Verfassungsschutzbericht 2001 Herausgeber: Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Johanniswall 4, 20095 Hamburg Telefon: 040 / 24 44 43 Telefax: 040 / 33 83 60 Internet: http://www .verfassungsschutz.hamburg.de Auflage: 4.000 April 2002 Druck: Schmidt & Klaunig, Ringstraße 19, 24114 Kiel Senator Ronald SCHILL: Allen muss klar sein: Terrorismus keine Chance ! Kein Thema hat im letzten Jahr die Gesellschaft mehr erschüttert, die Medien und die politische Diskussion so bestimmt wie die furchtbaren Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington. Viele Menschen hatten zunächst Angst vor weiteren Anschlägen und einer Eskalation der Gewalt. Die internationale Staatengemeinschaft sah sich vor eine große Herausforderung gestellt: Es galt zu klären, wer die Täter und was ihre Motive waren und Übereinstimmung zu erzielen, wie und durch wen angemessen zu reagieren ist. Daneben trat die Frage nach den Ursachen dieses Terrorismus. Das Spektrum reichte von einer Schuldzuweisung an die amerikanische Außenpolitik über die Situation in Palästina bis hin zu einer generellen Einschätzung des Islam als einer aggressiven Ideologie. Angesichts der grauenhaften Terrorakte sowie der Furcht vor weiteren Anschlägen in bislang nicht für möglich gehaltenen Dimensionen wurden die Sicherheitsbehörden mit einer Reihe von neuen Befugnissen ausgestattet. Zugleich wurden Forderungen lauter, die Grundwerte einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft zu bewahren. Schon kurze Zeit nach den Anschlägen führten Spuren der Täter auch nach Hamburg. Schlagartig empfanden viele Bürger Verunsicherung und Angst. Der Terrorismus hatte ein Gesicht bekommen: Das Bild von Mohamed ATTA ging um die Welt, stellvertretend für alle Täter vom 11. September. Eben dieser Mohamed ATTA und andere islamische Terroristen hatten jahrelang unauffällig in unserer Stadt gelebt. Jedem Hamburger Bürger wurde drastisch vor Augen geführt, welchen hohen Stellenwert die Innere Sicherheit haben muss und wie wichtig es ist, dass die Sicherheitsbehörden für ein effektives Arbeiten personell ausreichend und qualifiziert ausgestattet sind. Auch wenn die öffentliche Debatte des Jahres 2001 sich auf den Ausländerextremismus - dabei mit Vorrang auf den Islamismus - konzentrierte, blieben und bleiben auch rechtsund linksextremistische Bestrebungen im Fokus der Verfassungsschutzbehörden. Über alle Aufgabenfelder des Landesamtes für Verfassungsschutz berichtet der "Verfassungsschutzbericht 2007". Er gibt einen Überblick über Gefährdungen des demokratischen Rechtsstaates durch politisch motivierte extremistische Verhaltensweisen. Wenn sich der Bericht auch auf die Beschreibung der wichtigsten Bestrebungen im Berichtsjahr in Hamburg beschränkt, geht er dennoch - soweit 3 dies zum besseren Verständnis erforderlich ist - auf überregionale Aspekte und Entwicklungen ein. Die vorgestellten wesentlichen Erkenntnisse und Analysen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit - sie sollen eine Orientierungshilfe sein. Extremisten können auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn sie den Bürger über ihre wirklichen Absichten täuschen können. Darum tut Verfassungsschutz durch Aufklärung not. Nur wer richtig und umfassend informiert ist, kann in der Auseinandersetzung mit Extremisten bestehen. Die wehrhafte Demokratie braucht Bürger, die sich der politischen Diskussion mit Extremisten stellen und damit auch den Verfassungsschutz bei seiner Arbeit unterstützen. /nnere Sicherheit gibt es nicht zum "Nulltarif"! Sie fordert Engagement von uns allen! F f; Fe rF E | er r Zweiter Bürgermeister und Senator Ronald B. Schill Präses der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg I. Verfassungsschutz in Hamburg 10 II. Sicherheitsgefährdende und extremistische 17 Bestrebungen von Ausländern 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 17 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten 17 1.2 Organisationen und Potentiale 19 2. Politisch motivierte Ausländerkriminalität 22 Strafund Gewalttaten / Statistik 3. Gewaltbereite Islamisten / Islamistische Terroristen 23 3.1 Allgemeines 23 3.2 Multinationale arabische Gruppierungen / Netzwerke 24 3.2.1 Al-Oaida / Arabische Mudschaheddin 24 3.2.2 Die Terroranschläge in den USA und 34 die Verbindungen nach Hamburg 3.2.3 Muslimbruderschaft 49 3.2.4 Hizb ut Tahrir 49 3.2.5 Takfir Wa I Hijra 52 3.3 Palästinensische und libanesische Gruppierungen 53 3.3.1 HAMAS 53 3.3.2 Hizb Allah b5 4. Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 56 4.1 Allgemeines 56 4.2 Aktuelle Entwicklungen 59 4.3 Ausblick 65 5. Türkische Extremisten 66 6.1 Allgemeines 66 5.2 Türkische Islamisten 67 5.2.1 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) 67 71 (ICCB) ("Der Kalifatsstaat") 6.3 Revolutionär-marxistische Gruppierungen 72 6.3.1 DHKP-C und THKP/-C Devrimci Sol 72 5.3.2 TKP/ML und TKP(ML) 75 5.3.3 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) 78 6. Iranische Extremisten 80 6.1 Allgemeines 80 6.2 Anhänger der iranischen "Islamischen Revolution" 81 6.3 Iranische Oppositionelle 84 6.3.1 Allgemeines 84 6.3.2 Nationaler Widerstandrat Iran (NWRI) 84 6.3.3 Arbeiterkommunistische Partei Iran (AKP-I) 88 Ill. Rechtsextremismus 90 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 90 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten 90 1.2 Organisationen und Potentiale 96 1.3 Beteiligung an Wahlen 101 2. Rechtsextremistisch motivierte Kriminalität 104 2.1 Strafund Gewalttaten / Statistik 104 2.2 Zum Problemkreis rechtsterroristischer Bestrebungen 103 und Militanz 3. Aktionistisch orientierte Rechtsextremisten 110 (Neonazis und neonazistische Skinheads) 3.1 Bestrebungen in Hamburg (und Umland) 110 3.1.1 Kameradenkreis um Thomas WULFF 111 3.1.2 Neonaziund Skinhead-Szene Bramfeld 115 3.1.3 Kameradschaft Pinneberg 117 3.1.4 Aktivitäten 120 3.2 Bestrebungen im Bundesgebiet 123 4. Sonstige rechtsextremistisch beeinflusste Skinheads 127 und andere gewaltbereite Rechtsextremisten 4.1 Allgemeines 127 4.2 Situation in Hamburg 123 5. Skinhead-Musik und -Vertriebe 132 6. Rechtsextremistische Parteien 136 6.1 Die Republikaner (REP) 136 6.2 Deutsche Volksunion (DVU) 143 6.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 148 und Junge Nationaldemokraten (JN) 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 156 und Bestrebungen 7.1 Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten (ADP) 156 7.2 Deutsches Kolleg 157 IV. Linksextremismus 161 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 161 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten 161 1.2 Organisationen und Potentiale 162 2. Linksextremistisch motivierte Kriminalität 163 Strafund Gewalttaten / Statistik 3. Linksterroristische Bestrebungen / 164 Antiimperialistischer Widerstand 4. Autonome und anarchistische Gruppen 170 4.1 Aktuelle Entwicklung 170 4.2 Gruppen und Strukturen in Hamburg 171 4.3 Aktionsfelder 178 4.3.1 Ausländerund Asylpolitik / "Antirassismus" 178 4.3.2 Antifaschismus 181 4.3.3 Linksextremistische Einflussnahme auf die 187 Anti-AkwBewegung 4.3.4 Antiglobalisierung 194 4.3.5 Anti-Kriegs-Kampagne 199 5. Orthodoxe Kommunisten und andere revolutionäre Marxisten 202 5.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld 202 5.2 Sonstige revolutionäre Marxisten 209 213 -- 213 Strukturen 214 216 Spionageabwehr 219 -- 219 Die Nachrichtendienste der Russischen Föderation 220 Nachrichtendienste von Staaten des Nahen, Mittleren 223 und Fernen Ostens sowie Nordafrikas 224 . Geheimund Sabotageschutz 228 1. Allgemeines 228 2. Geheimschutz im Behördenbereich 229 229 230 3. Geheimschutz in der Wirtschaft 232 4. Sabotageschutz 233 Anhang 235 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz 236 Abkürzungsverzeichnis 260 Stichwortverzeichnis 268 I. Verfassungsschutz in Hamburg 1. Wehrhafte Demokratie Auf Grund der Erfahrungen mit der abwehrschwachen Weimarer Republik hat sich die Bundesrepublik Deutschland in ihrem Grundgesetz für eine wehrhafte Demokratie entschieden. Die Verfassung garantiert umfassende Freiheiten. Auch radikale politische Ansichten haben ihren Platz in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung. Die Grenzen der Freiheit werden allerdings überschritten, wenn diese Ansichten in Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung münden. Wenn Gegner der Freiheit extremistische Ziele verfolgen und die Grundprinzipien, den Kernbestand unserer Verfassung antasten wollen, sind die Abwehrkräfte des demokratischen Rechtsstaates gefordert. Die Gesetze kennen die Begriffe "extremistisch" und "verfassungsfeindlich" nicht. Der Hamburger Verfassungsschutz ist - wie das Gesetz es formuliert - zuständig für Bestrebungen (in der Regel von Organisationen), bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass sie sich "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes" richten oder "eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben." 2. Freiheitliche demokratische Grundordnung Zu den wichtigsten Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören: = Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung Die Volkssouveränität Die Gewaltenteilung Die Verantwortlichkeit der Regierung Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Die Unabhängigkeit der Gerichte u Das Mehrparteienprinzip = Die Chancengleichheit für alle politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. 3. Gesetzliche Grundlage Aufgaben und Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bestimmt das Hamburgische Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 07.03.95 (mit nachträglichen Änderungen; es findet sich im (r) Anhang). Es wird den hohen Anforderungen des Datenschutzes gerecht und stellt die Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sicher. Auftrag und Befugnisse sind vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt, etwaige Eingriffe in die Rechte der Bürger nur auf gesetzlicher Grundlage möglich. Die Arbeit des Verfassungsschutzes bedroht nicht die Freiheit der Bürger, sondern schützt sie. 4. Aufgabenstellung Die Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz ergeben sich aus 3 4 des Gesetzes. Die weitgehend bundeseinheitlich geregelten Aufgaben der Extremismusbeobachtung, der Spionageabwehr sowie der Mitwirkung beim Geheimund Sabotageschutz sind daraus ersichtlich. Der gesetzliche Auftrag bezieht sich auf alle Formen des politischen Extremismus. Er unterscheidet nicht zwischen verfassungsfeindlichen Positionen von linken, rechten oder religiös motivierten Extremisten oder von pseudo-religiösen Bestrebungen wie denen der "Scientologen" und macht keinen Unterschied zwischen Bestrebungen von Deutschen oder von Ausländern. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ein Inlandsnachrichtendienst. Es hat keine exekutiven Aufgaben oder Befugnisse. Das Amt beobachtet, sammelt Informationen, recherchiert, liest, analysiert und schreibt Lagebilder. Es ist ein Frühwarnsystem, das auf Bedrohungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufmerksam macht. Das Landesamt für Verfassungsschutz beschreibt die Ziele und Aktivitäten extremistischer Bestrebungen, beziffert und bewertet die Organisationsund Mobilisierungspotentiale. Insbesondere bei den größeren extremisti11 schen Organisationen bleibt zum Teil offen, ob bestimmte einzelne Personen über ihre bloße Mitgliedschaft hinaus selbst aktive Träger extremistischer Bestrebungen sind. Aus welchen persönlichen Motiven jemand einer vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachteten Organisation angehört, bleibt vielfach ungewiss. Deshalb ist bei den Gesamtzahlen von "Mitgliedern", "Anhängern" oder "Angehörigen" und nicht von Extremisten die Rede. 5. Kontrolle Der Verfassungsschutz ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden. Er unterliegt in seiner Arbeit der Überwachung durch den parlamentarischen Kontrollausschuss, bei Eingriffen in das Postund Fernmeldegeheimnis den Entscheidungen der parlamentarischen G 10-Kommission, der Kontrolle durch den Datenschutzbeauftragten und der Nachprüfung durch die Gerichte. 6. Verfassungsschutz durch Aufklärung Das Landesamt unterrichtet den Senat und andere staatliche Dienststellen über die Ergebnisse seiner Arbeit und informiert - wie mit diesem Bericht - die Öffentlichkeit. Extremisten können nur dann mit nachhaltigen Erfolgen rechnen, wenn sie die Bürger über ihre wirklichen Absichten täuschen können. Verfassungsschutz durch Aufklärung ist daher ein wichtiges Anliegen dieser Veröffentlichung. Sie gibt Einblick in die Aufgabenbereiche des Landesamtes für Verfassungsschutz, beschreibt die Arbeitsfelder insbesondere in den Schwerpunkten der Extremismusbeobachtung, auf den Gebieten der Spionageabwehr sowie des Geheimund Sabotageschutzes. Der Bericht erläutert Zusammenhänge und fasst Beobachtungsergebnisse zusammen. 7. Bereiche des politischen Extremismus " Der Ausländerextremismus wird außer von islamistischen auch von linksextremistischen Bestrebungen geprägt. Der Verfassungsschutz sammelt nicht nur Informationen über Aktivitäten von Ausländern - z. B. in Bündnissen mit deutschen Extremisten - gegen die freiheitli12 che demokratische Grundordnung, sondern insbesondere auch über ausländische Gruppen, die ihre gegenseitigen oder gegen ihre Heimatländer gerichteten politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen. Hinzu kommen Aktivitäten, mit denen sie vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten vorbereiten oder durchführen und mit denen sie auswärtige Belange Deutschlands beeinträchtigen. Rechtsextremisten verfolgen zumeist das Ziel eines totalitären oder autoritären Staates. Sie reden einem Nationalismus und völkischen Kollektivismus das Wort, der sich gegen die Völkerverständigung richtet, ethnische Minderheiten ausgrenzt und rassistisch geprägt ist. Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft werden von den meisten Rechtsextremisten heruntergespielt oder gar geleugnet. Die bei vielen Rechtsextremisten vorzufindende aggressive Judenund Fremdenfeindlichkeit lässt immer wieder auch eine hohe Bereitschaft zur Gewalttätigkeit erkennen. Anschläge auf Wohnungen von Ausländern und jüdische Gedenkstätten sowie brutale Angriffe auf Ausländer und Deutsche beweisen ihre Gefährlichkeit. Ihr Hass hat bis heute viele Todesopfer gefordert. Linksextremisten wollen die freiheitliche Demokratie revolutionär beseitigen und an ihrer Stelle eine kommunistische Diktatur oder eine Anarchie schaffen. Sie rechtfertigen ihre Gewalt zumeist als "Gegengewalt", "zivilen Ungehorsam" oder als "gewaltfrei". Sachbeschädigungen - selbst in Millionenhöhe - werden von ihnen bagatellisiert. Linksextremistische Terroristen haben mit Attentaten in der Vergangenheit viele Menschen getötet, sogenannte Autonome propagieren Militanz und verüben Gewaltakte gegen Personen und Sachen. Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachten die Scientology-Organisation (SO), weil tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die SO Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Verfassung in Frage stellt. Eine nach scientologischen Regeln organisierte Gesellschaft würde die grundgesetzliche Werteordnung (z. B. den Gleichheitsgrundsatz, die Meinungsfreiheit, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition) beseitigen oder erheblich beeinträchtigen. 13 8. Spionageabwehr und Geheimschutz Spionageabwehr und Geheimschutz sind Aufgabenbereiche, denen sich der Verfassungsschutz trotz des weltweiten Wandels auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Gebiet auch weiterhin aufmerksam widmen muss, um deutsche Sicherheitsinteressen zu wahren. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor ein wichtiges Ziel fremder Nachrichtendienste. Darüber hinaus spähen sie einige in Deutschland lebende Ausländergruppen aus, die in Opposition zu ihren Heimatregierungen stehen. Materieller und personeller Geheimschutz sollen dazu beitragen, dass Unbefugte keine im staatlichen Interesse geheimzuhaltenden Informationen in die Hände fallen. Insbesondere Sicherheitsüberprüfungen sollen das Risiko ausschließen oder zumindest nachhaltig mindern, dass Personen mit Ausspähungsbzw. Verratsabsichten zu Geheimnisträgern werden. Am 25.05.99 ist für Hamburg ein eigenständiges Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG) in Kraft getreten, das die bis dahin geltenden Verwaltungsvorschriften ablöste. 9, Strukturdaten Um die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden transparenter zu machen, haben sich die Innenminister und -senatoren der Länder darauf verständigt, Strukturdaten der Verfassungsschutzbehörden zu veröffentlichen: 1. Der Haushaltsplan 2001 der Freien und Hansestadt Hamburg wies für das Landesamt für Verfassungsschutz 125 Stellen aus. Bis zum Jahresende waren weitere Reduzierungen geplant. Als Folge der Terroranschläge in den USA am 11.9.01 ist mit dem Stellenplan 2002 der Personalbestand durch den neuen Senat um 15,5 Stellen auf insgesamt 136 Stellen aufgestockt worden. 2. Der Haushaltsansatz für das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg - Sachausgaben und Personalkosten - betrug im Jahr 2001 17.051.000,00 DM (= 8.718.000,00 EUR). Darin waren 12.558.000,00 DM (= 6.421.000,00 PS) für Personalausgaben enthalten. 14 Im Jahr 2000 lag der Ansatz bei 17.912.000,00 DM (=9.158.000,00 (c)). Darin waren 13.163.000,00 DM {= 6.730.000,00 EUR) für Personalausgaben enthalten. 3. Vom Landesamt für Verfassungsschutz waren am 31.12.2001 im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 9.589 (31.12.2000: 8.605) Personen erfasst, davon 31,06 % (31.12.00: 32 %) im Zusammenhang mit Sicherheitsüberprüfungen. 4. Mit Wirkung vom 22.10.01 wurde in Hamburg die Aegelanfrage bei Einbürgerungen eingeführt: Die Einbürgerungsbehörde fragt vor jeder Entscheidung beim Landesamt für Verfassungsschutz nach; zuvor geschah das nur bei Anhaltspunkten für den Verdacht auf politisch-extremistische Bestrebungen. Bis zum 31.12.01 waren 4.959 Anfragen zu verzeichnen, die immer eine Dateiabfrage im NADIS (8 Anschlusstext "Arbeitsweise") auslösten und in Einzelfällen Ermittlungen erforderlich machten. 10. Arbeitsweise Die Verfassungsschutzbehörden sammeln und speichern personenbezogene Daten über extremistische Bestrebungen, sicherheitsgefährdende Aktivitäten und im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen. Zu den Instrumenten der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden zählen unter anderem gemeinsame Dateien. Die "klassische" gemeinsame Datei im Sinne des & 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist die Personenzentraldatei (PZD) des bundesweiten Nachrichtendienstlichen Informationssystems (NADIS). Sie ist eine grundsätzlich allen Verfassungsschutzbehörden zur Verfügung stehende Sammlung von Hinweisen auf Unterlagen, die personenbezogene Informationen enthalten. Jede Verfassungsschutzbehörde speichert biographische Daten in eigener Verantwortung. Im Zusammenhang mit Personalien wird /ediglich eine Aktenfundstelle gespeichert, nicht die eigentliche Information. Anhand der PZD soll im konkreten Bedarfsfall festgestellt werden können, ob eine Person schon früher im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung bekannt geworden 15 ist. Die Nutzung von Informationen aus den Unterlagen ist ein zweiter - von der PZD unabhängiger - Schritt. Zugriff zu gespeicherten Daten haben ausschließlich die Verfassungsschutzbehörden. Sie sind verpflichtet, diese Daten nach präzise vorgegebenen Fristen und strengen Beurteilungsmaßstäben zu prüfen. Ist ihre weitere Speicherung nicht mehr erforderlich, werden sie gelöscht. Die Datenschutzbeauftragten kontrollieren, ob die Prüfungsund Löschungsfristen beachtet werden. 16 ll. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten Der Verfassungsschutz beobachtet Zusammenschlüsse von Ausländern in der Bundesrepublik, bei denen Anhaltspunkte für den Verdacht auf Bestrebungen im Sinne seines gesetzlichen Auftrags bestehen (2 1.4.) Gerade im Ausländerextremismus hat kein Thema die politische Diskussion und die Sicherheitslage so nachhaltig bestimmt wie die Anschläge vom 11. September in New York und Washington. Sie haben nicht nur global politische Veränderungen bewirkt, sondern auf nationaler Ebene dazu geführt, dass die Sicherheitsbehörden sich mit bislang kaum für denkbar gehaltenen Gefahrensituationen auseinander zu setzen haben und mit neuen Befugnissen ausgestattet worden sind. Kurz nach den Terroranschlägen führten Spuren der Täter auch nach Hamburg. Die Stadt war Wohnund Studienort für einzelne Attentäter und weitere Personen, die hier lebten oder noch leben und als Drahtzieher, Mitwisser oder Mittäter in Betracht kommen. Mohamed EI Amir ATTA, Marwan ALSHEHHI und Ziad Samir JARRAH gehörten zu den 19 bei den Attentaten ums Leben gekommenen Flugzeugentführern; die drei hatten in Hamburg gelebt. Ermittlungen einer in Hamburg eingesetzten Sondereinheit des Bundeskriminalamts führten zu weiteren Verdächtigen, bei denen ein Anfangsverdacht über eine Zugehörigkeit zu einer in Hamburg bestehenden Zerroristischen Vereinigung vorliegt. Gegen etwa zehn Verdächtige leitete der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ein. Die Ermittlungen dauern an. 17 In die andauernden umfangreichen Ermittlungsund Fahndungsarbeiten war und ist auch das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz eingebunden. Islamistische Bestrebungen wurden in Hamburg auch vor dem 11. September aufmerksam beobachtet ((c) Verfassungsschutzbericht 2000 des LfV Hamburg, S. 186 f.}, seitdem kommt der Beobachtung besonders hohe Priorität zu. Dabei gilt unverändert, dass der Verfassungsschutz nicht den Islam als Religion und die Religionsausübung der Muslime beobachtet. Allen Islamisten ist gemein, dass sie die Religion für ihre Zwecke instrumentalisieren und ihr einen bedingungslosen Vorrang geben. Damit steht der Islamismus in einem unauflösbaren Widerspruch zu den Grundwerten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die islamistische Szene in Deutschland wie auch in Hamburg ist hinsichtlich ihrer Ziele als auch der Wahl ihrer Mittel keineswegs homogen: Für die Mehrzahl der islamistischen Organisationen steht im Vordergrund, die gegenwärtigen Regierungssysteme in ihren Heimatländern zu beseitigen und durch ein auf der Scharia basierendes islamistisches Staatsgefüge zu ersetzen. Einzelne erklären offen, die Weltherrschaft des Islam anzustreben. Jedoch nur eine Minderheit der Islamisten in Deutschland ist der Auffassung, dass ihre Ziele mit Gewalt durchgesetzt werden sollen. Unter den bundesweit etwa 3,2 Mill. Muslimen macht die Anhängerschaft islamistischer Gruppierungen knapp 32.000 Personen aus. Davon gehören etwa 27.000 der türkischen /GMG (2 5.2.1) an, die ihre Ziele auf dem Wege gesellschaftspolitischer Arbeit, also über langfristige Einflussnahme zu erreichen sucht. Die IGMG versucht stets, ein rechtlich unangreifbares Bild abzugeben und betont ihre Bereitschaft, sich verfassungskonform und gesetzestreu zu verhalten. Der Verfassungsschutz hat jedoch Anhaltspunkte dafür, dass diese Behauptungen jedenfalls in Teilen nur taktische Äußerungen sind. Der "Kalifatsstaat" ((c) 5.2.2) des Metin KAPLAN hatte nicht nur unverhüllt gegen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Positionen bezogen. Sein ideologisches Endziel war die vollständige Vernichtung der verfassungsmäßigen Ordnung in der Bundesrepublik Deutsch13 land. Die Vereinigung wurde mit Wirkung vom 12.12.2007 durch den Bundesminister des Innern verboten. Zwischen 50 und 100 Personen lassen sich in Hamburg islamistischen Gruppierungen aus dem arabischen Raum zuordnen, die in ihren Heimatländern z.T. gewaltsam operieren. Linksextremistische türkische Gruppen (2 5.3) verfolgen das Ziel eines revolutionären Umsturzes zur Errichtung eines kommunistischen Herrschaftssystems in der Türkei. Akute Gefahren für die innere Sicherheit in Hamburg gehen von ihnen derzeit nicht aus. In Hamburg verzichteten sie in den vergangenen Jahren durchweg auf Gewaltanwendung. Dies galt auch in angespannten Situationen wie den Hungerstreikaktionen in türkischen Gefängnissen. Ob für den Verzicht auf Gewalt organisatorische Schwäche maßgeblich war oder die Überzeugung, dass politische Kampagnen und demonstrative Aktionen mehr bewirken, muss offen bleiben. Ein wichtiges Betätigungsfeld dieser Gruppen besteht darin, ihre jeweiligen Heimatorganisationen propagandistisch sowie durch Geldsammlungen im politischen und terroristischen Kampf zu unterstützen. Die PKK (2 4) hatte im April 1996 eine Gewaltverzichtserklärung abgegeben. Diesen Deeskalationskurs hielt sie weitgehend durch, unterbrochen allerdings von schweren Gewaltakten im Februar und Juli 1999 im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen ihren Generalsekretär ÖCALAN. Einzelne PKK-Aktivisten sind mit dem allgemein-kriminellen Milieu verbunden (z.B. erpresserisches Geldeintreiben unter kurdischen Geschäftsleuten sowie in der Rauschgift-Szene). Nach wie vor bringt die PKK erhebliche Geldmittel in Deutschland für den politischen Kampf in der Türkei, aber auch für die Aufrechterhaltung ihrer Guerilla auf. Junge Leute werden weiterhin für den Kampf mit der Waffe rekrutiert. Den inneren Zusammenhalt der Partei setzt ihre Führung rigoros durch. 1.2 Organisationen und Potentiale Das Potential der in Deutschland vertretenen ausländischen extremistischen Organisationen hat sich von 58.800 (2000) auf 59.100 Mitglieder/ Anhänger im Jahr 2001 geringfügig erhöht. Unterteilt nach ideologischer Ausrichtung wurden im Berichtsjahr etwa 18.250 Personen linksextremis19 tischen Organisationen (2000:18.600), 8.900 Personen extremnationalistischen Organisationen (2000: 8.750) und 31.950 Personen (2000: 31.450) islamisch-extremistischen Organisationen zugerechnet. Darin sind die Anhänger verbotener Organisationen mitgezählt. Diese Zahlen allein und ihre Veränderungen gegenüber dem Vorjahr geben aber noch keinen Aufschluss über die Gefahren, die von den einzelnen Spektren bzw. deren Gruppierungen für die innere Sicherheit Deutschlands ausgehen können. Der überwiegende Teil, ca. 40.600 Personen (68,6%) dieses extremistischen Personenpotentials, entfiel auf Zürkische Volksangehörige. Die zweitgrößte Volksgruppe ausländischer Extremisten bildeten Personen kurdischer Herkunft. Dieser Personengruppe sind 12.350 (20,9%) Menschen zuzurechnen. Darunter sind PKK-Anhänger mit einer auf 12.000 geschätzten Zahl enthalten. Es folgten mit weitem Abstand Araber (5,5%), /raner (1,7%) und sonstige Nationalitäten/Volkszugehörigkeiten (3,2%). 20 2001 2000 2001 2000 2001 2000 Kurden 12.350 12.400 davon 12.000 12.000 Türken 3.950 4.250 28.650 28.150 Araber 150 150 3.100 3.100 Iraner 900 900 100 100 Sonsti 900 900 900 950 100 100 Gesamt 18.250 18.600 8.900 8.750 31.950 31.450 Das in Hamburg etwa 2.480 Personen (2000: 2.450) umfassende Gesamtpotential der Anhänger ausländischer politisch-extremistischer Gruppierungen hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Die PKK hat Hamburg: Personenpotentiale im Ausländerextremismus hier weiterhin ca. 700 Anhänger. Auch die Zahl der Anhänger türkischer Extremistenorganisationen hat sich nicht geändert. Sie wird weiterhin auf 21 1.480 geschätzt. Davon gehören 160 linksextremistischen, rund 300 extrem-nationalistischen und ca. 1.020 Personen Gruppierungen mit islamisch-extremistischer Ausrichtung an. Die Zahl der Anhänger extremistischer Organisationen anderer Nationalitäten bzw. Volksgruppen (lraner, Araber, u.a.), die zum Teil wegen fehlender örtlicher Strukturen organisatorisch nicht fest eingebunden sind, wird auf etwa 300 (2000: 270) geschätzt. 2. Politisch motivierte Ausländerkriminalität Strafund Gewalttaten / Statistik Im Berichtsjahr wurden in Hamburg im Rahmen des neu eingeführten Definitionssystems "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK}), Phänomenbereich "Ausländer" (s. hierzu ausführlich (c) 2. im Teil Rechtsextremismus) 81 Straftaten registriert. Davon wiesen 55 (67,9%), einschließlich 5 Gewalttaten (9,1%), einen ausländerextremistischem Hintergrund auf. In 38 Fällen konnten Tatverdächtige ermittelt werden (Bekanntsachen). Von den 73 Beschuldigten war einer unter 18 Jahre alt. Durch die Einführung der PMK zum Januar 2001 ist bei den extremistischen Straftaten, die eine Teilmenge der PMK darstellen, ein Vergleich mit den Vorjahreszahlen nur sehr bedingt möglich. Auf eine Gegenüberstellung wurde daher verzichtet. Bis zur Drucklegung des Berichts lagen noch keine abgestimmten Bundeszahlen vor. Spektakuläre Straftaten blieben im letzten Jahr weitgehend aus. Am 20.01.2001 warfen iranische Kommunisten Steine und Flaschen gegen das iranische Generalkonsulat. Gegen sie wurde wegen Landfriedensbruch ermittelt. Mutmaßliche Anhänger der PKK bzw. ihrer Jugendorganisation YCK versuchten im letzten Jahr auf sich aufmerksam zu machen, indem sie zweimal auf öffentlichen Straßen brennbare Flüssigkeiten in Brand setzten ((c) 4.2). Zu den sonstigen Straftaten gehörten u.a. Verstöße gegen versammlungsrechtliche Bestimmungen (Veranstaltung nicht angemeldeter Demonstrationen), Hausfriedensbruch (u.a. Versuch der Besetzung der Hamburger SPD-Zentrale am 06.11.2001}, Sachbeschädigungen durch Farbsprühak22 tionen und Plakatierungen sowie das Öffentliche Zeigen verbotener Symbole (PKK-Fahnen). Im Bereich der extremistischen Ausländerkriminalität ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Bei einer Reihe von Straftaten liegen keine ausreichenden Hinweise auf einen politisch-extremistischen Hintergrund vor (z.B. Erpressen von "Spenden", Schleusungen, Urkundenfälschungen, organisationsinterne Bestrafungen). Sie werden daher auch nicht in der Statistik berücksichtigt. 3. Gewaltbereite Islamisten / Islamistische Terroristen 3.1 Allgemeines Der Begriff "Islamist" (arabisch "islamiyun") ist eine Eigenbezeichnung von Personen muslimischen Glaubens, die damit den politischen und gesellschaftlichen Anspruch ihres Glaubens betonen wollen. Islamismus stellt eine /deologie dar, vertreten von Organisationen mit politischem Durchsetzungswillen. In Abgrenzung zum Islam und zur Religionsausübung der Muslime verdeutlicht der Begriff "Islamismus", dass es um einen "politischen Islam" geht. Dieser ist aufgrund seines Anspruchs auf Durchsetzung einer allumfassenden Lebensund Gesellschafts- | form nach islamischen Regeln und nach islamischem Recht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Die Aufmerksamkeit der Verfassungsschutzbehörden gilt auch besonders den unorganisierten Islamisten und Anhängern solcher islamistischen Organisationen und Gruppierungen, die ihre Ziele mit Gewalt und > TALIBAN-Kämpfer Terror verfolgen: " "Arabische Mudschaheddin" führen einen panislamisch ausgerichteten Dschihad (Heiligen Krieg). Sie haben bereits massive Terrorakte ausgeführt und drohen mit weiteren terroristischen Aktionen. Zu diesem Phänomenbereich gehören insbesondere Personen, die in Ausbildungslagern von Usama BIN LADEN in Afghanistan trainiert haben. "e Einige islamistische Organisationen wollen die Gesellschaftsund Herrschaftsverhältnisse in ihren Herkunftsländern gewaltsam (mit terroristischen Aktionen oder Guerillakrieg) verändern. Ihre Mitglieder gelangen zumeist als politische Flüchtlinge nach Deutschland, fördern von hier logistisch und propagandistisch bewaffnete Aktionen in der Krisenregion und stellen auch in Deutschland eine latente Gefahr für Einrichtungen und Interessen der Herkunftsstaaten dar. Zu diesen Organisationen gehören u.a. die algerische G/A, die palästinensischen Organisationen HAMAS und Hizb Allah sowie der türkische /CCB (2 5.2.2). " Ein zusätzliches Gefahrenpotential entsteht innerhalb der arabischen Bevölkerung in Deutschland. Anhaltspunkte dafür sind Ausschreitungen bei anti-israelischen Demonstrationen in der Bundesrepublik nach dem Ausbruch der "A/-Agsa"-Intifada im Oktober 2000. In Hamburg sind Einzelpersonen aus allen vorstehend genannten Komplexen präsent. 3.2 Multinationale arabische Gruppierungen / Netzwerke 3.2.1 Al-Oaida / Arabische Mudschaheddin Die Anschläge am 11.09.2001 auf das World Trade Center und das Pentagon markieren in ihrer Dimension eine neue Qualität des Terrorismus. Erst die sich anschließenden umfangreichen Ermittlungen machten deutlich, dass das dafür verantwortliche weltweit verzweigte und professionell handelnde Terroristennetz auch einen Hamburger Stützpunkt hatte. Mindestens sechs Personen gehörten ihm an: Ein Ägypter (EL AMIR ATTA), ein Staatsbürger der Vereinigten Arabischen Emirate [VAE] (ALSHEHHI), ein Libanese (JARRAH), ein Deutsch-Marokkaner (BAHAJIN), ein Jemenit {(BINALSHIBH) und ein Marokkaner (ESSABAR). Diese "Hamburger Terroristen" hatten hier - einige von ihnen jahrelang - ein völlig unauffälliges 24 Leben geführt. Dennoch waren sie offenbar an Planung und Ausführung der Terrorakte beteiligt. Für die weitere Aufklärung stellen sich die Fragen, ob sie schon als fanatisierte und militante Islamisten nach Hamburg gekommen sind oder ob sie sich erst später zu Anschlägen entschlossen haben bzw. dafür instrumentalisiert worden sind. Je nach Arbeitshypothese stellen sich weitere Fragen nach möglichen Drahtziehern, ihren Motiven und ihrem Aufenthalt. Bei der umfassenden Ermittlungsarbeit der Sicherheitsbehörden ist von zentraler Bedeutung, in welchen Kreisen und organisatorischen Zusammenhängen sich diese Personen bewegten. Hierbei müssen auch Moscheen in Betracht gezogen werden, die einige von ihnen besuchten: z.B. die "AL QUDS-Moschee" am Hamburger Steindamm, die "MOUHAJERINMoschee" in der Kirchenallee, die "MUR-Moschee" im Kleinen Pulverteich sowie fürkische Moscheen in Hamburg-St.Georg und Harburg. Mittlerweile ist vielfach belegt, dass die Terroristen einem Netzwerk von Mudschaheddin angehörten und B/N LADEN-Anhänger waren bzw. sind. "Arabische Afghanistankämpfer" oder "Arabische Mudschaheddin" sind Arbeitsbegriffe der Sicherheitsbehörden. Gemeint sind damit Kämpfer für die Sache Allahs, auch "Gotteskrieger" genannt. Sie nehmen eine Sonderrolle im islamistischen Spektrum ein: Bei der Erfassung und Einordnung dieser Extremisten reichen die Merkmale herkömmlicher politischextremistischer Organisationen nicht aus. Es gibt aufgrund des konspirativen Verhaltens der Täter in diesem Bereich bislang wenig Erkenntnisse über Strukturen. Die Mudschaheddin sind multinational, operieren international und zeigen eine hohe Mobilität. Besondere Kennzeichen dieser Bewegung sind die hohe Bedeutung persönlicher Kontakte - vor allem geknüpft in den paramilitärischen Ausbildungscamps - und die globale Netzwerkstruktur. An den Kampfhandlungen gegen die sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan beteiligten sich in den Achtziger Jahren auch etwa 10.000 vor allem arabische Muslime. Darunter waren Angehörige nahezu aller militanten islamistischen Organisationen in den Ländern des Maghreb, Libyen, Ägypten, Sudan, Saudi-Arabien und des Nahen Ostens. Sie durchliefen religiöse und militärische Unterweisungen in - von Pakistan und diversen arabischen Staaten, anfangs auch von den USA - unterstützten Ausbildungslagern für Widerstandskämpfer u.a. in Afghanistan und Pakistan. Sie lernten dort, den bewaffneten "Heiligen Krieg" (Dschihad) zu führen. Zu25 verlässige Zahlen, wie viele Personen in den Lagern ausgebildet wurden, sind nicht bekannt. Sie schwanken zwischen 70.000 und 90.000 aus etwa 5O Ländern rund um die Welt. Nach bisherigen Informationen gab es in Afghanistan rund 5O Lager der B/N LADEN-Organisation "Al-Qaida" ("Die Basis"), die seit Oktober 2001 systematisch von den Amerikanern und ihren afghanischen Verbündeten durchsucht wurden. Zum Jahresende 2001 wurden dort u.a. "Ausbildungsvideos" in ehemaligen Camps und Wohnunterkünften gefunden. Darunter war z.B. ein etwa sechsstündiges Band, auf dem Männer zu sehen waren, die Geiselnahme und Mord trainierten, den Guerillakampf übten, Attentate vorbereiteten und vermutlich sogar Hinrichtungen ausführten. Die multinationalen Kämpfer wurden nach dem von ihnen als Zeichen islamischer Überlegenheit verstandenen Abzug der sowjetischen Truppen 1989 u.a. in Bosnien, Tschetschenien und Kaschmir eingesetzt. Andere gingen in ihre Heimatländer zurück, gründeten dort militante Organisationen (z.B. in Algerien die G/A) bzw. beteiligten sich vor Ort an Kampfhandlungen. Sie waren sozusagen die erste Generation von Mudschaheddin. Da sie einer Großmacht eine Niederlage zugefügt hatten, wurde diese Bewegung glorifiziert. Ein Mudschaheddin-Führer formulierte diesen Triumph und skizzierte bereits damals den Weg der militanten Islamisten wie folgt: "Über viele Dekaden versuchte der heidnische Westen den heidnischen Osten zu zerstören und scheiterte. Dann schritt der heilige Krieger ein, um das größte je dagewesene gottlose Reich zu erniedrigen und schließlich zu zerstören. So erfüllte sich ein Teil von Allahs Verheißung gegenüber den Gläubigen. Zu erfüllen bleibt noch die Zerstörung des heidnischen, von den verweichlichten und feigen Amerikanern angeführten Westens. Dies dürfte eine leichtere Aufgabe sein, da die Amerikaner sich nie trauen werden, auf dem Schlachtfeld einem Krieger Allahs ins Gesicht zu sehen." (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 14.2.02) Usama BIN LADEN, geb. 1957 in Jeddah/Saudi-Arabien, gründete die Organisation "A/-Qaida" Ende der 80er Jahre zusammen mit dem im November 2001 in Afghanistan bei einem US-Luftangriff auf Ziele in Kabul ums Leben gekommenen Muhammad ATEF und anderen arabischen Islamisten. Den personellen Grundstock bildeten die "Arabischen Afghanen". Anhänger der Organisation verpflichten sich durch einen Treueschwur dem Dschihad und geloben dem Emir, BIN LADEN, unbedingten Gehor26 sam. Die finanzielle Basis stammte aus dem ererbten Vermögen BIN LADENs, geschätzten 300 Millionen US-Dollar. Weitere Einkünfte sollen aus dem weltweit verzweigten Firmengeflecht mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern wie Baufirmen, Fischereibetrieben, Holzgeschäften und Diamantenhandel stammen. Die Zahl der zur "A/-Qaida" gehörenden Personen kann nicht eingeschätzt werden. Sie ist keine Massenoder Mitgliederorganisation, sondern eher eine Kaderund Elitegruppe. Wer zur "Al-Oaida" gehört, " genießt unter Islamisten weltweit den Respekt, ein wahrer "Mudschahed" zu sein. Im Golfkrieg kämpften viele sogenannte "Arabische Afghanen" für den Irak. Damals wandten sich eine Reihe von islamistischen Organisationen, unter ihnen die Sieger des afghanischen Bürgerkrieges und die Protagonisten des islamistischen Netzwerkes, gegen die saudische Monarchie. Sie hatte den US-Truppen gestattet, vom saudischen Territorium aus zu operieren. Die drohende Entweihung der heiligen Stätten Mekka und Medina durch amerikanische Soldaten wurde zum propagandistischen Symbol. Dem US-Fernsehsender ABC sagte BIN LADEN 1998: "Der Aufruf zum Krieg gegen Amerika erging, weil Amerika den Kreuzzug gegen die islamische Nation anführt und Zehntausende Soldaten in das Land der beiden heiligen Moscheen (Mekka und Medina) geschickt hat." Im Jahre 1991 setzte sich B/VN LADEN in den Sudan ab, wo er aufgrund exzellenter Kontakte zur dortigen Regierung wirtschaftliche Aktivitäten entfalten konnte. Von dort aus steuerte er auch die Aktivitäten gegen die in Somalia wegen der Kämpfe zwischen den UNO-Truppen und den AlDID-Milizen eingesetzten US-Soldaten. Auf Druck des UN-Sicherheitsrates wurde er im Mai 1995 aus dem Sudan ausgewiesen und zog nach Afghanistan, wo er sodann unter dem Schutz der das Land von 1996 an beherrschenden Talban lebte. Hier fanden er und die versprengten Kämpfer ein sicheres Zufluchtsund Ausbildungsterrain und entwickelten eine gleichsam symbiotische Beziehung zu den Taliban. Deshalb dürfte es ein 27 schwieriges Unterfangen sein, die Taliban-Anhänger von den Mudschaheddin des BIN LADEN-Umfeldes zu unterscheiden. So wird der in Afghanistan festgenommene US-Bürger John WALKER LINDH, gegen den in den USA im August 2002 ein Prozess u.a. wegen der Verschwörung zur Ermordung von Amerikanern und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung beginnen soll, häufig als "US-Taliban" bezeichnet. Am 23.08.96 rief BIN LADEN seine "muslimischen Brüder" in einer Erklärung zum Dschihad gegen die USA auf. Im Februar 1998 erschienen in zwei in London herausgegebenen arabischen Tageszeitungen Pressemitteilungen, in denen BIN LADEN, Dr. Ayman ALZAWÄAHIR| (2 Foto; Arzt; Angehöriger der ägyptischen Organisation Jihad Islami und ehemaliger "Afghane""), Rifai Ahmad TAHA (einer der Führer der Jamaat Islamiya und ehemaliger "Afghane") und andere Führer militanter islamistischer Gruppen die Gründung der "/nternationalen Front für den Jihad gegen Juden und Kreuzritter" bekannt gaben. Die Gründungserklärung der "Front" enthielt eine Fatwa gegen die USA und ihre Verbündeten. Neben BIN LADENs eigener Gruppe "A/-OQaida" gehören zur | Dr. Ayman ALFront die ägyptischen Organisationen Ta IET "Jihad Islami" und "Jama'at AlIslamiya", der "Verband pakistanischer Ulemas" (Korangelehrte), die "/slamische Befreiungsbewegung des indischen Teils Kaschmirs" sowie die "Bewegung Heiliger Krieg" aus Bangladesch. BIN LADENs Netzwerk werden u.a. folgende schwere terroristische Gewaltakte zugerechnet: e 26.02.1993: Bei einer Explosion einer Autobombe im World Trade Center in New York wurden 6 Personen getötet und rund 1.000 Menschen verletzt. 28 13.11.1995: Bei einem Autobombenanschlag auf ein Gebäude der saudiarabischen Nationalgarde (Ausbildungszentrum) in Riad - dort hielten sich amerikanische und saudiarabische Militärangehörige auf - starben mindestens 7 Menschen, 5 davon US-Bürger, und es gab mindestens 60 Verletzte. Die Attentäter drohten mit weiteren Anschlägen, bis alle US-Soldaten das Land verlassen hätten. 26.06.1996: Bei einem Bombenanschlag auf einen US-Stützpunkt in Dhahran in Saudi-Arabien starben 19 Soldaten, rund 400 wurden verletzt. Ein Tankwagen explodierte mit ca. 2.300 bis 2.500 kg Sprengstoff vor einem achtstöckigen Wohngebäude, riss einen 11 m tiefen Krater und zerstörte das Gebäude. 07.08.1998: Bei nahezu zeitgleichen Sprengstoffanschlägen auf die US-Botschaften in Nairobi/Kenia und Daressalam/Tansania wurden 224 Menschen getötet und etwa 5.000 verletzt. 12.10.2000: Bei einem Selbstmordanschlag auf das amerikanische Kriegsschiff "USSCole" (2 Foto) im Hafen von Aden/Jemen starben 17 amerikanische Soldaten. Es entstand Sach-schaden I.H. von 240 Millionen US-Dollar. 11.09.2001:Bei Selbst- | 2 We mordanschlägen mit Hafen von Aden/Jemen (dpa) entführten PassagierFlugzeugen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington kamen mindestens 3.000 Menschen ums Leben (2 3.2.2). 29 nen Verbindungen zu diesen Organisationen herstellen und aufgrund ihrer Kontakte anderen Mitgliedern einen Aufenthalt in den Ausbildungslagern vermitteln. Einen hohen Anteil "Arabischer Mudschaheddin" weisen die terroristisch aktiven islamistischen Organisationen "Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA), "Libysche Kämpfende Islamische Gruppe" (LKIG; al-Djamaa alIslamiyya al-Mugatila), "Tunesische Islamische Front" (FIT) und "Islamische Marokkanische Kampfbewegung" (HASLM) auf. Über gute Kontakte ins Mudschaheddin-Milieu verfügen weiterhin die algerische "SalafiyyaGruppe für die Mission und den Kampf" ("Groupe Salafiste pour la Predication et le Combat" - GSPC) sowie die ägyptischen Gruppierungen "Jama'at Al-Islamiya" (Islamische Gemeinschaft) und "Jihad Islami". Auch in Deutschland konnten schon vor dem 11. September 2001 Personen identifiziert werden, die dem Kreis "Arabischer Mudschaheddin" zuzurechnen waren, entweder als Mitglieder anderer islamistischer Organisationen oder als mehr oder weniger unabhängige kleinere Netzwerke (so genannte "non-aligned*"-Mudschaheddin). Geschlossene Strukturen von "AlOaida"-Anhängern wurden in Deutschland - nicht anders als in allen anderen westlichen Ländern - bisher nicht erkannt. Es gibt jedoch Personen mit "Al-Qaida"-Kontakten, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben oder hatten. Bereits die Festnahmen von Mamdouh Mahmoud SALIM in der Nähe Münchens im September 1998 und von fünf Personen algerischer Herkunft am 25./26.12.2000 in Frankfurt am Main (so genannte "MellaniGruppe") belegten Kontakte mit in Deutschland lebenden Sympathisanten des internationalen Netzwerkes. Die "Meliani-Gruppe" wird verdächtigt, einen Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt geplant zu haben. Ausgehend u.a. von den Ermittlungen zu der Frankfurter Gruppe folgten weitere Festnahmen in London (Februar 2001), Mailand (April 2001; sog. "Varese-Gruppe") und Spanien (Juni 2001). Aufgrund eines italienischen Festnahmeersuchens nahm die Polizei am 10.10.01 in München den libyschen Staatsangehörigen Lased BEN HENI fest. Er stand schon einige Zeit - im Zusammenhang mit dem "MelianiKomplex" - im Blickfeld der Sicherheitsbehörden. Ein Aufklärungsschwerpunkt der Sicherheitsbehörden ist die Rekrutierung von Mudschaheddin. Eine zentrale Frage ist, wie arabischstämmige Perso30 nen in Deutschland, die religiös interessiert, aber nicht fanatisiert sind, für islamischen Terrorismus motiviert und angeworben werden. Solche Impulse müssen nicht zwingend ortsansässige Islamisten gegeben haben. Anstöße können auch von charismatischen Besuchern aus arabischen Ländern ausgehen, die womöglich erste Kontakte zu "A/l-Qaida" angebahnt haben, oder auch von Videos, in denen der Islam für Gewalttaten instrumentalisiert wird. Interessierte können sich auf vielfältige Art und Weise Zugang zu einschlägigem Material verschaffen: Es kursieren fotokopierte Kampfaufrufe BIN LADENs, Bücher und Zeitungen zu islamistischen Themen und über den "Heiligen Krieg", außerdem bietet das Internet eine Fülle von Informationen, die jederzeit abrufbar sind. In einem bei der - zwischenzeitlich eingestellten - islamistischen deutschsprachigen Homepage "Oogaz.de" verbreiteten Text "Wie kann ich für den Jihad trainieren?" hieß es bezugnehmend auf einen Koranvers noch Mitte 2001, dass die "militärische Ausbildung im Islam eine Verpflichtung eines jeden zurechnungsfähigen, männlichen und gereiften Muslims, ob reich oder arm, ob Studierender oder Arbeiter, ob in einem moslemischen Land oder in einem nicht moslemischen Land lebend" sei. Der Muslim sollte "weder öffentlich zeigen, dass er für den Jihad trainiert, noch damit angeben". Dort wird empfohlen, sich Hintergrundinformationen zur militärischen Ausbildung aus Büchern und CDs anzueignen und das Material in Moscheen oder Islamischen Gemeinden bereit zu halten. Die Verfasser des Textes nennen bewusst keine Objekte oder Personen, wo man nähere Informationen zum "Jihad-Training im Ausland" erhalten kann. Sie geben lediglich den Rat: "Kontaktiert einzelne, die ihr kennt und denen ihr vertraut". Die Frage nach einer Bedrohung deutscher Interessen bzw. Einrichtungen durch "Arabische Mudschaheddin" ist nach dem 11.September 2001, nach der eingelösten Beistandsverpflichtung gem. Artikel 5 des NATOBündnisvertrages und nach der erweiterten Aufgabenstellung der Bundeswehr in Afghanistan für Deutschland und für Afghanistan unterschiedlich zu beantworten: Im März 2002 dauerten die von "Arabischen Mudschaheddin" ausgehenden Gefahren unverändert an. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden lagen allerdings keine konkreten Erkenntnisse über Anschlagsvorbereitungen vor. Bei den damaligen Schwerpunkten des Dschihad (Krieg in 7Tschetschenien; USA 31 und Israel als erklärte Hauptfeinde von Mudschaheddin) kam Deutschland zumindest bis März 2002 keine exponierte Stellung zu. US-amerikanische und israelische Einrichtungen in Deutschland kamen jedoch als Ziele von Anschlägen weiterhin in Betracht. Mit Blick auf den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan gibt es allerdings keinen Grund dafür, B/VN LADENs Drohung vom Februar 1993 nicht ernst zu nehmen: Das Töten von "Amerikanern und ihren Verbündeten, ihren Militärs und Zivilisten" sei eine "Pflicht". Darüber hinaus belegen die Festnahmen Ende 2000 in Frankfurt, dass die in Deutschland befindlichen Mudschaheddin eigenständig oder als Teil des Netzwerkes Aktivitäten entfalten. Ungewiss bleibt vorerst, ob und inwieweit die Fähigkeit der "A/l-Qaida"-Führung, Anweisungen für Terrorangriffe zu geben, durch den Krieg in Afghanistan und das weltweite Vorgehen gegen die Bewegung beeinträchtigt worden ist - wenn es denn überhaupt solcher Direktiven bedarf. Der Krieg gegen das Taliban-Regime und die Mitglieder der "Al-Oaida" in Afghanistan haben dazu geführt, dass das Taliban-Regime militärisch besiegt ist. Dieser Einsatz und die weltweiten Fahndungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden haben zu einem hohen Druck auf die Anhängerschaft der Organisation geführt. Zahlreiche Führungspersönlichkeiten der "Alje TALIBAN-Kämpfer Oaida" sind tot, viele Anhänger wurden festgenommen (nach Angaben des US-Geheimdienstes CIA fast 1.000 in 60 Ländern) oder sind auf der Flucht. Das verbliebene Kräftereservoir dürfte sich für seine Art von Dschihad zwischen islamischer und nichtislamischer Welt weiter bereithalten. USPräsident BUSH sprach von "tickenden Zeitbomben", die aufgespürt und 32 unschädlich gemacht werden müssten. In Verstecken der "Al-Oaida" in Afghanistan habe man Unterlagen über amerikanische Kernkraftwerke und Trinkwasseranlagen gefunden, detaillierte Anweisungen für die Herstellung chemischer Waffen, Übersichtskarten amerikanischer Städte und gründliche Beschreibungen von Wahrzeichen in Amerika und der ganzen Welt. Das internationale Kontaktnetz der "Arabischen Mudschaheddin" ermöglicht einen Einsatz an jedem Ort, an dem sie den Dschihad für notwendig halten. Am 11. September 2001 haben etwa 20 Personen Tausende mit in den Tod genommen: Massenmord durch Opferung des eigenen Lebens. 33 3.2.2 Die Terroranschläge in den USA und die Verbindungen der Terroristen nach Hamburg Der 11. September 2001 Am 11. September 2001 raste eine Boing 767 der American Airlines, Flug 11, aus Boston in Richtung Los Angeles fliegend, in den Nordturm des World Trade Centers (WTC = Foto) in New York. Mutmaßlicher Pilot an Bord war Mohamed Mohamed EI Amir Awad Elsayed ATTA. Wenige Minuten später schlug eine Maschine (Flug 175) der United Airlines (ebenfalls von Boston in Richtung Los Angeles fliegend) in den Südturm des WTC - an Bord als mutmaßlicher Pilot: Marwan Yousef Mohamed ALSHEHHI. Kurz darauf jagte eine vom Washingtoner Dulles Airport Richtung San Francisco gestartete Boing der American Airlines (Flug 077) ins Pentagon. Eine weitere Passagiermaschine der United Airlines, Flug 93, stürzte von Newark/New Jersey in Richtung San Francisco fliegend ber Philadelphia ab - an Bord als mutmaßlicher Pilot: Ziad Zamir JARRAH. Alle Flüge waren Inlandsflüge, die mit großen Kerosinmengen in den Tanks in die Ziele gesteuert wurden bzw. abstürzten. Bei den Terroranschlägen starben mindestens 3.000 Menschen. 34 Skizzierter Ablauf der Ereignisse: e 07.59 Uhr Ortszeit: Flug 011, American Airlines (AA), Boing 767 startet in Boston nach Los Angeles. An Bord befanden sich fünf Terroristen: Neben dem Ä- gypter Mohamed ATTA, 33, vier Saudiaraber. e 08.01 Uhr Ortszeit Flug 093, United Airlines (UA), Boing 757 startet in Newark nach San Francisco. An Bord dieser Maschine waren vier Terroristen: Neben dem Libanesen Ziad Samir JARRAH, 26, drei Saudiaraber. e 08.14 Uhr Ortszeit Flug 175, United Airlines, Boing 767 startet in Boston nach Los Angeles, an Bord waren fünf Terroristen: Drei Saudiaraber und zwei Angehörige der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), darunter Marwan AL SHEHHI, 23. e 08.43 Uhr Ortszeit Flug 077, America Airlines, Boing 757 startet vom Dulles Airport in Washington nach San Francisco. An Bord befanden sich fünf Terroristen aus Saudi-Arabien. e 08.45 Uhr Ortszeit Die AA-Maschine Flug O11 rammte den nördlichen Turm der über 400 Meter hohen Bürotürme des World Trade Centers in New York und reißt ein Loch in das Gebäude. Ein Feuerball schlägt aus dem Turm. e 09.03 Uhr Ortszeit Die UA-Maschine Flug 175 rast vor laufenden Kameras zahlreicher Hobbyfilmer im Bogen auf das World Trade Center zu und bohrt sich in den zweiten, den südlichen Turm der Twin Towers und explodiert. Beide Hochhäuser brennen. e 09.43 Uhr Ortszeit Die AA-Maschine Flug 077 stürzt auf das Pentagon. e 10.05 Uhr Ortszeit Der südliche Turm des WTC (110 Stockwerke) bricht in sich zusammen. e 10.10 Uhr Ortszeit Ein Teil des Pentagons stürzt ein. e 10.28 Uhr Ortszeit Der Nordturm des WTC bricht in sich zusammen. e 10:29 Die UA-Maschine Flug 093 stürzt in Pennsylvania ab. Militärexperten vermuten, dass Terroristen die Maschine auf das rund 140 Kilometer entfernte Camp David, Landsitz des US-Präsidenten, steuern wollten. 35 Mittwoch, 12.09.2001 Einen Tag nach den verheerenden Terroranschlägen wurden vor allem in den westlichen Ländern zahlreiche offizielle Termine, Sportveranstaltungen und Feiern abgesagt. Die Parteien in Hamburg und Berlin unterbrachen ihre Wahlkämpfe. Schon am 11.9. wurde der arabische Terrorist Usama BIN LADEN von etlichen Medien weltweit als Drahtzieher verdächtigt. Wochen danach bestätigten sich Verdachtsmomente gegen BIN LADENs islamistisches Netzwerk. Eine Bekennung zu den Anschlägen erfolgte zunächst nicht. Den Terrorakten dürfte eine jahrelange Planungsund Vorbereitungsphase vorausgegangen sein. Am 12.09.01, 22.18 Uhr, übermittelten US-Behörden deutschen Sicherheitsbehörden eine Liste mit 19 Tatverdächtigen, von denen zwei (Passagiere der Flüge) einen Wohnsitz in Deutschland hatten. Dabei handelte es sich um den Ägypter e Mohamed Mohamed El Amir Awad Elsayed ATTA und den Staatsangehörigen der Vereinigten Arabischen Emirate e |Marwan Yousef Mohamed ALSHEHHI. Beide waren für längere Zeit an der Technischen Universität (TU) in Hamburg-Harburg immatrikuliert. Aus FBl-Unterlagen ergab sich darüber hinaus ein Verdachtshinweis auf den Libanesen e Ziad Samir JARRAH, der als Passagier des Fluges 93 der United Airlines gebucht war. Er war an der Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften am Berliner Tor in Hamburg immatrikuliert. In der Nacht vom 12.09. auf den 13.09. wurden aufgrund dieser Hinweise erste Exekutivmaßnahmen durch die Polizei Hamburg eingeleitet und am 13.09.01 - nach Übernahme der Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt (BKA) - weitergeführt. Mindestens 30 Objekte in Hamburg und anderen Orten in Deutschland wurden durchsucht. Die Auswertung der dabei sichergestellten Unterlagen wie Bücher, Handys, PC, Laptops, PCZubehör und Videos dauert an. In jener Nacht wurde das Wohnhaus Marienstraße 54 in Hamburg-Harburg weltweit bekannt. Ermittlungen ergaben, dass die ehemaligen Bewohner wie ATTA ihr Wohnobjekt "Dar el Ansar" ("Haus der Unterstützer") nannten. 36 Ermittlungsverfahren Die ersten Ermittlungsergebnisse in Hamburg führten zu der Feststellung des Anfangverdachts, dass sich in Hamburg eine Vereinigung aus dort lebenden Arabern mit islamistischer Glaubenshaltung gebildet hatte, deren Zwecke und Tätigkeiten darin bestanden, auch im Zusammenwirken mit anderen islamistischen Gruppen im Ausland den Luftverkehr anzugreifen und Flugzeuginsassen zu töten. Am 13.09.01 leitete der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ein Ermittlungsverfahren gegen e Said BAHAJI und weitere bisher unbekannte Personen wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Mord und Angriffen auf den Luftverkehr ein. BAHAJI war Student an der Technischen Universität in Hamburg-Harburg im Fach Elektrotechnik und ehemaliger Mitbewohner der Wohngemeinschaft Marienstraße 54. Am 22.09.01 wurde das Ermittlungsverfahren durch den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof auf den Beschuldigten e Ramzi Mohamed Abdullah OMAR alias BINALSHIBH ausgedehnt. Am 16.10.01 wurde e Zakariya ESSABAR, ehemaliger Mitbewohner der WG Marienstraße 54 und Student der Medizintechnik in Hamburg, in das Ermittlungsverfahren einbezogen. Gegen die Beschuldigten Ramzi OMAR alias BI/NALSHIBH, Said BAHAJI und Zakariya ESSABAR erließ ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes im September und Oktober 2001 Haftbefehle u.a. wegen Mordes und Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung. Nach ihnen wird weltweit gefahndet. BINALSHIBH, Jemenit und auch ehemaliger Bewohner der WG Marienstraße 54, sollte womöglich als 20. Attentäter zur Terrorgruppe stoßen. JARRAH versuchte mehrfach erfolglos, den Jemeniten mit einem Visum in die USA zu bringen. Die Gründe für die Verweigerung der Einreise sind nicht bekannt. BINALSHIBH hätte zusammen mit JARRAH eine Flugschule in Florida besuchen sollen. 37 Möglicherweise sollte es noch ein fünftes Team zur Entführung von Flugzeugen geben: Am 16.08.01 wurde der Franko-Kanadier Zacarias MOUSSAOUI in den USA wegen Verstoßes gegen die Einreisebestimmungen festgenommen, nachdem er sich dort bereits seit Januar 2001 aufgehalten hatte. Er fiel auf, weil er am Flugsimulator der Boing 747 in einer Einrichtung der PAN AM lediglich den Flug, nicht aber Start und Landung trainieren wollte. Am 11.12.01 wurde MOUSSAOI von der Grand Jury der Vereinigten Staaten wegen der Verabredung zur Begehung von grenzüberschreitenden terroristischen Aktivitäten und weiteren Straftaten angeklagt. Bei ihm wurde Material festgestellt, das auf diverse Kontakte nach Deutschland bzw. Hamburg schließen lässt. In den Asservaten, die das FBl im Bostoner Logan Airport in einer zufällig nicht in das Flugzeug umgeladenen Reisetasche ATTAs fand, wurden u.a. sein auf den 11.04.96 datiertes "Testament" und ein handschriftliches (undatiertes) Schriftstück aufgefunden. In dem Schriftstück - eine Art Leitfaden für den Selbstmordanschlag - beschrieb ATTA u.a., dass "die Arbeit und die Arbeit der Gruppe" Priorität habe, man zu dieser Arbeit verpflichtet sei und dies ausschließlich für Gott tue. In drei Phasen wurde der Ablauf eines Anschlags als eher religiöses Ritual beschrieben. Der Text macht deutlich, wie sehr ATTA den Westen, die "Ungläubigen", die Juden und die Weltwirtschaft gehasst haben muss. Im "Testament" bestimmte ATTA vor allem, wie nach seinem Tod mit seinem Leichnam zu verfahren sei. Es wurde nicht nur von ihm, sondern auch von zwei Zeugen signiert. Einer von ihnen ist der marokkanische Student an der TU Hamburg-Harburg (Elektrotechnik) Mounir EL MOTASSADEO. Er wurde am 28.11.01 wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung aufgrund eines bestehenden Haftbefehls in Hamburg festgenommen und ist derzeit inhaftiert. 38 Verbindungen der Terroristen nach Hamburg Die in mühevoller Kleinarbeit rekonstruierten Lebensläufe von ATTA, JARRAH und ALSHEHHI weisen trotz der mittlerweile bekannt gewordenen Fülle von Details womöglich entscheidende Lücken hinsichtlich der Aufklärung ihres Doppellebens auf. ATTA studierte seit 1992 an der Technischen Universität Hamburg-Harburg das Fach Stadtentwicklung und Städtebau und legte im August 1999 erfolgreich ein Diplom ab. Auf dem Deckblatt der Diplomarbeit wird aus dem Koran zitiert : "Mein Gebet und meine Opferung und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten." Auch wenn ATTA diese Arbeit seinem Gott widmete, belegt dies zunächst nur eine ausgeprägte religiöse Einstellung, ist aber noch kein Hinweis auf eine militant islamistische Position. 1999 gründete ATTA die "/slam AG" an der TU Harburg. Der Gebetsraum der "Islam AG" war ein Zimmer auf dem Campus. Einem Augenzeugen zufolge habe ATTA (immatrikuliert gewesen unter dem Namen Mohamed EL-AMIR) während einer Sitzung des AStA-Vorstandes im Januar 1999 die Gründung einer "Islam AG" beantragt. Es sei ihm vor allem darum gegangen, einen Gebetsraum zu erhalten. Rund 30 der etwa 70 muslimischen Studierenden an der TU Hamburg-Harburg sollen ihn benutzt haben. Die Mitglieder der "/slam AG" seien nie radikal in Erscheinung getreten. In der Zeit von Juli 2000 bis Januar 2001 absolvierte ATTA gemeinsam mit Marwan ALSHEHHI eine Flugausbildung in Venice / Florida. Am 02.05.01 erwarb ATTA in den USA eine "Driverlicence". Sein international bekanntes Foto (siehe oben) - ohne Bart und mit versteinerten Gesichtszügenstammt aus diesem Dokument. Bis zu seinem endgültigen Verbleib in den USA ab Mitte Juli 2001 hielt ATTA sich in mehreren europäischen Ländern auf. Er war trotz seiner langen Abwesenheit noch im September 2001 im Vorlesungsverzeichnis als Leiter der "Islamischen AG" mit der E-Mail-Adresse e/-amir@tu-harburg.de verzeichnet. Mitglieder der "Islam AG" trafen sich noch 2001. 39 Marwan ALSHEHHI reiste im April 1996 als Stipendiat der VAE ins Bundesgebiet ein und hielt sich zunächst in Bonn auf, lernte dort Deutsch und schrieb sich an der Universität ein. Für das Wintersemester 1999/2000 wurde er zum Studium der Fachrichtung Schiffsbau an der TU Hamburg-Harburg zugelassen. Da er sein gesamtes Studium offenbar nicht ernst nahm, wurde er mit Wirkung zum 30.09.2000 zwangsexmatrikuliert. Zu diesem Zeitpunkt hielt er sich bereits zusammen mit ATTA zur Flugausbildung in den USA auf. Nach der Ausbildung pendelte er ähnlich wie ATTA zwischen mehreren Ländern. Ziad JARRAHSs Ersteinreise in die Bundesrepublik Deutschland erfolgte im März 1996 in Greifswald, wo er einen Studienplatz erhielt. Nach Hamburg zog er im November 1997, wo er seit dem Wintersemester an der Fachhochschule für Angewandte WissenZe Ds schaften am "Berliner Tor" für die Fachrichtung Flugzeugbau immatrikuliert war. Er bemühte sich in der Folgezeit um eine Pilotenausbildung, die er im Juni 2000 bei einer Flugschule in Venice / Florida begann. Dort versuchte JARRAH den BINALSHIBH anzumelden. Dies scheiterte, weil OMAR alias BINALSHIBH kein Einreisevisum für die USA erhielt. Wie die beiden anderen Attentäter pendelte er u.a. zwischen den USA und Deutschland. Ab April 2001 absolvierte er den letzten Flugunterricht in den USA. JARRAH hinterließ einen vierseitigen handschriftlich abgefassten (Liebes/Abschieds-) Brief in deutscher Sprache, in dem er seiner Freundin signalisierte, dass sie ein Resultat sehen und auf ihn stolz sein werde. Er endete mit dem Satz: "Kopf hoch, Sieger haben nie den Kopf runter." 40 Zwischen den bisher bekannt gewordenen Tatverdächtigen konnten zahlreiche Kontakte in Deutschland festgestellt werden, die beispielsweise aus gemeinsamen Moscheebesuchen, Mitgliedschaft in der "Islam AG" an der TU Hamburg-Harburg, Gebetsgruppen und der Wohngemeinschaft in der Marienstraße 54 herrührten. Es gab Aufenthalte der Attentäter in Afghanistan, Amerika und Spanien und Hinweise darauf, dass Gelder aus diversen anderen Staaten geflossen sind. US-Ermittlungsbehörden verfolgten die finanzielle Spur der Attentäter (mehr als 325.000 Dollar) zurück. Das Geld sei den 19 Verdächtigten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und einigen anderen Staaten überwiesen worden. Insgesamt sollen über 500.000 Dollar ausgegeben worden sein. Der durch die Attentate verursachte materielle Schaden liegt in einem dreistelligen Milliardenbereich. Nach Auffassung amerikanischer Sicherheitsbehörden waren ATTA und ALSHEHHI 1999 zur militärischen Ausbildung in Lagern von BIN LADEN in Afghanistan. Bekennungen Als Verantwortlicher und Drahtzieher der Anschläge wird der Führer der terroristischen Gruppierung "Al-Oaida", Usama BIN LADEN, beschuldigt. Nach Mitteilung eines arabischen Journalisten, der BIN LADEN im Juni 2001 interviewte, kündigte dieser einen "schweren Schlag" gegen USamerikanische und israelische Ziele an. Nachdem die ersten amerikanischen und britischen Marschflugkörper am 07.10.01 auf afghanischem Boden eingeschlagen waren, rief BIN LA- > Usama BIN LADEN (dpa) DEN in einem Video - verbreitet von dem in Katar 41 stationierten Sender "A/ Jazeera" - am 07.10.01 Muslime in aller Welt zum "Heiligen Krieg" gegen die USA auf und rechtfertigte die Anschläge vom 11. September mit den Worten: "Gott hat sie ihnen beschert". Weiter drohte er mit neuen Attacken: "Die Vereinigten Staaten werden keine Sicherheit erleben, solange die Palästinenser sie nicht haben und solange die Armeen von Ungläubigen nicht das Land Mohammeds verlassen." Ein "Al-Qaida"-Sprecher (Sulaiman ABU GHAITH; > Foto) kündigte Anfang Oktober 2001 bei "A/ Jazeera" die Fortsetzung der Anschläge gegen die USA mit gekaperten Flugzeugen an. In einem Video /obte der Sprecher die Anschläge vom 11. September. Die "Schlacht" werde fortgesetzt, bis sich die USA aus den moslemischen Staaten zurückgezogen hätten. Der Kampf werde ins "Herz Amerikas" ge-tragen. Auch an die Adressen Großbritan-niens und "Die Amerikaner sollen wissen, dass der Sturm der Flugzeuge nicht aufhören wird, bis ihr mit hängendem Schwanz besiegt aus Afghanistan abzieht, bis ihr eure schützenden Hände von den Juden in Palästina nehmt, bis ihr das Embargo gegen das irakische Volk aufhebt, bis ihr die arabische Halbinsel verlasst, bis ihr aufhört, die Hindus im Kampf gegen die Moslems in Kaschmir zu unterstützen." Die Erklärung schließt mit einer Warnung an alle Muslime in den USA und Großbritannien sowie an Gegner der amerikanischen Politik, die Benutzung von Flugzeugen und den Aufenthalt in Hochhäusern zu vermeiden. Man habe "junge Menschen, die sich ebenso sehr nach dem Tod sehnen wie die Amerikaner nach dem Leben." 42 Insbesondere US-Bürgern in arabischen Ländern werde "der Boden unter den Füßen verbrannt". Am 03.11.01 strahlte "A/ Jazeera" eine Rede von Usama BIN LADEN aus: Er forderte alle Muslime dazu auf, sich an der Auseinandersetzung mit den "Ungläubigen" aktiv zu beteiligen. Der gegenwärtige Krieg sei ein Religionskrieg, ein Kreuzzug gegen die islamische Welt. US-Präsident BUSH sei ein "/errorist", der ungefragt in den Krieg ziehe. Es sei die Pflicht eines Muslims, sich gegen die Amerikaner zu wenden. Die UNO sei das Unglück der islamischen Welt und "ein einziges Mordinstrument". Im Unterschied zu früheren veröffentlichten Propagandavideos war jene Rede BIN LADENs als politische Deklaration und Aufruf an alle Muslime weltweit zu werten, sich aktiv an den Auseinandersetzungen zwischen "Muslimen und Ungläubigen" zu beteiligen. Am 13.12.2001 veröffentlichten die USA ein Video als Beweis für die direkte Verwicklung BIN LADENs in die Anschläge vom 11. September. In diesem Video - dessen Authentizität in Teilen umstritten ist - verrät er sich als Urheber der Attentate. Er berichtet davon, wie er vor den Anschlägen die möglichen Opferzahlen "des Gegners" kalkuliert habe. Angesichts seiner "Erfahrung auf diesem Feld" sei er "der Optimistischste" gewesen. Dennoch habe er lediglich damit gerechnet, dass "drei oder vier Etagen" des WTC getroffen würden und dass das Flugzeugkerosin die Metallkonstruktion zum Schmelzen und so die oberen Stockwerke zum Einsturz bringen würde. "Das war alles, was wir uns erhofft haben", erzählt er strahlend und häufig lächelnd. Den Verlauf der Anschläge habe er mit Freunden per Radio verfolgt. Schon als das erste Flugzeug ins WTC hineingerast sei, seien seine "Brüder" vor Freude "außer sich" gewesen. Die Entführer der vier Flugzeuge hätten nur gewusst, dass sie ihr Leben einer "Operation" opfern sollten. Über Art und Umfang ihrer "Märtyrermission" seien sie erst beim Einchecken informiert worden. Chef der Entführergruppe sei Mohammed (ATTA) "aus der ägyptischen Familie" gewesen. In einem weiteren vom TV-Sender "A/ Jazeera" Ende Dezember 2001 ausgestrahlten Video, das etwa Ende November/Anfang Dezember 2001 aufgenommen worden sein dürfte, warf ein abgemagerter und aschgrauer BIN LADEN dem Westen einen "grausamen Kreuzzug" gegen den Islam vor und bezeichnete die Anschläge vom T1. September als "segensreich". Wiederum machte er deutlich, dass sich der Kampf gegen Amerika richte: "Unser Terrorismus ist ein gesegneter Terrorismus, um die ungerechte Person an Ungerechtigkeiten zu hindern und Amerikas Unterstützung für 43 Israel zu stoppen." (Zitate aus dem "Hamburger Abendblatt" v. 28.12.01.) Er rief dazu auf, sich auf die "Zerstörung" der amerikanischen Wirtschaft zu konzentrieren. Nun sei deutlich geworden, dass "der Westen im Allgemeinen und besonders Amerika den Islam unbeschreiblich hassen". Die USA und "die Juden": Feinbilder Nr. 1 ATTA, ALSHEHHI und JARRAH galten als "normale" junge Leute, Muslime, zum Teil fleißige Studenten und Musterbeispiele für die Integrationsfähigkeit dieser Gesellschaft. Sie wurden als wenig bis gar nicht auffällig, liebenswürdig, gläubig, aber nicht radikal, überwiegend "westlich" gekleidet beschrieben. Fanatismus, Antiamerikanismus, Hass auf Juden - sämtlich Indizien für eine islamistische Grundeinstellung - waren angeblich selbst für Personen, die eng mit ihnen zu tun hatten, entweder nicht zu erkennen oder wurden als "Entgleisung" oder als "intelligente Spinnerei" abgetan. Die Terroristen dürften Zugang zu einschlägigen islamistischen Kreisen und ihrem Propagandamaterial gehabt haben. In diesem Zusammenhang werden "Hassvideos" und "Hasspredigten" genannt, mit denen sie sich hinter verschlossenen Türen aufgeputscht haben sollen. Der Hass gegen "den Westen" im allgemeinen und "die USA" im Besonderen ist facettenreich und hat in vielen islamischen Staaten weite Verbreitung gefunden. Der Slogan "Tod für Amerika" in muslimischen Städten weltweit steht für die Auffassung, dass der Westen und allen voran die USA die Inkarnaton des Unglaubens" sind, das Haupthindernis auf dem Weg zum Sieg des Islams. Amerika gilt Islamisten als der Inbegriff der Verderbtheit, Dekadenz und als Speerspitze im Feldzug gegen die islamischen Werte. 44 Der Hass wird auch mit Material geschürt, das im /nternet angeboten wird. Bis mindestens September 2001 wurden auf der deutschsprachigen Website www. gogaz.de Muslime unverhohlen dazu aufgefordert, sich auf den "Heiligen Krieg" vorzubereiten. Die militärische Ausbildung sei eine islamische Pflicht. Der Internet-Auftritt erfüllte den Zweck eines Ratgebers zur individuellen Durchführung eines Trainingsprogramms für angehende "Gotteskrieger". Die Leser wurden u.a. dazu aufgefordert, Kampfsportund Schützenvereinen beizutreten, den Umgang mit Stichwaffen zu erlernen und sich mit Hilfe von US-Militärhandbüchern den Umgang mit Sprengmitteln oder Minen anzueignen. Zusätzlich wurden präzise Verhaltensregeln für eine konspirative Lebensweise verbreitet. So sollte der angehende Kämpfer stets seine Meinung für sich behalten, sich nicht auf Diskussionen einlassen und nicht den Islam predigen. Es ginge darum, sich auf den Dschihad vorzubereiten, nicht darum, Menschen zum Islam zu bekehren. Auf dieser Internetseite wurden größtenteils Nachrichten aus dem Krisengebiet Tschetschenien sowie Interviews mit den Anführern der "Mudschaheddin" in Tschetschenien in 16 verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Allgemein wurde zur Unterstützung des Dschihads in Form von Gebeten, E-Mails und Boykott aufgerufen. Weiterhin wurde ein Pamphlet unter dem Titel "Wie kann ich für den Jihad trainieren" veröffentlicht. Die Website www.gogaz.de ist mittlerweile im Internet nicht mehr aufrufbar. Ein Ersatz für derartige Seiten ist im deutschsprachigen Raum bis Ende 2001 nicht mehr bekannt geworden. Said BAHAJIs Name tauchte unter der E-Mail-Adresse bahaji@tuharburg.de in einer - von einem Hacker entschlüsselten - Bezieherliste des Newsletters der islamistischen Homepage "gogaz.de" auf. Viele der in dieser Liste notierten Adressen ließen den Schluss zu, dass sich an diversen Universitäten in Deutschland Personen mit islamistischen Inhalten auseinander setzten. Wenn BIN LADEN in seiner von "Al Jazeera" ausgestrahlten Rede vom Oktober 2001 vor allem davon spricht, dass "die islamische Nation seit 80 Jahren erniedrigt und missachtet wird", bezieht er sich auf die Abschaffung des Kalifats durch ATATÜRK im Jahre 1924 ("Le Monde Diplomatique" vom 11.01.02). Unter Kalifat wird die Herrschaft eines Ka45 lifen verstanden, der einen - sich auf die Scharia gründenden - islamischen Gottesstaat regiert. Auf völlig andere Art und Weise fordert ein unbekannter Verfasser Taten zur Gründung eines Kalifats: "An das Kalifat Weh euch o Muslime, was ist bloß geschehn? Wo ist euer Hüter, kann er denn vergehn? Wo bleibt denn die Führung mit Weisheit und Lot, die schützt uns mit Liebe in Glück und in Not. Denn Gott hat befohlen und dringend geboten, dass keine drei Tage ohne Kalifen vergehn. Das Recht und die Wahrheit sind deutlich und klar, doch nehmen die Menschen es trotzig nicht wahr! Es herrschen die Heuchler, die Ketzer und Räuber und mit ihnen Laster und Leid und Gewalt! Sie können nur streben auf den teuflischen Wegen und sind eher Satan in Menschengestalt! Sie frönen dem Prunke dem Weib und dem Trunke und treten belächelnd das Rechte hinweg! Und wenn sie dann krächzen in Abschaum gesuhlt, so hört man ganz deutlich: im Westen geschult! Sie reden von Friede und gutem Rat doch spricht aus ihnen nur schmählich Verrat! Was ist o Muslime, wo bleibt denn die Tat? Wir kennen doch alle den göttlichen Pfad?" (Quelle: Deutschsprachige Zeitschrift "EXPLIZIT - Das politische Magazin für ein islamisches Bewusstsein" Nr. 27, Mai-Juni-Juli 2001) 46 Reaktionen auf die Terroranschläge Unter einigen Hamburger Islamisten wurde die auch im Internet verbreitete These vertreten, Israelis hätten die Anschläge verübt, um die Stimmung weltweit gegen Muslime und Araber aufzuheizen. Auf diese Weise solle das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser gerechtfertigt werden. In den ersten Tagen nach den Anschlägen reichte die Stimmung in islamistischen Organisationen von Genugtuung bis hin zur Schuldzuweisung "Das waren die Juden". Es gab allerdings auch kategorische Ablehnung. Manche öffentliche Distanzierung entsprach nur bedingt der Stimmungslage unter den Anhängern islamistischer Organisationen; gelegentlich war sie an die Adresse der westeuropäischen Öffentlichkeit gerichtet. Das der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs" //GMG) zuzurechnende "Bündnis der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland" (B/G) veranstaltete am 16.09.2001 gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde St.Georg einen Gedenkgottesdienst. In Beiträgen des IGMG-Sprachrohrs MILLI GAZETE allerdings wurden die Anschläge als logische Konsequenz und gerechte Strafe der US-Politik im Nahen Osten bewertet. Man solle "Verständnis" für die Menschen aufbringen, die die Anschläge auf den Straßen feierten. In Hamburger Moscheen, die von einem islamistischen Publikum besucht werden, zeigte sich folgendes Bild: In einer türkischislamistischen Moschee am Steindamm wurden die Anschläge intern mit Genugtuung aufgenommen. Ähnlich war die StimmungsECT ae > Die " AL-QUDS" Moschee in Hamburg (dpa) NURMoschee", der "AL-QUDS"-Moschee (2 Foto), der "MOUHAJERIN"-Moschee (alle transnational) und der PKK-dominierten "Shaikh Sayyid Moschee". In internen 47 Gesprächskreisen der "Transnationalen" reagierte man fast nur zustimmend. Die Anschläge seien die "gerechte Strafe Allahs". Gleichwohl kommentierten die Imame - insbesondere beim Freitagsgebet am 14.09. - die Anschläge in der Moscheeöffentlichkeit gar nicht oder nur verhalten. In der "AL-QUDS"-Moschee und der "MOUHAJERIN"-Moschee distanzierten sich deren Leiter von den Anschlägen. Dagegen zeigen bundesweite Reaktionen der "Muslimbruderschaft" - deren Hamburger Anhänger sind ebenfalls in den vorgenannten Moscheen zu finden -, dass man eher besorgt ist: solche terroristischen Strukturen müssten bekämpft werden. Die Besucher des Freitagsgebetes in den "transnationalen Moscheen" wurden dazu aufgefordert, nach der Gebetsveranstaltung nach Hause zu gehen und sich vor allem nicht in Gruppen vor dem Gebäude aufzuhalten. Die Verantwortlichen fürchteten offenbar weitere Reaktionen gegen diese Einrichtungen. Zustimmung gab es auch abseits von Moscheen und Organisationen, die für extremistische Besucher bekannt sind. So wurde aus dem Großmarkt Hamburg gemeldet, dass etwa 20 bis 30 türkische Kunden in einem Imbiss mit Sekt auf die Anschläge angestoßen hätten. Ähnliches wurde aus Bergedorf und Harburg gemeldet. 48 3.2.3 Muslimbruderschaft Die sunnitische "Muslimbruderschaft" (MB, arabisch: "al-Ikhwan al-Muslimun"*) wurde 1928 von Hassan al-Banna in Ägypten gegründet und verbreitete sich auf nahezu alle arabischen Staaten. Dort tritt sie sowohl unter dem Namen Muslimbruderschaft als auch unter anderen Bezeichnungen auf. Sie ist Ursprung vieler islamistischer Bewegungen im Nahen Osten und strebt streng an der islamischen Gesetzgebung ausgerichtete Staatsformen an. Arabische Regime, die nach ihrer Ansicht unislamisch sind, müssen zuvor gestürzt werden. Anhänger der MB kämpften in Syrien und in Afghanistan, wurden im Jemen aktiv und verbreiteten Schriften in den Kaukasusrepubliken mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil. in Ägypten ist die MB verboten, wurde aber jahrelang geduldet. Inzwischen geht die ägyptische Regierung gegen die MB vor, weil sie eine "terroristische Konspiration gegen die Sicherheit und Stabilität Ägyptens" eingeleitet habe. Insbesondere in den nordafrikanischen Staaten haben sich neben zahlreichen unberechenbaren militanten Kleingruppen beständige regionale MBZweige herausgebildet, darunter die algerische "/slamische Heilsfront" (FIS} und die tunesische "En Nahda" (Wiedererwachen). Auch die palästinensische "HAMAS" (2 4.3.1) sowie die für Anschläge auf Touristen und Sicherheitskräfte in Ägypten verantwortlichen Gruppen "Jamaat_ alIslamiya", auch "Gamaat Islamiya" (Islamische Gemeinschaft), und "AlJihad Al-Islami ("Islamischer Heiliger Krieg") haben ihren Ursprung in der MB. Im Bundesgebiet sind MB-Angehörige verschiedener arabischer Nationalitäten vorwiegend in is/amischen Zentren und in diversen islamischen Vereinigungen organisiert, darunter die unter Einfluss des ägyptischen Zweiges der MB stehende "/slamische Gemeinschaft in Deutschland e.V." (IGD) mit mehreren Zweigstellen in Deutschland. In Hamburg wurde bislang keine Zweigstelle der IGD festgestellt. Die Anhänger sind vorrangig daran interessiert, hier Muslime ideologisch zu beeinflussen, um auf diese Weise MB-Anhänger zu rekrutieren. Sie gehen dabei konspirativ vor und treten öffentlich nur durch Publikationen auf. 3.2.4 Hizb-ut-Tahrir 44 Die zum islamistischen Spektrum zählende multinationale "Hizb-ut-Tahrir (Befreiungspartei; auch "Hizb Al Tahrir al Islami" und "Hizb at-Tahrir") 49 wurde 1953 in Jerusalem von Tagiuddin an-Nabhani gegründet. Sie lehnt jeglichen Kontakt mit dem "Judenstaat" als "Verrat und Verbrechen" ab und sieht "die Juden" als einen "giftigen Dolch im Herzen der islamischen Nation". Der Dschihad und die "Entfernung der Wurzel der Juden aus Palästina" seien eine von Allah auferlegte Pflicht. Zu ihren Feindbildern gehören ebenso die nach ihrer Ansicht mit Israel und westlichen Regierungen "kollaborierenden Herrscher" der arabischen bzw. islamischen Welt, derer die Muslime sich entledigen müssten. Sie bezeichnet sich als eine "politische Partei, deren Ideologie der Islam und deren Ziel die Wiederaufnahme der islamischen Lebensweise ist. Dies soll durch die Errichtung des islamischen Staates realisiert werden." Damit meint sie das sog. "islamische Kalifat", das nach dem Sturz des Osmanischen Reiches 1924 wieder zu errichten sei. Die "Hizb-utTahrir" bekämpft "den Kolonialismus in all seinen Erscheinungsformen und Bezeichnungen, um die islamische Umma von seiner ideologischen Führung zu befreien und seine politischen, militärischen und wirtschaftlichen Wurzeln aus dem Boden der islamischen Welt auszureißen und die falschen Ansichten, die der Kolonialismus verbreitet hat, dass sich der Islam auf Gottesdienst und Ethik beschränkt, zu korrigieren". (Selbstdarstellung im Internet v. 13.11.00). Unter Kalifat wird die Herrschaft eines Kalifen verstanden, der einen - sich auf die Scharia gründenden - islamischen Gottesstaat regiert. Die seit mehreren Jahren existierende deutschsprachige Zeitschrift "EXPLIZITpolitisches Magazin für ein islamisches Bewusstsein" steht der Hizb-ut-Tahrir nahe bzw. druckt z.T. deren Texte ab. In der Ausgabe Nr. 29 von Mai/Juni/Juli 2001 wird auf das vom "Rechtsgelehrten" anNabhani verfasste Buch "Die Lebensordnung des Islam" (Nizamu-L-Islam) lobend eingegangen. Einzigartig an diesem Buch sei die "angehängte beispielhafte Verfassung eines modernen islamischen Kalifats, die dem Leser eine konkrete Vorstellung über den Aufbau dieses Staates, der bald Realität sein wird, vermittelt." Im Impressum reiht sich "EXPLIZIT" in die islamistische Terminologie der Hizb-ut-Tahrir ein: "Die Zeitschrift hat das Ziel, ein korrektes Islamverständnis im deutschsprachigen Raum sowohl unter Muslimen als auch unter Nichtmuslimen zu vermitteln. Sie hat die Aufgabe, den Muslimen in Europa ihre Verbunden50 heit mit der islamischen Umma überall auf der Welt als göttliches Gebot bewusst zu machen. Darüber hinaus soll der Islam als das, was er ist, als umfassende Lebensordnung und im Gegensatz zu den bestehenden Gesellschaftssystemen einzig gangbarer Weg dargestellt werden ... Das Kalfat gemäß dem Plan des Propheten stellt hierbei das einzige Regierungssystem dar, welches der menschlichen Natur und ihren Bedürfnissen tatsächlich entspricht." Damit favorisieren die Verantwortlichen dieser Publikation eine Gesellschaftsordnung, die auf dem Koran und der Scharia basiert, mithin die freiheiftliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ablehnt. Seit mehreren Jahren verbreiten die multinationalen "Hizb-ut-Tahrir"Anhänger in Hamburger Moscheen in St. Georg gelegentlich Flugblätter mit ähnlichen Stellungnahmen zu Geschehnissen in der islamischen Welt und treten als Redner auf. Im Internet ist die Organisation mit einer Homepage vertreten. In den darin in arabischer, dänischer, deutscher, englischer, französischer, russischer und türkischer Sprache sowie in Urdu und auf Malai verbreiteten Texten finden sich zahllose Beispiele für antjüdrsche, antiamerikanische und antiwestliche Parolen: Die USA werden durchweg als "Haupt des Kufr"(=des Unglaubens) und als "gnadenlose Feinde des Islam und der Muslime" bezeichnet, den US-Präsidenten BUSH beschimpfen sie als "Kriegsverbrecher", die CIA sei die "größte und gefährlichste terroristische Organisation in der Menschheitsgeschichte". Mit dem Angriff auf Afghanistan sei ein "Krieg gegen die Muslime", angestiftet von "böswilligen Juden" begonnen worden. In diesem Zusammenhang sieht die Partei den Kampf der Muslime als "vorgeschrieben" und als "höchste Spitze des Islam". Obwohl die Hizb-ut-Tahrir immer wieder betont, gewaltfrei zu sein, geben folgende kämpferischen Verlautbarungen Anlass zu Zweifeln: 61 "Ist es nicht Zeit für die unschlagbare islamische Armee, erneut aufzutauchen und an ihre großen Siege anzuknüpfen, indem sie ihre Fesseln sprengt, sich den Befehlen der Tyrannen widersetzt, sie stürzt und die Flagge des Kalifats hisst ? Ist es nicht Zeit, die Umma zu befreien, die Erde unter den Füßen der Kuffar (=Ungläubigen) zum Beben zu bringen und der Umma ihre Stärke und Würde zurückzugeben ?* 3.2.5 Takfir Wa I Hijra Anhänger der in den frühen Siebzigerjahre in Ägypten gegründeten Gruppierung "Jakfir Wa' Hira" (sinngemäß "Sühnung und Auswanderung") gelten a als besonders fanatisch und gewaltbereit. Bereits der Name ist Programm: Da die bestehende Gesellschaft als heidnisch erfahren wird, muss man sie nicht nur wegen ihres Unglaubens verurteilen (fakfir), sondern muss in einem zweiten Schritt - nach dem Vorbild von Mohammeds Auswanderung fhijra) von Mekka nach Medina im Jahre 622 - auch aus ihr ausziehen bzw. sich von ihr zurückziehen, um die wahre "islamische Gemeinschaft" zu begründen. Aus ihr heraus gilt es dann, die ungläubige Gesellschaft und insbesondere ihr Herr- > Scheich "Abu QUTADA" schaftssystem zu bekämpfen. Diese islamistische Bewegung entstand in den Siebzigerjahren in Ägypten und strebte unter Anwendung von Gewalt bzw. mit terroristischen Mitteln den Sturz der ägyptischen Regierung und die Einrichtung eines islamischen Kalifats an. Durch Maßnahmen der ägyptischen Sicherheitskräfte wurde die Bewegung nahezu zerschlagen. Die verbliebenen Anhänger knüpften Verbindungen zu islamistischen Gruppen im Nahen und Mittleren Osten sowie im Maghreb. Einige schlossen sich den AfghanistanKämpfern im Namen des Dschihad an. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Bewegung inzwischen über den Maghreb und Jordanien hinaus als mrlitant-islamistische Strömung expandieren möchte. 52 Der im Koran vorgeschriebene Kampf gegen die Ungläubigen bedeutet nach Lesart militanter Islamisten eine Rechtfertigung zum Töten. Auf sie beruft sich eine Bewegung wie die "Takfir". In Deutschland bzw. in Hamburg gibt es Anhänger, die sich äußerst konspirativ verhalten. Protagonist dieser Bewegung ist der Scheich "Abu Qutada", der sich zeitweilig in London aufgehalten hat. Er "gehört zu den meist gesuchten Personen Jordaniens, da er zum Umfeld Usama BIN LADENs zählt und bei diversen Anschlägen beteiligt gewesen sein soll." (DER SPIEGEL, 8.10.01) 3.3 Palästinensische und libanesische Gruppierungen 3.3.1 HAMAS Die islamistische HAMAS (Akronym aus "Harakat Al-Mugawama_ AlIslamiya" = "Islamische Widerstandsbewegung") ist der 1987 gegründete palästinensische Zweig der sunnitischen "Muslimbruderschaft" (MB). Sie ist der Überzeugung, dass Palästina im bewaffneten Kampf gegen die "zionistischen Okkupatoren" befreit werden muss. Ihr mit terroristischen Aktionen verfolgtes Ziel ist die Zerstörung des Staates Israel und die Frrichtung eines islamistischen Staates in ganz Palästina. Sie lehnt jede politische Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt ab. In einer im Internet im Frühjahr 2001 verbreiteten Erklärung bezeichnet sie den israelischen Ministerpräsidenten SCHARON als "Schlächter" und den Friedensweg und die Vereinbarung von Oslo als "endgültig gestorben". Sie grüßt die "Helden", die bereits "mutige Operationen" durchgeführt haben und droht den "Führern der Zionisten" mit Vergeltung: "Wir rufen das gesamte palästinensische Volk und jeden einzelnen Palästinenser dazu auf, sich praktisch und effektiv an den Aktionen der nationalen und islamischen Kräfte überall zu beteiligen. Wir rufen auch dazu auf, die Intifada und die Operationen des Widerstandes zu steigern und zu stärken. Lasst den Boden unter den Füßen des Feindes lichterloh brennen und den Boden Palästinas in glühendes Feuer verwandeln." 53 Der geistliche Führer und Gründer der HAMAS, Scheich Ahmed YASSIN (2 Foto), unterstrich mehrfach öffentlich die Notwendigkeit bewaffneter Aktionen bis zum völligen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten. Im Rahmen der "A/Agsa-Intifada" bekannte sich die HAMAS bzw. ihr militärischer Arm, die "/zze-dinal-Kassem-Brigaden", zu mehreren Anschlägen in Israel, im Westjordanland und in den teilautonomen Gebieten. > HAMAS - nee Im Februar 2001 vertrat YASSIN in einem Interview mit einer arabischen YASSIN (dpa) . . . Zeitung die Auffassung, dass sich das israelische Volk mit der Wahl SCHARONs für den Krieg entschieden habe und Verhandlungen unnütz seien. Der "jüdische Feind" verstehe nur die Sprache der Gewalt. SCHARON sei ein "Krimineller, dessen Hände mit dem Blut des palästinensischen Volkes beschmiert" seien. Bislang konzentriert sich die Anschlagspolitik dee HAMAS auf Israel und die Palästinensergebiete. Für die Ausweitung auf Ziele außerhalb dieses Raumes sprechen Äußerungen von HAMAS-Funktionären, die dem palästinensischen Volk das Recht zubilligten, auf jede Art und überall Vergeltung an den Zionisten zu üben. Im August 2001 hieß es in einer im Internet veröffentlichten arabischsprachigen Erklärung, dass die Situation in Palästina eine "Auseinandersetzung mit dem Feind überall und mit allen erdenklichen Mitteln" erfordere. Der Ausruf eines "umfassenden palästinensischen Krieges an jedem Ort mit allen Mitteln" gegen die "zionistischen Banden" wurde im Januar 2002 bekräftigt. Die HAMAS wird u.a. von Anhängern aus dem europäischen Ausland finanziell unterstützt. Die in Deutschland lebenden HAMAS-Anhänger, organisiert im "Islamischen Bund Palästina" (IBP), haben neben agitatorischer Tätigkeit die Aufgabe, Geld für den Kampf in der Heimat zu beschaffen. Sie vermeidet eigene Öffentliche Aktionen. Trefforte der in Hamburg auf etwa zehn geschätzten Anhänger sind Moscheen in Hamburg-St.Georg. 54 3.3.2 Hizb Allah Die libanesisch-schiitische Hizb Allah ("Partei Gottes") wurde 1982 auf Betreiben des Iran gegründet und will im Libanon eine islamische Republik nach iranischem Vorbild errichten. Der Führer und Parteichef der Hizb Allah im Libanon, Scheich NASRALLAH (2 Foto), erklärte 1996 öffentlich, dass seine Organisation vom Iran finanziert und politisch unterstützt werde. Die Hizb Allah versteht sich als Speerspitze im Kampf gegen die israelische Besetzung und verfolgt das Ziel, den Staat Israel auszulöschen. Die Partei verfügt aufgrund ihres sozialen Engagements und ihrer bewaffneten Aktionen gegen Israel über eine starke Anhängerschaft in der Bevölkerung. b5 4. Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 4.1 Allgemeines Die Heimat der Kurden befindet sich im Grenzgebiet zwischen der Türkei, dem Irak, dem Iran sowie Syrien und Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Von den etwa 25 Millionen Kurden lebt etwa die Hälfte auf dem Territorium der Türkei. In Deutschland befindet sich eine kurdische Minderheit in einer Größenordnung von etwa 500.000 Menschen (davon in Hamburg: etwa 28.000). Traditionell gliedert sich die kurdische Gesellschaft in Familienund Clanstrukturen. Dies prägt auch die Lebensweise der Kurden in Westeuropa. In der Türkei wurde den Kurden seit jeher Autonomie und kulturelle Eigenständigkeit verwehrt. Die am 27.11.1978 in der Türkei gegründete PKK ("Partiya Karkeren Kurdistan") wird bis heute von ihrem Begründer und "Generalvorsitzenden" Abdullah ÖCALAN geführt. Sie begann 1984 mit Hilfe ihres bewaffneten Arms, der "Volksbefreiungsarmee Kurdistans"" (ARGK), einen revolutionären Guerillakampf gegen den türkischen Staat. Der militärische Konflikt in OÖstanatollen hat nach Schätzungen bisher über 30.000 Menschenleben gefordert. Zahlreiche Dörfer wurden geräumt und zerstört, über weite Teile OÖstanatollens der Ausnahmezustand verhängt. Auf Befehl OCALANS vom 02.08.1999 u zogen sich Ende 1999 --wohl auch, weil militärisch stark geschwächt - Guerilla-Einheiten der PKK aus der Türkei zurück. ÖCALANs Absage an den bewaffneten Kampf ging einher mit der Ankündigung einer Wandlung der Organisation zu einer "demokratischpolitischen Bewegung" unter Verzicht auf die Forderung nach einem Staat "Kurdistan". 66 Die PKK hält unverändert an einem diffusen Ideologiegebäude fest. Ihr Programm ist auch nach der "Reform" im Jahr 2000 eine Mischung aus sozialistischem und nationalistischem Gedankengut - nur nach außen präsentiert sich die PKK heute als basisdemokratische Organisation. Innerorganisatorisch ist sie eine gut organisierte, nach dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus" straff geführte, von ihrem Ursprung her marxistisch-leninistische Kaderpartei geblieben. Sie versteht sich bis heute als "Avantgarde der kurdischen Nationalbewegung"; insoweit beansprucht sie auch weiter das Alleinvertretungsrecht der kurdischen Gemeinschaft für sich und unterdrückt Meinungspluralismus. Im Oktober 1998 verließ Abdullah ÖCALAN (2 Foto) nach jahrelanger Duldung Syrien, bis er schließlich - nach mehrmonatiger Odyssee - am 15.2.99 aus Nairobi / Kenia von einem Kommando türkischer Sicherheitskräfte in die Türkei verbracht wurde. Bis heute auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftiert, wurde er am 29.06.1999 von einem türkischen Staatssicherheitsgericht wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Derzeit ist ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig. ÖCALAN will prüfen lassen, ob die Umstände seiner Festnahme und das Todesurteil gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Die Parteiführung hat ein Präsidialrat übernommen, dem u.a. der ÖCALAN-Bruder Osman und andere hochrangige PKK-Funktionäre angehören. In Europa ist die PKK seit etwa 1980 aktiv. Bundesweit betrug die Zahl ihrer Anhänger Ende 20017 etwa 12.000 Personen - in Hamburg blieb die Zahl auch im vergangenen Jahr mit etwa 700 Anhängern stabil. Ihre Parteiarbeit in Westeuropa organisiert die PKK über die "Kurdische Demokratische Volksunion" (YDK). Dem europäischen Arm kommen verschiedene zentrale Funktionen zu: Mit Hilfe verschiedener Propagandaeinrichtungen wie beispielsweise dem Fernsehsender MEDYA-TV, Printmedien wie SERXWEBUN (Unabhängigkeit), der ihr nahe stehenden ÖZGÜR POLITIKA 57 und "Kurdistan-Report" sowie einer umfassenden Internetpräsenz wird die PKK agitatorisch von Europa aus unterstützt. Zweite wesentliche Aufgabe in Europa ist die Finanzierung des Parteiapparates, z.B. durch Beiträge und Spenden hier lebender Anhänger, den Verkauf von Publikationen, z.T. unter Repressionen erhobene "Spenden", den 2) SERXWEBUN Ji Gera elrün a Acad ya mar ach ine $ Betrieb organisationskontrollierter Unternehmen sowie Abschöpfungen von Gewinnen aus dem organisierten Handel mit Betäubungsmitteln. Über ihre Einrichtungen in Europa - u.a. Vereine - ist sie zudem bemüht, die in der Diaspora lebenden Kurden zu organisieren. Dabei zielen ihre Bemühungen insbesondere auf Frauen, Jugendliche und die Angehörigen verschiedener Glaubensrichtungen. Die PKK rekrutiert in Westeuropa Jugendliche für den bewaffneten Kampf. Um die "Kurdenproblematik" im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, entwickelte die PKK in Deutschland einen teilweise durch militante Gewalt geprägten Aktionismus. Am 26.11.1993 erließ der Bundesinnenminister Betätigungsverbote gegen die PKK, die ERNK und andere Nebenorganisationen. Diese Verbote wurden fortgesetzt missachtet. Die Organisation reagierte mit umfangreichen Umstrukturierungen sowie zahlreichen Neugründungen und blieb so bis heute handlungsfähig. Sie agierte weiter militant und für die innere Sicherheit der Bundesrepublik bedrohlich. Noch Mitte März 1996 kam es zu gewaltsamen Übergriffen von PKK-Anhängern auf Polizeibeamte und zu einzelnen Brandanschlägen. Erst danach entschärfte sich die Lage in Deutschland für eine längere Zeitspanne, nachdem ÖCALAN am 20.3.1996 mit öffentlichen Gewaltverzichtserklärungen auf Deeskalationskurs ging, den die Organisation zunächst einhielt. ÖCALANs Kalkül, eine Aufhebung der Organisationsund Betätigungsverbote zu erreichen und Deutschland als Vermittler für eine politische Lösung der Kurdenfrage zu gewinnen, ging nicht auf. 1999 kehrte die PKK anlassbezogen zu Gewaltaktionen zurück: Im Februar reagierte sie - zum Teil mit brutaler Gewalt - mit Besetzungen diplomatischer Vertretungen und Parteibüros sowie Brandanschlägen auf die Festnahme ÖCALANs und mit einer Brandanschlagserie auf das erstinstanzliche To58 desurteil gegen "ihren Generalvorsitzenden". Nach diesen Aktionen schwenkte die PKK wieder auf den Kurs ihres Gewaltverzichtes ein. 4.2 Aktuelle Entwicklungen Die PKK setzte ihren weitgehend gewaltfreien Kurs in der Türkei und in Europa im Berichtsjahr fort. Allerdings hielt sie sich die militärische Option weiterhin offen. Die PKK-Führung betonte ihre Bereitschaft, jederzeit zum bewaffneten Kampf zurückzukehren: In den Ausgaben der PKK-nahen Publikation ÖZGÜR POLITIKA vom 17. und 18.01.2001 bekräftigte das Mitglied des PKK-Präsidialrates Murat KARAYILAN, dass die PKK von ihrem Recht auf Se/lbstverteidigung Gebrauch macht, wenn sie in einen Krieg hineingezogen werden würde. Für diesen Fall schloss KARAYILAN Selbstmordattentate nicht aus. Diese strategische Option unterstrich das Mitglied des PKK-Präsidialrates Nizamettin TAS: Nach Informationen der ÖZGÜR POLITIKA (Ausgabe vom 13.02.2001) äußerte er sich in einem Interview mit dem Fernsehsender MEDYA-TV wie folgt: "Die kurdische Jugend muss sich nötigenfalls auf die Berge vorbereiten. Der Weg in die Berge ist nicht versperrt. Die kurdische Jugend sollte sich darauf einstellen, dass sie, so wie in den Metropolen auch in den Bergen Arbeit haben kann und somit mit einer Fedayin-Mentalität |Erläuterung: "Selbstaufopferungsmentalität"] vorgehen kann. Sie haben sich also nicht nur auf den politischen Kampf vorzubereiten, sondern auch als Guerilla- . 7 Er er A kämpfer." Während einer Konferenz (c) der "Volksverteidigungskräfte" ("Heza Parastina Gel&E Kurd" - HPG; so der Name der PKKGuerilla) vom 28.06. und 7 12.07.2001 wurde beschlossen, die PKK-Armee zu modernisieren und zu verstärken. Jedes Mitglied der HPG werde mit einer "Fedayin-Seele" kämpfen, falls > 6. Nationalkonferenz ÖCALAN "physisch etwas im August 2001 angetan" werde. 59 Auf ihrer "6. Nationalkonferenz"" vom 05. bis 22.08.2001 kündigte die PKK eine Fortsetzung und Intensivierung ihres "politischen Serhildans" (= kurdischer Volksaufstand) an. Osman ÖCALAN forderte in der ÖZGÜR POLITIKA vom 30.08.2001 die PKK-Anhänger zu "Opferbereitschaft" auf: "Erhebt euch um des Friedens willen. Marschiert für den Frieden ohne irgendein Hindernis anzuerkennen. Falls ihr dafür den Märtyrertod erleiden müsst, so akzeptiert auch das." Im Jahr 2001 rückte das Ziel, eine Aufhebung des Betätigungsverbotes zu erreichen, wieder ins Zentrum der propagandistischen Aktivitäten der PKK in Deutschland. Den Kern ihrer diesjährigen Aktivitäten bildete die im Mai 2001 begonnene "2. Friedensoffensive", die auch Ausdruck der Konsolidierung des neuen PKK-Kurses ist. In ihrem Mittelpunkt stand eine "/dentitätskampagne": PKK-Anhänger in Westeuropa sollten sich der PKK zugehörig erklären. Beabsichtigt war, mit jedem einzelnen Selbstbekenntnis Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen Bestimmungen des Vereinsgesetzes auszulösen. Die PKK-Verantwortlichen strebten damit eine Überlastung der Polizeiund Justizbehörden an. Sie wollten die vermeintliche Wirkungslosigkeit des Betätigungsverbotes belegen und eine öffentliche Diskussion über dessen Aufhebung erzwingen. Osman ÖCALAN erklärte hierzu in einem Interview mit der PKK-nahen Tageszeitung ÖZGÜR POLITIKA vom 23.05.2001: "Unser in verschiedenen Gegenden Europas lebendes Volk soll sich gruppenweise an die Gerichte wenden und sich selbst als PKK-Anhänger, als nationale Befreiungskämpfer erklären. Durch das PKK-Verbot sind die Gerichte dazu gezwungen, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen. Es muss darauf bestanden werden, dass die kurdische Identität registriert wird. Und am Wichtigsten dabei ist, dass man sich als PKK-Anhänger an die Gerichte wendet.(...) Aus den Gerichten aller Länder sollen Plattformen werden, auf denen die Lösung der kurdischen Frage diskutiert wird." Während einer Kundgebung vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht am 13.06.2001 - etwa 600 PKK-Anhänger protestierten gegen einen Prozess gegen einen hochrangigen PKK-Funktionär - nahm die "Identitätskampagne" Gestalt an: Dem Gericht wurden rund 1.500 standardisierte Se/bstbezichtigungsschreiben - Titel "Auch ich bin ein PKK'ler" - übergeben. 60 In Hamburg sollte die "Identitätskampagne" im Wesentlichen im Zuge von sechs kleineren Kundgebungen vor der Justizbehörde bzw. vor dem Hamburger Rathaus stattfinden. Bereits die erste Veranstaltung am 02.07.2001, angemeldet durch den PKK-beeinflussten Verein "Kurdistan Volkshaus e.V.", wurde von der Polizei aufgelöst. Während und nach der Übergabe von mehr als 2.000 Selbstbezichtigungsschreiben skandierten die 27 Teilnehmer "Ich bin PKK". Gegen sie wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die weiteren geplanten Kundgebungen wurden durch die Versammlungsbehörde mit der Begründung verboten, sie seien durch die PKK organisiert und gesteuert. Die PKK hielt sich an das Verbot und versuchte auch nicht, es mit Ersatzveranstaltungen zu unterlaufen. Am 20.08.2001 durchsuchte die Polizei im Rahmen der vorstehend genannten Ermittlungen Räume des "Kurdistan Volkshauses e.V." ((c) Foto) im Neuen Kamp. PKKAnhänger setzten aus Protest dagegen am >" Räume des "Kurdistan Volkshauses e.V." 22.08.2001 (linker Gebäudeflügel) auf einer Straße in der Hamburger Innenstadt Benzin in Brand und riefen ÖCALANParolen. Auf Flugblättern, unterzeichnet mit "Apos Falken", wurde davor gewarnt, die "Wut der kurdischen Jugendlichen" nicht zu weit zu treiben, da man sich sonst "das Recht" nähme, "einen Gegenangriff" zu starten. Danach dürften die Täter aus den Reihen der PKK-Jugendorganisation "Union der Jugend aus Kurdistan" ("Yeketiya Ciwanen Kurdistan" - YCK) stammen. 61 Aus Hamburg und seinem Umland - für die PKK organisatorisch das "Gebiet Hamburg"dürften insgesamt etwa 2.000 authentische Selbstbezichtigungen an Behörden übergeben worden sein, davon rund 1.000 von Personen mit Hamburger Wohnanschrift. Zumeist wurden sie von einfachen PKK-Anhängern oder der PKK nahe stehenden kurdischen Volkszugehörigen unterzeichnet. Vielen regionalen Aktivisten und Funktionären schien der Mut gefehlt zu haben, selbst ein Formular zu unterschreiben. Nach Meldungen der ÖZGÜR POLITIKA vom 15.11.2001 rief der PKKPräsidialrat dazu auf, die "Identitätskampagne" auf das Gebiet der Türkei und "Kurdistans" auszuweiten. Die öffentlichkeitswirksamen propagandistischen Aktivitäten der PKK wie Demonstrationen und Kundgebungen konzentrierten sich auf die agitatorisch wichtigen Ereignisse. Die PKK setzte dabei auf einen störungsfreien Ablauf der Veranstaltungen, um den von ihr proklamierten Wandel zu einer "demokratischen Organisation" zu unterstreichen. Tatsächlich blieben die Veranstaltungen auch überwiegend störungsund vor allem gewaltfrei. In Köln protestierten am 27.01.2001 vorwiegend türkische Staatsangehörige (darunter kurdische Volkszugehörige) gegen die Haftbedingungen in türkischen Gefängnissen sowie gegen die militärischen Angriffe auf PKKStützpunkte im Nordirak. Unter den etwa 16.000 Demonstranten waren eine große Zahl PKK-Anhänger. Anlässlich des 2. Jahrestages der Ergreifung Abdullah ÖCALANs gab es bundesweit PKK-Aktionen: In zahlreichen Städten wurden Mahnwachen, Informationsstände, Menschenketten, Demonstrationen und Kundgebungen organisiert. An einer Demonstration in Hamburg am ! 15.02.2001 nahmen etwa 1.400 Personen teil. Anschließend schütteten in der Hamburger Innenstadt mutmaßliche Anhänger der PKK-Jugendorganisation YCK eine Flüssigkeit auf die Fahrbahn und setzten sie in Brand. In der Nähe des Tatortes fand die Polizei ein Transparent mit der Aufschrift "Niemand wird uns von unserem Vorsitzenden Apo (Spitzname ÖCALANs) trennen". Ende März des Jahres 2001 nutzte die PKK die alljährlichen Vewroz-Feiern (kurdisches Neujahrsfest) zu propagandistischen Aktionen. Am 20.03.2001 folgten etwa 370 Personen, darunter viele Frauen und Kinder, einem Aufruf des "Vereins der freien Frauen aus Mesopotamien e.V." zum alljährlich in Hamburg stattfindenden "Fackelzug". Vier Tage später feierten mehrere tausend Kurden in der A/sterdorfer Sporthalle das Newroz-Fest. Diese durch kulturelle, folkloristische und musikalische Darbietungen dominierte Großveranstaltung nutzt die PKK regelmäßig als Propaganda-Plattform. Am 12.05.2001 demonstrierten etwa 35.000 Kurden aus dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland in Dortmund friedlich unter dem Motto "Frieden in Kurdistan, Dialog jetzt". Vereinzelt zeigten Teilnehmer verbotene PKK-Fahnen oder ÖCALAN-Bilder. Das Verlesen einer Grußbotschaft von Abdullah ÖCALAN war der wichtigste Redebeitrag. Weitere Schwerpunkte: Ein 20-minütiger PKK-Werbefilm und eine Ansprache Osman ÖCALANs, der telefonisch zugeschaltet worden war. Der der PKK nahe stehende Hamburger Verein "Kurdistan Volkshaus e.V." meldete für den 30.06.2001 eine Demonstration "Aufhebung des PKKVerbotes und Anerkennung der kurdischen Identität" an; vergleichbare Demonstrationen fanden auch in anderen Großstädten in Deutschland und Westeuropa statt. Etwa 1.200 Demonstranten, darunter auch wenige deutsche Linksextremisten, marschierten friedlich durch die Hamburger Innenstadt. PKK-Anhänger zeigten anfangs verbotene Symbole wie eine PKK-Fahne und eine Fahne des europäischen Arms der PKK, der YDK. Nach Aufforderungen durch die Polizei wurde dies vom Veranstalter unterbunden. Viele Demonstranten trugen Sticker mit der Aufschrift "Auch ich bin ein PKK'ler", die nach Aufforderung weitgehend entfernt wurden. Am 28.09.2001 demonstrierten in Hamburg etwa 500 Personen anlässlich der Eröffnung des von Abdullah ÖCALAN angestrengten Verfahrens gegen den türkischen Staat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Brüssel. "Lasst uns gemeinsam den Frieden säen!" war das Motto des "9. /Internationalen Kurdistan-Festivals" am 01.09.2007 im Müngersdorfer Stadion in Köln. Etwa 45.000 Teilnehmer waren aus dem gesamten Bundesgebiet und aus dem europäischen Ausland angereist. Auch diese kurdische Großveranstaltung wurde von PKK-Beiträgen dominiert. Redner forderten die Aufhebung des Betätigungsverbotes und beschworen den Erfolg der 63 "Identitätskampagne". Grußbotschaften und Erklärungen von Abdullah ÖCALAN und vom PKK-Präsidialrat wurden verlesen. Etwa 20 Angehörige des der PKK nahe stehenden Hamburger "Vereins der freien Frauen aus Mesopotamien e.V." thematisierten mit einer Kundgebung am 09.10.2001 den Tag des so genannten "internationalen Komplotts". Damit war die erzwungene Ausreise ÖCALANs aus Syrien gemeint. Abends verteilten etwa 15 mutmaßliche PKK-Anhänger in der Innenstadt Handzettel und befestigten ein Transparent mit der Aufschrift "A. ÖCALAN ist das Volk. Das Volk kann nicht verurteilt werden". Die Personen waren den Handzetteln zufolge der "Demokratischen kurdischen Serhildan(Aufstand-) Jugend" zuzurechnen. Am 24.11.2001 feierten etwa 1.000 PKK-Angehörige aus dem norddeutschen Raum den 23. Jahrestag der PKK-Gründung (27.11.1978) im Audimax der Hamburger Universität. Die Veranstaltung war als "Kulturveranstaltung" getarnt. Für den 25.11.2001 meldete eine so genannte "Friedensinitiative" eine "Demonstration für den Frieden in Kurdistan" an. Tatsächlicher Veranstalter war die PKK-Nebenorganisation "Union der Studentinnen aus Kurdistan" (YXK), wie die ÖZGÜR POLITIKA vom 22.11.2001 meldete. Etwa 140 kurdische Jugendliche demonstrierten anlässlich des PKK-Gründungstags friedlich und bekundeten ihre Zugehörigkeit zur PKK. Die PKK hat sich wenige Tage nach dem 11. September 2001 nachdrücklich von den Terroranschlägen gegen die USA distanziert. Die eigentliche Ursache für die Anschläge sieht sie in der US-Außenpolitik. Stellvertretend für die Führungsspitze stellte Duran KALKAN - Mitglied des PKKPräsidialrates -- klar, dass es für diese Gewaltakte keine Rechtfertigung gebe: "Als Partei lehnen wir solche Vorfälle strikt ab und unterstreichen, dass blinde Gewalt keine Lösung ist." Frühere PKK-Gewalttaten seien mit den Anschlägen nicht vergleichbar. Gewalt sei nur legitim, solange sie "der Schaffung der nationalen Identität und der Durchbrechung der Verleugnung dienlich" sei. Die PKK fürchtet, dass mögliche militärische Interventionen im Nahen Osten auch auf das Krisengebiet im Nordirak übergreifen könnten und die Türkei darin "eine Gelegenheit zur Vernichtung der PKK" sähe. In einem solchen Falle wäre "der Grad der zivilen und militärischen Reaktion der kurdischen Seite nicht mehr berechenbar". 64 4.3 Ausblick Die PKK nutzte auch im Jahre 2001 fast jede Möglichkeit, sich nach außen als friedliche und demokratische Organisation darzustellen. Diesen Kurs konnte sie gegenüber der durchaus kritischen eigenen Anhängerschaft durchsetzen. Der Aktionismus der PKKJugendorganisation - wie am 15.02. und am 22.08.2001 in Hamburg - ist jedoch ein Signal dafür, dass es der PKK noch nicht uneingeschränkt gelungen ist, den neuen Kurs der eigenen Anhängerschaft zu vermitteln und dass sie noch Ventile für gewaltbereite Aktionisten offen halten muss. Eine innerorganisatorische Opposition von (ehemaligen) PKKAktivisten und -Funktionären agitiert gegen den "neuen Kurs" der PKK und bezeichnet ihn als "Sackgasse". Diese Oppositionellen werfen Abdullah ÖCALAN Verrat an den originären Zielen der PKK vor. Auch im Verlauf des Jahres 2001 konnte sich dieser Personenkreis nicht als Gruppe zusammenfinden oder gar etablieren. Entsprechende Versuche dauern an. Mit ihren fortgesetzten Drohungen, den bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen, wenn die türkische Regierung ihre starre Haltung - so die PKKSicht - nicht aufgibt, setzt sich die Organisation selbst unter Zugzwang. Irgendwann wird sie ihren Worten Taten folgen lassen müssen, wenn sie glaubwürdig bleiben will. Eine Rückkehr zur Gewalt wäre in erster Linie im Krisengebiet oder in türkischen Städten durch terroristische Aktionen zu erwarten. Militante Aktionen von PKK-Anhängern in Europa sind derzeit nur bei außergewöhnlichen Vorkommnissen zu befürchten - etwa im Zusammenhang mit Abdullah ÖCALAN. 65 Es gibt Anzeichen dafür, dass der Einfluss der PKK auf ihre Klientel - auch in Hamburg - schwindet. Zentrales Problem der PKK-Führung in Europa wird es auch künftig sein, die innere Einheit der PKK in der europäischen Diaspora aufrecht zu erhalten. Dies wird sie nötigenfalls auch mit Druckmitteln versuchen. 5. Türkische Extremisten 5.1 Allgemeines Von den etwa 65.000 in Hamburg lebenden Türken sind rund 28.000 kurdischer Herkunft. Türken (ohne Kurden) stellen unter den Angehörigen politisch-extremistischer Ausländerorganisationen mit etwa 1.500 den größten Anteil. In dem breit gefächerten Spektrum extremistischer türkischer Gruppierungen sind sowohl revolutionär-marxistische, extrem-nationalistische wie auch islamistische Ideologien vertreten. Gemeinsam ist den revolutionär-marxistischen Gruppierungen (2 6.3) das Festhalten an kommunistischen Leitbildern und das Ziel des gewaltsamen Umsturzes in der Türkei. Diese Gruppen unterstützen von Deutschland aus den gewaltsamen Kampf ihrer Heimatorganisationen finanziell und propagandistisch. Ihr vorrangiges Agitationsthema war auch im Berichtsjahr die Situation der in türkischer Haft befindlichen Organisationsangehörigen. Ihr Protest galt auch den Gefängnisreformen in der Türkei. Mit etwa 1.000 Personen ist die IGMG mit ihren zahlreichen Vereinen in Hamburg die mitgliederstärkste Organisation ausländischer Extremisten. Ihre islamistische Ausrichtung ergibt sich u.a. aus der ehemals engen Anbindung an die in der Türkei verbotenen Parteien "Refah Partisi" und "Fazilet Partisi". Beide waren vom türkischen Verfassungsgericht verboten worden, weil sie gegen die in der Türkei verfassungsmäßig gebotene Trennung von Staat und Religion verstoßen hatten. Der in aktiv-kämpferischer, aggressiver Form auftretende is/amistische "Kalifatsstaat"" mit Sitz in Köln und seine 19 Teilorganisationen wurden mit Wirkung vom 12.12.01 durch Verfügung des Bundesinnenministers verboten. In Hamburg bestand keine Organisationseinheit. 66 5.2 Türkische Islamisten 5.2.1 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGIMG) Die IGMG wurde 1985 als "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." - (AMGT) mit Sitz in Köln gegründet. 1995 teilte sie sich in zwei Vereine: Die IGMG übernahm die sozialen, kulturellen und religiösen Aufgaben, die "Europäische Moscheebauund _Unterstützungsgemeinschaft e.V." (EMUG) wurde zuständig für die Verwaltung des Immobilienbesitzes der ehemaligen AMGT. Die Vorstandsund Verwaltungszentrale wurde im Sommer 2001 von Köln nach Kerpen verlegt. Der Vorsitzende der IGMG, Mehmet Sabri ERBAKAN, ist Neffe des ehemaligen Parteivorsitzenden und zeitweiligen türkischen Ministerpräsidenten Necmettin ERBAKAN. Dieser war Chef der im Januar 1998 in der Türkei verbotenen islamistischen "Refah Partisi" (RP, Wohlfahrtspartei). Ihr wurde vorgeworfen, gegen die von der Verfassung gebotene Trennung von Staat und Religion (Laizismus) verstoßen zu haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 31.07.01 das Verbot für rechtmäßig erklärt. Das Programm der RP - so das Gericht - habe eine "Diskriminierung nach Glaubensrichtungen" vorgesehen. Die angestrebte Einführung der Scharia als Rechtssystem verstoße nicht nur gegen türkische Verfassungswerte, sondern auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Mit diesem Urteil bleibt auch das fünfjährige politische Betätigungsverbot für Prof. ERBAKAN in Kraft, das bis zum Jahr 2003 gilt. Die IGMG unterstützte auch die RP-Nachfolgerin, die "Fazilet-Partisi" (FP, Tugendpartei). Diese wurde vom türkischen Verfassungsgericht ebenfalls wegen antilaizistischer Bestrebungen am 22.06.01 verboten. Nach Differenzen zwischen "Traditionalisten" und "Erneuerern" unter den FP-Anhängern gingen aus ihr im Juli / August 2001 zwei neue Parteien hervor: Die "Saadet-Partisi" (SP, Glückseligkeitspartei), Plattform der "Traditionalisten", und die "Adalet ve Kalkinma Partisi" (AKP, Gerechtigkeitsund Entwicklungspartei), die die "Erneuerer" vereint. In der IGMG 67 scheinen sich die Necmettin ERBAKAN treuen "Traditionalisten" durchzusetzen, die sich an der SP orientieren. Die "Erneuerer", die für mehr innerparteiliche Demokratie eintreten, sympathisieren eher mit der AKP. Welche Auswirkungen das auf die IGMG haben wird, ist offen. Mit ihren rund 27.000 Mitgliedern ist die IGMG seit Jahren anhängerstärkste islamistische Organisation in Deutschland. Die Zahl ihrer Sympathisanten ist deutlich höher. Der Generalvorsitzende Mehmet ERBAKAN nannte im Oktober 2001 in einem Interview die Zahl von 210.000 Mitgliedern in Deutschland; dafür gibt es keinen Beleg. Das auch europaweit hohe Mobilisierungspotential zeigt sich u.a. bei überregionalen Veranstaltungen: An der 6. Generalversammlung am 03.06.2000 in Köln nahmen etwa 30.000 Personen aus dem Bundesgebiet und dem europäischen Ausland teil. Die 7. Generalversammlung fand als "Europakongress" am 15.04.01 in Hagen mit etwa 1.000 geladenen Funktionären und Vertretern der FP statt; Pressevertreter waren ausgeschlossen. Aus der Verbundenheit der IGMG mit der RP bzw. FP folgt, dass die IGMG auch deren Ideologie vertritt, die u.a. durch Ablehnung des Demokratieverständnisses der westlichen Welt sowie durch Antizionismus und Judenfeindlichkeit geprägt und mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar ist. Die derzeitige IGMG-Führung versucht, die engen Verbindungen zu den o.g. Parteien und zu Necmettin ERBAKAN, der immer noch die Führung innerhalb der islamistischen Bewegung in der Türkei beansprucht, nicht deutlich werden zu lassen. Das hängt allerdings auch mit dem türkischen Parteienrecht zusammen, das türkischen Parteien die Gründung von Auslandsorganisationen untersagt. In der Broschüre PARANTEZ, die in der Hamburger Zentralmoschee seit mehreren Jahren an Jugendliche verteilt wird und der IGMGJugendorganisation zuzurechnen ist, wird zur Verleugnung der Demokratie aufgerufen: "Alle Systeme (außer dem islamischen Rechtssystem) sind Götzensysteme, die ich ausnahmslos zu verleugnen habe (z.B. den Kommunismus, die Demokratie, Kapitalismus, Sozialismus, Diktatur sowie die Trennung von Staat und Islam - Pluralismus) ." (Ausgabe vom 25.05.2007) Weiter sind erhebliche Zweifel angebracht, ob die IGMG das Verfassungsgebot der Gleichberechtigung tatsächlich akzeptiert. Die Organisation geht lediglich von einer eher nebulös formulierten "Gleichwertigkeit" aus: 68 "Die Rechte der beiden Geschlechter sollten auf ihre jeweiligen Lebenssituationen zugeschnitten sein, und die ist bei einer allein stehenden Frau oder einer Mutter anders als bei einem Mann. Was den ganzen Regelungsbereich im Gesetzbuch betrifft, würde ich auch für die Gleichberechtigung plädieren. Dennoch sollten wir die Gleichwertigkeit nicht nur an Rechten festmachen." (taz-Interview mit M.S. ERBAKAN vom 03.08.00) Die Haltung zum Laizismus (Trennung von Staat und Religion) ist ein wichtiges Merkmal zur Beurteilung, ob eine Organisation als islamistisch einzuschätzen ist. Zum Laizismus nimmt ein Kolumnist der "Milli Gazete" (Sprachrohr der IGMG) wie folgt Stellung: "Der Laizismus ist kein Wert von allgemeiner Gültigkeit. Ist es vielleicht angebracht, zum Schutz des Laizismus, der keinen Wert hat, die Glaubens-, Gewissensund Meinungsfreiheit einzuschränken ? .... Kein politisches Regime hat das Recht zu sagen: 'So religiös darfst du sein. Alles, was darüber hinausgeht, erlaube ich nicht'..." (Milli Gazete, 28.7.0171) Die IGMG zielt mit ihrer Erziehungsund Bildungsarbeit besonders auf Frauen und Jugendliche, in den Sommerferien werden für Jugendliche Korankurse angeboten - zum Teil in Internatsform. Diese Form ermöglicht eine intensive Bindung an die Organisation. Weitere besondere Zielgruppen sind Studenten und Akademiker. Für den IGMG-,Regionalbereich Nord", der Hamburg, Schleswig-Holstein und Teile Niedersachsens einschließt, ist das von IGMG-Funktionären geleitete "Bündnis der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland e.V." (BIG) zuständig. Die Zentrale der Region Nord befindet sich in Hamburg. Die Mitgliederzahl in der Stadt wird unverändert auf 7.000 geschätzt, wobei die Zahl der Personen, die sich mit der Organisation verbunden füh69 len, weitaus höher liegen dürfte. In Hamburg gibt es mehr als 15 formal selbstständige Vereine, die der IGMG nahe stehen, darunter zielgruppenorientierte Vereine z.B. für Frauen, Jugendliche, Studenten, Unternehmer und Akademiker sowie Trägervereine von zehn Moscheen. Größte von ihnen ist die "Zentralmoschee" in der Böckmannstraße und die "Hicret Camii" in der Barnerstraße in Ottensen. Kleinere Moscheen befinden sich z.B. in der Knoopstraße in Harburg und am Vogelhüttendeich in Wilhelmsburg. Aufgrund der Terroranschläge vom 11. September hat die IGMG öffentlich Bestürzung bekundet. In Presseerklärungen verurteilte die Führung der IGMG die Anschläge. Ihrer Publikation "Milli Görüs & Perspektive" zufolge kam es zu zahlreichen spontanen Gedenkgottesdiensten in den Gemeinden. Ein Beitrag der "Milli Gazete" vom 13.9. geht auf die Anschläge wie folgt ein: "Wir wagen es kaum auszusprechen, jedoch haben die USA einen sehr hohen Preis für ihre Taten zahlen müssen. Sie müssen daraus ihre Lehren ziehen." In einer Presseverlautbarung vom 8.10.01 erklärte die IGMG vor dem Hintergrund der Militäraktionen in Afghanistan, man fühle sich durch BIN LADENs Aufrufe zum Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen nicht angesprochen. Er sei nicht dazu legitimiert, für "die" Muslime zu sprechen. Zugleich zeigte sich die IGMG besorgt über das weitere Erstarken eines angeblichen "Feindbildes Islam"; sie befürchte eine zunehmende Diskriminierung der Muslime. OO ET ENTE SEE FREE BE A DE ET a LE FE TE In ihrer Satzung hebt die IGMG die religiöse, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Mitglieder als Vereinszweck hervor. Sie versucht sich ein moderates Erscheinungsbild zu geben und betont, dass ihre Auffassung vom Islam mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sei. Tatsächlich gibt es unauflösbare Widersprüche zwischen dem von ihr vertretenen religiös begründeten politischen und gesellschaftlichen Absolutheitsanspruch zu Eckwerten der freiheitlichen demokratischen Grundord70 nung wie der Volkssouveränität und dem Mehrparteienprinzip. Die tendenziell antisemitischen Äußerungen in ihrem Sprachrohr, der Tageszeitung "Milli Gazete", verstoßen zudem gegen den Gedanken der Völkerverständigung. 5.2.2 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB) - "Der Kalifatsstaat" Der Verband war 1985 als Abspaltung der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) entstanden. Der bis zu seinem Tod am 15.5.95 von dem Türken Cemaleddin KAPLAN und dann von dessen Sohn Metin KAPLAN geführte Verband propagiertte den gewaltsamen Sturz des türkischen Staatsgefüges und ein weltweites islamistisches Staatssystem. Metin KAPLAN (2 Foto) wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 15.11.2000 wegen Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, am 25.10.2001 bestätigte der BGH das Urteil. KAPLAN war für schuldig befunden worden, zur Ermordung eines Rivalen in den eigenen Reihen aufgerufen zu haben. Dieser "Gegenkalif" war 1997 von Unbekannten erschossen worden. Mit Wirkung vom 12.12.01 verbot der Bundesminister des Innern den "Kalifatsstaat", seine in den Niederlanden registrierte Stiftung "Diener des Islam", soweit sie sich in Deutschland betätigte, sowie 19 Teilorganisationen. Die Verbandsaktivitäten richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung. Zudem hatte er die innere Sicherheit sowie erhebliche - vor allem außenpolitische - Belange der Bundesrepublik gefährdet. Der Verein hatte zuletzt etwa 7.700 Mitglieder. In Hamburg bestanden keine Vereinsstrukturen, hier wurden ledig71 lich einzelne ICCB-Anhänger festgestellt. Das Verbot war möglich geworden durch die Streichung des "Religionsprivileges" im Vereinsgesetz, die am 08.12.01 in Kraft getreten ist. Im Rahmen des Verbotsvollzugs wurden in sieben Bundesländern 212 Einrichtungen und Wohnungen durchsucht. Dabei kam es zu Sicherstellungen von Publikationen, technischen Geräten sowie Bargeld und Sparguthaben im Werte von fast 400.000 DM. In Bayern und Nordrhein-Westfalen beschlagnahmte die Polizei zwei Schusswaffen in Privatwohnungen. Die im Eigentum der Stiftung stehenden Grundstücke wurden durch Beschlagnahmevermerke in den Grundbüchern gesichert. 5.3 Revolutionär-marxistische Gruppierungen 5.3.1 DHKP-C und THKP/-C Devrimci Sol Beide Organisationen sind aus einer Spaltung der 1978 in der Türkei gegründeten und 1983 in Deutschland verbotenen "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) hervorgegangen. Die Trennung begann Ende 1992 und wurde gewalttätig - u.a. mit Schusswaffen - ausgetragen. Am 13.8.1998 erließ das Bundesministerium des Innern Verbotsverfügungen gegen beide Devrimei Sol-Nachfolgeorganisationen. Wie die ursprüngliche Devrimei Sol halten auch die Nachfolgeorganisationen ideologisch am Marxismus-Leninismus fest, dem sie in der Türkei durch terroristische Aktionen den Boden bereiten wollen. Die Anhänger der THKP/-C Devrimci Sol (Türkische Volksbefreiungspartei / Front Revolutionäre Linke) sind bundesweit mit etwa 100 deutlich weniger als die der publizistisch sehr aktiven DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei) mit etwa 900. In Deutschland ist die THKP/C weitgehend inaktiv. Dies gilt auch für Hamburg; hier gibt es noch etwa zehn Anhänger. Eine Großveranstaltung im April 2001 in Zürich zeigte, dass die Organisation europaweit noch mit über 1.000 Mitgliedern und Sympathisanten aufwarten kann. Wegen des Organisationsverbots tritt die DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei -Front) unter ihrem Namen nicht öffentlich auf. Sie bedient sich bei Aktionen u.a. der Mitarbeit vorgeschobener deutscher Sympathisanten oder nutzt das von ihr gegründete "Komitee gegen Isolationshaft" 72 (IKM ) als Fassade. Kundgebungen und andere öffentliche Auftritte unternimmt sie auch gemeinsam mit einem "Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen" - DETUDAK (2 6.3.2 - TKP/ML). Aktivistentreffen auf überregionaler Ebene fanden regelmäßig im Ausland, u.a. in = | BE Rotterdam / NL, statt. Devrimc! HalkKurtulusGepesl Schätzungsweise 1.500 bis 2.000 Sympathisanten auch aus dem benachbarten Ausland konnten Organisationsanhänger am 24.02.01 in Dortmund zu einer Kulturveranstaltung mobilisieren. Attraktion war u.a. das Musikprogramm mit der ihr nahe stehenden "Grup Yorum". Deutlich über 5.000 Teilnehmer waren auf einem europaweiten Festival am 21.4. in s'Hertogenbosch / NL zu verzeichnen. Im Berichtsjahr führten Mitglieder und Sympathisanten der Organisation bundesweit zahlreiche Kundgebungen, Demonstrationen und demonstrative Aktionen durch, um auf die Situation in türkischen Gefängnissen aufmerksam zu machen, insbesondere auf den 7od zahlreicher hungerstreikender Häftlinge, die etwa zur Hälfte aus den Reihen der DHKP-C kamen. Bis zum Jahresende forderte der im Oktober 2000 begonnene Hungerstreik in und außerhalb der Gefängnisse nach Presseberichten 42 Opfer. Ein Ende des Streiks ist nicht abzusehen, zumal es für die Forderungen, insbesondere die Abschaffung der Zellen des "F-Typs" (Zellen für jeweils ein bis drei Häftlinge) kaum Aussicht auf Erfüllung gibt. Wichtigster Teil der Aktivitäten neben der Kampagnentätigkeit waren Bestrebungen zur Finanzierung der Organisation und ihres Publikationsorgans "VATAN" (Heimat). Diese bestanden vorrangig aus dem Zeitungsvertrieb und der jährlichen Spendenkampagne, der Haupteinnahmequelle. Die Organisation plädiert nach wie vor für ein gewalttätiges Vorgehen in der Heimat. Wenn andere Gruppen auf Deeskalation setzen - und sei es nur aus taktischen Gründen -, werden sie einer heftigen Kritik unterzogen. Die DHKP-C kritisierte am 15.10.01 in ihrer Wochenzeitschrift "Vatan" die PKK: Deren Politik richte sich weder gegen den "/mperialismus"" und die "Monopole" noch gegen den türkischen Staat. 73 Die DHKP-C ist auch in Hamburg mit etwa 30 Anhängern noch präsent, das Mobilisierungspotential für Öffentliche Aktivitäten ist rückläufig. Im Berichtsjahr gab es etwa ein Dutzend öffentlichen Kundgebungen mit bis zu etwa 70 Teilnehmern. Hauptanliegen war wie schon im Jahr 2000 die Situation der Häftlinge in der Türkei. Hamburger Mitglieder und Sympathisanten unterstützten die Protestkampagne mit einer Reihe von eigenen Aktionen, kleineren Kundgebungen, Aufzügen und eher symbolischen "Besetzungen" von Parteibüros. Dabei zeigte sich deutlich eine nachlassende Beteiligung. Offensichtliche Unterstützung deutscher Linksextremisten fand ein geduldeter "Besuch" von ca. 10 Sympathisanten im Hamburger Parteibüro der GAL am 23.4.01. Flugblätter wiesen auf "Familien von TAYAD" hin, einer der DHKP-C nahe stehenden Gefangenenhilfsorganisation. Ein Spruchband am Fenster forderte u.a. "Kein Stammheim am Bosporus" - eine Kampagnenlosung der deutschen linksextremistischen Gruppe "Libertad". Als Reaktion auf eine Festnahmeaktion am Vortag in Istanbul unternahmen DHKP-C-Sympathisanten am 06.11.01 einen Versuch, das Hamburger SPD-Büro zu besetzen. Am 13.11.01 versammelten sich acht Personen "spontan" vor dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg mit einem Spruchband "/n türkischen Gefängnissen hat der Staat massakriert" und skandierten Parolen. Zu den Ereignissen vom 11. September erklärte die DHKP-C in Stellungnahmen vom 17.09.01, der amerikanische Imperialismus habe keine Religion, keinen Glauben, keine Kultur. In einer solchen Welt könne man nicht darüber diskutieren, warum es am 11. September zu solchen Anschlägen gekommen ist, sondern warum es nicht mehr solcher Anschläge gegeben hat. Das militärische Vorgehen der USA in Afghanistan nutzte die DHKP-C zur verstärkten Polemik gegen ihr Feindbild, den "/mperialismus". Das IKM bezeichnete das Vorgehen der USA als "Eroberungskrieg" (Erklärung im Internet vom 08.10.01). Es sei gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung gegen alle Völker der Welt, die sich gegen Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung stellten. 74 5.3.2 TKP/ML und TKP(ML) Die 1972 in der Türkei gegründete "Türkische Kommunistische Partei / Marxisten Leninisten" (TKP/ML) hatte sich 1994 gespalten. Es entstanden zwei Flügel, die inzwischen selbständige neue Parteien mit gleichlautender Namensgebung, aber unterschiedlichen Abkürzungen bilden: Aus dem "Partizan"-Flügel entstand die TKP/ML. Sie hat diese Abkürzung von der Ursprungsorganisation übernommen und verfügt außerhalb der Türkei über folgende Strukturen: " Dachorganisation in Europa: "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei" (türkische Abkürzung AT/K). Sie versucht, ihre Verbindung zur TKP/ML zu verschleiern. " Dachorganisation in Deutschland: "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (türkische Abkürzung AT/A). Sie agiert über örtliche Vereine und "Arbeitsgruppen". "= Jugendorganisation: "Neue Demokratische Jugend" (türkische Abkürzung YDG). Sie ist direkt der europäischen Dachorganisation (ATIK) unterstellt. "= Nebenorganisation: "Demokratischer Künstlerverband" (türkische Abkürzung DSB) t isi TürkiyeKomünisPart (MarksisLeni t) t nisRB) Aus dem zeitweise als "Ostanatolisches Gebietskomitee"" (türk. Abkürzung: DABK) bezeichneten DABK-Flügel entstand die - sich in der Abkürzung nur durch Klammerschreibweise unterscheidende - TKP{ML). Sie unterhält außerhalb der Türkei folgende Strukturen: " Basisorganisation in Europa: "Konföderation für demokratische Rechte in Europa" (türkische Abkürzung ADHK) " Basisorganisation in Deutschland: "Föderation für Demokratische Rechte in Deutschland" (türkische Abkürzung ADHF). Auf regionaler Ebene bestehen Bezirkskomitees. Diesen unterstehen Stadtund Ortskomitees. "= Jugendorganisation: "Demokratische Jugendbewegung" (türkische Abkürzung DGM) " Frauenverband: "Neue Demokratische Frau" (türkische Abkürzung YDK) 75 "= Nebenorganisation: "Internationaler Schriftsteller-und Künstlerverband" (türkische Abkürzung FEYSB) Beide Organisationen haben zusammen etwa 1.600 Anhänger in Deutschland. Sie orientieren sich am Marxismus-Leninismus und an Ideen des Maoismus. \hr Ziel ist die Zerschlagung des türkischen Staatsgefüges durch eine "demokratische Volksrevolution" und der Aufbau einer kommunistischen Gesellschaftsordnung. Bereits 1972 wurde die "Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO) gegründet, die in der Türkei Terrorakte verübt. Im Berichtsjahr gab es mehrfach gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen der TIKKO und dem türkischen Militär. Da sich TKP/ML und TKP(ML) unterschiedslos auf die TIKKO beziehen, ist im Einzelfall nicht erkennbar, welche von beiden Organisationen hinter TIKKOAktionen steht bzw. ob Aktivisten beider Flügel Seite an Seite oder getrennt kämpfen. TKP/ML und TKP(ML) treten in Deutschland vorwiegend propagandistisch auf. Europa bedeutet für sie eine logistische Basis zur Unterstützung ihrer Heimatorganisationen. Wichtigste Einnahmequelle stellen jährliche "Spendenkampagnen" dar. Spenden werden - auch unter Druck und Drohungen - bei Landsleuten beigetrieben. Am 12.5.01 versammelten sich in Ludwigshafen-Friesenheim bei der jährlichen TKP/MLGedenkveranstaltung zum Todestag des Parteigründers KAYPAKKAYA ca. 3.000 Personen (Vorjahr: ca. 5.000 Personen). Diese Teilnehmerzahl ist ein Gradmesser für die Mobilisierbarkeit von Anhängern auch sympathisierender Organisationen nebst Familienangehörigen. Da die Parteien selbst im Gedenken an ihren Parteigründer gespalten sind, organisiert die TKP(ML) alljährlich eigene KAYPAKKAYA-Veranstaltungen. Am S , 26.5.01 versammelten sich dazu in Dunn Oberhausen ca. 4.000 Personen (Vorjahr: lediglich 2.000 Personen) aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus dem benachbarten Ausland. Die hohe Beteiligung resultiert auch 76 aus der Teilnahme von PKK-Anhängern, womit gegenseitige Solidarität demonstriert werden soll. Die ATIF feierte in Offenbach am 10.3.01 ihr 25,jähriges Bestehen mit 1.400 Personen. An der Veranstaltung nahmen Vertreter des gesamten türkischen linksextremistischen Spektrums teil. TKP/ML und TKP({ML) arbeiten in dem Bündnis DETUDAK mit (siehe unten). Die TKP/ML-Anhänger in Hamburg (ca. 50) treffen sich in den Räumen des ATIF-Vereines "Kulturund Solidaritätsverein Hamburg" in Ottensen. Ihre Gewaltbereitschaft hatte sich zuletzt im Sommer 1996 bei Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen gezeigt. Die wesentlich kleinere Anhängerschar (ca. 30) der TKP(ML) hat einen Stützpunkt im Schanzenviertel. Anhänger beider TKP-ML-Organisationen beteiligten sich in Hamburg zusammen mit deutschen und türkischen Linksextremisten - mehrfach an friedlich verlaufenen Aufzügen. So nahmen beide Organisationen am 3.11. und 17.11.01 an friedlichen Demonstrationen eines breiten Bündnisses teil: Zusammen mit deutschen und ausländischen Linksextremisten protestierte man gegen den Krieg in Afghanistan (Tenor "Kein Krieg! Aufstehen für den Frieden"). Themenschwerpunkt beider Parteien war im Berichtsjahr die Fortsetzung der Kampagne zur Häftlingssituation in der Türkei. Der Protest wird von dem im Frühjahr 2000 gegründeten Bündnis türkischer Linksextremisten DETUDAK (Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen) getragen, in dem TKP/ML, TKP{ML) und MLKP zusammenarbeiten, anfangs war auch die DHKP-C beteiligt. Das Bündnis agitierte in Deutschland mit Aufklärungsund Protestaktionen gegen die im Jahr 2000 eingeführte Reform beim türkischen Strafvollzug. Obwohl bis zum Ende des Berichtsjahres die Zahl der Todesopfer infolge des Hungerstreiks laut Pressemeldungen auf 42 gestiegen war, verliefen die Proteste nicht gewalttätig. An der größten Demonstration des "Hungerstreik Solidaritätskomitees Hamburg" am 16.5.01 mit 420 Personen beteiligten sich neben PKK und DETUDAK auch deutsche Linksextremisten des autonomen und antifaschistischen Spektrums. Begleitet wurde die Kampagne von einem Boykottaufruf gegen Reisen in die Türkei und der Aufforderung, Druck auf die europäischen Regierungen auszuüben: In Protestschreiben an Regierungs77 stellen in Deutschland und dem europäischen Ausland wurde auf die Situation in türkischen Haftanstalten aufmerksam gemacht. Die öffentliche Wahrnehmung der DETUDAK-Aktivitäten wurde auch durch die Ereignisse vom 11. September in den USA und die folgenden Militäraktionen überlagert. DETUDAK und AGIF versuchten, beide Themenfelder zu verknüpfen und polemisierten in Flugschriften "Der türkische Staat mordet in Istanbul / die USA und Nato morden in Afghanistan". Anlass war ein Polizeieinsatz am 13.11. in Istanbul gegen hungerstreikende Linksextremisten, in dessen Verlauf es Tote und Verletzte gab. 5.3.3 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP} Die bundesweit auf etwa 600 Mitglieder (Hamburg etwa 30) geschätzte MLKP ist 1994 aus der Vereinigung der "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten Leninisten Bewegung" (TKP/ML H) und der unbedeutenden "Türkischen Kommunistischen Arbeiterbewegung" (TKIH} hervorgegangen. Sie ist letztlich - wie die TKP/ML (2 6.3.2) und TKP(ML) (2 6.3.2) - ein Abspaltungsprodukt der TKP/M-L. Die MLKP strebt für die Türkei einen revolutionären Übergang in den Sozialismus an. Sie betont die herausragende Rolle der "Avantgarde der Arbeiterklasse" und ihre "antiimperialistische" Zielsetzung. Sie versteht sich als wahre Vertreterin der Interessen auch des kurdischen Volkes und will in der Türkei mit bewaffnetem Kampf das "faschistische kolonialistische Joch" zerbrechen. Ihre Guerillaorganisation nennt sich "M-78"". Basisorganisation der MLKP in Deutschland ist die "Föderation der Arbeitsimmigrant/innen aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (türkische Abkürzung: AG/F) mit etwa 15 Mitgliedsvereinen. Sie befasst sich aus kommunistischer Perspektive vorwiegend publizistisch mit Problemen ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland und wendet sich gegen den angeblichen "Faschismus als Instrument der deutschen Monopolbourgeoisie". Mehrfach griffen AGIF und MLKP in Flugschriften unter dem Tenor "Globalisierung führt zum Krieg" den Kampf gegen Finanzund 78 Rüstungskonzerne propagandistisch auf. Wo politische Einflussnahme und Wirtschaftsspionage nicht ausreichten, würden Marktanteile mit militärischen Mitteln gesichert und als Langzeitfolge "Ausbeutung, Arbeitslosigkeit und Armut" steigen. Die Partei verfügt über eine "Kommunistische Jugendorganisation" (türkische Abkürzung: XGÖ), die sich in diesem Jahr in Hamburg kaum öffentlich bemerkbar gemacht hat. Wie für viele anderen ausländischen Linksextremisten haben jährliche Spendensammlungen für die logistische und sonstige Unterstützung der Heimatorganisation einen hohen Stellenwert. Ein gewaltsames Vorgehen der Spendensammler oder Straftaten in diesem Zusammenhang sind für das Jahr 2001 nicht bekannt geworden. Öffentliche Aktivitäten entwickeln Angehörige der MLKP fast ausschließlich gemeinsam mit anderen linksextremistischen türkischen Organisationen sowie deutschen Linksextremisten des autonomen und "antiimperialistischen" Spektrums. So beteiligten sich Angehörige der MLKP an den friedlichen Protestdemonstrationen des Aktionsbündnisses DETUDAK ("Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen in der Türkei") in Hamburg. Daneben gehört die MLKP neben TKP({ML) und TKP/ML zu der oben erwähnten "/nitiative gegen den imperialistischen Krieg in Afghanistan". In einem eigenen Flugblatt nahm das Zentralkomitee der MLKP unter der Überschrift "Nicht die Völker werden besiegt werden, sondern der Imperialismus" Stellung zu den Reaktionen der USA auf die Terroranschläge vom 11.9.01. Darin polemisiert die MLKP aggressiv gegen die USA. Es heißt dort: "Einer der barbarischsten und blutrünstigsten terroristischen Staaten der Welt, das imperialistische Amerika, betreibt seit dem 11. September ein auf Lügen und Demagogie begründetes Propaganda-Bombardement". Alle unterdrückten Völker werden dazu aufgerufen, sich zu "antiimperialistischem Widerstand und Krieg in den Kampf zu stürzen". 79 6. Iranische Extremisten 6.1 Allgemeines In Deutschland leben etwa 108.000 iranische Staatsangehörige, darunter ca. 12.700 in Hamburg. Ein kleiner Teil von ihnen engagiert sich politisch für, ein anderer gegen die iranische Regierung. Nach der "/slamischen Revolution" im Februar 1979 und der Rückkehr KHOMEINIs in den Iran wurde am 01.04.1979 die Islamische Republik Iran ausgerufen. Ihr besonderes Merkmal ist die in der Verfassung verankerte "Herrschaft des Rechtsgelehrten", allgemein als "Revolutionsführer" bekannt. Seit 1989 wird dieses Amt von dem 1989 - nicht vom Volk, sondern durch einen sog. "Expertenrat" -- gewählten Ayatollah KHAMENEI eingenommen. Er gilt als irdischer Statthalter des "entrückten" 12. Imam, Vollzieher göttlicher Gebote auf Erden sowie höchste geistliche und weltliche Autorität und verkörpert damit die bei weitem mächtigste Institution im Iran. Der seit 1997 amtierende iranische Präsident Mohammed KHATAMI wurde im Juni 2001 mit überwältigender Mehrheit (ca. // % der abgegebenen Stimmen) wiedergewählt. Er steht für einen reformorientierten politischen Kurs. Die Revolutionsziele KHOMEINIs sind bis heute verfassungsmäßig verankerte Leitlinien: Sie dienen der Machterhaltung, der Unterdrückung bzw. Ausschaltung der Opposition, dem Export der iranischen Revolution, dem Sturz "dekadenter" (westlich beeinflusster) Regierungen in der islamischen Welt, der Islamisierung der gesamten Welt. Im Berichtsjahr dauerte der Machtkampf zwischen den Reformern um KHATAMI und den radikal-islamischen Kräften um KHAMENEI an: Während KHATAMI sich auf die Mehrheit im Parlament stützen kann, steht der geistlich geprägte Justizapparat auf Seiten KHAMENEIs. Aufgrund dieses Konfliktes kam es wiederholt zu Gerichtsverfahren gegen Parlamentsabgeordnete, sofern deren politische Betätigung sich nach Auffassung der Justiz nicht im Rahmen der islamischen Gesetze und Regeln bewegte. Oppositionelle iranische Gruppen und Publikationen, die das System der absoluten Herrschaft der Geistlichkeit kritisieren oder gar ablehnen, werden durch Verbote und Strafverfahren unterdrückt. So verurteilte das Te80 heraner Revolutionsgericht im Januar 2001 mehrere Teilnehmer einer von der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin organisierten /ran-Konferenz zu Haftstrafen bis zu zehn Jahren. Die Tagung im Jahr 2000 über politische und religiöse Reformen im Iran war von den geistlichen Machthabern als "antiislamisch" und "Komplott gegen die Regierung" bezeichnet worden. Um eigene Schwächen und Fehlentwicklungen zu überspielen, werden für die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme im Iran l == äußere Kräfte, vor allem der "große Satan" USA, verantwortlich gemacht. Am 23. Jahrestag der Islamischen Revolution, im Februar 2002, wurden in Teheran Transparente "Tod für Amerika" verbrannt, und Ayatollah KHAMENEI (2 Foto) nahm KHOMEINIs Formel vom "großen Satan" wieder auf. Ebenfalls im FebKHAMENEI in einem Aufruf an Kommandanten der Luftwaffe davon, dass für Amerika nur die Länder akzeptabel seien, "die seine expansionistische Politik unterwürfig akzeptieren". Direkt an die USA gewandt, fuhr er fort: "Deshalb hasst euch nicht nur Iran, sondern jeder Staat der Welt als ein hegemonistisches, arrogantes, tyrannisches und verlogenes Regime. Iran hasst die Einmischungen eines Staats, welcher vorgibt, Menschenrechte, Demokratie und Freiheit zu schützen, und dabei das völlig inhumane israelische Regime unterstützt und Kriegsgefangene nicht nur in Afghanistan geringschätzt." (Neue Zürcher Zeitung, Nr. 34, 11.02.02) 6.2 Anhänger der iranischen "Islamischen Revolution" Zur Bekämpfung von Dissidenten und Oppositionellen im Inund Ausland hat das iranische Regime verschiedene Instrumente (u.a. nachrichten81 dienstliche Beobachtung, Infiltration, direkte Gewalt) eingesetzt und dabei auch vor Liquidierungen nicht Halt gemacht. Davon betroffen waren Personen, die als Gegner der kulturellen und religiösen Werte der islamischen Revolution angesehen wurden. Iranischen Sicherheitsdiensten werden Mordanschläge auf führende, im Ausland lebende Oppositionelle zugerechnet. Das Kammergericht Berlin stellte im April 1997 hinsichtlich der 1992 erfolgten Ermordung von vier iranisch-kurdischen Oppositionspolitikern in dem Berliner Lokal "Mykonos" fest, dass die iranische Staatsführung den Anschlag angeordnet habe. Der damalige Minister für Nachrichtendienstund Sicherheitsangelegenheiten wurde namentlich als einer der Mitverantwortlichen benannt. Wegen einer Mordserie an Intellektuellen und Schriftstellern im Iran verurteilte ein Teheraner Militärgericeht Ende Januar 2001 mehrere Geheimdienstmitarbeiter zum Tode bzw. zu hohen Haftstrafen. Im Zusammenhang mit dem Prozess hatte das "Informationsministerium" (Geheimdienstministerium) eingeräumt, dass ein Verschwörernetz aufgedeckt worden sei. Diesem hätten auch "unverantwortliche, bösartige und eigenwillige Kollegen des Ministeriums" angehört, die von "unbekannten Agenten als Werkzeug benutzt" worden seien, um "Ziele von Ausländern" durchzusetzen. Der /ran unterstützt islamische Revolutionen bzw. islamische "Befreiungsbewegungen" in anderen Staaten, um unliebsame Regierungen im Nahen und Mittleren Osten zu destabilisieren. Ende April 2001 versammelten sich Vertreter radikaler Palästinensergruppen (Hamas, Hizballah, Islamischer Jihad) und parlamentarische Delegationen aus über 30 islamischen Staaten in Teheran zu einer Konferenz. Auf ihr wurde über eine Unterstützung der palästinensischen Proteste gegen Israel beraten. Laut Pressemeldungen (u.a. die taz v. 25.04.01) hat ein hochrangiger Hamas-Funktionär vermehrte Selbstmordanschläge und Mörserangriffe gefordert; ein Hizballah-Führer habe zur Intensivierung der "heiligen Intifada" aufgerufen. In einer Schlussresolution wurde u.a. " die Notwendigkeit eines umfassenden Boykotts Israels und der Fortsetzung der Intifada bis zur vollständigen Befreiung Palästinas bekräftigt, " Amerikas Unterstützung für das "Besatzerregime" verurteilt, 82 e der Aufruf an die arabischen und islamischen Länder gerichtet, durch den Abbruch aller Beziehungen zu Israel ihre wahre Solidarität mit dem Widerstand und dem islamischen Dschihad des palästinensischen Volkes unter Beweis zu stellen. Für die Propa- i gierung eines == islamischen of ff Gottesstaates 4 nach iraniWe schem Vorbild a spielt in der Bundesrepublik das "Isla- a mische Zentrum Hamburg " e.V." ZH 2 h a Y Foto) - Träger 4 der "Imam-Ali- | od Moschee" - eine wichtige Rolle: Bei- > "Islamisches Zentrum Hamburg" spielsweise als Einrichtung zur Verbreitung von islamistischem Gedankengut und als europaweit hochrangige Verbindungsstelle der Islamischen Republik Iran. Die jeweiligen Leiter der Moschee bzw. des IZH werden im Iran bestimmt. Zum Umfeld gehören verschiedene Vereinigungen, die die Ziele des IZH fördern und von IZH-Funktionären dominiert werden. Es gibt darüber hinaus Anhaltspunkte für Versuche des Iran, auch andere Moscheen in Deutschland durch finanzielle oder organisatorische Unterstützung zu beeinflussen. Regierungstreue Iraner und Muslime anderer Nationalitäten (wie Anhänger der libanesischen Hizballah) besuchen das IZH zu Versammlungen, Gebeten, Vorträgen, Seminaren, Lesungen, islamischen Festen und Trauerfeiern. Obwohl offiziell Toleranz und Offenheit bekräftigt wird, ist eine anftiwestliche Agitation unverkennbar. Das IZH ist Mitorganisator der jährlich im Bundesgebiet stattfindenden Großdemonstration zum "Jerusalem-Tag"" oder "Quds-Tag". An diesem von KHOMEINI ins Leben gerufenen Aktionstag nahmen am 08.12.01 in 83 Berlin etwa 1.000 Personen teil, darunter 100 bis 150 aus Hamburg. Der Tag soll allen Muslimen die Wiedereroberung Jerusalems und seine Befreiung vom Zionismus als Ziel ins Bewusstsein bringen. 6.3 Iranische Oppositionelle 6.3.1 Allgemeines Die breit gefächerte iranische Opposition in Deutschland umfasst u.a. Anhänger des ehemaligen Schahs, Marxisten, Maoisten, Trotzkisten sowie ideologisch Unabhängige. Die iranische Führung unternimmt viele Anstrengungen, um ihre Gegner zu unterdrücken, zu schwächen und auszuschalten. Daher haben Oppositionelle kaum Chancen, in ihrer Heimat offen aufzutreten und handlungsfähig zu werden - beispielhaft hierfür sind die Verbote von mehr als 35 liberalen bzw. reformorientierten Zeitungen und die Verhaftungen zahlreicher Journalisten seit dem Jahr 2000. Überdies ist die Exilopposition zersplittert und zu keiner dauerhaften Kräftebündelung fähig. Die meisten Gruppen können sich im Iran nur auf eine schmale Basis stützen und agieren daher vom Ausland aus. In Hamburg treten vor allem der "Nationale Widerstandsrat Iran" und die "Arbeiterkommunistische Partei Iran" durch Aktivitäten in Erscheinung. Unter dem Eindruck der Terroranschläge in den USA war allerdings nach dem 11.09.2001 deutliche Zurückhaltung festzustellen. 6.3.2 Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) Der NWRI bzw. die darin dominierenden "Volksmodjahedin Iran" waren als Gegner der einstigen Schah-Diktatur 1979 an der Revolution KHOMEINIS beteiligt, standen jedoch nach dem Umsturz in Opposition zu der neuen Regierung. Sie sehen sich als "der iranische Widerstand", der das "MullahRegime" bekämpft und einen "demokratischen, pluralistischen und laizistischen" Staat im Iran errichten will. Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgen die weltweit operierenden Volksmodjahedin unter Zeitung von Massoud und Maryam RADJAVI seit Jahren eine Doppelstrategie: In Europa und Nordamerika führen sie, vertreten durch den NWRI als ihren politischen Arm, umfangreiche Propaganda84 aktivitäten und Geldbeschaffungsaktionen durch. Im Iran begehen bewaffnete Kräfte der Organisation regelmäßig Terroranschläge gegen Regierungsanhänger und - funktionäre, Infrastruktureinrichtungen und die staatlichen Revolutionsgarden. Militärische Hilfestellung erhalten die Volksmodjahedin durch den /rak, wo sich auch ihr Haupt>" Maryam RAJAVI quartier befindet. Mit Unterstützung des irakischen Präsidenten Saddam HUSSEIN gründeten sie 1987 die "Nationale Befreiungsarmee" ("National Liberation Army", NLA), eine Rebellenarmee, die mehrere tausend Kämpfer zählt und im Irak stationiert ist. Eine Zusammenarbeit mit anderen iranischen Oppositionsgruppen oder regimekritischen Einzelpersonen lehnen die Volksmodjahedin ab. In der Propaganda der Organisation haben Berichte über Menschenrechtsverletzungen der iranischen Regierung zentrale Bedeutung. Aktuell richtet sich die Agitation insbesondere gegen den Präsidenten KHATAMI, der bei den Wahlen im Juni 2001 mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt wurde. Hinter diesem Vorgehen steht die Absicht, den auch im Westen als Reformer geltenden KHATAMI zu diskreditieren und die Volksmodjahedin selbst als einzige politische Alternative zu dem derzeitigen iranischen Regime und als eine Art Staatsführung im Wartestand darzustellen. Um die Menschenrechtssituation im Iran konkret anzuprangern, veranstalten die Volksmodjahedin in verschiedenen inund ausländischen Städten, u.a. auch in Hamburg, sog. "Gerichtshöfe des iranischen Volkes". Hierbei handelt es sich um gespielte "Gerichtsprozesse", in deren Rahmen "An85 klagen" gegen die iranische Regierung "verhandelt" werden; für die "Anklage" treten Personen auf, die schildern, wie sie im Iran politisch verfolgt worden seien. Der NWRI bzw. die Volksmodjahedin verfügt in der Bundesrepublik über vielfältige Strukturen. Über die VWRI-Deutschlandzentrale in Köln wird die politische Arbeit der rund 900 Organisationsangehörigen koordiniert. Die Hamburger Basis umfasst ca. 200 Mitglieder, kann zu einzelnen Veranstaltungen aber durchaus eine größere Teilnehmerzahl mobilisieren. Gegenüber Behörden und möglichen Geldspendern dienen lokale und überregional tätige Vereine als unverdächtig erscheinende Fassade. Durch Straßensammlungen wurden z.B. über die "Flüchtlingshilfe Iran" (FHl) Gelder beschafft, die vermutlich auch dem permanent in finanziellen Engpässen befindlichen iranischen Widerstand zufließen. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen Angehörige der Volksmodjahedin durchsuchte die Polizei am 18.12.01 im Raum Köln, in Berlin und in München mehr als 20 Objekte. Betroffen waren Einrichtungen des im Einflussbereich des NWRI stehenden Vereins "/ranische Flüchtlingskinderhilfe e.V." (IFKH), Stützpunkte der Volksmodjahedin und Privatwohnungen von führenden Aktivisten. Neben umfangreichem Aktenmaterial wurden Computer, Adressen und Ausweisdokumente beschlagnahmt. Gegen zwei im sog. erweiterten Vorstand der IFKH tätige Kader der Volksmodjahedin sowie > Emblem auf der Homepage gegen weitere Personen der Volksmodjahedin wurden Haftbefehle erlassen. Den Beschuldigten wird u.a. vorgeworfen, dass sie als kriminelle Vereinigung i.S.d. 8 129 StGB systematisch und arbeitsteilig Betrugsdelikte zum Nachteil der Sozialkassen begangen 86 und dabei Geldwäsche für die Volksmodjahedin betrieben hätten. Zur illegalen Geldbeschaffung hätten sie auch die IFKH instrumentalisiert. Zu den unter dem Einfluss des NWRI stehenden Organisationen gehören u.a. die "/ranische moslemische Studentenvereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (IMSV), der "Verein lranischer Demokratischer Akademiker e.V." (VIDA), der "Verein zur Eingliederung iranischer Flüchtlinge' {VEIF) und der "Verein zur Förderung der Musik Irans e.V.". Die deutschen Mitglieder und Sympathisanten der Volksmodjahedin, darunter Hamburger Aktivisten, beteiligten sich im Jahr 2001 an verschiedenen Demonstrationen, für die Länder übergreifend mobilisiert wurde. Speziell die Auslandsreisen iranischer Regierungspolitiker wurden zu Protesten genutzt: Während eines Aufenthaltes des iranischen Außenministers Anfang Februar 20017 in Berlin fand eine Kundgebung mit ca. 250 Teilnehmern statt. Zudem verübten Personen aus Dänemark und den Niederlanden eine Farbbeutelattacke auf die Fahrzeugkolonne des Ministers; sie wurden deshalb in Gewahrsam genommen. Der Besuch des iranischen Ministers für Wirtschaft und Finanzen im April 2001 in Frankfurt / Main wurde ebenfalls von Störaktionen begleitet. Angehörige der Volksmodjahedin aus mehreren westeuropäischen Staaten wurden festgenommen, weil sie die Fahrzeugkolonne mit Eiern und Obst beworfen hatten. Um möglichst öffentlichkeitswirksam auftreten zu können, nahmen die Volksmodjahedin wiederholt die EU-Gipfel zum Anlass für Protestveranstaltungen. Am 14.06.01 versammelten sich am Rande des Gipfels in Göteborg nach europaweiter Mobilisierung insgesamt etwa 2.000 Mitglieder und Sympathisanten zu einer Großdemonstration; aus dem Raum Hamburg waren annähernd 100 Personen angereist. Nachdem über eine Videoleinwand u.a. Filmbeiträge über die Aktivitäten der "Nationalen Befreiungsarmee" gezeigt worden waren, zogen die Demonstranten friedlich durch Göteborg und skandierten Parolen gegen das iranische Regime. Im Vorfeld des EU-Gipfels in Genua organisierten die Volksmodjahedin am 18.07.01 vor dem dortigen Rathaus eine weitere europaweite Veranstaltung mit über 1.000 Teilnehmern. Das öffentliche Auftreten in Hamburg beschränkte sich im Jahre 2001 auf vereinzelte Aktionen ohne größere Außenwirkung. Als Reaktion auf einen iranischen Raketenangriff gegen Stellungen der "Nationalen Befreiungsar87 mee" im Irak kamen am 18.04.01 etwa 10 bis 20 Angehörige der Volksmodjahedin zu einem friedlichen Protest zusammen. Darüber hinaus wurden während des Berichtsjahres im Namen einer Nebenorganisation des NWRI, des "Vereins iranischer demokratischer Akademiker e.V." (VIDA), anlassunabhängig zahlreiche Informationstische betreut. Zur Verbreitung ihrer Propaganda nutzen die Volksmodjahedin neben Publikationen, insbesondere Zeitungen, verstärkt das Internet. Ihre Homepage enthält in englischer und persischer Sprache u.a. umfassende Informationen zur Geschichte, zum Programm und zur "Nationalen Befreiungsarmee" sowie aktuelle Nachrichten zu militärischen / terroristischen Aktionen im Heimatland. 6.3.3 Arbeiterkommunistische Partei Iran (API) Die 1991 gegründete marxistisch-leninistische API, die sich selbst als eine "antireligiöse"" und "antiislamische" Partei bezeichnet, propagiert die Notwendigkeit, das iranische Regime auf allen Ebenen zu bekämpfen. Sie verfolgt das Ziel, eine "soziale Revolution der Arbeiterklasse" zur Beseitigung des bestehenden Systems im Iran zu organisieren und letztlich eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten. Der Einsatz gewaltsamer Mittel wird dabei bejaht. Angehörige der API veranstalteten im Jahr 2001 in Hamburg mehrfach Demonstrationen, Kundgebungen und Infotische, um auf die Menschenrechtssituation im Iran aufmerksam zu machen. Für die Anmeldungen zeichnete zumeist die "Föderation der iranischen Flüchtlingsund Immigrantenräte e.V." (IFIR), eine Nebenorganisation der API, verantwortlich. Zu gewaltsamen Übergriffen kam es, als die IFIR am 20.1.01 im Stadtteil Winterhude eine Demonstration mit dem Tenor "Gegen die neuen Urteile durch iranische Gerichte - gegen Hinrichtungen und Steinigungen in der Öffentlichkeit" veranstaltete. Nachdem die rund 100 Teilnehmer zunächst friedlich vor das iranische Generalkonsulat gezogen waren, versuchten während der Abschlusskundgebung einige Personen, die Umzäunung des Geländes zu überwinden. Außerdem wurden aus der Menge heraus Steine, Flaschen, Obst u.ä. auf das Konsulatsgebäude und den dazugehörigen 88 Fuhrpark geworfen. Erst durch das Eingreifen der Polizei konnte die Lage beruhigt werden. Die sowohl antiwestliche als auch antiislamische Haltung der API wurde beispielhaft anhand der Reaktion auf die Terroranschläge in den USA deutlich. In der von der Organisation herausgegebenen Schrift "AP/-Brief" hieß es hierzu, dass die Welt nach dem 11.09.01 in eine neue und zerstörerische Phase im "internationalen Krieg der Terroristen" eingetreten sei. Auf der einen Seite sieht die API die "enormste Maschinerie von Staatsterrorismus", bestehend aus den USA, den in der NATO zusammengeschlossenen westlichen Staaten und Israel; diesem Lager wird vorgeworfen, während der vergangenen Jahrzehnte zahlreiche Kriege (u.a. in Vietnam, Irak, Jugoslawien, Palästina) geführt zu haben. Auf der anderen Seite stehen der islamische Terrorismus und die fundamentalistische Bewegung des politischen Islam, die für "Völkermord und entsetzliche Verbrechen" (u.a. in Afghanistan, Algerien, Iran) unter dem Deckmantel des Glaubens verantwortlich gemacht werden. 89 ii. Rechtsextremismus 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten Im Bereich des Rechtsextremismus waren 2001 keine grundsätzlich neuen Entwicklungen festzustellen. Die Beobachtung der Neonazi-Szene und der neonazistischen Skinheads ((c) 3.) sowie der sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten ((c) 4.) bleibt weiterhin ein Schwerpunkt der Verfassungsschutzbehörden. Bei den extremistischen Strafund Gewalttaten ist mit der Einführung des neuen Definitionssystems "Politisch Motivierte Kriminalität" ((c) 2.1) nunmehr eine differenziertere Analyse und Lagebeurteilung möglich. Aussagen über Veränderungen bei den rechtsextremistischen Straftaten lassen sich für das Jahr 2001 allerdings nicht treffen, da aufgrund der neuen Systematik ein Vergleich mit den Vorjahreszahlen nur sehr eingeschränkt möglich ist. Erkennbar ist jedoch, dass sich die Straftatenzahlen nach wie vor auf einem relativ hohen Niveau bewegen. Der von der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) ((c) 6.3), der Neonazi-Szene und Teilen der Skinhead-Szene getragene Öffentliche Aktionismus setzte sich im letzten Jahr fort. Bei der Vielzahl der Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet fehlte jedoch ein erkennbares Konzept und eine übergreifende Koordination. Termine wurden nicht abgestimmt, so dass Konkurrenzveranstaltungen am gleichen Tag entstanden. Die vielen Demonstrationen trugen nicht zu einer verstärkten Mobilisierung bei, sondern führten teilweise zu Unmut in der Szene. Insbesondere auf Initiative des Hamburger Neonazis Christian WORCH konnte mehrfach die Aufhebung von Demonstrationsverboten durch verschiedene Gerichtsinstanzen erwirkt werden. Durch behördliche Auflagen wurden die Versammlungen in ihrer öffentlichen Wirkung jedoch erheblich eingeschränkt. Das Verbot der rechtsextremistischen Skinhead-Organisation "Blood & Honour" (B&H) im September 2000 hat im letzten Jahr zu einem deutlichen Rückgang der Aktivitäten dieses Personenkreises geführt ((c) 5.). Die Organisation und Durchführung von Skinhead-Konzerten gestaltet sich für die rechtsextremistische Szene zunehmend schwieriger. 90 Für die rechtsextremistischen Parteien war das Jahr 2001 ein Jahr der Wahlniederlagen ((c) 1.3). In ihrer bisherigen Hochburg Baden-Württemberg verloren "Die Republikaner" (REP) ((c) 6.1) ihre letzten Mandate in einem Landesparlament, und auch die "Deutsche Volksunion" (DVU) ((c) 6.2) musste bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft eine schwere Schlappe einstecken. Thematisch standen für die rechtsextremistische Szene die Agitation gegen jegliche TE Ze Zuwanderung, gegen die Einführung des Zuro und die "Globalisierung" der Wirtschaft, gegen die Beteiligung Deutschlands an Militäreinsetzen sowie die Bekämpfung der Kriminalität und der Arbeitslosigkeit im Vordergrund. Die rechtsextremistischen Argumentationsmuster sind dabei durchgängig von nationalistischen Positionen und rassistisch unterlegter Fremdenfeindlichkeit sowie häufig von Antisemitismus geprägt. Im neonazistischen Spektrum stellt die angebliche politische Unterdrückung aller "nationalen" Bestrebungen ein weiteres wichtiges Agitationsthema dar. Sowohl Neonazis als auch die NPD bestreiten die Legitimation der bundesrepublikanischen Staatsordnung und begründen damit ihren Kampf gegen das "System", das sie gänzlich beseitigten wollen. Nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001 und dem Beginn der Militäraktionen der USA in Afghanistan nahm die antiamerikanische und anitiimperialistische Agitation unter Rechtsextremisten weiter zu. In Teilen der rechtsextremistischen Szene, insbesondere unter Neonazis und in einzelnen Gliederungen der NPD, wurden die Anschläge begrüßt und Verständnis und Solidarität mit den Attentätern gezeigt. Die USA wurden 91 wegen ihrer repressiven Weltpolitik, teilweise auch Israel wegen des Vorgehens gegen die Palästinenser, als die eigentlichen Urheber des Terrorismus dargestellt. Auf der anderen Seite führte die Tatsache, dass mehrere Attentäter in Deutschland gelebt hatten, aber auch zu verschärften fremdenfeindlichen Äußerungen. Vereinzelt versuchten Neonazis anlässlich von Castor-Transporten das Thema "Atomkraft" aufzugreifen und sich in die Anti-AKW-Bewegung einzubringen. Das "Aktionsbüro Norddeutschland" ((c) 3.1) rief im Zusammenhang mit den Transporten zum Protest gegen das "System" auf. Dieses, und nicht die Castoren gehörten "unter die Erde". Auf einer speziellen Internet-Seite der "Freien Nationalisten" aus Bremen wurden Parolen wie "Blut und Boden schütge Te zen gegen die die oben Enrn i | sitzen" verbreitet. Am wii WR 07.04.2001 fand in Uel- F = zen eine rechtsextremis+3 tische Anti-AKW-Demo mit 150 Teilnehmern unter dem Motto "Contra Castor!' Gewalt kommt E von links! (R)lechte Argumente statt dumpfe linke Gewalt!" statt. Seit Ende 2001 rückt die neu eröffnete Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944" ("Wehrmachtsausstellung") wieder in den Mittelpunkt rechtsextremistischer Agitation. Die Mobilisierung zu diesem Thema ist besonders groß: An der von der NPD organisierten Protestdemonstration am 01.12.2001 in Berlin nahmen ca. 3.300 Rechtsextremisten teil ((c) 3.2, 6.3). Die Wanderaus92 stellung wird auch 2002 von rechtsextremistischen Demonstrationen begleitet werden. Die "Anti-Antifa-Arbeit", d.h. die gezielte und systematische Ausspähung von politischen Gegnern und Angehörigen behördlicher Organe und die Erfassung und Auswertung ihrer persönlichen Daten, wird weiterhin von einzelnen Aktivisten intensiv betrieben. Demonstrationen und andere Veranstaltungen werden genutzt, um vor Ort zu recherchieren und Zielpersonen zu 4 fotografieren oder zu filmen. Die "Anti-Antifa-Aktivitäten" Gersigpinn ÄnEeln 'Drainage schwise ehe Ihre sollen dazu dienen, politische dee rende er ae Alan hit eoPentlsch nun, 10&73 Marlin br bekannt zu machen. Dies geschieht durch die Veröffentlichung persönlicher Daten und weiterer personenbezogener Informationen im Internet, in Publikationen und in Flugblättern. Bislang sind zwar keine Fälle bekannt geworden, bei denen Rechercheergebnisse der "Anti-Antifa-Arbeit" Grundlage für gezielte Angriffe auf die ausgeforschten Personen waren, derartige Informationen in der Hand von Rechtsextremisten stellen für die Betroffenen jedoch eine potentielle Bedrohung dar. Die beiden rechtsextremistischen Theoretiker Dr. Reinhold OBERLERCHER, ehemaliger Aktivist des "Sozialistischen Deutschen Studentenbundes" (SDS) und bekennender "Nationalmarxist", und Horst MAHLER, ehemaliger RAF-Mitbegründer und jetziger Prozessbevollmächtigter der NPD im Verbotsverfahren, setzten 2001 ihre gemeinsamen, auf die /ntellektualisierung des Rechtsextremismus ausgerichteten Aktivitäten fort. Zusammen mit dem Rechtsextremisten Uwe MEENEN bilden sie den personellen Kern des "Deutschen Kollegs" (DK) ((c) 7.2), das mit seinen extrem antisemitischen und antiamerikanischen Veröffentlichungen in den letzten Jahren 93 innerhalb wie außerhalb des rechtsextremistischen Lagers für Aufsehen sorgte. Gegen die Verantwortlichen des DK wurden 2001 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Billigung von Straftaten eingeleitet. Moderne /nformationsund Kommunikationsmittel wie Internet, E-Mail, Info-Telefone und Mobiltelefone werden von Rechtsextremisten immer intensiver zur Kommunikation, Agitation und Mobilisierung genutzt. Vor allem im /nternet sehen Rechtsextremisten die Möglichkeit, eine von der "staatlich gleichgeschalteten Presse" unabhängige "nationale Gegenöffentlichkeit" herzustellen. Die Zahl der rechtsextremistischen Internetseiten hat weiter zugenommen. Den Sicherheitsbehörden sind mittlerweile ca. 1.300 deutschsprachige Websites bekannt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass relativ viele Seiten nur zeitlich begrenzt im World Wide Web vertreten sind. Vor allem deutsche Provider gehen mehr und mehr dazu über, rechtsextremistische Seiten von ihren Servern zu entfernen. Ein erheblicher Teil der Internetseiten | weist strafbare InhalWerfürdie Wahrheiteinitift, te auf - von Propagandaund Volksverhetzungsdelikten bis hin zu Gewaltaufrufen. Diese Seiten werden wegen ihrer Strafbarkeit in Deutschland über ausländische, meistens amerikanische Provider ins Netz ge[ii D:io Dun 7-07 Bo stellt. Die Strafverfolgung bzw. Versuche, strafbare Inhalte aus dem Netz zu entfernen, sind wegen der unterschiedliichen Gesetzeslagen in den einzelnen Ländern kaum möglich. Auch die weiteren Kommunikationsmöglichkeiten des Internets (Newsgroups, Chatrooms) werden von Rechtsextremisten zum Informationsaustausch und zur Diskussion, gegenüber Außenstehenden auch zur Verbreitung von Propaganda genutzt, in dem sie sich z.B. mit eigenen Beiträgen in nicht zur rechtsextremistischen Szene gehörende Diskussionsforen einschalten. 94 Ein weiteres wichtiges Kommunikationsmedium sind die /nfo-Telefone, die insbesondere bei der Mobilisierung zu Aktionen von Bedeutung sind. Der Hamburger Rechtsextremist Andr&e GOERTZ, der bisher ein umfangreiches Internet-Informationsangebot sowie die vier Info-Telefone in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen betrieb, hat seine Aktivitäten im letzten Jahr weitgehend eingestellt. In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern werden "Freie Info-Telefone" (FIT) betrieben, die dem "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland" (NSAN) ((c) 3.1) zuzurechnen sind. 95 1.2 Organisationen und Potentiale Auch im Jahre 2001 setzte sich der 1999 begonnene Abwärtstrend bei der Gesamtzahl der Rechtsextremisten fort. Abzüglich der Doppelmitgliedschaften sank die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland von 50.900 auf 49.700 (- 2,4%) und damit wesentlich stärker als im Vorjahr (- 0,5%). Zuletzt lag das rechtsextremistische Personenpotential 1997 bei unter 50.000. 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 Allerdings sind in den verschiedenen Bereichen des Rechtsextremismus unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten: Der Besorgnis erregenden Zunahme bei den gewaltbereiten Rechtsextremisten und Neonazis, zu denen der überwiegende Teil der jüngeren Generation von Rechtsextremisten zu rechnen ist, steht der erneute Rückgang bei den Mitgliederzahlen der rechtsextremistischen Parteien gegenüber. DVU, REP und NPD kommen zusammen auf nur noch 33.000 Mitglieder (2000: 36.500). Die Mitgliederverluste (-9,6%) gehen dabei ausschließlich zu Lasten der DVU und der REP. Zurückzuführen ist dieser sich verstärkende Abwärtstrend vor allem auf ihre anhaltende Erfolglosigkeit bei Wahlen. Die NPD, die im Jahr 2000 ein starkes Mitgliederwachstum zu verzeichnen hatte, konnte nicht weiter zulegen. 96 Demgegenüber wuchs sowohl die Zahl der subkulturell geprägten (Skinheads) und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten als auch der Neonazis überdurchschnittlich stark an. Dem Spektrum der gewaltbereiten Rechtsextremisten werden nunmehr 10.400 Personen zugerechnet (2000: 9.700), den Neonazis 2.800 (2000: 2.200). Die Zunahme bei den gewaltbereiten Rechtsextremisten betrug für die Jahre 2000 und 2001 jeweils 700 Personen, was einem prozentualen Zuwachs von 7,8% bzw. 7,2% entspricht; die Anzahl der Neonazis nahm erstmals seit mehreren Jahren wieder deutlich zu (27,3%). Weitere 4.300 Rechtsextremisten gehören 72 sonstigen Organisationen an (2000: 4.200 in 78 Organisationen). Rechtsextremistisches Personenpotential 2000 2001 auf Bundesebene Gewaltbereite Rechtsextremisten einschließlich Skinheads 9.700 10.400 Neonazis 2.200 2.800 Parteien 36.500 33.000 davon REP 13.000 11.500 davon DVU 17.000 15.000 davon NPD 6.500 6.500 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 4.200 4.300 Summe 52.600 50.500 abzgl. Mehrfachmitgliedschaften 1.700 800 Gesamtpotential 50.900 49.700 Die Anzahl der von den Verfassungsschutzbehörden beobachteten rechtsextremistischen Organisationen sank gegenüber dem Vorjahr geringfügig auf 141 (2000: 143). Diese Zahl beinhaltet 65 zumeist wenig strukturierte, örtliche oder regionale neonazistische Kameradschaften (2000: 60), einen gewaltbereiten Personenzusammenschluss (2000: 2), 3 Parteien (2000: 3) und 72 sonstige rechtsextremistische Organisationen (2000: 78). In Hamburg war ebenfalls ein deutlicher Rückgang festzustellen. Nach Abzug der Doppelmitgliedschaften umfasst das rechtsextremistische Personenpotential nur noch etwa 820 Personen - gegenüber 910 im Jahre 97 2000. Dies entspricht einem Rückgang von 9,9%. Die Gesamtzahl sank damit auf den tiefsten Stand seit 1990 (800). Mit Ausnahme der gewaltbereiten Szene, die zahlenmäßig weiter gewachsen ist, haben sich in allen anderen Bereichen das Personenpotential und die Aktivitäten verringert oder stagnieren auf niedrigem Niveau. Hamburg: Rechtsextremistische Personenpotentiale 1400 -- 1200 1000 800 600 400 DVU, REP und NPD und verfügen noch über 425 Mitglieder. Der Verlust von 85 Mitgliedern gegenüber dem Jahr 2000 (510) bedeutet einen Rückgang von 16,7%. Der Negativtrend ist damit in Hamburg noch stärker als auf Bundesebene. Das Potential der Neonazis und neonazistischen Skinheads, das in diesem Bericht erstmals unter dem Oberbegriff "Aktionistisch orientierte Rechtsextremisten" ((r) 3.) zusammengefasst wird, nahm ebenfalls von 90 auf jetzt 75 Personen ab (-16,7%). Bei den subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten ((c) 4.) war im Gegensatz dazu ein erheblicher Anstieg von 120 auf nunmehr 180 Personen zu registrieren (50%). Hamburg und der nähere Einzugsbereich in den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen bilden weiterhin einen einheitlichen Aktionsraum. Diese grenzüberschreitende Szene umfasst insgesamt etwa 280 Personen, davon 100 in den Nachbarländern. 93 Rechtsextremistisches Personenpotential 2000 2001 in Hamburg Gewaltbereite Rechtsextremisten einschließlich Skinheads 120 180 Neonazis 90 75 Parteien 510 425 davon REP 60 60 davon DVU 350 280 davon NPD 100 85 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 250 200 Summe 970 880 abzgl. Mehrfachmitgliedschaften 60 60 Gesamtpotential 910 820 Die Hamburger Meonazi-Szene hat nicht nur zahlenmäßig, sondern auch politisch an Bedeutung verloren. Sie wird ihrer bisherigen Führungsrolle im norddeutschen Raum nur noch sehr eingeschränkt gerecht. Christian WORCH hat sich zunehmend zu einem rastlosen Einzelkämpfer entwickelt, mit bundesweitem Aktionsradius zwar, aber ohne den Rückhalt einer eigenen festen Anhängerschaft. Thomas WULFF nimmt in immer geringerem Maße Führungsaufgaben war und beschränkt seine überregionalen Aktivitäten auf gelegentliche Redebeiträge bei Demonstrationen und anderen Veranstaltungen. Auch das von Hamburger Neonazis dominierte "Nationale und Soziale Aktionsbündnis Norddeutschland" (NSAN) hat seine koordinierende Funktion für weite Teile der norddeutschen Neonazis reduziert. Damit verlor die Szene erheblich an politischer Schlagkraft. Zwar wurden eine Fülle kleinerer, unabhängig organisierter und nicht abgestimmter Aktionen auf lokaler Ebene durchgeführt, sie blieben jedoch weitgehend unbeachtet. Die Aktivitäten in Hamburg haben im Laufe des Jahres 2001 stark nachgelassen. Ursache dafür waren die ausbleibenden Aktivitäten von WORCH und WULFF vor Ort, das Fehlen anderer Führungspersonen, die diese Lücke ausfüllen könnten, aber auch die Nachwirkungen der Verbote des "Hamburger Sturms" ((c) 3.1.2) und der Skinhead-Organisation "Blood & Honour" im Jahre 2000. Die neonazistische Szene in Hamburg wird zunehmend von Skinheads dominiert, deren nationalsozialistische Einstellung mehr oder weniger stark 99 ausgeprägt ist und die sich aktiv an politischen Aktionen beteiligen. In Abgrenzung dazu ist der Mehrheit der sonstigen rechtsextremistisch beeinflussten Skinheads, die sich zumeist in stadtteilbezogenen Gruppen zusammenfinden, die "spaßorientierte" Freizeitgestaltung, z.B. der Besuch von Musikkonzerten, wichtiger als politisch motivierte Aktivitäten. Dieser Teil der Szene zeichnet sich u.a. durch eine höhere Gewaltbereitschaft und öffentliche Provokationen mit rechtsextremistischen und vor allem fremdenfeindlichen Parolen aus. Die desolate Situation der rechtsextremistischen Parteien in Hamburg hat sich eher noch verschärft. Die unerwartet schlechten Ergebnisse bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 23.09.2001 führten zu steigender Unzufriedenheit der Mitglieder mit dem Zustand ihrer Parteien und zu weitgehender Inaktivität. Bei der DVU kam es zu zahlreichen Austritten. Hamburg, das bisher von der DVU als ein Bundesland angesehen wurde, in dem der Einzug ins Landesparlament möglich erschien, hat nach dem Wahldebakel und dem Verlust aller Mandate in den vier Bezirksversammlungen, in denen die Partei vertreten war, für die Bundesführung erheblich an Bedeutung verloren. Bei den REP ist es dem neuen Landesvorsitzenden nicht gelungen, den Landesverband dauerhaft zu aktivieren und aus seiner Bedeutungslosigkeit zu führen. Auch beim Hamburger Landesverband der NPD hat sich die Situation nicht geändert. Versuche des Bundesvorstandes, die Partei in Hamburg zu aktivieren, sind gescheitert und offensichtlich aufgegeben worden. Der Landesverband hat keinerlei Anziehungskraft auf jüngere Aktivisten, da eine Zusammenarbeit mit Neonazis abgelehnt und die Bereitschaft zur Durchführung von oder Beteiligung an öffentlichen Aktionen äußerst gering ist. 100 1.3 Beteiligung an Wahlen Die drei rechtsextremistischen Parteien DVU, REP und NPD blieben bei den Landtagsund Kommunalwahlen im Jahr 2001 völlig erfolglos. REP und DVU mussten vor allem in Baden-Württemberg und Hamburg schwere Wahlniederlagen hinnehmen. Die DVU hatte auf die Teilnahme an allen anderen Landtagswahlen im letzten Jahr verzichtet, um sich finanziell und personell ganz auf den Bürgerschaftswahlkampf in Hamburg konzentrieren zu können. Sie verlor dennoch gegenüber 1997, als sie nur knapp an der 5%-Hürde gescheitert war (4,98%), über 4,2 Prozentpunkte und fiel mit 0,7 % sogar unter die 1%-Marke zurück, die für die Gewährung von Mitteln aus der staatlichen Parteienfinanzierung maßgeblich ist. Nicht ganz 41.000 Wähler und Wählerinnen hatten sich 1997 für die DVU entschieden, bei der Wahl am 23.09.2001 waren es nur noch rund 6.000. Bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen erreichte sie zwischen 0,5% und 1,4% und verlor alle Mandate (zu Wahlaussagen und Wahlkampfaktivitäten der DVU sowie von REP und NPD in Hamburg s. (c) 6.1 bis 6.3)." Datum/Land Wahl % / Stimmen |% / Stimmen Hessen Kommunalwahlen 2,5% 0,2 % 18.03. 52 Mandate 4 Mandate BadenLandtag 4,4 % 0,2 % Württemberg 198.534 7.649 25.03. Rheinland-Pfalz | Landtag 2,4 % 0,5 % 25.03. 44.586 9.110 Niedersachsen | Kommunalwahlen 0,2 % 0,0 % 09.09. 4 Mandate 2 Mandate Berlin Abgeordnetenhaus | 1,3 % 0,9% 21.10. 21.836 15.110 Berlin Bezirksverordne- O Mandate O Mandate 21.10 tenversammlungen ! Eine ausführliche Darstellung aller Aktivitäten extremistischer Parteien anlässlich der Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 23.09.2001 enthält der Wahlbericht des LfV Hamburg "Wahlkampf und Wahlergebnisse extremistischer Parteien" (36 S.). Einzelexemplare können vom LfV Hamburg angefordert werden. Der Bericht ist auch unter der auf Seite 2 genannten Adresse im Internet abrufbar. 101 Ein ähnliches Fiasko erlebten die REP bei der Landtagswahl am 25.03.2001 in Baden-Württemberg. Nach neun Jahren ununterbrochener Zugehörigkeit verpassten sie mit 4,4% den Wiedereinzug in den Landtag. Sie verloren fast 240.000 Stimmen. Bei der letzten Landtagswahl 1996 hatten sie noch einen Stimmenanteil von 9,1% erreicht. Die REP sind jetzt in keinem Landesparlament mehr vertreten. Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bürgerschaft DVU REP NPD Stimmen % Stimmen % Stimmen | % 6.043 0,7 566 0,1 nicht teilgenommen Bezirksversammlungen Bezirk DVU REP NPD Stimmen % Stimmen % Stimmen % Hamburg-Mlitte 1.243 1,4 132 0,2 65 0,1 Altona 665 0,5 78 0,1 46 0,0 Eimsbüttel 677 0,5 81 0,1 29 0,0 Hamburg-Nord 934 0,6 151 0,1 54 0,0 Wandsbek 2.065 0,9 155 0,1 76 0,0 Bergedorf 587 1,0 89 0,2 | Keine Kandidatur Harburg 959 1,1 100 0,1 44 0,1 Gesamt 7.130 0,8 786 0,1 314 0,0 Auch in Rheinland-Pfalz, Hamburg und Berlin mussten die REP Stimmenverluste hinnehmen. Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 25.03. 2001 erreichten die REP nur 2,4% und verloren damit gegenüber 1996 1,1 Prozentpunkte. Dies entspricht einem Wählerrückgang von fast 25.000 Stimmen. Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl fiel die Partei von 1,3% (1997) auf 0,1% ab. Nur 566 Wähler und Wählerinnen hatten ihr Kreuz diesmal bei den REP gemacht; 1997 waren es noch über 15.000 gewesen. Bei der vorgezogenen Neuwahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 21.10.2001 musste die Partei die Halbierung ihres Wählerpotentials hinnehmen. Ihr Stimmenanteil sank gegenüber 1999 von 2,7% auf 1,3%. Statt knapp 42.000 (1999) gaben nur noch rund 22.000 Berliner und Berlinerinnen den REP ihre Stimme. 102 Die NPD, die 1996 nicht in Baden-Württemberg angetreten war, erhielt bei der Wahl zum Stuttgarter Landesparlament 0,2%. In Rheinland-Pfalz wie auch in Berlin konnte sie ihr letztes Landtagswahlergebnis jeweils leicht von 0,4% auf 0,5% bzw. von 0,8% auf 0,9% verbessern. Sie verfehlte in Berlin aber ihr eigenes Wahlziel von mindestens 1%. In Hamburg nahm sie nicht an der Bürgerschaftswahl teil, sondern nur - mit Ausnahme von Bergedorf - an den Wahlen zu den Bezirksversammlungen (0,0%). Für die REP stellte auch der Ausgang der Hessischen Kommunalwahlen am 18.03.2001 eine herbe Enttäuschung dar. Dort sackte die Partei von 6,6% bei den letzten Kommunalwahlen 1997 auf 2,5% ab und verlor 67 ihrer bislang 119 Mandate in den Gemeindevertretungen. Die NPD holte zwar landesweit nur 0,2% der Stimmen, konnte aber in ihren Hochburgen vier Kommunalmandate gewinnen. Im Gegensatz zu Hessen ist die kommunalpolitische Basis der REP in Niedersachsen kaum mehr vorhanden. Bei den Gemeindewahlen am 09.09. 2001 erreichte die Partei lediglich 0,2% der Stimmen und gewann nur vier Mandate (1996: 0,4% und 15 Mandate). Die NPD trat nur in wenigen Gemeinden an und errang zwei Mandate (1996: O). 103 2. Rechtsextremistisch motivierte Kriminalität 2.1 Strafund Gewalttaten / Statistik Rückwirkend zum 01.01.2001 wurde durch Beschluss der Innenministerkonferenz vom 03./04.04.2001 ein neues Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK) mit bundesweit einheitlichen Kriterien zur Erfassung politisch motivierter Straftaten eingeführt, um eine wirksame und bundesweit abgestimmte Bekämpfung dieser Straftaten sicherzustellen. Der Beschluss sieht außerdem vor, vor Veröffentlichung eines Gesamtlagebildes dieses zwischen Bund und Ländern abzustimmen und Besonderheiten erläuternd darzustellen. Da bis zur Drucklegung des Verfassungsschutzberichtes 2001 diese Abstimmung noch nicht erfolgte, kann z.Z. kein Überblick über die bundesweite Entwicklung im Bereich der PMK gegeben werden. Lediglich für Hamburg wurden vom Landeskriminalamt bereits Zahlen vorgelegt (s.u.). Aufgrund der völlig neu konzipierten Erfassung und Einordnung von politisch motivierten und insbesondere extremistischen Straftaten, auf die sich das Augenmerk der Verfassungsschutzbehörden ausschließlich richtet, ist ein Vergleich mit den Vorjahreszahlen nur sehr bedingt möglich. Um unzutreffende Schlussfolgerungen zu vermeiden, wird daher auf eine Gegenüberstellung mit den Vorjahreszahlen verzichtet. Grundlage des neuen Erfassungssystems zur PMK ist eine erweiterte Definition, die sämtliche politisch motivierten Straftaten ins Blickfeld nimmt, unabhängig davon, ob diese - wie dies die bisherige Definition staatsschutzrelevanter Delikte vorsah - mit dem Ziel der "Systemüberwindung"" verübt wurden oder nicht. D.h., die Erfassung "rechter" oder "linker" Straftaten als Staatsschutzdelikte setzt nicht mehr voraus, dass diese auch gleichzeitig "extremistisch", d.h. auf die Außerkraftsetzung oder Abschaffung elementarer Wesensmerkmale unserer Verfassung (vgl. 3 5 Abs. 2 HmbVerfSchG) gerichtet sein müssen. Extremistische Straftaten stellen mithin nur eine Teilmenge der PMK dar. Die Zuständigkeit der Staatsschutzabteilungen der Polizei ist nach der neuen Definition auch dann zweifelsfrei gegeben, wenn die in Rede stehenden Straftaten die Schwelle zum Extremismus noch nicht überschritten haben. Anhand verschiedener Kriterien wird dies seit Januar 2001 für jede politisch motivierte Straftat geprüft. 104 Neben personenbezogenen Erkenntnissen, die eine politische Einschätzung des Täters erlauben, spielen bei der Bewertung von Straftaten aus dem Bereich "PMK rechts" Bezüge zu den Themenfeldern Nationalismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Nationalsozialismus oder Sozialdarwinismus eine entscheidende Rolle. Danach wird nicht jede fremdenfeindlich motivierte Straftat als extremistisch eingestuft, z.B. wenn erkennbar ist, dass der Täter Ausländern nicht generell das Aufenthaltsrecht streitig machen will ("Ausländer raus!"). Sofern jedoch bei Straftaten, insbesondere bei Gewalttaten gegen Ausländer keine andere Motivation bekannt oder naheliegend ist, wird von einem extremistischen Hintergrund ausgegangen. Gleiches gilt für Propagandadelikte und vor allem für antisemitische Straftaten. Sie werden grundsätzlich als rechtsextremistisch bewertet, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass eine solche Straftat von Ausländerextremisten verübt wurde. Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten werden ganz überwiegend spontan und häufig unter starkem Alkoholeinfluss begangen. Zielgerichtete Tatvorbereitungen sind auch im Berichtszeitraum 2001 nur in Ausnahmefällen festgestellt worden. Abgesehen von einer Reihe von Einzeltätern, die keinen rechtsextremistischen Vorlauf haben, ist die überwiegende Mehrzahl der Tatverdächtigen der rechtsextremistisch beeinflussten Skinhead-Szene ((c) 4.) zuzurechnen. Dabei handelt es sich um Angehörige nur lose organisierter, lokaler Skinhead-Gruppen, deren Beziehungen zu politisch aktiven Gruppen nur wenig ausgeprägt sind. Für bundesweites Aufsehen in der Öffentlichkeit sorgten im letzten Jahr wiederum Gewalttaten mit antisemitischer und fremdenfeindlicher Zielsetzung. In der Nacht zum 08.01.2001 kam es zu einem Brandanschlag auf die Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in Potsdam/BB, bei der erheblicher Sachschaden entstand. Am Tatort stellte die Polizei ein von einer "Nationalen Bewegung" verfasstes Bekennerschreiben sicher, das die eindeutig antisemitische Motivation der Täter belegt. Im Zusammenhang mit dieser Gewalttat ging eine Woche später bei einem Wohnheim für jüdische Aussiedler ein Päckchen ein, in dem sich verdorbenes Fleisch und ein weiteres Selbstbezichtigungsund Drohschreiben mit folgendem Text befand: "Heute geht noch Schweinefleisch auf den Transport! Morgen werdet ihr es wieder sein! Der Friedhof war nur der Anfang ...". Bereits in der Vergangenheit wurden unter der Bezeichnung "Nationale Bewegung" zahlreiche rechtsextremistisch motivierte Straftaten im Raum 105 Potsdam und Berlin verübt. Bislang ist nicht geklärt, ob für diese Straftaten eine Gruppe von Tätern oder eine Einzelperson verantwortlich ist. Die Ermittlungen wurden vom Generalbundesanwalt übernommen. Zu einer der brutalsten fremdenfeindlichen Gewalttaten entwickelte sich am 15.01.2001 eine Auseinandersetzung zwischen einem Griechen und einem Skingirl vor einer Münchner Gaststätte. Zur Tatzeit fand in dem Lokal eine Geburtstagsfeier statt, an der ca. 60 Skinheads teilnahmen. Nachdem das 17-jährige Mädchen den Griechen zunächst verbal und dann körperlich angriff, setzte sich dieser zur Wehr. Als in der Gaststätte der Vorfall bemerkt wurde, liefen mehrere Skinheads vor die Tür und attackierten den Mann auf brutalste Weise. Unter Rufen wie "Der Kanake soll nicht überleben" wurde mit Springerstiefeln u.a. auf den Kopf des am Boden liegenden Opfers eingetreten. Der Grieche erlitt dabei erhebliche Schädelverletzungen. Durch das Eingreifen einer Gruppe von Türken, die die Skinheads in eine Massenschlägerei verwickelten, wurden noch schlimmere Folgen für den Mann verhindert. Die Auseinandersetzung endete mit zahlreichen Festnahmen. Mehrere Täter wurden wegen gefährlicher Körperverletzung zu mehrjährigen Haftbzw. Jugendhaftstrafen, teilweise auf Bewährung, verurteilt. Gegen die beiden Hauptbeschuldigten, eine Frau und einen Mann, verhängte das Landgericht München am 01.03.2002 wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung Haftstrafen von fünf bzw. sechs Jahren. Hamburg: Rechtsextremistische Straftaten 2001 Anzahl Prozent Tatrichtung / Motivation Fremdenfeindlich 76 36,0 Antisemitisch 37 17,5 Sonstige 98 46,5 Straftaten insgesamt 211 100 In Hamburg wurden von der Polizei im letzten Jahr 348 Straftaten dem Phänomenbereich "PMK Rechts" zugeordnet; davon wiesen 277 Straftaten (60,6%) einen rechtsextremistischen Hintergrund auf. Insgesamt wurden 32 rechtsextremistische Gewalttaten (Körperverletzungen, u.a.) verübt. Ihr Anteil am Gesamtaufkommen beträgt damit 15,2 %. Die meisten Straftaten sind Propagandadelikte wie Hakenkreuzschmierereien u.ä.. 2001 registrierte die Polizei 99 Straftaten (46,9%) mit dieser Deliktsqualität. 37 der 211 rechtsextremistischen Straftaten (17,5%) wiesen eine 106 nach Delikten 32 (15,2%) 80 (37,9%) Gewalttaten Sonstige Straftaten, (Volksverhetzung, Nötigung, u.a.) 99 (46,9 %) Propagandadelikte antisemitische Zielrichtung auf, 76 Straftaten (36,0%) wurden aus einer fremdenfeindlichen Motivation heraus begangen. In 94 (von 211) Fällen konnten Tatverdächtige ermittelt werden (Bekanntsachen). Von den 141 Beschuldigten waren 17 (12,1%) unter 18 Jahre alt. Weitere Angaben zu den Straftaten lagen bei Drucklegung des Berichts noch nicht vor. Im Berichtszeitraum waren weder Tötungsdelikte noch Brandoder Sprengstoffanschläge zu verzeichnen. Dafür kam es zu einer Reihe von tätlichen Angriffen auf Ausländer bzw. auf Personen, die ihrem äußeren Erscheinungsbild nach für solche gehalten wurden. Dass dabei auch zunächst Unbeteiligte Opfer von fremdenfeindlich motivierten Gewalttätern werden können, zeigt ein Vorfall vom 15.04.2001 in der S-Bahn der Linie S 1, bei dem zwei Sicherheitsbedienstete der Deutschen Bundesbahn attackiert wurden. Die beiden Bahnangestellten kamen einem aus Afghanistan stammenden deutschen Fahrgast zu Hilfe, der von zwei alkoholisierten Männern belästigt wurde. Als sie die Männer aufforderten, ihr Verhalten zu unterlassen, wurden sie hinterrücks brutal zusammengeschlagen. In Folge der Gewalteinwirkung - die Täter schlugen u.a. mit einer Bierflasche auf ihre Opfer ein - trugen die beiden Sicherheitsleute schwere Kopfverletzungen davon, einer sogar lebensgefährliche. Gegen die beiden 19und 20-jährigen Täter erging Haftbefehl. In einem weiteren Fall fiel eine Gruppe von Männern im Alter zwischen 20 und 25 Jahren auf, die am 22.04.2001 in Rahlstedt tagsüber vor ihren 107 Wohnungen laut rechtsextremistische Musik abspielten und rechte Parolen skandierten. Als am Abend ein ortsunkundiger Türke mit seinem siebenjährigen Sohn in einem Pkw in die Straße fuhr, wurde er von einem der Männer aufgefordert, wegzufahren, da er in Deutschland nichts zu suchen habe. Kurz darauf gingen vier bis fünf weitere Personen auf den Türken zu, traktierten ihn mit Schlagwerkzeugen und traten mit Springerstiefeln auf ihn ein. Der Türke erlitt zum Teil erhebliche Verletzungen, die in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Alarmierte Polizeikräfte nahmen die Täter, die überwiegend dem allgemeinkriminellen Milieu zugeordnet wurden, fest. Gegen zwei Personen wurde ein Haftbefehl erlassen. 2.2 Zum Problemkreis rechtsterroristischer Bestrebungen und Militanz Obwohl in der Öffentlichkeit immer wieder kontrovers über die mögliche Existenz rechtsterroristischer Strukturen diskutiert wird, gibt es nach Ü- bereinstimmender Einschätzung aller Sicherheitsbehörden gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland keine entsprechenden Bestrebungen. Die Verfassungsschutzbehörden definieren den Begriff Terrorismus als den von Vereinigungen im Sinne von 83 129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen) nachhaltig geführten Kampf zur Durchsetzung politischer Ziele mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen. In Deutschland sind gegenwärtig keine rechtsextremistischen Gruppen oder Organisationen bekannt, die in diesem Sinne handlungsfähig sind. Ein politisches Konzept für einen bewaffneten Kampf ist nicht erkennbar und die große Mehrheit der Rechtsextremisten distanziert sich nach wie vor von terroristischer Gewalt als Mittel der Politik. Auch Solidaritätsbekundungen von Neonazis und aus Teilen der NPD, insbesondere von nationalrevolutionär ausgerichteten Rechtsextremisten, mit den Attentätern vom 11.09.2001, und in diesem Zusammenhang vereinzelt im Internet veröffentlichte Rechtfertigungen terroristischer Aktivitäten, führen zu keiner anderen Einschätzung. Zwar fühlt sich dieser Personenkreis mit militanten islamistischen Gruppen in ihrem weltweiten Kampf gegen den gemeinsamen Feind USA und das "Weltjudentum" verbunden, es gibt aber auch nach den Anschlägen von New York und Washington keine Anzeichen dafür, dass sich militante Rechtsextremisten in Deutschland ähnlicher Mittel bedienen könnten. 108 Im Berichtsjahr wurden im Rahmen von Durchsuchungen bei etlichen Rechtextremisten Waffen gefunden. Diese stellen zwar eine potentielle Bedrohung dar, die Erfahrung der vergangenen Jahre hat jedoch gezeigt, dass Waffen nur in seltenen Ausnahmefällen gezielt beschafft wurden, um sie gegen politische Gegner einzusetzen. Während rechtsterroristische Bestrebungen gegenwärtig keine Bedrohung darstellen, ist die Bereitschaft zur militanten Auseinandersetzung in erheblichem Maße vorhanden. Körperliche Gewalt richtet sich zunehmend auch gegen die Polizei und wird in der Regel aus der Gruppe heraus angewendet, z.B. bei der Auflösung von Skinhead-Konzerten. 109 3. Aktionistisch orientierte Rechtsextremisten (Neonazis und neonazistische Skinheads) 3. 1 Bestrebungen in Hamburg und Umland Unter dem Oberbegriff "Aktionistisch orientierte Rechtsextremis- | ZU Urt min ten" werden dem neonazistischen | cr =riaie Felt te tet 75 Spektrum in Deutschland neben | CE rn Be den "klassischen" Neonazis, die | CN RR 45 sich inhaltlich und von ihrem Er- | (AU EIeHNze scheinungsbild her stark am historischen Nationalsozialismus orientieren, auch neonazistische bzw. neonazistisch beeinflusste Skinheads zugerechnet, die die Neonazi-Szene zunehmend prägen. Im Gegensatz zu vielen, meist noch jüngeren und an politisch-historischer Schulung auch nur wenig interessierten Skinheads verfügen langjährig aktive Neonazis über genauere Kenntnisse über die Zeit des Nationalsoziallsmus und ein daran ausgerichtetes, gefestigtes Weltbild. Weonazistische Skinheads sind zwar ebenfalls weltanschaulich geprägt, gleichzeitig aber durch ihre Zugehörigkeit zur Skinhead-Szene auch subkulturell stark beeinflusst. Daraus resultiert eine tendenziell größere Neigung zu physischer Gewalt und anderen szenetypischen Verhaltensweisen (übermäßiger Alkoholkonsum, "spaßorientierte" Freizeitgestaltung, Besuch von Skinhead-Konzerten, u.a.m.). Beide Gruppen zeichnet aus, dass sie in erster Linie durch nach außen gerichtete politische Aktionen, insbesondere durch die Teilnahme an Demonstrationen, in Erscheinung treten. Der einzige Personenzusammenschluss "klassischer" Neonazis in Hamburg ist der "Kameradenkreis um Thomas WULFF". Darüber hinaus gibt es vereinzelte Mitglieder der "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) ((c) 3.2) sowie gruppenungebundene Einzelaktivisten. Hierzu zählt insbesondere Christian WORCH, der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der 1995 verbotenen "Nationalen Liste" (NL). WORCH meldete im Jahr 2001 bundesweit zahlreiche Demonstrationen an und trat in den meisten Fällen auch als Redner auf. Wiederholt gelang es ihm, zunächst verbotene Veranstaltungen vor dem Bundesverfassungsgericht juristisch durchzusetzen. Mittlerweile beschränkt WORCH seine Aktivitäten zunehmend auf diese Funktionen. Ein übergeordnetes 110 politisches Konzept ist gegenwärtig nicht erkennbar; seine frühere Rolle als "Vordenker" der Neonazi-Szene füllt er kaum noch aus. Dem Potential der neonazistischen Skinheads in Hamburg sind im Wesentlichen die Angehörigen der "Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld" sowie die Hamburger Angehörigen der "Kameradschaft Pinneberg" zuzurechnen. 3.1.1 Kameradenkreis um Thomas WULFF Der "Kameradenkreis um Thomas WULFF" ist aus der neonazistischen NL hervorgegangen, die am 24.02.1995 durch die Hamburger Behörde für Inneres nach dem Vereinsgesetz verboten und aufgelöst wurde. Seit dem 15.07.1998 ist das Verbot rechtskräftig. Trotz des Vereinsverbotes setzten ehemalige NLAngehörige um den früheren 1. Vorsitzenden Thomas WULFF in der Folgezeit ihre politische Arbeit fort, indem sie sich zu einer Kameradschaft ohne formale Strukturen zusammenschlossen. Wegen interner Differenzen spalteten sich 1998 die zur Kameradschaft gehörenden rechtsextremistischen Skinheads aus dem bisherigen örtlichen Schwerpunkt Bramfeld ab und begannen, eigenständig zu agieren ("Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld"). Eine zumindest anlassbezogene Kooperation zwischen beiden Gruppen fand aber weiterhin statt. Der Verlust des örtlichen Schwerpunktes in Bramfeld hatte zur Konsequenz, dass die zahlenmäßige Stärke des "Kameradenkreises um Thomas WULFF" von ehemals 30 bis 40 Personen kontinuierlich zurückging. Im Jahr 2001 wurde mit nur noch etwa 10 Anhängern ein neuer Tiefstand erreicht. Im Vorjahr waren dem Kreis noch etwa 15 Personen zugerechnet worden. Parallel dazu sank auch das Niveau der politischen Arbeit. In den vergangenen Jahren übten WULFF und seine Anhängerschaft innerhalb der norddeutschen Neonaziszene eine gewisse Führungsrolle aus; diese 111 Bedeutung hat der Kreis um WULFF inzwischen weitgehend verloren und ist zu einer Kleinkameradschaft mit nur noch geringer Ausstrahlungskraft auf andere Gruppen geschrumpft. Insbesondere ist die Hamburger Kameradschaft derzeit nicht mehr in der Lage, für die Neonazi-Szene interessante Themen in öffentlichkeitswirksame Kampagnen umzusetzen. Dies dürfte nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen sein, dass sich WULFF selbst, auch aufgrund privater Interessen, stärker aus der politischen Arbeit zurückgezogen hat und weit weniger Initiativen entwickelt als in den Vorjahren. Die personelle und aktionistische Schwäche des WULFF-Kreises macht sich auch über Hamburg hinaus bemerkbar. In dem Bemühen, nach dem NL-Verbot eine neue Basis für ihre politische Tätigkeit zu schaffen, hatten WULFF und seine Anhänger seit 1996 unter dem Namen "Freie Nationalisten" ein Konzept zum Aufbau nicht organisationsgebundener Strukturen entwickelt. Diesem Konzept liegt die Absicht zugrunde, die durch zahlreiche Vereinsverbote zersplitterten neonazistischen Kräfte zu bündeln, um so deren Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Im norddeutschen Raum, wo sich neben der Kameradschaft von WULFF und der "Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld" vor allem Gruppen aus Bremen, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den "Freien Nationalisten" angeschlossen haben, verwenden diese die Zusatzbezeichnung "Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland" (NSAN). Den Schwerpunkt in der politischen Arbeit des Aktionsbündnisses stellt die Mitwirkung an öffentlichen Veranstaltungen dar. Die Mobilisierung übernimmt zentral ein "Aktionsbüro", das von einem Angehörigen des "Kameradenkreises um Thomas WULFF" geleitet wird und die Aufgabe hat, die an dem Bündnis beteiligten Gruppierungen über anstehende Termine zu informieren. Auf diese Weise ist es den "Freien Nationalisten"" gelungen, das neonazistische Potential im norddeutschen Raum zumindest teilweise zu vernetzen. Einhergehend mit dem sinkenden Einfluss WULFFs hat aktuell aber auch das maßgeblich von ihm initiierte NSAN an Schlagkraft verloren. Während in der Vergangenheit zu regionalen Demonstrationen in Norddeutschland regelmäßig bis zu 150 Personen auf die Straße gebracht werden konnten, schwankten die Teilnehmerzahlen vor allem im zweiten Halbjahr 2001 sehr stark. In Einzelfällen konnten nicht einmal mehr 50 Anhänger mobilisiert werden. 112 Ein wesentlicher Grund für die abnehmende Mobilisierungsfähigkeit ist der schwindende Einfluss des NSAN auf die angeschlossenen Gruppen, die wieder verstärkt isoliert agieren. Gleichzeitig nimmt damit auch die Bedeutung des "Aktionsbüros" ab. Die Vielzahl an rechtsextremistischen Veranstaltungen hat diesen Trend noch verschärft und zu einer allgemeinen Demonstrationsmüdigkeit geführt. Eine Zusammenarbeit des "Kameradenkreises um Thomas WULFF" und weiter Teile der norddeutschen "Freien Nationalisten" mit der NPD beschränkte sich im Jahr 2001 auf die gemeinsame Durchführung einiger weniger Demonstrationen, nachdem es zwischen beiden Seiten wiederholt zu Streitigkeiten gekommen war. Auslöser hierfür war das aus Sicht der "Freien Nationalisten" ängstliche Verhalten, mit dem der NPD-Vorstand auf das laufende Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht reagierte. Konkret wurde der NPD vorgeworfen, dass sie, statt das Verbotsverfahren zum rechtlichen und politischen Angriff zu nutzen, dem Druck des "Systems" nachgegeben habe und in die Defensive gegangen sei, um ihre bloße Existenz zu retten. Die Streitigkeiten spitzten sich zu, als der NPD-Vorstand mehrere aus der Neonazi-Szene stammende Parteifunktionäre, u.a. im Landesverband Schleswig-Holstein, von ihren Ämtern absetzte. Dieses Vorgehen kommentierte das "Aktionsbüro" im November 2001 wie folgt: "Es wird immer deutlicher, daß der jetzige Parteivorstand im Umgang mit dem Rechtskampf gegen das drohende Verbot überfordert ist und keine revolutionären Impulse mehr aussenden Kann. ... Im nächsten Frühjahr muß daher unbedingt eine neue Führungsriege das Ruder ergreifen, damit die Partei für den nationalen Widerstand wieder nutzbar gemacht werden kann." (Schreibweise wie im Original) Die Stellungnahme des "Aktionsbüros" verdeutlicht das ambivalente Verhältnis der norddeutschen "Freien Nationalisten" zur NPD. Einerseits suchen sie im Kampf gegen das "System" den Schulterschluss mit der Partei und sind bestrebt, deren Logistik zu nutzen, anderseits geben sie durch ihre kompromisslose Haltung und die massive Kritik an der Parteiführung zu erkennen, dass die NPD in ihrer jetzigen strategisch-taktischen Ausrichtung nicht ihren politischen Vorstellungen entspricht. Trotz der vorhandenen Differenzen ist aber zu erwarten, dass beide Seiten wie bisher zweckorientiert zusammenarbeiten werden. 113 Seit Anfang 1998 verfügt der "Kameradenkreis um Thomas WULFF" über eine eigene Publikation. Das "Zentralorgan" (ZORG) ist durch den Zusammenschluss mehrerer kleinerer Neonazi-Schriften entstanden und erscheint derzeit unregelmäßig (zweibis | ' ii dreimal jährlich) in einer rl Bunegenbeche Auflage von ca. 3.000 Ex- | emplaren. Als Vertriebsadresse wird ein Postfach in Ludwigslust/MV angegeben. Obwohl das "Zentralorgan" ursprünglich als Gemeinschaftsprojekt verschiedener neonazistischer Gruppen konzipiert war, sind für die Erstellung und Herausgabe weitestgehend Personen aus dem Umfeld von WULFF verantwortlich. Die Artikel spiegeln durchgängig deren nationalsozialistische Weltanschauung wider, indem z.B. die Machtergreifung Adolf HITLERs am 30.01.1930 glorifiziert wird: "Mit einem Händedruck zwischen Hindenburg und Hitler begann nach seiner Ernennung zum Reichskanzler eine neue Zeit, die geprägt ist durch Begriffe wie Treue, Disziplin und Ehre." Am 11.01.2001 wurden drei ZORG-Verantwortliche im Zusammenhang mit dem Titelblatt der Ausgabe Nr. 8 ("Juden raus") wegen gemeinschaftlicher Volksverhetzung zu Geldstrafen verurteilt (s. hierzu ausführlich Verfassungsschutzbericht 2000, S. 61). Um das ZORG finanziell zu unterstützen, betreiben Aktivisten des WULFF-Kreises zusammen mit auswärtigen Neonazis einen in Mecklenburg-Vorpommern ansässigen Versanddienst namens "Zentralversand", dessen Sortiment rechtsextremistische CDs, Aufnäher, T-Shirts u.a.m. umfasst. 114 Das wichtigste Kommunikationsmedium der norddeutschen "Freien Nationalisten" ist mittlerweile das Internet. Die unter der Bezeichnung "Nationaler Widerstand" eingerichtete Internetseite verweist auf verschiedene, miteinander verlinkte Projekte. Neben Meldungen des "Aktionsbüros", das regelmäßig aktuelle Veranstaltungstermine und Pressemitteilungen veröffentlicht, sind u.a. Seiten des "Zentralorgans", des "Zentralversandes", des "Freien Infotelefons Norddeutschland" (FIT), der Frauengruppe "Mädelschar Deutschland", des Neumünsteraner Skinhead-Lokals "Club 88" und des "Nationalen Widerstandes Berlin-Brandenburg" abrufbar. Das Internet wird somit erfolgreich genutzt, um sich auch auf technischer Ebene weiter zu vernetzen. 3.1.2 Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld Zu den aktivsten und größten rechtsextremistischen Personenstrukturen gehört seit Anfang der 90er Jahre die "Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld". Angehörige dieser Szene gehörten bis 1998 dem "Kameradenkreis um Thomas WULFF" an, spalteten sich dann jedoch wegen interner Meinungsverschiedenheiten ab und agieren seitdem unter Führung des neonazistischen Skinheads Torben KLEBE politisch eigenständig. Die Trennung der Bramfelder Aktivisten von der WULFF-Kameradschaft führte zwar zu einer Konkurrenzsituation zwischen den beiden Gruppen, dennoch arbeitete man zumindest anlassbezogen, insbesondere bei Demonstrationen, weiterhin zusammen. Die rund 30 Bramfelder Aktivisten (2000: 20) stammen fast ausschließlich aus der Skinhead-Szene und sind durchweg neonazistisch eingestellt. Sie betrachten sich selbst als Bestandteil des Netzwerks der "Freien Nationalisten" im NSAN und wirkten während des Jahres 2001 überregional an zahlreichen Demonstrationen mit, für die innerhalb dieses Bündnisses mobilisiert wurde. Da sie stark aktionistisch ausgerichtet sind, bildet die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen einen Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit. Gleichzeitig unterhält der Kreis der Bramfelder Aktivisten enge Verbindungen in die rechtsextremistische Skinhead-Szene. So waren beispielsweise KLEBE und einige andere Personen aus seinem engen Umfeld bis zum Verbot am 14.09.2000 Mitglieder der Skinhead-Organisation "Blood & Honour" {B&H) in der Sektion Nordmark. Neben der Beteiligung an Demonstrationen spielt der Besuch von Skinhead-Konzerten und sonstigen Veranstaltungen mit subkulturellem Einschlag eine herausgehobene Rolle. Aktivisten aus dem Bramfelder Kreis waren in den letzten Jahren auch an der Organisierung einzelner Konzerte beteiligt. 115 Hinsichtlich der Mobilisierungsund Handlungsfähigkeit sind die Bramfelder Aktivisten dem "Kameradenkreis um Thomas WULFF" bereits seit längerem überlegen. Innerhalb des aktionistischen Spektrums haben sie daher an Bedeutung gewonnen, was u.a. zur Folge hatte, dass sie ihren Einflussbereich ausdehnen konnten und Gruppen aus anderen Stadtteilen Hamburgs sich verstärkt an ihrer politischen Arbeit orientieren. Im Verlauf des Jahres 2001 war allerdings eine zunehmende Veranstaltungsmüdigkeit und damit verbunden ein Rückgang der Aktivitäten festzustellen. Gemeinsam mit weiteren Rechtsextremisten aus Norddeutschland erstellten und vertrieben mehrere Angehörige der Bramfelder Neonaziund SkinheadSzene bis zum August 2000 die Publikation "Hamburger Sturm". Nach außen, insbesondere auf Demonstrationen, traten der Herausgeberkreis und dessen Umfeld seit 1999 unter dem Namen "Hamburger Sturm" bzw. "Hamburger Sturm 18" in Erscheinung. Wegen ihrer aggressiv-kämpferischen Haltung zur freiheitlichen demokratischen Grundord- M Ah [1 E) nung wurde die Gruppe am Astilaschision ETT/IT) 11.08.2000 als Verein nach 3 3 Vereinsgesetz von der Hamburger Behörde für Inneres verboten. Das Verbot | = BEE nlzrolnErAkadk ee TennoEtererdln ist bislang noch nicht "Triskele" erscheint seit Ende 2000. rechtskräftig. In einem Interview mit dem neonazistischen Frauenmagazin "Triskele" (Nr. 1) nahm KLEBE zu dem laufenden "Rechtskampf" gegen die Behörde für Inneres Stellung und ließ dabei erneut seine verfassungsfeindliche Gesinnung durchblicken: 116 "Doch trotz der Umstände ist es für uns so wichtig die juristischen Instanzen immer voll und ganz auszuschöpfen und die Verfahren mit aller Energie durchzuführen. Diese Republik hat nun mal gewisse Gesetze an die wir uns halten müssen, die aber auch für uns gelten. Lernen wir mit diesen umzugehen und diese positiv für uns zu nutzen! Je mehr der Staat und das System gegen seine eigenen Gesetze verstößt, desto offensichtiicher werden deren Vorhaben und irgendwann einmal sollte auch jedes Bauernkind davon mitbekommen haben, daß das System hier der Fehler ist!" (Schreibweise wie im Original). 3.1.3 Kameradschaft Pinneberg In den nordwestlichen Stadtteilen Hamburgs und den angrenzenden Gemeinden im Kreis Pinneberg hat sich in den letzten Jahren eine sehr virulente rechtsextremistische Skinhead-Szene herausgebildet, die auch im Berichtsjahr auf sich aufmerksam machte. Die aktivste Gruppierung in diesem Bereich ist weiterhin die "Kameradschaft Pinneberg". Von den ca. 10 Anhängern hat etwa die Hälfte ihren Wohnsitz in Hamburg. Sie ist in das NSAN integriert, führt jedoch unter Beteiligung von Neonazis und neonazistischen Skinheads aus Hamburg zunehmend eigenständige Aktionen durch. Außer auf ihren harten Kern kann die Kameradschaft auf ein Mobilisierungspotential von ca. 30 Personen aus dem direkten örtlichen Umfeld zurückgreifen. Um weitere Anhänger zu gewinnen, wurden u.a. per Aushang "Gleichgesinnte" für einen "nationalen Freundeskreis" gesucht. Das angegebene Postfach gehört dem Anführer der Kameradschaft, Klemens OTTO. Über OTTO ist die "Kameradschaft Pinneberg" nicht nur in die norddeutsche Neonaziund Skinhead-Szene eingebunden, sondern auch für die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) ((c) 3.2) aktiv. In der Februar-Ausgabe 2001 veröffentlichte die Schriftleitung der "ANG - Nachrichten" einen Brief, den "Nationale Sozialisten aus Pinneberg" geschrieben hatten. Darin heißt es, der "Freundeskreis nationaler Sozialisten aus Pinneberg" habe wie im Vorjahr eine "Solidaritätsaktion für unsere inhaftierten Kameraden organisiert" und möchte sich bei den Spendern bedanken: "Freie Kameraden aus Hannover/Winsen/Luhe und SH (Lübeck, Pinneberg), Kameradschaft Kiel und Segeberg, Stammtisch freier Nationalisten aus Hamburg, die 28er Jungs aus Niedersachsen und der Nordmark und an den Club 88 Neumünster." Der Brief zeigt, dass die Kameradschaft zahlreiche überregionale Kontakte 117 unterhält, u.a. zu ehemaligen Mitgliedern der in Deutschland verbotenen Skinhead-Organisation "Blood & Honour" (B&H), die seit dem Verbot die Zahl 28 (2=B; 8=H) als Erkennungsmerkmal benutzt. Neben einigen Bramfeldern waren auch OTTO und einzelne Angehörige seiner Kameradschaft Mitglieder in der Sektion Nordmark von B&H. Die Pinneberger Aktivisten stammen überwiegend aus der Skinhead-Szene und entwickelten im Laufe der Jahre - ähnlich wie die Bramfelder um Torben KLEBE - eine immer stärkere Affinität zum Nationalsozialismus. Aufgrund ihrer Herkunft ist das Interesse an rechtsextremistischer Musik und Skinheadkonzerten aber nach wie vor stark ausgeprägt. Im Jahr 2001 gelang es ihnen, zwei Musikveranstaltungen mit rechtsextremistischen Bands konspirativ vorzubereiten und durchzuführen ((c) 5.). Besorgnis erregend ist die zunehmende Gewaltbereitschaft der Gruppenmitglieder und anderer Personen aus ihrem Umfeld. Anlässlich einer Geburtstagsfeier am 15.04.2001 in Ellerbek/SH, an der hauptsächlich rechtsextremistische Skinheads aus Pinneberg und Umgebung teilnahmen, kam es zu einem massiven Angriff auf zwei Polizeibeamte. Zuvor hatten OTTO und einer seiner Hamburger Gefolgsleute einen unerwünschten Gast brutal zusammengeschlagen. Das Opfer erstattete umgehend Anzeige bei der Polizei, die kurz darauf mit mehreren Streifenwagen den Veranstaltungsort aufsuchte. Bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten nach den Beschuldigten wurden die beiden Polizeibeamten von mehreren Personen angegriffen. Einer der Beamten wurde - bereits am Boden liegend - mit Füßen getreten und erlitt erhebliche Verletzungen. Gegen mehrere Angehörige der Kameradschaft wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Einer der Angreifer, der der "Kameradschaft Pinnberg" zuzurechnen ist, wurde vom Amtsgericht Itzehoe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Auch Klemens OTTO befand sich wegen des vorangegangenen Körperverletzungsdeliktes zeitweilig in Haft. 113 Auf die Festnahme OTTOs und der anderen Betroffenen reagierte die rechtsextremistische Szene mit verschiedenen Solidaritätsbekundungen. Höhepunkt sollte eine Demonstration am 14.07.2001 in Elmshorn werden, die von Christian WORCH unter dem Motto "Freiheit für alle verfolgten Nationalisten"" angemeldet wurde. Das von ihm nach den erfolglosen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten angerufene Bundesverfassungsgericht wies in einer Eilentscheidung den Antrag auf Aufhebung des Verbots jedoch u.a. mit der Begründung ab, dass die Versammlung gezielt an vorangegangene Geschehnisse in der Region anknüpfen und ein dort vorhandenes Gewaltpotential aufrechterhalten solle. 21 Angehörige der rechtsextremistischen Szene, darunter mehrere Mitglieder der "Kameradschaft Pinneberg", missachteten das Verbot und führten eine Ersatzveranstaltung in Rellingen/SH durch. Die Personengruppe bewegte sich in Marschordnung und führte ein Transparent mit der Aufschrift "Freiheit für unsere inhaftierten Kameraden" mit. Die Polizei nahm die Beteiligten vorübergehend in Gewahrsam. Die von neonazistischen Skinheads aus dem Bereich Pinneberg und Umgebung betriebene "Anti-Antifa-Arbeit" wurde 2001 fortgesetzt. Am 18.08.2001 wurden bei der Überprüfung einer Person aus dem Umfeld der Pinneberger Kameradschaft, die beim Anbringen eines Transparentes zum Todestag von Rudolf HER beobachtet wurde, u.a. sogenannte Fahndungslisten mit personenbezogenen Daten von politischen Gegnern sowie von Polizeibeamten gefunden. Am 09.11.2001 stellte die Polizei an einem Ehrenmal in Halstenbek 20 Personen des rechtsextremistischen Spektrums fest, die Fahnen und Fackeln mit sich führten und zur Erinnerung an den "Marsch auf die Feldherrenhalle" einen Kranz mit der Aufschrift "Ehre den Märtyrern vom 9. Nebelungen" und "nationale Sozialisten aus Pinneberg" niederlegten. Über diesen Auftritt berichtete "ein nationaler Sozialist aus Elmshorn" auf einer neuen, unter der Bezeichnung "Blut und Bier" firmierenden Homepage im Internet. Die Aktion, an der "nationale Sozialisten" aus Pinneberg und Hamburg teilgenommen hätten, sei ein großer Erfolg gewesen. Der Domainname spielt auf "Blood & Honour" an. 119 In einem auf der Internetseite abgebildeten Logo mit einem "SSTotenkopf" befindet sich erneut die Bezeichnung "Blut & Bier Worldwide". Die Homepage enthält Links zu ausländischen, nicht verbotenen Divisionen von B&H. 3.1.4 Aktivitäten Die Angehörigen des "Kameradenkreises um Thomas WULFF", der "Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld" sowie der "Kameradschaft Pinneberg" beteiligten sich 2001 an einer Vielzahl von Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet. Auf besondere Resonanz stießen wie schon in der Vergangenheit solche Veranstaltungen, die Gelegenheit boten, auf den Nationalsoziallsmus Bezug zu nehmen. Zu entsprechenden Anlässen, etwa dem "Rudolf-HER-Marsch" am 18.08.2001 in Wunsiedel/BY und der Protestdemonstration gegen die neu konzipierte "Wehrmachtsausstellung" am 01.12.2001 in Berlin, nahmen bis zu 60 Personen aus Hamburg teil. Ein weiteres wichtiges Thema der Neonazis und neonazistischen Skinheads war die Agitation gegen ihre angebliche politische Unterdrückung. J J pen wird vorgeworfen, sie an der Ausübung ihrer Grundrechte, speziell der Meinungsund Versammlungsfreiheit, zu hindern. Tatsächlich weist die Vielzahl an rechtsextremistischen Demonstrationen darauf hin, dass das Gegenteil der Fall ist. LieEi mereen gen jedoch Anhaltspunkte dafür vor, BER dass rechtsextremistische Aufmär[I |I | sche gegen Strafgesetze verstoßen FE RE oder die öffentliche Sicherheit geAhern nunen fährden, werden konsequent VerMe BRENNT 5 sammlungsverbote ausgesprochen oder Auflagen erteilt. Auch Rechtsextremisten genießen in diesem, durch andere Rechtsgüter beschränkten Rahmen den Schutz der Grundrechte, obwohl sie diese lediglich für ihren politischen Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nutzen wollen. 120 Darüber hinaus diente ihnen ihre angebliche Verfolgung als Vorwand, ihre langjährige "Anti-Antifa-Arbeit", wenn auch in geringerem Umfang, fortzusetzen. Dabei werden personenbezogene Daten über politische Gegner, Polizeibeamte und Richter gesammelt und ausgewertet, um diese Personen auszuforschen - und wenn möglich - auch zu fotografieren. Im Raum Hamburg sind Angehörige verschiedener rechtsextremistischer Gruppen sowie Einzelpersonen in die Anti-Antifa-Tätigkeit eingebunden. Trotz der bundesweit zahlreichen Demonstrationen und der "Anti-AntifaArbeit" ist allerdings nicht zu übersehen, dass die politischen Aktivitäten der Hamburger Neonazis und neonazistischen Skinheads im Verlauf des Jahres deutlich zurückgegangen sind. Ihre zunehmende Handlungsschwäche zeigte sich beispielhaft an ihrer Unfähigkeit, aktuelle Themen wie die Anschläge vom 11.09.2001 und die Militäraktionen der USA in Afghanistan aufzugreifen und in eine politisch wirkungsvolle Kampagne umzusetzen. Die Reaktionen beschränkten sich auf einige über das Internet verbreitete Kommentare. Veranstaltungen in Hamburg: In Hamburg fanden im letzten Jahr zwar mehrere neonazistische Veranstaltungen statt, jedoch schwerpunktmäßig im ersten Halbjahr. Christian WORCH meldete zum 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, im Stadtteil Bramfeld eine Demonstration "für Meinungsfreiheit" an. Aufgrund des offensichtlich provokativen Charakters der Veranstaltung verfügte die Polizei per Auflagenbescheid eine zeitliche Verlegung auf den 28.07.2007. Der Versuch WORCHs, dagegen juristisch vorzugehen, blieb erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Auflage und stellte fest, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn die Versammlungsbehörde der Durchführung eines Aufzuges durch Personen aus dem Umfeld der rechtsextremen Kameradschaften am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz eine Provokationswirkung beimesse und dies als Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung des sittlichen Empfindens der Bürger werte. Infolge der Verlegung auf den 28.01., einen Sonntag, nahmen an der Demonstration nach regionaler Mobilisierung nur rund 140 Aktivisten teil. WORCH und WULFF traten als Redner auf. Rund 300 Gegendemonstranten aus dem linksextremistischen Spektrum gelang es, die vorgesehene Route zu blockieren. Als Teile dieser Gruppe versuchten, die Absperrung der Polizei zu durchbrechen, wurde der Aufmarsch wieder zum Ausgangspunkt zurückgeführt und vorzeitig beendet. 121 Zum Gedenken an die alliierten Luftangriffe auf Dresden (13./14.02.1945) führten ca. 100 "Freie Nationalisten" aus Norddeutschland in den Abendstunden des 74.02.2007 eine Kranzniederlegung vor dem 76er-Ehrenmal am Hamburger Dammtorbahnhof durch. Das "Aktionsbüro" veröffentlichte hierzu eine Erklärung, in der unter Umkehrung der geschichtlichen Tatsachen behauptet wurde, dass nicht das Dritte Reich, sondern die Alliierten den Zweiten Weltkrieg zu verantworten hätten, weil sie die Weltherrschaft anstrebten: "Die Alliierten haben sich bis heute nicht geändert! Immer noch lügen und betrügen sie, um die sog. "westliche Wertegemeinschaft" in ihre Kriege zu verwickeln. Sie schicken ihre Oneworld-Armeen in den Irak, nach Serbien und anderswo. Überall dorthin, wo freie Völker sich gegen diese Globalisierungsdiktatur wehren und ihre Unabhängigkeit wahren wollen. So wie es damals auch das Deutsche Reich wollte." Als Reaktion auf die Auflösung eines Skinhead-Konzerts durch die Polizei am 03.02.2001 in Hamburg - Rothenburgsort ((c) 5.) meldete Christian WORCH für den 17.02.2007 in der Innenstadt eine Protestdemonstration an. Die insgesamt etwa 260 Teilnehmer aus der norddeutschen Neonaziund Skinhead-Szene wurden über verschiedene Sammelplätze zum U- Bahnhof Meßberg, dem Startund Endpunkt der Marschroute, dirigiert. Nachdem WORCH und Thomas WULFF einleitend kurze Ansprachen gehalten hatten, zogen die Rechtsextremisten vor das Gebäude der Innenbehörde. Dort ergriff wiederum WORCH das Wort und kritisierte die Konzertauflösung als rechtswidrig. Anschließend kehrte der Demonstrationszug zum U-Bahnhof Meßberg zurück. Während des gesamten Verlaufs wurden die Demonstranten von starken Polizeikräften begleitet, um ein Zusammentreffen mit politischen Gegnern zu verhindern. 122 Knapp 100 "Freie Nationalisten" aus dem norddeutschen Raum versammelten sich am 78.77.2007, dem sog. "Heldengedenktag" (Volkstrauertag), am 76er-Ehrenmal, um der "Gefallenen der beiden Weltkriege" zu gedenken und Kränze niederzulegen. Thomas WULFF und weitere neonazistische Führungspersonen traten als Redner auf. Das "Aktionsbüro" nahm die Totenehrung zum Anlass, in einer Pressemitteilung den Nationalsozialismus zu verherrlichen und den Zweiten Weltkrieg zu einem deutschen Freiheitskampf umzudeuten: "Was wäre denn gewesen, hätten nicht europäische Freiwillige der Waffen-SS unter deutschem Kommando zuerst den Kampf gegen den drohenden Bolschewismus aus dem Osten aufgenommen, wie sähe es dann heute in Deutschland aus? - Nicht die Sieger haben uns die Freiheit geschenkt (denn die gibt es nicht umsonst), sie haben uns die Freiheit nur noch nicht ganz rauben können!" Die drei genannten Gruppen beteiligten sich über den Hamburger Raum hinaus bundesweit an Demonstrationen, die von "freien Kräften" oder der NPD bzw. ihre Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (IN) organisiert wurden. 3.2 Bestrebungen im Bundesgebiet Das neonazistische Personenpotential im Bundesgebiet umfasst ca. 2.800 Aktivisten (2000: 2.200). Es ist damit erstmals seit Jahren erheblich angestiegen. Der überwiegende Teil ist in ca. 150 meist autonomen Kameradschaften oder anderen weniger gefestigten Gruppen aktiv. Vereinzelt haben sich regionale Aktionsbündnisse nach dem Vorbild des "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses Norddeutschland" (NSAN) gebildet bzw. sind Aktionsbüros zur Koordinierung von Aktivitäten eingerichtet worden. Hinsichtlich ihrer Organisationsformen und Aktivitäten hat sich das neonazistische Spektrum regional jedoch völlig unterschiedlich entwickelt, so dass eine Gesamtbewertung der Szene kaum möglich ist. Eine koordinierte bundesweite Zusammenarbeit gibt es nach wie vor nicht. Die zahlreichen Gruppierungen arbeiten in der Regel nur punktuell im Rahmen überregionaler Demonstrationen und anderer Veranstaltungen zusammen. Die vielen öffentlichen Aktionen zu unterschiedlichsten Themen können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein politisches Gesamtkonzept fehlt. Eine von allen akzeptierte Führungsperson, die die neonazistische Szene hinter sich sammeln und inhaltlich und strategisch neu ausrichten könnte, ist nicht in Sicht. 123 Die einzige verbliebene neonazistische Organisation, die noch bundesweit aktiv ist, ist die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG). Ihr gehören ca. 600 Mitglieder an. Sie beschränkt ihre Aktivitäten aber auf die Gefangenenbetreuung und die Herausgabe ihres monatlich erscheinenden Informationsblattes "HNGNachrichten", von dem es seit dem Jahr 2000 auch eine Internet-Ausgabe gibt. Die Bedeutung der von Gary LAUCK geleiteten VSDAP/AO für die neonazistische Szene in der Bundesrepublik beschränkt sich fast ausschließlich auf den propagandistischen Bereich, d.h. auf das Angebot von strafrechtlich relevantem NS-Propagandamaterial. Während die von LAUCK herausgegebene Publikation "VS-Kampfruf" als Druckausgabe nur noch 3-4-mal im Jahr (gegenüber zweimonatlich im Vorjahr) erscheint, forcierte er weiter seine Internet-Aktivitäten. Zu den Terroranschlägen gegen die USA vom 11.09.2001 veröffentlichte er auf seiner Homepage unter "NSNachrichten" eine antisemitische Erklärung, in der er u.a. behauptete: "Als das New Yorker World Trade Center vor den Augen der Menschheit in sich zusammenfiel, brach nicht nur die Hauptschaltzentrale der jüdischen Finanzmacht zusammen. Auch das wohl am meisten sichtbare Symbol der jüdischen Weltmacht zerbrach." Nach der Veröffentlichung einer antisemitischen Version der "Moorhuhnjagd" und dem Computerspiel "KZ Rattenjagd"" im Jahr 2000, bot LAUCK auf seiner Homepage im letzten Jahr ein weiteres antisemitisches Computerspiel namens "Der SA-Mann" zum kos- a tenlosen Herunterladen an. Bei diesem Spiel muss der User möglichst viele "Hakenkreuzflugblätter" in seiner Nachbarschaft verteilen und kann mit Hilfe seiner Kameraden "Juden eliminieren". 124 Veranstaltungen im Bundesgebiet: Mit 1.200 Teilnehmern gehörte die Demonstration zum 7. Mai in Frankfurt/Main ("Euro stoppen -- Globalisierung bekämpfen") zu den größten von Neonazis organisierten Versammlungen im letzten Jahr. Als Veranstalter trat eine fiktive "Bürgerinitiative für deutsche Interessen" auf. Auf der Rednerliste standen u.a. Christian WORCH und Thomas WULFF. Obwohl starke Polizeikräfte eingesetzt waren, kam es zu Übergriffen durch gewaltbereite Linksextremisten. Dem Auftritt von Rechtsextremisten in der "linken Hochburg" Göttingen wurde auch von Hamburger Aktivisten ein besonderer Stellenwert beigemessen, und so unterstützten mehrere hundert Neonazis aus dem norddeutschen Raum dort am 76.06.2007 eine Wahlkampfveranstaltung der NPD. Als Gegendemonstranten aus dem linksextremistischen Spektrum die Marschroute blockierten, reagierten die insgesamt etwa 550 Teilnehmer ihrerseits mit einem "Sitzstreik". Anlässlich des 74. Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß meldete der Hamburger Rechtsanwalt Jürgen RIEGER für den 78.08.2007 in Wunsiedel/BY eine Kundgebung mit Trauermarsch an. HER wurde dort 1987 begraben. Das zuständige Landratsamt in Wunsiedel untersagte diese Veranstaltung zunächst, das Verbot wurde jedoch schließlich vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben. Damit konnte erstmals seit über 10 Jahren eine Demonstration zum "Gedenken an Rudolf HEß"" in Wunsiedel durchgeführt werden. Trotz der sehr kurzfristigen Mobilisierung versammelten sich ca. 900 Rechtsextremisten in der oberfränkischen Kleinstadt. Nachdem RIEGER mit einer Ansprache die Gedenkveranstal125 Rund 2.000 Rechtsextremisten versammelten sich am 01.09.2007, dem Jahrestag des Ausbruches Ki Kr des 2. Weltkriegs, in nl: 1085 = Leipzig, um mit: einer Demonstration die Behauptung zu propagieren, dass der "Krieg am 1.9.1939 nicht vom Deutschen Reich begonnen worden" sei. Bereits nach kurzer Zeit verfügte die > Neonazi-Demonstration am 01.09.2001 Polizei die Auflösung, in Leipzig weil Teilnehmer die Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" skandiert hatten. Erst im Anschluss an einen "Sitzstreik* und mehreren Ansprachen, u.a. von WORCH und WULFF, wurde die Veranstaltung aber tatsächlich beendet. Aus Protest gegen die Auflösung rief WORCH für den 03.11.2001 zu einer weiteren Demonstration in Leipzig auf, an der annähernd 1.300 Rechtsextremisten teilnahmen. Die Glorifizierung der deutschen Wehrmacht und ihres "heldenhaften Kampfes" gegen den Bolschewismus war auch das zentrale Anliegen der Protestdemonstration gegen die neu konzipierte "Wehrmachtsausstellung" am 07.72.2007 in Berlin, zu der auch etliche Hamburger Aktivisten anreisten. Die von der NPD ((c) 6.3) organisierte Demonstration wurde als "Pflichttermin" betrachtet. Mit ca. 3.300 Teilnehmern handelte es sich um den bundesweit größten rechtsextremistischen Aufmarsch seit 1997 und den größten in Berlin seit 1945. 126 4. Sonstige rechtsextremistisch beeinflusste Skinheads und andere gewaltbereite Rechtsextremisten 4.1 Allgemeines Der in den vergangenen Jahren zu beobachtende Trend einer stetig wachsenden Zahl von gewaltbereiten Rechtsextremisten setzte sich auch 2001 fort. Bundesweit werden dieser Szene 10.400 Personen (2000: 9700) zugerechnet, die überwiegend aus dem subkulturellen Skinhead-Milieu stammen. Damit ergab sich ein Anstieg zum Vorjahr um 7,2%. In der Gesamtmenge sind neben ausgewiesenen Gewalttätern auch rechtsextremistisch eingestellte Personen erfasst, die sich --ohne bisher Gewalttaten begangen zu haben - für Gewaltanwendung aussprechen oder auf andere Weise Gewaltbereitschaft erkennen lassen. Innerhalb der größten Gruppe der gewaltbereiten Rechtsextremisten, der rechtsextremistischen Skinhead-Szene, wird, wie in anderen jugendlichen Subkulturen auch, die Gruppenidentität durch eigene Musikformen, Konzerte, szenetypische Publikationen, Symbole oder Tätowierungen zum Ausdruck gebracht. Über diese subkulturellen Ausdrucksformen, insbesondere über die Musik, werden rechtsextremistische Inhalte und Botschaften transportiert, die bei entsprechender Verbreitung dazu beitragen, dass sich rechtsextremistische Einstellungen und Verhaltensweisen innerhalb der Skinhead-Szene und unter anderen gewaltbereiten Jugendlichen und jungen Erwachsenen dauerhaft verfestigen. Aufgrund dieser Affinität zu rechtsextremistischen Denkmustern stellt die größtenteils nur lose strukturierte Skinhead-Szene ein erhebliches Rekrutierungsund Mobilisierungspotential für den organisierten Rechtsextremismus dar, insbesondere für Neonazis, die sich als treibende Kraft des "Nationalen Widerstandes" verstehen. Als Ergebnis dieser seit einigen Jahren zu beobachtenden Entwicklung ist festzustellen, dass immer mehr Aktivisten, die den Neonazis zugerechnet werden, aus der Skinhead-Szene stammen. Beide Szenen ü- berschneiden sich mittlerweile in erheblichem Maße und wachsen in Folge der gegenseitigen Beeinflussung immer stärker zusammen. Angesichts des unterschiedlichen subkulturellen Hintergrundes wird allerdings noch zwischen "klassischen" Neonazis und neonazistischen Skinheads unterschieden ((c) 3.). 127 Bei den sonstigen rechtsextremistisch beeinflussten Skinheads lässt sich keine derart starke politische Orientierung wie bei neonazistischen Skinheads feststellen. Aufgrund ihrer grundsätzlich "spaßorientierten" Lebenseinstellung sind sie kaum bereit, sich kontinuierlich an politischen Aktivitäten zu beteiligen oder sich in feste politische Strukturen einbinden zu lassen. Daher lässt sich bei den meisten von ihnen die extremistische Ausrichtung weniger aus der Beteiligung an entsprechenden Versammlungen oder Aktionen ableiten, sie zeigt sich vielmehr in einer Summe von rassistischen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Einzelhandlungen und Straftaten, die sehr häufig aus kleineren Gruppen heraus verübt werden. 4.2 Situation in Hamburg In Hamburg und Umgebung stieg die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten auf etwa 280 Personen (2000: 240) an. Davon haben ca. 180 ihren Wohnsitz in Hamburg (2000: 120). Während für Hamburg einschließlich der umliegenden Randgemeinden ein Anstieg von ca. 16% zu verzeichnen ist, stieg die Zahl derjenigen mit Wohnsitz im Stadtgebiet sogar um 50%. Ein Grund dafür ist u.a. eine verbesserte Erkenntnislage durch ein sensibleres Anzeigenverhalten in der Bevölkerung und eine verstärkte Aufklärungsarbeit der Sicherheitsbehörden. Die Gesamtzahl von 280 gewaltbereiten Rechtsextremisten umfasst drei Personengruppen: die neonazistischen Skinheads (45), bei denen es sich überwiegend um Aktivisten der "Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld" ((c) 3.1.2.) und der "Kameradschaft Pinneberg" ((c) 3.1.3) handelt und die gleichzeitig dem neonazistischen Potential zugerechnet werden, die sonstigen rechtsextremistisch beeinflussten Skinheads, die mit 170 Personen die größte Gruppe bilden, sowie 45 rechtsextremistische Einzelstraftäter, die keine Bezüge zur Skinhead-Szene aufweisen. Mit ca. 55 % stellen die 18bis 22-jährigen die größte Gruppe innerhalb der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene. Etwa 30 % sind im Alter zwischen 23 und 30 Jahren und ca. 10 % sind älter als 30. Der Anteil der unter 18jährigen liegt bei knapp 5 %. 128 Die Entwicklung bei Hamburg: Altersstruktur gewaltbereiter den Straftaten mit Rechtsextremisten rechtsextremistischem Hintergrund, die ergänzenden Polizeimeldungen sowie die aktuellen Verfassungsschutzerkenntnisse weisen Übereinstimmend darauf hin, dass sich in Hamburg, größtenteils mit Gemeinden der benachbarten Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein überschneidend, verschiedene lokale Skinhead-Szenen gebildet haben. Hierauf wurde bereits in vorangegangenen Jahren aufmerksam gemacht. Infolge der hohen Fluktuation insbesondere im Spektrum der sonstigen rechtsextremistisch beeinflussten Skinheads ist es aber nicht immer möglich, die Größe der einzelnen Gruppen und Szenen genauer zu bestimmen. Einen regionalen Schwerpunkt in Hamburg bilden die ca. 60 Personen umfassenden Skinhead-Szenen im Bezirk Harburg, die sich auf mehrere Stadtteile, vorrangig Harburg, Wilstorf und Neugraben, aufteilen. Ihre Aktionsräume und Verbindungen zu anderen Skinhead-Gruppen erstrecken sich bis ins nördliche Niedersachsen (Seevetal, Tostedt, Neu Wulmstorf und Buxtehude). Zwar standen bei Treffen der Harburger Skinheads Ü- berwiegend Freizeitaktivitäten im Vordergrund (z.B. Besuche von Konzerten, Schützenfesten oder HSV-Spielen), dennoch waren auch einzelne politisch ausgerichtete Aktionen festzustellen. Im Zuge der am 19.05.2001 von der "Antifaschistischen Aktion Harburg" durchgeführten Demonstration, die sich gegen die in Wilstorf ansässige Skinhead-Szene richtete, kam es zu Störungen durch einige rechte Gegendemonstranten. Nachdem die Gruppe den Platzverweisen der Polizei nicht nachkam, wurden fünf Personen vorübergehend festgenommen. Im Demonstrationsaufruf der Antifa wurden Skinheads zum Teil namentlich genannt und als Bedrohung dargestellt. Hierauf reagierten die Harburger Skinheads mit eigenen Flugblattaktonen. 129 Dass mittlerweile auch traditionell von der "politischen Linken" besetzte Themenfelder von Rechtsextremisten aufgegriffen und Gegenstand eigener Aktionen sind, zeigte ein Vorfall vom 02.08.2001 in Neugraben. Am dortigen S-Bahnhof stellte die Polizei eine Gruppe von Skinheads fest, die Flugblätter gegen die geplanten Castor-Transporte verteilten. Die Gruppe zog anschließend mit einem "Contra Castor"-Transparent durch das Einkaufszentrum Neugraben und skandierte lautstark die Parole "Blut und Boden, Umwelt schützen". Am 18.11.2001 veranstalteten Neugrabener Skinheads anlässlich des "Heldengedenken" eine eigene Kranzniederlegung in ihrem Stadtteil, die parallel zu der von führenden Hamburger Neonazis durchgeführten Veranstaltung am "76er" Ehrenmal stattfand ((c) 3.1). Im Gegensatz zu Harburg ließen die Aktivitäten der Skinhead-Szene in Bergedorf, die bisher einen Schwerpunkt bildete, deutlich nach. Ihr gehören etwa 15 Personen an. Nach wie vor bestehen Verbindungen zu Skinhead-Gruppen im benachbarten Schleswig-Holstein (Reinbek, Glinde Geesthacht). Allerdings blieben, abgesehen von einigen Plakatierungen im Zusammenhang mit dem Todestag von Rudolf HER, spektakuläre Aktionen und Veranstaltungen aus. Die in der Vergangenheit im Zuge verstärkter "Anti-Antifa-Arbeit" zu beobachtenden Anschläge auf linksalternative Treffpunkte und Lokalitäten, wie das "Cafe Flop", setzten sich nicht fort. Auch Befürchtungen, dass durch das im letzten Jahr in Bergedorf gegründete "Bündnis gegen Rechts" eine ähnliche Spannungslage wie in Elmshorn entstehen könnte, bewahrheiteten sich bislang nicht. Durch eine Reihe rechtsextremistisch motivierter Straftaten fiel im Berichtsjahr eine größere unstrukturierte Skinhead-Szene auf, die zunächst in Niendorf in Erscheinung trat, denen aber auch Personen aus anderen Hamburger Stadtteilen, insbesondere aus Barmbek, Hamm und Bergedorf angehören, und deren Aktionsradius sich über weite Teile des Stadtgebietes ausdehnte. Die Palette der zumeist alkoholbedingten Vergehen reichte von Propagandadelikten über Sachbeschädigungen bis hin zu Körperverletzungen. Wie viele Skinheads dieser Gruppe angehören, lässt sich nur schwer einschätzen. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist von etwa 4550 Personen auszugehen. Ungeachtet der Größe des Personenpotentials ist das Interesse, sich an politischen Veranstaltungen zu beteiligen, geschweige denn eigene politische Aktivitäten zu entwickeln, sehr gering. 130 Abgesehen von der Bramfelder Szene haben sich im Bezirk Wandsbek zwei weitere kleinere, kaum strukturierte Zusammenschlüsse von Skinheads gebildet. Dabei handelt es sich um eine ca. 15-20-köpfige Gruppe im Bereich Poppenbüttel/Duvenstedt und eine etwa acht bis zehn Personen starke Clique aus dem Raum Aahlstedt. Ihre politisch motivierten Aktivitäten - zumeist Propagandadelikte einiger Gruppenmitglieder - erstrecken sich bis in die benachbarten Orte und Gemeinden SchleswigHolsteins. Engere Verbindungen bestehen insbesondere zur Ahrensburger Szene. Im August 2001 stellte die Polizei in der Ahrensburger Innenstadt mehrere Skinheads fest, darunter auch Hamburger, die Rudolf HER-Plakate verklebten. 131 5. Skinhead-Musik und -Vertriebe Wie in anderen subkulturell geprägten Jugendszenen auch, spielt Musik in der rechtsextremistischen Skinhead-Szene eine wichtige identitätsstiftende Rolle. Der gemeinsame Besuch von Konzerten fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl und trägt wesentlich dazu bei, dass auch auf Üüberregionaler und internationaler Ebene persönliche Kontakte entstehen. Zu den wichtigsten rechtsextremistischen Konzertveranstaltern in Deutschland gehörte bislang die international agierende neonazistische SkinheadOrganisation "Blood & Honour" (B&H). Deren deutsche "Division" wurde am 14.09.2000 durch den Bundesminister des Innern verboten. Durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.06.2001 ist diese Entscheidung mittlerweile unanfechtbar. Das Verbot hat auf Bundesebene zu einem deutlichen Rückgang der Aktivitäten der ehemaligen B&H-Anhänger geführt. Durch das konsequente Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen rechtsextremistische SkinheadKonzerte, bei denen es immer wieder zu strafbaren Handlungen kommt, und aufgrund der notwendig gewordenen konspirativen Vorgehensweise der Konzertveranstalter, gelang es der Szene im letzten Jahr seltener, größere Veranstaltungen mit mehreren hundert Besuchern durchzuführen. 2001 gab es nur vier Konzerte mit mehr als 400 Teilnehmern, u.a. in Hamburg und in Tostedt/NI. Diese wurden maßgeblich von ehemaligen B&H-Mitgliedern aus dem norddeutschen Raum organisiert. Am 03.02.2007 fand in Hamburg-Rothenburgsort ein Konzert u.a. mit der Band "Noie Werte" statt, an dem 450 Personen aus der rechtsextremistischen Szene teilnahmen. Die aus Baden-Württemberg stammende Musikgruppe trat bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres in Hamburg auf. Das erste Konzert am 05.08.2000 in Billstedt war von Torben KLEBE, seinerzeit führendes Mitglied der Sektion Nordmark von B&H, organisiert worden. Diesmal trat eine Vertrauensperson aus seinem politischen Umfeld, ein Angehöriger der "Neonaziund Skinhead-Szene in Bramfeld", an den Vermieter, einen alevitischen Kulturverein, heran, um dessen Saal in Rothenburgsort angeblich für eine Geburtstagsfeier zu mieten. Aufgrund der sehr konspirativen Vorgehensweise konnte der Veranstaltungsort erst kurz vor Beginn des Konzerts ermittelt werden. Bei der Aufklärung wurde u.a. festgestellt, dass die Teilnehmer über mehrere Treffpunkte, u.a. Autobahnraststätten, gelotst wurden und dabei Umwege von mehr als 100 Kilometern in Kauf nahmen. Neben der Band "Noie Werte" traten "Nordmacht" (Rostock) sowie "Legion of Thor" aus Berlin auf, 132 die u.a. mit einem Song auf dem CD-Sampler "Blood & Honour Brandenburg" vertreten ist. Diese CD, die erst nach dem B&H-Verbot im Herbst 2000 erschienen war, wurde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert. Die Polizei löste das Konzert auf, da hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Veranstaltung der Fortführung von B&H diente. Da die meisten Besucher der Aufforderung, den Saal zu verlassen, nicht nachkamen, räumte die Polizei den Veranstaltungsraum. Dabei wurden drei Beamte leicht verletzt, drei Konzertbesucher wurden wegen Landfriedensbruchs vorläufig festgenommen. Die juristische Aufarbeitung des Konzertes ist noch nicht abgeschlossen. So sind mehrere Strafverfahren gegen Teilnehmer u.a. wegen des Verdachts der Fortführung einer verbotenen Vereinigung anhängig. Der Mieter des Saales hat ein Verwaltungsgerichtsverfahren mit dem Ziel angestrengt, die Unrechtmäßigkeit der Konzertauflösung feststellen zu lassen. In Bönningstedt/SH trat am 06.03.2007 die amerikanische "WhitePower-Band" "Youngland" vor ca. 100 Konzertbesuchern auf. Gegenüber der anwesenden Polizei gab sich der Anführer der "Kameradschaft Pinneberg", Klemens OTTO, als Ansprechpartner aus. Er bezeichnete die Mitglieder der Band als seine amerikanischen Freunde und gab an, es handele sich um eine Geburtstagsfeier. Personen aus dem Umfeld der "Kameradschaft Pinneberg" waren auch für die Organisation eines Liederabends am 13.10.2001 im Kreis Pinneberg verantwortlich. Für diese Veranstaltung hatten sie zuvor erfolglos versucht, einen Saal in Hamburg anzumieten. Am 26.05.2007 fand in Steinach/BY das größte Skinhead-Konzert mit 600 - 800 Teilnehmern statt. Das Konzert, bei dem die Band "Noie Werte" auftreten sollte, war ebenfalls als Geburtstagsfeier getarnt worden und wurde von der Polizei aufgelöst. Während der Auflösung wurden 133 vereinzelt Steine auf Polizeikräfte und Einsatzfahrzeuge geworfen. Drei Beamte wurden leicht verletzt, mehrere Dienstfahrzeuge beschädigt. Am 25.08.2007 traten in Hailfingen/BW die rechtsextremistischen Bands "Kommando Skin", "Radikahl", "Volkstroi" und "Propaganda" vor 500600 Skinheads auf. Wie beim Konzert am 03.02.2001 in Hamburg wurden auch die Planungen für ein Skinhead-Konzert mit > CD-Cover der "White Power"mehreren ausländischen Band "Youngland" (USA) rechtsextremistischen Bands (u.a. "Youngland" USA) am 29.09.2007 im Schützenhaus Tostedt geheimgehalten. An diesem Konzert nahmen ca. 500 Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum teil. Den Sicherheitsbehörden lagen im Vorfeld Erkenntnisse vor, dass in Norddeutschland ein "Jan Stuart-Memorial-Konzert" aus Anlass des 8. Todestages des B&H-Gründers stattfinden sollte. Ort und Zeitpunkt waren jedoch nicht bekannt. Gegenüber dem Vermieter hatten die Organisatoren angegeben, eine "Techno-Party" mit mehreren Discjockeys veranstalten zu wollen. Die Polizei löste das Konzert auf und erteilte 141 Personen Platzverweise. Der Kampf gegen die Verbreitung rechtsextremistischer Musik-CDs wurde auch im Jahr 2001 mit Nachdruck geführt. So schritten die Sicherheitsbehörden beispielsweise im April 2001 gegen den Handel mit indizierten und strafrechtlich relevanten Tonträgern über die Musiktauschbörse NAPSTER im Internet ein. Nach anlassunabhängigen Internetrecherchen wurden gegen 106 Beschuldigte Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei der Durchsuchung von 103 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. In Hamburg wurde gegen drei Personen ermittelt, die den Sicherheitsbehörden vorher im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Straftaten nicht bekannt waren. Gegen sie wurde wegen Volksverhetzung ermittelt. Im Juli wurde in Hohwald/SN bei dem Betreiber des CD-Vertriebes "Hate Records" eine Durch134 richt 2000, S. 45) durchgeführt, bei der mehrere tausend CDs sichergestellt wurden. Im Oktober nahm die Polizei vier Mitglieder dieser Band und einen Vertreiber ihrer CDs wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung fest. Der Generalbundesanwalt begründete diese bislang einmalige Maßnahme u.a. damit, dass es zum Selbstverständnis der Bandmitglieder gehöre, den "Soundtrack für die arische Revolution" zu liefern. Hierzu produziere und verbreite "Landser" Musikstücke, in denen zur Begehung schwerer Straftaten, so auch zu Brandstiftung und Mord, aufgerufen werde. 135 6. Rechtsextremistische Parteien 6.1 Die Republikaner (REP) Die Talfahrt der 1983 REP gegründeten Partei "Die Mitglieder: ca. 11.500 Republikaner" (REP) setzte sich Bundessitz: Berlin auch 2001 fort. Im letzten Jahr Vorsitzender: Dr. Rolf SCHLIERER sank die Zahl der Mitglieder um 1.500 auf nunmehr 11.500. Damit mussten die REP das fünfte Jahr in Folge einen erheblichen Mitgliederrückgang hinnehmen. Neben den 16 Landesverbänden gehören auf Bundesebene noch vier Unterorganisationen zur Partei: der "Republikanische Bund der Öffentlich Bediensteten" (RepBB), die "Republikanische Jugend" (RJ), der "Republikanische Bund der Frauen" (RBF) und der "Republikanische Hochschulverband" (RHV). Von ihnen gingen jedoch im Berichtsjahr keinerlei öffentlichkeitswirksame Aktivitäten aus. Lediglich der RBF trat durch die Herausgabe mehrerer Flugblätter öffentlich in Erscheinung. Die zunehmende Bedeutungslosigkeit der Partei spiegelte sich insbesondere in ihren drastischen Stimmeneinbußen bei Landtagsund Kommunalwahlen wider ((c) 1.3). Die schwerste Niederlage erlitten die REP bei der Landtagswahl am 25.03.2001 in ihrer Hochburg Baden-Württemberg. Obwohl die Partei mit dem Bundesvorsitzenden Dr. Rolf SCHLIERER als Spitzenkandidaten antrat und den dort bisher finanziell und personell aufwändigsten Wahlkampf führte, verpasste sie - entgegen der Prognosen vieler Wahlbeobachter - mit 4,4% (1996: 9,1%) den Wiedereinzug in den Stuttgarter Landtag. Damit sind die REP in keinem Landesparlament mehr vertreten. Nach dem Wahldebakel bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft, bei der die Partei nur 0,1% (1997: 1,8%) der abgegebenen Stimmen erhielt, fand die Negativserie bei der vorgezogenen Neuwahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 21.10.2001 ihr vorläufiges Ende. Dort verloren die REP rund die Hälfte ihres Wählerpotentials und sackten auf 1,3% ab (1999: 2,7%). Als Grund für die Wahlniederlagen nannten die REP neben eigenen Versäumnissen die angeblich gegen alles Konservative gerichtete "Pogromstimmung". Die Wähler seien den REP abhanden gekommen, 136 weil "Altparteien" und Medien ein rechtsextremistisches Zerrbild von den REP gezeichnet hätten. Durch den weiteren Niedergang der REP a nahmen auch die interMi' . an nen Streitigkeiten und , Flügelkämpfe in der Par- \ OW J,UKR/AFI = tei an Intensität zu. Dem Bundesvorsitzenden k wurden Fehlverhalten JMS ER ar und Führungsschwäche vorgeworfen. Neben fehlender innerparteilicher Demokratie wurde bemängelt, dass sich die Partei in ihrer politischen Ausrichtung und Vorgelee elle eloizzliiner | hensweise kaum noch Eee earth 722 | von den etablierten ParNENNEN EREn Nele] teien unterscheide. Ge5%-Hürde gen den von der Mehrheit des Bundesvorstandes verfolgten Abgrenzungskurs gegenüber anderen Rechtsextremisten formierte sich in der Partei immer größerer Widerstand. Während SCHLIERER die Zusammenarbeit mit anderen Extremisten kategorisch ablehnt und die REP als nationalkonservative, nicht extremistische Partei etablieren möchte, sieht ein nicht unerheblicher Teil von Funktionären und Mitgliedern in der Zusammenarbeit mit anderen Rechtsextremisten die einzige Möglichkeit, die Partei vor dem Absturz in die völlige Bedeutungslosigkeit zu retten. Verschiedene REP-Landesvorstände forderten eine offene Bündnispolitik und erklärten, dass Gespräche mit konkurrierenden rechten Parteien nicht gescheut werden dürften. Potenzielle Partner seien alle konstruktiven, demokratischen und patriotischen Parteien, Initiativen, Vereine, Verlage und Einzelpersonen. Als Zielvorstellung wurde formuliert, unter mittelfristiger Beibehaltung der Eigenständigkeit langfristig ein Üüberparteiliches, freiheitlich-patriotisches Wahlbündnis zu formieren, das spätestens zur Europawahl 2004 antreten sollte. Dementsprechend suchten die Gegner des Abgrenzungskurses, wenn auch zumeist örtlich begrenzt, Kontakte zu anderen Rechtextremisten. 137 Um diese bisher nur von einer Minderheit unterstützten Ziele in der Partei durchsetzen zu können, fehlt den Abgrenzungsgegnern z.Z. eine geeignete Persönlichkeit, die mit Aussicht auf Erfolg gegen den Parteivorsitzenden antreten könnte. Trotz der Wahlniederlagen und der anhaltenden Kritik an seiner Person, scheint es gegenwärtig keine Alternative zu SCHLIERER zu geben. So überrascht auch nicht, dass das Bundespräsidium und der Bundesvorstand ihm selbst nach der Wahlniederlage vom 25.03.2001 einstimmig das Vertrauen aussprachen und interne und öffentliche Personaldebatten um seine Person für schädlich und unnötig erklärten. Alle Kräfte sollten nunmehr auf die Bundestagswahl 2002 gerichtet werden. Um den Wiederaufbau der Partei voranzutreiben, ist u.a. geplant, die Mitgliederwerbung und die Öffentlichkeitsarbeit zu intensivieren. Mit Hilfe einer verbesserten Kommunikation zwischen der Parteiführung und der Basis, verstärkter Jugendarbeit und durch den Ausbau der Schulungsarbeit soll die Partei von der Basis her neu aufgebaut werden. Mit Hilfe eines neuen Programms, das ursprünglich bereits auf dem Bundesparteitag Ende Oktober 2001 vorgestellt werden sollte, hofft die Parteiführung, im Jahre 2002 ihrem Ziel, eine politische Erneuerung in Deutschland herbeizuführen, wieder einen Schritt näher kommen zu können. Aus der Wahl und Formulierung ihrer Agitationsthemen ergaben sich auch im Berichtsjahr eindeutige Anhaltspunkte für die rechtsextremistische Ausrichtung der Partei. Die von den REP verwandten fremdenfeindlichen, das demokratische System, seine Repräsentanten und Institutionen angreifenden Argumentationsmuster werden so auch von anderen Rechtsextremisten benutzt. In Ansätzen zeigten sich in Stellungnahmen der Partei oder ihrer Repräsentanten antisemitische und revisionistische Züge. Noch sehr viel stärker tritt weiterhin die fremdenfeindliche Grundstimmung in der Partei zu Tage. Ausländer werden immer wieder pauschal und diffamierend für Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Wohnungsnot, steigende Sozialkosten und den Verlust der deutschen Identität verantwortlich gemacht. Im Falle weiterer Zuwanderung wurden gewalttätige Auseinandersetzungen und der Untergang des deutschen Volkes prognostiziert und so irrationale Ängste geschürt. Den politisch Verantwortlichen warfen die REP vor, den "Kollaps unseres Sozialstaates" billigend in Kauf zu nehmen und den "sozialen Frieden" ökonomischen Interessen zu opfern. Den "rotgrünen Gesellschaftsingenieuren" wurde unterstellt, mit Hilfe der tatenlosen Opposition die Zuwanderung bewusst zum Nachteil des deutschen Volkes voranzutreiben. 138 Die Terror-Anschläge in den USA nahmen die REP zum Anlass, um auf die diversen "Verfehlungen" der USA und die Probleme der Globalisierung aufmerksam zu machen. Kritisiert wurde die "amerikanische Aggressionspolitik" und deren weltweite Expansionsbestrebungen. Gleichzeitig wurde vor den "existentiellen Gefahren" des fundamentalistischen Islamismus gewarnt und die "Multi-Kulti-Illusion" für gescheitert erklärt. Zur Gefahrenabwehr forderten die REP Maßnahmen wie die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl und ein politisches Betätigungsverbot für Asylbewerber. Der Landesverband Thüringen verlangte darüber hinaus in einer undatierten Pressemitteilung auf seiner Internetseite "die Unterbindung aller islamischen Umtriebe in Deutschland sowie die Schließung der Brutstätten des Fanatismus auf deutschem Boden wie Moscheen und Koranschulen." Die REP sehen sich als die einzig wahren Vertreter deutscher Interessen und fühlen sich aufgerufen, die deutsche Souveränität gegen eine "korrupte" EU zu verteidigen, die als "undemokratisches Monstrum" diffamiert wird. Gleichzeitig stellt die Partei jedoch auch das parlamentarische System in Deutschland in Frage und verunglimpft es als "Scheindemokratie". Die Abneigung der REP gegen die demokratischen Institutionen und ihre Repräsentanten kommt insbesondere durch die Verwendung von Begriffen wie "Alt-Parteien" und "Umerziehung" zum Ausdruck. Sie unterstellen damit, dass die politisch Verantwortlichen in Deutschland lediglich ausführende Organe der ehemaligen Besatzungsmächte seien und dabei die Interessen des eigenen Volkes missachteten und schädigten. Die Ziele der e- hemaligen Besatzungsmächte seien dem deutschen Volk aufgezwungen und somit die Grundlage für eine wirklich freiheitliche Demokratie auf deutschem Boden beseitigt worden. Die Aktivitäten der REP beschränkten sich außerhalb der Wahlkämpfe im Wesentlichen auf die Herausgabe des monatlich erscheinenden Parteiorgans "Der Republikaner" und die Veröffentlichung von Propagandamaterial und Pressemitteilungen. Hierzu bedienten sie sich insbesondere des Internets. Neben dem Bundesvorstand haben inzwischen zahlreiche weitere Parteigliederungen und Funktionäre eigene Internetseiten eingerichtet. An der alljährlichen Aschermittwochsveranstaltung, die letztes Jahr am 28. Februar in Geisenhausen/BY stattfand, nahmen etwa 900 Parteianhänger teil. 139 In mehreren Gerichtsverfahren klagten die REP gegen die nachrichtendienstliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz und gegen ihre Erwähnung im Verfassungsschutzbericht des Bundes. Laut SCHLIERER wollte man sich auf diesem Wege gegen "Diffamierungen", "Lügen" und "staatlich organisierten Beschaffungsextremismus" der Verfassungsschutzbehörden zur Wehr setzen. Die Klagen verliefen für die REP bislang erfolglos. Nachdem die politische Arbeit der REP in Hamburg durch innerparteiliche Querelen im Jahr 2000 fast völlig zum Erliegen gekommen war, gelang es dem im März 2001 zum neuen Landesvorsitzenden gewählten Thomas NISSEN, den Landesverband organisatorisch und personell zu stabilisieren und einen Teil der Mitglieder wieder für die politische Arbeit zu motivieren. Hierzu bediente er sich auch der Mithilfe der Anhänger der von ihm gegründeten und geleiteten Sammlungsinitiative "Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten" (ADP) ((c) 7.1). Derzeit liegt die Mitgliederzahl des Hamburger Landesverbandes bei etwa 60 Personen. Seit Juni ist unter der Anschrift der Partei auch ein Hamburger Landesverband der "Republikanischen Jugend" (RJ) erreichbar, bislang jedoch ohne erkennbare Aktivitäten. Anlass für die verstärkten Aktivitäten des Landesverbandes war die geplante Teilnahme an den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 23.09.2001. Trotz ihrer eingeschränkten personellen und finanziellen Möglichkeiten führten die REP einen relativ aktiven Wahlkampf. Von Anfang Mai bis September wurden insgesamt über 40 Infostände durchgeführt. Mit Plakaten, Wurfsendungen, Werbespots und einer Hamburger Wahlzeitung "Wahl 2007" warben sie für ihre Ziele. Auch das Internet wurde genutzt: Seit Juni 2001 verfügt der Hamburger Landesverband über eine eigene Homepage und ist seit August 2001 auch über eine E-Mail-Adresse zu erreichen. Höhepunkt des Wahlkampfes sollte die Abschlusskundgebung mit dem Bundesvorsitzenden SCHLIERER am 20.09.2001 auf dem Hachmannplatz werden. Zur Unterstützung des Parteichefs waren jedoch lediglich 20 Republikaner erschienen; rund 150 Passanten hörten der Rede SCHLIERERs zumindest zeitweilig zu. 140 In ihren Wahlaussagen zeichneten die REP ein düsteres Bild ML vom angeblich drohenden UnREPUBLIKANER tergang des Deutschen Volkes. Die Deutschen würden innerhalb der nächsten Jahrzehnte zur Hambu 1 1 Minderheit im eigenen Land. Diese Entwicklung sei das Resultat einer offensichtlich zielstrebig verfolgten antideutschen >1or zur Politik, die die REP umkehren wollten. Die Problemfelder "Innere Sicherheit" und "soziale IT Ungerechtigkeit" spielten thematisch eine herausgehobene Rolle, wobei Aussagen zu die- a sen Themen durchgängig mit fremdenfeindlichen Untertönen versehen waren. Hamburg wurde als "Hauptstadt des Verbrechens" und "Tor zur Unterwelt" bezeichnet. Der durch illegale Einwanderung und Missbrauch des Asylrechts weiter zunehmende Ausländeranteil sei die Ursache für die Ghettobildung und den Gewaltanstieg in den Großstädten. Statt Einwanderung müsse jedem "gebürtigen Deutschen" ein Arbeitsplatz angeboten werden. Der zunehmende Ausländeranteil gefährde die Zukunft und den Fortbestand des deutschen Volkes e- benso wie die allgemeine Tendenz, Eigennutz vor das Gemeinwohl zu stellen. Die REP vermischten vereinfachend und zum Teil mit rassistischen Anklängen wirtschaftliche, soziale und Probleme der inneren Sicherheit mit der Zuwanderung von Ausländern und versuchten damit, Ängste und Ressentiments gegen Fremde zu schüren. Sie verfolgen mit dieser polemischen und teilweise diffamierenden Agitation das Ziel, das Vertrauen in das demokratische System und seine Repräsentanten zu unterminieren und es als untauglich darzustellen, drängende politische Probleme zu Iösen. Trotz des katastrophalen Wahlergebnisses bekundete NISSEN seinen uneingeschränkten Willen, die politische Arbeit fortzusetzen und den weite141 ren Aufbau des Landesverbandes und insbesondere die Arbeit in den Kreisverbänden aktiv voranzutreiben, um für die Bundestagswahl 2002 gerüstet zu sein. Durch die Wahlniederlage erhielt der vorübergehende Aufschwung des Landesverbandes allerdings einen deutlichen Dämpfer. Inwieweit es dem Landesvorsitzenden gelingt, die zu Beginn des Jahres 2001 erzeugte Aufbruchstimmung zu erhalten, bleibt abzuwarten. 142 6.2 Deutsche Volksunion (DVU) Die "Deutsche Volksunion" (DVU), 1987 in München geBaar gründet, ist trotz erheblicher | Wi. ca. 15.000 Mitgliederverluste mit 15.000 [ll tet Mitgliedern auch weiterhin die Vorsitzender: Dr. Gerhard FREY größte rechtsextremistische Partei in Deutschland. Die Partei und Landesverband Hamburg der weitgehend bedeutungslos | ll 2% 280 gewordene Verein "Deutsche Vorsitzender: Heinrich GERLACH Volksunion e.V." mit seinen Aktionsgemeinschaften sowie der "DSZ Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" und der "FZ-Freiheitlicher Buch und Zeitschriftendienst GmbH" sind Bestandteile des von dem Münchner Verleger Dr. Gerhard FREY beherrschten "national-freiheitlichen" Organisationsund Pressegeflechts. Inoffizielles Parteiorgan ist die von Dr. FREY herausgegebene "MNationalZeitung/Deutsche Wochen-Zeitung" (NZ), mit der er politische Agitation und kommerzielles Interesse verknüpft. Neben der Berichterstattung über die Aktivitäten der DVU enthält die NZ überwiegend in aggressiver und meist polemischer Form verfasste Beiträge, die durchgängig eine rechtsextremistische, insbesondere fremdenfeindliche ("Die Türken kommen", NZ 45/02.171.017 und "Scheinasylanten raus" NZ. 33/ 10.08.0T), nationalistische ("Wiedergutmachung oder Erpressung" NZ13 / 23.03.07), revisionistische oder antijüdische ("Wer kassiert die ZwangsarbeiterMilliarden?" NZ 22/25.05.0T) Zielrichtung aufweisen. Vielfach finden sich zu den Beiträgen Hinweise auf zum Thema passende Artikel aus dem Buchund Devotionalienhandel des Dr. FREY. Obwohl die DVU noch immer die mitgliederstärkste rechtsextremistische Organisation in Deutschland ist, schwindet ihre Bedeutung zunehmend. Die Kritik insbesondere am autoritären Führungsstil FREYs und an der Verquickung von politischen und kommerziellen Interessen hat dazu geführt, dass die DVU im rechtsextremistischen Lager völlig isoliert ist. Einzelne, teilweise spektakuläre Wahlsiege in Nordund zuletzt vor allem in Ostdeutschland waren in der Vergangenheit Motor für eine gewisse Anziehungskraft der Partei. Den Anspruch, sich als stärkste "nationale" Kraft bundesweit zu etablieren, konnte die DVU jedoch nie einlösen. Mit dem Ausbleiben weiterer Erfolge seit 1999 setzte folgerichtig der Niedergang der Partei ein. Die jüngsten Wahlniederlagen wirkten sich resignativ auf die Anhängerschaft FREYs aus. Rund 2.000 Mitglieder haben im letzten 143 Jahr die DVU verlassen. Unter den verbliebenen Mitgliedern ist die Bereit schaft zur Mitarbeit noch geringer geworden. Auch finanziell befindet sich die DVU in einer prekären Situation. Die Partei ist weiterhin hoch verschuldet. Der 2001 vorgelegte Finanzprüfungsbericht weist zum Jahresende 2000 einen Schuldenstand in Höhe von 8,7 Millionen DM auf, für die Dr. FREY nach eigenen Angaben zum großen Teil persönlich haftet. Damit bleibt die DVU weiterhin in finanzieller Abhängigkeit von ihrem Vorsitzenden. Die finanzielle Situation hat sich durch die schweren Einbußen bei den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen weiter verschärft. Bereits frühzeiea 0 hatte Dr. FREY seine Entschlossenheit bekundet, für den PASSAU,29, SEPTEMBER Wahlkampf in Hamburg beträchtliWir sind stolz, Deutsche zu sein! che Finanzmittel einzusetzen. Regelmäßig veröffentlichte er in der NZ Spendenaufrufe zur Unterstützung bei den Wahlausgaben. Im Vorfeld warb FREY bei größeren Veranstaltungen für die DVU und versuchte die Anhängerschaft zum finanziellen und persönlichen Wahlkampfeinsatz zu motivieren. Nach dem vernichtenden Wahlergebnis in Hamburg (s.u.) wird die DVU keine Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten und ist daher nicht in der Lage, ihre immensen Wahlkampfausgaben zumindest anteilig auf diese An der alljährlichen Großveranstaltung in Passau, die am 29.09.2007 unter dem Motto "Wir sind stolz, Deutsche zu sein" stattfand, nahmen nur etwa 1.200 DVU-Anhänger teil - gegenüber 2.200 im Vorjahr. Diese Zahlen belegen die gegenwärtige Mobilisierungsschwäche der DVU. Insbesondere die zeitliche Nähe zum Wahlfiasko in Hamburg dürfte viele enttäuschte Mitglieder von einer Teilnahme abgehalten haben. 144 FREY stellte die Terroranschläge vom 11.09.2001 und die sich daraus ergebenden Konsequenzen in den Mittelpunkt seiner Rede. Im Hinblick auf die angekündigte Unterstützung der USA durch Bundeswehreinheiten erklärte er, dass deutsche Soldaten in fremden Gebieten nichts verloren hätten. Friedenssichernd sei es vielmehr, dafür zu sorgen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht zum Hort für ausländische Kriminelle werde. Scharf attackierte er führende deutsche Politiker und den Verfassungsschutz, die angeblich ein "rechtes Gespenst" in Deutschland bekämpften, während die Terroranschläge unbehelligt in Deutschland vorbereitet worden seien. FREY wandte sich ebenso massiv gegen den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union. Deutschland dürfe kein orientalisches Land werden, mit der unkontrollierten Einwanderung müsse Schluss sein. Auch der als Gastredner eingeladene rechtsextremistische Publizist Dr. Claus NORDBRUCH griff in aggressiver Weise die Verfassungsschutzbehörden an und behauptete, dass deren Tätigkeit sich gegen die grundgesetzlich verankerte Meinungsfreiheit richte. Im Anschluss an seinen Vortrag wurde er mit dem Friedenspreis der NZ ausgezeichnet. In Hamburg führte die Wahlniederlage zu einem weiteren Rückgang der Mitgliederzahl und einer weitgehenden Lähmung der politischen Arbeit. Die DVU hat hier schätzungsweise nur noch 280 Mitglieder; im Jahr 2000 waren es noch 350. Außer den monatlichen "Klönschnack "-Veranstaltungen", den politischen Stammtischen der Hamburger DVU, die vom Landesverband und den inoffiziellen Kreisverbänden in den Bezirken veranstaltet werden, waren nach dem 23.09.2001 keinerlei Aktivitäten mehr festzustellen. Mit dem Verlust der Bezirksfraktionen, von denen bis dahin mehr oder weniger häufig Initiativen ausgingen, vor allem von der Wandsbeker Fraktion, kam die politische Arbeit fast vollständig zum Erliegen. In mehreren Flugblättern und Veröffentlichungen im Internet hatte die DVU immer wieder versucht, ihre bisherige Arbeit in den vier Bezirksversammlungen in ein positives Licht zu rücken. Tatsächlich zeichneten sich ihre Vertreter dort aber vielfach durch Inkompetenz aus. Die Wahl zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 23.09.2001 war von FREY zur absoluten Schwerpunktwahl für das Jahr 2001 erklärt worden, da seiner Ansicht nach nur hier eine realistische Chance bestand, die 5%-Hürde zu überspringen ((c) 1.3). 1997 hatten der DVU hierzu nur 190 Stimmen gefehlt. An den anderen Wahlen im letzten Jahr nahm die DVU daher nicht teil. Die anfängliche Siegeszuversicht trübte sich jedoch ein, als erkennbar wurde, dass die "Partei Rechts145 staatlicher Offensive" (SCHILL-Partei) zu Lasten der DVU in erheblichem Umfang Protestwählerstimmen auf sich ziehen würde. Mit heftiger Empörung reagierte die DVU jedoch vor allem auf die Ankündigung der REP, ebenfalls an der Wahl teilnehmen zu wollen. Befürchtet wurde, dass die völlig aussichtslosen REP der DVU am Ende entscheidende Zehntelprozentpunkte abjagen könnten. Im Wahlkampf der DVU spielte die Einwanderungsund Ausländerproblematik eine vorrangige Rolle. In den Wahlaussagen wurden fremdenfeindliche Ressentiments geschürt und natio- f nalistische Parolen verbreitet: Die Deutschen müssten in Ham- ; burg wieder "Herr im eigenen | 7: DEN I = Haus" sein. Es müsse endlich Schluss sein mit der angeblichen % = DEUTSCHEN! Benachteiligung von Deutschen gegenüber Ausländern, Hamburg DUH müsse wieder "deutscher" wer- - den. Das zweite große Thema "innere Sicherheit" wurde durchgängig mit einer einseitigen und verzerrenden Darstellung von Ausländerkriminalität verknüpft. Die Hansestadt befände sich im "Würgegriff der Kriminellen" und sei ein "Paradies für Rauschgifthändler". Mit reißerischen Flugblattüberschriften wie "Scheinasylanten und kriminelle Ausländer raus!" und "Für ein deutsches Hamburg. Überfremdung stoppen!" zeichnete die DVU ein Horrorszenario vom drohenden Untergang Deutschlands an die Wand. Für ihren Wahlkampf gab die DVU vermutlich mehr als jede andere Partei in Hamburg aus - schätzungsweise mehr als zwei Millionen DM. Den Schwerpunkt der Wahlkampfaktivitäten bildeten der Versand von Propagandamaterial an rund 600.000 Haushalte in Hamburg, die zusätzliche Verteilung von Werbematerial in ausgewählten Stadtteilen, die flächendeckende Aufstellung von Stellschildern sowie die kommerzielle Großflächenwerbung. Darüber hinaus suchte sie erstmals durch Infostände den direkten Kontakt zum Bürger, um ihren Spitzenkandidaten zu präsentieren. Sie wurden jedoch weitgehend ignoriert. In der Endphase des Wahlkampfs, als der Stimmenanteil der DVU in den Umfragen kontinuierlich 146 sank, wandte sie sich besonders gegen die SCHILL-Partei. Diese solle lediglich dazu dienen, "Protestwähler politisch zu kastrieren und sie auf Umwegen wieder dem etablierten Bereich zuzuführen." \Wenige Tage vor der Wahl versuchte die DVU noch aus den Terroranschlägen in den USA politisches Kapital zu schlagen. So wurde u.a. behauptet, dass durch den unkontrollierten Ausländerzuzug der Terror nach Deutschland eingeschleppt worden sei. Dass TERROR-ALARM! Hamburg zu einem Stützpunkt burg! für die Attentäter werden '"Fanat atikerrin Hambv konnte, sei ein "politisches Islam FBJ: Terror. r Verbrechen", für das etablierte Auständtscneführt nachHamburg Politiker die Verantwortung erroristen: at trügen. Auch diese Schlussii Stützpunkt "tergran"Pibote Rnrelj knNntanbu kampagne pag blieb aber letztlich RHamburg york Mete erfolglos. Das haben wir jetzt davon! Eines kann man wirklich niemand bestreiten: Stärker als 1 997 formierte u LIE sich insbesondere im linksextdie schenimmer davor gewarnt hall remistischen Spektrum der Die DW hat prophazeit: Widerstand gegen den Wahl"Unkontrolert Ausländerrein = k f der DVWV. Stellschild das schleppt uns auch dan Terror rein!" ampT der ' "tellschiger Die DWU hat gemahn: der DVU wurden regelmäßig Multikuiil ui multisgefährliehl" abmontiert oder zerstört. Die Öle Dee erfordert und border jetol orat recht: relativ starke Öffentliche Prä"Ausländer, dee sich anständig Ywrhalten -- in Ordnung! Aber Gesindel darf michi rein! Urne senz provozierte militante wne 1 schen dein ist, muss 00 fl, kurs ira Linksextremisten auch zu dischnelle" PR Ku rekten Angriffen, bei denen > Propagandamaterial der DVU im Wahlhelfer der DVU z.T. er Hamburger Wahlkampf heblich verletzt wurden. Trotz des enormen personellen wie finanziellen Einsatzes erlebte die DVU ein beispielloses Wahldebakel. Sie erhielt lediglich 0,7 % der Stimmen und verlor damit im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl im September 1997 (4,98 %) über 4,2 Prozentpunkte. Auch bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen erreichte sie nur unbedeutende Ergebnisse: Nachdem sie 1997 noch mit insgesamt 13 Vertretern in die Bezirksversammlungen von Hamburg-Mitte, Wandsbek, Bergedorf und Harburg eingezogen war, erzielte sie nunmehr selbst in diesen Bezirken nur zwischen 0,9 % und 1,4 % der Stimmen und verlor alle Mandate. 147 6.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten (JN) Für die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) stand das Jahr 2001 ganz im Zeichen des gegen sie angestrengten Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), das auch innerLandesverband Hambur parteilich zu erheblichen SpanINDEIIcKETE 85 nungen führte. Nach dem AbKeimen Eliten alelsinjd:, schluss des Vorverfahrens entschied der Zweite Senat des JN BVerfG am 01.10.2001, dass FIN 213% ca. 350 die Verhandlung über die AnP:llnliz3r TT-tr} träge der Bundesregierung, des Da 3172:,..22 Setze en stolalle]ud=: Bundestages und des Bundes[,Ü:!,11>l'l7eH Einzelmitglieder rates, die NPD für verfassungswidrig zu erklären, durchzuführen ist. Die Parteiführung behauptete daraufhin in einer Pressemitteilung vom 04.10.2001, sie nehme diesen Beschluss "mit großer Erleichterung" zur Kenntnis. Erstmals erhalte sie nun die Möglichkeit, sich vor dem höchsten deutschen Gericht gegen die "Lügen und Verleumdungen" der Verfassungsschutzbehörden und Innenminister zu verteidigen. Die NPD verfügt als einzige rechtsextremistische Partei über eine zahlenmäßig relevante Jugendorganisation mit 350 Mitgliedern. Die "Jungen Nationaldemokraten" (IN) sind laut Satzung integraler Bestandteil der NPD. Durch die Einbindung wichtiger JN-Funktionäre in die NPD-Führung setzten die JN als Jugendorganisation kaum noch eigene Akzente. Intern sah sich die NPD-Führung weiterhin mit starken innerparteilichen Oppositionskräften konfrontiert, die die NPD auf einen noch radikaleren Kurs führen wollen und die politische Nähe zu den "Freie Nationalisten" ((c) 3.) suchen. Hierzu zählten in erster Linie der weitgehend von jungen Aktivisten geführte Landesverband Schleswig-Holstein und die Anhänger der "Revolutionären Plattform - Aufbruch 2000" (RPF), die mittlerweile in einer Erklärung vom 16.01.2002 ihre Auflösung bekannt gab. Auch nach Beginn des Verbotsverfahrens arbeitete die Partei punktuell mit den "Frei148 en Nationalisten" weiter zusammen, insbesondere bei der Organisation und Durchführung von Demonstrationen. Da die NPD versucht, die Bedingungen der Zusammenarbeit zu bestimmen, sind dem Zweckbündnis zwischen Nationaldemokraten und Neonazis jedoch enge Grenzen gesetzt. Die Zusammenarbeit gestaltet sich dabei regional sehr unterschiedlich und hängt maßgeblich von der personellen Zusammensetzung der jeweiligen NPD-Untergliederung ab. Gerade im norddeutschen Raum gibt es gravierende Unterschiede: Während der stark von Neonazis dominierte Landesverband Schleswig-Holstein sehr eng mit den "Freien Kräften" kooperiert, lehnt die Hamburger NPD, in der alte Parteifunktionäre das Sagen haben, gemeinsame Aktivitäten ab. Der starke Einfluss von Neonazis auf die Parteiarbeit in Schleswig-Holstein führte zu einer Machtprobe zwischen dem dortigen Landesverband und der Bundesführung, die zu verhindern suchte, dass "parteifremde Kräfte" die NPD unterwandern. Nachdem am 23.01.2001 in Fitzen bei Lauenburg/SH ein neuer Landesvorstand gewählt worden war und zwei Neonazis in die Funktionen des Landesvorsitzenden und des Landesgeschäftsführers aufrückten, verhängte der Bundesvorstand gemäß Bundessatzung den "organisatorischen Notstand" über den Landesverband. Vor dem Hintergrund des laufenden Verbotsverfahrens befürchtete die NPD, dass einzelne Landesverbände und deren führende Vertreter durch provokative Äußerungen zusätzliche Verbotsargumente liefern könnten. Zu Zerwürfnissen in der NPD führte auch die Rolle von Horst MAHLER, der Prozessbevollmächtigter der NPD im Verbotsverfahren ist. Seine politischen Überzeugungen und Aussagen, die oftmals nicht mit der Politik der NPD übereinstimmen, und seine Mittlerrolle bei parteiinternen Auseinandersetzungen, sorgten auch bei einigen Mitgliedern des Bundesvorstandes für erheblichen Unmut. Da sie mit ihrer Kritik aber nicht durchdrangen, zogen einzelne NPD-Funktionäre die Konsequenzen und traten zurück. Bis Mitte des Jahres 2001 setzte die NPD ihre Kampagne "Gegen ein NPD-Verbot" mit Demonstrationen und Veranstaltungen in zahlreichen deutschen Städten fort. So fanden beispielsweise am 13.01. in Greifswald/MV, am 24.02. in Lüdenscheid/NW und Magdeburg/SA, am 17.03 in Bremen und am 26.03.2001 in Fürstenwalde/BB Demonstrationen mit diesem Tenor statt. Darüber hinaus führte die NPD eine Reihe weiterer Versammlungen meist mit Bezug zu regionalen Ereignissen und Themen durch. Trotz angeblich schikanöser Behandlung durch die Polizei und gewaltsamen Störaktionen von linksextremistischen Gegendemonstranten 149 feierten die NPD und "Freie Nationalisten" ihren gemeinsamen Aufmarsch am 76.06.2007 in Göttingen als besonderen Erfolg. Unter dem Motto "Stoppt den Globalisierungswahn - Freiheit für die Völker" war es ihnen erstmals gelungen, in der als Hochburg der Autonomen geltenden Stadt zu demonstrieren, nachdem mehrere zuvor angemeldete Aufzüge verboten worden waren. Die "Freilteiti. Für den 7. Mai hatte die NPD in Berlin 3 dieSieMEINEN: eine Demonstration " unter dem Motto P "- Meier "Deutschland zuerst- n s Parteiverbotel gemeinsam für soziale Gerechtigkeit in einem Europa der Vaterländer - gemeinsam die Globa- m | {sierung stoppen" de Watte angemeldet, an der 1.100 Parteianhänger teilnahmen. Eine gleichzeitig in Frankfurt von Steffen HUPKA (RPF) und Thomas WULFF veranstaltete Demonstration mit 1.200 Teilnehmern offenbarte den mittlerweile entstandenen Riss zwischen der NPD einerseits und der RPF und den "Freien Nationalisten" auf der anderen Seite. Gleichzeitig wurde für beide Seiten erkennbar, über welches Anhängerpotential sie verfügen, wenn Veranstaltungen ohne Unterstützung des jeweiligen Bündnispartners durchgeführt werden. Eine ursprünglich von der NPD am 01.09.2001 in Greifswald als Großdemonstration geplante Veranstaltung wurde nur in einem sehr viel kleineren Rahmen durchgeführt, nachdem die "Freien Kräfte" zum gleichen Termin eine Demonstration in Leipzig angemeldet hatten, zu der 2.000 Rechtsextremisten mobilisiert werden konnten ((c) 3.2). Wie bei einem Großteil der rechtsextremistischen Szene trat auch in den offiziellen Stellungnahmen der NPD zu den Terroranschlägen vom 11.09. 2001 eine ambivalente Haltung zu Tage. Der Tod unschuldiger Menschen wurde zwar bedauert, andererseits bewertete man die Anschläge aber als Folge des US-Imperialismus, der sich überall in die Belange anderer Völker einmische, und als Ausdruck des "Befreiungskampfes" der Völker gegen die gleichmacherische, von den USA vorangetriebene Globalisierung. Gleichzeitig stellten die Anschläge und die neue Angst vor militanten Isla150 misten einen willkommenen Anlass dar, um weiter fremdenfeindliche Ressentiments zu schüren und gegen die fortschreitende "Uberfremdung" in Deutschland zu agitieren. Von der offiziellen Parteiliniie abweichend äußerten insbesondere Horst MAHLER und der Landesverband Schleswig-Holstein Verständnis für die Anschläge und stellten die USA als den eigentlichen Aggressor dar. In einer kurz nach den Anschlägen veröffentlichten Pressemitteilung der schleswig-holsteinischen NPD heißt es: nv :.. Die Kriege, die von US-amerikanischem Boden ausgingen, forderten Opfer und Zerstörung überall auf der Welt, nur nicht auf amerikanischem Boden selbst ... Damit scheint seit heute endgültig Schluss zu sein. ... Der NPD-Landesvorstand bedauert die zahlreichen Opfer dieser kriegerischen Auseinandersetzung in den USA. Kein Bedauern jedoch allerdings haben wir für die amerikanischen Drahtzieher der US-imperialistischen Unterdrückung in aller Welt." Auf einer von MAHLER betriebenen Homepage proklamierte das "Deutsche Kolleg" ((c) 7.2), in dem MAHLER maßgeblich mitwirkt, unter der U- berschrift "Independence day live" am 12. September: "Die Luftangriffe auf Washington und New York vom 11. September 2001 markieren das Ende des Amerikanischen Jahrhunderts, das Ende des globalen Kapitalismus und damit das Ende des weltlichen JahweKultes, des Mammonismus ... Die militärischen Angriffe auf die Symbole der mammonistischen Weltherrschaft sind - weil sie vermittelt durch die Medien den Widerstandsgeist der Völker beleben und auf den Hauptfeind ausrichten - eminent wirksam und deshalb rechtens." In einem Artikel in der November-Ausgabe des Parteiorgans "Deutsche Stimme" (Nr. 11) erklärte der Leiter der NPD-Rechtsabteilung, Dr. HansGünther EISENECKER, dass im Rahmen der Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Anschläge Bewertungen von Parteigliederungen wie auch einzelner Mitglieder für das in Karlsruhe anhängige Verfahren gegen die Partei Juristisch ohne Bedeutung seien: "Wir dürfen selbstverständlich den Untergang der USA herbeisehnen, wir dürfen Feinde der USA, ihrer Lebensform, ihrer Werte sein. Wir dürfen die USA als das Reich des Bösen erachten - die Frage der Verfassungsmäßig151 keit berührt dies nicht, da NATO, EU usw. nicht Bestandteil der Verfassung, sondern nur Inhalt der Berliner Politik sind." Die NPD setzte ihre antiamerikanische Agitation in zahlreichen Pressemitteilungen und im Rahmen mehrerer Demonstrationen fort. Am 03.70. 20017 versammelten sich in Berlin rund 1.000 Rechtsextremisten zu einer von der NPD und dem "Bündnis Rechts" (BR) veranstalteten Demonstration, die ursprünglich aus Anlass der Neuwahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus vom BR | angemeldet worden war. Mit Blick auf die Terroranschläge und die nachfolgende sicherheitspolitische Debatte in Deutschland Na nn wurde das VeranEi a staltungsmotto Endais RECHTS 2} "Deutschland ist a mehr als die Bundesrepublik" durch den Slogan "Frieden für Deutschland - Keine Stimme den Kriegsparteien" ergänzt. Redebeiträge hielten außer NPD-Vertretern, darunter der mit einem Parteiausschlussverfahren belegte schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Peter BORCHERT, und dem BR-Vorsitzenden Dieter KERN, auch Steffen HUPKA und Christian WORCH. HUPKA wurde durch eine Entscheidung des Bundesschiedsgerichtes vom Dezember 2001 zwischenzeitlich aus der Partei ausgeschlossen. Entgegen den Auflagen der Ordnungsbehörden wurden die Terroranschläge als deutliches Zeichen des "Widerstandes der unterdrückten Völker" sowie als "Kampf der Völker gegen Globalisierung" bezeichnet. Als weitere Auflage war ein Redeverbot für Horst MAHLER verhängt worden. Am Abend des 07.70.2007 versammelten sich in Berlin rund 100 Rechtsextremisten, um gegen die beginnende Militäroperation der Amerikaner in Afghanistan zu protestieren. Aufgerufen hierzu hatte die NPD. An der Spitze der spontanen Demonstration marschierten Udo VOIGT und Horst MAHLER. Im Verlauf der Veranstaltung skandierten die Teilnehmer antiamerikanische Parolen. Die Polizei löste den Aufzug nach einer Stunde auf. Am 09.11.2001 demonstrierten erneut etwa 200 Anhänger der NPD 152 in der Berliner Innenstadt gegen die Beteiligung der Bundesrepublik an den Militäraktionen der USA. Sie forderten ein Ende der Militäreinsätze und den Austritt Deutschlands aus der NATO. Mit der Wiedereröffnung der überarbeitete "Wehrmachtsausstellung" Wat u 7 a am 28.11.2001 in a" 25 Me Berlin bot sich der ) 72 [1 0) So1 2Eu Dee rechtsextremistischen Szene erneut ein altbewährtes Agitationsfeld an. Bis zur vorübergehenden Einstellung der Wanderausstellung 1999 waren die We ureictidelsisetelstzdgsidteiswelztelzieWe I-WA112 jeweiligen Ausstelmachtsausstellung" am 01.12.2001 in Berlin lungsorte regelmäßig Schauplatz rechtsextremistischer Aufmärsche. Für den 07.72.2007 rief die NPD zu einer Demonstration nach Berlin auf, um gegen die Wiedereröffnung zu protestieren. Unter den ca. 3.300 Teilnehmern befanden sich auch zahlreiche Führungspersonen und Aktivisten aus der Neonaziund Skinhead-Szene. Die Teilnehmer skandierten Losungen wie "Reemtsma, lass das Hetzen, pack die Koffer und fahr heim" oder "Schützt unsere Väter - Stoppt die Verräter!". In seiner Rede behauptete der NPDParteivorsitzende Udo VOIGT, dass die Ausstellung dazu diene, "unser zutiefst verletztes und geschundenes Deutschland noch weiter in den Dreck zu ziehen". In Deutschland würde gerade die "national empfindende" Jugend dagegen auf die Straße ziehen, die für "dieses System der alliierten Kriegsgewinnler nichts als Mitleid und Verachtung übrig" habe. Weiter forderte er dazu auf, die einseitige Vergangenheitsbewältigung zu beenden und verwies auf die USA, die gerade in Afghanistan erneut einen "schmutzigen Krieg" führten. Die NPD lehne eine deutsche Beteiligung an den "völkerrechtswidrigen, kriegerischen Terrorhandlungen der USA" ab. Trotz der Differenzen mit den "freien Kräften" gelang es der NPD in einigen Fällen, in ihrem "Kampf um die Straße" ein breites Bündnis des "Nationalen Widerstandes" zu vereinen und sich als "Speerspitze" der "nationalen außerparlamentarischen Opposition" darzustellen. Unzutreffend ist 153 hingegen ihre Behauptung, der Aufmarsch in Berlin sei die "bislang größte Kundgebung nationaler Kräfte seit 1945" gewesen. Die Eigenangabe von "bis zu 6.000" Teilnehmern ist deutlich übertrieben. Die Demonstration vom 01.12.2001 war die größte NPD-Veranstaltung seit der Wahlkampfkundgebung im September 1998 in Rostock. Die realistische Teilnehmerzahl von 3.300 wurde allerdings bisher nur einmal, bei der Demonstration gegen die "Wehrmachtsausstellung" am 01.03.1997 in München, übertroffen, als 4.300 Menschen dem Demonstrationsaufruf der NPD folgten. In ihrem "Kampf um die Parlamente" ist die NPD weiterhin erfolglos. Bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg am 25. 03.2001 blieb sie hinter ihren Erwartungen zurück ((c) 1.3). Sie erreichte in Rheinland-Pfalz 0,5% und in Baden-Württemberg sogar nur 0,2% der abgegebenen Stimmen. Bei der Berlin-Wahl am 21. Oktober erhielt die NPD 0,9% und konnte damit ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Wahl vom 10.10.1999 (0,3%) leicht verbessern. Dennoch räumte VOIGT in einer NPD-Pressemitteilung vom 23.10.2001 ein, dass die NPD ihre Wahlziele verfehlt habe. So sei die Partei sowohl an der 1 vor dem Komma, als auch in der Absicht gescheitert, mindestens ein Mandat in einer Bezirksverordnetenversammlung zu erreichen. Der Zustand des NPDLandesverbandes Hamburg ist unverändert desolat. Solange der langjährige Landesvorsitzende Ulrich HARDER die Politik der NPD in Hamburg bestimmt, ist mit keiner Änderung der Situation zu rechnen. Ein geeigneter Nachfolger ist nicht in Sicht. Im Gegensatz zu - , anderen Landesverbän- > Landesparteitag der Hamburger NPD mit den, die in den vergangeHorst MAHLER; rechts: Ulrich HARDER nen Jahren Zulauf vor allem von jüngeren Menschen verzeichnen konnten, übt die Hamburger NPD in dieser Hinsicht keinerlei Anziehungskraft aus. Der Versuch des Bundesvorsitzenden, den Hamburger Landesverband zu aktivieren, ist offensichtlich aufgegeben worden. Eine Zusammenarbeit mit Neonazis und Skinheads findet nicht 154 mehr statt. Entsprechend blieben die öffentlichen Aktivitäten gering. Anders als in den beiden Vorjahren führte die NPD im Jahre 2001 keine Demonstrationen in Hamburg durch. An Aktivitäten außerhalb Hamburgs nahmen nur einzelne Mitglieder teil. Selbst im Wahlkampf war die NPD kaum wahrnehmbar. Es wurden nur wenige Stellschilder aufgestellt und in geringem Umfang Propagandamaterial verteilt. Der einzige Kreisverband, der nennenswerte Aktivitäten entfaltete, insbesondere mehrere Infostände durchführte, war Wandsbek. Bei den wenigen Öffentlichen Auftritten thematisierte die NPD vorrangig das Verbotsverfahren, um sich als angeblich politisch Verfolgte auszugeben und damit in der Bevölkerung Solidarisierungseffekte mobilisieren zu können. An der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft am 23.09.2001 nahm die NPD nicht teil. Sie trat lediglich - mit Ausnahme von Bergedorf - zu den Bezirksversammlungswahlen an. Auf die Wahlteilnahme in Bergedorf verzichtete sie, da die Partei bei der letzten Wahl 1997 in diesem Bezirk zu wenig Stimmen erhalten hatte und daher Unterstützungsunterschriften hätte sammeln müssen. Die NPD erhielt insgesamt lediglich 314 Stimmen (= 0,0%). Das Wahlergebnis war für die Partei äußerst enttäuschend, auch wenn die Wahlteilnahme offensichtlich in erster Linie dazu gedient hatte, sich vor dem Hintergrund des Verbotsverfahrens als legale Partei darstellen zu können. 155 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen Neben den bisher genannten Bereichen, Szenen und Parteien gibt es eine Vielzahl weiterer Organisationen, Bündnisse, Einrichtungen und Initiativen, die sich sowohl hinsichtlich ihrer politisch-ideologischen Ausrichtung als auch von ihrer Größe und Bedeutung z.T. stark voneinander unterscheiden. Ende 2001 hatten die Verfassungsschutzbehörden insgesamt 72 Objekte mit zusammen etwa 4.300 Mitgliedern erfasst, die als eingetragene Vereine, als Gesellschaften oder sonstige Personenzusammenschlüsse ohne besonderen rechtlichen Status auftreten. Dazu gehören Kleinstparteien, Vereinigungsund Sammlungsbestrebungen, Organisationen mit kultureller, traditionspflegender, antisemitischer oder heidnisch-germanischer Ausrichtung, Jugendund Studentenorganisationen, Rechtshilfevereine sowie intellektuelle Zirkel. Ihre Aktivitäten beschränken sich zumeist auf interne Veranstaltungen und Seminare sowie die Herausgabe von Propagandamaterialien, Publikationen und Büchern. Daneben gibt es eine Reihe rechtsextremistischer Verlage und organisationsunabhängiger Publikationen. Unter diesen sonstigen Bestrebungen gibt es in Hamburg z. Zt. nur eine erwähnenswerte Organisation, den "Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten" (ADP). Mit dem "Deutschen Kolleg" wird im Folgenden noch über eine weitere rechtsextremistische Vereinigung berichtet, an der mit Dr. Reinhold OBERLERCHER ein Hamburger Rechtsextremist maßgeblich beteiligt ist. 7.1 Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten (ADP) Die in Hamburg von Thomas NISSEN gegründete rechtsextremistische Sammlungsbewegung "Aufbruch Deutscher Patrioten" (ADP) ist seit ihrer Gründung im Januar 1999 als regional begrenzter Zusammenschluss "nationalgesinnter" Personen tätig. Ziel des ADP war es ursprünglich, politisch organisierte und nicht organisierte Personen in einer überparteilichen Bewegung zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, ohne bestehenden Parteien beizutreten oder selbst Basis einer neuen Partei zu werden. Entgegen dieser Absicht übernahm NISSEN im März 2001 den Landesvorsitz der Hamburger REP. Er nutzte den ADP als Rekrutierungsfeld, wodurch ihm die zumindest zeitweilige Reaktivierung des Hamburger Landesverbandes gelang. Die Aktivitäten des ADP wurden zunehmend mit denen der REP verbunden; die überparteilichen, für alle "patriotischen Kräfte" offenen 156 Zusammenarbeitsbestrebungen gerieten damit in den Hintergrund. Im Namen des ADP fanden zwar weiterhin Veranstaltungen statt, de facto wurden sie jedoch zu Veranstaltungen der REP umfunktioniert. So lud NISSEN für den 21.04.2001 zu einer Landesmitgliederversammlung der REP und anschließend zu einer geschlossenen Saalveranstaltung des ADP mit dem Rechtsextremisten Wolfgang JUCHEM zum Thema "Ist Deutschland am Ende?" und weiteren Beiträgen von REP-Mitgliedern ein. Am 12.05.2001 führte der ADP eine geschlossene Saalveranstaltung mit Anschlussaktivitäten durch. In der Wahlzeitung der REP wurde die Aktion als Parteiveranstaltung deklariert und über deren erfolgreichen Ablauf berichtet. Zuletzt trat der ADP öffentlich im November als Unterstützer einer von NISSEN herausgegebenen Pressemitteilung "Hamburger Resolution Angriffskrieg stoppen" in Erscheinung, in welcher der "Angriffskrieg auf Afghanistan" verurteilt und das "sofortige Einstellen der völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen" gefordert wurde. Dem Generalbundesanwalt wurde nahegelegt, ein Ermittlungsverfahren gegen die Bundesregierung wegen Verstoßes gegen Art. 26 GG (Verbot des Angriffskrieges) und 8 80 StGB (Vorbereitung eines Angriffskrieges) einzuleiten. Neben dem ADP trat auch der Hamburger Landesverband der REP als Unterstützer der Resolution auf. Bislang sollen 188 Personen diese Forderung unterzeichnet haben. 7.2 Deutsches Kolleg (DK) Das von dem Hamburger Dr. Reinhold OBERLERCHER, Horst MAHLER (Berlin! und Uwe MEENEN (Würzburg) betriebene und in Berlin ansässige "Deutsche Kolleg" (DK) versteht sich als "Denkorgan des Deutschen Reiches" und sieht seine Hauptaufgabe in der Heranbildung und Schulung der "nationalen Intelligenz". Das Ziel ist die Übernahme der Meinungsführerschaft in politischen, wirtschaftlichen und ideologischen Fragen und die Schaffung eines ideologischen Fundamentes für eine "nationale" Kulturrevolution, die der Umwälzung der politischen Verhältnisse vorausgehe. 2001 führte das DK mehrere Seminare durch, auf denen OBERLERCHER und MAHLER ihre Thesen vortrugen. Aber auch auf anderen Veranstaltungen waren sie als Redner gefragt. So wurde MAHLER u.a. auf einem Strategieseminar der "Revolutionären Plattform" (RPF) am 13. bzw. 14.01.2001 als Referent zum Thema "Der Verbotsantrag gegen die NPD 157 als Waffe in unserem politischen Angriff" angekündigt; OBERLERCHER sollte zum Thema "Die Strategie der Wortergreifung" sprechen. Das wichtigste Medium für die Verbreitung ihrer Thesenpapiere ist für die DK-Ideologen das Internet. In den Veröffentlichungen des DK wird in aggressiver Weise gegen die demokratische I Grundordnung, de- ) t has (1 ren politische Vertreel N m\ieg ter und Institutionen ur polemisiert und der Untergang des "kapitalistischen Systems" prophezeit. An die Stelle der herrschenden Ordnung soll das "Vierte Reich" errichtet werden. Der individualistische Liberalismus und der Kapitalstaat seien mit der Volkssouveränität nicht vereinbar und zerstörten die Volksgemeinschaft und das Volk selbst; der Kapitalismus gehöre "geschlachtet und verbrannt". Verantwortliche Politiker der demokratischen Parteien werden als "Verbrecher" bezeichnet; ihnen wird Rentenbetrug, Untreue, Separatismus, Landesund Hochverrat vorgeworfen. Die Bundesrepublik Deutschland sei ein "Vasa/ll" der jüdisch dominierten USA. Der "Nationale Widerstand" sei sich darüber hinaus in seiner Einschätzung einig, dass die Deutschen durch die erzwungene "ethnische Durchmischung" Gefahr liefen, Opfer eines "Völkermordes" zu werden. Die Ereignisse vom 11.09.2001 nahm das DK zum Anlass, die antiamerikanische Propaganda noch zu verstärken und die Terroranschläge zu rechtfertigen. MAHLER bezeichnete die Attentäter als "opferbereite Krieger", vor denen er "Hochachtung" empfinde. Die militärischen Angriffe auf die "Symbole der mammonistischen Weltherrschaft" seien "eminent wirksam und deshalb rechtens". OBERLERCHER bezeichnete die Anschlä158 ge in dem von ihm verfassten Papier "Der Untergang des judäoamerikanischen Imperiums" als "überfälligen Generalangriff" des islamischen Mittelalters auf die barbarische, judäo-amerikanische Zivilisation. Mit diesem beginne das Ende des amerikanischen Jahrhunderts, des globalen Kapitalismus, des weltlichen Jahwe-Kultes und des Mammonismus. Auf der Tagesordnung der Weltgeschichte stünden die Zerschlagung der USA und die Beendigung des Judenstaates: "Alle Schläge, die irgendwo auf dem Erdball oder im Weltraum gegen Einrichtungen, Funktionäre oder Kollaborateure der USA geführt werden, sind ... kriegsrechtlich erlaubte Vergeltungsanschläge ..." Auch an anderer Stelle gaben OBERLERCHER und MAHLER zu erkennen, dass sie die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele für gerechtfertigt halten. In einem weiteren Papier des DK erklärten sie beispielsweise, die RAF habe mit ihrem bewaffneten Kampf, bei allen taktischen Fehleinschätzungen und Rechtsirrtümern, auch legitime Ziele eines jeden nationalen Befreiungskampfes getroffen. Die Angriffe auf Ausländer in Hoyerswerda und Rostock wurden als eindrucksvolle "Volksaufstände" gegen die "fremdrassigen zivilen Ersatzbesatzer" bezeichnet. Die Erklärungen des DK sind durchgängig von einem fanatischen Antisemitismus geprägt. Den Juden wird vorgeworfen, Nationen und Völker aus dem Verborgenen anzugreifen, sie zu zerstören und damit Pogrome auf sich zu ziehen. Die Juden seien der "spirituelle Feind aller wahren Nationen". Das Vorhandensein einer solchen, die Welt dominierenden Macht, bedeute auch für das deutsche Volk eine konkrete Gefahr. In einem Vortragsmanuskript vom 25.03.2001 prophezeite MAHLER: "Wenn der gegenwärtige Weltzustand, der Globalismus, nicht als das objektive Dasein der Judenfrage begriffen werde, dann werden sich Versuche, dieses Problem durch die Vernichtung der Juden zu lösen, in Zukunft nicht verhindern lassen." Am 11.06.2001 wurden im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Berliner Staatsanwaltschaft gegen MAHLER, OBERLERCHER und MEENEN wegen Verdachts der Vo/ksverhetzung (3 130 StGB) fünf Objekte durchsucht. Gegenstand des Verfahrens war die im Oktober 2000 vom DK veröffentlichte antisemitische und fremdenfeindliche Schrift "Ausrufung des Aufstandes der Anständigen" (vgl. Verfassungsschutzbericht 2000, S. 23f.). Auch die oben zitierte Erklärung "Der Untergang des judäo159 amerikanischen Imperiums" hat für OBERLERCHER möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit November 2001 gegen ihn wegen des Verdachts der Billigung von Straftaten (8 140 StGB). 160 IV. Linksextremismus 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten Im Jahr 2001 sahen sich Linksextremisten mit Themen konfrontiert, mit denen sie sich in der Vergangenheit nur am Rande beschäftigt hatten. Sie standen vor Situationen, die für viele insbesondere nach den Terroranschlägen in den USA und dem nachfolgenden Krieg in Afghanistan neu waren. Wie in Vorjahren zeigte sich das gesamte linksextremistische Spektrum von der Fülle der Ereignisse und Themenkomplexe überfordert, auf die man eigentlich angemessen hätte reagieren wollen. Der Szene wird immer mehr bewusst, dass die jahrelange Zersplitterung in kleine Gruppen ihre Kampagnenfähigkeit wesentlich erschwert. Deshalb mehrten sich ernsthafte Versuche, auch über ideologische Gräben hinweg zusammenzuarbeiten. Das in den letzten Jahren alles überragende Thema "Antifaschismus" wurde durch die Globalisierungsdebatte und die mit den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon verbundenen Ereignisse zunehmend überlagert. Die autonome Antifa-Szene (2 4.3.2) setzte sich in internen Diskussionen dafür ein, sich auch intensiver mit dem Thema "Antirassismus" (2 4.3.1) zu beschäftigen. Erstmals seit längerer Zeit fanden 2001 wieder Castor-Transporte in das Zwischenlager Gorleben statt. Beide Transporte konnten trotz z.T. heftigen Widerstands der /inksextremistischen Anti-AKW-Szene (2 4.3.3) mit einem großen Polizeiaufgebot relativ zügig durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang begingen autonome Atomgegner wieder Anschläge, u.a. in Hamburg. Als weiterer Schwerpunkt linksextremistischer Agitation entwickelte sich die Antiglobalisierungsdebatte (2 4.3.4). Hierbei war - neben der Militanzdiskussion - bemerkenswert, dass auch trotzkistische Gruppen, die früher eher in Agonie verharrten, großes Engagement und eine hohe Mobilisierungsfähigkeit zeigten. 161 Seit den Anschlägen in New York und Washington und den darauf folgenden militärischen Auseinandersetzungen in Afghanistan versucht die linksextremistische Szene, wieder eine neue Friedensbewegung zu initiieren (2 4.3.5). Auch hier zeigt sich, dass Linksextremisten vieles von ihrer früheren Kampagnenfähigkeit verloren haben. 1.2 Organisationen und Potentiale Im Jahr 2001 gliederten sich linksextremistische Organisationen und Vereinigungen bundesweit in 42 Kernund Nebenorganisationen (2000: 43). Ihnen gehören ca. 26.300 Personen an, und damit ca. 700 weniger als im Jahr zuvor (-2,6%). Dieser Zahl sind noch ca. 7.000 Personen der Kategorie "Gewaltbereite Linksextremisten" in ca. 55 Gruppen (Autonome, Anarchisten, Antiimperialistischer Widerstand) hinzuzurechnen (2000: 7.000 in 61 Gruppen). Die Bundeszahlen enthalten auch die Mitglieder der "Kommunistischen Plattform der PDS" (KPF) sowie Mitglieder weiterer linksextremistischer Gruppen in der PDS. Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften gehören insgesamt 32.900 (2000: 33.500) Personen dem linksextremistischen Spektrum an (-1,8%). 162 In Hamburg ist das linksextremistische Potential mit 1.340 Personen (2000: 1.300) nahezu konstant geblieben. Gleiches gilt für die Zahl der 1600 1400 1200 1000 500 ME 600 400 200 1996 1997 1998 1999 2000 2001 'E Gesamtzahl EBGewaltbereite | gewaltbereiten Linksextremisten. Sie liegt bei 520 (2000: <520). Auch bei der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) hat es keine Veränderung gegeben: Ihr gehören nach wie vor 300 Mitglieder an. Die Nachwuchsorganisation der DKP, die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), konnte dagegen ihren Mitgliederstand fast verdoppeln und verfügt jetzt über ca. 70 Anhänger. 2. Linksextremistisch motivierte Kriminalität Strafund Gewalttaten / Statistik Im Berichtsjahr wurden in Hamburg im Rahmen des neu eingeführten Definitionssystems "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK), Phänomenbereich "Links" (s. hierzu ausführlich (c) 2. im Teil Rechtsextremismus), 202 Straftaten registriert. Davon wiesen 90 (44,6%) einen /Jinksextremistischen Hintergrund auf, darunter 43 Gewalttaten (47,38%). In 37 Fällen konnten Tatverdächtige ermittelt werden (Bekanntsachen). Von den 49 Beschuldigten war einer jünger als 18. 163 Durch die Einführung der PMK zum Januar 2001 ist bei den extremistischen Straftaten, die eine Teilmenge der PMK darstellen, ein Vergleich mit den Vorjahreszahlen nur sehr bedingt möglich. Auf eine Gegenüberstellung wurde daher verzichtet. Bis zur Drucklegung des Berichts lagen noch keine abgestimmten Bundeszahlen vor. Unter den in Hamburg verübten linksextremistischen Gewalttaten ragten insbesondere die von militanten AKW-Gegnern und der "Autonomen Zelle in Gedenken an Ulrike Meinhof" (AZUM) verübten Brandanschläge gegen Kraftfahrzeuge heraus ((c) 3., 4.3). 3. Linksterroristische Bestrebungen / Antiimperialistischer Widerstand Mit der Selbstauflösung der "Rote Armee Fraktion" {RAF) im April 1998 fand ein bedrückendes Kapitel des deutschen Linksextremismus sein Ende. Die juristische und inhaltliche Aufarbeitung des deutschen linksextremistischen Terrorismus setzte sich auch im Jahr 2001 fort. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwaltes mit dem Ziel, bislang unbekannte Mitglieder der RAF zu identifizieren und terroristische Strukturen aufzudecken, führten neue kriminaltechnische Verfahren zu neuen Ergebnissen: Durch molekulargenetische Untersuchungen von Haaren an einem am Tatort gesicherten Handtuch konnte das RAFMitglied Wolfgang GRAMS als Tatbeteiligter beim Schusswaffenanschlag auf Dr. Detlev Karsten ROHWEDDER, den Vorstandsvorsitzenden der Treuhandgesellschaft, am 01.04.91 in Düsseldorf nachträglich identifiziert werden. GRAMS hatte sich am 27.06.93 in Bad Kleinen/MV erschossen, um sich der Festnahme zu entziehen. Am 15.05.01 verurteilte das OLG Stuttgart Andrea KLUMP wegen Verabredung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, gemeinschaftlich versuchten Mordes in zwei Fällen sowie erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit Geiselnahme zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren. Bestraft wurde die misslungene Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages auf den US-amerikanischen Marineund Luftwaffenstützpunkt Rota in der spanischen Provinz Cadiz am 17.06.88. KLUMP wurde über Jahre dem RAF-Kommandobereich zugerechnet. Sie hatte den o.a. An164 schlag aber als Mitglied einer international zusammengesetzten und agie renden Terrorgruppe verübt. Nach dem Ende der RAF haben Kleingruppen immer wieder an der Grenze zum Terrorismus agiert oder diese überschritten. Sie sind allerdings nicht miteinander vernetzt und handeln unabhängig voneinander. Die Schwere der Taten ist mit Aktionen wie denen der RAF nicht annähernd zu vergleichen. Auch in Hamburg existieren zwei Gruppierungen, deren Aktivitäten als terroristisch eingestuft werden können. Trotz annähernder Namensgleichheit scheint es zwischen beiden Gruppen keine personellen Berührungspunkte zu geben. Die "Autonome Zelle" (AZ) verübte seit Beginn der 90er Jahre in sehr unregelmäßigen Abständen in 18 Fällen verschiedenste Aktionen und Anschläge. Die Spanne reichte von eher symbolischen Farbbeutelanschlägen bis zu schweren, mitunter menschengefährdenden Brandanschlägen. In ihren Selbstbezichtigungen befasst sich die AZ mit den Themen Asylproblematik und Antirassismus. Der "Abschiebeknast" Glasmoor in Norderstedt und die damit zusammenhängende Hamburger "Abschiebe-Maschinerie" sind für sie Hauptagitationspunkte. Die letzten Anschläge der AZ fanden im März 2000 statt. Sie richteten sich gegen die LUFTHANSA und gegen eine für die Hamburger Ausländerbehörde tätige Amtsärztin. Bekennungen und Vorgehensweise der AZ lehnen sich an das Handlungskonzept der terroristischen, nicht mehr aktiven "Revolutionären Zellen" (RZ) an. Eine Gefährdung von Menschenleben - wie beim Brandanschlag auf das unmittelbar am Wohnhaus der Amtsärztin parkende Fahrzeug - wird billigend in Kauf genommen. Kaltblütig betonte die AZ in der Bekennung die Notwendigkeit militanter und bewaffneter Politik "auch in diesen bewegungsarmen Zeiten". Ziel derartiger Aktionen ist es, den "rassistischen" Staat und dessen "Handlanger" zu treffen und die an Abschiebungen beteiligten Personen und Firmen zu verunsichern. Auch wenn die AZ im Berichtsjahr keinen Anschlag verübte, muss von einer weiteren Existenz der Gruppe ausgegangen werden, da es auch in der Vergangenheit Aktionspausen von bis zu 1% Jahren gab. Die namentlich ähnliche "Autonome Zelle in Gedenken an Ulrike Meinhof" (AZUM) orientiert sich in der letzten Zeit immer mehr an Argumentation und Diktion der RAF. Die AZUM ist ein seit Juni 1999 agierender autonomer Zusammenhang mit zunehmender "antiimperialistischer" Ausrichtung, 165 der bisher mit zahlreichen Sachbeschädigungen und Anschlägen im Raum Hamburg auffällig geworden ist. In unregelmäßigen Abständen hatte die AZUM bisher in 13 Fällen "militant interveniert", um meist anlassbezogen gegen ein aus ihrer Sicht existierendes "Europa der Bullen, Banken und Rassisten" vorzugehen. Bis zum Oktober 2000 bewegten sich die Sachbeschädigungen der AZUM auf einem aktionistisch eher niedrigem Niveau. Korrespondierend dazu fielen die Bekennerschreiben insbesondere in der Anfangszeit relativ knapp und plakativ aus. Kennzeichen für die AZUM ist, dass sie auf politische und wirtschaftliche Großereignisse reagiert, die das - in ihren Augen kapitalistisch und rassistisch geprägte - Gesellschaftsgefüge verkörpern. So hatte die AZUM beispielsweise gegen einen EUund Weltwirtschaftsgipfel (G8) in Köln 1999, die EXPO 2000, ein Treffen von Weltbank und Währungsfonds 2000 in Prag und zuletzt gegen einen G8Wirtschaftsgipfel in Genua im Juli 2001 in verschiedenen Bekennerschreiben agitiert. In Anlehnung an Proteste von Globalisierungsgegnern nutzte die AZUM internationale Gipfeltreffen als Aktionsplattform. Hatte die Gruppe zunächst eher mit symbolischen Sachbeschädigungen ihren politischen Forderungen Nachdruck verliehen, so hatte ein Anschlag vom 5.10.00 aus Anlass des Tags der Deutschen Einheit am 3.10. gegen ein Polizeirevier in Bönningstedt eine neue Qualität. Erstmals hatte die AZUM mit der Verwendung einer nach eigenen Angaben "zum sprengsatz umfunktionierten gaskartusche mit mehreren brandflaschen drumherum die wir schliesslich mit hilfe von brennpaste zur detonation brachten" (Schreibweise des Originals) die Schwelle zum Terrorismus überschritten. Allein der Umstand, dass die Vorrichtung nicht wie geplant zündete, dürfte eine Schädigung von in dem Gebäude lebenden Menschen vereitelt haben. Im Jahre 2001 hatte die AZUM zunächst mit wiederum eher kleineren Sachbeschädigungen an Bankautomaten aus Protest gegen das World E- conomic Forum (WEF) in Davos begonnen, um am 24.04.07 mit einer Anschlagsserie mit antifaschistischem Begründungszusammenhang gegen einen Kiosk in Schnelsen und eine Bahnhofsgaststätte in Bönningstedt fortzufahren. In der Nacht vom O2. auf den 03.07.01 entfaltete die AZUM mit drei Brandanschlägen anlässlich des bevorstehenden G8-Treffens in Genua Aktivitäten von terroristischer Qualität: Zunächst legten AZUMAngehörige nach Vorbild der in Berlin von Autonomen praktizierten "Wagensportliga" einen Brandsatz an ein hochwertiges Kfz in HamburgHarvestehude. An dem Fahrzeug der Marke Mercedes Benz entstand 166 Totalschaden. In der dazugehörigen Bekennung mit der Überschrift "Sport regional -- Hamburg" dokumentierten die Verfasser, sich an der in Berlin praktizierten Akti- . onsform orientiert zu haben. Für Hamburg stellte das Inbrandsetzen von Autos durch Autonome mit der Begründung "Nobelkarossentod" ein Novum dar. In der gleichen Nacht zündete die AZUM weitere Brandsätze an Geldscheinautomaten der Deutschen Bank 24 in Eimsbüttel und in Eidelstedt. Beim erstgenannten Anschlag entstand am Automaten ein Schaden von mehreren tausend DM. Da die über der Bank gelegenen Stockwerke bewohnt waren, haben die Täter eine Gefährdung von Menschenleben billigend in Kauf genommen. In der Bekennung zu dieser Anschlagsserie lassen die Autoren eine deutliche Anlehnung an die Gedankenwelt der RAF erkennen. Als eigene Leitlinie zitierte die AZUM ein 1974 bei einem Hungerstreik verstorbenes RAF-Mitglied: "der genosse holger meins schrieb in einem seiner letzten briefe: "'menschen, die sich weigern den kampf zu beenden - sie gewinnen entweder oder sie sterben, anstatt zu verlieren und zu sterben'". Über die dargestellten Gruppierungen hinaus existiert in Deutschland ein Personenpotential, das unter dem Begriff "Antimperialistischer Widerstand" (AlW) zusammengefasst wird, der in Hamburg etwa 100 Menschen zählt. Darin sind auch Personen enthalten, die zwar immer wieder einschlägige Veranstaltungen (insbesondere zur Situation inhaftierter Terroristen) besuchen, sich aber nur noch selten aktiv in das politischextremistische Alltagsgeschäft in Hamburg einbringen. In diesem Spektrum gibt es unterschiedliche, sich ständig verändernde Strömungen und Gruppen, die sich untereinander nicht scharf abgrenzen lassen. Gewaltanwendung als Mittel politischer Auseinandersetzung wird von ihnen ak167 zeptiert. Die älteren unter ihnen waren in der Vergangenheit dem RAFUmfeld zuzuordnen und haben ihre Gegnerschaft gegenüber "dem System" beibehalten. Eine mittlerweile nur noch wenig bedeutsame Gruppe aus diesem Spektrum ist die Kurdistan Solidarität Hamburg (KS). Nach der Festsetzung des PKK-Chefs ÖCALAN und der von ihm angeordneten Waffenruhe seiner Partei sind nicht nur die PKK-Anhänger weitgehend verunsichert, auch die Solidaritätsarbeit für die PKK hat einen deutlich geringeren Stellenwert in der Szene. KS und "Rote Hilfe" waren maßgeblich an der Organisierung des "Internationalen Tages der politischen Gefangenen" am 18.03.01 mit Kundgebungen an der JVA Fuhlsbüttel und der JVA Glasmoor in Norderstedt beteiligt. An den Versammlungsorten wandten sich rd. 80 Personen mit Beiträgen über die allgemeinen Haftbedingungen an die Häftlinge. Ein Redebeitrag einer KS-Angehörigen über die Haftsituation von ÖCALAN und den Hungerstreik in den türkischen Gefängnissen richtete sich auch gegen die "Europäisierung" der Haftunterbringung (Einzelzellen). In der Öffentlichkeit fanden die Kundgebungen keine Beachtung. Zu den weiteren antiimperialistischen Strukturen in Hamburg zählt seit Jahren die Gruppe "Roter Aufbruch", in der erfahrene Antiimperialisten {"Antiimps") und Autonome zusammenkommen. Sie sind fest in eine regionale Praxis eingebunden, haben zahlreiche Kontakte zu anderen Personen und Gruppen und beanspruchen, auf einer fundierten theoretischen Grundlage zu handeln. Angehörige dieser Gruppe betonten in der Vergangenheit mehrfach, dass sie die Aufgabe des bewaffneten Kampfes der RAF für einen Fehler halten. Im August 2001 nahm die Polizei einige Gruppenangehörige fest, nachdem sie gegenüber den St. Pauli-Landungsbrücken einen großformatigen Schriftzug "G8-Kapitalismus tötet" angebracht hatten. VeiEWweiLe| ori an S na: EEE une | Neben dem Roten Aufbruch hat sich mit "Arachne" eine weitere Gruppe gegründet, die ebenfalls dem antiimperialistischen Spektrum zuzuordnen ist. Sie arbeitet zu den Themen Globalisierung und Neoliberalismus. Sie trat mit einem eigenen Positionspapier anlässlich der Hamburger Aktions168 tage gegen den EU-Gipfel in Göteborg im Juni an die Öffentlichkeit, in dem sie sich für "eine neue Praxis" gegen die "globale Durchsetzung des Kapitalismus" ausspricht. Eine Hamburger Gruppe "/otta dos" meldete sich in einem nach den Anschlägen in den USA am 11.09.01 entstandenen mehrseitigen Text "Stellungnahme zum Thema Krieg" in typisch antiimperialistischer Diktion zu Wort. Das World Trade Center stehe "für die globalisierte kapitalistische Wirtschaft, die allein auf die Vermehrung des eigenen Reichtums ausgerichtet" sei. Zynisch heißt es an anderer Stelle: "Wir stellen fest, dass sich mit ziemlicher Sicherheit im World Trade Center unter den Opfern auch Täter befanden: Menschen, die in Ausübung ihrer dortigen (beruflichen) Tätigkeit Konkurrenz, Armut und Elend verursachten. Dieses rechtfertigt diese Form des Angriffs in keiner Weise. Wir stellen auch fest, dass diese Täter unter den Opfern für ihre Taten zur Verantwortung zu ziehen sind. Dies ist mehr eine allgemeine Aussage, da es weltweit keine Strukturen, keine Gerichte gibt, die einen Menschen o- der einen Konzern wegen Ausbeutung oder Menschenverachtung anklagen würden. Zu der Aussage stehen wir dennoch." Für den Anschlag auf das WTC - so die Gruppe "/otta dos" - sei die Verwendung des Begriffes "Terrorismus" zutreffend. In alter, für frühere RAFUnterstützer typischer Diktion erklärte sie zu Aktionen der RAF in den Siebzigerjahren: "Der bewaffnete Kampf in der BRD wurde fälschlicherweise als terroristisch bezeichnet. Das wussten und wissen die Entscheidungsträgerlnnen und MedienmacherlInnen in der BRD. Der Begriff wurde dennoch angewendet, dies hatte im Wesentlichen zwei Gründe: Es sollte Angst in der Bevölkerung produziert werden, um eine Distanzierung von den mit den Aktionen verbundenen Inhalten und Zielen zu schaffen. Der Begriff wurde also benutzt, um der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen. Zum anderen waren zu der Zeit Guerilla-Kriege von der UN als kriegerische Auseinandersetzung anerkannt. Dies hatte große völkerrechtliche Bedeutung für die Guerilla-Bewegung. Um den bewaffneten Kampf in der BRD aus dieser Definition herauszunehmen, wurde der Begriff Terrorismus eingeführt." Im Internet verbreitete "/otta dos" im Oktober 2001 einen Text, in dem sie Zweifel daran anmeldete, dass die amerikanischen Angriffe auf Ziele in 169 Afghanistan Vergeltungsschläge seien. Vielmehr seien die Anschläge vom 11.09.01 willkommener Anlass für die Regierungen der USA und Europas, ihren "globalen Machtanspruch weltweit ... wieder einmal militärisch zu manifestieren". In aggressiver antiimperialistischer Form behauptete sie, dass schon seit Jahrzehnten ein globaler Wirtschaftskrieg geführt würde, in dem keine Opfer, sondern nur Börsenkurse und Konjunkturdaten zählten. Neben einem Aufmarsch militärischer Truppen habe ein Feldzug stattgefunden, der mit anderen Waffen geführt würde: "...gemeint sind politische Erpressung, auch mit wirtschaftlichen und finanziellen Mitteln". Länder wie Indien, Pakistan und Russland hätten sich selbst (durch die Teilnahme an einer Anti-Terror-Allianz) noch mehr "an die Kette der Vereinigten Staaten von Amerika gelegt". Die Gruppe forderte dazu auf, sich in außerparlamentarischen Bewegungen zu organisieren. Man benötige eine Kultur des Widerstands, "die unsere Sehnsüchte nach Solidarität und einem menschenwürdigen Leben praktisch werden lassen". 4. Autonome und anarchistische Gruppen 4.1 Aktuelle Entwicklung Das Phänomen der Autonomen trat erstmals zu Beginn der Achtzigerjahre auf. Sie gingen z.T. aus der "SpontiSzene" der /Oer hervor. Autonome sind Linksextremisten ohne geschlossene Ideologie. Viele eint der Hass auf Staat und Gesellschaftsform. Sie wollen durch Zerschlagung des "imperialistischen Repressionsstaates" und seiner Einrichtungen eine "ausbeutungsund herrschaftsfreie" Gesellschaft errichten, ohne über diese genauere Vorstellungen zu entwickeln. Aufgrund ihrer Organisationsfeindlichkeit arbeiten sie zumeist in eher kurzlebigen kleineren Gruppen zusammen. Die Bandbreite ihrer Betätigung reicht von Antifaschismus, Antirassismus (Asylund Abschiebeproblematik), militantem Widerstand gegen Atommüll170 transporte über militante Tierschutzaktionen und Häuserkampf bis hin zu autonomer "Stadtteilarbeit". Zielsetzungen und Praxis überschneiden oder verzahnen sich vielfach mit anarchistischen Ansätzen. Militanz ist für Autonome eine unverzichtbare Form politischer Auseinandersetzung. Autonome Agitation reicht vom Plakatieren über Brandund Sprengstoffanschläge bis hin zu körperverletzenden "Bestrafungsaktio- u nen . Die Szene ist nach wie vor in zahlreiche kleine, ständig wechselnde Gruppierungen zerfasert. \hre klassische Organisationsfeindlichkeit beeinträchtigt zumeist ein effektives Handeln. Durch sich ständig wiederholende Grundsatzdiskussionen kann sich die Szene nicht dynamisch nach vorn entwickeln. Hinderlich wirkt sich auch die relativ große Fluktuation in der Szene auf die Politikfähigkeit und Verfestigung von Strukturen aus. So zogen sich im Verlauf der letzten beiden Jahre ca. 25 % der Autonomen aus der Szene zurück, etwa die gleiche Anzahl von Personen rückte nach. Diese "Neuen" durchlaufen das gleiche Diskussionsmuster; auch das ist ein eher bremsendes Element in diesem Prozess. 4.2 Gruppen und Strukturen in Hamburg Nach wie vor konzentriert sich die autonome Szene - von einigen kleinen örtlichen Zusammenhängen abgesehen - auf das Hamburger Schanzenviertel. Hier ist die "Rote Flora" ihr zentraler Anlaufpunkt. Nach einem für die Nutzer der "Roten k flora bleibt Flora" Jahr turbulenten 2000 war 2001 für sie ebenunverträglich falls abwechselungs- | selbstverwaltet reich: Zwar Ausschreitungen blieben im Umfeld des alternaEu selbstbestimmt tiven Stadtteilzentrums aus - für E14 I Schlagzeilen sorgten h = aber der Verkauf des Gebäudes an den Privatinvestor Klausmartin KRETSCHMER sowie die vorangegangenen Verhandlungen über ein mögliches Mietverhältnis. Zum 171 Jahreswechsel 2000/2001 fand eine rege Diskussion darüber statt, ob man auf die Offerte der Stadt als damaliger Eigentümerin des Gebäudes eingehen sollte, einen Mietund Nutzungsvertrag zu vereinbaren. Nach intensiver Diskussion wurde eine Vertragslösung von einer großen Mehrheit der "Flora"-Nutzer abgelehnt. Die an einen Nutzungsvertrag geknüpften Forderungen empfand man als inakzeptabel, darüber hinaus konnte man sich mit dem Status eines reglementierten und somit schließlich "befriedeten" Autonomenprojekts nicht anfreunden. Weiteres Ergebnis dieser Diskussion war die Übereinkunft, auch nicht in taktische Scheinverhandlungen eintreten zu wollen, um den Status quo als besetztes bzw. geduldetes Stadtteilzentrum möglichst lange aufrecht erhalten zu können. Mit Blick auf die auch in der Öffentlichkeit geführte Kontroverse um die Zukunft der "Flora" wehrte sich das Spektrum auch gegen Versuche, zum Spielball im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf zu werden. Anlässlich einer vom damaligen CDU-Oppositionsführer veranstalteten Pressekonferenz im Januar vor der "Roten Flora" machten sich etwa einhundert Aktivisten daran, durch lautstarke Unmutsbekundungen, Drängeleien etc. zu stören. War der Prozess der Meinungsfindung für die ablehnende Haltung zum Mietvertrag schon verhältnismäßig langwierig, so dauerte es nochmals geraume Zeit, bis das Diskussionsergebnis einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Bei einer am 25.02.01 abgehaltenen Pressekonferenz - Auftakt für eine "Flora"-Aktionswoche - verkündete man vor den versammelten Pressevertretern, dass man auf das Vertragsangebot der Stadt nicht 1 eingehen werde. Die begleitenden Erklärungen, warum man aus autonomer Sicht das Angebot ausschlagen müsse, sorgten für breite Resonanz in den Medien. Die "Flora" stand wieder im Fokus des öffentlichen Interesses. Die nachfolgenden Aktivitäten der Aktionswoche veree] 172 stärkten das Medieninteresse: Zunächst suchte eine Abordnung von "Flora"-Aktivisten das Bezirksamt Hamburg-Altona auf, um mit karnevalistisch geprägten Aktionen auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen: Einen Tag später verschafften sich etwa 40 Floristen gewaltsam Zutritt zu den Räumen der Stadtentwicklungsgesellschaft (STEG) im Schanzenviertel. Mit den Aktionen wollte man nicht nur auf Belange der "Flora" hinweisen. Man wandte sich zudem gegen eine so empfundene zunehmende Privatisierung öffentlicher Räume sowie eine fortschreitende "Yuppisierung" des Schanzenviertels. Endund Höhepunkt der Aktionswoche war ein Demonstrationszug am 03.03.01 von der Hamburger Innenstadt ins Schanzenviertel. Die Szene konnte hier nochmals etwa 600 Personen mobilisieren, um den "Flora"-Standpunkt auf die Straße zu bringen. Dokumentiert wurden die Veranstaltungen der Aktionswoche auf einer kurz zuvor eingerichteten "Flora"-Homepage. Dort wurden die Ereignisse der Woche relativ zeitnah in Wort und Bild dargestellt, die Aktionswoche als Erfolg gewertet. Darüber hinaus fanden sich auf der Homepage verschiedene Textbeiträge zu den Themenkomplexen Historie der "Roten Flora", Vertragsverhandlungen etc. Das "Freie Sender Kombinat" (FSK) solidarisierte sich mit der "Flora", indem es einige Sendungen dort in einem eigens eingerichteten "Studio F" produzierte. In verschiedenen vom FSK gesendeten Beiträgen wurden die Forderungen der "Flora"-Nutzer thematisiert und unterstützt. LE Als wenig spä'ABZ2A2Z ter die Gerüchte ersten um einen Verkauf Zeichnen Sie jetzt die Aktie des "Flora"Gebäudes an u eine Privatperson publik wurden, warj dies . | ' N . der Beginn eiUnkraut vergeht nicht. j ner neuerlichen Te on Diskussion über die Zukunft des A Projekts. Man kam schnell überein, auch einem Verkauf nicht zuzustimmen. Bei internen Diskussionen und in entsprechenden Papieren wurde die Meinung vertreten, dass 173 ein möglicher Kaufinteressent mit dem Erwerb des Gebäudes rein kommerzielle Interessen verfolgen und über kurz oder lang in die Belange des sich als selbstbestimmt verstehenden Stadtteilzentrums eingreifen würde. Nachdem Klausmartin KRETSCHMER als künftiger "Flora"Eigentümer feststand, richtete sich diese missbilligende Haltung gegen ihn. Seinen Beteuerungen, dass eine Gebäudenutzung im Einvernehmen mit den "Floristen" erfolgen werde, schenkte man kein Vertrauen. Der aufkeimende Protest gegen die Veräußerung der "Flora" sollte eingebettet sein in einen weitergehenden Widerstand gegen eine vermutete Privatisierung des Öffentlichen Raumes im allgemeinen und speziell in den "Szenevierteln". Durch die Privatisierung befürchteten die "Flora"-Nutzer, die "Flora" selbst könne zum Bestandteil und Vorreiter eines Aufwertungsprozesses im Schanzenviertel werden. Wie bei anderen städtebaulichen Umstrukturierungsvorhaben in der Vergangenheit - wie z.B. der Umgestaltung des Wasserturms im Schanzenpark zum Hotel oder der Errichtung von Luxus-Wohnungen auf dem ehemaligen LAUE-Komplex - sah man die Gefahr von steigenden Mieten, zunehmendem Straßenverkehr, der Vertreibung von Kleingewerbe und nicht zuletzt eine "Säuberung" von sozial Randständigen wie Obdachlosen, Drogenabhängigen und vor allem Drogendealern. In einer Flugschrift mit dem Titel "/Im Würgegriff der herzlichen Umarmung - Erklärung der Roten Flora zu ihrer Unverträglichkeit" hieß es u.a.: "....stellen wir zusammenfassend fest, dass wir die bestehenden Strukturen und Grundsätze der Roten Flora im Rahmen eines Privatisierungskonzeptes nicht zur Diskussion stellen werden. Wir werden keine Privatisierung der Flora hinnehmen und es wird auch kein taktierendes Stillhalten gegenüber irgendwelchen vermeintlichen 'Retterlnnen' geben. Das Kalkül der Stadt, mit einem Verkauf der Roten Flora die Ära eines freundlichen Kulturtreffs mit ehemals wilder Vergangenheit einzuläuten, wird ihnen bei der nächsten Gelegenheit um die Ohren fliegen". Zumindest z.T. eingelöst wurde diese unterschwellige Drohung anlässlich einer Randaleaktion am 23.04.01 vor den ehemaligen Riverkasematten in unmittelbarer Nähe der Häuser der St. Pauli-Hafenstraße, an der auch Aktivisten der "Roten Flora" beteiligt waren. Klausmartin KRETSCHMER ist ebenfalls Eigentümer der Riverkasematten. Das hatte in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Unruhe bei den Bewohnern der St. Pauli-Hafenstraße geführt. Als dort eine Medienveranstaltung stattfinden sollte, beschwor dies den Zorn des autonomen Spektrums aus "Flora" und "Hafenstraße" 174 herauf. Ankommende Gäste wurden bedrängt und angepöbelt, zum Schutz eingesetzte Polizeibeamte angegriffen und mit Gegenständen beworfen. Im Rahmen der u.a. von "Flora" und "Hafenstraße" getragenen Kampagne gegen Privatisierung öffentlicher Räume wurde nachfolgend noch ein Aktionstag am Hafen organisiert. Die Kampagne fiel dann jedoch der für die autonome Szene typischen Kurzatmigkeit zum Opfer. Ein Aufflackern des Widerstandes gab es noch am 27.04.01, als Unbekannte in Hamburg-Rahlstedtt an Haus und Kfz eines CDUBürgerschaftsabgeordneten Sachbeschädigungen verübten. In einem Bekennerschreiben solidarisierten sich die Täter mit der "Flora" und agitierten gegen CDU-Politiker. In einem nachfolgenden Flugblatt distanzierte sich die "Flora" ausdrücklich nicht von der Tat und wünschte den Tätern vom "Autonomen Widerstand", sich nicht erwischen zu lassen. Letztlich konnte all das den Verkauf des "Flora"-Gebäudes an Klausmartin KRETSCHMER nicht verhindern: Man musste der Veräußerung im April tatenlos zusehen. Wie diese Kampagne fiel auch eine zunächst aufkommende Neuauflage einer "Flora"-Strukturdebatte dem "Sommerloch" zum Opfer. Im September war es wiederum ein externes Ereignis, das zu einer Belebung der Szene führte: Das Ergebnis der Bürgerschaftswahl - "Bürgerblock" als künftige Regierung - belebte Befürchtungen um die weitere E- xistenz der "Flora". Aus diesem Anlass gab es offene Vollversammlungen, um sich gegen die als Gefahr eingeschätzte Situation zu wappnen. Insgeheim gestand man sich ein, dass der Verkauf im Nachhinein ein Glücksfall gewesen sei, da dem neuen Senat eine Räumung nun schwerer fallen dürfte. Man sah aber nicht nur die Existenz der "Roten Flora" in Gefahr, sondern befürchtete auch verstärkte Repressionen gegen die gesamte autonome und sonstige linksextremistische Szene und suchte einen entsprechenden Schulterschluss. Darüber hinaus wollte man sich gegen den befürchteten Abbau von sozialen und politischen Rechten zur Wehr setzen. Im Zusammenwirken mit Gruppen u.a. aus dem Szeneobjekt Brigittenstraße 5 (B 5) war das Spektrum an der Organisation einer Demonstration am 31.10.01 durch die Hamburger Innenstadt beteiligt. Daran nahmen etwa 1.700 Personen, davon viele Linksextremisten, teil. Diese Bündnisgruppen setzten ihre Agitation gegen die "Bürgerblock-Regierung"" mit einer Demonstration am 22.12.01 fort. Dominantes Thema dieser Demonstration wurde der durch einen "Brechmitteleinsatz" verursachte Tod eines Drogendealers in Hamburg. Trotz einer aggressiven Grundstimmung und der 175 Teilnahme eines großen autonomen Blocks verlief die Demonstration friedlich. Schließlich war die "Flora" auch im zurückliegenden Jahr für die autonome Szene Veranstaltungsort für Konzerte, Solidaritätsveranstaltungen, Mobilisierungsund Vorbereitungstreffen. Thematisch wurden dabei u.a. die Komplexe Anti-Globalisierung (Proteste in Göteborg und Genua), Widerstand gegen Castor-Transporte, Hungerstreik in türkischen Gefängnissen, Widerstand gegen Militäreinsätze in Afghanistan etc. behandelt. Die nach wie vor im monatlichen Rhythmus erscheinende "Flora"-Postille "ZECK - Das Info aus der Roten Flora" konnte im Juli 2001 ihre 100. Ausgabe feiern. Wie gewohnt fanden sich in dem Blatt interne "Flora"Diskussionen wie übergreifende, die ganze autonome Szene betreffende Themen. So enthielt die "ZECK"" neben einer Kommentierung der Terroranschläge vom 11. September in den USA wiederum verschiedene "Dokumentationen" von Bekennerschreiben zu Anschlägen und Sachbeschädigungen. Darunter waren beispielsweise Selbstbezichtigungen zu Brandanschlägen gegen Fahrzeuge der Deutschen Bahn AG und der Hamburgischen Electricitäts-werke (HEW) im März aus Protest gegen anstehende Castor-Transporte sowie zu Anschlägen der "Autonomen Zelle 'in Gedenken an Ulrike Meinhof". Ergänzt wurden die Veröffentlichungen durch eine in der August-Ausgabe abgedruckte "Bastelanleitung" für den Zünder eines Brandsatzes. direkt ruft die Redaktion in einer Anmerkung zur Verwendung der Bauanleitung auf. Dass die "ZECK" nicht nur von Hamburger Autonomen gelesen wird, machte die Berliner Autonomenpostille "/nterim" vom 05.04.01, Nr. 523, deutlich, in der sie positiv erwähnt wurde. Neben Kleinstgruppen aus dem Antifaund Anti-AKW-Bereich hat in der "Flora" u.a. auch die Gruppe "/NKAK" ("Institut für angewandte Kapitalismuskritik") ihren Sitz, die sich vornehmlich mit der Antiglobalisierungskampagne (2 4.3.4) beschäftigt. Das Treffobjekt "B 5" in der Brigittenstraße ist neben der "Roten Flora" ein wichtiges Kommunikationszentrtum der linksextremistischen Szene in Hamburg. Hier treffen sich neben Autonomen auch eher antiimperialistisch ausgerichtete Personenkreise, u.a. die "Kurdistan Solidarität Hamburg" (2 3.). 176 In der "B 5" hat auch die linksextremistische /nternet-Plattform "Nadir Info System" ihren Sitz, die auch ein monatliches Cafe veranstaltet und ein öffentliches Terminal mit Internetzugang zur Verfügung stellt. Das Nadir Infosystem geht auf die Infogruppe Hamburg zurück, die sich bereits 1994 gegründet hatte. Einer Selbstdarstellung zufolge versteht sich Nadir als eine Art virtueller Infoladen mit verschiedenen Funktionen. Nadir bietet der linksextremistischen Klientel eine Internetplattform mit Newsgroups, Mailinglisten, e-mail-Funktion und ein Informationssystem. Es enthält ein umfangreiches Archiv und bietet u.a. aktuelle Informationen zu tagespolitischen Ereignissen, für die sich das Nutzerspektrum interessiert. Nach Eigenangaben werden bei Nadir täglich 1.500 Seiten abgefragt, was seine Akzeptanz innerhalb der Szene dokumentiert. Nadir zählt für das linksextremistische Spektrum auch auf Bundesebene zu einem der wichtigsten Internetprojekte. Lt. Selbstdarstellung will Nadir "an der Erarbeitung neuer Grundlagen der Linken durch die Bereitstellung eines Ortes zur Kommunikation und Information mitarbeiten. Wir wollen einen Beitrag zur Entwicklung einer emanzipativen Perspektive leisten, die international und internationalistisch allen Widerständen und Kämpfen eine gemeinsame Richtung gibt, um die herrschenden Verhältnisse grundlegend zu verändern...". Nadir war auch an der Gründung von Indymedia Deutschland Anfang des Jahres beteiligt. Indymedia Deutschland versteht sich als ein "multimediales Netzwerk unabhängiger und alternativer Medien, MedienmacherInnen, engagierter Einzelpersonen und Gruppen". Indymedia fühlt sich der sogenannten eher anarchistisch beeinflussten "Grassrootbewegung" zugehörig und bezieht sich auf den Widerstand der so genannten "Zapatisten" in Mexiko im zurückliegenden Jahrzehnt. Indymedia Deutschland ist ein regionaler Ableger des 1999 gegründeten "imc" ("independent media center"). "imc" war anlässlich der gewalttätigen Proteste von Seattle gegen eine WTO-Tagung gegründet worden. Indymedia will nicht nur als Alternative und unabhängig von den "bürgerlichen" Medien über bestimmte Ereignisse und die damit verbundenen Protestaktionen berichten. Es versteht sich als Bestandteil der jeweiligen Widerstandskampagne. Ursprünglich mit dem Schwerpunkt "Antiglobalisierung" befasst, hatte sich Indymedia Deutschland im Jahre 2001 u.a. auch den beiden CastorTransporten nach Gorleben, einem antirassistischen Grenzcamp bei Frankfurt und Protestaktionen gegen ein G8-Treffen in Genua gewidmet. Auf177 grund der relativ offenen Struktur von Indymedia wird das Medium nicht ausschließlich von Linksextremisten genutzt. Das Hamburger anarchistische Spektrum trifft sich in den anarchistischen Zentren "Libertäres Zentrum" (LIZ) und "Libertäres Kulturund Aktionszentrum" (LKA). Die Anarchisten beteiligten sich zwar an einigen Aktionen der übrigen linksextremistischen Szene, nennenswerte eigene Aktivitäten blieben im Berichtsjahr allerdings aus. Die "Rote Hilfe e.V." (RH) geht auf eine gleichnamige Organisation der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) in der Weimarer Republik zurück. Die RH agiert heute selbständig für die gesamte linksextremistische Szene. Durch Spenden und Mitgliedsbeiträge beschafft die RH Geld, um Gesinnungsgenossen in "politischen" Prozessen Hilfe für Prozessund Anwaltskosten zu leisten. Darüber hinaus organisiert die RH Informationsveranstaltungen und Demonstrationen zu einschlägigen Themen. Auch in Hamburg veranstaltete die "Rote Hilfe" Informationsabende, die in der Regel in der "B 5" stattfanden. So beschäftigte man sich u.a. mit dem Berliner Prozess gegen mutmaßliche Terroristen aus den "Revolutionären Zellen", mit den Festnahmen gewalttätiger Demonstranten in Genua/ltalien und mit der zunehmenden "staatlichen Repression" in Deutschland nach den Anschlägen in den USA im September 2001. 4.3 Aktionsfelder 4.3.1 Ausländerund Asylpolitik / "Antirassismus" Antirassismus ist ein klassisches Themenfeld linksextremistischer Organisationen. Diese werfen dem Staat vor, durch Abschiebungen eine rassistische Politik zu betreiben und letztlich auch für den Tod von Flüchtlingen verantwortlich zu sein, die in "Folterstaaten" abgeschoben worden waren. Gegen die Einbindung der LUFTHANSA in die staatliche Abschiebepraxis richtete sich eine im März 2001 begonnene bundesweite Kampagne der - von Angehörigen der autonomen/antiimperialistischen Szene getragenen - Initiative "LIBERTAD!" und einem auch aus nichtextremistischen Gruppen und Organisationen gebildeten Netzwerk "Kein Mensch ist illegal". Das Ziel dieser Kampagne war die /nternetblockade der LUFTHANSA-Homepage durch 178 einen virtuellen Angriff während der Aktionärshauptversammlung am 20.06.01 ("Internet-Demo gegen das Abschiebegeschäft"). Obwohl das Ziel der OnlineDemonstration nicht erreicht wurde, bewerteten die Initiatoren das starke Medieninteresse an der Aktion als Erfolg. Sorge bereitet ihnen die noch andauernde rechtliche Prüfung, ob sie der LUFTHANSA gegenüber schadenersatzpflichtig geworden sind. Im August 2001 fand in der Nähe des Frankfurter Flughafens das von rund 1.000 E # bis 1.500 Personen besuchwir mach en mit te Ps Antirassistische Grenzcamp" statt. Die Teilnehmer forderten die Auflösung des "/nternierungslagers" am Flughafen und ein Bleiberecht für alle Migranten in Deutschland. Im Rahmen einer Demonstration zu diesem Thema drangen etwa 10 Personen in die Räume des italienischen Fremdenverkehrsbüros ein. Sie forderten die sofortige Freilassung von Demonstranten, die im Verlaufe von Protesten gegen den G3-Gipfel in Genua festgenommen worden waren. An der Vorbereitung und Durchführung des Grenzcamps waren auch Hamburger Linksextremisten beteiligt. In Hamburg fanden im Jahr 2001 mehrere Protestaktionen vor der Ausländerbehörde statt, die sich gegen die Anhörung von Asylbewerbern durch Diplomaten afrikanischer Botschaften richteten. Ziel dieser Anhörungen war die Überprüfung der häufig falschen oder fehlenden Herkunftsangaben von Asylbewerbern. Eine Gruppe "Frauen des Projektes Frauen-Flucht-Illegalisierung" prangerte im März 2001 in einem Papier "Behörden POSTER Hamburg" Dienststellen und Einrichtungen an, die für den "verwalteten Rassismus" in Hamburg stehen, u.a.: 179 "= Flughafen, "= Hafen, = Polizei, "= Justizbehörde, = Justizvollzugsanstalt Glasmoor, "= Ausländerbehörde, "= Behörde für Inneres. Die Verfasserinnen bemängelten die Überprüfung externer ärztlicher Atteste, bei denen die Behörde Gefälligkeitsbescheinigungen zur Verhinderung von Abschiebungen unterstelle. Die Einstellung und Beschäftigung von Ärzten in der Ausländerbehörde zur Überprüfung dieser Gutachten bzw. die Abschiebebegleitung durch Ärzte bei "attestierter Suizidgefährdung" wurde scharf kritisiert. Am 02.04.01 legten unbekannte Täter an der Rückseite der Ausländerbehörde eine täuschend echte Nachahmung eines Sprengsatzes ab. Vermutlich sollte mit dieser Tat die Öffentlichkeit von der Tragweite und Bedeutung einer am nächsten Tag beginnenden "Botschaftsanhörung" hingewiesen werden. Eine Tatbekennung gab es nicht; begleitende Demonstrationen und Kundgebungen vor der Ausländerbehörde sollten diese ersetzen. Im Juli 2001 zogen Demonstranten vor die Behörde für Inneres, um auf einen Hungerstreik einiger Abschiebehäftlinge in der JVA Glasmoor aufmerksam zu machen. Einen Buttersäureanschlag auf die Wohnung des seinerzeitigen Hamburger Innensenators Olaf SCHOLZ am 27.08.01 begründeten die unbekannten Täter mit dessen "Law and Order"-Politik. Die Rückführung von Flüchtlingen, die gegen die Residenzpflicht verstießen, die Einführung einer Sicherheitswache am Hamburger Hauptbahnhof und der Einsatz von Brechmitteln gegen Drogendealer eröffne eine neues Kapitel in der Verfolgung und Bestrafung von Flüchtlingen. Die Selbstbezichtigung endete mit den Parolen: "Keine Brechmittelfolter, Weg mit der Residenzpflicht, No Border - No Nation - No Deportation". Ein im autonomen Kommunikationszentrum "B 5" angesiedelter "Aktionskreis gegen die Residenzpflicht" organisierte am 10.11.01 eine Demonstration in der Hamburger Innenstadt. Das Thema lautete "Asylrecht ist 180 Menschenrecht und kein Privileg". Etwa 350 Personen - unter ihnen Türken und Sinti und Roma - protestierten gegen die Änderungen des Asylund Ausländerrechts durch die "Sicherheitspakete T und 2" der Bundesregierung. Das Thema Antirassismus wird von der linksextremistischen Szene zunehmend mit anderen Themenfeldern verquickt. Verschiedene Szenepotentiale, deren Aktivitäten sich eher auf andere Felder konzentrierten, nehmen den Antirassismus immer intensiver in den Blick. Das gilt auch für Autonome aus dem Anti-AKW-Spektrum. 4.3.2 Antifaschismus Vordergründig richtet sich der von Linksextremisten propagierte "antifaschistische Kampf" gegen tatsächliche o- der vermeintliche Rechtsextremisten. Weitergehende Absichten zielen auf die freiheitliche demokratische Grundordra nung der Bundesrepublik. Für viele Linksextremisten ist Deutschland ein "faschistischer", wenigstens "faschistoider" Staat mit einer anhaltenden Verwurzelung im nationalsozialistischen System. Er toleriere/begünstige rechtsextremistische Personen, Organisationen und Betätigungen. Der Staat begegne diesen nur halbherzig, weil er sie in Wahrheit zur eigenen "kapitalistischen/imperialistischen" Herrschaftssicherung benötige und entsprechend funktionalisiere. Die auch im Jahr 2001 in der Gesellschaft zunehmend problematisierte Entwicklung des Rechtsextremismus, Verbote rechtsextremistischer Organisationen und die auf die NPD zielenden Verbotsanträge wurden in diesem Lichte bewertet. Die öffentliche Diskussion sei unehrlich und aufgesetzt. Letztlich ginge es nur um das deutsche An181 sehen in der Welt, insoweit sei die staatlicherseits geführte Diskussion nur ein "Standortantifaschismus". Viele "Antifas"" sehen sich als "Speerspitze" und vermeintlich einzige wahrhaftige Bastion gegen rechtsextremistische Zusammenhänge und deren "Profiteure" - insbesondere angesichts einer angeblich breiten gesellschaftlichen Übereinstimmung mit Rechtsextremisten. Autonome Antifaschisten glauben die nach ihrer Auffassung fehlende staatliche Entschlossenheit durch eigenes Handeln ersetzen zu müssen. Sie versuchen, tatsächliche oder behauptete "rechte" Strukturen auszuforschen und aufzudecken, "Faschisten angreifbar" zu machen und direkt gegen sie vorzugehen. Aktionen gegen "Faschos" sollen generell deren öffentliche Auftritte verhindern, zumindest empfindlich behindern. Gewaltanwendung bedarf dabei keiner besonderen Begründung - der Zweck heiligt das Mittel, so der "Antifa"-Standpunkt. Militantes Vorgehen gegen rechtsextremistische Organisationen oder Einzelpersonen - zuweilen bis hin zu Brandanschlägen - gilt autonomen "Antifaschisten" als "legitimes" und notwendiges Mittel der politischen Auseinandersetzung. Teile der autonomen "antifaschistischen" Szene reagieren frustriert, weil das Thema "Rechtsextremismus" in den vergangenen Jahren zunehmend durch die breite Öffentlichkeit thematisiert wurde und dies als Verlust der Meinungshoheit empfunden wird. Andere "Antifas" sehen in dieser Entwicklung eine Chance zur Stärkung der "Antifa"-Bewegung bzw. zum Aufbau einer revolutionären "Antifa"-Bewegung. Allen Teilspektren gemeinsam ist die Grundhaltung, der aktuelle "Staatsantifaschismus" sei nur vorgeschoben; er diene vor allem der Sicherung von Standortvorteilen bzw. dem Ansehen Deutschlands in der Welt. Die antifaschistische Szene war bis zum Berichtsjahr in zwei miteinander konkurrierende überregionale Bündnissysteme gesplittet, die "Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO} und das "Bundesweite Antifa-Treffen" (BAT). Die Organisationsansätze beider Systeme unterschieden sich maßgeblich, was eine Annäherung oder gar effektive Zusammenarbeit beider Vernetzungsansätze - trotz mancher Anläufe - bis zuletzt nicht zustande kommen ließ. Hauptunterscheidungsmerkmal zur aufgelösten AA/BO war bislang der hierarchiefreie Aufbau des BAT. Die AA/BO sah sich als "Zusammenschluss von parteiunabhängigen Antifa-Gruppen" und umfasste "Antifa"-Gruppen aus der ganzen Bundesrepublik. Auch Hamburg war lange Zeit durch die im Jahr 2000 aufgelöste 132 "Antifaschistische Gruppe Hamburg" (AGH) in der AA/BO vertreten. Im April 2001 gab die AA/BO ihre Auflösung bekannt. Zeitgleich fand in Göttingen der "Antifa-Kongress 2001" statt. Er sollte an den "Verstärkerkongress gegen die postbananischen Zustände" vom Oktober 1999 in Leipzig anknüpfen. Ziel des 99er "Verstärkerkongresses" war eine Debatte über verschiedene Analyseund Politikansätze innerhalb der antifaschistischen Bewegung gewesen. Der "Antifa-Kongress 2007" sollte erneut eine Möglichkeit einer "Bestandsaufnahme der radikalen Linken sowie eine Neuorientierung der eigenen Politik" bieten. An den Veranstaltungen des Kongresses beteiligten sich nach Szeneangaben ca. 600 Personen aus dem ganzen Bundesgebiet. Auch Teilnehmer aus Hamburg waren vertreten. Das Ziel der Neustrukturierung der autonomen Szene bzw. das Herstellen eines Fundamentes für eine effektivere Nachfolgestruktur der AA/BO wurde konkret nicht erreicht. Die Diskussion hierüber wurde jedoch zumindest angestoßen. Beschlossen und auch umgesetzt wurde die Herausgabe einer neuen bundesweiten Publikation "Phase 2 - zeitschrift gegen die realität" als Diskussionsforum, um "den Umstrukturierungsund für später erhofften Neuorganisierungsprozess durch eine Zeitung zu begleiten". Die Redakteure bezeichnen sich selbst als "Linksradikale aus verschiedenen Städten und Gruppen". Der Schwerpunkt der Zeitschrift liegt im Bereich "Antifa", schließt jedoch auch antirassistische Themenstellungen und das Thema Globalisierung mit ein. Damit wurde einem weiteren Schwerpunkt des Kongresses Rechnung getragen, der Diskussion über die Vermischung der spezialisierten "Antifa"und "Antira"-Szenen. Ein Artikel der "phase zwei, Bonn" in der ersten Ausgabe der "Phase 2" im Sommer 2001 lässt die Entwicklung der AA/BO noch einmal Revue passieren und stellt gleichzeitig die Vorbedingungen für eine der heutigen Zeit angepassten Struktur heraus: "(...} Es war richtig, den Antifa-Ansatz der frühen 90er aufzugreifen und ihm mit der Gründung der AA/BO einen organisierten Rahmen zu geben. Nur so konnten die notwendigen Mobilisierungen dieser Zeit zustande gebracht werden. Nur so konnten viele, die aus Empörung gegen die Nazis "einfach was tun wollten eingebunden werden. Heute geht es darum zu verdeutlichen, dass der Faschismus nicht das einzige Übel dieser Welt ist. So notwendig es auch ist in Teilbereichen spezialisiert zu arbeiten - und Antifa ist ja nur ein Teilbereich - um perspektivisch inhaltlich/analytisch 183 weiterzukommen muss jetzt der Blick auf und für das Ganze geschärft werden. Dem Vorwurf, dass die Linke oft, sehr oft Durchsetzungsgeschichte geschrieben hat, darf sich auch und gerade die Antifa nicht verschließen. Die Flexibilität und Integrationskraft des Kapitalismus dürfte noch nicht erschöpft sein. Doch der beste Schutz dagegen ist die Radikalität. Nicht nur in der Form, der Militanz, sondern vor allem im Inhalt. Es wäre falsch, wenn ein linksradikaler Ansatz, aus Sorge, es könnten, wie auch immer definierte Massen, abgeschreckt werden, seine eigentlichen Ziele verschweigt. Ziel ist die Überwindung des Kapitalismus und die Errichtung einer herrschaftsfreien, ausbeutungsfreien und klassenlosen Gesellschaft, mit einem Wort - Kommunismus. Das Mittel ist die soziale Revolution. (...)* (Hervorh. n. i. O.; Quelle: "Phase 2", Ausgabe Sommer 2001). Der zweite bundesweite Vernetzungsansatz, das BAT, besteht noch in seiner alten Form. Eine Diskussion über eine Strukturmodifikation findet auch hier statt. Inhaltlich wird in mehreren fest eingerichteten Gruppen gearbeitet. Auch autonome Antifaschisten aus Hamburg wirken im BAT mit. Neben den bundesweiten gibt es auch regionale Vernetzungsbestrebungen in Hamburg. Eine regionale Vernetzungsinitiative nennt sich "AntifaVernetzungstreffen" - eine Art Info-Börse der Hamburger "Antifa"Gruppen. Dem "Antifa-Cafe" kann eine ähnliche Funktion zugeschrieben werden; es findet wöchentlich im Kommunikationszentrum "B 5" statt. Zu den in Hamburg aktiven Antifa-Gruppen zählen beispielsweise die "Hamburger Autonome Antifagruppe", die "AG Sputnik", das "Antifa - Kollektiv" oder die "Antifa AG". In den Stadtteilen Bergedorf und Harburg existieren Antifa-Gruppen, die sich grundsätzlich nur in ihrem Einzugsgebiet engagieren. In Bergedorf ist dies die "Junge Antifa Bergedorf" und in Harburg die "Antifaschistische Aktion Harburg". Bei der letztgenannten 184 bestehen personelle Überschneidungen mit der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjiugend" (SDAJ, 2 5.1). Ihr Einfluss wird z.B. durch ein Aufrufflugblatt der "Antifaschistischen Aktion Harburg" zu einer "Antifaschistischen Demonstration" am 19.05.01 in Harburg deutlich. Unter der Überschrift "In Harburg und anderswo: Den antifaschistischen Widerstand organisieren!" und mit dem Emblem der autonom ausgerichteten "Antifaschistischen Aktion" versehen, werden im Text eher orthodoxe Töne angeschlagen: "Antifaschistisch aktiv werden! Um den Faschisten entschlossen und konsequent entgegenzutreten muss auch der Kapitalismus bekämpft werden, der sie durch seine antirassistische Hetze hervorbringt (...). Der Rassismus sei ein "willkommenes Werkzeug der herrschenden Kapitalistenklasse zur Spaltung der Werktätigen". Der Text endet mit dem Ausruf "Mit internationaler Solidarität gegen Faschismus und Kapital!". Wie bereits in den vergangenen Jahren gab es zumindest in der ersten Hälfte des Jahres demonstrative Aktionen der rechtsextremistischen Szene, die demonstrative Gegenaktionen der linksextremistischen Szene nach sich zogen: Ein seit Jahren bekanntes Phänomen der reflexartigen Reaktion, auf das sich der "antifaschistische" Aktionismus in Hamburg mittlerweile beschränkt. Am 28.01.01 protestierten bis zu 400 Personen gegen einen von Christian WORCH angemeldeten rechtsextremistisch motivierten Aufmarsch durch Bramfeld. Dabei versuchten u.a. Angehörige der autonomen Szene eine Kreuzung zu besetzen; sie musste durch die Polizei geräumt werden. Auch den Versuch, Absperrungen zu überwinden, konnte die Polizei parieren. Zuvor war es bereits zu Handgreiflichkeiten zwischen Mitgliedern beider Spektren gekommen. Beim Verlassen des Demonstrationsortes wurden Angehörige der rechtsextremistischen Szene und deren Fahrzeuge von Autonomen mit Steinen und Flaschen beworfen. Im Vorfeld der demonstrativen Gegenaktionen hatten "Autonome und antifaschistische Gruppen aus Hamburg" dazu aufgerufen, den "Naziaufmarsch" mit Hilfe von "verkehrstechnischen Interventionen" zu verhindern. "Unabhängige AntifaschistInnen" hatten mit Hilfe eines weiteren Flugblattes dazu aufgefordert, zur "antifaschistischen und antirassistischen Selbsthilfe" zu greifen. Gegen einen erneuten Aufmarsch der rechtsextremistischen Szene am 17.02.01 in der Hamburger Innenstadt wandte sich eine Spontandemonstration, die in ihrer Hochphase bis zu 700 Personen umfasste. Das "Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" hatte per Flugblatt alle "Anti185 faschistinnen" dazu aufgerufen, "sich diesem Nazi-Aufmarsch lautstark und entschlossen entgegenzustellen." Dieser Aufforderung kamen Teile der Spontandemonstration auch nach, nachdem über Megaphon zum Durchbrechen der Polizeiabsperrungen aufgefordert worden war. Die Polizei musste dies durch Schlagstockeinsatz unterbinden. Während der gesamten Demonstration versuchten Angehörige des linksextremistischen Spektrums in Kleingruppen zur Demonstrationsroute der Rechtsextremisten zu gelangen, was die Polizei verhindern konnte. Neben rechtsextremistisch motivierten Aufmärschen zogen auch /nfostände der rechtsextremistischen Szene wieder Interesse und Unmut autonomer "Antifaschisten" auf sich. Im August wählten Rechtsextremisten erneut den Stadtteil Altona für einen Infostand. Dies hatte im Vorjahr bereits zu militanten Protesten von Angehörigen des autonomen Umfeldes geführt. Als die DVU-Angehörigen ihren Infostand aus Anlass der Bürgerschaftswahl aufbauen wollten, wurden sie von ca. 70 Personen angegriffen. Diese nahmen offensichtlich billigend in Kauf, DVU-Mitglieder zu verletzen: Sie wurden mit Tomaten, Eiern und auch Flaschen beworfen. P = a Standen in der ersten Kein Bockauf "Bürgerblock"! Hälfte des Jahres Uns wird nichts geschenkt, packen wir's an! konkrete Aktionen Keine Umbenennung von Hamburg in München! Yon Rechtsextremisten im Fokus des "antifaschistischen" Demonstration Interesses, so konzentrierte sich die anläßlich der Senatsvereidigung! Szene hauptsächlich . auf WahlkampfveranMittwoch, 3 I a Oktober 0 | staltungen und StellTreffpunkt: 16.30 Uhr Johannes-Brahmsschilder der DVU und Platz, ab 18 UhrAbschlusskundgebung ee een auf dem Rathausmarkt mit DJs und mehr! ve" Nach der Wahl, bei der die regierende Koalition durch den sog. "Bürgerblock" abgelöst wurde, führten angekündigte und gemutmaßte Änderungen der politischen Linie des neuen Senats zu demonstrativen Protestaktionen unter Beteiligung autonomer "Antifaschisten". Am 31.10.01, dem Tag der Senatsvereidigung, demonstrierten ca. 2.300 Personen unter starker Beteiligung von Linksextremisten gegen die neue Landesregierung. 186 Mit der Parole "Mit Sicherheit - Böse werden! Widerstand: Mit Sicherheit!" hatte die Szene zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen und den Termin für das Mobilisierungstreffen in der "Roten Flora" verbreitet. Obwohl man sich im Vorfeld ausdrücklich für einen friedlichen Verlauf der Demonstration ausgesprochen hatte, kam es dabei zu gezielten Würfen von Knallkörpern und Eiern auf Polizeikräfte. ri M EI I T ter Teen kn "dernNzIsam kringskiotz:werhingderns | rec u oca nsEERFETTTTTTTN 549.11.2001 gänsemarkt Am 18.11.01 rief eine Kranzniederlegung am "76er Ehrenmal" durch das rechtsextremistische Spektrum am Volkstrauertag die autonomen "Antifaschisten" auf den Plan. Ein Flugblatt mit dem Emblem der "Antifaschistischen Aktion" sollte mit dem Aufruf "keine träne den tätern! stören! lärmen! nerven! angreifen! verachten! auslachen! anspucken! bewerfen! verjagen! "heldengedenken" der nazis am kriegsklotz verhindern!" dazu motivieren, die Kranzniederlegung zu verhindern. Eine Spontandemonstration von ca. 230 Personen verlief aufgrund der Polizeipräsenz friedlich. 4.3.3 Linksextremistische Einflussnahme auf die Anti-AKW-Bewegung Der linksextremistisch motivierte Widerstand gegen die Nutzung der Atomkraft geht über die bloße Forderung nach Abschaltung aller Atomanlagen hinaus. Agitiert wird ebenso gegen das "herrschende System", das nach Lesart des Spektrums die menschenverachtende Technologie erst ermöglicht. Insbesondere militante Anti-AKWGruppierungen weisen in ihren Bekennerschreiben regelmäßig darauf hin. Nachdem seit Mitte der Neunzigerjahre keine so genannten CastorTransporte ins Atommüll-Zwischenlager Gorleben mehr stattgefunden hatten, waren es im Jahre 2001 gleich zwei. Diese bewirkten eine deutliche Belebung der Szene. Die vorangegangenen Transporte von 1995 bis 1997 187 waren von einem jeweils zunehmenden Widerstandsszenario begleitet und wurden dadurch zu einem Symbol im Kampf gegen die Atomkraft. Das Ausbleiben weiterer Transporte nahm dem Widerstand eines seiner wichtigsten Interventionsfelder. Dem sich für März 2001 erstmalig wieder ankündigenden Castor-Transport nach Gorleben kam somit eine erhöhte symbolische Funktion zu, dies nicht nur wegen der jahrelangen Transportpause, sondern auch, weil dies der erste Castor-Transport unter einer rot/grünen Bundesregierung war. Außerdem stand dieser Transport im Zeichen des von Bundesregierung und Kraftwerksbetreibern ausgehandelten Atomkonsenses, der nicht nur von extremistischen AKW-Gegnern abgelehnt und als "Atomnonsens" tituliert wird. Schließlich maß man dem anstehenden Transport auch eine Schlüsselfunktion zu für weitere Nukleartransporte von den Kraftwerksstandorten zu den Wiederaufbereitungsanlagen in La Hague und Sellafield. Bis dahin verfolgte man eine "Verstopfungsstrategie" gegen die Kernkraftwerke, damit diese ihren Atommüll u.a. wegen des Ausbleibens von Castor-Transporten in die deutschen Zwischenlager nicht mehr auf den Weg zur Wiederaufbereitung bringen können. Vor diesem Hintergrund ging man nahezu euphorisch an die Vorbereitung von entsprechenden Protestaktionen. So zeichnete sich im Vorfeld ein ähnliches Widerstandsszenario ab wie bei den Transporten Mitte der Neunzigerjahre. In einschlägigen Publikationen wie der "/nterim" und in diversen Flugschriften agitierten Autonome gegen den anstehenden Transport. So tat sich eine "Stiftung Unruhe" mit mehreren - z.T. ausführlichen - Publikationen hervor, in denen sie zur Teilnahme an Widerstandsaktionen aufrief: "Wenn alle in Bewegung sind entsteht Reibungsenergie, die es möglich macht, das ganze Schienennetz der herrschenden Verhältnisse anzugreifen". Das Spektrum beschränkte sich jedoch 188 nicht nur auf Worte: Autonome Castor-Gegner setzten sog. Hakenkrallen ein, um die Deutsche Bahn AG zu schädigen, die man als Mit-Profiteur der Transporte ausgemacht hatte. Die durch Hakenkrallen bewirkten Sachbeschädigungen waren jedoch nur eine Variante des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr durch militante Castor-Gegner. Im Vorfeld des Transports waren die Lockerung und komplette Demontage von Schienensträngen sowie das Anhäufen und Inbrandsetzen von Barrikaden auf dem Gleiskörper probate Mittel. So wurden am 18.2.01 im Streckenabschnitt zwischen Lüneburg und Dannenberg zwei jeweils zweieinhalb Meter lange Schienenstücke aus der Gleisanlage herausgetrennt und - zu einem X stilisiert - als Symbol des Widerstandes auf das Gleisbett gelegt. Ein Großteil der Anschläge und Sachbeschädigungen hatte jedoch keinen unmittelbaren örtlichen Bezug zum Wendland. Am 27.02.01 verübten Unbekannte in Berlin Brandanschläge auf zwei Fahrzeuge der Deutschen Bahn AG. In einem Bekennerschreiben bezichtigten sich "Autonome Gruppen" der Tat und begründeten sie mit der geplanten Wiederaufnahme der Castor-Transporte. Als weitergehendes Ziel wurde die Forderung "Für die sofortige Stillegung der herrschenden Klasse!" ausgegeben. Am 28.2.01 verübten Unbekannte mehrere Brandlegungen und Sachbeschädigungen gegen Einrichtungen der Bahn in Hessen. An einigen Tatorten wurde das Symbol des Widerstands - ein "X" - hinterlassen, was auf eine Urheberschaft militanter Castor-Gegner hinweist. Am 04.03.01 wurde die bei autonomen Anti-AKW-Aktivisten als Erbauer verschiedener Atomanlagen verhasste Firma SIEMENS Ziel eines Brandanschlages. \Vieder in Berlin ging ein SIEMENS-Fahrzeug in Flammen auf, wozu sich eine "Autonome Miliz" bekannte. In der Nacht zum 09.03.01 waren es erneut "Autonome Gruppen", die sich selbst zweier Hakenkrallenanschläge in Brandenburg und eines weiteren bei Hannover bezichtigten. In allen drei Fällen fuhren Triebwagen in die Krallen hinein; es entstand Sachschaden an Oberleitungen und Stromabnehmern der Loks. Mit ihrem Bekennerschreiben unter der Überschrift "Kampf dem Castor, Kampf dem Staat" verdeutlichten die Täter ihre fundamentale Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. In Hamburg verübten militante AKW-Gegner angesichts des erwarteten Castor-Transports ebenfalls schwere Brandstiftungen. In der Nacht zum 15.3.01 legten sie Brandsätze an drei Fahrzeuge, darunter ein Hubwagen der Deutschen Bahn AG in Altona ((c) Foto), sowie einen weiteren an einem Fahrzeug der HEW in Hummelsbüttel. Die Fahrzeuge brannten völlig aus, es entstand ein Schaden von etwa 300.000,DM. In einem 189 Bekennerschreiben ohne Gruppenbezeichnung nahmen die Verfasser Bezug auf die Rolle der HEW beim Zustandekommen des Atomkonsenses und den anstehenden CastorTransport. In Parolen wurde die "Stillegung der herrschenden Klasse" sowie die Freilassung von in Berlin vor Gericht stehenden mutmaßlichen Angehörigen der Revolutionären Zellen {RZ) gefordert. Mit Blick auf die geschädigten HEW wurde außerdem die sofortige Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern aus der NS-Zeit verlangt. Der Anschlag zeigt, dass auch in Hamburg ein terroristischer Zusammenhang e- xistiert, der den Anti-AKW-Widerstand zum Anlass für militante Interventionen nutzt. Am 17.03.01 kam es in Niedersachsen durch mutmaßliche AKW-Gegner zu weiteren gefährlichen Eingriffen in den Bahnverkehr. \Niederum auf dem Streckenabschnitt zwischen Lüneburg und Dannenberg errichteten Unbekannte Holzkreuze auf den Gleisen. Weitere Hakenkrallenanschläge und z.T. erhebliche Sachbeschädigungen im gesamten Bundesgebiet prägten den weiteren militanten Widerstand im Vorfeld des Transports. Ähnelte schon dieses Vorfeld-Szenario Bildern Mitte der Neunziger Jahre, so galt das auch für die Widerstandsaktionen während des Transports. Als der Castor am 27.3.01 in Norddeutschland eintraf, war dies das Startsignal für autonome Straßenkämpfer im Wendland: Sie gingen gegen Polizeibeamte, die dort zum Schutz der Transportstrecke eingesetzt waren, mit Steinwürfen, Zwillenschüssen, Inbrandsetzen von Einsatzfahrzeugen etc. vor. Besonders am Abend kam es zu Äeftigen Auseinandersetzungen am Verladebahnhof Dannenberg. Militante beschossen Polizeikräfte mit Stahlkugeln und Signalmunition. Zahlreiche Polizisten erlitten hierbei z.T. schwere Verletzungen. Außerdem wurden Schienenblockaden dazu genutzt, um in ihrem Schutz Sachbeschädigungen an den Gleisanlagen zu begehen. Eine Gleisblockade zwang den mit sechs Castoren beladenen Transportzug aus Sicherheitsgründen zur Rückwärtsfahrt bis in den 190 nächstgelegenen Bahnhof. Die Weiterfahrt des Zuges verzögerte sich aufgrund dieser Blockade um etwa 20 Stunden. Am Abend des 28.03.01 kam es in der Nähe des Verladebahnhofs zu einem ähnlichen Gewaltszenario wie am Vorabend. Wiederum griffen etwa 600 Autonome Polizeikräfte massiv an. Am 29.03.01 konnte das Widerstandsspektrum den letzten Transportabschnitt auf der Straße von Dannenberg nach Gorleben dagegen nicht mehr nennenswert stören. Auch wenn Blockadeaktionen nicht immer nur linksextremistisch motiviert sind, gehören sie nach Lesart autonomer Castor-Gegner zu einem übergreifenden Widerstandskonzept. Hiernach schafft jede Aktion, die Polizeikräfte bindet, Raum für "ergänzende" Aktivitäten anderer Gruppen. Insofern sehen linksextremistisch motivierte Castor-Gegner Protestund Blockadeaktionen anderer Gruppierungen als Unterstützung ihres eigenen Widerstands. Propagandistisch wurde der Gorleben-Protest durch ein - Anfang des Jahres gegründetes - Internet-Portal namens "/ndymedia"" begleitet. Der Castor-Widerstand sollte für den deutschen "/ndymedia"-Ableger den Einstieg in eine nach eigenem Bekunden unzensierte Berichterstattung über derartige Ereignisse bedeuten. Über das Internet, via "Indymedia", konnten Aktivisten vor Ort Berichte und Bilder zeitnah einem interessierten Publikum zugänglich machen. Obwohl der Transport letztlich nicht verhindert werden konnte, wertete das Protestspektrum die eigenen Aktionen - fast schon ritualhaft - als Er191 folg. Es sei wiederum gelungen, den Transport erheblich zu verteuern. Die für seinen Schutz entstandenen Kosten in mehrstelliger Millionenhöhe würden verdeutlichen, dass die Nutzung der Atomenergie nicht nur aus politischen, sondern auch aus finanziellen Gründen nicht mehr zu vertreten sei. Der erstmals notwendig gewordene vorübergehende Rückzug des Castors, verbunden mit der zwanzigstündigen Blockade, wurde besonders gefeiert. Tatsächlich waren es wie in der Vergangenheit kleinere, jedoch spektakuläre Einzelaktionen, die zu merklichen Störungen führten. Massenmilitante Aktionen des autonomen Spektrums erzielten zwar auch Aufmerksamkeit, konnten jedoch kaum zu einer unmittelbaren Behinderung beitragen. In Hamburg kam es im Vorfeld und während des Transports zu kleineren Sachbeschädigungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit dem Castor standen. Unbekannte hatten an einem Büro der GAL in Eimsbüttel eine Scheibe beschädigt und eine gesprühte Anti-Castor-Parole auf der Hauswand hinterlassen. In Niendorf zerstachen militante CastorGegner die Reifen eines Pkws der Firma SIEMENS und zerstörten die Scheiben eines Stadtteilbüros der SPD. An beiden Tatorten sprühten sie die Parole "Castor stopp X". An einem Kundenzentrum der HEW in Altona wurde ebenfalls eine Scheibe eingeworfen. Der neuerliche Elan der Bewegung wurde dazu genutzt, sich im Anschluss an den Gorleben-Transport auf Atommülltransporte von den AKWStandorten zu den Wideraufbereitungsanlagen zu konzentrieren. Die Vermutung, dass der Transport ins Wendland eine Türöffnerfunktion für weitere Atommülltransporte nach La Hague und Sellafield haben könnte, habe sich nach eigenem Bekunden bestätigt. Hamburg war einer der Aktionsschwerpunkte für Protestund Behinderungsaktionen gegen Transporte aus den AKW Brunsbüttel und Stade. Art und Umfang konnten jedoch in keiner Weise an den Gorleben-Protest anknüpfen. Lediglich kleineren Gruppen gelang es, durch Gleisblockaden die Transporte kurzzeitig zu behindern. Eingriffe in den Schienenverkehr wie das Anbringen eines "X" aus Metall über der Fahrtrasse oder das Werfen eines mit Steinen präparierten Seils über eine Oberleitung führten zu weiteren Behinderungen des Bahnbetriebs. Größere Aufmerksamkeit erreichte erst wieder ein weiterer CastorTransport nach Gorleben im Herbst 2001. Die Tatsache, dass es bislang noch nie zwei Transporte in einem Jahr gab, mag einer der Gründe dafür gewesen sein, dass der Widerstand nicht mehr so heftig ausfiel wie im 192 März. Anschläge auf Bahnoberleitungen, Gleisdemontage-Aktionen, Brandanschläge und brennende Straßenbarrikaden waren wiederum "traditioneller" Auftakt des Protestreigens. In einer Bekennung von "Autonomen Gruppen" agitierten die Verfasser nicht nur gegen den anstehenden Transport, sondern auch gegen den "mörderischen NATO-Krieg" in Afghanistan sowie verstärkte staatliche Sicherheitsmaßnahmen. Die Verfasser wiesen darauf hin, dass die Anti-AKW-Bewegung "ein wichtiger Anknüpfungspunkt für die Kritik an jeglichen Herrschaftsstrukturen" sei. "In der weitestgehend unabhängigen, basisorientierten Struktur der AntiAtom-Bewegung sehen wir viele Möglichkeiten selbstbestimmten Handeins auch über den unmittelbaren Kampf gegen Atomenergie hinaus." Am 23.10.01 hatten Unbekannte unter einer Eisenbahnbrücke im Wendland zwei mit Stroh beladene Anhänger in Brand gesetzt. Durch die starke Hitzeentwicklung wurde die Stahlkonstruktion der Brücke erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Erst nach langwierigen Reparaturarbeiten war die Bahnstrecke nach Dannenberg wieder passierbar. Der Widerstand zwischen Lüneburg und Gorleben während des Transportes war relativ gering. Kleinere Blockaden konnten rechtzeitig geräumt werden, so dass keine widerstandsbedingten Verspätungen für den Castor entstanden. Zwar wurden die Protestaktionen wieder als Erfolg gefeiert, da für den Schutz des Transports erneut mehrere tausend Polizeibeamte erforderlich waren. Dennoch musste man sich eingestehen, dass die Beteiligung am Widerstand aus verschiedenen Gründen weitaus geringer ausgefallen war. Zudem beklagte man sich über das schon beim MärzTransport erkennbare zunehmend effektivere Vorgehen der Polizei: Weiträumige Absperrmaßnahmen hätten potenziellen Blockierern keinen Handlungsspielraum mehr gelassen. In Hamburg kam es kaum zu nennenswerten begleitenden Aktionen. Vorgelagerte Mobilisierungsveranstaltungen der autonomen Szene fanden ü- berwiegend in der "Roten Flora" statt. In der jüngeren Vergangenheit war der AKW-Protest des linksextremistischen Lagers eher den undogmatischen Strömungen vorbehalten. Dennoch gab es entsprechend vereinzelt auch aus dem orthodoxen Bereich Protestaktionen. So hatte sich eine Hamburger Ortsgruppe der DKP mit einer kleineren Protestaktion gegen einen Atommülltransport durch Hamburg eingebracht. Eine Hamburger Gruppierung des trotzkistischen "Revolutionären Sozialistischen Bundes" (RSB) agitierte in einem Flugblatt gegen 193 die Atomtransporte. Versuche aus rechtsextremistischen Kreisen, sich in den Widerstand einzureihen, wurden - sofern bemerkt - vom übrigen Protestspektrum konsequent unterbunden. 4.3.4 Antiglobalisierung Weltweit wächst die Kritik an den negativen Auswirkungen einer zunehmend von nationalen Schranken befreiten und sozial deregulierten Wirtschaft. Die gebräuchlichen Schlagworte "Globalisierung" und "Neoliberalisierung" bezeichnen dabei eine Entwicklung, die - so ihre Kritiker -- zu einer weiteren Verschärfung des ökonomischen Nord-Süd-Gefälles, zu sozial ungerechten Umverteilungsprozessen selbst in den als wohlhabend geltenden Industriestaaten, zur Unterhöhlung gewachsener Strukturen, zum Verlust nationaler Souveränität und zu irreversibler Umweltzerstörung führt. Als Architekten neoliberaler Konzepte gelten den Kritikern die Regierungen der wichtigsten Industrienationen (G7/G8), supranationale Institutionen wie der "Internationale Währungsfonds" (IWF), die "Weltbank" (WB), die "Welthandelsorganisation" (WTO), das "World Economic Forum" (WEF), die "Europäische Union" (EU) und auch multinationale Konzerne. Diese periodischen Treffen werden seit Jahren regelmäßig von Protesten begleitet, deren Gewalttätigkeit bislang stetig eskalierte und an denen sich auch Linksextremisten maßgeblich beteiligten. Spätestens seit der spektakulären "Sprengung" des 3. WTO-Jahrestages im November 1999 in Seattle / USA gelangte dabei ein besonders virulentes Potential in das Blickfeld der Weltöffentlichkeit: Militante Gilobalisierungsgegner als Bestandteil einer außerordentlich heterogen zusammengesetzten internationalen Protestbewegung. Die gemeinsame Ablehnung einer neoliberalen Globalisierung bildet den ideologischen Minimalkonsens eines inzwischen weltweiten Protestspektrums, dem Vertreter klassischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie z.B. Interessenverbänden von Arbeitnehmern und Erwerbslosen, Um194 weltschutzorganisationen, Landlosen-Bewegungen aus Entwicklungsländern und kirchlichen Basisgruppen sowie sozialrevolutionär motivierte Gruppen, Organisationen und Parteien sowohl kommunistischer als auch anarchistischer Prägung. Großdemonstrationen und sog. Gegenkongresse bilden das klassische Aktionsrepertoire der Globalisierungsgegner. Eine gewaltbereite Teilmenge von ihnen tendiert dazu, im Schutz solcher Großveranstaltungen Straßenmilitanz zu entwickeln; dabei wird häufig in autonomen Kleingruppen agiert. Neue Formen des Protests gewaltbereiter Globalisierungsgegner sind: "= Reclaim The Streets (RTS)-Parties, bei denen die Teilnehmer widerrechtlich öffentliche Verkehrsräume erobern und weniger politische Inhalte vermitteln, sondern eher im Stile von Happenings agieren. Damit sollen insbesondere jugendliche Zielgruppen angesprochen werden, denen sog. "Latschdemos" und Infoveranstaltungen zu langweilig sind. = "Critical Mass"-Aktionen, bei denen radfahrende Aktivisten den Straßenverkehr gezielt behindern und in deren Schutz gelegentlich Straftaten (z.B. Sachbeschädigungen) verübt werden. " "Free Train Actions", bei denen versucht wird, durch kollektives Schwarzfahren an die jeweiligen Tagungsorte zu gelangen. "= "WMovimento Tute Bianche" (Bewegung der weißen Arbeitsanzüge). Bei dieser von italienischen Aktivisten geprägten Aktionsform treten mit Matratzen, Autoreifen, Arbeitshelmen und Isoliermatten dick gepolsterte Personen in großer Zahl auf und laufen geschlossen gegen eingesetzte Polizeikräfte an. Die Antiglobalisierungsbewegung in Deutschland ist derzeit noch nicht sehr entwickelt und relativ mobilisierungsschwach. Es dominieren linksextremistische Kräfte -- insbesondere Trotzkisten, Anarcho-Syndikalisten und gewaltbereite Anarchisten -, deren ideologische Differenzen nicht immer gemeinsame Aktionen erlauben. Ihrer virtuellen Präsenz im Internet entspricht kein reales Äquivalent. Auch künftig werden militante Globalisierungsproteste zu den Begleiterscheinungen internationaler Gipfelkonferenzen zählen. Wegen der mit einer weiten Anreise verbundenen Umstände und Kosten ist der Aktionsradius deutscher Globalisierungsgegner auf Deutschland und andere europäische Staaten begrenzt. Dabei setzt sich immer mehr die Überlegung durch, dass man auf globale Ereignisse "/okal vor Ort" agieren müsse, um 195 den Widerstand nicht zu einem "Demonstrationstourismus" verkommen zu lassen. In Göteborg/Schweden kam es im Juni zu Protesten gegen den EU-Gipfel, an denen bis zu 30.000 Personen teilnahmen. Auch aus Hamburg waren Demonstranten per Bus angereist. Im Verlauf des 15.06.01 kam es zwischen etwa 1.000 militanten Aktivisten unterschiedlicher Nationalität und der Polizei zu massiven Straßenschlachten. Ein Demonstrant wurde von der Polizei angeschossen. Dagegen verlief eine Abschlussdemonstration am 16.06.01 weitgehend störungsfrei. Während des G3-Treffens in Genua (20. - 22.07.01) eskalierten die Ausschreitungen durch militante Globalisierungsgegner. Mehrere hundert Gewalttäter griffen wahllos Polizeibeamte, Banken, Geschäfte und Tankstellen an, Müllcontainer und Autos wurden in Brand gesetzt. Ein militanter italienischer Globalisierungsgegner wurde von der Polizei erschossen. In Hamburg hatte im Vorfeld des Genua-Gipfels die terroristische Gruppierung AZUM (2 3.) in der Nacht vom 02./03.07.01 EC-Geldautomaten und einen Mercedes angezündet. In einer dazu verfassten Taterklärung brachte sie den Gipfel in Zusammenhang mit der antirassistischen LUFTHANSAKampagne und grüßte die Genossen, "...die im märz 2000 ein auto einer amtsärztin und einen bus der lufthansa abfackelten und zudem den wohnsitz des vorstandsvorsitzenden der Ih jürgen weber mit steinen und farbflaschen angegriffen" hatten. 196 Den Geldinstituten warf die AZUM vor, dass ihr Agieren frontal mit den Lebensinteressen der Menschen kollidiere "... allen voran die des trikonts und der 3. welt... ". Parolenhaft wurde zum Angriff auf den G8-Gipfel in Genua aufgerufen und die Freilassung der Gefangenen aus der RAF und dem antiimperialistischen Widerstand gefordert. Aus Hamburg fuhren am 18.07.01 zwei Busse mit ca. 50 Personen nach Genua, unter ihnen auch einige als militant einzuschätzende Linksextremisten, von denen fünf vorläufig festgenommen wurden. Der Tod eines italienischen Globalisierungsgegners am 20.07.01 führte in zahlreichen deutschen Städten zu demonstrativen Resonanzaktionen, so auch in Hamburg. Etwa 450 Personen trafen am 21.07.01 zu einer Kundgebung und anschließenden Demonstration "Gegen Globalisierung und Größenwahn"" am Paul-Nevermann-Platz in Hamburg-Altona zusammen. 197 Später kam es zu diversen Sachbeschädigungen und Schmierereien. Eine starke Polizeipräsenz verhinderte größere Ausschreitungen. Ein am 24.07.01 von der "Roten Flora" startender Demonstrationszug von Linksextremisten, der bis auf 400 Personen anwuchs, verlief aufgrund präventiver Polizeimaßnahmen weitgehend störungsfrei. Einen Monat nach dem Tod des italienischen Demonstranten kam es im City-Bereich von Hamburg zu einigen demonstrativen Aktionen linksextremistischer Globalisierungsgegner. Nachdem sie ein Spruchband "Wur und Widerstand - Kapitalismus abschaffen" ausgerollt hatten, wurde symbolisch rote Farbe ausgegossen. Die Polizei beendete diese Aktion. Anfang November 2001 wiesen "Gruppen und Einzelpersonen aus dem linksradikalen Spektrum" per Flugblatt und Internet auf einen "Global Action-Local Congress" in der "Roten Flora" in der Zeit vom 30.11.02.12.01 hin, auf dem zu den Themen "= Welches sind die mittelfristigen Ziele unser Gipfelmobilisierung? = Wie viele Gemeinsamkeiten haben die in der "Bewegung" aktiven Gruppierungen miteinander? = An welchen Punkten widersprechen sich die vorhandenen Ansätze? = \Vie können wir mit der immer stärker werdenden Repression umgehen und welche Gegenkonzepte lassen sich entwickeln? diskutiert werden sollte. GLOBAL ACT ON. LOCAL KONGRASS 30.41.-2.12.01Hamburg Insbesondere nach dem "Mord an Carlo" in Genua habe es eine Militarisierung der Auseinandersetzung gegeben, "eine neue Eskalation der Polizeigewalt mit einer Strategie der Willkür, die viele überrannt hat". Der Anschlag auf das World Trade Center am 11.09.01, der zum Krieg gegen das afghanische Taliban-Regime führte, habe in Deutschland eine "rassistische Hetze, rassistische Angriffe und neue Gesetze gegen MigrantInnen und Flüchtlinge gebracht. ... Die Sicherheitspakete von Schily, in denen Flüchtlinge nur noch als potenzielle Terroristen vorkommen, die wiedereinsetzende Rasterfahndung bis hin zum Erfassen von biometrischen Daten im Personalausweis..." verändere die Lebensbedingungen 193 "der Migrantinnen/Flüchtlinge und die Bedingungen ihrer Kämpfe hier" und richte sich "gegen andere gesellschaftliche Gruppen und deren Kämpfe". Ziele des Kongresses sollten die kreative Entwicklung neuer Aktionsformen sein, "...weil das ewige auf 'Latschdemos rennen' mit der Zeit langweilig wird", und das Vorantreiben der Diskussion über theoretische Aktionskonzepte und deren politische Auswirkung. Insoweit beschäftigte sich ein eigener Arbeitskreis mit dem Thema Militanz. An dem Kongress beteiligten sich ca. 200 Personen, davon die Hälfte aus Hamburg. Vom 09.-13.11.01 fand in Doha / Katar die 4. Ministerkonferenz der "Welthandelsorganisation" (WTO) statt. Wohl nicht zuletzt wegen des in Katar bestehenden Demonstrationsverbotes riefen internationale Globalisierungsgegner dazu auf, den Protest gegen die WTO-Konferenz im Rahmen globaler Aktionstage durch dezentrale Aktionen auszudrücken. Weltweiter Aktionstag der Globalisierungskritiker war der 10.11.01. Auch in Deutschland gab es in mehreren Städten Demonstrationen; in Hamburg waren nur geringfügige Aktivitäten zu verzeichnen. 4.3.5 Anti-Kriegs-Kampagne Auch Linksextremisten konnten sich der Wirkung der erschütternden Fernsehbilder über die Terroranschläge vom 11.09.01 in den USA nicht entziehen. Die weit überwiegende Mehrheit reagierte mit persönlicher Betroffenheit. Fast einhellig wurden die Anschläge als nicht zu rechtfertigender Terrorismus verurteilt. Neben diesen individuellen Reaktionen sahen sich die linksextremistischen Gruppierungen jedoch auch durch die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Geschehnisse zu Antworten aus ihrer Sicht veranlasst. Ihr Hauptproblem bestand darin, dass die USA - bislang aufgrund ihres "imperialistischen Großmachtstrebens" stets als Aggressor identifiziert - selbst Ziel eines terroristischen Anschlags geworden und damit als Opfer zu behandeln waren. Da die politische Grundlinie der USA sich nicht verändert hatte, bedeutete dies für weite Teile des linksextremistischen Spektrums einen politischen "Spagat". Verstärkt wurde dieser Konflikt anfangs durch die militärischen Aktionen der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan, da eine Solidarisierung mit den "angegriffenen"" Taliban - u.a. aufgrund ihrer frauenfeindlichen Politik - nicht möglich war. Im weiteren Verlauf des militärischen Engagements der USA fiel es Linksextremisten jedoch leichter, gegen diese Aktionen zu agitieren; die Opfer in den USA traten zunehmend in den Hintergrund. 199 Außerdem befürchteten weite Teile der Linksextremisten, dass der deutsche Staat die Situation nutzen würde, durch neue Anti-Terror-Gesetze die "Repression" und die angeblich ausländerfeindliche Politik zu verschärfen. So beteiligten sich Linksextremisten maßgeblich an Vorbereitung und Durchführung von zahlreichen "Anti-Kriegs-Demonstrationen" in Hamburg und veröffentlichten Positionspapiere. Es entstanden im autonomen wie auch im orthodox-kommunistischen Spektrum Zweckbündnisse zur Förderung dieser demonstrativen Aktionen und für die Mobilisierung der linksextremistischen Szene. Hamburger "Zusammenhänge der autonomen und antiimperialistischen Linken" veröffentlichten beispielsweise ein Aufruf-Flugblatt "NE/IN ! zum Dreiklang von Krieg, Rassismus und Sicherheitsstaat" anlässlich der Demonstration am 22.09.01 gegen den militärischen Einsatz der USA: "Die Anschläge von New York und Washington werden in ihrer Schrecklichkeit und menschenverachtenden Art nicht besser, weil sie die USA getroffen haben. Sie sind weder zu rechtfertigen, noch zu bejubeln. Wozu sie aber durch die Herrschenden der kapitalistischen Metropolen benutzt werden ist angesichts der vielen Opfer nur ein weiteres Zeichen dafür, dass sie keine Moral haben und über Leichen gehen. Es ist nichts als Leichenfledderei, wenn angesichts von soviel Leid, kühl berechnend, die Kriegstrommeln geschlagen werden. Der Anschlag hat in Form eines antiamerikanischen Massenmordes die Symbole kapitalistischer Macht zum Einsturz gebracht. Die Menschenverachtung der kapitalistischen Weltordnung schlug auf sich selbst zurück, die sogenannte Zivilisation " ist nicht angegriffen worden, wie uns die HERRschenden zur weiteren Rechtfertigung ihres patriarchalen Ordnungsanspruchs weismachen wollen, sondern die sogenannte "Zivilisation " ist kollabiert.(...) Mit diesem System wird es keinen Frieden geben! Sozialismus oder Barbarei!" Besonderes Interesse fand der Tag der ersten militärischen Intervention der USA und ggf. der NATO in Afghanistan, der sog. "/ag X", für den das linksextremistische Umfeld bereits wenige Tage nach den Anschlägen mit offenem Datum mobilisiert hatte. 200 Der "Tag X" kam am 07.10.01. Noch in der Nacht zum 08.10.01 bildete sich ein spontaner Aufzug von ca. 100 Personen, der durchs Schanzenviertel führte. Am Tag darauf fand die angekündigte "/ag X"DemonstraKan erg tion vom GerhartEn: Hauptmann-Platz Ei aus statt. Im Ver- i lauf des Protestzuges durch die Innenstadt wuchs der Aufzug auf etwa 1.700 Personen an. Beide Demonstrationen waren - dem Anlass entsprechend - friedlich. Schon am 09.10.01 folgte die nächste, diesmal angemeldete Demonstration "Gegen den Krieg" durch das Schanzenviertel und Altona. An diesem Aufzug von ca. 350 Personen nahmen überwiegend Angehörige des autonomen und antiimperialistischen Spektrums teil, auch er verlief wie alle anderen zu dieser "Anti-Kriegs"-Problematik in Hamburg durchgeführten Demonstrationen und Kundgebungen friedlich. Einzelpersonen und Gruppen aus dem antiimperialistischen Umfeld, die in den vergangenen Jahren eher inaktiv waren, haben sich aufgrund dieser Thematik in Bündnisse und Aktionen eingebracht (2 3.) Für den Fall eines direkten Kampfeinsatzes der Bundeswehr oder eines Angriffs der USA auf ein anderes Land wurden weitere Aktionen angekündigt. 201 5. Orthodoxe Kommunisten und andere revolutionäre Marxisten 5.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld Die im September 1968 gegründete DKP bleibt nach ihrem Selbstverständnis die "revolutionäre" Partei der Arbeiterklasse. \deologische Grundlage ihres politischen Wirkens ist die "wissenschaftliche" Weltanschauung von Marx, Engels und Lenin. Der von ihr angestrebte "Sozialismus / Kommunismus" könne nicht das Ergebnis einer Summe von Reformen sein, sondern sei nur durch einen revolutionären Bruch mit den derzeitigen Verhältnissen ("Überwindung des Kapitalismus") zu erreichen. Die Partei räumt ein, sich in einer Defensiv-Phase zu befinden und noch keinen Weg zu sehen, ihr Ziel zu realisieren. Sie hält den außerparlamentarischen Kampf für entscheidend und richtet ihre Bündnispolitik entsprechend aus. Tradierte Politikmuster und personelle Erstarrungen in den Spitzenpositionen der Partei, die aus der "VorWendezeit" vergangenheitsbelastet sind, verhindern eine politische Außenwirkung. Hinzu kommt, dass die früheren gewerkschaftlichen Einflusspositionen der Partei nahezu völlig weg-gebrochen sind. Eine stagnierende Mitgliederzahl (4.500) verschafft der Partei auch finanziell - über Mitgliedsbeiträge - keine Spielräume für Personalaufstockungen bei den hauptamtlichen Mitarbeitern. Als sie noch "am Tropf" der DDR hing, stellte sich dieses Problem nicht. Trotz dieser Finanzlage ist es ihr weiterhin möglich, das Zentralorgan "unsere zeit -- sozialistische wochenzeitung" (uz) zu vertreiben. In einem Artikel der uz vom 01.06. bekräftigte der DKP-Vorsitzende Heinz STEHR die wesentliche Aufgabe der DKP: Sie liege darin, "außerparlamentarische Bewegungen zu initiieren und zu unterstützen". Es komme darauf 202 an, Aktivitäten zu entwickeln, die mehr Menschen einbeziehen. Dazu müsse die DKP ihr politisches Ziel benennen und einen Weg dorthin aufzeigen. Vor diesem Hintergrund ist die Beteiligung der DKP an der Protestbewegung gegen die Globalisierung zu sehen. Hinsichtlich des AfghanistanKonfliktes lehnte die DKP in einer Presseerklärung vom 06.11. einen Bundeswehreinsatz ab, weil er nicht legitimiert sei. Für sie ist der "Terrorismus dieses Krieges objektv ein Beschleuniger für nächste terroristische Aktionen durch religiöse oder politi- t egI il I scheFanatiker". aenOR je Der Sitz der Hamburger DKP, Kriegspolifi ö beherbergt u.a. auch die "AsNEE [ dentinnen" unddie."Soziali. ati Marxistisch Stu- u tische Deutsche ArbeiterjuVENTLETNTTG 1272 ae aan Anlaufpunkt weiterer linksextremistischer Gruppierungen. Dies erklärt sich auch aus dem Anspruch der DKP, zusammenführend zu wirken. In der Bündnisarbeit, die zum ideologischen Grundverständnis der DKP gehört, ist sie anspruchsloser geworden und akzeptiert zumeist einen "Minimalkonsens". Die Hamburger DKP hat unverändert 300 Mitglieder. Zur Wahl der Hamburger Bürgerschaft / Bezirksversammlungen am 23.09.01 trat sie nicht selbst an, sondern entschied sich für eine Beteiligung an Listen von "Regenbogen". "Regenbogen" scheiterte an der 5%-Hürde. In der "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" und ihrem Vorsitzenden SCHILL sieht die DKP "das Bindeglied zwischen den Faschisten und den Konservativen". Ein Kommentar der Hamburger DKP-Führung zum Wahlausgang äußerte die Befürchtung: "Und auch die Bedingungen der demokratischen, fortschrittlichen und linken Kräfte in dieser Stadt werden sich 203 . verschlechtern". Der Kommentar der uz vom 28.09. zur Hamburg-Wahl endete: "Gegen solcherart Nachdunkeln der Parlamentsparteien hilft nur außerparlamentarische Opposition und eine Wiederbelebung der Gewerkschaften als Friedensund Demokratiebewegung". Nach den Anschlägen in den USA vom 11.09. befasste sich auch die Hamburger DKP-Gliederung mit den daraus resultierenden Entwicklungen. Sie kommentierte die Erklärung des deutschen Bundeskanzlers, nach der sich Deutschland mit knapp 4.000 Soldaten an der internationalen Allianz zur Bekämpfung des Terrorismus in Afghanistan beteiligen werde, am 06.11. im Internet unter der Überschrift "Der Führer gibt den Marschbefehl". Dieser Kommentar erschien unter dem Internet-Domain-Namen "blacerouge" (Roter Platz). Die Wortwahl "Führer" entspricht dem ideologischen Grundraster der DKP, nach dem der Kapitalismus latent - besonders in der Krise - zum Faschismus neige. Darüber hinaus beteiligte sich die DKP an allen "Friedensdemonstrationen" in Hamburg. Trotz aller Finanzprobleme ist es der DKP weiterhin möglich, die 1969 - zum Gedenken an den im KZ Buchenwald ermordeten KPD-Vorsitzenden - eröffnete Hamburger "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte" in Eppendorf zu betreiben. Die DKP-Einrichtung zeigt propagandistische Filme und organisiert Vortragsund Diskussionsveranstaltungen. Seit der "Wende" sind die Besucherzahlen stark rückläufig. Nach Angaben der Einrichtung besuchten zuvor jährlich rd. 12.000 Besucher die Gedenkstätte, während es 1999 nur noch 812 gewesen seien. Geleitet wird die Einrichtung von einem 18köpfigen "Kuratorium", dessen Angehörige aus der DKP und deren Umfeld stammen. Die Hamburger "Assoziation Marxistischer Studentinnen" (AMS) ist Bestandteil der 1997 bundesweit in der Karl-Liebknecht-Schule (KLS) der DKP in Leverkusen konstituierten Organisation. Die AMS ist die DKP-nahe "marxistische Studentenorganisation", teilt die ideologischen Wurzeln der DKP und setzt sich demzufolge für einen "revolutionären Bruch mit dieser menschenfeindlichen Gesellschaftsordnung, für den Sozialismus" ein. Die Organisation hat ihr Bundesbüro im Hamburger DKP-Zentrum. Das AMS-Bundestreffen im Februar sah die Aufgabe der Organisation in der Entwicklung eines gemeinsamen Widerstandes aller, die von den reaktionären Maßnahmen der Herrschenden betroffen seien. Hier verbindet 204 sich die AMS-Arbeit mit der der SDAJ und der DKP. Der "Bildungsarbeit" durch ideologische Schulung misst die AMS eine herausragende Bedeutung bei. Werde sie unterlassen, drohe mitteloder langfristig unweigerlich, dass man "im Sumpf des linken Radikalismus oder Reformismus" versacke. Notwendig sei der Aufbau bundesweiter Strukturen. Die Hamburger AMS trat im Januar erneut zur Wahl des Studierendenparlaments der Universität Hamburg an mit dem Anspruch einer "umfassenden) Politisierung der Studierenden". Sie wies in diesem Zusammenhang in einem Wahlflugblatt darauf hin, dass sie durch den Verfassungsschutz beobachtet werde, was verständlich sei: Immerhin sei sie die einzige Liste, die für den "revolutionären Bruch" mit dem Kapitalismus eintrete. Die AMS erreichte wiederum nur einen Sitz im Studierendenparlament. Am 06.11.01 gab ein Bündnis "Vereinigte Linke" im Internet seine Gründung bekannt. Es habe sich formiert, weil bislang eine kämpferische Studierendenvertretung an der Uni Hamburg fehle. Dem Bündnis gehören derzeit die Gruppen AMS, DKP-HSG, Liste Sozialistischer Demokratinnen, Revolutionär-Sozialistischer Bund / IV. Internationale, Sozialistische Alternative, SDAJ, die sozialistische Jugend / 'solid-Landesverband Hamburg und Widerstand International an. Es will studentische Belange, aber auch allgemein-politische Themen {"Deutschland führt wieder Krieg und überall herrscht Friedhofsruhe") aufgreifen und gemeinsame Aktionen durchführen. Als einigendes Band wird die "Wut auf die herrschenden Zustände und der Wille, eine ganze Menge zu verändern" genannt. Das Bündnis trat als "Liste 70" zur Wahl des Studierendenparlaments der Uni Hamburg im Januar 2002 an und erreichte 195 Stimmen (2,67 % = Ein Sitz). Die AMS kandidierte im Gegensatz zum letzten Jahr nicht mit einer eigenen Liste. Zehn der 27 Kandidaten der "Vereinigten Linke"-Liste sind Mitglieder orthodox-kommunistischer Organisationen (AMS, DKP und SDAJ). Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ}, Jugendorganisation der DKP, wurde im Mai 1968 gegründet. Ihre ideologische Ausrichtung ist deckungsgleich mit der der DKP. Von den 20 Angehörigen des Bundesvorstandes stellt der Hamburger Verband drei. Schwerpunkte der SDAJ sind ihre "Antimilitarismusarbeit" und die /nteressenvertretung im Schülerund Auszubildenden-Bereich. Auf einem "Zukunftskongress" im März in Berlin betonte die SDAJ, dass die "Grundrechte für die Jugend" im Kapitalismus nicht zu haben und mit 205 Reformen auch nicht zu erreichen seien. Daher bedürfe es des Bruchs mit diesem System und seinen Eigentumsverhältnissen. Selbstkritisch wurde festgestellt, dass nur wenige SDAJ-Mitglieder aus der Arbeiterschaft kommen. Diese soll nach orthodox-kommunistischem Selbstverständnis Kern der revolutionären Vorhut sein. Während des Pfingst-Camps einiger SDAJ-Verbände verglich der DKPVorsitzende Heinz STEHR das Klassenbewusstsein der Arbeiter mit "politischem Analphabetismus", zählte aber auf die "Fähigkeit der Menschen zu erkennen: Wenn wir den Kapitalisten das Eigentum nicht wegnehmen, können wir nicht das produzieren, was die Menschen brauchen". Auch 2001 fand in Pfingst-Camps Demonstrations-Training statt; im Jahr 2000 wurden daneben noch Vermummungsübungen und Zwillenschießen bekannt. Die SDAJ stellte nach einem UZ-Artikel das größte Kontingent der Teilnehmer an den 75. Weltfestspielen der Jugend und Studenten (WFS) im August in Algier/Algerien aus Europa. Zugleich bildete sie den Kern der deutschen Delegation, zu der in Deutschland lebende Menschen palästinensischer, irakischer und anderer Nationalitäten gehörten. Man wolle sich mit den Jugendlichen aus aller Welt austauschen und die eigenen "Positionen gegen die imperialistische Großmachtpolitik Deutschlands" bekannt machen. Besonders aus der palästinensischen Delegation sei die Forderung nach einer Neuordnung der WFS-Strukturen gekommen. Vor allem in Europa sei keine gemeinsame Jugendbewegung zu erkennen. Die Hamburger SDAJ hat in den letzten Jahren ihre Mitgliederzahl spürbar vergrößert. Sie machte am 30.01.01 auch in Harburg öffentlich auf sich aufmerksam. Sie gab sich als Initiator einer demonstrativen Aktion am 30.01. vor der Gesamtschule Harburg zu erkennen. Im Verlauf der Aktion wurden Transparente gezeigt mit den Parolen: "Nazi-Mörder 30.01.33 - 30.01.2001 - Nie wieder Faschismus" und "Der Opfer gedenken verpflichtet uns zum Widerstand gegen rechts -- SDAJ". Erwähnenswert ist, dass die Harburger SDAJ z.T. mit der "autonomen" Harburger Antifa identisch ist (2 4.3.2). 206 Das Pfingst-Camp der Hamburger Pfingstcamp SDAJ fand gemeinsam mit dem 2001 Schleswig-Holsteiner Verband in Norderstedt unter dem Tenor "fight for your rights, fight for socialism" statt. Es war auch ein "workshop zum Verhalten auf Demos" angekündigt. In einer Sonderausgabe der Hamburger Organisationszeitung "Likedee/er", mit der sie zu einer Veranstalder SDA.J tung "Was ist los in Afghanistan?" in Norderstedt | zum 23.10. in das "Magda-ThüreyZentrum" einlud, ging sie auf den Kampf der weltweiten Allianz gegen TAT TTEH den Terrorismus ein und meinte: "Für Fee | uns hat der Terror einen anderen Namen, wir nennen ihn Kapitalismus". Die 1947 gegründete Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) vertritt die kommunistische FaschismusanaIyse, die den Kapitalismus als eigentlichen Urheber des Faschismus und zu bekämpfenden Gegner definiert. Die VVN-BdA wurde - wie die DKP - bis 1989 finanziell von der DDR unterstützt. Öffentlich geriert sie sich als demokratische Organisation. Nicht nur ideologische Entsprechungen, auch personelle Überschneidungen zur DKP lassen erkennen, dass auf Bundesebene weiterhin insbesondere orthodoxkommunistischer Einfluss in nennenswertem Umfang besteht. Die DKP bildet im Wesentlichen immer noch das personelle Rückgrat der VVN-BdA. So waren von den Delegierten des 15. DKP-Parteitages im Juni 2000 nach DKP-Angaben gut ein Viertel gleichzeitig VVN-BdA-Mitglieder. Die VVN-BdA sieht dementsprechend auch keine Veranlassung, sich von Kommunisten abzugrenzen, da sie sich nicht als "antikommunistisch" versteht und Kommunisten zu den konsequentesten Gegnern des "Faschismus" gehört hätten. Im März beteiligte sich die Organisation am "Zukunftskongress" der orthodox-kommunistischen SDAJ. Die Zusammenarbeit mit gewaltbereiten autonomen Antifaschisten - von der VVN-BdA verharmlosend "antifaschistische Jugendbewegungen" genannt - in Bündnissen gehört seit Jahren zum gängigen Repertoire der Or207 ganisation und wurde von ihr mehrfach bestätigt. Sie distanziert sich Öffentlich aber von jeglicher Gewaltanwendung. Am 25. Mai 2001 präsentierte sich in Berlin eine aus neun Organisationen bestehende "Plattform gegen Rassismus in Staat und Gesellschaft" (Plattform). Ihr gehörte neben der VVN-BdA u.a. die autonome "Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB) an. Die "Plattform" will für "breite antifaschistische Aktionseinheiten" eintreten und gegen den erstarkenden "Verwertungsrassismus" vorgehen, der Migranten in nützliche Arbeitskräfte und unnütze Schmarotzer einteilen wolle. Wie die Sprecherin einer beteiligten Organisation erklärte, seien sich die "Plattform"-Partner - also auch die VVN-BdA - in allen grundlegenden Fragen einig. Unterschiedliche Standpunkte gebe es aber z.B. bei der Anerkennung absoluter Gewaltfreiheit. In einer Broschüre "Der deutsche Militarismus ist Öfter mal nicht streng", tot, er riecht nur die von der einen Kommission "Neofawe schismus" der VVN-BdA in Nordrhein-Westfalen und dem "Hartmut- # 7 | Meyer-Archiv"" im Mai herausgegeben wurde, wird ein Jet der deutrunterholen... schen Luftwaffe mit dem Zusatz "Ofter mal einen runterholen " gezeigt. Diese Darstellung ist zumindest mehrdeutig. Verantwortlich im Sinne des Presserechtes zeichnet ein Funktionär der VVN-BdA. Der am 17.11.01 gewählte Landesvorstand der Hamburger Gliederung ("Landesvereinigung") wird zu 60 % von Personen majorisiert, die DKPMitglieder sind oder waren. Auch die Hamburger VVN-Gliederung sucht im Rahmen von sogenannten antifaschistischen Aktionen die Zusammenarbeit mit gewaltbereiten Autonomen und anderen Linksextremisten und kooperiert mit ihnen in verschiedenen Bündnissen. So gehört die VVN der "Antifaschistischen Koordination Hamburg" an, in der u.a. auch die trotzkistischen Organisationen "Linksruck", "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) und der "Revolutio208 när Sozialistische Bund" (RSB) sowie die orthodox-kommunistische "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) mitarbeiten. Im Rahmen einer geplanten "antifaschistischen" Aktion gegen einen rechtsextremistischen Aufmarsch in Bramfeld drohte ein VVN-Angehöriger im Januar Öffentlich in einem Schreiben an den Ersten Bürgermeister: Wenn die Stadt diese "Zusammenrottung" nicht verhindert, wird versichert, "dass Demokraten einer Zusammenrottung faschistischer Kräfte, sollte sie doch stattfinden, nicht tatenlos zusehen werden." In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, wie die VVN das Widerstandsrecht definiert: Ein Vorstandsmitglied wurde anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27.01.01 in der "taz" mit Ausführungen zum verfassungsrechtlich verbrieften Widerstandsrecht gegen staatlichen Machtmissbrauch (Art. 20 Abs. 4 GG) zitiert. Dieser liege vor, "..wenn Menschen eingesperrt werden, weil sie illegal im Land sind." Im Rahmen des Ostermarsches wurde von einem Demonstrationsteilnehmer behauptet, die rot/grüne Bundesregierung strebe die Umwandlung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee an. Es gehe um das imperialistische Interesse, Deutschland günstige Marktbedingungen zu sichern. Ein VVN-Vertreter ergänzte in einem weiteren Redebeitrag, die Bundeswehr wolle ihre Soldaten "auf brutale kleine Kriege gegen die brutalen kleinen Männer" in fernen Ländern vorbereiten. 5.2 Sonstige revolutionäre Marxisten "Marxistische Gruppe" (MG) Die "Marxistische Gruppe" (MG) besteht ungeachtet ihres nicht widerrufenen Auflösungsbeschlusses vom Mai 1991 fort und tritt in der Öffentlichkeit unter verschiedenen T7arnbezeichnungen auf. Bemerkenswert sind die Beständigkeit des Führungskaders und der beibehaltenen Ideologie. Die MG will den Boden für die angestrebte Revolution unverändert durch eine radkal destruktive Kritik der Verhältnisse bereiten (sie spricht auch von der "Waffe der Kritik"). In dem 2001 erschienenen Buch von Gerd KOEHNEN "Das Rote Jahrzehnt" heißt es zutreffend u.a., dass die MG von Lenin die "Konzeption eines Ordens der Berufsrevolutionäre, der im entscheidenden Augenblick ohne Rücksicht auf demokratische Mehrheiten die Macht in die Hände nimmt", übernommen habe. Jede revolutionäre Tätigkeit müsse "mit der 209 Entwicklung einer neuen revolutionären Theorie und einer immer schärferen und konkreteren Kritik der Verhältnisse beginnen -- und zwar einer radikal destruktiven Kritik", die zur Produktion von Illoyaltät bei all denen führe, die fühlten, wie sie täglich über den Löffel barbiert würden. In Hamburg agiert die MG offen unter "Redaktion Gegens- " tandpunkt" - benannt nach z RER " ni der seit 1992 erscheinenden f: 5 >: er: gleichnamigen SruppEUR"ri zur r tik Vierteljahreszeitschrift der ana tenn "Gruppe Kritik und "und: iskü S SI on. Diskussion" (K&D). Bei ihren ühgethichke iVetanfÄdlounagen, Werkstatt 3" (W 3) oder in Räumlichkeiten der Universität Hamburg stattfinden, referieren Personen, die schon vor der Scheinauflösung Funktionäre der Gruppe waren. Auch die Hamburger Gruppe weist eine große Kontinuität und Stabilität auf. Sie gewinnt aber auch Personen jüngeren Alters hinzu. In Hamburg versucht sie die eigene Ideologie (Ablehnung der "Kapitalistischen Weltordnung") in andere Bereiche, auch die "autonome" Szene zu tragen, ohne bislang nennenswerte Wirkung erzielt zu haben. In den Strukturen des Hamburger "Freien Senderkombinats"" (FSK), Schulterblatt, hat die MG Fuß gefasst. Eine im Februar 2001 in die Öffentlichkeit getragene Auseinandersetzung wegen der MG-Präsenz beim FSK hat daran nichts geändert. Seinerzeit hieß es dazu in dem monatlich erscheinenden FSK-Organ "transmitter" in Richtung FSK-Verantwortliche: "Was bitte ist in alte Genossen gefahren, durchgeknallte Macker wie die Apparatschiks ohne Apparat von der alten MG ins Projekt zu schleusen? Seit wann ist FSK ein Speakers Corner für wahnsinnige Sekten?" Die öffentlichen Aktivitäten wurden in Hamburg im Jahre 2001 ausgeweitet. Seit April bietet die MG - ebenfalls als "Redaktion Gegenstandpunkt" - in vierzehntägigem Rhythmus (Semesterferien ausgenommen) in Räumen der Universität Hamburg /deologie-Schulungen, sogenannte "KapitalSchulungen" an - benannt nach Marx "Das Kapital". Während einer Öffentlichen Veranstaltung zu den Terroranschlägen vom 1. September sprach die MG von einer neuen Kriegstaktik. Ohne Militär 210 und Waffen, nur mit zivilen Mitteln sei es gelungen, die Supermacht USA in die Knie zu zwingen. Die Anschläge wurden verurteilt, gleichzeitig aber auch Verständnis für die Täter aufgebracht, die den Versuch unternommen hätten, ein weiteres Vordringen der "imperialistischen" USA zu verhindern oder wenigstens zu bremsen. Trotzkisten: Die Globalisierungsdebatte war = für trotzkistische Organisationen wie eine Wiederbelebung. Früher als die Autonomen brachten sie sich vehement in das Thema ein. Trotzkistischer Vorreiter dieser Entwicklung war das linksextremistische "Linksruck-Netzwerk" (LR). Im Hintergrund von Linksruck wirkt die selbst nicht in Erscheinung tretende trotzkistische "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) - deutsche Sektion des in London ansässigen trotzkistischen Dachverbandes "/nternational Socialists" (IS). Die SAG strebt den Aufbau einer revolutionären kommunistischen Partei, eine Proletarische Revolution und die Entwicklung eines von Arbeiterräten geführten Staates an. Folgerichtig formuliert auch Linksruck in den so genannten "Leitsätzen": "Die Abschaffung des Kapitalismus und die Einführung einer Rätedemokratie sind Voraussetzungen zur endgültigen Beseitigung jeder Unterdrückung." Auch taktisch folgt Linksruck einer trotzkistischen Entrismuspolitik, d.h. Linksruck versucht andere Organisationen wie Gliederungen von demokratischen Parteien, Gewerkschaften oder andere politische Bündnisse zu unterwandern. In den zurückliegenden Jahren versuchte Linksruck dies bei der SPD-Jugendorganisation "Jungsozialisten" zu erreichen. Vorübergehend hatte Linksruck in Hamburg in einigen Ortsvereinen durchaus Erfolg. Mittlerweile scheint sich diese 7aktik verändert zu haben. Im vergangenen Jahr trat Linksruck zumindest in Hamburg unter Verzicht auf Tarnbezeichnungen offen durch zahlreiche Demonstrationsund Veranstaltungsanmel211 dungen auf. Linksruck-Angehörige nahmen an Demonstrationen mit unterschiedlichstem Tenor teil. Insbesondere anlässlich verschiedener "antifaschistischer" Demonstrationen wurde deutlich, dass sich auch am Vorgehen von Linksruck etwas verändert hat. So bildeten LINKSRUCKAngehörige geschlossene Demo-Blocks, gingen entschlossen und drohend auf Polizeiketten zu und rüttelten an Absperrgittern. Linksruck konnte noch im Jahr 2000 zahlreiche neue Mitglieder werben, die sich zum größeren Teil aber offensichtlich nach kurzer Verweildauer wieder von der Organisation abgewendet haben. Grund hierfür ist ihr sehr straffes und nicht sehr diskussionsfreudiges Innengefüge, aber auch eine "Sexismusdebatte", aus der Jahre vorher schon die autonome Szene stark geschädigt hervorging. Im Jahr 2001 verließen zahlreiche Neumitglieder die Organisation. Linksruck versucht in Hamburg, sich neu zu strukturieren und Einfluss auf das Antiglobalisierungsnetzwerk "ATTAC" zu nehmen. "Kommunistische Plattform" (KPF): Die "Kommunistische Plattform" innerhalb der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) hat in Hamburg kaum noch eine Bedeutung. Sie hängt zwar nach wie vor dem orthodox-kommunistischen Weltbild nach und behauptet weiterhin, dass die DDR das "bessere" Deutschland gewesen sei. Allerdings lähmte die KPF der nach wie vor heftige Flügelkampf innerhalb des Hamburger PDS-Verbandes. Auch bundesweit konnte die Hamburger KPF keine nennenswerten Akzente setzen. 212 V. Scientology-Organisation 1. Zielsetzungen Die Scientology-Organisation (SO) wird seit 1997 vom Verfassungsschutz beobachtet, da es tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie politische Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Die verfassungsfeindliche Ausrichtung ergibt sich aus den Zielsetzungen der SO, die wiederum in den Schriften des Gründers der Scientology, L. Ron HUBBARD (1911-1986), niedergelegt sind. Zentrale Bedeutung haben seine sogenannten "Richtlinienbriefe" (Hubbard Communication Office Policy Letter, HCOPL), die dauerhaft gültig sind und inhaltlich nicht geändert werden dürfen. Die Bestrebungen der SO laufen darauf hinaus, mittels ihrer geistigen "Technologie", deren Kernstück das sogenannte "Auditing" (Verhörmethode zur Bewusstseinsund Verhaltenskontrolle) bildet, ein allein an scientologischen Wertvorstellungen orientiertes, totalitäres Herrschaftssystem zu errichten und dieses durch Expansion in alle Bereiche des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens als allgemeinverbindlich durchzusetzen. Wer die Organisation kritisiert o- der sich ihrem Machtstreben in den Weg stellt, gilt als "Unterdrückerische Person" ("Supressive Person", SP) und wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft. Hierzu bedient sich die SO auch geheimdienstlicher Methoden. HUBBARD spricht allen Nicht-Scientologen die Fähigkeit ab, vernünftige Politik zu machen. Nicht-Scientologen seien "aberriert" (d. h. geistig krank) und sollten demnach keine Bürgerrechte erhalten. Die Organisation betreibt mit ihrer "Technologie" eine Art Geheimwissenschaft." Diese wird den sich auf Scientology Einlassenden aber nur stückweise eröffnet. Erst mit der Absolvierung fortgeschrittener, und damit immer teurerer Kurse werden die wirklichen Ziele der SO vermittelt und höhere Bewusstseinsstufen in Aussicht gestellt, um die Mitglieder in Abhängigkeit zu halten. Dabei wird die häufig labile psychische Situation der Betroffenen schonungslos ausgenutzt. 2 ausführlich hierzu: Landesamt für Verfassungsschutz, "Der Geheimdienst der ScientologyOrganisation", April 1998, S. 2-7 213 2. Strukturen Die SO ist eine multinationale, streng hierarchisch aufgebaute Organisation mit einer Vielzahl von Unterund Nebenorganisationen. An der Spitze des internationalen Managements steht das "Religious Technology Center" (RTC). Es soll als Inhaber aller Rechte und Besitzer aller "Warenund Dienstleistungszeichen" der SO deren Existenz und Funktionsfähigkeit sicherstellen. Ihren Sitz hat die von HUBBARD-Nachfolger David MISCAVIGE geführte Schaltzentrale in Los Angeles/ USA. Zu den wichtigsten Organisationen im internationalen scientologischen Netzwerk gehört die "Sea Organization" (Sea Org). Diese elitäre, mit umfassenden Machtbefugnissen ausgestattete Einrichtung besetzt die wichtigsten Führungspositionen innerhalb der SO und unterhält sogar Strafbzw. Arbeitslager - so genannte "Rehabilitation Project Force" (RPF) - in Dänemark, England und den USA.? Die "International Association of Scientologists" (lAS) ist ein weltweiter Verbund von Scientologen mit Hauptsitz in Saint Hill in Großbritannien. Sie sammelt Mitgliedsbeiträge und Spenden, um kostspielige Kampagnen der SO zu finanzieren, insbesondere, um vermeintliche oder tatsächliche "Angriffe" auf die SO abzuwehren bzw. Gegner zu attackieren. Besonders hervorzuheben innerhalb der SO-Hierarchie ist das "Office of Special Affairs" (OSA), das neben seiner Zuständigkeit für Rechtsangelegenheiten und Public Relations geheimdienstliche Operationen durchführt. Das OSA hat die Aufgabe, alles aus dem Weg räumen, was einer Ausdehnung der SO entgegensteht.* Das "World Institute of Scientology Enterprises" (WISE) wurde 1978/79 von "Sea Org"-Angehörigen gegründet, um die "Technologien" der SO in die internationale Geschäftswelt hineinzutragen und Wirtschaftsunternehmen unter ihre Kontrolle zu bringen. Im sozialen und gesellschaftspolitischen Bereich tritt die SO unter der Bezeichnung "Association for Better Living and Education" (ABLE) in Erscheinung. ABLE ist eine Vereinigung verschiedener Gruppierungen, die in ? s. Broschüre d. Arbeitsgruppe Scientology/Landeszentrale für politische Bildung: "Gehirnwäsche im Rehabilitation Project Force {RPF) der Scientology-Organisation", Oktober 2000 *s. "Der Geheimdienst der Scientology-Organisation" 214 der Drogenund Gefangenenrehabilitation ("Narconon", "Criminon") und im Bildungsbereich ("Applied Scholastics") aktiv sind. Mit Hilfe dieser Einrichtungen will die SO ihr vermeintlich soziales Engagement herausstellen. Tatsächlich verfolgt die Organisation aber das Ziel, ihre "Technologie" zu verbreiten und neue Kunden und Mitglieder zu werben. Die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (KVPM), die sich auf internationaler Ebene "Citizens Commission on Human Rights" (CCHR) nennt, ist eine weitere Nebenorganisation der SO, die speziell gegen die Psychiatrie agitiert. Im sog. "Celebrity Centre" werden prominente Scientologen betreut, um deren Popularität und Einfluss für Propagandazwecke zu nutzen. Die verschiedenen Arbeitszweige der SO werden vom "WatchdogCommittee" (\WDC) überwacht und von weiteren internationalen Managementeinheiten in den USA kontrolliert. Unterhalb der internationalen Managementebene befinden sich als weitere Einrichtungen mit Führungsund Kontrollfunktionen die sog. "kontinentalen Verbindungsbüros" ("Continental Liasion Office", CLO). In Europa gibt es mehrere CLOs; das für Deutschland zuständige CLO befindet sich in Kopenhagen. Bedeutende nationale Führungsstrukturen gibt es in der SO nicht. Die Basis der scientologischen Kernorganisation bilden die sog. "Class V"Organisationen. Diese vorzugsweise in Großstädten angesiedelten Scientology-Zentren, intern nur kurz "Orgs"" genannt, treten nach außen als "Scientology-Kirchen" auf. Gemäß den Richtlinien HUBBARDs sind sie in sieben Abteilungen gegliedert. Eine neue, vom scientologischen Geheimdienst OSA gelenkte Nebenorganisation in Deutschland ist die "Aktion Transparente Verwaltung" (ATV), die im September 2000 in Hamburg und München gegründet wurde. Nach außen setzt sich die ATV, die auf ihrer Internetseite einräumt, dass sie von "Mitgliedern der Scientology-Kirche unterstützt" wird, u.a. für die Informationsfreiheit der Bürger und die Verabschiedung entsprechender Gesetze in Bund und Ländern ein. Ihr Interesse richtet sich jedoch in erster Linie darauf zu erfahren, welche Informationen staatliche Stellen über die SO sammeln bzw. gesammelt haben. Bis auf eine Ende des Jahres 2000 gestartete Flugblattverteilung mit Unterschriftensammlung sind bislang keine nennenswerten Aktivitäten der ATV in Hamburg bekannt geworden. 215 3. Themen und Aktivitäten Die SO führte im Jahr 2001 in Hamburg ihre im Vorjahr begonnene Kampagne gegen die "Arbeitsgruppe Scientology" und ihre Leiterin durch mehrere Flugblatt-Verteilungen fort. Ihre regelmäßigen, allerdings nur von wenigen SO-Anhängern unterstützten Protestaktionen vor der Innenbehörde wurden jedoch in der zweiten Jahreshälfte eingestellt. Mit Werbeveranstaltungen auf der Straße, vor allem in der Hamburger Innenstadt und in St. Georg, versuchte die Organisation, neue Interessenten zu gewinnen. Die traditionelle Auftaktveranstaltung für die Expansionsbestrebungen der Hamburger SO fand erst am 08./09.06.2001 statt. Unter dem Motto "Kongress für eine NEUE Zivilisation" versammelten sich etwa 300 Scientologen in Rahlstedt. Die Zusammenkunft diente vor allem der Mobilisierung und Motivation der SO-Mitglieder und dem Sammeln von Spenden für neue Kampagnen. Schwerpunkt der Werbekampagnen ist die alljährliche "Was Ist Scientology?"Ausstellung, die vom 15. bis 29.06.2001 in eigens angemieteten Räumlichkeiten im Neuen Wall veranstaltet wurde. Um den unmittelbaren Bezug zu Scientology zu verbergen, wurde die zweiwöchige Veranstaltung nach außen unter das Motto "Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum Leben!" gestellt. Angesprochen von einem der vielen SO-Mitarbeiter, die das unverfängliche Begleitheft zur Ausstellung in der Umgebung verteilten, ließen sich zahlreiche Passanten zu einem Besuch überreden, um sich dort vorgeblich über Drogenprobleme und -prävention informieren zu können. Der Organisation gelang es jedoch nicht, dieses Interesse in steigende Mitgliederzahlen für Scientology umzusetzen. Viele Besucher reagierten empört, als sie nach Betreten der Ausstellung den 216 wahren Hintergrund erkannten. Im Januar 2002 fand eine weitere "Was ist Scientology?"-Ausstellung in einem Cafe im Park "Planten un Blomen" statt, die jedoch sehr viel schlechter besucht wurde. Wie bereits die Themensetzung der ersten Ausstellung verdeutlicht, legte die SO im Berichtsjahr bei ihren öffentlichen Aktivitäten ein Schwergewicht auf den "Kampf gegen Drogen". Dabei mischten sich Scientologen z.B. mit Leserbriefen in eine im "Hamburger Abendblatt" um das Medikament "Ritalin" geführte Diskussion ein. Die SO versuchte Eltern, deren Kinder mit diesem Psychopharmakon behandelt werden, einzureden, sie trieben damit ihre Kinder in die Drogenabhängigkeit. Auch durch diese "Aufklärungsarbeit" wurde versucht, neue Mitglieder zu rekrutieren. Trotz aller Bemühungen konnte die SO in Hamburg aber keine nennenswerten Erfolge verzeichnen. Im Gegenteil: Langjährige Mitglieder zogen sich enttäuscht aus der Organisation zurück, während neue Interessenten nur in Einzelfällen dauerhaft an die Organisation gebunden werden konnten. Die Mitgliederfluktuation ist nach wie vor hoch. Auch finanziell gerieten die "Hamburg Org" und die "Eppendorf Org" in Schwierigkeiten. Von der von Scientology ständig herbeigeredeten Expansion konnte somit auch im Jahr 2001 keine Rede sein. Die Zahl der SO-Anhänger im Einzugsbereich der beiden Hamburger Orgs liegt weiterhin bei etwa 900. Die Gesamtzahl der Scientologen in Deutschland hat sich ebenfalls nicht geändert (5.000 bis 6.000). Die SO stagniert aber nicht nur in Deutschland, sondern in Westeuropa insgesamt. Anhand minimaler Erfolge werden in Hamburg wie anderswo vor allem gegenüber der eigenen Anhängerschaft die wahren Verhältnisse schöngeredet. Die Schuld für die Nichterreichung von Wachstumszielen wird "Unterdrückerischen Personen" zugeschrieben, gegen die die SO vorgehen will. Zu den wenigen Veranstaltungen mit bundesweiter Resonanz gehörte die Kundgebung am 02.07.2001 in Berlin. Anlässlich eines Psychiatriekongresses führte die SO unter dem Deckmantel ihrer Nebenorganisation "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (KVPM)} in der Bundeshauptstadt eine Demonstration gegen die psychiatrische Praxis in Deutschland durch, an der mehrere Hundert SO-Anhänger teilnahmen, darunter etliche Hamburger Scientologen. Die SO versuchte auch, sich die Terroranschläge in den USA zu Nutze zu machen und ihre Lehre als Ausweg und Rettung für die Welt zu präsentieren. So wurde beispielsweise argumentiert, dass es in einer 217 scientologischen Gesellschaft zu derartigen Anschlägen nicht gekommen wäre. Nur Nicht-Scientologen seien zu solchen Verbrechen fähig. Die Organisation untermauerte diese im Internet und in verschiedenen Flugschriften verbreitete These mit Bildern ihrer Mitglieder im freiwilligen Einsatz vor den Ruinen des "World Trade Centers". Die so genannten "ehrenamtlichen Geistlichen" der SO sollten dort Polizisten und Feuerwehrleuten psychischen Beistand leisten. 218 VI. Spionageabwehr 1. Überblick Die Ereignisse vom 11. September 2001 ließen die mächtigsten Länder der Welt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus näher zusammenrücken. Der Präsident der Russischen Föderation bot dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika spontan Unterstützung bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus an. Auch die zur Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zählenden Länder Usbekistan und Tadschikistan kamen ihrem einstigen ideologischen Gegner entgegen, indem sie den USA ihre Hoheitsgebiete als Basis für den Kampf gegen das Al-Qaida-Netzwerk und die Taliban in Afghanistan zur Verfügung stellten. Der Nachrichtenagentur AP vom 02.11.01 zufolge riet der Leiter des Aussischen Inlandsdienstes FSB, Nikola PATRUSCHEW, der in Russland für die Terrorismusbekämpfung zuständig ist, bei einem Treffen aller GUSGeheimdienstleiter in Duschanbe/Tadschikistan den USA zu einem baldigen Vergeltungsangriff und sagte seine Unterstützung zu. Nach russischen Presseagenturen erwartet PUTIN, dass die militärischen Geheimdienste bei Konflikten und im Kampf gegen den Terrorismus künftig eine wichtigere Rolle spielen. Die Bedeutung der militärischen Nachrichtendienste könne nicht hoch genug eingeschätzt werden. Spezialeinheiten seines militärischen Geheimdienstes komme dieser Stellenwert bereits zu, nämlich im Kampf gegen muslimische Separatisten in Tschetschenien und bei der Zusammenarbeit mit Partnern der Antiterror-Allianz. Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen sind die Anschläge vom 11.09.2001 ausschließlich auf terroristische Motive zurückzuführen. Belegbare Anhaltspunkte für eine nachrichtendienstlich gesteuerte bzw. auf eine unterstützende Tätigkeit fremder Nachrichtendienste liegen bislang nicht vor. Unabhängig von den gemeinsamen Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus setzten einige der in diese Allianz eingebundenen Länder ihre Spionagetätigkeit gegen die Bundesrepublik unvermindert fort. Russland und andere Republiken der GUS sind insbesondere an Informationen aus 219 den "klassischen" Bereichen Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung interessiert. Die Aufklärung der nah-, mittelund fernöstlichen Staaten richtet sich vorwiegend auf die Ausforschung und Unterwanderung in Deutschland ansässiger Personen und Organisationen, die in Opposition zum Regime ihres Heimatlandes stehen. Darüber hinaus setzen diese Staaten ihre Nachrichtendienste unvermindert zur verdeckten Beschaffung von Informationen über atomare, biologische und chemische Vernichtungswaffen ein. 2. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation Durch die Wahl PUTINs zum Präsidenten der Russischen Föderation im März 2000 konnten die Nachrichtendienste ihren Stellenwert im russischen Staatsapparat festigen. Aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit zum KGB und seiner früheren Funktion als Leiter des Inlandsdienstes FSB hält PUTIN das Leitungspersonal der eigenen Nachrichtendienste für befähigt, auch politische Ämter und staatliche Führungspositionen im Regierungsapparat zu übernehmen. Unverändert hält PUTIN entscheidende Regierungspositionen - vor allem im Sicherheitsbereich - mit ehemaligen Nachrichtendienstoffizieren besetzt und stärkt damit seine Hausmacht. Neuer Verteidigungsminister wurde der PUTIN-Vertraute und ehemalige KGB-Mitarbeiter Sergej] |IWANOW. Erstmals in der jüngeren Geschichte Russlands wurde damit ein nicht aus dem Militär stammender Offizier in dieses Amt berufen. Zur Durchsetzung seiner politischen Ziele setzt PUTIN weiterhin auf die Unterstützung, Loyalität und Leistungsfähigkeit seiner Nachrichtendienste. Sie haben dazu beizutragen, die politischen Vorstellungen der russischen Regierung umzusetzen. Die russischen Aufklärungsdienste haben die traditionellen Arbeitsmethoden ihres sowjetischen Vorgängers KGB im Wesentlichen beibehalten. Anlässlich der Präsentation eines Spionagebuches in Moskau (Titel: "Sie stahlen die Bombe für die Sowjets") erklärte der SWR-Sprecher Boris LABUSSOW lapidar: 220 "Solange es einen Staat gibt, solange es Interessen eines Staates gibt und solange die Notwendigkeit besteht, diese Interessen zu schützen - solange wird es auch Spione geben." ("Die Presse", 23.02.2001) Jurii SOKOLOW, sowjetischer Spion in den USA und später Ausbilder russischer Agenten, berichtete bei dieser Präsentation, dass Moskau auch nach dem Kollaps der Sowjetunion ein effektives Geheimdienstnetz unterhalte: "Während der vergangenen zehn Jahre habe ich junges Personal in wissenschaftlicher und technischer Geheimdienstarbeit ausgebildet. Ich zog einige Dutzende junge, gute Agenten heran, die zur Zeit im Dienst stehen und bereits positive Ergebnisse erzielt haben." ("Die Presse", 23.02.2001) Die "klassischen" Zielbereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, das Militär sowie die westlichen Nachrichtenund Sicherheitsdienste sind unverändert Schwerpunkt der russischen Auslandsaufklärung. Wenn auch der Kalte Krieg länger als zehn Jahre beendet ist - die Spionage hat Hochkonjunktur. Die Bundesrepublik Deutschland ist dabei weiterhin ein wichtiger Schwerpunkt des Aufklärungsinteresses. \Wenn auch die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion ihre Kooperationsbereitschaft mit den Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU) und des Nordatlantikpaktes (NATO) betonen, betreiben gerade die russischen Nachrichtendienste SWR (Zivile Auslandsaufklärung), FSB (Ziviler Inlandsdienst) und die GRU (Militärischer Auslandsdienst) Aufklärung in der bzw. gegen die Bundesrepublik. Dafür spricht vor allem die getarnte Präsenz einer hohen Anzahl von - in sogenannten Legalresidenturen tätigen - russischen Nachrichtendienstoffizieren. Sie nutzen vielfältige Möglichkeiten, um Informationen offen oder konspirativ zu beschaffen, wobei die offene Abschöpfung nochmals zugenommen hat und in den Vordergrund der Nachrichtenbeschaffung gerückt ist. Der Geheimdienst-Chefberater des SWR, General Wadim KIRPITSCHENKO, erklärte im Dezember 2000 gegenüber der russischen Presse, dass zwar 95 % der Informationen offen beschafft würden, aber erst das verdeckt erlangte Wissen von 5 % den vollen Wert ausmache. Die Dienste nutzen Informationsquellen, die auch der Allgemeinheit zur Verfügung 221 stehen. Auf Tagungen, Messeveranstaltungen, Vorträgen und Symposien suchen sie die Bekanntschaft von Besuchern und Teilnehmern, um sie in Gesprächen abzuschöpfen und gleichzeitig zu prüfen, ob sie als potentielle Zielperson geeignet sind ("Die Presse" vom 23.02.2001}. Insbesondere das /nternet hat einen hohen Stellenwert für die russische Aufklärung, sie nutzt es für offene wie für operative Aktivitäten. Diese umfassen die offene Informationsbeschaffung in allen Aufklärungsbereichen, das Abklären von Wirtschaftsunternehmen, Behörden und Personen, den Empfang und das Senden elektronischer Post und die Kontaktaufnahme mit Zielpersonen und Agenten. Bei der konspirativen, d.h. verdeckten Informationsbeschaffung, zu der auch das "Abschöpfen" von Gesprächen gehört, verschleiern die Geheimdienstmitarbeiter ihre Herkunft und ihre wahren Absichten. Sie versuchen - getarnt als Diplomat, Journalist oder Geschäftsführer einer russischen Firma - an nachrichtendienstlich interessante Informationen zu gelangen. Geschulte Nachrichtendienstoffiziere werden auf getarnten Dienstposten eingesetzt und sind für Außenstehende nicht von einem echten Diplomaten, einem Kaufmann oder Korrespondenten zu unterscheiden. Reisen von Bundesbürgern nach Russland bzw. in andere GUS-Staaten bieten den dortigen Aufklärungsdiensten gute Ansatzpunkte für Kontaktaufnahmen und Anwerbungen. Durch die lückenlose Überwachung der Besucher werden interessante Zielpersonen für eine mögliche nachrichtendienstliche Ansprache herausgefiltert. Die tatsächlichen Absichten werden dabei oftmals verschleiert und unter dem Deckmantel geschäftlicher oder privater Kontakte verfolgt. Mit den so gewonnenen Informationen können spätere Geschäftsoder Privatreisen für operative Vorhaben genutzt werden. Die Informationsbeschaffung mit menschlichen Quellen wird zunehmend ergänzt durch moderne Kommunikationstechnik. Dennoch kommt kein Nachrichtendienst ohne menschliche Quellen aus. Wie in Russland sind auch in den übrigen GUS-Staaten die Nachrichtendienste ein fester Bestandteil ihres politischen Systems. Die meisten Nachrichtendienste der GUS-Republiken haben untereinander Kooperationsabkommen geschlossen, die eine Zusammenarbeit und einen Austausch von Daten gewährleisten sollen. Gegenseitige Unterrichtungen beziehen sich vorrangig auf Informationen über Einund Ausreisen von Personen, die für die jeweiligen Nachrichtendienste von besonderem Interesse sind. Die Aufmerksamkeit gilt hierbei nicht nur westlichen Geschäftsund Firmenvertretern, sondern auch den in den GUS-Staaten verbliebenen 222 Deutschstämmigen und deren zum Besuch einreisenden Familienangehörigen sowie Aussiedlern. 3. Nachrichtendienste von Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens sowie Nordafrikas Die Bundesrepublik ist entsprechend ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung und wegen Ihrer liberalen Asylund Ausländerpolitik seit einigen Jahren ein unverändert verstärktes Aufklärungsziel für Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens. Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten beschränken sich dabei nicht nur auf die "klassische" Spionage. Staaten wie Iran, Irak, Syrien, Libyen und China richten ihr Blickfeld vor allem auf ihre eigenen Staatsangehörigen, die in Opposition zu dem politischen Regime ihres Heimatlandes stehen. Vorrang hat dabei die /nfiltration der in Deutschland existierenden Exilgruppen und ihrer Mitglieder. Bevorzugte Beobachtungsobjekte des Am 05.12.2001 wurden in iranischen Nachrichtendienstes sind Mainz und Bonn zwei syrische z.B. die iranischen WiderstandsgrupStaatsbürger wegen Verdachts pen der Volksmodjahedin und des geheimdienstlicher AgententäNationalen Widerstandsrates (NWRI). tigkeit für den syrischen GeAm 24.07.01 wurde in Offenbach heimdienst vorläufig festgeein in Deutschland lebender Iraner nommen. Die Beschuldigten wegen Verdachts der Agententätigstehen im Verdacht, seit 1996 keit für den iranischen Geheimdienst in Deutschland lebende ZLandsVEVAK festgenommen. Er soll im leute ausgeforscht zu haben, Auftrag des iranischen Nachrichtendie eine oppositionelle Tendenz dienstes im Raum Frankfurt/M. legegenüber ihrer Regierung gebende Oppositionelle und deren Orzeigt hätten. ganisationen bespitzelt haben. Ausforschung und Unterwanderung systemkritischer Landsleute im Ausland sind auch Schwerpunkte der syrischen und chinesischen Nachrichtendienste. Ihre geheimdienstlichen Aktivitäten werden dabei über ihre diplomatischen Vertretungen in Deutschland getarnt. 223 4. Wirtschaftsspionage / Proliferation Aufgabe des Verfassungsschutzes ist auch die Abwehr der Wirtschaftsspionage. Die Verfassungsschutzbehörden dürfen auf diesem Feld nur tätig werden, wenn staatliche Nachrichtendienste gegen die Bundesrepublik vorgehen. Das illegale Beschaffen von Know-how und Waren durch konkurrierende Privatunternehmen berührt nicht die Zuständigkeit des Verfassungsschutzes. Er beobachtet das von ausländischen Nachrichtendiensten gesteuerte oder auf nachrichtendienstliche Weise erfolgte Beschaffen von Gütern und Know-how, das sich auf die Herstellung und Entwicklung atomarer, biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen richtet sowie die dafür erforderliche Raketentechnologie. Am 07.10.01 wurde ein 43- | Pas ungesetzliche Verbreiten dieser jähriger iranstämmiger MitarTechnologien und Mittel bedroht den beiter eines Rüstungsunter- | Weltfrieden und stellt weltweit eines nehmens in Oberpfaffenhofen der größten Sicherheitsrisiken dar. vom Bayerischen LandeskriDie anhaltende Krisensituation im Naminalamt vorläufig festgehen und Mittleren Osten führt zu vernommen. Der Beschuldigte | Stärkten Rüstungsbemühungen der steht im Verdacht, ihm berufdortigen Staaten. Neben der konservalich zugängliche militärische tiven Waffentechnik streben sie den Unterlagen an einen ijraniBesitz atomarer, biologischer und schen Nachrichtendienst gechemischer Waffen und der zu deren liefert zu haben. Einsatz benötigten Trägertechnologie an. Es handelt sich hierbei vorrangig um Staaten des Nahen und Mittleren Ostens - /ran, Irak, Libyen und Syrien - sowie Indien und Pakistan. Nordkorea fördert eine Weiterverbreitung (Proliferation) dieser nicht konventionellen Rüstung, z.B. den Verkauf von Raketen. Obwohl die Krisenländer in Teilbereichen bereits über Massenvernichtungswaffen verfügen, intensivieren sie ihr Engagement auf diesem Sektor. Bestehende Arsenale sollen komplettiert, die Waffen in ihrer Verwendbarkeit perfektioniert werden. 224 Irak setzte im Krieg mit Iran (erster Golfkrieg, 1980-1988) chemische Kampfstoffe ein und beschoss im zweiten Golfkrieg 1991 Israel mit SCUD-Raketen. Libyen hat eine Chemiewaffenproduktionsanlage bei Rabta errichtet. Nordkorea ist heute Lieferant von Raketen in andere Länder. /ran besitzt Chemiewaffen und weitreichende Raketen. Pakistan und Indien schließlich testeten nukleare Sprengsätze. Nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens hat der /ran 2001 eine neue Lenkrakete getestet. Der Test der Feststoffrakete "Fateh" (Siegreich) sei erfolgreich verlaufen. Die von der iranischen Rüstungsindustrie hergestellte Boden-Boden-Rakete sei die wertvollste des Landes und zerstöre ihre Ziele mit hoher Präzision. Die Reichweite der Rakete nannte der Sender nicht. 225 A-Waffen B-Waffen C-Waffen Raketen Iran Nein* * Nein* * Ja Ja Irak * Nein* * Ja Ja Ja Syrien Nein* * Nein Ja Nein* * Libyen Nein Nein Ja Nein* * Pakistan Ja Nein* * Nein* * Ja Indien Ja Nein* * Ja" * Ja Nordkorea Nein* * Ja Ja Ja vor dem zweiten Golfkrieg =* Forschungsund Entwicklungsprogramm erwiesen oder vermutet (Quelle: Publikation "Proliferation - das geht uns an"; Herausgeber: Bundesamt für Verfassungsschutz für die Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern; Stand: 01/2001) Massenvernichtungswaffen und die entsprechende Trägertechnologie sind auf dem freien Markt nicht erhältlich. Deutschland ist internationale Verpflichtungen eingegangen, die die Bekämpfung und Verhinderung der Proliferation und damit das friedliche Zusammenleben der Weltbevölkerung zum Ziel haben. Aktivitäten, die von deutschem Boden aus die Proliferation fördern, schädigen die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik nachhaltig. Dies gilt in besonderem Maße für ihre politische Glaubwürdigkeit und das Ansehen der deutschen Außenpolitik. Die strenge Gesetzgebung und die wirksamen Exportkontrollen in Deutschland sind bei der Beschaffung einschlägiger Güter eine hohe Hürde. Sie zu umgehen bedienen sich die Krisenländer verschiedener Methoden: Geheimdienstmitarbeiter... e treten getarnt als Besteller oder Käufer auf. e nutzen konspirativ arbeitende Beschaffungsnetze. e verschleiern den tatsächlichen Abnehmer durch den Gebrauch von harmlos klingenden Firmennamen. e benutzen neutrale oder in die Irre führende Projektbezeichnungen. e geben Universitäten als Endabnehmer an. e gründen kleine Firmen im eigenen Land oder im Ausland für das Abwickeln eines einzigen Geschäfts und schließen sie danach 226 wieder. Als Drehscheiben für solche Geschäfte und als Sitz solcher Firmen sind bislang Singapur, Zypern, Malta oder Dubai festgestellt worden. e missbrauchen Export-unerfahrene Lieferanten. e nutzen Firmen im Herstellerbzw. Lieferland, die illegale Beschaffungen unter einer Masse an legalen Geschäften verbergen. e teilen die Beschaffungen in viele, für sich allein gesehen unverdächtige Einzelpakete auf, so dass die Proliferationsrelevanz des gesamten Geschäftes nur schwer erkennbar wird. Ein Lieferant hat es danach schwer, die tatsächliche Verwendung seiner Waren zu erkennen. Ein besonderes Problem sind dabei solche Güter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können, so genannte Dual-Use-Güter. Wegen Beteiligung am Aufbau des libyschen Chemiewaffenprogramms wurde ein Ingenieur aus Deutschland am 19.06.2001 vom Stuttgarter Landgericht wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz und der Umgehung des Libyen-Embargos der UN zu 2 % Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er an der Lieferung einer Abgaswaschanlage für eine Giftgasanlage mitgewirkt hatte. Die Anlage wurde in Indien gebaut, auf dem Seeweg nach Tripolis/Libyen gebracht und dort 1994 aufgebaut. 227 VII. Geheimund Sabotageschutz 1. Allgemeines Informationen, deren Kenntnis durch Unbefugte den Bestand lebenswichtiger Interessen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder gefährden könnte, sind wirkungsvoll zu schützen. Sie müssen im Interesse des Staates geheimgehalten werden. Über die nationalen Interessen hinaus hat sich die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der NATO und anderer überund zwischenstaatlicher Organisationen dazu verpflichtet, beim Austausch geheimhaltungsbedürftiger Informationen mit den Partnerstaaten bestimmte Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Mit der Weiterentwicklung der Europäischen Union und seit der Vereinigung Deutschlands sowie der Auflösung des Warschauer Paktes hat der Personenund Warenverkehr - auch mit dem ehemaligen Ostblock - nahezu grenzenlose Formen angenommen. Dies macht es interessierten Ländern leichter, Informationen zu beschaffen und daraus Vorteile zu schöpfen. Behörden, Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen gehören nach wie vor zu den klassischen Aufklärungszielen der Nachrichtendienste fremder Staaten. Das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg versucht, durch personelle, technische und organisatorische Vorkehrungen Sicherheit vor der Ausforschung durch Unbefugte zu erreichen. Die dem Amt übertragenen Mitwirkungsaufgaben sind in 8 4 Absatz 2 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG vom 07.03.95, zuletzt geändert am 30.01.2001; & Anhang), im Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG vom 25.05.99) und in der Verordnung zur Bestimmung sicherheitsempfindlicher Bereiche nach dem HmbSÜG vom 21.03.2000 geregelt. Im Bereich der Hamburger Behörden und der Wirtschaft nimmt das Landesamt Sicherheitsüberprüfungen von Personen vor (2 2.1) und veranlasst bzw. trifft selbst Maßnahmen zum materiellen Geheimschutz (2 2.2). Darüber hinaus werden Zuverlässigkeitsüberprüfungen aus Gründen des personellen Sabotageschutzes durchgeführt. Vereinzelt kommen Überprüfungen bei Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen 228 hinzu, um mögliche sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten aufzuklären oder abzuwehren. 2. Geheimschutz im Behördenbereich 2.1 Personeller Geheimschutz Grundlage des personellen Geheimschutzes ist das Hamburgische Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG). Das am 25.05.99 von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedete Gesetz lehnt sich an das auf Bundesebene geltende SÜG an und löste die in Hamburg bis dahin geltenden Sicherheitsrichtlinien von 1991 ab. Das zentrale Instrument Sicherheitsüberprüfung dient der individuellen Feststellung, ob einer bestimmten Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übertragen werden kann oder ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die die Zuweisung einer solchen Tätigkeit aus Gründen des staatlichen Geheimschutzes verbieten (sogenannte "Sicherheitsrisiken"). Die Überprüfung sieht verschiedene VerVerschlusssachengrade fahrensarten vor. Sie @ richten sich vorrangig nach dem Grad STRENG GEHEIM der vorgesehenen u Betrauung und Er SZ IE WERTE, mächtigung einer Person zum Umgang mit _ VerschlusssaDIENSTGEBRAUCH chen (2 2.2). Je nach Schutzbedürftigkeit von Informationen wird zwischen drei Verschlusssachen-Graden unterschieden. Die Bandbreite der Überprüfungen reicht von der einfachen Kartei bzw. Datensatzsichtung bis zur Befragung von Referenzpersonen. Gegenüber den Sicherheitsüberprüfungsgesetzen des Bundes und anderer Länder enthält das HmbSÜG einen erweiterten Punktekatalog. Danach können Personen auch sicherheitsüberprüft werden, die unabhängig von einer Bearbeitung von Verschlusssachen 229 e in einer Dienststelle tätig sind, die auf Grund ihrer Aufgabenstellung e oder ihres herausgehobenen politischen Gewichts zum Sicherheitsbereich erklärt wurde, e in zentralen sicherheitsempfindlichen öffentlichen Bereichen in Funktionen der Informationsund Kommunikationstechnik tätig sind oder e in einer lebensund verteidigungswichtigen Einrichtung arbeiten. Außerdem bietet das HmbSÜG die Möglichkeit der sogenannten verkürzten Sicherheitsüberprüfung. Diese ermöglicht es den Behörden, den kurzfristigen Zugang zu einem Sicherheitsbereich zu gewähren, ohne eine komplette, aber für diese kurzfristige Tätigkeit unangemessene Sicherheitsüberprüfung durchführen zu müssen. Im Jahr 2001 hat das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg 1.714 (2000: 1.234) Sicherheitsüberprüfungs-Vorgänge bearbeitet. 2.2 Materieller Geheimschutz Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsweise. Zur Gewährleistung des Geheimschutzes kommt es in Ergänzung der personellen Maßnahmen entscheidend auch auf die materiellen Mittel an. Ziel ist es dabei, die tatsächlich geheimhaltungsbedürftigen Informationen des Staates optimal vor einer Preisgabe an Unbefugte zu schützen. Einschränkungen, Unbequemlichkeiten oder Verzögerungen, die sich hierbei ergeben können, müssen hingenommen werden, damit die notwendige Geheimhaltung staatlicher Geheimnisse gewährleistet ist. Der Schutz umfasst alle Sicherheitsmaßnahmen technischer und organisatorischer Art, welche für folgendes bürgen sollen: e Sichere Verwahrung und Behandlung der Verschlusssachen durch Befugte, e Realisierung des Grundsatzes "Kenntnis nur, wenn nötig", e Erschwerung des Verrats durch Geheimnisträger. Dem Schutz von Verschlusssachen kommt eine hohe Bedeutung zu. Sie werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit als STRENG GEHEIM, GEHEIM, VS-VERTRAULICH oder VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung eingestuft. Als Verschlusssachen können beispielsweise eingestuft werden: 230 Schriftstücke, Zeichnungen, Karten, Fotokopien, Lichtbilder, Tonträger, elektronische Datenträger, elektrische Signale, Geräte, technische Einrichtungen oder das gesprochene Wort. Die Einstufungskriterien der Verschlusssachengrade machen ihr Wertmaß besonders deutlich: zum Beispiel (c) "... wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann" oder (c) "... wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann." Grundsätzlich sind Verschlusssachen in abgesicherten Räumen oder geeigneten Behältnissen (z.B. Tresore) zu verwahren. Zugang zu oder Umgang mit Verschlusssachen dürfen nur Personen erhalten, die nach Maßgabe des personellen Geheimschutzes dazu befugt sind. Gleichwohl können die Aufgaben des materiellen Geheimschutzes nicht isoliert von der Erledigung der originären staatlichen Aufgaben betrachtet werden. So darf der Geheimschutz Verwaltungsabläufe nicht in unvertretbarer Weise beeinträchtigen und der Aufwand darf nicht außer Verhältnis zum Risiko stehen (Kosten-Nutzen-Abwägung). In vielen Fällen wird es genügen, für potentielle Täter ein nicht oder nur schwer kalkulierbares Risiko zu schaffen, ohne dass 'absolute' Sicherheit zu erzielen ist. Wo immer es möglich ist, sind Älexible Maßnahmen, wie z.B. stich-probenartige Kontrollen, starren Vorschriften vorzuziehen. Einzelmaßnahmen müssen stets im Zusammenhang mit den übrigen Maßnahmen und den möglichen Risiken gesehen werden, um zu einem insgesamt ausgewogenen Schutzkonzept zu gelangen. Die eingeräumten Ermessensspielräume sind für einen optimalen Schutz extensiv zu nutzen. Nur so ist es z.B. möglich, sowohl in Behörden mit geringem Aufkommen von Verschlusssachen als auch bei Dienststellen mit sehr hohem Anteil von geheim zu haltenden Material zu angemessenen Maßnahmen zu gelangen. 231 Eine wichtige Voraussetzung für die Umsetzung der Geheimschutzmaßnahmen ist die Einsicht der Betroffenen in die Notwendigkeit des materiellen Geheimschutzes. Daher kommt in diesem Zusammenhang der Schulung und Beratung der betroffenen Behördenbediensteten eine hohe Bedeutung zu. Diese Aufgabe fällt dem Landesamt für Verfassungsschutz zu. Es berät Einzelpersonen und die infrage stehenden öffentlichen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg bei der Planung und Durchführung technischer und organisatorischer Sicherungsmaßnahmen; es informiert über Verschlusseinrichtungen und Alarmsysteme. Zunehmend werden die Funktionen der öffentlichen Verwaltung als Bestandteil der modernen Informationsund Kommunikationsgesellschaft durch den Einsatz von Informationstechnik unterstützt. Daher müssen die Bedarfsträger auch darüber unterrichtet werden, wie Verschlusssachen bei der Übertragung auf Fernmeldewegen - auch in Datennetzen -, oder während ihrer Bearbeitung auf DV-gestützten Systemen vor unbefugten Zugriffen zu schützen sind. 3. Geheimschutz in der Wirtschaft Deutsche Wirtschaftsunternehmen sind führend in der Forschung, Entwicklung und in der Produktion von Gütern. Dies gilt nicht nur für den Bereich ziviler Gebrauchs-, sondern auch für den Sektor militärischer Rüstungsgüter sowie in der Informationsund Kommunikationstechnik. Daher besteht die Gefahr illegaler Ausforschungsversuche. Wirtschaftsunternehmen, die geheimhaltungsbedürftige Staatsaufträge (z.B. Rüstungsaufträge, Errichtung verteidigungswichtiger Anlagen) ausführen, werden deshalb in das Geheimschutzverfahren von Bund und Ländern aufgenommen. Soweit der Bund geheimhaltungsbedürftige Aufträge erteilt, nimmt er auch die Sicherheitsüberprüfungen derjenigen Unternehmensmitarbeiter vor, die diese Staatsaufträge konkret bearbeiten. Die laufende Betreuung dieser Unternehmen übernimmt die Verfassungsschutzbehörde des jeweilgen Bundeslandes. In Hamburg, einem der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte der Bundesrepublik, sind Wirtschaftsunternehmen unterschiedlichster Prägung und Branchenzugehörigkeit ansässig. Etwa 125 von ihnen werden zur Zeit vom Landesamt für Verfassungsschutz betreut. Es hilft in geheimschutzrelevanten Fragen nicht nur durch Einzelberatungen. Zur Betreuung 232 gehören ebenso /nformationsveranstaltungen des Landesamtes für Verfassungsschutz, in denen grundsätzliche Problemfelder angesprochen und Lösungsmöglichkeiten erörtert werden. Neben der Veranstaltung im Landesamt werden geheimschutzrelevante Themen bei der Jahrestagung des Arbeitskreises der Sicherheitsbevollmächtigten der Werften in Norddeutschland und ihrer Zulieferer sowie bei einer Tagung des Arbeitskreises der Sicherheitsbevollmächtigten der Hamburger Wirtschaft mit Vertretern des Landesamtes für Verfassungsschutz erörtert. Rege Beteiligungen unterstreichen das hohe Interesse und das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmensleitungen. Hamburgs Rolle als Hafenstadt bringt es mit sich, dass der Bereich der Marinetechnik - der nicht nur von der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch von befreundeten NATO-Staaten und anderen Ländern genutzt wird - einen Betreuungsschwerpunkt des Verfassungsschutzes bildet. Durch den sich daneben verstärkt weiterentwickelnden Bereich der ZLuftfahrttechnik unterstreicht die Freie und Hansestadt Hamburg ihren internationalen wirtschaftlichen Rang auch auf diesem Sektor. Langfristig sichern diese Industrien Arbeitsplätze und Einkommen in Hamburg. Es ist deshalb Ziel der Wirtschaftsbetreuung durch den Verfassungsschutz, die Verantwortungsträger durch Aufklärung zu unterstützen, der Wirtschaftsspionage und der illegalen Informationsgewinnung entgegentreten zu können. 4. Sabotageschutz Der vorbeugende personelle Sabotageschutz sieht Überprüfungen von Personen nach 3 29 d des Luftverkehrsgesetzes vor, die in sicherheitsempfindlichen Bereichen des Hamburger Flughafens beschäftigt werden sollen. Außerdem erfolgen Überprüfungen von Personen, die Kernbrennstoffe befördern oder in kerntechnischen Anlagen beschäftigt sind, nach 3 12 b des Atomgesetzes. Die Zuverlässigkeit solcher Personen wurde überprüft, die an besonders sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen tätig sind. Hier handelt es sich insbesondere um Stellen der e/ektrischen Energieversorgung. 233 Im Rohmen des Sabatsgeschutzen war des Hamburger Landesamt fur Verfansungssohutz m Jahr 2001 an 5.858 12000 5 268] Zuverlasigkens uberprufungen betegt za Anhang Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz Abkürzungsverzeichnis Stichwortverzeichnis 235 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 7. März 1995, zuletzt geändert am 30. Januar 2001 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz Zweck des Verfassungsschutzes Zuständigkeit unumPO0ODND-Zusammenarbeit Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz Begriffsbestimmungen Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln un=-0 O\N Oo = Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten Verarbeitung von Daten Minderjähriger Berichtigung, Sperrung und Löschung 3. Abschnitt Datenübermittlung Übermittlung nicht personenbezogener Daten Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger 4. Abschnitt Auskunftserteilung 23 Auskunftserteilung 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes 24 Parlamentarischer Kontrollausschuss un 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses 26 Aufgaben des Ausschusses 27 Eingaben 6. Abschnitt Schlussvorschriften 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz 29 Inkrafttreten 237 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz 31 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Zu diesem Zweck tritt dieses Gesetz neben das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG -) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seiten 2954, 2970), zuletzt geändert am 17. Juni 1999 (Bundesgesetzblatt I Seiten 1334, 1335). 32 Zuständigkeit (1) Der Verfassungsschutz wird innerhalb der zuständigen Behörde vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ausschließlich hierfür zuständig. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben ist es an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. Ihm stehen polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse gegenüber polizeilichen Dienststellen nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. 238 83 Zusammenarbeit (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen. (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses Gesetzes und soweit eigenes Landesrecht dies zulässt, der Bund gemäß 3 5 Absatz 2 BVerfSchG nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in den anderen Ländern tätig werden, soweit es die Rechtsvorschriften dieses Gesetzes und der anderen Länder zulassen. 34 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (3 3 Absatz 1 BVerfSchG), 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes) oder das 239 friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat insbesondere den Senat über Gefahren für die Schutzgüter des 3 1 zu informieren und die dafür zuständigen staatlichen Stellen in die Lage zu versetzen, Maßnahmen zu ihrer Abwehr zu ergreifen. Darüber hinaus unterrichtet das Landesamt für Verfassungsschutz mindestens einmal jährlich die Öffentlichkeit über Gefahren für die Schutzgüter des 3 1. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt gemäß 3 3 Absatz 2 Satz 1 BVerfSchG mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich dienstlich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen und Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Die Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummern 1 und 2 sind im Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG) vom 25. Mai 1999 mit der Änderung vom 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1999 Seite 82, 2001 Seiten 9, 16) geregelt. 35 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, 240 der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 241 4. die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und ihre Ablösbarkeit, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 6. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und T. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. 36 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz Das Landesamt für Verfassungsschutz darf nur Maßnahmen ergreifen, wenn und soweit sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind; dies gilt insbesondere für die Erhebung und weitere Verarbeitung personenbezogener Daten. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat es diejenige zu treffen, die den einzelnen insbesondere in seinen Grundrechten und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine behördliche Auskunft gewonnen werden kann. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen 837 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen erheben und weiter verarbeiten. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf bei den hamburgischen Behörden und den der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, die diesen 242 Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bereits vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz braucht die Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz des Betroffenen dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. (3) Ist zum Zwecke der Datenerhebung die Übermittlung von personenbezogenen Daten unerlässlich, ist sie auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. 8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen verdeckt erheben. Der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln ist vorbehaltlich 8 6 nur zulässig, wenn 1. er sich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 bestehen, 2. er sich gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Betroffenen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, um auf diese Weise Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 zu gewinnen, 3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder 4. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. 243 1. verdeckt eingesetzte hauptamtliche Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, verdeckt eingesetzte Personen, die nicht in einem arbeitsvertraglichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Landesamt für Verfassungsschutz stehen, wie Vertrauensleute, Informanten, Gewährspersonen, planmäßig angelegte Beobachtungen (Observationen), Bildaufzeichnungen, verdeckte Ermittlungen und Befragungen, verdecktes Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel, verdecktes Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder sonstiger Signale unter Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen (Artikel 13 des Grundgesetzes), Beobachten und Aufzeichnen des Funkverkehrs, soweit nicht der Postund Fernmeldeverkehr nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (Bundesgesetzblatt | Seite 949), zuletzt geändert am 17. Juni 1999 (Bundesgesetzblatt | Seiten 1334, 1335), betroffen ist, Aufbau und Gebrauch von Legenden, 10. Beschaffen, Erstellen und Verwenden von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen, 244 11. Überwachen des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie 12. weitere vergleichbare Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, insbesondere das sonstige Eindringen in technische Kommunikationsbeziehungen durch Bild-, Tonund Datenaufzeichnungen, um die nach Absatz 1 erforderlichen Informationen zu gewinnen. Die nachrichtendienstlichen Mittel sind abschließend in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationserhebungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde. Dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten. (3) Ein Eingriff, der in seiner Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, bedarf der Zustimmung des Präses, bei dessen Verhinderung des Staatsrates der zuständigen Behörde. (4) Im Falle des Absatzes 3 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Beendigung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht eingetreten ist. 39 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten weiter verarbeiten, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach 3 4 Ab245 satz 1 teilnimmt, und dies für die Beobachtung der Bestrebung o- der Tätigkeit erforderlich ist, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 erforderlich ist, 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 erforderlich ist. In Akten dürfen über Satz 1 Nummer 2 hinaus personenbezogene Daten auch verarbeitet werden, wenn dies zur Erforschung und Bewertung nicht gewalttätiger Bestrebungen und Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 erforderlich ist. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. Bei der Einzelfallbearbeitung, im übrigen jeweils spätestens vier Jahre beginnend ab der ersten Speicherung, prüft das Landesamt für Verfassungsschutz, ob die Speicherung der personenbezogenen Daten weiterhin erforderlich ist. (3) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 oder 4 dürfen länger als zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten Information nur mit Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde oder der von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz gespeichert bleiben. 3 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des 3 9 Daten über Minderjährige in Sachakten und amtseigenen Dateien speichern und weiter verarbeiten. Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nicht in gemeinsamen Dateien (3 6 BVerfSchG), Daten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres nicht in amtseigenen Dateien gespeichert werden. 246 (2) Daten über Minderjährige in Dateien sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung zu überprüfen; spätestens nach fünf Jahren sind diese Daten zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach 3 4 Absatz 1 angefallen sind. 3 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung (1) Erweist sich eine Information nach ihrer Übermittlung als unrichtig o- der unvollständig, hat die übermittelnde Stelle ihre Information unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn durch die unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt sein können. Die Berichtigung erfolgt dadurch, dass die unrichtigen Angaben, soweit sie in Akten enthalten sind, entfernt werden und, soweit sie in Dateien gespeichert sind, gelöscht werden. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Trennung von zu berichtigenden und richtigen Informationen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. (2) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle oder der Datensicherung gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke oder bei Verdacht des Datenmissbrauchs genutzt werden. (3) Im übrigen gilt für die Berichtigung, Sperrung und Löschung 3 19 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vom 5. Juli 1990 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 133, 165, 226), zuletzt geändert am 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 9). 3. Abschnitt Datenübermittlung 3 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten Das Landesamt für Verfassungsschutz kann die im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung erlangten Daten, die nicht personenbezogen sind, an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermitteln, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der Empfänger erforderlich sein können. 247 3 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste (1) Gemäß 3 5 Absatz 1 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Länder alle personenbezogenen Daten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der Empfänger erforderlich ist. (2) Gemäß 3 21 Absatz 2 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten. 3 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 zwingend erforderlich ist oder der Empfänger nach 3 4 Absatz 2 tätig wird. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf über Absatz 1 hinaus Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften und die Polizei übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine in den 33 74 a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz, 3 100 a Nummern 3 und 4 Strafprozessordnung und 33 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat plant, begeht oder begangen hat sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. Personenbezogene Daten, die das Landesamt für Verfassungsschutz selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach 3 8 erhoben hat, dürfen nur dann an die Staatsanwaltschaft oder an die Polizei übermittelt werden, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für deren Erhebung mit entsprechenden Befugnissen zur verdeckten Datenerhebung nach der Strafprozessordnung oder nach den 38 9 bis 12 und 3 23 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 248 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) vorgelegen hätten. 3 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 (Bundesgesetzblatt Il 1961 Seiten 1183, 1218) übermitteln. Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 3 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz an ausländische öffentliche Stellen sowie an Üüberoder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen oder wenn dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 249 3 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermitteln, es sei denn, dass die Übermittlung zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Präses oder bei seiner Verhinderung der Staatsrat der zuständigen Behörde seine Zustimmung erteilt hat. Dies gilt nicht bei Erhebungen nach 3 7 Absatz 3. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über die Übermittlung nach Absatz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck und die Veranlassung der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (3) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. 3 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit einschließlich der Medien über Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn sie zu einer sachgerechten Information zwingend erforderlich ist. Stehen schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegen, kommt eine Übermittlung der personenbezogenen Daten des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn die Interessen der Allgemeinheit deutlich überwiegen. 3 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Die hamburgischen Behörden und die der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind befugt, die Daten zu übermitteln, um die das Landesamt für 250 Verfassungsschutz nach 3 7 Absatz 2 ersucht hat, soweit sie diesen Stellen bereits vorliegen. (2) Die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln dem Landesamt für Verfassungsschutz alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vorliegenden Informationen über gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gemäß 3 4 Satz 1 Nummern 1, 3 und 4 und über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nach 3 4 Absatz 1 Satz 1 Nummern 2 und 3. (3) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt gewordene Informationen über Bestrebungen nach 3 4 Absatz 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach 3 100 a Strafprozessordnung (StPO) bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in 3 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die auf Grund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmen oder verdeckter Datenerhebungen nach 3 2 Absatz 3 Satz 3 oder nach den 33 9 bis 12 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für gewalttätige Bestrebungen oder sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten bestehen; die Übermittlung ist auch zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine in 33 /4a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz und 338 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat bestehen oder eine sonstige Straftat, bei der aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet ist. Auf die nach Satz 2 übermittelten Informationen und die dazu gehörenden Unterlagen ist Artikel 1 3 7 Absätze 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechend anzuwenden. Die nach Satz 2 übermittelten Informationen dürfen nur zur Erforschung gewalttätiger Bestrebungen oder sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten genutzt werden. 2561 (4) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen die personenbezogenen Daten einem Verwertungsverbot und sind entsprechend zu kennzeichnen. (5) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen. Vorschriften in anderen Gesetzen über die Informationsübermittlung an das Landesamt für Verfassungsschutz und über ihre Dokumentation bleiben unberührt. 3 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in von öffentlichen Stellen geführte Register und Datensammlungen einsehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen über 1. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (3 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1), oder 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (3 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) oder 3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (3 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3), oder 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind (3 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4). 252 (2) Eine Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, 2. die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würden und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis ihr nicht entgegensteht. (3) Die Anordnung für die Maßnahme treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Unterlagen dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Daten sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Tatsache der Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommenen Stellen sowie die Namen der Betroffenen hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. 3 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen (1) Die Übermittlung von Informationen nach diesem Abschnitt unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, dass die Informationen zu vernichten sind oder einem Verwertungsverbot unterliegen oder für den Empfänger nicht mehr bedeutsam sind, 253 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. (2) Besondere Rechtsvorschriften, die Informationsübermittlungen zulassen, einschränken oder verbieten sowie die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleiben unberührt. 3 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger (1) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige eine der in 3 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, im übrigen, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach 3 10 erfüllt sind. (2) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 4. Abschnitt Auskunftserteilung 3 23 Auskunftserteilung (1) Den Betroffenen ist vom Landesamt für Verfassungsschutz auf Antrag gebührenfrei Auskunft zu erteilen über 1. die zu ihrer Person gespeicherten Daten, 2. die Zweckbestimmung und die Rechtsgrundlage der Speicherung, 254 3. die Herkunft der Daten, 4. die Stellen, denen die Daten im Rahmen regelmäßiger Übermittlungen übermittelt werden, und die an einem automatisierten Abrufverfahren teilnehmenden Stellen, auch soweit diese Angaben nicht zu ihrer Person gespeichert sind, aber mit vertretbarem Aufwand festgestellt werden können. Die Betroffenen sollen die Art der personenbezogenen Daten, über die sie Auskunft verlangen, näher bezeichnen. Aus Akten ist den Betroffenen Auskunft zu teilen, soweit sie Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zum Auskunftsinteresse des Betroffenen steht. Das Landesamt für Verfassungsschutz bestimmt die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Auskunft kann auch in der Form erteilt werden, dass den Betroffenen Akteneinsicht gewährt oder ein Ausdruck aus automatisierten Dateien überlassen wird. 3 29 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. durch sie die Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist, 2. die personenbezogenen Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden schutzwürdigen Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen, 3. sie die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würden. (3) Im Übrigen gilt für die Auskunft 8 18 Absätze 2 und 4 bis 6 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. 255 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes 5 24 Parlamentarischer Kontrollausschuss Zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes bildet die Bürgerschaft einen Kontrollausschuss. Dieser tagt in nichtöffentlicher Sitzung. 3 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses (1) Der Ausschuss besteht aus sieben Mitgliedern der Bürgerschaft. (2) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Bürgerschaft in geheimer Abstimmung gewählt. (3) Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in dem Ausschuss bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ausschuss oder aus der Bürgerschaft. (4) Der Ausschuss wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. (5) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben im Gewahrsam des Landesamtes für Verfassungsschutz und können nur dort von den Ausschussmitgliedern eingesehen werden. (6) Scheidet ein Mitglied des Ausschusses aus der Bürgerschaft oder seiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft im Ausschuss; für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausschuss ausscheidet. (7) Der Parlamentarische Kontrollausschuss erstattet der Bürgerschaft jährlich einen Bericht über seine Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des Absatzes 3 zu beachten. 256 3 26 Aufgaben des Ausschusses (1) Der Ausschuss übt die parlamentarische Kontrolle auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes aus. Die Rechte der Bürgerschaft bleiben unberührt. (2) Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben kann der Ausschuss vom Senat die erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten und Dateieinsichten, Stellungnahmen und den Zutritt zu den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz und die Entsendung bestimmter Angehöriger des öffentlichen Dienstes als Auskunftspersonen verlangen. Der Senat bescheidet ein solches Kontrollbegehren abschlägig oder schränkt die Aussagegenehmigung ein, wenn gesetzliche Vorschriften oder das Staatswohl entgegenstehen. In diesem Fall legt der Senat dem Ausschuss seine Gründe dar. (3) Der Senat unterrichtet den Ausschuss in Abständen von höchstens drei Monaten oder auf Antrag eines Mitglieds über die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Der Senat hat dem Ausschuss 1. Gefahren für die Schutzgüter des 38 1, 2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach 3 8 Absatz 2 Satz 2 sowie ihre Änderungen, 3. die Maßnahmen nach 3 8 Absatz 3, 4. die Weiterspeicherung nach 3 9 Absatz 3, 5. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einem automatisierten Verfahren für das eine Verfahrensbeschreibung nach 3 9 Absatz 1 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vorgeschrieben ist, und seine wesentlichen inhaltlichen Änderungen, 6. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach 8 15, 7. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach 3 16, 257 8. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nach 8 17, 9. Anfragen bei ausländischen öffentlichen Stellen nach 3 12 Absatz 5 Satz 3 des Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (HmbSÜG) vom 25. Mai 1999 mit der Änderung vom 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 1999 Seite 82, 2001 Seiten 9, 16), mitzuteilen und jährlich über die Prüfungen nach 3 9 Absatz 2 Satz 2 zu berichten. 3 27 Eingaben Eingaben einzelner Bürger oder einzelner Angehöriger des Verfassungsschutzes über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Ausschuss zur Kenntnis zu geben. Der Ausschuss hat auf Antrag eines Mitglieds Petenten und Auskunftspersonen zu hören. 3 26 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. Die Rechte des Eingabenausschusses bleiben unberührt. 6. Abschnitt Schlussvorschriften 3 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz In 3 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 17. Januar 1969 mit der Änderung vom O2. Februar 1981 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1969 Seite 5, 1981 Seite 24), wird folgender Absatz 5 angefügt: "(5) Die Kommission ist ausschließlich für die Überprüfung der von der zuständigen Behörde angeordneten Beschränkungsmaßnahmen zuständig. Sie kann zu ihrer Unterstützung den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ersuchen, die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in 258 ihrem Zuständigkeitsbereich zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber zu berichten." 8 29 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über den Verfassungsschutz in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Februar 1978 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 51) außer Kraft. Der Senat 259 A AAB Antifaschistische Aktion Berlin AA/BO Autonome AntifaschistInnen/Bundesweite Organisation ABLE Association for Better Living and Education ADHF Almanya Demokratik Haklar Federasyonu = Föderation für demokratische Rechte in Deutschland ADHK Avrupa Demokratik Haklar Konfederasyonu = Konföderation für demokratische Rechte in Europa ADP Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten AGH Antifaschistische Gruppe Hamburg AGIF Föderation der Arbeiter und Immigranten aus der Türkei in Deutschland AIW Antiimperialistischer Widerstand AKP Adalet ve Kalkinma Partisi = Gerechtigkeitsund Entwicklungspartei AMGT Avrupa Milli Görüs Teskilatlar = Vereinigung der Neuen Weltsicht in Europa e.V. AMS Assoziation Marxistischer StudentInnen API Arbeiterkommunistische Partei Iran ARGK Artesa Rizgariya Gele Kurdistan = Volksbefreiungsarmee Kurdistans ATIF Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu = Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa e.V. = Avrupa Türkiyeli Isciler Konfederasyonu ATV Aktion Transparente Verwaltung AZ Autonome Zelle AZUM Autonome Zelle 'in Gedenken an Ulrike Meinhof' B B5 B 5 (Treffobjekt in der Brigittenstraße) BAT Bundesweite Antifatreffen 260 BIG Bündnis der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland und Hamburg e.V. B&H Blood & Honour C CCHR Citizens Commission on Human Rights CIA Central Intelligence Agency CLO Continental Liasion Office D DABK Ostanatolisches Gebietskomitee DETUDAK Solidaritätskomitee der revolutionären Gefangenen DGH Demokrati Genclik Hareketi = Demokratische Jugendbewegung DHKC siehe: DHKP-C (tritt unter verschiedenen Bezeichnungen auf) DHKP siehe: DHKP-C (tritt unter verschiedenen Bezeichnungen auf) DHKP-C Demvrimei Halk Kurtulus Partisi-Cephesi = Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front, tritt auch als DHKC oder DHKP auf DK Deutsches Kolleg DKP Deutsche Kommunistische Partei DSB Demokratischer Künstlerverband (TKP/ML) DSZ Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH DVU Deutsche Volksunion E EMUG Union für den Bau und die Unterhaltung von Moscheen in Europa e.V. = s. ACCYD ERNK Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan = Nationale Befreiungsfront Kurdistans EYSB Enternasyonal Yazar ve Sanatcilar Birligi = Internationaler Schriftstellerund Künstlerbund 261 FHI Flüchtlingshilfe Iran e.V. FIS Front Islamique du Salut = Islamische Heilsfront FIT Freies Info-Telefon Norddeutschland FIT Tunesische Islamische Front FP Fazilet Partisi = Tugendpartei FSB Federalnaya Sluzhba Bezopasnosti FSK Freies Sender Kombinat FZ Freiheitlicher Buchund Zeitschriftendienst GmbH G GIA Groupe Islamique Arme = Bewaffnete Islamische Gruppe (Algerien) GRU Glavnoje Radzvedyvatelnoe Upravleniye Generalnogo Shtaba GSPC Groupe Salafiste pour la Pr&dication et le Combat = Salafiyya-Gruppe für die Mission und den Kampf H HAMAS Harakat Al-Mugawama Al-Islamiya = Islamische Widerstandsbewegung HCOPL Hubbard Communication Office Policy Letter HI Hilfsorganisation Iran e.V. HIK Hereketa Islamiya Kurdistane = Islamische Bewegung Kurdistans HmbSÜG Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz HmbVerfSchG Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz HMSK Halk Mesru Savunma Kuvvetzi = Legitime Volksverteidigungskräfte (PKK-Guerilla) HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige HPG H&za Parastina Gel& Kurd = Volksverteidigungskräfte (PKK) HSK Heyva Sor a Kurdistane = Kurdischer Roter Halbmond e.V 262 IAS International Association of Scientologists IBP Islamischer Bund Palästina (Hintergrund: HAMAS) ICCB Islami Cemaat Ve Cemiyetler Birligi = Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Köln (vorrangige neue Bezeichnung: "Der Kalifatstaat") IFIR Förderation der iranischen Flüchtlingsund Immigrantenräte IFKH Iranische Flüchtlingskinderhilfe IGD Islamische Gemeinde in Deutschland e.V. IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. IKM Komitee gegen Isolationshaft IMSV Iranische Moslemische Studentenvereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. INKAK Institut für angewandte Kapitalismuskritik IS International Socialists IWF Internationaler Währungsfonds IZH Islamisches Zentrum Hamburg J JN Junge Nationaldemokraten K K&D Gruppe Kritik und Diskussion KGB Komitet Gosudarstwnnoy Besopasnosti KGÖ Kommunistische Jugendorganisation KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPF Kommunistische Plattform in und bei der PDS KS Kurdistan Solidarität Hamburg KVPM Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. 263 LfV Landesamt für Verfassungsschutz LIZ Libertäres Zentrum LKA Libertäres Kulturund Aktionszentrum LKIG Lipysche Kämpfende Islamische Gruppe LR Linksruck-Netzwerk M M-18 Guerillaorganisation der MLKP MASCH Marxistische Abendschule MB Muslimbruderschaft MEDYA-TV kurdischer Fernsehsender (PKK, Ersatz für den verbotenen MED-TV) MG Marxistische Gruppe MLKP Marxist-Leninist Komünist Partisi = Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei N Nadir Nadir Info System NADIS Nachrichtendienstliches Informationssystem NGO Nichtregierungsorganisation NL Nationale Liste NLA National Liberation Army = Nationale Befreiungsarmee NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NSAN Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland NSDAP/AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei / Auslandsund Aufbauorganisation NWARI Nationaler Widerstandsrat Iran NZ National-Zeitung - Deutsche Wochenzeitung 264 Orgs Class V - Organisationen OSA Office of Special Affairs P PDS Partei des demokratischen Sozialismus PKK Partiya Karkeren Kurdistan = Arbeiterpartei Kurdistans PMK Politisch motivierte Kriminalität PZD Personenzentraldatei R RAF Rote Armee Fraktion RBF Republikanischer Bund der Frauen REP Die Republikaner RepBB Republikanischer Bund der öffentlichen Bediensteten RES Revolutionäre Sozialisten RH Rote Hilfe RHV Republikanischer Hochschulverband RIM Revolutionäre Internationalistische Bewegung RJ Republikanische Jugend RP Wohlfahrtspartei (Refah Partisi) RPF Revolutionäre Plattform (in der NPD) RPF Rehabilitation Project Force (Arbeitslager der SO) RSB Revolutionär-Sozialistischer Bund RTC Religious Technology Center RZ Revolutionäre Zellen S SAG Sozialistische Arbeitergruppe SAV Sozialistische Alternative Voran SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiter Jugend Sea Org Sea Organization 265 so Scientology Organisation SP Saadet-Partisi = Glückseligkeitspartei SWR Sluzhba Vneshney Razvedki T THKP/-C Türkiye Halk Kurtulus Partisi-Cephesi = Türkische Volksbefreiungspartei/-Front TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee TKIH Türkische Kommunistische Arbeiterbewegung TKP(ML) DABK-Flügel der TKP/M-L TKP/ML H Türkische Kommunistische Partei/Marxisten Leninisten Bewegung TKP/ML Partizan-Flügel der TKP/M-L TKP/M-L Türkiye Komünist Partisi / Marksist-Leninist = Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten U UZ Unsere Zeit V VEIF Verein zur Eingliederung iranischer Flüchtlinge VEVAK Ministerium für Nachrichtenwesen und Sicherheit (des Iran) VIDA Verein Iranischer Demokratischer Akademiker VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des NaziregimesBund der Antifaschisten W Ww3 Werkstatt 3 WB Weltbank WDC Watchdog-Committee WEF World Economic Forum 266 WISE World Institute of Scientology Enterprises WTC World Trade Center WTO World Trade Organization Y YCK Yekitiya Ciwanen Kurdistan = Union der Jugendlichen aus Kurdistan YDG Yeni Demokratik Genclik = Neue Demokratische Jugend YDK Yekitiya Demokratik A Gele Kurt= Kurdische Demokratische Union YDK Yeni Demokratik Kadin = Neue Demokratische Frau YXK Yekitiya Xwendevanen Kurdistane = Union der StudentInnen aus Kurdistan Z ZORG Zentralorgan 267 Anschläge auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam - 29 A Anschläge vom 11.9.2001, Verständnis von Rechtsextrem. für... 151 ABU GHAITH, Sulaiman - 42 Anti-AKW-Bewegung * 187, 192 ABU QUTADA - 53 Anti-Antifa-Arbeit - 93, 119, 121, Afghanistan : 24, 25, 26, 27, 29, 130 31, 32, 33, 41, 42, 49, 51, 70, Antifa AG - 184 74, 77, 178, 79, 81, 89, 91, 107, Antifa -Kollektiv - 184 121, 152, 153, 157, 161, 162, 170, 176, 192, 199, 200, 204, 207, 219 Antifa-Cafe : 184 AG Sputnik - 184 Antifa-Kongress 2001 : 182, 183 Ägypten : 25, 49, 52 Antifaschismus - 161, 170, 181 AIDID-Milizen : 27 Antifaschistische Aktion Harburg - Aktion Transparente Verwaltung ' 129, 184 215 Antifaschistische Aktionsbüro : 92, 112, 113, 115, Aktion/Bundesweite Organisation 122, 123 AKW Brunsbüttel - 192 (AA/BO) - 182, 183 Antifaschistische Gruppe Hamburg - Al Jazeera : 42, 43, 45 182 AL QUDS-Moschee - 25 Antifaschistische Koordination Al-Agsa-Intifada - 54 Hamburg : 208 AL-BANNA, Hassan : 49 Antifa-Vernetzungstreffen * 184 AL-NURMoschee - 25, 47 Antiglobalisierungskampagne - 176 Al-Oaida ' 24, 26, 27, 28, 30, 31, Antiimps - 168 32, 33, 41, 42 Anti-Kriegs-Kampagne : 199 ALSHEHHI, Marwan : 17, 24, 34, 36, Antimilitarismusarbeit - 205 39, 40, 41, 44 Antirassismus * 161, 165, 170, AL-ZAWAHIRI, Ayman : 28 178, 181 AN-NABHANI, Tagiuddin : 50 Antirassistisches Grenzcamp - 179 Anschlag (Buttersäure...) auf Antisemitismus * 91, 105, 159 Wohng. d. damal. Senators Antizionismus : 68 SCHOLZ : 180 Anträge auf ein NPD-Verbot : 148 Anschlag auf Gebäude der API-Brief : 89 saudiarabischen Nationalgarde - Applied Scholastics - 215 29 Arabische Afghanistankämpfer : 25 Anschlag auf US-Stützpunkt in Arabische Mudschaheddin - 24, 25, Dhahran -: 29 31 Anschlag auf World Trade Center Arachne - 168 1993 - 28 268 Arbeiterkommunistische Partei Iran - Bewegung der weißen 84, 88 Arbeitsanzüge - 195 Arbeitskreis der Bewegung Heiliger Krieg ' 28 Sicherheitsbevollmächtigten der BIN LADEN, Usama - 24, 25, 26, Hamburger Wirtschaft : 233 27, 28, 31, 32, 36, 41, 43, 45, Arbeitskreis der 53, 70 Sicherheitsbevollmächtigten der BINALSHIBH - 24, 37, 40 Werften in Norddeutschland und Blood & Honour : 90, 99, 115, 118, ihrer Zulieferer - 233 119, 132, 133 Arbeitsweise des Blut und Bier, Homepage ... : 119 Verfassungsschutzes - 15 Bönningstedt - 133, 166 Association for Better Living and BORCHERT, Peter - 152 Education - 214 Bramfelder Aktivisten - 115, 116 Assoziation Marxistischer Brandanschlag auf Eisenbahnbrücke StudentInnen - 203, 204 im Wendland - 193 ATEF, Muhammad - 26 Brandanschlag auf Fahrzeug der ATTA, Mohamed El Amir - 3, 17, 24, HEW in Hummelsbüttel : 189 34, 35, 36, 38, 39, 40, 41, 43, Brandanschlag auf Hubwagen der 44 Deutschen Bahn AG : 189 ATTAC - 212 Brandanschlag auf Kfz Mercedes Auditing : 213 Benz - 166 Aufbruch 99 - 140, 156 Brandanschläge auf Aufgaben des LfV Hamburg - 11 Geldscheinautomaten - 167 Ausbildungscamps, paramilitärische Brandanschläge gegen Fahrzeuge der .. 1 25 Deutschen Bahn AG : 176 Ausbildungsvideos : 26 Brandlanschläge gegen Einrichtungen Ausforschung und Unterwanderung der Deutschen Bahn AG in Hessen von Personen und Organisationen - 189 " 220 Bundeskriminalamt - 36 Ausstellung Was ist Scientology? - Bundesweites Antifa-Treffen (BAT) - 216 182, 184 Autonome - 13, 162, 165, 167, Bündnis der Islamischen Gemeinden 168, 170, 171, 181, 182, 185, in Norddeutschland e.V. 69 183, 189, 190 Bündnis gegen Rassismus und Autonome Stadtteilarbeit : 171 Faschismus : 185 Bündnis gegen Rechts - 130 Bürgerschaftswahlkampf - 102, 172 B BUSH, George W. : 32, 43, 51 B5175, 176, 178, 180, 184 BAHAJI - 24, 37 C Behörden POSTER Hamburg - 179 BEN HENI, Lased : 30 Cafe Flop - 130 Beschaffung von Informationen über Castor-Transporte ' 130, 161, 176, Vernichtungswaffen : 220 187, 189 269 Castor-Transporte, Protest in E Hamburg im Zshg. mit ... : 192 Celebrity Centre - 215 Eingriffe in den Bahnverkehr im Chemische Waffen : 33, 224 Zshg. mit Castor-Transporten - Citizens Commission on Human 190 Rights : 215 EISENECKER, Hans-Günther - 151 Club 88 - 115, 117 EMUG - 67 Criminon : 215 En Nahda : 49 Entrismuspolitik - 211 Eppendorf Org : 217 D ERBAKAN, Mehmet Sabri - 67 ERBAKAN, Necmettin : 67, 68 Dannenberg - 188, 190, 193 Ernst-Thälmann-Gedenkstätte ' 204 Deeskalationskurs der PKK - 19, 58 ESSABAR, Zakariya - 24, 37 Demokratische Jugendbewegung deg EU-Gipfel in Göteborg : 169 75 Europa der Bullen, Banken und Demokratischer Künstlerverband deg Rassisten - 166 75 EXPLIZIT - Das politische Magazin Denkorgan des Deutschen Reiches - für ein islamisches Bewusstsein - 157 46 Der Republikaner : 139 Der SA-Mann, Computerspiel : 124 DETUDAK - 73, 77, 78, 79 F Deutsche Kommunistische Partei - 163, 193, 202, 203, 204, 205, Farbbeutelanschläge - 165 207, 209 Fatwa : 28 Deutsche Soldaten in Afghanistan Fazilet-Partisi : 67 32, 145, 204, 209 Finanzielle Spur der Attentäter vom Deutsche Volksunion e.V. - 143 11. September - 41 Deutsches Kolleg : 151, 157 Flüchtlingshilfe Iran : 86 Devrimei Sol - 72 Flugausbildung der Attentäter vom DHKP-C - 72, 73, 74, 77 11. September - 37, 39, 40 DKP, Stagnierende Mitgliederzahl der Flughafen Hamburg ' 233 .... 202 Föderation der Arbeiter aus der Drogen, Kampf gegen ... (SO) : 217 Türkei in Deutschland e.V. 75 Dschihad - 24, 25, 26, 28, 31, 32, Föderation der iranischen 33, 50, 52 Flüchtlingsund Immigrantenräte DSZ Druckschriftenund e.V. 88 Zeitungsverlag GmbH :- 143 Föderation für Demokratische Rechte Dual-Use-Güter - 227 in Deutschland - 75 DVU - Schulden - 144 Frauen des Projektes Frauen-FluchtDVU-Großveranstaltung in Passau deg Illegalisierung * 179 144 Free Train Actions - 195 Freie Nationalisten - 92, 112, 113, 115, 122, 123, 148, 150 270 Freies Infotelefon Norddeutschland Gruppe Kritik und Diskussion - 210 (FIT) - 115 Guerillaorganisation M-18 - 78 Freies Senderkombinat : 210 Freiheitliche demokratische Grundordnung - 10 H FREY, Gerhard Dr. - 143, 144, 145 Friedensoffensive der PKK - 60 Hafenstraße - 175 FZ-Freiheitlicher Buch und Haftbedingungen in türkischen Zeitschriftendienst GmbH - 143 Gefängnissen - 62 Hakenkrallenanschläge * 188, 189, 190 G HAMAS - 24, 49, 53, 54 Hamburg Org - 217 Gebiet Hamburg der PKK - 62 Hamburg-Airport : 234 Geheimschutzverfahren von Bund Hamburger Autonome Antifagruppe und Ländern - 232 184 Generalbundesanwalt - 17, 37, 106, Hamburger Sturm - 99, 116 135, 157, 164 Harburger Skinheads : 129 Gerechtigkeitsund HARDER, Ulrich - 154 Entwicklungspartei : 67 Hartmut-Meyer-Archiv ' 208 Gerichtshöfe des iranischen Volkes - Hasspredigten - 44 85 Hassvideos - 44 Gesetzliche Grundlage für die Arbeit Hate Records : 134 des LfV Hamburg : 11 Heldengedenktag : 123 Gewaltakte des BIN LADENHER, Rudolf - 119, 125, 130 Netzwerks : 28 HER-Marsch - 120 Gewalttaten mit antisemitischer und H&za Parastina Gel& Kurd : 59 fremdenfeindlicher Zielsetzung deg Hicret Camii : 70 105 Hizb Allah - 24, 55 GIA : 24, 26, 30 Hizb-ut-Tahrir - 49, 50, 51 Gleichwertigkeit der Geschlechter - HNG - Nachrichten - 117 68, 69 HPG - 59 Gleisblockade im Zshg. mit CastorHUBBARD, L. Ron - 213 Transporten : 190 Hungerstreik von Globale Netzwerkstruktur - 25 Abschiebehäftlingen in JVA Globalisierung : 79, 91, 125, 139, Glasmoor - 180 150, 152, 168, 183, 194, 197, HUPKA, Steffen : 150, 152 203 Glückseligkeitspartei : 67 GOERTZ, Andre - 95 / Gorleben - 161, 177, 187, 190, 192, 193 IBP54 Gotteskrieger : 25, 45 ICCB - 24, 71 GRAMS, Wolfgang : 164 Identitätskampagne der PKK - 60, Grassrootbewegung : 177 61, 62, 64 271 Ideologie-Schulungen der MG - 210 Islamischer Bund Palästina : 54 IGMG - 18, 47, 66, 67, 68, 69, 70, Islamismus - 3, 18, 23, 139 71 Islamisten - 18, 21, 23, 25, 26, 27, Im Würgegriff der herzlichen 31, 44, 47, 53, 67 Umarmung - Erklärung der Roten IWANOW, Sergej - 220 Flora - 174 Ilzze-din-al-Kassem-Brigaden - 54 Imam-Ali-Moschee : 83 Indymedia Deutschland - 177 Infiltration von Exilgruppen in J Deutschland - 223 Infogruppe Hamburg - 177 Jahrestag der PKK-Gründung : 64 Informationsministerium, Iranisches Jamaat al-Islamiya : 49 .. 82 JARRAH, Ziad Samir - 17, 24, 34, Info-Telefone - 94, 95 35, 36, 37, 39, 40, 44 Institut für angewandte Jerusalem-Tag - 83 Kapitalismuskritik * 176 Jihad Islami - 28, 30 Interim : 176, 188 Jihad Training deg 31 International Association of JN-Funktionäre in der NPD-Führung Scientologists : 214 148 International Socialist - 211 JUCHEM, Wolfgang : 157 Internationale Front für den Jihad Junge Antifa Bergedorf : 184 gegen Juden und Kreuzritter - 28 Internationaler Schriftstellerund Künstlerverband : 76 K Internationaler Tag der politischen Gefangenen - 168 Kalifat - 45, 46, 50, 51 Internationales Kurdistan-Festival - Kalifatsstaat - 18, 66, 71 63 KALKAN, Duran - 64 Internet, Rolle des ... für Kameradenkreis um Thomas WULFF gewaltbereite Islamisten : 45 - 110, 111, 114, 115, 116 Internetblockade der LUFTHANSAKameradschaft Pinneberg - 111, Homepage - 178 117, 119, 120, 128, 133 Intifada : 53, 82 Kampagne der SO gegen die lranische moslemische Arbeitsgruppe Scientology : 214, Studentenvereinigung 216 Kampf um die Parlamente - 154 87 Kampf um die Straße - 153 Iran-Konferenz in Berlin im Jahr KAPLAN, Metin - 18, 71 2000 - 81 Karl-Liebknecht-Schule : 204 Islam AG an der TU Harburg - 39, Kaschmir : 26, 42 41 KAYPAKKAYA, Ibrahim - 76 Islamische Befreiungsbewegung des Kein Mensch ist illegal - 178 indischen Teils Kaschmirs : 28 Kenntnis nur, wenn nötig - 230 Islamische Gemeinschaft in KERN, Dieter - 152 Deutschland e.V. (IGD) - 49 KHAMENEI, Ayatollah : 80, 81 Islamische Zentren - 49 212 KHATAMI, Mohammed : 80, 85 Landtagsund Kommunalwahlen, KIRPITSCHENKO, Wadim - 221 Teilnahme rechtsextrem. Parteien Klagen der REP gegen an... : 101, 136 nachrichtendienstliche Legion of Thor : 132 Beobachtung : 140 Leitfaden für den KLEBE, Torben - 115, 116, 118, Selbstmordanschlag : 38 132 Libertad : 74, 178 KLUMP, Andrea - 164 Libertäres Kulturund Komitee gegen Isolationshaft - 72 Aktionszentrum - 178 Kommission für Verstöße der Libertäres Zentrum - 178 Psychiatrie gegen Menschenrechte Lipysche Kämpfende Islamische e.V. 215, 217 Gruppe - 30 Kommunistische Jugendorganisation Lipysches Chemiewaffenprogramm - - 79 225 Kommunistische Plattform - 212 Likedeeler - 207 Konföderation der Arbeiter aus der Linksruck-Netzwerk - 211 Türkei - 75 LUFTHANSA : 165, 178 Konföderation für demokratische Luftverkehr, Kontrollverschärfungen Rechte in Europa ' 75 im... 234 Kontinentale Verbindungsbüros - 215 Kontrolle des LFV Hamburg - 12 M Korankurse - 69 Kranzniederlegung am 76er Mädelschar Deutschland - 115 Ehrenmal - 187 Magda-Thürey-Zentrum - 203, 207 KRETSCHMER, Klausmartin - 171, MAHLER, Horst : 93, 149, 151, 174, 175 152, 157, 158, 159 Kreuzzug gegen den Islam und die Marienstraße 54, Hamburg-Harburg - Muslime - 42 36 Kulturund Solidaritätsverein Marinetechnik - 233 Hamburg : 77 Marxistische Gruppe : 209 Kurdistan Solidarität Hamburg - 168, Marxistisch-Leninistische 176 Kommunistische Partei - 78 Kurdistan Volkshaus e.V. 61, 63 MB - 49, 53 Kurdistan-Report : 58 Medina - 27, 52 KZ Rattenjagd, Computerspiel ... MEDYA-TV - 57, 59 124 MEENEN, Uwe : 93, 157 Mekka : 27, 52 MELIANI-Gruppe - 30 L Milli Gazete : 69, 70, 71 Milli Görüs & Perspektive - 70 LABUSSOW, Boris : 220 MISCAVIGE, David : 214 Laizismus : 67, 69 MLKP - 77, 78, 79 Landser : 135 MOTASSADEO, Mounir : 38 MOUHAJERIN-Moschee - 25 273 MOUSSAOUI, Zacarias - 38 ÖCALAN, Abdullah - 19, 56, 57, Movimento Tute Bianche - 195 58, 59, 60, 63, 64, 65 Muslimbruderschaft - 48, 49, 53 ÖCALAN, Osman : 57, 60, 63 Mykonos, Lokal in Berlin - 82 Office of Special Affairs - 214 Opposition in der PKK - 65 Oppositionskräfte in der NPD - 148 N Ostanatolisches Gebietskomitee : 75 Ostermarsch - 209 OTTO, Klemens - 117, 118, 133 Nachrichtendienstliches Informationssystem - 15 ÖZGÜR POLITIKA - 57, 59, 60, 62, Nadir Info System - 176, 177 64 Narconon : 215 Nationale außerparlamentarische P Opposition - 153 Nationale Befreiungsarmee - 85 Nationale Sozialisten aus Pinneberg - PARANTEZ : 68 117 Partei Gottes - 55 Nationaler Widerstand : 115 Partei Rechtsstaatlicher Offensive - Nationaler Widerstand Berlin146, 186, 203 Brandenburg - 115 PATRUSCHEW, Nikolaj - 219 Nationaler Widerstandsrat Iran : 84 Personenzentraldatei - 15 Neonaziund Skinhead-Szene in Pfingst-Camps von SDAJ-Verbänden Bramfeld - 111, 112, 115, 120, : 206 128, 132 Phase 2 - zeitschrift gegen die Neonazis und NPD - 149 realität - 183 Netzwerke gewaltbereiter Islamisten Pinneberger Aktivisten : 118 - 24, 30 PKK : 19, 21, 22, 56, 57, 58, 59, Neue Demokratische Frau : 75 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 73, Neue Demokratische Jugend - 75 77, 168 Neugrabener Skinheads - 130 PKK, Militärische Option der ... : 59 New York - Ablauf der Ereignisse am Placerouge, Internet-Domain : 204 11.9.2001 - 35 Plattform gegen Rassismus in Staat NISSEN, Thomas - 140, 141, 156, und Gesellschaft : 208 157 Politisch motivierte Kriminalität Nobelkarossentod : 167 (PMK) - 22, 104, 163 Noie Werte - 132, 133 Politischer Islam - 23, 89 Nordmacht : 132 Proliferation - das geht uns an " 226 NS-Nachrichten - 124 Protest gegen das World Economic Forum (WEF) in Davos - 166 Protest gegen G8-Treffen in Genua deg oO 87, 166, 176, 177, 178, 179, 196, 197, 198 Protest gegen Göteborger EU-Gipfel - OBERLERCHER, Reinhold : 93, 156, 87, 176, 196 157, 158, 159 274 Protest vor der Ausländerbehörde S Hamburg - 179 PUTIN, Wladimir : 219, 220 Saadet-Partisi : 67 Sabotageschutz, vorbeugender personeller ... - 233 Q Sachbeschädig. an Haus u. Kfz ein. CDU-Bürgerschaftsabgeordneten - Oogaz.de, Homepage ... : 31 175 Quds-Tag : 83 Sachbeschädigungen an Bankautomaten : 166 Sag Nein zu Drogen - Sag Ja zum R Leben : 216 SALIM, Mamdouh Mahmoud : 30 RADJAVI, Massoud und Maryam - Schanzenviertel in Hamburg - 171, 84 172, 174, 201 Reclaim The Streets (RTS)-Parties Scharia - 18, 46, 50, 51, 67 195 SCHARON - 53, 54 Redaktion Gegenstandpunkt - 210 SCHLIERER, Rolf - 136, 137, 138, Refah Partisi : 66, 67 140 Regenbogen : 203 Sea Org : 214 Rehabilitation Project Force - 214 Sea Organization - 214 Reisen von Bundesbürgern nach Sektion Nordmark - 115, 118, 132 Russland - 222 Selbstbezichtigungsschreiben Auch Religionsprivileg, Streichung : 72 ich bin ein PKK'ler - 60, 61 Religious Technology Center : 214 Selbstmordanschläge - 59, 82 Resolution Angriffskrieg stoppen deg Serhildan : 60 157 SERXWEBUN - 57 Revolutionäre Plattform - Aufbruch Shaikh Sayyid Moschee - 47 2000 - 148 Sicherheit von Datennetzen : 232 Revolutionäre Volksbefreiungspartei Sicherheit von Fernmeldewegen - -Front - 72 232 Revolutionäre Zellen - 189 Sicherheitsempfindliche Bereiche, Revolutionärer Sozialistischer Bund - Verordnung zur Bestimmung ... 193 228 Revolutionsziele KHOMEINISs : 80 Sicherheitsüberprüfungen von Richtlinienbriefe - 213 Personen - 228 RIEGER, Jürgen - 125 Sicherheitsüberprüfungsgesetz, ROHWEDDER, Detlev Karsten Dr. - Hamburgisches ... : 228, 240, 164 258 Rote Flora - 171, 172, 173, 174, SIEMENS, Ziel eines 175, 176, 186, 193, 198 Brandanschlages - 189 Rote Hilfe e.V. - 178 Situation der Häftlinge in der Türkei Roter Aufbruch - 168 74 Ruhm und Ehre der Waffen-SS - 126 Skinhead-Konzert - 122, 133, 134 275 Skinhead-Musik - 115, 127, 132, Terrorismusbekämpfungsgesetz 133, 134, 176 234 Skinheads - 90, 97, 98, 99, 106, Testament ATTAs : 38 110, 111, 115, 117, 118, 119, THKP/-C - 72 120, 121, 127, 128, 129, 130, TIKKO - 76 131, 132, 134, 154 TKP(ML) - 75, 76, 77, 78, 79 SOKOLOW, Jurij - 221 TKP/ML - 73, 75, 76, 77, 78, 79 Somalia - 27 Tod eines italienischen Soundtrack für die arische Globalisierungsgegners am Revolution - 135 20.07.01 : 197 Sozialistische Alternative Voran ' Tostedt - 129, 132, 134 208 Trainingsprogramms für angehende Sozialistische Arbeitergruppe : 211 Gotteskrieger : 45 Sozialistische Deutsche transmitter - 210 Arbeiterjugend - 163, 184, 203, Transnationale : 48 205 Triskele - 116 Spionagetätigkeit gegen die Trotzkisten - 84, 195, 211 Bundesrepublik - 219 Tschetschenien : 26, 31, 45, 219 Standortantifaschismus * 181 Tugendpartei : 67 STEHR, Heinz - 202, 206 Türkische Arbeiterund Stiftung Unruhe - 188 Bauernbefreiungsarmee : 76 Strukturdaten des LfV Hamburg : 14 STUART, lan, Memorial-Konzert für ... 134 U Studio F - 173 Sudan - 25, 27 Union der StudentInnen aus Kurdistan * 64 T Unterdrückerische Person : 213 USA Inkarnation des Unglaubens - 44 Tag X im Zshg. m. Militäraktionen d. US-Soldaten : 27, 29 USA gg. Ziele in Afghanistan 200, 201 TAHA, Rifai Ahmad - 28 V Takfir WaI Hijra - 52 Taliban : 27, 199, 219 VARESE-Gruppe - 30 VATAN - 73 32 Verband der islamischen Vereine und TAS, Nizamettin - 59 Gemeinden e.V. 71 TAYAD - 74 Verband pakistanischer Ulemas : 28 Technische Universität in HamburgVerbreitung rechtsextremistischer Harburg - 36 Musik-CDs - 134 Technologie der Scientologen - 187, Verdeckte Informationsbeschaffung - 213, 215 222 Terrorismus, Begriff... - 108 216 Verein der freien Frauen aus Wehrmachtsausstellung : 92, 120, Mesopotamien e.V. : 63, 64 126, 153, 154 Verein Iranischer Demokratischer Weihnachtsmarkt Straßburg, Akademiker e.V. 87 Anschlagsplanung : 30 Verein zur Eingliederung iranischer Weltfestspiele der Jugend und Flüchtlinge : 87 Studenten - 206 Verein zur Förderung der Musik Irans Weltherrschaft des Islam : 18 e.V. 87 Werkstatt 3 : 210 Vereinigung der Verfolgten des Wirtschaftsspionage, Abwehr der ... Naziregimes - Bund der 224 Antifaschisten - 207 Wohlfahrtspartei - 67 Verfassungsschutz durch Aufklärung WORCH, Christian : 90, 99, 110, -4, 12 119, 121, 122, 125, 152, 185 Verschlusssachen : 229, 230, 231, World Institute of Scientology 232 Enterprises - 214 VEVAK - 223 World Trade Center - 24, 29, 34, Video als Beweis für Verwicklung 35, 124, 161, 169, 198, 218 BIN LADENs in Anschläge vom WTO-Ministerkonferenz in Doha / 11. September : 43 Katar - 199 Viertes Reich - 158 WULFF, Thomas - 99, 111, 112, VOIGT, Udo - 152, 153 113, 114, 120, 121, 122, 123, Volksbefreiungsarmee Kurdistans 125, 126, 150 56 Wunsiedel - 120, 125 Volksmodjahedin Iran ' 84 www.gogaz.de ' 45 w Y Wagensportliga - 166 YASSIN, Ahmed - 54 Wahl des Studierendenparlaments YCK : 22, 61, 62 der Universität Hamburg - 205 YDK - 57, 63, 75 Wahl zur Hamburger Bürgerschaft Youngland : 133, 134 und zu den Bezirksversammlungen YXK : 64 - 100, 145 Wahlaussagen der DVU in Hamburg - 146 Z Wahlaussagen der REP in Hamburg - 141 ZECK - Das Info aus der Roten Flora Wahlergebnisse 176 rechtsextremistischer Parteien im Zentralmoschee in Hamburg - 68, 70 Jahr 2001 - 101 Zentralversand : 114 Wahlkampfkosten der DVU - 146 Zukunftskongress - 205, 207 WALKER LINDH, John - 28 Zuverlässigkeitsüberprüfungen - Wehrhafte Demokratie ' 10 228, 234 271