Verfassungschutzbericht 2000 Herausgeber: Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Johanniswall 4, 20095 Hamburg Telefon: 040/244443 Telefax: 040/338360 Internet: http://www.hamburg.de/Behoerden/LfV/homepage.htm Auflage: 4000 Mai 2001 Druck: Lütke & Wulff, Heidenkampsweg 76 B, 20097 Hamburg 2 Senator Hartmuth Wrocklage: Freiheitliche Verfassung nur durch den aktiven Schutz dieser Verfassung ! Der Verfassungsschutzbericht 2000 gibt einen Überblick über Gefährdungen des demokratischen Rechtsstaates durch politisch motivierte extremistische Verhaltensweisen. Wenn sich der Bericht auch auf die Beschreibung der wichtigsten Bestrebungen im Berichtsjahr in Hamburg beschränkt, geht er dennoch - soweit dies zum besseren Verständnis erforderlich ist - auf überregionale Aspekte und Entwicklungen ein. Die vorgestellten wesentlichen Erkenntnisse und Analysen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit - sie sollen eine Orientierungshilfe sein. Die Informationen stellen keine juristische Würdigung dar, die Rückschlüsse erlauben könnte auf die Verfassungstreue aller einzelnen Personen, die einer der im Bericht erwähnten Organisationen angehören. Kaum ein anderes Thema hat im letzten Jahr die Medien und die politische Diskussion mehr bestimmt und die Gesellschaft mehr bewegt als der Rechtsextremismus. Die besorgniserregende Entwicklung spiegelt sich u.a. im Anstieg der rechtsextremistischen Strafund Gewalttaten und in einem zunehmend provokativen und aggressiven Auftreten von Neonazis und Skinheads in der Öffentlichkeit wider. Der Staat und viele gesellschaftliche Gruppen haben hierauf mit einer Fülle von Maßnahmen und Initiativen gegen Rechtsextremismus reagiert. Die erfreulich schwachen Wahlergebnisse rechtsextremistischer Parteien bei den zurück liegenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zeigen, dass insbesondere die aufhetzende Agitation gegen Ausländer und Minderheiten in der Bevölkerung nicht verfangen hat. Mit dem Verbot der neonazistischen Vereinigungen "Blood & Honour" sowie dem überzeugend begründeten Verbotsantrag gegen die NPD hat die Bundesregierung notwendige Konsequenz und Härte gezeigt und unter Beweis gestellt, dass die Instrumente der wehrhaften Demokratie keineswegs stumpf sind. Hamburg hat im Jahr 2000 den "Hamburger Sturm" verboten und darüber hinaus vielfältige Maßnahmen gegen rechtsextremistische Bestrebungen ergriffen, darunter die Beteiligung an dem AussteigerProgramm der Bundesregierung mit der Einrichtung einer Telefon-Hotline, die sich an Jugendliche, die aus der Szene aussteigen wollen, ebenso richtet wie an Eltern und Bekannte, die sich Sorgen um einzelne Jugendliche und deren mögliche Nähe zur rechtsextremistischen Szene machen. Aber 3 der Kampf gegen Rechtsextremismus und jede andere Art von Extremismus kann nicht allein Aufgabe der staatlichen Institutionen sein, sondern bleibt eine Aufgabe der demokratischen Gesellschaft insgesamt. Rechtsextremisten verunglimpfen demokratische Institutionen und Repräsentanten und agitieren gegen ihre angebliche politische Unterdrückung. Damit wollen sie die sich wehrhaft zeigende Demokratie diskreditieren und davon ablenken, dass es ihnen keineswegs um den Erhalt elementarer Grundrechte wie Meinungsund Versammlungsfreiheit geht, sondern dass sie diese Rechte lediglich für ihren Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausnutzen wollen. Dennoch müssen rechtsextremistische Demonstrationen - auch in Hamburg - aus Rechtsgründen in aller Regel dann hingenommen werden, wenn sie friedlich durchgeführt werden. Hamburg war im letzten Jahr hiervon mehrfach betroffen. Daher bleibt es ein wichtiges Anliegen aller demokratischen Kräfte, hier öffentlich Kontrapunkte zu setzen, um den rechtsextremistischen Feinden der Demokratie aufzuzeigen, dass sie für ihre verwerflichen politischen Ziele keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung haben. Soweit rechtlich möglich, hat die Polizei Demonstrationen von Rechtsextremisten aber auch verboten. Auch wenn die öffentliche Debatte des Jahres 2000 sich auf den Rechtsextremismus konzentrierte, blieben und bleiben auch linksextremistische Bestrebungen im Fokus der Verfassungsschutzbehörden. Erfreulich ist zunächst, dass es Linksextremisten seit Jahren an Ideen und Themen fehlt, um größere Teile von Jugendlichen anzusprechen. Selbst ihre Agitation gegen Rechtsextremismus brachte z.B. der autonomen Antifa-Szene keinen besonderen Zulauf. So haben Linksextremisten ihr altes Feindbild wiederbelebt: unseren freiheitlichen Rechtsstaat, den sie als faschistisch, rassistisch und imperialistisch verunglimpfen. Noch immer wollen sie die revolutionäre Beseitigung unserer Staatsordnung. Gewaltbereitschaft und Gewalt sind für bestimmte linksextremistische Gruppen ein Mittel ihres politischen Kampfes geblieben. Ergebnisse demokratischer Entscheidungsabläufe missachten sie ebenso wie das Gewaltmonopol des Staates, wobei sie Unrecht zur "Gegengewalt" hochzustilisieren suchen. Dem Komplex Antirassismus kommt im Hamburger Linksextremismus ein hoher Stellenwert zu. Militante Anschläge wurden im Jahr 2000 vorrangig in diesem Begründungszusammenhang begangen. Die extremistische AntiAKW-Bewegung entwickelte im Berichtsjahr aufgrund ausgebliebener Castor-Transporte nur geringe Aktivitäten. Während die Anti-Expo-Kampagne weit hinter der Erwartungshaltung der an der Vorbereitung beteiligten 4 Gruppen zurück blieb, rückte die Situation im Hamburger Schanzenviertel durch Ausschreitungen in der Nacht zum 1. Mai wieder in den Blickpunkt. Ausländische Extremisten wollen vorrangig die politischen Verhältnisse in ihren Heimatländern verändern. Wenn sie ihre Konflikte allerdings gewaltsam auf deutschem Boden austragen, auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen, beobachtet sie der Verfassungsschutz. Von linksextremistischen türkischen Gruppen, die einen revolutionären Umsturz in der Türkei anstreben, um dort ein kommunistisches Herrschaftssystem zu errichten, gehen derzeit keine akuten Gefahren für die innere Sicherheit in Deutschland aus. Anders ist das gewaltfähige Potential der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu werten. Die PKK bringt nach wie vor in Deutschland beträchtliche Geldmittel auf, die sie für den politischen Kampf in der Türkei, aber auch für das Aufrechterhalten quasi-militärischer Einheiten verwendet. Weiterhin werden Jugendliche zur Ausbildung für den Kampf mit der Waffe rekrutiert. Auch wenn die PKK-Nachfolgeorganisationen nach den gewalttätigen Krawallen Anfang 1999 zu einer friedlichen Strategie gefunden haben, verbleiben sie allein schon wegen ihres gewaltfähigen Potentials unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die höchsten Anhängerzahlen der extremistischen Ausländerorganisationen haben die islamistischen Gruppierungen. Sie vertreten einen "politischen Islam", der ihnen als allumfassende Lebensund Gesellschaftsform gilt. Die größte islamistische Organisation in Deutschland, die türkische IGMG (Islamische Gemeinschaft Milli Görüs), betont ihre Bereitschaft, sich verfassungskonform und gesetzestreu zu verhalten; jedoch widersprechen die Ablehnung der laizistisch-demokratischen Verfassung in der Türkei und das Eintreten für das uneingeschränkte Durchsetzen islamischer Regeln in allen Lebensbereichen dem verbalen Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Auch islamische Extremisten anderer Herkunftsländer sind in Deutschland vertreten - durchweg in Kleingruppen und als Einzelpersonen. Sie verhalten sich in der Öffentlichkeit zumeist unauffällig und bleiben unter sich. Zwar sind ihnen in Deutschland seit Jahren keine Gewalttaten zuzurechnen, als Anhänger im Ausland terroristisch agierender Organisationen haben sie aber für deren Logistik und Sympathiewerbung Bedeutung. Es bleibt daher eine wichtige Aufgabe des Verfassungsschutzes, sie im Auge zu behalten. 5 Die Scientology-Organisation zeigt sich unverändert fest entschlossen, ihr allein an scientologischen Wertvorstellungen orientiertes totalitäres Herrschaftssystem durch Expansion in Staat und Gesellschaft als allgemeinverbindlich durchzusetzen. Im Jahr 2000 konnten nachrichtendienstliche Vorgehensweisen der SO gegen Personen festgestellt werden, von denen sie sich "unterdrückt" sieht. Zu diesen operativen Maßnahmen des scientologischen Geheimdienstes gehörten konspirative Observationen, verdecktes Mithören von Gesprächen und der Einsatz technischer Mittel wie Foto/Video-Technik. Diese für eine "Kirche" befremdlichen Aktivitäten sind von bemerkenswerter Unverfrorenheit und belegen ein gefährliches Handlungsrepertoire. Der Hamburger Organisationsstrang konnte die Erwartungen des internationalen Managements nicht erfüllen, dass mit dem Einzug in das neue Gebäude eine nennenswerte Expansion in Hamburg einhergehen würde. Der Mitgliederbestand stagnierte. Auch dieser Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag für die politische Auseinandersetzung mit dem Extremismus. Demokratie muss man erkämpfen, jeden Tag neu. Das schließt Konflikte mit den Feinden der Demokratie ein. Entscheidend für die Auseinandersetzung mit Extremisten sind Information und Aufklärung. Mit seiner Arbeit legt der Verfassungsschutz dafür wichtige Grundlagen. Senator Hartmuth Wrocklage Präses der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg 6 I. Verfassungsschutz in Hamburg 12 II. Rechtsextremismus 18 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 18 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten 18 1.2 Organisationen und Potentiale 27 1.3 Beteiligung an Wahlen 32 2. Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten / Statistik 33 3. Subkulturell geprägte und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten 40 3.1 Rechtsextremistische Skinhead-Szene 40 3.2 Zum Problemkreis rechtsterroristischer Bestrebungen und Militanz 48 4. Neonazismus 53 4.1 Aktuelle Entwicklung 53 4.2 Neonazistische Erscheinungsformen / Bestrebungen in Hamburg 59 5. Rechtsextremistische Parteien 71 5.1 Die Republikaner (REP) 71 5.2 Deutsche Volksunion (DVU) 76 5.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) einschließlich Junge Nationaldemokraten (JN) 82 6. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen 91 III. Linksextremismus 93 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 93 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten 93 1.2 Organisationen und Potentiale 94 7 2. Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten / Statistik 96 3. Linksterroristische Bestrebungen 97 4. Autonome und anarchistische Gruppen 103 4.1 Aktuelle Entwicklung 103 4.2 Gruppen und Strukturen in Hamburg 103 4.3 Aktionsfelder 112 4.3.1 Ausländerund Asylpolitik / "Antirassismus" 112 4.3.2 Antifaschismus 115 4.3.3 Linksextremistische Einflussnahme auf die Anti-Akw123 Bewegung 4.3.4 Anti-Expo-Widerstand 125 5. Orthodoxe Kommunisten und andere revolutionäre 128 Marxisten 5.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld 128 5.2 Sonstige revolutionäre Marxisten 134 IV. Sicherheitsgefährdende und extremistische 137 Bestrebungen von Ausländern 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 137 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten 137 1.2 Organisationen und Potentiale 139 2. Strafund Gewalttaten im Ausländerextremismus / Statistik 141 3. Kurden / Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 143 3.1 Allgemeines 143 3.2 Geschichte der PKK 143 3.3 Aktuelle Entwicklungen 146 3.4 Oppositionelle Strömungen innerhalb der PKK 151 3.5 PKK und Verbindungen zur organisierten Kriminalität 152 3.6 Ausblick 152 8 4. Türken 154 4.1 Allgemeines 154 4.2 Revolutionär-marxistische Gruppierungen 155 4.2.1 DHKP-C und THKP/-C Devrimci Sol 155 4.2.2 TKP/ML und TKP(ML) 159 4.2.3 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) 162 4.3 Türkische Islamisten 164 4.3.1 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) 164 4.3.2 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB) ("Der Kalifatstaat") 167 5. Iraner 169 5.1 Allgemeines 169 5.2 Regierungsseitige Bestrebungen; Anhänger der iranischen Regierung 171 5.3 Gegner der iranischen Regierung 174 5.3.1 Allgemeines 174 5.3.2 AKP-I 175 5.3.3 Nationaler Widerstandrat Iran (NWRI) 176 6. Araber 180 6.1 Palästina-Konflikt 180 6.2 HAMAS 182 6.3 Hizb Allah 183 6.4 Multinationale Gruppierungen 185 6.4.1 Muslimbruderschaft 185 6.4.2 Arabische Mujahedin 186 6.4.3 Hizb-ut-Tahrir 188 6.4.4 Takfir Wa'l Hijra 189 6.5 Algerien 190 V. Scientology-Organisation (SO) 191 1. Überblick 191 2. Strukturen 192 2.1 Hierarchie der SO 192 2.2 Organisationsteile und ihre Funktionen 193 9 3. Zielsetzungen 195 4. Themen und Aktivitäten 199 VI. Spionageabwehr 203 1. Überblick 203 2. Die Nachrichtendienste der Russischen Föderation 203 3. Nachrichtendienste von Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens sowie Nordafrikas 208 4. Wirtschaftsspionage / Proliferation 209 4.1 Wirtschaftsspionage 209 4.2 Proliferation 209 VII. Geheimund Sabotageschutz 211 1. Allgemeines 211 2. Geheimschutz im Behördenbereich 212 2.1 Personeller Geheimschutz 212 2.2 Materieller Geheimschutz 213 3. Geheimschutz in der Wirtschaft 214 4. Sabotageschutz 216 10 Anhang Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz 217 Abkürzungsverzeichnis 241 Stichwortverzeichnis 251 Soweit dieser Bericht bei Zahlenangaben insbes. zu Mitglieder/-Anhängerpotentialen und -statistiken, Gewaltund Straftatenstatistiken von früheren Veröffentlichungen abweicht, geht das entweder auf Aktualisierungen oder Änderungen der Erfassungskriterien zurück. Straftatenzahlen beruhen auf Angaben der Polizei. Sie finden diesen Bericht und weitere aktuelle Informationen des Landesamtes für Verfassungsschutz im Internet unter der Adresse http://www.hamburg.de/Behoerden/LfV/homepage.htm. 11 I. Verfassungsschutz in Hamburg 1. Wehrhafte Demokratie Auf Grund der Erfahrungen mit der abwehrschwachen Weimarer Republik hat sich die Bundesrepublik in ihrem Grundgesetz für eine wehrhafte Demokratie entschieden. Die Verfassung garantiert umfassende Freiheiten. Auch radikale politische Ansichten haben ihren Platz in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung. Die Grenzen der Freiheit werden allerdings überschritten, wenn diese in Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mündet. Wenn Gegner der Freiheit extremistische Ziele verfolgen und die Grundprinzipien, den Kernbestand unserer Verfassung antasten wollen, ist das entschiedene Auftreten aller Abwehrkräfte des demokratischen Rechtsstaates gefordert. Die Gesetze kennen die Begriffe "extremistisch" und "verfassungsfeindlich" nicht. Der Hamburger Verfassungsschutz ist - wie das Gesetz es formuliert - zuständig für Bestrebungen (in der Regel von Organisationen), bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass sie sich "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes" richten oder "eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben." 2. Freiheitliche demokratische Grundordnung Zu den wichtigsten Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören: * die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung * die Volkssouveränität * die Gewaltenteilung * die Verantwortlichkeit der Regierung * die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung * die Unabhängigkeit der Gerichte * das Mehrparteienprinzip 12 * die Chancengleichheit für alle politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. 3. Gesetzliche Grundlage Aufgaben und Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bestimmt das Hamburgische Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 07.03.95 (mit nachträglichen Änderungen). Es wird insbesondere den hohen Anforderungen des Datenschutzes gerecht und stellt die Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sicher. Auftrag und Befugnisse sind vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt, etwaige Eingriffe in die Rechte des Bürgers nur auf gesetzlicher Grundlage möglich. Die Arbeit des Verfassungsschutzes bedroht nicht die Freiheit der Bürger, sondern schützt sie. 4. Aufgabenstellung Die Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz ergeben sich aus SS 4 des Gesetzes; es ist im Anhang zu diesem Bericht nachzulesen. Die weitgehend bundeseinheitlich geregelten Aufgaben der Extremismusbeobachtung, der Spionageabwehr sowie der Mitwirkung beim Geheimund Sabotageschutz sind daraus ersichtlich. Der gesetzliche Auftrag bezieht sich auf alle Formen des politischen Extremismus. Er unterscheidet nicht zwischen verfassungsfeindlichen Positionen von linken und von rechten Extremisten oder von pseudo-religiösen Bestrebungen wie denen der "Scientologen" und macht keinen Unterschied zwischen Bestrebungen von Deutschen oder von Ausländern. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ein Inlandsnachrichtendienst. Es hat keine exekutiven Aufgaben oder Befugnisse. Das Amt beobachtet, sammelt Informationen, recherchiert, liest, analysiert und schreibt Lagebilder. Es ist ein Frühwarnsystem, das auf Bedrohungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufmerksam macht. Personenzusammenhänge, die der Verfassungsschutz beobachtet, werden als extremistisch bezeichnet. Dieser Begriff wird auch in der öffentlichen Darstellung und Diskussion verwendet. Das Landesamt für Verfassungsschutz beschreibt die Ziele und Aktivitäten extremistischer Bestrebungen, beziffert und bewertet die Organisationsund Mobilisierungspotentiale. Insbesondere bei den größeren extremisti13 schen Organisationen bleibt zum Teil offen, ob bestimmte einzelne Personen über ihre bloße Mitgliedschaft hinaus selbst aktive Träger extremistischer Bestrebungen sind. Aus welchen Motiven jemand einer vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachteten Organisation angehört, bleibt vielfach ungewiss. Deshalb ist bei den Gesamtzahlen von "Mitgliedern", "Anhängern" oder "Angehörigen" und nicht von Extremisten die Rede. 5. Kontrolle Der Verfassungsschutz ist an klare gesetzliche Vorgaben gebunden. Er unterliegt in seiner Arbeit der Überwachung durch den parlamentarischen Kontrollausschuss, bei Eingriffen in das Postund Fernmeldegeheimnis den Entscheidungen der parlamentarischen G 10-Kommission, der Kontrolle durch den Datenschutzbeauftragten und der Nachprüfung durch die Gerichte. 6. Verfassungsschutz durch Aufklärung Das Landesamt unterrichtet den Senat und andere staatliche Dienststellen über die Ergebnisse seiner Arbeit und informiert - wie mit diesem Bericht - die Öffentlichkeit. Extremisten können nur dann mit nachhaltigen Erfolgen rechnen, wenn sie die Bürger über ihre wirklichen Absichten täuschen können. Verfassungsschutz durch Aufklärung ist daher ein wichtiges Anliegen dieser Veröffentlichung. Sie gibt Einblick in die Aufgabenbereiche des Landesamtes für Verfassungsschutz, beschreibt die Arbeitsfelder insbesondere in den Schwerpunkten der Extremismusbeobachtung, auf den Gebieten der Spionageabwehr sowie des Geheimund Sabotageschutzes. Der Bericht erläutert Zusammenhänge und fasst Beobachtungsergebnisse zusammen. 7. Bereiche des politischen Extremismus * Rechtsextremisten verfolgen zumeist das Ziel eines totalitären oder autoritären Staates. Sie reden einem Nationalismus und völkischen Kollektivismus das Wort, der sich gegen die Völkerverständigung richtet, ethnische Minderheiten ausgrenzt und rassistisch geprägt ist. Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft werden von den meisten Rechtsextremisten heruntergespielt oder gar geleugnet. Die bei vielen Rechtsextremisten vorzufindende aggressive Judenund Fremdenfeindlichkeit lässt immer wieder auch eine hohe Bereitschaft zur Gewalttätigkeit erkennen. Anschläge auf Wohnungen von Ausländern 14 und jüdische Gedenkstätten sowie brutale Angriffe auf Ausländer und Deutsche beweisen ihre Gefährlichkeit. Ihr Hass hat bis heute viele Todesopfer gefordert. Im Berichtsjahr haben Rechtsextremisten auch in Hamburg wieder mehrfach Demonstrationen aus verschiedenen aktuellen Anlässen veranstaltet. Die Bestimmungen des Versammlungsrechts - ein elementarer Bestandteil unserer demokratischen Ordnung - ermöglichen Verbote nur bei drohender Unfriedlichkeit dieser Aufmärsche. Die verwerflichen politischen Ziele rechtsextremistischer Bestrebungen sind allein kein ausreichender Verbotsgrund. Umso wichtiger ist die intensive geistig-politische Auseinandersetzung mit den Feinden der Verfassung. * Linksextremisten wollen die freiheitliche Demokratie revolutionär beseitigen und an ihrer Stelle eine kommunistische Diktatur oder eine Anarchie schaffen. Sie rechtfertigen ihre Gewalt zumeist als "Gegengewalt", "zivilen Ungehorsam" oder als "gewaltfrei", wenn es sich "nur" um Sachbeschädigungen - selbst in Millionenhöhe - handelt. Linksextremistische Terroristen haben mit Attentaten in der Vergangenheit viele Menschen getötet, sogenannte Autonome propagieren Militanz und verüben Gewaltakte gegen Personen und Sachen. * Der Ausländerextremismus wird außer von linksextremistischen Bestrebungen auch vom islamischen Fundamentalismus geprägt. Der Verfassungsschutz sammelt nicht nur Informationen über Aktivitäten von Ausländern - z. B. in Bündnissen mit deutschen Extremisten - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, sondern insbesondere auch über ausländische Gruppen, die ihre gegenseitigen oder gegen ihre Heimatländer gerichteten politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen. Hinzu kommen Aktivitäten, mit denen sie vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten vorbereiten oder durchführen und mit denen sie auswärtige Belange Deutschlands beeinträchtigen. * Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachten die Scientology-Organisation (SO), weil tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die SO Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Verfassung in Frage stellt. Eine nach scientologischen Regeln organisierte Gesellschaft würde die grundgesetzliche Werteordnung (z. B. den Gleichheitsgrundsatz, die Meinungsfreiheit, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition) beseitigen oder erheblich beeinträchtigen. Mit ihrer totalitären Struktur und Zielrichtung wendet sich die SO gegen wichtige Prinzipien 15 unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ihr Expansionsund Machtstreben bedroht die demokratische und pluralistische Staatsund Gesellschaftsordnung. 8. Spionageabwehr und Geheimschutz Spionageabwehr und Geheimschutz sind Aufgabenbereiche, denen sich der Verfassungsschutz trotz des weltweiten Wandels auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Gebiet auch weiterhin aufmerksam widmen muss, um deutsche Sicherheitsinteressen zu wahren. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor ein interessantes Ausspähungsziel fremder Nachrichtendienste. Darüber hinaus spähen sie einige in Deutschland lebende Ausländergruppen aus, die in Opposition zu ihren Heimatregierungen stehen. Materieller und personeller Geheimschutz sollen dazu beitragen, dass Unbefugte keine im staatlichen Interesse geheimzuhaltenden Informationen in die Hände fallen. Insbesondere Sicherheitsüberprüfungen sollen das Risiko ausschließen oder zumindest nachhaltig mindern, dass Personen mit Ausspähungsbzw. Verratsabsichten zu Geheimnisträgern werden. Am 25.05.99 ist für Hamburg erstmals ein eigenständiges Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG) in Kraft getreten, das die bis dahin geltenden Verwaltungsvorschriften ablöste. 9. Strukturdaten Um die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden transparenter zu machen, haben sich die Innenminister und -senatoren der Länder darauf verständigt, Strukturdaten der Verfassungsschutzbehörden zu veröffentlichen: 1. Der Haushaltsplan 2000 der Freien und Hansestadt Hamburg wies für das Landesamt für Verfassungsschutz am Jahresende 125 (1999: 131,8) Stellen aus. Im Laufe des Jahres 2001 wird ein weiterer Stellenabbau um mindestens 3,5 Stellen auf 121,5 Stellen erfolgen. 2. Der Haushaltsansatz für das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (Sachausgaben und Personalkosten) betrug im Jahr 2000 17.912.000 DM. Im Jahr 1999 lag der Ansatz bei 17.934.000 DM (17.534.000 DM zuzüglich einer "Vorgriffsermächtigung" in Höhe von 400.000 DM) Darin waren 13.163.000 DM (1999: 13.250.000 DM) für Personalausgaben enthalten. 16 3. Vom Landesamt für Verfassungsschutz waren am 31.12.2000 im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 8.605 (31.12.1999: 8.570) Personen erfasst, davon 32 % (31.12.1999: 31 %) im Zusammenhang mit Sicherheitsüberprüfungen. Die geringfügige Zunahme der Speicherungszahlen ist - bei gleichzeitigem Rückgang im Extremismusund Spionageabwehrbereich - auf einen Anstieg der Speicherungen bei Sicherheitsüberprüfungen zurückzuführen. 10. Arbeitsweise Die Verfassungsschutzbehörden sammeln und speichern personenbezogene Daten über extremistische Bestrebungen, sicherheitsgefährdende Aktivitäten und im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen. Zu den Instrumenten der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden zählen unter anderem gemeinsame Dateien. Die "klassische" gemeinsame Datei im Sinne des SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist die Personenzentraldatei (PZD) des bundesweiten Nachrichtendienstlichen Informationssystems (NADIS). Sie ist eine grundsätzlich allen Verfassungsschutzbehörden zur Verfügung stehende Sammlung von Hinweisen auf Unterlagen, die personenbezogene Informationen enthalten. Jede Verfassungsschutzbehörde speichert in eigener Verantwortung biographische Daten und das Aktenzeichen der betreffenden Unterlage. Im Zusammenhang mit Personalien wird lediglich eine Aktenfundstelle gespeichert, nicht die eigentliche Information. Anhand der PZD soll im konkreten Bedarfsfall festgestellt werden können, ob eine Person schon früher im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung bekannt geworden ist. Die Nutzung von Informationen aus den Unterlagen ist ein zweiter - von der PZD unabhängiger - Schritt. Zugriff zu gespeicherten Daten haben ausschließlich die Verfassungsschutzbehörden. Sie sind verpflichtet, diese Daten nach präzise vorgegebenen Fristen und strengen Beurteilungsmaßstäben zu prüfen. Ist ihre weitere Speicherung nicht mehr erforderlich, werden sie gelöscht. Die Datenschutzbeauftragten kontrollieren, ob die Prüfungsund Löschungsfristen beachtet werden. 17 I. Rechtsextremismus 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten Die Grundthemen rechtsextremistischer Agitation, die auf Demonstrationen und öffentlichen Kundgebungen, auf Flugblättern, in Broschüren, Publikationen und Büchern, über Info-Telefone und im Internet verbreitet werden, sind seit Jahren unverändert: * rassistisch geprägte Fremdenfeindlichkeit * Antisemitismus * nationalistische Vorstellungen als Gegenpol zur europäischen Einigung, zur Einführung des Euro und zur Globalisierung der Wirtschaft * Wiedererschaffung des deutschen Reiches * Revisionismus * sozialpolitische Themen * Kriminalität / Innere Sicherheit * Verunglimpfung des Staates und seiner Organe * Beklagen der staatlichen und von politischen Gegnern ausgehenden Repression gegen "alle national denkenden Menschen" Im Berichtsjahr haben vor allem der Protest von Rechtsextremisten gegen staatliche Repressionsmaßnahmen und der Antisemitismus erheblich an Bedeutung gewonnen. Die zunehmende rechtsextremistische Gewalt und das immer häufigere provokative und aggressive Auftreten von Neonazis und Skinheads, zum Teil auch von NPD-Anhängern, bei Demonstrationen haben dazu geführt, dass die Sicherheitsbehörden ihre Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus weiter intensiviert haben. Mit der "Blood & Honour Division Deutschland" und dem "Hamburger Sturm" (Ü 3.1, 4.2) wurden im Jahr 2000 zwei neonazistische Vereinigungen verboten. Im Herbst entschieden die drei Verfassungsorgane Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat jeweils einen eigenen Antrag auf Verbot der NPD (Ü 5.3) zu stellen. Die Bundesregierung reichte ihren Verbotsantrag am 30.01.2001 beim Bundesverfassungsgericht ein. Darüber hinaus wurden Demonstrationen, soweit sie nicht verboten wurden, mit strengen Auflagen belegt; zahlreiche Skinhead-Konzerte wurden unterbunden oder - sofern die Gefahr von Straftaten gegeben war - verboten. Der aktionistisch 18 ausgerichtete Teil der rechtsextremistischen Szene reagierte hierauf mit einer Vielzahl von Protestaktionen. Insbesondere die NPD und die Neonazis sehen sich in einer Opferund Märtyrerrolle und betrachten sich als einzige verbliebene politische Opposition in Deutschland. Sie sind davon überzeugt, die einzigen Vertreter der Interessen des deutschen Volkes zu sein. Etliche fühlen sich legitimiert, ihr Recht auf Widerstand nach Art. 20 Abs. 4 GG auszuüben und tragen ihren Protest unter dem Motto "Meinungsfreiheit auch für nationale Menschen" oder ähnlichen Parolen entsprechend selbstbewusst und offensiv in die Öffentlichkeit. Mittlerweile findet nahezu an jedem Wochenende in der Bundesrepublik eine Demonstration oder eine öffentliche Kundgebung zu diesem oder einem ähnlichen Thema statt. Gegen Demonstrationsverbote oder -auflagen wird konsequent der Rechtsweg beschritten. Vorreiter sowohl bei der Anmeldung derartiger Aktionen als auch bei deren juristischer Begleitung ist der Hamburger Neonazi Christian Die NPD reagierte auf die VerbotsdiskusWORCH. In der Skinsion mit der Kampagne "Argumente statt head-Szene blieb es daVerbote" gegen nicht bei verbalen Protesten: Wiederholt wurde z.B. versucht, die Auflösung von Skinhead-Konzerten mit Gewalt zu verhindern. Zu befürchten ist, dass auch die Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern aus dem linken Spektrum eine neue Stufe der Gewalt erreichen könnten. Im Rahmen der sogenannten "Anti-Antifa"-Arbeit wer19 den in zunehmendem Maße und systematisch Informationen über politische Gegner gesammelt und Dossiers angelegt. Im Rahmen von Exekutivmaßnahmen wurden bei gewaltbereiten Rechtsextremisten in Einzelfällen Waffen beschlagnahmt, die u.a. gezielt gegen politische Gegner aus der militanten linksextremistischen Szene eingesetzt werden sollten. Besorgniserregend ist auch die Zunahme des Antisemitismus und Antizionismus in Deutschland. Dieser Befund lässt sich zum einen festmachen an der verstärkten und aggressiver werdenden antisemitischen und antizionistischen Agitation von Rechtsextremisten und zum anderen am Anstieg antisemitischer Strafund Gewalttaten (Ü 2.) Im Jahr 2000 wurden mehrere Brandanschläge auf Synagogen verübt, die Schändungen jüdischer Friedhöfe und Mahnmale häuften sich und jüdische Repräsentanten und Einrichtungen wurden bedroht. Nicht alle diese Straftaten gehen jedoch auf das Konto von Rechtsextremisten: Der Brandanschlag auf die Synagoge in Düsseldorf in der Nacht zum 03.10.2000 wurde beispielsweise von zwei ausländischen Jugendlichen arabischer Herkunft verübt. Es gibt trotz intensiver Ermittlungen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Bombenanschlag am 27.07.2000 in Düsseldorf, bei dem mehrere jüdische Aussiedler aus den GUS-Staaten zum Teil schwer verletzt wurden, von Rechtsextremisten verübt wurde. Dennoch wurden in der Öffentlichkeit hierfür Rechtsextremisten verantwortlich gemacht. In der Folge kam es zu einem starken Anstieg mutmaßlich von Rechtsextremisten verübter antisemitischer Straftaten, da insbesondere die Juden in Deutschland beschuldigt wurden, dass Rechtsextremisten sofort als Gewalttäter verdächtigt würden. Darüber hinaus verstärkt sich unter Rechtsextremisten der Hass gegen die Juden, weil sich jüdische Repräsentanten mahnend zu Wort melden und an exponierter Stelle bei Aktionen und Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus in Deutschland mitwirken. Auch Weltverschwörungstheorien, nach der die Juden die wirtschaftliche und politische Weltherrschaft anstreben, die Regierungen der Staaten unterwandern und insbesondere das deutsche Volk unterjochen wollen, werden wieder verstärkt verbreitet. Die rassistisch motivierte Fremdenfeindlichkeit war erneut ein wesentlicher Bestandteil rechtsextremistischer Agitation. Zum Teil wurde offen die Ausweisung aller in Deutschland lebenden Ausländer, insbesondere der Asylbewerber, gefordert, weil damit angeblich alle sozialen und gesellschaftlichen Probleme in der Bundesrepublik gelöst werden könnten. Ausländer werden weiterhin massiv verunglimpft, etwa als Asylbetrüger, als Sozialschmarotzer oder Abkassierer bei der Beziehung von Sozialhilfe oder 20 pauschal als Kriminelle bezeichnet. Rechtsextremisten behaupten, dass Deutschland politisch und kulturell durch eine "multi-kriminelle" Gesellschaft bedroht werde. Eine wirtschaftliche Bedrohung bestehe u.a. durch Dumpinglöhne, zu denen Ausländer arbeiteten, und durch Schwarzarbeit von Ausländern, die deutschen Arbeitnehmern die Arbeitsplätze wegnähmen. Während im Jahre 1999 die Diskussion über den sogenannten Doppelpass Anlass für rassistisch und völkisch geprägte Fremdenfeindlichkeit war, wurde im Berichtsjahr die Agitation unter dem Aspekt der verstärkten Einbürgerung von Ausländern in Deutschland und der Diskussion um die Notwendigkeit von Einwanderungen nach Deutschland sowie die Vergabe der "Greencard" für ausländische Computerexperten fortgesetzt. Dem Staat und den demokratischen Parteien wird in aggressiver Form vorgeworfen, nicht mehr die nationalen deutschen Interessen zu vertreten und das deutsche Volk abschaffen zu wollen. Die "Multi-Kulti"-Gesellschaft ist für Rechtsextremisten gleichbedeutend mit einer Gesellschaft, in der die Deutschen schleichend ihre Kultur verlieren und im eigenen Land zur - zunehmend unterdrückten - Minderheit werden. Die Horrorvision vom Untergang des deutschen Volkes bildet den Hintergrund ihrer These, dass ein ethnisch bedingter Bürgerkrieg über kurz oder lang unausweichlich sei. Sie halten sich daher für die einzigen Bewahrer des Deutschtums und des deutschen Volkes und sehen ihre Aufgabe darin, mit allen Mitteln, die "umerzogenen" und "in ihr Schicksal blind ergebenen" Deutschen vor ihrem Schicksal zu bewahren. Hinsichtlich der Bemühungen, den Rechtsextremismus intellektuell zu fundieren, nehmen zwei Personen eine besondere Rolle ein, die ihre politischen Wurzeln im Linksextremismus haben: Der ehemalige RAF-Terrorist Horst MAHLER, der in Berlin eine Anwaltskanzlei betreibt und die NPD im Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten soll, und das frühere SDS-Mitglied Dr. Reinhold OBERLERCHER (Hamburg), der sich heute als "Nationalmarxist" bezeichnet. Sie haben - bei unterschiedlicher Rollenverteilung - ihre Zusammenarbeit erheblich verstärkt: Während Dr. OBERLERCHER sich mehr als theoretischer Vordenker sieht, der die politisch-ideologischen Konzepte und Abhandlungen erarbeitet, übernimmt MAHLER schwerpunktmäßig die Öffentlichkeitsarbeit, indem er die äußerst komplizierten und abstrakten Theorien OBERLERCHERs in verständlicher Form innerhalb des rechtsextremistischen Lagers, aber auch in der Öffentlichkeit, verbreitet. Hierzu bedient er sich insbesondere des Internets. Neben Vorträgen vor unterschiedlichen rechtsextremistischen Zusammenhän21 gen, die er z. T. mit Dr. OBERLERCHER zusammen hält, tritt er auch als Redner bei Demonstrationen auf und nutzt zunehmend seine Mitgliedschaft in der NPD, um seine Thesen zu verbreiten. Im Gegensatz zu Dr. OBERLERCHER erzielt MAHLER eine erhebliche Resonanz in der rechten Szene, da es ihm durch seinen offenen Umgang mit seiner linksextremistischen Vergangenheit und seine rhetorischen Fähigkeiten gelingt, sich und seine politischen Vorstellungen einem breiteren Publikum zu vermitteln. Langfristiges politisches Ziel von MAHLER und Dr. OBERLERCHER ist die Beseitigung der gegenwärtigen staatlichen Ordnung und die Wiederherstellung des für sie nach wie vor bestehenden, aber z. Zt. handlungsunfähigen "Deutschen Reiches". Dazu hat Dr. OBERLERCHER "Schulungstexte zum Vierten Reich" formuliert. Beide verbreiten auch völkischrassische und antisemitische Thesen und bekennen sich zum "Nationalen Widerstand". So forderte MAHLER in einer von ihm initiierten Unterschriftensammlung gegen ein Verbot der NPD alle Kräfte, die sich auf der Grundlage ihres Bekenntnisses zu Deutschland vereinigen könnten, dazu auf, ihr Arbeitsfeld in die NPD zu verlegen und ihrer "Reichsbürgerpflicht" durch Einreihung in die "Front des "Nationalen Widerstandes" nachzukommen. In mehreren Appellen betonte MAHLER sein Festhalten an der "Reichsidee" und beklagte, dass diejenigen, die sich gegen "Überfremdung" und "Umvolkung" einsetzten und "die noch Deutsche sein wollten", verfolgt würden. Den USA und den sie beherrschenden Kreisen unterstellt er, Deutschland vernichten zu wollen und die uneingeschränkte Weltherrschaft anzustreben. Die Niederwerfung des Deutschen Reiches habe in zwei Weltkriegen begonnen und werde fortgesetzt, in dem versucht werde, Deutschland, wie auch die übrigen europäischen Staaten, durch die "Einpflanzung fremder Völkerschaften" von innen her aufzulösen. Mit der Angliederung "Mitteldeutschlands" an die BRD habe die dritte Phase des "Umvolkungszuges" eingesetzt. Mit Hilfe der ehemaligen DDR-Bürger, die noch sehr bewusste Deutsche geblieben seien, hofft MAHLER auf ein Anwachsen des "Nationalen Widerstandes" mit dem Ziel, die Handlungsfähigkeit des "Deutschen Reichs" mit einer Reichsführung wiederherstellen und damit Europa als "Kontinent des weißen Mannes gegen die Herrschaft der US-Ostküste" retten zu können. In dem gemeinsam mit dem ehemaligen REP-Bundesvorsitzenden Franz SCHÖNHUBER herausgegebenen Buch "Schluß mit deutschem Selbsthaß - Plädoyers für ein anderes Deutschland" fordert MAHLER das Verbot aller Parteien und plädiert für die Errichtung eines Reiches mit einer Volks22 gemeinschaft. Im November verfasste MAHLER zum Thema Entschädigungszahlungen an Zwangsarbeiter ein "Rundschreiben an die von jüdischen Organisationen erpreßten deutschen Wirtschaftsunternehmen", in dem er der Bundesregierung vorschlägt, sich mit einer "Ablaßzahlung" an einem Verteidigungsfonds zu beteiligen, aus dem dann öffentlichkeitswirksame Kampagnen der im Aufbau begriffenen "Geschichtswahrheitsguerilla" und ein Musterprozess vor dem Bundesverfassungsgericht finanziert werden könnten. Die gemeinsame Arbeit von Dr. OBERLERCHER und MAHLER findet auch im Rahmen des rechtsextremistischen Theoriezirkels "Deutsches Kolleg" (DK) statt, das sich als Gesprächskreis der "nationalen Intelligenz" versteht. Ziel des DK ist es, den Kräften des nationalen Lagers das nötige Rüstzeug zu vermitteln, um als geschulte, diskursfähige Elite in den Diskussionen mit dem politischen Gegner bestehen und um die Meinungsführerschaft in allen politischen, wirtschaftlichen und ideologischen Fragen übernehmen zu können. Mit der Beteiligung MAHLERs seit Frühjahr 2000 hat das DK neue Impulse erhalten und seine Aktivitäten verstärkt. Am 15.10.2000 veröffentlichte das DK anlässlich eines Anschlages auf eine Synagoge in Düsseldorf ein u.a. von MAHLER und Dr. OBERLERCHER verfasstes Papier mit dem Titel "Ausrufung des Aufstandes der Anständigen". In diesem Papier verlangt das DK u.a. das Verbot der jüdischen Gemeinden und "aller vom jüdischen Volksgeist beeinflussten Vereinigungen und Einrichtungen, weil sie Völkervertreibung und Völkermorde unterstützen." Der "Judaismus" wird als "tödliche Gefahr für die Völker" bezeichnet und die "gläubige Judenheit", deren Kriege gegen das deutsche Volk andauerten, aufgefordert, die "Kampfhandlungen gegen unser Volk sofort einzustellen". 23 Moderne Kommunikationsmedien wie Internet, E-Mail, Info-Telefone und Mobiltelefone gewinnen für die Kommunikation, Agitation und Mobilisierung von Rechtsextremisten immer mehr an Bedeutung. Insbesondere das Internet bietet wie kein anderes Medium Rechtsextremisten Möglichkeiten zur Selbstdarstellung und bildet nach Ansicht der NPD "vor dem Hintergrund der übermächtig erscheinenden gleichgeschalteten Presse" den "Schwerpunkt der nationalen Gegenöffentlichkeit". Die Zahl der von deutschen Rechtsextremisten betriebenen Homepages Auszug aus der Veröffentlichung im im Internet nahm seit Internet 1996 rapide zu: Ende 2000 zählten die Verfassungsschutzbehörden nach intensiver Recherche rund 800 Seiten, 1999 waren erst 320 bekannt. Inzwischen ist nahezu die gesamte rechtsextremistische Szene im Internet vertreten. Ein erheblicher Teil der Websites hat strafbare Inhalte - von Propagandadelikten bis hin zu Gewaltaufrufen. Diese Seiten werden aber wegen ihrer Strafbarkeit nicht über deutsche Provider ins Netz gestellt, sondern befinden sich auf ausländischen Servern, vornehmlich in den USA. Derartige Vorsichtsmaßnahmen schützen jedoch nicht vor Strafverfolgung in Deutschland: Am 12.12.2000 entschied der Bundesgerichtshof im Fall des australischen Revisionisten Dr. Fredrick TOBEN, dass Ausländer in Deutschland wegen Volksverhetzung auch dann belangt werden können, wenn sie ihre in Deutschland abrufbaren Schriften auf Servern im Ausland ins Internet einstellen. Ihre Äußerungen seien dann geeig24 net, den öffentlichen Frieden in Deutschland zu stören. Da der Erfolg der Handlung in Deutschland eintrete, gelte die Volksverhetzung damit als in Deutschland begangen. Unabhängig von ihrer Strafbarkeit werden rechtsextremistische Internet-Angebote generell verstärkt ins Ausland verlagert, weil von deutschen Providern in der Vergangenheit wiederholt auch legale Seiten gesperrt oder gelöscht wurden. Die rechtsextremistischen Parteien NPD und DVU treten daher selbst als Provider in Erscheinung. Die NPD bietet Interessierten die Gelegenheit, über sie ins Internet einzusteigen bzw. Inhalte Unter dem Namen "White Power Portal" einzustellen. bietet eine Internet-Domain in der Schweiz kostenlosen Speicherplatz für Neben dem World Wide Web rechtsextremistische Homepages an. Sie (www) nutzen Rechtsextremisten auch andere Dienste des enthalten eine Fülle von strafrechtlich relevanten Inhalten. Internet. Etliche UsenetNewsgroups bieten Rechtsextremisten ein Forum zur Veröffentlichung ihrer Meinungen und umfangreicher Textbeiträge. Die Namen der Newsgroups lassen die rechtsextremistische Zielrichtung dieser Foren bereits erkennen. Für Rechtsextremisten interessant ist auch das Internet Relay Chat (IRC), ein Medium, über das sich die Nutzer über spezielle IRC-Server direkt wie in einem Gespräch mittels Texteingabe "unterhalten" können. Ende 2000 gab es 13 aktive rechtsextremistische Info-Telefone mit sehr unterschiedlicher Qualität und Aktualität. Eine Reihe von ihnen ist bereits mit einer eigenen Homepage im Internet vertreten. Das umfangreichste Angebot bietet der Hamburger Rechtsextremist Andre GOERTZ mit seiner Homepage "NIT - Nachrichten Informationen Theorie" an. Neben der Ansage der von ihm betriebenen Nationalen Infotelefone (NIT) Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen kann auch die Rubrik NIT-Blitz aufgerufen werden. Sie enthält Ansagen sowohl zu allgemeinpolitischen als auch zu speziellen, die rechtsextremi25 stische Szene betreffende Themen und wird täglich aktualisiert. Darüber hinaus gibt es das Diskussionsforum "NIT-Forum". Ein zweites rechtsextremistisches Info-Telefon in Hamburg ist das "Freie Info-Telefon" (FIT), das dem "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland" zuzurechnen ist. 26 1.2 Organisationen und Potentiale Der 1999 begonnene Abwärtstrend bei der Rechtsextremistische Personenpotentiale (Bundesebene) Gesamtzahl der Rechtsextremisten setzte sich im Jahre 2000 fort. Die 2000 50900 Gesamtzahl sank nach Abzug der Doppelmit1999 51400 gliedschaften geringfügig von 51.400 im 1998 53600 Jahre 1999 auf nunmehr 50.900. Dies 1997 48400 entspricht einem Rückgang von knapp 1 1996 45300 %. Das Personenpotential des Rechtsex1995 46100 tremismus teilt sich (einschließlich Dop1994 56600 pelmitglied-schaften) wie folgt auf: 1993 65450 36.500 Mitglieder in 1992 65700 unverändert drei 1991 39800 rechtsextremistischen Parteien 1990 32300 (1999: 37.000) 9.700 subkulturell geprägte (Skinheads) und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten (1999: 9.000) 2.200 Neonazis (1999: 2.200) 4.200 Mitglieder in 78 sonstigen Organisationen (1999: 4.200 in 77 Organisationen). Die Anzahl der von den Verfassungsschutzbehörden beobachteten rechtsextremistischen Organisationen beträgt 143 (1999: 134), davon 60 zumeist wenig strukturierte örtliche oder regionale neonazistische Kameradschaften, 2 gewaltbereite Personenzusammenschlüsse, 3 Parteien und 78 sonstige rechtsextremistische Organisationen/Einrichtungen. 27 Rechtsextremistisches Personenpotential 1999 2000 Bundesebene Gewaltbereite Rechtsextremisten einschl. Skin9.000 9.700 heads Neonazis1) 2.200 2.200 Parteien: 37.000 36.500 davon REP 14.000 13.000 davon DVU 17.000 17.000 * davon NPD 6.000 6.500 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 4.200 4.200 Summe (Gewaltberei52.400 52.600 te/Neonazis/Parteien/Sonstige) Summe n. Abzug v. Mehrfachmitgliedschaften2) 51.400 50.900 1) nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften innerhalb der Neonazi-Szene. Bei der Anzahl der Gruppen werden nur diejenigen Gruppierungen/Kameradschaften erfasst, die ein Mindestmaß an Organisierung aufweisen. 2) Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 1.000 bzw. 1.700 bei Parteien und sonstigen rechtsextremistischen Organisationen vom gesamten Personenpotential. Bei der Entwicklung des rechtsextremistischen Personenpotentials ist ein unterschiedlicher Trend festzustellen. Besorgniserregend ist der weitere starke Anstieg bei den gewaltbereiten Rechtsextremisten. Dagegen ist bei den rechtsextremistischen Parteien überwiegend eine Stagnation bzw. ein Rückgang der Mitglieder zu verzeichnen. Eine Ausnahme bildet die NPD. Sie konnte im Zusammenhang mit der Verbotsdiskussion erhebliche Solidarisierungseffekte und einen deutlichen Mitgliederzuwachs erzielen. Die Gesamtzahl der Rechtsextremisten in Hamburg ist im letzten Jahr weiter gesunken. Nach Abzug der Doppelmitgliedschaften umfasst das Potential in Hamburg etwa 910 Rechtsextremisten gegenüber 1.000 im Jahr 1999 (- 9,0 %). Hamburg und der nähere Einzugsbereich in den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen bilden weiterhin einen einheitlichen Aktionsraum der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene. In diesem Aktionsraum steigerte sich die Anzahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten, davon weit überwiegend Skinheads, auf etwa 240 28 (1999: 200 = +20 %). Davon haben etwa 120 ihren Wohnsitz in Hamburg (1999: 100 = +20 %). Die Rechtsextremisten setzten ihren öffentliRechtsextremistische chen Aktionismus mit Personenpotentiale (Hamburg) einer Vielzahl von Aufmärschen und Kundgeb2000 910 120 Umland ungen fort. Die über1999 1000 100 wiegende Mehrzahl der Teilnehmer wurde dabei 1998 1060 70 von Neonazis und Skin1997 1200 heads gestellt. Im Ver1996 1200 laufe des Jahres wurden zunehmend Repres1995 1250 sionsmaßnahmen des 1994 1300 Staates bzw. Attacken politischer Gegner zum 1993 1400 Anlass genommen, 1992 1400 öffentliche Protestaktionen durchzufü hren. 1991 1400 1990 800 Auch in Hamburg setzte sich das provokante Auftreten von Neonazis und Skinheads in Form von Demonstrationen und anderen öffentlichen Aktionen fort. Dabei übernahm der Hamburger Neonaziführer Christian WORCH häufig die Rolle des Anmelders und juristischen Vertreters - zunehmend auch bei Aktionen außerhalb Hamburgs. Die Zahl der Neonazis in Hamburg sank leicht auf etwa 90 (- 10 %). Ein erheblicher Teil der Neonazis gehört gleichzeitig der Skinhead-Szene an. Der Kameradenkreis um Thomas WULFF hat seine einst dominierende Rolle in der Hamburger Neonaziszene verloren. Sowohl personell als auch aktionistisch nimmt die überwiegend aus Skinheads bestehende Neonaziszene in Bramfeld eine größere Rolle ein. Mit dem "Hamburger Sturm" wurde ein Zusammenschluss innerhalb dieser Szene von der Hamburger Behörde für Inneres verboten. Darüber hinaus bestehen noch weitere kleinere neonazistische Gruppen. Die Hamburger Neonazis beteiligten sich an zahlreichen Aktivitäten des "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland", die vom "Aktionsbüro Norddeutschland" koordiniert werden. Sowohl die Neonaziszene als auch die Skinheadszene, deren Bereitschaft zur Beteiligung an politischen Aktionen und an der Aufklärung politischer Geg29 ner im Rahmen der "Anti-Antifa"-Arbeit weiter gestiegen ist, kooperieren mit entsprechenden Szenen im Hamburger Umland. Rechtsextremistisches Personenpotential Hamburg 1999 2000 Subkulturell geprägte Rechtsextremisten und 100 120 sonstige - auch neonazistische - gewaltbereite Rechtsextremisten (Potentiale im Aktionsraum: (100/100) (120/12 Hamburg/Umland) 0) Neonazis (einschl. neonazistische Skinheads) 100 90 Parteien: 550 510 davon REP 60 60 davon DVU 400 350 davon NPD einschl. JN. 90 100 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 320 250 Gesamtsumme 1.070 970 Nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 1.000 910 Die rechtsextremistischen Parteien verharrten in einem weitgehend inaktiven, teils desolaten Zustand. Die Mehrzahl der Mitglieder ist inaktiv. Die DVU als mitgliederstärkste Partei beschränkt sich weitgehend auf interne Veranstaltungen und ihre Präsenz in den vier Bezirksversammlungen, in denen sie vertreten ist. Erst im Wahljahr 2001 wird die DVU im Rahmen des Wahlkampfes in Hamburg wieder verstärkt öffentlich präsent sein. Der Hamburger Landesverband der REP ist durch interne Streitigkeiten gelähmt und inaktiv. Versuche, die Partei in Hamburg zu reaktivieren, sind bisher gescheitert. Auch der Hamburger Landesverbandes der NPD verharrt weiter in Lethargie. Die mangelnden öffentlichen Aktivitäten der Hamburger NPD, die den aktionistischen Kurs der Bundespartei nie nachvollzogen hat und eine engere Zusammenarbeit mit den Hamburger Neonazis abgelehnt, riefen in der Bundesführung Unmut hervor. Der Bundesvorstand beschloss daher, Parteimitglieder aus anderen Landesverbänden nach Hamburg zu beordern, die hier teils ohne Abstimmung mit dem Landesverband Info-Tische veranstalteten und Flugblattverteilaktionen durchführten. Diesen Aktivitäten schlos30 sen sich Hamburger Parteimitglieder kaum an. Auch die Ankündigung eines Verbotsantrages gegen die NPD löste im Hamburger Landesverband keine Protestaktionen aus. 31 1.3 Beteiligung an Wahlen Die drei rechtsextremistischen Parteien DVU, NPD und REP blieben bei den beiden Landtagswahlen im letzten Jahr in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erfolglos. Lediglich die NPD beteiligte sich an beiden Wahlen; in Schleswig-Holstein trat sie als einzige rechtsextremistische Partei an. Sie konnte von dieser Konstellation zwar kaum profitieren, mit ihrem Ergebnis von 1 % kommt sie jedoch in den Genuss der staatlichen Parteienfinanzierung. Die REP konnten bei der Landtagswahl in NordrheinWestfalen ihr Wahlergebnis im Vergleich zur letzten Wahl geringfügig steigern. In Schleswig-Holstein kam eine Wahlteilnahme wegen der desolaten Situation des dortigen Landesverbandes nicht zustande. Die DVU trat aus finanziellen Gründen und wegen mangelnder Erfolgsaussichten, die 5%Hürde zu überspringen, in beiden Bundesländern nicht an. Damit zeigte sich erneut, dass die drei rechtsextremistischen Parteien von flächendekkenden Wahlerfolgen in der Bundesrepublik weit entfernt sind. Die DVU ist lediglich in ausgewählten Bundesländern in der Lage, mit finanziell aufwendigen Wahlkämpfen in Landesparlamente einzuziehen. Der Schwerpunkt der REP liegt in Süddeutschland. Ihr Ziel für das Jahr 2001 ist der Wiedereinzug in den baden-württembergischen Landtag, in dem sie seit 1992 vertreten sind. Wahlergebnisse 2000 DVU NPD REP Gebiet: Endergebnis % Stimmen % Stimmen % Stimmen 27.02.00 Landtag - 1,0 _ Schleswig- - 15.121 - Holstein 14.05.00 Landtag - 0,0 1,1 Nordrhein- - 2.351 83.251 Westfalen 32 2. Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten / Statistik Nach Jahren des Rückgangs kam es im Jahr 2000 zu einem deutlichen Anstieg der Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund. Die von der Polizei erfassten rechtsextremistisch motivierten Strafund Gewalttaten stiegen im Vergleich zum Vorjahr von 10.037 Straftaten auf 15.591 im Jahr 2000. Darin enthalten, aber gesondert ausgewiesen, sind 3.594 (22,5 %) fremdenfeindliche und 1.378 (8,6 %) antisemitische Straftaten. 10.979 der rechtsextremistischen Straftaten wiesen keinen fremdenfeindlichen oder antisemitischen Bezug auf. Bei den Straftaten mit zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund handelt es sich um Vorfälle, bei denen der rechtsextremistische Tathintergrund zwar nicht zweifelsfrei feststeht, aber ein entsprechender Verdacht besteht. Die in der Gesamtzahl Rechtsextremistische Gewalttaten (Bundesebene) rechtsextremistisch motivier1485 ter Straftaten enthaltenen 1322 Gewalttaten stiegen eben998 falls von 746 im Jahr 1999 auf 849 784 790 746 998 im Be624 708 612 richtsjahr deutlich an (+ 33,8%). Damit ist die dritthöchste Zahl nach den Jah1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 ren 1992 und 1993 zu verzeichnen gewesen. Neben einer insgesamt gestiegenen Gewaltbereitschaft haben spektakuläre Straftaten sowohl bei den rechtsextremistischen als auch bei den fremdenfeindlichen und antisemitischen Delikten offensichtlich zahlreiche Nachahmungstäter gefunden. 33 Bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Täter handelt es sich um Jugendliche und Heranwachsende, die nicht aus organisierten rechtextremistischen Zusammenhängen stammen, sondern der lose strukturierten rechtsextremistischen Skinhead-Szene (Ü 3.1) und ihrem Umfeld zuzurechnen sind. Den Verfassungsschutzbehörden sind viele Täter vorher nicht bekannt. Rechtsextremistisch motivierte Gewalt hat ganz überwiegend spontanen Charakter. Die meisten Gewalttaten werden nicht geplant, sondern resultieren aus alltäglichen Konfliktsituationen oder unkontrollierten Aggressionen. Sehr häufig stehen die Täter dabei unter erheblichem Alkoholeinfluss. Die Gewalttaten werden nach Tatrichtungen unterschieden und in vier Kategorien aufgeteilt: Bundesebene: Gewalttaten / Tatrichtungen: Anteil 2000 Fremdenfeindliche Gewalt 64,2 % Antisemitische Gewalt 2,9 % Gewalttaten g. Linksextremisten oder vermeintl. Linksextr. 4,3 % Sonstige rechtsextremistische Gewalttaten 28,6 % Zu den Gewalttaten zählen Tötungsdelikte, Sprengstoffanschläge, Brandanschläge, Landfriedensbrüche und Körperverletzungen. In der Summe der in diesem Jahr vom Bundeskriminalamt (BKA) erfassten 998 Gewalttaten sind sieben Sprengstoffanschläge und 41 Brandstiftungen enthalten. Im Berichtsjahr ist es zu zwei vollendeten und 15 versuchten Tötungsdelikten gekommen. Ferner gab es 874 Körperverletzungsdelikte sowie 59 Landfriedensbrüche. Diese Gewalttaten addieren sich mit der weitaus höheren Zahl weiterer Straftaten wie Sachbeschädigungen, Nötigungen/Bedrohungen, Verbreitung/Verwendung verbotener Propagandamittel sowie Volksverhetzung/ Aufstachelung zum Rassenhass ( 1999 = 6.937; 2000: 10.979) zu der einleitend vorangestellten Gesamtzahl von 15.951 Straftaten (1999: 10.037). Von den 10.979 rechtsextremistischen Straftaten ohne fremdenfeindlichen oder antisemitischen Bezug machen die Propagandadelikte, wie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß SSSS 86, 86a StGB, mit rund 85%) den größten Anteil aus. Von den 2000 insgesamt erfassten 998 Gewalttaten waren 641 fremdenfeindlich motiviert (1999: 451). Auch im Berichtsjahr hatten die Gewaltdelikte erneut überwiegend einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Straftaten 34 Bundesebene 2000: Aufteilung der insgesamt 15.951 rechtsextremistischen Straftaten 3.4 94 (22,4%) Andere Straftaten, 724 (4,4 %) 320 (2,0 %) insbesondere 998 (6,3 %) SachbeNötigungen, VolksGewalttaten schädigungen Bedrohungen verhetzung 10.435 (65,1%) Propagandadelikte werden von der Polizei dann als fremdenfeindlich angesehen, wenn sie sich "gegen Personen richten, denen die Täter wegen ihrer Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes ein Bleibeund Aufenthaltsrecht in Deutschland bestreiten". Die Zahl der Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten sank dagegen von 53 auf 43 (- 18,9 %). Auf die Kategorie der sonstigen rechtsextremistischen Gewalttaten entfielen 285 Fälle (1999: 226). Die antisemitische Gewalttaten stiegen um 81,2 % von 16 im Jahr 1999 auf 29 im Berichtsjahr. Besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregten in diesem Jahr Anschläge mit antisemitischer Zielrichtung. Am 20.04.2000 verübten Rechtsextremisten einen Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt (Thüringen), der jedoch nur geringen Sachschaden anrichtete. Aufgrund der dilettantischen Tatausführung und der Fingerabdrücke auf einem Selbstbezichtigungsschreiben konnte der vermutliche Haupttäter wenige Tage später festgenommen werden. In der anschließenden Vernehmung machte er kein Hehl daraus, den Anschlag aufgrund seiner antisemitischen Einstellung begangen zu haben, und gab an, dass er mit dieser Tat in "rechten" 35 Kreisen an Ansehen gewinnen wollte. Die Aussage des Haupttäters, der Mitglied in der NPD war und aufgrund verschiedener rechtsextremistisch motivierter Delikte vorbestraft ist, führte zu zwei weiteren Festnahmen. Bundesebene: Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund Tatrichtung / Motivation 1999 2000 Veränderungen Fremdenfeindlich 451 641 + 42,1 % Antisemitisch 16 29 + 81,2 % Gegen Linksextremisten 53 43 - 18,9 % Sonstige rechtsextremist. Ge226 285 + 26,1 % walttaten Gewalttaten insgesamt 746 998 + 33,8% Wie schwierig gerade bei Gewalttaten gegen Juden und ihre Einrichtungen die Einschätzung des Tathintergrundes ist, zeigen zwei Vorfälle aus Düsseldorf, bei denen rechtsextremistische Täter hinter den Anschlägen vermutet wurden: Bei einem Sprengstoffanschlag am 27. Juli an einer Düsseldorfer S-Bahn-Station wurden insgesamt neun Personen zum Teil lebensgefährlich verletzt. Alle Opfer stammten aus den Ländern der GUS, sieben von ihnen waren jüdischen Glaubens. Bis heute konnten die Hintergründe der Tat nicht aufgeklärt werden. Bei dem am 02.10.2000 verübten Brandanschlag auf eine Synagoge hat die Generalbundesanwaltschaft zwei Personen arabischer Herkunft unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Die Tat steht offensichtlich im Zusammenhang mit den seit September 2000 wieder aufgeflammten gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern. Zu den gravierendsten Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Bezug gehörte der Brandanschlag vom 16.09.2000 auf ein Asylbewerberheim in Ludwigshafen (Rheinland Pfalz), bei dem drei albanische Kinder verletzt wurden. Die Polizei ermittelte vier Täter, die kurze Zeit nach dem Anschlag festgenommen werden konnten. Am 23.09.2000 warfen in Wuppertal mehrere fremdenfeindlich motivierte Täter einen Brandsatz in ein von Jugoslawen bewohntes Übergangswohnheim. Bei einem Bewohner fing eine Matratze Feuer, konnte jedoch rechtzeitig gelöscht werden. Im Rahmen der Fahndung nahm die Polizei insg e- samt sieben Personen fest. Gegen vier Tatverdächtige wurde ein Ermittlungsverfahren wegen eines versuchten Tötungsdeliktes eingeleitet. 36 Im Berichtsjahr wurden insgesamt 17 rechtsextremistisch bzw. fremdenfeindlich motivierte (versuchte und vollendete) Tötungsdelikte verübt. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben. Ein besonders erschreckendes Beispiel für die Brutalität und Menschenverachtung, mit der rechtsextremistische Gewalttäter teilweise ihre Taten verüben, ist der Überfall von drei einschlägig bekannten Skinheads auf einen 31-jährigen mosambikanischen Familienvater am 11.06.2000 in Dessau (Sachsen-Anhalt). Alle drei Täter, die zur Tatzeit in starkem Maße alkoholisiert waren, schlugen bzw. traten auf ihr Opfer ein, bis es regungslos am Boden liegen blieb. Der Afrikaner erlag kurze Zeit später im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Das Gericht verhängte gegen die Beschuldigten langjährige Freiheitsstrafen. Sowohl die Witwe als auch der Richter hatten während des Verfahrens Drohbriefe erhalten. Ein weiteres rechtsextremistisch motiviertes Tötungsdelikt wurde in der Nacht auf den 24.07.2000 in Ahlbeck auf Usedom (MecklenburgVorpommern) von vier der örtlichen rechtsextremistischen Szene angehörenden Skinheads verübt. Die zwischen 16 und 24 Jahre alten Täter schlugen und traten so lange auf ihr Opfer, einen Obdachlosen, ein, bis dieser starb. Als Begründung für ihre Tat gaben zwei der vier Festgenommenen an, dass "Asoziale und Landstreicher nicht in die Gesellschaft passten". Der Haupttäter wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Hamburg: Gewalttaten / Straftaten insgesamt Auch in Hamburg war ein mit rechstextremistischem Hintergrund drastischer Anstieg der rechtsextremistisch motiGewalttaten vierten Strafund Gewalttaten zu verzeichnen. Die Poli458 Straftaten zei erfasste im Berichtsjahr insgesamt insgesamt 458 rechtsextremistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten - doppelt so viele wie 264 1999 (230 Straftaten) *). 230 Die Gesamtzahl teilt sich auf in 55 Gewalttaten und 403 sonstige Straftaten wie Sachbeschädigungen mit 55 und ohne Gewaltanwen19 24 dung, Nötigungen und Be1998 1999 2000 37 drohungen sowie Propagandadelikte (Hakenkreuz-Schmierereien, u.ä.), die fast die Hälfte aller Delikte ausm achen. Ein Anstieg war bei allen Tatrichtungen zu verzeichnen: 239 rechtsextremistische Straftaten wiesen keinen fremdenfeindlichen oder antisemitischen Hintergrund auf. Gegenüber 1999 (147)*) bedeutet dies eine Steigerung um +62,6 %. Der entsprechende Anteil an der Gesamtzahl der Straftaten verringerte sich von 64% (1999) auf 52 %. 175 fremdenfeindlichen Straftaten stehen 70 *) Straftaten im Jahr 1999 gegenüber. Die Zahl stieg damit um +150 %. Der Anteil an der Gesamtzahl der Straftaten erhöhte sich auf 38% (1999: etwa 30%). 44 antisemitische Straftaten wurden im Jahr 2000 verübt, 1999 waren es 13. Die Zahl sich damit mehr als verdreifacht: +338,5 %. Knapp 10% aller Straftaten hatten eine antisemitische Zielrichtung (1999: etwa 6%). Die Zahl der Gewalttaten nahm ebenfalls besonders stark zu: 1999 wurden 24 *) rechtsextremistische Gewalttaten in Hamburg verübt, im Jahr 2000 waren es 55. Dies entspricht einem Anstieg um +139,1 %. Hamburg: Rechtsextremistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten 2000 Tatrichtung / Motiva1999 2000 Veränderung tion Rechtsextremistisch 147 239 + 62,6 % Fremdenfeindlich 70 175 + 150 % Antisemitisch 13 44 + 338,5 % Straftaten insgesamt: 230 458 + 99,1 % Um den starken Anstieg der rechtsextremistischen Strafund Gewalttaten in Hamburg, der statistisch über dem Bundestrend liegt, richtig einzuordnen, bedarf es einer sorgfältigen Analyse. Die Ursachen für diesen Anstieg sind bislang nicht abschließend geklärt. Generell ist festzustellen, dass es bei Rechtsextremisten einen verstärkten Hang zur Gewaltanwendung gibt. Zu vermuten ist auch, dass Nachahmungseffekte, eine erhöhte Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung und intensivere polizeiliche Maßnahmen zu diesem Anstieg beigetragen haben. Neben dem Anstieg der Gewalttaten 38 kam es vor allem vermehrt zu Propagandadelikten wie "Heil-Hitler"-Rufen oder Zeigen des "Hitler-Grußes". Auch die Zahl der Beleidigungen mit fremdenfeindlicher oder antisemitischer Zielrichtung ist gestiegen. Erfreulich ist, dass es trotz der Zunahme von Gewalttaten in Hamburg kaum schwer verletzte Opfer, keine schweren Brandstiftungen und Sprengstoffanschläge gab. Bei den Gewalttaten handelt es sich überwiegend um Körperverletzungsdelikte. Am 18.02.2000 bedrohte ein bekannter und zur Tatzeit alkoholisierter, rechtsextremistischer Skinhead auf St.Pauli ein junges Pärchen mit einem geladenen Gasrevolver. Polizisten, die den Vorfall von der gegenüberliegenden Straßenseite beobachteten, nahmen den Täter, der sich in einer mehrköpfigen Skinheadgruppe befand, fest. Die zunehmende Militanz in der Szene belegt auch ein Vorfall vom 02.04.2000 ebenfalls auf St.Pauli: Eine Gruppe von größtenteils bekannten rechtsextremistischen Skinheads skandierte auf der Reeperbahn fremdenfeindliche und antisemitische Parolen. Im weiteren Verlauf wurde ein unbeteiligter Passant zu Boden geschlagen. Bevor es zu einer weiteren Eskalation kam, konnten herbeigerufenen Polizeikräfte etwa die Hälfte der Skinheads festnehmen. Bei den Festgenommenen wurden zahlreiche Waffen, wie Schlagstöcke, Gaspistolen, CS-Gaskartuschen, Elektroschocker und ähnliche Gegenstände sichergestellt. Am 14.08.2000 bedrohte in Hamburg-Horn ein den Sicherheitsbehörden bis dahin unbekannter Jugendlicher im angetrunkenen Zustand einen türkischen Passanten mit einem Messer und forderte Geld. In der Folge kam es zu einer Auseinandersetzung, bei der der Täter den Türken durch Messerstiche lebensbedrohlich verletzte. Als die eingesetzten Polizeibeamten den Täter an dem Geschädigten, der zu diesem Zeitpunkt ärztlich versorgt wurde, vorbeiführten, beleidigte er diesen mit fremdenfeindlichen Äußerungen und drohte ihn das nächste Mal umzubringen. Den Beamten gegenüber gab der Beschuldigte an, "rechts" zu sein. Seine Eltern hätten ihn so erzogen und sein Vater sei auch "rechts". *) Die Gesamtzahl der Straftaten wurde aufgrund von zwei Nachmeldungen gegenüber dem Jahresbericht 1999 geändert ( je eine Straftat mit rechtsextremistischer bzw. fremdenfeindlicher Motivation, davon eine Gewalttat ). 39 3. Subkulturell geprägte und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten Der seit Jahren festzustellende kontinuierliche Anstieg der Zahl der subkulturell geprägten gewaltbereiten Rechtsextremisten setzte sich im Jahr 2000 fort: Gegenüber 1999 war ein Anstieg um 700 auf 9.700 Personen zu verzeichnen. 1994 zählten die Verfassungsschutzbehörden lediglich 5.400 gewaltbereite Rechtsextremisten. Neben gewalttätigen Rechtsextremisten zählen hierzu auch Personen, die sich - ohne bisher Gewalttaten begangen zu haben - für Gewaltanwendung aussprechen oder in gewaltbereiten Szenen aktiv sind. Nach wie vor stellen die rechtsextremistischen Skinheads die weitaus größte Gruppe innerhalb der gewaltbereiten Rechtsextremisten dar. Ihr gehören überwiegend Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 15 und 25 Jahren an. Rechtsextremistische Gewalt wird zumeist spontan und überwiegend aus wenig gefestigten Gruppen bzw. Cliquen heraus verübt. 3.1 Rechtsextremistische Skinhead-Szene Die überwiegende Mehrzahl der Skinheads ist von dem Bewusstsein geprägt, einer von der Gesellschaft weitgehend ausgegrenzten Subkultur anzugehören. Das Interesse, sich ernsthaft mit rechtsextremistischen Ideologien zu beschäftigen, ist bei den meisten kaum vorhanden. Zwar hat sich bei vielen Skinheads eine diffuse rechtsextremistische Weltanschauung gebildet, sie sind in der Regel aber weder an politischer Arbeit oder Schulungen interessiert, noch bereit, sich in die strenge hierarchische Ordnung neonazistischer Kameradschaften einzufügen. Allerdings ist regional unterschiedlich eine Veränderung dieser Einstellung in Richtung auf eine stärkere Einbindung in politische Aktivitäten festzustellen, was dazu führt, dass sich die Grenzen zwischen Neonaziund Skinhead-Szene dort zunehmend auflösen. Viele Neonazis kommen aus der Skinhead-Szene und entwickeln sich im Laufe der Jahre zu neonazistischen Aktivisten. 40 Von weit größerer Bedeutung für die politische Bewusstseinsbildung sind subkulturelle Medien: Wie in anderen jugendlichen Subkulturen auch, wird die Gruppenidentität neben dem Outfit durch eigene Musikformen ("Oi"Musik), Konzerte und szenetypische Publikationen, auch Fanzines genannt, zum Ausdruck gebracht. In der Skinhead-Szene herrschen in starkem Maße fremdenfeindliche und rassistische Einstellungen vor, die mit einem übersteigerten Nationalgefühl und Hass gegen alles "Undoitsche" einhergehen und den Nährboden für rechtsextremistische und fremdenfeindliche Gewalt bilden. Starker Alkoholkonsum und die gewaltverherrlichende und aggressionsfördernde Musik rechtsextremistischer Skinhead-Bands fördern die Gewaltbereitschaft zusätzlich. Zu den Feindbildern rechtsextremistischer Skinheads gehören Ausländer, insbesondere Asylbewerber, Punks und "Zecken" (Linke). Wiederholt kam es auch zu Gewalttaten bis hin zu Tötungsdelikten gegen Obdachlose. Aufgrund dieser Affinität zu rechtsextremistischen Denkmustern und Feindbildern sowie einem zunehmenden Interesse am Aktionismus stellt ein zunehmender Teil der nur lose strukturierte Skinhead-Szene - trotz der genannten Einschränkungen - ein erhebliches Rekrutierungsund Mobilisierungspotential für den organisierten Rechtsextremismus dar, insbesondere für Neonazis, die sich als führende aktionistische Kraft des "Nationalen Widerstandes" verstehen (Ü 4.2). Innerhalb der internationalen Skinhead-Szene sind mit "Blood & Honour" und den "Hammerskins" zwei eindeutig neonazistisch und rassistisch ausgerichtete Organisationen aktiv. Die "Blood & Honour"-Bewegung hatte seit Mitte der neunziger Jahre einen regen Zulauf in Deutschland und gewann durch die Veranstaltung zahlreicher Skinhead-Konzerte und auch durch die Einbindung in rechtsextremistische Aktionen zunehmend an Bedeutung. In Anlehnung an das gleichnamige Programm der NSDAP von 1924 legte die Organisation ihre innere Ordnung in einem "25-Punkte-Programm" fest. Nachdem es den Sicherheitsbehörden gelungen war, ausreichend gerichtsverwertbare Erkenntnisse über die verfassungswidrige Ausrichtung der Organisation zusammenzutragen, wurden die "Blood & Honour Division Deutschland" und ihre Jugendorganisation "White Youth" am 14.09.2000 vom Bundesminister des Innern nach dem Vereinsgesetz verboten. Bei den 41 bundesweiten Durchsuchungsmaßnahmen bei insgesamt 30 Betroffenen wurden neben Computern auch rechtsextremistisches Propagandamaterial sowie der Organisation zuzurechnende Gelder sichergestellt. In Hamburg wurde die Verbotsverfügung dem führenden "Blood & Honour"-Aktivisten Torben KLEBE zugestellt und dessen Wohnung durchsucht. Das Verbot ist noch nicht rechtskräftig. Für das Zusammengehörigkeitsgefühl der rechtsextremistischen Skinhead-Szene und den Aufbau überregionaler und internationaler Kontakte spielen Konzerte eine wichtige Rolle. Im Durchschnitt erreichen gut besuchte SkinheadKonzerte Besucherzahlen von 400500 Personen, einige liegen auch bei über 1.000, in Einzelfällen bis zu 2.000 Teilnehmern. Konzerte und der damit eng verbundene kommerzielle Handel mit rechtsextremistischen Tonträgern und anderen Szene-Artikeln sind zu Die britische, "Blood & Honour"einer wichtigen Finanzquelle gewornahestehende Skinhead-Band den. Die Zahl der rechtsextremisti"Warhammer" trat bereits mehrfach schen Musikveranstaltungen ist im in Deutschland auf. Ihre im Jahr Jahr 2000 jedoch insgesamt zu2000 veröffentlichte CD "Valhalrückgegangen, wobei eine zweigela's Warriors" enthält extrem antiteilte Entwicklung zu beobachten semitische und fremdenfeindliche ist. Während es mit 73 durchgeTexte. führten Skinheadkonzerten deutlich weniger Veranstaltungen als im Vorjahr (105) gab, stieg die Zahl der Konzerte von Liedermachern auf 40 (1999: 27) an. Diese Steigerung lässt sich u.a. darauf zurückführen, dass insbesondere die NPD politische Veranstaltungen häufiger mit musikalischen Darbietungen koppelt. So traten z.B. beim "2. Tag des nationalen Widerstandes" der NPD am 27.05.2000 in Passau Frank RENNICKE und andere Liedermacher auf. Für die überwiegend jungen Teilnehmer unter den ca. 4000 Anwesenden zählten diese Auftritte zu den Höhepunkten der Veranstaltung. Erstmals seit Jahren fanden zwei rechtsextremistische Skinhead-Konzerte in Hamburg statt. Am 22.04.2000 nahmen ca. 100 Rechtsextremisten an 42 einem kleineren Konzert in Hamburg-Kirchwerder teil. Die Polizei stellte am Veranstaltungsort überwiegend Fahrzeuge mit Kennzeichen aus den neuen Bundesländern fest. Am 05.08.2000 trat die Band "Noie Werte" vor etwa 500 Skinheads in einer Diskothek in Billstedt auf. Wie u.a. aus einem Gruß der Band auf ihrer Internetseite hervorgeht, wurde das Konzert von Torben KLEBE und seiner Freundin organisiert. Sie hatten gegenüber dem Veranstalter vorgegeben, dass es sich um ihre Verlobungsfeier handeln würde. Da es während Skinhead-Konzerten häufig zu Straftaten insbesondere durch das Absingen volksverhetzender Texte und durch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (HITLER-Gruß, "Sieg Heil!"-Rufe, u.a.) kommt, gehen die Veranstalter bei der Planung und Durchführung von Skinhead-Konzerten sehr konspirativ vor, um einem Verbot oder einer Auflösung zu entgehen. Dennoch konnten im Berichtsjahr etliche Konzerte von der Polizei unterbunden oder aufgelöst werden. Als Reaktion darauf hat in der Skinhead-Szene die Bereitschaft zugenommen, Konzertauflösungen mit Gewalt zu verhindern. Kennzeichnend für diese Trendwende war aus norddeutscher Sicht das Skinhead-Konzert am 22.07.2000 im niedersächsischen Holvede (Landkreis Harburg), bei dem erstmals massiver Widerstand geleistet wurde. Sechs Neonazis, die Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen hatten, wurden vorläufig festgenommen. In einer Pressemitteilung kritisierte "Blood & Honour" den Polizeieinsatz und warnte diese unmissverständlich vor den möglichen Konsequenzen: "Teilweise vermummte Polizeieinheiten mit Bürgerkriegsausrüstung stürmten, beim derzeitigen Stand der Dinge völlig rechtswidrig, Knüppel schwingend den Saal. ... Absolut unverständlich ist es, dass sich einige Beamte immer noch fragen, warum Menschen wie Kay Diesner auf Polizisten schießen. Bei diesem Verhalten (der Vorfall an diesem Wochenende ist ja kein Einzelfall) sollten sie sich besser fragen, warum die anderen dies nicht machen!" Zu einer bislang nicht gekannten Eskalation der Gewalt kam es am 23.09.2000 bei einem Konzert in Karßen/Laave im Landkreis Lüneburg (Niedersachsen), an dem ca. 500 Rechtsextremisten teilnahmen. Als sich Polizeibeamte dem Veranstaltungssaal näherten, wurden sie sofort angegriffen. Hierbei wurden zwei Beamte von einer aus dem Obergeschoss geworfenen Kommode am Kopf getroffen. Bei der durchgeführten Auflösung des Konzertes entwickelte sich eine regelrechte Saalschlacht, bei der insgesamt 46 Polizeibeamte verletzt wurden. 32 Skinheads wurden vor43 übergehend festgenommen. Bei der Auflösung eines Skinheadkonzertes am 25.11.2000 in der Nähe von Annaburg (Sachsen-Anhalt) wurde bei einem Teilnehmer ein Molotow-Cocktail gefunden. Im letzten Jahr führten die Sicherheitsbehörden etliche Exekutivmaßnahmen gegen den Handel mit illegalen CDs durch. So konnten z.B. am 27.02.2000 in Northeim (Niedersachsen) bei einer Hausdurchsuchung rechtsextremistische Tonträger im Wert von ca. 80.000,DM sichergestellt werden. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Leiters von "Blood & Honour" wurden am 25.03.2000 in Berlin ca. 1800 CDs und 1500 Exemplare des wegen Volksverhetzung inkriminierten Magazins "Blood & Honour Nr. 9" gefunden. Auf dessen Titelseite waren auch zwei kleine Hakenkreuze abgebildet. Im Rahmen operativer Maßnahmen konnte die Polizei am 22.12.2000 in Hamburg drei Personen bei der Übergabe rechtsextremistischer CDs beobachten und vorläufig festnehmen. Bei anschließenden Durchsuchungsmaßnahmen wurden über 1.000 CDs sichergestellt, darunter auch ein so genannter "BerlinBrandenburg-Sampler", auf dem das "Blood & Honour"-Symbol abgebildet ist. Neben Liedern der in der Szene sehr populären Skinhead-Band "Landser" enthält 44 der Sampler auch das Lied "Freitag, der 13." der Band "Spreegeschwader", in dem ohne Nennung des Namens der Todestag von Ignatz BUBIS als schönster Tag im Jahr und der Verstorbene als "größter Lügner im Land" dargestellt wird. Laut Booklet der CD ist dieser Titel "mit frdl. Genehm. von Jens PÜHSE Tonträger" veröffentlicht worden. PÜHSE ist Mitarbeiter der "Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft" der NPD und seine Angebotsliste "PÜHSEs Liste" ist fester Bestandteil des NPD-Kataloges. Im Jahr 2000 erschienen mehrere CDs mit äußerst aggressiven und volksverhetzenden Texten, u.a. die CD "Ran an den Feind" der Gruppe "Landser". Gegen die Vertreiber der CD wurden am 13.11. 2000 in insgesamt sechs Bundesländern umfangreiche Exekutivmaßnahmen durchgeführt. Der Refrain des Titelsongs "Ran an den Feind" enthält die Zeilen: "Kameraden, Kameraden, es lautet der Befehl: Ran an den Feind, Bomben auf Israel." Und in dem Lied "Niemals" heißt es u.a.: "Irgendwer wollte den Niggern erzählen, sie hätten hier das Recht zu wählen. Das haben sie auch, Strick um den Hals oder Kugel im Bauch." Die gewaltbereite rechtsextremistische Szene in Hamburg und Umgebung umfasst etwa 240 Personen. Davon haben ca. 120 ihren Wohnsitz in Hamburg. Zum überwiegenden Teil handelt es sich um rechtsextremistische Skinheads, die sich in unorganisierten, stadtteilbezogenen Cli-quen zusammenfinden. Knapp zwei Drittel der gewaltbereiten Rechtsextremisten gehört der Altergruppe zwischen 16 und 25 Jahren an, 20 % sind zwischen 26 und 30 Jahre alt. Etwa 40 der insgesamt 120 gewaltbereiten Rechtsextremisten in Hamburg sind gleichzeitig der Neonazi-Szene zuzurechnen und beteiligen sich durchgängig an politischen Aktionen des "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses Norddeutschland" (Ü 4.1, 4.2). Skinhead-Bands sind in Hamburg nicht aktiv. 45 Enge Verbindungen Gesamtaktionsraum Hamburg und Umland A A l t e r s s t r u k t u r g e w a l t b e r e i t e r R e c h t s e x t r e m i sten bestehen insbesondere zu rechtsextremistischen Skinheads im südlichen Schleswig35% Holstein, sowie zu Skinhead-Gruppen im 27% südlichen Randbereich Hamburgs. In Pinne20% berg ist seit mehreren Jahren eine größere 11% Skinhead - Kameradschaft aktiv, die sich 4% 3% verstärkt an politischen bis 17 18-20 21-25 26-30 31 u. älter unbekannt Aktionen der "Freien Nationalisten" aus Hamburg sowie an anderen Veranstaltungen im Bundesgebiet beteiligt. Die Kameradschaft organisierte auch eigenständig Veranstaltungen wie Kranzniederlegungen und Demonstrationen, an denen bis zu 80 Neonazis und Skinheads aus dem norddeutschen Raum teilnahmen. Einen besonderen Brennpunkt bildete im Berichtsjahr Elmshorn. Dort kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen von Skinheads und Neonazis (Ü 4.1) mit einem von örtlichen Gewerkschaftern und Politikern gegründeten "Bündnis gegen Rechts". Neben mehreren rechtsextremistischen Demonstrationen kam es zu Anschlägen sowie massiven Bedrohungen gegen einzelne Mitglieder des Bündnisses. Bisher konnten die Täter nicht ermittelt werden. Wichtigster überregionaler Treffpunkt der norddeutschen Skinhead-Szene ist weiterhin der "Club 88" in Neumünster, der auf Betreiben der Stadt geschlossen werden sollte. Als Reaktion darauf wurden von der rechtsextremistischen Szene aus dem Umfeld des Clubs Unterschriften gesammelt und am 16.09.2000 demonstrierten etwa 550 Rechtsextremisten in Neumünster gegen die Schließung des Lokals. Gegen den Konzessionsentzug legte die Betreiberin erfolgreich Rechtsmittel ein. Die Skinhead-Szene in Hamburg konzentriert sich auf relativ wenige Stadtteile. Mit etwa 40 Angehörigen ist die Skinhead-Szene in Bramfeld und den benachbarten Stadtteilen weiterhin Schwerpunkt der gewaltbereiten Rechtsextremisten in Hamburg. Maßgeblicher Aktivist in diesem Bereich ist der Neonazi Torben KLEBE. Er gilt in Skinheadund Neonazikreisen als Führungsfigur. Neben seiner Kaderfunktion in der am 11.08.2000 verbo46 tenen Kameradschaft "Hamburger Sturm" (Ü Pkt. 4.2 ) gehörte er auch zur Führungsebene von "Blood & Honour" in der "Sektion Nordmark" (Schleswig-Holstein, Hamburg, nördliches Niedersachsen). KLEBE verfügt über sehr gute Kontakte zur rechtsextremistischen Skinhead-Szene im norddeutschen Raum, die er für Veranstaltungen, wie Konzerte und Demonstrationen, mobilisiert. Skinheadund Neonazi-Szene überschneiden sich in Bramfeld und Umgebung in erheblichem Maße. In anderen Stadtteilen des Bezirks Wandsbek, insbesondere in den Randbereichen, gibt es kleinere, lose Skinhead-Gruppierungen, die vor allem mit rechtsextremistisch und fremdenfeindlich motivierten Straftaten aufgefallen sind. Ebenso wie die Skinhead-Szene in Bramfeld unterhalten auch die in den nordwestlichen Hamburger Stadtteilen Schnelsen, Niendorf und Eidelstedt sowie Langenhorn ansässigen Skinheads Kontakte zur Skinhead-Szene im schleswig-holsteinischen Umland. In Hamburgs Süden gibt es in mehreren Stadtteilen eine Skinhead-Szene. Offensichtlich orientieren sich Teile der Szene aus Marmstorf und Neugraben mehr in Richtung Niedersachsen. Kontakte gibt es insbesondere zu Skinheads aus Tostedt und Umgebung. Vereinzelt bestehen auch Verbindungen zur Neonazi-Szene in Bramfeld und Bergedorf. Neben Bramfeld stellt der Bezirk Bergedorf mit den angrenzenden Gemeinden Reinbek und Glinde einen weiteren Aktionsschwerpunkt der Hamburger Skinhead-Szene dar. Die dortige Szene zeichnete sich in den letzten Die Skinhead-Band "Noie Werte" Jahren durch intensive "Anti-Antifa"trat am 05.08.2000 in Hamburg Arbeit und eine erhebliche Gewaltbeauf. Organisiert wurde das Ko n- reitschaft aus. Auch im Jahr 2000 zert u.a. von Torben KLEBE kam es zu entsprechenden Vorfällen: Am 21.04.2000 überfielen fünf Personen, die nach ihrem Erscheinungsbild der rechtsextremistischen Skin47 head-Szene angehörten, zwei Besucher des linksalternativen "Cafe Flop" und verprügelten sie mit einer Holzlatte. Zumindest ein Täter konnte ermittelt werden. Er gehört der rechtsextremistischen Szene an. Die Gefahr, dass es im Rahmen der von Rechtsextremisten betriebenen "Anti-Antifa"-Arbeit und der zunehmenden Konfrontation von Neonazis und Skinheads mit politischen Gegnern auch zukünftig zu Angriffen auf Personen und Einrichtungen insbesondere der linken Szene kommen kann, ist weiter gestiegen. Rechtsextremisten haben durch ihre ständige Präsenz in der Öffentlichkeit ihr Selbstvertrauen gestärkt und sind eher bereit, ihre Belange offensiv zu vertreten und nicht zurückzuweichen. Auseinandersetzungen wie in Elmshorn sind für die kommenden Jahre auch in einzelnen Stadtteilen in Hamburg nicht auszuschließen. 3.2 Zum Problemkreis rechtsterroristischer Bestrebungen und Militanz Im Laufe des Jahres 2000 nahm die öffentliche Diskussion über die mögliche Existenz rechtsterroristischer Strukturen zu. Ursache hierfür war unter anderem der Rohrbombenanschlag am 27.07.2000 an einer S-BahnStation in Düsseldorf. Bei dem Anschlag wurden insgesamt neun Personen zum Teil schwer verletzt. Alle Opfer stammten aus Ländern der GUS, sieben von ihnen waren jüdischen Glaubens. Vor diesem Hintergrund und vorangegangenen Waffenfunden bei Rechtsextremisten - am 10.06.2000 wurde z.B. bei einem Berliner Neonazi eine zündfähige Rohrbombe sichergestellt - wurde ein rechtsextremistischer Anschlag vermutet. Dieser Verdacht konnte durch die Ermittlungen bisher nicht erhärtet werden; die Hintergründe des Anschlags sind weiter unklar. Nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden ist Terrorismus der von Vereinigungen nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen. Die strafrechtliche Anwendung des SS 129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen) setzt voraus, dass die terroristische Vereinigung aus mindestens drei Personen besteht. Diese Definition ist nicht deckungsgleich mit dem umgangssprachlichen Verständnis von Terrorismus, das auch von Einzeltätern verübte schwere Gewaltakte mit terroristischem Charakter einschließt. Rechtsextremistisch motivierte Anschläge werden nicht selten von Einzeltätern verübt. Gravierendstes Bei48 spiel ist der Rechtsextremist Gundolf KÖHLER, der 1980 beim Münchner Oktoberfest einen Sprengstoffanschlag verübte, bei dem 13 Menschen (einschließlich seiner Person) ums Leben kamen und 211 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. Aus der jüngeren Vergangenheit ist insbeso n- dere der Fall Kay DIESNER zu nennen, der u.a. wegen Mordes bzw. Mordversuchs an zwei Polizisten, die er am 23.02.1997 in Rosenburg (Schleswig-Holstein) niedergeschossen hatte, eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt. Die ursprünglich für den Linksterrorismus entwickelte und 1976 im SS 129a StGB festgeschriebene Definition ist auf den Rechtsextremismus daher nur bedingt übertragbar. Einzeltäter wie DIESNER stellen weiterhin ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko dar. Es gibt aber in Deutschland gegenwärtig keine rechtsextremistischen Gruppen, die im Sinne der Terrorismus-Definition handlungsfähig und aktiv sind. Der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene fehlt z.Z. ein Konzept für den bewaffneten Kampf. Gleichwohl ist die Entwicklung in diesem Spektrum vor dem Hintergrund zunehmender Bereitschaft zur Militanz, z.B. bei Auflösungen von Skinhead-Konzerten (Ü 3.1), und z.T. umfangreicher Waffenund Sprengstofffunde besorgniserregend. Dass unter gewaltbereiten Rechtsextremisten die Bereitschaft wächst, Waffen und Sprengstoffe auch anlassbezogen einzusetzen, belegt ein Vorfall vom 15.10.2000 in Bocholt (Nordrhein-Westfalen). Dort wurde bei einer Kontrolle und Durchsuchung von neun jugendlichen Skinheads neben einem Bajonett auch eine Rohrbombe gefunden. Die Ermittlungen ergaben, dass diese Bombe gegen eine türkische Jugendgruppe eingesetzt werden sollte, mit der die Skinheads vorher eine Auseinandersetzung hatten. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens durchsuchte die Polizei am 31.10.2000 die Wohnung eines 21-jährigen Mannes in Bremen und stellte neben Bauanleitungen zur Herstellung von Sprengsätzen auch ein hochexplosives Selbstlaborat (Rohrbombe) sicher. Gegen den Beschuldigten erging Haftbefehl. Bereits am 15.08.2000 waren bei derselben Person anlässlich einer Hausdurchsuchung nach einer Plakataktion im Zusammenhang mit dem Todestag von Rudolf HEß Anleitungen zum Bau von unkonventionellen Brandund Sprengstoffvorrichtungen sowie geringe Mengen Chemikalien, die zu deren Herstellung geeignet waren, gefunden worden. Der Tatverdächtige wollte die Rohrbombe gegen ein Ausländerwohnheim oder eine ähnliche Einrichtung einsetzen. Am 03.11.2000 konnte die Polizei eine zweite Person festnehmen, die gestand, die sichergestellte Rohrbombe gebaut zu haben. 49 Die aggressive Stimmungslage der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene lässt sich auch an der Vielzahl entsprechender Beiträge im Internet ablesen. Dort werden nicht nur Drohungen gegen politische Gegner und Anleitungen für den Bau von Bomben verbreitet, es wird auch versucht zu begründen, warum der Einsatz von Sprengstoffen und Waffen angeblich gerechtfertigt sei. Im November 2000 wurde auf der Internet-Seite einer so genannten "Arischen Bruderschaft 2000" eine "Todesliste" veröffentlicht - unterteilt in die Rubriken "Politische Gegner im Internet", "Ausländische Bastarde" und "sonstige Volksverräter". Wer sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, ist bislang nicht bekannt. In einer Selbstdarstellung schreibt die "Bruderschaft", man sei eine "Weltweite Internet Vereinigung, deren Ziel es ist den TeRRor zu verbreiten, euren HaSS zu schüren und euch Kontakte zu vermitteln". (Schreibweise wie im Original). 50 Im November bezeichnete sich ein "Arischer Kämpferbund" im Internet selbst als "der aktive Widerstand aus dem Untergrund, der auch vor Waffengewalt nicht zurückschreckt". Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass hinter dem selbsternannten "Arischen Kämpferbund" nur eine Einzelperson steht, die auch unter dem Pseudonym "Bonz 1488" agiert. Im Oktober "bedauerte" diese, dass der Rohrbomben-Anschlag von Düsseldorf nicht von "unseren Leuten" begangen worden sei. Die Bewegung sei nicht radikal genug und es bedürfe konspirativ agierender kampfbereiter Kameraden, die in der Lage seien "gezielte Anschläge" durchzuführen: "In der derzeitigen Situation können wir nur mit Terror handeln. Mach kaputt was dich kaputt macht! Der Bürgerkrieg wird kommen. Wenn wir ihn nicht beginnen, dann beginnt ihn der Staat. Doch bedenkt: Angriff ist die beste Verteidigung! Wir müssen diejenigen sein, die zuerst zuschlagen!" (Schreibweise wie im Original). Trotz des drohenden Verbots schürt auch die NPD die Diskussion über die Anwendung von Gewalt. In der Dezember-Ausgabe der Parteizeitung "Deutsche Stimme" wird unter der Überschrift "Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt..." u.a. behauptet, dass in Deutschland der Polizeistaat ausgebaut werde und rechte Jugendliche durch Sondereinsatzgruppen eingeschüchtert werden sollen. Für den "Nationalen Widerstand" wird daher das Widerstandsrecht nach Artikel 20 Abs. 4 Grundgesetz reklamiert: "Nicht nur aus moralischer, auch aus juristischer Sicht haben alle Deutschen das Recht gegen ein solches Regime, das die Grundund Menschenrechte mißachtet und das Rechtsstaatsprinzip verhöhnt, mit allen (friedlichen) Mitteln vorzugehen." (Schreibweise wie im Original). Durch einen kurzen Auszug aus einem Grundgesetzkommentar wird das in Klammern gesetzte "friedlich" weiter relativiert: "Das Widerstandsrecht, das selbst ein grundrechtsgleiches Recht darstellt, ist umfassend. Möglich sind beliebige Formen des Widerstandes, auch wenn sie dem geltenden Recht nicht entsprechen." Voraussetzung sei, dass ein staatliches Organ die Bindung der vollziehenden Gewalt (die Polizei) an Gesetz und Recht auflöst. Dies würde u.a. dann der Fall sein, so der Beitrag, wenn ein "Regime" im Rahmen einer Art "Generalprävention" einem konkret bestimmten Teil der Bevölkerung pauschal die Grundrechte entzieht. Diese Voraussetzung scheint der Autor bezüglich der Behandlung von Rechtsextremisten als gegeben anzusehen. Vor dem Hintergrund einer seit längerem anhaltenden Diskussion über das 51 Für und Wider und die Legitimation von Gewalt, konsequenter staatlicher Repressionsmaßnahmen, anhaltenden Angriffen von militanten Linksextremisten sowie der öffentlichen Ächtung von Rechtsextremisten in den Medien ist innerhalb der rechtsextremistischen Szene eine stärker werdende Aggressivität und Gewaltbereitschaft zu beobachten. Die Gefahr ist gewachsen, dass sich dieses Gewaltpotential zukünftig nicht mehr "nur" in spontanen Gewaltaktionen entlädt, sondern dass Teile der gewaltbereiten Szene zu einer systematischen, zielgerichteten Form von Gewaltanwendung übergehen und sich militante Strukturen nach linksextremistischem Vorbild entwikkeln könnten. 52 4. Neonazismus 4.1 Aktuelle Entwicklung Ausgelöst durch die zahlreichen Vereinigungsverbote seit Anfang der neunziger Jahre versuchte sich die neonazistische Szene in den letzten Jahren durch die Bildung zahlreicher lokal und regional auftretender Kameradschaften zu reorganisieren. Den Verfassungsschutzbehörden sind gegenwärtig etwa 150 solcher, meist autonomer Kleingruppen bekannt. Davon liegen zu etwa 60 nähere Erkenntnisse vor. Der weit überwiegende Teil der ca. 2.200 Personen, die der Neonazi-Szene gegenwärtig zuzurechnen sind, sind dort aktiv. Die Kameradschaften, denen in der Regel zwischen fünf und zwanzig Aktivisten angehören, und die sich auch hinsichtlich ihres Aktivitätsgrades, ihrer Bedeutung für die Szene und ihrer unterschiedlich gefestigten Struktur und Beständigkeit stark voneinander unterscheiden, sind zu einem großen Teil durch persönliche Kontakte, verschiedene Kommunikationsmedien und durch sogenannte "Aktionsbündnisse" miteinander vernetzt, um die Szene handlungsfähig zu gestalten und für öffentliche Aktivitäten mobilisieren zu können. Eine engere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gruppen findet nur auf regionaler Ebene statt; eine bundesweit organisierte Zusammenarbeit gibt es nicht. Die Ursache hierfür ist nicht nur darin zu suchen, dass infolge der Vereinsverbote auf Bundesebene keine ausreichenden Kommunikationsund Organisationsstrukturen mehr vorhanden sind, ein Grund ist auch, dass es nach wie vor politische und persönliche Differenzen zwischen einzelnen Führungspersonen und Gruppen gibt. Eine bundesweit anerkannte Führungsperson, die das neonazistische Lager politisch und organisatorisch einen könnte, ist nicht in Sicht. Unter den "Aktionsbündnissen" kommt dem "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland" eine Vorreiterrolle zu. Ihm gehören insb e- sondere sich als "Freie Nationalisten" bezeichnende Neonazis aus den Bundesländern Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern an. Zwar wurden auch in anderen Landesteilen "Aktionsbündnisse" ins Leben gerufen, diese blieben jedoch sowohl hinsichtlich ihrer Aktionsfähigkeit als auch von ihrer politischen Bedeutung her hinter dem norddeutschen Vorbild zurück. Zur Koordinierung der politischen Arbeit wurde auf Initiative des führenden Hamburger Neonazis Thomas WULFF ein sog. "Aktionsbüro Norddeutschland" eingerichtet, das von einem Angehörigen seines Kameradenkreises betrieben wird. Das "Ak53 tionsbüro" informiert über Demonstrationstermine und koordiniert diese im Vorfeld, mobilisiert zu Veranstaltungen und verfasst Pressemitteilungen zu Aktionen und aktuellen politischen Themen, die auf der eigenen InternetSeite veröffentlicht werden. Ähnliche Einrichtungen gibt zwar es auch in den anderen Aktionsbündnissen, diese sind jedoch weit weniger aktiv. Das seit Jahren verfolgte Konzept, durch die Bildung von Kameradschaften unabhängige, organisationsungebundene und vor allem verbotsfeste Strukturen aufzubauen, war auch in anderer Hinsicht nur bedingt erfolgreich. Mit dem Verbot der neonazistischen Kameradschaft "Hamburger Sturm" durch die Hamburger Behörde für Inneres am 11.08.2000 wurde erstmals ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss nach dem Vereinsgesetz verboten, der keine formalen Strukturmerkmale wie Vorstand, Satzung, u.ä. aufwies. Entsprechend ihrem historischen Vorbild, der SA, sehen sich Neonazis in erster Linie als politische Straßenkämpfer. Provokative Demonstrationen in der Öffentlichkeit sind neben dem gemeinsamen Bekenntnis zum Nationalsozialismus für das Zusammengehörigkeitsgefühl und die politische Identität der Neonazi-Szene von elementarer Bedeutung. Bei den zahlreichen Demonstrationen und Aktionen trat das gestiegene Selbstbewusstsein der Neonazis deutlich zu Tage, öffentlich gegen staatliche Repressionen und die angebliche Beschneidung ihrer Rechte zu protestieren ("Rechte auch für Rechte"). Nachdem die NPD im August beschlossen hatte, auf unbestimmte Zeit auf Demonstrationen zu verzichten, traten insbesondere im norddeutschen Raum zunehmend Neonazis als Anmelder auf. Besonders Christian WORCH, der die Kehrtwende der NPD als "Feigheit vor dem Feind" scharf kritisierte, übernahm hier eine Führungsrolle. Gegen Demonstrationsverbote legte er regelmäßig Rechtsmittel ein. Mehrfach wurde von 54 ihm im Eilverfahren das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen. Nach den Beschlüssen des BVerfG können neonazistische Demonstrationen nur unter engen Voraussetzungen untersagt, jedoch mit einschränkenden Auflagen versehen werden. Die Neonazis bezeichnen sich als einzige wirkliche systemoppositionelle Bewegung in Deutschland und steigern sich so in eine Opferund Märtyrerrolle hinein, die mit wachsender Aggressivität und Gewaltbereitschaft einhergeht. Die behördlichen Abwehrmaßnahmen gegen neonazistische Propaganda und Gewalt interpretieren sie als Versuch des Staates, im Zusammenspiel mit militanten politischen Gegnern - und angestachelt durch eine aufhetzende Medienberichterstattung - den "Nationalen Widerstand" in Deutschland auszuschalten. Man scheue auch nicht vor falschen Anschuldigungen - wie z.B. dem angeblichen Kindermord in Sebnitz (Sachsen) - zurück, um Neonazis zu kriminalisieren und sie ihrer Grundrechte zu berauben, indem Demonstrationen regelmäßig verboten werden oder tatenlos zugesehen werde, wie gewalttätige Linksextremisten diese zu verhindern suchen. Auf der Internetseite "Stoertebeker Homepage" wurde die Zunahme rechtsextremistischer Gewalttaten daher vor allem auf die "Unterdrückungspolitik der Bundesund Landesregierungen gegen jegliche nationale Bestrebung" zurückgeführt. Daraus resultiere "Wut, ohnmächtige Wut, die schließlich in Hass umschlägt". In einer Stellungnahme des rechtsextremistischen Radiosenders "Radio Germania" aus Berlin heißt es zum gleichen Thema, das "System" habe den Nationalen den Krieg erklärt. Daher sei geistige Notwehr nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten. Beispielhaft für die sich gegenseitig aufschaukelnden Auseinandersetzungen von Rechtsextremisten mit politischen Gegnern sind die Ereignisse in Elmshorn (Schleswig-Holstein). Dort hatte sich 1999 unter Beteiligung der Bürgermeisterin und verschiedener Organisationen und Einrichtungen ein "Bündnis gegen Rechts" formiert, um insbesondere gegen die zunehmende Präsenz von Neonazis und rechtsextremistischen Skinheads (Ü 3.1) in der 55 Stadt aktiv zu werden. Als Gegenreaktion verübten mutmaßlich der lokalen Neonaziund Skinhead-Szene angehörende Aktivisten mehrere Anschläge auf Einrichtungen von Organisationen, die am Bündnis beteiligt sind, insbesondere gegen die Geschäftsstelle des DGB in Elmshorn, und bedrohten einen führenden Gewerkschafter sogar mit Mord. Am Rande einer maßgeblich von Neonazis organisierten Demonstration am 05.02.2000 in Elmshorn kam es zu gewalttätigen Übergriffen von militanten Linksextremisten aus der Antifa-Szene. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen haben auch die sog. "AntiAntifa"-Aktivitäten von Rechtsextremisten zugenommen. Festzustellen ist, dass politische Gegner gezielt und systematisch ausspioniert werden - einschließlich Fotoaufnahmen. Teilweise werden die Daten und Fotos elektronisch gespeichert. In der inzwischen verbotenen neonazistischen Publikation "Hamburger Sturm" (Nr. 22) wurde der Sinn und Zweck der "AntiAntifa"-Arbeit erneut erläutert: Das Ziel sei, "bei den Linken ein Klima der ständigen Beobachtung und Registrierung zu schaffen". Linke müssten aus ihrer Sicherheit herausgeholt werden. Ihnen müsse deutlich werden, dass sich überall dort nationaler Widerstand auftue, wo sie sich ungestört zeigten. Im August 2000 erschien die erste Ausgabe der Titelbild eines im Jahr 2000 veröffentlichten "Anti"Anti-Antifa"Antifa"-Flugblattes aus Rheinland-Pfalz. Im NoPublikation "Nahvember 1999 war die gleichnamige Anti-Antifakampf". Darin wurSchrift "Der Wehrwolf" erschienen. den Adressen von Personen und Organisationen politischer Gegner aufgelistet. Zu den teilweise veralteten Angaben erfolgte der mehrdeutige Hinweis, keine unüberlegten Straftaten zu begehen. Eine besondere Rolle beim Informationsaustausch und der Veröffentlichung von Daten politischer Gegner spielt das Internet. So wurde z.B. eine rechtsextremistische Homepage bekannt, auf der eine "Schwarze Liste" mit umfangreichen Daten und Fotos von politischen Gegnern eingerichtet 56 worden war. In einem verfügbaren "Formular" konnten weitere Personen zur Speicherung aufgegeben werden. Vom Betreiber folgte der Aufruf, Adressen von "Zecken, Kanaken und sonstigem Gesindel" zu veröffentlichen, die "'mal eins auf die Schnauze verdienen". In einer anderen "AntiAntifa"-Liste im Internet wurden auch Personen aus Hamburg veröffentlicht. Im Brennpunkt von Hamburger "Anti-Antifa"-Aktivisten standen das Bergedorfer Kulturzentrum "Lola" und das "Cafe Flop". Vor dem "Cafe Flop" wurden am 15.08.2000 aus einem Pkw ca. 25 Flugblätter geworfen, die den Text "Rotfrontterror stoppen. Antifa zerschlagen. Widerstand jetzt!" trugen und mit der wiederholt verwendeten Bezeichnung "Sturm 15 HH Lohbrügge" unterzeichnet waren. Die aggressive "Anti-Antifa"-Arbeit zeigt die potentielle Gewaltbereitschaft der Neonazis; bislang sind jedoch keine Übergriffe auf Personen bekannt geworden, deren Namen und Daten veröffentlicht wurden. Die einzige noch bundesweit agierende neonazistische Vereinigung ist die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG). Sie beschränkt sich allerdings weiterhin auf die Gefangenenbetreuung und die Herausgabe ihres monatlich erscheinenden Informationsblattes "HNG-Nachrichten". An den Mitgliederversammlungen nehmen regelmäßig führende Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet teil. Seit Juni 2000 verbreitet die Organisation Meldungen aus den "HNGNachrichten" auch im Internet. Die von Gary Rex LAUCK geführte NSDAP/AO (Nebraska/USA) machte im Jahr 2000 durch die wieder regelmäßig erscheinende Publikation "NS - Kampfruf" und die verstärkte Nutzung des Internet als Propagandamedium auf sich aufmerksam. Hier ließ LAUCK seinem fanatischen Antisemitismus freien Lauf. So stellte er z.B. die Nachbildung eines "Zyklon B Kanisters - Marke KZ Auschwitz" ins Netz, und stellte demjenigen eine Belohnung in Aussicht, der eine passende Werbung für die Imitation dieses "bekannten Schädlingsbekämpfungsmittels" findet. Im Oktober 2000 bot LAUCK auf seiner Homepage eine antisemitische Version des Computer-Spiels "Moorhuhnjagd" an. Die abzuschießenden Hühner 57 waren dabei durch einen Davidstern gekennzeichnet. Nachdem LAUCK auf Betreiben des deutschen Lizenzgebers seine antisemitisch modifizierte Fassung aus dem Angebot seiner Internet-Seite nehmen musste, verbreitete er dort ein neues antisemitisches Spiel mit dem Namen "KZ-Rattenjagd" als Download-Datei. Bei diesem Spiel sind Ratten im Konzentrationslager Auschwitz vor dem Hintergrund von drei Dosen "Zyklon-B"-Giftgas abzuschießen. Wie im Vorjahr fanden keine zentralen Aktionen zum 13. Todestag von Rudolf HEß statt. Auch die meisten Versuche, regionale Hess-Märsche durchzuführen, scheiterten. Sie konnten im Zusammenwirken mit den Verfassungsschutzbehörden von der Polizei im Vorwege unterbunden werden. In der Woche vom 14. bis 20.08.2000 wurden jedoch bundesweit zahlreiche Propaganda-Aktionen wie Plakatierungen sowie Anbringen von Aufklebern und Transparenten mit Heß-Parolen durchgeführt. 58 4.2 Neonazistische Erscheinungsformen / Bestrebungen in Hamburg Die neonazistische Zahl der Neonazis: ca. 90 Szene in Hamburg ist davon: kein einheitliches * Bramfelder Neonazi-Szene: ca. 20 Gebilde, sondern be- * Kameradenkreis um Thomas WULFF: ca. 15 steht aus mehreren voneinander unabhängigen Kameradschaften, Gruppen und Einzelpersonen. Neben dem Kameradenkreis um Thomas WULFF und den Angehörigen der Bramfelder Neonazi-Szene, die die personell stärksten Zusammenschlüsse darstellen, bestehen nur noch kleinere Gruppierungen mit nicht mehr als maximal zehn Anhängern. Zu den Einzelpersonen gehören u.a. Mitglieder der HNG oder Anhänger der NSDAP/AO. Der Kameradenkreis um Thomas WULFF ist aus dem 1995 verbotenen neonazistischen Verein "Nationale Liste" (NL) hervorgegangen. Trotz des Vereinsverbotes setzten ehemalige NL-Angehörige unter Leitung von WULFF in der Folgezeit ihre politische Arbeit fort, verzichteten aber aus Furcht vor weiteren staatlichen Exekutivmaßnahmen auf die Gründung einer neuen Vereinigung. Statt dessen schlossen sie sich zu einer Kameradschaft ohne formale Strukturen zusammen und bezeichneten sich fortan als "Freie Nationalisten". WULFF initiierte auch die Gründung des "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses Norddeutschland", um die nach den Organisationsverboten im norddeutschen Raum entstandenen freien Kameraden miteinander zu vernetzen (Ü 4.1). Wegen interner Differenzen spalteten sich 1998 rechtsextremistische Skinheads aus dem Raum Bramfeld von dem Kreis um WULFF ab und bildeten eigene Strukturen. Die Verselbständigung der Bramfelder Neonazi-Szene führte dazu, dass die zahlenmäßige Stärke der WULFF-Gruppe von ehemals 30 bis 40 auf nunmehr ca. 15 Personen absank. Beide Gruppen arbeiten seitdem nur noch anlassbezogen zusammen. Die Mitwirkung an öffentlichen Aktionen stellt den Schwerpunkt in der politischen Arbeit des norddeutschen "Aktionsbündnisses" dar. Für die Mobilisierung ist zentral das bis November 2000 in Hamburg und seitdem in Norderstedt (Schleswig-Holstein) ansässige "Aktionsbüro Norddeutschland" verantwortlich, das die beteiligten Neonazi-Gruppen über anstehende Termine informiert. Dadurch ist das Bündnis in der Lage, zu Demonstrationen regelmäßig bis zu 150 Aktivisten auf die Straße zu bringen. Weiterhin 59 traten die norddeutschen "Freien Nationalisten" während des Jahres 2000 bundesweit auf zahlreichen Demonstrationen als Teilnehmer und vereinzelt auch als Organisatoren in Erscheinung. Wichtigstes Agitationsthema war die angebliche politische Verfolgung, der "nationale Oppositionelle" ausgesetzt seien. Die seit 1997 insbesondere bei Demonstrationen erfolgreich praktizierte Zusammenarbeit des "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses Norddeutschland" mit der NPD wurde im Jahr 2000 stark eingeschränkt. Die "Freien Nationalisten" gingen mehr und mehr dazu über, öffentliche Veranstaltungen ohne die Unterstützung der NPD durchzuführen. Die wachsende Distanz lag zum einen in der Absicht der "Freien Nationalisten" begründet, sich als eigenständige politische Kraft mit Führungsanspruch "auf der Straße" eindeutig gegenüber der NPD abzugrenzen. Beispielhaft zeigte sich dieser Konflikt anhand einer Infotisch-Kampagne der NPD in Hamburg, die nicht mit den Hamburger Neonazis abgestimmt war. In einem Flugblatt warf das "Aktionsbüro" der NPD vor, sie habe bewusst ignoriert, dass "freie radikale Kräfte" das politische Geschehen in Hamburg dominierten und für die Öffentlichkeit spürund sichtbar den "Nationalen Widerstand" repräsentierten. Ein weiterer Grund für die Differenzen war der Beschluss des Bundesvorstandes der NPD, aus Angst vor einem Verbot der Partei vorübergehend auf Demonstrationen zu verzichten. Aus Sicht der "Freien Nationalisten" habe die NPD mit diesem Schritt "Feigheit vor dem Feind" demonstriert. Die NPD habe dem Druck des "Systems" nachgegeben, weil ihr das eigene Überleben wichtiger sei als der Kampf um die Sache. Vor allem Christian WORCH machte seine z.T. polemische Kritik an der NPD mehrfach öffentlich. In den vergangenen Jahren hatte er sich innerhalb des neonazistischen Lagers stets für eine engere Kooperation eingesetzt. Inzwischen hat sich seine Einstellung vollständig gewandelt. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist mit der NPD unter der gegenwärtigen Führung für ihn nicht mehr vorstellbar. Die Position WORCHs stellt aber innerhalb der norddeutschen Neonnazi-Szene nur eine Einzelmeinung dar. Andere führende Vertreter der "Freien Nationalisten" sprechen sich trotz der vorhandenen Spannungen für eine weitere punktuelle Kooperation mit der NPD aus, so dass auch künftig - zumindest aus taktischen Gründen - mit gemeinsamen Aktivitäten insbesondere im Rahmen von Demonstrationen zu rechnen ist. 60 Sprachrohr der "Freien Nationalisten" ist seit 1998 die Publikation "Zentralorgan" (ZORG), die dreibis viermal jährlich in einer Auflage von ca. 3.500 Exemplaren erscheint. Um das ZORG finanziell zu unterstützen, gründeten Aktivisten des WULFF-Kreises zusammen mit auswärtigen Neonazis 1999 den "Zentralversand", dessen Sortiment u.a. rechtsextremistische CDs, Aufnäher und T-Shirts umfasst. Im ZORG werden offen nationalsozialistische Positionen propagiert. So heißt es z.B. in einem Beitrag zum 1. Mai: "Wir setzen dem Globalisierungswahn unsere Vorstellung einer nationalen und sozialen Volkswirtschaft entgegen. Wir wollen frei sein von der Zinsknechtschaft der internationalen Hochfinanz, wo uns die BRD-Politiker hineinmanövriert haben! ... Wir wollen als deutsche Arbeiter der Stirn und der Faust mit unserer Arbeitskraft dem Aufbau einer Wirtschaft dienen, die ausschließlich die Lebenssicherung unseres Volkes als oberstes Ziel hat." Im Januar 2001 mussten sich drei redaktionell Verantwortliche des ZORG wegen Volksverhetzung vor Gericht verantworten. Das Amtsgericht Hamburg verurteilte sie am 11. Januar zu Geldstrafen zwischen 4.500 und 8.800 DM. Nach Auffassung des Gerichts waren sie maßgeblich an der Herstellung und Verbreitung der Ausgabe Nr. 8 (November 1999) des ZORG beteiligt, auf dessen Titelblatt in gelber Großschrift die Aussage "Juden raus" mit dem kleingedruckten Zusatz "aus Österreich" zu lesen war. Trotz der am unteren Seitenrand hinzugefügten Erklärung, dies sei die sinngemäße Wiedergabe eines Zitats des damaligen israelischen Staatspräsidenten Ezer WEIZMAN, folgte das Gericht den Ausführungen der Staatsanwaltschaft, dass die Herausgeber mit dem Titel und der provokativen Aufmachung "wohlwollende Assoziationen zu der Verfolgung und Vernichtung der Juden" wecken wollten. Im Rahmen des im Dezember 1999 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens waren am 10.01.2000 die Wohnungen von vier Beschuldigten durchsucht worden. 61 Zunehmende Bedeutung für die propagandistische Tätigkeit und die kommunikative und technische Vernetzung der "Freien Nationalisten" gewinnt das Internet. Auf einer Homepage des "Nationalen Widerstandes" sind verschiedene Projekte zusammengeführt worden: Neben Meldungen des "Aktionsbüros", das regelmäßig aktuelle Veranstaltungstermine bekannt gibt und Pressemitteilungen veröffentlicht, sind u.a. Seiten des ZORG, des "Zentralversandes", des "Freien Infotelefons Norddeutschland" (FIT), der Frauengruppe "Mädelschar Deutschland" und des Skinhead-Lokals "Club 88" (Neumünster) abrufbar. Die Bramfelder Neonazi-Szene (im Jahresbericht 1999 als "Kameradschaft Bramfeld" bezeichnet) hat ihre Wurzeln in der rechtsextremistischen Skinhead-Szene. Sie zählt seit Anfang der neunziger Jahre zu den aktivsten rechtsextremistischen Personenstrukturen in Hamburg. Die Bramfelder Neonazis sind ebenfalls in das norddeutsche "Aktionsbündnis" eingebunden. Dominierende Fü h- rungsfigur ist seit mehreren Jahren der ehemalige WULFFWeggefährte Torben KLEBE. Im vergangenen Jahr nahmen die Bramfelder Aktivisten an mehreren Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet teil und waren durch ihre Verbindungen zudem in der Lage, regelmäßig eine größere Anzahl von Skinheads zu mobilisieren. Von ihrer politischen Bedeutung her haben die Bramfelder Neonazis zum Kameradenkreis um Thomas WULFF aufgeschlossen, hinsichtlich ihres Aktionsund Mobilisierungspotentials haben sie WULFF und seine Anhänger bereits überholt. Im Gegensatz zu diesen stehen sie auch der Anwendung von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung weitaus offener gegenüber. Ihre enge Einbindung in die rechtsextremistische Skinhead-Szene mit ihrer ausgeprägten Gewaltbereitschaft wird hier spürbar. Zum Umfeld der Bramfelder NeonaziSzene gehört der "A.H.-Verlag Hamburg", über den der Einstieg in das lukrative Versandgeschäft erreicht werden soll. 62 Gemeinsam mit weiteren norddeutschen Rechtsextremisten gaben mehrere Angehörige der Bramfelder Neonazi-Szene die Publikation "Hamburger Sturm" heraus, die sich gleichermaßen an Neonazis und Skinheads richtete. Seit 1999 betätigte sich der Herausgeberkreis zunehmend auch aktionistisch: Auf zahlreichen Demonstrationen traten KLEBE und seine Hamburger Anhängerschaft unter der Organisationsbezeichnung "Hamburger Sturm" bzw. "Hamburger Sturm 18" in Erscheinung. Am 11.08.2000 wurde der "Hamburger Sturm" von der Hamburger Behörde für Inneres (BfI) als verfassungswidrige Vereinigung nach dem Vereinsgesetz verboten und aufgelöst. Das Vermögen wurde beschlagnahmt und eingezogen. Mit dem "Hamburger Sturm" wurde erstmals ein Personenzusammenschluss verboten, der keine formalen Strukturen (z.B. Vorstand, Satzung, Programm) besaß, aber aufgrund seiner inneren Organisierung, seiner Aktivitäten und der gemeinsamen Willensbildung bei seiner politischen Betätigung dennoch als Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes anzusehen war. In der Verbotsverfügung wurde u.a. festgestellt, dass der "Hamburger Sturm" rassistische und ausländerfeindliche Positionen vertritt, die demokratische Staatsform verächtlich macht und den Nationalsozialismus verherrlicht. In der letzten erschienenen Ausgabe des gleichnamigen Magazins (Nr. 22/Frühjahr 2000) wurde der Marsch durch das Brandenburger Tor während einer Demonstration am 29. Januar in Berlin wie folgt kommentiert: "Mit wehenden Fahnen ging es durch dieses deutscheste aller deutschen Baudenkmäler. So manche Kameradin und so mancher Kamerad wird da einen Hauch von Geschichte gespürt haben, und viele sagten später, daß sie eine Gänsehaut vor ehrfürchtigem Schauer gehabt hätten. Auch wenn zum Demonstrationsthema nicht passend, ließen viele den seit einem Jahr immer wieder auf Demonstrationen zu hörenden Sprechchor erklingen: 'Ruhm und Ehre der Waffen-SS'". (Schreibweise wie im Original) 63 Ein anderer Beitrag in der Ausgabe Nr. 22, der die Zielsetzung der "AntiAntifa"-Arbeit" erläuterte und mit "Anti-Antifa Hamburg" unterzeichnet war, dokumentierte die potentielle Gewaltbereitschaft des "Hamburger Sturms" gegenüber politischen Gegnern: "Jedoch soll hier keinesfalls der Eindruck erzeugt werden, daß Gewalt grundsätzlich falsch ist. Nur sollte man überlegen, wann und welche Gewalt man ausübt. Gewalt, die sich zum Beispiel gegen aktive Angriffe von Antifahorden auf öffentlichen Aktionen richtet ist nicht nur selbstverständlich zur Abwehr und zum Widerstand nötig". (Schreibweise wie im Original) Gegen das Vereinsverbot erhoben die vier in der Verbotsverfügung genannten Redaktionsmitglieder des "Hamburger Sturms" Klage und beantragten, die sofortige Vollziehung auszusetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Verbot sei offenkundig rechtswidrig, weil es sich bei dem "Hamburger Sturm" - trotz der Präsenz auf Demonstrationen - um keine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes, sondern vielmehr nur um eine Publikation handele. Mit Beschluss vom 06. Oktober lehnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren den Antrag ab. Nach Auffassung des Gerichts sei der "Hamburger Sturm" sehr wohl eine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes. Seine Aktivitäten beschränkten sich nicht nur auf die regelmäßige Herausgabe einer gleichnamigen Publikation mit fremdenfeindlichen, rassistischen, antisemitischen und den Nationalsozialismus verherrlichenden Inhalten, sondern umfassten darüber hinaus u.a. Aufrufe zu Veranstaltungen, die Teilnahme an Demonstrationen sowie die Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Einrichtungen. Nach außen präsentiere er sich dabei als eigenständige politische Gruppe und werde auch auf diese Weise wahrgenommen. Der anschließende Versuch von Torben KLEBE, vor dem Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts durchzusetzen, blieb ebenfalls erfolglos. Sollte das Verbot des "Hamburger Sturms" rechtskräftig werden, wofür juristisch gegenwärtig vieles spricht, würde dies erhebliche Auswirkungen auf das neonazistische Spektrum haben: Das Konzept, staatliche Verbotsmaßnahmen durch den Verzicht auf formale Organisationen zu unterlaufen, wäre weitgehend erschüttert. 64 Veranstaltungen in Hamburg: Erklärtes Ziel der Hamburger Neonazis ist es, auch in Hamburg den "Kampf um die Straße" zu führen und durch Demonstrationen den öffentlichen Raum zu erobern. Sowohl Proteste aus dem demokratischen Spektrum als auch gewalttätige Gegenreaktionen von Linksextremisten werden nicht nur in Kauf genommen, sondern geradezu herausgefordert, um noch stärkere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die nachfolgenden Beispiele illustrieren die Strategie der "Freien Nationalisten", durch Demonstrationen, Kundgebungen und andere provokative Aktionen auf sich aufmerksam zu machen: Mehrere Neonazis aus Bramfeld und Bergedorf versuchten sich am 16.12.1999 Zutritt zu einer Diskussionsveranstaltung im Bergedorfer Ku l- turzentrum "Lola" zu verschaffen, an der der Präses der Behörde für Inneres und der Polizeipräsident teilnahmen. Vor Ort verteilten sie das Flugblatt "Achtung! Rote Hetze!", in dem unterstellt wurde, dass Behörden und gewalttätige Antifaschisten "Hand in Hand" arbeiteten, um rechte Demonstrationen zu verhindern und die "Nationale Opposition" so ihrer Grundrechte zu berauben. Unterzeichner des Flugblattes war u.a. der "Hamburger Sturm". Als es zu einer Konfrontation mit anderen Besuchern der Diskussionsveranstaltung kam, wies die Polizei die Neonazis aus dem Kulturzentrum. Aus Protest gegen das Vorgehen der Polizei meldete eine Hamburger Aktivistin unter dem Motto "Recht auf freie Meinungsbildung" für den 08.01.2000 in Bergedorf eine Demonstration an, zu der 80 bis 100 Aktivisten erschienen. Angehörige der Bramfelder Neonazi-Szene und des WULFF-Kreises gehörten zu einer Gruppe von rund 30 norddeutschen "Freien Nationalisten", die am 01.04.2000 eine Saalveranstaltung der DVU in Neugraben störten, um gegen deren Politik zu protestierten. Der DVU-Vorsitzende Dr. FREY wurde auf Flugblättern als "feister Geschäftemacher" und "machtgieriger Funktionär" bezeichnet, dessen "Pseudopartei" als Deckmantel diene, "um im Namen der nationalen Sache bei bürgerlichen nationalen Kreisen abzukassieren...". Als FREY zu seiner Rede ansetzen wollte, versuchten einige Störer die Bühne zu stürmen, wurden jedoch vorher von Sicherheitskräften zu Boden geworfen. Der Rest der Störergruppe sprang daraufhin auf, skandierte Parolen gegen FREY und lieferte sich mit den DVU-Ordnern ein Handgemenge. Die Polizei stellte die Personalien der Störer fest. Auf Veranlassung führender Hamburger Neonazis meldete ein "Freier Nationalist" aus Lübeck für den 04.06.2000 im Schanzenviertel eine Demonstration mit dem Tenor "Räumt die 'Rote Flora'kein Platz für gewalt65 tätige Politbanden!" an. In einer Pressemitteilung des "Aktionsbüros" hieß es hierzu, der "Nationale Widerstand" nehme die jüngsten Krawalle gewalttätiger Antifaschobanden rund um den 1. Mai zum Anlass, die endgültige Räumung der "Roten Flora" zu fordern. Da die Polizei gegen die Marschroute erhebliche Sicherheitsbedenken geltend machte und ein Verbot ankündigte, versuchten die Neonazis zunächst, ihre Demonstration in die Innenstadt zu verlegen. In einem Kommentar des "Aktionsbüros" hieß es dazu: "Der Staat hat wieder einmal schützend seine Hand über seine antifaschistischen Fu ß- truppen gehalten und 'ihr' Schanzenviertel vor dem Protest des Nationalen Widerstandes bewahrt. ... Wir wollen jedoch am 4. Juni deutlich machen, daß es uns weniger um die 'Rote Flora' und deren Räumung geht. Vielmehr geht es darum, auf die Kumpanei zwischen Staat und Antifa aufmerksam zu machen. Deshalb verzichten wir darauf, die Marschroute im Schanzenviertel gerichtlich einzuklagen. Statt dessen marschieren wir jetzt zur Hamburger Innenbehörde!" (Schreibweise wie im Original). Die Polizei lehnte die Strecke durch die Innenstadt ebenfalls ab und führte als Begründung auch hier Sicherheitsaspekte sowie die eindeutige Provokationsabsicht der Veranstalter an. Diese wichen am Ende nach Borgfelde und Hamm aus: 270 Neonazis aus dem norddeutschen Raum und Nordrhein-Westfalen zogen am 04.06.2000 durch diese Stadtteile und skandierten Parolen wie "Ob Ost, ob West - nieder mit der roten Pest". In kämpferischen Ansprachen forderten u.a. WULFF und WORCH die Räumung der "Roten Flora" und prangerten die angebliche "Kumpanei" des Staates mit gewaltbereiten Linksextremisten an. 66 Offensichtlich aus Verärgerung über einen Presseartikel beabsichtigte Christian WORCH, am 19. bzw. alternativ am 20.08.2000 in der Hamburger Innenstadt unter dem Motto "Gegen Lügen und Hetze der Bild-Zeitung - Enteignet Springer" zu demonstrieren. Wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit untersagte die Polizei zunächst beide Demonstrationen. Nachdem das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Hamburg die Verbote bestätigt hatten, rief WORCH das Bundesverfassungsgericht an, das unter strengen Auflagen eine Kundgebung am 20.08.2000 zuließ. Insbesondere durfte kein Bezug zum Todestag (17.08.) des HITLERStellvertreters Rudolf HEß erkennbar werden. Das Aktionsbüro bewertete die Veranstaltung, an der etwa 150 Aktivisten - abgeschirmt von der Polizei - teilnahmen, als Erfolg. Die "Medienhetze" könne nicht darüber hinwegtäuschen, so das "Aktionsbüro", dass das "korrupte und dekadente System politisch, wirtschaftlich und moralisch am Ende" sei. Seine Konfrontation mit der Presse führte WORCH weiter, indem er für den 03.09.2000 in Hamburg-Bahrenfeld eine Demonstration "Gegen Lügen und Hetze der Hamburger Morgenpost" anmeldete. Dem Aufruf folgten allerdings nur rund 90 Neonazis. Nach Ansicht des Aktionsbüros schüre das Blatt den Hass gegen junge Deutsche, die die Schnauze voll hätten von dem "völkerfeindlichen System eines multikulturellen Oneworld-Faschismus". Die in unterschiedlichen Themenkonstellationen immer wiederkehrende Agitation von Neonazis gegen ihre angebliche politische Unterdrückung zielt darauf ab, die sich gegen rechtsextremistische Bestrebungen wehrhaft zeigende Demokratie zu diskreditieren. Sie versuchen damit davon abzulenken, dass es ihnen keineswegs um den Erhalt elementarer Grundrechte wie Meinungsund Versammlungsfreiheit geht, sondern sie diese Rechte lediglich für ihren Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausnutzen wollen. Veranstaltungen außerhalb Hamburgs: Der Kameradenkreis um Thomas WULFF und die Bramfelder Neonazi-Szene beteiligten sich auch außerhalb Hamburgs an einer Vielzahl von teilweise durch "Freie Nationalisten", teilweise durch die NPD oder die JN organisierten Veranstaltungen. Bei fast allen größeren Demonstrationen und Kundgebungen trat Christian WORCH als Redner auf, häufig auch Thomas WULFF. 67 Rund 100 Rechtsextremisten aus Norddeutschland reisten am 29.01.2000 zu der Demonstration einer "Bürgerinitiative gegen das HolocaustMahnmal" nach Berlin. Als die insgesamt 600 bis 700 Teilnehmer durch das Brandenburger Tor zogen, skandierte eine u.a. aus Hamburger Neonazis und Skinheads bestehenden Gruppe die Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS". In einer "Kein Würgemal in Berlin" betitelten Pressemitteilung des "Aktionsbüros" wurde bejubelt, dass der "Nationale Widerstand" am Vorabend des 30. Januar (Tag der Machtergreifung HITLERs) unter wehenden Fahnen durch das Brandenburger Tor marschiert sei und mit seinem Protest gegen das geplante Juden-Mahnmal unwiderlegbar den Volkswillen verkörpert habe. Bei einer von der JN organisierten Demonstration am 05.02.2000 in Elmshorn, die unter dem Motto "Keine staatliche Förderung linker Gewalt - Weg mit dem Bündnis gegen Rechts!" stand und an der sich ca. 80 Rechtsextremisten beteiligten, kam es zu einer kurzen gewalttätigen Auseinandersetzung mit autonomen Antifaschisten, die vom neonazistischen Propagandablatt "Hamburger Sturm" als Sieg gefeiert wurde: Trotz massiver Steinwürfe der linken "Möchtegernautonomen" sei es den zahlenmäßig schwächeren Nationalisten gelungen, den Linken das Feld eindeutig streitig zu machen und diese zu vertreiben. Dabei hätten wohl mindestens fünf bis sechs Linke Verletzungen erlitten. Aus Protest gegen die EU-Sanktionen gegen Österreich veranstaltete die NPD am 12.03.2000, dem 62. Jahrestag des "Anschlusses" Österreichs an das Deutsche Reich, in Berlin eine Protestdemonstration unter dem Motto "Wir sind ein Volk - nationale Solidarität mit Wien". Unter den 400 bis 500 Teilnehmern befanden sich zahlreiche Neonazis und Skinheads aus Hamburg. Nach einer Pressemitteilung des Aktionsbüros marschierten rund 400 Kameraden aus Norddeutschland, die sich auf dem Weg zur 1. MaiKundgebung der NPD in Berlin befanden, mit Fahnen und lautstarken Parolen ("Arbeitsplätze nur für Deutsche") durch Neuruppin (Brandenburg). Anschließend sei die Fahrt nach Berlin fortgesetzt worden. Zu dem von der NPD für den 27.05.2000 organisierten "2. Tag des nationalen Widerstandes" in Passau versammelten sich über 4.000 Rechtsextremisten. Aus Norddeutschland waren zahlreiche "Freie Nationalisten" angereist, die an entsprechenden Infoständen die Publikationen "Zentralorgan" und "Hamburger Sturm" sowie das "Freie Infotelefon" präsentierten. 68 WORCH, der auf der Veranstaltung auch eine Rede hielt, wurde als Ehrengast begrüßt. Als Reaktion auf das am 21. Juli aufgelöste "Blood & Honour"-Konzert in Holvede (Landkreis Harburg) meldete ein JN-Funktionär für den 05.08.2000 in Tostedt (Niedersachsen) eine Demonstration mit dem Tenor "Gegen Staatswillkür - für Meinungsfreiheit / rechter Rock statt rote Sokken!" an. Trotz nur regionaler Mobilisierung beteiligten sich ca. 250 Rechtsextremisten. Ein zur Erinnerung an Rudolf HEß entrolltes Spruchband beschlagnahmte die Polizei sofort. Zum 13. Todestag von Rudolf HEß verbreiteten Hamburger Neonazis unter der fiktiven Bezeichnung "Initiative für Volksaufklärung" bundesweit Aufkleber und Plakate und am 17.08.2000 führten sie zusammen mit anderen "Freien Nationalisten" aus Norddeutschland in Bad Bramstedt (SchleswigHolstein) einen konspirativ vorbereiteten HEß-Gedenkmarsch durch. Die ca. 40 Teilnehmer zeigten ein Transparent mit der Aufschrift "Rudolf HEß, wer ist dein Mörder?" und skandierten Parolen wie "Ruhm und Ehre für Rudolf HEß". Die Polizei löste den Marschzug jedoch bereits nach kurzer Zeit auf. Rund 400 Rechtsextremisten versammelten sich am 02.09.2000 zu einer von Christian WORCH organisierten Demonstration zum Erhalt des "Club 88" in Neumünster, den die Stadtverwaltung durch das Gewerbeaufsichtsamt schließen lassen wollte. Die Demonstration wurde allerdings schon im Anschluss an eine Zwischenkundgebung von der Polizei für beendet erklärt, weil politische Gegner die Marschroute blockierten. An einer weiteren von WORCH initiierten Solidaritätsdemonstration für den "Club 88" beteiligten sich am 16.09.2000 ca. 450 bis 500 Personen aus der norddeutschen Neonaziund Skinhead-Szene. 69 "Gegen die verleumderische Berichterstattung und Hysterie der Medien" war der Tenor einer Demonstration am 23.10.2000 in Dortmund, die von WORCH angemeldet wurde. Unter den 600 Demonstrationsteilnehmern befanden sich ca. 75 bis 100 Rechtsextremisten aus Norddeutschland. Am 04.11.2000 protestierten rund 1.200 "Freie Nationalisten", Skinheads und aktionistisch ausgerichtete NPD-Anhänger in Berlin gegen ein Verbot der NPD und forderten "Meinungsund Versammlungsfreiheit statt Verbot!". Als Anmelder trat eine Demonstration der "Initiative für Versamm"Initiative für Verlungsfreiheit" am 04.11.2000 in Berlin sammlungsfreiheit" in Erscheinung, die von Steffen HUPKA, einem der Sprecher der "Revolutionären Plattform" in der NPD (Ü 5.3), und Thomas WULFF vertreten wurde. Die Polizei löste die Demonstration vorzeitig auf, da nach ihrer Einschätzung die Sicherheit wegen massiver Störaktionen linker Gegendemonstranten nicht länger gewährleistet werden konnte. Dennoch wurde die Demonstration wegen der unerwartet hohen Teilnehmerzahl - insbesondere aus den Reihen der "freien Kräfte" - als voller Erfolg gewertet. 70 5. Rechtsextremistische Parteien 5.1 Die Republikaner (REP) Die Partei "Die Republikaner" (REP) REP bietet auf Grund von Mitgliederverlusten sowie anhaltender ErMitglieder: ca. 13.000 folglosigkeit bei Wahlen und interner Querelen über den Parteikurs Bundessitz: Berlin Vorsitzender: Dr. Rolf SCHLIERER nach wie vor ein Bild innerer Zerrissenheit. Gegenüber dem Vorjahr Landesverband Hamburg sank die Zahl ihrer Mitglieder bundesweit auf 13.000 (1999: Mitglieder: ca. 60 14.000). Bei der Landtagswahl am Vorsitzender: Jan PIGORS 27.02.2000 in Schleswig-Holstein traten die REP nicht an. Trotz einer - in der Partei umstrittenen - Absprache mit der DVU kam eine REP-Landesliste unter Einbeziehung von Mitgliedern der DVU letztlich nicht zustande. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai erzielten sie lediglich 1,1% der abgegebenen Stimmen (Ü 1.3). Hochburg der REP ist weiterhin Baden-Württemberg. Viele norddeutscheund ostdeutsche Landesverbände befinden sich dagegen in einem desolaten, kaum arbeitsfähigen Zustand. Die Aktivitäten der REP und ihrer Unterorganisationen, * "Republikanischer Bund der öffentlichen Bediensteten" (RepBB), * "Republikanische Jugend" (RJ), * "Republikanischer Bund der Frauen" (RBF) und * "Republikanischer Hochschulverband" (RHV) beschränkten sich im wesentlichen auf die Durchführung interner Treffen und Konferenzen sowie die Herausgabe von Pressemitteilungen, Parteizeitungen und Flugblättern. Die REP nutzen verstärkt das Internet, um zu aktuellen politischen Themen und Ereignissen Stellung zu nehmen. Die Streitigkeiten und Flügelkämpfe in der Partei setzten sich im letzten Jahr fort. Zentrale Streitpunkte sind nach wie vor die politische Positionierung der Partei innerhalb des Parteienspektrums und die Haltung zur Zusammenarbeit mit anderen Rechtsextremisten. Die Mehrheit des Parteivorstandes unter Führung des Parteivorsitzenden Dr. SCHLIERER will die REP als nationalkonservative Partei etablieren und sich damit vom rechtsextremistischen Image befreien. SCHLIERER wurde auf dem Bundesparteitag 71 am 18./19.11.2000 in Winnenden mit 82 % der Stimmen wiedergewählt. Angestrebt wird eine Zusammenarbeit oder Fusion mit anderen rechtsstehenden Kleinund Kleinstparteien wie dem "Bund Freier Bürger" (BFB), der sich Ende 2000 selbst auflöste, der "Deutschen Partei" (DP) oder der "Deutsch Sozialen Union" (DSU) unter Führung der REP. Entsprechende Bemühungen scheiterten jedoch bisher. Eine Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Parteien wird vom Bundesvorstand mehrheitlich abgelehnt. Nach der Ankündigung eines Antrags auf Verbot der NPD durch die Bundesregierung distanzierte sich der Bundesvorstand der REP in deutlicher Form von der NPD und lehnte die Aufnahme von NPDMitgliedern ab. Die innerparteiliche Opposition strebt demgegenüber eine stärker systemoppositionelle Ausrichtung der Partei an und befürwortet die Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Organisationen. Ob SCHLIERER seinen Kurs auf Dauer durchhalten kann, hängt entscheidend vom Abschneiden der REP bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2001 ab. Sollte der Wiedereinzug in den Stuttgarter Landtag scheitern, in dem die REP seit 1992 vertreten sind, würde dies den KonREP-Plakat zur Landtagswahl in flikt in aller Schärfe aufbrechen lassen Nordrhein-Westfalen und die Partei in eine existenzbedrohende Krise stürzen. Ein weiteres Problem für die Partei ist, dass dem Abgrenzungskurs SCHLIERERs die Glaubwürdigkeit fehlt - wie zahlreiche Beispiele der Kooperation mit anderen rechtsextremistischen Organisationen belegen. Insbesondere auf Landesund Kreisebene kam es zu einer Reihe von politischen Kontakten mit anderen Rechtsextremisten, zum Teil auch zu einer punktuellen Zusammenarbeit. So fanden z.B. im Vorfeld der Landtagswahl in Schleswig-Holstein gemeinsame Versammlungen von Mitgliedern der REP und der DVU zur Aufstellung einer Landesliste der REP unter Beteiligung von DVU-Mitgliedern statt. Da zu diesen Treffen aber nur wenige REP-Mitglieder erschienen, weigerten sich die DVU-Mitglieder den REP 72 beizutreten, wodurch die Aufstellung einer gemeinsamen Landesliste scheiterte. Auch gegenüber der NPD, die als einzige rechtsextremistische Partei in Schleswig-Holstein zur Wahl antrat, gab es offensichtlich keine Berührungsängste. Der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende der NPD erklärte, dass seine Partei im Landtagswahlkampf insbesondere Spenden und Wahlkampfhilfe von den REP erhalten habe. In einer Pressemitteilung der NPD wurde behauptet, wichtige REP-Funktionäre des Landes hätten ihre Mitglieder ermuntert, die NPD zu wählen. In RheinlandPfalz und Hessen soll es nach Berichten in der rechtsextremistischen Monatsschrift "Nation & Europa - Deutsche Monatshefte" im Hinblick auf die Landtagswahlen 2001 zwischen Vertretern der REP und der NPD konstruktive Kontakte zur Bildung einer gemeinsamen Liste geben. Zuvor hatte ein hessischer REP-Funktionär im NPD-Parteiorgan "Deutsche Stimme" erklärt, eine Zusammenarbeit mit der NPD sei nicht nur sinnvoll, sondern überlebenswichtig für alle nationalen Kräfte. Eine daraufhin gegen ihn verhängte Ordnungsmaßnahme wurde im Januar 2001 durch das Landesschiedsgericht wieder aufgehoben. Des Weiteren nahmen einzelne REPFunktionäre an Veranstaltungen der NPD teil und traten teilweise als Redner auf. Auch zu ausländischen rechtsextremistischen Organisationen wie dem französischen "Front National" (FN) und dem belgischen "Vlaams Blok" (VB) unterhalten die REP Verbindungen. Vertreter des VB nahmen am 30.06.2000 an einer Vortragsveranstaltung der baden-württembergischen Landtagsfraktion teil, auf der ein REP-Funktionär u.a. erklärte, er habe mit dem VB über deren Ziele und eine mögliche Kooperation gesprochen. Die Ziele beider Parteien seien vielfach vergleichbar. Der Vorsitzende des VB trat auf dem Parteitag der REP als Gastredner auf. Weitere Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Betätigung finden sich auch in zahlreichen Äußerungen der REP. Sie greifen in ihrer Agitation z.T. fremdenfeindliche, nationalistische sowie das demokratische System, seine Repräsentanten und Institutionen herabsetzende Argumentationsm u- ster auf, die in dieser Form auch von anderen Rechtsextremisten ver73 wendet werden. Darüber hinaus waren in Ansätzen antisemitische Äußerungen festzustellen. Die von der EU geplante Erweiterung nach Osten und die Aufnahme der Türkei in die EU wurden als "Gefahr einer Anheizung der unkontrollierten" und von "Brüssel aufgezwungenen Massenzuwanderung" bezeichnet, die "gegen die Interessen Deutschlands gerichtet" sei und von "keiner verantwortungsbewussten deutschen Regierung" hingenommen werden dürfe. Die Einigung über die Entschädigung von NSZwangsarbeitern wurde als "verhängnisvoller Fehlschlag" bezeichnet. Zum einen wurde die Rechtmäßigkeit der erneuten "schamlosen" Forderungen in Frage gestellt und gemutmaßt, dass die Zahl der betroffenen Zwangsarbeiter von jüdischen Gruppierungen in den USA und Israel zu hoch angesetzt und die Zahl der zu Entschädigenden "aufgebläht" worden sei. Zum anderen wurde mit Unterstellungen wie "Korruption", "Missbrauch" und einer "offensichtlichen Form der Selbstbereicherung" bei der Zuteilung der Gelder argumentiert und damit antisemitische Ressentiments bedient. Die fremdenfeindliche Haltung vieler REP-Mitglieder zeigte sich besonders deutlich in der Kritik an der deutschen Ausländerund Asylpolitik. Ausländer und Asylanten werden immer wieder pauschal als Kriminelle, Schmarotzer und als Bedrohung des deutschen Volkes diffamiert. Im Rahmen eines Verwaltungsgerichtsverfahrens im Mai 2000 erklärte z.B. der Prozessbevollmächtigte der REP, es würden "gute sachliche Gründe" für die Befürchtung sprechen, dass eine multikulturelle Gesellschaft eine multikriminelle sein werde. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg wies mit seiner Entscheidung vom 20.10.2000 zur nachrichtendienstlichen Beobachtung der REP in Niedersachsen die Klage der Partei ab. In seiner Begründung stellte das Gericht u.a. fest, dass in zahlreichen Äußerungen der REP eine "feindliche Einstellung" gegenüber der im Grundgesetz konstituierten parlamentarischen Demokratie in Deutschland zu erkennen sei. Durch die fortgesetzte Verwendung des Begriffs der "Umerziehung" werde darüber hinaus die Legitimität der freiheitlichen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland schon in ihrem Ursprung grundsätzlich in Frage gestellt, indem diese als von den westalliierten Besatzungsmächten aufgezwungen und illegitim interpretiert wird. Das Gericht bescheinigte den REP ferner eine unzureichende Distanz zum Nationalsozialismus. Auch in anderen Bundesländern hatten die Klagen der REP gegen ihre Beobachtung keinen Erfolg. Die Entscheidung des OVG Koblenz vom 10.09.99 über die rechtmäßige Beobachtung der REP in Rheinland-Pfalz 74 ist nach einem entsprechenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes seit dem 03.03.2000 rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies am 26. Mai die Klage des REP-Landesverbandes Baden-Württemberg auf Unterlassung der nachrichtendienstlichen Beobachtung durch das dortige Landesamt für Verfassungsschutz als unbegründet zurück. Damit wurde von den Gerichten die Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden bestätigt, dass bei den REP tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vo rhanden sind. Der etwa 60 Mitglieder zählende Landesverband Hamburg befindet sich unverändert in einem abgewirtschafteten Zustand. Durch meist persönlich motivierte Streitigkeiten kam die Parteiarbeit fast völlig zum Erliegen. Öffentliche Aktivitäten des Landesverbandes gab es kaum. Entgegen öffentlicher Bekundungen pflegten auch in Hamburg einige Vorstandsmitglieder Kontakte zu anderen rechtsextremistischen Organisationen und Einzelpersonen und forderten die Parteiführung auf, jedem Landesverband freizustellen, seine Mitglieder auch Gespräche mit Vertretern von NPD und DVU führen zu lassen. Auch nach der vom Bundesvorstand vollzogenen Amtsenthebung des ehemaligen Landesvorsitzenden Hans FIEDLER, mit der die parteiinternen Querelen beendet werden sollten, kehrte keine Ruhe in den Hamburger Landesverband ein. Sowohl der Landesparteitag am 25.06.2000, bei dem Hans EHLERS zum Landesvorsitzenden gewählt wurde, als auch die vom alten Landesvorstand verfügte Auflösung der Kreisverbände wurden erfolgreich angefochten. Nach einer heftigen Kontroverse mit der Bundesführung legte EHLERS sein Amt nieder und trat aus der Partei aus. Sein Nachfolger ist Jan PIGORS. Seit Oktober bemühen sich einzelne Mitglieder verstärkt darum, die politische Arbeit des Landesverbandes zu reaktivieren. Mitglieder aus den Kreisverbänden Wandsbek und Hamburg-Nord forderten die Hamburger REP zu einen Neuanfang in der Partei auf und erklärten, dass nach den Auseinandersetzungen der letzten Monate nun endlich mit persönlichen Verleumdungen und Streitereien Schluss sein müsse. Mit Rückendeckung des Bundespräsidiums forderten sie ihre Partei auf, mit der Neuwahl des Landesvorstandes den Weg dafür freizumachen. Der amtierende Landesvorstand bemüht sich wieder verstärkt um eine Zusammenarbeit mit dem Bundesvorstand und steht diesem positiver gegenüber. Wie die Bundesführung sehen auch die Hamburger REP ihre Zukunft in einer Zusammenarbeit mit dem "patriotischen Lager". Kontakte gibt es vor allem zur 75 rechtsextremistischen Hamburger Sammlungsinitiative "Aufbruch 99". In einer Presserklärung vom Oktober 2000 gab diese bekannt, zukünftig in Hamburg mit Funktionsträgern der REP, des mittlerweile aufgelösten BfB und mit anderen rechtsextremistischen Vereinigungen in einer Organisation zusammenarbeiten zu wollen. 5.2 Deutsche Volksunion (DVU) Die 1987 als Partei gegründete "Deutsche Volksunion" (DVU) mit DVU Sitz in München ist mit 17.000 MitMitglieder: ca. 17.000 gliedern weiterhin die größte rechtsBundessitz: München extremistische Partei in der BundesVorsitzender: Dr. Gerhard FREY republik. Die Partei und der eingetragene Verein "Deutsche Volksunion Landesverband Hamburg e.V." mit seinen AktionsgemeinMitglieder: ca. 350 schaften Vorsitzender: Rudolf Reimers * "Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten" (ER) * "Initiative für Ausländerbegrenzung" (I.F.A.) * "Aktion Oder-Neiße" (AKON) sind, wie der * "DSZ Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" und der * "FZ - Freiheitlicher Buchund Zeitschriftendienst GmbH", Bestandteile des von dem Münchner Verleger und DVU-Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY autokratisch beherrschten "national-freiheitlichen" Organisationsund Pressegeflechts. Aufgabe der Aktionsgemeinschaften ist es, an politischen Einzelthemen interessierte Personen für die DVU zu gewinnen. Sie sind, wie der Verein insgesamt, allerdings weitgehend bedeutungslos geworden. Von ihnen gehen kaum noch Aktivitäten aus. Laut Satzung sind die dem Verein und den Aktionsgemeinschaften angehörenden Personen automatisch Parteimitglieder, sofern sie dem nicht ausdrücklich widersprechen. Die DVU hat zwar keine offizielle Parteizeitung, als Sprachrohr der Partei gilt aber die von Dr. FREY herausgegebene "National-Zeitung - Deutsche 76 Wochenzeitung" (NZ), mit der er politische Agitation und kommerzielle Interessen miteinander verbindet. Die Artikel sind überwiegend in aggressiver und polemischer Diktion verfasst. Am Ende wird häufig auf zum Thema passende Bücher oder Devotionalien aus dem Angebot der Buchdienste und Verlage von Dr. FREY hingewiesen. Breiten Raum widmete die Zeitung z.B. der Kritik an der "kalten Machtdemonstration der EU" gegenüber Österreich. Die Leser wurden gebeten, angesichts der angeblichen Boykott-Hetze gegen die Alpenrepublik die "eindrucksvolle" ÖsterreichMedaille aus dem Angebot des FZ-Verlages zu bestellen. Weitere Schwerpunktthemen der NZ im letzten Jahr spiegeln sich in den folgenden, z.T. demagogischen Schlagzeilen wider: "Ersetzen Ausländer die Deutschen ? - Wie unser Volk ersetzt werden soll" (NZ 13/00), "Was uns Scheinasylanten kosten - 90 % der illegalen Ausländer können bleiben" (NZ 19/00), "Wehrmacht: Lüge und Wahrheit - Zur Fernsehserie Hitlers Krieg im Osten" (NZ 35/00), "Wie deutsch darf Deutschland sein? - Deutsche Leitkultur - was steckt dahinter" (NZ 46/00). Anfang des Jahres 2000 teilte Dr. FREY seinen Lesern mit, er finanziere seit geraumer Zeit die NZ jährlich mit 500.000,-DM aus seinem privaten Vermögen. Gleichzeitig appellierte er an die Leser, mit Abonnements "zur Verbreitung der Wahrheit gegen die Allmacht der antideutschen Meinungsindustrie" beizutragen. Auch die Partei ist hoch verschuldet und in finanzieller Hinsicht völlig von ihrem Vorsitzenden abhängig. Der vorgelegte Finanzprüfungsbericht weist zum Jahresende 1999 einen Schuldenstand der DVU in Höhe von 11,5 Millionen DM aus, für die Dr. FREY nach eigenen Angaben persönlich haftet. Der Schuldenstand 2000 blieb im Vergleich zum Vorjahr u.a. wegen des Verzichts auf Wahlteilnahmen und der damit fehlenden Möglichkeit, Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu erhalten, nahezu unverändert. Das Jahr 2000 war für die DVU von innerparteilichen Krisen und Auseinandersetzungen geprägt. Ende Januar verließen drei weitere Abgeordnete die DVU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, in den die DVU 1998 mit 16 Abgeordneten eingezogen war. Nachdem 1999 bereits sechs Mandatsträger ausgetreten waren, hat die DVU jetzt nur noch sieben Abgeordnete. Die DVU-Fraktion war bereits nach kurzer Zeit wegen ihrer nicht konformen Fraktionsarbeit bei Dr. FREY in Ungnade gefallen. Der Fraktionsvorsitzenden Claudia WIECHMANN und ihrem Stellvertreter wurde der 77 Ausschluss angedroht, da sie angeblich nicht mehr treu zur DVU stünden. Mitte Februar gründeten dem DVU-Vorsitzenden gegenüber loyale Abgeordnete unter der Bezeichnung "Fraktion der DVU -freiheitliche Liste" eine eigene Fraktion. Die oppositionelle Abgeordnetengruppe um Claudia WIECHMANN, die bislang die Vertretung der DVU für sich reklamiert hatte, gründete am 15.02.2000 die "Freiheitliche Deutsche Volkspartei" (FDVP), die seitdem mit einer eigenen Fraktion im Landesparlament vertreten ist. An ihrem ersten, am 07.05.2000 in Kleinjena (Sachsen) unter dem Motto "Aufbruch zur Normalität" durchgeführten Bundesparteitag beteiligten sich mehr als 80 Personen. Die FDVP kündigte die Gründung von Landesverbänden in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen an. Nach dem Willen von Dr. FREY verzichtete die DVU aus finanziellen Gründen auf die Teilnahme an den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Der Beschluss des Bundesvorstandes wurde jedoch vom Landesverband Schleswig-Holstein nicht widerspruchslos hingenommen, zumal die Entscheidung über die Köpfe des Landesvorstandes und der Parteibasis hinweg getroffen wurde. Einige Mitglieder des Landesvorstandes, darunter der Landesvorsitzende Prof. Dr. Dr. Klaus SOJKA , der aus Protest gegen den Wahlverzicht sein Amt niederlegte, erwogen daher den Übertritt zu den REP in Schleswig-Holstein und traten hierzu in Verhandlungen ein. Diese führten jedoch zu keinem Ergebnis. Um befürchteter weiterer Unruhe an der Basis der Partei zu begegnen und um den Verzicht auf Wahlteilnahmen eingehender zu begründen, führte die DVU-Führung bundesweit - für einzelne oder mehrere Landesverbände gemeinsam - Veranstaltungen mit führenden Parteivertretern durch. Auf dem Bundesparteitag der DVU am 12.02.2000 in München, an dem 320 Delegierte teilnahmen, wurde Dr. FREY mit großer Mehrheit wiedergewählt. Auch die übrigen Mitglieder des Bundesvorstandes wurden bis auf den FREY-Kontrahenten Prof. SOJKA, der dem Bundesvorstand als Beisitzer angehörte, in ihren Ämtern bestätigt. Als SOJKA in seiner Rede versuchte, die Beweggründe für seine am Parteivorsitzenden geübte Kritik darzulegen, wurde er von den Parteitagsdelegierten niedergeschrieen. Zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden wurde der FREY-Vertraute Heinrich GERLACH gewählt, der gleichzeitig Fraktionsvorsitzender der DVU in der Bezirksversammlung Wandsbek ist. Der Parteitag stimmte dem Antrag zu, die frühere DVU-Fraktionsvorsitzende Claudia WIECHMANN und ihren Stellvertreter Helmut WOLF aus Sachsen-Anhalt aus der Partei auszuschließen. 78 Ein jährlich wiederkehrender Höhepunkt des Parteilebens ist die Großveranstaltung in der Passauer Nibelungenhalle, die im letzten Jahr am 23.09.2000 stattfand. Bereits im Juni begann die DVU in der NZ mit der Werbung für dieses Ereignis. Angekündigt wurde ein großes Rahmenprogramm mit vielen Ehrengästen. Erstmals seit Jahren sollte der bekannte britische Revisionist David IRVING über eine Großleinwand sprechen. An der Veranstaltung, die unter dem Motto "Recht und Freiheit für das deutsche Volk" stand, nahmen ca. 2.200 DVU-Anhänger teil. In seiner Rede brandmarkte DR. FREY die etablierte Politik, die sich des "Schweinejournalismus" bediene, um Großveranstaltung der DVU in Passau mit Dr. FREY national gesinnten Deutschen die Straftaten pseudorechter Gewalttäter anzulasten. Weiter polemisierte er gegen "Ausländerund Asylantenzuzug" sowie gegen die Politik der europäischen Integration. Gegen Ende der Veranstaltung wurde ein kurzes Videoband mit David IRVING abgespielt. Dieser befasste sich in seiner Ansprache mit den alliierten Luftangriffen auf Dresden im Zweiten Weltkrieg. IRVING, der seit einigen Jahren nicht nach Deutschland einzureisen darf, richtete zum Abschluss einen persönlichen Dank an Dr. FREY und erklärte seine Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. 79 Die DVU ist im rechtsextremistischen Lager weitgehend isoliert. Ihre ausschließlich auf den eigenen Vorteil bedachte Handlungsweise und die Verquickung von politischen und finanziellen Interessen wird in weiten Teilen des rechtsextremistischen Lagers scharf kritisiert - insbesondere von Neonazis. Um auf die ihrer Meinung nach verlogene Politik der FREYschen Organisationen hinzuweisen, versuchten ca. 30 Aktivisten aus der norddeutschen Neonaziund Skinhead-Szene am 01.04.2000 eine Saalveranstaltung der DVU in Hamburg-Neugraben zu stören. Zu dieser Veranstaltung waren ca. 350 DVU-Anhänger erschienen, die von Dr. FREY auf den Schwerpunktwahlkampf der DVU zu den Hamburger Bürgerschaftsund Bezirksversammlungswahlen im September 2001 in Hamburg eingestimmt werden sollten. Als FREY zu seiner Rede ansetzen wollte, versuchten einige Störer die Bühne zu stürmen, wurden jedoch vorher von Sicherheitskräften zu Boden geworfen. Der Rest der Störergruppe sprang daraufhin auf, skandierte Parolen gegen FREY und lieferte sich mit den DVU-Ordnern ein Handgemenge. Die Polizei stellte die Personalien der Störer fest. Auf zwei Flugblättern "Frei ohne FREY - Protest in Hamburg" und "FREY, rück die Millionen raus", für die das "Nationale und Soziale Aktionsbündnis Norddeutschland" verantwortlich zeichnete, wurde die Profitorientierung der DVU verurteilt und der DVU-Vorsitzende als "feister Geschäftemacher" und "machtgieriger Funktionär" bezeichnet, dessen "Pseudopartei" als Deckmantel diene, "um im Namen der nationalen Sache bei bürgerlichen nationalen Kreisen abzukassieren...". 80 In Hamburg gehen von der DVU weiterhin kaum politische Initiativen aus. Die Arbeit der DVU-Abgeordneten in den vier Hamburger Bezirksversammlungen Bergedorf, Wandsbek, Harburg und Hamburg-Mitte verlief ohne erkennbare Wirkung. Das Parteileben beschränkt sich im wesentlichen auf die monatlich stattfindenden so genannten "Klönschnack"Veranstaltungen des Landesvorstandes und der inoffiziellen Kreisverbände in den Bezirken. 2001 ist dagegen mit größerem Aktionismus zu rechnen, nachdem FREY die Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen am 23.09. 2001 zur Schwerpunktwahl für die DVU erklärte. Er will die finanziellen und organisatorischen Ressourcen der Partei auf diese Wahl konzentrieren, um den Einzug in die Bürgerschaft und die Bezirksversammlungen zu erreichen. 81 5.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) einschließlich Junge Nationaldemokraten (JN) Die "Nationaldemokratische Partei NPD Deutschlands" (NPD) setzte unter ihrem Vorsitzenden Udo VOIGT ihren Mitglieder: ca. 6.500 Kurs als selbsternannte "Speerspitze Bundessitz: Berlin des nationalen Widerstandes" im Vorsitzender: Udo VOIGT Jahr 2000 zunächst konsequent fort. Erst die im August von der Landesverband Hamburg Bundesregierung angekündigte PrüMitglieder: 100 einschl. JN fung eines Parteiverbotes ließ die Vorsitzender: Ulrich HARDER NPD vorsichtiger taktieren. Der Bundesvorstand beschloss am 14.08. 2000, auf unbestimmte Zeit auf Demonstrationen zu verzichten, um keine weiteren Angriffsflächen zu bieten. Damit verbunden war zwangsläufig auch eine stärkere Distanzierung von Neonazis und gewaltbereiten Skinheads, mit denen bislang die meisten öffentlichen Aktionen gemeinsam durchgeführt wurden. Die Entscheidung der Parteiführung wurde nicht nur von den "Freien Nationalisten" (Ü 4.1) insbesondere aus dem norddeutschen Raum scharf kritisiert, auch innerhalb der Partei erhob sich hiergegen Kritik und zum Teil offener Widerstand, der insbesondere von der so genannten "Revolutionären Plattform" (RPF) in der NPD ausging, einem Anfang 2000 gegründeten Zusammenschluss vorwiegend jüngerer, gegen die Bundesführung opponierender "revolutionärer Nationalisten" in der NPD. Ende Oktober rückte die NPD wieder von ihrem Demonstrationsverzicht ab, nachdem die Konferenz der Innenminister und - senatoren einen Verbotsantrag der Bundesregierung befürwortet hatte. Die im Rahmen der Verbotsdiskussion aus Teilen des rechtsextremistischen Lagers einsetzende Solidarisierung mit der NPD verhalf der Partei nach einer Phase der Stagnation zu einem kräftigen Wachstum: Die Mitgliederzahl stieg von 6.000 Ende 1999 auf jetzt 6.500. Als einzige rechtsextremistische JN Partei verfügt die NPD über eine zahlenmäßig relevante JugendorgaMitglieder: ca. 350 nisation mit 350 Mitgliedern. Die Bundessitz: Riesa "Jungen Nationaldemokraten" (JN) Vorsitzender: Sascha ROßMÜLLER sind laut Parteisatzung integraler Bestandteil der NPD. Obwohl die Hamburg: nur Einzelmitglieder NPD den Anspruch erhebt, "die Partei der Jugend in Deutschland" 82 werden zu wollen, hat die Bedeutung ihrer Jugendorganisation eher abgenommen. Die JN setzen weder innerhalb der NPD noch nach außen eigene erkennbare Akzente. Erwähnenswert ist lediglich die Durchführung des "7. Europäischen Kongresses der Jugend" am 28.10.2000 in Dreisen (Rheinland-Pfalz) mit etwa 300 Teilnehmern aus zahlreichen europäischen Ländern. Dieser Kongress, der alljährlich durchgeführt wird, soll der verstärkten internationalen Zusammenarbeit rechtsextremistischer Jugendverbände dienen. Im September 2000 stellten die Verfassungsschutzbehörden ein Kompendium der NPD-Aktivitäten für eine möglichen Verbotsantrag zusammen. Darin wurde insbesondere das aggressiv-kämpferische Verhalten der NPD gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung herausgestellt. Die Unterlagen belegen, dass die NPD in ihren programmatischen Äußerungen und ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit antisemitisch und revisionistisch ausgerichtet ist. Sie fordert die Ablehnung der grundlegenden Verfassungsprinzipien und bekennt sich zum Nationalismus. Ihre Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus zeigt sich im Bekenntnis zu Repräsentanten des Nationalsozialismus, in der Verherrlichung der nationalsozialistischen Diktatur und der Verwendung der gleichen Diktion. Nach eingehender Prüfung beschloss die Bundesregierung am 08.11.2000, die NPD vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) verbieten zu lassen. Am 10.11.2000 bzw. 08.12.2000 beschlossen Bundesrat und Bundestag, ebenfalls einen Verbotsantrag zu stellen. Der Verbotsantrag der Bundesregierung wurde dem BVerfG am 30.01.2001 zugestellt, Bundestag und Bundesrat folgten mit ihren Anträgen am 30.03.2001. Bis zum Beginn der Verbotsdiskussion Anfang August 2000 versuchte die NPD im Rahmen ihres "Drei-Säulen-Konzepts" (s.u.) - wie in den Jahren zuvor - vor allem den "Kampf um die Straße" zu intensivieren, ihre Mobilisierungsfähigkeit auszubauen und öffentlich Präsenz zu zeigen. Die NPD veranstaltete zahlreiche kleinere und größere Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet, die zahlenmäßig oft von Skinheads und Neonazis (Ü 4.2) dominiert wurden. Herausragende Ereignisse waren u.a. die Demonstration gegen das Holocaust-Mahnmal am 29.01.2000 in Berlin, an der sich 500 bis 600 Rechtsextremisten beteiligten und durch das Brandenburger Tor zogen (Ü 4.2), und die sechs regionalen Veranstaltungen zum 1.Mai in Berlin, Grimma, Dresden, Wetzlar, Fürth und Ludwigshafen unter dem Motto "Arbeit für Millionen - statt Millionen für das Ausland". An diesen Aktionen beteiligten sich insgesamt rund 3000 Rechtsextremisten, davon 1.200 in Berlin. Am 25.11. 2000 demonstrierte die NPD erneut in Berlin. 83 Um die von ihr beanspruchte Führungsrolle in der "nationalen außerparlamentarischen Opposition" zu bekräftigen und sich als Fundamentalopposition zu präsentieren, veranstaltete die NPD am 27.05.2000 den "2. Tag des nationalen Widerstandes" unter dem Slogan "Bewegung muss Partei ergreifen". Unter den etwa 4000 Teilnehmern in der Passauer Nibelungenhalle befanden sich zahlreiche führende Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet. Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Bundesorganisationsleiter Holger APFEL kennzeichnete die NPD in seiner Eröffnungsrede als einzige deutsche Partei der nationalen Erneuerung. Der Hamburger Neonazi Christian WORCH bekräftigte in seiner Ansprache die Zusammenarbeit der NPD mit den "Freien Nationalisten" und betonte, dass man die größten Erfolge für "Deutschlands Ehre, Freiheit und Frieden" gemeinsam errungen habe. Der NPD-Bundesvorsitzende VOIGT, der auf dem Bundesparteitag am 18./19. März in Mühlhausen in seinem Amt bestätigt worden war, hob in seinen Ausführungen die strategische Bedeutung des "Drei-Säulen-Konzepts" hervor: Neben dem "Kampf um die Parlamente" und dem "Kampf um die Köpfe" nehme der "Kampf um die Straße" derzeit eine herausragende Stellung ein. Erst wenn die NPD den "Kampf um die Straße" endgültig für sich entschieden habe, könne es gelingen, nicht nur ein Auffangbecken für Protestwähler, sondern eine dauerhafte nationale Kraft in Deutschland zu werden. Im Parteiorgan "Deutsche Stimme" (Nr. 4/00, April 2000) brachte VOIGT seine politischen Vorstellungen auf die Formel: 84 "Unser Ziel ist das Reich - unser Weg die NPD! Der Kampf um Deutschland hat begonnen." Als wesentliche Unterstützung für ihren ideologischen "Kampf um die Köpfe" konnte die NPD seit Anfang des Jahres den ehemaligen RAFAnwalt Horst MAHLER für eine Mitarbeit gewinnen. Er trat auf zahlreichen kleineren und größeren Parteiveranstaltungen auf, u.a. in Hamburg. Im August gründete MAHLER die Kampagne "Für Deutschland - Ja zur NPD" und rief in einem "Appell an die Bürger des Deutschen Reiches" alle "deutschlandbekennenden Kräfte" auf, ihr Arbeitsfeld in die NPD zu verlegen und ihrer "Reichsbürgerpflicht" nachzukommen, indem sie sich in die Front des "Nationalen Widerstandes" durch Unterzeichnung des gleichnamigen Aufrufes "Für Deutschland - Ja zur NPD" einreihten. Nach seiner Aussage habe dieser Appell gerade in akademischen Kreisen ein lebhaftes Echo hervorgerufen. In einem Interview in der "Deutschen Stimme" (Nr. 10/2000) begründete er seinen Eintritt in die NPD damit, dass die jetzige Diskussion um ein Verbot der NPD eine Einschüchterungskampagne des Staates sei. Mit seiner NPD-Mitgliedschaft wolle er zeigen, dass er sich nicht einschüchtern lasse. Um die politische Bildungsarbeit weiter auszubauen und nach den Vorstellungen der Initiatoren insbesondere die akademische Jugend an die Partei heranzuführen, wurde unter maßgeblicher Beteiligung der NPD die so genannte "Deutsche Akademie" ins Leben gerufen, die im Jahr 2000 bereits zwei mehrtätige Seminare veranstaltete. Mit der Durchführung anspruchsvoller, überparteilich angelegter Seminare mit bekannten Referenten will die Einrichtung die Debatte über die geistig-politischen Zielvo r- stellungen des nationalen Lagers zur Schaffung einer "alternativen Ordnung" in Gang bringen und zu deren intellektueller Fundierung beitragen. Koordiniert werden die Aktivitäten der "Deutschen Akademie", die über eine Postfachadresse in Kaiserslautern zu erreichen ist, vom NPDLandesvorsitzenden in Rheinland-Pfalz. 85 In ihrem "Kampf um die Parlamente" ist die NPD weiter bedeutungslos. Obwohl die NPD bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 27. Februar als einzige rechtsextremistische Partei zur Wahl antrat, erhielt sie nur 1 % der abgegebenen Stimmen (Ü 1.3). Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai trat sie lediglich in 11 Wahlkreisen mit Direktkandidaten an und erhielt insgesamt nur 2.351 Stimmen (0,0 %). Die Wahlteilnahme diente der Partei lediglich dazu, Präsenz zu zeigen und ihren Parteienstatus aufrechtzuerhalten. Angesichts des drohenden Parteiverbots beschloss der Bundesvorstand am 14.08.2000, eine Kampagne unter dem Motto "Argumente statt Verbote" durchzuführen und für unbestimmte Zeit auf Demonstrationen zu verzichten. Auf vier Regionalkonferenzen am 02. und 03.09.2000 wurden die Mitglieder über die aktuelle Verbotsdiskussion unterrichtet und am 07.09.2000 gab der NPD-Parteivorstand in Berlin eine Pressekonferenz, mit der die Partei in die Offensive gehen wollte. In der Pressemitteilung erklärte VOIGT, die NPD wolle ihre bisherige Parteilinie fortführen und auch mit unabhängigen nationalen Gruppen zusammenarbeiten. Bislang unorganisierte Jugendliche an die Partei heranzuführen, bedeute auch, so VOIGT, mögliches Gewaltpotential von der Straße zu neutralisieren. Das hinter dem Demonstrationsverzicht stehende taktische Kalkül der NPD, sich damit Entlastung zu verschaffen und keine weiteren Verbotsargumente mehr zu liefern, ging jedoch nicht auf. Statt dessen beschwor die NPD einen handfesten Konflikt mit großen Teilen der eigenen, aktionistisch orientierten Basis und den Bündnispartnern aus der Neonazi-Szene herauf. Um diese Konfliktsituation wieder zu entspannen, beschloss die NPDBundesführung nur zwei Tage nach der Entscheidung der Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 20. Oktober, einen Verbotsantrag zu befürworten, dieses selbstauferlegte Demonstrationsverbot wieder aufzu86 heben. Der Sinn des Demonstrationsverzichtes sei gewesen, so die NPDFührung, "Agenten und Provokateuren" nicht die Möglichkeit zu bieten, mit Provokationen am Rande öffentlicher Demonstrationen einem Verbotsantrag gegen die NPD weiter Vorschub zu leisten. Nachdem die NPD aber habe feststellen müssen, dass eine Versachlichung der Diskussion nicht in der Hand der Partei liege und die etablierten Politiker nicht gewillt seien, einen eventuellen Verbotsantrag nach juristischen Erwägungen zu beleuchten, sondern ausschließlich "ein Zeichen repressiver politischer Willkür" setzen wollten, habe der Parteivorstand die Aufhebung beschlossen. Durch das erkennbare Zurückschrecken vor der Verbotsdrohung und den unklaren Kurs der Parteiführung ist die einstmals konstruktive Zusammenarbeit zwischen der NPD und "Freien Nationalisten" - insbesondere in Norddeutschland - nachhaltig gestört. Auslöser für den Bruch in den Beziehungen war zunächst eine vom Bundesvorstand initiierte und ohne vorherige Absprache mit den "Freien Nationalisten" durchgeführte Informationskampagne im Juli in Hamburg (s.u.). Insbesondere Christian WORCH, der bis dahin als Vertreter der "Freien Nationalisten" auf zahlreichen NPDVeranstaltungen aufgetreten war und zu den entschiedensten Fürsprechern einer intensiven Kooperation mit der NPD gehörte, fühlte sich hintergangen und lehnt mittlerweile eine weitere Zusammenarbeit mit der NPD unter ihrer gegenwärtigen Fü hrung kategorisch ab. Der von der NPDFührung beschlossene Verzicht auf Demonstrationen habe, so WORCH, dem selbstgestellten Anspruch der NPD, "organisatorische Führungskraft des nationalen Lagers" zu sein, schwer geschadet. Wer so verräterisch mit der rechten Sache umgehe, könne nicht länger beanspruchen, die führende Kraft rechts außen zu sein: "Die Basis verzeiht Dummheit, die Basis verzeiht Faulheit, mangelnde Fähigkeiten, alles mögliche - aber nicht Feigheit. Einmal feige, immer feige! Und daß die NPD als feige dasteht, ist keine Hetze, sondern eine Tatsache." (Schreibweise wie im Original). Gegen den Beschluss vom 14.08.2000 hatten sowohl die RPF als auch "Freie Nationalisten" massiv protestiert. Beide Gruppen riefen unter dem Namen "Initiative für Versammlungsfreiheit", die vom RPF-Aktivisten Steffen HUPKA und dem Hamburger Neonazi Thomas WULFF vertreten wurde, zu einer "deutschlandweiten Großdemonstration" am 04.11.2000 in Berlin gegen ein Verbot der NPD auf, um damit gleichzeitig die aus ihrer Sicht falsche Strategie der Parteiführung zu unterlaufen. An der unter dem 87 Motto "Meinungsund Versammlungsfreiheit statt Verbote" stehenden Demonstration nahmen rund 1.200 Personen teil - deutlich mehr als von den Veranstaltern erwartet. Die für erhebliche Unruhe in der Partei sorgende RPF versteht sich als Speerspitze des revolutionär kämpfenden Nationalismus. Die NPD sei dessen organisatorische Form. Nach Ansicht der RPF-Sprecher ist eine bundesweite Organisation zur Erringung der Macht und damit zur Durchsetzung der politischen Ziele notwendig. Eine der Hauptursachen für die Stagnation der NPD sieht die RPF aber darin, dass die Partei diesem revolutionären Anspruch nicht nachkommt und in der Verfolgung ihrer politischen Ziele die nötige Entschlossenheit vermissen lässt. Der offene Widerstand der RPF gegen Entscheidungen der Parteiführung, die politischideologische Nähe zum Neonazismus und der demonstrative Schulterschluss mit den "Freien Nationalisten" führten im Laufe der zweiten Jahreshälfte zu einer massiven Konfrontation mit der Parteiführung. Insbesondere die unverhohlene Ankündigung der RPF, ihre Aktivitäten nach einem möglichen Verbot politisch fortsetzen zu wollen, wurde von der Parteiführung als Indiz dafür gewertet, dass die RPF der NPD schaden wolle. Die Situation eskalierte weiter, nachdem am 14.10.2000 ein Mitglied des Sprecherrates der RPF zum neuen NPD-Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein gewählt wurde. Der Bundesvorstand verhängte daraufhin den "organisatorischen Notstand", enthob den neugewählten Landesvorsitzenden seines Amtes und setzte den stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Dr. EISENECKER aus Mecklenburg-Vorpommern zum kommissarischen Landesvorsitzenden ein. Parteiführung und RPF haben sich mittlerweile wieder etwas angenähert. Gegen einzelne führende Mitglieder der RPF werden aber nach wie vor Parteiausschlussverfahren geführt. 88 Nachdem der Bundesvorstand, den Beschluss wieder aufgehoben hatte, führte die NPD anlässlich des 36. Jahrestages ihrer Gründung am 25.11.2000 in Berlin eine bundesweite Demonstration für den Erhalt der Partei durch. An dieser Demonstration, die den Abschluss und zugleich Höhepunkt der Kampagne "Argumente statt Verbote" darstellte, beteiligten sich ca. 1.400 NPDAnhänger, die Transparente und Fahnen mit Aufschriften wie "Nationaler Widerstand lässt sich nicht verbieten" und "Sie sagen NPD-Verbot und meinen DeutschNPD-Demonstration am 25.11.2000 in Berlin lands Tod" mitführten und u.a. die Parole "Hier ist der Aufstand der Anständigen" skandierten. Auf der Auftaktkundgebung der NPD erklärte ein Präsidiumsmitglied, die Demonstration sei das geeignete Mittel, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die nationale Opposition handlungsfähig sei. Nicht die NPD sei verfassungswidrig, sondern dieses politische System. Dieses System, das das eigene Volk zerstöre, werde selbst untergehen. Auf diese Stunde warteten die Nationaldemokraten. Sie würden in jener Stunde, wenn in diesem Land die Entscheidung falle, bereitstehen. Wegen massiver Störungen von militanten Gegendemonstranten, musste der Demonstrationszug vorzeitig Halt machen und wurde von der Polizei aufg elöst. Hamburg: Der Zustand des Hamburger Landesverbandes ist unverändert lethargisch. Von Hamburger Nationaldemokraten gingen kaum Aktivitäten aus, um die Partei öffentlichkeitswirksam darzustellen. Der Bundesvorstand sah sich daher gezwungen, aktiv in das Verbandsgeschehen einzugreifen, und bestimmte zu diesem Zweck einen Beauftragten, der die Aufgabe übernehmen sollte, alle zukünftigen Aktivitäten in Hamburg zu organisieren und zu koordinieren. Nach Hamburg entsandte Parteimitglieder begannen - offensichtlich zum Teil ohne Kenntnis und Mitwirkung des Landesvorstandes - mit öffentlichen Aktivitäten in Form von Info-Ständen und Verteilaktionen. Am 01.07.2000 führten vom Bundesvorstand beauftragte NPD-Mitglieder zusammen mit "Freien Nationalisten" aus Kiel in 89 Altona einen Infostand durch, der von Linksextremisten angegriffen und zerstört wurde. Sowohl der Landesvorstand der NPD als auch die Hamburger "Freien Nationalisten", mit denen vorher nicht über diese Aktion gesprochen worden war, kritisierten, das nur Ortsunkundige einen Infostand in einem Stadtteil wie Altona durchführen konnten, in dem eine Konfrontation mit militanten Linksextremisten nahezu zwangsläufig passieren musste. Dennoch kamen NPD und "Freie Nationalisten" überein, am 08.07.2000 eine Demonstration "Gegen Anarchobanden und gewalttätige Linksextremisten" durchzuführen und um gegen den angeblich mangelhaften Schutz durch die Polizei zu protestieren. Gegendemonstranten gelang es, durch Straßenblockaden den Aufzug der ca. 170 Rechtsextremisten, die dem Aufruf des NPD-Landesvorstandes gefolgt waren, schon nach kurzer Wegstrecke zu stoppen. In einer Erklärung des Bundespräsidiums der NPD im Internet wurde dem Hamburger Innensenator und dem Polizeipräsidenten vorgeworfen, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt zu haben, weil die Polizei die Blockade des Marschweges nicht aufgelöst habe. In einem Flugblatt mit der Überschrift "Vorsicht - Bundes-NPD verheizt in Hamburg Aktivisten!" empörte sich das "Aktionsbüro Norddeutschland" über die Vorgehensweise der NPD in Hamburg. Kreise der Bundes-NPD versuchten um "jeden Preis und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der teilnehmenden Kameraden" Profil zu gewinnen. Auch in der Bewertung der Demonstration kam es zwischen den Hamburger Neonazis und der NPD zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten. Ein zuvor ohne Wissen des Hamburger Landesvorsitzenden Ulrich HARDER von NPD-Chef Udo VOIGT unterbreitetes Angebot an Christian WORCH, den Hamburger Landesvorsitz zu übernehmen, wies dieser als plumpen Versuch zurück, die "freien Kräfte" in die NPD zu locken, um sie unter Parteidisziplin stellen zu können. WORCH machte diese Offerte öffentlich und verschärfte damit das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen dem NPD-Bundesvorstand und dem Hamburger Landesvorstand. Nach dem Vorfall vom 01.07.2000 wurden von den NPD-Kreisverbänden und mit Wissen des NPD-Landesvorstandes Infostände u.a. in den Stadtteilen Berne, Volksdorf und Sasel durchgeführt, bei denen es nicht zu Zw i- schenfällen kam. 90 6. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen Neben den bisher genannten rechtsextremistischen Bereichen, Szenen und Parteien gibt es eine Vielzahl weiterer rechtsextremistischer Organisationen, Bündnisse, Einrichtungen und Initiativen, die sich sowohl hinsichtlich ihrer politisch-ideologischen Ausrichtung als auch von ihrer Größe und Bedeutung z.T. stark voneinander unterscheiden. Ende 2000 hatten die Verfassungsschutzbehörden insgesamt 78 Objekte mit zusammen etwa 4.200 Mitgliedern erfasst, die als eingetragene Vereine, als Gesellschaften oder sonstige Personenzusammenschlüsse ohne besonderen rechtlichen Status auftreten. Dazu gehören Kleinstparteien, Vereinigungsund Sammlungsbestrebungen, Organisationen mit kultureller, traditionspflegender oder heidnisch-germanischer Ausrichtung, Jugendund Studentenorganisationen, Rechtshilfevereine sowie intellektuelle Zirkel. Ihre Aktivitäten beschränken sich zumeist auf interne Veranstaltungen und Seminare sowie die Herausgabe von Propagandamaterialien, Publikationen und Büchern. Teilweise werden offen revisionistische, rassistische oder antisemitische Thesen vertreten. In Hamburg gibt es neben den bisher erwähnten gegenwärtig nur eine Organisation, die eine gewisse Bedeutung erlangt hat und Außenwirkung erzielt. Bei Organisationen, die ihre frühere Bedeutung verloren haben oder nur nach innen Aktivitäten entfalten, wird auf eine Erwähnung verzichtet. Die im Januar 1999 von einem ehemaligen Vorsitzenden des Kreisverbandes Wandsbek der REP gegründete rechtsextremistische Sammlungsbewegung "Aufbruch 99" gehörte im letzten Jahr zu den aktivsten rechtsextremistischen Organisationen in Hamburg. Seit Oktober wird der Name "Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten" (ADP) verwendet. In seiner ersten Veröffentlichung umriss der ADP-Vorsitzende das Ziel und den Zweck der Vereinigung u.a. mit den Worten: "Stopp dem Ausverkauf des Deutschen! ... Wir brauchen eine starke Nationalbewegung: Außerparlamentarisch, überparteilich, in den Parlamenten, ... überall bis in den letzten Winkel!". Schwerpunkt der Aktivitäten des ADP ist die Durchführung von Informationsund Gesprächsrunden, Saalveranstaltungen und Konferenzen. Im Jahr 2000 fanden fünf größere Veranstaltungen statt, zu denen bekannte Referenten aus dem nationalkonservativen und rechtsextremistischen Lager eingeladen wurden - darunter das ehemalige RAFund jetzige NPD-Mitglied Horst MAHLER. Darüber hinaus sucht der ADP Ko n- takt zu anderen Organisationen und Initiativen, die ebenfalls eine stärkere Zusammenarbeit der "patriotischen" Kräfte in Deutschland anstreben. Es 91 gibt insbesondere Anzeichen für eine Annäherung des ADP an die Hamburger REP. Das im Januar 2000 veröffentlichte, in typisch rechtsextremistischer Diktion formulierte "10-Punkte-Programm" liefert Anhaltspunkte für die nationalistische, fremdenfeindliche und antidemokratische Ausrichtung des ADP. Darin heißt es u.a.: "Deutschland braucht eine starke politische Bewegung, die der Globalisierung des internationalen Großkapitals entgegenwirkt und die Interessen von Volk, Kultur und Land vertritt." "Deutschland ist das Land der Deutschen, es kann nicht Ersatzheimat für alle Zuzugswilligen der Welt sein." "Deutschland muss als freier Nationalstaat absolut unabhängig und kein abhängiger Vasall sein." "Echte Demokratie schaffen, Schluss mit mediengesteuerter Meinungsmacherei und totalem Parteieneinfluss." 92 III. Linksextremismus 1. Überblick/Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten Nach wie vor fehlt es Linksextremisten an neuen Ideen und Themen, um eine größeren Teil jüngerer Menschen anzusprechen. Der kommunistischen Ideologie - welcher Ausprägung auch immer - mangelt es an Attraktivität, Menschen dauerhaft zu binden; die Privatisierung geht auch an den Jugendlichen nicht vorbei. So stehen Autonome wie auch orthodoxkommunistische Gruppen vor einem gravierenden Nachwuchsproblem. Propagandaaktionen, die bewusst auf Schüler und Jugendliche zielen, bleiben meist ohne Wirkung oder gar völlig unbemerkt. Diffuse Vorstellungen über die Diktatur des Proletariats und die vage Beschreibung des Weges dorthin können bei eher pragmatisch ausgerichteten Jugendlichen nicht verfangen. Selbst ihre Agitation gegen Rechtsextremismus - das innenpolitische Thema des Jahres 2000 - brachte z.B. der autonomen Antifa-Szene (Ü 4.3.2) keinen nennenswerten Zulauf. Gerade die Autonomen sehen sich hier in einer Zwickmühle: Einerseits fordert die eigene Lage eine Bündnispolitik mit anderen gesellschaftlichen Kräften, um Rechtsextremisten auf der Straße Paroli bieten zu können. Andererseits machen Autonome gerade Teile dieser Kräfte für staatlichen Rassismus verantwortlich, so dass eine Zusammenarbeit nach ihrem Verständnis nicht in Frage kommen kann. Deutlich wurde dies bei Protesten gegen einen rechtsextremistischen Aufmarsch (Motto: "Enteignet Springer") vor dem Gebäude der Axel-Springer-AG im Sommer in Hamburg. Durch ihre Teilnahme an der linken Gegenkundgebung sahen sich Autonome in der für sie misslichen Situation, das Eigentum eines Konzerns "schützen" zu müssen, den sie über Jahrzehnte des "Faschismus" bezichtigt hatten. 93 Neben dem auch in der linksextremistischen Diskussion dominanten Thema Antifaschismus hat der Komplex Antirassismus (Ü 4.3.1) einen hohen Stellenwert: Militante Anschläge werden eher in diesem Begründungszusammenhang begangen. "Antirassistisch" argumentierend überschritt die "Autonome Zelle" mit ihrem Anschlag auf das Fahrzeug einer Amtsärztin endgültig die Schwelle zum Terrorismus. Der extremistische Anti-AKW-Kampf war im Jahr 2000 wegen ausbleibender Castor-Transporte eher verhalten. Verschiedene Veranstaltungen und Demonstrationen verdeutlichten allerdings, dass es trotz des Konsenses zwischen Bundesregierung und Atomindustrie ein noch immer hohes Mobilisierungspotential gibt ( Ü 4.3.3). Während die Anti-Expo-Kampagne (Ü 4.3.4) weit hinter der Erwartungshaltung der an der Vorbereitung beteiligten Gruppen zurückblieb, rückte die Situation der "Roten Flora" durch Ausschreitungen in der Nacht zum 1. Mai wieder in den Brennpunkt ( Ü 4.2). 1.2 Organisationen und Potentiale Im Jahr 2000 gliederten sich linksextremistische Organisationen und Vereinigungen bundesweit in 43 Kernund Nebenorganisationen (1999:44) Ihnen gehörten ca. 27.000 Linksextremistische Personen(1999: 27.700) Personen an. potentiale (Bundesebene) Dieser Zahl sind noch ca. 7.000 2000 33500 Personen der Kategorie "Gewalt1999 34200 bereite Linksextremisten" in ca. 61 Gruppen (Autonome, Anar34700 chisten, Antiimperialistischer 1998 1997 34100 Widerstand[AIW]) hinzuzurechnen (1999: gleiche Zahl in 65 1996 35900 Gruppen). Die Bundeszahlen 1995 35500 enthalten auch die Mitglieder der "Kommunistischen Plattform der 1994 34100 PDS" (KPF) sowie Mitglieder 1993 34300 weiterer linksextremistischer Gruppen in der PDS. Nach Abzug 1992 33300 von Mehrfachmitgliedschaften 1991 26600 werden insgesamt 33.500 (1999: 34.200) Personen dem linksextremistischen Potenzial zugerechnet. 94 In Hamburg ist die Zahl der Linksextremisten mit 1.300 (1999: 1.350) seit Jahren nahezu konstant. Die zu vernachlässigende Schwankungsbreite ergibt sich u.a. aus der Einblickstiefe des Verfassungsschutzes, die Veränderungen unterworfen ist. Die Zahl der gewaltgeneigten Personen hat sich geringfügig verringert (2000: <520, 1999: 560). Dazu gehört auch die relativ kleine anarchistische Szene. Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) verbuchte erneut einen Rückgang (2000: ca. 300, 1999: ca. 360 Mitglieder). Linksextremistische Militante Linksextremisten Personenpotentiale (Hamburg) (Hamburg) 2000 1300 700 680 1999 1350 600 1998 1350 560 520 1997 1440 1996 1450 1995 1355 1994 1220 1993 1250 1992 1350 1991 1990 1996 1997 1998 1999 2000 1990 3500 95 2. Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten / Statistik Die Zahlen auf Bundesebene Bundesebene: Linksextremistische basieren auf Angaben des Gewalttaten/Straftaten insgesamt Bundeskriminalamtes (BKA), Gewalttaten für Hamburg auf Angaben des 3201 3173 Landeskriminalamtes (LKA). Im Straftaten 3055 insgesamt Jahr 2000 wurden bundesweit 3079 insgesamt 3.173 (1999: 2535 3.055) Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischen Hintergrund erfasst, darunter 688 (1999: 571) Gewalttaten ohne Widerstandsdelikte. Hieraus 833 783 827 716 711 ergeben sich gegenüber 1999 eine Zunahme der Straftaten insgesamt um 118 (+ 1996 1997 1998 1999 2000 ca. 3,9 %) sowie eine Zunahme der Gewalttaten ohne Widerstandsdelikte um 117 (+ ca. 20,5 %). Bundesebene: Gewalttaten und sonstige Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund (Tatarten) Art der Delikte: 1999 2000 Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 4 Körperverletzungen 215 260 Brandstiftungen 68 58 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 1 Landfriedensbruch 269 321 Gefährl. Eingriffe Bahn-, Luft-, Schiffs-, Straßenverkehr 19 44 Widerstandsdelikte 140 139 Gewalttaten insgesamt: 711 827 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 1.246 1.292 Nötigung/Bedrohung 73 75 Andere Straftaten 1.025 979 Sonstige Straftaten insgesamt: 2.344 2.346 Straftaten insgesamt: 3.055 3.173 96 In Hamburg wurde im Jahr Hamburg: Linksextremistische 2000 mit insgesamt 136 Straftaten mit erwiesenem Gewalttaten/Straftaten insgesamt oder zu vermutendem linksexGewalttaten tremistischen Hintergrund das Straftaten Vorjahresniveau (131) nur insgesamt 136 geringfügig überschritten. Die 131 gleichgelagerten Gewalttaten haben sich hingegen mehr als verdoppelt (2000: 73, 1999: 100 33). Den größten Teil bilden Landfriedensbrüche, die im 84 Zusammenhang mit den zahl72 73 reichen "antifaschistischen" Demonstrationen im Jahr 2000 begangen wurden. Insoweit besteht hier eine deut32 27 33 liche Wechselwirkung mit dem 23 auf der Straße stärker präsenten Rechtsextremismus. 1996 1997 1998 1999 2000 3. Linksterroristische Bestrebungen Nach Auflösung der "Rote Armee Fraktion" (RAF) 1998 und der Verurteilung der Mitglieder der "Antiimperialistischen Zelle" (AIZ) im September 1999 hat es den Anschein, als könnte - ausgelöst durch die Festnahme des Ex-Terroristen Hans-Joachim KLEIN 1998 in Frankreich - ein weiteres Kapitel bundesdeutscher Terrorismusgeschichte, das der "Revolutionären Zellen" (RZ), ein Ende finden. Neben der RAF stellten die RZ die zweite Ausprägung linksextremistischen Terrorismus in der Bundesrepublik dar. Sie unterschieden sich von der RAF sowohl in ihrer Organisationsform als auch in ihrem politischen und 97 taktischen Konzept. Die RZ hatten kein "legales" Unterstützerpotential, sondern arbeiteten in konsequent voneinander abgeschotteten Kleingruppen, die aus der Legalität heraus operierten. Ihre Einbindung in politische Basiszusammenhänge - Mitarbeit in autonomen/anarchistischen Initiativen oder Stadtteilgruppen - war Grundlage für ihr taktisches Konzept, mit ihrem bewaffneten Kampf an gesellschaftlichen Brennpunkten anzuknüpfen. Soziale Konfliktfelder mit Anschlägen aufzugreifen sollte eine abgestufte Massenmilitanz bewirken. Sie sollte potentiellen Anhängern ermöglichen, den Kampf gegen die das Gesellschaftssystem symbolisierenden Institutionen in abgestufter Gewalt aufzunehmen. Dies fand seinen Ausdruck in dem in fast allen Bekennungen enthaltenen Schlussaufruf "Schafft viele RZ". Seit Anfang 1986 stand das Asylrecht im Mittelpunkt der RZ-Aktionen. Hieran anknüpfend verübten die RZ eine Reihe von Anschlägen gegen Institutionen und Behörden, die mit der Ausländerpolitik befasst waren. Innerhalb der RZ existierte eine autonome Frauengruppe, die sich "Rote Zora" nannte. Ihre Mitglieder gingen bei Anschlägen und Erklärungen auf die Gentechnologie im Zusammenhang mit der Bevölkerungspolitik und auf frauenspezifische Themen ein. Die "Rote Zora" hat - anders als einige RZ - nie ihre Auflösung erklärt. Hans-Joachim KLEIN hatte mit dem legendären internationalen Terroristen Illich RAMIREZ-SANCHEZ ("Carlos") und drei weiteren Tätern im Dezember 1975 die Konferenz der OPEC-Minister in Wien überfallen. Drei Menschen starben, und elf Erdölminister wurden nach Algerien entführt. Waffen und Sprengstoff für diesen Anschlag sollen der libysche Geheimdienst und "Revolutionäre Zellen" geliefert haben. KLEIN setzte sich später nach Frankreich ab und wurde nach 24-jährigem Versteck 1998 an Deutschland ausgeliefert. Am 15.02.2001 wurde er vom Frankfurter Landgericht wegen dreifachen vollendeten Mordes, Mordversuchs und Geiselnahme zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Seine umfassenden Aussagen führten im Oktober 98 1999 zunächst zur Festnahme des 57jährigen ehemaligen mutmaßlichen RZ-Mitgliedes Rudolf SCHINDLER. Im November 1999 folgte die Festnahme eines weiteren mutmaßlichen RZ-Mitgliedes in Berlin, des 40-jährigen "Sprengstoffspezialisten" Tarek MOUSLI. Nach seiner Festnahme zeigte sich MOUSLI gegenüber der Bundesanwaltschaft in hohem Maße aussagebereit. Er bezichtigte SCHINDLER und weitere Personen ebenfalls der RZ-Zugehörigkeit. Der Hinweis, eine dieser Personen hätte im Berliner Mehringhof Sprengstoff versteckt, führte zu einer groß angelegten - ergebnislosen - Durchsuchungsaktion. MOUSLI wurde im Dezember 2000 u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt; sie wurde für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Am 17.012000 verurteilte das LG Berlin Johannes WEINRICH wegen Mordes in einem Fall und versuchten Mordes in fünf Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass WEINRICH für den am 25.08.1983 verübten Sprengstoffanschlag auf das französische Kulturinstitut MAISON DE FRANCE in Berlin verantwortlich gewesen ist. Dabei kam eine Person ums Leben, und 23 Personen waren zum Teil schwer verletzt worden. Nach dem Ende von RAF, AIZ und den Erfolgen bei der Aufklärung von ehemaligen RZ-Strukturen dürfte der Höhepunkt des linksextremistischen Terrorismus überschritten sein, dessen Strukturen in den 70-er Jahren entstanden waren. Allerdings geben neue organisatorische Zusammenhänge, auch in Hamburg, Anlass zur Sorge. Im Jahr 2000 haben zwei Gruppen mit verschiedenen Anschlägen, die in ihren Folgen nicht gravierend waren, die strafrechtliche Schwelle zum Terrorismus überschritten. Eine davon ist die "Autonome Zelle" (AZ). Ihre Angehörigen verüben seit Beginn der 90er Jahre Aktionen und Anschläge insbesondere im Zusammenhang mit "Asyl und Abschiebung" (Ü 4.3.1). Die andere Gruppe, die "Autonome Zelle 'in Gedenken an Ulrike Meinhof'" (AZUM), agierte in Hamburg seit Sommer 1999 eher mit symbolischen Aktionen. Im Oktober beging sie mit einem Brandanschlag auf eine Polizeiwache in Bönningstedt bei Hamburg einen terroristischen Anschlag ( Ü 4.2). Vornehmlich ehemalige Angehörige des RAF-Umfeldes bilden den "antiimperialistischen Widerstand" (AIW). Dieses diffuses Spektrum der linksextremistischen Szene ist "antiimperialistisch" ausgerichtet und akzeptiert größtenteils Gewaltanwendung als Mittel der politischen Auseinanderset99 zung. Es gibt unterschiedliche, sich ständig verändernde Strömungen und Gruppen, die untereinander nicht scharf abgegrenzt sind. Die politischen Aktivitäten dieser Teilszene waren auch im Jahr 2000 eher verhalten - trotz der Fülle an Themen: Weder der Jahrestag des NATO-Eingreifens in Jugoslawien im März noch die Situation des PKK-Chefs ÖCALAN nach seiner Festnahme und die neue PKK-Linie (Gewaltverzicht und "Friedenskurs") führten bei den "Antiimps" (Szenejargon) dazu, auf diese politischen Entwicklungen ihrer Bedeutung entsprechend zu reagieren. Nur ein verschwindend kleiner Teil des Spektrums - das in Hamburg insgesamt etwa 120 Personen ausmacht - versuchte seine politische Unterstützungsarbeit für die PKK fortzusetzen, hatte damit jedoch keinen nennenswerten Erfolg. Dem als "Kurdistan Solidarität Hamburg" (KSHH) auftretenden Personenkreis gelang es nicht, seine sektiererhafte und vorbehaltlose Solidarisierung mit der PKK und dem inhaftierten Vorsitzenden ÖCALAN politisch zu vermitteln. Insbesondere der PKK-Verzicht auf den bewaffneten Kampf in der Türkei und das Friedensangebot an den türkischen Staat lösten bei deutschen Antiimperialisten Frust und Irritationen aus. Im Oktober rief die "Kurdistan Solidarität Hamburg" zu einer Veranstaltungsreihe auf anlässlich des 2. Todestages der angeblich vom türkischen Militär getöteten "Internationalistin Ronahi, Andrea Wolf". Eine aus diesem Anlass angemeldete Demonstration vor dem türkischen Generalkonsultat war nur gering besucht und fand in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Zum Spektrum des "Antiimperialistischen Widerstands" zählt in Hamburg auch die seit Jahren existierende Gruppe "Roter Aufbruch". Darin kommen "gestandene" "Antiimps" und Autonome zusammen. Angesichts dieser Zusammensetzung, vor allem aber wegen seiner ideologischen Ausrichtung kann der "Rote Aufbruch" als Nachfolger des aufgelösten Hamburger "Komitee(s) gegen den imperialistischen Krieg" bezeichnet werden. Die relativ kleine Gruppe ist fest in einer lokalen/regionalen Praxis verankert und hat zahlreiche Kontakte zu anderen Hamburger Gruppen. Der "Rote Aufbruch" unterstützte im Januar gemeinsam mit der DKP, der PDS und der SDAJ einen Aufruf zur Teilnahme an der traditionellen Berliner "LL-Demo" (Luxemburg/Liebknecht). Mit ihr wird weltweit "an die hunderttausend GenossInnen" erinnert, die "im Kampf für den Sozialismus ihr Leben gaben". Der Aufruf endete mit den Parolen "Kampf der NATOKriegpolitik! Der Hauptfeind steht im eigenen Land!". 100 Gegen eine von dem Rechtsextremisten Christian WORCH für den 20.08.2000 angemeldete Versammlung "Gegen die Lügen und Hetze der BILD-Zeitung - Enteignet Springer" auf dem Axel-Springer-Platz formierte sich Widerstand auch aus der antiimperialistischen Szene. In inhaltlich ähnlichen Flugblättern kritisierten der "Rote Aufbruch" und die Gruppe RES ("Revolutionäre Sozialisten") - politisch zwischen dem AIW und der autonomen Szene beheimatet - Staat und Medien. Von ihnen seien die "Faschisten" jahrelang hofiert worden, "... Nazis kamen ... als verirrte Jugendliche oder Modernisierungsopfer in den Genuss staatlich subventionierter Jugendund Sozialarbeit". Nicht die Opfer "faschistischer Gewalt" seien entscheidend für ein verstärktes Vorgehen gegen Rechts. Nur die Sorge um das "Ansehen Deutschlands im Ausland" und die damit einhergehende Beeinträchtigung des Wirtschaftsstandortes Deutschland seien ausschlaggebend für die "staatliche Schelte gegen rechte Umtriebe". Die RES-Anhänger brachten noch einen militanten Unterton in ihren Text ein. Sie forderten, sich den "Nazis" entgegenzustellen, sie "Auf allen Ebenen, mit allen Mitteln" anzugreifen und den "Naziaufmarsch vom 19.8.2000 platt(zu)machen". Das Flugblatt ließ erkennen, dass man gedanklich mit militanten Auseinandersetzungen durchaus sympathisierte. Am 16.03.2000 fand eine Demonstration "Sofortige Entschädigung aller Zwangsarbeiter" statt, an der Angehörige der Hamburger linksextremistischen Szene teilnahmen. In einem Flugblatt eines "Hamburger Bündnis für die Erfüllung der Forderungen aller ZwangsarbeiterInnen" kritisierten die vermtl. aus dem AIW stammenden Autoren die deutsche Wirtschaft und den deutschen Staat: Diese wollten sich "möglichst kostengünstig" von den Verbrechen freikaufen, "von denen sie bis hin zur industriellen Vernichtung von Millionen von Menschen profitiert haben". Grundsätzlich seien Versuche festzustellen, die NS-Vergangenheit zu leugnen. Die rot-grüne Regierung habe den industriell organisierten Massenmord in Auschwitz "propagandistisch kurzerhand in den Kosovo" verlegt und vergleiche Milosevic mit Hitler. "Getreu dieser Logik wurde dann Jugoslawien nicht trotz, sondern wegen Auschwitz bombardiert". Damit hätte "Rot-Grün die vielbeklagte Schranke endgültig aus dem Weg geräumt, die die deutsche NS-Vergangenheit für militärische Expansionsprojekte darstellte." In einem weiteren Flugblatt zum Jahrestag des "NATO-Luftangriffes gegen Jugoslawien" am 24. März bezeichneten AIW-Angehörige das "Bombardement Jugoslawiens" als Höhepunkt einer längerfristigen Entwicklung, die von "Kohl, Scholz, Stoltenberg und Rühe und führenden Militärs vorbe101 reitet" worden sei. "Der Krieg gegen Jugoslawien wurde gleich zum mehrfachen Erfolg für deutsche MilitaristInnen: So wurde Krieg wieder Mittel deutscher Großmachtpolitik, die Bundeswehr als weltweite, schlagkräftige Interventionsarmee unter Beweis gestellt, der Führungsanspruch der BRD in Europa bekräftigt und die zunehmend konkurrierende Rolle gegenüber den USA betont. Innenpolitisch erreichten die rot-grüne Regierung und die Medien mit ihrer scheinheiligen Moral, mit ihrem Gefasel von Humanität, Menschenrechten und westlichen Werten das, was für jeden dieser Kriege wichtig ist: eine schweigende Bevölkerung, die der zerstörerischen Politik des Kapitalismus keinen Widerstand entgegensetzt." Die überwiegend aus Angehörigen des bundesweiten antiimperialistischen Widerstands bestehende Initiative "LIBERTAD!" verbreitete in ihrer Zeitung "SO oder SO" im Januar einen Aufruf für einen bundesweiten "Aktionstag gegen staatliche Unterdrückung" ("Freiheit für alle politischen Gefangenen") am 18. März. Sie forderten alle linken Initiativen und Solidaritätsgruppen auf, gemeinsam die Solidarität mit den politischen Gefangenen und von Repression Betroffenen zu organisieren. In allen Phasen der politischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland habe es politische Gefangene gegeben, die aber stets als Kriminelle oder Terroristen bezeichnet worden seien. Die Kriminalisierung sei die Antwort des Staates auf die Organisierung und den Kampf für grundlegende gesellschaftliche Veränderungen. Das dafür geschaffene repressive Instrument sei heute Grundlage für den weiteren Ausbau des Sicherheitsund Repressionsapparates bis weit in die Gesellschaft hinein. Die Einschätzung "Widerstand ist sinnlos, alle sind kriminell" scheine sich als gesellschaftliche Norm durchgesetzt zu haben. Dahinter stehe die Leugnung der Möglichkeit emanzipatorischer Veränderung; dies offenbare auch die Schwäche linker Politik. Beides setze den Ausgangspunkt dafür, die Freiheit der politischen Gefangenen zu erkämpfen. In Hamburg fand am 18.03.2000 vor der JVA Fuhlsbüttel eine Kundgebung zum "Tag des politischen Gefangenen" statt, an der ca. 80 Personen - u.a. Kurdistan-Solidarität, Rote Hilfe u.a. - teilnahmen. 102 4. Autonome und anarchistische Gruppen 4.1 Aktuelle Entwicklung Autonome lehnen die bestehenden Gesellschaftsstrukturen fundamental ab, stellen sich bewusst außerhalb der staatlichen Ordnung und begegnen ihr aggressiv. Sie lassen sich von dem Wunschbild einer "herrschaftsfreien" Gesellschaft leiten, über deren Ausgestaltung nur vage Vorstellungen existieren. Für Autonome ist entscheidend, hier und jetzt den Staat, dessen Einrichtungen und gesellschaftlichen Normen zu bekämpfen. Gewalt gilt als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung, die Spanne reicht von Sachbeschädigungen bis hin zu schweren, am Ende auch lebensgefährlichen Körperverletzungen. Letztere stellen aber Ausnahmen dar. Körperlich verletzende Gewalt mit möglichen dauernden Gesundheitsschäden oder gar tödlichem Ausgang sind auch aus Sicht der Autonomen das letzte Mittel. Sie müsste aus "autonomer" Sicht sorgfältig durchdacht, begründet und vor allem "vermittelbar" sein. Wenngleich in der Öffentlichkeit oder in internen Diskussionen über direkte Gewalt gegen vermeintliche oder tatsächliche Rechtsextremisten diskutiert wird, waren in Hamburg solche Gewalttaten noch nicht zu verzeichnen. Auch im Jahr 2000 begingen Gruppen aus dem autonomen Spektrum Brandanschläge (Ü 4.2, 4.3.1), mit denen sie die Schwelle zum Terrorismus überschritten. Ausschreitungen in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai 2000 machten deutlich, dass das autonome Potential in Hamburg immer noch zur eruptiven Gewaltanwendung fähig ist (Ü 4.2). Bisherige Diskussionen um eine Vertragslösung für die "Rote Flora" lassen erwarten, dass ihre etwaige Räumung nicht gewaltfrei hingenommen werden dürfte. 4.2 Gruppen und Strukturen in Hamburg Obwohl es unter den "antifaschistischen" Gruppen zu einigen bemerkenswerten Auflösungen kam und damit engagierte "Antifas" ohne feste Anbindung waren (Ü 4.3.2), blieben im Jahr 2000 nennenswerte Neugründungen aus. Nach wie vor hindert die Autonomen ihre grundsätzliche Organisationsfeindlichkeit daran, sich über längere Zeit einem verbindlichen Personenkreis anzuschließen. Hierunter leidet ihre politische Schlagfähig103 keit. Zur politischen Ineffektivität trägt die exzessive Beachtung des Ko n- sensprinzips bei: Im "Idealfall" wird so lange diskutiert, bis die Gruppe als Ganzes überzeugt ist. Trotz interner Krisen konnte die autonome Szene in Hamburg ihre Angehörigenzahl ungefähr halten. Zum autonomen Selbstverständnis gehört das Mittel der politischen Gewalt; sie wird in vielfältiger Form praktiziert. Die Spannweite reicht von gewalttätigen Demonstrationen (Ü 4.2) bis hin zu Anschlägen. Mit ihrer ersten Aktion am 02.06.99 (Sachbeschädigung bei einer Filiale der Dresdner Bank in Hamburg-Niendorf) hat sich die Gruppierung "Autonome Zelle ,in Gedenken an Ulrike Meinhof'" (nachfolgend AZUM) mittlerweile mit einer Reihe von Sachbeschädigungen als stetig agierende, militante autonome Gruppe etabliert. Die AZUM ist nicht zu verwechseln mit dem Personenzusammenhang, der unter dem Begriff "Autonome Zelle Hamburg" (Ü 4.3) verstanden wird und in den vergangenen Jahren unter wechselnden Namen Sachbeschädigungen und Anschläge begangen hat. Die AZUM hat seit Juni 1999 neun anlassbezogene Sachbeschädigungen im Nordwesten des Großraums Hamburg verübt. Am 5.10. verwandten die Täter bei einem Anschlag gegen ein Polizeirevier in Bönningstedt erstmals eine "unkonventionelle Sprengund Brandvorrichtung" (USBV) und änderten damit entscheidend ihr Aktionsniveau. Zuvor hatte die AZUM an Gebäuden Sachbeschädigungen verübt, die eher symbolischen Charakter hatten. Die Art der Tatbegehung war fast immer dieselbe: Nach dem Einschlagen von Fensterscheiben wurde an den Tatorten Farbe verteilt. Ziele waren u.a. mehrere Bankgebäude, Parteibüros und ein Kaufhaus. Eingebettet in Kampagnen wie zuletzt "gegen das Europa der Bullen, Banken und Rassisten" wurden die Taten mit unterschiedlichen Themen begründet. Vom Protest gegen die Expo 2000, den EU-Gipfel in Köln 1999 sowie ein Treffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank im September in Prag bis hin zu Solidaritätsbekundungen für den in den USA einsitzenden Mumia Abu-Jamal reichten die Rechtfertigungskonstrukte, oft mit dem Thema Antirassismus verquickt. Außerdem forderte die AZUM in einigen ihrer Bekennungen die Freilassung der noch inhaftierten RAFGefangenen. Mit ihrer militanten Aktion gegen das Polizeirevier in Bönningstedt/Schleswig-Holstein begab sich die AZUM vom Gebiet einfacher Sachbeschädigungen auf die Ebene anschlagsartiger Aktionen, wie sie 104 auch die "Autonome Zelle" mehrfach begangen hatte. In ihrer Bekennung wandten sich die Verfasser gegen den europäischen "Repressionsund Sicherheitsapparat in Gestalt von Europol" und bezeichneten ihre Brandbzw. Sprengvorrichtung selbst als eine "zum sprengsatz umfunktionierte gaskartusche mit mehreren brandflaschen drumherum die wir schliesslich mit hilfe von brennpaste zur detonation brachten" (Schreibweise des Originals). Nur der Umstand, dass die Vorrichtung nicht wie vorgesehen explodierte, hat Schlimmeres verhindert. Die Täter nahmen die Gefährdung der im Gebäude befindlichen Personen in Kauf. Wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie der versuchten schweren Brandstiftung leitete der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Am Abend des 30. April 2000 wurde eine "reclaim the streets party" veranstaltet, die Teil eines "Global action day" war. An diesem Aktionstag, der sich gegen Globalisierung und Neoliberalismus richtete, zogen etwa 400 Personen des linksextremistischen Spektrums sowie betrunkene Punks vom S-Bahnhof Sternschanze zum Dammtor-Bahnhof. Im Anschluss an die weitgehend friedlich verlaufene "reclaim the streets party" kam es auf dem Rückweg ins Schanzenviertel und insbesondere in der direkten Umgebung der "Roten Flora" zu massiven Ausschreitungen. Das dort gelegene Schulterblatt wurde - insbesondere auf Höhe der "Roten Flora" - Schauplatz der größten autonomen Randaleaktion der letzten Jahre in Hamburg. Polizeibeamte wurden mit Steinund Flaschenwürfen sowie mit Signalmunition angegriffen. Es kam zu massiven Sachbeschädigungen an Geschäften und Banken. Das Entzünden von Abfällen auf der 105 Fahrbahn sollte die Polizei daran hindern, für Ordnung zu sorgen. Erst in den frühen Morgenstunden beruhigte sich die Situation. Im Verlauf der Auseinandersetzungen gab es Anhaltspunkte dafür, dass zahlreiche autonome Straßenkämpfer das FloraGebäude als Fluchtburg und damit als Unterschlupf vor einer möglichen Strafverfolgung nutzten. Das führte zu einer Durchsuchung der Flora durch Polizeikräfte. Aufgrund dieser Auseinandersetzungen rückte die Flora wieder in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses, und es entstand eine kontroverse interne Diskussion im Flora-Spektrum. Während in einem mit "die drei von der Tankstelle" unterzeichneten Papier (in der Flora-Publikation "ZECK") nicht nur die Auseinandersetzungen selbst, sondern speziell die Flucht in die Flora kritisiert wurde, rechtfertigten andere die Ausschreitungen. Die "militante(n) Panternichten und Panterneffen" behaupteten in einem weiteren Beitrag in der "ZECK", dass die Schlägereien gar nicht solche Ausmaße gehabt hätten. Sachbeschädigungen an Banken und Cafes seien zielgerichtet und verantwortlich begangen worden. Zudem sei es "immer wieder notwendig, die trügerische Ruhe, die über den im Viertel vorhandenen Widersprüchen liegt, zu zerreißen". Selbstverständlich sei, "dass Flüchtigen ... die Flora zur Verfügung steht." Die Geschichte der Flora sei immer mit militanten Auseinandersetzungen im Schanzenviertel verbunden, in deren Verlauf sich "Leute in die Ruine flüchteten oder zurückzogen, und das ist gut so." Nach einer Phase relativer Ruhe stand das autonome Stadtteilzentrum wieder im öffentlichen Interesse. Eine über die Medien ausgetragene Diskussion umfasste Forderungen, die vom sofortigen Abriss bis hin zur Legalisierung der "Roten Flora" reichten. 106 Dieser Meinungsaustausch zeigte Wirkung auf das Nutzerspektrum der Flora: In der Szene rückte die Diskussion über eine mögliche Legalisierung des Projekts durch Verträge in den Mittelpunkt. Bei den Überlegungen, ob diese Form der Legalisierung erstrebenswert sei, stellte sich die Frage, ob überhaupt Vertragsverhandlungen aufgenommen werden sollten. Ende des Jahres war eine Mehrheit (etwa zwei Drittel) gegen eine Legalisierung und folgte damit dem autonomen Selbstverständnis von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Nur eine Minderheit könnte sich auch ein durch staatliche Auflagen reglementiertes, alternatives Stadtteilzentrum vorstellen. Die Mehrheit befürchtet eine Beschränkung ihrer Möglichkeiten der politischen Meinungsäußerung. Außerdem wendet sie sich entschieden gegen eine Einmischung in die Flora-Praxis, Drogenkonsumenten, -dealer und Angehörige von Randgruppen in unmittelbarer Umgebung der "Roten Flora" zu tolerieren. Zum Thema Vertragsverhandlung veröffentlichte eine "Gruppe Hobby 98" auf der Homepage der Flora ein Papier, das jeglichem Vertrag eine Absage erteilte. So heißt es u.a., "die Flora als besetztes Gebäude stellt eine symbolische und praktische Infragestellung der Eigentumsverhältnisse dar!". Auch eine mögliche Räumung wird bewusst in Kauf genommen. Gerade "in schlechten Zeiten wie diesen" müssten "einstmals erkämpfte Räume als Einsatz in Kämpfen riskiert werden, um eine politische Wirkungskraft wiederzuerlangen". Die Autoren bezeichneten das Vertragsangebot als Versuch, der Szene "den revolutionären Stachel" zu ziehen, um die Flora zu "domestizieren und als 'alternatives' Kolorit in die herrschenden Verhältnisse zu integrieren". Eine Flora mit Verträgen wäre genau solch eine Form der Integration eines widerständigen Projekts und würde damit die Schwäche linksradikaler Politik weiter festschreiben. Das Papier endet mit der Feststellung: "-und gekämpft wird eben nie ohne etwas aufs Spiel zu setzen: In diesem Fall ist der Einsatz das Gebäude - und der Preis möglicherweise die Räumung". 107 Um ihr Meinungsbild abzurunden, hatten die Flora-Nutzer auch Kontakte zu autonomen Zentren in anderen Städten aufgenommen, um sich über dortige Erfahrungen zu informieren. Die Flora-Nutzer schätzten die Ergebnisse dieser "Umfrage" so ein, dass man einen Vertrag nicht hinnehmen könne. Die Kritik an angeblich rassistisch motivierten Polizeikontrollen gegen Schwarzafrikaner, der Vertreibung von Junkies, Obdachlosen und anderen sozialen Randgruppen ist bereits seit Jahren zentraler Bestandteil der Agitation gegen den Staat und seine Funktionsträger. Für viele Flora-Nutzer sind herumliegendes Spritzbesteck, Drogendepots auf Kinderspielplätzen etc. Folge einer verfehlten staatlichen Drogenpolitik. Dem könne man nicht damit begegnen, in rassistischer Weise Schwarzafrikaner als Drogendealer zu stigmatisieren, sondern indem man sämtliche illegalen Drogen freigebe. Da die "Rote Flora" mit dieser extremen Position relativ isoliert im "eigenen" Viertel dasteht, bemühte sich das Spektrum mit verschiedenen Aktivitäten um Verständnis bei den Anwohnern. Hierzu zählten im September "Aktionstage" unter dem Motto "Zur Aufrechterhaltung störender Zustände". Für die Veranstaltungsreihe wurde eine Broschüre erstellt mit theoretischen Handreichungen für die angekündigten Aktionen. Mit verschiedenen Aktivitäten wurde gegen die so empfundene Ausgrenzung und Vertreibung aus dem Viertel protestiert. Im Mittelpunkt des Protests standen die Polizeikräfte, die im Schanzenviertel ihren Dienst tun. In Anspielung auf die "Reclaim the streets"-Aktion vom Mai gab es außerdem einen als "Reclaim the location move" betitelten demonstrationsähnlichen Rundgang durch das Viertel mit Redebeiträgen an neuralgischen Orten, die nach Meinung des Spektrums für Rassismus, Vertreibung und Ausgrenzung stehen. Die "Rote Flora" bleibt - trotz der anhaltenden Diskussion um eine mögliche Legalisierung - zentraler Anlaufpunkt für das autonome Spektrum in Hamburg. Das dokumentieren die unterschiedlichsten Mobilisierungs-, Informationsund Solidaritätsveranstaltungen, die dort im Jahr 2000 stattfanden. So gab es in der "Flora" Mobilisierungstreffen des autonomen - Spektrums im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Aufmärschen. Außerdem fanden in den Räumen Mobilisierungsveranstaltungen zu Widerstandsaktionen gegen die Expo 2000 in Hannover statt. Zu Gunsten diverser politischer Gruppierungen aus dem linksextremistischen Spektrum, wie z.B. der "Kurdistan Solidarität" oder der Gruppe "Solidarität für politische Gefangene" wurden Solidaritätsveranstaltungen angekündigt. Anlässlich einer gut besuchten Informationsveranstaltung zur Geschichte der "Revolutionären Zellen" referierten am 07.09.2000 ehemalige Angehörige dieser terroristischen Gruppierungen vor einem interessierten Publikum. Eine 108 Gruppierung namens "Institut für nachhaltige Kapitalismuskritik" lud in die "Rote Flora" ein zu einer Infound Mobilisierungsveranstaltung anlässlich geplanter Widerstandsaktionen gegen eine Tagung von IWF und Weltbank in Prag. Dort kam es am 26. September zu teilweise heftigen Ausschreitungen von militanten IWFund Weltbankgegnern aus ganz Europa. Auch die eher dogmatisch ausgerichtete "Gruppe Kritik und Diskussion" (Ü 5.2) fand in der "Roten Flora" Raum für eine Informationsveranstaltung zum Thema "Lohnund Sozialabbau". Wie schon in den Vorjahren gab es auch im Jahr 2000 - am 24. Juni - im Schanzenviertel ein maßgeblich vom Floraspektrum mitorganisiertes Straßenfest. Es sollte jedoch von zunehmenden Tendenzen zur Kommerzialisierung befreit und wieder verstärkt politische Akzente gesetzt werden. Deshalb wurde die Veranstaltung mit einem Aktionstag verknüpft, der das lädierte Image des autonomen Stadtteilzentrums nach den Ausschreitu n- gen vom 1. Mai wieder aufpolieren sollte. In einem Aufrufflugblatt verdeutlichte das Spektrum nochmals den eigenen Standpunkt. Unter der Überschrift "Hände weg von der Roten Flora" wird das Schanzenviertel zum "Teil linker politischer Strukturen, die vielfältig und unterschiedlich, weltweit an der Überwindung von Ausbeutung und Herrschaft arbeiten" hochstilisiert. Zahlreiche Gruppierungen aus der linksextremistischen Szene präsentierten sich mit Infoständen einem interessierten Publikum. In der monatlich herausgegebenen Schrift "Zeck - Das Info aus der Roten Flora" finden sich Texte über Flora-interne Diskussionen und autonome Politik im allgemeinen. Bekennerschreiben zu - in Hamburg begangenen - Anschlägen und Sachbeschädigungen durch Autonome wurden "dokumentiert". Hierzu gehörten u.a. Bekennungen der "Autonomen Zelle 'in Gedenken an Ulrike Meinhof' ". Die April-Ausgabe enthielt zwei Bekennerschreiben zu antirassistisch motivierten Gewalttaten einer weiteren militanten autonomen Gruppierung, vermutlich der "Autonomen Zelle". Hintergrund waren Sachbeschädigungen an den Wohnhäusern eines LufthansaManagers sowie einer Amtsärztin (bei der Ärztin wurde außerdem ein Brandanschlag gegen ein am Haus abgestelltes Kfz verübt). 109 Schließlich bekannten sich die Verfasser noch zu einer Sachbeschädigung gegen einen Kleinbus, der zumindest mittelbar von der Lufthansa genutzt wird. Die "Zeck" selbst griff den Themenkomplex "Lufthansa/Antirassismus" auf und wandte sich auf zwei Titelbildern gegen die angeblich rassistische Abschiebepraxis der Fluggesellschaft. Neben der "Roten Flora" ist das Treffobjekt "B 5" in der Brigittenstraße noch immer das nächstwichtige Kommunikationszentrum für die Hamburger antiimperialistische Szene. Ihren Sitz haben hier u.a. die "Kurdistan Solidarität Hamburg" (Ü 3.) und ein gruppenübergreifendes Koordinierungstreffen verschiedener antifaschistischer Gruppen. Quartier in der "B 5" hat auch das linksextremistische "Nadir Info System", das für zahlreiche linksextremistische Gruppen auch außerhalb Hamburgs eine InternetPlattform bereit stellt. Die "Rote Hilfe e.V." (RH) geht nicht nur dem Namen nach auf eine bereits während der Weimarer Republik existierende Hilfsorganisation der damaligen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) zurück. Die heute agierende "Rote Hilfe e.V." bezieht von ihren Mitgliedern Beiträge, die sie in erster Linie für Prozessund Anwaltskosten bei linksextremistisch motivierten Delikten verwendet. Mitglieder und Unterstützer der RH rekrutieren sich aus dem Spektrum der gewaltbereiten Linksextremisten und aus Kreisen orthodoxer Kommunisten. Die "Rote Hilfe e.V." definiert sich als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation". Politische Betätigungsfelder ihrer Klientel seien u. a. Antifaschismus, Antisexismus, Antirassismus. Im viermal jährlich erscheinenden Mitteilungsblatt "Die Rote Hilfe" wird über finanzielle Hilfsmaßnahmen der Organisation berichtet; Sachverhalte zu "staatlicher Repression", Überwachungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden etc. werden dargestellt. Im Jahr 2000 hatte die "Rote Hilfe" auf Bundesebene und in Hamburg Schwierigkeiten: Die Bundesorganisation musste sich mit einem Finanzproblem auseinander setzen, da die Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Politische Meinungsverschiedenheiten hatten schließlich u.a. personelle Konsequenzen im Redaktionskollektiv der Zeitung "Die Rote Hilfe" zur Folge. Auch die Hamburger Ortsgruppe zeigte sich in einem relativ schlechten 110 Zustand: Dies dürfte aus der vergleichbaren Gesamtverfassung der Bundesorganisation und persönlichen Differenzen innerhalb des Hamburger Aktivisten-Kollektivs resultieren. Dennoch wurde ein Angehöriger der Hamburger Ortsgruppe zum Sprecher des Bundesvorstandes der "Roten Hilfe" gewählt. Dieser Hamburger war Unterzeichner einer Pressemitteilung, mit der der Bundesvorstand gegen die Beschlagnahme von Broschüren der Organisation protestierte. Thema der von der Bonner Polizei sichergestellten Schriften war die Situation der verbliebenen Inhaftierten aus der RAF. Weitere eigenständige politische Aktivitäten blieben wegen der internen Schwierigkeiten aus. Das Hamburger anarchistische Spektrum trifft sich weiterhin in den anarchistischen Zentren "Libertäres Zentrum" (LIZ) und "Libertäres Kulturund Aktionszentrum" (LKA). Nennenswerte Aktivitäten dieser Kleingruppen gab es nicht; sie hatten immer wieder mit finanziellen Krisen zu kämpfen. LIZAngehörige waren an den Ausschreitungen der Nacht zum 1. Mai in der Schanzenstraße beteiligt. Am 04.11.2000 fand nach längerer Zeit in Hamburg eine Hausbesetzung statt, für die eine "Jugendinitiative für Politik und Kultur - KRASS" verantwortlich zeichnete. Dahinter verbirgt sich vermtl. eine Splittergruppe aus dem autonomen Potential, die sich aus überwiegend sehr jungen Leuten zusammensetzt. In einem Flugblatt beklagten sie - in eher naiv anmutender Diktion - "Profitgier und Ellenbogen..." als Grundübel der Gesellschaft ("Wir sehen die Probleme dieser Welt und auch dieser Stadt ganz klar in der Jagd nach Profiten begründet.") Den "Heilsversprechen des Internets" wolle man künftig nicht mehr glauben, das Vertrauen in "ecommerce" sei illusorisch. Statt dessen wolle man mit "unserem Zentrum" Platz für solidarisches Miteinander ohne Konkurrenzgehabe schaffen ("Wir wollen uns mit der Welt und unserem Platz darin auseinandersetzen und dabei die Scheiße die uns in Schule und Medien vermittelt wird, mit der Wahrheit vergleichen."). Nachdem die Polizei die Räumung des Hauses angekündigt hatte, verließen die Besetzer das Objekt. 111 4.3. Aktionsfelder 4.3.1 Ausländerund Asylpolitik / "Antirassismus" Neben dem beherrschenden Thema "Antifaschismus" beschäftigten sich Linksextremisten auch mit dem Komplex "Antirassismus". Insbesondere im autonomen Spektrum mehren sich Stimmen, die die bisherige Trennung der Themen beklagen; dies habe zu einer sich lähmend auswirkenden Zersplitterung der Szene geführt. Letztlich hingen Faschismus und Rassismus zusammen: Die Summe staatlicher Asylpolitik sei nichts anderes als staatlicher Rassismus, der das Handeln von Nazis nach sich ziehe. Die Lehre daraus sei, Antirassismusund Antifaschismusgruppen zusammenzufü h- ren. Erste Ansätze für ein derartiges Umsteuern sind auch in Hamburg zu erkennen. "Antirassistische" Aktionen reichten in Hamburg auch in diesem Jahr von Demonstrationen bis hin zu Anschlägen. Das ohne nennenswerte Vorkenntnisse leicht umsetzbare Handlungskonzept der RZ hat in Hamburg Nachahmer gefunden. Mit der "Autonomen Zelle" (AZ) bildete sich eine militante Kleingruppe, die seit Anfang der 90er Jahre unter wechselnder Bezeichnung bisher 18 symbolische Aktionen und Straftaten verübte. Weit überwiegend beschäftigte sich die AZ in ihren Selbstbezichtigungen mit den Themenkomplexen Antirassismus und Asylproblematik. Szeneangehörige wurden aufgefordert, sich an Aktivitäten gegen den "Abschiebeknast" Glasmoor und die gesamte "Abschiebemaschinerie" zu engagieren. Im Jahr 2000 beging die AZ drei Anschläge: 8.3. Brandanschlag auf einen im Auftrag der Lufthansa verkehrenden VW-Bus 10.3. Brandanschlag auf den PKW einer für die Ausländerbehörde tätigen Amtsärztin 13.3. Farbanschlag auf das Wohnhaus des Lufthansa -Vorstandsvorsitzenden 112 Der Ton der letzten Bekennungen hat sich erheblich verschärft. Im Selbstbezichtigungsschreiben zum Anschlag auf das Auto der Amtsärztin ( "... eine aus der Riege bereitwilliger ÄrztInnen, die als Erfüllungsgehilfen der Ausländerbehörde bei Abschiebungen Reisefähigkeit attestieren.") betont die AZ, dass "militante und bewaffnete Politik auch in diesen bewegungsarmen Zeiten" notwendig sei. Die Fortsetzung militanter Angriffe - so die Autoren - sei die richtige Antwort auch angesichts der aktuellen Verfahren gegen mutmaßliche Angehörige der "Revolutionären Zellen" (RZ) und der "Roten Zora". Die zunehmend militant abgefassten Schreiben korrespondieren mit der z.T. skrupellosen Vorgehensweise der AZ: Das in Brand gesetzte Auto der Amtsärztin stand nur zwei Meter neben dem Wohnhaus. Die Fensterscheibe zum Schlafzimmer zerplatzte aufgrund der Hitzeeinwirkung. Ein Übergreifen der Flammen auf das Wohngebäude wäre durchaus möglich gewesen. Bereits im Sommer 1999 kritisierte die antirassistisch orientierte Szenepublikation "off limits" ein internes Papier der Behörde für Inneres mit dem Titel "Rückführung vollziehbarer ausreisepflichtiger Staatsbürger - Politische Ziele - Aktuelle Probleme" und veröffentlichte auch den Namen der später vom Anschlag betroffenen Amtsärztin. Das Papier erörterte die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit ausreisepflichtigen Ausländern und empfahl Amtsärzten, wie sie auf Atteste reagieren sollten, die einer Abschiebung entgegen stünden. Dem Lufthansa Vorstandsvorsitzenden warf die AZ vor, zentrale Figur eines Konzerns zu sein, der in großem Umfang an der Realisierung von Abschiebungen beteiligt sei. Durch massiven Druck wolle man die Fluggesellschaft zum Rückzug aus diesem "lukrativen" Geschäft zwingen. 113 Im April und Mai gab es im Rahmen einer bundesweiten Kampagne "deportation.class - Gegen das Geschäft mit Abschiebung" am Hamburger Flughafen demonstrative Aktionen "Kein Mensch ist illegal" und "Abschiebung ist Mord". Mit der Kampagne sollte öffentlicher Druck auf Fluglinien ausgeübt werden, "... die sich für die Beförderung von gewaltsam in das Flugzeug verschleppten Menschen bezahlen lassen ..., sowie Passagiere und Bordpersonal zum Eingreifen auffordern". Der Lufthansa wurde unterstellt, "... ihre Flugverbindungen in der ganzen Welt für Abschiebungen zur Verfügung" zu stellen und sich "...zum willfährigen Handlanger der brutalen Abschiebepraxis zu machen." 114 4.3.2 Antifaschismus Vordergründig richtet sich der von Linksextremisten propagierte "antifaschistische Kampf" gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten. Weitergehende Absichten zielen auf die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik. Für viele Linksextremisten ist Deutschland ein "faschistischer", wenigstens "faschistoider" Staat mit einer anhaltenden Verwurzelung im nationalsozialistischen System des "3. Reiches". Er toleriere / begünstige rechtsextremistische Personen, Organisationen und Betätigungen. Der Staat begegne ihnen nur halbherzig, weil er sie in Wahrheit zur eigenen "kapitalistischen / imperialistischen" Herrschaftssicherung benötige und entsprechend funktionalisiere. Die auch im Jahr 2000 in der Gesellschaft zunehmend problematisierte Entwicklung des Rechtsextremismus, Verbote rechtsextremistischer Organisationen und die auf die NPD zielenden Verbotsanträge wurden in diesem Lichte bewertet. Die öffentliche Diskussion sei unehrlich und aufgesetzt. Letztlich ginge es nur um das deutsche Ansehen in der Welt, insoweit sei die staatlicherseits geführte Diskussion nur ein "Standortantifaschismus". Viele "Antifas" sehen sich als "Speerspitze" und vermeintlich einzige wahrhaftige Bastion gegen rechtsextremistische Zusammenhänge und deren "Profiteure" - insbesondere angesichts einer angeblich breiten gesellschaftlichen Übereinstimmung mit Rechtsextremisten. Autonome Antifaschisten glauben aufgrund dieser selbst angemaßten Berufung, die nach ihrer Auffassung fehlende staatliche Entschlossenheit durch eigenes Handeln ersetzen zu müssen. Sie versuchen, tatsächliche oder behauptete "rechte" Strukturen auszuforschen, aufzudecken, "Faschisten angreifbar" zu machen und direkt gegen sie vorzugehen. Aktionen gegen "Faschos" sollen generell deren öffentliche Auftritte verhindern, zumindest aber empfindlich behindern. Gewaltanwendung bedarf dabei wegen des höheren Zwecks - so der "Antifa"-Standpunkt - keiner besonderen Begründung. Militantes Vorgehen gegen rechtsextremistische Organisationen oder Einzelpersonen - zuweilen bis hin zu Brandanschlägen - gilt autonomen "Antifaschisten" als "legitimes" und notwendiges Mittel der politischen Auseinandersetzung. Wenn auch Teile der Szene frustriert sind, weil das Thema "Rechtsextremismus" durch die breite Öffentlichkeit übernommen worden sei, und durch den Verlust der Meinungshoheit paralysiert scheinen, sehen andere in dieser Entwicklung ihre Chance zur Stärkung der "Antifa"-Bewegung bzw. zum Aufbau einer revolutionären "Antifa"-Bewegung: 115 "(...) für die radikale Linke ist die gegenwärtige Entwicklung eigentlich das beste, was passieren kann. Ohne die Debatte der letzten Wochen eingeleitet zu haben - was aufgrund eigener Schwäche gar nicht möglich gewesen wäre - kann sie davon profitieren und versuchen, Einfluß zu gewinnen: Staatlichen wie gesellschaftlichen Rassismus stärker thematisieren. Problembewußtsein schaffen, Bündnispartner gewinnen. (...) In den Zeitungen der gesamten BRD finden sich auf einmal wohlwollende Kommentare über türkische Jugendliche, die Faschisten attackieren oder Berichte über weit verbreiteten Rassismus im Staatsapparat (...) Genau diese Stimmung müssen wir auszunutzen versuchen. Es geht für uns darum mehr Einfluß zu nehmen (...) und die Empörung über die Stärke der Nazis und den verbreiteten Rassismus zu radikalisieren". (Hervorh. n. i. O.; Quelle: "interim" Nr. 509 v. 07.09.2000). Meinungen über die erfolgreichere Taktik gehen auch in Hamburg weit auseinander. Dies wurde exemplarisch in der November-Ausgabe der Flora-Zeitung "ZECK" deutlich. In einem Interview plädierten Angehörige einer offensichtlich "älteren" Antifa-Gruppe für eine verstärkte Bündnispolitik auch mit Kräften wie "linken GewerkschafterInnen oder den Gruppierungen, die man vielleicht als Reste der Zivilgesellschaft bezeichnen könnte." Die Zeit sei vorbei, in der man allein als autonome Antifa Naziaufmärsche wirkungsvoll verhindern könne. Völlig entgegengesetzter Meinung ist ein in der gleichen Zeitung abgedruckter Artikel: Für die Autoren ist die sommerliche öffentliche Antifaschismus-Debatte ein Versuch, das Thema Antifa aus wirtschaftlichen Interessen zu besetzen. Die Hoffnung habe sich nicht erfüllt, dass die Linke den gesellschaftlichen Diskurs beeinflussen könne. Eine Vereinnahmung der Antifa durch die Gesellschaft würde "bestenfalls zu einer Neuauflage der unsäglichen Lichterketten führen." Wolle man bürgerlichen "Umarmungsversuchen" entgehen, müsse man eine Politikform wählen, die die "Neue Mitte" nicht vereinnahmen könne: "sei es der kleine Riot vor'm Abschiebeknast oder das Abfackeln ostdeutscher Nazijugendzentren". Beispiele aus anderen Ländern zeigten, dass antifaschistischer Widerstand dann erfolgreich sei, wenn er für die Nazis praktisch zu spüren war, "oder um mit Antonio Negri zu sprechen: 'Militanz ist heute eine positive, konstruktive und innovative Aktivität'." 116 Die antifaschistische Szene ist bundesweit in zwei miteinander konkurrierende überregionale Bündnissysteme gesplittet: Die "Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation" (AA/BO) und das "Bundesweite Antifa-Treffen" (BAT). Die Organisationsansätze beider Bündnissysteme unterscheiden sich maßgeblich. Dies hat eine Annäherung oder gar effektive Zusammenarbeit beider Vernetzungsansätze - trotz mancher Anläufe - bislang nicht zustande kommen lassen. Die AA/BO sieht sich als "Zusammenschluss von parteiunabhängigen Antifa-Gruppen". Sie umfasst "Antifa"-Gruppen aus der ganzen Bundesrepublik und formuliert ihren politischen Ansatz so: "Mit der Antifaschistischen Aktion/ Bundesweite Organisation (AA/BO) wollen wir den Faschisten organisiert entgegentreten. Wir gehen offensiv gegen die Drahtzieher und Ideologen des Naziterrors vor. Faschistische TäterInnen haben Namen und Adresse! (...) Revolutionärer, antifaschistischer Kampf muss sich immer auch gegen die gesellschaftlichen Bedingungen wenden, aus denen heraus faschistische Bewegungen entstehen: Das kapitalistische Konkurrenzprinzip (...) Eine antifaschistische, freie Gesellschaft kann nur entstehen, wenn das System mit all seinen Übeln gekippt wird. Denn für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn es nicht niedergerissen wird" (Hervorh. n. i. O.; Internet-Veröffentlichung v. 28.11.00). Hamburg war bis vor kurzem in der AA/BO durch die "Antifaschistische Gruppe Hamburg" (AGH) vertreten, die sich im Laufe des Jahres offiziell aufgelöst hat. Der zweite bundesweite Vernetzungsansatz - das BAT - will der aus Sicht mancher autonomer "Antifas" hierarchischen Struktur der AA/BO eine offenere Alternative entgegensetzen. Inhaltlich wird in mehreren fest eingerichteten Gruppen gearbeitet. Auch Hamburger "Antifa"-Gruppen wirken im BAT mit. Beide bundesweiten Organisationsansätze befinden sich derzeit aufgrund unterschiedlicher ideologischer und personeller Querelen in einer tiefgreifenden Krise. 117 Neben den - in diese überregionalen Vernetzungen eingebundenen - Hamburger Gruppen existieren zahlreiche andere lokale Hamburger "Antifa"Gruppen (häufig stadtteiloder anderweitig bereichsbezogen) und Bündnisverflechtungen : Seit 1989 gibt es eine - vorrangig an der Universität und den Hamburger Hochschulen wirkende - von Linksextremisten beeinflusste studentische "Hochschulantifa". In Harburg ist die "Antifaschistische Aktion Harburg" aktiv, die auch im Jahr 2000 verschiedene "antifaschistische" Aktionen durchführte und gegen Jahresende verstärkt den Kontakt zu innerstädtischen autonomen Antifa-Gruppen suchte. In Bergedorf agiert seit Oktober 1999 die "Junge Antifa Bergedorf" (JA(B)) zu "antifaschistischen" Themenstellungen. In einem Flugblatt bekannte sich die Bergedorfer Gruppe 1999 u.a. mit den Schlagworten "Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern notwendig!" und der klassischen autonomen Formel "Antifa heißt Angriff" zu der szenetypischen Grundhaltung. Auch die JAB vertritt die These, dass letztlich der Staat für den "Faschismus" verantwortlich ist. In einem im November 2000 vertriebenen Flugblatt heißt es hierzu: "Wir brauchen keine Symbolik, sondern Taten. Faschismus wird es immer solange geben, wie die gesellschaftlichen Bedingungen es zulassen (...) Und da der Faschismus und Rassismus in der BRD nun einmal alltäglich Realität sind, muss dem entgegengewirkt werden." Die "Fantifa" (Frauen-Antifa) wird u. a. durch die Gruppe "Fantifa NN" repräsentiert. Weitere "Antifa"-Gruppen sind die "Hamburger Autonome Antifagruppe" und die "AG Sputnik". Eine regionale Hamburger Vernetzungsinitiative nennt sich "Antifa-Vernetzungstreffen" - eine Art Info-Börse der Hamburger "Antifa"-Gruppen. Dem "Antifa-Cafe" kann eine ähnliche Funktion zugeschrieben werden; es findet wöchentlich im Kommunikationszentrum "B 5" (Ü 4.2) statt. Bei dem "Offenen Antifa Treffen" kommt wöchentlich ein Personenkreis zusammen, der sich selbst so umschreibt: 118 " (...) wir sind ein Zusammenschluß rund um die Hamburger Antifa. Mit dem Offenen Antifa Treffen möchten wir die Möglichkeit schaffen, linksradikale Politik zu machen, ohne die Verpflichtung einer festen Gruppe einzugehen." Wie schon 1999 gab es auch im Jahr 2000 eine regelmäßige Abfolge von rechtsextremistischen Aufmärschen und Versammlungen einerseits und Reaktionen der autonomen Szene andererseits: Anfang Januar fand der erste rechtsextremistisch motivierte Aufzug in Hamburg-Lohbrügge statt. Über 100 Autonome protestierten mit einer unangemeldeten Demonstration in Bergedorf gegen den "Aufzug der Faschisten" und bewarfen die gegnerische Seite mit Eiern, Flaschen und Steinen. Das Hauptziel linksextremistischen Protestes gegen rechtsextremistische Aktionen "Verhindern, mindestens behindern" konnte wegen starker Polizeipräsenz nicht erreicht werden. Ungeachtet dieses und anderer Misserfolge nutzt die Szene zumeist alle Chancen für einen direkten "Angriff" auf "Nazis", ersatzweise auf ihr Eigentum. In einer Szenepublikation äußerte sich ein Teilnehmer: " (...) So gelang es nicht, den Aufzug der Faschisten zu behindern, lediglich auf dem Rückweg am Bergedorfer Bahnhof ergab sich eine Situation, in der ein Hagel aus Flaschen Dosen und Obst auf sie niederging. Zurückgekehrt zu ihren am Bahnhof Nettelnburg geparkten Autos mußten die Neonazis feststellen, dass einige Autoreifen ihre Luft verloren hatten. (...) In dieser beschissenen Situation müssen wir unsere Mobilisierungsfähigkeit bei Neonaziaufmärschen verbessern und uns neue Strategien gegen Neonazis überlegen". (Hervorh. n. i. O.; aus "Zeck" Nr. 86 v. Jan./Febr. 2000) Auf die politische Entwicklung in Österreich reagierten die Autonomen im Februar: "Autonome AntifaschistInnen" demonstrierten vor dem österreichischen Generalkonsulat (ca. 600 Teilnehmer, davon die Hälfte aus dem autonomen Spektrum). Mit einem Mobilisierungsflugblatt forderten "Autonome AntifaschistInnen aus HH": 119 "Gegen Haider und alle anderen Faschisten entschlossen vorgehen! (...) Nazis auf die Fresse! Hoch die internationale Solidarität!". (Hervorh. n. i. O.). Diese Handlungsaufforderung blieb ohne akute Folgen, weil keine geeigneten Zielpersonen anwesend waren. Auf die Ausschreitungen im Schanzenviertel in der Nacht zum 1. Mai verweisend kündigten Rechtsextremisten für den 4. Juni eine Demonstration durch das Schanzenviertel an. Die Aussicht auf einen "NaziAufmarsch" durch das eigene Revier veranlasste das gesamte linksextremistische Spektrum der Stadt zu einer Mobilisierung besonderen Ausmaßes. Die autonome Szene sah sich selbst als Ziel einer außergewöhnlichen Provokation - die Machtfrage war gestellt worden. Da die Ereignisse in der Nacht zum 1. Mai zu einer breiten Resonanz in den Medien und erheblichen Kritik an der "Roten Flora" in der öffentlichen Diskussion geführt hatten, stand diesmal auch die Presse im Kreuzfeuer autonomer Kritik. 120 Mit der Schlagzeile "Springer/CDU hetzen, Nazis marschieren - Naziaufmarsch am 4.6.2000 verhindern" rief das Flora-Plenum im Internet zur Teilnahme an der Demo auf. "Stört die öffentliche Ordnung, wo ihr sie trefft! Finger weg von der Roten Flora!" (Hervorh. n. i. O.). Unbekannte riefen per Flugblatt mit dem Emblem der "Antifaschistischen Aktion" und der Überschrift "Den Nazis keine Schanze!" zur Teilnahme an Aktionen auf, die den rechtsextremistisch motivierten Aufzug verhindern sollten. "Nazi-Aufmarsch am 4. Juni angreifen! Leistet Widerstand!" (Hervorh. n. i. O.). Aus Plakaten mit Aufrufen zu Gegenaktionen stach eines im Stil der BILDZeitung hervor: Neben den üblichen formalen Angaben (Treffpunkt etc.) wurde auf eine "GROSSE SPERRMÜLL AKTION" hingewiesen. Alle Bürger sollten aufgrund eines Sperrmüll-Aktionstages in der Innenstadt Sperrmüll in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf die Straße stellen. Außerdem wurde auf einer in/out-Liste - aufgestellt von "NO NAZIS" - als "in" bezeichnet: "(...) Zwillen (...) Verkehrshindernisse (...) Nazis & Bullen verjagen (...) Knäste sprengen" (Hervorh. n. i. O.). Zudem forderte ein InfoTelefon der autonomen Szene, den Aufmarsch "mit allen Mitteln" zu verhindern. Über "geplante antifaschistische Gegenaktivitäten" würde noch informiert werden. Die Demonstrationen (etwa 2.000 Gegendemonstranten; die Zahl der Linksextremisten ist nicht bekannt) fanden aufgrund behördlicher Auflagen letztlich in Wandsbek statt - nennenswerte Ausschreitungen unterblieben angesichts starker Polizeikräfte. 121 Am 01.07.2000 griffen Angehörige des linksextremistischen Spektrums einen Infostand der NPD in Hamburg-Altona an; sie drängten die Betreiber ab und verwüsteten den Stand mit seinen Materialien komplett. Die Polizei konnte weitere Ausschreitungen verhindern. Eine Reaktion der NPD ließ nicht lange auf sich warten. Für den 08. Juli wurde eine Demonstration durch Altona angemeldet und zumindest teilweise durchgeführt. Gruppen von insgesamt 400 - 500 Personen (darunter viele Anwohner) blockierten den Aufmarsch so, dass er nur verkürzt stattfinden konnte. Direkte Auseinandersetzungen zwischen den Teilnehmern beider Demonstrationsblökke verhinderte die Polizei u.a. durch den Einsatz von Wasserwerfern. Etwa 140 Personen wurden vorläufig festgenommen. Die Linksextremisten bewerteten ihre Gegenaktionen positiv, die gelungene Behinderung des Aufmarsches als Erfolg. Im Laufe des Jahres gewann das Thema Rechtsextremismus auch an Bedeutung für linksextremistische Organisationen, die sich nicht unter "Antifa"-Gruppen einreihen lassen. Ende September gab ein "seit längerem sporadisch agierender Kreis unterschiedlicher politischer Gruppierungen und Parteien" seine Gründung als "antifaschistisches Bündnis" in der Presse bekannt. "Vertreter der verschiedenen Organisationen" - u.a. aus der VVN, der DKP, der PDS und der "autonomen Antifa" - stimmten überein, dass nur eine kontinuierliche Zusammenarbeit Neonazikundgebungen in der Hansestadt auf Dauer verhindern könne. Dieser Kreis initiierte Anfang September unter dem Motto "Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen" eine "antifaschistische Veranstaltungsreihe", zu der auch Projekte der "AG Sputnik", der DKP, der "Hochschulantifa" und des "Antifa-Cafes" zählten. Im Programm gaben die Gruppierungen unter der Überschrift "Antifaschismus ist kein Sommerloch-Theater. Staatlichen Rassismus und faschistischen Terror bekämpfen!" an, mit diesen Aktivitäten "antifaschistisches Bewußtsein verbreiten zu wollen". Ein eindeutiges szenetypische Emblem in der Internetversion des Programms - ein mit Baseballschläger bewaffnetes Mädchen - unterstreicht diese Aufforderung. 122 Die Vielzahl rechtsextremistischer Demonstrationen an zahlreichen Orten der Bundesrepublik macht der autonomen Antifa zu schaffen: Nur noch selten gelingt es ihr, für eine Demonstration bundesweit erfolgreich zu mobilisieren. Wiederholt räumten Antifas ein, vom "Demonstrationstourismus" zermürbt zu werden. Überlegt wird daher, die bisherige Taktik zu ändern. Eine Idee ist, Rechtsextremisten durch Plakataktionen und Kundgebungen an ihren Wohnorten anzuprangern. In einigen Bundesländern nehmen direkte und gezielte Angriffe auf Rechtsextremisten durch Autonome zu; für Hamburg gilt dies bislang nicht. 4.3.3 Linksextremistische Einflussnahme auf die Anti-AkwBewegung Linksextremistische AKW-Gegner begreifen ihren Protest nicht nur als Kampf gegen die Atomtechnologie, sondern als Widerstand gegen die "herrschenden Verhältnisse". Erst die geltende Staatsund Gesellschaftsform ermögliche - so ihre Lesart - eine menschenfeindliche Technologie wie die Nutzung der Kernenergie. Mitte der Neunziger Jahre waren die - einmal jährlich stattfindenden - "Castor"-Transporte Angriffsziele für Proteste verschiedenster Aktionsformen gegen die Nutzung der Kernenergie. Wie schon 1999 gab es auch im Jahr 2000 keinen Transport, auf den die extremistisch beeinflusste Anti-AKW-Szene mit allen aus den VorjahNeu gebaut für" Castor"-Transporte: Die ren bekannten Mitteln Seerauer Brücke im Wendland hätte reagieren können. Deshalb wurde das erprobte Instrumentarium im "Kampf gegen den Atomstaat" wie bloße Agitation, einfache Sachbeschädigungen bis hin zu Anschlägen und gewalttätigen Ausschreitungen im Jahr 2000 nur sporadisch eingesetzt. So be123 kannte sich beispielsweise ein "Club der toten Gleise" zu einer Beschädigung des zum AKW Biblis führenden Gleiskörpers am 17. Februar. In der Nähe von Karlsruhe stoppten Castorgegner am 5. Oktober mit Notsignalen einen Personenzug. Im Herbst verdichteten sich Gerüchte um einen anstehenden Castortransport und versetzten die Szene in Alarmbereitschaft. Ein Abtransport von abgebrannten Kernelementen aus dem AKW Philipsburg in die Wiederaufbereitungsanlage nach La Hague, Frankreich, wurde für den 18.10.2000 vermutet. Deswegen mobilisierte das Spektrum für den 15.10. zu einer Kundgebung vor dem AKW. Die Polizei konnte verhindern, dass sich der Protest vor Ort als Widerstands-Camp festsetzen konnte. Für militante AKW-Gegner war dies offenbar Anlass, am 19.10.2000 in Frankfurt a.M. ein Baufahrzeug der Deutschen Bahn AG in Brand zu setzen. So konkret wurde der Widerstand in Hamburg nicht. Hier hat sich die AntiAKW-Szene auf das AKW Stade konzentriert. Gerüchte um einen CastorTransport aus diesem Meiler im November lösten zunächst Überlegungen aus, diesen zu verhindern. Damit befassten sich einige gut besuchte Informationsund Mobilisierungsveranstaltungen in der "Roten Flora" (Ü 4.2). Kurz vor dem vermuteten Termin wurde jedoch klar, dass man einer Fehleinschätzung aufgesessen war. Somit gab es lediglich eine Demonstration am 12. November in Stade mit kleineren Rangeleien zwischen AKWGegnern und der Polizei. Zu militanten Aktionen kam es wegen des ausgebliebenen Castortransports nicht. Bei der Organisation des Widerstandes unterhalb dieser Schwelle hatten die linksextremistischen Hamburger Gruppierungen "Anti-Atom-Büro" und die "Anti-AKW-Gruppe 'Rote Flora'' einen nicht unbedeutenden Anteil. Das Anti-AKW-Spektrum agitierte auch gegen die bei der Hannoveraner EXPO propagierten neuen Konzepte zur Nutzung der Atomenergie - konkrete Protestaktionen blieben jedoch aus. Relativ gut besuchte Informationsabende wie auch die rege Teilnahme an einigen Anti-AKWDemonstrationen an verschiedenen Standorten zeigen, dass das Protestpotential nicht übereinstimmt mit dem Ausstiegskonsens zwischen Bundesregierung und Atomindustrie. Vielmehr sind die extremistischen Protestler bereit, ihren Kampf unvermindert fortzusetzen. 124 4.3.4 Anti-Expo-Widerstand Linksextremistische Gegner der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover begründeten ihren Widerstand gegen das Großereignis mit einer umfassenden Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Die herrschenden Unterdrückungsmechanismen in Gestalt des Kapitalismus, Patriarchats und Rassismus hätten sich in der Expo manifestiert. Außerdem habe die Weltausstellung eine menschenfeindliche Technologiegläubigkeit propagiert. Ein Protestpapier aus dem Widerstandsspektrum meint hierzu u.a.: "Die Expo bietet aus dem Blickwinkel jeder einzelnen 'Teilbereichsbewegung' und auf Grundlage der jeweiligen politischen Arbeit genügend Ansätze für Kritik. Wenn es uns gelingt, dass sich diese verschiedenen Blickwinkel ergänzen und damit eine gemeinsame Kritik an den bestehenden Herrschaftsverhältnissen insgesamt sichtbar wird, haben wir schon viel erreicht, das auch über die Expo hinaus Bestand haben kann. Setzen wir dem Einheitsdenken des Systems die Vielfalt unseres Widerstands entgegen". Nie hat eine Kampagne der autonom / linksextremistischen Szene zu einem einzelnen Ereignis so lange angehalten wie die gegen die Expo. Schon Anfang der Neunziger Jahre formierte sich in Hannover erster Widerstand, der auch auf militante Aktionsformen zurückgriff. So wurden Baufahrzeuge in Brand gesetzt und einige Expo-Funktionäre körperlich angegriffen. Nachdem der Widerstand im Wesentlichen zunächst auf die Region Hannover begrenzt blieb, fand 1998 eine bundesweite Ausdehnung statt, die auch Hamburg erreichte. Hier hatten sich einige Gruppierungen aus dem linksextremistischen Spektrum der Thematik angenommen und in der 125 Szene für den Expo-Widerstand geworben. Eine Resonanz hierauf war jedoch erst einige Monate vor Expo-Beginn zu verzeichnen. Im Autonomenzentrum "Rote Flora" sowie im anarchistischen "Libertären Zentrum" fanden themenbezogene Informationsund Mobilisierungsveranstaltungen statt. Zu diesem Zeitpunkt griff die militante "Autonome Zelle 'in Gedenken an Ulrike Meinhof'" die ExpoThematik auf und versuchte sich - erfolglos - daran, am 22. März bei einer Filiale der Deutschen Bank in Norderstedt die Scheiben einzuwerfen. Einige Tage zuvor hatte die Zelle AntiExpo-Transparente an einer Autobahnbrücke der A 7 bei Hasloh angebracht. Höhepunkt des ExpoWiderstandes sollte - Planungen des Spektrums zufolge - eine Aktionswoche werden, die am 27. Mai in Hannover mit einer Demonstration begann. An ihr nahmen trotz bundesweiter Mobilisierung nur gut 1.000 Personen aus dem autonomen, anarchistischen sowie dem orthodox / kommunistischen Spektrum teil. Den Expo-Start am 1. Juni wollte man die Eröffnung nach Möglichkeit mit dezentralen Aktionen verhindern, zumindest nachhaltig stören. Die Parole "London - Seattle.... und jetzt Hannover!!!" verdeutlichte den hohen Anspruch an das eigene Aktionsund Mobilisierungsvermögen: In Seattle war es am 30.11.1999 zu massiven Störaktionen anlässlich einer Tagung der World Trade Organization (WTO) gekommen. Zwar griffen militante Expo-Gegner zu Beginn der Weltausstellung auf eine Reihe bewährter Protestformen zurück: Beispielsweise Blockaden von Straßen und Schienenwegen z.T. mit brennenden Barrikaden, Sabotage an Fahrkartenautomaten und am Verkehrsleitsystem, Zerstören von Gen126 Versuchsfeldern sowie das Einhängen von Hakenkrallen in Oberleitungen. Nachhaltige Störungen, die den Beginn der Expo ernsthaft in Frage gestellt hätten, traten jedoch nicht ein. Im Nachhinein hat man das Scheitern des eigenen Widerstandskonzepts damit zu relativieren versucht, dass der prognostizierte Besucherstrom am Eröffnungstag ausgeblieben war und die Blockadeund Sabotageaktionen somit ins Leere laufen mussten. Es gab eine kurze Phase szeneinterner Diskussionen mit z.T. gegenseitigen Schuldzuweisungen über die möglichen Gründe des Versagens. Bis zum Ende der Expo am 31.10.2000 waren keine nennenswerten Störaktionen mehr zu verzeichnen. Ein Teil des Spektrums konzentrierte sich dann auf den anstehenden Gipfel von IWF und Weltbank in Prag, wo es zu weiteren Protestaktionen kommen sollte. 127 5. Orthodoxe Kommunisten und andere revolutionäre Marxisten 5.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld Die DKP bleibt ihrem Selbstverständnis nach die "revolutionäre" Partei der Arbeiterklasse. Theoretische Grundlage ihres politischen Wirkens ist die "wissenschaftliche" Weltanschauung von Marx, Engels und Lenin. Der von ihr angestrebte "Sozialismus / Kommunismus" könne nicht das Produkt einer Summe von Reformen sein, sondern sei nur durch einen revolutionären Bruch mit den derzeitigen Verhältnissen ("Überwindung des Kapitalismus") zu erreichen. Die Partei räumt ein, noch keinen Weg gefunden zu haben, um ihr Ziel zu realisieren. Sie hält einen wirkungsvollen außerparlamentarischen Kampf für notwendig, der über einen längeren Zeitraum durchgehalten werden müsse. Ritualisierung und Erstarrung verhindern weiterhin eine politische Außenwirkung der DKP. Die Einkapselung trägt andererseits zur inneren Stabilität und Immunisierung gegen Veränderungen in der Gesellschaft bei, denen sich die alten Kader nicht mehr stellen wollen. Von den 47 Leitungskadern auf Bundesebene gehören 13 der DKP seit ihrer Konstituierung 1968 an. Diese Personengruppe dürfte insgesamt über einen Vorlauf in der illegalen KPD verfügen. Die Mitgliederzahl der Organisation liegt bei 4.500 (1999: über 5.000) . Diese - schon 1999 registrierte - rückläufige Tendenz wurde von der DKP nach dem Mitgliedsbuchumtausch im Vorfeld des 15. Parteitages bestätigt. Dieser Parteitag (vom 2. bis 4. Juni in Duisburg-Rheinhausen / NRW) mit Gästen u.a. aus SDAJ, VVN-BdA, KPF der PDS sowie informellen Mitarbeitern (IM, "Kundschafter für den Frieden") des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der früheren DDR sah für die DKP keine Alternative zu 128 ihrer Orientierung auf die Arbeiterklasse. Er geißelte die sozialpartnerschaftliche Kompromissbereitschaft der Gewerkschaften, weil dies zu ihrer umfassenden Niederlage führe. Mit großer Mehrheit beschloss der Parteitag den Leitantrag des Parteivorstandes "Die DKP - Partei der Arbeiterklasse - Ihr politischer Platz heute" und eine "Handlungsorientierung 2000" unter dem Tenor "Widerstand gegen Kriegspolitik - Sozialund Demokratieabbau". Auch wurde ein weiteres Solidaritätsprojekt mit dem kommunistischen Kuba verabschiedet, das für die DKP Symbol des Widerstandes gegen den "Imperialismus" ist. Heinz STEHR (Elmshorn) wurde als Vorsitzender wiedergewählt. Von den 36 Parteivorstandsangehörigen kommen 5 aus Hamburg , darunter der Bezirksvorsitzende Olaf HARMS. Damit stellt die Hamburger Bezirksorganisation zwei weitere Vorstandsmitglieder. Nach Parteiangaben waren von den 207 Parteitagsdelegierten 53 (25,6%) Angehörige der VVN-BdA , 25 (12%) SDAJund AMSMitglieder. Nur 13% waren der Partei zufolge Arbeiter und 47% Angestellte. Die Mandatsprüfungskommission bemängelte, dass trotz der Verankerung vieler Delegierter in Gewerkschaften und Betrieben die Einbindung in Betriebsgruppen oder Betriebsaktive fehle. Eines der zentralen bundesweiten Aktionsfelder der DKP ist der "antifaschistische Kampf". Weil die eigenen Potenzen nicht ausreichen, geht es der DKP darum, "breite gesellschaftliche Bündnisse" zu schließen und in ihnen für einen "antifaschistischen Konsens" einzutreten. Wie der stellvertretende DKP-Vorsitzende Rolf PRIEMER dazu ausführte, dürfe bei der Diskussion über Faschismus nicht über den Kapitalismus geschwiegen werden; er behauptete, dass die Grundtendenz der Aussage richtig sei, Kapitalismus führe zu Faschismus. PRIEMER belegte die Instrumentalisierung dieses Themas auch durch die DKP mit der Aussage, ".... politisch langfristige Strategie antifaschistischer Politik muss das Ziel verfolgen, das Kräfteverhältnis im jeweiligen Land und in der Welt zu ändern..." Vor diesem Hintergrund rief die DKP zur Teilnahme an einer bundesweit beachteten Demonstration in Berlin am 9. November "Gegen Rassismus, Antisemitismus und braune Gewalttäter" auf. Die Hamburger DKP-Bezirksorganisation hat ihren Sitz im "Magda-ThüreyZentrum" (MTZ in Hamburg-Eimsbüttel), das zugleich Sitz der SDAJ und AMS ist. Auch die DKP in Hamburg musste Verluste hinnehmen: Die Zahl ihrer Mitglieder liegt jetzt bei 300 (1999: < 360). Die Bezirksmitgliederversammlung vom 08. bis 09. April 2000 bestätigte den Bezirksvorsitzenden Olaf HARMS in seiner Funktion und vollzog die 129 seit Jahren angestrebte Neuorganisation: Bis auf den Kreis Wandsbek sind nun alle anderen Hamburger DKP-Kreisorganisationen aufgelöst. Die Partei verspricht sich davon eine Effizienzsteigerung. DKP-Mitglieder engagierten sich in verschiedenen "antifaschistischen" Zusammenhängen, so an der "Antifaschistischen Woche" im September und der traditionellen "Antikriegstag" - Veranstaltung am 1. September 2000. Diese fand nur geringe Resonanz. Bei allen Finanzproblemen ist es der DKP möglich, die 1969 zum Gedenken an den - im KZ Buchenwald ermordeten - KPD-Vorsitzenden eröffnete "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte" in der Tarpenbekstraße (Eppendorf) weiterhin, größtenteils ehrenamtlich, zu betreiben. Die Einrichtung zeigt propagandistische Filme und organisiert Vortragsund Diskussionsveranstaltungen. An dem Geburtsund Todestag THÄLMANNs finden Gedenkveranstaltungen statt. Die Besucherzahlen der Gedenkstätte sind seit der "Wende" stark rückläufig. Seien es zuvor jedes Jahr rd. 12.000, wären es 1999 nur noch 812 Besucher gewesen. Der Besucherrückgang bereitet den Betreibern Sorgen, dennoch denken sie nicht ans Aufgeben. Die 1996 gegründete Hamburger "Assoziation Marxistischer StudentInnen" (AMS) ist Bestandteil der 1997 bundesweit konstituierten Organisation. Sie ist die DKP-nahe "marxistische Studentenorganisation", teilt die ideologischen Wurzeln der DKP und setzt sich demzufolge für einen "revolutionären Bruch mit dieser menschenfeindlichen Gesellschaftsordnung, für den Sozialismus" ein. Das AMS-Bundestreffen vom 11. bis 13. Februar 2000 in Hamburg beschloss u.a. die Unterstützung der SDAJKampagne zur Solidarität mit der terroristischen kolumbianischen Guerillaorganisation FARC. In einem Grußschreiben an den 15. SDAJBundeskongress wünschte sich die AMS eine intensive Zusammenarbeit gegen einen gemeinsamen Gegner: "Die Kapitalistenklasse und ihren geschäftsführenden Ausschuss, den kapitalistischen Staat". Das AMSBundesbüro befindet sich nun wieder im Hamburger DKP-Zentrum. Bei der Wahl des Studierendenparlaments im Januar 2000 an der Uni 130 Hamburg trat die Hamburger AMS erstmals allein an und erreichte wie zuvor in der Verbindung mit der DKP-nahen Gruppe "Junge Kommunisten" (JUKO) einen Sitz. Die AMS war einer der Aufrufer zu einer "Antifaschistischen Kundgebung gegen den Nazi-Aufmarsch" vom 03.09.2000. In einem dazu von einem AMS-Aktivisten zu verantwortenden Aufruf wird behauptet, dass die politisch Verantwortlichen in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Saat für Ausgrenzung, Intoleranz und Rassismus gesät hätten. "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ): Die Jugendorganisation der DKP wurde 1968 gegründet. Ihre programmatischen Kernsätze entsprechen denen der DKP. Der 15. SDAJ-Bundeskongress v. 29. bis 30.1.2000 diskutierte eine "Handlungsorientierung" und ein "Zukunftspapier" ("Die Zukunft muss sozialistisch sein - wir fordern mehr Rechte"). Beide sollen den Verband in den kommenden zwei Jahren nach innen und außen als Diskussionsgrundlage begleiten. Der neue Bundesvorsitzende Jürgen WANGLER löste Michael GÖTZE ab (Hamburg, DKP). Dem 20-köpfigen Bundesvorstand gehören drei Hamburger an. Schwerpunkte der SDAJ bleiben "Antimilitarismus" und Interessenvertretung im Schülerund Azubi-Bereich. Personell und organisatorisch habe sich der Verband in den letzten beiden Jahren stärken können. Der Kongress befasste sich auch mit konkreten Solidaritätsmaßnahmen für die terroristische kolumbianische FARC, die ebenfalls marxistischleninistisch ausgerichtet ist. Bei einem "Jugendpolitischen Ratschlag" während des DKP-Parteitags forderte ein Hamburger SDAJBundesvorstandsmitglied, dass die SDAJ in der Gewerkschaftsjugend ein "fortschrittliches" Bewusstsein durchzusetzen habe. Problematisch wäre, dass SDAJler zum großen Teil Schüler und Studenten seien. Kontakte in die Betriebe fehlten, weil die SDAJ seit 10 Jahren keine organisierte betriebliche und gewerkschaftliche Arbeit leiste. Sie müsse sich langfristig zu einem Verband entwickeln, der die Arbeiterjugend organisiere und wieder Betriebsgruppen aufbaue. 131 Während des traditionellen SDAJ-Pfingstcamps (9. bis 12. Juni in Ahaus / Nordrhein-Westfalen) gab es u.a. ein Demonstrationstraining; der Barrikadenbau und das Schießen mit sogenannten "Zwillen" wurden geübt, und der "Imperialismus zum Tode durch die proletarisch-sozialistische Revolution verurteilt". Die Hamburger SDAJ will "irgendwann das Endziel - die Revolution und den Kommunismus erreichen". Sie ist aktiv in "antifaschistische" Zusammenhänge eingebunden und kooperiert eng mit der AMS. Neben der Hamburger Stamm-Gruppe wurde in Harburg eine zweite gegründet. Dies deutet auf personelle Zuwächse vor allem im Süden Hamburgs hin. In diesem Jahr eröffnete die DKP-Jugendorganisation einen "SDAJ-Club" im Hamburger DKP-Zentrum. Die Hauptpublikation der Hamburger SDAJ heißt jetzt "Likedeeler". Daneben wurden Zeitungen zum Schulbeginn ("Rotstift") und Lehranfang herausgegeben. "Rotstift" geht auf die Sparmaßnahmen im Schulbereich ein und meint : "Es ist Zeit für eine neue große SchülerInnenbewegung". In der Hamburger Schülerkammer ist die SDAJ nach eigenen Angaben mit zwei Mitgliedern vertreten. "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten e.V." (VVN-BdA) : Die 1947 gegründete Organisation vertritt die kommunistische Faschismusanalyse, die den Kapitalismus als eigentlichen Urheber des Faschismus und zu bekämpfenden Gegner definiert. Die VVN-BdA wurde bis 1989 maßgeblich mit Geldern aus der DDR unterstützt. Die linksextremistisch dominierte VVN-BdA geriert sich in der Öffentlichkeit als demokratische Organisation. Aber nicht nur ideologische Entsprechungen, sondern auch personelle Überschneidungen zur DKP lassen erkennen, dass auf Bundesebene weiterhin insbesondere orthodoxkommunistischer Einfluss in nennenswertem Umfang besteht. Von den 132 Delegierten des 15. DKP-Parteitages im Juni waren nach DKP-Angaben gut ein Viertel zugleich VVN-BdA - Mitglieder (Ü DKP). Die VVN-BdA sieht keinerlei Veranlassung, sich von Kommunisten abzugrenzen, im Gegenteil: "Wir sind eine antifaschistische und keine antikommunistische Organisation", wurde ein Sprecher der VVN-BdA im DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) vom 16. Juni 2000 zitiert. Die UZ dokumentierte am 07.01.2000 einen Aufruf der VVN-BdA "Antifaschisten brauchen Unterstützung", der auf die Dringlichkeit des antifaschistischen Kampfes hinwies. Der Aufruf wandte sich an alle, die sich als Antifaschisten verstehen, vor allem an die Jugend, und forderte "Stärkt die Organisation des deutschen Widerstandes". Es würden neue Kräfte benötigt, die .... "eine antifaschistische Alternative aufzeigen". Über das Auftreten "ultrarechter und neofaschistischer Kräfte in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft" zeigt sich die Organisation entsetzt. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sei sie heute wieder bei den Aufgaben ihrer Gründerzeit angelangt: "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg! Entschädigung aller Opfer! Nichts und niemand ist vergessen!". Im Januar verbreitete der Bremer Landesverband auf seiner Internetseite "Toleranz gegenüber verschiedenen antifaschistischen Ansätzen und Konsequenz in der Sache sind unsere Stärke. Wir formieren uns nicht anhand des Trennenden, sondern des Gemeinsamen". Am 21. August 2000 gaben VVN-BdA und der mit ihr kooperierende "Verband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener - Bund der Antifaschisten" (VVdNBdA), der in den neuen Ländern agiert, in Berlin eine gemeinsame Pressekonferenz. Sie stellten eine "Initiative zur Unterstützung antirassistischer und antifaschistischer Arbeit vor Ort" vor. Ein VVN-BdA - Bundessprecher erklärte dabei, auch autonome Antifaschisten müssten in breite Bündnisse gegen Rechts einbezogen werden. Diese Aussagen bestätigen die Ausrichtung der VVN-BdA auf die Zusammenarbeit mit "autonomen Antifaschisten". Die Akzeptanz deren Handlungsrepertoires ist gewachsener Bestandteil der Bündnispolitik der VVN-BdA. In Hamburg gibt es bei "antifaschistischen" Demonstrationen mittlerweile eine offenbar reibungslose Zusammenarbeit. Die VVN-BdA hofft, die derzeitige öffentliche Aufmerksamkeit für den Rechtsextremismus nutzen zu können, um ihre gesellschaftliche Isolierung zu lockern. Dabei geht es ihr keineswegs ausschließlich um die Bekämp133 fung des Rechtsextremismus, sondern um eine Instrumentalisierung für eigene Ziele. Sie setzt dabei - wie vor 1989 - auf ein "antifaschistisches" Klima, in dem Linksextremisten als Bestandteil des Verfassungsbogens akzeptiert werden. Die Hamburger Gliederung hat jetzt weniger als 400 Mitglieder (1999 ca. 400). Der Landesvorstand wird zu 2/3 von Personen majorisiert, die DKPMitglieder sind oder waren. In vielfältiger Form engagierte sich die Hamburger VVN-BdA in "antifaschistischen Zusammenhängen" . Im Mai gehörte sie gemeinsam mit anderen Linksextremisten zu den Organisatoren einer "Harburger Woche gegen Rassismus und Faschismus". Über das "Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" (Hamburger Bündnis), das auch im Büro der Hamburger Organisation tagt, kooperiert sie mit autonomen Antifaschisten. Nachdem Linksextremisten - darunter Angehörige der VVN-BdA - bereits am 4. Oktober 2000 eine Informationsveranstaltung der von dem Amtsrichter SCHILL gegründeten Partei störten, plante das "Hamburger Bündnis" Störaktionen gegen diese unter dem Tenor "Weg mit der SchillPartei". Führender Organisator war dabei ein Mitglied des Landesvorstandes der Hamburger VVN-BdA. 5.2 Sonstige revolutionäre Marxisten Die Marxistische Gruppe (MG) besteht trotz ihres bislang nicht widerrufenen Auflösungsbeschlusses vom Mai 1991 bundesweit fort. Sie tritt in der Öffentlichkeit unter verschiedenen Tarnbezeichnungen auf: In Hamburg unter "Redaktion Gegenstandpunkt" - benannt nach der seit 1992 erscheinenden gleichnamigen Vierteljahreszeitschrift der Organisation - oder "Gruppe Kritik und Diskussion" (K&D), teilweise in Zusammenarbeit mit der Gruppe "Arbeitslose Akademiker / Nachwuchsorganisation" (AA/NO). Bei diesen öffentlichen Veranstaltungen, die überwiegend in der Altonaer "Werkstatt 3" ( "W 3") stattfinden, referieren Personen, die schon vor der Scheinauflösung Funktionäre der Gruppe waren. Die personelle Struktur der Gruppe weist eine große Kontinuität und Stabilität auf und strebt Zuwächse an. 134 Insbesondere wird in Hamburg versucht, die eigene - staatsferne - Ideologie (Ablehnung der "kapitalistischen Weltordnung") in die "autonome" Szene zu tragen, um dort für die eigene Sichtweise zu werben und Anhänger zu rekrutieren. So fanden wiederholt Veranstaltungen in der "Roten Flora" statt, ohne jedoch in diesem Potenzial Boden zu gewinnen. In den Strukturen des Hamburger "Freien Sender Kombinats" (FSK), Schulterblatt, konnte die MG mit Unterstützung der Redaktion "Gegenstandpunkt" zwischenzeitlich Fuß fassen. Nachdem dies von anderen FSKBeteiligten bemerkt worden war, gab es ein über das FSK-Organ "transmitter" in die Öffentlichkeit getragene kritische Auseinandersetzung. In der Februar-Ausgabe der Publikation hieß es dazu : "Was ist bitte in alte Genossen gefahren, durchgeknallte Macker wie die Apparatschiks ohne Apparat von der alten MG ins Projekt zu schleusen? Seit wann ist FSK ein Speakers Corner für wahnsinnige Sekten?". Die MG ist weiterhin mit ihren Beiträgen in der Sendereihe "Der Schwarze Kanal" montags und dienstags präsent und behandelt überwiegend Themen, die auch im "Gegenstandpunkt" publiziert werden. Einem MGInternetbeitrag zufolge sei die Namensgebung der Sendereihe keine DDRNostalgie, zumal man einigen Respekt vor Karl-Eduard von Schnitzler und seiner Sendung im leider längst zum Schweigen gebrachten DDRFernsehen habe. In dieser Tradition richte man "die Waffe der Kritik auf das, was die moderne Medienwelt an Lügen und Verblödungen" präsentiere, aktuell oder grundsätzlich. Die "Kommunistische Plattform" (KPF) innerhalb der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) ist nach wie vor ein Sammelbecken ewiggestriger Kommunisten. KPF-Angehörige eint die Vorstellung, das bestehende Gesellschaftssystem Deutschlands zu überwinden. Sie hängen der untergegangenen DDR als dem "besseren Deutschland" nostalgisch nach. Schon anlässlich ihrer Gründung betonte die KPF: "Die revolutionäre Arbeiterbewegung mit dem wissenschaftlichen Kommunismus, mit dem MarxismusLeninismus, zu verbinden, aufgrund der marxistischleninistischen Analyse der realen Gesellschaftsentwicklung und Politik zu organisieren - ist die vornehmste Aufgabe der Kommunisten, und sie bleibt es". ("Thesen zum inhaltlichen Selbstverständnis der Kommunistischen Plattform in der SED,PDS", 1989) 135 An diesem Selbstverständnis hat sich bis heute nichts verändert. 1997 erklärte ein Mitglied des Sprecherrates der KPF zur Systemfrage: "Also, das System muss geändert werden, nicht nur KOHL muss weg. Es ist vonnöten, denn mit diesem System kann es keinen Frieden geben. Jede Kraft, die über Reformen hinaus konsequent eine neue Gesellschaftsordnung anstrebt, wird den Herrschenden ein Gegner sein. Die zentrale Frage ist und bleibt: WIDERSTAND !" (aus "Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS" Nr. 3/97, Hervorhebung im Original) Aufgrund eines heftigen Flügelkampfes innerhalb des Hamburger PDSVerbandes versuchte die KPF, nicht zwischen die ideologischen Fronten zu geraten und trat im Berichtsjahr somit nach außen kaum auf. Vereinzelt beteiligte sich die KPF an "antifaschistischen" Aktionen. Im März 2000 äußerte ihre Landessprecherin, dass die KPF im Bereich des Antifaschismus keine Probleme mit der Zusammenarbeit mit Autonomen habe. Im Juni 2000 beteiligte sich die Hamburger KPF in Berlin zusammen mit der DKP an einem internationalen "Tribunal über den Nato-Krieg gegen Jugoslawien". Auf dieser Veranstaltung wurden Angehörige der Bundesregierung für "schuldig" befunden, Straftaten gegen das Völkerrecht und Kriegsverbrechen begangen zu haben. 136 IV. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Tendenzen, Themen und Aktivitäten Der Verfassungsschutz beobachtet auch Zusammenschlüsse von Ausländern in der Bundesrepublik, bei denen Anhaltspunkte für den Verdacht auf Bestrebungen im Sinne seines gesetzlichen Auftrages bestehen. Die extremistischen Ausländerorganisationen haben in Hamburg insgesamt etwa 2.450 Anhänger. Gemessen an der Gesamtzahl der in Hamburg lebenden Ausländer 273.086 (Stand 31.12.99) sind das weniger als ein Prozent. Linksextremistische türkische Gruppen streben einen revolutionären Umsturz in der Türkei an, um dort ein kommunistisches Herrschaftssystems zu errichten. Akute Gefahren für die innere Sicherheit in Deutschland gehen von ihnen derzeit nicht aus, weil ihnen in letzter Zeit keine schweren Gewalttaten zuzurechnen sind. Selbst in angespannten Situationen - wie z.B. während der Hungerstreikaktionen in türkischen Gefängnissen und bei ihrem blutigen Ausgang zum Jahresende 2000 - wurde politischen Kampagnen und demonstrativen Aktionen der Vorzug gegeben. Ob hierfür organisatorische Schwäche oder taktische Überlegung maßgebend waren, wurde nicht immer deutlich. Eine wichtige Aufgabe sehen diese Gruppen darin, ihre Heimatorganisationen durch Propaganda und Geldsammlungen im politischen und terroristischen Kampf zu unterstützen. Die PKK hatte im April 1996 erklärt, in Deutschland auf Gewaltanwendung zu verzichten. Allerdings waren ihr im Februar 1999 (Ergreifung ÖCALANs) und Juli 1999 (nach dem 29.06.99 / Todesurteil gegen ÖCALAN ) schwere Gewalttaten zuzurechnen. Nach wie vor werden in Deutschland beträchtliche Geldmittel aufgebracht: sie sollen für den politischen Kampf in 137 der Türkei, aber auch für das Aufrechterhalten einer Guerilla verwendet werden. Weiterhin werden Jugendliche zur Ausbildung für den Kampf mit der Waffe rekrutiert und der innere Zusammenhalt der Partei notfalls mit Todesdrohungen durchgesetzt. Die höchsten Anhängerzahlen der extremistischen Ausländerorganisationen haben die islamistischen Gruppierungen. Sie vertreten einen "politischen Islam", der ihnen als allumfassende Lebensund Gesellschaftsform gilt. Während unter den türkischen Gruppierungen der "Kalifatsstaat" (Ü 4.3.2) unverhüllt gegen freiheitliche und demokratische Prinzipien unserer Gesellschaftsordnung Position bezieht, betont die größte islamistische Organisation IGMG (Ü 4.3.1) ihre Bereitschaft, sich verfassungskonform und gesetzestreu zu verhalten. Jedoch widerspricht ihre Ablehnung der laizistisch-demokratischen Verfassung in der Türkei und ihr Eintreten für das uneingeschränkte Durchsetzen islamischer Regeln in allen Lebensbereichen dem verbalen Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung . Auch islamische Extremisten anderer Herkunftsländer (arabischer Raum und Iran) sind in Deutschland vertreten - durchweg in Kleingruppen und als Einzelpersonen. Sie verhalten sich in der Öffentlichkeit zumeist unauffällig und bleiben unter sich. Zwar sind ihnen in Deutschland seit Jahren keine Gewalttaten zuzurechnen, als Anhänger im Ausland terroristisch agierender Organisationen haben sie aber für deren Logistik und Sympathiewerbung Bedeutung. Es bleibt daher eine wichtige Aufgabe des Verfassungsschutzes, sie im Auge zu behalten. Im Jahr 2000 protestierten iranische Oppositionelle gegen den Deutschland-Besuch des iranischen Präsidenten KHATAMI und bei Veranstaltungen ihnen missliebiger Journalisten. Extremistische Kosovo-Albaner hatten sich seit dem Ende des Krieges im ehemaligen Jugoslawien und der Demilitarisierung der UCK ((KosovoBefreiungsarmee) bis Ende 1999 nach und nach weitgehend von politischen Aktivitäten zurückgezogen. Sie spielen in Hamburg keine Rolle mehr in der extremistischen Ausländerszene. 138 1.2 Organisationen und Potentiale Das Potential der in DeutschBundesebene: Personenpotentiale land vertretenen ausländiim Ausländerextremismus schen extremistischen Organisationen (einschließlich 2000 58800 verbotener Organisationen) 1999 59700 hat sich von 59.700 (1999) auf 58.800 Mitglieder/ An1998 59100 hänger im Jahr 2000 verrin1997 58200 gert. 1996 57300 Untergliedert nach ideologischen Standorten wurden 1995 55500 im Jahr 2000 etwa 18.600 1994 47050 Personen linksextremistischen Organisationen (1999: 1993 39950 19.950), 8.750 Personen 1992 39800 extrem-nationalistischen Organisationen (1999: 8.800) 1991 42980 und 31.450 Personen 1990 49350 (1999: 31.350) islamischextremistischen Organisationen zugerechnet. Darin sind die Anhänger verbotener Organisationen mitgezählt. Zahlenverhältnisse nach Staats-/Volkszugehörigkeit und Zielrichtungen auf Bundesebene Staats-/ linksextremistisch extremIslamistisch Volkszugenationalistisch hörigkeit 2000 1999 2000 1999 2000 1999 Kurden 12.400 12.400 (davon PKK) (12.000) (12.000 ) Türken 4.250 4.850 7.800 7.800 28.150 28.150 Araber 150 150 3.100 2.950 Iraner 900 900 100 150 Sonstige 900 1.250 950 1.000 100 100 Gesamt 18.600 19.550 8.750 8.800 31.450 31.350 139 Diese Zahlen allein und ihre Veränderungen gegenüber dem Vorjahr geben noch keinen Aufschluss über die Gefahren, die von den einzelnen Spektren bzw. deren Gruppierungen für die innere Sicherheit Deutschlands ausgehen können. Der überwiegende Teil (ca 40.200 Personen, d. h. rund 68%) dieses extremistischen Personenpotentials entfiel auf türkische Volksangehörige. Die zweitgrößte Volksgruppe ausländischer Extremisten bildeten mit 21,1 % Personen kurdischer Herkunft, darin sind PKK-Anhänger mit einer auf 12.000 geschätzten Zahl enthalten. Es folgten mit weitem Abstand Araber (5,5%), Iraner (1,7%) und sonstige Nationalitäten/Volkszugehörigkeiten (3,3 %). Hamburg: Das heute etwa Hamburg: Personenpotentiale 2.450 Personen (1999: im Ausländerextremismus 2.750) umfassende Gesamtpotential der Anhän2000 2450 ger ausländischer politischextremistischer Gruppierungen hat sich gegenüber 1999 um etwa 11 % ver1999 2750 ringert, bedingt durch die Auflösung einzelner Kleingruppen und einen deutli1998 2700 chen Rückgang bei den Anhängern türkischer Nationalisten. 1997 2800 Die Anhängerschaft der PKK ist mit rund 700 un1996 2260 verändert geblieben. Das Spektrum von etwa 1.480 Anhängern türkischer Extremistenorganisationen verteilte sich auf ca. 160 in linksextremistischen, rund 300 in extrem-nationalistischen Organisationen und auf geschätzte 1.020 Personen in Gruppierungen islamisch-extremistischer Ausrichtung. Neben türkischen und kurdischen Extremisten sind in Hamburg etwa 270 Iraner, Araber sowie Personen anderer Nationalitäten/Volksgruppen als Anhänger extremistischer Gruppierungen bekannt, die zum Teil wegen fehlender örtlicher Strukturen organisatorisch nicht fest eingebunden sind. 140 2. Strafund Gewalttaten im Ausländerextremismus / Statistik Die Zahlen für die Bundesebene Bundesebene: Gewalttaten / Straftaten basieren auf Angaben des Bundesinsgesamt mit ausländerextremistischem kriminalamtes (BKA) - für HamHintergrund burg auf Angaben des Landeskriminalamtes (LKA). Im Jahr 2000 Gewalttaten 2536 2536 wurden bundesweit insgesamt Straftaten 791 (1999: 2.536) Straftaten mit insgesamt erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund erfasst, darunter 116 1608 (1999: 391) Gewalttaten. Daraus ergibt sich gegenüber 1999 ein Rückgang der Straftaten um insgesamt 68,8 % sowie ein Rück791 gang der Gewalttaten um 70,3 %. 391 Bundesebene: Schwere Gewalttaten mit 314 258 116 ausländerextremistischem Hinter grund 1997 1998 1999 2000 190 Nachdem noch im Vergleich 1998/ 1999 ein deutlicher Anstieg im Bereich schwerer Gewalttaten (Tö124 tungsdelikte, Spreng112 stoffanschläge, Brandstiftungen) zu verzeichnen war, ging die Zahl von 112 (1999), auf neun im Jahr 66 76 2000 zurück. Die Zahl der nicht als 53 Gewaltdelikte eingestuften Straftaten (darunter insbesondere Verstöße 29 30 13 9 gegen das Vereinsund Versammlungsgesetz sowie Sachbeschädi1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 gungen und Nötigungen/Bedrohungen) sank von 2.145 auf 675. 141 Der damalige Anstieg der Gewalttaten ging fast ausschließlich auf das Konto von Anhängern der PKK , die damit auf die Festnahme und das Todesurteil gegen ihren Generalvorsitzenden ÖCALAN reagierten. Nachdem 1999 in Hamburg noch 166 Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund registriert wurden, sank die Zahl im Jahr 2000 - stärker als im bundesweiten Trend - um 137 auf 29 (- 82,5 %). Auch die darin enthaltene Zahl der Gewalttaten hat sich gegenüber den beiden Vorjahren ( 1998: 23, 1999: 42) verringert. Sie ging um 83 % auf sieben Delikte zurück. Wie 1999 wurde in Hamburg auch im Jahr 2000 ein BrandHamburg: Gewalttaten/ Straftaten insgesamt anschlag vermutlich ausländimit ausländerextremistischem Hinter grund scher Extremisten gemeldet. Während 1999 eine versuchte Gewalttaten Tötung registriert wurde, ist 167 166 es im Jahr 2000 zu einem vollStraftaten endeten Tötungsdelikt geinsgesamt kommen sowie zu einem zweiten Vorfall mit Körperverletzung. In beiden Fällen 105 102 liegen Anhaltspunkte für den Verdacht auf einen PKKHintergrund vor. Auch die 1999 insgesamt 26 Fälle von Landfriedensbruch 42 42 (2000 - ein Vorfall) gingen 30 29 23 auf die PKK zurück. Es wur- 7 den drei Fälle von Erpressung / räuberischer Erpres1996 1997 1998 1999 2000 sung registriert (Vorjahr: fünf Fälle). Die Bedrohung durch politisch motivierte Ausländerkriminalität - misst man sie an den vorliegenden Zahlen - ist vordergründig erheblich geringer geworden. Allerdings ist die Dunkelziffer bei nicht angezeigten Straftaten und bei Delikten, für deren politischen Hintergrund keine Hinweise vorliegen ( z.B. Erpressen von "Spenden", Schleusungen, Urkundenfälschungen, organisationsinterne Bestrafungen), hoch. 142 3. Kurden / Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 3.1 Allgemeines Die Heimat der Kurden befindet sich im Grenzgebiet zwischen der Türkei, dem Irak, dem Iran sowie Syrien und Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Von den etwa 25 Millionen Kurden lebt etwa die Hälfte auf dem Territorium der Türkei. In der Bundesrepublik Deutschland befindet sich eine kurdische Minderheit in einer Größenordnung von etwa 500.000 Menschen (davon in Hamburg: bis zu 28.000). Traditionell gliedert sich die kurdische Gesellschaft in Familienund Clanstrukturen. Dies prägt auch die Lebensweise der Kurden in Westeuropa. In der Türkei wurden den Kurden seit jeher Autonomie und kulturelle Eigenständigkeit verwehrt. 3.2 Geschichte der PKK Die am 27.11.1978 in der Türkei gegründete PKK ("Partiya Karkeren Kurdistan") wird bis heute von ihrem Begründer und "Generalvorsitzenden" Abdullah ÖCALAN geführt. Sie begann 1984 mit Hilfe ihres bewaffneten Arms, der "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK), einen revolutionären Guerilla-Kampf gegen den türkischen Staat. Der militärische Konflikt in Ostanatolien hat nach Schätzungen bisher über 30.000 Menschenleben gefordert. Zahlreiche Dörfer wurden geräumt und zerstört, über weite Teile Ostanatoliens der Ausnahmezustand verhängt. Zahlreiche Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Auf Befehl ÖCALANS zogen sich Ende 1999 - wohl auch, weil militärisch stark geschwächt - Guerilla-Einheiten der PKK aus der Türkei zurück. ÖCALANs Absage an den bewaffneten Kampf ging einher mit der Ankündigung einer Wandlung der Organisation zu einer "demokratisch-politischen Bewegung" unter Verzicht auf die Forderung nach einem Staat "Kurdistan". Die PKK hat nach wie vor ein diffuses Ideologiegebäude. Ihr Programm ist auch nach der "Reform" im Jahr 2000 eine Mischung aus sozialistischem und nationalistischem Gedankengut - nur nach außen präsentiert sich die PKK heute als basisdemokratische Organisation. Innerorganisatorisch ist sie eine gut organisierte, nach dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus" straff geführte, von ihrem Ursprung her marxistisch-leninistische Kaderpartei geblieben. Sie versteht sich bis heute als "Avantgarde der kurdischen Nationalbewegung"; insoweit beansprucht sie auch weiter das 143 Alleinvertretungsrecht der kurdischen Gemeinschaft für sich und unterdrückt Meinungspluralismus. Im Oktober 1998 verließ Abdullah ÖCALAN nach jahrelanger Duldung Syrien, bis er schließlich - nach mehrmonatiger Odyssee - in Nairobi / Kenia von einem Kommando türkischer Sicherheitskräfte in die Türkei verbracht wurde. Er - bis heute auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftiert - wurde am 29.06.1999 von einem türkischen Staatssicherheitsgericht wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Die Parteiführung hat ein Präsidialrat übernommen, dem u.a. der ÖCALAN-Bruder Osman und andere hochrangige PKK-Funktionäre angehören. In Europa ist die PKK seit etwa 1980 aktiv. Bundesweit betrug die Zahl ihrer Anhänger Ende 2000 etwa 12.000 Personen - in Hamburg blieb die Zahl auch im vergangenen Jahr bei etwa 700 Anhängern stabil. Ihre Parteiarbeit in Westeuropa organisiert die PKK über die "Nationale Befreiungsfront" (ERNK), die im Frühjahr 2000 in "Kurdische demokratische Volksunion" (YDK) umbenannt wurde. Dem europäischen Arm kommen bis heute verschiedene zentrale Funktionen zu: Mit Hilfe verschiedener Propagandaeinrichtungen wie beispielsweise dem grenzüberschreitend ausstrahlenden Fernsehsender MEDYA-TV, Printmedien wie SERXWEBUN (Unabhängigkeit), ÖZGÜR POLITIKA und "Kurdistan-Report" sowie einer umfassenden Internetpräsenz wird die PKK agitatorisch von Europa aus unterstützt. Zweite wesentliche Aufgabe in Europa ist die Finanzierung des Parteiapparates, z.B. durch Beiträge und Spenden hier lebender Anhänger, den Verkauf von Publikationen, z.T. unter Repressionen erhobene "Spenden", den Betrieb organisationseigener Firmen sowie Abschöpfungen aus dem Gewinn aus dem organisierten Handel mit Betäubungsmitteln. Über ihre Einrichtungen in Europa - u.a. Vereine - ist sie zudem bemüht, die in der Diaspora lebenden Kurden zu organisieren. Dabei zielen ihre Bemühungen insbesondere auf Frauen, Jugendliche und die Angehörigen verschiedener Glaubensrichtu ngen. 144 Um die "Kurdenproblematik" im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, entwikkelte die PKK in Deutschland einen teilweise durch militante Gewalt geprägten Aktionismus. Einen Höhepunkt bildeten 1993 zwei umfangreiche Serien von Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen. Am 26.11.93 erließ der Bundesinnenminister Verbote gegen die PKK, die ERNK und andere Nebenorganisationen. Diese Verbote wurden fortgesetzt missachtet. Die Organisation reagierte mit umfangreichen Umstrukturieungen und zahlreichen Neugründungen und konnte sich so bis heute als handlungsfähiger Verband präsentieren. Häufig agierte sie auch in der Folgezeit militant und für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Demonstration in Suleymania bedrohlich. Im Februar und Juli 1995 gegen die "Verschleppung" verübten PKK-Anhänger zwei weitere ÖCALANs Brandanschlagserien, um anlassbezogene Propagandaaktionen zu unterstreichen. Im März 1996 kam es zu gewaltsamen Übergriffen von PKK-Anhängern auf Polizeibeamte und weiteren einzelnen Brandanschlägen. Erst danach entschärfte sich die Lage in Deutschland für eine längere Zeitspanne. 1996 ging ÖCALAN mit öffentlichen Gewaltverzichtserklärungen in Deutschland auf Deeskalationskurs, den die Organisation zunächst einhielt. ÖCALANs Kalkül, eine Aufhebung der Organisationsund Betätigungsverbote zu erreichen und Deutschland als Vermittler für eine politische Lösung der Kurdenfrage zu gewinnen, ging nicht auf. 1999 kehrte die PKK anlassbezogen zu Gewaltaktionen zurück: Im Februar reagierte sie - zum Teil mit brutaler Gewalt - mit Besetzungen diplomatischer Vertretungen und Parteibüros sowie Brandanschlägen auf die ÖCALAN-Verschleppung und mit einer Brandanschlagserie auf das erstinstanzliche Todesurteil gegen "ihren Generalvorsitzenden". Nach diesen Aktionen schwenkte die PKK wieder auf den Kurs ihres "Demokratieprojektes" ein. 145 3.3 Aktuelle Entwicklungen Die Einstellung der Kampfhandlungen und spätere Erklärungen ÖCALANs und des Präsidialrates zum "Demokratieprojekt" hinterließen eine weitgehend verunsicherte Anhängerschaft. Kaum jemand an der Basis vermochte den Erfolg der neuen Strategie abzuschätzen, zumal ein Entgegenkommen der Türkei im erhofften Umfang ausblieb. Die Führungsebene der PKK muss enorme Anstrengungen unternehmen, um die Abkehr eines Teiles der Anhänger von der Organisation zu verhindern. Insgesamt gelang es der PKK , die Mehrheit ihrer Anhänger im Verlauf des Jahres wieder enger an sich zu binden. Hierbei ist die herausragende Rolle ÖCALANs als Symbolfigur des kurdischen "Befreiungskampfes" nach wie vor von zentraler Bedeutung. Gegenüber der Basis konnte die PKK-Führung trotz der anhaltenden Verunsicherungen ihren Führungsanspruch wahren. Die PKK verzichtete - den Weisungen ihrer Führung entsprechend - wie in der zweiten Hälfte 1999 auch im Jahr 2000 in Deutschland auf Gewalt gegen Dritte. Demonstrationen und Veranstaltungen blieben friedlich und weitgehend störungsfrei, Anschläge waren nicht zu verzeichnen. Die interne Willensbildung dagegen ist weiterhin nicht frei von Brutalität: Nicht nur unter Zwang kassierte Spendenbeiträge, auch gewalttätige Disziplinarmaßnahmen gegen Opponenten gehören noch immer zu den PKK-Druckmitteln. Diese Ordnungsmaßnahmen scheinen weniger zu werden - dies wohl auch mit Blick auf die proklamierte Friedlichkeit der Organisation; einige bedrohte Kritiker suchten nicht zuletzt deshalb die Öffentlichkeit, weil sie Schutz bot. Im Januar 2000 fand im Kurdengebiet der VII. außerordentliche Parteikongress mit etwa 400 Teilnehmern statt. Der Präsidialrat versuchte, die bis dahin pauschal vorgestellte neue Strategie zu konkretisieren, für sie zu werben und den Anhängern zu vermitteln. Der militärische Arm - die ARGK - und die Europaorganisation - ERNK - wurden formal aufgelöst und später unter anderen Bezeichnungen "neu gegründet". Der militärische Flügel blieb als "legitime Volksverteidigung" bestehen. Seine Erforderlichkeit wird bis heute betont. Trotzdem trete an die Stelle des bewaffneten Kampfes der "demokratisch-politische Kampf". Abdullah ÖCALAN wurde abschließend in seinem Amt als "Generalvorsitzender" bestätigt. Kern der als "historisch bedeutend" titulierten Beschlüsse war ein "detailliertes Friedensprojekt", das neben einem Dialog mit der Türkei auch eine Aussöhnung mit den anderen wichtigen kurdischen Organisationen im Nordirak vorsah. Dabei dachte man zunächst an die seit Jahren mit der Türkei paktierende "Demokratische Partei Kurdistans / Irak" (DPK/I), später auch an 146 die "Patriotische Union Kurdistans" (PUK), mit der es zuvor gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben hatte. Der VII. Parteikongress beschloss verschiedene Forderungen, die die PKK heute an ihr "Demokratieprojekt" knüpft. Dazu gehören: Körperliche Unversehrtheit und Recht auf Freiheit für ÖCALAN, Generalamnestie für PKKKämpfer, Recht auf die Pflege der kurdischen Sprache und Kultur, Aufhebung des türkischen Dorfschützersystems, Einstellung aller militärischen Operationen gegen die PKK, Wiederaufbau der zerstörten Dörfer sowie Rückkehrund Wiederbesiedlungsprogramm. Gleichzeitig forderte man eine "Demokratisierung der Türkei" ein, die in einer umfassenden Rechtsreform deutlich werden soll. Im Anschluss an den VII. Parteikongress legte die PKK ein neues Programm vor. Wenngleich es eine "demokratische Wandlung" der PKK verkündet, hält es am Sozialismus fest: "Jedes Parteimitglied kämpft für den Sozialismus und ist Internationalist (und) ... Verfechter der neuen sozialistischen Ethik...". Wie selbstverständlich fordert die PKK von ihren Anhängern weiter uneingeschränkte Parteidisziplin. Organisatorische Prinzipien wie absoluter Gehorsam und ständige Berichtsund Rechenschaftspflicht sind Bestandteil auch der neuen Satzung. Insgesamt ist der PKK damit die Abkehr von einer Organisation marxistisch-leninistischer Prägung hin zu einer demokratischen Partei nicht gelungen. 147 Die Parteibasis in Deutschland war verunsichert. Obwohl über die "neue Phase" uneins, reagierte sie - auch wegen drohender Repressalien - nicht mit offener Kritik, sondern mit sinkender Unterstützung. Dies wurde deutlich an den unbefriedigenden Ergebnissen der "Spendenkampagne" 1999 / 2000 wie an geringerer Mobilisierung zu Demonstrationen und Veranstaltungen. Bei einer europaweiten Demonstration am 12.02.2000 anlässlich des ersten Jahrestages der Verbringung ÖCALANs in die Türkei protestierten 15.000 Kurden in Straßburg für die Freilassung ÖCALANs und eine friedliche Lösung des Kurdenproblems - verglichen mit früheren Teilnehmerzahlen eine zurückhaltende Beteiligung. Im weiteren Jahresverlauf zeichnete sich eine leichte Aufwärtsbewegung ab: Zu einer Großdemonstration in Düsseldorf am 24.06.2000 (Motto "Weg mit der Todesstrafe - Frieden jetzt - Freiheit für Abdullah ÖCALAN") reisten etwa 25.000 Kurden aus dem gesamten Bundesgebiet an. Zu einer am 08.04.2000 in Hamburg stattgefundenen Demonstration, für die in Norddeutschland mobilisiert worden war, kamen etwa 1.500 Personen - eine Größenordnung, die sich mit vergleichbaren Demonstrationen vergangener Jahre messen lässt. Auch die Teilnahme von deutlich mehr als 50.000 Menschen zumeist kurdischer Abstammung aus ganz Europa an dem "Internationalen Festival für Frieden, Demokratie und Freiheit" am 02.09.2000 im Müngersdorfer Stadion in Köln konnte die PKK als Erfolg verbuchen. Die Festivalteilnehmer drückten ihre Verbundenheit mit ÖCALAN und der PKK durch demonstrative Beifallsbekundungen aus, sobald in Redebeiträgen ÖCALANs Name fiel; sie zeigten Fahnen der verbotenen ERNK und solche mit ÖCALANPortraits. Diese alles überragende Bindung zwischen ÖCALAN und der gesamten Organisation brachte auch der - als "Europasprecher" der PKK bezeichnete - Riza ERDOGAN in einem Interview mit der Zeitung JUNGE WELT im Juli 2000 zum Ausdruck: "Für uns ist Abdullah ÖCALAN das kurdische Volk und die Zukunft des kurdischen Volkes. Und ein Regime, das Abdullah ÖCALAN seine Rechte gewährt, die Isolationshaft gegen ihn aufhebt, und ihm das Recht und die Freiheit zur Rede verleiht, das wird auch Schritte einleiten, damit das kurdische Volk seine Freiheit erreicht und frei wird. (...) Es wird angenommen, dass wir uns lediglich für eine Person engagieren, aber in Gestalt dieser Person ist ein ganzes Volk ange148 klagt. Falls ÖCALAN hingerichtet werden sollte, so wird damit ein ganzes Volk ausgerottet." Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatte ÖCALAN gegen die Türkei Klage erhoben, die mit den Umständen seiner Ergreifung in Kenia und prozessualen Verstößen begründet wurde. Anlässlich des Prozessauftaktes am 21.11.2000 bekundeten in Straßburg 15.000 PKKAnhänger ihre Sympathie mit ÖCALAN; ein an einem Wochentag bemerkenswertes Maß an Mobilisierung. Zeitgleich demonstrierten in Straßburg etwa 3.000 Befürworter der Hinrichtung ÖCALANs. Im Mai 2000 trafen sich in den Niederlanden hochrangige Europafunktionäre der PKK, um die - bereits im Januar vom Präsidialrat angeordnete - Umstrukturierung des europäischen Arms der PKK, der ERNK, vorzubereiten. Diese Konferenz wurde später als "Gründungskongress" der "Kurdischen Demokratischen Volksunion" (YDK), der ERNK-Nachfolgerin, deklariert. Ziel dieser Maßnahme war u.a. die "Legalisierung kurdischer Institutionen". Gleichwohl ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Neugründung der YDK tatsächlich innerorganisatorische Änderungen mit sich brachte. Der Führungskader blieb stabil, auch der streng hierarchische, an stalinistisch geprägte Organisationen erinnernde Aufbau der Europaorganisation blieb unverändert erhalten. An der Basis wurden die Aktivitäten der Vereine und Nebenorganisationen kontinuierlich fortgesetzt. Die "Neugründung" blieb somit faktisch eine reine Umbenennung mit der Folge, dass das gegen die ERNK ausgesprochene Betätigungsverbot für die YDK unverändert fortgilt. Auf die Hamburger Strukturen hatte die Umbenennung keinen Einfluss. 149 Im Verlauf des Jahres 2000 warf der Präsidialrat den europäischen Staaten immer heftiger vor, an der "Vernichtung des kurdischen Volkes" festzuhalten. Auch Deutschland gehöre - so die PKK-Oberen - zu den Staaten, die eine "friedliche Lösung der Kurdenfrage" erschwerten. Agitatorisch aufgegriffen wurde dieser Vorwurf erstmals wieder im Zusammenhang mit der Ablehnung des Asylantrages des Präsidialratsmitgliedes Murat KARAYILAN in den Niederlanden und der Festnahme von "Parteimitgliedern" im März und April 2000 in Deutschland. Verfestigt wurden diese Vorhaltungen nach weiteren Festnahmen von PKK-Kadern und bundesweiten Exekutivmaßnahmen gegen PKK-Einrichtungen. Hinzu kam im Herbst 2000 eine militärische Auseinandersetzung zwischen PKKund PUK-Einheiten in der UN-Schutzzone im Nordirak. Die PKK vermutete hinter diesen Angriffen das aus ihrer Sicht seit spätestens 1998 (Ausweisung ÖCALANs aus Syrien) bestehende "internationale Komplott": Ihm würden neben der Türkei im Kern die Vereinigten Staaten von Amerika, Griechenland und - so ÖCALAN - "allen voran auch Deutschland" angehören. Ziel dieses Komplotts sei immer noch die "Vernichtung des kurdischen Volkes". Zwischen dem 22. und 24. September kam es in Saarbrücken, Hamburg (etwa 500 Teilnehmer), Stuttgart, Frankfurt/M., Köln und Berlin zu Kundgebungen und Demonstrationen, die weitgehend friedlich und diszipliniert verliefen. Konkret fordert die PKK-Führung von Deutschland die Aufhebung des Betätigungsverbotes aus dem Jahre 1993. Das Präsidialratsmitglied Mustafa KARASU wird in der PKK-nahen Tageszeitung ÖZGÜR POLITIKA vom 13.10.2000 so zitiert, dass Deutschland seinen "Platz im Komplott" immer noch einnehme. Nur eine Aufhebung des Verbotes würde beweisen, dass Deutschland "einen positiven Weg einschlägt". Ansonsten wäre Deutschland nicht "ernsthaft aufrichtig". ÖCALAN ließ bereits am 29.07.2000 erklären, dass Deutschland "seit Längerem die Liquidation der PKK" wünsche, weil es "sie nicht unter Kontrolle" habe. Die erwähnten Exekutivmaßnahmen - von der PKK-Führung als Beweis für die Beteiligung an dem "internationalen Komplott" angeführt - trafen auch die Hamburger PKK-Strukturen: Am 28.08.2000 wurde der PKKVerantwortliche der Region Nord-West in Köln festgenommen. Ihm wird u.a. Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung (SS 129 StGB) vorgeworfen. Er ist verdächtig, Besetzungen diplomatischer Vertretungen im Anschluss an die ÖCALAN-Festnahme im Februar 1999 - seinerzeit als Verantwortlicher der PKK-Region Mitte - gesteuert zu haben. Im September 2000 veröffentlichte die PKK ein "Nationales Manifest des Friedens und der Einheit", in dem sie - zum wiederholten Male - das trotz 150 Aufgabe des bewaffneten Kampfes erforderliche Beibehalten militärischer Einheiten betont: "Solange die Verleumdungsund Vernichtungspolitik ... gegen das kurdische Volk fortgesetzt wird, muss das kurdische Volk zur Verteidigung ... bewaffnete Kräfte haben. Diese bewaffneten Kräfte sind unbedingt erforderlich und legal." Gleichzeitig bekräftigte die PKK ihren Alleinvertretungsanspruch für die "kurdische Sache" und betonte die Bedeutung des Kurdischen Nationalkongresses (KNK). Dieser ist eine von der PKK kontrollierte scheinparlamentarische Exileinrichtung, der sich die großen kurdischen Organisationen im Nordirak - u.a. die PUK - nicht angeschlossen haben. "Der Kurdische Nationalkongress (KNK) ist zur obersten Verwaltung und zum Beschlussorgan zu erklären. Keine nationale Kraft darf außen vor bleiben und muss ausreichend vertreten sein. Kräfte, die nicht vertreten sind, sind als illegal einzustufen." Bezogen auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der PUK hat dieses Zitat Bedeutung. 3.4 Oppositionelle Strömungen innerhalb der PKK Seit ÖCALANs "Strategiewechsel" regte sich Widerspruch innerhalb der PKK. Die Kaderstruktur folgte ÖCALAN zumindest in ihrem Handeln unabdingbar, die große Mehrheit der Basis stand kritisch, aber doch folgsam dem neuen Kurs gegenüber. Nur eine kleine Minderheit traute sich, gegen den "Friedenskurs" zu opponieren. Bis heute konnte sich die innerorganisatorische Opposition offensichtlich nicht in der Organisation etablieren. Es blieb bei Einzelmeinungen, gegen die mitunter von PKK-Seite massiv - auch mit Gewalt - vorgegangen wurde. Am 18.08.2000 traten ehemalige hochrangige Führungsfunktionäre der PKK unter der Bezeichnung "Nationale Demokratische Initiative Kurdistan" via Internet an die Öffentlichkeit. Sie beabsichtigten - so ihre Erklärung - nicht die Spaltung der Organisation, wagten mit dem Vorwurf des "ideologischen-politischen Verrats" an die Adresse ÖCALANs jedoch eine Kraftprobe. Die Urheber der Erklärung forderten die PKK auf, ihre Politik zu überdenken und sich mit kritischen Anstößen auseinander zu setzen. Der ÖCALAN-Friedenskurs führe die PKK "in eine Sackgasse". Trotz dieser - auch öffentlichkeitswirksamen - Entwicklungen ist es den PKK-Kritikern bisher nicht gelungen, einen nennenswerten Teil der PKKAnhänger für sich zu gewinnen. Die innere Stabilität der PKK verhinderte einen Zulauf. Die über allem stehende Figur ÖCALANs, das Zusammengehörigkeitsgefühl der kurdischen Gemeinde und nicht zuletzt angedrohte Repressalien machen diesen Zusammenhalt aus. 151 3.5 PKK und Verbindungen zur organisierten Kriminalität Einzelne PKK-Aktivisten sind in kriminelle Strukturen in Hamburg verwikkelt. Hinweise gibt es vor allem im Bereich der Förderung des organisierten Drogenhandels und auf dem Gebiet der Schutzgelderpressung. Im Juli 2000 wurde der PKK-Funktionär Sadik BAYDAS wegen räuberischer Erpressung und Verstoßes gegen das Vereinsgesetz zu sieben Jahren und sechs Monaten, seine "rechte Hand" Nihat DURMUS zu acht Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Den Urteilsspruch kommentierte BAYDAS sinngemäß mit den Worten, er werde weitermachen, bis er politisch etwas erreicht habe. Zwei weitere Gefolgsleute von BAYDAS erhielten im Verlauf des Jahres 2000 ebenfalls mehrjährige Haftstrafen. 3.6 Ausblick Die PKK hat im Jahr 2000 mehrfach öffentlich deutlich gemacht, dass sie grundlegende Veränderungen in ihrer politischen Zielsetzung und in ihrer innerorganisatorischen Struktur anstrebt. Ihre Absicht, sich zu einer politischen Kraft zu wandeln, hat sie bislang jedoch nur sehr begrenzt unter Beweis stellen können. Zwar wurden im Krisengebiet die Kampfhandlungen weitgehend eingestellt und in Westeuropa auf militante Aktionen verzichtet, ihre "Kader-Struktur" und ihr stalinistisch geprägtes Organisationsmodell hat sie indessen trotz einzelner Umbenennungen beibehalten. Weder ihr neues Parteiprogramm noch ihre neue Satzung lassen vermuten, dass sie sich ernsthaft zu der demokratischen Organisation wandeln will, als die sie sich in der Öffentlichkeit gerne darstellt. Die PKK knüpft ihren Waffenstillstand weiterhin an die von ihr geforderte "demokratische Wandlung" der Türkei. Unklar bleibt, unter welchen Voraussetzungen die PKK zur Gewaltstrategie zurückzukehren würde. Sie ist realistisch genug, einzuräumen, dass der "politische Kampf" mindestens so lange dauern wird wie der "bewaffnete". Gleichwohl verzichtet sie nicht auf entsprechende Drohgebärden - wohl auch aus Zweckmäßigkeitserwägungen mit Blick auf die eigenen Anhänger. So ließ eine Funktionärin der PKK im Juni 2000 verlauten, dass Deutschland sich auf die Seite der Türkei geschlagen habe und beide die PKK weiter "als Feind" betrachten würden. Die PKK könne sich - so die Funktionärin - jederzeit wieder "auf Krieg einstellen". Ihr sei es möglich, 5.000 Selbstmordattentäter aufzubie152 ten, die der "Türkei einen Schlag versetzen könnten, von dem diese sich nicht erholen" würde. Offen ist, wie lange die Führungsspitze ihren auf friedliche Mittel setzenden Kurs gegenüber der Basis durchsetzen kann. Die PKK unterhält in Deutschland einen aufwändigen und kostenintensiven Parteiapparat. Die darin tätigen Personen haben ein Eigeninteresse am Erhalt der Europaorganisation mit einer starken Basis. Dies kann auch die Gewaltfrage entscheidend beeinflussen, da der Zulauf von kurdischen Volkszugehörigen zur PKK erheblich vom bewaffneten Kampf in der Türkei abhing. 153 4. Türken 4.1 Allgemeines In Hamburg leben rund 67.000 (Stand: 31.12.99) türkische Staatsangehörige. Türken nichtkurdischer Volkszugehörigkeit bilden mit etwa 40.000 Personen die größte ausländische Volksgruppe in Hamburg. Ebenso stellen Türken unter den Anhängern politisch-extremistischer Ausländergruppen mit knapp 1.500 den größten Anteil. Das ideologische Spektrum der türkischen extremistischen Organisationen umfasst revolutionär-marxistische, islamistische und extremnationalistische Gruppierungen. Die revolutionär-marxistischen Gruppierungen verstehen sich als Außenposten ihrer in der Türkei auf einen gewaltsamen Umsturz hinarbeitenden Heimatorganisationen: Deren Aktivitäten unterstützen sie von hieraus propagandistisch und finanziell. Protestkampagnen und -aktionen im Zusammenhang mit den Haftbedingungen ihrer Gesinnungsfreunde in der Türkei bestimmten im vergangenen Jahr ihr Bild in der Öffentlichkeit. Ihre Aktionen verliefen weitgehend ohne schwere Gewalttaten. Dennoch zeigen unfriedliche Besetzungen von Parteibüros und anderen Einrichtungen, dass von ihnen weiterhin Gefahren ausgehen . Extrem-nationalistisch ausgerichtete Türken sind in Hamburg in zwei Vereinen organisiert, die der "Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. " (ADÜTDF) angehören. Sie sind eng an ihre Heimatorganisation - die MHP - angelehnt, die in der Türkei an der Regierung beteiligt ist. Die Anhängerschaft ist in Hamburg im vergangenen Jahr zurückgegangen. Die Organisation ist wegen ihres - auch öffentlich geäußerten - Gedankenguts von Bedeutung. Zitat: "...in jeder Zeit gab es defekte Rassen, die nichts Besseres zu tun hatten, als den Türken zu schaden...die Türkei ist kein Land der kulturellen und ethnischen Mosaiken." Aus diesem übersteigerten Nationalismus und Rassismus resultiert eine zumindest latente Gefahr, dass es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt. Islamistische Organisationen - allen voran die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) - haben beachtlichen Einfluss unter der hier lebenden türkischen Bevölkerung. Sie erreichen bei ihrer religiösen und sozialen Betätigung Personenkreise über die engeren Anhänger hinaus. Die 154 IGMG, ehemals mit der in der Türkei verbotenen Wohlfahrtspartei / Refah Partisi des zeitweiligen türkischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan eng verbunden, lehnt sich nun an die Nachfolgepartei an, die "Tugendpartei" (Fazilet Partisi). Der durch seine fanatischen Kampfaufrufe bekannte "Kalifatsstaat", auch als ICCB (Verband der islamischen Gemeinden und Vereine e.V.) bzw. sog. "Kaplan-Verband" bekannt, ist in Hamburg nur durch Einzelmitglieder vertreten. 4.2 Revolutionär-marxistische Gruppierungen 4.2.1 DHKP-C und THKP/-C Devrimci Sol Beide Organisationen sind aus einer Spaltung der 1978 in der Türkei gegründeten und 1983 in Deutschland verbotenen Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) hervorgegangen. Die Trennung begann Ende 1992 und war gewalttätig, sie wurde u.a. mit Schusswaffen ausgetragen. Seit dem letzten Vorfall - am 29.1.98 in Hamburg - waren keine gegenseitigen Angriffe mehr festzustellen. Am 13.8.1998 erließ das Bundesministerium des Innern Verbotsverfügungen gegen beide Devrimci Sol-Nachfo l- georganisationen. Wie die ursprüngliche Devrimci Sol gehen auch ihre Nachfolgeorganisationen in der Türkei terroristisch vor, vornehmlich gegen staatliche Einrichtungen und Personen des öffentlichen Lebens. Die an Anhängern schwächere THKP/-C Devrimci Sol (bundesweit etwa 100) zeigte seit 1998 in Deutschland kaum Aktivitäten. In Hamburg beschränkten sich diese im Laufe des Jahres auf den Verkauf von Parteizeitungen. Die DHKP-C dagegen blieb mit ihren - bundesweit auf 900 geschätzten - Anhängern trotz Verbots bemüht, ihren "revolutionären Kampf" in der Türkei zu fördern sowie öffentliche Aufmerksamkeit und Unterstützung für ihre Kampagnenthemen zu finden: Mit Spendensammlungen, dem Vertrieb ihrer Zeitschriften - insbesondere ihres Sprachrohrs "VATAN"( Vaterland) - und verschiedenen Aktionen. Festnahmen zahlreicher Führungsfunktionäre in den vergangenen Jahren - auch in den Nachbarländern - stellten die Organisation vor erhebliche finanzielle Probleme; auch die Anhänger dauerhaft zu motivieren ist nach wie vor schwierig. 155 Das Hanseatische Oberlandesgericht (HOLG) verurteilte am 12.4.2000 zwei Funktionäre u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und wegen Verabredung zum Totschlag zu drei bzw. dreieinhalb Jahren Haft. Der ebenfalls wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagte ehemalige Pressesprecher der Partei wurde am 24.2.2000 zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Ein am 10.10.2000 vor dem HOLG begonnener Prozess gegen den ehemaligen Europaverantwortlichen endete am 5.1.2001 mit einer Verurteilung zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung. Offensichtlich wegen des Verfolgungsdrucks in Deutschland verlegte die DHKP-C überregionale Zusammenkünfte und Großveranstaltungen nach Belgien und in die Niederlande. Ihre europaweite Kulturveranstaltung zum 6. Jahrestag der Parteigründung und zum Gedenken an die "gefallenen Revolutionäre" fand am 22.4.2000 mit ca. 4.000 Teilnehmern (1999 = 5.000) in Hasselt / Belgien statt. Das aktive Hamburger Potential beider Gruppierungen zusammen wird auf unter 50 geschätzt. Während die politische Betätigung von Anhängern der THKP-C Devrimci Sol in Hamburg fast völlig eingestellt wurde, konnte die DHKP-C den Bestand ihres Hamburger Vereins weiterhin sichern - wenn auch nur mit Unterstützung auswärtiger Funktionärskader. Öffentliche Aktivitäten der DHKP-C konzentrierten sich 156 in Hamburg wie bundesweit - und z.T. im benachbarten Ausland - auf breit angelegte Protestund Solidaritätskampagnen mit symbolischen Hungerstreiks, Kundgebungen, "Besuchen" in Parteibüros, Flugblatt-, Plakatund Unterschriftenaktionen, Internet-Veröffentlichungen, Pressemitteilungen und Aufrufen zu Protestschreiben und -faxen. Die Verurteilung eines ihrer führenden Funktionäre, Ilhan YELKUVAN, am 30.11.1999 und sein am selben Tag in Hamburg begonnener - gegen seine Haftbedingungen gerichteter - Hungerstreik ("Todesfasten") lösten ab Januar 2000 vielfältige Solidaritätsbekundungen und -aktionen im gesamten Bundesgebiet, im benachbarten Ausland sowie in der Türkei aus. An einzelnen Aktionen beteiligten sich Anhänger anderer linksextremistischer türkischer Organisationen (TKP/ML und MLKP). Publizistisch zeigten auch deutsche linksextremistische Gruppen Solidarität: Die Herausgeber des "Angehörigen Info s" und die Initiative "Libertad", die eigene Solidaritätsaufrufe sowie Texte der DHKP-C, ihrer Funktionäre und ihrer Solidaritätskomitees veröffentlichten. Ansonsten bedauerte die DHKP-C die geringe Solidarität der europäischen Linken. Für das "Informationsbüro" der DHKP-C war der Hungerstreik Anlass, den deutschen Staat heftig zu verunglimpfen. In Deutschland lebe der Nazigeist fort, und Solidaritätsaktionen für YELKUVAN seien "Widerstand gegen die Politik der Nazis". In Hamburg führten zwei Aktionen in diesem Zusammenhang zu größerer öffentlicher Aufmerksamkeit: SS 19.1.2000 Eine Bürgerschaftssitzung wurde von der Zuschauertribüne aus durch Zwischenrufe, Handzettelverteilen und Entfalten eines Spruchbands durch drei Sympathisanten gestört. SS 26.1.2000 Acht Personen suchten die Landesparteizentrale der SPD auf und forderten Gespräche. Ihnen wurde gestattet, von einem Balkon aus ein Spruchband zu zeigen. Verbesserte Haftbedingungen führten am 31.1.2000 zum Ende des Hungerstreiks, ein Ergebnis, das für die Sympathisantenszene ein Erfolg des öffentlichen Drucks war - ermöglicht erst unter dem "Einsatz des Lebens von Gefangenen". 157 Für mehrere Flugblätter im Rahmen der Kampagne zeichnete eine "Föderation der Anatolischen Volkskulturvereine" verantwortlich. Dabei dürfte es sich um einen Versuch der DHKP-C handeln, eigene Aktivitäten zu verschleiern und so ihr Verbot zu umgehen. Eine weitere DHKP-C-Kampagne galt einer Aktivistin, die im September 1999 in Knokke/Belgien festgenommen worden war, als dort nach einem Brand in einer konspirativen Wohnung zahlreiche Waffen und Materialien der DHKP-C sichergestellt worden waren. Die DHKP-C agitierte gegen eine befürchtete Auslieferung an die Türkei. Im September 2000 endete die Kampagne, weil die Betreffende wieder auf freiem Fuß war. Im Mai 2000 begann eine Protestkampagne gegen die Einführung von "Isolationshaftzellen" in der Türkei (Ü 4.2.2). Sie wurde im November fortgesetzt mit vielfältigen Solidaritätsaktionen zur Unterstützung hungerstreikender Häftlinge in türkischen Gefängnissen ("Todesfasten"). Die DHKP-C engagierte sich bundesweit - zunächst zusammen mit der MLKP und beiden TKP-ML-Parteien - in einem "Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen" (DETUDAK). Später machte sie sich für die Kampagnen-Ziele stark in einem von ihr selbst ins Leben gerufenen "Komitee gegen Isolationshaft" (IKM; wörtliche Übersetzung des türkischen Namens: Kampfkomitee gegen Isolationsfolter). Es richtete seine Zentrale in Hamburg ein und verbreitete u.a. Informationen im Internet. Ab 19.Dezember 2000 erstürmten Polizei und Militär in der Türkei die Gefängnisse, um den Hungerstreik - an dem sich nach Pressemeldungen zuletzt mehr als 200 Personen beteiligten - gewaltsam zu beenden. Dabei kamen etwa 30 Personen ums Leben, darunter auch Polizisten. Diese Aktion löste zum Jahreswechsel etliche weitere Protestaktionen linksextremistischer Gruppierungen in Deutschland aus, insbesondere gab es zahlreiche Demonstrationen. In Hamburg fanden friedliche Kundgebungen und Demonstrationszüge mit bis zu 280 Teilnehmern statt. Brandanschläge wie 1996, als zwölf Gefängnisinsassen infolge des Hungerstreiks starben, waren in Deutschland nicht zu verzeichnen. 158 4.2.2 TKP/ML und TKP(ML) Die 1972 in der Türkei gegründete "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten Leninisten" (TKP/ML) hatte sich 1994 gespalten. Es entstanden zwei Flügel, die inzwischen selbständige neue Parteien mit gleichlautender Namensgebung, aber unterschiedlichen Abkürzungen bilden, die TKP/ML und die TKP(ML). Aus dem "Partizan"-Flügel entstand die TKP/ML. Sie hat diese Abkürzung von der Ursprungsorganisation übernommen und verfügt außerhalb der Türkei über folgende Strukturen: * Basisorganisation in Europa: "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei" (türkische Abkürzung ATIK). Sie versucht, ihre Verbindung zur TKP/ML zu verschleiern. * Basisorganisation in Deutschland: "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (türk. Abk.: ATIF). Sie agiert über örtliche Vereine und "Arbeitsgruppen". * Jugendorganisation: "Neue Demokratische Jugend" (türk. Abk.: YDG). Sie ist direkt der europäischen Dachorganisation (ATIK) unterstellt. * Nebenorganisation: "Demokratischer Künstlerverband" (türk. Abk.: DSB) Aus dem zeitweise als "Ostanatolisches Gebietskomitee" (türk. Abkürzung: DABK) bezeichneten DABK-Flügel entstand die - sich in der Abkürzung nur durch Klammerschreibweise unterscheidende - TKP(ML). Sie unterhält außerhalb der Türkei folgende Strukturen: * Basisorganisation in Europa: "Konföderation für demokratische Rechte in Europa" (türk. Abk.: ADHK) * Basisorganisation in Deutschland: "Föderation für Demokratische Rechte in Deutschland" (türk. Abk.: ADHF). Auf regionaler Ebene bestehen Bezirkskomitees. Diesen unterstehen Stadtund Ortskomitees. 159 * Jugendorganisation: "Demokratische Jugendbewegung" (türk. Abk.: DGH) * Frauenverband: "Neue Demokratische Frau" (türk. Abk.: YDK) * Nebenorganisation: "Internationaler Schriftstellerund Künstlerverband" (türk. Abk.: EYSB) Funktionärsspitzen, die sich als "Auslandsbüros" bezeichnen, steuern die Aktivitäten ihrer jeweiligen Organisation in Westeuropa. Beide Organisationen arbeiten auf allen Ebenen streng konspirativ. Beide Gliederungen (zusammen etwa 2.000 Anhänger in Deutschland) orientieren sich am Marxismus-Leninismus und an Ideen des Maoismus. Ihr Ziel ist die Zerschlagung des türkischen Staatsgefüges durch eine "demokratische Volksrevolution" und der Aufbau einer kommunistischen Gesellschaftsordnung. Bereits 1972 wurden Guerilla-Einheiten, die "Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO), gegründet, die in der Türkei Terrorakte verübt. Im Jahr 2000 kam es mehrfach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der TIKKO und dem türkischen Militär. Da sich TKP/ML und TKP(ML) unterschiedslos auf die TIKKO beziehen, ist im Einzelfall nicht erkennbar, welche von beiden Organisationen hinter TIKKOAktionen steht bzw. ob Aktivisten beider Flügel Seite an Seite oder getrennt kämpfen. Die Ergreifung des PKK-Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN verurteilten beide Organisationen als "internationales Komplott der imperialistischen, zionistischen und kemalistischen Mächte". Der inzwischen von ÖCALAN propagierte Friedenskurs der PKK wurde allerdings scharf kritisiert. In einer Sonderausgabe der ATIK Zeitschrift "Mücadele" vom Januar 2000 werden der PKK und Öcalan vorgeworfen, die Interessen des türkischen Volkes verraten und die "Arena des Kampfes" verlassen zu haben. Es gelte jetzt, die früher von der PKK praktizierte "radikale Strategie" fortzuführen und gemeinsam mit allen revolutionären Kräften den Faschismus zu besiegen. Nach der faktischen Zerschlagung der PKK stelle nunmehr die TIKKO die einzige revolutionäre Kraft in der Türkei dar. TKP/ML und TKP(ML) treten in Deutschland vorwiegend propagandistisch auf. Europa bedeutet für sie eine logistische Basis zur Unterstützung ihrer Heimatorganisationen. Spenden werden auch unter Druck und Drohungen beigetrieben. Die Spendenkampagne 1999/2000 der TKP/ML erbrachte - wie im Vorjahr - europaweit ein Sammlungsergebnis von 1,3 Millionen DM. In einem Flugblatt des TKP/ML Auslandsbüros vom November 99 heißt es "unsere Spendenkampagne im Jahre 1999-2000 ist gleichzeitig der Krieg 160 zur Mobilmachung des Volkskrieges auf allen Gebieten und zur Verfügungstellung von jeder Möglichkeit für den Volkskrieg ... als TKP/ML werden wir den bewaffneten Kampf steigern". Am 20.5.2000 versammelten sich in Ludwigshafen-Friesenheim bei der jährlichen TKP/ML-Gedenkveranstaltung zum Todestag des Parteigründers KAYPAKKAYA - wie im Vorjahr - ca. 5.000 Personen. Dies ist ein Gradmesser für die Mobilisierbarkeit von Anhängern auch sympathisierender Organisationen nebst Familienangehörigen. Da die Parteien selbst im Gedenken an ihren Parteigründer gespalten sind, organisiert die TKP(ML) alljährlich eigene KAYPAKKAYA-Veranstaltungen. Am 3.6.00 trafen dazu in Essen ca. 2.000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Belgien und den Niederlanden zusammen. Im Vorjahr waren es 4.000 Personen, darunter erstmals 2.000 PKK Anhänger, wodurch gegenseitige Solidarität demonstriert werden sollte. Im Jahr 2000 wurden erste vorsichtige Schritte einer Annäherung beider TKP-ML - Abspaltungen mit dem Ziel der Vereinigung erkennbar. Die Initiative ging vom DABK-Flügel aus, der unter starkem Mitgliederschwund leidet. Die TKP(ML) veröffentlichte im Februar in einer neuen Propagandazeitschrift, " Devrimci Demokrasi", einen Diskussionsbeitrag über eine Vereinigung mit der TKP/ML. Darin heißt es u.a., die Spaltung habe die Partei insgesamt geschwächt. Man müsse sich auf die gemeinsame Ideologie und das Bekenntnis zum Parteigründer KAYPAKKAYA besinnen, eine Vereinigung würde die Revolution näher bringen. Eine Zusammenarbeit beider Organisationen fand in Form bundesweiter Kulturveranstaltungen zum Gedenken an "revolutionäre Künstler" oder gemeinsamer Podiumsdiskussionen zum Thema "Gegen den wachsenden Rassismus in Europa" statt. Darüber hinaus arbeiteten beide Organisationen in dem Bündnis DETUDAK mit (siehe unten). In Hamburg treffen sich die örtlichen TKP/ML-Anhänger (etwa 50) in den Räumen des ATIF-Vereines "Kulturund Solidaritätsverein Hamburg" in Ottensen. Die wesentlich kleinere (ca. 30) Anhängerschar der TKP(ML) besitzt einen Stützpunkt im Schanzenviertel. Anlässlich der 1. Mai-Demonstration in Hamburg unterstützten die Jugendorganisationen YDG und DGH ein Aufrufflugblatt des "Internationalen Blocks", der seit Jahren von deutschen und ausländischen Linksextremisten - unter Einschluss militanter Autonomer - dominiert wird . . Anhänger beider TKP-ML Organisationen nahmen in Hamburg mehrfach an friedlich verlaufenen Aufzügen zusammen mit anderen deutschen und tür161 kischen Linksextremisten teil. So veranstaltete der "Kulturund Solidaritätsverein Hamburg" am 1.7.2000 eine friedliche Demonstration unter dem Motto "Der größte Feind der Menschheit ist der Faschismus und der Rassismus". An diesem Protestmarsch von etwa 40 Personen in HamburgOttensen beteiligten sich Anhänger der TKP(ML), MLKP und DHKP-C. Zahlreiche Demonstrationen in Hamburg mit bis zu 280 Teilnehmern, an denen sich Angehörige beider Parteien - neben anderen deutschen und türkischen Linksextremisten - zusammenfanden, gehörten zu einer im Mai begonnen bundesweiten Kundgebungsserie. Verantwortlich hierfür war das Bündnis "Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen" ( "Devrimci Tutsaklarla Dayanisma Komitesi" , Abkürzung = DETUDAK), in dem beide Flügel mit der MLKP und DHKP-C zusammenarbeiteten. Die DHKP- C zog sich im Juni aus dem Bündnis zurück und gründete ein eigenes "Komitee gegen Isolationshaft" (IKM). Der Protest beider Bündnisse richtet sich insbesondere gegen die Einführung von Gefängniszellen des "F-Typs" ("Isohaft nach Stammheimer Muster") und gegen "Folter in türkischen Gefängnissen". Diese Zellen für ein bis drei Personen sind anstelle der üblichen Gemeinschaftszellen mit bis zu 100 Inhaftierten vorgesehen. Bislang konnten die extremistischen Organisationen ihre Gefolgsleute in den Großzellen ständig unter Kontrolle halten; so konnte sich ein gruppenbestimmtes Eigenleben entwickeln. Mit zahlreichen publizistischen und demonstrativen Aktionen im Bundesgebiet protestierten Anhänger des Bündnisses und Einzelpersonen der antiimperialistischen deutschen Szene kontinuierlich gegen diese Pläne. Die ADHK veranstaltete im Rahmen einer europaweiten Kampagne im Juli 2000 mit 20-50 Teilnehmern in Hamburg einen achttägigen Hungerstreik, der von einem Kulturund Informationsprogramm begleitet wurde. Hamburger TKP/ML-Anhänger stellten ihre Gewaltbereitschaft zuletzt im Sommer 1996 bei Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen unter Beweis. 4.2.3 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) Die bundesweit auf etwa 600 Mitglieder (Hamburg: etwa 30) geschätzte MLKP ist 1994 aus der Vereinigung der "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten Leninisten Bewegung" (TKP/ML H) und der unbedeutenden "Türkischen Kommunistischen Arbeiterbewegung" (TKIH) hervorge162 gangen. Sie ist letztlich - wie die im vorherigen Abschnitt behandelten TKP/ML und TKP(ML) - ein Abspaltungsprodukt der TKP/M-L. Die MLKP erstrebt für die Türkei einen revolutionären Übergang in den Sozialismus und betont die herausragende Rolle der "Avantgarde der Arbeiterklasse" und ihre "antiimperialistische" Zielsetzung. Sie versteht sich als wahre Vertreterin der Interessen auch des kurdischen Volkes und will in der Türkei durch bewaffnete Kämpfe das "faschistische kolonialistische Joch" zerbrechen. Ihre Guerillaorganisation nennt sich "M-18". Basisorganisation der MLKP in Deutschland ist die "Föderation der Arbeitsimmigrant/innen aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (türk. Abkürz.: AGIF) mit etwa 15 Mitgliedsvereinen. Sie befasst sich aus kommunistischer Perspektive vorwiegend publizistisch mit Problemen ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland und wendet sich gegen den angeblichen "Faschismus als Instrument der deutschen Monopolbourgeoisie". Im Frühjahr startete die AGIF eine Kampagne gegen "Sexuelle Gewalt beim Verhör in türkischen Polizeirevieren". Die Kampagne wurde in einer Broschüre mit Berichten von Betroffenen publizistisch aufbereitet. Zu ihrem weiteren Arbeitsschwerpunkt gehört der "Kampf gegen den Imperialismus", den die AGIF in einem Flugblatt im Zusammenhang mit dem IWF-Gipfeltreffen in Prag im Oktober propagandistisch aufgriff. Die Partei verfügt über eine "Kommunistische Jugendorganisation" (türk. Abkürz.: KGÖ), die sich in Hamburg u. a. mit Klebezetteln bemerkbar gemacht hat. Als "AGIF-Jugend" unterzeichnete sie ein Flugblatt des "revolutionären Jugendblocks" zur 1. Mai-Demonstration 2000 in Hamburg. Wie bei anderen ausländischen Linksextremisten genießen jährliche Spendensammlungen für Unterstützung der Heimatorganisation hohen Stellenwert. Ein gewaltsames Vorgehen der Spendensammler oder Straftaten in diesem Zusammenhang sind für das Jahr 2000 nicht bekannt geworden. Am 28.10.2000 feierte die MLKP ihr 6. Gründungsjubiläum in Wuppertal mit einer Kulturund Politveranstaltung (Motto "Mit der Partei im 21.Jahrhundert in den Sozialismus"); daran nahmen 2.500 Personen teil. Öffentlich aktiv werden Angehörige der MLKP fast ausschließlich gemeinsam mit anderen linksextremistischen türkischen Organisationen 163 sowie deutschen Linksextremisten, die dem autonomen und "antiimperialistischen" Spektrum angehören. So beteiligten sich MLKP-Anhänger an den friedlichen Protestdemonstrationen des Aktionsbündnisses DETUDAK ("Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen in der Türkei") in Hamburg. Offensichtlich vorrangig von MLKP-Anhängern getragen war eine Aktion am 14.12.2000 in Hamburg: 45 Personen besetzten vorübergehend Räume in der Justizbehörde, weitere etwa 15 Sympathisanten hielten sich vor dem Eingang auf. Von den Besetzern kamen nur acht aus Hamburg, die übrigen aus anderen Bundesländern. Mit der Aktion sollte die Öffentlichkeit auf den bedrohlichen Gesundheitszustand der am Todesfasten beteiligten Häftlinge in der Türkei aufmerksam gemacht werden (Hintergrund Ü 4.2.2). 4.3 Türkische Islamisten 4.3.1 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) Die IGMG wurde 1985 als "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. " (AMGT) mit Sitz in Köln gegründet; 1995 teilte sie sich in zwei Vereine: Die IGMG übernahm die sozialen, kulturellen und religiösen Aufgaben, die "Europäische Moscheebau und Unterstützungsgemeinschaft e.V." (EMUG) wurde zuständig für die Verwaltung des Immobiliensitzes der ehemaligen AMGT. Mehmet Sabri ERBAKAN - ein Neffe Prof. ERBAKANs - ist Generalsekretär der IGMG, deren Vorstandsund Verwaltungszentrale ihren Sitz in Köln hat. Kommissarischer Nachfolger des im April 1999 zurückgetretenen IGMG-Vorsitzenden Ali YÜKSEL ist Yusuf ISIK. IGMG-Plakat zur 6. Generalversammlung am Die IGMG unterstützt die türkische islami03.06.2000 in Köln stische Oppositionspartei "Fazilet Partisi" 164 (FP, Tugendpartei). Deren Vorläuferin war die vom Verfassungsgericht der Türkei im Januar 1998 verbotene "Refah Partisi" (RP, Wohlfahrtspartei, damaliger Vorsitzender: Professor Necmettin ERBAKAN). Der RP wurde vorgeworfen, gegen die - auf Kemal ATATÜRK zurückgehende, bis heute verfassungsmäßig gebotene - Trennung von Staat und Religion (Laizismus) verstoßen zu haben. Noch vor der Verbotsentscheidung wurde - im Dezember 1997 - unter maßgeblichem Einfluss Prof. ERBAKANs die FP als Auffangorganisation für die RP gegründet. Gegen sie ist jetzt ebenfalls ein Parteiverbotsverfahren anhängig. Mit ihren rund 27.000 Mitgliedern ist die IGMG anhängerstärkste islamistische Organisation in Deutschland, die Zahl ihrer Sympathisanten ist noch wesentlich höher zu veranschlagen. Das auch europaweit hohe Mobilisierungspotential zeigt sich bei überregionalen Veranstaltungen: An der Die Merkez-Moschee in Hamburg diesjährigen 6. Generalversammlung am 03.06.2000 im Köln-Müngersdorfer Stadion nahmen etwa 30.000 Personen aus dem Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland teil. Die IGMG-Satzung stellt zwar die soziale, kulturelle und religiöse Betreuung ihrer Mitglieder in den Vordergrund. Aus der Fixierung auf die FP folgt jedoch als politisches Hauptziel die Ablösung der laizistischen Staatsordnung in der Türkei durch einen auf dem Koran und der Scharia (islamisches Rechtssystem) basierenden islamischen Gottesstaat. Fernziel ist die weltweite Islamisierung. Die IGMG versucht, sich als demokratische Organisation darzustellen. Seit längerem zeigt sie der Öffentlichkeit ein moderates Erscheinungsbild. Die Satzungen ihrer Mitgliedsvereine enthalten regelmäßig ein Bekenntnis zum Grundgesetz. Tatsächlich jedoch vertritt die IGMG einen religiös begründe 165 ten politischen und gesellschaftlichen Absolutheitsanspruch. Er geht einher mit antisemitischem Gedankengut. So heißt es in der "Milli Gazete" (Sprachrohr der IGMG) vom 4.11.2000, man dürfe sich nicht wundern, wenn der Fanatismus, die Blindheit und die Einseitigkeit der Juden im Zusammenhang mit Palästina und Jerusalem eines Tages den 3. Weltkrieg auslöse und den Untergang der Menschheit herbeiführe. Die Juden hätten noch keine Strafe verbüßt; sie befänden sich im Rausch der Überlegenheit. Äußerungen und Kommentare in IGMG-Publikationen spiegeln immer wieder die politische Orientierung der Islamisten: So spricht ein Artikel von angeblichen Versuchen, in der Türkei und in Tunesien, "den Einfluss der Religion auf die Gesellschaft zu brechen" (Milli Görüs & Perspektive, Okt./Nov.): "Laizistische Kreise versuchten daher, einen laizistischen Prozess innerhalb des Islams in Gang zu setzen. Das wird es natürlich nicht geben." Vielmehr wurde schon in der Ausgabe September/Oktober 1999 der "Milli Gazete" eine Islamisierung Europas beschrieben: "Im nächsten Jahrhundert wird man Zeuge der Entstehung der 3.europäischen islamischen Zivilisation sein. Die 20-25 Mio. Muslime in Europa sind das Fundament einer auf diesem Kontinent neu zu gründenden Zivilisation. Somit wird der Menschheit ein großer Dienst erwiesen. Für uns ist es wichtig, wie viel Platz wir bei der Gründung dieser Zivilisation einnehmen werden." Ein Schwerpunkt der IGMG-Aktivitäten ist die islamistische Erziehungsund Bildungsarbeit, vor allem bei der Jugend. Dazu gehören Korankurse, die während der Schulferien - zum Teil internatsmäßig - in Moscheen stattfinden; damit versucht sie, junge Menschen dauerhaft an die Organisation zu binden. Der Forderung nach Islamunterricht an deutschen Schulen schloss sich die IGMG ausdrücklich an, dessen Durchführung in alleiniger Verantwortung des Staates und unter Beteiligung der Herkunftsländer hält sie jedoch für verfassungswidrig (Presseerklärung im Internet im März 1999). Hier sieht sie offensichtlich Chancen für weitere Einflussmöglichkeiten. Dachorganisation in Norddeutschland ist das von IGMG-Funktionären geleitete "Bündnis der islamischen Gemeinden in Norddeutschland und Hamburg e.V." (BIG). Der Regionalbereich Nord der IGMG schließt Hamburg, Schleswig-Holstein und Teile Niedersachsens ein; ihm werden 17 Moscheen zugerechnet, davon zehn in Hamburg. Die Zentrale des Bereichs befindet sich in Hamburg (Böckmannstraße, Stadtteil St. Georg). 166 Die Mitgliederzahl in Hamburg wird auf etwa 1.000 geschätzt. Die Anhängerschaft im weiteren Sinne, nämlich Personen, die sich als Gemeindemitglieder betrachten, dürfte weitaus höher sein. Die IGMG hat mehr als 15 formal selbständige Vereine in Hamburg. Einige von ihnen sind Trägervereine von Moscheen, andere sollen verschiedene Zielgruppen erreichen, z.B. Frauen, Jugendliche, Studenten, Unternehmer und Akademiker. Mit ihren Angeboten will die IGMG die Muslime, insbesondere die Jugendlichen vor der pluralistischen Gesellschaft "schützen" und wirkt dabei ihrer Integration entgegen. Die IGMG will ihren Einfluss auch durch Mitarbeit in Zusammenschlüssen mit nicht extremistischen Organisationen geltend machen. In Hamburg wirkt sie im "SCHURA - Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V." mit und stellte dort auch schon den Vorsitzenden. Dieses 1999 gegründete Organisationsbündnis verfolgt das Ziel, die verschiedenen islamischen Gruppen und Vereine aller Nationalitäten unter einem Dach zu vereinen. Auf Bundesebene engagiert sich die IGMG u.a. in dem seit 1986 bestehenden "Islamrat" mit Sitz in Bonn. 4.3.2 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB) - ("Der Kalifatsstaat") Der Verband ist aus einer Abspaltung der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) entstanden und hat sich 1985 unter der Bezeichnung ICCB ("Islami Cemaat ve Cemiyetler Birligi") in Köln vereinsrechtlich angemeldet. Er strebt in einem "Kalifatsstaat" die Weltherrschaft der Muslime an. Bei einer weltweiten islamischen Revolution sollen alle anderen Regierungen - vor allem die türkische - gestürzt und durch eine islamische Ordnung ersetzt werden. Der Koran soll das Fundament des angestrebten Got167 tesstaates bilden. 1992 hatte der - 1995 verstorbene - Cemaleddin KAPLAN den "Föderativen Islamstaat Anatolien" (AFID) ausgerufen und sich selbst zum Kalifen ernannt. Unter Metin KAPLANs Führung, der die Nachfolge seines Vaters im ICCB als selbsternannter "Kalif der islamischen Welt in Deutschland" und "Hirt aller Muslime" angetreten hat, wird inzwischen die Organisationsbezeichnung "Hilafet Devleti" ("Der Kalifatsstaat") gepflegt. Die Organisation hat nach einem jahrelang andauernden Mitgliederschwund zurzeit noch etwa 1.100 Mitglieder (1995 etwa 3.800). In Düsseldorf Metin KAPLAN konnte sie im November zu einer Demonstration allerdings über 4.000 Personen mobilisieren. Metin KAPLAN behauptete - u.a. im Verbandsorgan "Ümmet-iMuhammed" (Die Gemeinde Mohammeds) und auf der Homepage des "Kalifatsstaates" -, dass Kommunismus, Kemalismus und Demokratie als Produkte des Zionismus die Hauptfeinde des Islam seien und Muslime, die sich für ihren Glauben engagierten, abschrecken, vernichten und ausrotten wollten. KAPLAN hatte mehrere "Fetva" (Rechtsgutachten eines Muftis) verkündet, in denen er zum gewaltsamen Kampf aufrief und Deutschland drohte, dem "Erdboden gleichgemacht" zu werden. Zu Metin KAPLANs härtesten Kritikern gehörte der am 08.05.1997 in Berlin von Unbekannten ermordete Abtrünnige und selbsternannte "Gegenkalif" Halil SOFU. Mehreren polizeilichen Durchsuchungen von Verbandsräumen und der Kölner Moschee des "Kalifatsstaates" sowie Ermittlungen gegen ICCB-Mitglieder wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Mordes an SOFU und anderer Straftaten folgte am 25.03.1999 die Festnahme KAPLANs. Seitdem gab es immer wieder Solidaritätsbekundungen im Verbandsorgan und mehrere Demonstrationen für die Freilassung des "Kalifen", so in 168 Karlsruhe und Düsseldorf. In dieser Publikation wird KAPLAN als "Ruhmreicher Glaubenskämpfer", "Großer Kommandant" und "Schrecken der Ungläubigen" verherrlicht. Ihm wird versichert, dass Anhänger "zur Selbstaufopferungskampagne herbeieilen" würden. Dem Generalbundesanwalt wurde eine feindliche Haltung gegen den Islam und die Muslime vorgeworfen; das sei gleichbedeutend mit einem "Krieg gegen Allah". Die deutsche Justiz versuche, den Muslimen den Mund zu verbieten und ergreife Partei für das "grausame, despotische, kemalistische Mafiaund Bandenregime in der Türkei, dessen Politiker für Verlogenheit, Wucher, Räuberei und Gemetzel" bekannt seien. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht wurde als "Oberlandestheater" verunglimpft und die deutschen Gesetze als "irrelevant", weil nur der Koran das Maß aller Dinge sei. Der Generalbundesanwalt klagte KAPLAN und zwei Verbandsfunktionäre im August 1999 wegen Rädelsführerschaft bzw. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und öffentlichen Aufrufs zu Straftaten (Mord in Berlin am 08.05.97) an. Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf begann im Februar 2000. KAPLAN erhielt am 15.11.2000 wegen zweifacher öffentlicher Aufforderung zu Straftaten gem. SS 111 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Sein untergetauchter Stellvertreter wurde in Abwesenheit wegen mittäterschaftlich begangener öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In Hamburg gibt es nur vereinzelte, nicht fest in die Organisation eingebundene ICCB-Anhänger. 5. Iraner 5.1 Allgemeines In Deutschland leben etwa 116.000 iranische Staatsangehörige, in Hamburg ca. 14.000 (Stand jeweils: 31.12.99). Sie stellen damit in Hamburg nach Türken, Jugoslawen, Polen und Afghanen die fünftgrößte Gruppe von Ausländern. Ein kleiner Teil von ihnen engagiert sich politisch für, ein anderer gegen die iranische Regierung. Nach der "Islamischen Revolution" im Februar 1979 und der Rückkehr KHOMEINIs in den Iran wurde am 01.04.1979 die Islamische Republik Iran ausgerufen. Ihr besonderes Merkmal ist die in der Verfassung verankerte "Herrschaft des Rechtsgelehrten", allgemein bekannt unter dem Begriff 169 "Revolutionsführer". Dieses hohe Amt wird zurzeit von dem 1989 auf Lebenszeit - nicht vom Volk, sondern vom sog. "Expertenrat" - gewählten Ayatollah KHAMENEI ausgeübt. Er gilt als irdischer Statthalter des "entrückten" 12. Imam, Vollzieher göttlicher Gebote auf Erden und höchste geistliche und weltliche Autorität. Damit ist er gleichsam die Verkörperung der ideologischen Reinheit des islamischen Systems nach innen und außen und die mit Abstand mächtigste Institution im Iran. Die schiitische staatliche Grundorientierung prägt das private und staatliche Leben in der Islamischen Republik Iran. Während die Schiiten im Iran gegenüber den Sunniten dominieren, bilden sie im weltweiten Maßstab nur eine Minderheit von etwa 15 % aller Muslime. Seit 1997 ist Mohammed KHATAMI iranischer Präsident; er gilt als reformorientiert. Präsident KHA TAMI war von 1979 bis 1981 Leiter des "Islamischen Zentrums Hamburg" (Ü 5.2). Herzstück der von ihm initiierten Reformen war die Pressefreiheit. Nachdem Mitte 1999 das Pressegesetz verschärft und die kurz darauf folgenden Massenproteste von den Machthabern gewaltsam beendet worden waren, kam es seit April 2000 allerdings zur Schließung von rund 30 liberalen bzw. reformorientierten Zeitungen, mehrere Verleger und Journalisten wurden verhaftet. KHAMENEI zufolge sei die Reformpresse zu einem "Brückenkopf einer Infiltration der islamischen Republik durch fremde, säkulare Werte" verkommen (NZZ 16.12.2000). Mittlerweile ist die Enttäuschung über ausgebliebene Reformen, die Unterdrückung der oppositionellen Presse und die Verhaftung von Dissidenten innerhalb der iranischen Bevölkerung groß. KHATAMI räumte im November 2000 ein, dass er als Haupt der Exekutive nicht ausreichend Macht habe. Er nannte die Justiz des Landes als Beispiel für verfassungswidrige Praktiken. KHOMEINIs Revolutionsziele sind bis heute verfassungsmäßig verankerte Leitlinien: Machtbehauptung, Unterdrückung/Ausschaltung von Opposition, Export der islamischen Revolution, Sturz "dekadenter" (westlich beeinflusster) Regierungen in der islamischen Welt, Islamisierung der gesamten übrigen Welt. 170 Der Iran ist Leitbild für einige islamische Bewegungen in anderen Staaten der islamischen Welt.. Für eigene politische, wirtschaftliche und kulturelle Schwächen werden die "dekadenten" und "satanischen" Kolonialund Supermächte - allen voran die USA als "großer Satan" - verantwortlich gemacht. Nach KHOMEINIs Vermächtnis werden die "Feinde des Islam" von den "terroristischen" USA angeführt, deren Verbündeter ist danach der "internationale Zionismus". Dem Westen gegenüber aufgeschlossene arabische Politiker gelten als "Kriminelle im Dienste Amerikas und Israels" bzw. als "Verräter". Eine "zionistische Weltverschwörung" gehört zum Feindbild maßgeblicher Teile des Klerus. Diese befürworten die Fortsetzung des "Heiligen Krieges" (Jihad), bis die von Israel besetzten Gebiete und Jerusalem "vollständig befreit" seien. Muslime seien verpflichtet, das "zionistische Regime" und dessen Unterstützer Amerika zu bekämpfen. 5.2 Regierungsseitige Bestrebungen; Anhänger der iranischen Regierung Die Bekämpfung von Dissidenten und Oppositionellen im Inund Ausland (durch nachrichtendienstliche Beobachtung, Infiltration und Schwächung bis hin zu direkter Gewalt) hat auch vor Liquidierungen nicht Halt gemacht. Sie haben diejenigen getroffen, die nach Ansicht des Regimes kulturelle und religiöse Werte der islamischen Revolution in Frage stellen. Eine Serie von Morden Ende 1998 im Iran an iranischen Intellektuellen und Schriftstellern scheint inzwischen aufgeklärt zu sein. Erstmals in der Geschichte des revolutionären Iran räumte das "Informations-Ministerium" (Geheimdienst-Ministerium) am 05.01.99 ein, dass ein Verschwörernetz aufgedeckt worden sei. Diesem hätten auch "unverantwortliche, bösartige und eigenwillige Kollegen des Ministeriums" angehört, die "von unbekannten Agenten als Werkzeug benutzt" worden seien, um "Ziele von Ausländern" durchzusetzen. Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes legten im vergangenen Jahr Geständnisse ab. Unwidersprochen blieb die Version von "ausländischen Mächten" als eigentlichen Urhebern und Drahtziehern. Iranischen Sicherheitsdiensten werden Mordanschläge auf führende, im Ausland lebende Oppositionelle zugerechnet. Solche Verbrechen gelten aus offizieller Sicht als legitim zur Wahrung iranischer Interessen. Der ehemalige iranische Minister für Nachrichtendienstund Sicherheitsangelegenheiten, Ali FALLAHIAN, ist für die Ermordung von vier Oppositionellen in Berlin (1992, Lokal "Mykonos") mitverantwortlich. 171 Elf Jahre nach dem ersten Mordaufruf hat die "Stiftung 15. Khordad" im Iran erneut die - vom verstorbenen Revolutionsführer KHOMEINI erlassene - "göttliche Fatwa" (Rechtsgutachten) gegen den Schriftsteller Salman RUSHDIE ("Satanische Verse") bekräftigt. Alle Muslime weltweit werden dazu aufgefordert, sie zu vollstrecken. Dem iranischen Außenminister zufolge beabsichtigen die iranischen Behörden nicht, das Todesurteil gegen Rushdie aufzuheben; vielmehr sei die Fatwa nie in Frage gestellt worden. Der Iran unterstützt islamische Revolutionen bzw. islamische "Befreiungsbewegungen" in anderen Staaten, um prowestliche und laizistische Regime im Nahen und Mittleren Osten zu destabilisieren und die islamische Revolution zu 'exportieren'. Terroranschläge der "Islamischen Widerstandsbewegung" (HAMAS) in Israel wurden als "göttliche Vergeltung" und "gerechte Strafe" ausgelegt. Die iranische Regierung distanzierte sich zwar von mehreren Attentaten radikaler Palästinenser in Israel, verurteilte sie aber nicht. Der Führer der im Libanon mit iranischer Hilfe gegründeten HIZB ALLAH ("Partei Gottes"), Scheich Hassan NASRALLAH, hatte 1996 die anhaltende iranische Unterstützung für seine Organisation erstmals öffentlich zugegeben. Demonstration zum "QODS-Tag" in Berlin 172 Islamisches Zentrum Hamburg (IZH) Für den Export der islamischen Revolutionsidee spielt in Deutschland das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) - Träger der "Imam-Ali-Moschee" - eine wichtige Rolle: Zum Beispiel als Propagandazentrum und europaweit hochrangige Verbindungsstelle der Islamischen Republik Iran. Die jeweiligen Leiter der Moschee bzw. des IZH werden im Iran bestimmt. Es gibt Anhaltspunkte für Versuche des Iran, andere Moscheen in Deutschland durch finanzielle oder organisatorische Unterstützung zu beeinflussen. Regierungstreue Iraner und Muslime anderer Nationalitäten wie Anhänger der HIZB ALLAH) besuchen das IZH zu Versammlungen, Gebeten, Vorträgen, Seminaren, Lesungen, islamischen Festen und Trauerfeiern. Obwohl die offizielle Seite Toleranz und Offenheit bekräftigt, ist eine antiwestliche Agitation unverkennbar. Der Machtkampf im Iran zwischen "Reformern" und "Hardlinern" ist auch im Islamischen Zentrum ein Thema. Das IZH ist Mitorganisator der jährlich im Bundesgebiet stattfindenden Großdemonstration zum "Jerusalem-Tag". An diesem von KHOMEINI ins Leben gerufenen "QODS-Tag" soll allen Muslimen die Wiedereroberung Jerusalems und seine Befreiung vom Zionismus als Ziel vor Augen geführt werden. Am 03.01.2000 und am 23.12.2000 demonstrierten in Berlin etwa 1.600 bzw. 2.500 Muslime (aus Hamburg kamen etwa 150 bis 200 Teilnehmer, u.a. Iraner, Türken, Araber), größtenteils Anhänger islamischextremistischer schiitischer Organisationen. Sprechchöre in deutscher Sprache lauteten u.a.: * Juden sind Terroristen - Amerikaner sind Faschisten * Kindermörder Israel * Tod für Israel * Tod für Amerika. 173 5.3 Gegner der iranischen Regierung 5.3.1 Allgemeines Die breit gefächerte iranische Opposition in Deutschland umfasst u.a. Anhänger des ehemaligen Schahs, Marxisten, Maoisten, Trotzkisten sowie ideologisch Unabhängige. Die iranische Führung unternimmt viel, um Opposition zu unterdrücken, zu schwächen und auszuschalten. Daher haben Oppositionelle kaum Chancen, in ihrer Heimat offen aufzutreten und handlungsfähig zu werden - beispielhaft hierfür ist das Niederschlagen der Studentenunruhen im Iran im Juli 1999. Überdies ist die Exilopposition zersplittert, zu keiner dauerhaften Kräftebündelung fähig. Die meisten Gruppen können sich im Iran nur auf eine schmale Basis stützen und agieren daher vom Ausland aus. Zentrales Thema der iranischen Opposition in Deutschland war im Jahr 2000 der Besuch des iranischen Staatspräsidenten KHATAMI vom 10. bis 12.Juli. Wie schon seine Reisen im März 1999 nach Rom und im Oktober 1999 nach Paris löste sein Deutschlandbesuch beträchtliche Proteste im gesamten iranischen Oppositionsspektrum aus. Aus Erfahrungen mit vorausgegangenen Staatsbesuchen iranischer Politiker im Ausland resultierten massive Sicherheitsmaßnahmen. Neben Aktivitäten der Volksmodjahedin Iran (Ü 5.3.3) gab es auch Aktionen anderer iranischer Oppositionsgruppen wie der maoistischen "Sarbedaran" und der marxistisch-leninistischen "Arbeiterkommunistische Partei Iran" (AKP-Iran; AKP-I Ü 5.3.2); von ihnen gingen bislang keine sicherheitsrelevanten Aktivitäten aus. In der Jahresmitte forderte ein Flugblatt "Schickt das islamische Regime Irans zur Hölle ! Kampf dem Deutsch-Imperialismus !" Verfasst hatte es der "Kommunistische Bund Irans" (Sarbedaran), Mitgliedsorganisation der "Revolutionären Internationalistischen Bewegung" (RIM). In dem Papier hieß es zum bevorstehenden Besuch des iranischen Staatspräsidenten: "Diesmal werden wir nicht ruhig bleiben; wir werden protestieren; wir werden die Straßen Berlins durch unseren Kampf zum Beben bringen!". Strenge Sicherheitsvorkehrungen verhinderten allerdings die ankündigten Aktionen. "Sarbedaran" - ein kleiner Personenkreis - sieht sich als internationalistische und revolutionäre Organisation im gemeinsamen Kampf mit anderen internationalistisch und antiimperialistisch orientierten Gruppierungen. 174 5.3.2 AKP-I ie 1991 gegründete marxistisch-leninistische "Arbeiterkommunistische Partei Iran"(AKP-Iran bzw. AKP-I) bezeichnet sich als eine "antireligiöse" und "antiislamische" Partei. Sie sieht die "Notwendigkeit der Bekämpfung des Regimes auf allen Ebenen", um die iranische Regierung zu stürzen. Sie machte in Hamburg bislang nur mit gelegentlich verbreiteten Flugblättern sowie mit zwei Farbanschlägen auf das Büro der "Iran Air" im September 1998 und Dezember 1999 auf sich aufmerksam. Sie kann in Hamburg etwa 100 Personen mobilisieren. Vom 07. bis 09.04.2000 fand in Berlin eine mehrtägige Diskussionsveranstaltung der "Heinrich-Böll-Stiftung" mit prominenten Gästen aus dem Iran zum Thema "Iran nach den Wahlen - die Reformdynamik in der Islamischen Republik" statt. Dagegen gab es Protestkundgebungen, u.a. von Anhängern der AKP-I, in deren Verlauf es massive Störungen in Form von lautstarken Zwischenrufen und Sprechchören sowie provokativen Aktionen gab. Ein zusammengeschnittener Bericht im iranischen Fernsehen stellte die in Berlin auftretenden Reformer mit den Protestierern gleich. Die konservative Presse verunglimpfte sie als "Feinde des Islam". Die aus dem Iran angereisten Veranstaltungsteilnehmer wurden nach ihrer Rückkehr in Teheran verhaftet. Mehrere von ihnen wurden inzwischen zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Sektion Deutschland der "Arbeiterkommunistischen Partei Irans" machte bereits im Januar 2000 auf ihrer Homepage auf den "in den nächsten Tagen" erwarteten Besuch des Staatspräsidenten des "islamischen Terrorregimes im Iran" in Berlin hin. "Wir werden versuchen, mit allen unseren Kräften diese Reise zu verhindern", erklärte sie in einem Flugblatt. Eine kleinere Kundgebung am 10. Juli 2000 sowie eine zentrale Demonstration mit ca. 220 Teilnehmern am 11. Juli blieben ohne nennenswerte Vorkommnisse. Die Festnahme einiger Anhänger der AKP-I, die Plakate mit beleidigenden Aufschriften gezeigt hatten, erregte vorübergehend die Gemüter der Demonstrationsteilnehmer. Einer im Internet verbreiteten Erklärung zufolge (die als Kontakt einen in Hamburg ansässigen Funktionär angab) sei die Demonstration der AKP-I am 11.07.2000 in Berlin u.a. von "Hambastegi" (=Internationale Födera175 tion Iranischer Flüchtlinge; Nebenorganisation der AKP-I) unterstützt worden. Weiterhin heißt es in dieser Erklärung: "Trotz der Aufhebung des Schengener Vertrages und vieler anderer Hinderungsmaßnahmen konnten mehrere Hundert freiheitsliebende Menschen, Sozialisten und Kommunisten sich vor dem Schlossplatz einfinden und gemeinsam ihr Entsetzen, ihren Protest gegen die Einladung des Präsidenten des terroristischen iranischen Regimes äußern ! Wie erwartet kamen auch, um die friedlichen Demonstrationen zu provozieren, tausende Polizisten und Scharfschützen von Spezialeinheiten der deutschen Polizei, um Adolf Hitlers Nachfolger im Iran, Mohammad Chatamie einen angenehmen Aufenthalt in der Bundesrepublik zu ermöglichen" 5.3.3 Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) Der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) bzw. die darin dominierenden "Volksmodjahedin Iran" waren als Gegner der einstigen Schah-Diktatur 1979 an KHOMEINIs Revolution beteiligt, standen jedoch nach dem Umsturz in Opposition zur neuen Regierung. Sie sehen sich als "d e r iranische Widerstand", der als demokratische Alternative einen laizistischen und demokratischen Staat im Iran errichten will. Dieses Ziel streben sie aber auch mit terroristischen Mitteln an, indem sie Regierungsanhänger und -funktionäre töten, Objekte der Infrastruktur zerstören und die Revolutionsgarden angreifen. Die "Volksmodjahedin Iran" lehnen jede Zusammenarbeit mit anderen Oppositionsgruppen oder regimekritischen Einzelpersonen ab. Eine 1987 gegründete, im Irak mit etwa 35.000 Kämpfern (Eigenangabe November 1999 nach AP) stationierte "Nationale Befreiungsarmee" ("National Liberation Army", NLA), unterhält im Iran selbst ein Widerstandsnetz. In der Propaganda der OrganisaMojahed-Symbol tion haben Meldungen über Menschenrechtsverletzungen und 176 Hinweise auf angebliche wie tatsächliche Terrorakte der iranischen Regierung zentrale Bedeutung. Aktuell richtet sie sich verstärkt gegen KHATAMI, dessen Liberalisierungsinitiativen im krassen Gegensatz zu ihrer Darstellung des iranischen Regimes stehen. Die "Volksmodjahedin Iran" geben sich in ihrer Propaganda als eine Art Staatsführung im Wartestand und versuchen, sich als - für den Westen unterstützungswürdige - politische Alternative, die für Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Pluralismus, Gleichberechtigung steht, darzustellen. Dabei geben sie die militärische Option gegen die "Mullah-Diktatur" nicht auf. Ihren Anhängern vermitteln sie den bewaffneten Kampf der NLA als einzig erfolgversprechende Strategie zum Sturz des iranischen Regimes. Hoffnungen auf Veränderungen durch Reformen oder Parlamentswahlen gelten in der Organisation als illusionär. Ein wichtiges Anliegen der Volksmodjahedin ist es, Aktivitäten des "Geheimdienstministeriums des klerikalen Regimes" aufzudecken. Eigens dafür gibt es einen "Ausschuss für Antiterrorismus", der solche Informationen sammelt, auswertet und veröffentlicht. Nach ihrer Auffassung führt das Ministerium eine Desinformationskampagne gegen im Exil lebende Iraner, insbesondere gegen "den iranischen Widerstand". In Schreiben vom Dezember 2000 - u.a. an den Senator der Behörde für Inneres in Hamburg - wird behauptet, verbesserte Beziehungen "der Mullahs" zu einer Reihe von europäischen Staaten hätten dazu geführt, die Überwachung geheimdienstlicher Aktivitäten des Iran in diesen Ländern zu reduzieren. Deshalb seien iranische Agenten in der Lage, z.B. als Journalisten getarnt zu operieren. In diesem Zusammenhang wurde ein Journalist aus London genannt: Er sammele als Mitarbeiter des Ministeriums Informationen über die iranische Gemeinde und sei so Teil der Desinformationskampagne gegen "den iranischen Widerstand". Der Journalist wurde am 02.12.2000 bei einer Vortragsveranstaltung in Bremen von mutmaßlichen Anhängern des NWRI als "Verräter" beschimpft, mit Farbeiern beworfen und körperlich attackiert. Die Führung der Organisation sieht in Farbeierattacken und verbalen Beleidigungen ein legitimes Mittel für ihren Protest gegen die iranische Regierung. Dieser Linie folgend, bekannte sich das "Secretariat of the National Council of Resistance of Iran" am 19.11.2000 zu einem Angriff mit faulen und mit Farbe gefüllten Eiern auf Mohsen MIRDAMADI, Leiter des Auswärtigen Ausschusses des iranischen Parlamentes, bei einem kurzen Aufenthalt in Hamburg. 177 Massoud und Maryam RADJAVI; Leiter der "Volksmodjahedin Iran" Anhänger der "Volksmodjahedin Iran" sind seit Mitte der Achtzigerjahre in Deutschland in der "Iranisch Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (IMSV, Sitz: Köln) organisiert. Die deutsche NWRI-Zentrale und das "Büro für internationale Beziehungen der Volksmodjahedin Iran" residieren ebenfalls in Köln. Die Hamburger Basis, zuständig für Norddeutschland, organisierte interne Veranstaltungen mit bis zu 300 Teilnehmern. Der NWRI nutzt lokale und überregional tätige Vereine als unverdächtig scheinende Fassade gegenüber Behörden und möglichen Geldspendern. Über Straßensammlungen beschafften u.a. die IMSV, die "Flüchtlingshilfe Iran" (FHI) und der "Verein zur Eingliederung iranischer Flüchtlinge" (VEIF) Geld, das vermutlich auch in die notorisch notleidenden Kassen des iranischen Widerstandes fließt. Auch der "Verein Iranischer Demokratischer Akademiker" (VIDA), die "Frauen für Demokratie im Iran", der "Verein zur Förderung der Musik im Iran" (VFMI) und die "Gesellschaft iranischer Flüchtlinge" dienen punktuell Belangen des NWRI. 178 Teile der Hamburger Anhänger waren bei mehreren überregionalen demonstrativen Aktionen präsent, so z.B. anlässlich des Besuches des iranischen Staatspräsidenten KHATAMI in Berlin Anfang Juli 2000. Bereits im Vorfeld des Besuches wurde mit Plakaten protestiert, auf denen u.a. die Aussage "KHATAMI ist ein Mörder" zu lesen war. Zur - vom VIDA angemeldeten - Großdemonstration am 10.07. kamen etwa 7.000 Personen aus ganz Europa (nach Eigenangaben des NWRI 20.000). Versuche, den Besuchsablauf durch militante Aktionen zu stören, konnten von den SicherDemonstration in Berlin gegen den heitsbehörden verhindert Khatami-Besuch werden. Es kam zu zahlreichen Festnahmen und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. Auch nach dem Besuch riss der Protest nicht ab. So wurden bei einer unangemeldeten Spontanaktion "gegen Tötungen im Iran" am 2.9.2000 vor dem iranischen Generalkonsulat Hamburg zwei Stoffpuppen verbrannt, die KHAMENEI und KHATAMI darstellten. Die Publikation "Mojahed" berichtete in der Ausgabe Nr. 511 von gleichzeitigen Protestaktionen der "Anhänger des Widerstandes". Diese hätten aus Solidarität mit dem aufständischen Volk von Khorramabad vor Botschaften und Konsulaten des Mullahregimes in Oslo, Stockholm, London, Den Haag, Bern, Bonn, Frankfurt, Hamburg und Rom solche Puppen verbrannt. 179 Propaganda und Eigenwerbung kamen im Jahr 2000 nicht mehr über den in den Vorjahren intensiv genutzten 'Offenen Kanal' Hamburg (frühere Fernsehsendungen: "Aihneh-e Iran" und "Omide Iran"). Stattdessen wurde - in englischer Sprache - verstärkt über das Internet Propaganda betrieben. Die organisationseigene Homepage enthält u.a. umfassende Informationen zur Geschichte, zum Programm, zur NLA sowie aktuelle Nachrichten und Statements zu militärischen/terroristischen Aktionen im Heimatland. In der ersten Jahreshälfte wurde das Internet genutzt, um per E-Mail z.B. eine Unterschriftenkampagne gegen den Deutschlandbesuch KHATAMIs zu starten. Alternativ war es auch möglich, die Unterschrift direkt an - vom VIDA angemeldeten - Informationsständen in der Hamburger Innenstadt zu leisten. 6. Araber 6.1 Palästina-Konflikt Die Ende September 2000 in Israel und den palästinensischen Gebieten ausgebrochene sogenannte AlAqsa-Intifada fand sowohl bei Hamburger Muslimen diverser Nationalitäten als auch bei säkularen arabischen Organisationen Resonanz. Dies machte deutlich, dass der NahostKonflikt auch eine religiöse Auseinandersetzung ist. Ausgelöst wurde die gewalttätigen Auseinandersetzungen (die inzwischen etwa 400 Menschenleben gefordert haben) durch den Besuch des israelischen Likud-Politikers Ariel Scharon am 28.09.2000 auf dem Tempelberg im Herzen 180 Jerusalems. Dort befinden sich neben der Mauer des ersten jüdischen Tempels (Klagemauer) die muslimischen heiligen Stätten, die Al-AqsaMoschee und der Felsendom. Jerusalem, genannt Al-Quds ("die Heilige"), gilt nach Mekka und Medina als die drittheiligste Stätte im Islam. Am 28.09.2000 entluden sich lang angestaute Frustrationen, nachdem bei den bisherigen Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern Lösungen ausgeblieben und die Verhandlungstaktik der israelischen Regierung scharf kritisiert worden war. Gleichsam mit einem Schlag waren alle zerstrittenen palästinensischen Fraktionen in ihrem Hass auf "die Unterdrücker" geeint. Der sog. Friedensprozess wurde zumeist nur noch als Unterdrückung und Okkupation auf vertraglicher Ebene angesehen. Insbesondere nach dem Ausbruch der "Al-Aqsa-Intifada" wurde nicht nur in islamistischen Kreisen Hamburgs über den Abbruch der Friedensverhandlungen und den "Jihad" bis zur völligen Vertreibung der Juden aus Palästina diskutiert und aktive Unterstützung für den Kampf gegen "die Unterdrücker" gefordert. Die vielen Opfer - vor allem unter jugendlichen Palästinensern - lösten einen breiten Solidarisierungseffekt aus. Bei Demonstrationen im Oktober 2000 in Hamburg "für einen gerechten Frieden im Nahen Osten" und "gegen das Blutvergießen in Palästina" mit bis zu 1.800 Teilnehmern der unterschiedlichsten Nationalitäten wurde eine zum Teil sehr aufgebrachte Stimmung deutlich. Mit dem Verbrennen von israelischen und amerikanischen Flaggen, Farbschmierereien ("Tod den Juden"), Plakaten ("Kindermörder Israel") sowie der vergleichenden Symbolik "Davidstern gleich Hakenkreuz" wurden nicht nur antiisraelische und antiamerikanische, sondern auch antijüdische Tendenzen deutlich dargestellt. Der Vergleich zwischen dem Davidstern und dem Hakenkreuz soll Israel des Rassismus bezichtigen; "Massaker an den Palästinensern" seien mit den Gräueltaten HitlerDeutschlands an den Juden vergleichbar. 181 6.2 HAMAS Die zum islamistischen Lager gehörende HAMAS (Akronym aus "Harakat Al-Muqawama Al-Islamiya" = "Islamische Widerstandsbewegung") ist eine - 1987 gegründete - Organisation der sunnitischen "Muslimbruderschaft" (MB). Sie ist der Überzeugung, dass Palästina im bewaffneten Kampf gegen die "zionistischen Okkupatoren" befreit werden muss. Ihr militärischer Arm, die "Izzedin-al-Kassem-Brigaden", ist für Terroraktionen verantwortlich. Mehrere Attentate der HAMAS bzw. ihres militärischen Arms in Israel sollen die Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern verhindern, zumindest beeinträchtigen. Der geistliche Führer und Gründer der HAMAS, Scheich Ahmed YASSIN, unterstrich mehrfach auf internationaler Ebene, bewaffnete Aktionen bis zum völligen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten für notwendig zu halten. Im Rahmen der "Al-Aqsa-Intifada" bekannte sich die HAMAS zu mehreren Anschlägen in Israel. Üblicherweise konzentriert sich die Anschlagspolitik der HAMAS nur auf Israel und die besetzten Gebiete. Für eine Erweiterung dieser Politik auf Ziele außerhalb Israels spricht eine Äußerung von Khaled MISHAL, Vorsitzender des Politischen Komitees der HAMAS und Mitglied des Rates der Organisation. Am 30.09.2000 forderte er in einem Interview mit Radio Monte Carlo jedermann auf, gegen die zionistische Aggression vorzugehen - nicht nur gegen die Zionisten in Palästina, sondern auch gegen Ziele auf der ganzen Welt. Auf die Frage, ob Anschläge in Israel verübt würden, antwortete er, es sei das Recht des palästinensischen Volkes, auf jede Art Vergeltung an den Zionisten zu üben. Die HAMAS wird u.a. von Anhängern aus dem europäischen Ausland finanziell unterstützt. Die im Bundesgebiet lebenden HAMAS-Anhänger haben neben der agitatorischen Tätigkeit die Aufgabe, Geld für den Kampf in der Heimat zu beschaffen. In Hamburg ist die HAMAS mit etwa einem Dutzend Personen vertreten, die sich u.a. in Moscheen im Stadtteil St. Georg treffen, öffentliche Aktionen jedoch meiden. 182 6.3 Hizb Allah Die Hizb Allah wurde 1982 auf Betreiben des Iran gegründet und erhält auch heute noch von dort vor allem politische Unterstützung. Sie will im Libanon eine islamische Republik nach iranischem Vorbild installieren und ist massiv gegen Friedensverhandlungen. Sie versteht sich als Speerspitze im Kampf gegen die israelische Besetzung und verfolgt das Ziel, den Staat Israel auszulöschen und Jerusalem zu "befreien". Mit Selbstmordanschlägen gegen US-amerikanische und französische Friedenstruppen (1983) erzwang die Hizb Allah den Rückzug internationaler Truppen. Insbesondere bei Autobombenexplosionen oder aus Hinterhalten wurden in der südlibanesischen Sicherheitszone Dutzende israelische Soldaten getötet. Sie verübte im Südlibanon wiederholt Anschläge gegen dort stationierte israelische Truppen und griff vom Südlibanon aus den Norden Israels an. Im Mai 2000 zog Israel seine Truppen aus dem Südlibanon innerhalb weniger Tage zurück und hinterließ ein Sicherheitsvakuum, das die Hizb Allah schnell zu füllen vermochte. Der Partei-Chef NASRALLAH, Sieger im zähen Widerstandskampf gegen die israelische Besetzung Südlibanons, empfahl den Palästinensern, ihren Aufstand zum bewaffneten Widerstandskampf auszubauen. Anlässlich einer Solidaritätskundgebung in Beirut predigte er sinngemäß: "Anstatt Euch von den Israelis totschießen zu lassen, müsstet Ihr sie zuerst angreifen und zu töten versuchen". Die Strategie müsse die gleiche sein wie im Südlibanon, nämlich den Israelis jedes Gefühl der Sicherheit in ihren befestigten Stützpunkten und in ihren Siedlungen zu rauben. Die Hizb Allah sei bereit, solche Anstrengungen zu unterstützen. In Hamburger Moscheen wurden Aktionen der Hizb Allah in der Region (z.B. die Entführung israelischer Soldaten bzw. eines Agenten im Herbst 2000) mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. Ihr Prestige ist gewachsen. Inzwischen wird die Organisation als Heldin betrachtet. 183 Die im Rahmen einer die "Al-Aksa-Intifada" unterstützenden Demonstration in Hamburg im Oktober 2000 gezeigte Hizb Allah-Symbolik macht auch, fern von der Krisenregion, deutlich, dass seit dem Rückzug der Israelis aus dem Südlibanon der von der Organisation gewonnene Guerillakrieg gegen Israel vielerorts als Erfolgsmodell gilt. Die Hizb Allah wurde dafür zum Vorbild, dass Gewalt gegen Israel irgendwann einmal Früchte trägt. Aus Hizb Allah-Publikation "Al Ahd": Zerstörung Israels und Eroberung Jerusalems - symbolisch plakatiert. Sinngemäße Bildunterschrift: "Auf nach Jerusalem" 184 6.4 Multinationale Gruppierungen 6.4.1 Muslimbruderschaft Die sunnitische "Muslimbruderschaft" (MB, arabisch: "al-Ikhwan al-Muslimun") wurde 1928 in Ägypten gegründet und verbreitete sich auf nahezu alle arabischen Staaten. Sie ist Ursprung vieler islamistischer Bewegungen im Nahen Osten und erstrebt streng an der islamischen Gesetzgebung ausgerichtete Staatsformen. Ihrer Ansicht nach noch unislamische arabische Regime müssen zuvor gestürzt werden. Anhänger der MB kämpften in Syrien und in Afghanistan, wurden im Jemen aktiv und verbreiteten Schriften in den Kaukasusrepubliken mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil. In Ägypten ist die MB verboten, wurde aber jahrelang geduldet. Inzwischen geht die ägyptische Regierung gegen die MB vor, weil sie eine "terroristische Konspiration gegen die Sicherheit und Stabilität Ägyptens" eingeleitet habe. Insbesondere in den nordafrikanischen Staaten haben sich neben zahlreichen unberechenbaren militanten Kleingruppen beständige regionale MBZweige herausgebildet, darunter die algerische "Islamische Heilsfront" (FIS) und die tunesische "En Nahda". Auch die palästinensische "HAMAS" sowie die für Anschläge auf Touristen und Sicherheitskräfte in Ägypten verantwortlichen Gruppen "Jamaat al-Islamiya" (auch "Gamaat Islamiya") und "Al-Jihad Al-Islami ("Islamischer Heiliger Krieg") haben ihren Ursprung in der MB. Im Bundesgebiet sind MB-Angehörige verschiedener arabischer Nationalitäten vorwiegend in islamischen Zentren und in diversen islamischen Vereinigungen organisiert. Sie sind vorrangig daran interessiert, hier Muslime für die MB zu rekrutieren. Gewaltaktivitäten auf deutschem Boden wurden bisher nicht bekannt. In Hamburg existiert ein den syrischen "Islamischen Avantgarden" zugeordneter Verein. 185 6.4.2 Arabische Mujahedin In nahezu allen arabischen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens existieren etwa seit den 70er Jahren islamistische Strukturen, die in ihren Anstrengungen zur "Befreiung Jerusalems" eine gewaltorientierte Tendenz zeigen. Grundsätzlich ist diesen arabisch-islamistischen Gruppierungen eine antijüdische bzw. antizionistische Haltung eigen. Ihnen erscheint das "sogenannte Israel" als ein "zionistisches Gebilde", als ein "Giftstachel im Herzen der Araber und Muslime". Abgrundtiefer Hass tritt beispielsweise in Formulerungen wie "die Juden sind das schmutzigste Volk auf der ganzen Welt und das heilige Land muss vom Schmutz befreit werden" zutage (aus einem Flugblatt der Hizb-ut-Tahrir aus dem Jahr 1999). Für die meisten dieser fanatischen Gruppierungen ist die Zerschlagung Israels und die Eroberung Jerusalems in der Alltagspraxis eher nachrangig. Vorrang haben Veränderungen der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in ihren Ländern im Sinne einer Islamisierung. Die Verfechter eines politischen Islam sind der Überzeugung, dass im Islam ein Entwicklungsmodell angelegt ist, das eine Alternative sowohl zum Kapitalismus als auch zum Kommunismus bietet. Für sie bilden Religion und Politik eine untrennbare Einheit, die in einem islamischen Staat zum Ausdruck kommen soll. Der Islam ist nach dieser Auffassung weit mehr als nur eine Religion. Sie schrecken zum Teil auch nicht vor dem Einsatz terroristischer Mittel zurück. Die deutlichsten Beispiele aus der Vergangenheit sind die mörderische GIA in Algerien, die mit blutigem Terror gegen Touristen in Ägypten vorgehende "Gamaat Islamiya" (Islamische Gemeinschaft) sowie die mutmaßlichen Urheber der Attentate von Kenia und Tansania im August 1998 um den vermutlich von den Taliban in Afghanistan beherbergten Islamisten Usama BEN LADIN. Die bundesweit ca. 2.500 Anhänger umfassenden islamisch-extremistischen arabischen Organisationen machen sich in Deutschland kaum durch öffentliche Aktionen bemerkbar, sondern beschränken sich vornehmlich auf interne Veranstaltungen, erörtern die sie bewegenden Ereignisse im Sinne ihrer ideologisch-religiösen Zielsetzungen und verhalten sich dabei höchst konspirativ. 186 Eine Sonderrolle nehmen die sogenannten "Arabischen Afghanistankämpfer" oder vereinfacht "Mujahedin" (gemeint als Kämpfer für die Sache Allahs, auch: "Gotteskrieger") ein. An den gegen die sowjetischen Streitkräfte gerichteten Kampfhandlungen in Afghanistan in den 80-er Jahren beteiligten sich zahlreiche Islamisten aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Sie durchliefen - zum Teil noch heute existierende - militärische Ausbildungslager in Afghanistan und Pakistan und lernten, den bewaffneten "Heiligen Krieg" (Jihad) zu führen. Die multinationalen Kämpfer fanden danach Verwendung u.a. in Bosnien, Tschetschenien und Kaschmir. Andere gingen in ihre Heimatländer zurück, gründeten dort militante Organisationen bzw. beteiligten sich vor Ort an Kampfhandlungen. Sie waren sozusagen die erste Generation von "Mujahedin". In den neunziger Jahren fokussierte sich der Kampf der "Mujahedin" gegen die USA und Israel. Dieses Kräftereservoir hält sich für weitere Auseinandersetzungen zwischen islamischer und nichtislamischer Welt bereit. Die"Mujahedin"sind gewissermaßen "muslimische Internationalisten",deren Militanz Usama BEN LADIN keiner bestimmten nationalen Sache (Foto: (c) SYGMA verpflichtet ist und deren"Zentralen" sozusagen im Niemandsland liegen. Sie sind multinational, operieren international und zeigen eine geographisch hohe Mobilität. Ein besonderes Kennzeichen dieser Bewegungsind die Bedeutung von persönlichen Kontakten und die globale Netzwerkstruktur. 187 Weihnachten 2000 wurden in Frankfurt am Main vier Mitglieder eines mutmaßlichen Netzwerkes von Mujahedin festgenommen. Bei Wohnungsdurchsuchungen wurden größere Mengen verschiedener Waffen und Munition sowie eine erhebliche Menge Sprengstoff sichergestellt. Sie sind möglicherweise der Gruppierung "Al-Qaida" (Die Basis) des BEN LADIN zuzurechnen. Obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, ist dieser Sachverhalt ein Anhaltspunkt dafür, dass die Planung und Vorbereitung von "Bestrafungsaktionen" gegen Islam-feindliche Personen und Einrichtungen westlicher Staaten auch in Deutschland logistisch unterstützt wird. Es gibt Hinweise darauf, dass es auch in Hamburg Einzelpersonen gibt, die den "Mujahedin" zuzurechnen sind. 6.4.3 Hizb-ut-Tahrir Die zum islamistischen Spektrum zählende multinationale "Hizb ut-Tahrir" (Befreiungspartei; auch "Hizb Al Tahrir al Islami" und "Hizb at-Tahrir") wurde 1953 in Jerusalem von Taqiuddin anNabahani gegründet. Sie lehnt jeglichen Kontakt mit dem "Judenstaat" als "Verrat und Verbrechen" ab und sieht "die Juden" als einen "giftigen Dolch im Herzen der islamischen Nation". Ihre Feindbilder sind ebenso die nach ihrer Auffassung mit Israel und westlichen Regierungen "kollaborierenden Herrscher" der arabischen bzw. islamischen Welt, derer die Muslime sich entledigen müssten. Sie bezeichnet sich als eine "politische Partei, deren Ideologie der Islam und deren Ziel die Wiederaufnahme der islamischen Lebensweise ist. Dies soll durch die Errichtung des islamischen Staates realisiert werden." Damit meint sie das sog. "islamische Kalifat", das es nach dem Sturz des Osmanischen Reiches 1924 wieder zu errichten gelte. Sie bekämpft "den Kolonialismus in all seinen Erscheinungsformen und Bezeichnungen, um die islamische Umma von seiner ideologischen Führung zu befreien und seine politischen, 188 militärischen und wirtschaftlichen Wurzeln aus dem Boden der islamischen Welt auszureißen und die falschen Ansichten, die der Kolonialismus verbreitet hat, dass sich der Islam auf Gottesdienst und Ethik beschränkt, zu korrigieren". Seit mehreren Jahren verbreiten "Hizb ut-Tahrir"-Anhänger in Hamburger Moscheen in St. Georg Flugblätter mit Stellungnahmen zu Geschehnissen in der islamischen Welt und treten als Redner auf. Im Internet ist die Organisation mit einer Homepage vertreten. 6.4.4 Takfir Wa'l Hijra Anhänger der in den frühen 70-er Jahren in Ägypten gegründeten Gruppierung "Takfir Wa'l Hijra" (sinngemäß "Sühnung und Auswanderung") gelten als besonders fanatisch und gewaltbereit. Bereits der Name ist Programm: Da die bestehende Gesellschaft als ungläubig gilt, muss man sie nicht nur wegen ihres Unglaubens verurteilen (takfir), sondern muss - nach dem Vorbild von Mohammeds Auswanderung (hijra) von Mekka nach Medina - auch aus ihr ausziehen bzw. sich von ihr zurückziehen, um die wahre "islamische Gemeinschaft" zu begründen. Aus dieser Gemeinschaft heraus gilt es dann, die ungläubige Gesellschaft und insbesondere ihr Herrschaftssystem zu bekämpfen. Diese islamistische Bewegung entstand in den siebziger Jahren in Ägypten und strebte unter Anwendung von Gewalt bzw. mit terroristischen Mitteln den Sturz der ägyptischen Regierung und die Einrichtung eines islamischen Kalifats an. Durch Maßnahmen der ägyptischen Sicherheitskräfte wurde die Bewegung nahezu aufgelöst. Danach knüpften die verbliebenen Anhänger Verbindungen zu islamistischen Gruppen im Nahen und Mittleren Osten sowie im Maghreb. Einige schlossen sich im Namen des "Jihad" den Afghanistan-Kämpfern an. "Takfir Wa'l Hijra"-Anhänger akzeptieren keine andere Autorität als die des "islamischen Staates". Sie verhalten sich äußerst konspirativ. 189 6.5 Algerien "Islamische Heilsfront" (FIS): Bei der FIS handelt es sich um den regionalen Zweig der MB in Algerien. Sie möchte das Land in einen islamistischen Staat verwandeln und ist dort seit 1992 verboten. Mittels ihres militärischen Arms "Islamische Heilsarmee" (AIS) verfolgte sie dieses Ziel auch mit Gewalt. Die AIS hat sich dem im Juli 1999 in Algerien erlassenen Gesetz zur "Zivilen Eintracht" (auch genannt: "Amnestiegesetz") gebeugt, den bewaffneten Kampf aufgegeben und im Januar 2000 die Selbstauflösung proklamiert. Außerhalb Algeriens wird die FIS durch ihre "Exekutivinstanz der FIS im Ausland" (Leiter: Rabah KEBIR, wohnhaft in Nordrhein-Westfalen) vertreten. In Deutschland verfügt die FIS über wenige aktive Anhänger ohne bekannte Organisationsstrukturen. FIS-Vertreter treten als Redner bundesweit bei Veranstaltungen auf. In Deutschland lebende Anhänger unterhalten Beziehungen zu Gleichgesinnten in anderen westeuropäischen Ländern. "Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA): Die GIA wurde nach dem Verbot der FIS im April 1992 gegründet und vereinigt eine Reihe kleinerer, überwiegend autonomer Gruppen. Auch sie will einen islamistischen "Gottesstaat" Algerien, rivalisiert vielfach mit der FIS und lehnt - im Gegensatz zur FIS - jeglichen Dialog mit der algerischen Regierung rigoros ab. Die GIA ist für zahlreiche Morde an Ausländern und für massenhafte - äußerst grausame und brutale - Mordexzesse an der eigenen algerischen Bevölkerung verantwortlich. Sie geht erbarmungslos gegen alle vermeintlich "Ungläubigen und Abtrünnigen" vor. Die Zahl der Todesopfer des Terrors und der Auseinandersetzungen mit dem Militär wird Jahre nach Beginn der Gewalttätigkeiten auf über 100.000 geschätzt. Schwerpunkte der GIA in Europa sind die ehemalige Kolonialmacht Frankreich so wie Belgien. Ohne bekannte feste Strukturen ist ein Teil der in Deutschland lebenden GIA-Anhänger in die europaweiten, konspirativ agierenden Logistiknetze für den Kampf im Heimatland (Beschaffung von Geld, Fahrzeugen, gefälschten Papieren, Militärgerät) eingebunden. 190 V. Scientology-Organisation (SO) 1. Überblick Seit Juni 1997 wird die Scientology-Organisation nach einem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und - senatoren vom Verfassungsschutz beobachtet. Tatsächliche Anhaltspunkte für politisch bestimmte Bestrebungen der SO ergeben sich aus ihren Zielsetzungen (Ü 3.). Diese Anhaltspunkte finden sich in den Schriften des Gründers der Scientology-Bewegung L. Ron HUBBARD (1911 - 1986), die als unveränderlich gelten. Zentrale Bedeutung haben seine "Richtlinienbriefe" (Hubbard Communication Office Policy Letter - HCOPL). Deren Vorgaben und Aussagen für scientologische Ziele werden als gleichsam ewiges Gesetz nach wie vor neu aufgelegt und vertrieben. Scientologen, die sich dieser Ideologie (die SO spricht von "Technologie") nicht unterwerfen oder sie fehlerhaft anwenden, müssen sich einem Ethik-Verfahren unterziehen. Der Begriff Ethik ist in der SO umdefiniert: Als ethisch gilt nur , was der Organisation nützt und ihren Regeln entspricht. "Das ist der ganze Zweck von Ethik - Technologie HINEINzubekommen." (Einführung in die Ethik der Scientology, Seite 242) "Unser Bestrafungsfaktor ist unser Ethiksystem ..." (HCO PL 4.12.66) Unverändert fest entschlossen zeigt sich die SO, ihr allein an scientologischen Wertvorstellungen orientiertes totalitäres Herrschaftssystem durch Expansion in Staat und Gesellschaft als allgemeinverbindlich durchzusetzen. "Wenn wir in uns selbst und in unseren Organisationen ein höheres Ausmaß an Ordnung demonstrieren als die Gesellschaft, in die wir hineinexpandieren, wird sich die Gesellschaft allein dadurch unter uns begeben." (HCO PL 18.3.65) 191 2. Strukturen 2.1 Hierarchie der SO Die SO ist eine multinationale, streng hierarchisch aufgebaute und kompliziert strukturierte Organisation mit einer Vielzahl von Unterund Nebenorganisationen. Das Schema macht die hierarchische Struktur deutlich, in der die nationalen Organisationseinheiten lediglich Befehlsempfänger sind: Internationales Management in den USA Führungsu. Über - International AssociaSea Organization wachungsebene für tion of Scientologists (SEA ORG) alle kontinentalen und (IAS) in den USA und auf nationalen Organisain England und den kontinentalen Ebenen tionsbereiche USA Eine Keimzelle der SO, Treibt Beiträge und paramilitärische EliteSpenden ein. Finanorganisation, die Fühziert in engster A b- rungspositionen auf stimmung mit dem allen Ebenen besetzt. internationalen Mana"Sea Org Missions" gement aus der dringen mit absoluter "Kriegskasse" KampaBefehlsgewalt auch in gnen. Kontinentale nationale Ebenen ein. Koordinierungsebenen Diese führen Anordnungen des internationalen Managements aus. Das für Deutschland zuständige kontinentale Verbindungsbüro befindet sich in Kopenhagen. Nationale Ebenen Orgs, Missionen u. alle anderen den kontinentalen und internationalen Sektionen untergeordneten Organisationseinheiten 192 Die Sea Org und die IAS stimmen ihre Aktivitäten mit dem internationalen Management ab. Die Sea Org besetzt Führungspositionen, und die IAS wirkt mit ihren Public Relations-Kampagnen auf allen Ebenen. Insbesondere die nationalen und dort die regionalen Bereiche sind Spielbälle der Machthaber. Wichtige Organisationsteile wie u.a. OSA, WISE, ABLE, CCHR und Celebrity Center (Ü 2.2) haben ihr Hauptquartier im Bereich des internationalen Managements. Sie stehen dort unter der Aufsicht des RTC und des WDC (Ü 2.2) und finden sich entsprechend untergeordnet auch in den kontinentalen und nationalen Bereichen. Ein weiteres Bindeglied zwischen den internationalen und nationalen Ebenen sind die CLO (Ü 2.2). 2.2 Organisationsteile und ihre Funktionen Spitze des internationalen Managements ist das "Religious Technology Center" (RTC). Es soll als Inhaber aller Rechte und Besitzer aller "Warenund Dienstleistungszeichen" die Existenz und Funktionsfähigkeit der SO sicherstellen. Ihren Sitz hat die von HUBBARD-Nachfolger David MISCAVIGE geführte Schaltzentrale in Los Angeles / USA. Die verschiedenen Organisationstypen und Arbeitszweige der SO werden vom "Watchdog-Committee" (WDC) überwacht und von weiteren internationalen Managementeinheiten in den USA kontrolliert. Dieses Management und die Kontrolle werden auf den kontinentalen Ebenen durch die "Continental Liasion Offices" (CLO) gegenüber den nationalen Ebenen fortgesetzt. Das für Deutschland zuständige "Verbindungsbüro" befindet sich in Kopenhagen. Bedeutende nationale Führungsstrukturen gibt es in der SO nicht. Zu den wichtigsten Organisationen im internationalen scientologischen Netzwerk gehört die "Sea Organization" (Sea Org). Diese paramilitärisch organisierte Eliteeinheit, eine Keimzelle der SO, genießt in dieser höchstes Ansehen und ist mit umfassenden Machtbefugnissen ausgestattet. Die wichtigsten Führungspositionen auf den zahlreichen Managementebenen sind mit Sea Org-Mitgliedern besetzt. Die "Sea Org" unterhält Strafbzw. Arbeitslager der SO - so genannte "Rehabilitation Project Force" (RPF) - in Dänemark, England und den USA. Nähere Informationen über diesen Komplex finden sich in der - im Oktober 2000 erschienenen - Broschüre der Behörde für In193 neres "Gehirnwäsche im Rehabilitation Project Force (RPF) der Scientology-Organisation". Die "International Association of Scientologists" (IAS) ist ein weltweiter Verbund von Scientologen mit Hauptsitz in Saint Hill / Großbritannien. Sie treibt Mitgliedsbeiträge und Spenden in erheblichem Umfang ein. Aus ihrer "Kriegskasse" finanziert die IAS die Kampagnen und "Schlachten", um "Angriffe" abzuwehren. "Jedes Mal, wenn die Kirche sich einem Angriff ausgesetzt sah, hat die IAS die nötigen Bemühungen aufgebracht, um die Barrieren, die der Expansion im Wege standen, zu beseitigen ..." (IASBroschüre,1998) Von besonderer Bedeutung ist das "Office of Special Affairs" (OSA). Neben seiner Zuständigkeit für Rechtsangelegenheiten und Public Relations führt es geheimdienstliche Operationen aus. Das OSA soll alles aus dem Weg räumen, was einer Ausdehnung der SO entgegensteht. Über Methoden und Ziele der SO sowie ihre geheimdienstlichen Tätigkeiten informiert die - 1998 erschienene - Broschüre des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg "Der Geheimdienst der ScientologyOrganisation" im Internet unter http://www.hamburg.de/Behoerden/LfV/homepage.htm . Angehörige der "Sea Org" gründeten 1978/79 das "World Institute of Scientology Enterprises" (WISE). Zielsetzung von WISE war und ist, auch im Wirtschaftsbereich zu expandieren, die "Technologien" der SO in die internationale Geschäftswelt hineinzutragen und dort zu verankern. Sehr schnell wurde aus diesem Wirtschaftsverbund von scientologischen Geschäftsleuten und Firmen ein strategisches und - über Beiträge und Spenden - auch lukratives Standbein der SO. "Association for Better Living and Education" (ABLE) heißt eine Vereinigung verschiedener SO-Gruppierungen, die im gesellschaftspolitischen und sozialen Bereich aktiv sind. ABLE arbeitet z. B. in der Drogenund Gefangenenrehabilitation (Narconon, Criminon) und im Bildungsbereich (Applied Scholastics). Diese Aktivitäten sollen das 194 soziale Image hervorheben. Sie dienen aber auch der Verbreitung der SO - Technologie und der Werbung neuer Mitglieder. Ein "Kreuzzug" gegen die Psychiatrie wird von der "Citizens Commission on Human Rights" (CCHR) - in Deutschland von der "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. " (KVPM) - betrieben. Die Psychiatrie ist für die SO ein besonderer weltanschaulicher Gegner. In einem Vortrag - 1964 in Saint Hill / Großbritannien gehalten und später zum Lehrinhalt für fortgeschrittene Scientologen geworden - erläuterte HUBBARD einen Plan, die "Regierung der Erde" zu erlangen. In diesem Zusammenhang verkündete er sein Interesse an einer "Monopolstellung für jegliche psychische Betreuungsarbeit" . Dies erklärt die intensiven Aktivitäten, mit denen die SO ihre Gegnerschaft zur Psychiatrie pflegt. "Celebrity Center" betreuen international und regional prominente Scientologen, um deren Popularität und Einfluss insbesondere zu Propagandazwecken zu nutzen. Class V-Organisationen (so genannte "Orgs") auf den nationalen Ebenen sind nach - von HUBBARD entwickelten - Richtlinien in sieben Abteilungen gegliedert. Die Führungsabteilung mit ihren leitenden Mitarbeitern und einer regionalen "OSA - Zweigstelle" " ... schafft eine existenzfähige und expandierende Org, die ihre Mission erfüllt, ihre Gemeinde zu klären." (aus: "Zusammenfassung der Abteilungen", 1991) Es folgen Abteilungen, die für die Aufrechterhaltung der scientologischen Ethik und Technologie zuständig sind sowie für Finanzen und Auditing. Darunter versteht man eine Frageund Verhörtechnik mit einem Gerät, das der primitiven Ausführung eines Lügendetektors gleicht. Die SO übt mit dieser Methode eine Bewusstseinsund Verhaltenskontrolle ihrer Angehörigen aus. Die erste Abteilung, der ein SO-Neuling begegnet, ist die Abteilung für Öffentlichkeitskontakt; sie wirbt Mitglieder. Erste scientologische Schulungen lassen Einsteiger zumeist in eine Abhängigkeit von der SO geraten. 3. Zielsetzungen Es sind anfänglich überwiegend eher unpolitische Menschen, die "Selbstverwirklichung" anstreben und auf dem Markt diverser Kulte auf der Suche nach Sinngebungen und Daseinserklärungen oder 195 nach Hilfen für persönliche Probleme (z.B. Alkohol) in die SO geraten. Die Organisation betreibt mit ihrer Ideologie bzw. Technologie eine Art Geheimwissenschaft. Diese Technologie wird Scientologen nicht komplett, sondern nur stückweise eröffnet. So erfahren erst fortgeschrittene, bereits fest an die Organisation gebundene Scientologen nach und nach mehr von den wirklichen Zielen der SO. Dann ist vielen Scientologen auf Grund ihrer Abhängigkeitsverhältnisse selbstbestimmtes Handeln kaum noch möglich. Die umfangreiche Technologie, mit der organisationsangepasste Marionetten geformt werden sollen, nutzt häufig die psychische Situation der Betroffenen aus, die nach neuen "Verwirklichungen" suchen. Zusätzlich greift eine weltanschauliche Einfachheit - Bestandteil vieler Kulte und extremistischer Erscheinungsformen - und fö r- dert, Hand in Hand mit einschlägiger Indoktrination, ein Elitedenken. Die SO verfolgt ihre Zielsetzungen anhand unveränderlicher Richtlinien ihres Gründers L. Ron HUBBARD. Danach wird Macht nicht durch unmittelbare politische Betätigung oder durch eine Revolution erlangt, sondern dauerhaft nur durch Expansion in alle gesellschaftlichen Bereiche. Ziel ist die totale Kontrolle, auch die von Regierungen. Um den Boden für eine Ausdehnung zu bereiten, muss eine "unterdrückerische Umgebung" beseitigt werden. Dann folgt die "Kontrolle der Umgebung". Zahlreiche Beispiele aus der Geschichte zeigten - so HUBBARD -, dass durch Revolutionen und Kriege Macht meist nicht auf Dauer erlangt worden sei. Politik könne mit aberrierten Menschen sowieso nicht funktionieren. Aberrierte Menschen (Nichtscientologen) sind lt. HUBBARD "geistig gestört". Fähige Scientologen dagegen schaffen ihren "reaktiven Verstand" (das Emotionale) ab, verfügen nur noch über einen "analytischen Verstand" und sind u.a. nicht mehr aberriert. In einem Richtlinienbrief nannte HUBBARD westliche demokratische Staaten "aberrierte Demokratien" und behauptete, Demokratie sei ein "Kollektivdenken reaktiver Banken" (Unter "Bank" verstehen Scientologen den "reaktiven" bzw. "irrationalen" Verstand). "Scientology gibt uns unsere erste Chance, eine wirkliche Demokratie zu haben.""Welches politische System könnte bei aberrierten Leuten funktionieren? Eine Demokratie oder ein Kommunismus wäre in einer Irrenanstalt ein riesiger Witz. Oder? Das kollektive Denken von Affen 196 ist Affendenken. Es gibt also keinen Grund zu vermuten, dass irgendein politisches System in irgendeinem Grade besser sei als diejenigen, die es benutzen, um zu regieren oder regiert zu werden."(HCO PL 13.2.65) Für die SO ist es eine "empirische Tatsache", dass es für eine Organisation nur eine Überlebensmöglichkeit gibt, die in der "Expansion" liegt. (HCO PL 4.12.66) Ausgestattet mit einem "organisationseigenen" Gefühl von Omnipotenz und einem regionalen, dann weiterreichenden Bereich von "Clears" (fortgeschrittene Scientologen) ist der "Rest", die tatsächliche Herrschaft der SO, nach scientologischem Verständnis unausweichlich. Seinen Anhängern der höchsten scientologischen Ausbildungsstufe hinterließ HUBBARD in einem vertraulichen Briefing (HCO B 5.5.80) wenige Jahre vor seinem Tod die Botschaft, er werde als politischer Führer zurückkehren. HUBBARD beschrieb ein grenzenloses und unendliches Expansionspotential, über das nur Scientology verfüge. "Wir erobern sowieso nicht Land in dem Sinne, wie Regierungen es tun."(HCO PL 4.12.66) Tatsächlich jedoch ist die SO in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern weit davon entfernt, ihre Expansionsbestrebungen verwirklichen zu können. Hier stagniert die Ausdehnung der SO durch eine grundlegende Ablehnung weiter Teile der Gesellschaft. Doch trotzig werden kleinste Erfolge übertrieben dargestellt und selbst schlechte Statistiken schöngeredet. Unverkennbar ist die Anstrengung des internationalen SO-Managements, den Standort Deutschland zu halten. Niederlagen werden nicht akzeptiert. Nach scientologischem Verständnis kann ausbleibender Expansionserfolg nur mit falscher Anwendung der ansonsten unfehlbaren SOTechnologie sowie durch Gegenwehr von "Unterdrückern" erklärt werden. Auch für die Beseitigung einer "unterdrückerischen Umgebung" und die spätere "Umgebungskontrolle" gibt es Richtlinien: "Die Enturbulierung der Gesellschaft um uns herum ist fantastisch. Eigentlich gibt es kein gerechtes Zivilrecht mehr. Es ist dieser gesetzlose und ungeordnete Zustand in der Gesellschaft um uns herum, der es uns schwer macht, zu arbeiten." ("Enturbulieren" - ein 197 SO-"Fachwort" - bedeutet u.a., "aufgeregt und gestört" zu sein). Doch mit der Überlegenheit von scientologischen Gesetzen, mit denen den Menschen wirkliche Gerechtigkeit gebracht werden könne, "... werden wir uns einfach leicht über die Gesellschaft ausbreiten, ..." (HCO PL 27.3.65) Die SO wähnt sich in einer "gefährlichen Umgebung der Wog-Welt" (Wog ist eine abfällige Bezeichnung für Nichtscientologen), in der es darum geht, "eine sichere Umgebung" zu schaffen. Deshalb heißt es in der "Expansionsformel": "...beseitigen sie Ablenkungen, Hindernisse, Nicht-Befolgung und Widerstand." (HCO PL 13.3.65). "Man erreicht seine Standards nicht durch Kritik (eine menschliche Vorgehensweise). Man erreicht sie, indem man Kontrolle über seine Umgebung ausübt ..." (HCO PL 30.12.70). Eine spezielle Einheit im Organisationsgefüge gibt es auch im regionalen Bereich, in der sie eine ihrer Hauptaufgaben hat: Das "Department of Special Affairs" (DSA), eine Unterabteilung des OSA in Deutschland. "Wissen Sie, wer den Weg für eine globale Expansion frei macht? DAS BÜRO FÜR SPEZIELLE ANGELEGENHEITEN" (Winning, OSA News Journal, Ausg abe 3-2, 2000) Der "Commanding Officer" von OSA International in der gleichen Ausgabe: "Als Scientologen haben wir alle das gemeinsame Ziel, eine neue Zivilisation zu schaffen ... Wir haben sehr fest umrissene Pläne, jedem Menschen auf der Erde die Technologie von der Dianetik und Scientology in die Hände zu legen ... und sehr bald werden wir einen vollständigen Sieg erzielen. Die Aufgabe des OSA sei es, "... die Unterdrückung, die der Expansion im Wege steht, zu beseitigen ..." Derzeit arbeitet die SO mit hohem finanziellen Einsatz und propagandistischen Mitteln daran, die von ihr als feindlich eingeschätzte Umgebung zu verändern und zu kontrollieren. Gleichzeitig forscht sie - z.T. mit nachrichtendienstlichen Methoden - systematisch Kritiker und Aufklärer aus, so genannte "unterdrückerische Personen". Das ist die aktuelle Phase des Kampfes der SO, die sie als Basis für eine später angestrebte Expansion sieht - frei von Beobachtung und Kritik. 198 4. Themen und Aktivitäten Die interne Veranstaltung "Startschuss zum Kreuzzug für die völlige Freiheit" war - Ende März 2000 - der Auftakt für Aktivitäten in Hamburg, mit denen Expansionsbestrebungen unterstützt werden sollten. Dazu gehörten regelmäßige Werbefeldzüge durch die Innenstadt mit der Verteilung von Flyern und Flugblättern sowie - im April - die Ausstellung "Was ist Scientology?". Ein Höhepunkt war im Juli/August eine Ausstellung über das "Leben und Werk des L. Ron HUBBARD" im Biberhaus. Die Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. (KVPM, Ü 2. Strukturen), die sich 1999 noch mit aufwändig vorbereiteten Demonstrationen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu drängen versuchte, SO-Mitglieder demonstrieren vor der Hambeschränkte sich burger Innenbehörde im Jahr 2000 auf die Präsentation von Infoständen in der Innenstadt. Eines zeichnete alle Anstrengungen aus: Sie fanden nur wenig Aufmerksamkeit und waren als Werbefeldzüge eher erfolglos - gemessen an den Erwartungen der Initiatoren. Auffällig war die Verstärkung der Kampagne gegen die "Arbeitsgruppe Scientology" (AGS) der Behörde für Inneres und ihre Leiterin. In der zweiten Jahreshälfte demonstrierten Scientologen regelmäßig vor der Senatskanzlei und der Behörde für Inneres. Sie forderten u.a. die Auflösung der AGS und warfen ihr z.B. Verschwendung von Steuergeldern, Verfolgung religiöser Minderheiten und Menschenrechtsverletzungen vor. 199 Die Hamburger Org konnte die Erwartungen des internationalen Managements nicht erfüllen, dass mit dem Einzug in das neue repräsentative Gebäude eine nennenswerte Expansion in Hamburg einhergehen würde. Der Mitgliederbestand stagnierte. Die Eppendorfer Org (in St. Georg) kam in zunehmende finanzielle Schwierigkeiten bei dem Versuch, ihre laufenden Kosten zu decken. Stagnation auf niedrigem Niveau - gemessen an früheren Erfolgen und aktuellen Expansionsansprüchen der SO - gilt auch für den Hamburger WISE-Bereich. Personelle Veränderungen in den Aufsichtsgremien führten ansatzweise zu einer Konsolidierung. Die WISE-Maxime, Einfluss der SO in Politik und Wirtschaft zu vermehren, war für ihre Hamburger Mitglieder nicht möglich. Vielmehr waren sie z.T. eher vorsorglich darauf bedacht, ihren SO - Status vor Geschäftspartnern zu verbergen. In Hamburg sind dem Verfassungsschutz 46 WISE-Mitglieder und 23 WISEFirmenmitgliedschaften bekannt. Weitere rd. 30 Firmen werden von Scientologen z. T. ebenfalls mit scientologischer Technologie geführt. Es handelt sich durchweg um kleinere mittelständische Betriebe ohne bedeutenden Einfluss im Hamburger Wirtschaftsbereich. Aber auch diese Zahlen verdeutlichen im bundesweiten Vergleich - wie auch die Gesamtzahl der in Deutschland aktiven Scientologen (bundesweit rd. 5000 bis 6000, im Hamburger Einzugsbereich etwa 900) - , dass Hamburg neben Bayern und Baden-Württemberg ein Schwerpunkt scientologischer Strukturen ist. In Ausgaben der "Scientology News" (Nr. 11 u. 12) wurde noch im Vorjahr eine "Globale Expansion" angekündigt und das neue Jahrtausend als "Beginn des Scientology Jahrtausends" benannt. Dieser 200 Anspruch und ihr Einzug in das neue Gebäude im Herbst 1999 versetzten die Hamburger Scientologen über die Jahreswende hinaus nahezu in Euphorie und ließen sie auf ein Ende der Durststrecke hoffen. Die verantwortlichen Scientologen in Hamburg mussten jedoch erkennen, dass das neue Domizil - vom internationalen Management für sie erworben - allein kein Garant für Expansion sein konnte. Zudem verließen vereinzelt langjährige Scientologen die Organisation, enttäuscht vom Management, ernüchtert von der Erfolglosigkeit der SO und zumeist finanziell ausgeblutet. Das Anwerben neuer Mitglieder war wenig erfolgreich. Augenfälliges Zeichen eines leichten Rückgangs der Zahl aktiver Scientologen war die - im Vergleich zum Vorjahr - geringere Beteiligung an internen Veranstaltungen der Hamburger SO. Auf ihrem Weg, "nicht nur einen Kontinent, sondern eine gesamte Zivilisation zu verändern", kommt die SO vor allem in Europa nicht voran. Doch die Führer des internationalen Managements drohten bereits zu Beginn des Jahres 2000 (Impact, Ausgabe 87), "wir führen jede Schlacht zu Ende." "Wir führen unsere Auseinandersetzungen in der Alten Welt also bis zum endgültigen Sieg und bringen unsere Siege in den Vereinigten Staaten in Europa zum Tragen." Eine "unaufhörliche Expansion" sei bis zum "völligen Sieg sicherzustellen." Diesen Aufrufen schloss sich im Herbst 2000 der "Call to Arms" des internationalen Managements an. Der symbolische "Ruf zu den Waffen" richtete sich in erster Linie gegen Frankreich, das seine Maßnahmen gegen die SO mit Nachdruck betreibt. Er schloss aber auch Hamburg mit ein. In der Geschichte der SO wurde der "Call to Arms" nur dann ausgerufen, wenn sich die Organisation in einem Bereich existenziell gefährdet sah. Als Konsequenz dieses Aufrufs ist mit intensiveren Propagandakampagnen und einem noch aggressiveren Ausforschen von Kritikern und Aufklärern zu rechnen. Im Jahr 2000 konnten nachrichtendienstliche Vorgehensweisen der SO gegen "unterdrückerische Personen" festgestellt werden. Es handelte sich um eine vom OSA (Office of Special Affairs; Ü 2. Strukturen) überregional angelegte operative Maßnahme. Im Oktober 2000 observierte ein Agent Kritiker der SO bereits auf ihrem Flug von den USA nach Hamburg. Hier wurde dann die Observation mit der Unterstützung von Hamburger Scientologen und OSAAngehörigen fortgesetzt. 201 Zu dieser operativen Maßnahme des scientologischen Geheimdienstes gehörten: Observant der SO bei der Arbeit - äußerst konspirative Observationen, - verdecktes Mithören von Gesprächen, - der Einsatz technischer Mittel wie Foto/Video - Technik. Diese für eine "Kirche" erstaunlichen Aktivitäten der SO sind von bemerkenswerter Unverfrorenheit und belegen ein gefährliches Handlungsrepertoire. 202 VI. Spionageabwehr 1. Überblick Spionage ist auch nach dem politischen Umbruch in Europa ein aktuelles Thema für die Sicherheit der Bundesrepublik geblieben. Deutschland ist wegen seiner zentralen Lage in Europa, seiner wirtschaftlichen Bedeutung und dem durch die Vereinigung beider deutscher Staaten gewachsenen politischen Gewicht weiterhin ein bevorzugtes Aufklärungsziel fremder Nachrichtendienste. Einige Länder des früheren Ostblocks haben erklärt, auf Spionage gegen die Bundesrepublik verzichten zu wollen. Andere Staaten sehen indes keinen Widerspruch darin, mit Deutschland politisch und wirtschaftlich zusammenarbeiten zu wollen und es zugleich mit illegalen Mitteln und Methoden auszuforschen. Politische Annäherung ist keine Gewähr für den Verzicht auf nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung. So haben die Nachrichtendienste der Russischen Föderation und einige andere der Republiken der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ihre nachrichtendienstlichen Aktivitäten gegen Deutschland unvermindert fortgesetzt. Die "klassische" Spionage - vornehmlich durch die osteuropäischen Länder - zielt auf die Bereiche Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung. Darüber hinaus wollen nah-, mittelund fernöstliche Staaten Personen und Organisationen, die in Deutschland ansässig sind und in Opposition zu den Regierungen ihrer Heimatländer stehen, ausforschen, beobachten und unterwandern. Außerdem setzen diese Staaten ihre Nachrichtendienste unvermindert zur verdeckten Beschaffung von Informationen über atomare, biologische und chemische Vernichtungswaffen ein. 2. Die Nachrichtendienste der Russischen Föderation Mit der Wahl des ehemaligen leitenden KGB-Angehörigen Wladimir PUTIN zum Präsidenten der Russischen Föderation haben die russischen Nachrichtendienste ihren Platz im politischen und staatlichen Machtgefüge weiter 203 festigen können. Sie sind ein elementarer Bestandteil der russischen Sicherheitsstrategie. PUTIN verlässt sich nicht zuletzt auch auf die Unterstützung und Leistungsfähigkeit seiner Nachrichtendienste, um seine politischen Ziele durchzusetzen. Nach seiner Wahl zum Präsidenten der Russischen Föderation besetzte er wichtige Leitungsfunktionen im Regierungsapparat mit ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern. Das macht den hohen Stellenwert der Nachrichtendienste im politischen und staatlichen Machtgefüge deutlich. In den letzten Jahren ist die Aufgabenstellung der russischen Dienste unverändert geblieben. Die wichtigsten von ihnen sind: * SWR ("Sluzhba Vneshney Razvedki") Für die zivile Auslandsaufklärung ist der SWR zuständig. Schwerpunkte sind die Bereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik. Darüber hinaus soll der SWR fremde Nachrichtendienste durch Gegenspionage unterwandern und ausforschen. Der Dienst hat ca. 15.000 Mitarbeiter und wird seit Mai 2000 von General Sergej LEBEDEW geleitet. Er gilt als Deutschlandexperte und war - wie Präsident PUTIN - mehrere Jahre für die politische Aufklärung operativ in Deutschland (Bonn und Berlin) tätig. Als Resident des SWR war er für alle nachrichtendienstlichen Aktivitäten des Dienstes in Deutschland verantwortlich. Am 20.12.2000 feierte der SWR sein 80-jähriges Bestehen. Er sieht sich in der Nachfolge der von Felix DSCHERSCHINSKIJ am 20.12.1920 gegründeten Tscheka, dem Vorgänger des sowjetischen KGB. Zerfall der UdSSR und Auflösung des KGB gingen nicht etwa mit Resignation der Mitarbeiter einher: "Wir sind noch überall und bleiben konkurrenzfähig", so der Geheimdienst-Chefberater Wadim KIRPITSCHENKO. * GRU ("Glavnoje Radzvedyvatelnoe Upravleniye Generalnogo Shtaba") Die GRU, die "Hauptverwaltung für Aufklärung beim Generalstab", ist für die militärische Aufklärung zuständig und dem Verteidigungsministerium unterstellt. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die militärpolitische, strategische, taktische und geographische Erkundung sowie Spionage im Bereich der Rüstungstechnik, wobei zivile Produkte mit militärischen Anwendungsmöglichkeiten Vorrang haben. 204 Die GRU wird seit 1997 von Generaloberst Valentin KORABELNIKOW geleitet und hat etwa 12.000 Mitarbeiter. * FSB ("Federalnaya Sluzhba Bezopasnosti") Der Inlandsdienst FSB ist für die zivile und militärische Spionageabwehr sowie für die Bekämpfung des Terrorismus und der Organisierten Kriminalität zuständig. Als Inlandsdienst darf er unter bestimmten Voraussetzungen auch Auslandsspionage betreiben (z.B. bei der Bekämpfung von Wirtschaftsspionage, der militärischen Spionageabwehr oder bei der grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität) . Der FSB hat weitreichende Vollmachten, um den elektronischen Ko m- munikationsverkehr von Firmen und Privatpersonen im Internet zu überwachen. Alle Internet-Anbieter in Russland sind gesetzlich dazu verpflichtet, dem Dienst ungehindert und ohne richterliche Verfügung Zugang zu ihren Systemen zu gewähren. Mit etwa 100.000 Mitarbeitern gehört der FSB neben der FAPSI zu den größten russischen Nachrichtendiensten. Sein Leiter ist seit dem 09.08.1999 Generalleutnant Nikolaj PATRUSCHEW. * FAPSI ("Federalnoye Agentstvo Pravitelstvennoy Suyazi I") Aufgabe des Dienstes ist die elektronische Aufklärung und die Abwehr elektronischer Angriffe. Der Nachrichtendienst hat u.a. den Fernmeldeund internationalen Funkverkehr sowie die drahtlose Telekommunikation zu überwachen. Zugleich ist die FAPSI Genehmigungsbehörde für die kommerzielle Nutzung von Nachrichtentechnik in Russland. Sie ist damit auch zuständig für die Zuweisung von Funkkanälen und Frequenzen sowie für die Genehmigung von Verschlüsselungsverfahren. Leiter dieses ca. 120.000 Mitarbeiter umfassenden Dienstes ist Generalleutnant Wladimir PATRUCHIN. Mit diesen Organisationen unterhält die Russische Föderation unverändert vier Geheimdienste, die unabhängig voneinander Auslandsspionage betreiben. 205 Der Moskauer Zeitung SEWODNJA vom 05.01.2001 zufolge plant der russische Sicherheitsrat eine geheimdienstliche "Superstruktur". Das Blatt berichtete von einem Arbeitsplan, den Präsident PUTIN und der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates Sergei IWANOW (ein ehemaliger stellvertretender Leiter des FSB) konzipiert hätten. Dabei sei die "Koordinierung der Geheimdienste mit dem Ziel der Erhöhung ihrer Effektivität" ein Thema gewesen. Laut SEWODNJA soll bis zum Jahre 2010 ein neues "System der Staatssicherheit" aufgebaut werden; dazu zähle das Zusammenlegen von FSB und FAPSI. Damit wären - ähnlich wie beim nahezu allmächtigen KGB - alle Sicherheitsbelange des Inlandes wieder in einer Hand. Die von PUTIN wiederholt angekündigte konsequente Bekämpfung der Korruption und der Organisierten Kriminalität durch den russischen Inlandsdienst FSB in Zusammenschau mit der bevorstehenden Reform der Nachrichtendienste passen zu der Vorstellung eines von Disziplin geprägten Staatsapparates, der Sicherheit und Ordnung wieder Gewicht verleihen soll. Die Ziele der Russischen Nachrichtendienste haben sich - im Vergleich mit denen des Vorgängers KGB - nicht wesentlich verändert. Die klassischen Aufgabenfelder Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sind unverändert Schwerpunkte russischer Aufklärungsbemühungen. Geheimdienstliche Aktivitäten gelten im hohen Maße internationalen Einrichtungen wie der NATO und der EU. Skeptisch und mit großer Aufmerksamkeit verfolgen die Dienste die Aufnahme einiger ehemaliger Partnerstaaten des aufgelösten Warschauer Paktes in das atlantische Bündnis sowie dessen Haltung und Strategie zur Lösung der Konflikte auf dem Balkan und im Kaukasus. Die russischen Geheimdienste haben vielfältige Methoden, um Informationen offen oder auf verdeckte (konspirative) Weise zu beschaffen: Für die "offene" Informationsbeschaffung nutzen sie alle Möglichkeiten, die auch der Allgemeinheit zur Verfügung stehen: Z. B. Informationszentren, Datenbanken, Bibliotheken, Ausstellungen oder das Internet. Bei Veranstaltungen wie Messen, Vortragsreihen und Symposien werden interessante Personen in Gesprächen "abgeschöpft". Bei Bedarf kommen sie als spätere Informationsquelle in Betracht. 206 Bei der konspirativen Nachrichtenbeschaffung werden in erster Linie Nachrichtendienstoffiziere eingesetzt, die in russischen diplomatischen oder konsularischen Vertretungen oder in Wirtschaftsunternehmen mit russischer Kapitaloder Personaldominanz getarnt arbeiten. Diese geschulten Mitarbeiter treten bei ihren Zielpersonen unter Legende auf (z.B. als Diplomat oder Kaufmann) und geben den Geschäftsoder Gesprächspartnern ihre tatsächlichen Absichten nicht zu erkennen. Bereits vor dem ersten Kontakt mit einer Zielperson wird - häufig mit einem enormen Aufwand - alles Wissenswerte über den "Gesprächspartner" zusammengetragen, um so möglichst umfassend über ihn informiert zu sein. Häufig lassen sich Zielpersonen durch die offene Art und Weise des Am 29.05.2000 verurteilte das Auftritts des vermeintlichen DiploOLG Celle zwei Bundesbürger wegen geheimdienstlicher maten oder Geschäftsmannes in Sicherheit wiegen. Treffen AbAgententätigkeit zugunsten schöpfungsbemühungen auf Naivieines russischen Nachrichtendienstes zu einer Haftstrafe von tät und Leichtfertigkeit bei der Weitergabe von Informationen, hat der 3 Jahren und 6 Monaten bzw. 3 Nachrichtendienstler ein leichtes Jahren und 3 Monaten. Die Spiel. Selbstverständlich werden Beschuldigten wurden überführt, seit 1997 umfangreiches auch alle zur Verfügung stehenden technischen Mittel für die Informatechnisches Know-how aus tionsgewinnung genutzt. Moderne dem Rüstungsbereich an einen Kommunikationstechnik kennt unrussischen Nachrichtendienst verkauft zu haben. geahnte Möglichkeiten, Informationen zu gewinnen. Dennoch kommt kein Nachrichtendienst ohne menschliche Quellen aus. Der Mensch bleibt als Wissensund Ideenträger unverzichtbar; kein Computer kann den Agenten ersetzen. Reisen von Bundesbürgern nach Russland bieten den dortigen Diensten gute Ansatzpunkte für Kontaktaufnahmen und Anwerbungen. Durch eine lückenlose Personalienüberwachung der Besucher werden interessante Zielpersonen ausfindig gemacht und spezielle Ansätze für eine nachrichtendienstliche Ansprache erkundet. Gerade hierbei müssen die nachrichtendienstlichen Ziele nicht offen zu erkennen gegeben werden: Die tatsächlichen Absichten werden verschleiert und unter dem Deckmantel geschäftlicher Kontakte verfolgt. Die meisten Nachrichtendienste der GUS-Republiken haben untereinander Kooperationsabkommen abgeschlossen, die gegenseitige Unterrichtungen 207 und regelmäßige Informationsaustausche gewährleisten sollen. Das gilt insbesondere für die Zusammenarbeit mit den Nachrichtendiensten der Russischen Föderation. Zwischen den Diensten der GUS-Staaten wurde z.B. eine gegenseitige Unterrichtung über Einund Ausreisen nachrichtendienstlich interessanter Personen vereinbart. 3. Nachrichtendienste von Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens sowie Nordafrikas Politische Bedeutung, Wirtschaftskraft und der wissenschaftlich-technisch hohe Standard Deutschlands sind Gründe für ein verstärktes Aufklärungsinteresse in und gegen Deutschland, das Nachrichtendienste einiger nah-, mittelund fernöstlicher Staaten entwickeln. Neben der klassischen Spionage richten insbesondere Länder wie Iran, Irak, Libyen und Syrien ihre Aufmerksamkeit vor allem auf das Ausforschen, Beobachten und Unterwandern von regimefeindlichen Personen und Gruppierungen, die in Deutschland leben - auch in Hamburg. Zum Aufklärungsschwerpunkt des iranischen Nachrichtendienstes VEVAK (Ministerium für Nachrichtenwesen und Sicherheit) Das Berliner Kammergericht verurteilte gehört z.B. die Beobachtung im Januar 2000 einen 37-jährigen der iranischen Widerstandsiranischen Staatsbürger wegen gegruppen des "Nationalen heimdienstlicher Agententätigkeit zu Widerstandsrates Iran" einer Bewährungsstrafe von 18 Mona(NWRI) bzw. die ihn beherrten und 5.000,-DM Geldbuße. Das schenden "Volksmodjahedin" Gericht sah es als erwiesen an, dass (MEK). Monarchistische und der Verurteilte von 1995 bis zu seiner kommunistische OrganisatioVerhaftung im Juli 1999 die iranische nen und die zentralen VerOppositionsgruppe Volksmodjahedin sammlungsorte der iraniin Deutschland im Auftrage des iranischen Gemeinde (z.B. das schen Nachrichtendienstes ausforschIslamische Zentrum in Hamte und auf konspirative Weise persoburg (IZH) ) sind für den Iran nenbezogene Informationen über in von großem Interesse, ebenDeutschland lebende iranische Regiso die von Oppositionellen megegner lieferte. gegründeten Kulturvereine . 208 4. Wirtschaftsspionage / Proliferation 4.1 Wirtschaftsspionage Zu den Aufgaben der Spionagebekämpfung gehört die Abwehr von Wirtschaftsspionage. Dies ist die staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten betriebene Ausforschung der Wirtschaft. Die öffentliche Diskussion grenzt die Begriffe Wirtschaftsspionage und Konkurrenzspionage häufig nicht voneinander ab. Konkurrenzspionage, für die der Verfassungsschutz nicht zuständig ist, bedeutet das illegale Beschaffen von Know-how und Waren durch konkurrierende Unternehmen. Wirtschaftsspionage erstreckt sich auf alle Unternehmensbereiche; Wissenschaft und Technologie sind bevorzugte Ziele. Die Ausforschung umfasst auch alle Stadien - von der Forschung und Entwicklung bis zur Fertigstellung und Vermarktung neuer Produkte. Gefragt sind alle Informationen, die zu einem wirtschaftlichen Vorsprung beitragen. Der wirtschaftliche Schaden als Folge solcher illegalen Tätigkeit kann für betroffene Unternehmen groß sein. Der Schutz vor Wirtschaftsspionage kann nicht allein Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden sein: Die Unternehmen selbst sind gefordert, da sie in der Regel Gefahrenquellen am besten einschätzen können. Der Verlust geschützter Kenntnisse hat nicht nur Auftragseinbußen deutscher Unternehmen zur Folge. Er geht einher mit der Gefährdung von Unternehmen und Arbeitsplätzen. 4.2 Proliferation Darunter wird die unkontrollierte Weitergabe von atomaren, biologischen und chemischen Waffen sowie das Überlassen von Mitteln und Knowhow zur Herstellung solcher Waffen verstanden. Besonders Länder wie Irak, Iran, Libyen und Syrien, aber auch Nordkorea, Pakistan und Indien betreiben intensiv proliferationsträchtige Rüstungsprogramme. Als einer der größten Exporteure von Raketenund Trägersystemen gilt Nordkorea . 209 Libyen bemüht sich seit mehreren Jahren, eigene "Boden/Boden"-Raketen mit einer Reichweite von 1.000 km zu entwickeln. Das libysche Rüstungsprogramm ist noch stark abhängig von personeller und materieller Unterstützung durch das Ausland - so wird u.a. mit Russland, Iran und Nordkorea kooperiert. Pakistan und Indien sind potentielle Atomwaffenbesitzer. Der Iran besitzt Chemiewaffen und weitreichende Raketen. Kürzlich wurde eine neue Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von 1.300 km getestet. Eine bisher nicht erkannte Raketenfabrik wurde unlängst im Irak festgestellt. Die "Sunday Times" (Ausgabe vom 24.12.2000) berichtete unter Berufung auf einen geflüchteten irakischen Atom-Ingenieur, dass Saddam HUSSEIN die Wiederaufnahme der Arbeiten an einer Atombombe angeordnet habe. Die Verbreitung derartiger Technologien ist ein weltweites großes Sicherheitsrisiko. Da viele Länder nur bedingt zur eigenen Entwicklung und Herstellung in der Lage sind, wollen sie sich notwendiges Wissen, Ausgangsprodukte und Güter illegal beschaffen - so auch in der Bundesrepublik, die eine der führenden Industrienationen der Welt ist. Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden und anderer Institutionen ist es, diese illegalen Geschäfte aufzudecken und zu verhindern. 210 VII. Geheimund Sabotageschutz 1. Allgemeines Informationen, deren Erlangung durch Unbefugte den Bestand lebenswichtiger Interessen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder gefährden könnte, sind wirkungsvoll zu schützen. Sie müssen im Interesse des Staates geheimgehalten werden. Über die nationalen Interessen hinaus hat sich die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der NATO und anderer überund zwischenstaatlicher Organisationen dazu verpflichtet, beim Austausch geheimhaltungsbedürftiger Informationen mit den Partnerstaaten bestimmte Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Mit der Weiterentwicklung der Europäischen Union und seit der Vereinigung Deutschlands sowie der Auflösung des Warschauer Paktes hat der Personenund Warenverkehr - auch mit dem ehemaligen Ostblock - nahezu grenzenlose Formen angenommen. Dies macht es interessierten Ländern leichter, Informationen zu beschaffen und daraus Vorteile zu schöpfen. Behörden, Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen gehören nach wie vor zu den klassischen Aufklärungszielen der Nachrichtendienste fremder Staaten. Das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg versucht, durch personelle, technische und organisatorische Vorkehrungen Sicherheit vor der Ausforschung durch Unbefugte zu erreichen. Die dem Amt übertragenen Mitwirkungsaufgaben sind in SS 4 Absatz 2 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG vom 07.03.95, zuletzt geändert am 30.01.2001; Ü Anhang), im Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsg e- setz (HmbSÜG vom 25.05.99) und in der Verordnung zur Bestimmung sicherheitsempfindlicher Bereiche nach dem HmbSÜG vom 21.03.2000 geregelt. Im Bereich der Hamburger Behörden und der Wirtschaft nimmt das Landesamt Sicherheitsüberprüfungen von Personen vor (Ü 2.1) und veranlasst bzw. trifft selbst Maßnahmen zum materiellen Geheimschutz (Ü 2.2). Darüber hinaus werden Zuverlässigkeitsüberprüfungen aus Gründen des personellen Sabotageschutzes durchgeführt. Vereinzelt kommen Überprüfungen bei Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen hinzu, um mögliche sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten aufzuklären oder abzuwehren. 211 2. Geheimschutz im Behördenbereich 2.1 Personeller Geheimschutz Grundlage des personellen Geheimschutzes ist das Hamburgische Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG). Das am 25.05.99 von der Hamburgischen Bürgerschaft verabschiedete Gesetz lehnt sich an das auf Bundesebene geltende SÜG an und löste die in Hamburg bis dahin geltenden Sicherheitsrichtlinien von 1991 ab. Das zentrale Instrument Sicherheitsüberprüfung dient der individuellen Feststellung, ob einer bestimmten Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übertragen werden kann oder ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, Verschlusssachengrade: die die Zuweisung einer solchen Tätigkeit * STRENG GEHEIM aus Gründen des staatlichen Geheim- * GEHEIM schutzes verbieten (sogenannte "Sicher- * VS-VERTRAULICH heitsrisiken"). Die Überprüfung sieht verschiedene Verfahrensarten vor. Sie richten sich vorrangig nach dem Grad der vorgesehenen Betrauung und Ermächtigung einer Person zum Umgang mit Verschlusssachen (Ü 2.2). Je nach Schutzbedürftigkeit von Informationen wird zwischen drei Verschlusssachen-Graden unterschieden (Ü Kasten). Die Bandbreite der Überprüfungen reicht von der einfachen Karteibzw. Datensatzsichtung bis zur Befragung von Referenzpersonen. Gegenüber den Sicherheitsüberprüfungsgesetzen des Bundes und anderer Länder enthält das HmbSÜG einen erweiterten Punktekatalog. Danach können Personen auch sicherheitsüberprüft werden, die unabhängig von einer Bearbeitung von Verschlusssachen * in einer Dienststelle tätig sind, die auf Grund ihrer Aufgabenstellung oder ihres herausgehobenen politischen Gewichts zum Sicherheitsbereich erklärt wurde, * in zentralen sicherheitsempfindlichen öffentlichen Bereichen in Funktionen der Informationsund Kommunikationstechnik tätig sind oder * in einer lebensund verteidigungswichtigen Einrichtung arbeiten. 212 Im Jahr 2000 hat das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg 1.234 (1999: 874) Sicherheitsüberprüfungs-Vorgänge bearbeitet. Die nennenswerte Zunahme gegenüber dem Vorjahr erklärt sich aus personalund zeitaufwändigen Dreharbeiten für eine Fernsehproduktion im Sicherheitsbereich des Rathauses. 2.2 Materieller Geheimschutz Materieller Geheimschutz umfasst alle Sicherheitsmaßnahmen technischer und organisatorischer Art, die folgendes gewährleisten sollen: Nur wer sich einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen hat, soll Zugang zu amtlich geheimgehaltenen Angelegenheiten (Verschlusssachen) haben. Hierbei spielt der Grundsatz "Kenntnis nur, wenn nötig" eine wichtige Rolle. Amtlich geheimzuhalten ist alles, was Unbefugte im staatlichen Interesse nicht erfahren dürfen. Als Verschlusssachen können beispielsweise eingestuft werden: Schriftstücke elektronische Datenträger Zeichnungen elektrische Signale Karten Geräte Fotokopien technische Einrichtungen Lichtbilder das gesprochene Wort Tonträger Der Materielle Geheimschutz umfasst auch Regelungen über den "personellen Gewahrsam": Jeder, dem eine Verschlusssache anvertraut oder zugänglich gemacht wird, ist dafür verantwortlich, sie sicher aufzubewahren. Hierfür gibt es entsprechende Vorschriften in der Hamburgischen Verschlusssachenanweisung und ergänzenden Richtlinien. So darf niemand andere Personen über Verschlusssachen informieren, nur weil diese Personen den Eindruck erwecken, über die Angelegenheiten unterrichtet zu sein. Gespräche über Verschlusssachen sind in Gegenwart Unbefugter und in der Öffentlichkeit - insbesondere in Verkehrsmitteln, Gaststätten und Kantinen - nicht erlaubt. Das Landesamt für Verfassungsschutz berät öffentliche Stellen des Landes Hamburg bei der Planung und Durchführung technischer und organisatorischer Sicherungsmaßnahmen; es informiert über Verschlusseinrichtungen und Alarmsysteme. Außerdem werden Bedarfsträger darüber informiert, wie Verschlusssachen bei der Übertragung auf Fernmeldewegen - auch in Datennetzen - während ihrer Bearbeitung auf DV-gestützten Systemen oder beim Postversand vor unbefugten Zugriffen zu schützen sind. 213 3. Geheimschutz in der Wirtschaft Deutsche Wirtschaftsunternehmen sind führend in der Forschung, Entwicklung und in der Produktion von Gütern. Dies gilt nicht nur für den Bereich ziviler Gebrauchs-, sondern auch für den Sektor militärischer Rüstungsg ü- ter sowie in der Informationsund Kommunikationstechnik. Daher besteht die Gefahr illegaler Ausforschungsversuche. Wirtschaftsunternehmen, die geheimhaltungsbedürftige Staatsaufträge (z.B. Rüstungsaufträge, Errichtung verteidigungswichtiger Anlagen) ausführen, werden deshalb in das Geheimschutzverfahren von Bund und Ländern aufgenommen. Soweit der Bund geheimhaltungsbedürftige Aufträge erteilt, nimmt er auch die Sicherheitsüberprüfungen derjenigen Unternehmensmitarbeiter vor, die diese Staatsaufträge konkret bearbeiten. Die laufende Betreuung dieser Unternehmen übernimmt die Verfassungsschutzbehörde des jeweiligen Bundeslandes. In Hamburg, einem der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte der Bundesrepublik, sind Wirtschaftsunternehmen unterschiedlichster Prägung und Branchenzugehörigkeit ansässig. Etwa 125 von ihnen werden zur Zeit vom Landesamt für Verfassungsschutz betreut. Es hilft in geheimschutzrelevanten Fragen nicht nur durch Einzelberatungen. Zur Betreuung gehören ebenso Informationsveranstaltungen des Landesamtes für Verfassungsschutz, in denen grundsätzliche Problemfelder angesprochen und Lösungsmöglichkeiten erörtert werden. Neben der Veranstaltung im Landesamt werden geheimschutzrelevante Themen bei der Jahrestagung des Arbeitskreises der Sicherheitsbevollmächtigten der Werften in Norddeutschland und ihrer Zulieferer sowie bei einer Tagung des Arbeitskreises der Sicherheitsbevollmächtigten der Hamburger Wirtschaft mit Vertretern des Landesamtes für Verfassungsschutz erörtert. Rege Beteiligungen unterstreichen das hohe Interesse und das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmensleitungen. Hamburgs Rolle als Hafenstadt bringt es mit sich, dass der Bereich der Marinetechnik - der nicht nur von der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch von befreundeten NATO-Staaten und anderen Ländern genutzt wird - einen Betreuungsschwerpunkt des Verfassungsschutzes bildet. Durch den sich daneben verstärkt weiterentwickelnden Bereich der Luftfahrttechnik unterstreicht die Freie und Hansestadt Hamburg ihren internationalen wirtschaftlichen Rang auch auf diesem Sektor. Langfristig sichern diese Industrien Arbeitsplätze und Einkommen in Hamburg. 214 Die Aufklärung zweier hochrangiger Fälle von Wirtschaftsspionage in der Luftfahrttechnik im vergangenen Jahr in benachbarten Bundesländern zeigt, wie groß das Interesse an der illegalen Informationsgewinnung ist. Ziel der Betreuung ist es deshalb, die Verantwortungsträger durch Aufklärung zu unterstützen, um der Wirtschaftsspionage wirksam entgegenzutreten. 215 4. Sabotageschutz Der vorbeugende personelle Sabotageschutz sieht Überprüfungen von Personen nach SS 29 d des Luftverkehrsgesetzes vor, die in sicherheitsempfindlichen Bereichen des Hamburger Flughafens beschäftigt werden sollen. Außerdem erfolgen Überprüfungen von Personen, die Kernbrennstoffe befördern oder in kerntechnischen Anlagen beschäftigt sind, nach SS 12 b des Atomgesetzes. Die Zuverlässigkeit solcher Personen wurde überprüft, die an besonders sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen tätig sind. Hier handelt es sich insbesondere um Stellen der elektrischen Energieversorgung. Im Rahmen des Sabotageschutzes war das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz im Jahr 2000 an 5.265 (1999: 4.371) Zuverlässigkeitsüberprüfungen beteiligt. Der Anstieg begründet sich in erster Linie aus Bauarbeiten am Flughafen. Diese Umbaumaßnahmen am Hamburger Flughafen - die größten seit Bestehen des Flugplatzes - und das umfangreiche Ausbauprojekt der EADS in Hamburg-Finkenwerder werden auch in den nächsten Jahren vielfältige Sicherheitsaufgaben mit sich bringen. 216 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 7. März 1995, zuletzt geändert am 30. Januar 2001 Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft beschlossene Gesetz: 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS1 Zweck des Verfassungsschutzes SS2 Zuständigkeit SS3 Zusammenarbeit SS4 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS5 Begriffsbestimmungen SS6 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen SS7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz SS8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln SS9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten SS 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger SS 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung 3. Abschnitt Datenübermittlung SS 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten SS 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste SS 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden SS 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen 217 SS 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz SS 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz SS 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen SS 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger 4. Abschnitt Auskunftserteilung SS 23 Auskunftserteilung 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes SS 24 Parlamentarischer Kontrollausschuss SS 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses SS 26 Aufgaben des Ausschusses SS 27 Eingaben 6. Abschnitt Schlussvorschriften SS 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz SS 29 Inkrafttreten 218 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Zu diesem Zweck tritt dieses Gesetz neben das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG -) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seiten 2954, 2970), zuletzt geändert am 17. Juni 1999 (Bundesgesetzblatt I Seiten 1334, 1335). SS2 Zuständigkeit (1) Der Verfassungsschutz wird innerhalb der zuständigen Behörde vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ausschließlich hierfür zuständig. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben ist es an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. Ihm stehen polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse gegenüber polizeilichen Dienststellen nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. SS3 Zusammenarbeit (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen. 219 (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses Gesetzes und soweit eigenes Landesrecht dies zulässt, der Bund gemäß SS 5 Absatz 2 BVerfSchG nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in den anderen Ländern tätig werden, soweit es die Rechtsvorschriften dieses Gesetzes und der anderen Länder zulassen. SS4 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 3 Absatz 1 BVerfSchG), 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes) oder das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat insbesondere den Senat über Gefahren für die Schutzgüter des SS 1 zu informieren und die dafür zuständigen staatlichen Stellen in die Lage zu versetzen, Maßnahmen zu ihrer Abwehr zu ergreifen. Darüber hinaus unterrichtet das Landesamt für Verfassungsschutz mindestens einmal jährlich die Öffentlichkeit über Gefahren für die Schutzgüter des SS 1. 220 (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt gemäß SS 3 Absatz 2 Satz 1 BVerfSchG mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich dienstlich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen und Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Die Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummern 1 und 2 sind im Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HmbSÜG) vom 25. Mai 1999 mit der Änderung vom 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1999 Seite 82, 2001 Seiten 9, 16) geregelt. SS5 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 221 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt (SS 4 Absatz 1 Sätze 1 und 2 BVerfSchG). Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verhaltensweisen gemäß Satz 1 von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, wenn sie gegen Schutzgüter dieses Gesetzes mit Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder diese sonst angreifen und bekämpfen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne diese Gesetzes zählen gemäß SS 4 Absatz 2 BVerfSchG 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und ihre Ablösbarkeit, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 6. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und 7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. 222 SS6 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz Das Landesamt für Verfassungsschutz darf nur Maßnahmen ergreifen, wenn und soweit sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind; dies gilt insbesondere für die Erhebung und weitere Verarbeitung personenbezogener Daten. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat es diejenige zu treffen, die den einzelnen insbesondere in seinen Grundrechten und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine behördliche Auskunft gewonnen werden kann. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen SS7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen erheben und weiter verarbeiten. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf bei den hamburgischen Behörden und den der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, die diesen Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bereits vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz braucht die Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz des Betroffenen dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. 223 (3) Ist zum Zwecke der Datenerhebung die Übermittlung von personenbezogenen Daten unerlässlich, ist sie auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Schutzwürdige Interessen des Betroffen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. SS8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen verdeckt erheben. Der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln ist vorbehaltlich SS 6 nur zulässig, wenn 1. er sich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 bestehen, 2. er sich gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Betroffenen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, um auf diese Weise Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 zu gewinnen, 3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder 4. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die so gewonnenen Informationen nur für die in Satz 2 genannten Zwecke verwenden. Unterlagen, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen schriftlichen Unterlagen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen sie einem Verwertungsverbot. 224 (2) Zulässige nachrichtendienstliche Mittel sind 1. verdeckt eingesetzte hauptamtliche Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, 2. verdeckt eingesetzte Personen, die nicht in einem arbeitsvertraglichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Landesamt für Verfassungsschutz stehen, wie Vertrauensleute, Informanten, Gewährspersonen, 3. planmäßig angelegte Beobachtungen (Observationen), 4. Bildaufzeichnungen, 5. verdeckte Ermittlungen und Befragungen, 6. verdecktes Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel, 7. verdecktes Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder sonstiger Signale unter Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen (Artikel 13 des Grundgesetzes), 8. Beobachten und Aufzeichnen des Funkverkehrs, soweit nicht der Postund Fernmeldeverkehr nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (Bundesgesetzblatt I Seite 949), zuletzt geändert am 17. Juni 1999 (Bundesgesetzblatt I Seiten 1334, 1335), betroffen ist, 9. Aufbau und Gebrauch von Legenden, 10. Beschaffen, Erstellen und Verwenden von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen, 11. Überwachen des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie 12. weitere vergleichbare Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, insbesondere das sonstige Eindringen in technische Kommunikationsbeziehungen durch Bild-, Tonund Datenaufzeichnungen, um die nach Absatz 1 erforderlichen Informationen zu gewinnen. 225 Die nachrichtendienstlichen Mittel sind abschließend in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationserhebungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde. Dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten. (3) Ein Eingriff, der in seiner Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, bedarf der Zustimmung des Präses, bei dessen Verhinderung des Staatsrates der zuständigen Behörde. (4) Im Falle des Absatzes 3 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Beendigung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht eingetreten ist. SS9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten weiter verarbeiten, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 teilnimmt, und dies für die Beobachtung der Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist, 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist oder 226 In Akten dürfen über Satz 1 Nummer 2 hinaus personenbezogene Daten auch verarbeitet werden, wenn dies zur Erforschung und Bewertung nicht gewalttätiger Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. Bei der Einzelfallbearbeitung, im übrigen jeweils spätestens vier Jahre beginnend ab der ersten Speicherung, prüft das Landesamt für Verfassungsschutz, ob die Speicherung der personenbezogenen Daten weiterhin erforderlich ist. (3) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 oder 4 dürfen länger als zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten Information nur mit Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde oder der von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz gespeichert bleiben. SS 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des SS 9 Daten über Minderjährige in Sachakten und amtseigenen Dateien speichern und weiter verarbeiten. Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nicht in gemeinsamen Dateien (SS 6 BVerfSchG), Daten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres nicht in amtseigenen Dateien gespeichert werden. (2) Daten über Minderjährige in Dateien sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung zu überprüfen; spätestens nach fünf Jahren sind diese Daten zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 4 Absatz 1 angefallen sind. 227 SS 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung (1) Erweist sich eine Information nach ihrer Übermittlung als unrichtig oder unvollständig, hat die übermittelnde Stelle ihre Information unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn durch die unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt sein können. Die Berichtigung erfolgt dadurch, dass die unrichtigen Angaben, soweit sie in Akten enthalten sind, entfernt werden und, soweit sie in Dateien gespeichert sind, gelöscht werden. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Trennung von zu berichtigenden und richtigen Informationen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. (2) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle oder der Datensicherung gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke oder bei Verdacht des Datenmissbrauchs genutzt werden. (3) Im übrigen gilt für die Berichtigung, Sperrung und Löschung SS 19 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vom 5. Juli 1990 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 133, 165, 226), zuletzt geändert am 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 9). 3. Abschnitt Datenübermittlung SS 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten Das Landesamt für Verfassungsschutz kann die im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung erlangten Daten, die nicht personenbezogen sind, an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermitteln, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der Empfänger erforderlich sein können. 228 SS 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste (1) Gemäß SS 5 Absatz 1 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Länder alle personenbezogenen Daten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der Empfänger erforderlich ist. (2) Gemäß SS 21 Absatz 2 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten. SS 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 zwingend erforderlich ist oder der Empfänger nach SS 4 Absatz 2 tätig wird. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf über Absatz 1 hinaus Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften und die Polizei übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine in den SSSS 74 a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz, SS 100 a Nummern 3 und 4 Strafprozessordnung und SSSS 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat plant, begeht oder begangen hat sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. Personenbezogene Daten, die das Landesamt für Verfassungsschutz selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach SS 8 erhoben hat, dürfen nur dann an die Staatsanwaltschaft oder an die Polizei übermittelt werden, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für deren Erhebung mit entsprechenden Befugnissen zur verdeckten Datenerhebung nach der Strafprozessordnung oder nach den SSSS 9 bis 12 und SS 23 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 229 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) vorgelegen hätten. SS 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 (Bundesgesetzblatt II 1961 Seiten 1183, 1218) übermitteln. Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz an ausländische öffentliche Stellen sowie an überoder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen oder wenn dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 230 SS 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermitteln, es sei denn, dass die Übermittlung zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Präses oder bei seiner Verhinderung der Staatsrat der zuständigen Behörde seine Zustimmung erteilt hat. Dies gilt nicht bei Erhebungen nach SS 7 Absatz 3. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über die Übermittlung nach Absatz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck und die Veranlassung der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (3) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit einschließlich der Medien über Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn sie zu einer sachgerechten Information zwingend erforderlich ist. Stehen schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegen, kommt eine Übermittlung der personenbezogenen Daten des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn die Interessen der Allgemeinheit deutlich überwiegen. 231 SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Die hamburgischen Behörden und die der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind befugt, die Daten zu übermitteln, um die das Landesamt für Verfassungsschutz nach SS 7 Absatz 2 ersucht hat, soweit sie diesen Stellen bereits vorliegen. (2) Die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln dem Landesamt für Verfassungsschutz alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vorliegenden Informationen über gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gemäß SS 4 Satz 1 Nummern 1, 3 und 4 und über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummern 2 und 3. (3) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt gewordene Informationen über Bestrebungen nach SS 4 Absatz 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100 a Strafprozessordnung (StPO) bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die auf Grund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmen oder verdeckter Datenerhebungen nach SS 2 Absatz 3 Satz 3 oder nach den SSSS 9 bis 12 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für gewalttätige Bestrebungen oder sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten bestehen; die Übermittlung ist auch zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine in SSSS 74a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz und SSSS 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat bestehen oder eine sonstige Straftat, bei der aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes ge232 nannten Schutzgüter gerichtet ist. Auf die nach Satz 2 übermittelten Informationen und die dazu gehörenden Unterlagen ist Artikel 1 SS 7 Absätze 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechend anzuwenden. Die nach Satz 2 übermittelten Informationen dürfen nur zur Erforschung gewalttätiger Bestrebungen oder sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten genutzt werden. (4) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen die personenbezogenen Daten einem Verwertungsverbot und sind entsprechend zu kennzeichnen. (5) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen. Vorschriften in anderen Gesetzen über die Informationsübermittlung an das Landesamt für Verfassungsschutz und über ihre Dokumentation bleiben unberührt. SS 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in von öffentlichen Stellen geführte Register und Datensammlungen einsehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen über 1. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1), oder 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) oder 233 3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3), oder 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4). (2) Eine Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbeso n- dere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, 2. die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würden und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis ihr nicht entgegensteht. (3) Die Anordnung für die Maßnahme treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Unterlagen dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Daten sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Tatsache der Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommenen Stellen sowie die Namen der Betroffenen hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. 234 SS 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen (1) Die Übermittlung von Informationen nach diesem Abschnitt unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, dass die Informationen zu vernichten sind oder einem Verwertungsverbot unterliegen oder für den Empfänger nicht mehr bedeutsam sind, 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. (2) Besondere Rechtsvorschriften, die Informationsübermittlungen zulassen, einschränken oder verbieten sowie die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleiben unberührt. SS 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger (1) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, im übrigen, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 10 erfüllt sind. (2) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 235 4. Abschnitt Auskunftserteilung SS 23 Auskunftserteilung (1) Den Betroffenen ist vom Landesamt für Verfassungsschutz auf Antrag gebührenfrei Auskunft zu erteilen über 1. die zu ihrer Person gespeicherten Daten, 2. die Zweckbestimmung und die Rechtsgrundlage der Speicherung, 3. die Herkunft der Daten, 4. die Stellen, denen die Daten im Rahmen regelmäßiger Übermittlungen übermittelt werden, und die an einem automatisierten Abrufverfahren teilnehmenden Stellen, auch soweit diese Angaben nicht zu ihrer Person gespeichert sind, aber mit vertretbarem Aufwand festgestellt werden können. Die Betroffenen sollen die Art der personenbezogenen Daten, über die sie Auskunft verlangen, näher bezeichnen. Aus Akten ist den Betroffenen Auskunft zu teilen, soweit sie Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zum Auskunftsinteresse des Betroffenen steht. Das Landesamt für Verfassungsschutz bestimmt die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Auskunft kann auch in der Form erteilt werden, dass den Betroffenen Akteneinsicht gewährt oder ein Ausdruck aus automatisierten Dateien überlassen wird. SS 29 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes bleibt unberührt. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. durch sie die Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist, 2. die personenbezogenen Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden schutzwürdigen Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen, 236 3. sie die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würden. (3) Im Übrigen gilt für die Auskunft SS 18 Absätze 2 und 4 bis 6 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes SS 24 Parlamentarischer Kontrollausschuss Zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes bildet die Bürgerschaft einen Kontrollausschuss. Dieser tagt in nichtöffentlicher Sitzung. SS 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses (1) Der Ausschuss besteht aus sieben Mitgliedern der Bürgerschaft. (2) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Bürgerschaft in geheimer Abstimmung gewählt. (3) Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in dem Ausschuss bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ausschuss oder aus der Bürgerschaft. (4) Der Ausschuss wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. (5) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben im Gewahrsam des Landesamtes für Verfassungsschutz und können nur dort von den Ausschussmitgliedern eingesehen werden. (6) Scheidet ein Mitglied des Ausschusses aus der Bürgerschaft oder seiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft im Ausschuss; für 237 dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausschuss ausscheidet. (7) Der Parlamentarische Kontrollausschuss erstattet der Bürgerschaft jährlich einen Bericht über seine Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des Absatzes 3 zu beachten. SS 26 Aufgaben des Ausschusses (1) Der Ausschuss übt die parlamentarische Kontrolle auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes aus. Die Rechte der Bürgerschaft bleiben unberührt. (2) Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben kann der Ausschuss vom Senat die erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten und Dateieinsichten, Stellungnahmen und den Zutritt zu den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz und die Entsendung bestimmter Angehöriger des öffentlichen Dienstes als Auskunftspersonen verlangen. Der Senat bescheidet ein solches Kontrollbegehren abschlägig oder schränkt die Aussagegenehmigung ein, wenn gesetzliche Vorschriften oder das Staatswohl entgegenstehen. In diesem Fall legt der Senat dem Ausschuss seine Gründe dar. (3) Der Senat unterrichtet den Ausschuss in Abständen von höchstens drei Monaten oder auf Antrag eines Mitglieds über die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Der Senat hat dem Ausschuss 1. Gefahren für die Schutzgüter des SS 1, 2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach SS 8 Absatz 2 Satz 2 sowie ihre Änderungen, 3. die Maßnahmen nach SS 8 Absatz 3, 4. die Weiterspeicherung nach SS 9 Absatz 3, 238 5. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einem automatisierten Verfahren für das eine Verfahrensbeschreibung nach SS 9 Absatz 1 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vorgeschrieben ist, und seine wesentlichen inhaltlichen Änderungen, 6. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach SS 15, 7. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach SS 16, 8. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nach SS 17, 9. Anfragen bei ausländischen öffentlichen Stellen nach SS 12 Absatz 5 Satz 3 des Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (HmbSÜG) vom 25. Mai 1999 mit der Änderung vom 30. Januar 2001 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 1999 Seite 82, 2001 Seiten 9, 16), mitzuteilen und jährlich über die Prüfungen nach SS 9 Absatz 2 Satz 2 zu berichten. SS 27 Eingaben Eingaben einzelner Bürger oder einzelner Angehöriger des Verfassungsschutzes über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Ausschuss zur Kenntnis zu geben. Der Ausschuss hat auf Antrag eines Mitglieds Petenten und Auskunftspersonen zu hören. SS 26 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. Die Rechte des Eingabenausschusses bleiben unberührt. 239 6. Abschnitt Schlussvorschriften SS 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz In SS 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 17. Januar 1969 mit der Änderung vom 02. Februar 1981 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1969 Seite 5, 1981 Seite 24), wird folgender Absatz 5 angefügt: "(5) Die Kommission ist ausschließlich für die Überprüfung der von der zuständigen Behörde angeordneten Beschränkungsmaßnahmen zuständig. Sie kann zu ihrer Unterstützung den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ersuchen, die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in ihrem Zuständigkeitsbereich zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber zu berichten." SS 29 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über den Verfassungsschutz in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Februar 1978 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 51) außer Kraft. Der Senat 240 Abkürzungen von Organisationen - Nicht alle sind Beobachtungsobjekte des Landesamtes für Verfassungsschutz - A A.H. A.H.-Verlag Hamburg AA/BO Autonome AntifaschstInnen/Bundesweite Organisation AA/NO Arbeitslose Akademiker / Nachwuchsorganisation AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD ABLE Association for Better Living and Education ADHF Almanya Demokratik Haklar Federasyonu = Föderation für demokratische Rechte in Deutschland ADHK Avrupa Demokratik Haklar Konfederasyonu = Konföderation für demokratische Rechte in Europa ADP Aufbruch 99 - Aufbruch Deutscher Patrioten ADÜTDF Avrupa Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu = Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. AFID Föderativer Islamstaat Anatolien (Hintergr.: ICCB bzw. "Der Kalifatstaat") AGH Antifaschistische Gruppe Hamburg AGIF Föderation der Arbeiter und Immigranten aus der Türkei in Deutschland AGS Arbeitsgruppe Scientology der Behörde für Inneres AIS Arme Islamique du Salut = Islamische Heilsarmee AIW Antiimperialistischer Widerstand AIZ Antiimperialistische Zelle AKON Aktion Oder-Neiße e.V. AKP-I Arbeiterkommunistische Partei Iran AMGT Avrupa Milli Görüs Teskilatlari = Vereinigung der Neuen Weltsicht in Europa e.V. AMS Assoziation Marxistischer StudentInnen ARGK Artesa Rizgariya Gele Kurdistan = Volksbefreiungsarmee Kurdistans ATIF Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu = Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa e.V. = Avrupa Türkiyeli Isciler Konfederasyonu 241 AZ Autonome Zelle AZUM Autonome Zelle 'in Gedenken an Ulrike Meinhof' B B5 B 5 (Treffobjekt in der Brigittenstraße) BAT Bundesweite Antifatreffen BFB Bund Freier Bürger BIG Bündnis der Islamischen Gemeinden in Norddeutschland und Hamburg e.V. C CCHR Citizens Commission on Human Rights CLO Continental Liasion Offices D DABK Ostanatolisches Gebietskomitee DAS Department of Special Affairs DESG Deutsch-Europäische Studiengesellschaft DETUDAK Solidaritätskomitee der revolutionären Gefangenen DGH Demokrati Genclik Hareketi = Demokratische Jugendbewegung DHKC siehe: DHKP-C (tritt unter verschiedenen Bezeichnungen auf) DHKP siehe: DHKP-C (tritt unter verschiedenen Bezeichnungen auf) DHKP-C Demvrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi = Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front, tritt auch als DHKC oder DHKP auf DITIB Türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion DK Deutsches Kolleg DKP Deutsche Kommunistische Partei DP Deutsche Partei DPK/I Demokratische Partei Kurdistans DRB Deutsches Rechtsbüro DSA Department of Special Affairs 242 DSB Verband demokratischer Künstler DSU Deutsch Soziale Union DSZ Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH DVU Deutsche Volksunion E EMUG Union für den Bau und die Unterhaltung von Moscheen in Europa e.V. = s. ACCYD ER Ehrenbund Rudel ERNK Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan = Nationale Befreiungsfront Kurdistans EYSB Enternasyonal Yazar ve Sanatcilar Birligi = Internationaler Schriftstellerund Künstlerbund F F.F.D.I. e.V. Frauen für Demokratie im Iran e.V. FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei FAPSI Federalnoye Agentstvo Pravitelstvennoy Suyazi I FARC Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia FAU Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union FDVP Freiheitliche Deutsche Volkspartei FEYKA Föderation der Patriotischen Arbeiter und Kulturvereinigungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. FHI Flüchtlingshilfe Iran e.V. FIS Front Islamique du Salut = Islamische Heilsfront FIT Freies Info-Telefon Norddeutschland FKA Forum Kommunistischer Arbeitsgemeinschaften FN Front National FÖGA Föderation Gewaltfreier Gruppen FP Fazilet Partisi = Tugendpartei FSB Federalnaya Sluzhba Bezopasnosti FSK Freies Sender Kombinat FZ Freiheitlicher Buchund Zeitschriftendienst GmbH 243 G GAB Gewaltfreies Aktionsbündnis GFP Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. GIA Groupe Islamique Arme = Bewaffnete Islamische Gruppe (Algerien) GRU Glavnoje Radzvedyvatelnoe Upravleniye Generalnogo Shtaba H HAAG Hamburger antifaschistische autonome Gruppe (früher HAA) HAK-EVI Hamburg ve Cevresi Alevi Kültür Evi = Alevitisches Kulturhaus in Hamburg und Umgebung e.V. (PKK-Hintergrund) HAMAS Harakat Al-Muqawama Al-Islamiya = Islamische Widerstandsbewegung HCOPL Hubbard Communication Office Policy Lette HI Hilfsorganisation Iran e.V. HIK Hereketa Islamiya Kurdistane = Islamische Bewegung Kurdistans HK Hamburger Kreis HmbVerfSchG Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz HMSK Halk Mesru Savunma Kuvvetzi = Legitime Volksverteidigungskräfte (PKK_Guerilla) HN Hamburger Nationaldemokraten HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige HSK Heyva Sor a Kurdistane = Kurdischer Roter Halbmond e.V. HUNERKOM Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. I I.f.A. Initiative für Ausländerbegrenzung I.U.I.S. Islamische Union Irakischer Studenten in Deutschland e.V. IAS International Association of Scientologists IBP Islamischer Bund Palästina (Hintergrund: HAMAS) 244 ICCB Islami Cemaat Ve Cemiyetler Birligi = Verband der IslamIschen Vereine und Gemeinden e.V. Köln (vorrangige neue Bezeichnung: "Der Kalifatstaat") IGD Islamische Gemeinde in Deutschland e.V. IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. IH Islami Hareket = Islamische Bewegung IIGD Islamisch-Irakische Gemeinschaft - Deutschland IKM Komitee gegen Isolationshaft IMSV Iranische Moslemische Studentenvereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. IS International Socialists ISBH Islamischer Studienbund Hamburg e.V. IWF Internationaler Währungsfonds IZ Islamisches Zentrum IZH Islamisches Zentrum Hamburg IZM Islamisches Zentrum München J JA (B) Junge Antifa Bergedorf JN Junge Nationaldemokraten JUKO Junge Kommunisten JUMP Jugend Umwelt Projektwerkstatt K K&D Gruppe Kritik und Diskussion KAB Kürdistan Aleviler Birligi = Union der Aleviten aus Kurdistan KGÖ Kommunistische Jugendorganisation KIH Kürdistan Islam Hareketi = Islamische Bewegung Kurdistans KIZ Kurdistan-Informations-Zentrum KNK Kurdischer Nationalkongress KON-KURD Konföderation kurdischer Vereine in Europa KP/IÖ Kommunistische Partei / Aufbauorganisation (MLKPAbspaltung) KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPF Kommunistische Plattform in und bei der PDS KRH Kurdischer Roter Halbmond = Heyva Sor A Kurdistane = HSK) 245 KSHH Kurdistan Solidarität Hamburg KURD-HA Kurdistan Haber Ajansi / News Agency = Nachrichtenagentur KVPM Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. L LfV Landesamt für Verfassungsschutz LIZ Libertäres Zentrum LKA Libertäres Kulturund Aktionszentrum LL-Demo Berliner Luxemburg/Liebknecht-Demonstration LTTE Liberation Tigers of Tamil Eelam M M 18 Guerillaorganisation der MLKP MASCH Marxistische Abendschule MB Muslimbruderschaft MEDYA-TV kurdischer Fernsehsender (PKK, Ersatz für den verbotenen MED-TV) METV kurdischer Fernsehsender (PKK) MG Marxistische Gruppe MHP Partei der Nationalistischen Bewegung MIF Militante Islamische Fundamentalisten MIG Verein der kulturellen medialen Kommunikationsstelle der Migration e.V. MLKP Marxist-Leninist Komünist Partisi = Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei MLPD Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands MTZ Magda-Thürey-Zentrum MÜSIAD Müstakil Sanayici ve Isadamlari Dernegi = Verband Unabhängiger Industrieller und Unternehmer e.V. 246 N Nadir Nadir Info System NADIS Nachrichtendienstliches Informationssystem NIT Nationales Infotelefon NIZ Nationales Informationszentrum NL Nationale Liste NLA National Liberation Army = Nationale Befreiungsarmee NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NSDAP/AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei / Auslandsund Aufbauorganisation NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran NZ National-Zeitung - Deutsche Wochenzeitung O OAT Offenes Antifa Treffen Orgs Class V - Organisationen OSA Office of Special Affairs P PDS Partei des demokratischen Sozialismus PFLP-GC Popular Front for the Liberation of Palestine - General Command = Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando PIJ Palästinensischer Islamischer Jihad PJA Partija Jinen Azad = Partei der freien Frauen PKK Partiya Karkeren Kurdistan = Arbeiterpartei Kurdistans PLO Palestine Liberation Organisation = Palästinensische Befreiungsorganisation PUK Patriotische Union Kurdistans PZD Personenzentraldatei R RAF Rote Armee Fraktion RBF Republikanischer Bund der Frauen 247 REP Die Republikaner RePBB Republikanischer Bund der öffentlichen Bediensteten RES Revolutionäre Sozialisten RH Rote Hilfe RHV Republikanischer Hochschulverband RIM Revolutionäre Internationalistische Bewegung RJ Republikanische Jugend RP Wohlfahrtspartei (Refah Partisi) RPF Revolutionäre Plattform (in der NPD) RPF Rehabilitation Project Force (Arbeitslager der SO) RSB Revolutionär-Sozialistischer Bund RTC Religious Technology Center RZ Revolutionäre Zellen S SBMH Studentenbund der Muslime in Hamburg e.V. SBMN Studentenbund der Muslime in Norddeutschland e.V. SCIRI Supreme Council for the Islamic Revolution in Iraq SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiter Jugend Sea Org Sea Organization SO Scientology Organisation SOJA Verein zur Förderung von sozialistischen Arbeiterjugendund Kinderpolitik SpAD Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands SPG (Gruppe) Solidarität mit politischen Gefangenen SWR Sluzhba Vneshney Razvedki T THKP/-C Türkiye Halk Kurtulus Partisi-Cephesi = Türkische Volksbefreiungspartei/-Front TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee TKIH Türkische Kommunistische Arbeiterbewegung TKP(ML) DABK-Flügel der TKP/M-L TKP/ML (B) Türkiye Komünist Partisi / Marksist-Leninist (Bolsevik) = Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten (Bolschewisten) TKP/ML H Türkische Kommunistische Partei/Marxisten Leninisten Bewegung 248 TKP/ML Partizan-Flügel der TKP/M-L TKP/M-L Türkiye Komünist Partisi / Marksist-Leninist = Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten TRO Tamil Rehabilitation Organisation TSO Tamil Student Organisation U UCK Kosovo-Befreiungsarmee UELAM Union für die in den europäischen Ländern arbeitenden Muslime e.V. UMSO Union Islamischer Studentenorganisationen in Europa e.V. UZ Unsere Zeit V V.I.B. Verein für islamische Bildung e.V. VB Vlaams Blok VEIF Verein zur Eingliederung iranischer Flüchtlinge VEVAK Ministerium für Nachrichtenwesen und Sicherheit (des Iran) VFMI Verein zur Förderung der Musik im Iran VIDA Verein Iranischer Demokratischer Akademiker VSP Vereinigung für Sozialistische Politik VVdN-BdA Verband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener - Bund der Antifaschisten VVN/BdA Vereinigung der Verfolgten des NaziregimesBund der Antifaschisten W W3 Werkstatt 3 WDC Watchdog-Committee WISE World Institute of Scientology Enterprises WTM World Tamil Movement e.V. 249 Y YDG Yeni Demokratik Genclik = Neue Demokratische Jugend YDK Auslandskomitee der MLKP YDK Union der Gläubigen aus Kurdistan YDK Yeni Demokratik Kadin = Neue Demokratische Frau YEK Union der Yeziden aus Kurdistan YEK-KOM Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland YEKMAL KURD Union der kurdischen Familien YHK Union der Juristen Kurdistans YKWK Yekitiya Karkeren Welatparezen Kurdistan = Union der patriotischen Arbeiter aus Kurdistan YMK Union der Lehrer Kurdistans YNK Schriftstellervereinigung Kurdistans YRK Union der Journalisten Kurdistans YRWK Yekitya Rewsenbiren Welatparezen Kurdistan = Gesellschaft für die Pflege der kurdischen Kultur und Kunst e.V. YXK Yekitiya Xwendevanen Kurdistane = Union der StudentInnen aus Kurdistan Z ZORG Zentralorgan 250 Stichwortverzeichnis A A.H.-Verlag Hamburg 62 Türkei in der Bundesrepublik AA/BO (Antifaschistische Aktion Deutschland e.V. ) 163 / Bundesweite Organisation) AGIF-Jugend 163 117 AGS (Arbeitsgruppe Scientology AA/NO (Arbeitslose Akademiker / der Behörde für Inneres) 199 Nachwuchsorganisation) 134 Aihneh-e Iran 180 Aberrierte Menschen AIS (Islamische Heilsarmee) 190 (Nichtscientologen) 196 AIW (Antiimperialistischer ABLE (Association for Better Widerstand) 94, 99, 101 Living and Education) 193, 194 AIZ 97, 99 Abschiebung ist Mord (Aktion) AKON 76 114 AKP-Iran, Abu-Jamal, Mumia 104 Arbeiterkommunistische Partei ADHF (Föderation für Iran 175 Demokratische Rechte in Aktionsbüro29, 53, 59, 60, 67, Deutschland) 159 90 ADHK (Konföderation für Aktionsbüro Norddeutschland29, demokratische Rechte in 53, 59, 90 Europa) 159, 162 AKW Philipsburg 124 ADP (Aufbruch 99 - Aufbruch AKW Stade 124 Deutscher Patrioten) 91, 92 Al-Aqsa-Intifada 180, 181, 182 ADÜTDF (Föderation der al-Ikhwan al-Muslimun türkisch-demokratischen (Muslimbruderschaft) 185 Idealistenvereine in Europa Al-Jihad Al-Islami (Islamischer e.V.) 154 Heiliger Krieg) 185 Afghanistan 185, 186, 187 Al-Qaida (Die Basis) 188 AFID (Föderativer Islamstaat Al-Quds 181 Anatolien) 168 AMGT (Vereinigung der neuen AG Sputnik 118, 122 Weltsicht in Europa e.V.) 164 AGH (Antifaschistische Gruppe AMS (Assoziation Marxistischer Hamburg) 117 StudentInnen)129, 130, 131, AGIF (Föderation der 132 Arbeitsimmigrant/innen aus der Anarchisten 94 Angehörigen-Info 157 251 an-Nabahani, Taqiuddin 188 Arbeitsgruppe Scientology der Anti-Akw-Bewegung, Behörde für Inneres (AGS) 199 linksextremistische Arbeitskreis der Einflussnahme auf... 123 Sicherheitsbevollmächtigten Anti-AKW-Gruppe 'Rote Flora' der Hamburger Wirtschaft 214 124 Arbeitskreis der Anti-Antifa20, 30, 47, 48, 56, Sicherheitsbevollmächtigten 57, 64 der Werften 214 Anti-Antifa Hamburg 64 Arbeitslager der SO Anti-Atom-Büro 124 (Rehabilitation Project Force) Anti-Expo-Widerstand, 193 linksextremistischer... 125 Arbeitslose Akademiker / Antifa-Bewegung 115 Nachwuchsorganisation Antifa-Cafe 118 (AA/NO) 134 Antifa-Gruppen 117, 118, 122 Arbeitsweise des Landesamtes Antifaschistische Aktion / für Verfassungsschutz 17, 236 Bundesweite Organisation ARGK (Volksbefreiungsarmee (AA/BO) 117 Kurdistans) 143, 146 Antifaschistische Aktion Harburg Arische Bruderschaft 2000 50 118 Arischer Kämpferbund 51 Antifaschistische Gruppe Association for Better Living and Hamburg (AGH) 117 Education (ABLE) 194 Antifaschistischer Assoziation Marxistischer Demonstrationstourismus 123 StudentInnen (AMS) 130 Antifa-Vernetzungstreffen 118 ATATÜRK, Kemal 165 Antiimperialisten (AIW) 100 ATIF (Föderation der Arbeiter aus Antiimperialistischer Widerstand der Türkei in Deutschland e.V.) (AIW) 94 159 Antikriegstag 130 ATIK (Konföderation der Arbeiter Antirassistische Aktionen 112 aus der Türkei) 159, 160 APFEL, Holger 84 Auditing 195 Applied Scholastics 194 Aufbruch 99 76, 91 Arabische Afghanistankämpfer Aufbruch 99 - Aufbruch (Mujahedin, auch Deutscher Patrioten (ADP) 91 Gotteskrieger) 187 Aufgaben des Landesamtes für Arabische Mujahedin 186 Verfassungsschutz13, 217, Arbeiterkommunistische Partei 219, 220, 232 Iran (AKP-IranI) 174 Ausforschen von Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) regimefeindlichen Personen 143 208 252 Ausschuss für Antiterrorismus Bramfelder Neonazi-Szene59, 62, 177 63, 65, 67 Autonome 15, 93, 94, 99, 100, Brandanschlag auf Lufthansa103, 104, 105, 109, 115, Bus 119, 123, 126 112 Autonome AntifaschistInnen aus Brandanschlag auf PKW einer HH 119 Amtsärztin 112 Autonome Zelle - auch Autonome Brandanschlag in Frankfurt/Main Zelle Hamburg94, 99, 104, auf Baufahrzeug der Deutschen 105, 126 Bahn AG 124 Autonome Zelle 'in Gedenken an Brigittenstraße (Szene-Synonym Ulrike Meinhof' (AZUM) 99, für ein dortiges Treffobjekt) 110 104, 126 Bund Freier Bürger (BFB) 72 Autonome Zelle Hamburg - auch Bundesweite Antifa-Treffen Autonome Zelle 104 (BAT) 117 AZUM (Autonome Zelle 'in Bündnis der islamischen Gedenken an Ulrike Meinhof') Gemeinden in Norddeutschland 99, 104 und Hamburg e.V. (BIG) 166 B Bürgerinitiative gegen das Holocaust-Mahnmal 68 B 5 (Treffobjekt in der Bürgerschaftssitzung, Störung Brigittenstraße) 110, 118, 197 einer... 157 Bank (im Verständnis der SO)196 Büro für internationale BAT (Bundesweite AntifaBeziehungen der Treffen) 117 Volksmodjahedin Iran 178 BAYDAS, Sadik 152 Befreiungspartei (Hizb ut-Tahrir) C 188 BEN LADIN, Usama 186, 188 Cafe Flop 48, 57 Berlin-Brandenburg-Sampler 44 Call to Arms 201 Bewaffnete Islamische Gruppe Carlos (RAMIREZ-SANCHEZ, (GIA) 190 Illich) 98 BFB (Bund Freier Bürger) 72 Castor-Transporte 123 BIG 166 CCHR 195 Blood & Honour18, 41, 42, 43, CCHR (Citizens Commission on 44, 47, 69 Human Rights) 193, 195 Blood & Honour Division Celebrity Center 193, 195 Deutschland 18, 41 Citizens Commission on Human Blood & Honour Sektion Rights (CCHR) 195 Nordmark 47 Class V-Organisationen (Orgs) Bonz 1488 51 195 253 Clears 197 Deutsches Kolleg (DK) 23 CLO (Continental Liasion Offices) Devrimci Demokrasi 161 193 Devrimci Sol (Revolutionäre Club 88 46, 62, 69 Linke) 155, 156 Club der toten Gleise 124 Devrimci Tutsaklarla Dayanisma Continental Liasion Offices (CLO) Komitesi (DETUDAK) 162 193 DGH (Demokratische Criminon 194 Jugendbewegung) 160, 161 DHKP-C155, 156, 157, 158, D 162 Dianetik 198 DABK (Ostanatolisches die drei von der Tankstelle 106 Gebietskomitee) 159 Die Republikaner (REP) 71 Die Rote Hilfe 110 Datenschutz 13 Demokratieprojekt, PKK-146, DIESNER, Kay 49 147 DK (Deutsches Kolleg) 23 Demokratische Jugendbewegung DKP (Deutsche Kommunistische (DGH) 160 Partei)95, 100, 122, 128, Demokratische Partei Kurdistans 129, 130, 131, 132, 136 / Irak (DPK/I) 146 DKP-Bezirksorganisation Demokratischer Künstlerverband Hamburg 129 (DSB) 159 DP (Deutsche Partei) 72 Department of Special Affairs DPK/I (Demokratische Partei (DAS) 198 Kurdistans / Irak) 146 Dresdner Bank, deportation.class - Gegen das Geschäft mit Abschiebung Sachbeschädigung bei... 104 (Kampagne) 114 Drogenhandel(s), Förderung des Der Geheimdienst der organisierten ... 152 Scientology-Organisation DSA (Department of Special (Publikation des LfV Hamburg) Affairs) 198 194 DSB (Demokratischer Der Schwarze Kanal 135 Künstlerverband) 159 Der Wehrwolf 56 DSU (Deutsch Soziale Union) 72 DETUDAK 158, 161, 162, 164 DSZ-Druckschriftenund Deutsch Soziale Union (DSU) 72 Zeitungsverlag GmbH 76 DURMUS, Nihat 152 Deutsche Akademie 85 Deutsche Kommunistische Partei DVU (Deutsche Volksunion) 25, (DKP) 95, 128 28, 30, 32, 65, 71, 72, 75, Deutsche Partei (DP) 72 76, 77, 78, 79, 80, 81 Deutsche Stimme 45, 51, 73, 84 Deutsche Volksunion (DVU) 76 254 E Expansionsbestrebungen der SO 197, 199 EXPO 124 EADS 216 EHLERS, Hans 75 extremistisch (Begriffsklärung) 12 Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft EYSB (Internationaler zum Schutz der Frontsoldaten Schriftstellerund Siehe ER Künstlerverband) 160 Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten F (ER) 76 EISENECKER, Hans-Günther Dr. FALLAHIAN, Ali 171 88 Fantifa 118 EMUG (Europäische Moscheebau Fantifa NN 118 und Fanzines 41 Unterstützungsgemeinschaft FAPSI (Federalnoye Agentstvo e.V.) 164 Pravitelstvennoy Suyazi I)205, En Nahda 185 206 Energieversorgung 216 Farbanschlag auf Wohnhaus des Enturbulierung der Gesellschaft Lufthansa - 197 Vorstandsvorsitzenden Eppendorfer Org der SO 200 112 ER (Ehrenbund Rudel - Farbeierattacken 177 Gemeinschaft zum Schutz der FARC 130, 131 FrontsoldatenXE "Ehrenbund Fatwa (Rechtsgutachten) 172 Rudel - Gemeinschaft zum Fazilet Partisi (Tugendpartei)155, Schutz der Frontsoldaten" 164 "Siehe ER") 76 FDVP (Freiheitliche Deutsche ERBAKAN, Mehmet Sabri 164 Volkspartei) 78 ERBAKAN, Necmettin 165 Federalnaya Sluzhba ERDOGAN, Riza 148 Bezopasnosti (FSB) 205 ERNK (Nationale Befreiungsfront Federalnoye Agentstvo Kurdistans)144, 145, 146, Pravitelstvennoy Suyazi I 148, 149 (FAPSI) 205 Ernst-Thälmann-Gedenkstätte130 Fetva (Rechtsgutachten eines Ethikbegriff der SO 191 Muftis) 168 EU-Gipfel 104 FHI (Flüchtlingshilfe Iran) 178 Europäische Moscheebauund FIEDLER, Hans 75 Unterstützungsgemeinschaft FIS (Islamische Heilsfront)185, e.V. (EMUG) 164 190 Exekutivinstanz der FIS im FIT 26 Ausland 190 FIT (Freies Info-Telefon) 62 255 Flüchtlingshilfe Iran (FHI) 178 FSB (Federalnaya Sluzhba FN (Front National) 73 Bezopasnosti) 205, 206 Föderation der Anatolischen FSK (Freies Sender Kombinat) Volkskulturvereine 158 135 Föderation der Arbeiter aus der FZ - Freiheitlicher Buchund Türkei in Deutschland e.V. Zeitschriftendienst GmbH 76 (ATIF) 159 G Föderation der Arbeitsimmigrant/innen aus der Gamaat Islamiya (Islamische Türkei in der Bundesrepublik Gemeinschaft) 186 Deutschland e.V. (AGIF) 163 Gefängniszellen des F-Typs in der Föderation der türkischTürkei 162 demokratischen Geheimund Sabotageschutz 13, Idealistenvereine in Europa e.V. 14, 211 (ADÜTDF) 154 Geheimhaltungsbedürftige Föderation für Demokratische Staatsaufträge 214 Rechte in Deutschland (ADHF) GERLACH, Heinrich 78 159 Gesellschaft iranischer Föderativer Islamstaat Anatolien Flüchtlinge 178 (AFID) 168 Gesetzliche Grundlage des FP (Fazilet Partisi bzw. Verfassungsschutzes 13 Tugendpartei) 165 Gewaltbereite Linksextremisten Fraktion der DVU -freiheitliche 94 Liste 78 GIA (Bewaffnete Islamische Frauen für Demokratie im Iran Gruppe) 186, 190 178 Glasmoor - Abschiebeknast 112 Frauen-Antifa 118 Glavnoje Radzvedyvatelnoe Freie Nationalisten53, 59, 67, Upravleniye Generalnogo 68, 70, 87, 90 Shtaba (GRU) 204 Freies Info-Telefon (FIT XE "FIT" Global action day 105 ) 26 GOERTZ, Andre 25 Freies Sender Kombinat (FSK) Großdemonstration in Düsseldorf, 135 PKK... 148 Freiheitliche demokratische GRU (Glavnoje Radzvedyvatelnoe Grundordnung, Prinzipien der Upravleniye Generalnogo ... 12 Shtaba) 204, 205 Freiheitliche Deutsche Gruppe Kritik und Diskussion Volkspartei (FDVP) 78 (K&D) 109, 134 FREY, Gerhard Dr.65, 76, 77, 78, 79, 80, 81 Front National (FN) 73 256 H Hierarchie der SO 192 Hilafet Devleti (Der Kalifatsstaat) Haider, Jörg 120 168 HAMAS 172, 182, 185 Hilfsorganisation für nationale HAMAS (Islamische politische Gefangene und deren Widerstandsbewegung) 182 Angehörige e.V. (HNG) 57 HAMAS-Anhänger in Hamburg HIZB ALLAH (Partei Gottes)172, 182 173, 183 Hambastegi (Internationale Hizb ut-Tahrir (Befreiungspartei) Föderation Iranischer 188, 189 Flüchtlinge, Nebenorganisation Hizb ut-Tahrir-Anhänger in der AKP-I) 175 Hamburg 189 Hamburger anarchistisches HmbSÜG (Hamburgisches Spektrum 111 Sicherheitsüberprüfungsgesetz) Hamburger Antifa-Gruppen117, 16, 211, 212, 221, 239 118 HN 57 Hamburger Autonome HNG 57, 59 Antifagruppe 118 Hochschulantifa 118, 122 Hamburger Bündnis 134 Hubbard Communication Office Hamburger Bündnis für die Policy Letter - HCOPL 191 Erfüllung der Forderungen aller HUBBARD, Ron L.191, 195, ZwangsarbeiterInnen 101 196, 197, 199 Hamburger Bündnis gegen HUPKA, Steffen 70, 87 Rassismus und Faschismus134 HUSSEIN, Saddam 210 Hamburger Flughafen 114, 216 Hamburger Nationaldemokraten I 89 Hamburger Sturm18, 29, 47, 54, I.F.A. 76 63, 64, 65, 68 ICCB (Verband der islamischen Hamburger Sturm (Publikation)56 Gemeinden und Vereine e.V.) Hamburger Sturm 18 63 155, 167 Hammerskins 41 IGMG (Islamische Gemeinschaft HARDER, Ulrich 82, 90 Milli Görüs e.V.)138, 154, HARMS, Olaf 129 164, 165, 166, 167 Hasselt / Belgien 156 IGMG, Regionalbereich Nord der Hausbesetzung durch KRASS111 ... 166 HCO PL 191, 197, 198 IGMG-Satzung 165 HCOPL 191 IKM (Komitee gegen Heiliger Krieg (Jihad) 185 Isolationshaft) 158, 162 Heinrich-Böll-Stiftung 175 Impact 201 HEß, Rudolf 49, 58, 67, 69 IMSV 178 257 Informationsbüro der DHKP-C157 IZH (Islamisches Zentrum Informations-Ministerium Hamburg) 173, 208 ((Geheimdienst-Ministerium)) des Iran 171 J Info-Telefone 18, 24, 25 Initiative für JA(B) 118 Versammlungsfreiheit 70, 87 Jamaat al-Islamiya (auch Gamaat International Association of Islamiya) 185 Scientologists 193, 194 Jihad 171, 181, 187, 189 International Association of JN (Junge Nationaldemokraten) Scientologists (IAS) 194 30, 67, 68, 82 Internationale Föderation Jugendinitiative für Politik und Iranischer Flüchtlinge 175 Kultur - KRASS 111 Internationaler Schriftstellerund Jugendpolitischer Ratschlag der Künstlerverband (EYSB) 160 SDAJ 131 Internationaler Währungsfonds JUKO (Junge Kommunisten) 131 (IWF) 104 Junge Antifa Bergedorf [JA(B)] Iran Air 175 118 Iranisch Moslemische StudentenJunge Kommunisten (JUKO) 131 Vereinigung Bundesrepublik Junge Nationaldemokraten (JN) Deutschland e.V. (IMSV) 178 82 IRVING, David 79 ISIK, Yusuf 164 Islami Cemaat ve Cemiyetler K Birligi 167 Islamische Gemeinschaft Milli K&D (Gruppe Kritik und Görüs e.V. (IGMG) 154, 164 Diskussion) 134 Islamische Heilsarmee (AIS) 190 Kalifatsstaat 138, 155, 167 Islamische Heilsfront (FIS)185, Kameradenkreis um Thomas 190 WULFF 29, 59, 62, 67 Islamische KAPLAN, Cemaleddin 168 Widerstandsbewegung KAPLAN, Metin 168 (HAMAS) 172 KARASU, Mustafa 150 Islamisches Kalifat 188 KARAYILAN, Murat 150 Islamisches Zentrum Hamburg KAYPAKKAYA, Ibrahim 161 (IZH) 173 KEBIR, Rabah 190 Islamrat, Sitz in Bonn 167 Kein Mensch ist illegal 114 IWANOW, Sergei 206 Kemalismus 168 IWF (Internationaler Kenntnis nur, wenn nötig 213 Währungsfonds)104, 109, 127 KGB 204, 206 258 KGÖ (Kommunistische KPD 110, 128 Jugendorganisation) 163 KPF (Kommunistische Plattform) KHAMENEI 170, 179 94, 128, 135, 136 KHATAMI, Mohammed138, 170, KSHH (Kurdistan Solidarität 174, 177, 179 Hamburg) 100 KHATAMI-Deutschlandbesuch Kulturund Solidaritätsverein 174 Hamburg (ATIF) 161, 162 KHOMEINI 172, 173 Kurdische demokratische KLEBE, Torben42, 43, 46, 62, Volksunion (YDK). Die 63, 64 Abkürzung steht auch für Neue KLEIN, Hans-Joachim 97, 98 Demokratische Frau - vgl. KNK 151 TKP(ML ) 144 Knokke/Belgien, Festnahme einer Kurdischer Nationalkongress DHKP-C-Aktivistin in ... 158 (KNK) 151 KÖHLER, Gundolf 49 Kurdistan Solidarität Hamburg Komitee gegen Isolationshaft (KSHH) 100, 110 (IKM) 158, 162 KVPM (Kommission für Verstöße Kommission für Verstöße der der Psychiatrie gegen Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V.)195, 199 Menschenrechte e.V. (KVPM) 195, 199 L Kommunistische Jugendorganisation (KGÖ) 163 Landser 44, 45 Kommunistische Plattform (KPF) LAUCK, Gary Rex 57 135 LIBERTAD! 102 Kommunistischer Bund Irans Likedeeler 132 (Sarbedaran) 174 Linksextremistisch motivierte Konföderation der Arbeiter aus Strafund Gewalttaten 96 der Türkei (ATIK) 159 LIZ 111 Konföderation für demokratische LL-Demo (Berliner Rechte in Europa (ADHK) 159 Luxemburg/LiebknechtKonkurrenzspionage 209 Demonstration) 100 Konkurrierende antifaschistische Lola (Kulturzentrum) 57, 65 Bündnissysteme 117 Luftfahrttechnik 214, 215 Kontrolle des Lufthansa - AntirassismusVerfassungsschutzes 218, 237 Vorwurf 110, 112, 113, 114 KORABELNIKOW, Valentin 205 Kosovo-Albaner, extremistische... 138 Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) 138 259 M MOUSLI, Tarek 99 MTZ (Magda-Thürey-Zentrum) 129 M-18 (MLKP-Guerillaorganisation) 163 Mücadele (ATIK-Zeitschrift) 160 Mädelschar Deutschland 62 Mujahedin 187, 188 Magda-Thürey-Zentrum (MTZ) Multinationale Gruppierungen der DKP 129 185 MAHLER, Horst 21, 22, 23, 85, Mumia 104 91 Muslimbruderschaft (MB)182, MAISON DE FRANCE, Berlin 99 185 Marinetechnik 214 Marxistische Gruppe (MG) 134 N Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) Nachrichtendienste der GUS162 Republiken 207 Materieller Geheimschutz 213 Nachrichtendienste nah-, mittelMB (Muslimbruderschaft) 182, und fernöstlicher Staaten 208 185, 190 Nachrichtendienstliches MEDYA-TV 144 Informationssystem (NADIS)17 Mehringhof, Nachrichtendienstliches Durchsuchungsaktion im ... 99 Vorgehen der SO 201 Methoden russischer Nadir (Nadir Info System) 110 Geheimdienste 206 NADIS (Nachrichtendienstliches Metin KAPLAN - Festnahme und Informationssystem) 17 Verurteilung des ... 168 Nahkampf 56 MG (Marxistische Gruppe)134, Nahost-Konflikt 180 135 Narconon 194 MHP 154 NASRALLAH, Hassan 172, 183 Milli Gazete 166 Nation & Europa - Deutsche Ministerium für Monatshefte 73 Nachrichtenwesen und National Liberation Army (NLA) Sicherheit (VEVAK) 208 176 MIRDAMADI, Mohsen 177 Nationaldemokratische Partei MISCAVIGE, David 193 Deutschlands (NPD) 82 MISHAL, Khaled 182 Nationale Befreiungsarmee (NLA) MLKP (Marxistisch-Leninistische 176 Kommunistische Partei) 157, Nationale Befreiungsfront 158, 162, 163 Kurdistans (ERNK) 144 MLKP-Guerillaorganisation M-18 Nationale Demokratische 163 Initiative Kurdistan 151 Mojahed (Publikation) 179 Nationale Liste (NL) 59 260 Nationaler Widerstandsrat Iran OBERLERCHER, Reinhold Dr.21, (NWRI) 176 22, 23 NationalerWiderstand ÖCALAN, Abdullah100, 137, (Homepage) 62 142, 143, 144, 145, 146, Nationales Manifest des Friedens 147, 148, 149, 150, 151, 160 und der Einheit, PKK 150 ÖCALAN, Osman 144 Nationales und Soziales ÖCALAN-Klage gegen die Türkei Aktionsbündnis 149 Norddeutschland 45, 59, 60 off limits 113 Neonazis18, 27, 28, 29, 30, 40, Offener Kanal Hamburg 180 41, 43, 46, 48, 53, 54, 55, Offenes Antifa Treffen 118, 119 57, 59, 60, 61, 62, 63, 65, Office of Special Affairs (OSA) 66, 67, 68, 69, 80, 82, 83, 194, 201 90, 119 Omide Iran 180 Neue Demokratische Frau (YDK, Orgs (Class V-Organisationen) die Abkürzung steht auch für 195 Kurdische demokratische OSA (Office of Special Affairs) Volksunion, vgl. PKK) 160 193, 194, 195, 198, 201 Neue Demokratische Jugend Ostanatolisches Gebietskomitee (YDG) 159 (DABK) 159 NIT 25 Özgür Politika 144, 150 NIT XE "NIT" - Nachrichten Informationen Theorie 25 P NL (Nationale Liste) 59 Palästina-Konflikt 180 NLA (National Liberation Army, Partei des Demokratischen Nationale Befreiungsarmee) Sozialismus (PDS) 135 176, 177, 180 Partei Gottes (HIZB ALLAH) 172 NPD 18, 21, 22, 24, 25, 28, 30, Parteikongress, VII. 32, 36, 42, 45, 51, 54, 60, außerordentlicher der PKK ... 67, 68, 70, 72, 73, 75, 82, 146, 147 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, Parteitag der DKP 128 90, 115, 122 Partiya Karkeren Kurdistan (PKK) NPD-Infostand, Angriff auf... 122 143 NSDAP/AO 57, 59 Partizan 159 NWRI (Nationaler Widerstandsrat Patriotische Union Kurdistans Iran) 176, 177, 178, 179, 208 (PUK) 147 NZ 77, 79 PATRUCHIN, Wladimir 205 PATRUSCHEW, Nikolaj 205 O PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus)94, 100, 122, 128, 135, 136 261 PDS-Verband, Hamburger... 136 Rehabilitation Project Force (RPF) Personeller Geheimschutz 212 193 Personeller Sabotageschutz211, Reisen von Bundesbürgern nach 216 Russland 207 Personenzentraldatei (PZD) 17 Religious Technology Center Pfingstcamp der SDAJ 132 (RTC) 193 PIGORS, Jan 71, 75 RENNICKE, Frank 42 PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) REP 28, 30, 32, 71, 72, 73, 74, 100, 137, 139, 140, 142, 75, 78, 91 143, 144, 145, 146, 147, RepBB 71 148, 149, 150, 151, 152, RES (Revolutionäre Sozialisten) 153, 160, 161 101 PKK-Oppositionelle 151 Revolutionäre PKK-Präsidialrat144, 146, 149, Internationalistische Bewegung 150 (RIM) 174 PKK-Strukturen in Hamburg 150 Revolutionäre Linke (Devrimci Polizeirevier Bönningstedt Sol) 155 (Brandanschlag auf...) 104 Revolutionäre Sozialisten (RES) PRIEMER, Rolf 129 101 Programm, PKK - ... 147 Revolutionäre Zellen (RZ) 97, 98, Proliferation 209 108, 113 Protestkampagne gegen die Revolutionärer Jugendblock 163 Einführung von RH (Rote Hilfe e.V.) 110 Isolationshaftzellen 158 RHV 71 PÜHSE, Jens 45 Richtlinienbriefe der SO 191 PUK 147, 151 RIM (Revolutionäre PUTIN, Wladimir 203, 204, 206 Internationalistische PZD (Personenzentraldatei) 17 Bewegung) 174 RJ 71 R Ronahi (Wolf, Andrea) 100 ROßMÜLLER, Sascha 82 Radio Germania 55 Rote Armee Fraktion (RAF) 97 RAF 91, 97, 99, 111 Rote Flora65, 66, 103, 108, 126 RAMIREZ-SANCHEZ, Illich Rote Hilfe e.V 110 (Carlos) 98 Rote Zora 98 Roter Aufbruch 100 RBF 71 Reclaim the location move 108 Rotstift 132 Redaktion Gegenstandpunkt 134 RP (Refah Partisi bzw. Refah Partisi (Wohlfahrtspartei) Wohlfahrtspartei) 165 155, 165 RPF (Rehabilitation Project Force) Referenzpersonen 212 82, 87, 88, 193 262 RPF [(Revolutionäre Plattform (in SERXWEBUN (Unabhängigkeit) der NPD)] 82, 87, 88, 193 144 RTC (Religious Technology Sicherheitsüberprüfung 212, 213 Center) 193 Sicherheitsüberprüfungsgesetz, RZ (Revolutionäre Zellen)97, 98, Hamburgisches... (HmbSÜG) 112, 113 16, 211, 212, 221 Skinheads18, 27, 28, 29, 30, S 37, 39, 40, 41, 43, 45, 46, 47, 48, 49, 55, 59, 62, 63, Sabotageschutz 216 68, 70, 82, 83 Sarbedaran 174 SO (Scientology-Organisation)15, Satanische Verse 172 102, 191, 192, 193, 194, Schanzenviertel65, 66, 105, 195, 196, 197, 198, 200, 201, 202 106, 108, 109, 120, 161 Scharia 165 SO oder SO (Publikation der Scharon, Ariel 180 LIBERTAD!) 102 SCHINDLER, Rudolf 99 SO-Aktivitäten in Hamburg 199 SCHLIERER, Rolf Dr. 71 SOFU, Halil 168 SCHÖNHUBER, Franz 22 SOJKA, Klaus Prof. Dr. Dr. 78 SCHURA - Rat der islamischen Solidarität für politische Gemeinschaften in Hamburg Gefangene 108 e.V. 167 Solidaritätskomitee mit den Schutzgelderpressung 152 politischen Gefangenen Scientology-Organisation (SO) (DETUDAK) 158, 162 Sozialistische Deutsche 15, 191 SDAJ 100, 128, 129, 131, 132 Arbeiterjugend (SDAJ) 131 SDAJ Hamburg 131, 132 SPD-Landesparteizentrale HH, SDAJ-Bundeskongress 130, 131 Besuch der... 157 SDAJ-Club im Hamburger DKPSpionage, klassische ... 203 Zentrum 132 Sprecherrat der KPF 136 Sea Org (Sea Organization)193, Spreegeschwader 45 194 STEHR, Heinz 129 Sea Organization (Sea Org) 193 Stiftung 15. Khordad 172 Seattle, Störaktionen anlässlich Stoertebeker Homepage 55 einer Tagung der World Trade Straßensammlungen der IMSV 178 Organization 126 Secretariat of the National Strukturdaten des Landesamtes Council of Resistance of Iran für Verfassungsschutz 16 177 Sturm 15 HH Lohbrügge 57 Selbstmordanschläge der Hizb SWR (Sluzhba Vneshney Allah 183 Razvedki) 204 263 T Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) 160 Tag des politischen Gefangenen 102 Türkische Kommunistische Takfir Wa'l Hijra (sinngemäß Arbeiterbewegung (TKIH) 162 Sühnung und Auswanderung) Türkische Kommunistische 189 Partei/Marxisten Leninisten Taliban 186 Bewegung (TKP/ML H) 162 Technologie der SO123, 191, 195, 196, 198, 200, 209 U Terrorismus (Definition der UCK (Kosovo-Befreiungsarmee) Verfassungsschutzbehörden)48 138 THKP/-C 155 Ümmet-i-Muhammed (Die THKP/-C Devrimci Sol 155 Gemeinde Mohammeds) 168 TIKKO (Türkische Arbeiterund Unsere Zeit (UZ) 133 Bauernbefreiungsarmee) 160 UZ (Unsere Zeit) 133 TKIH (Türkische Kommunistische Arbeiterbewegung) 162 V TKP(ML) (Türkische Kommunistische VB (Vlaams Blok) 73 Partei/Marxisten Leninisten) VEIF (Verein zur Eingliederung 159, 160, 161, 162, 163 iranischer Flüchtlinge) 178 TKP/M-L 163 Verband der islamischen TKP/ML (Türkische Gemeinden und Vereine e.V. Kommunistische (ICCB) 155 Partei/Marxisten Leninisten) Verband der islamischen Vereine 157, 159, 160, 161, 162 und Gemeinden e.V. (ICCB) TKP/ML H 162 167 TKP/ML und TKP(ML), zwei Verein Iranischer Demokratischer selbständige Parteien mit Akademiker (VIDA) 178 gleichlautenden Namen, aber Verein zur Eingliederung unterschiedlichen iranischer Flüchtlinge * (VEIF) Abkürzungen 159 178 TOBEN, Fredrick Dr. 24 Verein zur Förderung der Musik Todesfasten (Hungerstreik)157, im Iran (VFMI) 178 158, 164 Vereinigung der neuen Weltsicht Trägervereine von Moscheen 167 in Europa e.V (AMGT) 164 Tugendpartei (Fazilet Partisi)155, Verfassungsschutz durch 165 Aufklärung 14 264 Verfassungsschutzgesetz, WIECHMANN, Claudia 77, 78 Hamburgisches Wirtschaftsspionage 205, 209, (HmbVerfSchG) 13 215 Verordnung zur Bestimmung WISE (World Institute of sicherheitsempfindlicher Scientology Enterprises)193, Bereiche 211 194 Verschlusssachen 212, 213 WISE-Bereich Hamburg 200 Vertragsverhandlungen über die Wohlfahrtspartei [Refah Partisi Rote Flora 107 (RP)] 155, 165 VEVAK (Ministerium für Wolf, Andrea (Ronahi) 100 Nachrichtenwesen und WOLF, Helmut 78 Sicherheit) 208 WORCH, Christian19, 29, 54, VFMI (Verein zur Förderung der 60, 66, 67, 69, 70, 84, 87, Musik im Iran) 178 90 VIDA (Verein Iranischer World Institute of Scientology Demokratischer Akademiker) Enterprises (WISE) 194 178, 179, 180 WULFF, Thomas53, 59, 62, 66, Vlaams Blok(VB) 73 67, 70, 87 VOIGT, Udo 82, 84, 86, 90 Volksbefreiungsarmee Kurdistans Y (ARGK) 143 YASSIN, Ahmed 182 Volksmodjahedin174, 176, 177, YDG (Neue Demokratische 178, 208 Jugend) 159, 161 Volksmodjahedin Iran174, 176, YDK [Kurdische demokratische 177, 178 Volksunion, die Abkürzung VVdN-BdA 133 steht auch für Neue VVN-BdA 128, 132, 133, 134 Demokratische Frau, vgl. TKP(ML)] 144, 149, 160 W YELKUVAN, Ilhan 157 W 3 (Werkstatt 3), Treffobjekt in YÜKSEL, Ali 164 Altona 134 Z Waffen-SS 63, 68 WANGLER, Jürgen 131 Zeck - Das Info aus der Roten WDC (Watchdog-Committee) Flora 109, 110, 119 193 Zentralorgan 61, 68 Wehrhafte Demokratie 12 Zentralversand 61 WEINRICH, Johannes 99 Zielsetzungen der SO 195 Weltbank 104, 109, 127 ZORG (Zentralorgan) 61, 62 Werkstatt 3 (W 3) 134 Zur Aufrechterhaltung störender White Power Portal 25 Zustände - Aktionstage 108 White Youth 41 265