerk Standortsicherheit .......208 Reichsund StaatsangehörigkeitsgeNewroz-Fest....................................... 70 setz (RuStAG) ..................................177 Nordadler .........................................137 Revolutionäres Kollektiv Hamburg ..... Nordkorea ........................................198 113, 273 NSU......... 20, 137, 138, 167, 264, 274 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" - DHKP-C .... 64, 77, 78, 79, O 80, 81, 87, 112, 261, 272 Revolution Chemnitz .............137, 274 Office of Special Affairs ................187 Rote Hilfe e.V. (RH) ........114, 115, 264 Operation Olivenzweig .......64, 67, 70 Roter Aufbau Hamburg (RAH) .....110, orthodoxe Kommunisten . 85, 97, 116 264, 273 P S Pennale Burschenschaft Chattia Sag Nein zu Drogen = Sag Ja zum Friedberg zu Hamburg Leben ......................188, 189, 191, 192 (PB! Chattia) .................161, 162, 274 Salafismus ............... 23, 36, 40, 41, 59 PKK64, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, Sanktionen ..............................198, 199 74, 75, 76, 77, 78, 87, 119, 205 Schild und Schwert .........................141 PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) .264, Scientology Kirche Hamburg e.V..189 272 Sea Organization ............................187 Politisch motivierte Kriminalität Seebrücke ...... 88, 108, 109, 121, 122, (PMK) ...................37, 67, 92, 135, 186 123 Potenziale ............35, 65, 89, 132, 174 Sektion Nordland .130, 139, 164, 274 Projekt Revolutionäre Perspektive Selbstverwalter ..... 24, 171, 172, 173, (PRP).......................108, 113, 264, 273 174, 175, 176, 178, 186 Proliferation ...................195, 197, 200 Skinhead ..................................137, 143 Propaganda ... 31, 38, 39, 41, 67, 143, Slushba Wneschnej Raswedkij (SWR) 150, 205 203, 265 R Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ............................117, 273 Recep Tayyip Erdogan ................64, 73 Sozialistische Linke Hamburg (SoL) ... Rechtsextremismus .....129, 130, 131, 112 132, 134, 139, 151, 152, 153, 154, Spionageabwehr ...........195, 196, 197 158, 163, 164, 165, 264 staatenlos.info e.V...........................177 Rechtsextremismus-Datei-Gesetz Syrien .. 30, 33, 35, 37, 38, 39, 41, 46, (RED-G) ............................................... 21 198, 262 Reichsbürger . 24, 164, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 178, 186 T 269 Anhang / Stichwortverzeichnis Taifija ................................................... 49 Tamara Bunke ..............................76, 94 Taqwa-Moschee ....................... 41, 271 Terrorismus .................... 15, 18, 19, 20 Trotzkisten ......................... 85, 91, 118 U Ülkücü ........................ 81, 82, 260, 272 United We Stand (UWS) 87, 115, 273 V Verbunddatei Rechtsextremismus . 20 Verfassungsschutzgesetz ..... 17, 222, 262 Verschlusssachen ...................206, 207 Verschlusssachen (VS) 213, 214, 215, 216, 217, 247, 255, 265 Volksgemeinschaft .........................138 Volksislam .......................................... 40 Volksrepublik Donezk.....................119 W Waffenaffinität ................................175 WISE ................................188, 265, 275 www.gelberschein.net ....................176 Symbole 4D-Kampagnen ...............................184 [a2]-Hamburg ...................................102 270 Anhang / Register Register zum Verfassungsschutzbericht 2018 In diesem Registeranhang sind die im vorliegenden Verfassungsschutzbericht genannten Gruppierungen aufgeführt, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, es sich mithin um eine extremistische Gruppierung handelt. Gruppierung / Organisation ISLAMISMUS Seite Al-Qaida (Kern al-Qaida) 37 Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAH) Adil e.V. 47 Ansaar International 41 Ansaar International Team Hamburg Die wahre Religion (DWR) Furkan-Gemeinschaft (Furkan Egitim ve Hizmet Vakfi, FV) 42 Generation Islam (GI) 47 Hizb Allah 49 Hizb ut-Tahrir (HuT) 44 Islamische Akademie Deutschland (IAD) 56 Islamisch-Europäischen Union der Schia-Gelehrten 57 und Theologen (IEUS) Islamische Gemeinschaften in Deutschland (IGS) 57 Islamischer Staat (IS) 30 Islamisches Zentrum Hamburg e.V. (IZH) 53 Jabhat al-Nusra (JaN) / Jabhat Fath al-Sham (JFS) / Hayyat Tahrir al-Sham (HTS) LIES! (LIES Kampagne 41 Realität Islam (RI) 47 Tabligh-i Jama'at (TJ) Taqwa-Moschee 41 We Love Muhammad (WLM) 271 Anhang / Register Gruppierung / Organisation Seite AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 67 Ciwanen Azad 71 Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdenInnen in 69 Deutschland (NAV-DEM) Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephe (DHKP-C) 77 Eniya Rizgariya Neteweyi ya Kurdistane (ERNK) Freiheitsfalken Kurdistan (Teyrebazen Azadiya Kurdistan) Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V. ("Almanya Demokratik Ülkücü Türk 81 Dernekleri Federasyonu", ADÜTDF) Koma Civaken Kurdistan (Vereinigte Gemeinschaften 68 Kurdistans, KCK) Konföderation der kurdischen Vereine in Europa 69 (KON-KURD) Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft 69 in Europa (KCDK-E) Koordination der kurdischen demokratischen Gesellschaft 69 in Europa (CDK) Maoist Komünist Partisi (MKP) 77 Marksist Leninist Komünist Partisi (MLKP) 77 Ottoman Warrior - Osmanli Savascilari 82 Partei der nationalistischen Bewegung (MHP) 81 Turan e.V. 82 Turkos Hamburg 82 Türkiye Komünist Partisi/Marksist Leninist (TKP/ML) 77 Verband der Studierenden in Kurdistan (YekA(r)tiya 77 Xwendekaren Kurdistan, YXK) Verband der Studierenden Frauen aus Kurdistan (Jinen Xwendekar en Kurdistan, JXK) 272 Anhang / Register Gruppierung / Organisation LINKSEXTREMISMUS Seite [a2]-Hamburg 102 Antifa 309 102 Antifa Altona Ost 102 Bündnis gegen imperialistische Aggression (BgiA) 111 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 116 Ermittlungsausschuss (EA) 115 Freie ArbeiterInnen Union (FAU) 114 Freie Arbeiter-Union/Internationale ArbeiterAssoziation" 114 (FAU/IAA) Interventionistische Linke (IL) 106 Kommunistische Plattform (KPF) 119 Linksjugend ['solid] 119 Marxistische Abendschule (MASCH) 116 Marxistische Abendschule -Forum für Politik und 118 Kultur e.V. Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen 111 (Netzwerk) Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) 108 Revolutionärer Aufbau-BRD (RA-BRD) 111 Revolutionäres Kollektiv Hamburg 113 Rote Antifa Wilhelmsburg 102 Roter Aufbau Hamburg (RAH) 110 Sozialistische Alternative (SAV) 118 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Hamburg (SDAJ) 116 Sozialistische Linke (SoL) 111 United We Stand (UWS) 114 273 Anhang / Register Gruppierung / Organisation RECHTSEXTREMISMUS Seite Abtrimo 143 Artgemeinschaft - Germanische -Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. 166 (Artgemeinschaft-GGG) "Blood & Honour" 142 Der III. Weg 151 DIE RECHTE 151 Europäische Aktion (EA) 167 Hamburger Burschenschaft Germania (HB! Germania) 159 Hammerskins Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) 154 Junge Nationalisten (JN) 147 "Merkel muss weg!" Organisationskreis 162 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 144 Nordadler 137 NSU (Nationalistischer Untergrund) 137 Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg 161 (PB! Chattia) Revolution Chemnitz 137 Sektion Nordland 139 Gruppierung / Organisation Seite REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER Bundesstaat Freie und Hansestadt Hamburg 177 Staatenlos.info e.V. 177 274 Anhang / Register Gruppierung / Organisation SCIENTOLOGY Seite ABLE (Association of Better Living and Education) 188 Applied Scholastics 190 Criminon Deutschland e.V. 190 Der Weg zum Glücklichsein 188 Ehrenamtliche Geistliche 188 Jugend für Menschenrechte 189 NARCONON 188 Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Men188 schenrechte (KVPM) Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben 188 Scientology Kirche Hamburg e.V. 189 World Institute of Scientology Enterprises (WISE) 188 275 Notizen Notizen Notizen Notizen Notizen Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres und Sport Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Johanniswall 4 20095 Hamburg Telefon: 040 / 24 44 43 Telefax: 040 / 33 83 60 E-Mail des LfV: poststelle@verfassungsschutz.hamburg.de E-Mail Öffentlichkeitsarbeit: Landesamt für erfassungsschutz info@verfassungsschutz.hamburg.de Hamburg Internet: www.hamburg.de/verfassungsschutz AUGEN AUF HAMBURG