Hi Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Verfassungsschutzbericht 1998 Herausgeber: Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Johanniswall 4, 20095 Hamburg Telefon: 040/244443 Telefax: 040/338360 Internet-Homepage: http://www.hamburg.de/Behoerden/LfV/homepage.htm Auflage: 4.000 April 1999 Druck: Lütcke & Wulff, Heidenkampsweg 76 B, 20097 Hamburg 2 Senator Hartmuth Wrocklage Der freiheitliche Rechtsstaat bleibt wachsam und wehrhaft: Unsere Verfassung im Geiste demokratischer Toleranz mit Festigkeit und Konsequenz schützen! Das Landesamt für Verfassungsschutz informiert mit diesem Verfassungsschutzbericht die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen und Aktivitäten im Jahre 1998. Die Arbeit des Verfassungsschutzes und seine Berichterstattung sind Ausdruck praktizierter wehrhafter Demokratie gegen Versuche von Verfassungsfeinden, Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordung anzugreifen, ihre Normen umzudefinieren und zu mißbrauchen, sie am Ende gar zu beseitigen. Die offensive Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie von links und rechts oder im Gewand einer sich als Religionsgemeinschaft darstellenden verfassungsfeindlichen Organisation kann nicht allein mit administrativen und juristischen Mitteln, mit Verboten und Gerichtsurteilen geführt werden. An erster Stelle muß vielmehr die alltägliche argumentative, geistig-politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Denken und Handeln politischer Extremisten stehen. Nur informierte Bürgerinnen und Bürger können Hintergründe und Zusammenhänge der von Extremisten verbreiteten Parolen und scheinbaren Problemlösungen durchschauen, die wahren Absichten ihrer Wortführer richtig beurteilen, ihre wahren Ziele erkennen. Im Vorfeld der Bundestagswahl und mehrerer Landtagswahlen hat es im abgelaufenen Jahr wieder Beispiele extremistischer Organisationen gegeben, die sich mit Lippenbekenntnissen zum Grundgesetz als Verfechter demokratischer Prinzipien und von Bürgerinteressen aufzuspielen versuchen. Es gehört zur Strategie dieser Gruppen, gesellschaftliche und soziale Konflikte agitatorisch zuzuspitzen, Unzufriedenheit und Protesthaltungen anzuheizen und so ein Klima zu erzeugen, in dem letztlich die Gefahren politischer Destabilisierung, gewaltsamer Konfrontationen und totalitärer Machtergreifung wachsen. Die mehrtägige internationale Gewaltkampagne militanter Kur- 3 den im Februar 1999 hat hat drastisch dokumentiert, wie ausländische Extremisten Deutschland und andere europäische Gastländer als Austragungsorte für Konflikte in ihren Heimatländern mißbrauchen. Der Verfassungsschutzbericht gibt einen Überblick über Gefährdungen des demokratischen Rechtsstaates durch politisch motivierte extremistische Verhaltensweisen in Hamburg. Er beschränkt sich auf die Beschreibung der wichtigsten Bestrebungen im abgelaufenen Jahr. Die dargelegten wesentlichen Erkenntnisse und Analysen, Zusammenhänge und Bewertungen sind nur eine Orientierungshilfe, keine erschöpfende Lagebildinformation. Sie bedeuten auch keine juristische Würdigung, die Rückschlüsse auf die Verfassungstreue aller Einzelpersonen zuläßt, die einer der erwähnten Organisationen angehören. Die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz erstreckt sich auf die Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen (Geheimschutz), die Aufklärung geheimdienstlicher Tätigkeiten fremder Mächte in der Bundesrepublik Deutschland (Spionageabwehr) und die Extremismusbeobachtung. Letztere gliedert sich in die drei Hauptarbeitsbereiche Rechts-, Linksund Ausländerextremismus sowie in verfassungsfeindliche Bestrebungen der Scientology-Organisation. Auf dem Gebiet des Rechtsextremismus hat sich gezeigt, daß Rechtsextremisten bei Wahlen unter für sie günstigen Umständen punktuell (z. B. bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 26.04.98) von wirtschaftlichen und sozialen Problemen und Sorgen der Bevölkerung profitieren können, indem sie entsprechende Wählerpotentiale vereinnahmen. Die deutliche Wählerabsage an rechtsextremistische Parteien bei der Bundestagswahl 1998 beweist jedoch, daß die Bürger die verhängnisvollen Folgen der nationalsozialistischen Diktatur und Unrechtsherrschaft in Deutschland keinesfalls vergessen haben. Sie vertrauen weiterhin dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat. Die Tatsache, daß Rechtsextremisten sich in Hamburg erneut kaum mit öffentlichen Aktionen bemerkbar zu machen wagten, bestätigt Erfolge in ihrer Bekämpfung. Gleichwohl weisen fremdenfeindliche und rechtsextremistische Gewalttaten deutlich auf die etwa 150 Personen in Hamburg und der nähe- 4 ren Umgebung hin, die der gewaltbereiten rechtsextremistischen (insbesondere Skinhead-) Szene zuzurechnen sind. Die Beobachtungen auf dem Sektor des Linksextremismus und das Bundestagswahlergebnis belegen: Auch die Folgen der kommunistischen Diktatur im östlichen Teil Deutschlands sind nicht vergessen. Da die Veteranen der ehemals SED-abhängigen westdeutschen orthodoxen Kommunisten unter dem Zeichen von Hammer und Sichel erheblichen Nachwuchsund Finanzproblemen ausgesetzt sind, erhoffen sie sich eine Auffrischung durch Annäherung an das gewaltgeneigte autonome, anarchistische und sog. antiimperialistische Spektrum. "Antifaschismus" und das Agieren gegen vermeintlichen "Rassismus" sind die Kampagnenthemen, die das Bindemittel zwischen Altkommunisten und zumeist jugendlichen Autonomen bilden sollen. Das Hamburger Schanzenviertel nebst Umgebung war erneut Brennpunkt gewaltsamer Konfrontationen der Hamburger autonomen/anarchistischen Szene mit der Polizei und von Sachbeschädigungen auch zum Nachteil der Anwohnerschaft. Versuche, sich hier einen rechtsfreien Raum zu verschaffen, werden auch künftig nicht geduldet. Im Ausländerextremismus hat der vor 1996 von der linksextremistischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) eingeschlagene Deeskalationskurs nur bis zum Ende des Berichtsjahres gehalten. Die gewaltsamen Reaktionen militanter PKK-Aktivisten im Februar 1999 nach der Verhaftung ihres Vorsitzenden ÖCALAN durch türkische Behörden haben den bis dahin unternommenen Versuchen, in Deutschland um Vertrauen zu werben, nachhaltig geschadet. Mit ihrer gegenseitigen hohen Gewaltbereitschaft haben konkurrierende türkische Marxisten-Leninisten (DHKP-C und THKP/-C Devrimci Sol) 1997/1998 massive Bekämpfungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden herausgefordert. Zahlreiche Gewalttäter wurden inzwischen - auch in Hamburg - festgenommen, müssen sich vor Gerichten verantworten oder sind bereits verurteilt. Das Potential insbesondere türkischer Islamisten (IGMG) ist weiter gestiegen. Das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen stellt insbesondere eine Metropole wie Hamburg vor große Herausforde- 5 rungen. Im Spannungsverhältnis zwischen Rechten und Pflichten, Gleichberechtigung und Integration, Identität und Gemeinschaft kommt es darauf an, Ausgewogenheit zwischen individuellen Rechten und den Anforderungen an ein funktionierendes Zusammenleben herzustellen. Demokratiefeindliche Bestrebungen islamistisch ausgerichteter Ausländerorganisationen wirken diesem Ziel entgegen und bedrohen das friedliche Zusammenleben. Wegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung beobachtet der Verfassungschutz seit Mitte 1997 die Scientology-Organisation (SO). Vergeblich hoffte die SO, ihrer negativen Beurteilung in der Öffentlichkeit mit einer Art 'Menschenrechts'-Kampagne entgegenwirken zu können. Die Strategie, in den USA prominente SO-Anhänger vorzuschicken, um bei politischen Institutionen Rückendeckung gegen eine angebliche Verfolgung und 'religiöse' "Diskriminierung" zu finden, ist gescheitert. Es nützte ihr auch nicht, in Deutschland ihre Propagandaund Einschüchterungsoffensive mit Demonstrationen, Vergleichen zu nationalsozialistischem Unrecht, persönlichen Verunglimpfungen staatlicher Funktionsträger und juristischen Drohungen fortzusetzen: Die SO hat schon heute erheblichen Boden an Glaubwürdigkeit und Zuspruch verloren und - gerade auch in Hamburg - erhebliche Einbußen bei ihren finanziellen Interessen zu verzeichnen. Der Verfassungsschutzbericht 1998 beweist: Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat bleibt gegenüber den vielfältigen Bedrohungen durch politische Extremisten wachsam und wehrhaft. Kv ItA^cAA^ Senator Hartmuth Wrocklage Präses der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg 6 Inhaltsverzeichnis Seite: I. Verfassungsschutz in Hamburg 11 II. Rechtsextremismus 17 1. Überblick/Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 17 1.1 Themen und Aktivitäten 17 1.2 Organisationen und Potentiale 26 1.3 Beteiligung an Wahlen 30 2. Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten Statistik 38 3. Gewaltbereite Rechtsextremisten 44 3.1 Rechtsextremistische Skinhead-Szene 45 3.2 Anhaltspunkte für rechtsterroristische Bestrebungen 53 4. Neonazismus 56 4.1 Aktuelle Entwicklung 56 4.2 Neonazistische Erscheinungsformen / Bestrebungen in Hamburg 65 5. Rechtsextremistische Parteien 75 5.1 Die Republikaner (REP) 75 5.2 Deutsche Volksunion (DVU) 83 5.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) einschließlich Junge Nationaldemokraten (JN) 90 6. Neue Rechte 99 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen 102 8. Nutzung moderner Kommunikationsmittel 106 7 III. Linksextremismus 110 1. Überblick/Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 110 1.1 Themen und Aktivitäten 110 1.1 Organisationen und Potentiale 112 1.3 Beteiligung an Wahlen 115 2. Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten Statistik 117 3. Linksextremistischer Terrorismus 121 4. Autonome und anarchistische Gruppen 131 4.1 Aktuelle Entwicklung 131 4.2 Gruppen und Strukturen in Hamburg 133 4.3 Aktionsfelder 140 4.3.1 Ausländerund Asylproblematik I "Antirassismus" 140 4.3.2 Antifaschismus 144 4.3.3 Brennpunkt Schanzenviertel und Umgebung 1 50 4.3.4 Einflußnahme auf die Antikernkraftbewegung 1 57 4.3.5 Internationalismus/Antiimperialismus 162 4.3.6 Antinationalismus 164 j 5. Parteien und sonstige Vereinigungen / Gruppierungen 165 5.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld 165 5.2 Sonstige revolutionäre Marxisten 172 6. Nutzung moderner Kommunikationsmittel 178 IV. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 181 1. Überblick/Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 181 1.1 Themen und Aktivitäten 181 1.2 Organisationen und Potentiale 184 2. Strafund Gewalttaten im Ausländerextremismus Statistik 186 8 3. Kurden / Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 190 4 . Türken 204 4.1 Allgemeines 204 4.2 Linksextremisten 206 4.2.1 DHKP-C 206 4.2.2 THKP/-C Devrimci Sol 209 4.2.3 TKP/ML ( = Partizan-Flügel) 211 4.2.4 TKP(ML) ( = DABK-Flügel) 213 4.2.5 MLKP 214 4.2.6 DHP 216 4.3 Türkische Islamisten 217 4.3.1 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) 217 4.3.2 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB, "Der Kalifatstaat") 220 4.3.3 Islamische Bewegung (IH) 221 5. Iraner 222 5.1 Regierungsseitige Bestrebungen und Anhänger der iranischen Regierung 223 5.2 Gegner der iranischen Regierung 226 6. Araber 229 V. Scientology-Organisation 234 1. Scientology - ein Fall für den Verfassungsschutz 234 2. Was ist Scientology? 236 3. Organisationsaufbau und Potentiale 238 4. World Institute of Scientology Enterprises (WISE) 241 5. Themen und Aktivitäten 243 6. Scientology in Hamburg 246 VI. Spionageabwehr 249 1. Allgemeines 249 2. Rußland 249 3. Nachrichtendienste des Nahen und Mittleren Ostens 255 4. Proliferation / Sensitive Exporte 256 VII.Geheimund Sabotageschutz 257 I.Allgemeines 257 2. Geheimschutz im Behördenbereich 258 2.1 Personeller Geheimschutz 258 2.2 Materieller Geheimschutz 258 3. Geheimschutz in der Wirtschaft 259 4. Sabotageschutz 260 Anhang: Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz 261 Abkürzungsverzeichnis 281 Stichwortverzeichnis 287 " * * a * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * Hinweis auf Internet-Veröffentlichung: Dieser Bericht wird nach seiner öffentlichen Vorstellung in das Internet eingestellt und ist dort dann unter der Homepage http://www.hamburg.de/Behoerden/LfV/homepage.htm aufrufbar. Hinweis zu Zahlenangaben: Soweit in den Ausführungen dieses Berichtes Zahlenangaben (Mitglieder-/Anhängerstatistiken, Gewaltund Straftatenstatistiken) von Veröffentlichungen früherer Jahre abweichen, gehen die neuen Zahlen auf aktualisierte Erkenntnisstände, neue Bewertungen oder veränderte Erfassungskriterien zurück. Die Bezifferungen von Gewalttaten auf Bundesebene beruhen auf Zahlenangaben des BKA. Sachbeschädigungen sind nicht mehr als Gewalttaten erfaßt. Zeichenerklärung: Querverweise auf Textfundstellen sind mit O gekennzeichnet 10 I. Verfassungsschutz in Hamburg 1. Wehrhafte Demokratie Auf Grund der bitteren Erfahrungen, die Deutschland und seine Nachbarn nach dem Untergang der Demokratie in der abwehrschwachen Weimarer Republik unter der Nazidiktatur sammeln mußten, hat sich die Bundesrepublik in ihrem Grundgesetz für eine wehrhafte Demokratie entschieden. Der Freiheitsanspruch einzelner steht in einem Spannungsverhältnis zum Freiheitsanspruch anderer und zum Recht aller Bürger auf Freiheit und Sicherheit. Beide Grundwerte müssen mit rechtsstaatlichen Mitteln gegeneinander ausbalanciert werden. Das Grundgesetz garantiert politisch Andersdenkenden umfassende Freiheiten. Auch radikale politische Überzeugungen und Gesinnungen haben ihren Platz in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung. Die Grenzen der Freiheit werden überschritten, wenn Organisationen oder politische Parteien die Demokratie und den Rechtsstaat in Frage stellen oder sie gar beseitigen wollen. Erst wenn Feinde der Freiheit sich als extremistische Bestrebungen bemerkbar machen, die Grundprinzipien und den Kernbestand unserer Verfassung antasten wollen, treten die Abwehrkräfte des demokratischen Rechtsstaates auf den Plan. Die Gesetze kennen die Begriffe "extremistisch" und "verfassungsfeindlich" nicht. Nach der Gesetzessprache fallen in den Zuständigkeitsbereich des Hamburger Verfassungsschutzes Organisationen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß sich ihre Bestrebungen "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes" richten oder "eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben. " 2. Freiheitliche demokratische Grundordnung Zu den wichtigsten Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören: * die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, * die Volkssouveränität, * die Gewaltenteilung, 11 * die Verantwortlichkeit der Regierung, * die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, * die Unabhängigkeit der Gerichte, * das Mehrparteienprinzip, * die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. 3. Gesetzliche Grundlage Aufgaben und Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz werden durch das Hamburgische Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 07.03.95 (mit nachträglichen Änderungen) bestimmt. Das Gesetz entspricht insbesondere den hohen Anforderungen des Datenschutzes und stellt die gebotene Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sicher. Auftrag und Befugnisse sind vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt, etwaige Eingriffe in die Privatund Freiheitssphäre des Bürgers nur auf gesetzlicher Grundlage möglich. Die Arbeit des Verfassungsschutzes bedroht nicht die Freiheit der Bürger, sondern schützt sie. 4. Aufgabenstellung Der Aufgabenkatalog des Landesamtes für Verfassungsschutz ergibt sich aus SS 4 des Gesetzes. Sein vollständiger Wortlaut ist im Anhang zu diesem Bericht nachzulesen. Die bundeseinheitlich geregelten Aufgaben der Extremismusbeobachtung, der Spionageabwehr sowie der Mitwirkung beim Geheimund Sabotageschutz sind daraus ersichtlich. Der gesetzliche Auftrag bezieht sich auf alle Formen des politischen Extremismus. Er macht keine Bewertungsunterschiede zwischen verfassungsfeindlichen Positionen von links, von rechts oder von pseudo-religiösen Bestrebungen wie die der "Scientologen", zwischen Bestrebungen von Deutschen oder von Ausländern. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ein Inlandsnachrichtendienst. Es hat keine exekutiven Aufgaben oder Befugnisse. Das Amt beobachtet, sammelt Informationen, recherchiert, liest, analysiert und erstellt Lagebilder. Letztlich dient es als "Frühwarnsystem" gegen Bedrohungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung; dieses erst recht, wenn sie getarnt und schleichend als "Wolf im Schafspelz" daherkommen. Organisationen oder unorganisierte Personenzusammenhänge, die unter den gesetzlichen Beobachtungsauftrag fallen, werden unter dem Arbeits12 begriff "extremistisch" eingeordnet. Diese Kennzeichnung hat auch in der öffentlichen Darstellung und Auseinandersetzung ihren Niederschlag gefunden. Das Landesamt für Verfassungsschutz beschreibt die Ziele und Aktivitäten von Organisationen und Personen, die extremistische Bestrebungen verfolgen, beziffert, schätzt und bewertet darüber hinaus auch Organisationsund Bestrebungspotentiale. Insbesondere im Zusammenhang mit den Personenpotentialen der größeren extremistischen Organisationen bleibt zum Teil offen, ob eine bestimmte einzelne Person über ihre bloße Mitgliedschaft hinaus auch selbst aktive Trägerin extremistischer Bestrebungen ist oder nicht. Aus welchen Motiven jemand einer vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachteten Organisation angehört, bleibt vielfach ungewiß. Deshalb spricht der Bericht auch bei den Gesamtzahlen von "Mitgliedern", "Anhängern" oder "Angehörigen" und nicht von Extremisten. 5. Kontrolle Verfassungsschutz bewegt sich nicht in einer rechtlichen Grauzone, sondern hält sich streng an seinen gesetzlichen Auftrag und seine gesetzlichen Befugnisse. Sein Handeln ist stets an rechtsstaatliche Maßstäbe gebunden. Er unterliegt daher in seiner gesamten Arbeit u. a. der Kontrolle durch den parlamentarischen Kontrollausschuß, der Genehmigung und Überwachung der speziellen parlamentarischen G 10-Kommission bei Maßnahmen im Postund Fernmeldeverkehr, der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten und der Nachprüfung durch die Gerichtsbarkeit. 6. Verfassungsschutz durch Aufklärung Das Landesamt informiert aber auch - wie mit diesem Bericht - die Öffentlichkeit. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung können nur dann mit nachhaltigen Erfolgen rechnen, wenn ihre Träger die Bürger über ihre wirklichen Absichten täuschen können. Verfassungsschutz durch Aufklärung ist daher ein wichtiges Anliegen dieser Veröffentlichung. Sie gibt Einblick in die Aufgabenbereiche des Landesamtes für Verfassungsschutz, beschreibt die Arbeitsfelder insbesondere in den Schwerpunkten der Extremismusbeobachtung, auf den Gebieten der Spionageabwehr sowie des Geheimund Sabotageschutzes. Der Bericht erläutert Zusammenhänge und faßt Beobachtungsergebnisse zusammen. 13 7. Bereiche des politischen Extremismus * Rechtsextremisten verfolgen zumeist das Ziel eines totalitären oder autoritären Staates. Sie predigen einen Nationalismus und völkischen Kollektivismus, der sich gegen die Völkerverständigung richtet, ethnische Minderheiten ausgrenzt und rassistisch geprägt ist. Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft werden von den meisten Rechtsextremisten heruntergespielt oder gar geleugnet. Die bei Rechtsextremisten vorzufindende aggressive Judenund Fremdenfeindlichkeit läßt immer wieder auch eine hohe Bereitschaft zur Gewalttätigkeit erkennen. Anschläge auf Wohnunterkünfte von Ausländern und jüdische Gedenkstätten sowie brutale Angriffe auf deutsche und ausländische Mitbürger beweisen die Gefährlichkeit dieser Extremisten. Ihr Haß hat bis heute viele Todesopfer gefordert. Die inneren Strukturen rechtsextremistischer Organisationen sind vielfach von einer Überbetonung militärischer und soldatischer Ordnungsklischees (Führerprinzip) geprägt. Nach außen wird eine übersteigerte, autoritär-diktatorische Staatsmacht propagiert, in der sich die Rechte des Inviduums bedingslos der "Volksgemeinschaft" unterzuordnen haben. * Linksextremisten wollen die freiheitliche Demokratie revolutionär beseitigen und an ihrer Stelle eine kommunistische Diktatur oder eine Anarchie errichten. Sie rechtfertigen ihre Gewalt zumeist als "Gegengewalt", "zivilen Ungehorsam" oder als "gewaltfrei", wenn es sich "nur" um Sachbeschädigungen - selbst in Millionenhöhe - handelt. Linksextremistische Terroristen haben mit Attentaten in der Vergangenheit viele Menschen getötet, sogenannte Autonome propagieren Militanz und verüben Gewaltakte gegen Personen und Sachen. Der Ausländerextremismus wird außer von linksextremistischen Bestrebungen zunehmend vom islamischen Fundamentalismus geprägt. Der Verfassungsschutz sammelt nicht nur Informationen über Aktivitäten von Ausländern - z. B. in Bündnissen mit deutschen Extremisten - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, sondern insbresondere auch über ausländische Gruppen, die ihre gegenseitigen oder gegen ihre Heimatländer gerichteten politischen Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen. Hinzu kommen Aktivitäten, mit denen sie vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten vorbereiten oder durchführen und mit denen sie auswärtige Belange Deutschlands beeinträchtigen. 14 * Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachten seit Mitte 1997 die Scientology-Organisation (SO), weil tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen der SO gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen. Eine nach scientologischen Gesichtspunkten organisierte Gesellschaft würde die grundgesetzliche Werteordnung (z.B. den Gleichheitsgrundsatz, die Meinungsfreiheit, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition) beseitigen oder erheblich beeinträchtigen. Mit ihrer totalitären Struktur und Zielrichtung widerstrebt die SO wichtigen Prinzipien unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ihr skrupelloses Expansionsund Machtstreben bedroht die demokratische und (werte)pluralistische Staatsund Gesellschaftsordnung. 8. Spionageabwehr und Geheimschutz Spionageabwehr und Geheimschutz sind Aufgabenbereiche, denen sich der Verfassungsschutz trotz des weltweiten Wandels auf politischem, militärischen und wirtschaftlichem Gebiet auch weiterhin aufmerksam widmen muß, um deutsche Sicherheitsinteressen zu wahren. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor ein interessantes Ausspähungsziel fremder Nachrichtendienste, darüber hinaus auch Zielgebiet zur Unterwanderung in Deutschland lebender Ausländergruppen, die in Opposition zu ihren Heimatregierungen stehen. Materieller und personeller Geheimschutz sollen dazu beitragen, daß im staatlichen Interesse geheimzuhaltende Informationen nicht Unbefugten in die Hände fallen. Insbesondere Sicherheitsüberprüfungen sollen das Risiko ausschließen oder zumindest nachhaltig mindern, daß Personen mit Ausspähungsbzw. Verratsabsichten zu Geheimnisträgern werden. 9. Strukturdaten Um die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden transparenter zu machen, haben sich die Innenminister und -Senatoren der Länder 1992 dafür ausgesprochen, Strukturdaten der Verfassungsschutzbehörden zu veröffentlichen: 1. Der Haushaltsplan 1998 der Freien und Hansestadt Hamburg wies für das Landesamt für Verfassungsschutz am Jahresende 137,8 (1997: 145,2) Stellen aus. Am 01.01.1999 erfolgte ein weiterer Stellenalabbau um 6 auf 131,8 Stellen. 2. Der Haushaltsansatz für das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (Sachausgaben und Personalkosten) betrug 1998 18.046.000 DM 15 (1997: 18.727.000 DM). Darin waren 13.458.000 DM (1997: 14.139.000 DM) für Personalausgaben enthalten. 3. Vom Landesamt für Verfassungsschutz waren am 30.12.98 im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 8.996 (31.12.97: 9.569) Personen erfaßt, davon 30,66 Prozent (31.12.97: 32,64 Prozent) im Zusammenhang mit Sicherheitsüberprüfungen. 10. Arbeitsweise Die Verfassungsschutzbehörden sammeln und speichern personenbezogene Daten über extremistische Bestrebungen, sicherheitsgefährdende Aktivitäten und im Rahmen der Mitwirkungsaufgabe im Zuge von Sicherheitsüberprüfungen. Instrument der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden sind unter anderem gemeinsame Dateien. Die "klassische" gemeinsame Datei im Sinne des SS 6 BVerfSchG ist die Personenzentraldatei (PZD) im Verbund des bundesweiten Nachrichtendienstlichen Informationssystems (NADIS). Sie ist eine grundsätzlich allen Verfassungsschutzbehörden zur Verfügung stehende Sammlung von Hinweisen auf Unterlagen, die personenbezogene Informationen enthalten. Jede Verfassungsschutzbehörde speichert in eigener Verantwortung biographische Daten und das Aktenzeichen der betreffenden Unterlage. Im Zusammenhang mit Personalien wird lediglich eine Aktenfundstelle gespeichert, nicht die eigentliche Information. Durch die PZD soll im konkreten Bedarfsfall festgestellt werden können, ob eine Person bereits früher im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung bekannt geworden ist. Die Nutzung von Informationen aus den Unterlagen ist ein von der PZD unabhängig und konventionell ablaufender zweiter Schritt. Wenn eine PZD-Fundstelle angezeigt wird, bedeutet das nicht zugleich, daß "belastende" Informationen vorliegen. Dieses gilt unter anderem für die überwiegende Zahl derjenigen Personen, an deren Sicherheitsüberprüfung die Verfassungsschutzbehörden mitgewirkt haben und zu denen keine sicherheitsrelevanten Informationen vorliegen. Zugriff zu gespeicherten Daten haben ausschließlich die Verfassungsschutzbehörden. Sie sind verpflichtet, nach präzise vorgegebenen Fristen und strengen Beurteilungsmaßstäben die gespeicherten Daten zu prüfen. Sind sie nicht mehr aufgabenrelevant bzw. ist ihre weitere Aufbewahrung nicht mehr erforderlich, werden sie gelöscht. Der Datenschutzbeauftragte kontrolliert, ob die Prüfungsund Löschungsfristen beachtet wurden und werden. 16 II. Rechtsextremismus 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Themen und Aktivitäten Die in der rechtsextremistischen Agitation mit verschiedenen Intentionen, in zahlreichen Varianten sowie in unterschiedlicher Schärfe aufgegriffenen Themen haben sich seit Jahren wenig gewandelt: * rassistisch geprägte Ausländerfeindlichkeit, * nationalistische Vorstellungen als Gegenpol gegen die europäische Einigung, gegen die Einführung des Euro und die Globalisierung der Wirtschaft, * Wiedererschaffung des deutschen Reiches, * Antisemitismus, * Revisionismus, * Beklagung der staatlichen und der von politischen Gegnern ausgehenden Repression gegen "alle national denkenden Menschen", * Verunglimpfung des Staates und seiner Organe, * sozialpolitische Themen, * Innere Sicherheit. Die hier aufgezählten Komplexe werden - mit von Jahr zu Jahr unterschiedlicher Gewichtung - häufig miteinander verquickt. Im Jahr 1998 verstärkte sich der öffentliche Aktionismus von Rechtsextremisten in der Bundesrepublik, insbesondere der NPD, der Neonazis und - an deren Rändern - der Skinheads. Dabei wurden verstärkt aktuelle politische Themen aufgegriffen und zum Teil für kleine, regionale Spontanaktionen genutzt. Im Bereich der Innenpolitik wurden zunehmend soziale Themen aufgegriffen. Wie schon 1997 stand der Widerstand gegen die als "anti-deutsch" und "Hetzausstellung" kritisierte "Wehrmachtsausstellung"des Hamburger Instituts für Sozialforschung im Mittelpunkt rechtsextremistischer Agitation. Auffällig war im Jahr 1998 auch, daß häufiger aktuelle außenpolitische Ereignisse, wie die militärischen Sanktionen im Zusammenhang mit dem Krisenherd Irak, für rechtsextremistische Aktionen genutzt wurden. Einen breiten Raum beansprucht in der rechtsextremistischen Agitation zur Zeit auch die von der neuen Bundesregierung angestrebte Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts. 17 Nachfolgend werden insbesondere die aus norddeutscher Sicht wesentlichen Themenfelder dargestellt. Rechtsextremisten machen die in der Bundesrepublik lebenden Ausländer für alle sozialen und gesellschaftlichen Probleme verantwortlich. Diese ließen sich erst lösen, wenn ihre überwiegende Zahl, insbesondere Asylbewerber, das Land verließen. Die ausländerfeindliche Agitation unterscheidet kaum zwischen Mitbürgern aus EU-Staaten oder anderen Herkunftsländern. Sie ignoriert damit bewußt geltendes Recht und spricht somit auch EU-Bürgern nicht "deutsch-völkischer Herkunft" die gesetzlich garantierten Rechte ab. In diesen und vielen anderen Themen konstruieren sich Rechtsextremisten ihre Rechtfertigungen, um den Staat, seine Organe, die das demokratische System prägenden politischen Parteien und deren Parlamentarier in z. T. übelster Weise zu beschimpfen. Sie sprechen ihnen das Recht ab, im Namen der Deutschen zu handeln. Themen, die bestimmte Bevölkerungskreise besonders berühren und diese ansprechen, werden populistisch für öffentliche Aktionen bzw. zur Meinungspolarisierung genutzt. In einem ihrer zentralen Themenkomplexe, der rassistisch geprägten Ausländerfeindlichkeit, sehen sich Rechtsextremisten durch die aktuelle öffentliche Diskussion über den sogenannten "Doppelpaß" bestärkt. Der neuen Bundesregierung unterstellen sie, ein ungehemmtes Eindringen von Ausländern in die Bundesrepublik fördern und dadurch bewußt die nationale und kulturelle Identität des deutschen Volkes zerstören zu wollen, Deutsche zur Minderheit im eigenen Land zu machen und sie letztendlich durch gezielte "Rassenvermischung" als "Volk" vernichten zu wollen. Entsprechende Vorwürfe richten sich auch gegen die oppositionellen "Systemparteien": So kritisiert die NPD die Unterschriftenaktion der CDU/CSU: Sie gehe nicht weit genug und fördere mit ihren Integrationsforderungen die "Multi-Kulti"-Zustände in Deutschland, "...was wir Nationaldemokraten schon aus völkerrechtlichen Überlegungen strikt ablehnen. " Die mehr oder minder pauschal als "Sozialbetrüger" und "Schmarotzer" diffamierten Asylbewerber müßten das Land verlassen. Zudem seien in Deutschland lebende Ausländer, insbesondere wiederum Asylbewerber, für eine ausufernde Kriminalität und Brutalisierung von Verbrechen verantwortlich. Der neuen Regierung wird unterstellt, sie wolle durch die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts und die Einbürgerung "Krimineller" die Statistiken der Ausländerkriminalität "schönen". Am Ende würden "wir Deutschen" im Ausland dann als ein Volk von Verbrechern dastehen. 18 In einer "Sonderansage "Wie sollen unsere neuen Deutschen die zur Begrüßung unserer gleiche Kunstfertigkeit im Büßen und Mahneuen Mitbürger" ("Nationen erlernen? Als Deutsche übernehmen sie nales Infotelefon" Hamjetzt mit uns gemeinsam die große, untilgbaburg) setzte sich der re Schuld am Holocaust. Das NIT empfiehlt Rechtsextremist Andre daher, den Holocaust-Unterricht bereits mit GOERTZ polemisch mit dem Kindergarten einzuführen und ihn auch den Überlegungen zum anin den neudeutschen Sprachen wie Türkisch, geblichen neuen "ÜberSerbisch und Vietnamesisch zu erteilen. Befremdungsrecht" auseinzüglich der Bezeichnung der Eingedeutschander (s. Kasten) und fügten empfehlen wir den Begriff Neubürger, te in spöttischer 'Besorgtähnlich wie Neue Bundesländer. Bisherige heit' hinzu, es sei zu "beFormulierungen wie Deutschtürke oder Affürchten", daß Rechtsrarodeutscher klingen zu scharf und bereiten dikale und vor allem Skinden Boden für rassistische Ressentiments. " heads von den neuen Ge(NIT Hamburg 16.10.98) setzen profitieren würden, denn: "Wie soll man noch mit Volksverhetzung operieren oder Rassismus unterstellen, wenn die Opfer ihrer Attacken selbst Deutsche sind?" Gerade am Themenkomplex "Ausländerfeindlichkeit" lassen sich die Facetten rechtsextremistischer Agitation gut nachvollziehen. Drastische Beispiele dumpfer Parolen wie "Ausländer raus" liefert die DVU. Die NPD will zwar das gleiche, versucht aber stärker als die DVU, sich in ihren Parolen mit einem Anschein programmatischer Sachlichkeit zu umgeben: "Abschiebung aller langzeitarbeitslosen Ausländer", "Ausgliederung der Ausländer aus dem deutschen Sozialversicherungssystem". Zynisch wirkt es, wenn ausgerechnet Rechtsextremisten versuchen, sich als Beschützer von Ausländern aufzuspie"Integration bedeutet für fremde Menschen den len, so die NPD zur Verlust der eigenen Identität, die Menschen Rechtfertigung ihrer gewerden 'Wanderer zwischen den Welten' und planten eigenen Antiwissen irgendwann nicht mehr, wohin sie gehöDoppelpaß-Unterschrifren. Die Integartion von Ausländern kommt eitenaktion (s. Kasten). ner 'Zwangsgermanisierung' gleich und ist zutiefst unmenschlich." (NPD-Parteivorstand, Jan. Eine andere Facette die1999, Zitate im Zitat u. Fehler gem. Orig.) ses Themenkomplexes sind Behauptungen, Deutsche würden in der "Multi-Kulti-Gesellschaft" gegenüber Ausländern benachteiligt. So hieß es in einem Kommentar in der von Andre GOERTZ betriebenen Internet-Homepage (Überschrift "Nichts bleibt ohne Folgen"): "Rassistische Gewalt wird nur verurteilt, wenn sie 19 sich gegen Ausländer richtet. Überfallen Ausländer einen Deutschen, weil dieser stolz darauf ist, deutsch zu sein, dann ist der Angriff in Wahrheit rassistisch, er wird aber von Staat, Justiz und Medien als Zivilcourage und Notwehr deklariert. " Diese Art der Agitation wird häufig mit einer Verunglimpfung des Staates und seiner Organe oder mit Klagen über angebliche "Repression gegen alle national denkenden Menschen" verbunden. Der o.g. GOERTZ-Kommentar schließt mit der an die Rachejustiz des nationalsozialistischen "Volksgerichtshofs" erinnernden Drohung: "Ferner sollten sich die Verantwortlichen dieser Skandale bewußt sein, daß sie nicht ungeschoren davon kommen werden, sondern unmittelbar nach Abwicklung des BRD-Systems zur Rechenschaft gezogen werden. Wir werden ihnen dann eine Behandlung zuteil werden lassen, die genau jener entspricht, wie sie heute an uns geübt wird. Denn wenn das, was heute in der BRD passiert, Recht darstellt, wollen wir mithelfen, daß auch die Herrschenden und ihre Büttel ein Stück Gerechtigkeit erhalten. " Die repressiven Maßnahmen des Staates gegen Rechtsextremisten (z. B. Veranstaltungsverbote, Hausdurchsuchungen, Ingewahrsamnahmen/Verhaftungen, Auflösung von Veranstaltungen, Indizierungen von Büchern/Bildund Tonträgern) werden von Rechtsextremisten zunehmend juristisch geprüft und zum Teil erfolgreich angefochten. Im Stile linksextremistischer Autonomer wird bei einigen Demonstrationen ein Ermittlungsausschuß (EA) gebildet, um Übergriffe von Polizisten oder politischen Gegnern herauszufinden und diese möglichst juristisch zu belangen. Juristische Handreichungen liefern der Szene entsprechende Musteranleitungen. In diesem Sinne veröffentlichte die neonazistische "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) einen Schriftsatz Christian WORCHs vom 22.04.98 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe in den "Nachrichten der HNG" (Juli 1998) als Muster für einen "Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs" gemäß SS80 Abs.5 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Antrag richtete sich gegen eine Verfügung des Polizeipräsidiums Karlsruhe, die WORCH untersagte, auf einer geplanten Saalveranstaltung der "Kameradschaft Karlsruhe" als Redner aufzutreten. In der zunehmenden Thematisierung der "Gefangenenfrage" lehnen sich Rechtsextremisten ebenfalls an Taktikmuster linksextremistischer Freilassungskampagnen an. Beschränkte sich die Solidarität in der Vergangenheit weitgehend auf die publizistische Parteinahme, kam es in diesem Jahr 20 erstmals zu einer größeren öffentlichen Veranstaltung für "nationale politische Gefangene" in der Bundesrepublik. Am 05.12.98 demonstrierten in Berlin ca. 400 Rechtsextremisten unter dem Motto "Freiheit für Frank Schwerdt - Schluß mit den politischen Prozessen". SCHWERDT ist stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD und verbüßt zur Zeit eine Haftstrafe wegen der Produktion und des Vertriebes von volksverhetzenden CDs. Auf der von der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) angemeldeten Demonstration forderten Teilnehmer auf einem Transparent auch "Freiheit für Kay Diesner", der wegen des Mordes an einem Polizeibeamten verurteilt ist. Der Revisionismus, insbesondere die Leugnung des Holocaust, hat nicht mehr eine so starke Bedeutung in der rechtsextremistischen Szene. Dies hängt jedoch weniger mit neuen Einsichten zusammen, als mit der konsequenten Ahndung der von den Gerichten als offenkundig angesehenen Massenvernichtung von Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft. Revisionistische Agitationen beschränken sich daher hauptsächlich auf den Gebietsrevisionismus und die sogenannte "Umerziehungs"-Argumentation. Danach ist die Bundesrepublik ein von den alliierten Siegermächten eingesetztes, von der deutschen Bevölkerung niemals legitimiertes staatliches Gebilde, das keinesfalls die Rechtsnachfolge des deutschen Reiches angetreten habe. Das deutsche Volk sei nach 1945 systematisch "antideutsch erzogen" und "kollektiv gedemütigt" worden. Ihm sei ein permanentes Schuldbewußtsein eingeimpft worden. Dieses alles habe dazu geführt, daß weder die Politiker der sogenannten "Lizenzparteien" noch die Masse des Volkes über ein nationales deutsches Identitätsbewußtsein verfügten. Diese Form des Revisionismus beinhaltet auch die Forderung nach Wiederherstellung früherer deutscher Grenzen. Beispielhaft hierfür ist eine Interview-Aussage ("Deutsche Stimme", November 1998), worin der NPDBundesvorsitzende neben der ehemaligen DDR und der Bundesrepublik auch Österreich als "deutsches Nachkriegsgebilde" bezeichnete. Die DVU behauptet in ihrem neuen Programm: "Die Abtretung der deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße als Kriegsfolge widerspricht völkerrechtlichen Grundsätzen. " Die "Wehrmachtsausstellung" wurde im Berichtszeitraum von Rechtsextremisten auf ihrem Weg durch die Bundesrepublik aktionistisch begleitet, wobei die Demonstrationen in Kassel (06.06.98), Bonn (24.10.98) und Kiel (30.01.99) hervorzuheben sind. In Bonn und Kiel nahmen jeweils annähernd 1.000 Personen an Protestaktionen teil, wobei Angehörige der als Anmelder fungierenden NPD/JN eindeutig in der Unterzahl waren. In Kas21 sel meldete nicht - wie sonst üblich - die NPD eine Demonstration an, zu der dann regelmäßig die neonazistischen "Freien Nationalisten" hinzustoßen, sondern der Jugendverband der Partei "Die Republikaner" (REP). Der stellvertretende REP-Bundesvorsitzende Christian KÄS ließ den Hamburger Neonazi Thomas WULFF sogar ein Grußwort sprechen. Für die "Freien Nationalisten" bedeutete dieses Zeichen, nicht allein auf das Wohlwollen der NPD angewiesen zu sein, ein Faustpfand, um im Umgang mit der NPD auch andere denkbare Optionen andeuten zu können. Dieses hatte insofern besondere Bedeutung, als die NPD bei ihrer großen 1. Mai-Kundgebung in Leipzig Vertretern der "Freien Nationalisten" Wem Rederecht eingeräumt hatte. Die Leipziger Mai-Kundgebung trug das Motto "Wir schaffen Arbeit - Bonn schafft NICHTS!". Die NPD hatte sie als Demonstration des "Nationalen Widerstandes" angemeldet. Vor ca. 5.000 Teilnehmern erklärte der NPDVorsitzende VOIGT den 1. Mai zum "Kampftag des nationalen Deutschlands". Zu lange hätten sich der "linke DGB und Konsorten" mehr um die Interessen der ausländischen Arbeitskräfte gekümmert als um die Sicherung der Arbeitsplätze der deutschen Arbeitnehmer. Rechtsextremisten nutzen zunehmend soziale und tagespolitisch aktuelle Themen, um für sich Propaganda zu machen und ihren Wirkungskreis zu erweitern. Am 04.04.98 fand in Klötze (Sachsen-Anhalt) eine Demonstration unter dem Motto "Keine Macht den Drogen" statt. In seiner Rede vor ca. 250 Rechtsextremisten verkündete Christian WORCH, bei verurteilten Rauschgifthändlern handele es sich überwiegend um Ausländer. Sie müßten konsequent in ihre Heimat abgeschoben werden. Am 05.04.98 wurde in Cloppenburg eine Kundgebung mit dem Tenor "Schützt unsere Kinder" abgehalten. Anlaß war der Sexualmord an einem Mädchen in der Region. "Arbeitsplätze statt Sozialalmosen"lautete das Thema einer Demonstration am 13.06.98 in Lüneburg, auf der Parolen wie "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche" skandiert und Flugblätter einer "Initiative 'Helmut Kohl zum Stempeln schicken'" verteilt wurden. Die zunehmende Nutzung tagespolitischer Themen durch Rechtsextremisten wurde in einer Pressemitteilung des JN-Bundespressesprechers Klaus BEIER nach der Demonstration vom 30.1.1999 gegen die Wehrmachtsausstellung offen angekündigt: "Ob doppelte Staatsbürgerschaft, Drogenprobleme, soziale Ungerechtigkeit, Europapolitik oder Verunglimpfung unserer Väter: Das anständige Deutschland wird vor Ort sein. " Praktisches Beispiel hierfür ist die Nutzung der "Irak-Krise" für rechtsextremistische 22 Agitation. Am 18.12.98 hatte die Hamburger JN-Beauftragte einen Fakkelmarsch vor dem US-Konsulat angemeldet. Teilgenommen haben hauptsächlich Personen aus dem Umfeld von Thomas WULFF, die dort gegen den "amerikanischen Imperialismus" protestierten, der durch die Bombenangriffe auf den Irak einmal mehr deutlich geworden sei. In einer Presseerklärung der NPD-Bundesgeschäftsstelle, ebenfalls vom 18.12.98, wird der militärische Angriff der USA und Großbritanniens als "Angriffskrieg" bezeichnet und die dafür Verantwortlichen müßten sich laut Auffassung des Präsidiums der NPD vor einem internationalen Tribunal wegen einer "Verschwörung gegen den Frieden"verantworten. Am 02.01.99 wurde unter dem Tenor "Gegen Bombenterror und USamerikanische Kriegstreiberei! Für ein souveränes Irak!" m Neustrelitz eine Demonstration durchgeführt. Auch hierfür wurde u.a. im Namen des "Nationalen und sozialen Aktionsbündnisses Norddeutschland" mobilisiert. An beiden Aktionen nahmen zwar nur relativ wenige Personen teil, interessant war jedoch die Diktion der Rechtsextremisten, öffentliche Aktionen gegen den "US-Imperialismus", bisher eher Thema von Linksextremisten, durchzuführen. Bereits im Februar 1998 veröffentlichte Andre GOERTZ einen Kommentar unter dem Motto "Der CIA als blutiger Arm des ImperialisDas Irak-Thema war keineswegs das einzige Beispiel für Ansätze theoretischer Anleihen des Rechtsextremismus beim linksextremistischen Spektrum. Auch Nationalistische Vorstellungen als Gegenpol gegen die europäische Einigung, gegen die Einführung des Euro und die Globalisierung der Wirtschaft gehen einher mit Ähnlichkeiten zur kommunistischen Kapitalismuskritik und zu linken "antimperialistischen"\Ne\tb\\derr\. Eine in letzter Zeit aufgekeimte regelrechte "Sozialismusdebatte" hat Teile der NPD, der Neuen Rechten sowie neonazistische Kreise ergriffen. Ein wesentlicher Unterschied zum marxistisch-leninistischen Denken besteht allerdings in der Absage an den proletarischen Internationalismus. Der NPD-Vorsitzende VOIGT äußerte am 1. Mai 1998 zur Sehnsucht der Bürger nach einem sozialen Staatswesen, die NPD setze dem Arbeitsplatzabbau und Sozialkahlschlag des "etablierten Parteienklüngels" eine "nationale" Fundamentalopposition entgegen. Wörtlich: "Wir glauben fest daran: Sozialismus ist machbar! - Unser Sozialismus ist aber ein Sozialismus des Volkes und nicht des internationalen Klassenkampfes!" 23 .Nationale" und zugleich "Sozialistische"PlakatSymbolik ARBEITER l\ D b I i 1mm WK Wir schaffen Arbeit - FAUST Großdemonstration VArtXCCM FK*TO III/3.) verurteilt, 1974 Mitglied der "Roten Hilfe e. V. "der maoistischen KPD, * Bernd RABEHL, neben Rudi DUTSCHKE einer der Hauptwortführer der antiautoritären SDS-Fraktion (Gegenposition zur traditionalistischen KPFraktion im SDS). MAHLER erfreut sich zunehmender Aufmerksamkeit im rechtsextremistischen Spektrum. Der ehemalige Linksextremist vertritt neuerdings - wie schon länger Dr. OBERLERCHER - "nationale" Thesen und scheint auch keine Berührungsängste gegenüber Rechtsextremisten zu haben. So hat er das NPD-Organ "Deutsche Stimme" autorisiert, einen von ihm verfaßten offenen Brief an den Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland zu veröffentlichen. MAHLER mischte sich in einer von ihm verfaßten "Flugschrift an alle Deutschen, die es noch sein wollen" in die Diskussion zur doppelten Staatsbürgerschaft ein, die er als Änderung Ues "Volkskörpers" bezeichnet. Ebenso wie viele Rechtsextremisten sieht er die Deutschen als 25 "umerzogen" an. So hätten in Deutschland nach der "Niederlage" nur von den Besatzungsmächten "//'zensierte" Persönlichkeiten sich öffentlich äußern dürfen. Ziel dieser Umerziehung sei es gewesen, den Charakter der Deutschen "zum Wohl der Mehrheit der Männer und Frauen, die außerhalb Deutschlands leben", umzuformen. Gemeinsam mit MAHLER hat Bernd RABEHL an den "Bogenhausener Gesprächen" (05.-06.12.98) der Burschenschaft "Danubia" in München teilgenommen: Bernd RABEHL trug seine Auffassung vor, Deutschland sei von seinen alten Eliten getrennt und zunehmend seiner Identität beraubt worden. Die '68er' hätten trotz ihres verbalen Antiamerikanismus und ihrer Proteste gegen den Vietnamkrieg als "nützliche Idioten" die Westintegration und damit die Amerikanisierung Deutschlands gefördert. Auf RABEHLS Vortrag beruft sich Dr. OBERLERCHER in seiner "Erklärung". Er bezieht sich auch auf die von MAHLER mitbegründete RAF, die er als "Waffen-SDS" bezeichnet, und wertet: "In der tragischen Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin SCHLEYER traf der Waffen-SDS einen SS-Mann, der die Position der nationalrevolutionären Volksgemeinschaft zugunsten derjenigen des Anführers eines Klassenkampfverbandes verraten hatte. " MAHLERs und RABEHLS Äußerungen stoßen in rechtsextremistischen Kreisen auf erhebliche, auch zustimmende Resonanz. Die Bildung gemeinsamer Gesprächskreise von intellektuellen Vertretern rechtsextremistischer und - zumindest vormals - linksextremistischer Thesen scheint geplant. In einem in Hamburg bekanntgewordenen Flugblatt heißt es, es sei an der Zeit einen "antiimperialistischen Volkskongreß" mW Gesprächspartnern aus anderen Städten wie Berlin abzuhalten. 1.2 Organisationen und Potentiale Wie bereits 1997 stieg auch 1998 die Gesamtzahl der Rechtsextremisten in der Bundesrepublik erheblich an. Sie steigerte sich nach Abzug der Doppelmitgliedschaften von 48.400 im Jahre 1997 auf nunmehr 53.600, ein Anstieg um 5.200 Personen. Das Potential des Rechtsextremismus gliedert sich wie folgt: * 39.000 Mitglieder in 3 rechtsextremistischen Parteien (1997: 34.800) * 8.200 gewaltbereite Rechtsextremisten, insbesondere Skinheads (1997: 7.600) 26 * 2.400 Neonazis (1997: 2.400) * 4.500 Mitglieder in 65 sonstigen rechtsextremistischen Organisationen (1997: 4.300 in 63 Organisationen) fa 1998 53.600 " 1997 4R400 i 1996 [ 45300 _ß 1995 46100 _ P * 1994 I ** 56600 JP 1993 [ i ^2 65450 _ F SSM 1992 65700 1991 39800 3 P 1990 32300 5 T n - ::" ab 1992 einschließlich 1989 35000 "Die Republikaner" 1988 28300 1987 25200 1986 22100 Bundesweite 1985 22100 rechtsextremistische Mitglieder/Anhängerpotentiale 1984 22100 ) 10000 20000 30000 40000 50000 60000 70000 In der Angabe für die Parteien und die sonstigen rechtsextremistischen Organisationen sind 500 Doppelmitgliedschaften enthalten, die bei der Berechnung der Gesamtzahl abgezogen wurden. Die Anzahl der von den Verfassungsschutzbehörden beobachteten rechtsextremistischen Organisationen beträgt 114 (1997: 109): 41 zumeist wenig strukturierte örtliche oder regionale neonazistische Organisationen, 5 gewaltbereite Personenzusammenschlüsse, 3 Parteien und 65 sonstige rechtsextremistische Organisationen/Einrichtungen. 27 Rechtsextremistisches Personenpotential 1997 1998 Gewaltbereite Rechtsextremisten 7.600 8.200 Neonazis (nach Abzug v. Mehrfachmitgliedsch.) 2.400 2.400 Parteien: 34.800 39.000 * davon REP 15.500 15.000 * davon DVU 15.000 18.000 * davon NPD 4.300 6.000 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 4.300 4.500 Summe Parteien und "Sonstige Organisationen' 39.100 43.500 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften: 38.400 43.000 Gesamtsumme 48.400 53.600 Mit dem erneuten deutlichen Anstieg hat das Gesamtpotential des Rechtsextremismus bei weitem noch nicht die Spitzenwerte der Jahre 1992 und 1993 erreicht. Trotzdem ist bemerkenswert, daß innerhalb von nur zwei Jahren ein deutlicher personeller Anstieg mit einer Steigerung um 8.300 Personen erfolgte. Steigerungen gab es insbesondere bei den gewaltbereiten Rechtsextremisten und den rechtsextremistischen Parteien, hier insbesondere bei der DVU und der NPD. Nach einer Stagnation im Jahre 1997 hat sich das rechtsextremistische Potential in Hamburg, wie bereits kontinuierlich seit 1993, weiter verringert. Nach Abzug der Doppelmitgliedschaften umfaßt dieses Potential etwa 1.130 Rechtsextremisten (1997: 1.200). Rechtsextremistisches Personenpotential in Hamburg 1997 1998 Gewaltbereite Rechtsextremisten (einschl. Skinheads): 150 150 Neonazis 100 110 DVU 500 500 REP 130 60 NPD >80 90 HLA 40 40 Sonstige (einschließlich DLVH) 280 270 Summe 1.280 1.220 In den o.g. Zahlen enthaltene Doppelmitgliedschaften: 80 90 Gesamtsumme [ 1.200 1.130 Die Entwicklung verlief in den einzelnen rechtsextremistischen Bereichen sehr unterschiedlich. Während es in der Neonaziszene und bei der NPD leichte Zuwächse gab, erlitten die REP nach der Wahlniederlage bei der Bür28 gerschaftswahl 1997 und internen Querelen, die die Parteiarbeit nahezu zum Erliegen gebracht haben, starke Einbußen. Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten blieb ebenso wie die Mitgliederzahl der DVU konstant. mmm 1998 L_ 1130 P fr" i^-WE 1997 L 1200 W IP- : :v ;^fl 1996 L_ 1200 W 1995 C 1250 9 1994 E 1300 _ß 1993 LZ 1400 3" 1992 L_ 1400 ^ j l ab 1991 einschließlich s 1991 C. 1400-f "Die Republikaner" 1990 800 p 11 Hamburg: 1989 L~ rechtsextremistische 1 Mitglieder-/ 1988 L_ - 700 ~ SS 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 Die Neonazis bilden auch weiterhin den aktivsten Bereich des Rechtsextremismus in Hamburg. Ihre Zahl stieg auf etwa 110 (1997: 100). Abgesehen von den Anhängern des Personenkreises um Thomas WULFF, der aus der verbotenen "Nationalen Liste" (NL) hervorgegangen ist, existieren jedoch nur kleinere neonazistische Gruppen. Die Anhänger des Personenkreises um Thomas WULFF entfalten weit über den Bereich Hamburg hinaus Aktivitäten. In deren Mittelpunkt steht das Bestreben, unter der Bezeichnung "Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland"'im norddeutschen Raum ein Netzwerk örtlicher Kameradschaften zu schaffen. Damit verbunden ist ein deutlicher Anstieg öffentlicher Veranstaltungen, bislang aber kaum in Hamburg. Die gewaltbereiten Rechtsextremisten in Hamburg, die zum überwiegenden Teil aus Skinheads bestehen, haben weiterhin starke Bindungen in das 29 Hamburger Umland in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Dieser unstrukturierten Szene gehören länderübergreifend unverändert etwa 150 Personen an. Sie ist in Hamburg auf mehrere Stadtteile verteilt. Bei ihnen ist eine zunehmende Tendenz zur Politisierung festzustellen, die sich durch eine verstärkte Beteiligung an öffentlichen Aktionen des neonazistischen Norddeutschen Aktionsbündnisses ausdrückt. Die DVU ist unverändert mitgliederstärkste Partei in Hamburg. Nach Eigenangabe gehören ihr 500 Mitglieder an. Die Zahl täuscht jedoch über die geringe Anzahl aktiver Parteianhänger hinweg. Die REP mußten nach dem Debakel bei der Hamburger Bürgerschaftswahl starke Mitgliederverluste hinnehmen. Der Hamburger Landesverband befindet sich in einem desolaten Zustand. Die Hamburger NPD konnte zwar leichte Mitgliedergewinne verzeichnen. Sie fand jedoch immer noch nicht den Anschluß an den neuen aktionistisch ausgerichteten Kurs der Bundespartei. Von den Landesverbänden der drei in Hamburg vertretenen rechtsextremistischen Parteien gingen keinerlei öffentliche Aktivitäten aus, ihr Erscheinungsbild im Bundestagswahlkampf blieb dürftig. 1.3 Beteiligung an Wahlen Mit der Bundestagswahl und den Landtagswahlen in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern fanden im Jahre 1998 fünf wichtige Wahlen statt, die zum einen darüber Aufschluß geben sollten, welches Potential rechtsextremistische Parteien für sich mobilisieren können; zum anderen sollte auch das Kräfteverhältnis der rechtsextremistischen Parteien untereinander geklärt werden. Die größeren rechtsextremistischen Parteien, DVU und REP, erhofften sich einen parlamentarischen Durchbruch, in dessen Folge sie die rechtsextremistische Anhängerschaft unter ihrem Dach zu bündeln hofften. Appelle zur Einheit des rechtsextremistischen Lagers, zumindest jedoch zur Vermeidung von Konkurrenzkandidaturen, blieben unberücksichtigt. Von den rechtsextremistischen Parteien traten lediglich die REP bei allen Wahlen an. Die DVU, die ihre Wahlkämpfe mit einem Finanzaufwand in Millionenhöhe bestreitet, bündelte ihre Kräfte auf die vermeintlich erfolgversprechenden Wahlen. Sie verzichtete dabei auf die Beteiligung an den Landtagswahlen in Niedersachsen und Bayern. Die NPD verzichtete auf eine Teilnahme bei der Landtagswahl in Niedersachsen. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt scheiterte sie an der Teilnahme wegen zu spät abgegebener Unterstützungsunterschriften. 30 Zweitstimmenergebnisse Landtagswahlen REP DVU NPD 01.03.98 Niedersachsen 2,8 % - - 26.04.98 Sachsen-Anhalt 0,7 % 12,9 % - 13.09.98 Bayern 3,6 % - 0,2 % 27.09.98 Mecklenburg-Vorpommern 0,5 % 2,9 % 1,1 % Mit Ausnahme des aufsehenerregenden Wahlerfolges der DVU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt verliefen die Wahlen für die rechtsextremistischen Parteien enttäuschend. Sowohl bei der Bundestagswahl als auch bei den anderen Landtagswahlen blieben sie insgesamt unter 5 % der abgegebenen Stimmen. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 01.03.1998 traten ausschließlich die REP an. Trotz fehlender Konkurrenz aus dem "nationalen" Lager erzielten sie nur 2,8 %. Ausschlaggebend für den Wahlmißerfolg war der desolate Zustand des niedersächsischen Landesverbandes der REP. Die DVU hatte wegen mangelnder Erfolgsaussichten auf eine Wahlteilnahme verzichtet. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 26.04.98 trat die DVU nahezu ohne Konkurrenz der anderen rechtsextremistischen Parteien an, da die REP nach internen Querelen wegen eines geplanten Wahlbündnisses mit der "Deutschen Sozialen Union" (DSU) lediglich mit einer nicht vom Bundesvorstand autorisierten Landesliste und ohne Wahlkampfunterstützung durch die Bundespartei antraten und die NPD es versäumte, die erforderlichen Unterstützungsunterschriften rechtzeitig abzugeben. Nach einem für die DVU typischen, mit immensem finanziellen Aufwand betriebenen Wahlkampf, der die einfachen, eingängigen Parolen der Partei im Lande flächendeckend bekannt machte, erzielte sie das beste Ergebnis einer rechtsextremistischen Partei in der Bundesrepublik bei Landtagswahlen in der Nachkriegszeit: Die DVU zog mit 16 Abgeordneten in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein. Bemerkenswert war der überdurchschnittlich hohe Anteil junger Wähler, die für die DVU stimmten (etwa 30 % der Erstwähler, etwa 27 % der Wähler unter 30 Jahren). Damit ist die DVU zum dritten Mal nach Bremen (1987 - 1995) und Schleswig-Holstein (1992/93) in einem Landesparlanent vertreten. Das Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt war ausschlaggebend für die Teilnahme der DVU an der Bundestagswahl. 31 Die Landtagswahl in Bayern am 13.09.98, zwei Wochen vor der Bundestagswahl, galt insbesondere für die REP als Testwahl für ein erfolgreiches Abschneiden bei der Bundestagswahl sein. Der erhoffte Einzug in den bayrischen Landtag sollte den erforderlichen Aufschwung bringen. Von einem Erfolg bei dieser Wahl versprach man sich, die REP als stärkste Kraft des "Nationalen Lagers" etablieren und die innerparteilichen Querelen um den politischen Kurs des Bundesvorsitzenden mit der Abgrenzung zu den anderen rechtsextremistischen Parteien beenden zu können. Die Voraussetzungen waren für die REP in ihrem Stammland Bayern besonders günstig, da die DVU aus taktischen Gründen auf eine Wahlteilnahme verzichtete. Offensichtlich bestand bei der DVU die Furcht, bei einem Wahlmißerfolg ihre Chancen bei der Bundestagswahl zu verspielen. Tatsächlich nannte die DVU als Grund für ihren Wahlverzicht, daß ihre Themen bereits von der CSU besetzt seien und sie nicht gegen die CSU antreten wolle. Trotz ihres Wahlverzichtes rief die DVU nicht zur Wahl der REP auf. Gegenüber 3,9 % der abgegebenen Zweitstimmen bei der Landtagswahl 1994 mußten die REP sogar Stimmenverluste hinnehmen. Damit war ihre Chance, bei der Bundestagswahl ein achtbares Ergebnis zu erzielen, dahin. Zur Bundestagswahl traten erstmals alle drei rechtsextremistischen Parteien an. Zumindest die DVU hatte mit dem Einzug in den Bundestag gerechnet. Der NPD ging es in erster Linie darum, als Partei Flagge zu zeigen und den Wahlkampf für öffentliche Aktionen zu nutzen, ihr Maximalziel war ein Wahlergebnis, das ihr künftige Wahlkampfkostenerstattungen sicherte. Zwar konnten die rechtsextremistischen Parteien ihren Stimmenanteil mit insgesamt 3,3 % der abgegebenen Stimmen gegenüber der Bundestagswahl 1994 steigern, bei der nur die REP angetreten waren und 1,9 % der abgegebenen Zweitstimmen erhalten hatten. Das Wahlergebnis war jedoch für alle drei Parteien enttäuschend und blieb weit hinter den Erwartungen zurück: Bundestagswahl DVU REP NPD 27.09.98 Zweitstimmen Zweitstimmen Zweitstimmen Bund 1,2 % (601.192) 1,8 % (906.383) 0,3 % (126.571) Hamburg 2,1 % (20.601) 0,6 % (5.562) 0,1 % (1.052) In den Hamburger Bundestagswahlkreisen schwankten die auf die rechtsextremistischen Parteien insgesamt abgegebenen Stimmen zwischen 1,8 % (Wahlkreis Hamburg-Nord) und 4,0 % (Wahlkreis Bergedorf): 32 Ergebnisse in den DVU REP NPD StimmenWahlkreisen Zweitstimmen Zweitstimmen Zweitstimmen potential Hamburg-Mitte 2,3 % 0,6 % 0,1 % 3,0 % Altona 1,7 % 0,5 % 0,1 % 2,3 % Eimsbüttel 1,5 % 0,5 % 0,1 % 2,1 % Hamburg-Nord 1,3 % 0,4 % 0,1 % 1,8 % Wandsbek 2,4 % 0,6 % 0,2 % 3,2 % Bergedorf 3,1 % 0,8 % 0,1 % 4,0 % Harburg 2,9 % 0,8 % 0,1 % 3,8 % Wie bereits bei der Bundestagswahl 1969, als die NPD nach mehreren Wahlerfolgen bei Landtagswahlen mit 4,3 % der abgegebenen Stimmen scheiterte, zeigte sich auch bei der Bundestagswahl 1998, daß rechtsextremistische Parteien weiterhin nicht in der Lage sind, sich flächendeckend im Bundesgebiet zu präsentieren und punktuelle Wahlerfolge in Bundesländern so zu stabilisieren, daß es für einen Einzug in den Bundestag reicht. Die DVU mußte erkennen, daß alleine mit einer Materialschlacht keine Erfolge zu erzielen sind. Für den Mißerfolg der rechtsextremistischen Parteien bei der Bundestagswahl dürften verschiedene Faktoren ausschlaggebend ge- U A J ^ - wesen sein, die nur z. T. bei diesen Parteien selbst zu suchen sind: die fehlende bundesweite organisatorische Basis, der Mangel an geeigneten Kandidaten, von der Presse wurde im Vorfeld der Wahlen insbesondere die völlige Inkompetenz von DVU-Kandidaten schonungslos aufgedeckt. Zudem wurde die Bundestagswahl von den Wählern als Richtungswahlkampf zwischen den Spitzenkandidaten der großen Parteien angesehen. Dies ging zu Lasten der kleineren, auch der extremistischen Parteien. Zeitgleich mit der Bundestagswahl fand die Landtagswahl in MecklenburgVorpommern statt. Insbesondere von DVU und NPD wurde sie als Schwerpunktwahl angesehen, zumal Wahlprognosen ihnen gute Chancen einräumten. Die DVU setzte nach dem Wahlerfolg in Sachsen-Anhalt ungeachtet fehlender organisatorischer Infrastruktur auf einen entsprechenden 33 A u f s c h w u n g auch in anderen Bundesländern. Die NPD, die außer in Sachsen auch in anderen ostdeutschen Bundesländern starke Mitgliederzuwächse verzeichnet, nutzte in Mecklenburg-Vorpommern den Wahlkampf insbesondere für verstärkte Präsenz ihrer Anhängerschaft auf der Straße. An der Abschlußkundgebung am 19.09.98 in Rostock nahmen etwa 4.000Personen teil, darunter viele Neonazis und Skinheads. Die NPD erhoffte sich erstmals seit Jahren wieder ein akzeptables Ergebnis. Sie spekulierte darauf, sich durch den Erhalt von Wahlkampfkostenerstattung finanziell sanieren zu können. Die drei rechtsextremistischen Parteien erzielten zwar ein besseres Ergebnis als bei der Bundestagswahl, blieben jedoch mit insgesamt 4,5 % der abgegebenen Zweitstimmen weit hinter den Erwartungen zurück (DVU l = 2,9 %, REP = 0,5 %, NPD = 1,1 % ) . Die NPD konnte ihr gestecktes Mindestziel erreichen. Sie hat aus der Parteienfinanzierung für das Jahr 1 9 9 8 bereits Sicherheit! 5 8 7 . 0 0 0 DM und für das Jahr 1999 eine Abschlagszahlung in Höhe von 1 3 4 . 0 0 0 Recht! i DM erhalten. Oiilming! Die Wahlen des Jahres 1998 haben deutlich gezeigt, daß derzeit keine rechtsextremistische Partei in der Lage ist, in der JtOffSäQÜ&tl | 1 M | Bundesrepublik flächendeckend Wahlerfflti&fläi$&&!& JlBrÄF folge zu erzielen und damit in Parlamente * M M M M B H R T ssMafumsbem einzuziehen. Die Wahlergebnisse der einaenws*""* zelnen Parteien, aber auch die Gesamtwählerschaft der Rechtsextremisten schwankt regional stark. Rechtsextremistischen Parteien ist gemeinsam, daß die Bindung der Mitglieder an die Parteien nur schwach ausgeprägt ist und diese nur über eine geringe Stammwählerschaft verfügen. Um Wahlerfolge erzielen zu können, sind sie darauf angewiesen, für Rechtsextremisten ansprechbare Protestwähler in größerem Umfang für sich zu mobilisieren. Dieses gelingt nur vereinzelt, o b w o h l ein in den Bundesländern unterschiedlich ausgeprägtes derartiges Potential unter den Wahlberechtigten vorhanden ist, bisher am höchsten sichtbar in Sachsen-Anhalt mit et- w a 18 %. Wie sich sehr drastisch bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen gezeigt hat, sind insbesondere die Parteien DVU und REP für Protestwähler austauschbar, da sie die gleichen politischen Themen lediglich in unterschiedlicher Schärfe bei Wahlkämpfen artikulieren. Nur die NPD hebt sich mittlerweile durch ihre Betonung als Fundamentalopposition, ihre of34 fentlichen Großveranstaltungen mit martialischem Gepräge und ihre Übernahme teils sozialistischer Parolen von den anderen Parteien ab. Für die Mißerfolge rechtsextremistischer Parteien bei Wahlen spielen insgesamt folgende Gründe eine Rolle: * Die Zersplitterung des rechtsextremistischen Lagers mit Konkurrenzkandidaturen der Parteien, * die schwach ausgeprägten Organisationsstrukturen, die dazu führen, daß keine der Parteien flächendeckend über funktionierende Landesverbände bzw. kleinere Untergliederungen verfügt, * fehlende charismatische Führungspersönlichkeiten, * keine vorzeigbaren Wahlkandidaten, * das größtenteils chaotische Erscheinungsbild der rechtsextremistischen Fraktionen und Abgeordneten, die in den Parlamenten ihre Politikunfähigkeit, zum Teil aber auch Raffgier offenbaren, * diese Verhältnisse führen oft bereits nach kurzer Zeit zum Austritt einzelner Abgeordneter aus den Parteien und zum Zusammenbruch der Fraktionen, * mangelnde Präsenz rechtsextremistischer Abgeordneter in der Kommunalpolitik, also an der politischen Basis. Die REP nehmen am umfangreichsten an Wahlen teil. Da sie nur über wenige funktioKriminelle nierende Landesverbände verfügen, haben sie sich praktisch zu einer süddeutschen RegioAusländer nalpartei zurückentwickelt. In Baden-Württemberg, wo sie zweimal hintereinander in raus! den Landtag gewählt wurden, ist es ihnen offensichtlich gelungen, eine stabile Mitgliederbindung und eine feste Stammwählerschaft zu erreichen, die es ihnen ermöglicht, eine längerfristige Stabilität zu gewinnen, die in der rechtsextremistischen Parteienlandschaft in der Bundesrepublik einmalig ist. EiREP ne ähnliche Entwicklung zeichnet sich in anderen Bundesländern jedoch nicht ab. InsbeREPUBLIKANER sondere in Norddeutschland, aber auch in den meisten ostdeutschen Ländern ist die Situation der REP desolat. Die DVU ist hinsichtlich der Einschätzung ihrer Wahlergebnisse die unberechenbarste rechtsextremistische Partei. Überraschende Wahlerfolge wech35 sein sich mit schweren Wahlniederlagen ab. Die DVU nimmt nur an Wahlen teil, bei denen sie sich eine gewisse Erfolgsaussicht verspricht. Grund dafür ist der für die DVU typische Wahlkampf mit einem immens hohen finanziellen Aufwand von zumeist mehreren Millionen DM, der flächendekkend den Bekanntheitsgrad der Partei und die Verbreitung ihrer Parolen sichern soll. Da die Partei völlig von der Finanzierung durch ihren Parteivorsitzenden Dr. FREY abhängig ist, achtet dieser bei Wahlbeteiligungen auf die Refinanzierung seiner Kosten durch Mittel aus der Parteienfinanziaung. In der Vergangenheit nahm die DVU insbesondere an Wahlen in den kleineren norddeutschen Bundesländern, nunmehr auch in den ostdeutschen Bundesländern, teil. Dr. FREY vermied bisher, über die Bundestagswahlen hinaus lückenlos im gesamten Bundesgebiet auch in den bevölkerungsreichen Flächenländern zu Wahlen anzutreten, da seine Wahlkämpfe Schwerpunktcharakter haben und insbesondere dadurch Wirkung erzielen. Dieses bestätigte sich bei der Bundestagswahl, wo die von Dr. FREY eingesetzten Mittel offensichtlich bei weitem nicht ausreichten, die gesamte Wahlbevölkerung flächendeckend anzusprechen. Die DVU konnte ihre Wahlerfolge, die zum Einzug in die Landtage von Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt und in die Bürgerschaft von Bremen führten, nicht stabilisieren. Ausschlaggebend war das katastrophale Erscheinungsbild der Abgeordneten, das regelmäßige Auseinanderbrechen der Fraktionen, aber auch die nachgewiesene Zweckentfremdung von Fraktionsgeldern. Der große Erfolg der DVU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt führte zu einer vorübergehenden Sogwirkung auf rechtsextremistische Führungspersonen, die sich eine Bündelung der "nationalen Kräfte" unter dem Dach der DVU erhofften, aber auch zu einem starken Mitgliederanstieg. Der ehemalige Bundesvorsitzende der REP, Franz SCHÖNHUBER, ließ sich als unabhängiger Spitzenkandidat der DVU für die Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen und für die Europawahl im Jahre 1999 aufstellen. Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl gibt es offensichtlich wieder erste Absetzbewegungen. SCHÖNHUBER verzichtete auf seine Kandidatur für die Europawahl mit der Begründung, er habe zu viele publizistische Verpflichtungen. Auch andere führende Rechtsextremisten haben mittlerweile der Partei wieder den Rücken gekehrt. Die NPD spielt seit 30 Jahren keine Rolle mehr als rechtsextremistische Wahlpartei. Auch nach ihrem neuen politischen Konzept werden Wahlerfolge erst mittelfristig angestrebt. Die NPD will zunächst ernen "Kampf um die Straße" führen, d. h. durch eine Fülle öffentlicher Aktionen, u. a. Großdemonstrationen, die sie unter dem Schutz des Parteienprivilegs durchfüh36 ren kann, ihren Bekanntheitsgrad steigern, ihre politische Parolen öffentlich verbreiten und ihre Anhängerschaft drastisch erhöhen. Mit dieser Taktik spricht sie vor allem junge aktionistisch ausgerichtete Neonazis und Skinheads an. Die Partei verzeichnet z. Zt. einen erheblichen Mitgliedergewinn insbesondere in den neuen Bundesländern. Vorrangig strebt die NPD bei Wahlen Ergebnisse an, die ihr Gelder aus der Parteienfinanzierung zufließen lassen. Bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern gelang ihr ein derartiger Erfolg. Wahlschwerpunkt der NPD für 1999 ist die Landtagswahl in Sachsen, wo sich die NPD den Einzug ins Parlament erhofft. Die NPD hat in Sachsen ihren aktivsten Landesverband und die größte Anhängerschaft. Die Wahlniederlage der drei rechtsextremistischen Parteien bei der Bundestagswahl war Anlaß für erneute Gesprächsangebote zwischen rechtsextremistischen Parteiführern über künftige Absprachen. Am 17.11.98 vereinbarten die Bundesvorsitzenden der REP und der DVU, Dr. SCHLIERER und Dr. FREY, daß beide Parteien künftig Konkurrenzkandidaturen bei Wahlen möglichst vermeiden wollen. Dr. SCHLIERER, der bisher einen Abgrenzungsbeschluß der REP gegenüber anderen rechtsextremistischen Parteien vertrat, beeilte sich zu betonen, daß es sich hierbei nicht um die Absprache für eine künftige Zusammenarbeit handele. Es wurde konkret vereinbart, daß zur Wahl des hessischen Landtags am 07.02.99 die REP und zur Wahl der Bürgerschaft in Bremen im Juni 1999 die DVU antreten, die jeweils andere Partei auf eine Kandidatur verzichten werde. Diese Absprache ist ohne Aussagekraft für die künftige Entwicklung, da ohnehin die DVU in Hessen vermutlich nicht angetreten und die REP in Bremen chancenlos gewesen wären. Darüber hinaus unterbreitete Dr. FREY den Vorschlag, daß in den einzelnen Bundesländern jeweils die Partei antreten solle, die bei der Bundestagswahl 1998 jeweils am besten abgeschnitten hat. Eine Reaktion der REP gibt es darauf bisher nicht. Ob es zwischen diesen beiden Parteien künftig generelle Absprachen oder gar eine Zusammenarbeit geben wird, erscheint eher fraglich, da beide Parteien sich noch immer als stärkste Kraft des "nationalen Lagers" wähnen und mit den Wahlantritten auch finanzielle Erwartungen verbinden. Die Bereitschaft zu einer Lockerung der eigenen Machtansprüche bzw. zur Inkaufnahme finanzieller Verluste ist bei den derzeitigen Bundesführungen beider Parteien bisher nicht erkennbar. 37 2. Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten / Statistik 1998 wurden bundesweit 11.049 Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund erfaßt (1997: 11.719). Darin enthalten, aber gesondert ausgewiesen, sind 2.644 (23,9 %) fremdenfeindliche und 991 (9 %) antisemitische Straftaten. 7.414 rechtsextremistische Straftaten wiesen keinen fremdenfeindlichen oder antisemitischen Bezug auf. Der Rückgang gegenüber 1997 um 670 Taten bedeutet eine Abnahme um 5,7 %. Auch die Zahl der darin enthaltenen rechtsextremistisch, insbesondere fremdenfeindlich motivierten Gewalttaten, die nachstehend ausführlicher analysiert werden, sank von 790 (1997) auf 708. Bundesebene: Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund (Zahlen basieren ab 1993 auf Angaben des BKA) 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 Dieser Rückgang um 10,4 % sollte aber nicht den Blick dafür verstellen, daß sich die Gesamtzahl immer noch auf einem relativ hohen Niveau bewegt, das z. B. über dem der Jahre 1995 (612) und 1996 (624) liegt. Unverändert stammt die weit überwiegende Mehrzahl der Gewalttäter nicht aus organisierten oder strukturierten rechtextremistischen Zusammenhängen. Die Taten sind selten geplant, sondern resultieren zumeist aus Konflikten in Alltagssituationen. 1997 und 1998 waren der weit überwiegende Teil der Gewalttäter Jugendliche und Heranwachsende unter 21 Jahren, die in der Regel der rechtsextremistischen Skinhead-Szene oder deren Umfeld zuzurechnen sind O 3.1). In Ostdeutschland hat sich ein größeres Potential dieser Art herausgebildet, als in den westlichen Ländern. Gewalttaten dieses Spektrums sind nicht selten von äußerster Brutalität gekennzeichnet (s.u.). 38 Die Verfassungsschutzbehörden erfassen die Gesamtzahl der Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund und unterscheiden folgende Tatrichtungen: Bundesebene / Gewalttaten nachTatrichtungen: 1998 1997 Fremdenfeindliche Gewalt 61,4% (58,5 %) Antisemitische Gewalt r"H2^r%~ (1,4%) Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeint14,3 % (12,5 %) liche Linksextremisten Gewalttaten gegen sonstige politische Gegner (1,9) % Sonstige rechtsextremistische Gewalttaten 20,7 % (25,7 %) Bundesebene: Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischen Hintergrund Tatrichtung / Motivation 1997 1997 1998 1998 Veränder. Fremdenfeindlich 462 462 435 435 - 5,8 % Antisemitisch 11 16 16 +45,5% Gegen Linksextremisten 99 99 101 + 2,0 % Gegen sonstige politische Gegner 15 15 9 - 40,0 % Sonstige rechtsextr. Gewalttaten 203 203 147 - 27,6 % 147 Gewalttaten insgesamt 790 / yu 708 - 1 0 , 4 % 708 Straftaten werden dann als fremdenfeindlich angesehen, wenn sie sich gegen Personen richten, denen die Täter wegen ihrer Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes ein Bleibeund Aufenthaltsrecht in ihrer Wohnumgebung oder überhaupt in Deutschland bestreiten. Läßt sich im Einzelfall nach polizeilichen Ermittlungen nicht ausschließen, daß eine fremdenfeindliche Straftat vorliegt, wird sie als solche statistisch erfaßt. Eine rechtsextremistische Motivation wird insbesondere dann vermutet, wenn sich der Täter zu einer entsprechenden Zielsetzung bekennt, oder wenn die Tatumstände einen vernünftigen Zweifel an einer rechtsextremistischen Motivation nicht aufkommen lassen. "Fremdenfeindliche Gewalttaten" und "Sonstige rechtsextremistische Gewalttaten" werden zudem differenziert nach * Tötungsdelikten, * Sprengstoffanschlägen, * Brandanschlägen, * Landfriedensbrüchen * Körperverletzungen. 39 Körperverletzungen 677 Landfriedensbrüche Brandstiftungen *1998 Sprengstoff01997 explosionen Bundesebene: Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem Tötungsdelikte rechtsextremistischem Hintergrund iauch Versuche) (Jahresvergleich nach Tatarten) 100 200 300 400 500 600 700 Bei rechtsextremistischen Gewalttaten dominieren eindeutig Körperverletzungsdelikte. Hier findet sich ein signifikanter Unterschied zum Linksextremismus, w o Delikte des Landfriedensbruches weitaus häufiger vorkommen. In der Summe der 1998 vom Bundeskriminalamt (BKA) erfaßten 708 Gewalttaten sind 3 Sprengstoffanschläge und 3 9 Brandstiftungen enthalten, davon 23 Brandstiftungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund. Von 16 versuchten Tötungen (kein vollendetes Tötungsdelikt) hatten 10 einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Von 595 Körperverletzungen hatten fast Zweidrittel (384 = 6 4 , 5 %) eine fremdenfeindliche Zielrichtung. Diese Gewalttaten addieren sich mit der weitaus höheren Zahl weiterer Straftaten, wie Sachbeschädigungen, Nötigungen/Bedrohungen, Verbreitung/Verwendung verbotener Propagandamittel, Volksverhetzung/Aufstachelung zum Rassenhaß (1997 = 1 0 . 9 2 9 ; 1 9 9 8 : 10.341) zu der einleitend vorangestellten Gesamtzahl von 11.049 (1997: 11.719). Von den 7 . 4 1 4 rechtsextremistischen Straftaten ohne fremdenfeindlichen oder antisemitischen Bezug betrafen 6 . 0 8 3 (82 %) das Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (SSSS 8 6 , 86a StGB). Der ganz überwiegende Teil der rechtsextremistisch motivierten Gesetzesverstöße - dieses veranschaulicht die nachfolgende Graphik - fällt damit in den Bereich der Propagandadelikte. 40 Von den 1998 insgesamt erfaßten 708 Gewalttaten waren 435 fremdenfeindlich motiviert (1997: 462). Die Zahl der Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten stieg von 99 auf 101, die gegen sonstige politische Gegner sank von 15 auf 9. Auf die Kategorie der "sonstigen" rechtsextremistischen Gewalttaten entfielen 147 Fälle (1997: 203). Antisemitische Gewalttaten blieben mit 16 (1997: 11) in beiden Jahren - trotz Anstiegs 1998 - zwar auf einem relativ niedrigen Niveau, stehen jedoch in Einzelfällen dafür umso mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Am 19.12.98 verübten bislang unbekannte Täter auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Charlottenburg einen Sprengstoffanschlag auf die Grabstätte des früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz GALINSKI. Durch die Explosion eines eigenlaborierten Schwarzpulver-Sprengsatzes zerbrach die Grabplatte in mehrere Teile. Die Ermittlungsbehörden gehen von einem rechtsextremistisch-antisemitischen Tathintergrund aus. Bereits am 28.09.98 waren Schmauchspuren entdeckt worden, die auf einen möglichen Versuch eines Sprengstoffanschlages hindeuteten. Eine Verbindung zu dem Anschlag vom 19.12.98 konnte jedoch bisher nicht festgestellt werden. In Hamburg registrierte die Polizei (Landeslagebild Polizeilicher Staatsschutz 1998) insgesamt 264 rechtsextremistisch motivierte Straftaten - einschließlich der fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten. In der Gesamtzahl aller rechtsextremistischen Straftaten sind zum einen 19 41 Gewalttaten (18 Körperverletzungen, 1 versuchte Tötung, keine vollendete Tötung, keine Brandstiftungen oder Landfriedensbrüche), zum anderen 245 minder schwere Delikte - überwiegend Propagandadelikte sowie Sachbeschädigungen mit und ohne Gewaltanwendungen, Nötigungen, Bedrohungen und sonstige Straftaten - erfaßt. Hamburg: Rechtsextremistische, fremdenfeindl. u. antisemitische Straftaten (Stand: 28.01.1999) Rechtsextremist. FremdenfeindliAntisemitische Gesamtzahl Straftaten ohne che Straftaten Straftaten rechtsextremist., antisemit. u. fremfremdenfeindl. und denfeindl. Straft. antisemit. Straft. 1997 1998 1997 1998 1997 1998 1997 1998 170 143 103 79 26 42 299 264 davcin Gewalt taten => (30) (19) Damit sind in Hamburg die rechtsextremistisch motivierten Straftaten um 11,7 % zurückgegangen, die Gewalttaten sogar um fast 37 %. Von den 264 erfaßten Straftaten hatten 79 (ca. 30 %) einen fremdenfeindlichen Hintergrund (1996: 36 %, 1997: 34 %). Der prozentuale Anteil der fremdenfeindlich motivierten Straftaten ist damit bereits im dritten Jahr hintereinander zurückgegangen. 42 Hamburg: Fremdenfeindliche Straftaten in 1 9 9 1 - 1 9 9 8 (Tatarten) A r t der Delikte: 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Tötungsdelikte 0 0 0 0 0 0 0 0 (vollend.): Tötungsdel. (versucht): 0 0 1 0 0 0 0 0 Brandstiftung: 4 6 7 4 0 0 0 0 Körperverletzung: 3 24 35 19 28 21 12 13 Landfriedensbruch: o 1 0 0 0 0 0 0 Sachbeschädigung: 24 53 31 5 6 11 10 2 Verw. v. Kennz. verb. 30 21 34 35 6 31 31 22 Org.: Nötigung/Bedrohung: 13 24 55 12 30 12 15 8 Andere Straftaten: 28 46 84 59 38 35 34 Gesamt: 80 157 209 159 129 113 103 79 Hamburg: Rechtsextremistische, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten 1 9 9 8 (Tatarten) Art der Delikte: Fälle davon: insgesamt: fremdenfeindl. antisemitisch Tötungsdelikte (vollendet): 0 0 0 Tötungsdelikte (versucht): 1*) 0 0 Brandstiftung: I o 0 0 Körperverletzung: 18 13 1 Landfriedensbruch: I o 0 0 Sachbeschädigung: 34 2 4 Verwend. v.Kennz. verbot. Org.: r~ 135 22 16 Nötigung/Bedrohung: 9 8 0 Andere S t r a f t a t e n * * ) : r 67 34 21 Gesamt: 264 79 42 * * ) enthalt.: Störung d. Totenruhe (4) (0) (4) *) Erst nach Veröffentlichung der Straftatenzahlen durch die Polizei wurde bekannt, daß die Staatsanwaltschaft den Tatbestand nicht als versuchtes Tötungsdelikt bewertet, sondern als schwere körperliche Mißhandlung (Sachverhalt vom 04.12.98, siehe am Ende des Kapitels). 42 Straftaten (ca. 16 %) wiesen 1998 eine antisemitische Zielrichtung auf (1997: 26, 1996: 33). Dieser Anstieg ist aber allein auf ein besonderes Ereignis zurückzuführen: Hakenkreuzund antisemitische Schmierereien an zwölf nicht weit auseinanderliegenden Tatorten in einer einzigen Nacht sind auf Grund der veränderten Rechtsprechung als zwölf Fälle zu zählen, obwohl die Gesamtumstände auf einen einzigen Täter und Tatentschluiß hindeuteten. Zählt man diese Serie als einen Fall ergeben sich 31 antisemitische Straftaten. Die Masse der Straftaten war mit rund 54 % 43 (1997: 57 %) rechtsextremistisch - ohne gleichzeitigen fremdenfeindlichen oder antisemitischen Hintergrund - motiviert. Trotz des zahlenmäßigen Rückgangs waren einzelne Gewalttaten von äißerster Brutalität gekennzeichnet. In der Nacht zum 04.12.98 überfielen 3 rechtsextremistische Skinheads, die zuvor rechtsextremistische Parolen skandiert hatten, in Hamburg-Bergedorf einen Obdachlosen. Die Täter traten mehrmals mit ihren Springerstiefeln auf Kopf und Körper des Obdachlosen ein und entwendeten anschließend den Kassettenrekorder des Geschädigten. Der erst am anderen Morgen gegen 8.00 Uhr von einem Passanten aufgefundene Mann hatte schwerste Gesichtsverletzungen und Frakturen der Arme erlitten und schwebte noch mehrere Tage in Lebensgefahr. Aufgrund der Ermittlungen der Hamburger Mordkommission erfolgte bereits drei Stunden später die Festnahme der 3 Tatverdächtigen. Aufgrund des persönlichen Hintergrundes der Täter, über die beim Verfassungsschutz und Staatsschutz bereits Erkenntnisse vorlagen, sowie aufgrund des Tatherganges, der Auswahl des Opfers und der Begleitumstände, ist von einer vermutlich rechtsextremistisch motivierten Gewalttat auszugehen. Am 29.01.99 erhob die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer körperlicher Mißhandlung und öffentlichen Verwendens von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation. Der ursprüngliche erhobene Tatvorwurf des versuchten Tötungsdeliktes wurde nicht aufrechterhalten. Derartige Ausbrüche von Gewalt sind nicht selten direkter Ausdruck eines durch neonazistische und rassistische Propaganda geprägten Menschenbildes, bei denen die Täter ihre Opfer als "lebensunwerte" Individuen betrachten. Eine vergleichbare Gewalttat ist in Hamburg allerdings seit Jahren nicht mehr vorgekommen und daher eher ein Ausnahmefall. Auch innerhalb der Skinhead-Szene wurde diese sinnlose Brutalität verurteilt. 3. Gewaltbereite Rechtsextremisten Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten ist seit 1994 (5.400) kontinuierlich auf 8.200 Personen (1997: 7.600) angestiegen. Neben gewalttätigen Rechtsextremisten zählen hierzu auch Personen, die sich - ohne bisher Gewalttaten begangen zu haben - für Gewaltanwendung aussprechen. Die weitaus größte Gruppe innerhalb der Gewaltbereiten stellt die rechtsextremistische Skinhead-Szene dar. Deren Potential läßt sich aller44 dings nicht exakt beziffern, da eine eindeutige Zuordnung bzw. Abgrenzung von sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten oftmals nicht möglich ist. Die weitaus meisten Fälle rechtsextremistischer Gewalt werden von spontan handelnden Einzeltätern sowie aus unstrukturierten und losen Personenzusammenschlüssen heraus begangen. Es gibt weiterhin nur wenige Anhaltspunkte, die auf die mögliche Entstehung rechtsterroristischer Strukturen hindeuten. 3.1 Rechtsextremistische Skinhead-Szene Die Skinhead-Bewegung hat ihren Ursprung in Großbritannien. Ende der 60er Jahre {"Spirit of '69") entstand sie als subkulturelle Protestbewegung von Jugendlichen aus der unterprivilegierten Arbeiterschicht. Zu ihrer Herkunft bekannten sich diese Jugendlichen durch besondere Kleidung (u.a. "Doc Martens "-Arbeitsstiefel), insbesondere aber durch extrem kurz geschorenes Haar bzw. Glatze. Zunächst unpolitisch oder eher links orientiert, geriet ein Großteil der von Haus aus gewaltbereiten Skinheads Ende der 70er Jahre unter den Einfluß rechtsextremistischer Organisationen und übernahm nationalistisches und rassistisches Gedankengut. Anfang der achtziger Jahre entdeckten auch in Deutschland Jugendliche den Skinhead-Kult. Es kam zu ersten Beeinflussungsversuchen durch Neonazis, die jedoch nur teilweise Erfolg hatten. Seit Anfang der 90er Jahre hat sich die Skinhead-Szene in Deutschland stärker politisiert, so daß heute von einer 45 in weiten Teilen rechtsextremistisch, z. T. neonazistisch Oi Or skmbeab jjet yafcrircut i indoktrinierten Subkultur ("Blood & Honour "-Bewegung, "Hammerskins"} gesprochen werden kann. Zahlenmäßig von geringer Bedeutung sind die politisch eher links einzuordnenden antirassistischen "S.H.A.R.P.s" (Skinheads Against ßacial Prejudice) sowie die sogenannten "Redskins", die vereinzelt in linksautonomen Zusammenhängen anzutreffen sind. Mit Ausnahme der Skinheads, die sich enger in rechtsextremistische Strukturen und in die politische Arbeit entsprechender Organisationen oder Kameradschaften einbinden lassen, beschränkt sich ihre Politisierung meist auf die unreflektierte Übernahme rechtsextremistischer und neonazistischer Parolen und Agitationsformen. Nur relativ wenige verfügen über ein geschlossenes rechtsextremistisches Weltbild und entsprechendes politisch-geschichtliches Hintergrundwissen. Die meisten Skinheads interessieren sich aufgrund ihrer 'Spaß'-orientierten Lebenseinstellung nicht für konkrete politische Basisarbeit oder Schulung. Sie sind auch nicht bereit, sich in die strengen Hierarchien und Ordnungen neonazistischer Kameradschaften einzufügen. Von weit größerer Bedeutung für die politische Bewußtseinsbildung sind die subkulturellen Medien und Ausdrucksformen: Wie in anderen jugendlichen Subkulturen auch, wird die Gruppenidentität durch das Outfit, durch eigene Musikformen, Konzerte, szenetypische Publikationen - Fanzines oder Skinzines genannt (engl. Abk. für Skinhead-Magazine) -, Verhaltensweisen, Symbole, Tätowierungen, u.a.m. zum Ausdruck gebracht. Insbesondere über die Musik werden rechtsextremistische Inhalte und Botschaften transportiert, die bei entsprechender Verbreitung maßgeblich dazu beitragen, daß sich rechtsextremistische Einstellungen und Verhaltensweisen innerhalb der Skinhead-Szene und unter anderen gewaltbereiten Jugendlichen und jungen Erwachsenen dauerhaft verfestigen. 46 Wegen ihrer Affinität zu rechtsextremistischen Denkmustern und Feindbildern stellt die nur lose strukturierte Skinhead-Szene insgesamt ein erhebliches Rekrutierungsund Mobilisierungspotential für organisierte Rechtsextremisten dar, vor allem für Neonazis, neuerdings aber auch für die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) und ihre Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN). NPD und JN hatten besonders in Sachsen enormen Zulauf von Mitgliedern aus dem Skinhead-Milieu. Auch einige westdeutsche Landesverbände der NPD verhielten sich bislang gegenüber Skinheads grundsätzlich offen. Diese Öffnung bereitet der NPD jedoch zunehmend Schwierigkeiten. Innerhalb der Partei mehren sich Stimmen, die Disziplinlosigkeiten der Skinheads beklagen. Diese seien maßgeblich für das negative Erscheinungsbild der Partei in der Öffentlichkeit verantwortlich. Auch in der Neonazi-Szene herrscht vielerorts Skepsis, ob Skinheads sich aufgrund ihres Lebensstils überhaupt zu brauchbaren Aktivisten entwickeln können. Darüber hinaus fürchten sie, daß insbesondere die unkontrollierbare und unberechenbare Gewaltbereitschaft vieler Skinheads den neonazistischen Gruppen angelastet werden und damit weiteren staatlichen Sanktionen Vorschub leisten könnte. Gegenüber diesen Bedenken überwiegt aber das Interesse, Skinheads in die eigenen Reihen aufzunehmen, um insbesondere im politischen "Kampf um die Straße" Masse präsentieren und gegenüber dem politischen Gegner bestehen zu können. Skinheads bestimmen mittlerweile in erheblichem Maße das Erscheinungsbild rechtsextremistischer Großveranstaltungen. Sowohl bei der Wahlkampfauftaktveranstaltung der NPD am 07.02.98 in Passau, bei der NPD-Demonstration zum Tag der Arbeit in Leipzig am 01.05.98, bei der Wahlkampfabschlußkundgebung der NPD am 19.09.98 in Rostock als auch bei der von sog, "Freien Nationalisten" (Neonazis) dominierten NPD-Demonstration gegen die Wehrmachtausstellung am 24.10.98 in Bonn war die Skinhead-Szene bemerkenswert zahlreich vertreten. Etliche Skinheads, einige auch aus dem Hamburger Raum, versuchten anläßlich des RudolfHEß-Aktionstages am 15.08.98 nach Dänemark einzureisen, um in Greve, dem Hauptsitz der "Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung" (DNSB), an einem Marsch zum Gedenken an HEß teilzunehmen. Aufgrund ihrer Gewaltbereitschaft sind Skinheads für eine Vielzahl fremdenfeindlicher und anderweitig rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten verantwortlich. Nicht selten ist neben starkem Alkoholkonsum die gewaltverherrlichende und aggressionsfördernde Musik rechtsextremistischer Skinhead-Bands ein entscheidender Auslöser. Das Feindbild rechtsextremi47 stischer Skinheads setzt sich vor allem aus Ausländern, Asylbewerbern, z. T. auch Aussiedlern, ferner aus Punks und "Linken" ("Zecken") zusammen. Zwischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus diesen sozial häufig randständigen Gruppen und Skinheads kommt es immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen. Sie werden z. T. mit Messern und anderen Waffen ausgetragen. Insgesamt hat die Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten zugenommen. Auch Auseinandersetzungen mit der Polizei gehen Skinheads, wenn es ihre Kräfteverhältnisse zulassen, nicht aus dem Weg. Nicht jede von Skinheads verübte Gewalttat weist eine rechtsextremistische oder fremdenfeindliche Zielrichtung auf. Häufig sind die Anhaltspunkte für eindeutige Zuordnungen zu unsicher. Auch wenn bei gewaltsamen Übergriffen nicht immer politische Motive oder tatbestimmende ideologische Leitbilder nachgewiesen werden können bzw. die Hintergründe eher in sozialen Konflikten oder anderen Motivlagen zu suchen sind, so ist doch folgendes nicht zu übersehen: Bei den jugendlichen Gewalttätern aus der Skinhead-Szene herrschen in erheblichem Maße fremdenfeindliche und z. T. rassistische Einstellungen vor, die mit einem übersteigerten Nationalgefühl und Haß gegen alles "Undoitsche" einhergehen und zumindest die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung noch weiter senken. In den letzten Jahren verzeichneten neonazistische Skinhead-Strömungen Zulauf, so die aus den USA stammenden, 1986 in Dallas/Texas gegründeten elitär-rassistischen "Hammerskins" und die 1987 in Großbritannien gegründete, ebenfalls international aktive Skinhead-Bewegung "Blood & Honour". Außer in Berlin und den ostdeutschen Ländern sind "Hammerskins" u. a. in Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen aktiv. Sie werben seit letztem Jahr im Internet auf ihrer "World's First German National Socialist and Hammerskin Page" für ihre Ziele. Ebenso wie bei den "Hammerskins" gibt es innerhalb der "Blood & Honour"-Bewe48 gung keine zentrale Führungsebene, aber internationale Kontakte. Verbindendes Element der "Blood & Honour"-Bewegung ist neben der aggressiven Musik die Vision von der globalen Dominanz der weißen Rasse. Unter dem Slogan "The Independent Voice of Rock against Communism " verfolgt diese Organisation konsequent ihr Ziel, die Skinhead-Szene durch aggressive Musik mit neonazisti"Deutsche nationalsozialistische und schen Texten zu beHammerskinseite" \m Internet einflussen. Vor allem bei der Ausrichtung von Konzerten sind "Blood & Honour"-Akt\s\en führend. Interne finanzielle Streitigkeiten haben allerdings die "Blood & Honoüre-Bewegung gespalten und in Deutschland personell sowie organisatorisch zurückgeworfen. Seit Jahren beobachten die Sicherheitsbehörden besorgt den rapide w a c h - senden Handel mit rechtsextremistischen, volksverhetzenden und gewaltverherrlichenden Tonträgern. Auch 1998 setzte sich der A u f s c h w u n g der rechtsextremistischen Musikszene fort. Nach Kenntnis der Verfassungsschutzbehörden sind z. Z. etwa 70 rechtsextremistische Skinhead-Bands in Deutschland aktiv. Neben der mit dem Punk verwandten " 0 / " - M u s i k fließen zunehmend andere Musikstile, darunter verschiedene Spielarten des Heavy Metal und Techno, in die rechtsextremistische Musikszene ein. Zu den wichtigsten europäischen Vertrieben für volksverhetzende Tonträger und Videos gehört nach wie vor der Versand "NS 88", der die deutsche Skinhead-Szene von Hillerod/Dänemark aus beliefert. Außerhalb des Versandhandels wird ein Großteil der CDs durch mobile Händler auf Konzerten verkauft. Um die Verbreitung illegaler CDs zu unterbinden oder zumindest einzudämmen, gingen die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder im letzten Jahr in zahlreichen Einzelmaßnahmen sowie bundesweit koordinierten Aktionen konsequent und erfolgreich gegen die Vertriebsstrukturen der 49 rechtsextremistischen Skinhead-Szene vor. U.a. konnten am 16.10.98 nach Vorarbeit mehrerer Verfassungsschutzbehörden in Berlin fünf Personen festgenommen werden, die im Verdacht standen, die volksverhetzende CD "Deutsche Wut - Rock gegen oben" der neonazistischen Band "Landser" verbreitet zu haben. Mehrere hundert CDs wurden beschlagnahmt. Unter den Tatverdächtigen war auch ein seit einigen Monaten in Berlin lebender Hamburger Skinhead, der bereits in Hamburg zu den führenden Vertreibern rechtsextremistischer Tonträger gehörte. Das Landgericht Berlin verurteilte am CD "Deutsche Wut - Rock gegen oben"der 18.12.98 den HauptangeGruppe "Landser" klagten zu einer Haftstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten. Gegen die vier anderen Angeklagten verhängte das Gericht Haftstrafen zwischen 6 und 12 Monaten auf Bewährung. In Deutschland handeln insgesamt ca. 50 Vertriebsdienste und Verlage mit rechtsextremistischen Tonträgern. Mehr als die Hälfte war oder ist mittlerweile in entsprechende Ermittlungsverfahren verwickelt. In Hamburg und Umgebung waren der "V 7 Versand" und der "Nordversand" (Halstenbek/SH) von Exekutivmaßnahmen betroffen. Ebenso richteten sich in Hamburg Ermittlungsbzw. Strafverfahren gegen mehrere Einzelpersonen, die an der Verbreitung illegaler CDs beteiligt waren. Für das Zusammengehörigkeitsgefühl der rechtsextremistischen SkinheadSzene und den Aufbau überregionaler und internationaler Kontakte haben Konzerte hohe Bedeutung. In Einzelfällen besuchen bis zu 1.000 Zuhörer die Veranstaltungen, insbesondere wenn attraktive Bands aus dem Ausland (USA, England, Schweden, u.a.) auftreten. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Skinkonzerte weiter angestiegen, bis zur Jahresmitte 1998 auf bereits 63 ( 1 . Halbjahr 1997: 50). Häufig kommt es während der Konzerte zu Straftaten, insbesondere Propagandadelikten (HITLER-Gruß, "Sieg Heil!"-Rufe, u.a.). Aus Furcht vor deshalb drohenden Verboten werden die 50 Veranstaltungen meistens konspirativ vorbereitet. Weit über die Hälfte der Konzerte findet in den neuen Bundesländern statt. Als Organisatoren betätigen sich neben "Blood & Honour"-Sk s und "Hammerskins" auch Aktivisten der JN und der NPD sowie Einzelpersonen aus der Skinhead-Szene. Zu den größten Ereignissen gehörte das ursprünglich von den Schweizer "Hammerskins" für den 19.09.98 in der Nähe von Lausanne geplante "Ian Stuart Memoria//'-Konzert. Nachdem Schweizer Behörden das Spektakel verboten hatten, verlegten die Veranstalter es kurzerhand ins thüringische Pölzig, Begrüßungsmotiv eines deutschen wo rund 800 Skinheads den Veranstaltungssaal restlos überfüllten. Skinheads im Internet, der dort ausdrücklich auch die HooliganSzene willkommen heißt. Für die szeneinterne Kommunikation sind die zahlreichen Skinzines besonders wichtig. Den Verfassungsschutzbehörden sind rund 40 rechtsextremistische Skinhead-Publikationen bekannt, die sich nach Aufmachung, Inhalt (Konzertberichte, Interviews, CD-Vorstellungen, Nachrichten, politische Themen, u.a.), Erscheinungsweise, Auflage - und nicht zuletzt auch im Niveau - stark unterscheiden. Skinhead-Szene Hamburg: Nach übereinstimmenden Erkenntnissen der Polizei und des Hamburger Verfassungsschutzes sind gegenwärtig ungefähr 250 Jugendliche und junge Erwachsene in Hamburg und im Hamburger Umland der Skinhead-Szene zuzurechnen. Die gewaltbereite rechtsextremistische Szene in Hamburg und Umgebung, die sich mit der SkinheadSzene stark überschneidet, umfaßt etwa 150 Personen. D.h., sie besteht ganz überwiegend aus rechtsextremistischen Skinheads, die sich in lose strukturierten, stadtteilbezogenen Gruppen oder Skinhead-Kameradschaften zusammenfinden oder als Einzeltäter auffällig geworden sind. Hinzu kommen andere Jugendliche und junge Erwachsene, die ebenfalls als zentrale rechtsextremistische Merkmale fremdenfeindliche und gewaltbereite Einstellungen aufweisen und in der Regel über persönliche Bekanntschaften, die Musik oder andere Anknüpfungen Berührung mit der Skinhead51 Szene haben. Die wenigsten der unter dem Begriff 'Gewaltbereite Rechtsextremisten' zusammengefaßten Personen gehören einer neonazistischen Kameradschaft oder einer anderen rechtsextremistischen Organisation an. Nicht selten lehnen sie die Einbindung dort sogar ab. Gleichwohl ist im letzten Jahr die Bereitschaft erkennbar gewachsen, sich an öffentlichen politischen Aktivitäten vor allem der sogenannten "Freien Nationalisten" und der NPD/JN zu beteiligen. Die meisten 1998 in Hamburg von Skinheads verübten Gewalttaten weisen - unabhängig davon, ob die Täter als rechtsextremistisch eingeschätzt werden oder nicht - keine fremdenfeindliche oder sonstige rechtsextremistische Zielrichtung auf. Während 1997 die Zahl der als nicht politisch motiviert eingestuften Gewalttaten durch Skinheads in Hamburg auf den niedrigsten Stand seit 1987 gesunken war, stieg sie 1 9 9 8 wieder drastisch an. Mehr als zur Hälfte handelte es sich um Körperverletzungen, häufig im Zusammenhang mit dem Besuch von Fußballspielen. Im Gegensatz dazu sank die Zahl der fremdenfeindlich oder auf andere Weise rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten, von denen einzelne allerdings mit äußerster Brutalität ausgeführt wurden (O 2). A m auffälligsten war bislang die Skinhead-Szene in Bramfeld/Farmsen-Berne/Rahlstedt. Sie wird von Personen dominiert, die über Jahre hinweg eng in die 'politische Arbeit' der 1995 verbotenen neonazistischen "Nationalen Liste" (NL) eingebunden waren bzw. dem verbliebenen Personenkreis um Thomas WULFF angehörten. Die Zusammenarbeit wurde im letzten Jahr in dieser intensiven Form nicht fortgesetzt. Sie beschränkte sich im wesentlichen auf die Beteiligung an öffentlichen Aktionen. Eine vergleichbar enge Anbindung anderer Skinhead-Gruppen an bzw. Integration in die NeonaziSzene gibt es in Hamburg sonst nicht. Aus der Bramfelder Skinhead-Szene stammende "Freie Nationalisten" geben auch das bundesweit bekannte und geschätzte Skinzine "Hamburger Sturm" heraus, das im letzten Jahr aber nur mit zwei Ausgaben erschien ( 1 9 9 7 : 4). Im Vergleich zu anderen Skinhead-Publikationen verwendet der "Hamburger Sturm" einen relativ hohen Seitenanteil für politische Themen. Das neonazistische SkinheadMagazin "Blood & Honour" (Nr. 6) empfahl seinen Lesern das Hamburger Skinzine wegen seiner Qualität und politischen Ausrichtung als "absoluten Pflichtkauf". Durch den Wegzug führender Aktivisten aus diesem Bereich hat die Hamburger Skinhead-Szene im letzten Jahr an Bedeutung verloren. Darüber hinaus sind Skinheads u. a. in folgenden Stadtteilen aktiv: Eidelstedt, Schneisen, Steilshoop, Barmbek, ferner Lohbrügge im Osten Hamburgs und Marmstorf im Süden. Sie pflegen Kontakte und zum Teil enge 52 persönliche Beziehungen zu Skinheads in den Hamburger Umlandgemeinden sowie nach Mecklenburg-Vorpommern. In der Öffentlichkeit treten Skinheads in Hamburg nur selten in Erscheinung. Wichtiger Anziehungspunkt sind nach Deutscher schütze deine Kinder wie vor die Heimspiele des HSV, die regelmäßig 30 bis 60 Skinheads anlA ziehen, bei besonderen Anlässen gelegentlich auch über 100. In den letzten 2 bis 3 Jahren wurde bei den Fußballspielen ein wachsender Zulauf aus der Skin-Szene beobachtet. Regelmäßig kommt es dabei zu rassistischen und diffamierenden SprechpaKampf üen Drogen! rolen oder Gesängen. Ebenso häufen sich Propagandadelikte nach SS 86a [Stimmt uct nationalen Jugend] StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen). Hin und wieder verteilen politisch aktive Skinheads rechtsextremistisches Propagandamaterial. Ein weiterer überregionaler von Hamburger Skinheads aufgesuchter Treffpunkt ist das Lokal "Club 88" in Neumünster (SH). Während sich im letzten Jahr die Aufwärtsentwicklung der rechtsextremistischen Musikszene insgesamt weiter fortsetzte, war Hamburg von dieser Entwicklung ausgenommen. Auch 1998 fanden hier keine Konzerte mit Skinhead-Bands statt. Gegenwärtig werden nur Tonträger zweier Hamburger - nicht mehr aktiver - Skinhead-Bands vertrieben. Seit August 1998 existiert in Hamburg offiziell der Skinhead-Musikvertrieb "V 7 Versand". Am 03.11.98 durchsuchte die Hamburger Polizei die Wohnung eines der beiden Betreiber (Verdacht der Verbreitung illegaler Tonträger) und beschlagnahmte ca. 700 rechtsextremistische CDs. 3.2 Anhaltspunkte für rechtsterroristische Bestrebungen Nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden ist Terrorismus der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129a Abs. 1 des StGB genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung 53 solcher Straftaten dienen. In Deutschland gibt es gegenwärtig keine rechtsextremistischen Gruppen oder Organisationen, die in diesem Sinne aktiv sind. Dem gewaltbereiten rechtsextremistischen Personenpotential fehlen konspirative Strukturen, Logistik, finanzielle Mittel, qualifizierte Führungspersonen und ein Unterstützerumfeld. Außerdem ist gegenwärtig keine auf Dauer angelegte Absicht erkennbar, planmäßig Gewalttaten zur Durchsetzung politischer Ziele zu begehen. Die große Mehrheit der Rechtsextremisten distanziert sich von terroristischer Gewalt als Mittel der Politik, wenn auch teilweise nur aus taktischen Gründen. Unter Rechtsextremisten kursieren allerdings weiterhin vereinzelt konkrete Anleitungen für gewalttätige Aktionen sowie Schriften zu gewalttätigen Strategien, die aber bislang nicht in die Praxis umgesetzt wurden. Sie geben ebenso Veranlassung zu intensiver Beobachtung wie neuerliche Waffenund Sprengstoffunde. Schließlich kommt hinzu, daß Anleitungen zur Produktion von Sprengstoffen und zum Bombenbau verbreitet werden. Erkenntnisse über konkrete Planungen zum Einsatz der Waffen oder Sprengstoffe im politischen Kampf liegen zwar auch hier nicht vor. Die Ausrüstung mit solchen Arsenalen verfolgt jedoch ein klares Ziel: Vorbereitungen zum Losschlagen am "Tag X". Militante Rechtsextremisten setzen auf eine dramatische Verschlechterung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Dann wäre aus ihrer Sicht die Zeit reif, in einem günstig erscheinenden Augenblick ("Tag X") einen gewaltsamen Umsturz zu versuchen, um schließlich eine neue Diktatur nach nationalsozialistischem Vorbild zu errichten. Obwohl unter den einleitend geschilderten Voraussetzungen die Gefahr langfristig geplanter rechtsterroristischer Aktionen zumindest aktuell als eher gering einzuschätzen ist, ist sie unberechenbarer als im Linksterrorismus. Die staatlicherseits andauernde konsequente Bekämpfung des militanten Rechtsextremismus sowie die zunehmende Gewaltbereitschaft militanter linksextremistischer Antifaschisten (5 Hl/2., 3., 4.3.2) sind Einflußfaktoren, die bei Einzeltätern oder kleineren Gruppen die Überzeugung heranreifen lassen könnten, den politischen Kampf künftig auch bewaffnet aus dem Untergrund heraus führen zu müssen. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß es weiterhin - wie etwa im Fall des Mordschützen Kay DIESNER - zu einzelnen, spontan begangenen schweren Gewalttaten kommen könnte. DIESNER hatte am 19.02.97 einen Anschlag auf einen Buchhändler aus dem Umfeld der PDS verübt und diesen dabei schwer verletzt. Wenige Tage später, am 23.02.97, erschoß er bei einer Personenüberprüfung einen 54 Polizisten und verletzte einen weiteren schwer. Er begründete seine Tat u.a. damit, daß er sich im Kriegszustand mit dem Staat befinde. Das Landgericht Lübeck verurteilte DIESNER am 01.12.1997 wegen Mordes und zweifachen Mordversuches zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Es stellte darüber hinaus die besondere Schwere der Schuld fest. DIESNER habe aus Haß und Rachegedanken gegen Repräsentanten des ihm verhaßten Staates willkürlich Menschen getötet bzw. dieses versucht. Der Bundesgerichtshof bestätigte am 24.06.98 DIESNERS lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes bzw. wegen versuchten Mordes gegen die beiden Polizisten. Hinsichtlich des Anschlags auf den Buchhändler hob das oberste Gericht das Urteil allerdings auf, da das Landgericht nicht ausreichend geprüft habe, ob es sich bei der Tat um einen Mordversuch oder lediglich um eine schwere Körperverletzung gehandelt habe. Mit der vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof am 12.11.97 erhobenen Anklage gegen die früher in Hamburg wohnhaften Neonazis Henry FIEBIG und Christian SCHOLZ wurde im letzten Jahr gerichtlich überprüft, ob sich hier politische Straftäter auf dem Wege zu einem rechtsextremistischen Terrorismus befanden. Ab Anfang der 90er Jahre hatten FIEBIG und SCHOLZ an ausgesuchte Interessierte aus rechtsextremistischen Kreisen ein gemeinsam erarbeitetes Konzept {"Eine Bewegung in Waffen") mit dem Ziel verschickt, "Aktivisten" für sogenannte "Werwolf-Gruppen" zu rekrutieren. Auszüge aus diesen Schriften wurden auch im "NS-Kampfruf" der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) veröffentlicht. Ferner hatten sie sich entsprechend ihrer darin enthaltenen theoretischen Konzeption für den bewaffneten Kampf mit Waffen, Munition und Sprengmitteln ausgestattet. Auf dem Weg zu einer gewaltsamen "Nationalsozialistischen Revolution" sollte die Einrichtung funktionsfähiger "Werwolf-Gruppen" einen ersten Schritt darstellen ( 3 ausführlicher: Verfassungsschutzbericht Hamburg 1997, S. 46-48). Das Hanseatische Oberlandesgericht sah im Gegensatz zum Generalbundesanwalt in seinem Beschluß vom 14.07.98 zu FIEBIG/SCHOLZ den Tatvorwurf der Gründung einer rechtsterroristischen Vereinigung aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen als nicht begründet an. Zum einen sei die mittels eines Druckwerks begangene Tat bereits verjährt. Zum anderen seien die den Angeklagten zur Last gelegten Handlungen für sich genommen noch nicht geeignet gewesen, unmittelbar zur Gründung einer terroristischen Vereinigung zu führen. Sie seien allenfalls Vorbereitungshandlungen gewesen. Darüber hinaus erscheine es zweifelhaft, ob der erforderliche Vorsatz zur Gründung einer entsprechenden Vereinigung bei den An55 geschuldigten überhaupt hinreichend konkretisiert war; es fehlten hinreichende Gründe für die Annahme, daß sie die Versuchsschwelle bereits überschritten hätten. Hinsichtlich der FIEBIG zur Last gelegten Verstöße gegen das Waffengesetz wurde dem Antrag zur Eröffnung des Hauptverfahrens stattgegeben. Das Amtsgericht Hamburg verurteilte ihn am 29.10.98 wegen Herstellung und Besitzes von sog. "Molotow-Cocktails" zu einer Geldstrafe von 1.350,DM. 4. Neonazismus 4.1 Aktuelle Entwicklung Die neonazistische Szene in der Bundesrepublik hat ihren im Jahr 1997 eingeleiteten Konsolidierungskurs fortgesetzt, allerdings mit regional unterschiedlichem Erfolg. Den Führungskräften ist es zum Teil gelungen, sich auf die durch Organisationsverbote Anfang der 90er Jahre erschwerten Rahmenbedingungen einzustellen und mit neuen Konzepten wieder handlungsfähiger zu werden. Am weitesten ist diese Entwicklung im norddeutschen Raum vorangekommen. Ein erheblicher Teil der Neonaziszene verfolgt zur Organisierung eigener politischer Aktivitäten eine Doppelstrategie: Einerseits nutzt sie die statusrechtlich (Parteienprivileg) begünstigten Strukturen vorhandener Parteiorganisationen - insbesondere der NPD und ihrer um die Absichten, das Verhalten und die EntwickJugendorganisation lung der neonazistischen Szene richtig beurteilen JN - für ihre Zwekzu können, sind folgende wesenstypischen Merkke. Andererseits promale zu beachten: pagiert sie das Kon- * Neonazis sind aktionistisch ausgerichtet. Sie wolzept, auf eigene felen ihren Protest gegen das "System" "auf die ste - von staatlichen Straße"tragen, um Öffentlichkeit herzustellen, Eingriffen bedrohte - * sie stehen in einer Fundamentalopposition zur Organisationsstrukherrschenden Gesellschaftsordnung, denn turen zu verzichten * sie halten das "System" in der Bundesrepublik und statt dessen eifür nicht reformierbar, sondern sind überzeugt: ne Vielzahl örtlicher "Das System ist der Fehler!" und regionaler "Ka56 meradschaften" zu bilden. Die Bemühungen, diese "Kameradschaften" über vielseitige Kommunikationsstränge oder überregionale Aktionsbündnisse zu vernetzen, sind in Norddeutschland fortgeschritten. Tendenzen, den hier erreichten und in der neonazistischen Szene anerkannten Standard auf andere Bereiche der Bundesrepublik auszudehnen, sind erkennbar. Der neonazistischen Szene ist es im vergangenen Jahr gelungen, weitaus mehr Demonstrationen/öffentliche Aktionen als in den vorangegangenen Jahren durchzuführen und ihre Mobilisierungsfähigkeit zu steigern. Dies betrifft sowohl das erhöhte Potential bei öffentlichen Auftritten als auch die Reaktionszeit nach aktuellen Ereignissen. 12 Organisationsverbote in den Jahren 1992 - 1996 hatten dazu geführt, daß sich nicht nur etliche Mitläufer von der neonazistischen Szene abgewandt haben, sondern auch einige Führungspersonen ihren Rückzug vom "politischen Kampf" erklärten. In der Folge ist es den Neonazis gelungen, sich neue, lockere - von staatlicher Repression unangreifbare - Strukturen zu schaffen. Daß diese bisher über regionale Größenordnungen nicht hinaus kamen und weiterhin von einer bundesweiten Kräftebündelung weit entfernt sind, hat nach wie vor mehrere Ursachen: * weiterhin vorhandene Rivalität und Zerstrittenheit unter den Gruppen, insbesondere jedoch unter den Führungspersonen, * fehlende konstante Bindungen zwischen westund ostdeutschen Neonazis, * Mangel an befähigten, strategisch und konzeptionell denkenden Führungspersonen, die längerfristige Strategien in die Praxis umsetzen können. Insbesondere fehlt der Führungsnachwuchs. Nach den Verboten scheiterte das Hauptanliegen der Neonazis - Protest gegen das "verhaßte BRD-System" auf die Straße zu tragen - über längere Zeit daran, daß die Sicherheitsbehörden fast alle Versuche schon im Ansatz unterbinden konnten: Demonstrationen wurden verboten, spontane "Ersatzveranstaltungen" binnen kürzester Zeit von der Polizei aufgelöst und dadurch großer Frust in der Szene bewirkt. Gerade für die vielen jungen Anhänger sind martialische Aufmärsche wichtige Identifikationsanlässe, die das Kameradschaftsbedürfnis befriedigen. Altbekannte NeonaziFührer, wie Michael SWIERCZEK, Christian MALCOCI, Thomas WULFF (Hamburg), Thorsten HEISE sowie Christian WORCH (Hamburg), von deren konzeptionellen Weichenstellungen die Handlungsfähigkeit der Szene maßgeblich abhing, mußten für ihre Anhängerschaft neue Aktionsformen und Betätigungsfelder finden. 57 Bundesweit entstand eine Fülle örtlich oder überörtlich unterschiedlich bedeutender neonazistischer Kameradschaften. Deren Dauerhaftigkeit sowie Art und Umfang ihrer Aktivitäten hängen weitgehend von den Stärken oder Schwächen ihrer Führungspersonen ab. Diese müssen sich einerseits innerhalb ihrer örtlichen Kameradschaft durchsetzen und behaupten können, andererseits aber im Sinne des Vernetzungskonzeptes taktische Führungsqualitäten beweisen, indem sie sich selbst und ihre Anhänger bei größeren Aktionen dem überregionalen Führer unterstellen. Überregionale Führungsrollen haben im vergangenen Jahr insbesondere die Hamburger Neonazis Thomas WULFF und Christian WORCH übernommen. Die Notwendigkeit, bei größeren Aktionen zusammenzuarbeiten und sich den parteigebundenen Organisatoren zu unterstellen, führt häufig zu Streitigkeiten unter den Beteiligten und behindert eine kontinuierliche Zusammenarbeit. Neue identitätsstiftende Begriffe und Symbole werden zunehmend in Propagandamaterialien und bei Aktionen verwendet. So prägte der Hamburger Neonazi Thomas WULFF den Begriff "Freie Nationalisten" m\X dem Symbol der schwarzen Fahne, um sich auch äußerlich bei gemeinsamen Aktionen von anderen rechtsextremistischen Organisationen abzuheben. Diese Fahnen dominierten u.a. bei nahezu allen öffentlichen NPD-Aktionen das Bild. Neonazis in Süddeutschland verwenden ebenso wie die NPD den noch weitergehenden Begriff "Nationaler Widerstand" als Ausdruck gemeinsamen Protestes der rechtsextremistischen Fundamentalopposition. Beispielhaft für die neonazistische Szene ist das von Thomas WULFF mit den "Freien Nationalisten Norddeutschland" initiierte länderübergreifende neonazistische norddeutsche Aktionsbündnis. Dies wird insbesondere von Neonazis aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen unterstützt. Bemühungen, Kameradschaften aus Mecklenburg-Vorpommern einzubinden, sind erkennbar. Dieses Aktionsbündnis, dessen Kern der Personenkreis um Thomas WULFF bildet, mobilisierte im vergangenen Jahr erfolgreich zu einer Fülle öffentlicher Aktionen. Die Bandbreite reichte von rein neonazistischen Auftritten auf örtlicher und regionaler Ebene bis hin zu bundesweiten Großdemonstrationen unter dem Dach der NPD. Bündnisse, wie das in Norddeutschland, haben zu einem gesteigerten Aktionismus geführt, der die neonazistische Szene gestärkt hat. Die Gemeinschaftsund Lagermentalität hat sich, auch im Umgang mit der oftmals als organisatorischer Rahmen genutzten NPD, weiter vertieft und gefestigt. Ganz bewußt trägt die Szene dieses durch die Bildung "schwarzer Blöcke" bei Demonstrationen auch offen zur Schau. Auch wenn ein Teil des mit58 marschierenden Umfeldes (u.a. Skinheadszene) zu keiner kontinuierlichen politischen Arbeit mit regelmäßigen Gruppentreffen bereit ist, läßt es sich doch anlaßbezogen immer wieder einbinden und steigert so die Mobilisierungsergebnisse. Eine zunehmende Zusammenarbeit Uer "Freien Nationalisten" in Norddeutschland mit entsprechenden im Aufbau befindlichen Aktionsbündnissen in anderen Bundesländern konnte beobachtet werden. Sie hat zu Verabredungen gemeinsamer Großveranstaltungen geführt. Bei einigen Anlässen, wie den Demonstrationen gegen die Ausstellung über Verbrechen der Wehrmacht in Bonn (24.10.98) und Kiel (30.01.99), konnten Neonazis und ihr Umfeld bis zu 1.000 Teilnehmer mobilisieren. Während soziale und andere Themen der aktuellen politischen Auseinandersetzung zunehmend im Mittelpunkt öffentlicher neonazistischer Aktionen stehen, imie RuriolpK Mm Volume M Äpr. 20,1804 - Sut I7" 1997 haben 'klassische' Anlässe wie der allPBiso.MsRcri'PSÄu: jährliche Rudolf-HEß-Gedenkmarsch an Bedeutung verloren. Bundesweit haben die in den vergangenen Jahren führenden Protagonisten und Organisatoren von "Rudolf-HEß-Aktionen" erkannt, daß Veranstaltungen dieser Art in der Bundesrepublik nicht mehr - zumindest nicht in der angestrebten Dimension - durchführbar sind. Sie haben deshalb im Berichtsjahr erstmals auf eine Mobilisierung zu diesem Thema weitgehend verzichtet. Das diesjährige "Aktionskomitee", hauptsächlich zweitrangige Führungspersonen aus dem Rheinland, Rudolf HEß-Kult im Internet fand keine Unterstützung. In Deutschland kam es daher nur zu kleineren Aktionen. Einige deutsche Neonazis nahmen an einer HEß-Veranstaltung Uer "Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung"(DNSB) in Dänemark teil. Anstatt der alljährlichen "HEß-Aktionen" hatten führende Neonazis ursprünglich geplant, eine bundesweite Demonstration anläßlich des 100. Todestages des "Reichsgründers" Otto von BISMARCK in Heidelberg durchzuführen. Dies gelang ihnen nicht. Ersatzweise fand am 08.08.98 in Aumühle bei Hamburg eine von der Hamburger Beauftragten der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) als Wahlkampfveranstaltung der NPD anläßlich der Bundestagswahl angemeldete Gedenkkundgebung unter dem Motto "Bismarck - ein sozialer Nationalist" statt. An der Veranstaltung nahmen 59 ca. 130 Personen - überwiegend aus dem Kreis der "Freien Nationalisten" - teil. Michael SWIERCZEK, der maßgeblich in die Planung der gescheiterten bundesweiten Heidelberger Veranstaltung eingebunden war, trat als einziger Redner auf. In einer Presseerklärung der "Freien Nationalisten" hieß es, der "Reichsgründer" sei "alles andere als ein Demokrat" gewesen: "Bismarck war einer von uns! Und würde er in der heutigen Zeit leben - er würde in unseren Reihen marschieren. " Der Einfluß der neonazistischen Szene auf die rechtsextremistische Parteienlandschaft, insbesondere auf die NPD, hat im vergangenen Jahr weiter zugenommen. Die NPD selbst hat diese Entwicklung herausgefordert, indem sie ganz offen in ihren "strategischen Konzepten" die Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit allen Kräften signalisierte, "die als politische Soldaten zu denken und zu handeln " bereit sind. Inzwischen ist daraus eine zunehmende "Schlacht um die Straße", angeführt von der angebligegenseitige Abchen "Speerspitze des Nationalen Widerstandes" hängigkeit entstan(NPD-Demonstration 1 9 . 0 9 . 9 8 Rostock) den. Die NPD stellt sich gern als "Speerspitze des Nationalen Wide/Standes" dar, mußte jedoch erkennen, daß sie organisatorisch und vom eigenen Personenpotential her allein nicht ausreichend gerüstet ist, um die von ihr propagierte "Schlacht um die Straße" erfolgreich zu führen. Daher sucht sie 'Hilfstruppen', die der "Speerspitze" Durchschlagskraft verleihen sollen. Ohne sie bliebe der von der Realität weit entfernte hohe Anspruch rein plakativ. Die Neonaziszene nutzte die aus diesem Kalkül der NPD-Führung resultierenden Möglichkeiten, um unter dem Deckmantel der NPD verstärkt öffentlich zu agieren, geriet dadurch jedoch in eine gewisse Abhängigkeit der Partei. Hervorzuheben ist, daß es den "Freien Nationalisten" gelungen 60 ist, mehrere "Parteiveranstaltungen" eindeutig zu dominieren. Daß es ihnen zuallererst darum geht, sich selbst auf der Straße zu präsentieren und nicht darum, die Ziele der NPD zu unterstützen, machten sie am 06.06.98 in Kassel deutlich. Die "Republikanische Jugend Hessen", Jugendorganisation der Partei "Die Republikaner" (REP), hatte eine Demonstration gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht" angemeldet, an der sich "Freie Nationalisten" beteiligten. Auf Pressefotos war der stellvertretende REP-Bundesvorsitzende, Christian KÄS, neben dem Hamburger "Freien Nationalisten" Thomas WULFF zu sehen. In einer Meldung im Internet hieß es anschließend, KÄS habe ausdrücklich den parteiübergreifenden Zusammenhalt gelobt, WULFF habe als Vertreter der parteilosen Nationalisten eine kurze Rede gehalten. Als weitere Teilnehmer wurden der ehemalige Landesvorsitzende der verbotenen FAP in Niedersachsen, Thorsten HEISE und der ehemalige FAP-Bundesvorsitzende Friedhelm BUSSE genannt. Für die 06.06.98 Kassel: WULFF (li.) "Freien Nationalisten"hatte diese Demonund KÄS (re.) stration besondere Bedeutung: Sie galt als Faustpfand im Umgang mit der NPD und deutliches Signal, daß sich die "freien Kräfte" für ihre Agitation auch andere Optionen offenhalten. Demonstrationen von oder mit Neonazis haben u.a. zugenommen, weil behördliche Versammlungsverbote häufiger als früher von Gerichten aufgehoben wurden. So erreichten die Veranstalter den Wegfall von Verbotsgründen u. a. mit Hinweisen auf das disziplinierte Auftreten der Teilnehmer bei vergleichbaren anderen Anlässen, aber auch unter Berufung auf das Parteienprivileg bei Wahlveranstaltungen der NPD. Juristische Auseinandersetzungen mit dem Staat spielten im Berichtszeitraum eine große Rolle. Dieses wird besonders an folgendem Beispiel deutlich: Die NPD hatte unter dem Motto "Erst der Euro - dann die Pleite"erne Wahlkampfveranstaltung für den 18.07.98 in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt) angemeldet, die verboten wurde. Ein Eilantrag auf "Wiederherstellung der 61 aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs" hatte Erst der auch beim Oberverwaltungsgericht Magdeburg keinen Erfolg. Über 100 der anreisenden Demonstranten verEuro, Harm sammelten sich "spontan" in Magdeburg. Die Polizei löste die Demonstration nach kurzer Zeit auf. die Pleite Die NPD meldete umgehend unter gleichem Anti-EuroMotto für den 25.07.98 und wiederum in Tangerhütte erneut eine Demonstration an. Auch diese wurde zunächst von den zuständigen Behörden verboten. In einem Eilverfahren entschied das Bundesverfassungsgericht schließlich am Tage der Veranstaltung zugunsten der NPD. Obwohl es für eine größere Mobilisierung zu spät war und nur weniger als 100 Personen KggT^S^B demonstrierten, empfand die Szene das Ergebnis als Erfolg: Im entschlossenen Widerstand gegen "Repressionen des verhaßten BRD-Systems"hatten letztlich sie sich durchgesetzt. Die Neonaziszene setzte ihre "Anti-Antifa"-Akt äten fort, getragen von Einzelaktivisten, kleinen spezialisierten regionalen Gruppen oder autonomen Kameradschaften. Unverändert ist keine bundesweite oder überregionale Koordination der "Anti-Antifa"-Recherchen und -Einschüchterungsakte zu erkennen. Die "Feindaufklärung" hat zwei Zielrichtungen: 1. Politische Gegner insbesondere der linksextremistischen Szene namhaft zu machen und auszukundschaften, 2. Erfassung sogenannter "Volksfeinde", zu denen ein breites Spektrum demokratischer Politiker, Polizisten, Juristen, Angehörige von Nachrichtendiensten, aber auch mißliebige Journalisten gehören können. Zwar erschienen keine originären "Anti-Antifa "-Schriften, wie der 1993 herausgegebene " Einblick ". Dagegen wurden häufiger Namen von "Feinden" in den "Nationalen Infotelefonen" (NIT, O 8.) bekanntgemacht. So prangerte der Ham62 burger NIT-Betreiber Andre GOERTZ Anmelder und Fotografen von AntifaAktionen gegen rechtsextremistische Veranstaltungen namentlich an, ferner einen Polizeibeamten, der bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt hatte. Rechtsextremisten versuchen, durch Gegenaufklärung bei Demonstrationen politischer Gegner oder aus polizeilichen oder gerichtlichen Ermittlungsakten an Namen und Adressen sowohl von Linksextremisten als auch von Vertretern der Staatsgewalt zu gelangen. Ein wichtiges Vernetzungselement für die neonazistische Szene sind gemeinsame Medienprojekte zum Aufbau einer informellen Logistik und Infrastruktur. Sie * ermöglichen den umfassenden und zeitnahen Informationsaustausch über Szene-Interna, politische Gegner, staatliche Repressionsmaßnahmen, * fördern politische, ideologische sowie strategische Debatten und * stärken dadurch die Zusammenarbeit und Verständigung. Vorreiterprojekt war der Zeitungsverband um die "Berlin-BrandenburgerZeitung" (BBZ). Er war bis zu deren Auflösung der Organisation "Die Nationalen e.V." in Berlin angeschlossen. Wegen der zeitweiligen Inhaftierung der Hauptverantwortlichen Frank SCHWERDT (zugleich stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD) und Christian WENDT, hat das Projekt 1998 an Bedeutung verloren. Zu einem der erfolgreichsten neonazihe&w stischen Zeitungsprojekte hat sich dagegen das im Januar 1998 erstmals erschienene "Zentralorgan" (ZORG) entwickelt, das weitgehend von Personen aus dem Umfeld des Hamburgers Thomas WULFF hergestellt und verbreitet wird. Auch die Qualität der Publikation "Nachrichten der HNG" - Mitteilungsblatt der einzigen noch bedeutenden überregionalen Neonaziorganisation "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) - hat durch WENDTs Strafverbüßung vorübergehend erheblich gelitten. WENDT mußte sein Schriftführeramt bis zur Entlassung im Dezember 1998 aufgeben. Mit einer Veröffentlichung im November 1998 dürfte die HNG Anhänger verprellt haben. In einem Artikel "Unvergessen" zum "Heldengedenktag" m\X einer Liste verstorbener Kameraden fehlte ausgerechnet der Name Michael KÜHNENS - was vielen ehemaligen KÜHNENGefolgsleuten als persönlicher Affront vorgekommen sein muß. 63 Obwohl sich der w e i t überwiegende Teil der Neonaziszene zur Zeit gegen Gewaltanwendung ausspricht, werden inhaftierte neonazistische Gewalttäter nicht ausgegrenzt, sondern als "politische Gefangene" angesehen. In den "Nachrichten der HNG" (August 1998) erschien unter der Rubrik "Briefe an den Vorstand" ein Brief des wegen Mordes an einem Polizeibeamten verurteilten Kay DIESNER, in dem er sich bezüglich seiner Schüsse auf einen "PDS-Buchhändler" in Berlin wie folgt ausläßt: "Um noch einmal auf die Schandurteile zurückzukommen: der BGH hat nicht die zwei Schandurteile 'Mord an einem Polizisten' und 'versuchter Mord an einem Polizisten ' aufgehoben, sondern den 'versuchten Mord an einem Verhetzer', weil BRD-Polizisten eine Klasse höher in der Klassengesellschaft der BRD stehen und selbst Systemhetzer nicht so viel wert sind wie Politiker, Beamte und Polizisten." (Hervorheb. n. i. 0.) Auf der Demonstration der NPD am 0 5 . 1 2 . 9 8 in Berlin unter dem M o t t o "Freiheit für Frank Schwerdt - Schluß mit den politischen Prozessen" wurde auf einem Transparent "Freiheit für Kay Diesner" gefordert. Auch ein im September 1998 bekannt gewordenes - aus Holland stammendes - Flugblatt einer angeblichen Solidaritätsgruppe "POW" (gemeint sein dürfte: 'Prisoners of War' = Kriegsgefangene) bezog zu Kay DIESNER Stellung: "Einer von uns wählte einen Weg, den nur sehr wenige und nur selten zu gehen bereit sind. Mögen seine Aktionen auch nicht sehr ausgefeilt und erfolgreich gewesen sein und mögen sie uns kurzzeitig und ihm auf sehr lange Dauer hin geschadet haben, so ist doch die Motivation und der Wille anzuerkennen. " Die Bedeutung der "Nationalsozia/istischen Deutschen Arbeiterpartei Auslands-ZAufbauorganisation" (NSDAP/AO) und ihres aus den USA versandten "NS-Kampfruf" hat weiter abgenommen. Zwar sind zwischen März 1 9 9 8 und Januar 1 9 9 9 drei Ausgaben erschienen, jedoch inhaltlich und grammatikalisch so niveaulos, daß sie nicht einmal fließend zu lesen sind. Die unterschiedlichen Aufmachungen lassen vermuten, daß es z. Zt. keinen dauerhaft zusammengesetzten Redaktionsstamm gibt. Der in Hamburg inhaftierte "Organisationsleiter" Gary Rex LAUCK wurde im März 1999 aus der Haft entlassen und in die USA abgeschoben. Es ist davon auszugehen, daß er seine frühere umfangreiche Agitation fortsetzen w i r d . Die neonazistische Szene hat erneut davon profitiert, daß sie von Linksextremisten erprobte Taktiken kopiert. So meldet sie Gegendemonstrationen zu Veranstaltungen des politischen Gegners an, 64 | * um Verbote zu provozieren bzw. * um die ausschließliche Genehmigung linksextremistischer Demonstrationen als Beweis für eine einseitige Unterdrückung "nationaler" Bürger herauszustellen. Die besonders in der linksextremistischen autonomen Szene seit Jahrzehnten üblichen "Ermittlungsausschüsse" (EA) gehören mittlerweile auch zur Praxis rechtsextremistischer Demonstranten. Auch der Mißbrauch fremder Initiativen für eigene Zwecke gewinnt an Bedeutung. Als besonderen Clou feierten es die "Freien Nationalisten", daß es ihnen am 13.06.98 in Lüneburg gelungen war, eine Demonstration unter dem Motto "Arbeitsplätze statt Almosen" über die "Initiative Arbeitsuchende Lüneburg" anzumelden. Im Internet wurde dies mit Häme für den politischen Gegner kommentiert: Zwar fungiere die "Initiative" unter der gleichen Postanschrift wie der "Bund Deutscher Kommunisten", jedoch passe das Motto der Demonstration in der heutigen Zeit weit besser in das politische Konzept des "nationalen Widerstandes" als zur "argumentationsschwachen Linken". 4.2 Neonazistische Erscheinungsformen / Bestrebungen in Hamburg Zahl der Neonazis: ca. 110 Die einzige größere neonazidavon: stische Gruppierung in HamPersonenkreis um Thomas WULFF: ca. 30 burg stellt der Personenkreis um Thomas WULFF dar. Darüber hinaus existieren nur noch kleinere Zusammenschlüsse, die nicht mehr als etwa zehn Anhänger besitzen. Überregional bzw. bundesweit agierende Neonazi-Organisationen, wie d\e"Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) oder die "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) verfügen in Hamburg lediglich über Einzelmitglieder und entfalten keine Außenwirkung. Der Personenkreis um Thomas WULFF ist aus dem neonazistischen Verein "Nationale Liste" (NL) hervorgegangen. Dieser war am 24.02.95 durch die Behörde für Inneres Hamburg wegen seiner aggressiv-kämpferischen Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gemäß SS 3 des Vereinsgesetzes verboten und aufgelöst worden. Nachdem die von der NL dagegen eingelegten Rechtsmittel erfolglos geblieben sind, ist das Verbot seit dem 15.07.98 rechtskräftig. Obwohl sie aufgrund des Vereinsverbotes ihre organisatorische Basis verloren hatten, setzten ehemalige NLAngehörige unter Leitung des früheren 1. Vorsitzenden Thomas WULFF in 65 der Folgezeit ihre politische Arbeit fort, indem sie sich zu einer "Kameradschaft" ohne formale Strukturen zusammenschlossen. Die zahlenmäßige Stärke dieser Kameradschaft reduzierte sich im abgelaufenen Jahr von ca. 40 auf 30 Anhänger. Grund für diesen Rückgang waren Streitigkeiten, die zu einer Abspaltung der Skinheads aus dem Raum Bramfeld / Farmsen / Rahlstedt und dadurch zu dem Verlust des bisherigen örtlichen Schwerpunktes führten. Die Zusammenarbeit mit den dortigen Skinheads erfolgte anschließend nur noch anlaßbezogen, z. B. im Rahmen von Demonstrationen. Ebenfalls rückläufig entwickelten sich die Kontakte zu den im Hamburger Randbereich in Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein) wohnhaften ehemaligen NL-Anhängern. Sie gingen über vereinzelte gemeinsame Aktionen nicht mehr hinaus. Aus Furcht vor weiteren staatlichen Exekutivmaßnahmen verzichteten die Angehörigen des Personenkreises um Thomas WULFF nach dem Verbot der NL auf die Gründung eines neuen Vereines. Statt dessen versuchten sie - in Anlehnung an die "Autonomen" des linksextremistischen Spektrums -, unter der Bezeichnung "Freie Nationalisten" nicht organisationsgebundene Strukturen aufzubauen. Dem Konzept der "Freien Nationalisten" liegt die Absicht zugrunde, für die durch die zahlreichen Vereinsverbote seit 1992 "heimatlos" gewordenen Neonazis ein Sammelbecken zu schaffen. Auf diese Weise soll das vorhandene Personenpotential gebündelt und dessen Schlagkraft erhöht werden. In der Publikation "Hamburger Sturm" (s. u.) Nr. 17 vom Januar/Februar 1998 wird hierzu ausgeführt: "Die Abgrenzungsbeschlüsse innerhalb der nationalen Szene müssen überwunden und das politische Handeln in den Vordergrund gerückt werden. Es gibt viele Freie Aktionsgruppen, die für sich gesehen unabhängig sind, aber aktionsbezogen mit anderen Gruppen durch ein informelles Netzwerk gemeinsam agieren. " Die "Freien Nationalisten" verwenden im norddeutschen Raum, wo sich ihnen neben dem federführenden Personenkreis um Thomas WULFF vor allem Neonazis aus Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein angeschlossen haben, die Zusatzbezeichnung "Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland". Dadurch wird insbesondere das Bekenntnis der beteiligten Gruppierungen zum Nationalsozialismus hervorgehoben und gleichzeitig der Charakter des Bündnisses als Netzwerk ohne feste Organisationsstrukturen betont. 66 Der Schwerpunkt in der politischen Arbeit der "Freien Nationalisten" liegt in der Durchführung öffentlicher Veranstaltungen. Mittlerweile sind sie in der Lage, zu Demonstrationen bis zu 150 Neonazis auf die Straße zu bringen. Die Mobilisierung erfolgt zentral über ein sog. "Aktionsbüro", dessen Aufgabe darin besteht, sämtliche an dem Bündnis beteiligten Kameradschaften hinsichtlich anstehender Termine zu informieren. Die "Freien Nationalisten" haben somit zumindest in Ansätzen eine Vernetzung des neonazistischen Potentials in Norddeutschland erreicht. Die Folge dieser Entwicklung war ein gesteigerter Aktionismus. Im Jahr 1998 nahmen sie an zahlreichen Demonstrationen teil, wobei der Protest gegen die Wanderausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 - 1944" (Wehrmachtsausstellung) einen Schwerpunkt bildete. Außerdem führten sie wiederholt Veranstaltungen zu aktuellen sozialen Themen durch, u. a. zu Arbeitslosigkeit, Drogenkonsum und Kindesmißbrauch. Von dem Vorgaukeln sozialpolitischer Kompetenz erhofften siesich - vergeblich - eine positive Resonanz in der Bevölkerung, nachdem sie mit ihrer "klassischen" neonazistischen Propaganda vollkommen in die Isolation geraten waren. Das Aufgreifen neuer Themen bedeutet keineswegs, daß die "Freien Nationalisten" ihre bisherige Agitation aufgegeben haben; vielmehr versuchen sie, für die von ihnen angeprangerten sozialen Probleme (Arbeitslosigkeit, Drogenhandel) pauschal Ausländer verantwortlich zu machen. Parallel zu dem Konzept der "Freien Nationalisten" strebte der Personenkreis um Thomas WULFF während des vergangenen Jahres unverändert eine Kooperation mit rechtsextremistischen Parteien an. Hintergrund hierfür war die Erkenntnis, daß der Verzicht auf formale Strukturen in der politischen Tätigkeit nicht nur Vorteile einbringt, sondern auch erhebliche Schwierigkeiten verursacht. Speziell längerfristige Planungen und überregionale Aktivitäten werden durch das Fehlen eines organisatorischen 'Korsetts' erschwert. Um dieses Defizit auszugleichen, versucht der Kreis um WULFF, die Strukturen rechtsextremistischer Parteien, insbesondere deren rechtliches Privileg (Art. 21 GG), für die eigene Tätigkeit zu nutzen. Konkret sucht er eine Zusammenarbeit mit der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), die sich in zunehmendem Maße gegenüber dem neonazistischen Spektrum öffnet und bislang bestehende Abgrenzungsbeschlüsse weitgehend aufgegeben hat. Den Bündnisbemühungen WULFFs und seiner Anhänger liegt vorrangig die Erwartung zugrunde, sich durch die NPD in bundesweite Demonstrationen einbinden zu können. Gerade die Teilnahme an Großveranstaltungen ist aus Sicht aktionistisch aus67 gerichteter Neonazis von Bedeutung, da sie auf diesem Weg die Möglichkeit erhalten, öffentlichkeitswirksam in Erscheinung zu treten. Über die Mitwirkung an einzelnen Aktionen der NPD hinaus verfolgen sie letztlich das Ziel, grundsätzlich Einfluß auf den politischen Kurs der Partei zu nehmen und sie so zu einer "radikaleren" Linie bewegen zu können. Gleichzeitig unterstellen WULFF und seine Anhänger aber, daß die NPD nur an einer Zusammenarbeit interessiert sei, weil sie in den Angehörigen des neonazistischen Spektrums ein verfügbares Mobilisierungspotential für die eigenen Veranstaltungen sehe. Daher schrecken sie vor einer zu engen Anbindung an die NPD zurück, um nicht Gefahr zu laufen, ihrerseits durch die Partei instrumentalisiert zu werden. Angesichts dieses Spannungsverhältnisses - der Absicht, einerseits Zugriff auf die NPD-Strukturen zu bekommen, und den Vorbehalten gegen die Partei andererseits - gestalten sich die Kontakte des Personenkreises um Thomas WULFF zur NPD nicht immer störungsfrei. Die Furcht, durch den jeweils anderen vereinnahmt zu werden, hat bisher beide Seiten davon abgehalten, eine dauerhafte Kooperation zu suchen. Trotz vereinzelter Unstimmigkeiten ist jedoch zu erwarten, daß WULFFs Anhang und die NPD auch künftig zumindest anlaßbezogen, d.h. zu öffentlichen Veranstaltungen oder in Wahlkämpfen, zusammenarbeiten. Innerhalb der Kameradschaft unterhält insbesondere Christian WORCH, der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der NL, Verbindungen zur NPD. WORCH ist im neonazistischen Spektrum als "Vordenker" allgemein anerkannt und hatte zu Zeiten der NL die Strategien für die politische Arbeit entwickelt. Nachdem er von Februar 1996 bis November 1997 eine Haftstrafe wegen Fortführung einer verbotenen Organisation ("Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationale Aktivisten") verbüßt und deshalb vorübergehend an Bedeutung und Ansehen in der Szene verloren hatte, wächst er mittlerweile wieder zunehmend in die Rolle als "strategischer Kopf" hinein. In dieser Eigenschaft verfolgt er derzeit das Ziel, die Kooperation zwischen Neonazis und der NPD zu vertiefen. Seine guten Beziehungen zur NPD zeigen sich beispielhaft daran, daß er während verschiedener Veranstaltungen der Partei als Redner aufgetreten ist und deren Landtagswahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt hat. Im Gegensatz zu der Situation auf Bundesebene arbeitet der Personenkreis um Thomas WULFF in Hamburg wegen interner Streitigkeiten nicht mit der NPD zusammen. Allerdings verfügt er über intensive Kontakte zu den im Aufbau befindlichen Hamburger "Jungen Nationaldemokraten" (JN), 68 der Jugendorganisation der NPD. Die JN-Landesbeauftragte und ein weiterer maßgebiicher Aktivist haben mehrfach gemeinsam mit Angehörigen des Personenkreises um Thomas WULFF an Demonstrationen teilgenommen und sich dabei der Führung WULFFS "auf der Straße" untergeordnet. Darüber hinaus hat vor allem die JN-Landesbeauftragte wiederholt als Anmelderin für Veranstaltungen des WULFF-Kreises bzw. der "Freien Nationalisten" fungiert. Die Strategie des Personenkreises um Thomas WULFF, die Aktivitäten der "Freien Nationalisten" auszubauen, dazu Tagesaktualitäten unverzüglich aufzunehmen und gleichzeitig die Anbindung an die NPD zu suchen, spiegelt sich in den zahlreichen öffentlichen Auftritten im Jahr 1998 wider: Etwa 70 Rechtsextremisten, darunter mehrere Aktivisten des WULFFKreises, versammelten sich am 05.04.98 in Cloppenburg (Niedersachsen) zu einem Protestmarsch gegen "Kinderschänder". Ein Zwischenfall ereignete sich, als Angehörige des linksextremistischen Spektrums die Demonstranten attackierten und diese einen Gegenangriff starteten. Die Publikation "Hamburger Sturm" (s. u.) berichtete hierzu, daß die "Antifaschisten durch die Innenstadt Cloppenburgs gejagt" worden seien. Leider habe man keinen von ihnen mehr direkt stellen können. An der bundesweiten Kundgebung der NPD zum 1. Mai in Leipzig beteiligten sich unter Führung WULFFs 100 - 150 "Freie Nationalisten" aus dem norddeutschen Raum. Im Vorfeld kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit der NPD, weil die "Freien Nationalisten" verlangten, auf der Veranstaltung neben Parteivertretern auch einen "freien" Redner zuzulassen. Nachdem die NPD diese Forderung abgelehnt hatte, sorgten Angehörige der "Freien Nationalisten" in Leipzig für eine Auseinandersetzung. Während der Ansprache eines Parteifunktionärs verließen sie die Kundgebung und provozierten dadurch ein Eingreifen der Polizei. Aufgrund der entstandenen Streitpunkte übten anschließend sowohl die "Freien Nationalisten" als auch die NPD heftige Kritik an der jeweils anderen Seite, stellten die Zusammenarbeit aber nicht grundsätzlich in Frage. Gemeinsam mit "Freien Nationalisten" aus ganz Norddeutschland banden sich Angehörige des Personenkreises um Thomas WULFF am 06.06.98 in Kassel in eine Demonstration der REP gegen die Wehrmachtsausstellung ein. Auf der Abschlußkundgebung hielt neben dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der REP auch WULFF eine Rede. In seinen Ausführungen begrüßte er vor den insgesamt rund 300 Teilnehmern die gruppenund 69 organisationsübergreifende Zusammenarbeit gegen die Wehrmachtsausstellung und forderte die Bildung einer rechten "Volksfront". Unter der verschleiernden Firmierung "Initiative Arbeitssuchender" gelang es einem niedersächsischen Neonazi, für den 13.06.98 in Lüneburg (Niedersachsen) eine Demonstration mit dem Tenor "Arbeitsplätze statt Sozialalmosen" anzumelden. Zu dieser Veranstaltung versammelten sich 60 - 70 "Freie Nationalisten", die durch die Stadt marschierten und Parolen wie "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche" skandierten; als Redner traten WORCH und WULFF auf. Die Ermordung eines Hamburger Lebensmittelhändlers durch zwei Jugendliche versuchten Angehörige des Personenkreises um Thomas WULFF für ihre politische Agitation zu nutzen, indem sie zusammen mit JN-Anhängern während der Trauerveranstaltung am 09.07.98 in Hamburg-Tonndorf ein Flugblatt verteilten. Darin wurde behauptet, daß das deutsche Volk seit 1945 immer stärker in eine Gesellschaft aus gefühlskalten Egoisten zerfalle. Ursache der zunehmenden Jugendgewalt sei die "realitätsfremde pseudo-humane Politik", welche "durch die Verwässerung unseres Volkskörpers die Abkehr von den einst heiligen Idealen unserer Jugend" bewirke. Anläßlich des 100. Todestages des ehemaligen Reichskanzlers Otto von BISMARCK bemühte sich das neonazistische Spektrum um die Durchführung einer bundesweiten Großveranstaltung. Nachdem der Versuch, im süddeutschen Raum eine Demonstration zu organisieren, fehlgeschlagen war, übernahm der Personenkreis um Thomas WULFF die Vorbereitung. Gewissermaßen in dessen "Auftrag" meldete die Hamburger JN-Landesbeauftragte für den 08.08.1998 in Aumühle (Schleswig-Holstein) eine Demonstration an, die sie als Wahlkampfveranstaltung der NPD deklarierte. Trotz umfangreicher Mobilisierung erschienen aber nur ca. 130 Teilnehmer, fast ausnahmslos "Freie Nationalisten" aus Norddeutschland. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren spielte der Todestag des HITLERStellvertreters Rudolf HEß 1998 in der politischen Arbeit des WULFF-Kreises lediglich eine untergeordnete Rolle. Offensichtlich noch unter dem Eindruck des Mißerfolges von 1997 stehend, als sämtliche überregionalen Veranstaltungen bereits im Ansatz durch die Sicherheitsbehörden verhindert worden waren, verzichteten die Hamburger Aktivisten auf eigene Planungen. Statt dessen reisten sie teilweise zu einer HEß-Demonstration der "Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung" (DNSB) am 15.08.98 bei Kopenhagen; darüber hinaus beschränkten sie sich im wesentlichen auf 70 Propagandatätigkeiten, z. B. Plakatierungen und die Unterstützung eines Internet-Projektes (s. u.). Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der NPD nahmen Angehörige des Personenkreises um Thomas WULFF an einer Wahlkampfdemonstration der Partei am 1 9 . 0 9 . 9 8 in Rostock teil. Ebenso wie weitere "Freie Nationalisten" aus Norddeutschland bekleideten sie vor Ort Funktionen, indem sie unter Führung WULFFs einen Ordnerdienst stellten. Außerdem wurde WORCH als Vertreter der parteiungebundenen Kräfte ein Rederecht eingeräumt. Vor den etwa 3 . 0 0 0 Demonstranten legte er dar, daß aus seiner Sicht die Urheber für die fremdenfeindlichen Ausschreitungen 1992 in Rostock-Lichtenhagen in Bonn zu suchen seien. Bei den Angriffen habe sich nur Uer "gerechte Volkszorn" entladen. Sowohl die NPD als auch die "Freien Nationalisten" lobten anschließend die in Rostock praktizierte Kooperation. Nach dieser positiven Erfahrung riefen NPD und "Freie Nationalisten" für den 2 4 . 1 0 . 9 8 in Bonn erneut zu einem gemeinsamen Auftreten gegen die Wehrmachtsausstellung auf. Obwohl von der NPD angemeldet, stammte die Mehrzahl der ca. 1.000 Teilnehmer aus dem neonazistischen Spektrum, darunter Anhänger WULFFs. Christian WORCH wirkte als Redner und Verantwortlicher für technische Aufgaben maßgeblich an dem Ablauf der Demonstration mit. Ohne Hilfestellung durch NPD-Strukturen organisierten "Freie Nationalisten"'in Hannover zwei Aufmärsche gegen die örtliche Waldorf-Schule (07.11.98) sowie erneut gegen die Wehrmachtsausstellung ( 2 8 . 1 1 . 9 8 ) . Beide Veranstaltungen, auf denen WORCH jeweils eine Ansprache hielt, besaßen einen rein regionalen Charakter und brachten 7 0 - 8 0 Neonazis auf die Straße. 71 Am 05.12.98 beteiligten sich Angehörige des Personenkreises um Thomas WULFF in Berlin an einer Solidaritätsdemonstration der JN für einen inhaftierten Parteifunktionär. Dabei verursachte WORCH einen Eklat, indem er sich für ein von "freien" Berliner Aktivisten gezeigtes Transparent einsetzte, auf dem die Freilassung des wegen Polizistenmordes verurteilten Neonazis Kay DIESNER gefordert wurde. Als NPD-Funktionäre die Einziehung des Transparentes verlangten, stellte sich WORCH auf die Seite der Berliner Aktivisten. Außerdem rief er die etwa 450 Demonstrationsteilnehmer zu einer Abstimmung über das Transparent auf, mit dem Ergebnis, daß dieses nicht entfernt wurde. Die NPD-Funktionäre lenkten daraufhin ein, so daß die Veranstaltung, u.a. mit einer Rede WORCHs, ohne weitere Differenzen zu Ende geführt werden konnte. Aus Anlaß amerikanischer und britischer Bombenangriffe auf den Irak organisierte der Personenkreis um Thomas WULFF am Abend des 18.12.98 in Hamburg einen Fackelmarsch. Nachdem die Hamburger JN-Landesbeauftragte hierfür die Anmeldung vorgenommen hatte, zogen rund 35 "Freie Nationalisten" vor das US-Konsulat, wo sie mit Parolen und Transparenten gegen den "amerikanischen Imperialismus" protestierten. Die Verläufe der gemeinsamen Demonstrationen geben beispielhaft Aufschluß, in welche Richtung sich das Verhältnis zwischen der NPD und dem Personenkreis um Thomas WULFF bzw. den "Freien Nationalisten" im vergangenen Jahr entwickelt hat. Lehnte es die NPD zu ihrer 1. Mai-Kundgebung in Leipzig noch ab, einen Neonazi als Redner auftreten zu lassen, so durfte am 19.09.98 in Rostock - wie auch auf folgenden Veranstaltungen - mit Christian WORCH bereits ein führender Vertreter !"|fe& des neonazistischen [, m* " Spektrums eine Ansprache halten. Die Demonstration am SBvBKS 05.12.98 in Berlin "oiml-nationuJ wurde dann schon derartig von Neonazis dominiert, daß die NPD sich nicht mehr gegen deren Interessen durchsetzen konnte. Insge19.09.1998 Rostock samt ist somit fest72 zustellen, daß das Konzept des Personenkreises um Thomas WULFF, die NPD-Strukturen für die eigene politische Tätigkeit auszunutzen, zumindest punktuell aufgegangen ist, nämlich soweit es um das Auftreten "auf der Straße" geht. Einen speziellen Fall in der Zusammenarbeit mit der NPD stellte das "Bündnis Rechts für Lübeck" (BRL) dar. Bei dem BRL handelte es sich um eine im wesentlichen aus NPD"150 Sympathisanten des Bündnis Rechts für Lübeck Mitgliedern und warten darauf, loszumarschieren - 31.01.98"(Bild u. Neonazis besteText aus "Photo-Galerie des Nationalen Widerstandes" hende rechtsex- | (Internet) tremistische Wählergemeinschaft, die im März 1998 zu der Kommunalwahl in Lübeck antrat und dort 3,6 % der Stimmen erreichte. Während die NPDMitglieder im wesentlichen den formalen Organisationsrahmen des BRL stellten, übernahmen die Neonazis unter Federführung des Personenkreises um WULFF die Verteilung von umfangreichem Propagandamaterial und zeichneten auch ansonsten für die Gestaltung des Wahlkampfes verantwortlich. Höhepunkte waren zwei Demonstrationen am 31.01. und 14.03.98 in Lübeck, zu denen rund 150 bzw. 350 Teilnehmer mobilisiert werden konnten und deren äußeres Erscheinungsbild durch Neonazis, insbesondere WORCH und WULFF, geprägt wurde. Die strategische Bedeutung des BRL für den Personenkreis um Thomas WULFF wird anhand mehrerer Veröffentlichungen deutlich. In einem Rundschreiben legte WORCH Anfang 1998 dar, daß das Bündnis angesichts der "heutigen Zersplitterung des nationalen Lagers ein wichtiger und hoffnungsvoller Schritt" sei. Die gruppenund organisationsübergrei- f ende Kooperation könne "eine Signalwirkung mit Ausstrahlung auf andere Länder - längerfristig sogar auf Bundesebene" haben. Nach der Kommunalwahl gab WULFF im Namen des BRL eine Presseerklärung heraus, in der er das erzielte Wahlergebnis (3,6 %) als zweitrangig bezeichnete. Viel bedeutsamer seien Erkenntnisse auf anderen Ebenen. So habe das BRL ge73 zeigt, daß die politische Rechte, von gemäßigten bis hin zu radikalen Kräf ten, an einem Strang ziehen könne. Als publizistische Plattform steht dem Personenkreis um Thomas WULFF das "Zentralorgan"zur Verfügung, das Ende 1997 durch den Zusammenschluß verschiedener kleinerer Neonazi-Schriften entstanden war. Das selbstgesteckte Hurra das Ende Ziel des "Zentralorgans" ist die Bündeder Ausländerfeindlichkeit! lung der finanziellen und redaktionellen Ressourcen innerhalb der "freien" Dank dem "Doppelpaß Strukturen. Derzeit erscheint es ungegeht sjem wieder um den fähr vierteljährlich in einer Auflage von Kern der Sache: mehreren tausend Exemplaren; der Vertrieb erfolgt bundesweit über ein Hamburger Postfach. Die Herausgabe des "Zentralorgans" liegt weitestgehend in den Händen von Angehörigen des WULFF-Kreises, die damit ein Podium Zentralorg. Nr. 5, Januar 1999 besitzen, um ihre politischen Vorstellungen überregional propagieren zu können. Dementsprechend bilden Artikel über die "Freien Nationalisten" und ihre Aktivitäten den absoluten Schwerpunkt in der Berichterstattung. Inhaltlich spiegelt das "Zentralorgan" eindeutig die nationalsozialistische Weltanschauung seiner Herausgeber wider. So wird der HITLER-Stellvertreter Rudolf HEß glorifiziert und behauptet, Deutschlands Schuld am Zweiten Weltkrieg sei ein "Lügengebilde der Alliierten und ihrer hiesigen Knechte". Das politische System der Bundesrepublik wird grundsätzlich abgelehnt, indem es als "verfaulende Gesellschaftsordnung" diffamiert wird. Die - inzwischen abgespaltenen - Bramfelder Anhänger des Personenkreises um Thomas WULFF (s. o.) gaben weiterhin die Publikation "Hamburger Sturm" heraus, deren Auflage sich auf einige hundert Exemplare beläuft. Im abgelaufenen Jahr erschienen allerdings nur zwei Ausgaben, da maßgebliche Redaktionsmitglieder zeitweilig inhaftiert waren oder aus Hamburg weggezogen sind. Obwohl von "Freien Nationalisten" erstellt, die aus der Skinhead-Szene stammen, ist der "Hamburger Sturm" kein reines Skin-Fanzine, sondern enthält sogar überwiegend politische Beiträge über Aktivitäten der Neonazi-Szene. 74 Eine zunehmende Bedeutung für die publizistische Arbeit des Personenkreises um Thomas WULFF gewinnt das Internet. Über eine eigene Homepage mit der Bezeichnung "Nationaler Widerstand" ist u.a. die "Perspektive", ein ausschließlich auf das Internet beschränktes "Informationsmagazin", abrufbar. Neben allgemeinen politischen Meldungen aus "nationaler" Sicht sind dort schwerpunktmäßig Berichte über Veranstaltungen veröffentlicht, an denen "Freie Nationalisten" mitgewirkt haben. Darüber hinaus haben Angehörige des Personenkreises in Zusammenarbeit mit der "Rudolf-HEß-Gesellschaft" ein Internet-Projekt gestartet, das den HITLER-Stellvertreter als "Märtyrer des Friedens" verherrlicht und über seine angebliche Ermordung durch den britischen Geheimdienst "aufklären" soll. 5. Rechtsextremistische Parteien 5.1 Die Republikaner (REP) Mitgliederzahlen: Bundesweit: ca.: 15.000 Für die 1983 gegründete Partei Landesverband Hamburg: ca.: 60 "Die Republikaner" (REP) mit ihren Unterorganisationen "RepublikaniBundessitz: Berlin scher Bund der öffentlich BedienVorsitzender Dr. Rolf SCHLIERER steten" (RepBB), "Republikanische Jugend" (RJ), "Republikanischer Hamburg Bund der Frauen" (RBF), und "ReLandesvorsitzender: Hans FIEDLER publikanischer Hochschulverband" (RHV) war 1998 ein Jahr der Stagnation. Der insbesondere bei der Landtagswahl in Bayern und bei der Bundestagswahl erhoffte politische Durchbruch fand nicht statt. Für die REP war es ein Jahr der inneren Zerrissenheit und politischer Richtungskämpfe, die die Partei zu spalten drohten. Zwar konnte sich der Parteivorsitzende letztendlich durchsetzen, er war jedoch permanent innerparteilichem Widerstand ausgesetzt. Seine Widersacher erhoben insbesondere die Forderung, die Partei zu erneuern und gegenüber anderen rechtsextremistischen Organisationen zu öffnen. Eine stagnierende Mitgliederzahl, Wahlmißerfolge und - mit Ausnahme von Süddeutschland - zumeist zerstrittene, zum Teil kaum funktionsfähige Landesverbände kennzeichneten weiterhin die Situation der Partei. Die Wahlergebnisse zeigten deutlich, daß die REP sich zu einer süddeutschen Regionalpartei zurückentwickelt haben, die lediglich in Baden-Württemberg einen festen Wählerstamm von mehr als 5 % besitzt. Trotz dieser Si75 tuation sieht der Bundesvorsitzende die Partei noch immer als stärkste Kraft des "nationalen Lagers". Dr. SCHLIERER versuchte unverändert, die Partei im rechtskonservativen Spektrum zu etablieren und sie vom rechtsextremistischen Spektrum abzugrenzen. Ungeachtet der Anstrengungen des Bundesvorstandes, nach außen hin Geschlossenheit zu zeigen, mehrten sich in der Partei die Stimmen, die den Kurs des Bundesvorsitzenden nach den Wahlniederlagen in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und der Bundestagswahl kritisierten und einen Richtungswechsel verlangten. So forderte der stellvertretende Bundesvorsitzende Christian KÄS in einer Pressemitteilung vom 29.04.98 das "Ende der Leisetreterei" und "mehr Flexibilität im Umgang mit politischen Konkurrenten". Die Vormachtstellung der REP im rechten Lager dürfe nicht verspielt werden. Schon vor KÄS hatte der geschäftsführende stellvertretende REP-Landesvorsitzende von Rheinland-Pfalz, Stephan RITTER, in der Publikation "Nation & Europa" (Februar 1998) in einem Leserbrief von einer für den "gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbaren" Ausgrenzungspolitik als Beweis für "Politikunfähigkeit" gesprochen und eine Kursbestimmung der REP als "rechte Sammlungspartei" befürwortet. Der amtsenthobene REP-Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Wolfgang HÖBER, teilte in einem Rundschreiben (28.04.98) an alle Landesgeschäftsstellen mit, die REP in Sachsen-Anhalt würden"mit ganzer Kraft" die DVU und ihre Abgeordneten unterstützen. Sollte Dr. FREY den REP die Hand entgegenstrecken, würden die REP sie nicht ausschlagen. In der sog. "Iserlohner Erklärung" (29.04.98) forderte der REPKreisverband Mark die Aufhebung des REP-Abgrenzungsbeschlusses und eine "national-konservative Basis" unter Einbeziehung der DVU. In einem Rundbrief (13.05.98) an alle Landesverbände schlug der REP-Kreisverband Siegen-Wittgenstein (NRW) Wahlabsprachen mit der DVU vor. "Nation & Europa" (Ausgabe Juni 1998) berichtete, der REP-Landtagsabgeordnete Lothar KÖNIG habe an einer Veranstaltung des rechtsextremistischen Freundeskreises "Ein Herz für Deutschland" (FHD) teilgenommen. Als Redner sei der "Nation & PStv/-opa"-Mitherausgeber Harald NEUBAUER aufgetreten. Am 29.05.98 nahm der DVU-Bundesvorstand ein Angebot des REP-Landesparteitages Sachsen-Anhalt zur Zusammenarbeit unter dem Dach der DVU an. Dr. SCHLIERER (Presseerklärung 29.05.98) konnte den Vorgang zwar nicht dementieren, spielte ihn aber unter Hinweis auf eine nicht satzungsgerechte Einberufung des Landesparteitages als ungültig herunter. Der Beisitzer im REP-Landesvorstand Hessen, Erich FUCHS, kritisierte Dr. SCHLIERER, Kooperationsangebote der DVU vorschnell abgelehnt zu haben ("Nation & Europa", Ausgabe Juni 1998). Auch 1998 ergaben sich Beispiele, die Schlaglichter auf dahinter stehende rechtsextremistische Positionen unter REP-Mitgliedern warfen. "Dieser Parteitag spricht diesen Leuten die herzliche Solidarität aus!": Unter starkem Applaus des REP-Landesparteitages Baden-Württemberg (07.02.98) bezog sich so Christian KÄS in einer Parteitagsrede auf zwei Parteifreunde, die am 09.01.98 vom Landgericht Offenburg (nach Freisprüchen in der Vorinstanz) wegen Volksverhetzung zu Geldstrafen verurteilt worden waren. Die Urteile (noch nicht rechtskräftig) galten folgenden fremdenfeindlichen Aussagen von 1996: "Das Problem der Ausländer, die hier in Deutschland leben und arbeiten, ist nicht das Thema, wenn wir Deutschland als Einwanderungsland ablehnen. Uns, und unserer Republik, liegt vielmehr daran, Ausländern, die unter dem Vorwand der politischen Verfolgung einreisen, hier nur Sozialhilfe erhalten wollen, ernsthaft entgegenzutreten (...) Nehmen wir doch mal die Natur als Vorbild wie die Grünen. Wenn ein Schwärm Parasiten an der Wirtspflanze hängt, geht sie unweigerlich ein. Verreckt ein Hund, springen die Flöhe bekanntlich zu einem anderen über" (Hervorheb. n. i. 0.). Der REP-Kreisverband Altenburger Land (Thüringen) sprach in einem 1998 angefallenen Flugblatt in einem Atemzug von "Ausländern, Asylanten und Tieren", denen Deutsche Platz machen müßten. Nach rechtsextremistischem Verständnis wird die "Umerziehung", die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der Bundesrepublik zur moralischen Verurteilung des Nationalsozialismus und zum Bekenntnis zur Demokratie geführt hat, als aufgezwungen und illegitim angesehen. Die Agitation dagegen wendet sich letzlich für viele Rechtsextremisten gegen die Legitimität der freiheitlichen demokratischen Grundordung schlechthin. Der REPLandesverband Brandenburg behauptet in seiner "Programmatischen Erklärung": Der glühende Patriotismus des deutschen Volkes von 1813 sei durch eine besonders "geschmacklose und abartige Form" ersetzt worden, die "des amerikanischen Liberalismus". Die "Umerziehung" in seinem Sinne zeige die "...widerlichsten Ergebnisse. Verrohung der zwischenmenschlichen Beziehungen, Verfall der Werte, Verherrlichung von Gewalt und des aggressiven ego-betonten Sexismus. Brauchen wir solche Werte?". Auch nach den für die REP in ihrer Deutlichkeit überraschenden Wahlniederlagen sprach sich ihr Bundesvorsitzender zunächst weiterhin strikt gegen Bündnisse und Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Parteien aus. Davon abweichend nahm er nach der Bundestagswahl ein Gesprächsangebot des Bundesvorsitzenden der DVU, Dr. FREY, an und vereinbarte mit diesem, bei Wahlen künftig Konkurrenzkandidaturen mög77 liehst zu vermeiden. Damit wird eingestanden, daß nach Einschätzung beider Parteivorsitzenden diese Parteien weitgehend dieselbe Klientel ansprechen. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 01.03.98 erreichten die REP nur 118.730 Stimmen (1994: 159.026) und damit 2,8 % (1994: 3,7 %). In einer Presseerklärung der REP vom 01.03.98 erklärte der Bundesvorsitzende Dr. SCHLIERER, es sei trotz des Stimmenverlustes für die REP erfreulich, daß sie ihren Führungsanspruch als rechte demokratische Partei deutlich ausgebaut hätten. Der Wahlkampf der REP in Niedersachsen wurde durch die seit Monaten schwelenden internen Auseinandersetzungen im Landesverband Niedersachsen deutlich erschwert. Sie waren Anlaß dafür, daß im Februar 1998 Wenn wir sieben Kreisabgeordnete, unter ihnen ein Mitglied des Bundesvorstandes, die kommen. Partei verlassen hatten. Der REP-Landtagswahlkampf in Sachsen-Anhalt wird aufwar geprägt von Auseinandersetzungen des Landesverbandes mit dem geräumt! Bundesvorstand. Als Quittung für diese Querelen erhielten die REP nur 0,7 % der abgegebenen Stimmen. Mit ihrem 14. politischen Aschermittwochstreffen am 25.02.98 in Geisenhausen eröffneten die REP ihren Bundestagswahlkampf. An der Veranstaltung nahmen etwa 1.100 Personen teil. Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Landesvorsitzende von Bayern, Johann GÄRTNER, prognostizierte laut Pressemitteilung der REP den Einzug der Partei in den Bayerischen Landtag und in den Bundestag. Er übte scharfe Kritik an der angeblichen Finanzierung islami78 scher Moscheen durch den Freistaat Bayern und sprach von einer systematischen Geschichtsverfälschung durch "linke Demagogen" an den Schulen. Dr. SCHLIERER bezeichnete das - zu diesem Zeitpunkt wieder aktuelle - Wahlbündnis mit der DSU in Sachsen-Anhalt als ersten Schritt zur Einigung aller vernünftigen Kräfte im rechten Lager unter der Führung der REP. Es werde sich zeigen, daß allein die REP den Protest gegen die derzeitige Politik bündeln könnten. Für die Landtagswahl in Bayern stellte Dr. SCHLIERER die Mobilisierung der gesamten Partei in Aussicht. Bei der Landtagswahl in Bayern am 1 3 . 0 9 . 9 8 scheiterten die REP erneut an der 5 %-Hürde. Trotz flächendeckender Präsenz - erstmals war die Partei in allen Wahlkreisen mit Direktkandidaten angetreten - und großen Materialaufwandes erreichte die Partei nur 3,6 % der Stimmen (1994: 3,9 % ) , obwohl die DVU auf eine Wahlkandidatur verzichtet hatte. Diese rief dazu auf, nicht die REP, sondern die CSU, die Freien Wähler oder den "Bund freier Bürger" (BfB) zu wählen. Die Wahlniederlage in Bayern erlangte für die REP besondere Bedeutung, da sich die Partei von einem Erfolg in ihrem 'Stammland' eine Signalwirkung für den Wahlkampf zur Bundestagswahl am 2 7 . 0 9 . 9 8 erhofft hatte. Das Bundestagswahlergebnis der REP mit 1,8 % der abgegebenen Stimmen setzte den absteigenden Trend der Partei fort. In einer Pressemitteilung vom 0 1 . 1 0 . 9 8 sagte Dr. SCHLIERER zum Ausgang der Bundestagswahl, die REP hätten ihr Wahlziel nicht erreicht. Nach dem Ausgang der Bayern-Wahl sei der angestrebte Einzug in den Bundestag kaum noch zu erwarten gewesen. Er wertete es vor diesem Hintergrund als Erfolg, daß angesichts der gesteigerten Konkurrenz, der hohen Wahlbeteiligung und der Polarisierung des Wahlkampfes zwischen den Parteien der Spitzenkandidaten SCHRÖDER und KOHL die REP ihr Ergebnis von 1 9 9 4 hätten halten und die absolute Stimmenzahl um 3 0 . 0 0 0 Stimmen sogar noch leicht erhöhen können. Gleichzeitig betonte er, daß die REP sich als "stärkste und führende Kraft im nationalen Lager"behaupten konnten. 79 Bei der gleichzeitig stattgefundenen Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern erreichten die REP nur 0,5 % der abgegeben Zweitstimmen. In seiner Presseerklärung vom 27.09.98 stellte der REP-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern klar, daß trotz des unbefriedigenden Wahlausganges innerparteilich kein Rechtsruck vollzogen werde. Ein Zusammengehen mit NPD und DVU sei auch künftig ausgeschlossen. Die Stimmenverluste der REP zeigen, daß die Partei derzeit außer in BadenWürttemberg über kein nennenswertes Stammwählerpotential verfügt und nur punktuell Protestwähler ansprechen kann. In den personell und organisatorisch schwachen Landesverbänden in Norddeutschland ist das Parteileben nahezu erlahmt. Obwohl der Bundesvorstand Dr. SCHLIERER It. Pressemitteilung Nr. 68 vom 14.09.98 das Vertrauen ausgesprochen hat, steht er nach den aufeinanderfolgenden Niederlagen der REP bei den Wahlen in Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und der Bundestagswahl sowie dem überraschend deutlichen Wahlerfolg der DVU in Sachsen-Anhalt innerparteilich weiter unter erheblichem Druck. Auch die Bestätigung seines Kurses auf dem Bundesparteitag hat nur eine vorübergehende Beruhigung in die Partei gebracht. Bei neuen Mißerfolgen drohen weitere innerparteiliche Auseinandersetzungen Auf dem Bundesparteitag, der am 21.122.11.98 nach zwei Absagen schließlich im niederbayerischen Neufraunhofen bei Landshut stattfand, wurde der bisherige Bundesvorsitzende Dr. SCHLIERER trotz starker Kritik aus dem Teilnehmerkreis mit 81,4 % der stimmberechtigten Mitglieder überraschend deutlich wiedergewählt. Sein Gegenspieler, der geschäftsführende stellvertretende Bundesvorsitzende Christian KÄS, der sich vorher als radikalere Alternative präsentiert hatte, zog kurz vor der Wahl seine Kandidatur zurück und begründete dies damit, er wolle keinen Streit in die Partei tragen. Ein Grund für dieses Ergebnis dürfte die Bekanntgabe Dr. SCHLIERERs gewesen sein, mit der DVU eine Wahlabsprache getroffen zu haben, um künftig eine unnötige Konkurrenz bei Wahlen zu vermeiden. Dr. SCHLIERER hatte bisher eine Zusammenarbeit mit der DVU und der NPD strikt abgelehnt. Auch jetzt erklärte er, eine solche Wahlabsprache bedeute noch keine Kooperation mit der DVU. Damit war er seinen Kritikern entgegengekommen, die die Aufgabe des "Ruhstorfer Beschlusses"forderten, der die Abgrenzung der REP zu anderen rechtsextremistischen Organisationen festlegte. Diese Absprache Dr. SCHLIERERs mit Dr. FREY ist um so erstaunlicher, da der frühere Bundesvorsitzende SCHÖNHUBER aufgrund einer gemeinsamen Erklärung mit Dr. FREY seinen Posten verloren hatte. 80 Das Verwaltungsgericht Mainz entschied mit Beschluß vom 19.01.98, daß der Verfassungsschutz in Rheinland-Pfalz die REP nicht länger beobachten dürfe. Zur Begründung hieß es, es gebe derzeit keine hinreichenden aktuellen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Weder im Parteiprogramm noch in sonstigen Parteipublikationen seien verfassungsfeindliche Tendenzen zu erkennen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Berlin vom 31.08.98, die dem Landesamt für Verfassungsschutz u. a. die weitere Beobachtung der REP mit nachrichtendienstlichen Mitteln untersagt und die Nennung der Partei im Verfassungsschutzbericht Berlin 1997 als rechtswidrig bezeichnet, werten die REP als großen Erfolg und Best tigung ihres Kurses. Für den 30.05.98 riefen die Deshalb fordern REP zu einer gemeinsamen Kundgebung mit dem franzödie REPUBLIKANER: sischen "Front national" (FN) und dem belgischen "Vlaams Abschaffung Blok" (VB) an der deutschfranzösischen Grenze in Saardes Grundrechtsbrücken auf. An der Veranstaltung, die sich gegen die anspruchs auf Asyl! Einführung des Euro richtete, nahmen nur etwa 400 Personen teil. Der FN sagte seine Teilnahme ab, nachdem die französischen Behörden eine im Anschluß an die Kundgebung vorgesehene Kranzniederlegung verboten hatten. Zum Tag der deutschen Einheit fand am 03.10.98 in Stuttgart der "Republikanertag" mit Dr. SCHLIERER und KÄS als Rednern statt. Während Dr. SCHLIERER in seiner Rede eine vernünftige Politik anmahnte und die Einhaltung des Ruhstorfer Abgrenzungsbeschlusses auch zukünftig als bindend verteidigte, rief KÄS in seiner Rede zum politischen Widerstand gegen die multikulturelle Gesellschaft auf und setzte sich für die Todesstrafe für Triebtäter ein. Außerdem forderte er die Aufhebung des Ruhstorfer Abgrenzungsbeschlusses. Der Landesverband Hessen der "Republikanischen Jugend" (RJ) protestierte am 06.06.98 in Kassel gegen die Wanderausstellung "Vernichtungs81 krieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944"und veranstaltete eine Demonstration gegen die dort seit dem 2 5 . 0 5 . 9 8 gezeigte Wanderausstellung. An der Kundgebung beteiligten sich rund 3 5 0 Personen, darunter e t w a 2 0 0 Anhänger der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) bzw. der "Jungen Nationaldemokraten" (JN). Auch einige Neonazis nahmen teil, unter ihnen der ehemalige Vorsitzende der 1995 verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), Friedhelm BUSSE. KÄS, der zu den Teilnehmern sprach, bezeichnete die Demonstration als Erfolg für alle nationalen Kräfte und rief zu weiteren Protesten gegen die Ausstellung auf. In seiner etwa 1 5-minütigen Rede ging KÄS mit keinem W o r t kritisch auf die Teilnahme von Mitgliedern der NPD und JN sowie von Neonazis ein. Statt sich zu distanzieren, unterstrich er die Gemeinsamkeit der Anwesenden. Neben KÄS als Hauptredner hielt auch der Neonazi Thomas WULFF eine Ansprache, stellte sich als Vertreter der "freien Kräfte" vor und begrüßte es, daß er hier das W o r t erhalten habe. Die Situation im Hamburger Landesverband ist nach der verlorenen Wahl der REP im September 1 9 9 7 (1,8 % zur Wahl der Bürgerschaft, Bezirksversammlungswahlen: zwischen 1,5 und 3,5 %) weiterhin desolat. Nachdem sich nach dem enttäuschenden Wahlausgang zur Hamburger Bürgerschaft 1 9 9 7 die Parteiaustritte häuften und der Anteil der noch verbliebenen aktiven Parteimitglieder immer geringer w u r d e , fand eine Parteiarbeit in den Kreisverbänden kaum noch s t a t t . Zahlreiche der f r ü - her regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen können heute nicht mehr durchgeführt w e r d e n . Damit hat der Landesverband kaum noch Möglichkeiten, Interessenten auf sich aufmerksam zu machen, um neue Mitglieder zu w e r b e n . Die Mitgliederzahl in Hamburg (60) hat einen Tiefststand erreicht. Personelle Unterstützung anderer Landesverbände bei den Wahlkämpfen war nur eingeschränkt möglich. Der Bundestagswahlkampf fand in Hamburg - ausgelöst durch ein finanzielles Chaos - kaum statt. Man beschränkte sich auf die Plakatierung von Stellschildern. Der Hamburger Landesverband ist auf das Niveau einer Splitterpartei abgesunken. Es ist auch nicht zu erwarten, daß sich dieser Zustand bei der jetzigen Zusammensetzung des Landesvorstandes ändern w i r d . Auch die Bundespartei scheint den Hamburger Landesverband abgeschrieben zu haben. Es gibt keine Anhaltspunkte für Versuche, korrigierend oder sonstwie lenkend einzugreifen. 82 5.2 Deutsche Volksunion (DVU) Die Organisation wurde Mitgliederzahlen: am 16.01.71 in MünBundesweit ca. 18.000 (einschl. "DVU e.V.") chen zunächst als "DVU Landesverband Hamburg ca. 500 (n. eig. Ane. V. " gegründet. Sie ist gaben) heute mit etwa 18.000 Mitgliedern die größte Bundessitz: München rechtsextremistische Vorsitzender: Dr. Gerhard FREY Partei in der Bundesrepublik. Sie ist der HauptLandesverband Hamburg: pfeiler des sich aus poliLandesvorsitzender: Rudolf REIMERS tischen Organisationen, Zeitungen und dem Handel mit Devotionalien zusammensetzenden Machtgefüges ihres Vorsitzenden Dr. Gerhard FREY. Zu diesem Komplex gehören die Partei DVU, der als überparteilich bezeichnete eingetragene Verein "DVU e.V." sowie die als Vorfeld-Organisationen und Aktionsgemeinschaften gegründeten oder übernommenen * "Aktion Oder-Neiße" (MON), * "Aktion deutsches Radio und Fernsehen" (ARF), * "Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten" (ER), * "Initiative für Ausländerbegrenzung" (I.F.A.), * "Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur" (DSVK), * "Volksbewegung für Generalamnestie"(VOGA). Die Aktionsgemeinschaften haben das Ziel, an Einzelthemen Interessierte für die DVU zu gewinnen. Auf der Mitgliederversammlung der DVU e.V. am 16.01.99 wurde die Zusammenlegung von Aktionsgemeinschaften beschlossen. Danach werden der DSVK in die I.F.A. sowie die VOGA und ARF in den ER überführt. Damit gibt es künftig mit AKON, I.F.A. und ER nur noch drei Aktionsgemeinschaften der DVU e.V. Am 05.03.87 hatte Dr. FREY in München die Partei "Deutsche Volksunion - Liste D" als Sammelbecken der deutschen Rechten gegründet. 1991 wurde sie in DVU umbenannt. Der Verein "DVU e.V." und die Aktionsgemeinschaften haben seit dieser Zeit erheblich an Bedeutung 83 verloren. Von ihnen gehen kaum noch Aktivitäten aus. Laut Satzung sind die dem Verein und den Aktionsgemeinschaften angehörenden Personen automatisch DVU-Mitglieder, sofern sie dagegen keine Einwände erheben. Die DVU verzeichnete 1998 einen Mitgliederzuwachs um 3.000 auf jetzt 18.000. Dieser Zugewinn steht insbesondere mit dem bisher größten Wahlerfolg im Zusammenhang, der in der Geschichte der Bundesrepublik einer rechtsextremistischen Partei bei einer Landtagswahl gelang: Am 26.04.98 erzielte die DVU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt auf Anhieb beim erstmaligen Antritt 12,9 % der abgegebenen Stimmen und zog mit 16 Abgeordneten in den Landtag ein. Dieses hohe Ergebnis erwies sich jedoch 5 Monate später durch den Mißerfolg bei der Bundestagswahl (27.09.98) nicht als ein Signal, sondern als punktuelle Ausnahme. Die DVU wird von ihrem Bundesvorsitzenden Dr. FREY absolut beherrscht. Sie ist bei ihm mit etwa 9 Millionen DM verschuldet und ohne ihn nicht existenzfähig. Daher bestimmt weiterhin ausschließlich Dr. FREY die politischen Inhalte und Aktivitäten, beeinflußt Personalentscheidungen selbst auf regionaler Ebene und hält die Partei durch entsprechende Steuerung finanzieller Zuschüsse in Abhängigkeit. Allerdings stützt sich der Bundesvorsitzende bei der Umsetzung seiner Vorgaben in der Partei auf einige ihm ergebene Vertraute, die er nach Bedarf in verschiedenen Landesverbänden einsetzt. Die Masse der Mitglieder sind Beitragszahler, Zeitungsabonnenten von Dr. FREY und KunAuschwitz: was stu.....* ^ . . " . v . . . den des von sei- W l SS die W a h r h e i t tinterdrüökl w i r d ner Frau geführten " FZ-Freiheitlicher National*? itung Buchund Zeitschriftenverlag GmbH", der Bücher, Medaillen, Massenanstum auf Deutschland Videos und Devo(DNZ Nr. 48 vom 20.11.98) tionalien vertreibt. Weitere DNZ-/DWZ-Überschriften: Wer stoppt die Asylbetrüger? (DNZ 32/98) Das vage formuAusländerkrieg in Deutschland (DWZ 50/98) lierte ParteiproNoch mehr Arbeitslose durch Euro? (DNZ 15/98) gramm vermeidet Schwindel bei Wiedergutmachungsgeldern? (DWZ weitgehend extre45/98) mistische FormuDie Macht des Ignatz Bubis (DNZ 50/98) lierungen. Es ent84 spricht vom Umfang und Inhalt her nicht den Programmen anderer Parteien. Die von Dr. FREY in seinem eigenen Verlag ("DSZ-Druckschriftenund Zeiungsverlag GmbH") herausgegebenen Wochenzeitungen "Deutsche Nationalzeitung" (DNZ, Auflage ca. 37.000) und "Deutsche Wochenzeitung" (DWZ, Auflage ca. 20.000) verbreiten die politische Propaganda der DVU. Beide Wochenblätter besitzen zwar nicht den Status von Parteizeitungen, agieren tatsächlich jedoch als Sprachrohre der Partei. Mit ihnen beherrscht Dr. FREY die größte und einflußreichste Pressemacht im rechten Lager. Beide Blätter berichten weitgehend textidentisch über Positionen und Aktivitäten der DVU. Die einseitige Auswahl und tendenziöse Abhandlung politischer Themen arbeitet vielfach mit in Frageform gekleideten Schlagzeilenaufmachungen (Vermeidung strafrechtlich relevanter Tatsachenbehauptungen - siehe auch Kasten). Sie ist durch eine ausländerfeindliche, aggressiv nationalistische, revisionistische und antijüdische Agitation gekennzeichnet. Im Berichtsjahr konzentrierte sich die DVU auf drei Wahlbeteiligungen: * Landtagswahl in Sachsen-Anhalt (26.04.98), * Bundestagswahl (27.09.98), zeitgleich mit: * Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern (27.09.98). Durch diese Kandidaturen erhoffte sich Dr. FREY, die DVU endgültig gegenüber den konkurrierenden REP als stärkste rechtsextremistische Kraft etablieren und damit verstärkt als rechtsextremistisches Sammlungsbekken hervortreten lassen zu können. Ihren Nichtantritt zur Landtagswahl in Bayern (13.09.98) begründete die DVU mit der vorgeschobenen Behauptung, hier seien ihre Themen bereits von der CSU besetzt, der sie keine Konkurrenz machen wolle. Offensichtlich scheute die DVU jedoch das Risiko, den REP in ihrem Stammland Bayern zu unterliegen. Wie gewohnt wurden selbst die Landtagswahlkämpfe der DVU weitestgehend von der Zentrale in München gelenkt. Dr. FREY entschied über die Aufgabenverteilung des Wahlkampfstabes, steuerte die Wahlkampagnen und bestimmte die Themenschwerpunkte. Die von ihm vorbestimmten Spitzenkandidaten wurden ohne Diskussion und Gegenkandidaturen durch Landesmitgliederversammlungen bestätigt. Obwohl die Wahlkämpfe einem weitgehend einheitlichen Schema entsprachen, fielen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus. Großangelegte Materialschlachten (insbesondere postalischer Massenversand von DVU-Propaganda) waren noch in Sachsen-Anhalt - ähnlich wie zuvor bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 1997 - Hauptgrundlage für Wahlerfolge auf Länderebene. Bei der Bundestagswahl hat diese Strategie versagt. 85 In Sachsen-Anhalt profitierte die DVU u. a. von von der für sie günstigen Ausgangsposition, daß neben ihr keine ernstzunehmende Konkurrenz im rechten Spektrum kandidierte. Die REP waren wegen interner Querelen über eine geplante Listenverbindung von REP und DSU lediglich mit einer nicht vom Bundesvorstand autorisierten Landesliste angetreten, die NPD trat überhaupt nicht an. Bei einem Stimmenanteil von 12,9 % zog die DVU mit 16 Abgeordneten als erste rechtsextremistische Partei in einenostdeutschen Landtag ein. Die Einzelergebnisse schwankten zwischen 9,1 % (Wahlkreis Magdeburg III) und 17,5 % (Wahlkreis Bitterfeld). Bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern blieb selbst die Summe der auf rechtsextremistische Parteien entfallenden Stimmen unter der 5 %- Marke. Die hier erstmalig für den Landtag kandidierende DVU schnitt mit 2,9 % noch am besten ab. Mit 1,2 % der Zweitstimmen fiel das DVU-Bundestagswahlergebnis extrem hinter die optimistischen innerparteilichen Prognosen - sogar noch hinter das Ergebnis der REP - zurück. Im Vergleich zur Bundesebene erzielte die DVU in Hamburg mit 2,3 % ein überdurchschnittliches Ergebnis. In den Hamburger Wahlkreisen schwankten die Ergebnisse zwischen 1,3 % (Hamburg-Nord) und 3,1 % (Bergedorf). Obwohl erneute stärkste rechtsextremistische Partei, verfehlte die DVU damit auch in Hamburg ihr Wahlziel deutlich. In der Euphorie über den auch in der demokratischen Öffentlichkeit als sensationell empfundenen rechtsextremistischen Wahlerfolg in Sachsen-Anhalt hatte sich zum Beginn des Bundestagswahlkampfes eine Reihe prominenter Rechtsextremisten der DVU zugewandt und sich als Spitzenkandidaten aufstellen lassen. Insbesondere noch aktive oder ehemalige Mitglieder der REP, an der Spitze deren ehemaliger Bundesvorsitzender Franz SCHÖNHUBER, gingen "an Bord" des vermeintlichen "Schlachtschiffes der Patrioten" (SCHÖNHUBER). Als wesentliche Ziele betonte die DVU in ihrer Wahlagitation die "Wende in 86 Deutschland", die "etablierten Parteien auf den rechten Weg zurückzuführen" sowie zur Wahrnehmung "nationaler Interessen" zurückzukehren. Sie forderte die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit - insbesondere durch einen Stop von Masseneinwanderung - sowie den Erhalt der D-Mark. Zum abschließenden Höhepunkt (Vorabend der Bundestagswahl) versammelten sich am 26.09.98 zur traditionellen DVU-Großkundgebung in der Passauer Nibelungenhalle 3.800 Personen unter dem Motto "Deutschland: Jetzt kommt die DVU". Als Redner traten der Bundesvorsitzende Dr. FREY, der parteilose DVU-Bundestagskandidat Franz SCHÖNHUBER und der französische Europaabgeordnete Yvan BLOT auf. Letzterer vertrat den verhinderten Führer des französischen "Front national" (FN), Jean Marie LE PEN. Anders als es z. T. namhafte rechtsextremistische Theoretiker und Strategen nach dem Frühjahrserfolg der DVU in Sachsen-Anhalt erwartet hatten, hat sich die DVU im weiteren Jahresverlauf nicht als stärkste rechtsextremistische Wahlpartei bundesweit etablieren können. Ihre Wahlergebnisse belegen, daß sie im Gegensatz zu den REP (Schwerpunkte mehr in Süddeutschland) Erfolge eher in Nordund Ostdeutschland erzielt. Die Ergebnisbilanz zeigt, daß die mit massivem finanziellen Aufwand - aber gesichterlos ("Phantompartei") - bestrittenen Schwerpunktwahlkämpfe in kleineren Bundesländern durchaus erfolgreich waren. Demgegenüber zeigt die Niederlage bei der Bundestagswahl, daß das gleiche Konzept im großflächigen bundesweiten Maßstab keine Durchschlagskraft entwickelte und ohne entsprechend multipliziertes Finanzund Propagandavolumen seine Wirkung verfehlt hat. Der DVU fehlen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - Persönlichkeiten und vorzeigbare Kandidaten, die der Öffentlichkeit ihre politischen Anliegen überzeugend vermitteln können. Dies Defizit konnten auch die platten Wahlkampfparolen nicht auffangen. Der DVU-Vorsitzende reagierte auf die Bundestagswahlniederlage und das schwache Ergebnis in Mecklenburg-Vorpommern am Tag danach mit einem Brief an den REP-Vorsitzenden Dr. SCHLIERER. Die Ergebnisse hätten gezeigt, wie notwendig es sei, daß die "patriotischen Kräfte" m Deutschland "zu einem Miteinander"kämen. In Frankreich habe Jean Marie LE PEN mit seinem "Front national" die Arbeit an einer "Union der Nationalen" bei durchaus verschiedenen Tendenzen unter einem Dach "erfolgreich vorgemacht". Um in Deutschland die "Selbstblockade der Nationalen" zu beenden und ein Modell für die Zukunft zu erarbeiten, erneuerte Dr. FREY den Vorschlag, sich baldmöglichst zu einem Gedankenaustausch zu treffen. Am 17.11.98 einigten sich beide Bundesvorsitzenden darauf, "unnötige Konkurrenz" (gleichzeitige Wahlteilnahmen) künftig zu vermeiden. Darauf87 hin beschloß der DVU-Bundesvorstand am 24.11.98, bei der hessischen Landtagswahl am 07.02.99 nicht, dagegen bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft im Juni 1999 anzutreten. Dieser Vorgang ist schon insofern bemerkenswert, als ein ähnliches 'Gipfeltreffen' am 22.08.94 zwischen Dr. FREY und dem damaligen REP-Bundesvorsitzenden Franz SCHÖNHUBER fast zur Spaltung der REP geführt hatte, SCHÖNHUBER seinen Posten kostete und letztlich den Weg für den Amtsantritt Dr. SCHLIERERs geebnet hatte. Damals war es um nichts anderes gegangen, als die wechselseitige Polemik einzustellen und nach konkurrenzvermeidenden Wahlabsprachen zu suchen. Seit Ende 1997 versuchen Funktionäre des französischen FN, die deutsche Rechte mit Appellen auf Einigungskurs zu bringen. So forderte der FN-Europaabgeordnete Yvan BLOT auf dem Parteitag der bayrischen REP und anläßlich eines von der Zeitschrift "Nation & Europa" organisierten Treffens die Schaffung einer gemeinsamen Plattform in Deutschland. Nachdem die REP sich diesem Vorschlag verweigert hatten und von der DVU in Hamburg (Bürgerschaftswahl am 27.09.97) und in Sachsen-Anhalt (Landtagswahl am 26.04.98) deklassiert worden waren, traf sich LE PEN Mitte 1998 mit FREY und vereinbarte eine enge Zusammenarbeit. In einem Kommunique erklärten sie: "FN und DVU Hand in Hand: LE PEN (li.) und Dr. Gerhard FREY (re.) kämpfen gegen die Etablierung einer neuen Weltordnung durch Mächte, die die nationale Souveränität Frankreichs wie Deutschlands geringschätzen.... Jean Marie LE PEN begrüßt die jüngsten Erfolge der DVU und gibt seiner Überzeugung Ausdruck, daß der Partei der Sprung in den Bundestag gelingen wird. Gerhard FREY bezeichnete den Front National als Modell für die deutsche Rechte..." (DNZ v. 19.6.98). 88 Der Landesverband Hamburg besteht nach eigenen Angaben weiterhin aus etwa 500 Mitgliedern. Nur wenige davon sind politisch aktiv. Öffentliche Aktivitäten gehen von der DVU in Hamburg nicht aus. Auch der Bundestagswahlkampf verlief in Hamburg weit weniger aufwendig, als der Bürgerschaftswahlkampf 1997. Der Einsatz der Hamburger Mitglieder blieb gering. Erkennbare Aktivitäten beschränkten sich weitgehend auf die Abgeordneten der DVU in den Bezirksversammlungen Bergedorf, Harburg, Wandsbek und Hamburg-Mitte. Angepaßt an diese Aufteilung finden die früher zentralen monatlichen Mitgliederversammungen (intern: "Klönschnack-Veranstaltungen") jetzt dezentral in mehreren Bezirsamtsbereichen statt, ohne damit gesteigerte Aktivitäten der Mitglieder zu erreichen. Das Hamburgische Verfassungsgericht wies am 26.11.98 die Anfechtung der Bürgerschaftswahl 1997 seitens der DVU ab. Die DVU hatte den Einzug in das Landesparlament um 190 Stimmen verpaßt und beklagt, der Landeswahlausschuß habe fehlerhaft über die Zulassung anderer Parteien/Wählervereinigungen entschieden. Die auf sie abgegebenen Stimmen hätten dann der DVU gefehlt. Außerdem sei die Partei in ihrer Wahlwerbung massiv behindert worden. Bei den Wahlen selbst und der Feststellung des Ergebnisses sei es - so die DVU - zu schweren Fehlern gekommen. Das Gericht stellte dazu fest, daß der Landeswahlleiter nicht befugt sei, Wahlvorschläge von Parteien und Wählervereinigungen inhaltlich zu bewerten. Für Behinderungen durch Dritte bei der Wahlwerbung ("Wahlterror") habe es von Seiten des Gerichtes weder im Einzelfall noch in der Summierung Anlaß zur Beanstandung gegeben. Zuvor hatte bereits der Verfassungsausschuß der Hamburger Bürgerschaft die Wahlanfechtung zurückgewiesen. Weiterhin hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Verfahren wegen Wahlfälschung eingestellt. Der DVU - Vorsitzende Dr. FREY kommentierte das Urteil als "eine verpaßte Chance für die Demokratie". 1998 gab es ein gerichtliches Nachspiel zum Hamburger Bürgerschaftswahlkampf der DVU im Jahre 1997. Damals hatte die Partei zwei Flugblätter verbreitet, die jeweils ein imaginäres Parlament abbildeten, das sich aus Abgeordneten mit dem Hinweis "Deutsche Minderheit" und aus fratzenhaft verzerrten anderen Abgeordneten - offenkundig türkischer und schwarzafrikanischer Herkunft - zusammensetzte. Als Zeichen organisierter Kriminalität waren letztere u.a. im Besitz von Waffen, Geldsack, Feinwaage und Spritzen dargestellt. Am 07.01.99 sprach das Amtsgericht Hamburg den ehemaligen Vorsitzenden des DVU-Landesverbandes Hamburg, Sven EGGERS, ohne rechtliche Bewertung der Flugblattinhalte vom Vorwurf der Volksverhetzung frei. Dieser war angeklagt, als presserechtlich verantwortlicher Herausgeber fungiert zu haben. EGGERS konnte glaub89 haft machen, daß für die Politik der DVU einzig der Bundesvorstand in München verantwortlich ist. Dieser habe das Flugblatt verfaßt und ohne sein Wissen - aber mit seinem Namen versehen - veröffentlicht. 5.3 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) einschließlich Junge Nationaldemokraten (JN) Die 1 9 6 4 gegründete und damit NPD älteste rechtsextremistische ParMitgliederzahlen: tei in der Bundesrepublik, die Bundesweit 6 . 0 0 0 NPD, setzte ihren 1 9 9 6 begonLandesverband Hamburg 9 0 nenen Kurswechsel konsequent fort. Er hat im Jahre 1 9 9 8 zu eiBundessitz: Stuttgart ner dynamischen AufwärtsentVorsitzender: Udo VOIGT wicklung geführt. Die Partei verHamburg zeichnete einen erheblichen Mitgliederzuwachs, insbesondere unLandesvorsitzender: Ulrich HARDER ter jungen Menschen und in den ostdeutschen Bundesländern. Der Landesverband Sachsen ist mit etwa 1.400 Mitgliedern die größte organisatorische Untergliederung der Partei. Junge Nationaldemokraten Mitgliederzahl: Bundesweit 4 0 0 Mit dem v o m derzeitigen BunBundessitz: Dresden desvorsitzenden Udo VOIGT Vorsitzender: Holger APFEL eingeleiteten neuen Kurs verHamburg folgt die NPD ein langfristiges Einzelmitglieder (kein Landesverband) politisches Ziel. Sie will ihr Image als 'Altherren-Partei' überwinden, sich mit neuen Aktionsformen sowie einer agressiveren Programmatik 'modernisieren' und so letztendlich die Vorherrschaft im rechtsextremistischen Lager gewinnen. Die NPD vertritt damit eine völlig andere Strategie als die beiden anderen rechtsextremistischen Parteien REP und D V U : Abkehr von der alleinigen Option Wahlpartei, verstärkte Rollenbetonung als Fundamentalopposition zum bestehenden politischen System, Selbstverständnis als "Speerspitze des nationalen Widerstandes", A u f h e b u n g aller Abgrenzungsbeschlüsse auch gegenüber militanten Rechtsextremisten, Neonazis und Skinheads. Das früher 'abgegrenzte' Spektrum wird zum neuen Verbündeten s o w o h l innerhalb der Partei als auch bei gemeinsamen Aktionsbündnissen. A u f diesem Kurs w i r d der Parteivorsitzende insbesondere von der Jugendorganisation der NPD, den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) unterstützt, die 90 ihren Einfluß im Parteivorstand der NPD ausbauen konnten. Da die JN kein eigenständiges politisches Profil und keine eigenen politischen Akzente außerhalb der Partei setzen, wird auf eine eigenständige Beschreibung der JN verzichtet. Das neue politische und strategische Konzept wurde in zwei im Oktober 1997 bekanntgewordenen und auf dem Bundesparteitag am 10.01.98 beschlossenen Strategiepapieren als für die Partei verbindlich festgelegt. Damit konnte der Bundesvorsitzende VOIGT seine Stellung in der Partei endgültig festigen. Dieses kam in seiner Wiederwahl mit 85 % der Delegiertenstimmen deutlich zum Ausdruck. Nach dem neuen Konzept hat sich die NPD von der Rolle einer reinen Wahlpartei verabschiedet und stellt nunmehr drei Agitationsfelder gleichrangig nebeneinander: * die Schlacht um die Köpfe - Programmatik * die Schlacht um die Straße - Massenmobilisierung * die Schlacht um die Wähler - Wahlbeteiligung. In ihren hierzu vorgelegten Papieren räumt die NPD ein, sich zur Zeit im "Sektenspektrum" zu befinden und bei Wahlen keine Chancen zu haben. Erfolge bei Wahlen sieht die Partei erst mittelbis langfristig, frühestens bei der Landtagswahl in Sachsen im Jahre 1999, da dort die politischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Partei besonders günstig seien. Mit den Wahlbeteiligungen verfolgt die NPD kurzfristig zwei Ziele: zum einen punktuell in den Genuß der Parteienfinanzierung zu kommen, um die finanzielle Situation der Partei zu konsolidieren. Hauptsächlich beabsichtigt die NPD jedoch, die Wahlkämpfe für Kundgebungen und Demonstrationen zu nutzen, um Erfolge in der Schlacht um die Straße zu suchen. Diese Schlacht will die NPD gemeinsam mit allen führen, die bereit sind, als "politische Soldaten zu denken und zu handeln". Da angepaßte, vernünftige Bürger ihre Wut nicht auf die Straße trügen, müsse man sich an jene Massen von jungen Menschen wenden, die sich herabgewürdigt fühlten und sich wie Fremde im eigenen Land vorkämen. Bei 91 dem "Verfall der Volksgemeinschaft" sei es eine Selbstverständlichkeit, wenn sich diese jungen Leute in Skinheadgruppen zusammenschlössen. Dies neue Konzept gipfelt in folgender Doppelgleisigkeit der NPD: => als Wahlpartei => als Spitze des "Nationalen Widerstandes" Das dabei verfolgte Fernziel ist die Bildung einer nationalen außerparlamentarischen Opposition unter ihrer Führung. Diese Konstellation birgt einerseits Risiken, bietet andererseits aber sowohl für die Partei als auch für "Spitze des nationalen Widerstandes " Außenstehende (NPD-Demonstration, Rostock 1 9 . 0 9 . 9 8 ) Vorteile. Die Partei begibt sich mit ihrem immer stärker betonten Aktionismus und einer vermehrten Aufnahme neonazistischer Führungspersonen in eine doppelte Gefahr: Sie leistet einem möglichen Verbot Vorschub und riskiert zugleich, für fremde Zwecke instrumentalisiert zu werden. Vorteilhaft ist die Möglichkeit, mißliebigen Personen die Aufnahme in die Partei zu verweigern, sie aber dennoch in Aktionsbündnisse einzubeziehen. Neonazis und Skinheads, die sich keiner Parteidisziplin unterordnen wollen und nicht die Ziele der Partei vertreten, können sich an Aktionsbündnissen beteiligen. Durch gegenseitiges Mißtrauen war das Verhältnis zwischen Partei und Aktionspartnern lange Zeit instabil und v o m Scheitern bedroht. Mittlerweile haben beide Seiten erkannt, daß sie für öffentliche Großaktionen aufeinander angewiesen sind und zu gegenseitigen Kompromissen bereit sein müssen. Bei den letzten gemeinsamen Demonstrationen nahm die NPD Neonazis für Organisationsaufgaben in Anspruch, setzte sie als Ordner ein und erteilte Vertretern der "Freien Nationalisten" Rederechte. Trotz dieser Entwicklung bleibt das Verhältnis der Bündnispartner kompliziert, da beide Seiten ihre ideologische Einstellung nicht ändern, ihre 92 Selbständigkeit wahren und ihre eigenen politischen Vorstellungen verfolgen wollen. Eine längerfristige enge politische Zusammenarbeit beider Seiten wird daher konfliktträchtig bleiben. Mit mehreren Großveranstaltungen setzte die NPD ihre Strategie des verstärkten öffentlichen Aktionismus ("Schlacht um die Straße") 1 9 9 8 erfolgreich um. Ihr neues Selbstbewußtsein als treibende Kraft des nationalen Lagers dokumentierte sie mit dem von ihr als Auftakt zum Bundestagswahlkampf angemeldeten "Tag des nationalen Widerstandes" am 07.02.98 in Passau. Unter den mehr als 4 . 0 0 0 Teilnehmern befanden sich auffallend viele Neonazis, unter ihnen zahlreiche Führungspersonen sowie Skinheads. "Kampf um die Straße: Deutscher Sozialismus gegen roten Internationalismus" (Zitat: "Deutsche Stimme" In seiner Rede Nr. 1 1 / 9 8 , Nov. 1998) verdeutlichte der Bundesvorsitzende VOIGT die Position der NPD innerhalb des rechtsextremistischen Lagers. So distanzierte er sich von den anderen rechtsextremistischen Parteien. Er erklärte u.a., die NPD werde auch den REP künftig keine Bündnisangebote mehr unterbreiten, da diese nicht mehr unbedingt der "nationalen Opposition" zuzurechnen seien. Die Inhalte dieser Opposition dürften nicht von der Bewertung durch den politischen Gegner abhängig gemacht werden, sondern allein von der eigenen Weltanschauung. Die Partei habe zu lange versucht, alle "Nationalen" an einen Tisch zu bringen. Dies sei an der Engstirnigkeit "einzelner Möchtegernführer" gescheitert. Nun müsse sich die "stärkste nationale Kraft" durchsetzen - die NPD. Auf einer Pressekonferenz nach der Veranstaltung verdeutlichte VOIGT seine der NPD zugedachte Rolle: "Mit dem heutigen Tag in Passau hat die NPD die Meinungsführerschaft im nationalen Lager 93 endgültig übernommen und somit auch die Führung der Nationalen Außerparlamentarischen Opposition" (NAPO). Wichtiger jedoch sei, daß der überwiegende Teil der "nationalen Jugendlichen" in Deutschland auf die NPD setze, denn damit gehöre " u n s " die Zukunft. Eine der beiden von der NPD 1 9 9 8 veranstalteten Großdemonstrationen fand am 1 . Mai in Leipzig mit mehr als 4 . 0 0 0 Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet statt, unter ihnen wieder zahlreiche Neonazis und Skinheads. Unter dem M o t t o "Wir schaffen Arbeit - Bonn schafft nichts" wurde die Beschäftigungspolitik der Bundesregierung angegriffen. Das Mobilisierungsplakat war mit einem Motiv des Plakates "Arbeiter der Stirn, der Faust, wählt den Frontsoldaten HITLER" aus dem Wahlkampf Adolf HITLERs vor 1 9 3 3 angereichert worden O Gegenüberstellung: 1.1) - ein direkter Bezug zum Nationalsozialismus, den die NPD ansonsten weitgehend vermeidet. An der Abschlußkundgebung im Rahmen des Wahlkampfes für die Landtagswahl in MecklenburgVorpommern am 1 9 . 0 9 . 9 8 in Rostock nahmen erneut etwa 4 . 0 0 0 Personen teil. Im Vorfeld dieser Demonstration hatte die NPD wegen der Absicht Aufsehen erregt, eine Kundgebung vor einem von Ausländern bewohnten Wohnblock im Stadtteil Lichtenhagen zu veranstalten. Die Unterkunft war 1 9 9 2 von gewalttätigen Rechtsextremisten belagert und angezündet worden. Diese bewußte Provokation sorgte nicht nur in der Öffentlichkeit für heftige Proteste, sondern führte erstmals auch in der eigenen Partei zu deutlichem Widerstand. Der zahlenmäßig stärkste Landesverband Sachsen erklärte, er werde keine zentrale Mobilisierung seiner Mitglieder vornehmen, da der Kundgebungsort dem Image der Partei schade. Während der juristischen Auseinandersetzungen um die Genehmigung der Demonstration ließ die NPD von ihrem Vorhaben ab und führte die Abschlußkundgebung im Stadtteil Dierkow durch. Daneben veranstaltete sie eine größere Anzahl weiterer Demonstrationen in verschiedenen Bundesländern unter Beteiligung von Neonazis und Skinheads. Die Teilnehmerzahlen schwankten je nach Thema und Grad der Mobilisierung zwischen unter Hundert und mehr als Tausend. Trebende Kraft bei den Aktivitäten der NPD waren oftmals die "Jungen Natio94 naldemokraten" in enger Abstimmung mit den "Freien Nationalisten". Die Themenauswahl für diese Veranstaltungen war breit gefächert. Eines der Hauptthemen war der Protest gegen die umstrittene Wehrmachtsausstellung an nahezu allen Veranstaltungsorten. Darüber hinaus bemühte sich die NPD verstärkt, soziale und aktuelle politische Themen für ihre öffentlichen Proteste zu instrumentalisieren, u.a. "Todesstrafe für Kinderschänder", "Gegen Drogenfreigabe", "Gegen die doppelte Staatsbürgerschaft für Ausländer" oder "Gegen die Bombenangriffe der USA auf den Irak". Bei ihren Wahlantritten verfiel die NPD nicht der Illusion, ernsthafte Aussichten auf Wahlerfolge zu haben. Entsprechend sparsam fiel der investierte materielle und personelle Aufwand aus, was sich auch in den Wahlergebnissen widerspiegelte: Bei der Landtagswahl in Bayern erzielte die NPD 0,2 %, bei der Bundestagswahl 0,3 % der abgegebenen Stimmen. Auf eine Beteiligung an der Wahl zum niedersächsischen Landtag hatte die Partei verzichtet, bei der Wahl zum Landtag in Sachsen-Anhalt hatte sie nicht einmal die Unterstützungsunterschriften zusammenbekommen. Eine höhere Erwartungshaltung hatte die NPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, wo sie als Minimum einen Stimmenanteil von mehr als 1 % anstrebte, um eine Beteiligung an der Parteienfinanzierung zu erreichen. Insgeheim erhoffte sie, als stärkste rechtsextremistische Partei in diesem Bundesland abzuschneiden und in den Landtag einziehen zu können. Entsprechend aufwendiger war der Wahlkampf, den auch bekannte, nicht der Partei angehörende RechtsextremiMarschreihe 2. von links: Manfred ROEDER (NPD- s t e n unterstützDemonstration 19.09.98 Rostock) ten. So kandidierte der als Rechtsterrorist verurteilte Neonazi Manfred ROEDER als Direktkandidat im Wahlkreis Stralsund. Mit für sie enttäuschenden 1,1 % 95 der abgegebenen Stimmen erreichte die NPD zumindest ihr Minimalziel. Sie erhielt für 1998 aus der Parteienfinanzierung 587.000 DM. Trotz ihrer unter dem Strich negativen Wahlbilanz hob die Partei ein positives Fazit hervor: So konnte sie ihr Parteienprivileg für die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen im Rahmen des Wahlkampfes nutzen und damit den Kampf um die Straße erfolgreich führen. Darüber hinaus erzielte sie insbesondere Erfolge bei Jugendlichen und jungen Menschen, auf deren Mobilisierung sie weiterhin setzt. Neben dem Aktionismus bemüht sich die NPD auch, im Rahmen ihres "Kampfes um die Köpfe" durch die Erarbeitung eigener Positionen zu unterschiedlichen Themen ihr politisches Profil zu schärfen und sich stärker von Konkurrenzparteien abzusetzen. Hierzu gründete sie mehrere interne Arbeitskreise. Die jahrelang unbedeutende NPD verdankt ihren Aufschwung insbesondere dem Zulauf in den neuen Bundesländern. Dementsprechend richtet sie ihre I lologie aus. Neben dem verstärkten Aufgreifen sozialer Themen und Flugbl. NPD-Landesverband Sachsen (Ausder Verwendung DDR-nozug, Hervorh, n. i. 0.): "Wir sind eine antistalgischer Elemente verimperialistische Partei (...) in der Tradition bindet sie insbesondere nader revolutionären deutschen Arbeiterbewetionalistische, sozialistigung". Führungskräfte von REP und DVU sche, antikapitalistische sowie die "Parteien des Großkapitals" seiund "antiimperialistische " en sich einig im "bösartigen AntikommuElemente (s. u.a. Kasten / nismus gegen die Ex-Bürger der DDR". Die Zitate aus Flugbl. d. NPDMehrheit der NPD-Mitglieder sei der MeiLandesverbandes Sachsen). nung, "daß die DDR das bessere Deutschland war (...) wir fordern ehemalige HoheitsDamit spricht die NPD diträger und Führungskräfte der DDR auf, in rekt - wie sie sich ausunserer Partei mit ihrer Sachkunde und ihdrückt - Teile der ehemals rem politischen Kritikvermögen zu wirken. " "staatstragenden Schichten der DDR" bis hin zu mittleren SED-Kadern an, in der NPD mitzuarbeiten. Sie sucht auch die verstärkte Zusammenarbeit mit Teilen der Linken in der "alten BRD", die sich nach dem Zusammenbruch des Marxismus um eine rationale Kapitalismuskritik mit neuen Denkansätzen bemühen. Aus dieser von ihr angenommenen Ausgangssituation folgert sie: "...verlangt geradezu eine revolutionäre Neuformierung nationaler Politik jenseits von links und rechts, eine neue revolutionäre Diktion, die imstande ist, unzufriedene ehemalige Linke und Rechte zu vereinigen und damit neue Mehrheiten zu schaffen". Das Ziel dieser Überlegungen läßt sich aus einem vom Parteivorstand Ende August herausgegebenen "Aufruf zur 96 Deutschlandspende 1998" ableiten. Dort heißt es u.a.: "Die Zeit ist reif, den nationalen Widerstand in eine nationale Volksbewegung Deutschlands zu erweitern". Die NPD versucht, diese theoretischen Ansätze auch in die Praxis umzusetzen. Sichtbarer Ausfluß war ihre intern umstrittene Kontaktaufnahme mit der nordkoreanischen Vertretung in Berlin bzw. deren Besuch durch mehrere Bundesvorstandsmitglieder. Die NPD ist zunehmend bemüht, durch die Erstellung alternativer politischer Programmatik zur herrschenden Politik eine eigene Position innerhalb des rechtsextremistischen Lagers zu beziehen und ihre Fundamentalopposition zum bestehenden politischen System zu verdeutlichen. Dabei verbindet sie ihre antikapitalistische und "antiimperialistische" Kritik mit nationalvölkischen Positionen. In den Mittelpunkt stellt sie dabei die Wirtschaftsund Sozialpolitik. In ihrem Parteiprogramm fordert die NPD, das herrschende deutsche Wirtschaftssystem der sozialen Marktwirtschaft abzuschaffen, da es unsozial sei. Das System, charakterisiert durch Kapitalismus, Internationalismus und den damit verbundenen Globalismus, sei der falsche Weg. An deren Stelle soll eine vom völkischen Nationalismus untrennbare raumorientierte Volkswirtschaft treten. Diese orientiere sich an den völkischen und natürlichen Lebensräumen - entgegengesetzt zur Orientierung an globalen "Ausbeutungskonzepten". Eine moderne Kapitalismuskritik sei nur aus der Perspektive von Volkstum und Lebensraum, der Sozialismus nur als Volksgemeinschaft denkbar und möglich. Das neue Wirtschaftsprogramm der NPD unter dem Titel "Raumorientierte Volkswirtschaft, Richtlinien einer neuen Wirtschaftspolitik" basiert auf einem Konzept des sich als Nationalmarxisten bezeichnenden Dr. Reinhold OBERLERCHER. Als Sofortmaßnahmen der neuen Wirtschaftspolitik der NPD und der nach ihrer Auffassung damit untrennbar verbundenen Sozialpolitik werden u. a. folgende Schritte vorgeschlagen: * "Gänzliche Beseitigung der Arbeitslosigkeit durch Beendigung der A usländerbeschäftigung ", * "Gänzliche Beseitigung von Wohnungsnot, Obdachlosigkeit, Rauschgifthandel und organisiertem Verbrechen durch Entausländerung der Wohnbevölkerung ", * "Einführung eines Staatsarbeitsdienstes für arbeitsfähige Hilfsbedürftige", * "Einstellung aller Tributzahlungen an das Ausland". Die neue Strategie und die neue Programmatik sind intern teilweise umstritten und können in der Zukunft zum Sprengsatz für die Partei werden. Insbesondere bei älteren Parteimitgliedern, speziell in den alten Bundesländern, stoßen sowohl die Zusammenarbeit mit Neonazis und Skinheads 97 und das damit verbundene martialische öffentliche Auftreten als auch die Übernahme sozialistischer - teilweise DDR-nostalgischer - Ideologieelemente sowie die Öffnung zu Linksextremisten auf starke Kritik. Die Richtungsveränderungen werden als schädlich für die Partei angesehen. Teilweise wird eine Intellektualisierung der NPD gefordert. Die Frage, ob die starken ostdeutschen Landesverbände mit den mehr traditionell eingestellten westdeutschen Landesverbänden zu einer Einheit zusammenwachsen und den eingeschlagenen Weg fortführen, hängt insbesondere von Wahlerfolgen der NPD in Ostdeutschland, speziell in Sachsen, ab. Der Hamburger Landesverband lehnt die neue Strategie und die neue Programmatik der Bundespartei weiterhin überwiegend ab. Entsprechend konnte er vom bundesweiten Aufschwung der Partei nicht profitieren. Der annähernd 20 Jahre amtierende Landesvorsitzende Ulrich HARDER ist weder bereit noch fähig, die Partei auf einen neuen Kurs zu führen. Offensichtlich gibt es innerhalb des Landesverbandes jedoch keine personelle Alternative zu HARDER oder keine Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen bzw. neue Aktivitäten zu entfalten. Trotz eines leichten Mitgliederzuwachses auf etwa 90 Personen vermittelt der Hamburger Landesverband weiterhin das Bild eines 'Altherrenvereines'. Die Aktivitäten der wenigen engagierten Mitglieder erschöpfen sich in der Teilnahme an gelegentlchen internen Veranstaltungen. Öffentliche Aktivitäten der NPD in Hamburg blieben aus. Auch die Mobilisierungsbereitschaft der Hamburger Mitglieder für auswärtige Demonstrationen der Partei blieb gering. Der Landesvorsitzende HARDER ist weiterhin nicht bereit, mit der Hamburger Neonaziszene um Thomas WULFF und Christian WORCH zusammenzuarbeiten. Ähnlich wie bei der Hamburger Bürgerschaftswahl (1997) war der Hamburger Landesverband auch bei der Bundestagswahl (1998) nicht in der Lage, einen aktiven Wahlkampf zu führen. Da es keine Unterstützung durch andere Landesverbände oder den Bundesvorstand gab, war die NPD im Bundestagswahlkampf in Hamburg kaum wahrnehmbar. Entsprechend niedrig (0,1 %) fiel das Wahlergebnis aus, das damit noch unter dem Bundesergebnis von 0,3 % lag. Der Hamburger JN-Landesbeauftragten gelang es 1998 nicht, einen Landesverband oder auch nur einen Stützpunkt in Hamburg zu gründen. Die vorhandenen Anhänger werden in Kameradschaften außerhalb der JN zusammengehalten. Die führenden örtlichen JN-Mitglieder arbeiten eng mit dem neonazistischen Personenkreis um WULFF und WORCH zusammen. Die JN-Landesbeauftragte meldete mehrfach Demonstrationen an, an denen weit überwiegend Neonazis und Skinheads teilnahmen. 98 6. Neue Rechte Der Begriff "Neue Rechte" steht seit Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre für eine akademisch-intellektuelle, modernisierte Form rechten antidemokratischen Denkens. Es existiert keine allseits anerkannte Definition dessen, was alles der "Neuen Rechten" zuzuordnen ist. Unstrittig ist jedoch, daß nur Teile der "Neuen Rechten" als rechtsextremistisch zu bewerten sind. Dies gilt insbesondere für bestimmte Anhänger der antidemokratischen Ideologie der "Konservativen Revolution", die das rechte demokratische Denken in der Weimarer Zeit geprägt und zu ihrem Zusammenbruch beigetragen hat. Als rechtsextremistisch sind vor allem die Bereiche der "Konservativen Revolution" anzusehen, die sich in der Tradition der Jungkonservativen, teilweise der Nationalrevolutionäre sehen. Kern des heutigen neurechten Theoriemodells ist der Anspruch, völkische und nationalistische Wertevorstellungen intellektuell zu fundieren und als politisches Alternativmodell zu präsentieren. Um der neurechten Theorie auch politisch zum Durchbruch zu verhelfen, verfolgen ihre Vertreter einen kulturrevolutionären Ansatz. Danach ist die Gewinnung kultureller Vorherrschaft Vorbedingung für eine politische Vorherrschaft. Die "Neue Rechte" ist nicht aktionistisch ausgerichtet. Ihr Hauptanliegen ist, durch die Verbreitung von Texten mit modernisierten und intellektualisierten Teilen rechtsextremistischer Ideologie sowohl andere Bereiche des Rechtsextremismus als auch Bereiche des demokratischen Spektrums zu beeinflussen. Eine Mitgliedschaft in rechtsextremistischen Parteien lehnen Angehörige der "Neuen Rechten" weitgehend ab. Die "Neue Rechte" ist geprägt durch eine Vielzahl verschiedener geistiger Strömungen und unterschiedlicher Kleinorganisationen, Zirkel, Verlage, Zeitungsprojekte, Autoren und unabhängiger Publikationen. Als überregionale Zeitungsprojekte, die der "Neuen Rechten" zuzuordnen sind oder in denen Beiträge ihrer Vertreter veröffentlicht werden, sind "Signal", "Nation & Europa", "Junge Freiheit", "Criticon", "Staatsbriefe", "Sleipnir", "Wir selbst", "DESG-Inform" und "Junges Forum" zu nennen. Ein europäisches Projekt der "Neuen Rechten" bilden die "Europäischen Synergien", deren deutsche Sektion "Synergon Deutschland" ihren Sitz in Hamburg hat. Sie arbeitet eng mit der "Deutsch Europäischen Studiengesellschaft" (DESG) zusammen, der sie sich als Arbeitsgemeinschaft angeschlossen hat. 99 Neben der DESG in Verbindung mit "Synergon Deutschland" gehören der "Neuen Rechten" in Hamburg einzelne Personen und Zirkel an, die unterschiedlichen Richtungen der "Neuen Rechten" zuzurechnen sind. Dazu gehören der "Hamburger Kreis" und der geistige Mentor des "Deutschen Kollegs"^. Reinhold OBERLERCHER mit seinen Anhängern. Zwischen diesen Bereichen gibt es punktuelle Berührungspunkte, aber auch inhaltliche Differenzen und persönliche Animositäten. In der Öffentlichkeit ist äle "Neue Rechte" in Hamburg kaum wahrnehmbar. Ihr Personenpotential stagniert. Einzelne Angehörige bemühen sich um Einfluß in Teilen der rechtsextremistischen Szene in Hamburg bzw. Infiltrierung nicht extremistischer Organisationen. Der "Hamburger Kreis", der ursprünglich zu den "Leserkreisen" der sich als nationalkonservativ verstehenden Wochenzeitung "Junge Freiheit" gehörte, ist ein kleiner Theoriezirkel, der sich als Informationsund Diskussionsforum der "Neuen Rechten" versteht. Die früher durchgeführten Veranstaltungen mit bekannten Referenten, die auch von Interessenten aus anderen rechtsextremistischen Kreisen besucht wurden, wurden im Jahre 1998 nicht fortgesetzt. Der "Hamburger Kreis" bemühte sich unverändert, Einfluß auf die bisher insgesamt nicht rechtsextremistische ökologische Organisation "Unabhängige Ökologen Deutschlands" (UÖD) zu nehmen. Außerdem arbeiten Mitglieder des Hamburger Kreises in anderen rechtsextremistischen Bestrebungen und nationalkonservativen Organisationen mit. Die Aktivitäten der "Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft" (DESG) und des mit ihr verbundenen Verlages "Deutsch-Europäische Studien GmbH" beschränkten sich weitgehend auf die Herausgabe des Nachrichtenblattes "DESG-Inform" und des Theorieorgans "Junges Forum". Auch die enge Zusammenarbeit der DESG mit der ihr als Arbeitsgemeinschaft angeschlossenen Organisation "Synergon Deutschland" erbrachte keine nennenswerte Steigerung der Aktivitäten. Das erkennbare Engagement der Einzelmitglieder ging über die gelegentliche Teilnahme an z. T. europaweiten Seminaren kaum hinaus. "Synergon" ist die deutsche Sektion der vom belgischen Rechtsextremisten Robert STEUCKERS gegründeten "Europäischen Synergien". Diese verstehen sich als europaweit agierendes Netzwerk mit Untergliederungen in mehreren Ländern, auch in Osteuropa. Die Aktivitäten beschränken sich auf die Abhaltung von Kongreßveranstaltungen und die Herausgabe von Theorieorganen. Bekanntester Angehöriger der "Neuen Rechten" in Hamburg ist der sich als "völkisch-germanischer Nationalmarxist" bezeichnende Dr. Reinhold 100 OBERLERCHER. Er hatte seine politischen Wurzeln im linksextremistischen "Sozialistischen Deutschen Studentenbund" (SDS) der sechziger Jahre und ist zu einem Repräsentanten eines radikalen "revolutionären Nationalismus" mutiert. Dr. OBERLERCHER versteht sich als universeller wissenschaftlicher Theoretiker. Mit einer Fülle von Beiträgen zu unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen beabsichtigt er, eine wissenschaftlich geschulte "nationale" Intelligenz heranzuziehen. Sie soll qualifiziert und stark genug sein, nach dem prognostizierten baldigen Niedergang des westlichen Liberalismus - vor der Machtergreifung einer "neuen deutschen Nationalbewegung" und der Schaffung eines "IV. Reiches" - die Meinungsführerschaft in ideologischen, politischen und ökonomischen Fragen zu übernehmen. Er ist Mentor des deutschen Kollegs, das sich als Schulungseinrichtung der "nationalen Intelligenz" versteht. Das "Deutsche Kolleg" veranstaltet Schulungen mit Dr. OBERLERCHER und veröffentlicht seine Schriften. In der rechtsextremistischen Szene hatte er nicht zuletzt aufgrund der völlig abgehobenen, kaum verständlichen Theorien mit fehlendem Bezug zur politischen Praxis nur vereinzelt Erfolge. Auf Resonanz, insbesondere bei der NPD, stießen wirtschaftspolitische Ausarbeitungen Dr. OBERLERCHERS. So wurde er zur NPD-Großveranstaltung am 07.02.98 in Passau eingeladen, wo er ein Wirtschaftsseminar leitete. Danach wurde er von der NPD beauftragt, ein neues Wirtschaftsprogramm zu verfassen, das er unter dem Tenor "Raumorientierte Volkswirtschaft" ausarbeitete. Darüber hinaus wurde Dr. OBERLERCHER in den "Wirtschaftsund sozialpolitischen Ausschuß" der NPD berufen. Im Jahre 1998 verstärkte sich das Interesse der "Neuen Rechten" an Fragen der Gemeinsamkeit oder Differenzen zu linken Ideologien. So werden in Teilen des Rechtsextremismus sozialistische Fragmente übernommen. Darüber hinaus bekundeten sie Interesse an Gesprächen oder Gesprächskreisen mit Linksextremisten oder ehemaligen Linksextremisten. Grundlagen dafür sind zum einen die von ihnen behauptete einstige ideologische Nähe der beiden Ende der sechziger Jahre entstandenen extremistischen Flügel "Neue Rechte" und "Neue Linke", zum anderen die gemeinsame politische Position der Abwendung vom derzeitigen politischen System in der Bundesrepublik. Diese Entwicklung wurde durch die verstärkte Zuwendung ehemaliger Angehöriger der studentischen 68er Bewegung zu nationalen Positionen, insbesondere des Horst MAHLER, beschleunigt. 101 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen und Bestrebungen Neben den im Bericht genannten rechtsextremistischen Bereichen und Parteien gibt es eine Vielzahl weiterer rechtsextremistischer Organisationen, Einrichtungen und Bestrebungen. Ende des Jahres hatten die Verfassungsschutzbehörden 65 derartige Objekte mit zusammen etwa 4.500 Mitgliedern erfaßt, die als eingetragene Vereine, als Gesellschaften oder sonstige Interessenvereinigungen ohne besonderen rechtlichen Status auftreten. Es handelt sich um ein Sammelsurium unterschiedlicher Aus'HUMCi richtungen mit teils regionaler, teils überregionaler Ausdehnung oder Bedeutung. Dazu gehören Kleinstparteien, aber auch Organisationen mit kultureller, tradionspflegender, weltanschaulicher oder heidnischgermanischer Ausrichtung, Jugendund Studentenorganisationen sowie Rechtshilfevereine. Ihre Aktivitäten beschränken sich zumeist auf interne Veranstaltungen und Seminare sowie die Herausgabe von Propagandamaterialien und PubliK. kationen. Teilweise werden of"Nordische Rasse "-Kult mit einem Motiv fen revisionistische, rassistiaus dem "3. Reich" (Fundstelle: Internet) sche und antisemitische Thesen vertreten. Im Bericht werden nur Organisationen erwähnt, die für Hamburg einige Bedeutung haben, in der Vergangenheit hatten oder hier ihren Sitz oder Ursprung haben. Der aus dem Landesverband Hamburg der am 24.02.95 durch den Bundesinnenminister verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) hervorgegangene Personenkreis um Andre GOERTZ ist nicht mehr eindeutig der Neonaziszene zuzurechnen. Der nur aus wenigen Personen bestehende strukturlose Zusammenschluß ist in der rechtsextremistischen Szene größtenteils isoliert und bedeutungslos. Die Aktivitäten beschränken 102 sich weitgehend auf interne Zusammenkünfte. Eigene öffentlichkeitswirksame Aktivitäten oder die Teilnahme an Aktionen anderer Veranstalter fanden nicht statt. GOERTZ hat erneut einen Wandel in seiner Agitation vollzogen. Der von ihm seit 1995 propagierte "Progressive Nationalismus", eine angeblich neue politische Strömung, die sich durch eine - zumindest taktische - Abkehr von traditionellen "nationalen" Politikinhalten auszeichnete, findet in seinen Veröffentlichungen keine Erwähnung mehr. Nunmehr sympathisiert GOERTZ mit Thesen des "neurechten" Vordenkers Dr. Reinhold OBERLERCHER (3 6.), dessen abgehobener nationalrevolutionärer Theorieansatz den ehemaligen, eher aktionistisch ausgerichteten FAP-Anhängern kaum zu vermitteln sein wird. Reputation innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums genießt GOERTZ mittlerweile nur noch durch seine Aktivitäten bei der Nutzung moderner Kommunikationsmittel und als Referent. Neben den von ihm schon länger betriebenen "Nationalen Infotelefonen" (NIT) Hamburg und SchleswigHolstein wurden im Laufe des Jahres 1998 die NIT Mecklenburg-Vorpommern und Düsseldorf installiert. Die inhaltlich identischen Ansagetexte sind auch über eine von GOERTZ eingerichtete Internet-Homepage abrufbar. Die Texte der NIT sind so neutral abgefaßt, daß sie praktisch vom gesamten rechtsextremistischen Spektrum unabhängig von OrNIT ganisationsoder Richtungspräferenzen als Informationsquelle genutzt werden können. Im August und Oktober 1998 veröffentlichte GOERTZ die ersten Ausgaben seines "NITRadio - Stimme der Freiheit" im Internet. Diese Sendungen beinhalten u. a. Interviews mit bekannten Rechtsextremisten. Daneben betreibt GOERTZ einen Vertriebsdienst mit Skinhead-Musik. Seine eigene von Ausländerfeindlichkeit geprägte Meinung präsentierte GOERTZ unter anderem in einer "Sonderansage zur Begrüßung unserer neuen Mitbürger" am 16.10.98 über seine NITs. Bezugnehmend auf die Überlegungen zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts meint er, hierdurch werde man die Statistiken im Bereich der Ausländerkriminalität 103 künstlich bereinigen und wirft sarkistisch die Frage auf, ob die "Neubürger" als Deutsche "...mit uns gemeinsam die große, untilgbare Schuld am Holocaust." übernehmen. "Das NIT empfiehlt daher, den Holocaust-Unterricht bereits mit dem Kindergarten einzuführen und ihn auch in den neudeutschen Sprachen wie Türkisch, Serbisch und Vietnamesisch zu erteilen. " Hetendorf: Mit dem Verbot und der Auflösung der von dem rechtsextremistischen Hamburger Rechtsanwalt Jürgen RIEGER geleiteten rechtsextremistischen Vereine "Heide-Heim e.V." (Hamburg) und "Heideheim e.V." (Buchholz) am 11.02.98 durch das niedersächsische Innenministerium und der damit verbundenen Schließung des Kommunikationsund Veranstaltungszentrums in Hetendorf verloren Rechtsextremisten eine von ihnen stark frequentierte Einrichtung. Zugleich wurde untersagt, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen. Die Vereinsvermögen, u. a. das Hausgrundstück in Hetendorf (Niedersachsen), wurden beschlagnahmt. Gleichzeitige polizeiliche Vollzugsmaßnahmen erfolgten in Bayern, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. In der Verbotsverfügung heißt es, beide Vereine verfolgten das Ziel, mit ihrer Tätigkeit die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend zu untergraben und letztendlich zu beseitigen. Die Arbeit beider Vereinigungen habe sich darauf gerichtet, Treffund Veranstaltungsmöglichkeiten für andere rechtsextremistische bzw. neonazistische Gruppierungen bereitzustellen. Ferner seien die Vereine - nach den Verboten der bislang in Hetendorf aktiven neonazistischen Organisationen - vorrangig für Planung, Organisation und Durchführung der rechtsextremistischen Gemeinschaftsveranstaltung "Hetendorfer Tagungswoche" verantwortlich gewesen. Dort sei im wesentlichen rassistische Indoktrination betrieben, die Vernichtung der Juden im 3. Reich geleugnet und die Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik auch mit kämpferischen Mitteln propagiert worden. Darüberhinaus habe die Vereinstätigkeit das Bekenntnis zum Nationalsozialismus und dessen Verherrlichung umfaßt. Dies sei von überzeugten Nationalsozialisten in der Begegnungsstätte auch Jugendlichen zielgerichtet vermittelt worden. Weiterhin seien die verfassungsfeindlichen Aktivitäten und Bestrebungen des langjährigen geschäftsführenden und derzeitigen ersten Vorsitzenden der beiden Vereine, Jürgen RIEGER, verbotsbegründend gewesen. Der 13. Senat des OVG Lüneburg bestätigte im Rahmen eines Eilverfahrens bei summarischer Prüfung der Sachund Rechtslage am 16.04.98 104 das am 09.02.98 vom Niedersächsischen Innenministerium in Hannover erlassene Verbot der beiden Trägervereine des Schulungszentrums in Hetendorf. Die Richter kamen zu der Überzeugung, im sogenannten "Heideheim" seien verfassungsfeindliche Ziele mit einer aktiv kämpferischen Haltung verfolgt worden. Der Termin für das Hauptverfahren ist noch nicht bekannt. Die Veranstalter der Hetendorfer Tagungswochen - sie fanden zumeist unter RIEGERs Regie statt - setzten sich für das Gedankengut des Nationalsozialismus ein. Fortlaufend sei in Hetendorf die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik untergraben worden mit dem Ziel, diese Ordnung zu beseitigen. Als Ersatz für die 1998 ausgefallene Hetendorfer Tagungswoche veranstalteten RIEGER und die rechtsextremistischen Vereine "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e. V. " (GfbAEV) sowie der "Nordische Ring" (NR) vom 16.-21.06.98 in Ostritz (Sachsen) die "1. Mitteldeutschen Vortragstage". An der Veranstaltung nahmen deutlich weniger Personen teil als in den vergangenen Jahren in Hetendorf. RIEGER hat nach der Schließung des Hetendorfer Zentrums stark an Einfluß in der rechtsextremistischen Szene verloren. Die verbliebenen, von ihm maßgeblich beeinflußten Organisationen NR, GfbAEV sowie die "Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft wesensmäßiger Lebensgestaltung e. V. " haben nur geringe Bedeutung. Die einst mit hohem Anspruch als 'Speerspitze' der Einigungsbestrebungen für ein nationales Bündnis gestartete "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) hat weiter an Bedeutung verloren. In Hamburg gibt es nur noch Einzelmitglieder ohne lokale organisatorische Struktur. Das im Jahr 1992 in Hamburg gegründete "Deutsche Rechtsbüro" (DRB) fungiert weiterhin bundesweit als Kontaktund Koordinierungsstelle für juristischen Rat suchende Personen und Organisationen. Das DRB leistet juristische Aufklärung der rechtsextremistischen Szene durch Öffentlichkeitsarbeit, die Herausgabe juristischer Ratgeber, Presseerklärungen, Schulungen und Vorträge. Die 1982 von der Hamburger NPD abgespaltene "Hamburger Liste Ausländerstopp" (HLA) hat ihren Parteistatus verloren. Im Berichtszeitraum wurden keine Aktivitäten der HLA festgestellt. 105 8. Nutzung moderner Kommunikationsmittel Die zunehmende Nutzung des technischen Fortschritts und der Vorzüge moderner Kommunikationsmittel setzt sich bei Rechtsextremisten weiter fort. Juristische, kommunikative, agitative und aktionistische Probleme der Rechtsextremisten in der Bundesrepublik, ausgelöst durch verstärkte Repressionsmaßnahmen des Staates, hatten zu einem deutlichen Anschub dieser Entwicklung geführt. Während die Aktivitäten im Mailboxbereich aus verschiedenen Gründen weiter rückläufig sind, steigt die Bedeutung des Internet ständig. Für die Kommunikation untereinander haben auch Infotelefone und Von Rechtsextremisten genutzte Vorteile des Internet: Mobiltelefone * relativ ungehinderte Kommunikation, (Handys) erheb- * größerer Verbreitungsgrad, liche Bedeutung. * Mobilität / Nutzung im Ausland ansässiger Brettanbieter (Provider). Mailboxen ha- * relative Sicherheit vor Strafverfolgung (Anklagen, ben als techniVerurteilungen). sches Kommunikationsmittel der rechtsextremistischen Szene im Vergleich zu den Anfangsjahren an Bedeutung stark verloren. Dieses liegt zum einen an der übermächtigen Konkurrenz des Internet, zum anderen sind die MailboxNutzer - symptomatisch für den gesamten Rechtsextremismus - zerstritten. Die im vergangenen Jahr erfolgte Spaltung in die Mailboxnetze "ThuleNetz" und "Nordland-Netz" hat sich vertieft. Auch innerhalb dieser Netze gab es Auseinandersetzungen unter den Usern, die zu erheblichem Rückgang der Nutzer bei gleichzeitiger hoher Fluktuation und zu einem starken Niveauverlust der Beiträge führte. Im "Thule-Netz" ist von den seit der Gründung 1993 dem Netz angehörenden 30 Mailboxen lediglich die Mailbox "Propaganda" verblieben. Die meisten anderen Boxen schieden aus, z. THULEUR(r)NEURTZ B. wegen Meinungsstreitigkeiten der Betreiber (SysOp) untereinander, unter dem Eindruck von Aktionen Linker gegen die SysOp oder als Reaktion auf Strafverfahren gegen einzelne Betreiber. Einen Einbruch erlitt auch das "Nordland-Netz". In der Gründungsphase hatte es aus drei Mailboxen bestanden, wurde dann später zeitweilig aber nur noch von der "Asgard.BBS" (Bad Segeberg) aufrechterhalten. Inzwischen bemüht sich die Mailbox "Kyffhäuser BBS" um Anschluß an das "Nordland106 Netz". Die wegen angeblich technischer Probleme lange Zeit 'offline' gebliebene "Reuterbox" - früher "Störtebeker.BBS" - ging erst im Dezember wieder ans Netz. Die Themenpaletten in den beiden Netzen sind nahezu identisch. Sie greifen spezielle Fragen zur Computertechnologie auf, behandeln gesellschaftspolitische Themen und reproduzieren Texte aus der allgemeinen wie auch aus der rechtsextremistischen Presse. Vielfach verbreiten die User über das Netz Termine der rechtsextremistischen Szene in Deutschland (Skinheadkonzerte, Demonstrationen, Parteiveranstaltungen). Nachrichtenbretter rechtsextremistischer Organisationen (u. a. REP, NPD, DLVH und DVU) werden nicht von den jeweiligen Parteien selbst bestückt, sondern enthalten von den Netzbetreibern ausgewählte Meldungen über die Organisationen. Besonderes Augenmerk verwenden die SysOp der angeschlossenen Mailboxen darauf, daß keine Beiträge strafbaren Inhalts von Usern eingespielt werden (wie Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Beleidigung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen). Internet: Eine zunehmend wichtigere Rolle in der rechten Szene spielt das globale Computernetzwerk Internet. In den letzten Jahren hat sich das Angebot der Homepages im World-Wide-Web (WWW) ständig erweitert. Es ist damit - und wegen des einleitend erwähnten Kataloges von Vorteilen - als Informationsmedium unverzichtbar geworden. Die Bandbreite der im Internet vertretenen Rechtsextremisten erweitert sich ständig. Von etwa 30 (1996) stieg die Zahl einschlägig rechtsextremistischer Homepages bis Ende 1998 auf weit über 200. Die Palette reicht von HooliganGruppen über regionale und überregionale Skinheadszenen bis hin zu Neonazikameradschaften, rechtsextremistischen Parteien und rechtsextremistischen Kleinorganisationen. In der gegenwärtig stark zersplitterten rechtsextremistischen Szene ermöglicht es das Internet HITLERu. Hakenkreuz-Kult im auch örtlichen sowie regionalen Internet 107 Kleinorganisationen und -szenen, sich einerseits gefahrlos einer breiten Interessentenschaft selbst vorzustellen und anderseits an der übergreifenden Kommunikation zu beteiligen und zu profilieren. Eine breite Skala von Anbietern unterschiedlichster Schattierung präsentiert sich so - theoretisch einem Millionenpublikum - im Internet mit Aktionsterminen, allgemeinen oder speziellen aktuellen Nachrichten (von und für interessierte Rechtsextremisten), Hintergrundinformationen, politischen Kommentierungen sowie mit der Vorstellung politischer Konzepte. Zunehmend werden dabei auch grafische und akustische Darstellungen verwendet. Automatische Verknüpfungen ('LINKS') ermöglichen direkte Zugriffe auf die Internet-Seiten anderer rechtsextremistischer Organisationen. Deutsche Rechtsextremisten haben dadurch u.a. die Möglichkeit, sich schnell und problemlos mit hier strafbaren Propagandainhalten verfassungswidriger Organisationen zu versorgen bzw. über die Bretter ausländischer Homepages selbst Beiträge mit strafbaren Inhalten ins Internet einzustellen und zu verbreiten. Zum Teil übernehmen es Gesinnungsgenossen im Ausland, von dort aus die in Deutschland verbotene rechtsextremistische Propaganda ins Netz einzustellen. Rechtsextremisten haben sich so unter Ausnutzung der weltumfassenden Strukturen des Internet in zunehmenden Maße Nischen und Freiräume erschlossen, die sich allein mit nationalen Maßnahmen nicht mehr beschneiden oder gänzlich verhindern lassen. Rechtsextremistischen Internet-Anbie15 (tritt" tern erlauben diese Umstände die Doppelstrategie, einerseits nach deutschen Gesetzen strafrechtlich relevante AusIkkktlM*" " sagen auf den Websites zu vermeiden, SS-Kult mit dem anderseits aber zur Verbreitung genau "Reichsführer SS" dieser verbotenen Inhalte anonym ausHeinrich HIMMLER im Internet ländische Server zu nutzen. Immer mehr deutsche Rechtsextremisten lassen ihre Homepages über ausländische Provider, insbesondere in den USA und Kanada, ins Internet einspeisen und umgehen so Strafverfolgungsmaßnahmen in Deutschland. 108 Nationale Infotelefone (NIT) sind ein weiteres wichtiges technisches Kommunikationsmittel für Rechtsextremisten. Ende 1998 waren noch die NIT Hamburg, Schleswig-Holstein, "Bündnis-Rechts" (SH), Mecklenburg, "Mitteldeutschland-Regionalausschuß" Mecklenburg, Baden-Württemberg, Bayern, "Preußen", "Mitteldeutschland" una Rheinland in Betrieb. Neu ist seit Dezember das NIT Düsseldorf. In Rudolfstetten/Kanton Aargau gibt es außerdem noch das NIT Schweiz. Anspruch, Qualität und Aktualität dieser Einrichtungen sind sehr unterschiedlich. Sie werden zunehmend genutzt, um die rechtsextremistische Szene über Aktionstermine zu informieren, ihre Mobilisierungen zu unterstützen, politische Themen aus rechtsextremistischer Sicht zu kommentieren bzw. gegen das Verhalten demokratischer Politiker und Organe zu agitieren. Um die Beeinflussungsmöglichkeiten zu verbreitern und zu stärken, gibt es erste Ansätze, mehrere NIT miteinander zu vernetzen. Am weitesten ist dabei der für die I NIT in Hamburg, & | | T A ! # PS * * # % I l Schleswig Holstein IM 1 I - / A K I U Ö I I Mecklenburg-Vorpom- J | mern und Düsseldorf verantwortliche Hamburger Rechtsextremist Andre GOERTZ vorangekommen. Seine textidentischen Ansagen (insbesondere Termine, Veranstaltungen, kritische Kommentare) werden in der Regel zweimal wöchentlich aktualisiert. Mit den hinzu kommenden Sonderansagen zu speziellen Anlässen bietet GOERTZ der Szene insgesamt ein ereignisnahes überregionales Informationsmedium. Auch die NIT-Betreiber achten darauf, in ihren Ansagetexten zwar klar erkennbare rechtsextremistische Botschaften zu überbringen, sie aber möglichst ohne Angriffsflächen für strafrechtliche Verfolgung zu formulieren. In dem Verfahren wegen des Verdachts der üblen Nachrede und Volksverhetzung (SS 186, 130 StGB) gegen Andre GOERTZ und andere Beschuldigte (Hintergrund: Ansage vom 22.03.93 zum Spielfilm 'Schindlers Liste', in der von "Hollywood-Seifenoper" und "Auschwitz-Mythos" die Rede war) hat die Revisionsverhandlung 1998 zur endgültigen rechtskräftigen Bestätigung des Freispruchs geführt. Neben den NIT gibt es weitere, insbesondere von Mitgliedern oder Sympathisanten der NPD und der REP betriebene "Infotelefone". Deren Ansagen beschränken sich überwiegend auf parteibezogene Informationen. 109 II. Linksextremismus 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Themen und Aktivitäten Das historische Scheitern des "real existierenden Sozialismus" (Sowjetunion, DDR) hat für jüngere Linksextremisten heute keine nennenswerte Bedeutung mehr. Die anfänglichen Fehlerdebatten in der 'Nachwendezeit', insbesondere innerhalb der dogmatisch ausgerichteten Organisationen, sind längst eingeschlafen. Auf der Suche nach A n t w o r t e n , w a r u m der orthodoxe Staatskommunismus sich in seinem über mehr als sieben Jahrzehnte dauernden "Ersten Anlauf zum Sozialismus" nicht durchsetzen konnte, war die Übermacht des angeblichen "Weltimperialismus" zwar schnell als Hauptschuldiger ausgemacht. Zum ehrlichen Eingeständnis, daß der Kommunismus von der ersten bis zur letzten Stunde Freiheiten der von ihm beherrschten Teile der Menschheit unterdrückt und sich über ihre tatsächlichen Bedürfnisse fortwährend hinweggesetzt hatte, reichte die angekündigte ungeschminkte "Aufarbeitung" nicht. Trotz vernichtender Beurteilungen der Linksdiktaturen durch die Historiker finden die lebensfremden Visionen des Kommunismus immer noch Unterstützer, die in einem "Zweiten Anlauf" erne "klassenlose Gesellschaft" zu etablieren versuchen. Den deutschen Linksextremisten fehlt immer noch ein einigendes Identifikationsbild. Auf der vergeblichen Suche nach dem "revolutionären Subjekt" ist ihr Lager tief zerstritten: Die eher orthodox ausgerichteten Kommunisten vermuten es in der Arbeiterschaft bzw. im "Proletariat", undogmatische Autonome oder Angehörige des "Antiimperialistischen Widerstandes" dagegen betrachten "die Arbeiter" als vom Staat korrumpiert und quasi 'ruhiggestellt'. Man selbst sei das "revolutionäre Subjekt", das sich von den "destruktiven Einflüssen" des bundesrepublikanischen Systems befreien müsse, um danach zur Revolution im Weltmaßstab überzugehen. Die undogmatische Linke in Hamburg wird zu einem erheblichen Teil durch langatmige Diskussionen bis hin zur Handlungsunfähigkeit gelähmt. Hier verlieren sich linksextremistische Gruppen immer wieder in z. T. exzessiv geführten "Sexismusdebatten". Nach Auffassung ihrer jeweiligen zentralen Wortführer gibt es neben dem 'unterdrückerischen Kapital' ein weiteres - mindestens genauso mächtiges - gesellschaftliches Hemmnis in der 110 Entwicklung zu einem "befreiten Menschen": Das "Patriarchat", d.h. die Unterdrückung von Frauen durch Männer. Frauen aus der autonomen Szene werfen häufig männlichen Autonomen "sexistisches" Verhalten vor und beanspruchen dabei die alleinige Definitionsgewalt, was als "sexistisches Verhalten" oder gar "Vergewaltigung" zu gelten hat, ohne daß die Männer ein Widerspruchsrecht hätten. Wiederholt wurden deswegen aktive männliche Autonome ohne Diskussionen aus den Szenezusammenhängen verbannt. Selbst manche Szeneangehörige irritieren die Auswüchse solcher Debatten; sie akzeptieren sie aber letztlich zähneknirschend, um nichtselbst der Ausgrenzung zum Opfer zu fallen. Aktuell dreht sich ein grotesker Streit unter "FrauenLesben" in der autonomen Szene um den Vorwurf einer "Vergewaltigung" zwischen zwei Frauen. Die betroffenen politischen Zusammenhänge drohen darüber zu erstarren oder sogar zu zerbrechen. Soweit diese und andere Störungen der Gruppendynamik die politischen Bestrebungen der Linksextremisten nicht überlagerten oder erdrückten, drehte sich ihr Handeln unverändert um folgende Kernthemen: * "Antifaschismus" (Z> 4.3.2): Sogenannte autonome ,Antifas" versuchten auch 1998 - teils mit massiver Gewalt - rechtsextremistische Aufmärsche zu beoder verhindern. Der "antifaschistische Kampf" zielt nicht nur gegen vermeintliche oder tatsächliche Rechtsextremisten ("Schlagt die Faschisten, wo Ihr sie trefft!"), sondern zugleich gegen das "herrschende System", das als Verursacher, heimlicher Unterstützer und Profiteur rechtsextremistischer Entwicklungen verantwortlich gemacht wird. * "Antirassismus" (Z) 4.3.1) wird als Kampfbegriff für eine Kampagne genutzt, die sich zunehmend mit der "/W/7asc/7/smtys"-Kampagne überschneidet. Behauptete "rassistische" Verhaltensweisen von Personen, Institutionen oder Unternehmen des Staates, der Gesellschaft und der Wirtschaft nahmen .Antirassisten" wiederholt zum Anlaß für Anschläge. * Anti-AKW-Kampf: (Z> 4.3.4): Auch der Kampf gegen die Kernenergie ist aus linksextremistischer Sicht Teil des "Widerstandes gegen das herrschende System", der Militanz als Mittel der politischen Auseinandersetzung legitimiert. In seiner Erwartungslosigkeit hinsichtlich politischer Veränderungen vor dem Regierungswechsel (Bundestagswahl 1998) glaubte sich das autonome Spektrum am Jahresende bestätigt: "Das Schwein hat nur einen anderen Namen" (Zitat aus einem Diskussionspapier). Bereits jetzt rüstet sich die autonome Szene in ihren Strategieplanungen für verstärkte militante Auseinandersetzungen - ganz gleich, 111 ob es zu einem verbindlichen Zeitrahmen für den Kernenergieausstieg kommt oder nicht. Massenarbeitslosigkeit war - in aktionistischer Hinsicht, insbesondere für das gewaltgeneigte linksextremistische Potential - nur ein Randthema, obwohl sie weiterhin zu den vordringlichsten Problemen in Deutschland gehört und daher in die Agitationsinhalte zu den o. g. Kernthemen immer wieder mit einfließt. Daß in Hamburg die Anti-Gentechnik-Kampagne kein Anknüpfungspunkt für linksextremistischen Aktionismus war, dürfte damit zusammenhängen, daß bisher keine Freisetzungsversuche mit genmanipulierten Pflanzen auf hamburgischem Gebiet bekanntgeworden sind. Der Kampf gegen Stadtteilentwicklung/Umstrukturierung - bei dem es früher mehrfach zu Hausbesetzungen (gegen Sanierungen, Modernisierungen, Nutzungsveränderungen, öffentliche und gewerbliche Bauprojekte) kam - wurde im Berichtsjahr von der Drogenproblematik im Schanzenviertel überdeckt. Früher unterschieden weite Kreise der Linksextremisten zwischen Opfern (Rauschgiftabhängigen) und Tätern (Dealern) des zu bekämpfenden "Systems". Im Rahmen der "Antirassismus"-Kampagne sehen viele Autonome im Schanzenviertel nunmehr zumindest schwarzafrikanische oder kurdische Dealer ebenfalls als Opfer: Sie seien das Ziel "rassistischer" staatlicher Verfolgung und hätten daher Anspruch auf aktiven solidarischen Schutz. Mit dieser in den eigenen Reihen nicht unumstrittenen Argumentation rechtfertigte die Szene u. a. zahlreiche Gewalttaten (O 4 . 3 . 1 , 4.3.3). 1.2 Organisationen und Potentiale 1998 gliederten sich linksextremistische Organisationen und Vereinigungen bundesweit in 43 Parteien/Fraktionen und sonstige Kernund Nebenorganisationen (1997: ebenfalls 43). Die Zahl ihrer Mitglieder bzw. Angehörigen belief sich auf ca. 28.400 (1997: 27.800). Dieser Zahl sind noch ca. 7.000 "Gewaltbereite Linksextremisten" in 66 Gruppen [Autonome, Anarchisten, Antiimperialistischer Widerstand (AIW)] hinzuzurechnen (1997: ebenfalls etwa 7.000, in 69 Gruppen). In den Bundeszahlen sind die Mitglieder der "Kommunistischen Plattform der PDS" (KPF) sowie weitere Mitglieder linksextremistischer Gruppen in der PDS enthalten (nicht in allen Ländern Beobachtungsobjekt, auch nicht in Hamburg). Bundesweit stufen die Verfassungsschutzbehörden somit insgesamt 35.400 (1997: 112 34.800) Personen als Linksextremisten ein. 1998 35100 Bundesebene: Linksextremistische 1997 34800 Mitglieder-/ 1996 Anhängerpotentiale J _aaauu_ 1995 35500 1994 34100 3 31 1993 *34-^nn 1992 _233QU1991 1990 7fl"00 1989 38700 ***' -'--uHk 1988 1987 C9ann A V y 10000 20000 30000 40000 50000 60000 Betrachtet man die Entwicklung der letzten 10 Jahre, bleibt festzuhalten, daß sich das linksextremistische Mitglieder-/Aktivistenpotential in der Bundesrepublik seit 1992 zahlenmäßig stabilisiert zeigt, nachdem es von 1 9 8 9 bis 1991 zu einem massiven Einbruch gekommen war. Es ist den Linksextremisten allerdings nicht gelungen, ihre Stagnation der letzten Jahre zu durchbrechen. Der Einbruch der Mitgliederzahlen bis 1991 resultierte w e - sentlich aus der politischen Wende in der ehemaligen DDR und dem Ende der "sozialistischen Staatengemeinschaft" - insbesondere der Sowjetunion. Vorboten dieser Entwicklung hatten sich schon vor 1 9 8 9 mit massiven Zerrüttungserscheinungen im Organisationsgefüge der DKP angekündigt. Die absolute Zahl der in Hamburg ansässigen Linksextremisten (ca. 1.350) hat sich gegenüber 1997 (ca. 1.440) um knapp 100 vermindert. Innerhalb des Gesamtspektrums ist es aber zu weiteren Verschiebungen gekommen. Organisationen der revolutionären Marxisten/Leninisten zeigten sich hin113 sichtlich der Mitgliederzahl relativ stabil, wenngleich sie Nachwuchsprobleme haben. Im trotzkistischen Einflußbereich ergaben sich insbesondere beim "Linksruck"-Potential ( 3 5.2) erstmals seit Jahren Zuwächse. Das autonome Spektrum kann Abwanderungen weiterhin mit neuen jungen Interessenten - oft im Schüleralter - auffüllen. "; Wr ***;,:** 1998 L~ 1350 P 1$ Hamburg: 1997 1 1.44oP n Linksextremistische 1996 Mitglieder-/ 1995 L 1355 W ^ Anhängerpotentiale j Kp* A 1994 \ 1220 [y> 1993 j 1250 P 1992 r 1350 W W" 1 1991 F 1990 ji ." M 1990 w r 3500 P ""*"ja 1989 L ^finn P mf 1988 F 4700 P te -- 1987 L .'Il 440(1 P--500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 Das unter der Sammelbezeichnung "Autonome und Antiimperialistischer Widerstand" zusammengefaßte gewaltbereite linksextremistische Spektrum umfaßt (zusammen mit der anarchistischen Szene) in Hamburg ca. 600 Personen (1997: 700). Damit zeigte sich hier ein deutlicherer Verlust als in anderen Bereichen. Dieses gewaltgeneigte Gesamtpotential ist nicht als Ganzes ständig auf der Straße im militanten Sinne aktiv. Teile dieses Spektrums stecken mitten in lähmenden Diskussionsprozessen, andere agieren spontan und anlaßbezogen. Auch wenn Personen, die als gewaltbereit einzustufen sind und sich selbst als Autonome definieren, sich gelegentlich für ein oder zwei Jahre eher zurückhalten, müssen sie dem zu mobilisierenden Potential zugerechnet werden. Als zweiter zahlenmäßiger Schwerpunkt innerhalb der linksextremistischen Szene Hamburgs folgt dem vorgenannten gewaltbereiten Potential die 114 orthodox-kommunistisch ausgerichtete "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) mit ca. 400 Mitgliedern. Sonstige in Hamburg lebende Linksextremisten verteilen sich auf zahlreiche Kleinund Kleinstgruppen, die - abgesehen von der Marxistischen Gruppe (MG) - hinsichtlich ihrer Personenzahlen im einzelnen eher unbedeutend sind. 1.3 Beteiligung an Wahlen Zur Bundestagswahl am 27.09.98 verzichtete die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) als unter den linksextremistischen Parteien in der Bundesrepublik zahlenmäßig stärkste Organisation (ca. 6.500 Mitglieder It. Eigenangabe, Hamburg ca. 400) erneut darauf, sich den Wählern mit Kandidaten auf eigenen Landeslisten zu stellen. Sie unterstützte, wie schon bei der Wahl 1994 und bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 1997, den Wahlkampf der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS). Daneben stellte sie sich in nur wenigen ausgesuchten Wahlkreisen des Bundesgebietes mit eigenen Direktkandidaten dem Wählervotum (bundesweit insgesamt 2.105 Erststimmen). In einigen Bundesländern waren DKP-Mitglieder auf PDS-Landeslisten oder als PDS-Direktkandidaten nominiert. In Hamburg kandidierte ein Vorstandsmitglied der DKP-Bezirksorganisation erfolglos auf der PDS-Landesliste, auf die nach dem endgültigen amtlichen Endergebnis 2,3 % (22.603 Zweitstimmen) entfielen (1994: 2,2 %). Im Wahlkreis Eimsbüttel trat die DKP zudem mit ihrem einzigen Hamburger Direktkandidaten an. Obwohl die PDS in diesem Wahlkreis auf eine Konkurrenzkandidatur verzichtet hatte, scheiterte der DKP-Kandidat dennoch mit nur 0,4 % (574 Erststimmen) deutlich. Das Wahlverhalten der DKP ergab sich aus der Beschlußlage des 14. DKPParteitages (22.-24.05.98 in Hannover): DKP-Zweitstimmenkampagne zugunsten der PDS; Verzicht auf eigene Landeslisten, Erststimmenempfehlung zugunsten der PDS überall dort, wo die PDS Chancen auf ein Direktmandat habe; DKP-Direktkandidaturen in ausgesuchten Wahlkreisen mit der Wahlempfehlung, "mit der Erststimme knallrot, DKP" zu wählen - jedoch nicht in Konkurrenz zur PDS. Der DKP-Parteitag nannte als Wahlziel u. a. den Wiedereinzug der PDS in den Bundestag, damit diese "als linke Opposition antimilitaristische und sozialistische Positionen ins Parlament" transportiere. Ferner wollte die DKP mit ihrer Wahlorientierung eine Ausgrenzung "antikapitalistischer 115 Kräfte" durch die PDS "behindern". Auf flächendeckende Eigenkandidaturen hat die DKP in Hamburg schon seit längerer Zeit verzichtet. Daß die DKP an ihren langfristigen strategischen Absichten gleichwohl festhält, legte der DKP-Vorsitzende Heinz STEHR vor der Wahl dar: Ein langer Atem und Beharrlichkeit seien geboten. Vor dem Sozialismus sei eine "Wende zu progressiver Reformpolitik"durchzusetzen. Ein Ausscheiden der PDS aus dem Bundestag verschlechtere die "Kampfsituation". Unverändert setzt die DKP als "revolutionär kommunistische" Partei primär auf Veränderungen politischer Kräfteverhältnisse durch "Bündelung der Linkskräfte", Einbringung von "Klassenpositionen", erhöhte "Durchschlagskraft" außerparlamentarischer Bewegungen und "Mehrheiten". Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD, ca. 2.500 Mitglieder, Hamburg ca. 30) stellte sich mit "offenen" Landeslisten in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen sowie mit bundesweit 41 Direktkandidaten in 13 Bundesländern zur Wahl. Sie erzielte bundesweit 4.731 Zweitstimmen (0,0 %) und 7.208 Erststimmen (0,0 %). In Hamburg hatte die Partei lediglich einen Direktkandidaten im Wahlkreis Altona nominiert. Auf ihn entfielen 266 Erststimmen = 0,2 % - genau 5 Stimmen weniger als bei der Direktkandidatur 1994 im gleichen Wahlkreis. Die von der MLPD stets beschworene Verankerung unter den "proletarischen Massen" bewegt sich damit erneut prozentual an der Nullmarke. Der MLPD-Wahlkampf stand u. a. unter dem Motto: "Unterstützt die Kandidaten der neuen Opposition - Vorwärts zum echten Sozialismus!" Die Kandidatur hob weniger auf einen Einzug in den Bundestag ab, sondern mehr auf Interessentenansprache, Sympathisantengewinnung, Mitgliederrekrutierung und Geldbeschaffung im Zuge einer Spendenkampagne. Dieses war die Hauptaufgabe der von der MLPD gegründeten 37 "Wählerinitiativen", die eine "neue Art der revolutionären Kleinarbeit"darstellen und als "Schule der proletarischen Demokratie" wirken sollten. Die "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa" (ATIK), Basisorganisation des "Partizan"-Flügels der linksextremistischen "Türkischen Kommunistischen Partei/ Marxisten116 Leninisten" (O IV/4.2.3), unterstützte - auch in Hamburg - den Wahlkampf der MLPD. Die trotzkistische "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG, 200 Mitglieder) trat mit Landeslisten in 6 Bundesländern - nicht in Hamburg - an. Sie erzielte bundesweit 6.226 Zweitstimmen (0,0 %). 2. Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten / Statistik Die Zahlen für die Bundesebene basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) - für Hamburg auf Angaben des Landeskriminalamtes (LKA). Sie sind wegen veränderter Erfassung-/Bewertungskriterien sowie aufgrund von Nachmeldungen bzw. aktualisierten Erkenntnisständen mit den in früheren Hamburger Verfassungsschutzberichten aufgeführten Statistiken nicht vergleichbar. 1998 wurden bundesweit insgesamt 3.201 (1997: 3.079) Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund erfaßt, darunter 783 (1997: 833) Gewalttaten. Daraus ergeben sich gegenüber 1997 ein Anstieg der Straftaten insgesamt um 122 (+ 4 %) sowie ein Rückgang der Gewalttaten um 50 (- 6 %). A '-'Gewalttaten Bundesebene: Straftaten mit * Straf täte n insgesamt erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund 4000 3500 /T~a / 4.3.2) warb mit Flugblättern für die einzelnen Aktionstermine. Am 15.08.98 empfingen etwa 100 Personen die mit Bus und Pkw aus Bremen kommende "Karawane" an der Autobahn141 ausfahrt Bahrenfeld. Eine gemeinsame rollende Demonstration (Fahrräder, Pkw, Karawane-Bus) führte ins Zentrum Altonas und ins Schanzenviertel. Am 16.08.98 folgte eine kurze Demonstration zu den am Eibufer in Neumühlen verankerten schwimmenden Flüchtlingsunterkünften mit abschließender Kundgebung. Die meisten Bewohner der Schiffe verhielten sich gegenüber der Aktion distanziert. Einigen "Kara wane "-Teilnehmern wurde der Zugang zu den Schiffen verwehrt. Mit einer Kundgebung vor der Ausländerbehörde begann am 17.08.98 der zweite Aktionstag in Hamburg. Parallel dazu veranstalteten Vertreter der "Karawane" und Hamburger Organisatoren eine Pressekonferenz in der Anfang 1995 von Flüchtlingsgruppen gegenüber der Ausländerbehörde eingerichteten und von der kommunistisch-beeinflußten VVN-BdA Q 5.1) organisatorisch sowie finanziell mitgetragenen Anlaufstelle für Asylbewerber {"Cafe Exil"). Teilnehmer eines bundesweiten Treffens "Kein Mensch ist illegal" vom 24.-25.10.98 in Hamburg bilanzierten Verlauf und Ergebnisse der "Karawane" und diskutierten ihr weiteres Vorgehen. Ein Teilnehmer plädierte - unwidersprochen - für mehr Militanz, um größere Aufmerksamkeit zu erregen: Brennende Autos des Innenministeriums würden sicher auf positive Resonanz stoßen. Linksextremisten werteten die "Karawane" als großen Erfolg. Die bundesund europaweite Vernetzung der beteiligten Gruppen und gesellschaftlichen Bereiche (z.B. Arbeitsloserv/Obdachlosengruppen) sei vorangekommen. Der Kampf gegen "Ausgrenzung", "Kriminalisierung", "Rassismus" und "Faschismus" werde weitergehen. Die "Karawane" se\ erst der Anfang. Auch 1998 mußte angeblicher "Antirassismus" als Vorwand für linksextremistische Gewalttaten herhalten. In der Nacht des 29.03.98 beschmierten Unbekannte in Hamburg das Wohnhaus des Vorstandsvorsitzenden der "SPAR-Handels-AG". In der gleichen Nacht verübten die höchstwahrscheinlich dem autonomen Spektrum zuzurechnenden Täter einen Brandanschlag auf Fahrzeuge der SPAR-Handels AG in Schenefeld. Sie richteten Sachschaden in Höhe von etwa 1 Million Mark an. Am 30.03.98 gingen bei verschiedenen Tageszeitungen Selbstbezichtigungsschreiben ein. Als Begründung behaupteten die Täter, "SPAR" beteilige sich an der Umsetzung "rassistischer Sondergesetze" und verdiene daran. Die Attentäter betrachten es als "schikanös" und "rassistisch", daß Asylbewerber außer bar ausgezahltem Taschengeld, Wohngeld und freier medizinischer Versorgung in manchen Bundesländern Sozialhilfeleistungen für angeblich "wenig frische" Lebensmittelmitteleinkäufe "nur" als Warengutscheine erhalten. Die Lebensmittel liefere zum Teil die "SPAR-Handels AG". 142 "Antirassistischer" Brandanschlag in Schenefeld gegen SPAR-Handels-AG "Die P r o f i t e u r e r a s a i s t i s c h e r Sonder B eae Die Täter freuten haben Namen und A n s c h r i f t , " sich über ähnlich motivierte Brandanschläge in Berlin ileute morgan sind auf ilem Fuhrparkfeiände des" und forderten zu Ilauptsltaea .1er SPAR-.-EIandeJü Ag, O^terbrooksve weiteren Aktionen 35-45 in 22867 Schenefeld, mehrere LKW's in Fl. men aufgegangen. Nicht wait e n t f e r n t , im feine gegen SPAR auf, Blöiikencsc,. wueden an Haus ties SFAR-'/ors i t *entl. denn "die Organisa- ^ ^ ^ * ^ * ^ * * * P Hamburg, T h l . (tm) "w^Scheiben e h tionsform von Proschlagen und Farbe innen und auflon v e r t e i l t - fit euren wie SPAR" nie SPAK-Hand"; biete "viele Möglichkeiten, initiativ zu werden". SPAR e r h s 1 *"""*"" isst der ! t " " n i l " . habe Märkte "überall in der BRD". Die Qiler l n F !?**::* " """"zahlen n " ' "" " o n Gui. "Urheberinnen neuer Gesetzestexte" Ausriß aus dem Bekennerschreiben "antirassistiließen sich "ausscher" Brandstifter und Farbschmierer gegen SPAR kundschaften und 143 angreifen (...) Grenzen auf, Bleiberecht für alle!!" Propaganda und Agitation bis hin zu Gewaltaktionen unter dem Vorwand von "Antirassismus" werden voraussichtlich auch 1999 ein Schwerpunkt linksextremistischer Bestrebungen bleiben. Im abgelaufenen Jahr wurden neben Angehörigen staatlicher Dienste und Einrichtungen dabei vermehrt sonstige Bürger unter "Rassismus"-Verdacht gestellt. So wurde die Bevölkerung im Landkreis Görlitz anläßlich des oben erwähnten Aktionscamps in bezug auf illegal nach Deutschland gelangende Asylbewerber als "denunziationswillig " beschimpft. 4.3.2 Antifaschismus Der Kampf gegen tatsächlichen oder vermeintlichen Faschismus und Rassismus hat für Linksextremisten anhaltend nahezu gleichhohe Bedeutung. In der Agitation und in Tatbegründungen von Gewalttätern zu beiden Kampagnen kommt es daher auch immer wieder zu Überschneidungen. Da Deutschland nach linksextremistischem Befund ein "faschistischer" oder wenigstens "faschistoider" Staat ist, wird ihm zusätzlich auch gleich des Etikett "rassistisch" angeheftet. Linksextremistische "Antifas" richten ihren Protest vordergründig gegen "rechte" Gewalt und "faschistische" Strukturen, z. B. der NPD, deren Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN), der "Deutschen Volksunion" (DVU) oder der Partei "Die Republikaner" (REP). Eigentliches Angriffsziel aber ist das "System" der Bundesrepublik. Diesem wird eine anhaltende Verwurzelung im Faschismus des "3. Reiches" unterstellt. Es begünstige rechtsextremistische Organisationen und Betätigungen oder funktionalisiere sie sogar zur eigenen "kapitalistischen/imperialistischen " Herrschaftssicherung. Die "Antifa" sieht sich als "Speerspitze" gegen tatsächliche oder behauptete rechtsextremistische Zusammenhänge. Autonome Antifaschisten versuchen aus diesem Selbstverständnis heraus, "rechte" Strukturen auszuforschen, aufzudecken, "Faschisten angreifbar" zu machen und direkt gegen sie vorzugehen. Aktionen gegen "Faschos" sollen generell öffentliche Auftrit144 te von Rechtsextremisten verhindern oder zumindest empfindlich behindern. Gewaltanwendung bedarf dabei wegen des - vom "Antifa"Standpunkt aus gesehen - höheren Zwecks keiner besonderen Begründung. Militantes Vorgehen gegen rechtsextremistische Organisationen oder Einzelpersonen, zuweilen bis hin zu Brandanschlägen, gehört zum Selbstverständnis autonomer "Antifaschisten". Zwei bundesweite Vernetzungsansätze der autonomen "Antifa" treten derzeit hervor: Die "Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) und das "Bundesweite Antifatreffen" (BAT). Hamburger Antifaschisten sind in beiden Plattformen vertreten. eEE^FA NTIFASCHISTISCHE Die AA/BO sieht sich als "Zusammenschluß von parteiunabhängigen Antifa-Gruppen". Sie umfaßt momentan 11 Mitgliedsgruppen aus Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Im Internet stellt sie sich und ihre revolutionären Ziele wie folgt vor: "Mit der Antifaschistische Aktion/ Bundesweite Organisation (AA/BO) wollen wir den Faschisten organisiert entgegentreten. Wir gehen offensiv gegen die Drahtzieher und Ideologen des Naziterrors vor. Faschistische Täterinnen haben Namen und Adresse! (...) Revolutionärer, antifaschistischer Kampf muß sich immer auch gegen die gesellschaftlichen Bedingungen wenden, aus denen heraus faschistische Bewegungen entstehen: Das kapitalistische Konkurrenzprinzip (...) Eine antifaschistische, freie Gesellschaft kann nur entstehen, wenn das System mit all seinen Übeln gekippt wird. Denn für alles Reaktionäre gilt, daß es nicht fällt, wenn es nicht niedergerissen wird" (Hervorh, n. i. 0.). Einen ihrer Schwerpunkte setzte die AA/BO nach eigenen Angaben 1998 auf den "Kampf gegen die 'Innere Sicherheit'". Im Herbst brachte sie zu diesem Thema eine umfangreiche Broschüre mit dem Titel "Entsichert - der Polizeistaat lädt nach ... - Zusammen kämpfen! Gegen die Sicherheit der Herrschenden!" heraus. Im Juli veranstaltete sie in Hessen unter dem Motto "Organisiert den revolutionären Widerstand" ein "antifaschistisches Sommercamp ". 145 Im Mai wurde die AA/BO durch eine bundesweite polizeiliche Durchsuchungsaktion der Staatsanwaltschaft München und des Landeskriminalamtes Bayern gegen Antifaschisten aus Passau überrascht. Gegen die Beschuldigten wird nach SS129 StGB (Bildung einer kriminellen Vereinigung) ermittelt. Auch in Hamburg wurden 4 Wohnungen durchsucht. Aus Hamburg ist die seit Sommer 1 9 9 6 bestehende "Antifaschistische Gruppe Hamburg" (AGH) in der AA/BO vertreten. Die Gruppe bezieht sich "positiv auf einen konsequenten Antifaschismus, der die Wurzeln des Faschismus im Kapitalismus benennt" und will "den Widerstand in die eigenen Hände nehmen". Der zweite bundesweite Vernetzungsansatz - das BAT - will der hierarchischen Struktur der AA/BO eine offenere Alternative entgegensetzen. Die inhaltliche Arbeit der darin z. Zt. engagierten über 4 0 Gruppierungen vollzieht sich in mehreren fest eingerichteten Arbeitsgruppen. Aus Hamburg sind im BAT mehrere "Antifa"-Gruppen vertreten. Neben den in diese überregionalen Vernetzungen eingebundenen Hamburger Gruppen existieren zahlreiche ande;vwwvj re lokale Hamburger "Antifa"Gruppen (häufig Stadtteiloder anderweitig bereichsbezogen) und Bündnisverflechtungen. Seit 1 9 8 9 existiert eine vorrangig an der Universität und den Hamburger Hochschulen wirkende, von Linksextremisten beeinflußte studentische "Hochschul-Antifa ". Jüngere Hamburger "Antifas" betäORGANISAT 0(E . tigen sich in der "Antifa JugendAHTVFASCKfeTISCHS front" (AJF). AGH und AJF veran3glPSSTHJLFE stalten im Szene-Treff "B 5" (O 4.2) regelmäßig gemeinsam das "Antifa * AMTIFA * Jugend Cafe" u. a. mit dem Ziel, WGENDFfiöNT neue Interessenten zu politisieren und als Mitglieder zu werben. Die "Blow up" Nr. 18 (Winter 9 7 / 9 8 ) : AJF gibt unregelmäßig die u. a. vor Darstellung "antifaschistischer Schulen verteilte Schrift " * BLOW Selbsthilfe " UP! * the system - Antifa Jugendinfo Hamburg" heraus. 146 Die Zeitschrift propagiert eine "revolutionäre Jugendbewegung". Sie ruft unter dem Motto "schlagt die Nazis wo ihr sie trefft"zur "antifaschistischen Selbsthilfe" auf. Auf dem Titelblatt der Ausgabe vom Sommer 1998 unterstrich die AJF ihre Systemfeindlichkeit unmißverständlich mit dem Aufruf "Fight the Nazis ... and the system". Die "Fantifa" (Frauenantifa) wird u. a. durch die Gruppe "Fantifa Olga Benario" repräsentiert. Beispiele weiterer Hamburger "Antifa"-Gruppen sind die "Autonome Männer Antifa" (AMA) und die "Wasserkante - Antifaschistische Gruppe" sowie die "AntifaFula" (Fula = Fuhlsbüttel-Langenhorn). Eine regionale Hamburger Vernetzungsinitiative nennt sich "Antifa-Vernetzungstreffen" - eine Art Info-Börse der Hamburger ,,/lnf#3"-Gruppen. Sie hat die Nachfolge des 1997 aufgelösten hamburgweiten "Bündnis Keinen Fußbreit den Faschisten" angetreten. Breit angelegte Bündnisaktivitäten brachte die Hamburger "Antifa"-Szene 1998 allerdings kaum hervor. Im Herbst reaktivierte sie das "Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus", das sich 1997 im Vorfeld der Hamburger Bürgerschaftswahl an den Mobilisierungen gegen einen (ausgefallenen) NPD-Aufmarsch und angeblichen staatlichen Faschismus beteiligt hatte. In diesem Bündnis wirken auch orthodoxe Kommunisten und eine Gruppe des "Antiimperialistischen Widerstandes" {O IM/3) mit. Am 03.12.97 waren ca. 400 Demonstranten aus dem autonomen / antifaschistischen Spektrum in Billstedt aufmarschiert, um gegen ein Versammlungslokal der DVU vorzugehen. Einen prinzipiell vergleichbaren Versuch unternah men am 02.09.98 ca. 300 Personen (etwa zur Hälfte Linksextremisten), die einem Aufruf des "Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" folgten. Unter dem Tenor "Kein Stützpunkt für die DVU" hatte das Bündnis im Vorfeld der Bundestagswahl zur Blockade eines DVU-Treffpunktes in Wandsbek aufgefordert. Während die Demonstranten in Billstedt 1997 Polizeikräfte gewaltsam angriffen hatten und die Polizei eine Eskalation nur knapp verhindern konnte, verlief die diesjährige Demonstration friedlich. Die DVU hatte ihre Mitglieder umdirigiert. "Stoppt den Staatsterror! Keine Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstandes!". Unter diesem Motto reagierten am 16.05.98 Hamburger "Antifas" mit einer vom "/4^/SO"-Spektrum gesteuerten Demonstration auf die bundesweiten Durchsuchungen vom 12.05.98 im Zuge von Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft gegen mehrere aus Passau stammende (z. T. jetzt in Hamburg wohnende) Mitglieder der antifaschistischen Szene. Hintergrund ist der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereini147 gung (SS129 StGB). In einem auf der Internet-Homepage der "AGH" veröffentlichten Aufruf zu dieser Demonstration wird die Maßnahme des Staatsschutzes als eine Aktion kommentiert, die sich primär gegen eine "konsequente antifaschistische Praxis" richte und sich in eine angebliche "kontinuierliche Verfolgung Jt J von Antifaschisten" einreihe. Über das "politische Konstrukt" 'Kriminelle VereiniSBaflQSHISaQB gung' wolle man sich Einblick in die Strukturen der Kane Krkiiiidfcierung der Passait" Antifa! jeweiligen Zusammenhänge Solidarität mit den 28 Beschuldigten! verschaffen. Um "den Versuch der Kriminalisierung jeglicher radikaler Kritik an den herrschenden politischen Verhältnissen" zurückzudrängen, gelte es, die (nicht genannten) "eigenen Ansätze weiterzuverfolgen ". Spender* onto: Rechtshik'ef ond * Im Juli/August waren Veranstaltungen anläßlich des von BISMARCK-Jubiläumsjahres das Hauptthema der Hamburger "Antifa"Szene. Zum 13.07.98 hatte die Otto-vonBismarck-Stiftung zu einem Festakt anläßlich ihrer Umwandlung in eine öffentliche Bundesstiftung und des 100. Todestages Otto von Bismarcks in das Sachsenwaldforum in Reinbek geladen. Vor dessen Toren protestierten ca. 50 Personen unter Beteiligung der autonomen Szene, indem einige u. a. mit Wasser gefüllte Wurfgeschosse schleuderten. In der Hamburger Szene kursierte ein Flugblatt, das unter der Überschrift "Wider die nationale Sinnstiftung" zur Teilnahme an einer "Agit-Prop-Aktion" gegen den Festakt aufgerufen hatte. Für den 08.08.98 hatten die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) einen Aufzug ebenfalls aus Anlaß des 100. Todestages Otto von BISMARCKS in Aumühle bei Hamburg angekündigt. Die linke Szene mobilisierte zur Gegendemonstration (ca. 100 Teilnehmer, rechte Szene ca. 130) und versuchte, den Aufzug der Rechtsextremisten u.a. durch Blockierungen der Marschroute zu verhindern. 23 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Ein Teilnehmer des rechtsextremistischen Aufzuges wurde durch einen Teilnehmer der linken Gegendemonstration schwer verletzt. 148 Danach investierte die Hamburger "Antifa"Szene ihre gesamte Kraft auf die Mobilisierungskampagne zu einer antifaschistischen Großdemonstration am 19.09.98 in Rostock. Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) hatte zu diesem Termin angekündigt, ihren Schwerpunktwahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern (Landtagswahl und Bundestagswahl) mit einer zentralen Abschlußkundgebung und einer spektakulären Massenmanifestation beenden zu wollen. Bundesweit organisierten die dadurch herausgeforderten "Antifa"-Gruppen, teilweise in direkter Zusammenarbeit mit demokratischen Gruppen und Organisationen, Gegenaktionen. In Norddeutschland - auch in Hamburg - fanden mehrere Vorbereitungsveranstaltungen statt. Verschiedenen Gruppen brachten Aufrufe in Umlauf. Unter dem Motto "Den NPD-Aufmarsch am 19.09.98 in RostockLichtenhagen verhindern! Die Koalition von law & order angreifen - Gegen reaktionäre und rassistische Politik - volle Kraft voraus"riefen "Antifaschistische Gruppen aus Hamburg und Umland" zur Teilnahme an den Gegenaktionen auf. Die AGH, die AJF und die "Antifaschistische Gruppe Wasserkante" unterstützten einen von mehreren Aufrufen in Hamburg. Zu Gegenaktivitäten sammelten sich in Rostock schließlich Tausende Demonstranten aus allen Bundesländern, unter denen Linksextremisten eine Minderheit bildeten. Im Demonstrationsverlauf kam es zu vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen Personen der rechtsextremistischen Szene und Gegendemonstranten. Es gelang den beteiligten Autonomen jedoch aufgrund starker Polizeipräsenz nicht, die angemeldete NPD-Demonstration zu beoder verhindern. Eine Person wurde von einem Auto angefahren und schwer verletzt. Die linke Szene bewertete den Vorfall als rechtsextremistischen Anschlag. Offenbar aus Unzufriedenheit über das Ergebnis der Rostocker Gegenaktionen eröffnete die autonome "Antifa"Szene im Herbst eine Grundsatzdebatte über ihre zukünftigen Zielsetzungen und Praxis. Auch Hamburger Gruppen mischten sich in diese noch anhaltende Diskussion ein. Eine "autonome antifaschistische gruppe aus hh" warf in einem veröffentlichten Positionspapier Strategiefragen zur Verund Behinderung von "Naziaufmärschen"auf und problematisierte die Frage, zukünftig "...die militante Option einzulösen - eine Option die wir dringend wieder einfordern. (...) Wir wollen mit diesen Anmerkungen darauf hinaus, daß die Verhinderung von Nazidemos keinesfalls die einzige politische Intervention ist, die von uns erwartet werden kann. Es ist heute wichtiger denn je, den Nazis entgegenzutreten. (...) Die militanten Erfahrungen, die die antifaschi149 stische Bewegung mit den Nazis gesammelt hat, müssen heute wieder auf den Tisch /"(Hervorh, n. i. Orig.). Die bei Demonstrationen eingesetzten "Bullenformationen" seien "mit unseren herkömmlichen Mitteln der Militanz kaum mehr zu knacken". Das Papier spiegelt auch die bundesweite bisher unentschiedene Diskussion der autonomen Antifa über Vorschläge wider, gezieltere Handlungen gegen "Nazis" vor Ort den spektakulären Großdemonstrationen vorzuziehen. Dies wäre eine Weichenstellung, mit der die Wahrscheinlichkeit militanter heimlicher Aktionen aus dem Hinterhalt wieder steigen würde. 4.3.3 Brennpunkt Schanzenviertel und Umgebung Hamburger bezeichnen die Gegend westlich vom Schanzenpark als Schanzenviertel. Das etwa 15 Hektar große Gebiet verteilt sich auf die Bezirksamtsbereiche Eimsbüttel, Hamburg-Mitte und Altona. Seine Einwohnerdichte ist mit etwa 17.000 Menschen pro Quadratkilometer besonders hoch. Etwa jeder vierte Bewohner ist Ausländer, ebenso viele Bewohner sind auf Sozialhilfe angewiesen. Viele der in Hamburg aktiven Linksextremisten wohnen in diesem Viertel, manche betrachten es als "ihr" Viertel, in dem die Präsenz oder Maßnahmen staatlicher Institutionen, etwa Umstruktierungsund Sanierungsvorhaben, grundsätzlich unerwünscht sind. Linksextremisten propagieren Formen eines "Stadtteilwiderstandes", die seit Jahren immer wieder zu Zusammenstößen mit der Staatsgewalt führen. Auch 1998 war das Schanzenviertel Schauplatz gewalttätiger Ausschreitungen autonomer Straßenkämpfer, die vor allem Einsatzkräfte der Polizei ins Visier nahmen. Insbesondere der Angriff am 13.04.98 auf einen Funkstreifenwagen und dessen Besatzung war eines von mehreren Beispielen für die anhaltend krasse Gewaltbereitschaft militanter Hamburger Autonomer. Etwa 40 aus dem autonomen Stadtteilzentrum "Rote Flora" stürmende Vermummte überfielen das schräg gegenüber der Flora stehende Fahrzeug nebst Besatzung mit Wurfgeschossen, Signalmunition, Brandsätzen etc. Während die Be150 amten gezwungen waren, sich in einem Hauseingang in Sicherheit zu bringen, demolierten die Randalierer das Fahrzeug und setzten es teilweise in Brand. Sodann schichteten die Gewalttäter direkt vor der "Roten Flora" Straßensperren auf, die aus Sperrmüll und Unrat bestanden und entzündeten sie. Erste Verstärkungskräfte der Polizei wurden ebenfalls mit einem Hagel von Wurfgeschossen, Signalmunition u.a. eingedeckt, mindestens drei Streifenwagen beschädigt. Als weitere Verstärkungskräfte eintrafen, flüchteten die Angreifer vor einer drohenden Festnahme. Es bleibt offen, ob die Aggressoren eine gezielte Falle gestellt hatten. Die zunächst attackierte Funkstreife war kurz zuvor wegen eines Einbruchs zu einem Telefonladen gegenüber der "Roten Flora" gerufen worden. A m Einsatzort wurde sie kurz nach dem Eintreffen angegriffen. Für die Urheber erübrigte sich ein Bekennerschreiben, nachdem die "Rote Flora "-Postille "Zeck" (Nr. 6 9 , Mai 1998) einen Beitrag abgedruckt hatte, der diesen Übergriff zumindest indirekt rechtfertigte und die Motivumstände zu 'vermitteln' versuchte. Unter dem Pseudonym "Der Kontaktbereichsautonome" behauptete(n) der/die Verfasser, friedlicher Protest habe bisher nichts bewegt, erst der Übergriff vom 1 3 . 0 4 . 9 8 habe ein breites Presseecho erzeugt. In ihrem Veranstaltungsprogramm (Monat Mai) kündigte die "Rote Flora" in der gleichen "Zec/r"-Ausgabe eine Musikveranstaltung unter dem Motto "wie die bullen rennen, wenn die einsatzwagen brennen" an. Diese und alle anderen Veranstaltungen des Monats waren mit folgender Fußnote versehen: "dies ist ein hinweis für die hamburger polizei: mit ausschreitungen ist zu rechnen, landesreserve ist daher bereitzuhalten!" Bereits zwei Tage vor diesem Überfall hatte eine Gruppe Vermummter ein gegenüber der "Roten Flora" abgestelltes ziviles Polizeifahrzeug angegriffen. Die etwa fünf Gewalttäter kamen aus der "Roten Flora". Obwohl sich im Fahrzeug noch zwei Beamte aufhielten, schreckten die Täter nicht davor zurück, die Heckscheibe des Wagens einzuschlagen. Sie zerkratzten die Fahrzeuglackierung und beschmierten sie. Vor der "Roten Flora" wurde in diesem Zeitraum die Polizei verspottet, indem eine Veranstaltung unter dem Motto "Öffentliches Frühstück gegen Platzverweise und Polizeideppen rund um die "Rote Flora" (Zitat Aufrufflugblatt) stattfand. Die Flugblattschreiber hatten zudem Aktionen wie "Musik, Infos und Polizistinnen verscheuchen" angekündigt. In der Nacht vom 2 7 . / 2 8 . 1 1 . 9 8 griffen erneut etwa 15 Vermummte mit Wurfgeschossen - wiederum im Schanzenviertel - ein Polizeifahrzeug an, dessen Besatzung zuvor durch einen fingierten Anruf (angebliche Ruhestö151 rung) in die Schanzenstraße gelockt worden war. Weil ein in das Fahrzeug geworfener Brandsatz nicht zündete, trat kein größerer Schaden ein. Zwei am Tatort hinzukommende Polizeifahrzeuge wurden ebenfalls mit Wurfgeschossen angegriffen und be"Wir haben am 27.11. im Hamburger schädigt, ein Beamter leicht Schanzenviertel ein Fahrzeug der Polizei verletzt. Ferner wurden drei unbrauchbar gemacht. Diese Aktion richFahrzeuge unbeteiligter Bürtet sich gegen die herrschende Vertreiger durch Steinwürfe beschäbungsund Ausgrenzungspolitik in Form digt. Mit - für derartige Randader massiven Polizeipräsenz und die darleaktionen untypischer Adresaus resultierenden Übergriffe." sierung - verschickten die Urheber dieses Mal eine Bekennung an verschiedene Presseorgane (s. Kasten). Der hinzugefügte Slogan "Kein Mensch ist illegal" ist mit dem Motto des 4 Wochen vorher in Hamburg stattgefundenen bundesweiten Treffens der zunehmend von Linksextremisten besetzten "Antirassismus"-Kampagne ( 3 4.3.1) identisch. Das Schreiben endet mit der Parole "Kampf dem Unterdrückungsapparat" und ist unterzeichnet mit "Eine autonome Gruppe". Alle drei Übergriffe stehen im Kontext mit dem Dauerprotest der autonomen Szene gegen die als maßlos übertrieben dargestellte Polizeipräsenz im Schanzenviertel sowie die angeblich "rassistische" und "ausgrenzende" Drogenbekämpfungsstrategie der Polizei. Polizei und Senat wird eine angeblich allein auf Repression setzende verfehlte Drogenpolitik vorgeworfen. Schwarzafrikanische Bewoh27./28.11.98: Beschädigter Polizeistreifenwagen ner des Viertels würden durch vorläufige Festnahmen, Platzverweise, Ausweiskontrollen etc. als potentielle Drogendealer stigmatisiert. Die "Vertreibungspolitik" ziele, neben mutmaßlichen Dealern und Drogenkonsumenten, vermehrt auch auf Obdachlose und Angehörige der autonomen Szene selbst. 152 Die beschriebenen Randaleaktionen reihen sich in eine Vielzahl weiterer Übergriffe gegen Polizeibeamte ein, z. B. Flaschenwürfe auf einzelne Beamte, u. a. vom Gebäude der "Roten Flora" aus. Die Tatsache, daß sich die linksextremistische Szene seit dem Aufkommen des Drogenproblems im Schanzenviertel nicht nur gegen eine Vertreibung von Abhängigen wendet, sondern jetzt auch für das Dealertum Partei ergreift, hat für einige Zerwürfnisse im Viertel gesorgt. "Rote Flora " Besonders das - aus Sicht der Betreiber als "befreit" geltende - Zentrum "Rote Flora" im Schanzenviertel war einer der Vorreiter dieser für das autonome Spektrum neu definierten Position. In Uer "Roten Flora" trifft sich eine Vielzahl von Gruppen teils politischer teils unpolitischer Art, wobei die Betreiber in erheblichem Umfang aus dem linksextremistischen Spektrum kommen. In diversen Flugschriften sowie in Artikeln der Hauspostille "Zeck" wiederholten sich klare Frontstellungen gegen die angeblich systematische "rassistische Verfolgung" mutmaßlicher Dealer. Mit dieser selbst in autonomen Kreisen umstrittenen Position hatte sich die "Rote Flora" im Viertel nicht nur Freunde gemacht. Ansonsten um freundschaftliche Umgangspflege mit der Nachbarschaft bemüht, schlugen nunmehr manche Schriften auch unversöhnlichere Zwischentöne an, in denen die 153 Sorgen von Bürgern unterschwellig als neurotisch abgetan wurden. Ein Artikel in der ,Zeck" vom Juli/August veröffentlichte u. a. die Meinung, Politik in Sachen Dealer/Rassismus müsse sich auch gegen die Anwohnerinnen" richten. Der mit dem Pseudonym "Die drei vom Blumenhandel" unterzeichnete Artikel dürfte nicht nur eine aus dem Rahmen fallende Einzelmeinung innerhalb des "Rote Flora "-Spektrums widerspiegeln. Neben der Meinungsführerschaft der "Roten Flora" in der Drogen/Dealerproblematik war Schluß mit dar Vertreibung das Zentrum vielder Drogenszene und __ , --* * _ fach Ausgangsden rassistischen 110 **s t PSk f l T punkt anderer Angriffen am Hauptbahnhof \ J I W \*J L Q . \A l Aktionen im glei- ! Kein! gehört allen! chen Themenzusammenhang. Anläßlich eines Aktionstages am Aus einem Plakat zum Hauptbahnhof-Aktionstag 18.04.98 am 18.04.98 Hauptbahnhof unter dem Motto "Vertreibung und Rassismus" hatte eine Gruppierung "Titanic blubb" zuvor in verschiedenen Flugblättern zu Vorbereitungstreffen in die "Rote Flora" eingeladen. "Titanic blubb" besteht nach eigenen Angaben aus Gruppen Uer "Roten Flora". Die Mobilisierung zu diesem Aktionstag sollte auch außerhalb des SchanTW* zenviertels Akzente im Kampf gegen "Rassismus und Vertreibung" setzen, inhaltlich aber an die Aktivitäten und Diskussionen im Schanzenviertel anknüpfen. Vor der "Roten Flora" veranstaltete demonstrative "Frühstücks "-Aktionen sollten ebenfalls Zeichen gegen die angebliche Ausgrenzungsund Vertreibungsstrategie mittels einer als erdrückend empfundenen Polizeipräsenz setzen. Ein von 'Rotfloristen' hinter ihrem Gebäude errichteter Unterstand sollte Abhängigen ermöglichen, relativ ungestört Drogen zu Iggys?*"*konsumieren. 154 Anfang April 1998 beseitigte das Bezirksamt Altona den auch als "Drogenverschlag" bezeichneten Anbau - für das "Rote Flora "-Spektrum ein in intimste Selbstbestimmungsansprüche eingreifender Akt. Da man aber selbst mit unerwünschten Begleiterscheinungen der bis vor die eigene Haustür vorgerückten Drogenszene direkt konfrontiert ist und einige eine vorbehaltlose Solidarisierung als zweischneidig problematisieren, sah man tatenlos zu. Lediglich ein provisorischer Wiederaufbau des Unterstandes war konsensfähig. Daß sich das Spektrum der "Roten Flora" offenbar außerstande sah, auf vermeintliche "Provokationen" durch Polizei und Staat "angemessen"zu reagieren, dürfte insbesondere zwei Gründe haben: * Einige extreme Forderungen sind im linksextremistischen/autonomen Spektrum (auch außerhalb der "Roten Flora") nicht ausdiskutiert, * Motivationsschwächen: Das für "massen"-militante Aktionen taugliche Mobilisierungspotential - wie noch in den Anfängen der "Roten Flora" - wäre erst wieder erreichbar, wenn die Existenz des Projekts "Rote Flora" durch staatliche Maßnahmen unmittelbar bedroht wäre. Hinweise auf akute Handlungsschwächen klangen in verschiedenen Flugschriften an. Weil sich die "Rote Flora" durch die Polizeipräsenz bedrängt fühlte, wuchs die aktive Solidarität anderer linksextremistischen Gruppierungen. Der im anarchistischen "Libertären Zentrum" (LIZ, 0 4.2) beheimatete "Pestclub" verlegte eine Filmreihe in den Florapark, um solidarische Präsenz zu zeigen. Demgegenüber beklagte die "Rote Flora" Tendenzen einer zunehmenden Entsolidarisierung und schwindender Toleranz seitens der Anwohnerschaft gegenüber den im Schanzenviertel lebenden Randständigen (Junkies, Dealer etc.). Zum Dauerbrenner entwickelte sich die schon vor der Drogendiskussion geführte Strukturund Selbstverständnisdebatte. Eine effektivere Organsierung eigener Belange und genauere Selbstdefinierung standen im Mittelpunkt. Nicht wenige Stimmen beklagen eine überhand nehmende Kommerzialisierung der "Roten Flora" sowie den nur mäßigen politischen Gehalt von Veranstaltungen. Dies habe das Zentrum zu einer außerhalb der Politszene angesagten "Location" werden lassen und die autonome Reinkultur verwässert. Diesem Trend zum Trotz etablierten sich 1998 in der "Roten Flora" weitere - explizit politisch bestrebte - Gruppen, u.a. eine Antifaund eine Jugendumweltgruppe sowie die vornehmlich "antirassistisch"agierende "Titanic blubb" (s. o.). Mit dem "Archiv der Sozialen Bewegung" kehrte am 155 24.10.98 nach einem Ausweichaufenthalt (bedingt durch den Brand von 1995) eine Institution in die "Rote Flora" zurück, die der gesamten autonomen Szene politisch wichtig ist. Ob eine generelle Trendumkehr zu einer verstärkten linksextremistischen Politisierung des Zentrums bevorsteht, wird sich möglicherweise 1999 herausstellen. In den anstehenden Verhandlungen über den künftigen Status des Objektes wird es den Betreibern der "Roten Flora" darauf ankommen, eigene Vorstellungen eines selbstverwalteten Stadtteilprojekts gegenüber den Hamburger Behörden - mindestens auf einer Kompromißlinie - durchzusetzen. Die "Rote Flora" empfand es als ungerecht und unbequem, daß ihr Verhalten regelmäßig Stoff für Presseschlagzeilen lieferte, zuletzt wegen der Aktion vom 28.11.98 (s. o.). Man verbat sich Schuldzuweisungen im Zusammenhang mit der Drogenproblematik, Randaleaktionen, Sachbeschädigungen, Übergriffen auf Polizisten etc. Eine in den Medien Ende des Jahres kolportierte Aussage, die "Rote Flora" sei räumungsbedroht, förderte die Verunsicherung. Das mit "Zeck" betitelte monatliche Hausblatt der "Roten Flora" veröffentlichte auch 1998 nahezu alle relevanten Bekennerschreiben zu linksextremistischen Gewalttaten: Vom Brandanschlag auf die Firma SPAR (Schenefeld) und dem Farbbeutelanschlag auf das Wohnhaus eines SPAR-Managers (Stadtteil Blankenese) [O 4.3.1) bis zur Sachbeschädigung der Gruppierung "aktionskreis 'steife brise'" (Anti-Castor-Protest, O 4.3.4). Hinzu kamen kämpferische bis aggressive Texte aus unmittelbar eigenen Zusammenhängen (insbesondere Dealerproblematik/'71nr/7'3Ss/s/77us/'A Die Summe der vorstehenden Ereignisse und Umstände sowie zahlreiche Mobilisierungsveranstaltungen (Anti-AKW, Antifa, "Antirassismus") unter dem Dach der "Roten Flora" beweisen: Trotz teilweise selbstkritischer Einschätzungen und interner Widersprüche ist die "Rote Flora" zentraler Anlaufpunkt für Autonome. Nachdem es um den seit 1961 ausgedienten Wasserturm im Schanzenpark 1998 zunächst relativ ruhig geworden war, meldete sich zum Jahresende neuer Protest, als Pläne für eine Kinonutzung bekannt wurden. Die weitere Entwicklung der seit Mitte der 90er Jahre - jeweils auf Nachrichten über neue Pläne reagierenden - Proteste gegen dieses Wahrzeichen des Schanzenviertels wird davon abhängen, welche Vorstellungen der Investoren letztlich genehmigt werden. 156 4.3.4 Einflußnahme auf die Anti-AKW-Bewegung 1998 konzentrierte sich die bundesweite Hauptstoßrichtung des Protestes gegen die Nutzung der Kernenergie nicht mehr - wie noch in den Jahren 1995 bis 1997 -gegen das Atommüllzwischenlager in Gorleben/Niedersachsen. Weil am 19.03./ 20.03.98 das Zwischenlager in Ahaus/NRW Ziel eines Atommülltransportes mit sechs sog. Castorbehältern war, verlagerte sich das Interesse des Protestspektrums umgehend auf diesen Standort. Unter dem Motto "NiX 4" mobilisierten Kernkraftgegner, wie schon bei den drei vorangegangenen Transporten nach Gorleben, jetzt zu Widerstandsaktionen nach Ahaus. Auch in der linksextremistischen autonomen Szene wurde für die Teilnahme an Protestund Störaktionen geworben. In den einschlägigen autonomen Publikationen wie "Interim" (bundesweit) und "Zeck" (Hamburg) sowie in zahlreichen Flugschriften fanden sich z. T. gewaltbejahende Aufrufe, den Transport zu verhindern. Ein mit "Trainstopping" übertiteltes AufAusz. a. d. Flugbl. "Trainstopping", Hervorh.n.i.O.): rufflugblatt nannte "...sollten uns nicht vergessen lassen, daß die unverblümt eines der Atompolitik letztlich nur ein Ausdruck der menHauptziele: Den polischenverachtenden Gesellschaftsverhältnisse von tischen Preis der Macht und Ausbeutung ist". (...) "Um den CastorAtommülltransporte transport nach Ahaus zu verhindern, rufen wir in die Höhe zu treiEuch auf, die Gleise auf denen der Castorzug zum ben. Es ließ am Zwischenlager rollt, zu zerstören oder in einen unSchluß die Absicht passierbaren Zustand zu versetzen." (...) "Untervon Gewaltstrategen schiedliche Aktionsformen - gewaltfrei oder milierkennen, gewaltfreie tant - können sich sinnvoll ergänzen". Kräfte für eigene Zwecke zu mißbrauchen und daher die Einheit des Widerstandes zu beschwören. In Hamburg fand im Februar in dem von der autonomen Szene frequentierten Stadtteilzentrum "Rote Flora" ein Mobilisierungstreffen zu Ahaus statt. 157 Obwohl die bundesweite Mobilisierung quantitativ und qualitativ an Erfolge der Vorjahre anknüpfen konnte, fiel die Macht des Widerstandes vor Ort hinter das Ausmaß von 1997 zurück. Bei den drei Transporten von 1995 bis 1997 hatten sich die Proteste von Mal zu Mal gesteigert. Diese Tendenz kehrte sich nunmehr erstmals aus vermutlich zweierlei Gründen um: Zum einen wurde der Transporttermin überraschend kurzfristig vorverlegt, so daß sich nur ein Teil des Protestpotentials rechtzeitig auf die neue Situation einstellen konnte. Zum anderen fehlen in Ahaus langjährig gewachsene Widerstandsstrukturen, die die angereisten Protestler hätten ausreichend unterstützen können. Während sich Auszug aus dem Aufruf zur Veranstalder Gorleben-Widerstand in zwei tung in der "Roten F/ora7Hamburg: Jahrzehnten fest verankern konn"Um aktiv gegen den Castor vorzugete, etabliert sich das Protestspekhen, den politischen Preis so hoch wie trum in Ahaus erst seit wenigen möglich zu machen, wollen viele MenJahren. schen an die Transportstrecke, um den Castor wo es geht zu behindern Bundesweit gab es im Vorfeld und verhindern. Aus diesem Grund wie in den Vorjahren wiederum findet am 19.2.1998 in der Roten Flozahlreiche dezentrale militante Akra eine Infoveranstaltung um 19.30 tionen, die nach Art und Umfang Uhr statt. Verhindert die Castortransdenen der Vorjahre durchaus porte nach Ahaus, Gorleben und anebenbürtig waren. Anschläge mit derswo!" (Hervorheb. n. i. 0.) sogenannten Hakenkrallen verursachten erneut gravierende Schäden an Oberleitungen des Bahnstreckennetzes sowie Störungen des Bahnverkehrs. Aber auch mit weniger spektakulären Aktionsformen wie dem Ansägen von Schienen, Lösen von Gleisverschraubungen, Streckenblockaden durch Menschenansammlungen (z. T. mit Wasserwerfern aufgelöst), Unterhöhlungen von Transportwegen sowie Zerstörungs-/Sabotageaktionen an Fahrkartenautomaten versuchten insbesondere militante Kernkraftgegner in der 'heißen' Phase kurz vor dem Transporttermin und während des Transportes Uen "politischen" Druck gegen die "Atomlobby" und ihre "Erfüllungsgehilfen" unter den "Herrschenden" zu steigern. Vor Ort agierende Autonome schreckten nicht davor zurück, mit Brandsätzen ('Molotowcocktails') Menschen zu gefährden, Polizeibeamte mit Zwillen und Signalmunition zu beschießen und sogenannte 'Krähenfüße' (zur Reifenzerstörung) gegen Polizeifahrzeuge einzusetzen. Auch in Hamburg begleiteten Linksextremisten das Ereignis wieder mit militanten Aktionen. Wie in den Vorjahren überfielen militante Kernkraftgegner erneut ein Kundenbüro der "Hamburgischen Electricitäts-Werke AG" (HEW) als Erzeuger von Atomstrom. Am 13.03.98 verschmutzten unbe158 kannte Täter die Fensterscheiben eines HEW-Kundenzentrums in der Osterstraße. Offenbar hatten sie auch die Absicht, eine Scheibe einzuschlagen. Das Bekennerschreiben hatten die militanten Castorgegner mit "Gruppe Teilentglasung" unterzeichnet. Am Tatort fand sich ein in eine Plastiktüte gewickelter Stein. Am Tag des Ahaus-Transportes griffen Castorgegner das gleiche Kundenzentrum an und beschmierten es mit einschlägigen Parolen. Nach Bekanntwerden des vorgezogenen Transporttermins veranstalteten etwa 60 AKW-Gegner am 19.03.98 in Hamburg eine Spontandemonstration, bei der Vermummte kleinere Zwischenfälle provozierten. Noch Tage nach den Ereignissen in Ahaus, die von manchen u. a. wegen der zeitlichen Überrumpelung als Teilniederlage empfunden wurden, beschäftigte das Thema die linksextremistische Szene in Hamburg. Am 03.04.98 fand - wiederum in der "Roten Flora" - ein "Solidaritätskonzert" statt, um den Widerstand in Ahaus finanziell zu unterstützen. Ein "aktionskreis 'steife brise '" bekannte sich zu Sachbeschädigungen in der Nacht vom 08. auf den 09.04.98 an verschiedenen Parteibüros in der Hansestadt. Die Täter schlugen Scheiben der Büros ein und hinterließen Farbschmierereien. In einem zurückgelassenen BekennerPlakatmotiv zum Ahaus-"Solidaritätskonzert" in schreiben empörten der "Roten Flora " sich die Verfasser insbesondere über den angeblich überharten Polizeieinsatz gegen Demonstranten in Ahaus. Die Aktion sei eine Reaktion auf die "Polizeigewalt", mit der "...der Atommülltransport nach Ahaus geprügelt wurde. Ganz bewußt sollten dabei die Grünen miteinbezogen werden. Die Worte des grünen Polizeipräsidenten Wimmer 'Es war eine taktische Meisterleistung, den Transporttermin geheimzuhalten', zeigen ganz deutlich, daß die Grünen 159 wieder lernen müssen, daß Polizeigewalt kein Mittel sein kann, um politische Ziele gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Solange die Grünen sich nicht eindeutig von Prügelknaben wie Wimmer distanzieren, müssen auch sie damit rechnen, in Aktionen wie diese mit einbezogen zu werden. Ansonsten fordern wir das übliche!" (Fehler i. Origin.) Diese Bekennung erschien auch in der "Zeck" (Info aus der "Roten Flora", Nr. 69, Mai 1998). Am 15.10.98 bekannten sich militante AKW-Gegner zu Sachbeschädigungen an Fahrkartenautomaten der "AKN-Eisenbahn AG" in Hamburg und Umgebung. Ein halbes Jahr zuvor hatten Castor-Gegner in einer koordinierten Aktion an rund 50 Orten des Rhein-Main-Gebietes in einer einzigen Nacht rund 80 Fahrkartenautomaten der Bahn AG unbrauchbar gemacht und einen Sachschaden von ca. einer halben Million DM verursacht. In einer Erklärung, die mit "euer kommando angela merket" (Kleinschreibung i. 0.) unterzeichnet war, agitierten die Verfasser gegen die Beteiligung der AKN an Castortransporten zum KKW Krümmel, das von Gegnern als "Leukämiereaktor" angegriffen wird: "Unser Ziel ist es, allen die den Atomstaat unterstützen, in die Suppe zu spucken und Castor-Alarm dafür zu sorgen, daß ihre Profite schwinden. " Im übrigen richte sich die Aktion "...auch gegen ständige Fahrpreiserhöhungen" - ein von der Anti-Castor-Thematik abgehobener Hinweis, der im Kontext mit einer Anschlagsbekennung eine Sozialrevolutionäre Komponente einfließen ließ. Neben den üblichen Parolen mit Anti-AKW-Bezug vergaßen die Verfasser auch nicht, die Beschädigung von Fahrkartenautomaten in einen globalen internationalistischen Zusammenhang zu stellen: "Solidarische Grüße an alle kämpWir fenden linksradikalen Gruppen der Welt". stellen uns quer! Rückblickend gab das militante Anti-AKW-Spektrum zu, daß die Taktik des vorgezogenen Atommülltransports die Organisierung des Widerstands entschieden desorientiert und geschwächt hatte. Zwar hatte man den Castor für einige Stunden aufgehalten, jedoch einen angestrebten viel machtvolleren und erfolgreicheren Widerstand verfehlt. 160 Auch die "Dezentralen bundesweiten Aktionstage für die sofortige Stillegung aller Atomanlagen" vom 12. - 2 0 . 0 9 . 9 8 erfüllten nicht die in sie gesetzten Erwartungen. Als Teil dieser Kampagne demonstrierten u.a. auch Hamburger Linksextremisten am 1 2 . 0 9 . 9 8 in Stade gegen das dortige A K W . Bis auf kleinere Zwischenfälle verlief der Protest - nicht zuletzt aufgrund massiver Polizeipräsenz - weitgehend friedlich. In einem A u f r u f t e x t zu der Veranstaltung fand sich neben atomfeindlichen Parolen auch das Hauptziel linksextremistischer Kernkraftgegner: Die Forderung, das "herrschende System" zu bekämpfen. Nach der Bundestagswahl bildete die Auseinandersetzung mit den atompolitischen Absichten der rot-grünen Bundesregierung einen weiteren Debattenschwerpunkt der Anti-AKW-Bewegung. Auf einer maßgeblich von Autonomen organisierten bundesweiten "Anti-Atom-Herbstkonferenz" (16.- 1 8 . 1 0 . 9 8 in Berlin) loteten mehrere hundert Teilnehmer die Perspektiven des eigenen Widerstandes nach dem Antritt der neuen Regierungskoalition aus. Das beteiligte linksextremistische Spektrum war sich in seiner Erwartungslosigkeit bzw. im Pessimismus über einen atompolitischen Kurswechsel und hinsichtlich der Partei "Bündnis 90/Die Grünen" relativ einig. Die meisten autonomen Kernkraftgegner betrachten die Grünen nun als Gegner und Teil des etablierten Parteienspektrums. Den geforderten Sofortausstieg aus der Atomkraft sieht die Bewegung auch unter der neuen Bundesregierung in weiter Ferne. Manche empfinden den Regierungswechsel sogar als bedrohlich, weil sie befürchten, daß die Bewegung im Vertrauen auf einen energiepolitischen Kurswechsel durch Abwanderung gemäßigter AKW-Gegner erlahmen könnte. Andere sähen in einer solchen Entwicklung jedoch nur ein "Gesundschrumpfen" und einen Ansporn, die eigenen A n - strengungen zu verstärken. Diskussionspapiere aus Anlaß der Konferenz verdeutlichten abermals, daß linksextremistische Kernkraftgegner gegen den Staat und das bestehende Gesellschaftssystem gerichtete Ziele verfolgen: "Als Autonome/Linksradikale verstehen wir uns nicht in erster Linie als AKW-Gegnerinnen. Wir kämpfen für weiterreichende Ziele ... und tragen diese Kämpfe in die AKW-Bewegung (...) Die Kämpfe der Autonomen richten sich nicht gegen die jeweiligen Maschinen, z. B. AKW's, sondern gegen das dahinterstehende System. (...) Ein System, das sich auf Gewalt gründet, kann nicht allein durch Vernunft beendet werden, so schön das auch wäre. Von daher halten wir Gegengewalt weiterhin für notwendig und legitim. " (Hervorheb. n. i. 0.) "Auch die sogenannten illegalen Strukturen, die sich für Hakenkrallen und sonstige Sabotageaktionen verantwortlich zeichnen zeigen, daß verbind/i161 che gewissenhaft und solide Widerstandsstrukturen existieren. " (Fehler a. Original übernommen, Hervorh, n. i. 0.). Diese Aussagen korrespondieren mit der Ankündigung zur "Anti-AtomHerbstkonferenz", daß dort auch eine Arbeitsgruppe "Militanz in der AntiAtom-Bewegung (Autonomen AG)"tagen werde. Trotz des aktuellen Stops von Castortransporten unternimmt die Widerstandsbewegung erste Schritte zu neuen Mobilisierungen, um bei einer Wiederaufnahme sofort mit Nachdruck reagieren zu können. Zugleich haben jedoch das Ausstiegsprogramm der neuen Bundesregierung und die Aussetzung der Castortransporte ein Aktionsvakuum eintreten lassen, das eine abschweifende Selbstverständnisdiskussion des AKW-Widerstandes begünstigt haben dürfte. So stritt sich die Szene sinngemäß über einen Vergleich der Bedrohung durch Kernkraft und Atomstaat mit den Greueltaten der Nazis im Dritten Reich. U. a. wurde argumentiert, daß sich bei einer solchen Gegenüberstellung der AKW-Protest schon als Luxus ausnehme. Aus den Reihen der Diskutanten wurde davor gewarnt, beim Widerstand gegen die Kernkraft in eine übertriebene Opfermentalität zu verfallen, die angesichts des als "rassistisch" und rechtsradikal dargestellten Alltags in Deutschland unangebracht sei. Das Verhältnis von "Antifa und Anti-Atom" war auch Gegenstand einer Arbeitsgruppe auf der "Anti-AtomHerbstkonferenz ". Weiterer Ausdruck fehlender konkreter Anlässe zur Aktionsanknüpfung war offenbar die Dreistigkeit militanter Atomkraftgegner, die in der autonomen Szenezeitschrift "Interim" (Nr. 456, 06.08.98) dazu aufriefen, fabrikneue Autos auf Güterzügen mit Steinen zu bewerfen. Diese Taktik sei "lustig und relativ risikolos. Das Schöne daran: Es ist fast unmöglich vorbeizuwerfen, und jeder Stein beschädigt gleich mehrere Fahrzeuge (...) ein äußerst geeignetes Mittel im Kampf gegen Castortransporte und die Atommafia". 4.3.5 Internationalismus / Antiimperialismus Als internationalistisch versteht die linksextremistische Szene ihre Solidarität mit bestimmten Teilen des sogenannten "Trikonts" (Dritte Welt). Angehörige des "Antiimperialistischen Widerstands" (AIW, 0 3.) betrachten "Befreiungsbewegungen" (als solche werden in der Regel nur linksextremistische Guerillaorganisationen anerkannt) als Vorbild für den eigenen Kampf in den "Metropolen" (Zentren der Industriestaaten). Da es weltweit nur noch wenige aktive Organisationen gibt, die dieses Kriterium erfüllen, 162 sind für Teile der deutschen linksextremistischen Szene die Auswahlmöglichkeiten für geeignete Vorbilder knapp geworden. Entsprechend rückläufig war auch die Bedeutung der "Internationalismusarbeit" deutscher Linksextremisten. Erwähnenswert ist an erster Stelle die stärkere Bezugnahme von Teilen des AIW auf die "Arbeiterpartei Kurdistans" (AIW, PKK, O 111/3 O IV/3.). Der Irak und Jugoslawien waren zwei weitere internationale Konfliktherde, die 1998 das Interesse Hamburger Linksextremisten erregten. Wegen der Angriffe der USA und Großbritanniens auf den Irak, der zuvor jeweils die von der internationalen Staatengemeinschaft auferlegte Zusammenarbeit mit den UN-Rüstungskontrolleuren suspendiert oder aufgekündigt hatte, demonstrierten in Hamburg am 25.02.98 ca. 300 Personen unter dem Tenor "Stoppt den imperialistischen Krieg". Sie bekundeten ihre Sympathie mit dem Regime in Bagdad. Am 17.12.98 forderten erneut ca. 180 Teilnehmer einer Spontandemonstration die Beendigung der gegen irakische Militärstellungen gerichteten Luftangriffe. Zwei Tage danach waren es nur noch ca. 130 Personen, die sich zu einer weiteren Demonstration bereitfanden. Die blutigen Auseinandersetzungen innerhalb Jugoslawiens um den künftigen Status der mehrheitlich von der albanischen Volksgruppe bewohnten Kosovo-Region dürften für die linksextremistische Szene zu einem Thema für konkrete Aktionen werden, wenn es zu einem internationalen friedenserzwingenden Militäreinsatz kommen sollte. Man vereinbarte für den Fall, daß NATO-Verbände Bombeneinsätze fliegen würden, in Hamburg für einen eventuellen 'Tag X' (Angriffstag) eine Protestdemonstration. Andere Kriegsherde - zum Beispiel in Afrika - interessierten die deutsche linksextremistische Szene wenig. Die Doppelzüngigkeit angeblich friedensbewegter Linksextremisten wird dadurch deutlich, daß sie nur dann gegen kriegerische Akte protestieren, wenn diese von "imperialistischen" Staaten wie den USA oder anderer NATO-Staaten ausgehen. Bewaffnete Konflikte, die für solche Schuldzuweisungen ungeeignet sind - selbst wenn sie wesentlich mehr menschliche Opfer fordern - passen nicht in das ideologisch verblendete Weltbild der linksextremistischen Szene und werden daher ignoriert. Nur für einen Augenblick reagierte die Hamburger Szene am 05.05.98 auf eine Hausdurchsuchung bei dem in Hamburg lebenden Europasprecher der peruanischen terroristischen Guerillaorganisation MRTA (Revolutionäre Bewegung Tüpac Amarü), die 1997/98 durch die Geiselnahme in der Resi163 denz des japanischen Botschafters in Lima/Peru auf sich aufmerksam gemacht hatte. Weitere Hausbewohner, die z. T. der linksextremistischen Szene angehören, versperrten den durchsuchenden Beamten den Weg. Einem Beamten versetzten sie einen Faustschlag ins Gesicht, zwei andere verbrühten sie mit heißem Kaffee. Vor dem Haus skandierten weitere Protestierer Solidaritätsbekundungen für die MRTA. Die "Rote Hilfe" P 4.2) forderte auf einem Transparent Redefreiheit für den MRTA-Europasprecher. Bei der Hausdurchsuchung ging es um den Verdacht, daß der Betroffene in die Besetzung der japanischen Botschaft planerisch involviert gewesen sein könnte. 4.3.6 Antinationalismus Eine von den beteiligten Personen her nur z. T. der autonomen/anarchistischen Szene zuzuordnende Variante des deutschen Linksextremismus sind die "Antinationalen". Ihre Wurzeln reichen bis ins Jahr 1989 zurück, als eine sich "Radikale Linke" nennende heterogene Strömung von Personen der dogmatischen 'neuen' Linken ("K-Gruppen") und 'alten' Linken (orthodoxe Kommunisten) sowie der - undogmatischen - autonomen Szene Gemeinsamkeiten in einer gegen die Wiedervereinigung Deutschlands gerichteten Kampagne " M e wieder Deutschland" suchten. Die heutigen "Antinationalen" ernten gelegentlich selbst in der linksextremistischen Szene Widerspruch, weil sich ihre Phobie bis ins Absurde steigert und gegen alles richtet, was tatsächlich oder vermeintlich - selbst unbeabsichtigt - auch nur einen Hauch nationalen Konsenses trägt. Schon die bloße Existenz von Nationen, allen voran Deutschland, beargwöhnen sie als eigentliches Grundübel menschlichen Zusammenlebens. Für "Antinationale" steht die Beseitigung der "deutschen Nation"daher an erster Stelle. Mit ihren z. T. aggressiven und abstrusen Thesen haben sich die "Antinationalen" in Hamburg zumindest bei Teilen der linksextremistischen Internationalismus-Szene isoliert, weil ihre Kritik selbst vor nationalen Befreiungsbewegungen anderer Länder nicht haltmacht. Das deutsche 'Proletariat' erscheint ihnen sogar "rassistisch", die von anderen Linksextremisten unterstützte PKK P IV/3.) als eine "völkische" Organisation verdächtig. Einer der aktivsten "antinationalen" Zusammenhänge ist die Hamburger "gruppe demontage", die 1 998 ihr Buch "Postfordistische Guerilla" veröffentlichte und auf zahlreichen Veranstaltungen auch in anderen Städten vorstellte. Die in Hamburg erscheinende Publikation "77deg - Zeitung für den Rest" ist ebenfalls "antinational" ausgerichtet. 164 5. Parteien und sonstige Vereinigungen/Gruppierungen 5.1 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und Umfeld Mit dem Zusammenbruch der DDR Ende der 80er Jahre - dem ersten angeblichen deutschen "Arbeiter und Bauernstaat", in dem die Arbeiterklasse nach parteioffizieller Lesart die Macht ausübte - geriet auch die orthodox-kommunistisch ausgerichtete DKP in einen Abwärtsstrudel. Wegen der zu diesem Zeitpunkt offenkundig werdenden Abhängigkeit von der SED/DDR fiel sie zunächst in eine finanzielle Krise, aus der sich dann auch eine Glaubwürdigkeitsund Mitgliederkrise entwickelte. Begrüßungszeichen der DKP auf ihrer Die DKP läßt bis heute aber Internet-Homepage weder an ihren ideologischen Grundlagen (Marxismus-Leninismus) rütteln, noch haben sich ihre Agitationsmuster mit eindeutigem Schwergewicht auf außerparlamentarischen Aktionen und "Bewegungen" verändert. Trotzdem hat sich die DKP auf niedrigerem Niveau zumindest in ihrer Mitgliederentwicklung stabilisiert. Sie konnte ihren Bestand geringfügig auf 6.500 Mitglieder verbessern (1997: 6.200, Anfang 1989: fast 35.000). Die finanzielle Dauerkrise hat sich verschärft. Der Parteivorstand beklagte im Oktober 1998 eine mangelnde Beitragsdisziplin. Zur Deckung ihres Defizits versucht die Parteiführung inzwischen, zusätzliche Finanzquellen zu erschließen und schreckt dabei auch vor Berührungen mit 'kapitalistischen' Geschäftsaktivitäten nicht zurück. In ihrem Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ, 16.10.98) bot die DKP Dienstleistungen von "Genossen" im Versicherungsund Immobiliengeschäft an. Diese hätten zugesichert, einen erheblichen Teil der bei ihren Geschäften marktüblichen Provisionen der Partei zu spenden. 165 Das noch zur Zeit des 'Kalten Krieges' 1978 vom Mannheimer Parteitag verabschiedete Parteiprogramm ist weiter gültig, ergänzt durch "Thesen zur programmatischen Orientierung" (1993) und ein "Aktionsprogramm" (1996). Die DKP versteht sich als die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse. Das Aktionsprogramm verneint ausdrücklich, daß eine sozialistische Gesellschaft über Reformschritte erreichbar wäre. Ziel des von der DKP angestrebten revolutionären Bruchs {"Überwindung des Kapitalismus") ist die "Dominanz gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln und die hierauf gegründete Macht der Arbeiterklasse". Die Mitglieder der DKP vereint die Vision von einer neuen "sozialistischen Alternative" über einen erneuten "An/auf zum Sozialismus". Sie beharrt auf diesem alten Ziel, obwohl die erlebte "sozialistische" Praxis nahezu weltweit diskreditiert ist und durch immer neue Veröffentlichungen über Verbrechen in den ehemals kommunistischen Staaten zusätzlich belastet wird. Der vom 22.-24.05.98 in Hannover mit internationaler Beteiligung durchgeführte 14. Parteitag wählte erneut Heinz STEHR zum Vorsitzenden. Dieser rief dazu auf, zur Bundestagswahl (27.09.98) mit der Zweitstimme die PDS zu wählen. Die Wahl der PDS mit der Erststimme empfahl die DKP dort, wo man sich für die PDS Chancen für ein Direktmandat ausrechnete. Der Parteitag beschloß, die "Sozialismusvorstellungen" der DKP in der Partei weiter zu diskutieren und über den Entwurf erst im Jahr 2000 zu entscheiden. Die DKP begrüßte in einer Erklärung vom 16.10.98 das Ergebnis der Bundestagswahl 1998 nur eingeschränkt. Zwar sei erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine neue Regierung gegen die erklärten Wünsche des "Kapitals" per Wahlakt durchgesetzt worden, ein Erfolg, zu dem die "außerparlamentarische Bewegung" (DKP-Sprachregelung für Aktionen von Arbeitslosen, des DGB, der Anti-Castor-Bewegung und antifaschistischer Gruppen) beigetragen habe. Gleichwohl bedauerte sie, daß die "übergroße Mehrheit der Bevölkerung auf den Stimmzettel allein zur Veränderung der Politik" vertraue (Hervorheb. n. i. 0.). Aus Sicht der DKP müssen mehr Menschen davon überzeugt werden, daß eine quasi flankie166 rende "außerparlamentarische Bewegung neuer Qualität" nötig sei. Im Wahlergebnis der PDS sah die DKP einen erfreulichen Erfolg, den sie auch ihrer Wahlunterstützung anrechnete. Die Zusammenarbeit vor Ort und in der Praxis habe sich bewährt. Die DKP-Bezirksorganisation Hamburg stagniert nach wie vor auf einem Mitgliederstand von ca. jk ^ ^ ^ ^ 400 (Anfang 1989: ca. iH^^^^EjE^fFW 3.300). Auch 1998 be^^B P^l I "BIA L i l i JA mühte sie sich, ihre * ^ W h t o y ' M I I W anrenbeTnSLZ" !f (tm) *~"*I stischen ZusammenLindenallee 72, 20259 Hamburg" hangen - auch des autonomen Spektrums (O 4.) und des "Antiimperialistischen Widerstandes" (AIW O 3.) - zu verbessern. Daß von dem im März 1998 gewählten neuen Vorsitzenden der Bezirksorganisation eine forcierte Bündnispolitik ausgehen dürfte, zeigte sich an gemeinsamen Aufrufen der DKP mit Gruppen der vorgenannten, z. T. gewaltbefürwortenden Spektren zu verschiedenen Demonstrationen. In ihrem (davor erschienenen) Flugblatt zu einer Demonstration am 25.02.98 (Tenor "Stoppt den imperialistischen Krieg") hatte die DKP geäußert: "Wir rufen die Friedensbewegung, die Anti-Kriegsbewegung, alle antiimperialistischen und friedliebenden Menschen zu Aktionen auf, um die Bundesregierung zu zwingen, ihre Unterstützung für die Kriegspolitik der USA zurückzunehmen." (Hervorh, n. i. O.). Zum Teil konnte die DKP ihr Image und ihre Anerkennung in der linksextremistischen Szene durch ihre veränderte Politik deutlich aufwerten. In der ersten Jahreshälfte wurde die DKP vom antiimperialistischen ßoten Aufbruch" (O 3.) gebeten, in einem Konflikt zwischen dem "Roten Aufbruch" und der türkischen marxistisch-leninistisch orientierten DHKP-C Q IV/4.2.1) zu vermitteln. Angehörige des "Roten Aufbruch" waren zuvor von Anhängern der DHKP-C körperlich bedroht worden. In einer von der DKP mitunterschriebenen Einladung zu einem 'Schlichtungsgespräch' bestand Einigkeit, trotz aller Unterschiede den gemeinsamen Gegner nicht aus den Augen verlieren zu wollen: Die "...hier wie auch international Herrschenden in diesem Land und das ist das Kapital". Als Zeichen internationalistischer Verbundenheit solidarisierte sich die DKP Hamburg mit der terroristisch agierenden peruanischen Guerillaorganisation "Movimiento Revolucionario Tupac Amaru" (MRTA). Am 07.04.98 167 gab sie eine Erklärung zur Befreiung 20 Gefangener durch ein Terrorkommando der MRTA in Peru heraus, gratulierte der MRTA zu "diesem Erfolg" und forderte, "sofort mit der Hetze und Verfolgung gegen die peruanischen Genossinnen und Genossen, die hier Zuflucht gefunden haben, aufzuhören". Die DKP bezog sich auf die von der Behörde für Inneres Hamburg 1997 ergangene Verfügung ("Redeverbot"), die dem in Hamburg lebenden Europasprecher der MRTA nach der Geiselnahme in der Residenz des japanischen Botschafters in Lima/Peru (1996/97) MRTA-Symbol Äußerungen untersagte, mit denen im Zusammenhang mit der MRTA die Anwendung von Gewalt befürwortet, gerechtfertigt oder angekündigt werden. Ende 1998 verlegte die DKP-Bezirksorganisation aus finanziellen Gründen ihren Sitz vom "Ernst-Thälmann-Haus" in das "Magda-Thürey-Zentrum" (Eimsbüttel). Als Untermieter sind dort nunmehr die SDAJ, die JUKO und der "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) angesiedelt. Die DKP-Zeitung "UKW-Unser Kreis Wandsbek" wurde im Sommer 1998 in "Wandsbek links" umbenannt. Man wolle, "daß die Linke in Wandsbek ihre gemeinsamen und parallelen Aktivitäten verstärkt" und "über die eigene Partei oder die eigene Gruppe hinaus mit allen antifaschistischen und demokratischen Kräften" zusammenwirken. Die Hamburger DKP-Hochschulgruppe "Junge Kommunisten" (JUKO) errang im Januar 1998 bei den Wahlen zum Studierendenparlament der Universität einen Sitz. Wie die DKP suchten auch die JUKO die Aktionsgemeinschaft mit anderen linksextremistischen Gruppierungen. Sie unterstützten ein Flugblatt der autonomen .Antifa Jugendfront" ( 3 4.3.2) zur 1. Mai-Demonstration mit der Forderung: "Für eine antifaschistische revolutionäre Jugendbewegung! Kapitalismus abschaffen!" Zusammen mit Gruppierungen aus dem "Antiimperialistischen Widerstand" (AIW O 3.) agitierten die JUKO im Dezember 1998 gegen die Auslieferung einer bei "Blohm + Voss GmbH" gebauten Fregatte an die Türkei (O VII/3.). 168 Hamburger JUKO-Angehörige arbeiten in der im November 1997 gegründeten "Assoziation Marxistischer Studentinnen" (AMS) mit, die ebenfalls im "Magda-Thürey-Zentrum"Uer DKP ansässig ist. Die AMS legt Wert TD darauf, sich von anderen studentischen Organisationen darin zu unterscheiden, daß sie ,Jdipp und klar marxistisch und revolutionär" sei. Die im Aufbau befindliche Studentenorganisation (Bundessitz: Hamburg) verfügt auch in anderen Bundesländern (z. B. Hessen, Nordrhein-Westfalen) über Kontaktadressen. Sie ist - analog zu anderen orthodox-kommunistischen Gliederungen - in die bis hin AMS zu AlW-Gruppen reichenden Bündnisaktivitäten eingebunden. Die AMS gibt die Zeitung "Alles Marx" heraus. Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ): Die Jugendorganisation der DKP hält wie diese an ihrem orthodox-kommunistischen Weltbild fest. Nachdem sie ihre durch das Ende des 'real existierenden' Sozialismus hervorgerufene Krise bewältigt zu haben glaubt, gibt sie sich wieder selbstbewußt. Auf ihrem 14. Bundeskongreß (04. /05.04.98, Frankfurt/M., Gäste: Vertreter 11 ausländischer "Bruderverbände", ein Vertreter der kubanischen Botschaft) stellte die SDAJ fest, sich verjüngt und verstärkt zu haben. Als künftige Arbeitsschwerpunkte beschloß der Kongreß "Antimilitarismus, Arbeiterjugendpolitik und politische Arbeit an Schulen". KubaSolidaritätsaktivitäten stünden weiterhin im Mittelpunkt der Internationalismusarbeit. Die SDAJ Hamburg versteht ihre seit Mai 1998 erscheinende Zeitschrift "Z.O.R.N." als "richtige Antwort auf die reaktionären Angriffe, mit denen es die Herrschenden uns Tag für Tag schwerer machen, sich mit 'ihrer Ordnung' zu arrangieren." Die Herausgeber beklagen einen an169 geblich grassierenden "Rassismus, die antisozialen Rufe nach law and order" in Verbindung mit "Polizeiterror". Ende 1998 bekannte sich die SDAJ in "Z.O.R.N. " zum Kampf für den Sozialismus: "Diese Alternative werden wir nur durch den Bruch mit diesem System, dem Kapitalismus, erreichen. Deshalb sind wir eine revolutionäre und antikapitalistische Organisation" (Hervorh, n. i. 0.). Die SDAJ solidarisierte sich - im Gleichklang mit anderen linksextremistischen Gruppierungen - mit den ,fassauer Antifaschisten" (O 4.3.2) und forderte die Einstellung der gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung. "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten e.V." (VVN-BdA): Die 1947 noch ohne nachträgliche Zusatzbezeichnung gegründete "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVN) hat ihr Mitgliederpotential seit 1972 auch mit jüngeren Menschen aufgefüllt, die keine Verfolgten des Naziregimes waren bzw. erst nach 1945 geboren wurden. Sie nennt sich seitdem VVN-BdA. Die auf die alten Länder beschränkte Bundesorganisation und die Mehrzahl der Landesorganisationen in den alten Bundesländern sind orthodox-kommunistisch beeinflußt. Die VVN-BdA arbeitet mit Partnerverbänden der neuen Bundesländer ["Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstandskampf, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener e. V. " (IVVdN) und "Bund der Antifaschisten" (BdA)] zusammen. Bis 1989 wurde die Organisation maßgeblich mit Geldern aus der DDR unterstützt, wie sie selbst in Verlautbarungen einräumen mußte. Die VVN-BdA vertritt die kommunistische Faschismusanalyse, die den Kapitalismus als eigentlichen Urheber des Faschismus und unschädlich zu machenden Gegner definiert. In ihrer Agitation beachtet die VVN Lehrsätze orthodox-kommunistischer "Strategie und Taktik. Sie versucht, sich vor der Öffentlichkeit als demokratische Organisation ins Licht zu setzen und verstärkte daher 1998 auch ihre Bemühungen, nicht mehr in den Verfassungsschutzberichten genannt zu werden. Demgegenüber hat sich in der Praxis an ihrer Beeinflussung durch orthodoxe Kommunisten zumindest auf der Leitungsebene in Hamburg - dort insbesondere aus den Reihen der DKP - nichts geändert. So stellten beispielsweise bei den Wahlen zum hamburgischen Landesvorstand 1995 und 1997 orthodoxe Kommunisten 2/3 der Vorstandsmitglieder. Der Landesvorsitzende betätigt sich seit den 50er Jahren als Kommunist und gehörte bereits damals der durch das Bundesverfassungsgericht 1956 verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) an. Ein weiteres Vorstandsmitglied der VVN-BdA kandidierte auf der Liste der orthodox-kommunistischen "JUKO" ("Junge Kommunisten" O s. o. DKP) im Wintersemester 1998/99 zum Studieren170 denparlament der Universität Hamburg. Der einzige Hamburger DKPDirektkandidat zur Bundestagswahl 1 9 9 8 ist zugleich Mitglied des Hamburger VVN-BdA-Landesverbandes. Eine VVN-BdA-Abordnung, darunter einer ihrer Bundessprecher als Gastredner, war auf dem DKP-Parteitag (22.-24.05.98) in Hannover vertreten. 31 % der dort versammelten DKPParteitagsdelegierten sind auch VVN-BdA-Mitglieder. Die mehrheitlich orthodox-kommunistische Sichtweise der VVN-BdA führte zusammen mit der fortschreitenden Überalterung des Mitgliederstamms zu erheblichem Mitgliederschwund ( 1 9 8 9 : ca. 1 4 . 0 0 0 , 1 9 9 8 : ca. 6.500). Um absehbare weitere kontinuierliche Verluste auszugleichen, öffnete sich die VVN-BdA ab 1 9 9 0 auch gegenüber Linksextremisten aus anderen Organisationszusammenhängen. Man 1 0 1 7 - W i r a 1 P I 7 Der Festkongreß "50 Jahre VVN" 1 5 . 0 3 . 9 7 verabschiedete schließlich einen am 50 Jahre "Appell an die Jugend", mit dem Hinweis, diese möge "antifaschistische" Tradition "auf ihre eigene Art und Weise" weiterführen. Dieser Appell war offensichtlich auch an militante autonome "Antifas" gerichtet. Frühere Berührungsängste und Abgrenzungen gegenüber diesem Spektrum haben sich aufgelöst. Auch 1998 setzte die VVN-BdA ihren Brückenschlag zu autonomen .Antifaschisten" fort. Auf ihrem Bundeskongreß am 1 3 . / 1 4 . 0 6 . in Braunschweig verurteilte der Bundessprecherkreis polizeiliche Maßnahmen gegen autonome (Passauer) Antifaschisten", V V gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung läuft (O Antifaschismus: 4.3.2). Der Landesvorsitzende der VVN-BdA in Nordrhein-Westfalen bestätigte - zumindest für das Jahr 1997 - in einem Interview der Tageszeitung "junge Welt" (30.06.98) indirekt die Zusammenarbeit mit der DKP und Autonomen. Die Hamburger VVN-BdA gehörte im November neben DKP, S D A J , "Hamburger Forum für Frieden und weltweite Abrüstung" und neben den Hamburger Gruppen "Revolutionäre Sozialistinnen" (RES, autonomes Spektrum) sowie "Roter Aufbruch" (O 3., "Antiimperialistischer Widerstand") zu den Unterzeichnern eines Aufrufflugblattes "Wir sagen NEIN zu militärischer Machtpolitik und Nationalismus - Für die Beendigung der Natoeinmischung im Kosovo" (Schreibweise a. d. Origin. übern., Hervorh, n. i. O.). 171 Im "Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" ( 3 4.3.2) kooperiert die VVN-BdA mit linksextremistischen Gruppen. Obgleich die Zusammenarbeit auch mit gewalttätig agierenden Linksextremisten für die Hamburger VVN-BdA zur Normalität geworden ist, zahlte sich dieses Bündnisverhalten bisher mit keinem spürbaren Zuwachs für die eigenen Reihen (rund 400 Mitglieder) aus. 1998 wurde bekannt, daß das 1995 von Hamburger "Flüchtlingsgruppen" eröffnete "Cafe Exil" (s. a. 3 4.3.1) finanziell von der VVN-BdA getragen wird. 1997 lief eine VVN-BdA-Spendenkampagne für diese Einrichtung an. Laut "taz" (22.07.98) wollte sich die VVN-BdA mit ihrer Spendenbitte auch an das "Hamburger Spendenparlament" und die "Rote Flora" {O s. div. Fundstellen) wenden. Außerdem hat sie bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Basisfinanzierung für diese Einrichtung gestellt. 5.2 Sonstige revolutionäre Marxisten In den 70er Jahren bis Mitte der 80er Jahre war der Linksextremismus in den alten Bundesländern Deutschlands wesentlich von zwei sich scharf gegeneinander abgrenzenden Strömungen dogmatisch geprägter revolutionärer Marxisten gekennzeichnet: Neben der weitgehend von der DKP repräsentierten orthodox-kommunistischen ("alten") Linken, die bedingungslos der von der KPdSU und SED vorgegebenen moskauorientierten Linie folgte, agierte ein breites Spektrum von Gruppen der "Neuen Linken", die diese Linie ablehnten und sich an unterschiedlichen Ideologien orientierten (Maoisten, Trotzkisten, albanienorientierte Kommunisten u. a.). Trotz einer Blütezeit der dogmatischen "Neuen Linken" in den 70er Jahren scheiterte sie letztlich an ihrem Avantgardismus, Sektierertum sowie rigiden Beherrschungs-, Unterdrückungsund Vereinnahmungsmethoden. Auch sie verfehlte eine Revolutionierung des "Proletariats". Die in den 80er Jahren aufkommende Bewegung undogmatischer, ökologischer, emanzipativer und basisdemokratischer Gruppierungen beschleunigte den Niedergang und Zerfall revolutionär marxistischer sog. "K-Gruppen" (KPD, KPD/ML, KBW, KB). Ein Teil des verbliebenen Restes, so Mitglieder des aufgelösten KB, der VSP, des ehemaligen BWK (in Hamburg 1998 weiterhin als "AG BWK in und bei der PDS" aufgetreten), suchte in den letzten Jahren Betätigungsmöglichkeiten und eine neue politische Heimat unter dem Dach der PDS. Einige Ex-KB-Ier betätigen sich bei den "Antinationalen" ("Radikale Linke"). Nur wenige Organisationen haben bis heute überlebt. 172 Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands: Die 1982 gegründete MLPD nimmt für sich in Anspruch, den "Marxismus-Leninismus und die Mao TSETUNG-Ideen schöpferisch" auf die Gegenwart anzuwenden. Angesichts bitterer Erfahrungen, die Millionen von Menschen in den von solchen Ideologien bestimmten Diktaturen machen mußten, leugnet die MLPD deren 'Echtheit' und spricht vom Verrat des Sozialismus in der ehemaligen Sowjetunion und der DDR nach 1956 sowie in China nach dem Tode Mao TSETUNGS. Einzig und allein sie garantiere den Aufbau des "echten Sozialismus" nach einem revolutionären "Sturz des Imperialismus". Im Mittelpunkt ihrer Thesen steht die "Lehre von der proletarischen Denkweise" bei gleichzeitiger Bekämpfung "kleinbürgerlicher" Tendenzen ("Hauptwaffe der Monopole"), die angeblich das Klassenbewußtsein zersetzen. In den ehemals "sozialistischen" Ländern sei das "sozialistische Experiment" gescheitert, weil die Kommunisten es nicht geschafft hätten, "neue Probleme" im Aufbau der sozialistischen Gesellschaft zu lösen. Dort hätten sich angesichts unzureichender "revolutionärer Wachsamkeit" Tendenzen der Bürokratie zur "kleinbürgerlichen Entartung" und "Dekadenz", zur Loslösung von den "Massen", zur individuellen Bereicherung und zum Machtmißbrauch ausbreiten können, weil die "proletarische Denkweise" nicht in geeigneter Form kontrolliert worden sei. Wichtigste Schlußfolgerung daraus sei "die Organisierung der Überlegenheit" der proletarischen über die kleinbürgerliche Denkweise. Im Kampf gegen den Verrat sei die MLPD entstanden. Sie erhebt den Anspruch, eine Partei "neuen Typs"zu verkörpern. Zentraler Propagandaträger der MLPD ist die wöchentlich erscheinende Parteizeitung "Rote Fahne". Diese verbreitete im Bundestagswahlkampf Forderungen wie die Einführung der 30-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, die Senkung des Rentenalters auf 55 / 50 Jahre (Männer/Frauen) "bei vollem Rentenausgleich", höhere Sozialhilfen ohne Abstriche für Flüchtlinge und Asylbewerber sowie die volle Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Arbeitgeber. Der Parteijugendverband "REBELL" ("Vorschule und Hauptreservoir" der MLPD), die Kinderorganisation "ROTFÜCHSE" und 173 die "überparteiliche Selbstorganisation" Frauenverband "Courage"warer\ in Wahlaktivitäten eingebunden. Die im Verhältnis zur bundesweiten Gesamtmitgliedschaft (rund 2.500) kleine Hamburger MLPD-Gruppe (um 30) nebst örtlicher Wählerinitiative "Volldampf Voraus!" suchte vor der Bundestagswahl mit Aktionsständen in Fußgängerzonen sowie kleineren demonstrativen Aktionen Kontakt zu den "proletarischen Massen" (Interessentengewinnung, Spendensammlung). Anläßlich von Protestaktionen Hamburger Schüler am 28.05.98 behauptete der MLPD-Bundestagskandidat im Wahlbezirk Altona, Jürgen BADER, in einem "Kandidatenbrief" eine Kausalität zwischen Sparmaßnahmen im Bildungsbereich und der Fusion von Daimler und Chrysler. Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP): In der nur noch weniger als 200 Mitglieder (Hamburg: 20 - 30) zählenden VSP hatten sich 1986 Trotzkisten und Mitglieder der albanienorientierten KPD (Marxisten-Leninisten) als Partei zusammengeschlossen. Ihren Anspruch, einen "Beitrag" zum Aufbau einer "revolutionären sozialistischen Massenpartei"zu leisten, erklärte sie 1995 für gescheitert. Laut ihrem beim Bundeswahlleiter hinterlegten Parteiprogramm hält die VSP an der Enteignung "der Kapitalisten", der Verstaatlichung "wesentlicher" Produktionsmittel und an einer "klassenlosen" Gesellschaft fest. Zur Bundestagswahl 1998 unterstützte sie die Kandidatur der PDS, in der sich mehrere VSP-Mitglieder aktiv betätigen. Die VSP unterstützt - auch organisatorisch - die trotzkistisch gesteuerte Bundeskoordination der "Europäischen Märsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung". Diese beabsichtigt, sich 1999 mit einer eigenen Demonstration und einer Neuauflage sog. "Euromärsche" in die geplante linksextremistische Protestkampagne gegen die Gipfelkonferenz der Europäischen Union (04.-06.06.99 in Köln) einzubinden. Die "Euromärsche" gehen auf Initiativen der französischen Gruppe "Agir ensemble contre le chomage!" (AC, Gemeinsam handeln gegen Arbeitslosigkeit) zurück - eine Vorfeldstruktur des trotzkistischen Dachverbandes "IV. Internationale/Vereinigtes Sekretariat" (Sitz: Paris). Außer mit sporadischen "lnternationa/ismus"-Akt äter\ zur Unterstützung von Befreiungsbewegungen in verschiedenen Ländern - trat die Hamburger VSP-Ortsgruppe in den letzten Jahren kaum noch eigenständig öffentlich in Erscheinung. Sie gehört zum Herausgeberkreis der sich als "antifaschistisch, antiimperialistisch, antikapitalistisch" bezeichnenden Publikation "Lokalberichte Hamburg" und arbeitet im linksextremistisch dominierten "Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" mit. 174 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB): Der AB beruft sich in programmatischen Aussagen auf den Marxismus-Leninismus, Ideen Stalins sowie Mao Tse-Tungs. Sein Ziel ist, die "herrschende Ausbeuterklasse" zu beseitigen, eine "Diktatur des Proletariats" und eine "klassenlose Gesellschaft" zu errichten. Angesichts einer auf ein Dutzend Mitglieder zusammengeschmolzenen Hamburger AB-"Ortsgruppe" dient ihre Erwähnung mehr der Vollständigkeit. Allen Erkenntnissen zum Trotz, die in jüngster Zeit durch die Erschließung bisher verschlossener Archive und Quellen das Ausmaß kommunistischer Verbrechen seit der Oktoberrevolution von 1918 veranschaulichten, verbreitete der AB auch in Hamburg zum 1. Mai 1998 einen Flugblattauftruf unter der Parole "Sozialismus oder Untergang in der Barbarei!". Eine gemeinsame Informationsund Diskussionveranstaltung mit dem DKP-Kreis Eimsbüttel am 07.02.98 war dem Thema "Börsenkrach 1997" gewidmet. Marxistische Gruppe (MG): Die Anfang der 70er Jahre entstandene - seit 1980 unter dieser Bezeichnung auftretende - MG hatte bis 1991 mehr als 10.000 fest eingebundene Anhänger erreicht. In Hamburg - eine der MGHochburgen - wurde damals von etwa 1.000 Mitgliedern, Kandidaten und Sympathisanten ausgegangen. 1991 hatte die MG - zum Schein - ihre Selbstauflösung bekanntgegeben, in der Hoffnung, sich so einer weiteren Beobachtung zu entziehen. Unter vermeintlich unverfänglichen Bezeichnungen treten altbekannte MG-Ier inzwischen wieder offen auf, so in Hamburg u.a. als "Gruppe Kritik und Diskussion" (K&D). Nach wie vor pflegt die MG-Anhängerschaft ihren Zusammenhalt über Wohngemeinschaften, die Merkmale organisatorischer Grundeinheiten tragen. Zu den Klassikern des Marxismus-Leninismus pflegt die MG ein eher distanziertes Verhältnis. Die Redaktion der Publikation "Gegenstandpunkt" veranstaltet auch in Hamburg Diskussionsforen, auf denen altbekannte MG-Ier das Wort führen. Eine Initiative "Arbeitslose Akademiker / Nachwuchsorganisation - Studentischer Verein für politische und kulturelle Bildung von Studentinnen und Studenten zur Vorbereitung auf ihren zukünftigen Lebensweg in Hamburg" (AA/NO) agitiert im Bereich der Hamburger Universität in Zusammenarbeit mit der Gruppe K&D. Die AA/NO errang bei den Studentenparlamentswahlen an der Universität Hamburg anläßlich ihrer erstmaligen Kandidatur mit 1,42 % einen Sitz. Ihre umstürzlerischen Absichten und ihren Zynismus offenbarten Autoren der Publikation "Gegenstandpunkt" (Nr. 1/98) in der Auseinandersetzung mit dem von Stephane CURTOIS herausgegebenen "Schwarzbuch des 175 Kommunismus". Das Buch beschreibt unter Bezugnahme auf zahlreiche Dokumente und Zeugen die unmenschlichen Verbrechen unter kommunistischer Herrschaft und Einflußnahme sowie die Leidenswege vieler Millionen auf Geheiß kommunistischer Diktatoren ermordeter/gequälter Opfer. Die genannten Opferzahlen - so die MG-Publikation - seien kein Argument gegen die Kritik des kapitalistischen Elends, weder verbesserten sie das Lohnsystem, noch änderten sie etwas daran, "daß auf einem liberal und kapitalistisch durchorganisierten Globus vernünftige Lebensbedingungen ohne gründlichen Umsturz nicht zu haben"seien. Trotzkisten: Trotzkisten lehnen STALINs Vorstellungen vom "Aufbau des Sozialismus in einem Land" ab und folgen der Maxime Leo TROTZKIS, nach der die Revolution nur im weltweiten Maßstab LWeltpartei des Proletariats, proletarische Weltrevolution") Erfolg haben kann. Die in zahlreichen Ländern vorzufindenen trotzkistischen Organisationen sind seit Jahren - auch in Deutschland - in zahllose Kleingruppierungen und Strömungen zersplittert und zumeist relativ einflußlos. Sie werden in diesem Bericht nur der Vollständigkeit halber berücksichtigt. Der "Revolutionär-Sozialistische Bund" (RSB) betrachtet sich als deutsche Sektion der trotzkistischen "IV. Internationale" (über 20 Sektionen und sympathisierende Gruppen). Er ist beim Bundeswahlleiter als Partei im Sinne des Parteiengesetzes registriert. In seiner "Programmatischen Erklärung" vom 16.10.94 spricht der RSB ausdrücklich vom "revolutionären Sturz des Kapitalismus" bzw. "weltweiten" Klassenkampf. Er sieht seinen Schwerpunkt in "außerparlamentarischen Kämpfen". Der RSB ist maßgeblich in die von der "IV. Internationale" initiierte Koordination der "Euromärsche gegen Erwerbslosigkeit" eingebunden. Zur Bundestagswahl 1998 het er zur Wahl der PDS. Auf seiner 5. zentralen Delegiertenversammlung beschloß der RSB eine Neuorganisation seiner Jugendarbeit. Arbeitsschwerpunkt 1999 sollen die Proteste gegen den EU-Gipfel im Juni 1999 in Köln sein. An der Delegiertenversammlung nahmen auch Vertreter der VSP, der trotzkistischen "Sozialistischen Alternative Voran" (SAV) und der ebenfalls trotzkistischen "Sozialistischen Initiative" (SI) teil. Während der RSB bereits in der Vergangenheit mit der VSP kooperiert hat, ist die Öffnung gegenüber konkurrierenden trotzkistischen Organisationen eine neue Entwicklung. Die "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) ist die deutsche Sektion des in London ansässigen trotzkistischen Dachverbandes "International Socialists" (IS), der mit über 20 Sektionen weltweit über mehr als 10.000 Anhänger verfügt. Die SAG erstrebt den Aufbau einer revolutionären kommunistischen Partei, eine proletarische Revolution und die Entwicklung eines 176 mmmam^^^^^^^^^^^mamt von Arbeiterräten geführten Staates. Dieses Ziel soll u.a. über konsequente Betriebsund Gewerkschaftsarbeit erreicht werden. Entsprechend der 1994 in London stattgefundenen Weltkonferenz der IS hat sich die SAG der trotzkistischen Strategie der Entrismuspolitik - d.h. der Infiltrierung anderer Organisationen - verschrieben. Sie gibt die Schrift "Linksruck" heraus und hat das in Hamburg ansässige "Linksruck-Netzwerk" (LR, bundesweit inzwischen knapp 1.000 Personen, Hamburg: unter 100) gegründet, das innerhalb von Gliederungen der Jungsozialisten ar"Das Linksruck-Netzwerk ist die Ströbeitet. Anhaltspunkte aus jüngmung der revolutionären Sozialisten. ster Zeit deuten an, daß "Links(...) Der Kampf findet...zwischen Klasruck" innerhalb der Jusos nicht sengrenzen statt. (...) Die Abschaffung mehr offen als eigenständige des Kapitalismus und die Einführung eiStrömung agieren will. Die LRner Rätedemokratie sind VoraussetBundeskoordination leitet von zung zur endgültigen Beseitigung jeder Hamburg aus die Aktivitäten einUnterdrückung. " (Aus: "Linksruck-Leitzelner Ortsgruppen. SAG-Mitgliesätze"'im Internet, Hervorh, n. i. O.). der arbeiteten in Hamburg mehrfach als "Juso-Mitglieder" in "antifaschistischen" Bündnissen mit Autonomen und Angehörigen des "Antiimperialistischen Widerstandes" (AIW) zusammen. Als mit Abstand bedeutendste trotzkistische Gruppierung in Hamburg (es existieren LR-Gruppen in Ottensen, St. Pauli, Eimsbüttel und im Universitätsbereich) beteiligt sich "Linksruck" am linksextremistisch dominierten "Hamburger Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" sowie an linksextremistischen Demonstrationen (25.02.98 gegen "imperialistischen Krieg", 02.09.98 "Antifa"-Demo gegen DVU 3 4.3.2, 19.09.98 "Antifa"-Demo Rostock 3 4.3.2). Jeden Monat finden zahlreiche LR-Veranstaltungen (Beispiel: "Klassenkampf und Kapitalismus") statt. Anläßlich einer CDU-Bundestagswahlveranstaltung mit dem damaligen Bundeskanzler KOHL am 23.09.98 in Hamburg bildeten "Linksruck"-Anhänger das auffälligste Störerpotential. "Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD): Die SpAD wurde 1990 in Berlin als deutsche Sektion der trotzkistischen "Internationalen Kommunistischen Liga" ("International Communist League", ICL, Sitz: New York/ USA, weltweit unter 1.000 Anhänger) gegründet. Sie steuert das "Komitee für soziale Verteidigung" (KfsV, Sitz: Berlin, amerikanische Schwesterorganisation: "Partisan Defense Committee"). Auch die SpAD propagiert die trotzkistische Strategie des Entrismus durch Unterwanderung von "Massenorganisationen" und Parteien. Ihre Publikation "Spartakist" erscheint im "Verlag Avantgarde GmbH" (Adressen in Hamburg und Berlin). Eine im 177 April in Hamburg veranstaltete Schulungsreihe trug das Motto "Für eine neue Oktoberrevolution weltweit". Die SpAD organisierte 1998 in Hamburg regelmäßig Veranstaltungen, so z. B. im "Haus für Alle" zum Thema "Keine Stimme für SPD/PDS" (22.09.98) und "Indonesien - Für Arbeiterrevolution!" (16.10.98). Am 07.11.98 war sie maßgeblich an der Hamburger Demonstration für die Freilassung eines in den USA wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilten schwarzen Journalisten beteiligt. Die trotzkistische "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) trat erfolglos mit einzelnen Direktkandidaten zur Bundestagswahl an. Ihre Anfang der 90er Jahre für kurze Zeit bedeutsame Vorfeldorganisation "Jugend gegen Rassismus in Europa/Jugendoffensive"ist weitgehend zerfallen. Die in Hamburg nicht vertretene "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG) - vormals "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA, Sitz: Essen) will die "arbeitende Bevölkerung" für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft gewinnen. Sie ist die deutsche Sektion des internationalen Dachverbandes "Internationales Komitee der Vierten Internationale" (IKVI, London). Die PSG gibt die Zeitung "Gleichheit" heraus. Zur Bundestagswahl vertrat sie den Standpunkt, es gelte, eine drohende "soziale Explosion" "in fortschrittliche Bahnen zu lenken", nicht, sie zu verhindern. Man bereite sich auf den "unvermeidlichen Zusammenstoß breiter Bevölkerungsschichten" mit einer SPD-geführten Bundesregierung vor. Kommunisten deuten Gewalt im Zuge revolutionärer Bewegungen gern als 'Gegengewalt'. Verklausuliert hieß es im PSG-Wahlaufruf: Sie erstrebe eine Arbeiterregierung mit "demokratischen Mitteln", jedoch werde die herrschende Klasse kaum bereit sein, "ihre Stellung friedlich zu räumen". Nach dem Scheitern bei der Bundestagswahl will die PSG im Internet eine aktuelle " World Socialist Web Site" aufbauen. 6. Nutzung moderner Kommunikationsmittel Mit der rasanten Verbreitung des Internet und stark gesunkenen Kosten im Telekommunikationsbereich fand die Nutzung moderner Kommunikationsmittel auch in der linksextremistischen Szene steigende Akzeptanz. Während es früher noch verpönt war, Mobiltelefone zu nutzen, sind diese heute gerade bei jüngeren Szeneangehörigen verbreitet. Sie werden nicht nur zur persönlichen Kommunikation genutzt, sondern als mobiles Instrument zur besonders zeitnahen und unmittelbaren Lenkung von Demonstrationen eingesetzt. 178 Das Internet hat durch seine Nutzerbreite die Mailboxsysteme in ihrer Bedeutung abgelöst. Zahllose linksextremistische Gruppen und Parteien tummeln sich mittlerweile im Internet und unterhalten dort eigene, z.T. sehr professionell wirkende Homepages. Dadurch sind Mailboxsysteme wie "Spinnennetz" und "Com/ink" ins Hintertreffen geraten. Über elektronische Medien werden nicht nur für Linksextremisten bedeutsame politische Ereignisse und Hintergründe berichtet, sondern auch aktuelle Informationen über bevorstehende Demonstrationen - vornehmlich "antifaschistischen" Inhalts - verbreitet. "Nadir" (It. Duden 'Gegenpunkt des Zenits an der Himmelskugel'): Das in der "B 5" (3 4.2) beheimatete "Nadir info System" stellt nach eigenem Bekunden die virtuelle Version eines Infoladens dar. So bietet es eine E- ma//-Funktion an, richtet Newsgroups ein, verschickt Mai///7ö>-Listen und unterhält ein digitales Archiv mit einer Fülle von Informationen zu linksexremistischen Themenstellungen. Daneben unterhält "Nadir" ein öffentliches Terminal in der "B 5" und veranstaltet dort regelmäßig ein "Nadir-Cafe". Interessierte Gruppen können sich darüber hinaus im Umgang mit der neuen Technik schulen lassen. Die Betreiber wollen mit dem Infosystem "...einen Beitrag zur Entwicklung einer emanzipativen Perspektive leisten, die international und internationalistisch allen Widerständen und Kämpfen eine gemeinsame Richtung gibt, um die herrschenden Verhältnisse grundlegend zu verändern" (Hervorheb. n. i. 0.). Die angebotenen Leistungen dürften an der Tendenz dieser Aussage gemessen nur Angehörigen der linksextremistischen Szene vorbehalten bleiben. Als Kommunikationsträger bedient sich "Nadir" des Internets, um eine möglichst weitreichende Verbreitung der "/Vatf//'"-Dienstleistungen zu ermöglichen. Zentrale Bedeutung hat das von "Nadir" unterhaltene elektronische Archiv. Hier finden sich zahlreiche Texte zu Themen mit linksextremistischem Bezug von eher grundsätzlicher Bedeutung. 179 Im Bereich Periodika werden zahlreiche Szene-Publikationen, wie die vorwiegend im autonomen Spektrum gelesenen Jnterim", "Zeck", "Angehörigen-Info", "Arranca" etc., eingestellt. Unter der Rubrik "Aktuell" finden sich relativ zeitnahe Aufrufe und Hinweise auf politische Ereignisse, z. B. Versammlungen, Mobilisierungsveranstaltungen und Demonstrationen, die für die Klientel von "Nadir" interessant sind. Die Tatsache, daß nach eigenen Angaben täglich e t w a 1.500 Seiten v o m "Nadir"-Web-Server abgefragt werden, vermittelt die bereits erreichte hohe Akzeptanz. Für das linksextremistische Spektrum zählt "Nadir" auch bundesweit zu den wichtigsten Informationsund Selbstdarstellungsmedien im Internet. Neben Hamburger Gruppen (u. a. "Antifaschistische Gruppe Hamburg" (AGH) und "Mumia Abu Jamal Solibündnis Hamburg") gehören auch bundesweit gewichtige Gruppierungen zu den Unterstützern von "Nadir": So die "Antifaschistische Aktion Ber/in", die "Autonome Antifa (M)" aus Göttingen und die Berliner Gruppe "F.e.l.S." ("Für eine linke Strömung"). Daß sich "Nadir" selbst dem ,/Vaa'/r"-Fundstelle im Internet linksextremistischen Spektrum zurechnet, ergibt sein Katalog von "Grundsätzen": "Was wir mit Nadir wollen ist an der Erarbeitung neuer Grundlagen der Linken durch die Bereitstellung eines Ortes zur Kommunikation und Information mitzuarbeiten: Über das Hier und Jetzt und die Zukunft der Menschen, für eine soziale Revolution als emanzipativen Prozeß, der alle Herrschaftsund Ausbeutungsverhältnisse mit einschließt." (Hervorh, n. i. 0.) 180 IV. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 1. Überblick / Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte 1.1 Themen und Aktivitäten Deutschland genießt wegen seiner geographischen Lage in der Mitte Europas, seines Wohlstandes, seiner Weltoffenheit und freizügigen Ordnung hohe Anziehungskraft. Dieses gilt sowohl für Ausländer, die hier bleiben und arbeiten wollen, als auch für solche, die vorübergehend bei uns Zuflucht suchen. In der Bundesrepublik leben offiziell etwa 7,37 Millionen Ausländer (Bevölkerungsanteil rund 9 %). Unter der bundesweiten ausländischen Gesamtbevölkerung sind türkische Staatsangehörige (etwa 2,11 Millionen - rund 28,6 %) am stärksten vertreten. Mit 269.179 Ausländern (31.12.98) bzw. rund 15,9 % liegt der ausländische Bevölkerungsanteil in Hamburg - wie in vielen Ballungszentren - weit über dem Bundesdurchschnitt. In Hamburg wurden Ende 1998 etwa 2.700 Ausländer Organisationen zugerechnet, die dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes unterliegen - das sind rund 1 % der hier lebenden Ausländer. Dieses Potential läßt sich nur zum Teil anhand eingetragener Mitgliedschaften nachzählen, sondern ergibt sich zumeist erst aus aus dem Ausmaß und der Intensität, mit denen die jeweilige Anhängerschaft und das nahestehende Umfeld Zielsetzungen teilt und Vorgehensweisen der Organisationen auch aktiv unterstützt. Der Verfassungsschutz sammelt Informationen über politische Aktivitäten von Ausländern, soweit sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten (z. B. im Zusammenwirken mit deutschen Extremisten) oder politische Auseinandersetzungen mit Gewalt auf deutschem Boden austragen und dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden. Zudem werden Ausländergruppen beobachtet, die vom Bundesgebiet aus Gewaltaktionen in anderen Staaten durchführen oder vorbereiten und dadurch auswärtige Belange Deutschlands gefährden. Es kennzeichnet den Ausländerextremismus, daß er im Bundesgebiet oder vom Bundesgebiet aus - auch mit unfriedlichen Mitteln - Konflikte auszu181 tragen versucht, die z. B. auf ungelösten politischen und wirtschaftlichen Problemen in den Herkunftsländern beruhen. Kurdische Linksextremisten verfolgten auch 1998 ihr wichtigstes Ziel: Einen weitgehend unabhängigen kurdischen Staat oder zumindest eine Teilautonomie innerhalb der Türkei - ggf. unter Einschluß angrenzender kurdisch besiedelter Regionen. Ihr Hauptgegner ist die türkische Regierung. Der Führer der in Deutschland mit Betätigungsverbot belegten "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) flüchtete Ende des Jahres nach Italien und warb nach schweren Verlusten und Niederlagen der von der PKK unterhaltenen "Volksbefreiungsarmee"(ARGK) von Rom aus um weltweite Unterstützung für eine friedliche Lösung des blutigen türkisch-kurdischen Konfliktes. In Deutschland konzentrierte sich die PKK weiter darauf, mit Hilfe insbesondere linksextremistischer deutscher und türkischer Unterstützer eine Aufhebung ihres Betätigungsverbotes zu erreichen. Sie bemühte sich erneut darum, mit ihren Aktionspartnern in Deutschland politischen Druck auf die Türkei auszuüben, um sie zum Einlenken gegenüber kurdischen Autonomiebestrebungen zu bringen. Zwei türkische linksextremistische Organisationen, die aus der 1983 verbotenen "Devrimci Soi" (Revolutionäre Linke) hervorgegangen waren, wurden durch Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 06.08.98 verboten bzw. mit Betätigungsverbot belegt. Sie stehen sich seit Jahren in blutiger Fehde gegenüber (O 4.2.1, 4.2.2). Davon abgesehen sind sich beide - wie auch die anderen türkischen Linksextremisten - in ihrem Hauptziel einig, dem revolutionären Umsturz in der Türkei. Extrem-nationalistische Türken orientieren sich u.a. an Ideen von einem großtürkischen Reich. Sie bilden den Gegenpol zur linksextremistischen Seite, worauf eine latente Gefahr gegenseitiger Gewaltanwendung beruht. Islamistische Organisationen setzen sich für die Errichtung islamischer Systeme in ihren Heimatländern ein und orientieren sich dabei zum Teil am Vorbild des Iran. In der Türkei wollen sie die laizistische Staatsordnung beseitigen. Insbesondere türkisch-islamistische Organisationen in der Bundesrepublik sind bestrebt, eine integrationsfeindliche "muslimische Identität" unter den hier lebenden Türken - verstärkt unter Kindern und Jugendlichen - zu etablieren. Die Islamisierung wird als wichtige Voraussetzung verstanden, einem weltweiten Gottesstaat näherzukommen. Unter den hier lebenden iranischen Staatsangehörigen geben sich die Gegner der iranischen Regierung als eine quasi im Exil befindliche Gegenmacht 182 im Wartestand. Nach einer längeren Phase, in der sie sich um ein seriöses Image bemühten, deutet sich eine Rückkehr zu aggressiveren Verhaltensweisen an. Nach wie vor sammeln die hier lebenden "Volksmodjahedin" Geld für den bewaffneten Kampf zum Sturz des "Mullah-Regimes". Anhänger der iranischen Regierung werben in der Bundesrepublik für die Verbreitung der "islamischen Revolution" nach iranischem Vorbild und bekämpfen die hier agierenden Regierungsgegner. Extremistische Organisationen arabischer Herkunft verfügen in der Bundesrepublik - soweit überhaupt - nur über wenige Anhänger und/oder kleinere Zusammenhänge. Hauptthema der meisten von ihnen sind weiterhin die Gegensätze im stockenden nahöstlichen Friedensprozeß. Insbesondere die in der Heimat militant auftretenden algerischen Islamisten betrachten Deutschland und andere europäische Länder als strategischen Rückzugsraum und Beschaffungsstandort für den bewaffneten Kampf. Spätestens seit den verheerenden Bombenanschlägen auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania im August 1998 (224 Tote, rund 5.000 Verletzte) gilt der islamische Extremist sowie mutmaßliche Unterstützer und Geldgeber für diese Aktionen - der sich in Afghanistan versteckt haltende saudiarabische Multimillionär Osama BEN LADIN - als einer der gefährlichsten Drahtzieher des islamisch-fundamentalistischen Terrorismus. Nach Erkenntnissen der US-Regierung steht BEN LADIN hinter zahlreichen Terrorakten. Sein mutmaßlicher Finanzexperte wurde im September 1998 in Deutschland gefaßt und an die USA ausgeliefert. Da BEN LADIN insbesondere amerikanische und - nach Bombardierung des Irak - auch britische Hamburg / Polizeischutz vor US-Generalkonsulat Einrichtungen und Zivilisten weltweit zum Zielobjekt von Mordund Terroakten erkärt hat, wurde der Schutz solcher Einrichtungen in der Bundesrepublik verstärkt. Wegen eines be183 fürchteten Bombenanschlages gegen das US-Generalkonsulat in Hamburg wurden hier im September 1998 für mehrere Tage massive polizeiliche Schutzvorkehrungen getroffen. 1.2 Organisationen und Potentiale Das Potential der in der Bundesrepublik vertretenen 65 (1997: 61) ausländischen extremistischen Organisationen (einschließlich verbotener Organisationen) hat sich von 58.200 (1997) auf 59.100 (1998) Mitglieder/Anhänger erhöht. Im Gesamtkomplex der in Deutschland oder von deutschem Territorium aus agierenden politischen Extremisten entfällt somit auf ausländische Organisationen der größte Anteil. ,M 1998 L iX 59.100 9 1997 L 58200 t S/r/-..- 2 * 199R r L 57300 199R r 55500 1994 L ' ' 47050 _ß f Bundesebene: Mitglieder-/ ; M^ Anhängerpotentiale 1993 F" 39950 _P ausländischer extremistischer w .,.",."**-Organisationen seit 1988 1992 L 39800 _p (einschließlich verbotener Organisationen) 1991 r 42980 _ P ill WEZ *:<*. '**af*! 1990 L 49350 ^p MPS^" : ; :::HW2 1989 I 97260 _P 19RR n _ 101Ö00 Hß 20000 40000 60000 80000 100000 120000 Untergliedert nach politischen Standortkategorien gab es 1998 etwa 19.360 Anhänger linksextremistischer (1997: 19.400), 8.450 Anhänger extrem-nationalistischer (1997: 8.000) und 31.290 Anhänger islamisch184 extremistischer (1997: 30.800) Organisationen. Darin sind die Personen verbotener Organisationen mitgezählt. Staats-/ linksextremistisch extr.-nationalistisch islamistisch Volkszuge1998 (1997) 1998 (1997) 1998 (1997) hörigkeit Kurden 11.900 (11.800) (davon PKK) (11.500) (11.000) Türken 5.110 (5.400) 7.500 (7.000) 28.400 (28.100) Araber 200 (300) 2.740 (2.500) Iraner 900 (900) 150 (200) Sonstige 1.250 (1.000) 950 (1.000) Gesamt 19.360 (19.400) 8.450 (8.000) 31.290 (30.800) Diese Zahlenverhältnisse sind nicht gleichzusetzen mit den Gefährdungsintensitäten, die von den einzelnen Spektren bzw. darin enthaltenen Gruppierungen für die innere Sicherheit der Bundesrepublik ausgehen. So waren die gut 32,8 % umfassenden ausländischen Linksextremisten in 44 Gruppierungen 1998 für den weit überwiegenden Teil der verübten Gewalttaten verantwortlich. Mit etwa 11.500 Mitgliedern/Anhängern behauptete die verbotene "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) einen Anteil von knapp 19,5 % - mithin rund ein Fünftel am Gesamtpotential ausländischer Extremisten. Ausländische Nationalisten verteilten sich unverändert auf 4, Islamisten unverändert auf 17 Gruppen. Der weit überwiegende Teil (41.010 Personen, d. h. rund 69,4 %) der o. g. Potentiale bzw. Richtungen entfiel auf 18 Organisationen türkischer Volkszugehörigkeit. Die zweitgrößte Volksgruppe ausländischer Extremisten bildeten - mit 20,1 % - Personen kurdischer Herkunft in 23 Gruppen. Es folgten mit weitem Abstand Araber (knapp 5 %, 15 Gruppen), Iraner (1,8 %, 2 Gruppen) und sonstige Nationalitäten / Volkszugehörigkeiten (3,7 %, 7 Gruppen). Das heute etwa 2.700 Personen (1997: 2.800) umfassende Gesamtpotential ausländischer Extremisten in Hamburg hat sich gegenüber 1997 um etwa 100 bisher neben der PKK als linksextremistisch in Erscheinung tretende Personen kurdischer Volkszugehörigkeit vermindert. Die PKK stellte in Hamburg mit unverändert etwa 700 Mitgliedern/Anhängern (einschließlich des außerhamburgischen Einzugsgebietes) rund 26 % des insgesamt 2.700 Personen umfassenden Gesamtpotentials ausländischer Extremisten. 185 Hamburg: Mitglieder/Anhänger ausländischer extremistischer Organisationen 3500 3000 2 ^ a r^S f-e m " I 2500 33fltE 2000 1500 1000 500 1994 1995 1996 1997 1998 Das in Hamburg vorhandene Spektrum von unverändert etwa 1.730 türkischen Extremisten verteilte sich gleichbleibend auf etwa 180 Linksextremisten, rund 500 extreme Nationalisten und unverändert auf geschätzte 1.050 fest angebundene Personen islamisch-extremistischer Ausrichtung. Neben türkischen und kurdischen Extremisten sind in Hamburg etwa 270 Iraner, Araber sowie Personen anderer Nationalitäten/Volksgruppen als Anhänger extremistischer Gruppierungen bekannt, die zum Teil wegen fehlender örtlicher Strukturen organisatorisch nicht fest eingebunden sind. 2. Strafund Gewalttaten im Ausländerextremismus / Statistik Die Zahlen für die Bundesebene basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) - für Hamburg auf Angaben des Landeskriminalamtes (LKA). Sie sind wegen veränderter Erfassung-/Bewertungskriterien sowie aufgrund von Nachmeldungen bzw. aktualisierten Erkenntnisständen mit den in früheren Hamburger Verfassungsschutzberichten (vor 1997) aufgeführten Statistiken nicht vergleichbar. 1998 wurden bundesweit insgesamt 2.356 (1997: 1.608) Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund erfaßt, darunter 258 (1997: 314) Gewalttaten. Daraus ergeben sich gegenüber 1997 ein steiler Anstieg der Straftaten insgesamt um 748 (+ 46,5 %) sowie ein Rückgang der Gewalttaten um 56 (- 17,8 %). 186 ^ Gewalttaten a Straftaten insgesamt , .. Bundesebene: Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund j 1997 1998 Einen erneuten Rückgang gab es bei den schweren Gewalttaten (Tötungsdelikte, Sprengstoffanschläge, Brandstiftungen): Sie sanken von 3 0 (1997) auf 13 ( 1 9 9 8 ) , mithin um knapp 5 6 , 7 % - mithin auf den niedrigsten Stand seit 10 Jahren. Die sonstigen Straftaten (darunter insbesondere Verstöße gegen das Vereinsund Versammlungsgesetz) stiegen um 8 0 4 ( + 62,1 %) von 1.294 auf 2 . 0 9 8 . 200 190 Schwere Gewalttaten mit 180 erwiesenem oder zu ver160 mutendem ausländerextremistischem Hintergrund 124 140 (Bundesebene) 120 100 80 60 40 20 0 187 Bundesebene: Gewalttaten u. sonstige Straftaten 1997 1998 Tötungsdelikte 2 1 Versuchte Tötungsdelikte 9 5 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 2 Brandstiftungen 18 5 Summe der schweren Gewalttaten 30 13 Freiheitsberaubungen 17 9 Raub/Erpressung 162 134 Körperverletzungen 98 66 Landfriedensbrüche 7 36 Summe der sonstigen Gewalttaten 284 245 Gewalttaten insgesamt ^*ciF^I Sachbeschädigungen 166 141 Nötigung / Bedrohung 99 125 Andere Straftaten 1.029 1.832 Insgesamt 1.608 2.356 Mit bundesweit 66 Körperverletzungstaten (Hamburg: 0) und 134 Raub-/Erpressungstaten (Hamburg: 19) entfällt auf diese Deliktarten sowohl bundesweit als auch in Hamburg der Hauptanteil aller Gewalttaten. Sie resultieren überwiegend aus den unter türkischen und kurdischen extremistischen Organisationen üblichen rigiden Methoden bei ihren Spendenkampagnen. Der Rückgang der Gewalttaten insgesamt ist insbesondere auf ein Nachlassen der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den türkischen linksextremistischen Organisationen DHKP-C P 4.2.1) und THKP/-C Devrimci Sol ( 0 4.2.2) zurückzuführen. Dazu haben offenbar auch Exekutivmaßnahmen beigetragen. Beide Organisationen wurden im August 1998 verboten. In Hamburg ging die Zahl der insgesamt mit ausländerextremistischem Hintergrund verübten Straftaten um weit mehr als ein Drittel zurück. Nach 105 (1996) und 167 (1997) fiel die Summe aller Straftaten im Jahr 1998 - entgegengesetzt zum bundesweiten Trend - um 65 auf 102 (- 38,9 %). Auch die Zahl der Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund ist gegenüber den beiden Vorjahren (1996: 42, 1997: 30) zurückgegangen. Sie sank von 1997 auf 1998 etwas deutlicher als im bundesweiten Trend (- 17,8 %) um etwa 23,3 % auf 23. Während in Hamburg 1997 kein Brandanschlag ausländischer Extremisten gemeldet wurde, gab es 1998 in dieser Delikart 2 Vorfälle. Die Zahl der Tötungsdelikte (1997: 4 = 1 vollendetes, 3 versuchte) hat sich halbiert: 188 Im Berichtsjahr wurden 2 Fälle (1 versuchte, 1 vollendete Tötung) festgestellt. 180 / ^ Gewalttaten 160 n Straftaten 140 insgesamt 120 ' N 100 Hamburg: 80 Straftaten mit erwiesenem oder 60 zu vermutendem 40 ausländerex20 tremistischem Hintergrund 1996 1997 1998 V J Tötungsdelikt mit mutmaßlichem PKK-Hintergrund: Kurz nach Mitternacht betraten am 23.12.98 sieben Personen ein Lokal am Neuen Wali. Als sie wegen Geschäftsschluß abgewiesen wurden, verließen fünf von ihnen das Lokal wieder. Von den zwei verbliebenen Männern gab plötzlich einer mindestens vier gezielte Schüsse auf einen türkischen Gast und seine Begleiterin ab. Der türkische Gast wurde von 3 Schüssen lebensgefährlich verletzt und verstarb am 12.01.99. Seine Begleiterin wurde leicht verletzt. Es liegen Hinweise für den Verdacht vor, daß es sich bei diesem Tötungsdelikt um eine Bestrafungsaktion der PKK aus Rache für eine gescheiterte Spendengelderpressung im Drogenmilieu gehandelt haben kann. Auf die anderen Gewalttaten des Jahres 1998 wird im einzelnen insbesondere im Kapitel Z> 4.2 "Türkische Linksextremisten"eingegangen. Die Bedeutung des Bereichs der politisch motivierten Ausländerkriminalität ergibt sich nicht so sehr aus der Höhe der Fallzahlen, sondern aus der extremen Gewaltbereitschaft von Tätern verschiedener verbotener ausländischer Organisationen gegenüber politischen Konkurrenten, Abweichlern und Opfern von Spendenerpressungen. 189 3. Kurden / Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Allgemeines: etwa 22 Millionen Kurden leben als Minderheiten in einem Siedlungsraum, der sich etwa zur Hälfte auf die Türkei (12 Mio. - etwa 1/5 der Bevölkerung), im übrigen auf Iran, Irak, Syrien und Armenien erstreckt. Die in Deutschland lebenden Kurden werden auf bis zu 500.000 geschätzt (Hamburg: bis zu 28.000). Die 1978 gegründete linksextremistische PKK ("Partiya Karkeren Kurdistan") - diktatorisch geführt vom Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN - führt seit 1984 einen revolutionären Guerilla-Kampf gegen den türkischen Staat für ein "unabhängiges und demokratisches Kurdistan". Ihr bewaffneter Arm ist die "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK), ihr politischer Arm ("Frontorganisation" für die öffentliche Parteiund Propagandaarbeit in Westeuropa) die "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK). Von den bundesweit etwa 11.500 PKK-Anhängern (Sympathisantenumfeld ca. 50.000) entfallen auf den Hamburger Einzugsbereich etwa 700. PKK / Illegale Strukturen (Abkürzungen siehe Verzeichnis im Anhang): ERN K-Europa-Zentralkomitee " =ACM 10-12 Pers., u.a. je 1 Vertreter der PKKu. ERNK-Zentrale und Vertreter sonstiger Nebenorganisationen (z.B. KON-KURD, YAJK, YCK usw.) * Regionen: Süd Baden Bayern Nord NordMitte Berlin West (Ost) Sekretariat bes teht aus ER MK[Bezirksleiterr i ERNK-Bezirk Bremen ERNK-Bezirk Hamburg ERNK-Bezirk Schleswig- - Sekretariat - Holstein T Bezirkshauptkomitee Hamburg * 9 S t a d t t e i l k o m i t e e s ( H a m b u r g nebst Umland) Nach zahlreichen militanten Aktionen überschritt die PKK am 04.11.93 die Schwelle zum Terrorismus, als sie mehr als 50 Brandanschläge gegen türki190 sehe Einrichtungen in Deutschland und im benachbarten Europa verübte, bei denen ein Mensch zu Tode kam. A m 2 2 . 1 1 . 9 3 erließ der Bundesinnenminister Verbote gegen die PKK, die ERNK und die Dachorganisation "FEYKA-Kurdistan". Danach übernahm die "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V." (YEK-KOM) mit inzwischen e t w a 50 Mitgliedsvereinen - in Hamburg dem "Kurdistan Volkshaus e.V." - wichtige Funktionen. Die PKK paßte sich den verbotsbedingten Schwierigkeiten u. a. durch Umstrukturierungen sehr schnell an und konnte so unverändert effektiv - häufig militant und für die innere Sicherheit anhaltend bedrohlich - weiteragieren. Erst seit Frühjahr 1996 hielten sich die Aktivitäten der PKK in Deutschland weitgehend an einen von ÖCALAN verordneten Gewaltverzicht in der Hoffnung, mit friedlichen Aktionen eine Aufhebung der Verbote von 1 9 9 3 und politische Unterstützung für das Autonomiestreben der PKK zu erreichen. Der Generalbundesanwalt hat in einer Erklärung vom 12.01.98 darauf hingewiesen, daß seit August 1 9 9 6 keine von den PKK-Kadern in Deutschland gesteuerten - auf Tötungsund Brandstiftungsdelikte ausgerichteten - Anschläge mehr nachweisbar seien. Nach Einschätzung der deutschen Justiz stellt die Führungsstruktur der PKK in Deutschland aber weiterhin eine Vereinigung dar, deren Zweck auf die Begehung von Straftaten, z.B. Kindesentziehung, Spendener-] pressung, Urkundenfälschung, Körperverletzung und Waffendelikte, gerichtet ist. Erneut wurden die PKK-Aktivitäten in Deutschland und anderen europäischen Ländern durch Entwicklungen in der Tür- " PKK-Generalvorsitzender kei und der kurdischen Heimatregion be- . . . .. , Ä ~ A , A M . r, " ,. ,. " , , , , . . . Abdullah OCALAN einflußt, die die PKK zunehmend in eine existenzbedrohende politische, strategische und militärische Defensivposition drängten. Reaktionen in Deutschland auf politische Zuspitzungen in der Türkei: Ein Schlüsselereignis war die Festnahme des ehemaligen Kommandanten der PKK-Guerillaorganisation ARGK, Semdin SAKIK, durch ein türkisches Kommando im Nordirak ("Südkurdistan") am 1 3 . 0 4 . 9 8 . SAKIK war ehemals hinter ÖCALAN die "Nr.2" der PKK. Seine Informationen ermöglichten es türkischen Sicherheitskräften, der PKK-Guerilla im Rahmen gezielter Groß191 offensiven spürbare Verluste zuzufügen. Tatsächliche oder angebliche Aussagen SAKIKs waren Mitauslöser einer Welle repressiver Maßnahmen gegen oppositionelle - insbesondere prokurdische - Personen und Organisationen in der Türkei. Verhaftungen und Prozesse gegen Mitglieder der prokurdischen HADEP (Volksdemokratie-Partei), die Verhaftung von etwa 20 sog. "Samstagsmüttern" und anderen Angehörigen spurlos verschwundener Regierungsgegner in Istanbul am 09.05.98 sowie Hungerstreiks aus politischen Gründen Inhaftierter in türkischen Gefängnissen führten zu Protestund Solidaritätsaktionen auch in Deutschland. Die Hamburger Gruppe der PKK-Frauenorganisation "Union der freien Frauen aus Kurdistan" (YAJK) organisierte mit Unterstützung deutscher Linksextremisten vom 07.-10.05.98 im Hamburger PKK-Zentrum "Volkshaus der Türkei" einen "Solidaritäts-Hungerstreik mit den kurdischen Kriegsgefangenen in den türkischen Gefängnissen" (ca. 100 Personen aus Hamburg, Bremen, Hannover, Kiel und Oldenburg). Weitere Hungerstreik-Aktionen gab es in Düsseldorf, Fankfurt/M., Hannover, Köln und Salzgitter. Die YAJK erklärte die Bundesrepublik als mitverantwortlich, weil sie den türkischen Staat durch Waffenlieferungen unterstütze. Sie kritisierte deutsche Verbotsmaßnahmen gegen kurdische Vereine. Das Hungerstreik"Organisationskomitee" war an der Organisierung einer vom Hamburger "Sa/77steS'smüfre/'"-Unterstützungskomitee veranstalteten Demonstration am 09.05.98 (ca. 400 Personen, überwiegend PKK-Anhänger) beteiligt. Es demonstrierten auch einzelne Angehörige linksextremistischer türkischer Organisationen (DHKP-C, MLKP, TKP/ML) sowie etwa 50 Deutsche des linksextremistischen O "Antiimperialistischen Widerstandes" (AIW) und der "Roten Hilfe e. V. ". Es wurde eine Grußadresse von Isaac VELAZCO, in Hamburg lebender "Europa-Sprecher" der peruanischen Guerillaorganisation MRTA ("Tupac Amarü"), übermittelt. Die MRTA war um die Jahres192 wende 1996/97 für die wochenlange Geiselnahmeaktion in der japanischen Botschaft von Lima/Peru verantwortlich. Ein Mitglied der "Kurdistan Solidarität Hamburg"sprach über die - inzwischen in der Türkei zu 15 Jahren Haft verurteilte - Hamburger PKK-Aktivistin Eva JUHNKE und den ebenfalls inhaftierten Braunschweiger PKK-Freiwilligen Jörg ULRICH. Im Aufzug wurden Fahnen mit dem ERNK-Symbol gezeigt. Die Polizei forderte die Demonstrationsleiterin auf, die Fahnen einrollen zu lassen. Am 12.05.98 wurde in Ankara der Vorsitzende des türkischen Menschenrechtsvereins IHD, Akin BIRDAL bei einem Anschlag durch 6 Schüsse schwer verletzt. 6 Tatverdächtige wurden festgenommen, zwei geständige Attentäter bezeichneten ihr Opfer als Verräter der Türkei. BIRDAL setzt sich u.a. für die Rechte kurdischer Regierungsgegner ein. Zum Zeitpunkt des Anschlages bereitete er sich u.a. auf die Teilnahme an einer von der PKK geplanten Veranstaltung im Hamburger Audimax vor. In Hamburg fand am 16.05.98 eine von der Menschenrechtsorganisation "Prison Watch International e. V. " (PWI) angemeldete friedliche Demonstration unter dem Tenor "Schluß mit den Angriffen auf die türkischen Menschenrechtsvereine!'"statt (über 700 Teilnehmer). Dem Vorbereitungskomitee gehörten u. a. der Hamburger YEK-KOM-Mitgliedsverein, mehrere linksextremistische türkische Organisationen (darunter die "Revolutionären Volkskräfte" DHG, gelegentliche Zusatzbezeichnung des Devrimci Sol-KARATAS-Flügels DHKP-C), die deutsche "Kurdistan Solidarität Hamburg" sowie das "Komitee zur Unterstützung der Samstagsmütter in Hamburg" an - ein Spektrum, das auch Personen des deutschen linksextremistischen "Antiimperialistischen Widerstandes" (AIW) einschloß. Innerhalb des Demonstrationszuges trugen Kinder - abgeschirmt von Frauen und Jugendlichen - Transparente mit verbotenen PKK-Symbolen. Zum gleichen Thema fanden friedliche Demonstrationen in Bonn, Essen, Frankfurt/M., Hannover, Kassel, Münster und Stuttgart statt (zwischen 50 und 250 Teilnehmer). Aktionen vor dem Hintergrund des türkisch-kurdischen Konfliktes: Zu den typischen Merkmalen der PKK gehören taktische Wechselspiele. Zeitweise gebärdete sie sich fanatisch-aggressiv, martialisch und militant, das Märtyrertum verherrlichend - in anderen Phasen überwogen Waffenstillstandsangebote, feierliche Gewaltverzichte, Gesten der Friedfertigkeit und Selbstdisziplinierung sowie Vorstöße, mit demonstrativer Dialogbereitschaft als moderater Verhandlungspartner für eine friedliche Lösung des KurdistanKonfliktes auch auf dem Feld der politischen Diplomatie anerkannt zu werden. Als Vorbilder schwebten ÖCALAN offenbar u. a. der Südafrikaner Nelson MANDELA, der Palästinenser Yassir ARAFAT oder auch der nordirsche 193 Sinn Fein-Vorsitzende Gerry A D A M S vor. 1 9 9 8 überwogen angesichts hoher Verluste und militärischer Rückschläge Waffenstillstandsund Friedensappelle, die auch das Verhalten in der Bundesrepublik kennzeichneten. A m 0 6 . 0 6 . 9 8 versammelten sich in Dortmund etwa 4 0 . 0 0 0 Teilnehmer zu einer volksfestartigen europaweiten Veranstaltung unter dem M o t t o "Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für Kurdistan". Im Aufrufflugblatt wurden u. a. ein "sofortiger Waffenstillstand in Kurdistan", Gespräche zur politischen Lösung des Kurdistankonfliktes, ein Stop von Rüstungsexporten und Militärhilfe an die Türkei, ein Wirtschaftsembargo gegen die Türkei, die Beendigung von Menschenrechtsverletzungen durch die türkische Regierung, ein bedingungsloser Abschiebestop für Flüchtlinge aus der Türkei sowie die Aufhebung des PKK-Betätigungsverbotes gefordert. Die Mobilisierung lag weitgehend in den Händen der YEK-KOM. Neben YEK-KOM hatten u. a. der PKK-Studentenverband YXK und die Führung der linksextremistischen türkischen MLKP zur Teilnahme aufgerufen. Die PKK mobilisierte auch ihre Mitgliedsorganisationen in Frankreich, den Niederlanden und in Dänemark, das "Kurdische Exilparlament", den "Kurdischen Roten Halbmond" (ERNK-Frontorganisation), die zur PKK gehörende "Union der Juristen Kurdistans" (YHK) sowie weitere PKK-Nebenstrukturen. Im Gegensatz zur Dominanz dieses Spektrums präsentierten sich als Anmelder/Veranstalter fast ausschließlich Personen aus demokratischen Organisationen bzw. nichtextremistischen Gruppierungen. Etwa 3 . 5 0 0 Teilnehmer aus der ERNK-Region Nord-West (einschließlich Hamburg) reisten mit über 50 Bussen und einem Sonderzug nach Dortmund. Der ca. 7 km lange friedliche Demonstrationszug hatte Volksfestcharakter. Verbotene Fahnen wurden nach Aufforderungen durch die Polizei oder Ordner eingerollt. Die Veranstalter betrachteten die Aktion als Erfolg. In der Hamburger Innenstadt (Mönckebrunnen) veranstaltete der PKK-Verein "Kurdistan Volkshaus e.V." am 18.05.98 einen Sitzstreik. Aus dem Kreis der ca. 110 Teilnehmer wurden Flugblätter der ERNK-Europavertretung mit der Überschrift "Fortgesetzte Massaker in Kurdistan und die Welt schweigt" verteilt. Nach einem polizeilichen Hinweis, daß die Verteilung gegen das PKK-Betätigungsverbot verstoße, wurde sie sofort eingestellt. A m 1 . September, der von Linksextremisten regelmäßig als "Antikriegstag" begangen w i r d , versammelten sich vor dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg ca. 4 0 Personen (überwiegend Kurden mit Kindern) zu einer Kundgebung unter dem Tenor "Weltfriedenstag - Gegen Krieg in Kurdistan". Etwa 9 0 0 Kurden (darunter einige Auswärtige) und 100 Deutsche demonstrierten am 2 4 . 1 0 . 9 8 "Gegen die Expansionspolitik der Türkischen Re194 publik und gegen die Angriffe gegen den kurdischen Sender MED-TV durch die Hamburger Innenstadt zum türkischen Generalkonsulat. Sie zeigten etwa 30 Fahnen mit verbotenen Symbolen. Das europaweit über Fernsehsatelliten ausgestrahlte MED-TV-Programm gehört zu den wichtigsten PKK-Propagandaeinrichtungen. Protest und Solidarität anläßlich ÖCALANs Festnahme: ÖCALAN residierte bis Oktober 1998 überwiegend in Damaskus (Syrien). Nach türkisch-syrischen Verhandlungen über die Bekämpfung von Guerilla-Aktivitäten, in denen sich Damaskus verpflichtete, Lager der PKK im libanesischen Bekaatal zu schließen und ÖCALAN keinen Aufenthalt mehr zu gewähren, flüchtete er über Moskau nach Italien, wo er am 12.11.98 - vergeblich - um politisches Asyl nachsuchte und wegen eines deutschen Haftbefehls vorübergehend festgenommen wurde. Daraufhin kam es in türkischen Gefängnissen zu Selbstverbrennungsaktionen inhaftierter PKK-Mitglieder. In Deutschland unternahm in der Justizvollzugsanstalt Stammheim am 01.11.98 ein kurdischer Häftling einen Selbstverbrennungsversuch. Er erlag am 04.01.99 seinen Verletzungen. Am 21.11.98 wurde der PKK-Vorsitzende auf Beschluß eines italienischen Gerichtes unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Die Türkei - wo ÖCALAN die Todesstrafe droht - forderte von Italien massiv dessen Auslieferung. Europaweit kam es dagegen zu Protesten von PKK-Anhängern bzw. zu Solidaritätsaktionen für den PKK-Chef sowie zu Demonstrationen für eine politische Lösung des Konfliktes. Weil die PKK ÖCALANs Auslieferung an die Türkei oder Deutschland befürchtete, war eine Art europaweite "Generalmobilmachung" zu beobachten. Es kam in mehreren Städten des Bundesgebietes ab Anfang November zu zahlreichen Protestaktionen - so am 17.11.98 in Bonn vor dem Bundesinnenministerium (4.500 Kurden). In mehreren Städten erhielten Behörden Drohanrufe, in denen u. a. Selbstmordattentate für den Fall angekündigt wurden, daß Deutschland ÖCALANs Auslieferung betreibe, gegen den ein Haftbefehl der Bundesanwaltschaft (Hauptvorwürfe: Rädelsführer195 schaft in einer terroristischen Vereinigung, gemeinschaftlicher Mord und Brandstiftung) besteht. Am Wochenende nach der Festnahme ÖCALANs (12.11.98) in Rom versammelten sich in Hamburg täglich rund 1.000 Kurden im zentralen Anlaufpunkt norddeutscher PKK-Anhänger, dem " Volkshaus der Türkei", um die aktuelle Lage ihres "Generalvorsitzenden" und die Zukunft der PKK zu diskutieren. 300 Kurden demonstrierten am 13.11.98 vor den Toren des NDR in Hamburg-Lokstedt und übergaben vor laufender Kamera eine Resolution. Zahlreiche PKK-Anhänger brachen am 14.11.98 aus Hamburg mit Bussen und PKW nach Rom auf, um dort mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen möglichst weltweite Aufmerksamkeit zu erregen sowie Druck gegen eine mögliche Auslieferung ÖCALANs an die Türkei oder Deutschland bzw. für eine Asylgewährung in Italien zu erzeugen. In Rom versammelten sich anfangs rund 15.000 Kurden vor dem Militärkrankenhaus Celio, in dem ÖCALAN behandelt wurde. Über 100 Kurden versammelten sich am 18.11.1998 wegen der auch von amerikanischer Seite erhobenen Forderung, ÖCALAN an die Türkei auszuliefern, vor dem amerikanischen Generalkonsulat in Hamburg. Sie skandierten Parolen und übergaben eine Resolution. Zuvor war es bereits zu Protestkundgebungen vor der Botschaft der USA in Bonn (16.11.98) sowie vor den amerikanischen Botschaftsgebäuden in Bonn und Berlin (20.11.98) gekommen. Über 50 national gesonnene bzw. staatsloyale Türken demonstrierten am 19.11.1998 in Hamburg vor dem italienischen Generalkonsulat "gegen den Terroristen" ÖCALAN und erneut - diesmal in einer Stärke von 1.500 auf der Moorweide - am 05.12.1998 "für die Auslieferung ÖCALANs an die türkische Justiz". Die von beiden politischen Lagern friedlich ausgelegten Demonstrationen verliefen ohne Störungen, zumal sie zeitlich bzw. 196 räumlich nicht miteinander kollidierten. A m 2 0 . 1 1 . 9 8 erschienen erneut etwa 55 Kurden vor der amerikanischen Vertretung und riefen Parolen. A m Nachmittag des 2 1 . 1 1 . 9 8 demonstrierten in Hamburg etwa 2 . 5 0 0 PKK-Anhänger, vereinzelt mit verbotenen Fahnen und Symbolen der PKK/ERNK, gewaltfrei für ÖCALAN und für eine friedliche Lösung des Kurdistan-Konfliktes zum türkischen Generalkonsulat. In der Hamburger Strafvollzugsanstalt Fuhlsbüttel traten e t w a 50 (von 100) kurdischen Häftlingen aus Protest gegen ÖCALANs Verhaftung in Hungerstreiks. Auch in anderen deutschen Haftanstalten kam es zu Hungerstreikaktionen. Ein "Arbeitskreis Frieden für Kurdistan" meldete für den 2 7 . 1 1 . 1 9 9 8 auf der Moorweide eine Demonstration "Für eine politische Lösung in Kurdistan" an. Rund 2 . 6 0 0 Personen fanden sich zu einer friedlichen Versammlung ein, bei der vereinzelt PKK-Symbole gezeigt wurden. Etwa 9 . 0 0 0 Kurden feierten am 1 3 . 1 2 . 1 9 9 8 ihr traditionelles "Kulturfest" (Anlaß: Jahrestag der PKK-Gründung) in der Alsterdorfer Sporthalle. Anwesend waren auch Mitglieder des "Kurdischen Exilparlaments". Im Gegensatz zum Vorjahr, w o nur rund 3 . 0 0 0 die Veranstaltung besuchten, war die diesjährige Zusammenkunft unter dem Eindruck der Ankunft des Parteichefs ÖCALAN in Rom deutlich politischer. Immer wieder ließ man ihn hochleben. Die Sporthalle war mit seinem Großbild, politischen Parolen und einschlägigen PKK-Symbolen geschmückt. Ein Vertreter der A C M ("Europäische Frontzentrale" Uer ERNK), der in einem kurzen Vortrag die aktuelle Situation um den PKK-Chef als den Beginn einer neuen und entscheidenden Phase darstellte, rief zur Teilnahme an einer europaweiten Solidaritätsdemonstration am 1 9 . 1 2 . 1 9 9 8 in Bonn auf. Als weitere Redner traten u. a. Angehörige des deutschen "Antiimperialistischen Widerstandes" (AIW, O Hl/3) auf. Folkloreund Musikdarbietungen umrahmten die Veranstaltung. Andere Veranstaltungen und Demonstrationen: Im Vorfeld des alljährlichen Newroz-Festes nahmen am 2 0 . 0 3 . 9 8 e t w a 5 5 0 Personen an einem von den "Freunden des kurdischen Volkes" angemeldeten Aufzug in Hamburg teil. Hinter einem ca. 3 5 0 Personen starken PKK-Block marschierten etwa 2 0 0 Personen anderer linksextremistischer türkischer Organisationen und ca. 10 deutsche Teilnehmer. Einige schwenkten Fahnen und Wimpel der ERNK, der PKK und der ARGK. A m 1 1 . 0 4 . 1 9 9 8 versammelten sich zum Newroz-Fest der ERNK-Region Nord-West in der Alsterdorfer Sporthalle etwa 8 . 0 0 0 - überwiegend kurdische - Teilnehmer und einige deutsche Linksextremisten. Ein Angehöriger des deutschen "Antiimperialistischen Widerstandes" (AIW, O Ml/3) forderte in einem ins Kurdische übersetzten Redebeitrag zur solidarischen Unterstützung im Kampf gegen "Imperialismus" und "Kapitalismus" auf. 197 5 0 0 - 6 0 0 Personen nahmen am 0 3 . 0 5 . 9 8 in Hamburg an einer "Volksversammlung" der PKK-Region Nord-West unter der Leitung eines führenden ERNK-Funktionärs teil. Neben Kritik am Vorgehen des türkischen Militärs in Kurdistan kamen der Hungerstreik von PKK-Angehörigen in türkischen Gefängnissen und die wenige Tage später begonnenen Solidaritätshungerstreiks in Deutschland zur Sprache. Auf einer erneuten "Volksversammlung" der ERNK-Region Norddeutschland am 0 1 . 1 1 . 9 8 in Hamburg-Wilhelmsburg wurden die ca. 8 0 0 Teilnehmer u. a. über einen angeblichen mißglückten Mordversuch v o m 0 9 . 1 0 . 9 8 gegen ÖCALAN informiert. Ein Redner verkündete, daß eine "alles entscheidende Phase" im Kampf um die Freiheit des kurdischen Volkes angebrochen sei und in diesem Zusammenhang bevorstehende Direktiven von "APO" (Spitzname ÖCALANs) unverzüglich umgesetzt werden müßten. Tourismusboykott-Kampagne: Mit dem Argument, Türkeiurlauber würden den "schmutzigen Krieg des türkischen Staates in Kurdistan" mitfinanzieren, ruft die PKK seit mehreren Jahren zum Tourismusboykott auf. Zuletzt im Frühjahr 1995 unterstrich sie diese Kampagne mit zahlreichen Brandanschlägen insbesondere auf türkische Reisebüros in Deutschland. Im vergangenen Jahr blieb es bei einem Boykottaufruf und Drohungen mit A n - schlägen auf die Tourismuswirtschaft in der Türkei, für den Fall daß sich die militärische Lage für die PKK verschlechtere (ÖCALAN-Interview am 2 0 . 0 4 . 9 8 ) . Offenbar waren derartige Anschläge ernsthaft geplant. A m 1 0 . / 1 1 . 0 4 . 9 8 fanden Presseberichten zufolge bei Gefechten weit außerhalb des bisherigen Operationsgebietes der ARGK, in der Nähe des Badeortes Antalya, zehn Guerillakämpfer den Tod. Opfer unter den Soldaten - ca. 1.500 waren im Einsatz - wurden nicht angegeben. Der PKK-Dachverband "Konföderation Kurdischer Vereine in Europa" (KON-KURD) plant auch für 1 9 9 9 eine Tourismusboykott-Kampagne. Bündnispolitik: Die PKK hat in der Vergangenheit wiederholt Bündnisse mit revolutionären türkischen Organisationen geschlossen. Sie waren nicht von Dauer und blieben bedeutungslos. A m 0 4 . 0 6 . 9 8 schloß die PKK mit 7 revolutionär-marxistischen türkischen Organisationen das Bündnis "Revolutionäre Vereinte Kräfte" (DBG), das sich laut Gründungserklärung dem "Kampf für den Sozialismus", der "Befreiung des Proletariats" und einer die nationalen Grenzen überschreitenden Revolution verpflichtet fühlt. Es vertritt neben "antiimperialistischen" Positionen auch eine antikemalistische und antizionistische Haltung. Das Gründungsdokument haben neben der PKK die an anderer Stelle dieses Berichtes gesondert beschriebenen Organisationen TKP(ML), TKP/ML, MLKP, "THKP/-C Devrimci Sol" sowie die linksextremistischen Gruppen TDP, DHP, TKP-Kivilcim unterzeichnet. 198 Sie sehen sich als im "revolutionären, antiimperialistischen, antifaschistischen und antichauvinistischen" Kampf gegen die türkische Republik. Im Juli meldete die TKP(ML) gemeinsame Guerillaaktionen ihrer "Türkischen Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO) und der ARGK - dem militärischen Arm der PKK - in der Türkei. Ende November berichtete die türkische Tageszeitung "Milliyet" über eine Großoffensive der türkischen Armee in der ostanatolischen Provinz Tunceli gegen bewaffnete Einheiten der PKK und der TIKKO. Außerhalb der Türkei bezeichnen sich einzelne DBG-Strukturen u. a. mit dem Zusatz "Plattform". A m 2 0 . 0 7 . 9 8 veröffentlichte das PKK-Sprachrohr "Özgür Politika" einen Beitrag, wonach ein "Hamburger Komitee der Plattform der Vereinigten Revolutionären Kräfte (DBGP)" den allgemeinen Widerstand gegen den vom türkischen Staat geführten "Vernichtungskrieg gegen das Volk" zur vordringlichsten Pflicht erklärt habe. In Deutschland führte die Bündnisbildung zu Verabredungen bei demonstrativen Auftritten, Veranstaltungen und Propagandaaktionen. Festnahmen, Strafverfahren, Durchsuchungen und sonstige Exekutivmaßnahmen: Erneut stellte die Polizei bei Durchsuchungen Beweismaterial über verbotene politische Aktivitäten der PKK, Spendengeldbeschaffungen (Hauptzweck: Finanzierung des bewaffneten Kampfes), verbotenen Waffenbesitz und andere strafbare Umstände sicher. Mehrere zum Teil hochrangige Funktionäre wurden festgenommen, stehen noch vor Gericht oder wurden bereits verurteilt. * Festnahmen, Strafverfahren: A m 0 1 . und 0 2 . 0 1 . 9 8 nahm die Polizei in Hamburg zwei PKK-Anhänger fest, die verdächtigt werden, seit Dezember 1997 mit weiteren Personen einen Gastwirt türkischer Herkunft mit Spendengeldforderungen unter Druck gesetzt zu haben. Einer der Festgenommenen hatte eine durchgeladene Pistole bei sich. Inzwischen wurde einer der beiden zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, der andere freigesprochen. A m 1 3 . 0 1 . 9 8 wurden in Salzgitter vier mutmaßliche PKK-Anhänger wegen des Verdachts festgenommen, von dem türkischen Inhaber einer Bar unter Drohungen 5.000 DM für die PKK gefordert zu haben. A m 1 1 . 0 2 . 9 8 verurteilte das OLG Celle den ehemaligen Europasprecher der PKK, Faysal DUNLAYICI ("Kani YILMAZ"), wegen Beteiligung an schweren Brandstiftungen und versuchten Brandstiftungen in Tateinheit mit Sachbeschädigungen zu einer Freiheitsstrafe von 7 % Jahren. Unter A n - rechnung der Auslieferungshaft und der Untersuchungshaft wurde die 199 Reststrafe auf Bewährung ausgesetzt. Das Urteil gegen den in Deutschland als asylberechtigt anerkannten PKK-Funktionär ist rechtskräftig. Nach seiner Haftentlassung ernannte ÖCALAN ihn zum neuen Sprecher der "Nationalen Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK). Im März lieferte Österreich die ehemalige Hamburg-Leiterin der PKK an Deutschland aus. Sie soll für die Verfolgung von Abweichlern mitverantwortlich sein und nach dem von ÖCALAN 1996 verkündeten Gewaltverzicht noch im Jahre 1997 einen Brandanschlag auf einen deutsch-türkischen Freundschaftsverein in Bad Kreuznach befohlen haben. Seit dem 26.11.98 muß sich die Beschuldigte vor dem OLG Celle wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung und Sachbeschädigung verantworten. Die österreichische Polizei nahm am 22.09.98 einen weiteren PKK-Funktionär (ehemaliger Gebietsverantwortlicher im Raum Mannheim) wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung fest. Am 15.06.98 lieferten schwedische Behörden einen führenden PKK-Funktionär (ehemals verantwortlich für Hamburg) an Deutschland aus. Ihm wird vorgeworfen, 1994 eine Bestrafungsaktion gegen Abtrünnige in Hamburg angeordnet zu haben. Am 27.04.98 wurde in Herne ein PKK-Funkionär (Gebietsleiter der Region Süd) u. a. wegen des Vorwurfs schwerer Brandstiftung verhaftet. Er soll im Juli 1996 befohlen haben, türkische Geschäfte anzuzünden. Der Generalbundesanwalt (GBA) erhob Anklage auch wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Das OLG Stuttgart verurteilte am 18.11.98 den ehemaligen PKK-"Regionsverantwortlichen Süd" wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, versuchter schwerer Brandstiftung und wegen gefährlicher Körperverletzung (Anordnung von Bestrafungsaktionen) zu einer Freiheitsstrafe von 3 V2 Jahren. Am gleichen Tage verurteilte das OLG Frankfurt/M. den ehemaligen Leiter der PKK-Region Nord, Halit YILDIRIM (alias "FILO") wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, versuchter schwerer Brandstiftung sowie Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 I4 Jahren. * Durchsuchungen: Am 03.03.98 stellte die Polizei bei Durchsuchungen von 51 Wohnungen und Vereinsräumen in mehreren Bundesländern u.a. Propagandamaterial, Parteiunterlagen, Spendengeld-Listen und eine scharfe Pistole sicher. Am 30.06.98 durchsuchte die Polizei PKK-Vereinsräume und Wohnungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt, darunter 3 Flüchtlingsheime. Es besteht der Verdacht, daß die PKK in Asylund Vereinsheimen "Ordnungskomitees" gebildet und Spendengelderpressungen verübt hat. 200 Mehrere Tatverdächtige wurden vorläufig festgenommen sowie umfangreiches Beweismaterial (u. a. Spendenlisten, Quittungen) sichergestellt. Am 20.08.98 wurden nach einer Fahrzeugdurchsuchung in Herrenberg (NRW) drei türkische Insassen vorläufig festgenommen, die PKK-Schriftgut, Waffen-/Sprengstofflisten sowie Quittungen über technisches Gerät, das zum Bau elektrischer Zünder geeignet ist, bei sich hatten. * Vereinsverbote: Am 27.04.98 wurde der "Kurdisch-Deutsche Solidaritätsverein" in Bremen verboten. Nach Darstellung des Bremer Innensenators diente der Verein als Organisationszentrum für PKK-Propagandaveranstaltungen, als Koordinierungsstelle für Spendengelderpressungen, zur Schulung von Kadern, zur Anwerbung von PKK-Kämpfern und für interne 'Schnellgerichte', die Abweichler einschüchtern und disziplinieren sollten. Das hessische Innenministerium verbot im August den Verein "Internationales Bürgerhaus Frankfurt" als mutmaßlichen PKK-Tarnverein. Rekrutierungen/Entführungen von Kindern und Jugendlichen für den Guerillakampf: In der Vergangenheit gab es wiederholt Anzeichen, daß die PKK insbesondere ihre "Union der Jugendlichen aus Kurdistan" (YCK) zur politischen Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen benutzt. Die YCK glorifiziert u. a. das Märtyrertum im Freiheitskampf gefallener Jugendlicher und fordert Jugendliche auf, sich ihrem Führer zu opfern. Das PKKSprachrohr "Özgür Politika" hatte bereits am 12.04.96 Äußerungen des ERNKEuropavertreters auf dem 9. Europakongreß der YCK (1996) gemeldet, jeder Jugendliche könne "eine Bombe" sein. Auf der 10. YCK-Europakonferenz (März 1997) ging es u. a darum, der ARGK in größerer Stärke Nachwuchskräfte zuzuführen. Anläßlich des europaweiten YCK-Festivals in den Niederlanden (01 ./02.08.98, 10.000 Personen) forderte ÖCALAN in einer übermittelten Grußbotschaft die kurdische Jugend auf, sich für den "Krieg in Kurdistan" bereitzuhalten. Die deutsche Presse berichte über eine Studie der Vereinten Nationen, wonach die PKK bisher etwa 3.000 Minderjährige für den Guerillakampf rekrutiert haben soll. Anfang Juli forderte ein Bombenanschlag in Istanbul neun Todesopfer und über 100 Verletzte. Nach Presse201 meidungen gestanden eine Frau und ein halbwüchsiger Junge, die Tat auf direkten Befehl ÖCALANs verübt zu haben. Der Junge besaß eine Pistole 7~, Z Z TZp. ö Z ZTZ ! H u r | d PKK-Dokumente. "Vorsitzender APO, Sonne Kurdistans! einer für alle, alle für einen! Wir sind mit Dir Im August wurde bekannt, zu allem bereit!" (Text eines Parolenschildaß aus einem von der PKK des demonstrierender halbwüchsiger PKKoffenbar zu RekrutierungsAnhänger am 19.12.98 in Bonn, abgebilzwecken organisierten "Fedet auf einem dpa-Foto; Hervorh, n. i. 0.). rienlager" in Schweden 17 Jugendliche kurdischer Eltern verschwunden waren. Einigen Eltern wurde später mitgeteilt, ihre Kinder hätten sich "freiwillig" als Guerillasoldaten zur Verfügung gestellt. Im November verdichteten sich die Hinweise, daß die PKK auch in Deutschland Minderjährige entführt oder den Eltern auf andere Weise entzogen hat. Nach weiteren Anhaltspunkten gelangen jugendliche "Kämpfer" nach Lageraufenthalten (zur ideologischen Schulung/Indoktrination) in Belgien und Holland in die PKK-Lager in den kurdischen Siedlungsgebieten, wo sie im Umgang mit Waffen für den Guerillaeinsatz trainiert werden. Perspektiven: Angesichts schwerer Verluste und Niederlagen in den kurdischen Kampfgebieten sowie nach der Vertreibung aus ihren bis dahin von Syrien geduldeten Stützpunkten wächst bei der PKK die Einschätzung, daß ihr bewaffneter Kampf für eine kurdische Autonomie derzeit geringe Erfolgsaussichten hat. Während türkische Regierungsvertreter öffentlich das nahende Ende der PKK in den kurdischen Kampfgebieten konstatieren, verbuchte die Organisation zugleich über die europäischen Grenzen hinaus höchste Publizität und öffentliches Interesse an der Kurdistan-Problematik. ÖCALAN selbst wurde zum Politikum. Er und seine europaweit verteilte Gefolgschaft setzen in dieser Situation verstärkt auf politischen Druck, um die europäischen Regierungen, die EU und die UNO - an erster Stelle Deutschland - als Vermittler für Verhandlungen mit der türkischen Regierung zu bewegen. Ende November präsentierte ÖCALAN in Rom einen Sieben-Punkte-Katalog, in dem er der Gewalt abschwor und den Verzicht auf das Ziel eines eigenen kurdischen Staates erklärte. Die PKK werde nur noch auf "politischem" Wege nach einer Autonomie streben, "ohne die territoriale Integrität des türkischen Staates zu verletzen". Dies sei eine "unwiderrufliche Entscheidung für den Frieden". Die PKK versucht, sich als quasi demokratisch legitimierte Sachwalterin für eine friedliche Lösung des Kurdistankonfliktes darzustellen. Sie ist jedoch durch einen hierarchischen, undemokratischen Zentralismus gekenn202 zeichnet und pflegt einen ausgeprägten Personenkult um OCALAN. Ehemalige Funktionäre haben die nach innen gerichteten totalitären - an Stalininismus erinnernden - Herrschaftsmanieren, Methoden des Terrors gegen Abweichler und Abtrünnige, der Einschüchterung und geistigen "Umerziehung" anschaulich beschrieben. Nach wie vor k o m m t es im Rahmen der alljährlichen europaweiten Spendenkampagnen (in zweistelliger Millionenhöhe, mit einer Millionensumme auch in der Region Hamburg nebst Umfeld) zur Finanzierung des kurdischen "Befreiungskampfes" auch in Deutschland zu Schutzgelderpressungen bzw. zu Androhungen und Anwendungen von Gewalt. Die Organisation ist nach wie vor fähig, in Deutschland kurzfristig bis zu 5 0 . 0 0 0 Anhänger für sich zu mobilisieren, sobald ÖCALAN bzw. die ihm ergebene "EuNovember 1 9 9 8 : Kurdische Demonstranten mit der ropäische FrontPKK-Fahne in Rom zentrale" (ACM) nur das Zeichen dazu geben. Aus der Beobachtung der PKK im Jahre 1998 ergaben sich unverändert deutliche Anhaltspunkte, daß ungeachtet des von ÖCALAN 1 9 9 6 aus taktischen Beweggründen verordneten Gewaltverzichts in der PKK-Gefolgschaft weiterhin eine hohe latente Gewaltbereitschaft vorzufinden ist. Die sich darin verbergende Gefahr für eine Rückkehr zu provokativen und militanten Aktionsformen bzw. zu Störungen der inneren Sicherheit ist nicht gebannt. Daß sie auch in Deutschland wesentlich vom künftigen Schicksal des PKK-Führers ÖCALAN abhängig ist, haben die gewaltsamen Ausschreitungen (in Hamburg u. a. Besetzung der SPD-Zentrale und Geiselnahme) durch PKK-Anhänger nach dem Abiauf des Berichtsjahres im Februar 1999 anläßlich der Gefangennahme ÖCALANs in Kenia durch türkische Sicherheitskräfte bewiesen. ÖCALAN hatte nach seiner Abreise aus Italien mit unbekanntem Ziel (16.01.99) in einer über die Medien verbreiteten Stellungnahme mit einem neuen Kurdenkrieg gedroht. 203 Eine von ÖCALAN während seines Italienaufenthalts propagierte Initiative zur Lösung des Kurdenproblems nach dem Vorbild der Friedensprozesse in Palästina, Nordirland und im spanischen Baskenland stieß von Beginn an auf Ablehnung in der Türkei. Ein erhoffter politischer Druck europäischer Staaten in dieser Richtung auf die Türkei blieb aus. Die wochenlange vergebliche Odyssee des PKK-Vorsitzenden auf der Suche nach einem sicheren Aufenthaltsland, der europaweite Ausbruch von PKK-Gewaltaktionen im Februar 1999, die als Schmach empfundenen Umstände der ÖCALANGefangenschaft und schließlich die ÖCALAN nunmehr in der Türkei drohende Bestrafung ließen friedliche Verhandlungen über einen geschützten Autonomiebzw. Minderheitenstatus ("Befreiung") der kurdischen Bevölkerung in der Türkei vorerst in weite Ferne rücken. 4. Türken 4.1 Allgemeines In Hamburg leben 69.795 (Stand: 31.12.98) türkische Staatsbürger. Türken nichtkurdischer Volkszugehörigkeit (etwa 42.000) bilden die größte ausländische Volksgruppe in Hamburg. Das darin vorzufindende Spektrum von Personen, die türkischen extremistischen Organisationen zuzurechnen sind, verteilt sich auf Angehörige revolutionär-marxistischer, islamistischer und extrem-nationalistischer Gruppen. Ihr Gesamtpotential beläuft sich unverändert auf etwa 1.730 Mitglieder bzw. fest angebundene Anhänger - mithin etwa 4,1 % der hiesigen nichtkurdischen türkischen Bevölkerung. Unter dem Aspekt der Bedrohung deutscher Sicherheitsinteressen sind revolutionär-marxistische türkische Gruppierungen insbesondere von Bedeutung, weil sie in ihrer Heimat mit Gewalt gegen die dortige Regierung vorgehen. Sie unterstützen von deutschem Territorium aus ihre in der Türkei agierenden Kämpfer propagandistisch sowie finanziell und verstoßen mit ihren Aktionen oder sonstigen Verhaltensweisen in Deutschland nicht selten gegen die hier geltenden Rechtsnormen. Ihr Verständnis von "berechtigter" Gewalt und "legalem" Widerstand, z. B. bei rabiaten "Spenden"Erhebungen sowie bei demonstrativen Auftritten oder militanten Aktionsmethoden, führt in der alltäglichen Praxis immer wieder zu Konflikten mit deutschen Sicherheitsorganen. Der politische Einfluß der seit 1983 in Deutschland verbotenen linksextremistischen Organisation "Devrimci So/" ("Revolutionäre Linke") sowie 204 der ehemaligen TKP/M-L {"Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten") ist seit Jahren durch selbstzerstörische Spaltungsprozesse geschwächt. Blutige Rivalitäten der konkurrierenden "Devrimci So/"-Ersatzbzw. Nachfolgestrukturen "DHKP-C" und "THKP/-C Devrimci Sol" überlagerten in den letzten Jahren die eigentlichen politischen Anliegen. Gegen beide verfeindeten Flügel verhängte der Bundesinnenminister im August 1998 Betätigungsbzw. Organisationsverbote. Trotz andauernder Spaltung der TKP/M-L bestehen zwischen den daraus entstandenen beiden neuen Organisationen weiterhin keine gravierenden Unterschiede in den politischen Zielsetzungen. Selbst in den Namensgebungen bzw. Schreibweisen TKP(ML) und TKP/ML heben sie sich kaum voneinander ab. Beide verfügen bundesweit zusammen über etwa 2.000 Anhänger und verzichten darauf, sich mit Gewalt zu bekämpfen. Die in Hamburg mit einem Stützpunkt vertretene MLKP ("Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei") ist eine frühere Abspaltung der TKP/M-L. In dem Bemühen, das Nebeneinander der kurdischen "Befreiungsbewegung" und der türkischen Linken zu überbrücken und beide Seiten durch Schulterschluß auf einer revolutionären Einheitsplattform zu stärken, rückten die PKK und sieben linksextremistische türkische Parteien im Sommer 1998 zu einem breiten türkisch-kurdischen Kampfbündnis "Vereinte Revolutionäre Kräfte" (DBG) zusammen. Dem Bündnis gehören neben PKK, MLKP, TKP(ML), THKP/-C Devrimci Sol drei kleinere Partner an, die DHP ("Revolutionäre Volkspartei der Türkei"), die TDP ("Türkische Revolutionäre Partei") und TKP-Kivilcim ("Türkische Kommunistische Partei - Der Funke"). Ende des Jahres gab es im Bündnis Anzeichen für Absetzbewegungen. Nationalistische türkische Organisationen halten sich seit Jahren in Deutschland öffentlich weitgehend zurück. Latente Gefahren resultieren aus dem krassen Gegensatz dieser politischen Richtung zum Lager der linksextremistischen türkischen und kurdischen Organisationen. Islamistische Organisationen, allen voran die "Islamische Gemeinschaft MUH Görüs e. V. " (IGMG), haben erheblichen Einfluß unter der hier lebenden türkischen Bevölkerung. Die IGMG war der türkischen Wohlfahrtspartei"Refah Partisi" (RP) des zeitweiligen türkischen Ministerpräsidenten Necmettin ERBAKAN bis zu deren Verbot (16.01.98) eng verbunden. Diese Nähe hat sich auf die Ende 1997 gegründete RP-Nachfolgeorganisation "TugendPartei" (Fazilet Partisi) übertragen. Die IGMG vertritt ein islamistisches und antiwestliches Staatsverständnis. Sie wirkt der Integration in Deutschland ansässiger Moslems entgegen. Als weitere türkisch-islamistische Organi205 sation neben der IGMG ist die "Islamische Bewegung" (IH) mit einem eigenständigen Verein in Hamburg vertreten. Der Verein betreibt eine Moschee im Stadtteil Wilhelmsburg. Die IH ist eine Abspaltung des sog. KAPLAN-Verbandes (ICCB). Der "Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V." (ICCB, Sitz Köln) tritt nach außen fast nur noch unter der Bezeichnung "Der Kalifatstaat" in Erscheinung. Er fiel 1998 durch immer aggressivere Gewaltandrohungen und fanatische Kampfaufrufe des selbsternannten "Kalifen" Metin KAPLAN gegen Deutschland und die Türkei auf. Ende Oktober wurden in der Türkei zum Teil aus Deutschland eingereiste ICCB-Anhänger unter dem Verdacht festgenommen, dort terroristische Aktionen geplant zu haben. In Hamburg wird die engere Anhängerschaft islamistischer türkischer Organisationen unverändert auf über 1.000 Personen geschätzt, bundesweit auf über 28.000. 4.2 Linksextremisten 4.2.1 DHKP-C Die DHKP-C ( "Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front") ist neben der mit ihr rivalisierenden "THKP/-C Devrimci Sol" (O 4.2.2) aus einer sich Anfang 1993 entwickelnden Spaltung der - bereits 1983 in Deutschland verbotenen - "Devrimci So/" ("Revolutionäre Linke") hervorgegangen. Beide Flügel haben sich nach der Spaltung als konkurrierende Organisationen neu formiert. Beide wollen - wie die 1978 in der Türkei gegründete und dort terroristisch operierende ursprüngliche "Devrimci Sol" - in der Türkei einen politischen Umsturz erzwingen und ein kommunistisches System errichten. Ihre Terrorakte richten sich vor allem gegen türkische Sicherheitskräfte sowie gegen Personen des öffentlichen Lebens. Nach einer Serie gewalttätiger Ausschreitungen wurde die Organisation "Devrimci Sol" im Februar 1983 in Deutschland verboten, zählte aber bald wieder zu den gefährlichsten der hier operierenden türkischen Gruppierungen. Die 10 Jahre später einsetzende Spaltung der "Devrimci Sol" war durch Differenzen um die Person des bis dahin unumstrittenen Leiters, Dursun KARATAS, ausgelöst worden. Der oppositionelle Flügel um seinen ehemaligen Führer Bedri YAG AN ("YAGAN-Flügel"), der sich inzwischen "THKP/-C Devrimci Sol" nennt, wirft KARATAS u.a. Führungsfehler und Verrat vor. Die Anhängerschaft der beiden sich unversöhnlich gegenüber206 stehenden Organisationen wird wie im Vorjahr bundesweit auf 1.300 geschätzt. Die DHKP-C stellt mit ca. 1.000 Anhängern den weitaus aktiveren Teil. In Hamburg bringen es beide Organisationen insgesamt auf nur noch auf etwa 60 Personen. Durch Verbotsverfügungen vom 13.08.98 gegen beide Organisationen trug das Bundesinnenministerium der Tatsache Rechnung, daß sich aus der ursprünglichen Devrimci Sol nunmehr endgültig zwei getrennte und selbständige neue Organisationen entwickelt haben. Die nach außen gerichteten, 1995 - 1997 immer wieder mit Gewaltanwendungen verbundenen Aktivitäten der DHKP-C sind im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. 1995 und 1996 war ihr eine Reihe von Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen zuzurechnen. 1997 häuften sich gewalttätige Zusammenstöße mit Aktivisten der rivalisierenden Gegenseite. Zu der 1998 eingetretenen Zurückhaltung haben verschiedene Ermittlungsbzw. Exekutivmaßnahmen bzw. die daraus resultierenden Abschreckungseffekte beigetragen: * Festnahmen mehrerer DHKP-C-Funktionäre Ende 1997, * Überwachung und häufige polizeiliche Kontrollen von Anhängern der Organisation, * zahlreiche Durchsuchungen von Objekten der DHKP-C durch die Polizei, * Zurückweichen der zahlenmäßig unterlegenen gegnerischen THKP/-C Devrimci Sol auch vor massivem Beobachtungsund Strafverfolgungsdruck * erzwungener Verzicht auf direkte gegenseitige Provokationen bzw. auf eskalationsträchtige Begegnungen von Anhängern beider Seiten. Der letzte blutige Zusammenstoß ereignete sich am 29.01.98 in Hamburg, als zwei DHKP-C-Aktivisten von einer Gruppe der Gegenseite mit Schußwaffen angegriffen wurden. Die Opfer überlebten schwer verletzt. Zur Finanzierung ihres Organisationsapparates in Deutschland und in der Türkei veranstaltet die DHKP-C weiterhin Spendenerhebungen unter der Anhängerschaft und bei Sympathisanten. In der Vergangenheit dabei gelegentlich ausgeübter Zwang stößt bei den Opfern vermehrt auf Widerstand. Im vergangenen Jahr hatten die Geldeintreiber offenbar Weisung, einstweilen moderat vorzugehen. Spendenerpressungen wurden nicht bekannt. 207 Die in der Vergangenheit auf Seiten der DHKP-C regelmäßig üblichen direkten gewaltsamen Reaktionen auf Ereignisse in der Türkei sind 1998 ausgeblieben. 1996 hatten Hungerstreikaktionen in türkischen Gefängnissen noch zu zahlreichen Brandanschlägen in Deutschland geführt. Als Ende März in Izmir vier Aktivisten der DHKP-C in Polizeihaft verschwanden, begann die DHKP-C eine breit angelegte koordinierte Protestkampagne. Sie verlief zwar nicht immer gesetzeskonform, jedoch ohne Gewaltanwendung. In Hamburg demonstrierten am 13.05.98 "spontan" ca. 75 Personen vor dem türkischen Generalkonsulat. In Kiel, Berlin und Ulm kam es zu kurzfristigen Besetzungsaktionen. Für Attraktivitätseinbußen und Anhängerverluste der Organisation spricht ein Vergleich der Besucherzahlen zur ihrer jährlichen europaweiten Kulturveranstaltung. Am 21.03.98 - diesmal in Genk/Belgien als Gedenkveranstaltung für die "Gefallenen der Revolution" durchgeführt - fanden sich mit annähernd 4.000 Personen weniger als 1997 (rund 4.500) und 1996 (rund 6.000) ein. Die Führung nutzte das Treffen, um zunächst kommentarlos das Ende 1996 zum Aufbau einer "revolutionären Front" beschlossene Zusammengehen mit der PKK für gescheitert zu erklären. Eine gründliche Abrechnung mit der PKK folgte später u. a. in der Zeitschrift "Kurtulus". In das Bündnis gesetzte Erwartungen hätten sich nicht erfüllt. Die PKK habe in überheblicher Weise fast nur eigennützige Interessen verfolgt. Im Laufe des Jahres zeigte sich, daß die Plakat zum Gedenken an die DHKP-C in der linksextremistischen im Hungerstreik 1996 verstorAusländerszene isoliert dasteht. Noch benen Anhänger | am 09.05.98 demonstrierte ihre Anlängerschaft in Hamburg gemeinsam mit anderen für "Solidarität mit den hungerstreikenden Gefangenen in türkischen Gefängnissen". Wenig später, Anfang Juni, verbündeten sich sechs linksextremistische türkische Gruppen und die PKK als "Revolutionäre Vereinte Kräfte" (türk. Abk.: DBG, O 3. PKK/Bündnispolitik) unter Ausschluß der DHKP-C, aber unter Einbeziehung ihrer ärgsten Konkurrenz, der THKP/-C Devrimci SoL 208 ^ ^ ^ ^ ^ Am 26.05.98 eröffnete das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg den Prozeß u.a. gegen den mutmaßlichen Deutschlandund Europaverantwortlichen der DHKP-C, Serefettin GUL. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Verstöße gegen das Waffengesetz vor. Am 17.11.98 wurden bundesweit zahlreiche Wohnungen und Vereinsräume aus dem Umfeld der DHKP-C polizeilich durchsucht und umfangreiche Unterlagen beschlagnahmt. Im Kölner "Informationszentrum für freie Völker" wurde der mutmaßliche derzeitige Europaverantwortliche der DHKP-C, Mesut DEMIREL, festgenommen. Auf diese und andere Polizeiaktionen reagierte die DHKP-C bisher zwar nur mit verbalen Protestkampagnen in ihren Publikationen. Sie ist jedoch weiterhin grundsätzlich gewaltorientiert. Ihre sich als Revolutionäre verstehenden Anhänger sind waffenfixiert. Die Organisation ist nach wie vor als gefährlich einzustufen. 4.2.2 THKP/-C Devrimci Sol Die "THKP/-C Devrimci Sol" ("Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke") - im folgenden kurz "DevSol" - ist neben der mit ihr rivalisierenden DHKP-C (0 4.2.1) aus einer sich Anfang 1993 entwickelnden Spaltung der - bereits 1983 in Deutschland verbotenen - "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke") hervorgegangen (zur Entwicklung: 9 4.2.1). Die THKP/-C hat ihre in Hamburg bisher führende Rolle gegenüber der DHKP-C eingebüßt. Auf Bundesebene waren ihre Anhänger der rivalisierenden DHKP-C gegenüber schon vorher zahlenmäßig deutlich unterlegen. Sie haben sich 1998 kaum noch in organisierter Form an die Öffentlichkeit gewagt. Daß sich ihr militantes Potential aber punktuell durchaus noch mobilisieren läßt, zeigte sie auf der 1. Mai-Kundgebung in Köln. Ihre dort mitmarschierenden Anhänger lieferten sich Prügeleien mit Personen der DHKP-C sowie der MLKP O 4.2.5). Als die Polizei einschritt, gingen die Schläger brutal gegen die Beamten vor. Sechs vorläufig Festgenommene waren bereits im Zusammenhang mit früheren Straftaten aufgefallen. Seit der Spaltung werden die Aktivitäten der "THKP/-C Devrimci Sol" u.a. durch Rivalitäten mit dem anderen Dev Sol-Flügel P 4.2.1 DHKP-C) bestimmt. 1997 sind in Deutschland noch insgesamt sieben gewalttätige Übergriffe zwischen den sich befehdenden Flügeln bekannt geworden. In 209 fünf Fällen wurde dabei geschossen. Die letzte Gewalttat ereignete sich in Hamburg am 29.01.98: Fünf "Dev So/"-Anhänger stießen auf eine Gruppe DHKP-C-Angehöriger und eröffneten sofort das Feuer auf sie. Drei Angreifer wurden unmittelbar danach festgenommen. Seit dem 28.10.98 stehen sie in Hamburg vor Gericht (Anklage u. a. wegen versuchten Mordes, versuchter und vollendeter Erpressung, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung). Nach zwei weiteren Beteiligten wird gefahndet. Seit diesem Vorfall hält sich Fohzei Der : Dev-Sol-Krieg geht weiter d\e "THKP/-C Devrimci Sol" - Anhängerschaft in HevSoT: Anklage gegen Hamburg in der Schützen von Ottensen Öffentlichkeit zuNach zwei Jahren Fahndung: rück. Dev Sol - in Hamburg In Hamburg wurPS schnappte die Falle zu de am 18.09.98 Ertugrul YIGIT Hamburger Zielfaftnder (ehem. Spitzenfunktionär, Deckname "Adil") festgenommen. Die SicherheitsTHKP/-C Devrimci Sol 1998 im Spiegel der Presse behörden hatten seit Jahren u. a. wegen verbotenen Waffenbesitzes und Fälschung von Personaldokumenten nach ihm gefahndet. In einer Wohnung in Altona waren 1996 Handgranaten, Sprengstoff, Munition und Waffen aus seinem Besitz gefunden worden. YIGIT, der sich vor Gericht als "Antifaschist" bezeichnete, wurde am 26.01.99 in Hamburg zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt. Seit dem 04.11.98 steht ein weiterer Aktivist in Hamburg vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, sich am 06.10.95 an einem Überfall mit Geiselnahme auf eine Außenstelle des türkischen Generalkonsulats in Hamburg beteiligt zu haben. Die "THKP/-C Devrimci Sol" beteiligt sich unter der Bezeichnung "Devrimci Sol" am Bündnis mehrerer linksextremistischer türkischer Organisationen mit der PKK (5 3. PKK/Bündnispolitik). Der am 04.06.98 als "Revolutionäre Vereinte Kräfte - DBG" ins Leben gerufene Pakt, der u. a. gegen "Kemalismus, Zionismus und Imperialismus" Front bezog, hat sich auch in Hamburg mit einer "Plattform" etabliert. Die Mitwirkung der "Th'KP/-C Devrimci Sol" am DBG gilt als eines von mehreren Indizien, daß sich - soweit 210 überhaupt - nur ein Teil ihrer Anhänger ganz oder vorübergehend von extremistischen Bestrebungen zurückgezogen hat. Mit Verfügung vom 06.08.98 hat das Bundesministerium des Innern gegen die Organisation ein Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz ausgesprochen. Die Begründung führt neben den Schießereien der letzten Zeit u.a. an, daß dem Landeskriminalamt (LKA) Hamburg seit Jahresbeginn mindestens sechs Fälle von Spendengelderpressungen bekannt geworden sind. Die Anhängerschaft hat das Verbot bisher ohne öffentliche Reaktionen hingenommen. 4.2.3 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) - ,,/'a/t/za/j"-Flügel der ehemaligen TKP/M-L 1994 hat sich die 1972 in der Türkei gegründete "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten Leninisten" (TKP/M-L) gespalten. Es entstanden die in diesem Abschnitt behandelte TKP/ML (auch "Partizan"-F\üge\ genannt) und die im nachfolgenden Abschnitt 4.2.4 behandelte TKP(ML) (auch "D/lß/C'-Flügel genannt). Beide Flügel - zusammen etwa 2.000 Anhänger - berufen sich auf die Programmatik der Ursprungsorganisation und betrachten sich gleichsam als deren rechtmäßige Erben. Die hier vorangestellten grundsätzlichen Aussagen gelten somit für beide Flügel: Beide orientieren sich am Marxismus-Leninismus, ergänzt um die Ideen Mao TSETUNGs. Ihr Ziel ist die Beseitigung der bestehenden türkischen Staatsordnung und die Errichtung einer angeblich "demokratischen Volksrepublik". Hierzu verübten ihre Anhänger in der Türkei wiederholt Terrorakte. Bereits 1972 bildete die TKP/M-L enen militärischen Arm, die "Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO). Der von der TIKKO geführte bewaffnete Guerillakrieg soll in eine "demokratische" Volksrevolution münden. Entsprechend der in der Türkei unterhaltenen Jugendorganisation TMLGB existieren in Deutschland - in Anlehnung an die Parteiflügel - konkurrierende Jugendflügel mit selbständigen Bezeichnungen. Beide Flügel sind an dem am 04.06.98 von der PKK und türkischen Linksextremisten gegründeten Aktionsbündnis "Revolutionäre Vereinte Kräfte" (türk. Abk.: DBG, 3 3. PKK/Bündnispolitik) beteiligt. Die TKP/ML ("Partizan"-Flügel) wird in Westeuropa von einer als "Auslandsbüro" fungierenden Funktionärsspitze dirigiert. Sie steuert in Deutschland über ihre Basisorganisation "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland" (ATIF) örtliche Vereine und Komitees, in Hamburg den "Soli211 daritätsund Kulturverein der Arbeitnehmer aus der Türkei in Hamburg e.V.". Hamburg gehört zum Gebietskomitee Nord. Diesem wiederum untersteht das Stadtkomitee Hamburg. Alle Ebenen arbeiten streng konspirativ. Die Jugendorganisation "Neue Demokratische Jugend" (YDG) ist direkt der europäischen Dachorganisation "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa" (ATIK) unterstellt. Anhänger der Partei treten in Deutschland vorwiegend publizistisch und propagandistisch auf, anlaßbezogen aber auch durch militante Aktionen. Wenn es um die Unterstützung der Heimatorganisation geht, greifen TKP/MLAnhänger gelegentlich zu den unter türkischen und kurdischen Extremisten gemeinhin üblichen rigiden - auch gewaltsamen - Methoden zur Eintreibung von "Spenden". Auch in Hamburg gehörten türkische Geschäftsleute (Ladeninhaber, Imbißbetreiber u.a.) bisher zu den bevorzugten "Spenden"-Opfern. Es wird davon ausgegangen, daß im Winterhalbjahr 1997/98 europaweit auf Birlesik Devrimci Gücfer Platformu diese Weise wiederum Sammlungsergebnisse erzielt wurden, deren Summe Symbol des von der TKP/ML sich 1 Million DM nähert. An diesem unterstützten Bündnisses Maßstab dürfte sich auch die Zielvor"Revolutionäre Vereinte Kräfte " gabe für die Kampagne 1998/99 orientieren. Angesichts des hohen Erfolgsdruckes, den die Führung auf die Geldsammler ausübt, kann es vorkommen, daß sich potentielle "Spender" genötigt sehen, ganze Monatsgehälter, Weihnachtsgelder oder gar Sozialhilfebezüge zu opfern. Welchen Zwecken die Spendenergebnisse zufließen, verriet indirekt eine Broschüre zur Spendenkampagne 1996/97: "Eine Partei ohne Armee und eine Armee ohne Waffen können die Revolution nicht bewerkstelligen". Am 16.05.98 fand in Köln die jährliche TKP/ML-Gedenkveranstaltung zum Todestag des Parteigründers KAYPAKKAYA statt - wiederkehrender Gradmesser für die bundesweite Mobilisierbarkeit von Anhängern auch sympathisierender Organisationen nebst Familienangehörigen. Nach 6.000(1995) und 5.000 (1996) war die Teilnehmerzahl 1997 deutlich auf 1.500 abgesunken. Im Berichtsjahr versammelten sich ca. 6.000 TKP/ML Anhänger. 212 Die UNO hatte 1998 zum Jahr der Menschenrechte erklärt. Vor diesem Hintergrund stellte der europäische TKP/ML-Dachverband ATIK ("Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa") im September Menschenrechtsverletzungen - auch in der Türkei - in den Mittelpunkt einer Sonderausgabe seines Organs "Mücadele". Im Bundestagswahlkampf unterstützte die ATIK auch in Hamburg die Kandidatur der "Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD, O IM/5.2). Die Hamburger Anhängerschaft der TKP/ML (deutlich unter 100) traf sich 1998 noch im Stadtteil Eimsbüttel. Sie war dort im DKP-Objekt "MagdaThürey-Zentrum" Untermieterin. Ihre Gewaltbereitschaft hatte sich zuletzt im Sommer 1996 bei Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen gezeigt. Im abgelaufenen Jahr beteiligten sich TKP/ML-Anhänger in Hamburg mehrfach an friedlich verlaufenen Aufzügen zusammen mit anderen deutschen und türkischen Linksextremisten sowie der PKK. Eine Protestaktion am 25.02.98 unter dem Tenor "Stoppt den imperialistischen Krieg am Golf" richtete sich gegen einen befürchteten Militäreinsatz der USA im Irak. Die Demonstration am 09.05.98 (ca. 400 Teilnehmer, mehrheitlich PKK) galt der Solidarität mit hungerstreikenden Gefangenen in türkischen Gefängnissen. Nach der Verhaftung des PKK-Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN in Rom bemühten sich kurdische und türkische Linksextremisten europaweit um Massenmanifestationen, um Druck gegen eine Auslieferung ÖCALANs an die Türkei oder Deutschland zu erzeugen. In Hamburg beteiligten sich TKP/ML-Mitglieder am 21.11.98 an einer von der PKK dominierten Demonstration vor dem türkischen Generalkonsulat für ÖCALAN unter dem Tenor "Für eine politische Lösung der kurdischen Frage" (ca. 2.500 Teilnehmer). 4.2.4 Türkische Kommunistische Partei (Marxisten-Leninisten) -TKP(ML) - "DABK"-F\üge\ der ehemaligen TKP/M-L Zur Spaltungsgeschichte der TKP/M-L wird auf die Einleitung unter 4.2.3 verwiesen; die Abkürzung "DABK" ergibt sich aus der türkischen Bezeichnung für "Ostanatolisches Gebietskomitee", dessen Anhängerschaft in diesem Flügel dominiert. Auch die Jugendstrukturen des "0/4PS/C"-Flügels TKP(ML) sind außerhalb der Türkei direkt einem europäischen Dachverband unterstellt, der "Konföderation für demokratische Rechte in Europa" (ADHK). Die Jugend nennt sich in Deutschland "Demokratische Jugendbewegung" (DGH), die auch in Hamburg Mitglieder hat. Weitere Nebenorganisationen sind der Frauenverband "Neue Demokratische Frau" (YDK) 213 und die Kulturorganisation "Internationaler Schriftstellerund Künstlerbund" (EYSB). Ebenso wie die TKP/ML wird die sich schon in der Schreibweise für Außenstehende nur unwesentlich unterscheidende TKP(ML) in Westeuropa von einem Auslandsbüro dirigiert, das allerdings in jüngster Zeit geschwächt erscheint. Die TKP(ML) steuert in Deutschland über ihre Basisorganisation "Föderation für demokratische Rechte in Deutschland" (ADHF) örtliche Vereine und Komitees. Auf regionaler Ebene bestehen Bezirkskomitees. Diesen wiederum unterstehen Stadtund Ortskomitees. Alle Ebenen arbeiten streng konspirativ. Auch die TKP(ML)-Anhänger treten in Deutschland zur Unterstützung der türkischen Heimatorganisation vorwiegend publizistisch und propagandistisch sowie - anlaßbezogen - auch gewaltsam in Erscheinung. Die rigiden Methoden bei der Eintreibung von "Spenden" sind denen anderer türkischer und kurdischer Organisationen vergleichbar. Zur alljährlichen - unabhängig von der TKP/ML - durchgeführten TKP(ML)-Gedenkveranstaltung für den Parteigründer KAYPAKKAYA, dieses Mal am 02.05.98 in Köln, kamen ca. 3.000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Belgien und den Niederlanden. Die TKP(ML) verbreitete im Juli im Bundesgebiet eine Flugschrift, in der über gemeinsame Guerillaaktionen der TIKKO und der ARGK ("Volksbefreiungsarmee Kurdistans") in der Türkei berichtet wird. Dem Flugblatt zufolge soll es sich hierbei um erste abgestimmte Aktionen im Rahmen des Aktionsbündnisses "Revolutionäre Vereinte Kräfte" (DBG, O 3. PKK/Bündnispolitik) gehandelt haben. In Hamburg beteiligten sich TKP(ML)-Anhänger am 25.2.98 ebenfalls gemeinsam mit türkischen und deutschen Linksextremisten an der friedlichen Protestkundgebung gegen einen damals drohenden Militäreinsatz der USA im Irak unter dem Tenor "Stoppt den imperialistischen Krieg am Golf". 4.2.5 Marxistisch-leninistische Kommunistische Partei (MLKP) Die bundesweit auf etwa 700 Mitglieder (Hamburg etwa 40) geschätzte MLKP ist 1994 aus der Vereinigung der "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten Leninisten Bewegung" (TKP/ML H) und der unbedeutenden "Türkischen Kommunistischen Arbeiterbewegung" (TKIH) hervorge214 gangen. Sie ist letztlich - ebenso wie die in den vorherigen Abschnitten behandelten TKP/ML und TKP(ML) - ein Abspaltungsprodukt der TKP/M-L. Schon die vorstehend ersichtliche Abkürzungsverwirrung kennzeichnet die unter (nicht nur türkischen) Linksextremisten symptomatische Neigung, einerseits die - sogar w e l t w e i t e - Einigkeit des "Proletariats" zu beschwören, sich andererseits aber bereits im eigenen engsten Umfeld in ideologischen Haarspaltereien, Linienstreitigkeiten und sektiererischen Rivalitäten zu verlieren. Die MLKP erstrebt für die Türkei einen revolutionären Übergang in den Sozialismus. Sie betont die herausragende Rolle der "Avantgarde der Arbeiterklasse" und ihre "antiimperialistische" Zielsetzung. Sie selbst versteht sich als wahre Vertreterin der Interessen auch des kurdischen Volkes und will in der Türkei mittels bewaffneter Kämpfe das "faschistische kolonialistische Joch" zerbrechen. Ihre Guerillaorganisation nennt sich "M18". Nach einem Kommunique des Zentralkomitees (ZK) behandelte die 1 . MLKP-Parteikonferenz im Herbst 1995 u. a. Fragen des illegalen Kampfes und militärischer Organisationsund Kampfformen. Laut ZK soll die "ko/laboratorische kapitalistische Monopolordnung"(\. d. Türkei) "dem Erdboden gleichgemacht" werden. Basisorganisation der MLKP in Deutschland ist die AGIF ("Föderation der Arbeitsimmigrant/innen aus derTürkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V.") mit etwa 20 Mitgliedsvereinen. Sie befaßt sich v o m kommunistischen Standpunkt aus publizistisch mit den Problemen ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland und wendet sich gegen den angeblichen "Faschismus als Instrument der deutschen Monopolbourgeoisie". Die Partei verfügt über eine Jugendorganisation (KGÖ), die sich in Hamburg u.a. mit Klebezetteln und Transparenten bemerkbar gemacht hat. Die in Deutschland lebenden MLKP-Anhänger betätigen sich politisch über die örtlichen AGIF-Vereine. Wie bei anderen ausländischen Linksextremisten genießen Spendensammlungen für die logistische und sonstige praktische Unterstützung der Heimatorganisation hohen Stellenwert. Öffentliche A k t i - vitäten entwickeln Angehörige der MLKP fast ausschließlich gemeinsam mit anderen linksextremistischen türkischen - auch kurdischen - Organisationen sowie deutschen Linksextremisten des autonomen una "antiimperialistischen" Spektrums. So beteiligten sich Angehörige der MLKP und KGÖ an einer Protestdemonstration deutscher und türkischer Linksextremisten am 2 1 . 1 1 . 9 8 in Hamburg anläßlich der Festnahme des PKK-Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN in Italien. Die MLKP gehört dem am 0 4 . 0 6 . 9 8 215 von der PKK und türkischen Linksextremisten gegründeten Aktionsbündnis "Revolutionäre Vereinte Kräfte" (DBG, S 3. PKK/Bündnispolitik) an. 4.2.6 Revolutionäre Volkspartei der Türkei (DHP), Synonym: "Alternatif" Die DHP ist eine internationalistisch ausgerichtete, revolutionär-marxistische türkische Organisation. Sie verfolgt das Ziel einer internationalen, die territorialen Grenzen der Türkei überschreitenden "Volksfront gegen den Imperialismus" und eine Strategie des bewaffneten Kampfes. Den ursprünglichen Kern der 1992 in der Türkei gegründeten Organisation bildeten zunächst vorwiegend ehemalige Kämpfer der PKK bzw. PKK-Sympathisanten. Die DHP widerspricht zwar ihrem Ruf, ein Anhängsel der PKK zu sein, steht deren Zielsetzungen, Worten und Taten jedoch sehr nahe. Sie selbst möchte als Brücke zwischen der "kurdischen Bewegung" (eine Umschreibung, mit der primär die PKK gemeint ist) und der "türkischen Linken" (in erster Linie revolutionärmarxistischen Gruppen) dienen und wirbt für die Ziele der "kurdischen Revolution" in der Türkei. Dahinter steht auch die Absicht, über die gemeinsame Gegnerschaft zum türkischen Staat die seit Jahrzehnten zersplitterte türkische Linke auf einer "revolutionären Einheitsplattform" wieder zusammenzuführen. Ihre globale - internationalistische - Perspektive, die politischen Verhältnisse in der gesamten Region des Mittleren Ostens tiefgreifend "umzuwälzen", versteht die DHP auch als eine Art Oktoberrevolution im Mittleren Osten. Letztlich laufen die Bestrebungen der DHP auf einen revolutionären gewaltsamen Umsturz und eine kommunistische Machtübernahme in der Türkei und in deren Nachbarschaft hinaus. In der Türkei agiert die DHP bewaffnet und politisch-propagandistisch, in der kurdischen Region als Guerilla auch im Schulterschluß mit dem militä216 rischen Arm der PKK (ARGK). Sie ist Mitgründerin des im Juni 1998 gebildeten Bündnisses "Revolutionäre Vereinte Kräfte" (DBG, O 3. PKK/Bündnispolitik), dem die PKK und sieben türkische linksextremistische Gruppierungen angehören. Die DHP-Publikation "alternatif" erscheint monatlich in der Türkei mit einer Auflage von etwa 7.000 Exemplaren, wird aber auch im Ausland einschließlich Deutschland vertrieben. In Hamburg war die DHP Mitunterzeichnerin des Aufrufes zur Demonstration am 16.05.98 unter dem Tenor "Schluß mit den Angriffen auf die türkischen Menschenrechtsvereine!" ( 3 3.) Es bestehen Kontakte zur deutschen "Kurdistan-Solidarität" bzw. zur "Informationsstelle DHP-Publikation "alternatif" Kurdistan e.V." (ISKU) in Köln, die von Personen des gewaltbefürwortenden deutschen linksextremistischen Spektrums unterstützt wird. 4.3 Türkische Islamisten 4.3.1 Islamische Gemeinschaft MMN Görüs e.V. (IGMG) 1995 hatte die damalige "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V. " (AMGT) ihre organisatorische Aufgliederung in zwei juristische Personen bekanntgegeben. Seitdem ist die IGMG - eigentliche Nachfolgeorganisation der AMGT - für soziale, kulturelle und politisch-religiöse Aufgaben zuständig. Die für nach außen gerichtete Aktivitäten weniger bedeutsame "Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e.V." (EMUG) verwaltet den umfangreichen Immobilienbesitz. Die für das Bundesgebiet zuständige IGMG-Zentrale in Köln leitet die Vorstandsund Verwaltungsgeschäfte. Die Zentrale des IGMG-Bereichs Hamburg befindet sich in der Böckmannstraße (Stadtteil St. Georg). Laut Satzung möchte die Organisation die sozialen und kulturellen Betreuungsaktivitäten der islamischen Moscheen in Europa gewährleisten. 217 Unabhängig von diesen satzungsmäßigen Festlegungen verfolgt die IGMG viel weitergehende Ziele mit dem zentralen Anliegen, die laizistische (auf der Trennung von Staat und Religion beruhende) Staatsordnung in der Türkei abzuschaffen. Sie soll durch einen ausschließlich auf dem Koran und der Scharia (islamisches Rechtssystem) basierenden islamischen Gottesstaat abgelöst werden. Ihr Fernziel ist die w e l t w e i t e Islamisierung. Zu diesem Zweck nutzt die Organisation ihren über soziale und kulturelle Aktivitäten sowie über die von ihr angebotenen Stätten islamischer Religionsausübung erworbenen Einfluß innerhalb der türkischen Gemeinden in Deutschland. Mit ihrer in diesem Sinne geleisteten islamischen Erziehungsund Bildungsarbeit versucht sie, in breitere türkische Bevölkerungsteile vorzustoßen, um dort fundamentalistisches Denken nachhaltig zu verankern. Eine Jugendund eine Frauenorganisation sowie Studentenund Akademikervereine dienen als Vorfeldstrukturen, die neue Interessenten erfassen und an die IGMG heranführen. In der Vergangenheit richtete sich die IGMG - neben anderen Gemeinsamkeiten - ideologisch an der türkischen "Wohlfahrtspartei" (Refah Partisi / RP) aus, deren Parteichef Necmettin ERBAKAN kurzzeitig (1996/97) türkischer Ministerpräsident war. A m 1 6 . 0 1 . 9 8 wurde die RP v o m türkischen Verfassungsgericht wegen Verstoßes gegen die verfassungsmäßig gebotene Trennung von Religion und Staat verboten. Vorsorglich hatte sich im Dezember 1 9 9 7 die als Auffangund Nachfolgeorganisation anzusehende " Tugend-Partei" IGMG-Generalsekretär Mehmet ERBA(Fazilet Partisi) gegründet. KAN, Neffe des ehemaligen türkischen Ministerpräsidenten und Parteichefs Necmettin ERBAKAN präsentierder 1998 verbotenen "Refah Partisi" te sich am 2 0 . 0 6 . 9 8 in Amster(Foto: IGMG-Internet-Homepage) dam als Ehrengast auf der 4 . Generalversammlung der IGMG den ca. 4 0 . 0 0 0 Besuchern aus dem Bundesgebiet und dem benachbarten Ausla nd. Die im Vergleich zum Vorjahr (ca. 3 0 . 0 0 0 ) um e t w a 25 % gestiegene Teilnehmerzahl ist ein Hinweis auf 218 die weiter deutlich gestiegene Mobilisierungsberehschaft der IGMG-Anhänger. Die IGMG ist weiterhin die mitgliederstärkste und einflußreichste türkische extremistische Organisation in der Bundesrepublik, auch wenn die Mitgliederentwicklung 1998 gegenüber dem Vorjahr stagnierte und nicht davon auszugehen ist, daß jedes einzelne Mitglied persönlich extremistische Ziele verfolgt. Nach eigenen Angaben zählt die IGMG europaweit 160.000 Mitglieder. Die Anhängerschaft in Deutschland wird auf 26.500 geschätzt. Der Regionalbereich Hamburg (Schleswig-Holstein und Niedersachsen eingeschlossen) umfaßt 18 Moscheen. Er betreut insgesamt ca. 3.000 Mitglieder, davon etwa 1.000 in Hamburg selbst. Mit zunehmender Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für die extremistischen Bestrebungen der IGMG pocht diese verstärkt auf ihre Anerkennung als Religionsgemeinschaft und demokratische Institution. Sie beansprucht für sich das Recht auf freie Entfaltung, Mitwirkung und ungehinderte Verbreitung ihrer Lehren im gesellschaftlichen und politischen Leben der Bundesrepublik. In ihrer stellenweise verdrehten Argumentation versucht sie sich als Opfer politischer Unterdrückung darzustellen. Ihr Vorsitzender Ali YÜKSEL forderte anläßlich der Bundestagswahl 1998 in einem offenen Brief an die Abgeordneten des deutschen Bundestages das allgemeine Wahlrecht für in Deutschland lebende Muslime, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit: Es gehe nicht an, "den Muslimen und dem Islam" einerseits Demokratie-Ablehnung vorzuwerfen, wenn andererseits "jede Möglichkeit zur demokratischen Partizipation" fehle. Diese Aussage tut so, als werde "den Muslimen" in Deutschland das Wahlrecht vorenthalten, weil sie "Muslime" sind. Sie versucht letztlich, ein antiislamisches Feindbild vorzuspiegeln und vom Kriterium der Staatsangehörigkeit abzulenken. Es gehört zur Methodik politischer Extremisten, falsche Zusammenhänge zu konstruieren, damit Empörung zu schüren und zum Protest aufzuhetzen. Das von der IGMG unter der türkischen Bevölkerung in der Bundesrepublik propagierte islamistische Staatsverständnis widerspricht unverändert Grundprinzipien westlicher Demokratien. Ihre fundamentalistische Indoktrination unter dem Mantel islamischer Erziehungsund Bildungsarbeit wirkt der gesellschaftlichen Integration der hier lebenden türkischen Muslime entgegen. 219 4.3.2 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB) ("Der Kalifatstaat") Der Verband ist aus einer Abspaltung der "Islamischen Gemeinschaft MUH Görüs e. V. " (IGMG) entstanden und hat sich 1985 unter der Bezeichnung ICCB ("Islami Cemaat ve Cemiyet/er Birligi") in Köln vereinsrechtlich angemeldet. Der ICCB strebt einen "Kalifatstaat", die Weltherrschaft der Muslime und - auch mit Gewalt - den Sturz der türkischen Regierung sowie die Errichtung einer islamischen Republik Türkei an. Der Koran soll das Fundament des angestrebten Gottesstaates bilden. 1992 hatte der 1995 verstorbene Cemaleddin KAPLAN den "Föderativen Islamstaat Anatolien" (AFID) ausgerufen und sich selbst zum Kalifen ernannt. Unter Metin KAPLANS Führung, der die Nachfolge seines Vaters im ICCB auch als selbsternannter "Kalif der islamischen Welt in Deutschland"angetreten hat, wird inzwischen durchweg die Organisationsbezeichnung "Der Kalifatstaat" (Hilafet Devleti) gepflegt. 1996 wurde KAPLAN - seit 1992 anerkannter Asylbewerber - vom Ausländeramt der Stadt Köln die politische Betätigung nach SS 37 Abs. 1 des Ausländergesetzes untersagt. Wiederholte Verstöße dagegen führten bereits zur Verhängung von Zwangsgeldern. Er ist in den eigenen Reihen umstritten, was zu einem bis heute andauernden drastischen Mitgliederschwund von etwa 3.800 (1995) auf heute etwa 1.300 beigetragen hat. Zu Metin KAPLANS härtesten Kritikern gehörte der 1997 in Berlin von Unbekannten ermordete Abtrünnige und selbsternannte "Gegenkalif", Halil SOFU. Am 16.03.98 wurde der Prediger des ICCB-Vereins in Augsburg, Hasan PALA zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er im Juli 1996 während des Freitagsgebets zur Tötung SOFUs aufgerufen hatte. EnMetin KAPLAN de April 1998 wurden Wohnungen, Verbandsräume und die Kölner Moschee des "Kalifatsstaates" vom BKA durchsucht. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ICCB-Mitglieder wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, Mordes und anderer Straftaten. KAPLAN verkündete danach mehrere "Fetwas" (Rechtsgutachten eines Muftis oder herausragenden Rechtsgelehrten), in denen er zum gewaltsamen Kampf aufrief. Deutschland wurde gedroht, dem 220 "Erdboden gleichgemacht" zu werden. Im Verbandsorgan "Ummet-iMuhammed" (Die Gemeinde Mohammeds) vom 14.05.98 und 06.08.98 mobilisierte KAPLAN zum "Djihad", was von militanten Islamisten als Aufforderung zum "Heiligen Krieg" verstanden wird. In der Ausgabe vom 24.12.98 propagierte KAPLAN, im Zuge einer weltweiten islamischen Revolution alle anderen Regierungsformen zu stürzen und durch eine islamische Ordnung zu ersetzen. Am 28.10.98 wurden 23 islamistische Fundamentalisten - darunter aus Deutschland eingereiste ICCB-Mitglieder - in der Türkei festgenommen. Die türkische Regierung wirft ihnen Attentatspläne vor. Sie hätten die absieht gehabt, die Fatih-Moschee in Istanbul am Jahrestag der Gründung der türkischen Republik (29.10.98) zu besetzen und bei Einschreiten türkischer Sicherheitskräfte bewaffneten Widerstand zu leisten. Ein mit Sprengstoff präpariertes Kleinflugzeug hätte nach Art eines Kamikaze-Unternehmens auf das Atatürk-Mausoleum in Ankara stürzen sollen. Bei der Festnahme wurden Waffen, Sprengstoff und Propagandamaterial sichergestellt. Das gegen KAPLAN gerichtete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung wurde vom Generalbundesanwalt auf den Aspekt von Anschlagsvorbereitungen gegen staatliche Einrichtungen in der Türkei erweitert. Die Organisation hat sich 1998 mit einer Reihe von Drohungen und der Verherrlichung der Selbstaufopferung ("Märtyrertod") bemerkbar gemacht. Dieses sowie der Einsatz junger ICCB-Mitglieder aus Deutschland bei dem verhinderten Attentat in der Türkei sind Indizien für eine wachsende Gewaltbereitschaft innerhalb des sog. "Kalifatstaats". In Hamburg gab es bisher nur Hinweise auf wenige - nicht fest eingebundene - ICCB-Einzelanhänger. Am 18.06.98 meldete "Ümmet-i-Muhammed" (Nr. 227) allerdings, KAPLAN habe die Muslime in Hamburg "an sein Herz gedrückt" und sich mit denen getroffen, die im nunmehr Begriff seien, "eine Religionsgemeinde zu werden". 4.3.3 Islamische Bewegung (IH) Die "Islamische Bewegung" ("Islami Hareket"; IH) ist 1989 in Köln als Abspaltung des "Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden e. V. " (ICCB) entstanden. Die Abspalter waren nicht damit einverstanden, daß sich die Führung des ICCB vom iranischen Einfluß gelöst hatte. Es gelang der "Islamischen Bewegung", bundesweit (z. Zt. etwa 300 Mitglieder) 221 mehrere örtliche ICCB-Vereine zu übernehmen. Die etwa 50 Personen umfassende Hamburger IH-Anhängerschaft trifft sich in der Moschee Mokrystraße (Wilhelmsburg), die von dem Verein "Zentrum für Forschung und Kultur des Islam e.V. " getragen wird. Die IH hat sich zum Ziel gesetzt, in der Türkei einen "Islamischen Staat" nach dem Vorbild Irans zu errichten. Sie geht nicht davon aus, dieses mit friedlichen Mitteln zu Symbolik der "Islamischen Bewegung" (IH) erreichen. Als größte Feinde sieht die rassistisch-anti-jüdisch eingestellte IH den Zionismus, den Staat Israel sowie ihn unterstützende Staaten und Regierungen an. Kapitalismus, Kommunismus und Zionismus gelten als "drei bösartige und blutrünstige Kräfte ". Die sich konspirativ verhaltenden IH-Anhänger entfalten bis auf die regelmäßige Teilnahme an den Demonstrationen zum "Jerusalemtag" (Januar 1998 in Berlin, 3 s. a. 5.1 und 6.) keine öffentlichen Aktivitäten. 5. Iraner In Deutschland leben etwa 114.000 iranische Staatsangehörige, in Hamburg 13.807 (Stand 31.12.98). Sie stellen damit in Hamburg nach Türken, Jugoslawen, Polen und Afghanen die fünftgrößte Gruppe von Ausländern. Ein Teil von ihnen engagiert sich politisch im Sinne der iranischen Regierung, ein breit gefächerter oppositioneller Teil entgegengesetzt. Die schiitische ("Schi'at Ali" = "Partei Alis") staatliche Grundorientierung prägt das private und staatliche Leben in der Islamischen Republik Iran. Während die Schiiten im Iran gegenüber den Sunniten dominieren, bilden sie im weltweiten Maßstab nur eine Minderheit von etwa 1 5 % aller Muslime. Als Ergebnis der "Islamischen Revolution" (1979, Machtübernahme durch den 1989 verstorbenen Ayatollah KHOMEINI) wurde das schiitische Staatsund Herrschaftsprinzip in der Verfassung der Islamischen Republik 222 ^^(tm) Iran verankert ("Herrschaft des anerkannten Gottesgelehrten"). Das Volk hat sich dem Willen Gottes und seiner irdischen Vertreter - dem anerkannten geistlichen Führer oder einem Gelehrtenkollegium - unterzuordnen, ein Prinzip, das sich in der iranischen Bevölkerung allerdings zunehmend brüchig zeigt. Zwar gilt der gegenwärtige iranische Präsident Mohammed KHATAMI (1979 - 1981 Leiter des "Islamischen Zentrums Hamburg") als reformorientiert, jedoch ist nicht der Staatspräsident die höchste Autorität, sondern der "Führer" (z. Zt. Ayatollah KHAMENEI). Er kann direkt oder indirekt in Exekutive, Legislative und Rechtsprechung eingreifen. Pluralismus und ein Mehrparteiensystem westlichen Demokratieverständnisses werden abgelehnt. KHOMEINIs Revolutionsziele sind bis heute verfassungsmäßig verankerte Leitlinien: Machtbehauptung, Unterdrückung/Ausschaltung von Opposition, Export der islamischen Revolution, Sturz "dekadenter" (westlich beeinflußter) Regierungen in der islamischen Welt, Islamisierung der gesamten übrigen Welt. Der Iran ist Leitbild für einige islamische Bewegungen in anderen Staaten der islamischen Welt. Für eigene politische, wirtschaftliche und kulturelle Schwächen werden die "dekadenten" una "satanischen" Kolonialund Supermächte - allen voran die USA als "großer Satan" verantwortlich gemacht. Nach KHOMEINIs Vermächtnis gelten die "Feinde des Islam" als von den "terroristischen" USA angeführt, als deren Verbündeter der "internationale Zionismus". Dem Westen gegenüber aufgeschlossene arabische Politiker gelten als "Kriminelle im Dienste Amerikas und Israels" bzw. als "Verräter". Zum Feindbild gehört eine angebliche "zionistische Weltverschwörung". Iranische Repräsentanten befürworteten 1998 erneut die Fortsetzung des "Heiligen Krieges" (Jihad), bis die von Israel besetzten Gebiete und Jerusalem "vollständig befreit" seien. Muslime seien verpflichtet, das "zionistische Regime" und dessen Unterstützer Amerika zu bekämpfen. "Antizionistischer Widerstand" werde das zionistische Regime letztlich zerstören. 5.1 Regierungsseitige Bestrebungen und Anhänger der iranischen Regierung Die Bekämpfung von Dissidenten und Oppositionellen im Inund Ausland (nachrichtendienstliche Beobachtung, Infiltration und Schwächung bis hin zu direkter Gewalt) schließt Liquidierungen nicht aus. Sie trifft diejenigen, die kulturelle und religiöse Werte der islamischen Revolution in Frage stellen. 223 Eine Serie von Morden (Ende 1998) an iranischen Intellektuellen undSchriftstellern wurden vom religiösen Führer Irans, Ayatollah KHAMENEI, noch Mitte Dezember der sogenannten "Welt-Arroganz" (gemeint: USA) angelastet. Wenig später wurden angebliche Täter der oppositionellen,, Volksmodjahedin Iran" ( 3 5.2) präsentiert und ausländische Mächte genannt. Ebenfalls Mitte Dezember 1998 bekannte sich eine Organisation "Fedajin des Islam für Mohammed" zu den "revolutionären Exekutionen" als "Warnung an all jene", deren "Schreibfeder im Dienste des Auslands stehe und die eine Rückkehr der ausländischen Dominanz in Iran wollen". Die Weltöffentlichkeit interpretierte die Ereignisse als Teil eines Machtkampfes zwischen Reformern und Konservativen im Iran. Erstmals in der Geschichte des revolutionären Iran gab das Informations(Geheimdienst-) Ministerium am 05.01.99 zu, es sei ein Verschwörernetz aufgedeckt worden, dem auch "unverantwortliche, bösartige und eigenwillige Kollegen des Ministeriums" angehört hätten. Diese seien "von unbekannten Agenten als Werkzeug benutzt" worden, um "Ziele von Ausländern" durchzusetzen. Die Version von "ausländischen Mächten" als eigentliche Urheber und Drahtzieher bekräftigte KHAMENEI am 08.01.99 beim Freitagsgebet an der Teheraner Universität. Iranischen Sicherheitsdiensten werden Mordanschläge auf im Ausland lebende führende Oppositionelle zugerechnet. Sie gelten zur Wahrung iranischer Interessen als legitim. Der ehemalige iranische Minister für Nachrichtendienstund Sicherheitsangelegenheiten, Ali FALLAHIAN, ist für die Ermordung von vier Oppositionellen in Berlin (1992, Lokal "Mykonos") mitverantwortlich. Noch im Juli 1998 bezeichneten hochrangige iranische Kreise die "göttliche Fatwa" (Rechtsgutachten) des verstorbenen Revolutionsführers Ayatollah KHOMEINI gegen den Schriftsteller Salman RUSHDIE (Verfasser der "Satanischen Verse") als "endgültig und nicht verhandebar". Demgegenüber erklärte der iranische Präsident KHATAMI im September in New York - unter Distanzierung vom ausgesetzten Kopfgeld - dieRUSHDIEAffäre für die iranische Regierung als "völlig abgeschlossen". Hardliner im Iran erhöhten wenige Tage später das Kopfgeld auf 2,8 Mio. US-Dollar. Um prowestliche und laizistische Regime im Nahen und Mittleren Osten zu destabilisieren und die islamische Revolution zu 'exportieren', unterstützt der Iran auswärtige islamische Revolutionen bzw. islamische "Befreiungsbewegungen". Terroranschläge der "Islamischen Widerstandsbewegung" (HAMAS) in Israel wurden wiederholt als "göttliche Vergeltung" und "gerechte Strafe" ausgelegt. Die iranische Regierung distanzierte sich zwar von mehreren Attentaten radikaler Palästinenser in Israel, verurteilte sie 224 ^^^^^^(tm) aber nicht. Der Führer der im Libanon mit iranischer Hilfe gegründeten HIZB ALLAH ("Partei Gottes"), Scheich Hassan NASRALLAH, hatte 1996 die anhaltende iranische Unterstützung seiner Organisation erstmals öffentlich zugegeben. Islamisches Zentrum Hamburg (IZH): Für den Export der islamischen Revolutionsidee spielt in Deutschland das IZH - Träger der "Imam-Ali-Moschee" - eine wichtige Rolle, z. B. als Propagandazentrum und europaweit hochrangige Verbindungsstelle der Islamischen Republik Iran. Die jeweiligen Leiter der Moschee bzw. des IZH werden im Iran bestimmt. Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß der Iran versucht, bundesweit andere Moscheen zu beeinflussen und letztendlich zu steuern, indem er z. B. finanzielle oder organisatorische Unterstützung anbietet. Wegen der herausragenden Stellung des IZH muß davon ausgegangen werden, daß auch das IZH in diese Bestrebungen eingebunden ist. IZH-Zweigstellen existieren in Münster ( "Islamisches Zentrum in Münster - FAU ME Versammlung e. V. ") und Hannover ( "Islamisches Zentrum Salman Farsi Moschee e.V. "). Regierungstreue Iraner und Muslime anderer Nationalitäten (z. B. Anhänger der HIZB ALLAH) besuchen das IZH zu Versammlungen, IZH-Moschee in Hamburg Gebeten, Vorträgen, Seminaren, Lesungen, islamischen Festen und Trauerfeiern. Obwohl von offizieller Seite Toleranz und Offenheit bekräftigt werden, ist das IZH ein Ort, an dem das Weltgeschehen und tägliche Leben einseitig nach iranischer Lesart interpretiert werden (Beispiele: Mordkomplex "Mykonos", Todesdrohungen gegen Salman RUSHDIE sowie die nach dem Abkommen in Wye (USA) erneut bekräftigte klare Ablehnung der Nahost-Friedensverhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis). Antiwestliche Agitation und einseitige pauschale Schuldzuweisungen überwiegen. 225 Das IZH ist Mitorganisator der alljährlich im Bundesgebiet stattfindenden Großdemonstration zum "Jerusalem-Tag" - dem von KHOMEINI kreierten "QODS-Tag", an dem allen Muslimen die Wiedereroberung Jerusalems und die Befreiung der heiligen Stadt vom Zionismus für den Islam immer wieder als Ziel vor Augen geführt werden soll. Am 24.01.98 demonstrierten in Berlin aus diesem Anlaß bundesweit etwa 1.500 Muslime (aus Hamburg etwa 150; u.a. Iraner, Türken, Araber) - größtenteils Anhänger islamisch-extremistischer OrgaMotiv der IZH-Faltblattserie "Muslime im nisationen. Der IZH-Leiter Dialog", offenbar als Symbol für AusANSARI hob dort in einer gleich zwischen Christentum und Islam Rede die Bedeutung Jerusalems im oben erwähnten Sinne hervor und beschimpfte u.a. ARAFAT als Verräter. Während der Demonstration kam es zu Zwischenrufen wie "Tod den USA " und "Tod den Zionisten ". 5.2 Gegner der iranischen Regierung Die breit gefächerte iranische Opposition umfaßt u.a. Monarchisten, Marxisten, Maoisten, Trotzkisten sowie eine klerikale Strömung. Weil die iranische Führung alles unternimmt, um sie zu unterdrücken, zu schwächen und auszuschalten, haben sie kaum Chancen, in ihrer Heimat offen aufzutreten und handlungsfähig zu werden. Zudem ist die Exilopposition zersplittert und zu keiner dauerhaften Kräftebündelung imstande. Die meisten Gruppen können sich im Iran selbst nur auf eine schmale Basis stützen und agieren daher vom Ausland aus. Der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) bzw. die darin dominierenden "Volksmodjahedin Iran" sehen sich als "der iranische Widerstand", der als demokratische Alternative nach dem Sturz des "Mullah-Regimes" einen laizistischen und demokratischen Staat im Iran errichten will. Sie versuchen, sich als Vertreter einer gemäßigten islamischen Linie mit annähernd 226 sozialdemokratischer Prägung zu präsentieren und streben den gewaltsamen revolutionären Sturz der iranischen Regierung an. Als Gegner der einstigen Schah-Diktatur beteiligten sich die "Volksmodjahedin" 1 9 7 9 an KHOMEINIs Revolution, gerieten aber nach dem Umsturz in Opposition zur neuen Regierung. Seit 1981 leisten sie bewaffneten Widerstand. Das iranische Regime macht ihre Anhänger als "Munafiqeen Khalq Organization" (MKO, sinngemäß "Heuchler") verächtlich. Eine 1987 gegründete, im Irak stationierte "Nationale Befreiungsarmee" ("National LiSymbol des NWRI beration Army", NLA) unterhält ein Widerstandsnetz im Iran selbst. Bei bewaffneten Aktionen ist es der Opposition so gelungen, im Iran Unruhen auszulösen, Regierungsanhänger zu t ö t e n , Objekte der Infrastruktur zu zerstören und die Revolutionsgarden anzugreifen. Die "Volksmodjahedin Iran" bekannten sich zum Attentat (August 1998) auf den früheren leitenden Staatsanwalt und Gefängnisdirektor Assadollah LAJEVARDI (sog. "Schlächter von Evin"). Dieser leitete Ende der 80er Jahre das berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis. In der Propaganda der Organisation haben Meldungen über Menscherrechtsverletzungen und Hinweise auf angebliche wie tatsächliche Terroraktionen der iranischen Regierung zentrale Bedeutung. Im Gegenzug macht die iranische Führung unaufhörlich die "Munafiqeen", die im iranisch-irakischen Krieg auf Seiten des Gegners gekämpft haben, für Unruhen und Anschläge in der Heimat verantwortlich, um sie bei der Bevölkerung als Verräter unbeliebt zu machen. Deutschland gilt wegen der hier lebenden "Volksmodjahedin" als "Brutstätte von Attentätern, Terroristen und Mördern". Die "Volksmodjahedin Iran" stellen sich in ihrer Propaganda ins Licht einer Art Staatsführung im Wartestand und versuchen, sich als für den Westen unterstützungswürdige politische Alternative (Meinungsfreiheit, Merschen227 rechte, Pluralismus, Gleichberechtigung) darzustellen, ohne die militärische Option gegen die "Mullah-Diktatur" aufzugeben. Den eigenen Anhängern vermitteln sie den bewaffneten Kampf der NLA als einzig erfolgversprechende Strategie zum Sturz des iranischen Regimes. Hoffnungen auf Veränderungen durch Reformen oder Parlamentswahlen gelten als illusionär. Anhänger der "Volksmodjahedin Iran" sind seit Mitte der achtziger Jahre in Deutschland in der "Iranisch Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (IMSV,Sitz: Köln) organisiert. Die deutsche NWRI-Zentrale und das "Büro für internationale Beziehungen der Volksmodjahedin Iran" residieren ebenfalls in Köln. Die Hamburger Basis (zuständig für Norddeutschland) organisierte 1998 wieder interne Veranstaltungen mit bis zu 400 Teilnehmern. Propaganda und Eigenwerbung kamen 1998 nur noch sporadisch über den 'Offenen Kanal' Hamburg (Fernsehsendungen "Aihneh-e NWRI-Internet-Homepage //W|. und "0mjde Iran"), dafür verstärkt über das Internet. Die Organisation leistet sich kostenintensive moderne Kommunikationstechniken (Konferenzschaltungen, Satellitenübertragungen). Ständig warnt die Organisation vor Machenschaften des iranischen Geheimdienstes. Eine als "Volksmodjahedin"Abweichler getarnte Agentengruppe, die in Wahrheit Werkzeug des iranischen Regimes sei, sei beauftragt - auch in Hamburg - systematisch den NWRI zu diffamieren. Der NWRI umgibt sich mit einem Schein "sozialpolitischer" Gemeinnützigkeit. Lokale und überregionale Hilfsstrukturen versuchen, hinter unverdächtig erscheinenden Fassaden (Vereine) gegenüber Genehmigungsbehörden und möglichen Geldspendern karitative bzw. humanitäre Verwendungszwecke zu suggerieren. Über - in Hamburg nicht mehr genehmigte - Straßensammlungen beschaffen u.a. der IMSV, die "Flüchtlingshilfe Iran" (FHI), der "Verein zur Eingliederung iranischer Flüchlinge" (VEIF) und die "Frauen für Demokratie im Iran" Geld, das vermutlich auch in die notorisch notleidenden Organisationstöpfe des iranischen Widerstandes fließt, der dieses allerdings bestreitet. Auch der "Verein Iranischer Demokratischer Akademiker" (VIDA) und der "Verein zur Förderung der Musik im Iran" dienen punktuell Belangen des NWRI bzw. der IMSV. 228 6. Araber Im Zuge des ins Stocken geratenen israelisch-arabischen Friedensprozesses hat sich das Mißtrauen in der arabischen Welt gegenüber Israel und seinen westlichen Verbündeten wieder vertieft. Mit den Palästinensern vereinbarte Termine zum Abzug israelischer Truppen sowie Fristen z.B. für die Freilassung palästinensischer Gefangener sind auch nach dem Abkommen von Wye im Oktober 1998 ergebnislos bzw. unzufriedenstellend verstrichen. Die Erfüllung des Wye-Abkommens ist praktisch bis zu den Knesset-Wahlen am 17.05.99 ausgesetzt. Die Siedlungspolitik der israelischen Regierung ist anhaltend tief umstritten. Das radikale arabische Lager und die palästinensischen Oppositionsgruppen sehen einen "Verrat" arabischer Interessen und Verzicht auf einen von "den Juden" unrechtmäßig erworbenen Besitz. Ein besonderer Zankapfel ist der künftige Status der Stadt Jerusalem. ARAFAT bezeichnete den Anspruch der Palästinenser auf Jerusalem ("ewige Hauptstadt") und die übrigen palästinensischen Gebiete als "heilig". Eine prekäre Situation droht im Mai 1999, sollte die angekündigte Ausrufung eines palästinensischen Staates umgesetzt werden. Im Dezember 1998 stimmten PLO-Delegierte während einer Versammlung des Palästinensischen Nationalrates in Gaza per Handzeichen der Annullierung der Gewalt-Passagen in der PLO-Charta zu. Auf dem seit Jahren größten Treffen palästinensischer Oppositionsvertreter in Damaskus bekräftigten rund 300 Personen ihre Ablehnung, Passagen aus der PLO-Charta zu streichen. Die Konferenzteilnehmer riefen dazu auf, den bewaffneten Kampf gegen Israel bis zur Schaffung eines palästinensischen Staates fortzusetzen. Anwesend waren Führer des "Palästinensischen Islamischen Djihad" (PU), von DFLP, PFLP und HAMAS. Die zu diesem Lager gehörende HAMAS ist eine 1987 gegründete islamistische Organisation der sunnitischen "Muslimbruderschaft" (MB). Sie ist der Überzeugung, daß Palästina im bewaffneten Kampf gegen die "zionistischen Okkupatoren" befreit werden muß. Ihr militärischer Arm, die "lzzedin-alKassem-Brigaden", ist für Terroraktionen verantwortlich. Mehrere durch die palästinensische Terrororganisation HAMAS bzw. durch ihren militärischen Arm erfolgte Attentate in Israel gelten als Protest gegen die israelische Siedlungspolitik und den Friedensprozeß überhaupt. 229 Im April 1998 riefen die "Izzedin-al-Kassem-Brigaden" mit einem im Gazastreifen, im Westjordanland sowie an israelische Medien verteilten Flugblatt zu Attentaten auf israelische Bürger und zu Anschlägen auf jüdische Einrichtungen - weltweit - auf. Der Anfang Oktober 1997 von Israel freigelassene geistliche Führer und Gründer der HAMAS, Scheich Ahmed YASSIN, unterstrich mehrfach auf internationaler Ebene, daß er bewaffnete Aktionen bis zum völligen Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten für notwendig hält. Der Tag der Staatsgründung Israels vor 50 Jahren (14.05.1948) wird von Palästinensern als "Tag der Katastrophe" bezeichnet. Am Jahrestag kam es zu schweren Zusammenstößen in den besetzten Gebieten. Im Bundesgebiet gab es diverse Veranstaltungen palästinensischer Organisationen, an denen die HAMAS und andere extremistische Organisationen beteiligt waen. Die HAMAS wird u.a. von Anhängern aus dem europäischen Ausland finanziell unterstützt. Sie hat sich bisher offiziell von Attentaten gegen Angehörige von Drittstaaten oder gegen israelische Bürger und Einrichtungen in Drittstaaten distanziert. Die im Bundesgebiet lebenden HAMAS-Anhänger haben neben der agitatorischen Tätigkeit die Aufgabe, Geld für den Kampf in der Heimat zu beschaffen. In Hamburg ist die HAMAS mit etwa einem Dutzend Personen vertreten, die sich u.a. in Moscheen im Stadtteil St. Georg treffen, öffentliche Aktionen jedoch meiden. Intern reagierten sie auf die gegen Israel gerichteten Anschläge mit einer gewissen Genugtuung. Die Siedlungspolitik der "Besatzer" und die durch Zurückweisungen palästinensischer Arbeitnehmer verschlechterten Wirtschaftsund Lebensbedingungen vor allem in den palästinensischen Lagern triebe immer mehr Palästinenser in die Arme der HAMAS. Die Generation von Palästinensern in Hamburg, die in den 70er und 80er Jahren engagiert für eine Unabhängigkeit ihrer Heimat eintrat und dabei in den verschiedenen - säkularen - Organisationen mitwirkte, hat sich weitgehend aus der politischen Arbeit zurückgezogen. Viele von ihnen unterstützen inzwischen - zumindest verbal - den Kurs der HAMAS, verurteilen jedoch Anschläge auf unschuldige Personen - wie in Jerusalem oder Tel Aviv. Erneut verübte die libanesisch-schiitische HIZB ALLAH ("Partei Gottes") im Südlibanon Anschläge gegen dort stationierte israelische Truppen und griff vom Südlibanon aus den Norden Israels an. Die HIZB ALLAH wurde 1982 auf Betreiben des Iran gegründet. Sie will im Libanon eine islamische Re230 publik nach iranischem Vorbild installieren und ist massiv gegen Friedensverhandlungen. Sie versteht sich als Speerspitze im Kampf gegen die israelische Besetzung und verfolgt das Ziel, den Staat Israel auszulöschen und Jerusalem zu "befreien". Mit Selbstmordanschlägen gegen US-amerikanische und französische Friedenstruppen (1983) erzwang die HIZB ALLAH den Rückzug internationaler Truppen. Insbesondere bei Autobombenexplosionen oder aus Hinterhalten wurden in der südlibanesischen Sicherheitszone Dutzende israelische Soldaten getötet. Der HIZB ALLAH-Führer im Libanon, Scheich NASRALLAH, hatte 1996 öffentlich zugegeben, daß seine Organisation vom Iran finanziert und politisch unterstützt wird. Einige Dutzend Anhänger der HIZB ALLAH sind im Raum Hamburg vertreten. Die islamisch-extremistischen arabischen Organisationen machen sich in Deutschland kaum durch öffentliche Aktionen bemerkbar, sondern beschränken sich vornehmlich auf interne Veranstaltungen, erörtern die sie bewegenden Ereignisse im Sinne ihrer ideologisch-religiösen Zielsetzungen und verhalten sich dabei höchst konspirativ. Ein zentraler Anlaß, öffentlich und gruppenübergreifend aufzutreten, ist der alljährliche sogenannte "Jerusalem-Tag". Am 24.01.98 demonstrierten aus diesem Anlaß etwa 1.500 Personen in der Berliner InnenHIZB ALLAH stadt auch zum Zeichen der Solidari- - Symbol tat mit dem Kampf der Palästinenser gegen Israel. Die sunnitische "Muslimbruderschaft" (MB, arabisch: "al-lkhwan al-Muslimun") wurde 1928 in Ägypten gegründet und verbreitete sich auf nahezu alle arabischen Staaten. Sie ist Ursprung vieler islamistischer Bewegungen im Nahen Osten und erstrebt streng an der islamischen Gesetzgebung ausgerichtete Staatsformen. Ihrer Ansicht nach noch unislamische arabische Regime müssen zuvor gestürzt werden. In Ägypten ist die MB verboten, wurde aber jahrelang geduldet. Inzwischen geht die ägyptische Regierung gegen die MB vor, weil sie eine "terroristische Konspiration gegen die Sicherheit und Stabilität Ägyptens"eingeleitet habe. 231 Insbesondere in den nordafrikanischen Staaten haben sich regionale MBZweige ausgebildet, darunter die algerische "Islamische Heilsfront" (FIS) und die tunesische "En Nahda". Auch die palästinensische "HAMAS" sowie die für Anschläge auf Touristen und Sicherheitskräfte in Ägypten verantwortlichen Gruppen "Jamaat al-lslamiya" (auch "Gamaat Islamiya") und "Al-Jihad Al-Islami ("Islamischer Heiliger Krieg") haben ihren Ursprung in der MB. Die "Gamaat Islamiya" bekannte sich zum bisher schwersten Terroranschlag in Ägypten am 17.11.97 bei Luxor, wo 68 Menschen, darunter 58 Touristen (4 Deutsche), getötet wurden. Öffentlich bedauerten Terrorgruppen, daß dabei keine Bürger der USA und Israels getötet worden seien. Weil z. B. die USA, Deutschland, Japan und Saudi-Arabien die ägyptische Regierung unterstützten, müßten Bürger dieser Staaten auch künftig damit rechnen, getroffen zu werden. Vergleichbare Anschläge waren vermutlich infolge der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen in Ägypten für 1998 nicht zu verzeichnen. Im Bundesgebiet sind MB-Angehörige verschiedener arabischer Nationalitäten vorwiegend in islamischen Zentren und in diversen islamischen Vereinigungen organisiert. Sie sind vorrangig daran interessiert, hier Muslime für die MB zu rekrutieren. Gewaltaktivitäten auf deutschem Boden wurden bisher nicht bekannt. In Hamburg existiert ein den syrischen "Islamischen Avantgarden" zugeordneter Verein. "Islamische Heilsfront" (FIS): Bei der FIS handelt es sich um den regionalen Zweig der MB in Algerien. Sie möchte das Land in einen islamistischen Staat verwandeln und ist seit 1992 verboten. Mittels ihres militärischen Arms "Islamische Heilsarmee" (AIS) verfolgt sie dieses Ziel auch mit Gewalt. Außerhalb Algeriens wird die FIS durch ihre "Exekutivinstanz der FIS im Ausland" (Leiter: Rabah KEBIR, wohnhaft in Nordrhein-Westfalen) vertreten. KEBIRs Position ist allerdings umstritten. Es gibt Anhaltspunkte, daß sich die FIS (u. a. KEBIR) und die AIS von Massakern der GIA P s. u.) an der algerischen Zivilbevölkerung distanzieren, um so u. a. ihren Wiedereintritt in den politischen Prozeß Algeriens zu erreichen. In Deutschland verfügt die FIS über wenige aktive Mitglieder/Anhänger/ Sympathisanten ohne bekannte Organisationsstrukturen. FIS-Vertreter tauchen als Redner bundesweit auf Veranstaltungen auf. In Deutschland lebende Anhänger unterhalten Beziehungen zu FIS-Anhängern in anderen westeuropäischen Ländern. Ein Auslandsnetzwerk kümmert sich u.a. um logistische Unterstützung für den Kampf in Algerien. 232 "Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA): Die GIA wurde nach dem Verbot der FIS im April 1992 gegründet und vereinigt eine Reihe kleinerer, überwiegend autonomer Gruppen. Auch sie will einen islamistischen "Gottesstaat" Algerien, rivalisiert vielfach mit der FIS und lehnt - im Gegensatz zur FIS - jeglichen Dialog mit der algerischen Regierung rigoros ab. Die GIA ist für zahlreiche Morde an Ausländern und für massenhafte - äußerst grausame und brutale - Mordexzesse an der eigenen algerischen Bevölkerung verantwortlich. Sie geht rigoros gegen alle vermeintlich "Ungläubigen und Abtrünnigen" MOT. Die Zahl der Todesopfer des siebenjährigen Terrors und der Auseinandersetzungen mit dem Militär wird auf insgesamt zwischen 60.000 und 100.000 geschätzt. Schwerpunkte der GIA in Europa sind die ehemalige Kolonialmacht Frankreich sowie Belgien. In einem spektakulären Massenverfahren (seit dem 01.09.98) mit anfangs 138 Angeklagten verurteilte ein Pariser Gericht am 22.01.99 drei Hauptangeklagte als Organisatoren eines Nachschubnetzes für islamistische Terroristen zu je acht Jahren Gefängnis. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß sie hinter der Fassade einer islamischen Kulturvereinigung, einer Koranschule und sozialer Hilfsgruppen ein Versorgungsnetz aufgebaut hatten, das vorwiegend im Dienste der GIA stand. Verästelungen des Netzes reichten nach Belgien, Deutschland, Italien und Spanien. Bei Hausdurchsuchungen waren - überwiegend in Osteuropa erworbene - Kalaschnikows, Sturmgewehre, Revolver und Munition gefunden worden, ferner Anweisungen zur Herstellung von Zündschnüren, Druckanlagen, Bargeld und Stempel der Pariser Polizeipräfektur. Ohne bekannte feste Strukturen ist ein Teil der in Deutschland lebenden GIA-Anhänger in die europaweiten, konspirativ agierenden Logistiknetze für den Kampf im Heimatland (Beschaffung von Geld, Fahrzeugen, gefälschten Papieren, Militärgerät) eingebunden. Als verkehrsgeographischer Schnittpunkt in Europa und als Hafenstadt ist auch Hamburg von den Logistikund Vernetzungsaktivitäten der FIS / GIA berührt. 233 V. Scientology-Organisation (SO) 1. Scientology - ein Fall für den Verfassungsschutz A m 0 6 . 0 6 . 9 7 hatte die Ständige Konferenz der Innenminister und -Senatoren (IMK) beschlossen, die Scientology-Organisation (SO) bundesweit vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Zuvor hatte eine Bund-LänderArbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden unter Beteiligung Hamburgs am 0 6 . 0 5 . 9 7 in einem Bericht Erkenntnisse über Zielsetzungen und Vorgehensweisen der SO vorgelegt. A u f dieser Grundlage hat die IMK festgestellt, daß bei der SO tatsächliche Anhaltspunkte für politisch bestimmte Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundbrdnung vorliegen. Die Ergebnisse der rund eineinhalbjährigen Beobachtung wurden in einem weiteren Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammengefaßt und von der IMK am 1 9 . / 2 0 . 1 1 . 9 8 zustimmend zur Kenntnis genommen. Dieser Bericht dokumentierte den unveränderten Fortbestand der ursprünglichen Verdachtsmomente sowie hinzugekommene neue tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht politisch bestimmter Bestrebungen. Die von den Verfassungsschutzbehörden festgestellten Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der SO ergeben sich insbesondere aus einer Reihe von Aussagen ihres Gründers L. Ron HUBBARD ( 1 9 1 1 - 1 9 8 6 ) . Bis heute gilt in der SO der Grundsatz, daß alle wörtlich oder schriftlich dokumentierten Lehren und Anweisungen HUBBARDS "dauerhaft gültig" sind. Die SO hat seit dem Beschluß der Ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren v o m Juni 1997 weiterhin neue Auflagen seiner Bücher vertrieben und seine Aufsätze ohne Einschränkungen abgedruckt. Dabei hat die Organisation gezeigt, daß sie ihre Ziele kämpferisch-aggressiv verwirklichen will (HUBBARD-Zitate, HerL. Ron HUBBARD ("LRH") vorheb, n. i. 0 . ) : " . . . die Erfahrung hat gezeigt, daß die Verteidigung nur wirksam ist, wenn man Ausfälle macht oder angreift. ..." 234 "... als wir auf die Ausschaltung wirklicher Feinde nicht viel Zeit, Energie und Mittel verwandten, sind wir an den Rand der Niederlage geraten ..." "... dies sind die Fehler, die wir begangen haben: 1. Wir haben nur verteidigt... 9. Wir haben den Feind nicht rechtzeitig erkannt und nicht rechtzeitig hart gegen ihn losgeschlagen... " "... die ausschlaggebenden Ziele, für die wir den größten Teil unserer Zeit aufwenden müssen, sind: den Feind bis zum Punkt der völligen Auslöschung der Popularität berauben ..." Viele Zeitschriften der SO belegen ihr Ziel, Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Unabhängigkeit der Gerichte, zu beseitigen. Um dies zu erreichen, sollen Scientologen "...eine Verschwörung kreieren, durch die sich der Machtfaktor immer weiter und weiter ausdehnt (Power-Formel) ...". (Hervorheb. n. i. 0.) Die SO verunglimpft und verleumdet seit mehreren Jahren Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassungsordnung selbst, indem sie sie mit derjenigen des nationalsozialistischen Deutschlands gleichsetzt. "...wir sind die einzige Gruppe auf der Erde, die über eine funktionsDie Scientology-Organisation erhebt fähige Lösung verfügt. Wir dürfen unverändert den Anspruch, ihr eigees nicht zulassen, daß uns irgendnes, allein an scientologischen Wertwelche Repressalien seitens von vorstellungen orientiertes totalitäres Regierungen, Kampagnen von unHerrschaftsund Rechtssystem in fähigen 'Heilern', die bereits verStaat und Gesellschaft als allgesagt haben ...im Wege stehen..." meinverbindlich durchzusetzen. The(Hervorheb. n. i. 0.) orie und Praxis der Organisation erfüllen alle wichtigen Merkmale einer totalitären Organisation: ideologischer Alleinvertretungsanspruch, hermetisch abgeschlossene Organisationsstruktur, totale Unterordnung der Mitglieder, dualistisches Freund-Feind-Weltbild und eine ideologische Fachsprache mit zum Teil umdefinierten Begriffen. In ihrer totalitären Gesamtstruktur und Zielrichtung verstößt die SO gegen elementare Prinzipien unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Mit der Einführung eines scientologischen Gesellschaftssystems würde es keine Menschenund 235 Grundrechte mehr geben, wie sie im Grundgesetz ausdrücklich auch als Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat definiert sind. Ein nicht an Recht und Gesetz gebundener Nachrichtendienst würde Sachverhalte erforschen und präventive Maßnahmen ergreifen: "...der Grund, weshalb wir heute stabile Organisationen haben, wo wir früher nur Trümmer hatten, liegt darin, daß wir nachrichtendienstliche Wege gehen, um unsere Freunde von unseren Feinden zu unterscheiden und daß wir schnell handeln ... Wir kennen unsere Feinde, ehe sie zuschlagen. Wir halten sie von wichtigen Positionen fern. Wenn wir einen zufälligerweise in eine Schlüsselposition bringen und er anfängt, Fehler zu machen, dann schießen wir schnell und sprechen später Recht ..." ('Handbuch des Rechts' von L. Ron HUBBARD a. d. Jahre 1959, Neuauflage 1979, Hervorh, n. i. 0.) Es gibt weiterhin Anhaltspunkte dafür, daß die SO ihr innerorganisatorisches 'Rechtssystem' auf die sie umgebende Gesellschaft übertragen will, ohne rechtliches Gehör zu gewährleisten und ohne Anspruch auf gesetzliche und unabhängige Richter. In einem scientologisch geführten Staat läge die politische Macht ausschließlich - unmittelbar oder mittelbar - in den Händen des obersten Managements; das Prinzip der Gewaltenteilung wäre außer Kraft gesetzt. 2. Was ist Scientology? Der Absolutheitsanspruch der Scientology, die sich selbst als eine "angewandte religiöse Philosophie" bezeichnet, klingt bereits in der Übersetzung ihres Namens an: "Wissen, wie man weiß". HUBBARD beansprucht, daß die von ihm "entdeckte" Scientology eine "Wissenschaft vom Wissen" und vom Leben selbst sei, eine axiomatische (unanzweifelbare) Lehre, die keiner Kritik mehr zugänglich sei, weil sie sozusagen geistige Naturgesetze beschreibt, die nur akzeptiert, aber nicht ignoriert oder gar straflos übertreten werden können. Für HUBBARD ist jeder, der sich gegen Scientology stellt, ein Krimineller. Die Scientology-Organisation behauptet von sich selbst, eine Religionsgemeinschaft zu sein. Damit verbunden wären bestimmte verfassungsrechtlichen Garantien und weitere, z. B. steuerrechtliche, Vorteile. Scientology ist in Deutschland nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt, gleichwohl darf aber auch nicht übersehen werden, daß sie ungeachtet ihres Strebens 236 nach Geld, Macht und Einfluß und trotz ihrer Ausbeutungspraxis nicht ausschließlich von materialistischen Motiven beherrscht wird, sondern ihre 'Unternehmensphilosophie' auf eine "Ihre metaphysische Ebene hebt. Die SO strebt weltliche Macht an, um letztlich Auditierauf dieser Basis die von ihr postulierte universelle Befreiung des menschlichen Geistes - "Thetan" genannt - mitfertigkeit tels ihrer geistigen "Technologie", dem sogenannten "Auditing", durchsetzen ist Ihr zu können. Für Scientologen geht es daher um mehr, als "nur" um Macht Fahrschein und Einfluß: Es geht für sie um ihr ewiges Schicksal und das des Planeten. hinaus! " Scientology will nicht nur alle relevanten Bereiche des Staates und der GeLRH sellschaft infiltrieren, sondern strebt HUBBARD-Zitat (aus: "Hamburg eine uneingeschränkte Machtposition News" der "Scientology Kirche an. Sie verfolgt hierbei eine Strategie, Hamburg e.V.") die sich nicht direkt an politischen Willensbildungsund EntScheidungsprozessen ausrichtet. Sie will vielmehr mittels ihrer "überlegenen" Geistestechnologie "Schlüsselpersonen" der Politik, der Wirtschaft, der Medien und anderer gesellschaftlicher Bereiche beeinflussen, instrumentalisieren und letztlich kontrollieren, um so an die Schalthebel der Macht zu gelangen. Mit anderen Worten: Die SO will die Führungseliten im scientologischen Sinne 'umprogrammieren' und alle gesellschaftlichen Institutionen so unter ihre Kontrolle bringen. Von ihrem Ziel, der "Befreiung" des Planeten ("Clear Planet") und der Errichtung einer "neuen Zivilisation", ist sie - jedenfalls in Deutschland - weit entfernt. Ihre drei grundlegenden Elemente zur Umsetzung der scientologischen Strategie umschreibt die SO mit den Begriffen "Ethik", "Technologie" und " Verwaltung" (Administration). "Ethik" ist nach scientologischer Definition "Vernunft in Richtung auf die höchste Stufe des Überlebens" für das Individuum und die gesamte Menschheit. Und weil Scientology sich als absolut wahr und "vernünftig" sieht, ist alles ethisch, was ihr nützt, "unethisch" alles, was ihr schadet. Der Zweck von "Ethik" ist deshalb, alle Scientology widerstrebenden, wi237 dersprechenden bzw. mit ihrer Lehre unvereinbaren Absichten zu eliminieren. Erst wenn "Ethik" durchgesetzt ist, d.h. wenn jeder Widerstand gegen Scientology gebrochen und sie vollständig anerkannt ist, können die scientologischen Organisationen aus ihrer Sicht in vollem Umfang die "Technologie" liefern, mit der die individuellen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen angeblich verbessert werden können. 3. Organisationsaufbau und Potentiale Organisatorisch stellt sich Scientology als ist ein multinationaler, streng hierarchisch aufgebauter und feingliedrig strukturierter Konzern dar, mit einer Vielzahl von Nebenund Tarnorganisationen. SO-Strukturen (nach HUBBARD, 1992: "Was ist Scientology?") Internationales Management! Zentrale WATCHDOGReligious Technology Computerbank Commitee (WDC) Center INCOMM mit Ausführungsorgan (RTC) OSA FLAG-Führungsbüro FLAG-Finanzbüro-Netz Diverse Nebenorganisationen wie WISE, ABLE u. a. Kontinentale Koordinierung überwacht, kontrolliert, steuert Nationale Ebene mit diversen Organisationen und Missionen Die Spitze der Scientology-Pyramide bildet das 1982 gegründete "Religious Technology Center" (RTC). Das RTC ist das oberste Leitungsund Kontrollgremium der SO, das als Inhaber aller Rechte und Besitzer aller "Warenund Dienstleistungszeichen" der Scientology die Existenz der Organisation garantieren und ihre Funktionsfähigkeit sicherstellen soll. Ihren Sitz hat die neue, von HUBBARD-Nachfolger David MISCAVIGE geführte Schaltzentrale mitten in der Filmstadt Hollywood. Die sehr komplexe Gesamtstruktur von Scientology umfaßt verschiedene Arten von Organisationen und Arbeitszweigen, die in elf Sektoren zusam238 mengefaßt sind und die vom sogenannten "Watchdog-Comittee" (WDC, "Wachhund-Komitee"), der obersten Managementeinheit, gesteuert und überwacht werden. Die nächste internationale Managementebene unterhalb des WDC, das "Flag Command Bureaux" (FCB), kontrolliert insgesamt sechs Managementgruppen. Eine entsprechende Organisationsstruktur findet sich auch auf der kontinentalen Managementebene. Die Europa-Zentrale, das "Continental Liaison Office" (CLO) in Kopenhagen, managt und kontrolliert - mit Ausnahme von England und Italien, die über eigene CLOs verfügen - die lokalen Organisationen ("Kirchen" und "Missionen") in den einzelnen europäischen Ländern. Eine nationale Führungsebene gibt es in der Scientology-Organisation für Deutschland nicht. Zu den wichtigsten Organisationen, die in das internationale scientologische Netzwerk eingegliedert sind, gehört (neben WISE 3 4.) die sogenannte "Sea Org", eine paramilitärisch organisierte Eliteeinheit, die innerhalb der Scientology höchstes Ansehen genießt und weitestgehende Machtbefugnisse hat. Die "Sea Org" betreibt z. B. die Strafund Arbeitslager der SO, sogenannte RPFs ("Rehabilitation Project Force"). Die "Association for Better Living and Education" (ABLE) ist eine Vereinigung verschiedener SO-lnitiativen, die im gesellschaftspolitischen und sozialen Bereich aktiv sind, z. B. in der Drogenund Gefangenenrehabilitation (Narconon, Criminon), im Bildungsbereich (Applied Scholastics) oder im Kampf gegen die Psychiatrie, die für Scientology der weltanschauliche Gegner Nr. 1 ist ("Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V.", KVPM; international: Citizens Commission on Human Rights, CCHR). Das "Celebrity Center International" betreut prominente Scientologen und andere wichtige Persönlichkeiten, um deren Popularität und Einfluß insbesondere für Propagandazwecke zu nutzen. Eine besondere Stellung und Funktion innerhalb der Gesamtorganisation nimmt das Netzwerk "Office of Special Affairs" (OSA) ein, das für Rechtsangelegenheiten und Public Relations zuständig ist sowie geheimdienstliche Operationen durchführt (s.u.). Die sogenannten Class-IV-Organisationen ("Kirchen") sind ebenfalls streng nach den Organisationsund Managementrichtlinien von HUBBARD organisiert. Sie sind in insgesamt sieben Abteilungen gegliedert: die Führungsabteilung (Abt. 7), die Abteilung des HUBBARD Kommunikationsbüros (Abt. 1), die Verbreitungsabteilung (Abt. 2), die u.a. für den Verkauf von Büchern und anderen Materialien zuständig ist, die Finanzabteilung (Abt. 3), die Technische Abteilung (Abt. 4), die das "Auditing" liefert, die Qualifikationsabteilung, die die richtige Anwendung der Auditing-Technologie kon239 trolliert (Abt. 5) und die Öffentlichkeitsabteilung (Abt. 6), die neue Mitglieder anwerben soll und Einführungsdienstleistungen (Persönlichkeitstest, Kommunikationskurs, u.a.) liefert. Da die SO streng hierarchisch geführt wird, sind die lokalen Organisationen in Deutschland letztlich nur Befehlsempfänger und ausführende Organe des internationalen Managements. Alle wichtigen Entscheidungen werden in der Europazentrale in Kopenhagen oder im Hauptquartier in Los Angeles getroffen. Die von der SO genannte Zahl von weltweit 8 Millionen Mitgliedern dürfte stark übertrieben sein. Dasselbe gilt für die angeblich 30.000 Mitglieder, die die SO in Deutschland haben will. Die Verfassungsschutzbehörden gehen mittlerweile von 5.000 bis 6.000 Mitgliedern aus, die überwiegend auch in die "International Association of Scientologists"(IAS) eingebunden sind. Da Scientology nach Anweisung von HUBBARD als eine stets expandierende Bewegung dargestellt werden muß, wurden die Mitgliederzahlen in Laufe der Jahre permanent nach oben manipuliert, um ein beständiges Wachstum zu suggerieren. Hamburg News Weltweit gibt es derzeit etwa 150 InfcrmationsschrtA' der Scientology furche Hamburg e.V. "Kirchen", die berechtigt sind, höheres "Auditing" bis zur Stufe "Clear" anzubieten. In Deutschland unterhält die SO nach eigenen Angaben 10 "Kirchen" (ORG'S, Fachausdruck für Werbung der Hamburger SO für die Ausbildung als Organisationen) - "Operierender Thetan" (OT) in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart - sowie zehn unterhalb davon angesiedelte "Missionen". Des weiteren existieren noch 3 sogenannte "Celebrity Centers" (CC, besondere Einrichtungen für Prominente und andere wichtige Personen) in Düsseldorf, München und Hamburg (Hamburg 240 1995 umbenannt in Scientology Kirche Eppendorf), die intern ebenfalls als "Kirchen" geführt werden. Verläßliche Zahlen über die von der Organisation erzielten Umsätze und Gewinne liegen nicht vor und werden von der SO auch nicht mehr genannt. Deutlich übertrieben erscheint ihre Angabe, daß sich der Wert ihrer international angebotenen Dienstleistungen Ende der achtziger Jahre auf 1,1 Milliarden Dollar belaufen habe. Nach einem Bericht der "New York Times" vom 09.03.97 geht aus Unterlagen der amerikanischen Steuerbehörde "Internal Revenue Service" (1RS) hervor, daß Scientology Anfang der neunziger Jahre durch Kursgebühren, Verkauf von Büchern und anderer Materialien, Lizenzgebühren und Wirtschaftdienstleistungen Einnahmen von insgesamt etwa 300 Millionen Dollar pro Jahr erzielt hat. Nach Aussage von SO-Funktionären seien die jetzigen Einnahmen aber geringer. Ehemalige Insider schätzen, daß die SO 80 % ihres Umsatzes in den USA erzielt, wo sie seit 1993 keine Steuern mehr bezahlen muß. 4. World Institute of Scientology Enterprises (Wise) Angehörige der "Sea Org", der Elite-Organisation der SO, gründeten im Dezember 1978 das "World Institute of Scientology Enterprises" (WISE). Es soll die Organisationsund Managementtechnologien von HUBBARD in der Geschäftswelt verbreiten und einflußreiche Wirtschaftsführer an Scientology binden. Bevorzugte wirtschaftliche Aktionsfelder sind Unternehmensund Managementberatung, der Immobilienhandel und in letzter Zeit auch der Computerhandel mit entsprechender EDV-Wartung und Systembetreuung. Sehr schnell wurde aus diesem Wirtschaftsverbund scientologischer Geschäftsleute und Firmen ein relevantes Standbein der SO, aus dem über Beiträge und Spenden erhebliche finanzielle Mittel in die Organisation flössen. Die SO nutzte WISE als strategisches Werkzeug, um ihre weltweite Ausbreitung und Mitgliedergewinnung voranzubringen. Dieses Kalkül führte auch zu einer engen Zusammenarbeit zwischen WISEFirmen und der "Org" Hamburg. SO-interne Querelen und ein verbesserter Aufklärungsstand der Bevölkerung brachte die bis dahin ungebrochene Expansion der "Hamburger Org" Mitte der neunziger Jahre ins Wanken. Da "Expansion" das erklärte Ziel von Scientology ist, wurde die Stagnation als 241 äußerst negativer Zustand bewertet, dem sofort massiv entgegengewirkt werden mußte. Die Konseqenzen trafen nicht nur "die Org", sondern auch den WISE-Bereich. Das Hamburger "Charter Komitee", eine WISE-Kontrollinstanz auf regionaler Ebene, hatte nach Ansicht der SO-Führungsetage in den USA versagt und wurde personell ausgewechselt. Von diesem Umbruch hat sich der Hamburger WISE-Bereich bis heute nicht erholt. Diese personelle Demontage und seitdem anhaltende Desolatheit nutzten einige scientologische Geschäftsleute, um ihre Mitarbeit bei WISE einzustellen. Andere stiegen ganz aus der SO aus. Insgesamt ergibt sich hinsichtlich der WISE-Mitgliedschaften scientologischer Geschäftsleute und ihrer Firmen in Hamburg ein unübersichtliches Bild. Es ist jedoch unerheblich, ob sie WISE angehören oder nicht: Die Firmen, denen Scientologen als Geschäftsführer vorstehen und deren Mitarbeiter in der Regel ebenfalls Scientologen sind, operieren mit der SOTechnologie und sind nach wie vor daran interessiert, ihre soziale Umgebung "ethisch zu machen", also scientologisch auszurichten. Austritte oder vorsichtige Rückzüge ehemaliger Protagonisten sowie die Tatsache, daß die den Mitgliedern von WISE zugesicherten geschäftlichen Erfolge - insbesondere in jüngster Zeit - ausblieben, haben Wunden geschlagen. Doch die verbliebenen WISE-Mitglieder sind der Überzeugung, daß sich die SO mit ihrer Technologie langfristig durchsetzen und ihre Ziele verwirklichen wird. Insoweit wirkt die ständige Indoktrination der einzelnen Mitglieder im totalitären System der SO für die Organisation durchaus erfolgreich. In Hamburg und der näheren Umgebung sind dem Verfassungsschutz rund 30 Firmen - vorwiegend im Immobilienbereich - sowie einige kleingewerbliche Unternehmen bekannt, deren Geschäftsführer oder Inhaber Scientologen sind. In der Regel beschäftigen sie Scientologen. Vereinzelt gelingt es ihnen immer noch, neue Mitarbeiter oder Kunden, beispielsweise über den OCA-Test ("Oxford Capacity Analysis"), für die SO zu gewinnen. Der Anspruch der SO, ihr allein an scientologischen Wertvorstellungen orientiertes totalitäres System weltweit in Staat und Gesellschaft als allgemeinverbindich durchzusetzen, gilt vollen Umfangs auch für das "World Institute of Scientology Enterprises" (WISE) - einen integralen Bestandteil der SO. In einer Führungsanweisung von WISE International vom April 1996 wird die Zielsetzung deutlich: " Alle WISE - Mitglieder stimmen damit überein. 242 (...) daß sie mit ihrer Arbeit, den Planeten zu klären, fortfahren können!" Der SO-'Aussteiger' Tom VOLTZ verweist zu diesem Thema in seinem Buch "Scientology und (k)ein Ende" auf eine Schrift HUBBARDS vom 10.06.60 ("What we expect of Scientologists"), wo es heißt: "Erobern Sie, egal wie, die Schlüsselpositionen, die Position als Vorsitzende des Frauenverbandes, als Personalchef einer Firma, als Leiter eines guten Orchesters, als Sekretärin des Direktors, als Berater der Gewerkschaft - irgendeine Schlüsselposition." (Hervorheb. n. i. Origin.) 5. Themen und Aktivitäten Im Gegensatz zu Deutschland kann die SO in den USA ihre Ziele ungehindert verfolgen. Scientology geht davon aus, daß ihre wachsende Ausbreitung nur von einer relativ kleinen Gruppe sehr einflußreicher und mächtiger Personen, Institutionen oder Regierungen beoder verhindert werden kann. Dieses Problem zu lösen, d. h. "Ethik" auf diesem Planeten durchzusetzen und die "Unterdrückung" von Scientology zu stoppen, ist vorrangige Aufgabe des weltweiten OSA-Netzwerkes. Das OSA ist darüber hinaus verantwortlich für die Herstellung guter Beziehungen zu Regierungen, Behörden und Medien, um die vollständige Anerkennung von Scientology zu erreichen. Neben Rechtsund PR-Angelegenheiten obliegen der OSA aber vor allem die offene und geheime Informationsbeschaffung sowie verdeckte Operationen gegen SO-Gegner, um diese zu neutralisieren. Im Vergleich zu seinem Vorläufer "Guardian Office" (1966 - 1983), dessen führende Mitarbeiter 1979 u. a. wegen Einbruchdiebstahls in Regierungsgebäude und Verschwörung gegen die US-Regierung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, operiert das OSA vorsichtiger. Geichwohl finden auch in Deutschland die meisten Angriffstaktiken weiterhin Anwendung: Schmähartikel in der Scientology-Presse, sogenannte 'Informationsbriefe' an Personen des öffentlichen Lebens, offene und verdeckte lnformations-/Materialsammlungen über Kritiker, Verleumdungen, Bespitzelung durch Privatdetektive, Einschüchterung durch Prozeßandrohungen, u.a.m.. Das OSA ist auch für die gegen Deutschland gerichtete Diffamierungskampagne verantwortlich. Seit Jahren - verstärkt seit 1997 - attackiert die SO vor allem in großformatigen Anzeigen in internationalen Zeitungen wie"New York Times", "International Herald Tribune", "The Economist" sowie in ihrer sogenannten "Hatewatch Germany 1997"-Se e im Internet (unverän243 dert 1998) die Bundesregierung wegen angeblicher Verfolgung religiöser Minderheiten und neonazistischer Tendenzen. So unterstellt der Präsident der "Church of Scientology International", Heber JENTZSCH, der deutschen Regierung, sie bediene sich im Umgang mit einer "bona fide religion" (gemeint ist Scientology) der "...klassischen Methoden eines faschistischen Staaates..." (Übersetzung durch das Landesamt für Verfassungsschutz). Besondere Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang die SO-ZeitINI RKHIEIT jjgJLgjjMMWTWWBumiiL.ii'iii'iiuimffiifHH.i'J schrift "Freiheit", 3000 Kilometer für Religionsfreiheit von der 1998 eine >J" V.m* im M liat) Ausgabe angeblich in Höhe von 5 Millionen Exemplaren in Deutschland TsrfMC'*** M&U verteilt worden sein soll. In einer *i-ir 1 ESM *. weiteren zum Jahreswechsel 1997/98 in Umlauf gebrachten Ausgabe werden Politiker als Rechtsbrecher und Straftäter verunglimpft. Die SO versucht mit solchen Angriffen, das Vertrauen in Repräsentanten und Organe des Staates sowie in die Verfassung fundamental zu erschüttern, um die freiheitliche demokratische Grundordnung in ein generell fragwürdiges Licht zu stellen und abschaffenswert erscheinen zu lassen. Beschimpfungen, Verleumdungen und Verunglimpfungen von Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland kennzeichnen seit Jahren das Verhalten der SO. Das Bundesverfassungsgericht hat zu einem ähnlichen Verhalten bereits in den Verbotsurteilen zur Verfassungswidrigkeit der ehemaligen rechtsextremistischen "Sozia/istischen Reichspartei" (SRP) und der ehemaligen linksextremistischen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) entschieden, daß planmäßige Hetze gegen Repräsentanten der Bundesrepublik (z. B. durch Beschimpfungen und Verleumdungen) ein Beleg für Bestrebungen zur Abschaffung der verfassungsmäßigen freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist. Die SO versucht darüber hinaus vielfältig, gegen staatliche Abwehrmaßnahmen in Deutschland vorzugehen: Durch Schreiben an inund ausländische Politiker und andere wichtige Personen und Einrichtungen, durch An244 rufungen internationaler Einrichtungen, wie die OSZE oder die UNO-Menschenrechtskommission, sowie durch Aktionen in der Öffentlichkeit. Dabei stellt sie sich gern als unschuldiges Opfer staatlicher Repression und religiöser Verfolgung dar. Sie nutzt ihre politischen Kontakte zu hochrangigen Kreisen in der US-amerikanischen Administration und im Kongreß, um politischen Druck auf deutsche Stellen zu erzeugen. Ebenfalls in Amerika (Washington D.C.) wurde ein Bündnis "Freedom for Religions in Germany" (FRG) gegründet. Obwohl angeblich ein Bündnis verschiedener religiöser Gruppen, entfaltet es in Deutschland ausschließlich Aktivitäten für Zwekke der SO. Nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden handelt es sich um eine Teilorganisation der SO. Aktions-'Höhepunkt' im Berichtsjahr war die Abschlußkundgebung des "Internationalen Marsches für Religionsfreiheit" am 10.08.98 in Frankfurt/M. Wie schon bei ähnlichen Gelegenheiten fiel die Teilnehmerzahl deutlich hinter die Erwartungen zurück, wurde wegen der Beteiligung prominenter ausländischer Scientologen von der SO aber dennoch als Erfolg gewertet. Mit einer baldigen Beendigung dieses Propagandakrieges der SO gegen Deutschland ist nicht zu rechnen. OSA-Chef Mike RINDER verkündete 1997 im OSA-Nachrichtenjournal "Winning!" unmißverständlich: "Wir befinden uns zur Zeit in einem massiven Kampf gegen diese Unterdrückung. Es handelt sich um eine äußerst intensive Auseinandersetzung, die sicher anhalten wird, da wir nicht damit aufhören werden, bis wir die SPs (Suppressive Persons = Unterdrückerische Personen) bezwungen ... haben." Die von der internationalen Führungsspitze organisierte und gesteuerte Anti-Deutschland-Kampagne hat intern höchste Priorität, weil sich die In einem Mitgliedsantrag zur IAS (0 3.), desdeutschen Organisationen sen Textvorgabe nach eigenen Angaben der gegenwärtig personell, fiSO noch Anfang 1998 gültig war, muß der nanziell und organisatoBewerber unterschreiben (Hervorh, n. i. 0.): risch zum Teil in äußerst "...mir ist bewußt, daß die Association den kritischer Verfassung beZweck verfolgt, die Ziele der Scientology, finden und dringend auf wie L. Ron Hubbard sie aufgestellt hat, zu erUnterstützung angewiesen reichen (...) Ich unterstütze die Zerschlagung sind. Es entspricht aber aller Gruppen oder Organisationen, die die auch dem hierarchischen Anwendung der Scientology-Technology zu Aufbau der Organisation, verhindern versuchen... " den deutschen "Orgs" die Durchführung solcher Kampagnen und Aktionen nicht anzuvertrauen, sondern Projekte von besonderer Bedeutung zentral zu steuern. 245 Es ist jedoch bekannt, daß deutsche Scientologen in die Diskreditierungskampagne gegen die Bundesrepublik Deutschland zumindest eingebunden waren. Den Verfassungsschutzbehörden liegt eine schriftliche Aussage eines ehemaligen Scientologen aus dem Jahre 1998 vor. Daraus geht hervor, daß die SO bereits 1996 versucht habe, Scientologen zu Asylgesuchen in den Vereinigten Staaten zu überreden. Alle notwendigen Vorbereitungen seien bereits getroffen worden, selbst Anwälte hätten in den USA bereitgestanden. Ziel solcher Aktionen sei es, die Scientology feindlich gesonnene Bundesregierung durch politischen Druck aus dem Ausland zum Rücktritt zu zwingen, zumindest aber ein Einlenken gegenüber der Organisation zu erreichen. Nachdem die IMK am 20.11.98 den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden zustimmend zur Kenntnis genommen hatte, in der laufenden Beobachtung somit keine Veränderung eintrat, reagierte die SO mit der Androhung rechtlicher Schritte. Ultimativ schrieb das seit Jahren für Scientology tätige Rechtsanwaltsbüro BLÜMEL aus München an die Regierungen der fünf neuen Bundesländer, von Rheinland-Pfalz und des Saarlands. Diese Bundesländer wählte sie gezielt aus mit der Begründung, daß hier keine organisierten scientologischen Strukturen existierten. Da es in den Ländern weder "Orgs" noch "Missionen" gebe, sei eine Beobachtung der SO durch den Verfassungsschutz dort absolut unzulässig - dieses unabhängig von der generellen scientologischen Auffassung, daß überhaupt keinerlei Voraussetzungen für eine Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden erfüllt seien. Ihre bisher in Deutschland geübte Zurückhaltung mit Vorstößen zur gerichtlichen Überprüfung ihrer Beobachtung hat die Organisation aufgegeben. So hat sie mit Schreiben vom 10.07.98 durch die Rechtsanwaltskanzlei BLÜMEL vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben, um den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel durch den Berliner Verfassungsschutz zu unterbinden. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. 6. Scientology in Hamburg Die "Scientology Kirche Hamburg e.V.", die sich von 1973-1985 "College für Angewandte Philosophie e. V. " nannte, gehörte Ende der achtziger/ Anfang der neunziger Jahre zu den weltweit umsatzstärksten und erfolgreichsten Scientology-Organisationen. Durch den Verkauf von Büchern, Unterrichtsmaterial und "E-Metern" (mit Lügendetektoren vergleichbare Haut246 Widerstandsmesser, die bei sog. "Auditings" eingesetzt werden), Kursund "Auditing"Gebühren sowie mit Spenden erfolgreicher Scientologen aus dem WISE-Bereich erzielte die Hamburger "Org" Jahresumsätze in Höhe von mehreren Millionen DM. In ihren Hochzeiten beschäftigte die Hamburger "Org" nach eigenen Angaben 220 hauptund nebenberuflich tätige Mitarbeiter und führte in ihren Karteien rund 5.500 Personen, die sie als Vereinsmitglieder ausgab. InzwiHamburger Scientology-Zentrale Steindamm 63 schen mußten die Hamburger Scientologen ihre Erfolgsmeßlatte herunterhängen: Für 1998 stellten sie einen Stab von noch rund 100 hauptamtlichen Mitgliedern als gutes Ergebnis hin. Gemessen am niedrigeren Bundesdurchschnitt ist diese Zahl in der Tat noch ein Erfolg. Die in den letzten Jahren - nicht zuletzt durch öffentliche Aufklärung und zunehmende kritische Medienberichterstattung mit ausgelöste - Abwärtsentwicklung der Hamburger SO führte Anfang 1995 zu einem Führungswechsel. Wiebke HANSEN, die bis dahin amtierende Leitende Direktorin, wurde in die USA strafversetzt. Inzwischen wurde auch ihr Nachfolger, der Amerikaner Mark LIZER, im Frühjahr 1998 von dem Schweizer Staatsbürger Matthias TINNER abgelöst. Ob diese Personalauswechselungen die Negativtendenz stoppen können, bleibt abzuwarten. Die "25 Jahr-Feier" der Hamburger Org verlief jedenfalls noch relativ bescheiden. Nur noch auf eine Mitarbeiterin konnte die SO verweisen, die seit den Anfängen den gesamten Zeitraum über für die Hamburger Scientology tätig war. Eine ganze Seite der " Festschrift" wurde der Tatsache gewidmet, daß die SO am Steindamm (Adresse der "Org") Blumen gepflanzt hat. 247 Zum Einzugsbereich der Hamburger "Org", der größere Teile Norddeutschlands umfaßt, dürften aktuell höchstens noch 1.000 Mitglieder gehören. Die "Hamburger Org" muß sich offenbar sehr bemühen, diesen Stand zu halten. Mit einem eigens angeschafften Bus waren SO-Mitglieder in Hamburg unterwegs, um neue Anhänger zu gewinnen. Straßenwerbung bildet nach wie vor den Schwerpunkt bei der Ansprache von Interessenten. Als Ende 1996 die zweite Hamburger "Org", die "Scientology Kirche Eppendorf e.V." [Ex-"Ce/ebrity Center"), ihr Gebäude in der Eppendorfer Landstraße aufgeben mußte, verfiel sie in eine Phase der Inaktivität. Inzwischen scheint sie sich - trotz der eher nachteiligen örtlichen Nähe zur "Org Hamburg" - zu stabilisieren. Die "Org Eppendorf" ist in der Brennerstraße, quasi 'im Hinterhof der "Org Hamburg", untergebracht. Neben sinkenden Einnahmen sieht sich die Hamburger "Org" mit Rückzahlungsforderungen ehemaliger Scientologen konfrontiert. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet der "Org" auch die Geldbeschaffung für die monatlichen Mietezahlungen - ein Problem, daß sich dadurch verschärfte, daß die Gebäudeeigentümer der SO-Zentrale aus Scientology ausgestiegen sind. Gegen ihre fortgesetzte Beobachtung veranstaltete die SO einzelne Protestkundgebungen. In Hamburg versammelten sich am 25.11.98 etwa 35 Personen, verteilten Flugblätter und forderten mit Transparenten die Einstellung der Beobachtung. Tieferen Einblick in das totalitäre Selbstverständnis und die rücksichtslosen Methoden der SO bietet die am 09.04.98 vorgestellte Broschüre des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg unter dem Titel "Der Geheimdienst der Scientology-Organisation - Grundlagen, Aufgaben, Strukturen, Methoden und Ziele ". 248 VI. Spionageabwehr 1. Allgemeines Der Prozeß des Aufbaus einer europäischen Friedensordnung nach dem Ende der Teilung Europas und dem Zerfall der Sowjetunion schreitet weiter voran. Die Erweiterung von NATO und EU nimmt sichtbare Formen an. Einige Länder des früheren Warschauer Paktes (Polen, Tschechien, Ungarn) streben ihre Mitgliedschaft im westeuropäischen Bündnis an. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt die Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer zentralen Lage in Europa, ihrer Wirtschaftskraft und des infolge der Vereinigung noch gewachsenen politischen Gewichts ein bevorzugtes Ausspähungsziel der Nachrichtendienste fremder Staaten. Insbesondere Rußland hat seine nachrichtendienstlichen Aktivitäten gegen Deutschland unvermindert fortgesetzt. Aber auch Länder des Mittleren und Nahen Ostens (insbesondere Iran, Irak, Libyen und Syrien) setzen ihre Nachrichtendienste zur verdeckten Informationsbeschaffung ein. Diese Dienste betreiben jedoch nicht nur Spionage im herkömmlichen klassischen Sinne. In ihre Kompetenz fällt auch die nachrichtendienstlich gesteuerte Beschaffung von Komponenten und Mitteln zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen. Einen weiteren Schwerpunkt ausländischer Nachrichtendienste bildet das Ausspähen, Beobachten und Infiltrieren in Hamburg lebender ausländischer Personen und Gruppierungen, die in Opposition zu den Regierungen ihrer Heimatländer stehen. 2. Rußland Die russischen Nachrichtendienste haben innerhalb des staatlichen Sicherheitssystems ihren Platz im politischen und staatlichen Machtgefüge weiter festigen können und sind zu einem elementaren Bestandteil der Sicherheitsstrategie geworden. Ihr Ansehen und ihre Akzeptanz in der russischen Öffentlichkeit haben sich gefestigt. Die Kontrolle der russischen Nachrichtendienste liegt im wesentlichen beim Parlament (Duma), dem Präsidenten der Russischen Föderation (z. Zt. Boris 249 JELZIN) sowie den Gremien des Nationalen Sicherheitsrates und des Nationalen Verteidigungsrates. Mit seinen mindestens sieben Nachrichtenund Sicherheitsdiensten bietet Rußland heute wieder einen der größten und mächtigsten Staatssicherheitsapparate der Welt auf. Die wichtigsten Dienste sind: * SWR Die zivile Auslandsaufklärung liegt in erster Linie in der Zuständigkeit des russischen Auslandsnachrichtendienstes SWR ("Sluzhba Vneshney Razvedki") mit einer Personalstärke von ca. 15.000 Mitarbeitern. Leiter des SWR ist Wjatscheslaw TRUBNIKOW. Der SWR ist für die offene und geheime Nachrichtenbeschaffung zuständig. Aufklärungsziele sind die Innen-, Außenund Sicherheitspolitik anderer Staaten, deren Wissenschaft, Technik und Ökonomie. Zusätzlich betreibt der SWR Gegenspionage. * GRU Der militärische Nachrichtendienst, die "Hauptverwaltung für Aufklärung beim Generalstab" ("Glavnde Razvedyvatelnoe Upravleniye Generalnogo Shtaba" I GRU) ist für die russische militärische Aufklärung zuständig. Sie wird von Generaloberst Walentin KORABELNIKOW geleitet. Das ca. 12.000 Mitarbeiter umfassende Personal der GRU ist für die Ausspähung der Zielländer unter dem Gesichtspunkt militärischer Interessen verantwortlich. GRU-Emblem * FSB Der russische Inlandsdienst FSB ("Federalnaya Sluzhba Bezopasnosti", Föderaler russischer Abwehrund Sicherheitsdienst) ist für die Bekämpfung der zivilen Spionage, des Terrorismus, der Organisierten Kriminali250 tat und für den Schutz der inneren Sicherheit der russischen Streitkräfte zuständig. Obwohl er ein Inlandsdienst ist, ist er aber auch befugt, Auslandsspionage zu betreiben. Mit einer Personalstärke von ca. 80.000 bis 100.000 Mitarbeitern ist der FSB neben FAPSI (s. u.) der größte russische Nachrichtendienst. Im Juli 1998 wurde der bisherige Leiter KOWALJOW durch den ehemaligen KGB-Angehörigen Wladimir PUTIN ersetzt. PUTIN war bis Anfang der 90er Jahre beim damaligen KGB in der Auslandsaufklärung eingesetzt. In den 70er Jahren war er operativ nachrichtendienstlich in der ehemaligen DDR aktiv. * FAPSI Die Zuständigkeitspalette der "Föderalen Agentur für Fernmeldewesen", ("Federalnoye Agentstvo Pravitelstvennoy Suyazi I" I FAPSI) umfaßt die elektronische AuslandsFSB-Emblem aufklärung im Funkund Fernmeldebereich sowie die Sicherheit wichtiger, insbesondere staatlicher Nachrichtenverbindungen. Leiter des FAPSI ist Alexander STAROWOJTOW, ebenfalls ein langjähriger Mitarbeiter des ehemaligen KGB. Die großen Umwälzungen infolge der politischen Auflösung der Sowjetunion führten zwar auch zu Veränderungen im Sicherheitsbereich; die bisherigen Zielvorstellungen im Bereich der Spionage wurden davon jedoch nur wenig berührt. Obwohl sie auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wurden, darf nicht FAPSI-Emblem übersehen werden, daß es sich bei den russischen Nachrichtendiensten um unmittelbare Nachfolger des früheren allmächtigen KGB handelt, die ein großes Potential an Fachwissen und ideologisch ausgerichtetem Personal übernommen haben. Sie waren damit in der Lage, die nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden nahtlos und im rus251 sischen Interesse fortzusetzen. Gravierende Veränderungen in den Zielvorgaben und nachrichtendienstlichen Arbeitsweisen sind bei den neuen russischen Diensten gegenüber dem einstigen KGB nicht erkennbar. Die Mitarbeiter der Nachrichtendienste des ehemaligen KGB - insbesondere des SWR, des FSB und der GRU - fühlen sich offenbar der Tradition der Nachrichtendienste der ehemaligen UdSSR verpflichtet. Auch andere, zur ehemaligen Sowjetunion gehörende Staaten, haben nach Bildung eigener Staatsgewalten frühzeitig begonnen, eigene Nachrichtendienste zu gründen. Auch sie haben dabei größtenteils die vorgefundenen KGB-Strukturen übernommen. Mit dem Aufklärungsdienst SWR, dem militärischen Aufklärungsdienst GRU, dem Inlandsdienst FSB und der vorwiegend im Bereich der technischen Aufklärung/Abwehr tätigen FAPSI verfügt Rußland über ein nachrichtendienstliches Arsenal, in dem vier Einrichtungen unabhängig voneinander Auslandsspionage betreiben. Die wichtigsten Ziele der russischen Nachrichtendienste lagen auch 1998 in den Komplexen Innen-, Wirtschaftsund Sicherheitspolitik, Wissenschaft und Technik sowie Verteidigungspolitik mit den Hauptzielgebieten Deutschland und Europa. Mit großer Aufmerksamkeit wurde dabei der angestrebte Anschluß östlicher Länder an die westliche europäische Gemeinschaft beobachtet. Im Gegensatz zu KGB-Zeiten geben sowohl führende russische Politiker als auch Vertreter der russischen Nachrichtendienste ihre Spionageaktivität offen zu und bestätigen, daß sie die Fortsetzung der russischen Auslandsaufklärung auch künftig für notwendig halten. Sowohl "Tscheka": Am 20.12.1917 von den Bolder russische Präsident schewisten unter LENIN gegründeter StaatsJELZIN als auch der Leiter sicherheitsdienst. Er hatte sich bereits 1918 des zivilen Auslandsaufkläin eine Terrororganisation verwandelt, die rungsdienstes TRUBNIKOW vor allem mit der Drangsalierung/Ausrottung haben sich im Dezember (u. a. Geiselnahmen, Liquidierungen, Mas1997 anläßlich des 80. Jasenexekutionen) politischer Gegner in der restages der Gründung des russischen Bevölkerung bzw. in den eigenen sowjetischen SicherheitsReihen beauftragt war und als 'Erfinderin' dienstes "Tscheka", aus von Konzentrationsund Arbeitslagern gilt. dem der KGB hervorgegangen ist, entsprechend geäußert. Präsident JELZIN würdigte die Arbeit des 252 Dienstes, indem er die reiche und heldenhafte Geschichte des rrilitärischen Nachrichtendienstes hervorhob. Generalstabschef Anatolij KWASCHIN erklärte, daß die GRU der geheimste der russischen Nachrichtendienste sei. Sie beschaffe Informationen mittels Satelliten, Spionageflugzeugen und -schiffen. Die bedeutendsten Informationsquellen seien jedoch nach wie vor GRU-Agenten. Erklärung des Generaloberst KOBALADDie vielfältigen Möglichkeiten, SE (SWR) gegenüber der Presse: "...daß nachrichtendienstliche Verbinwir nie gesagt haben, daß die russische dungen aufzubauen und InforAufklärung ihre Existenz aufgebe und ihmationen zu beschaffen reire Tätigkeit einstelle. Ich kann mir nicht chen von der offenen Gevorstellen, daß Rußland in naher Zukunft sprächsabschöpfung (z. B. bei auf die Aufklärung verzichten wird. " Tagungen, Vorträgen, privaten Anlässen) über die Nutzung moderner Kommunikationsmöglichkeiten (z. B. Datenbanken, Internet) sowie den Einsatz getarnter Mitarbeiter bis hin zur Werbung und Führung von Agenten. Zum anderen versuchen die russischen Auslandsdienste über verdeckte Spionage mit Hilfe geheimer Mitarbeiter oder durch eigene Nachrichtendienstoffiziere unter Legenden interessante Aufklärungsbereiche auszuforschen. Getarnte Mitarbeiter können sowohl Personen sein, die unter ihrer tatsächlichen Identität auftreten, als auch sogenannte "Illegale", also Personen, die unter Verwendung falscher biographischer Daten agieren. Beispiel: 1998 wurde ein in Hamburg tätiger Diplomingenieur identifiziert, der 1970 vom damaligen KGB mit gefälschter Identität aus der DDR in die Bundesrepublik eingeschleust worden war. Zuvor hatte der russische Dienst ihn intensiv nachrichtendienstlich ausgebildet und mit nachrichtendienstlichen Hilfsmitteln ausgerüstet. Während seiner Agententätigkeit hat er umfangreiche wissenschaftliche Berichte und Forschungsarbeiten aus seinem damaligen Tätigkeitsbereich erstellt und dem KGB geliefert. Aus Furcht vor Enttarnung hatte der KGB den Agenten 1976 abgezogen. Das von der Generalbundesanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren mußte gemäß SS 170 Abs. 2 StPO wegen Verjährung eingestellt werden. Eine besondere Rolle spielen offizielle diplomatische Vertretungen a\s"legale Residenturen." Legalresidenturen sind getarnte nachrichtendienstliche Stützpunkte, die in diplomatischen Vertretungen (Konsulats-/Botschaftsgebäuden) innerhalb der Grenzen der Gastländer untergebracht sind, rechtlich aber als exterritorial gelten. Ausgebildete Nachrichtendienstoffiziere werden 253 als Angehörige diplomatischer Einrichtungen deklariert und für mehrere Jahre in Deutschland eingesetzt. Diese Tarnposition bietet ihnen eine günstige Ausgangslage, um auf vielfältige Weise Kontakte für nachrichtendienstliche Aktivitäten zu knüpfen, z. B. zu politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und militärischen Kreisen des Gastlandes. Sie verfügen damit über breitgefächerte Zugangsmöglichkeiten für Informationsbeschaffungen. Aufgrund ihres geschützten Status und ihrer formal vorgeschobenen Funktionen eignen sich Residenturangehörige ganz besonders, um nachrichtendienstlich interessante Zielpersonen aus den vorgenannten Kreisen sowie Behördenvertreter oder Diplomaten anderer Länder kennenzulernen und enger zu kontaktieren. Aus dem hohen Anteil von Nachrichtendienstoffizieren an russischen Auslandsvertretungen läßt sich der hohe Stellenwert ablesen, den die Bundesrepublik Deutschland für die russsische Aufklärung hat. Ein als "Diplomat" abgetarnter Nachrichtendienstoffizier bietet enorme Vorteile, weil er für Außenstehende von einem echten Diplomaten nicht zu unterscheiden ist. Unterschlupfmöglichkeiten finden Agenten unverändert auch in den vielen in den vergangenen Jahren im Rahmen von Joint-ventures gegründeten Auslandsfirmen. Die Zahl enttarnter oder verdächtiger Nachrichtendienstangehöriger in solchen Firmen ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Einige Firmen wurden auch von identifizierten Mitarbeitern russischer Nachrichtendienste gegründet, die zuvor auf diplomatischen Tarndienstposten in russischen Vertretungen in Deutschland tätig waren. Es ist zumindest davon auszugehen, daß diese Personen die Verbindung zu ihrem ehemaligen Dienstherrn nicht gänzlich abgebrochen haben. Reisen nach und von Rußland bieten russischen Aufklärungsdiensten weitere gute Ansatzpunkte für mögliche Abschöpfungen und Anwerbungen. Angehörige des SWR besuchen in Rußland Geschäftsleute, Firmen, Behöden, wissenschaftliche Institutionen und u.a., um herauszufinden, welche Mitarbeiter ins westliche Ausland reisen. Aber auch privat oder beruflich nach Rußland reisende Bundesbürger geraten durch das dichte Überwachungssystem automatisch in das Blickfeld des dortigen Sicherheitsdienstes. Zu den Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden zählt auch die Bekämpfung der Wirtschaftsspionage. Damit ist nur die staatlich gelenkte oder gestützte, von fremden Nachrichtendiensten ausgehende Aufklärung im Bereich der Wirtschaft gemeint. In der öffentlichen Diskussion und Medienberichterstattung werden die Begriffe Wirtschaftsspionage und Industrie254 Spionage häufig nicht richtig voneinander abgegrenzt. Bei der Industriebzw. Konkurrenzspionage, die nicht in die Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden fällt, handelt sich um die illegale Beschaffung von Knowhow unter konkurrierenden Unternehmen. Wissenschaft und Technologie sind bevorzugte Aufklärungsbereiche der Wirtschaftsspionage. Hierbei richtet sich das besondere Interesse auf Rüstungsund Materialtechnik, Computertechnologie, Biotechnik und Medizin, Luftfahrtund Verkehrssowie Energieund Umwelttechnik. Die Ausforschung zielt auf alle Entwicklungsstufen: von der Forschung und Entwicklung bis zur Fertigung und Vermarktung neuer Produkte. Aufklärungsaktivitaten im Bereich der Wirtschaftsspionage entwickeln vor allem Staaten des ehemaligen Ostblocks, insbesondere Rußland, sowie Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens. Beispiel: Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg verurteilte 1998 einen Diplomingenieur zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung und 50.000 DM Geldbuße. Der Verurteilte hatte 15 Jahre lang wichtige Details über U-Boot-Technologien und Torpedos, zu denen er als Entwicklungsingenieur beruflich Zugang hatte, über das damalige MfS der DDR an das KGB weitergegeben. 3. Nachrichtendienste des Nahen und Mittleren Ostens Die politische Bedeutung, Wirtschaftskraft und das wissenschaftlich-technische Niveau Deutschlands sind Gründe für das seit einigen Jahren verstärkte Aufklärungsinteresse der Nachrichtendienste von Regierungen des Nahen und Mittleren Ostens. Hinzu kommen die liberalen Einreisebstimmungen in Deutschland, die ausländischen Bürgern unter bestimmten Voraussetzungen die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet erleichtern. Die heimlichen Aktivitäten im Auftrag ausländischer Regierungen beschränken sich dabei nicht nur auf den Sektor der klassischen Spionage, sondern befassen sich auch in einem großen Rahmen mit der Ausspähung und Unterwanderung in Hamburg bzw. in der Bundesrepublik lebender regimefeindlicher Personen und Gruppierungen. 255 Ein Schwerpunkt des iranischen Nachrichtendienstes in Hamburg ist die Ausspähung hier lebender iranischer Oppositioneller. Bevorzugte Beobachtungsobjekte sind die iranischen Widerstandsgruppen der "Volksmodjahedin" und des "Nationalen Widerstandsrates Iran" (NWRI, 3 IV/5.2). Die zentralen Versammlungsorte der iranischen Gemeinde, wie das "Islamische Zentrum Hamburg" (IZH, O IV/5.1) und die von Oppositionellen gegründeten Kulturvereine erregen ebenfalls erhöhtes Beobachtungsinteresse des Iran. Auch in diesen Fällen gehen nicht unerhebliche Ausspähungsaktivitäten von Angehörigen der amtlichen iranischen Vertretungen aus, die unter der Tarnung und dem Schutz diplomatischer Immunität agieren. 4. Proliferation / Sensitive Exporte Unter Proliferation werden die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungsmitteln (ABC-Waffen) sowie der für ihren Einsatz erforderlichen Raketensysteme verstanden. Einige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens beschaffen Produkte und Know-how für ihre Wirtschaft sowie Militärtechnik und verzahnen so die Wirtschaftsspionage mit ihren Proliferationsbemühungen, d. h. mit der Beschaffung von Komponenten zur Produktion von Massenvernichtungswaffen und zugehörigen Trägersystemen. Die restriktive Exportpolitik Deutschlands veranlaßt jene Staaten, ihr Beschaffungsverhalten mit Hilfe ihrer Nachrichtendienste zunehmend konspirativer zu gestalten. Entsprechende Produkte werden nicht komplett, sondern verschleiert und in vielen kleinen - für sich gesehen unverdächtigen - Einzelaufträgen beschafft und teilweise über Umwege (Drittländer) in das endgültige Zielland transportiert. Proliferation umfaßt aber nicht nur die Ausfuhr und die Verbreitung von sensitiven Gütern, sondern auch die Weitergabe von Wissen und Techniken zur Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen. Universitäten und andere Lehrund Forschungseinrichtungen, Firmen mit entsprechendem Know-how, in denen z. B. Austauschwissenschaftler/-studenten tätig sind, werden von interessierten Ländern gezielt genutzt, im westlichen Ausland erworbenes Wissen anschließend dem Heimatland zur Verfügung zu stellen. Geradezu wie mit einem 'Staubsauger' nehmen die Nachrichtendienste der kommunistischen Volksrepublik China alle erreichbaren Informationen jegli256 ^^^^^(tm) cher Art auf, in der Hoffnung, damit ihre unter Produktivitätsund Wettbewerbsschwächen leidenden planwirtschaftlichen Strukturen modernisieren zu können. Der Iran ist z. B. bestrebt, ein eigenständiges Programm zur Produktion von Trägerraketen zu entwickeln. Hinweisen zufolge soll Rußland hierbei Unterstützung leisten, wenngleich dieses bisher offiziell dementiert wurde. Libyen verfolgt neben der konventionellen Rüstung weiterhin ein intensives Proliferationsprogramm; es interessiert sich für den Bereich biologecher und chemischer Waffen sowie für die Produktion weitreichender Raketen. Irak und Syrien arbeiten ebenfalls an Programmen für ABC-Waffen. Auch Nordkorea widmet sich proliferationsrelevanten Projekten mit Schwerpunkten auf dem Sektor der Nuklearund Raketenherstellung. VII. Geheimund Sabotageschutz 1. Allgemeines Informationen, deren Erlangung durch Unbefugte den Bestand lebenswichtiger Interessen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder gefährden könnte, sind wirkungsvoll zu schützen. Sie müssen im Interesse des Staates geheimgehalten werden. Die dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg dabei obliegenden Mitwirkungsaufgaben sind in SS 4 Absatz 2 des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (s. Anh.) geregelt. Behörden, Wirtschaftsunternehmen und Forschungseinrichtungen gehören zu den klassischen Aufklärungszielen der Nachrichtendienste fremder Staaten. Das Geheimschutzreferat des Landesamtes versucht daher, durch personelle, technische und organisatorische Vorkehrungen Sicherheit vor der Ausforschung durch Unbefugte zu erreichen. Im Bereich der Hamburger Behörden und der Wirtschaft führt das Landesamt deshalb Sicherheitsüberprüfungen von Personen durch und veranlaßt bzw. trifft selbst Maßnahmen zum materiellen Geheimschutz. Darüber hinaus werden Zuverlässigkeitsüberprüfungen aus Gründen des personellen Sabotageschutzes durchgeführt. Vereinzelt kommen Überprüfungen bei Unternehmen, Verbänden und anderen Institutionen hinzu, um mögliche sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten aufzuklären. 257 2. Geheimschutz im Behördenbereich 2.1 Personeller Geheimschutz Grundlage und zentrales Instrument des personellen Geheimschutzes ist die Sicherheitsüberprüfung. Sie wird auf Bundesebene nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20.04.94 durchgeführt. Das für Hamburg vorgesehene Landesgesetz ist vom Senat beschlossen und der Bürgerschaft zugeleitet worden. Die Überprüfung sieht verschiedene Verfahrensarten vor. Sie Verschlußsachengrade: richten sich primär nach dem Grad der vor*"STRENG GEHEIM" gesehenen Betrauung und Ermächtigung ei*"GEHEIM" ner Person zum Umgang mit Verschlußsa*" VSVERTRA ULICH" chen. In diesem Zusammenhang wird - je nach Schutzbedürftigkeit von Informationen - zwischen drei Verschlußsachengraden unterschieden (s. Kasten). Die Bandbreite der Überprüfungen reicht von der einfachen Karteibzw. Datensatzabfrage bis zur Befragung von Referenzpersonen. Im Jahr 1998 hat das Geheimschutzreferat des Landesamtes insgesamt 1048 (1997: 902) Sicherheitsüberprüfungsvorgänge aller Hamburger Behörden und Ämter bearbeitet. 2.2 Materieller Geheimschutz Im Rahmen des materiellen Geheimschutzes berät das Landesamt für Verfassungsschutz öffentliche Stellen des Landes bei der Planung und Durchführung technischer Sicherungsmaßnahmen. Im Rahmen dieser Aufgabe hat das Landesamt auch 1998 u. a. über Alarmsysteme, Stahlschränke und Schließanlagen informiert. Ferner wurden die Bedarfsträger über notwendige Maßnahmen aufgeklärt, um Verschlußsachen bei der Übertragung auf dem Fernmeldeweg, dem allgemeinen Postversand, in Datennetzen oder während ihrer Bearbeitung auf PC-gestützten Systemen vor unbefugten Zugriffen zu schützen. 258 3. Geheimschutz in der Wirtschaft Wirtschaftsunternehmen, die geheimhaltungsbedürftige Staatsaufträge (z. B. Rüstungsaufträge, Errichtung verteidigungswichtiger Anlagen) ausführen, werden in das Geheimschutzverfahren von Bund und Ländern aufgenommen. Soweit der Bund diese Aufträge erteilt, führt er auch die Sicherheitsüberprüfungen der Mitarbeiter der Unternehmern durch, die diese Staatsaufträge dann konkret bearbeiten. Die laufende Betreuung dieser Unternehmen übernimmt die Verfassungsschutzbehörde des jeweiligen Bundeslandes. Das Geheimschutzreferat des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg betreut zur Zeit etwa 125 Unternehmen der verschiedensten Branchen. Durch Einzelberatungen direkt vor Ort in den Firmen und in den Räumen der Behörde wurden geheimschutzrelevante Fragen beantwortet. Hamburgs Rolle als Hafenstadt bringt es mit sich, daß der Bereich der Marinetechnik einen W/ j Schwerpunkt dieser Betreuungsaufgabe bildet. An den klas- * j^MD sifizierten Aufträgen BHr des Bundes für das 1* Marineprogramm "Fregatte 124" werEr'' den neben dem Hauptauftragnehmer "Blohm + Voss ^K* - GmbH" weitere 30 Hamburger Unternehmen beteiligt. Hinzu kommen weitere Marineaufträge für den Bund, befreundete NATOMEKO-( = Mehrzweck-Kombination) Fre gatte Staaten und andere Länder. Das Landesamt für Verfassungsschutz führt Informationsveranstaltungen für geheimschutzbetreute Unternehmen durch. Die rege Beteiligung an sol259 chen Veranstaltungen belegt ein hohes Interesse an Informationen zu Sicherheitsthemen und das Verantwortungsbewußtsein der Unternehmensleitungen. 4. Sabotageschutz Im Rahmen des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes war das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtszeitraum 1998 an der Durchführung von 5159 (1997: 3784) Zuverlässigkeitsüberprüfungen beteiligt. Im Vordergrund standen dabei Überprüfungen von Personen nach SS 29 d des Luftverkehrsgesetzes, die in sicherheitsempfindlichen Bereichen des Hamburger Flughafens beschäftigt werden sollen, gefolgt von Überprüfungen nach SS 12 b des Atomgesetzes. Danach sind Personen zu überprüfen, die Kernbrennstoffe befördern oder in kerntechnischen Anlagen beschäftigt sind. Ferner wurden Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Personen durchgeführt, die an besonders sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen tätig sind. Hier handelt es sich insbesondere um Stellen der elektrischen Energieversorgung. 260 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 7. März 1995, zuletzt geändert am 27. August 1997 Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft beschlossene Gesetz: 1 . Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS 1 Zweck des Verfassungsschutzes SS 2 Zuständigkeit SS 3 Zusammenarbeit SS 4 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS 5 Begriffsbestimmungen SS 6 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit desLandesamtes für Verfassungsschutz 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen SS 7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz SS 8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln SS 9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten SS 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger SS 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung 3. Abschnitt Datenübermittlung SS 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten SS 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste SS 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden SS 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen SS 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs 261 SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz SS 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz SS 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen SS 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger 4. Abschnitt Auskunftserteilung SS 23 Auskunftserteilung 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes SS 24 Parlamentarischer Kontrollausschuß SS 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses SS 26 Aufgaben des Ausschusses SS 27 Eingaben 6. Abschnitt Schlußvorschriften SS 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz SS 29 Inkrafttreten 1. Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS 1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Zu diesem Zweck tritt dieses Gesetz neben das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG -) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seiten 2954, 2970). 262 SS 2 Zuständigkeit (1) Der Verfassungsschutz wird innerhalb der zuständigen Behörde vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ausschließlich hierfür zuständig. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben ist es an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. Ihm stehen polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse gegenüber polizeilichen Dienststellen nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. SS 3 Zusammenarbeit (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen. (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses Gesetzes und soweit eigenes Landesrecht dies zuläßt, der Bund gemäß SS 5 Absatz 2 BVerfSchG nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in den anderen Ländern tätig werden, soweit es die Rechtsvorschriften dieses Gesetzes und der anderen Länder zulassen. SS 4 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 263 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 3 Absatz 1 BVerfSchG), 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen den Gedanken der -Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes) oder das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat insbesondere den Senat über Gefahren für die Schutzgüter des SS 1 zu informieren und die dafür zuständigen staatlichen Stellen in die Lage zu versetzen, Maßnahmen zu ihrer Abwehr zu ergreifen. Darüber hinaus unterrichtet das Landesamt für Verfassungsschutz mindestens einmal jährlich die Öffentlichkeit über Gefahren für die Schutzgüter des SS 1. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt gemäß SS 3 Absatz 2 Satz 1 BVerfSchG mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich dienstlich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen und Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. An einer Überprüfung nach Absatz 2 Satz 1 Nummern 1 und 2 darf das Landesamt für Verfassungsschutz nur mitwirken, wenn die zu überprüfende Person zugestimmt hat. Gleiches gilt für Personen, die in die Überprüfung einbezogen werden. SS 5 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind: 264 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche, politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt (SS 4 Absatz 1 Sätze 1 und 2 BVerfSchG). Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verhaltensweisen gemäß Satz 1 von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln, wenn sie gegen Schutzgüter dieses Gesetzes mit Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder diese sonst angreifen und bekämpfen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne diese Gesetzes zählen gemäß SS 4 Absatz 2 BVerfSchG 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und ihre Ablösbarkeit, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 265 6. der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft und 7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS 6 Voraussetzung und Rahmen für die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz Das Landesamt für Verfassungsschutz darf nur Maßnahmen ergreifen, wenn und soweit sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind; dies gilt insbesondere für die Erhebung und weitere Verarbeitung personenbezogener Daten. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat es diejenige zu treffen, die den einzelnen insbesondere in seinen Grundrechten und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine behördliche Auskunft gewonnen werden kann. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann. 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen SS 7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen erheben und weiter verarbeiten. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf bei den hamburgischen Behörden und den der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, die diesen Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bereits vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz braucht die Ersuchen nicht zu begründen, soweit dies dem Schutz des Betroffenen dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. (3) Ist zum Zwecke der Datenerhebung die Übermittlung von personenbezogenen Daten unerläßlich, ist sie auf das unbedingt erforderliche Maß zu be266 schränken. Schutzwürdige Interessen des Betroffen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. SS 8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln (1.) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen verdeckt erheben. Der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln ist vorbehaltlich SS 6 Absatz 1 nur zulässig, wenn 1. er sich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 bestehen, 2. er sich gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie für den Betroffenen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, um auf diese Weise Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 zu gewinnen, 3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder 4. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die so gewonnenen Informationen nur für die in Satz 2 genannten Zwecke verwenden. Unterlagen, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen schriftlichen Unterlagen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen sie einem Verwertungsverbot. (2) Zulässige nachrichtendienstliche Mittel sind 1. verdeckt eingesetzte hauptamtliche Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, 267 2. verdeckt eingesetzte Personen, die nicht in einem arbeitsvertraglichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Landesamt für Verfassungsschutz stehen, wie Vertrauensleute, Informanten, Gewährspersonen, 3. planmäßig angelegte Beobachtungen (Observationen), 4. Bildaufzeichnungen, 5. verdeckte Ermittlungen und Befragungen, 6. verdecktes Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel, 7. verdecktes Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder sonstiger Signale unter Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen (Artikel 13 des Grundgesetzes), 8. Beobachten und Aufzeichnen des Funkverkehrs, soweit nicht der Postund Fernmeldeverkehr nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (Bundesgesetzblatt I Seite 949), zuletzt geändert am 27. Mai 1992 (Bundesgesetzblatt I Seiten 997, 998), betroffen ist, 9. Aufbau und Gebrauch von Legenden, 10. Beschaffen, Erstellen und Verwenden von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen, 11. Überwachen des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie 12. weitere vergleichbare Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, insbesondere das sonstige Eindringen in technische Kommunikationsbeziehungen durch Bild-, Tonund Datenaufzeichnungen, um die nach Absatz 1 erforderlichen Informationen zu gewinnen. Die nachrichtendienstlichen Mittel sind abschließend in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationserhebungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde. Dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten. 268 (3) Ein Eingriff, der in seiner Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, bedarf der Zustimmung des Präses, bei dessen Verhinderung des Staatsrates der zuständigen Behörde. (4) Im Falle des Absatzes 3 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Beendigung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Läßt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzung auch nach fünf Jahren noch nicht eingetreten ist. SS 9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten weiter verarbeiten, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 teilnimmt, und dies für die Beobachtung der Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist, 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist oder 4. es nach SS 4 Absatz 2 tätig wird. In Akten dürfen über Satz 1 Nummer 2 hinaus personenbezogene Daten auch verarbeitet werden, wenn dies zur Erforschung und Bewertung nicht gewalttätiger Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 erforderlich ist. (2) Zur Aufgabenerfüllung nach SS 4 Absatz 2 Nummer 1 dürfen in automatisierten Dateien nur personenbezogene Daten über die Personen gespeichert werden, die einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen wurden. Daten über Personen, die in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen wurden, dürfen ohne Einwilligung dieser Personen nicht in automatisierten Dateien gespeichert werden. 269 (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. Bei der Einzelfallbearbeitung, im übrigen jeweils spätestens vier Jahre beginnend ab der ersten Speicherung, prüft das Landesamt für Verfassungsschutz, ob die Speicherung der personenbezogenen Daten weiterhin erforderlich ist. (4) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 oder 4 dürfen länger als zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten Information nur mit Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde oder der von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz gespeichert bleiben. SS 10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des SS 9 Daten über Minderjährige in Sachakten und amtseigenen Dateien speichern und weiter verarbeiten. Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nicht in gemeinsamen Dateien (SS 6 BVerfSchG), Daten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres nicht in amtseigenen Dateien gespeichert werden. (2) Daten über Minderjährige in Dateien sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung zu überprüfen; spätestens nach fünf Jahren sind diese Daten zu löschen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 4 Absatz 1 angefallen sind. SS 11 Berichtigung, Sperrung und Löschung (1) Erweist sich eine Information nach ihrer Übermittlung als unrichtig oder unvollständig, hat die übermittelnde Stelle ihre Information unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen oder zu ergänzen, wenn durch die unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt sein können. Die Berichtigung erfolgt dadurch, daß die unrichtigen Angaben, soweit sie in Akten enthalten sind, entfernt werden und, soweit sie in Dateien gespeichert sind, gelöscht werden. Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Trennung von zu berichtigenden und richtigen Informationen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. (2) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle oder der Datensicherung gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke oder bei Verdacht des Datenmißbrauchs genutzt werden. 270 (3) Im übrigen gilt für die Berichtigung, Sperrung und Löschung SS 19 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vom 5. Juli 1990 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 133, 165, 226), zuletzt geändert am 10. März 1992 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 39). 3. Abschnitt Datenübermittlung SS 12 Übermittlung nicht personenbezogener Daten Das Landesamt für Verfassungsschutz kann die im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung erlangten Daten, die nicht personenbezogen sind, an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermitteln, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der Empfänger erforderlich sein können. SS 13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste (1) Gemäß SS 5 Absatz 1 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Länder alle personenbezogenen Daten, deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der Empfänger erforderlich ist. (2) Gemäß SS 21 Absatz 2 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten. SS 14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 zwingend erforderlich ist oder der Empfänger nach SS 4 Absatz 2 tätig wird. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf über Absatz 1 hinaus Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften und die Polizei übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, 271 daß jemand eine in den SSSS 74 a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz, SS 100 a Nummern 3 und 4 Strafprozeßordnung und SSSS 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat plant, begeht oder begangen hat sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. Personenbezogene Daten, die das Landesamt für Verfassungsschutz selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach SS 8 erhoben hat, dürfen nur dann an die Staatsanwaltschaft oder an die Polizei übermittelt werden, wenn die tatsächlichen und rechtlichen VOBUSsetzungen für deren Erhebung mit entsprechenden Befugnissen zur verdeckten Datenerhebung nach der Strafprozeßordnung oder nach den SSSS 9 bis 12 und SS 23 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) vorgelegen hätten. SS 15 Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 (Bundesgesetzblatt II 1961 Seiten 1183, 1218) übermitteln. Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz an ausländische öffentliche Stellen sowie an überoder zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Entscheidung für eine Übermittlung treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen oder wenn dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, 272 daß er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. SS 17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermitteln, es sei denn, daß die Übermittlung zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Präses oder bei seiner Verhinderung der Staatsrat der zuständigen Behörde seine Zustimmung erteilt hat. Dies gilt nicht bei Erhebungen nach SS 7 Absatz 3. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über die Übermittlung nach Absatz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck und die Veranlassung der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (3) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. SS 18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit einschließlich der Medien über Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn sie zu einer sachgerechten Information zwingend erforderlich ist. Stehen schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegen, kommt eine Übermittlung der personenbezogenen Daten des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn die Interessen der Allgemeinheit deutlich überwiegen. SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Die hamburgischen Behörden und die der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind befugt, die Daten zu übermitteln, um die das Landesamt für Verfassungs273 schütz nach SS 7 Absatz 2 ersucht hat, soweit sie diesen Stellen bereits vorliegen. (2) Die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln dem Landesamt für Verfassungsschutz alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vorliegenden Informationen über gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gemäß SS 4 Satz 1 Nummern 1, 3 und 4 und über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nach SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummern 2 und 3. (3) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekanntgewordene Informationen über Bestrebungen nach SS 4 Absatz 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100 a Strafprozeßordnung (StPO) bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die auf Grund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmen oder verdeckter Datenerhebungen nach SS 2 Absatz 3 Satz 3 oder nach den SS SS 9 bis 12 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für gewalttätige Bestrebungen oder sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten bestehen; die Übermittlung ist auch zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine in SSSS 74a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz und SSSS 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat bestehen oder eine sonstige Straftat, bei der aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet ist. Auf die nach Satz 2 übermittelten Informationen und die dazu gehörenden Unterlagen ist Artikel 1 SS 7 Absätze 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechend anzuwenden. Die nach Satz 2 übermittelten Informationen dürfen nur zur Erforschung gewalttätiger Bestrebungen oder sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten genutzt werden. (4) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem 274 Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen die personenbezogenen Daten einem Verwertungsverbot und sind entsprechend zu kennzeichnen. (5) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen. Vorschriften in anderen Gesetzen über die Informationsübermittlung an das Landesamt für Verfassungsschutz und über ihre Dokumentation bleiben unberührt. SS 20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in von öffentlichen Stellen geführte Register und Datensammlungen einsehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen über 1. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1), oder 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) oder 3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3), oder 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind (SS 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4). (2) Eine Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, 2. die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würden und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis ihr nicht entgegensteht. 275 (3) Die Anordnung für die Maßnahme treffen der Präses der zuständigen Behörde oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Unterlagen dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Daten sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Tatsache der Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommenen Stellen sowie die Namen der Betroffenen hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. SS 21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen (1) Die Übermittlung von Informationen nach diesem Abschnitt unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, daß die Informationen zu vernichten sind oder einem Verwertungsverbot unterliegen oder für den Empfänger nicht mehr bedeutsam sind, 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. (2) Besondere Rechtsvorschriften, die Informationsübermittlungen zulassen, einschränken oder verbieten sowie die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleiben unberührt. SS 22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger (1) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Minderjährige eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten 276 plant, begeht oder begangen hat, im übrigen, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 10 erfüllt sind. (2) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 4. Abschnitt Auskunftserteilung SS 23 Auskunftserteilung Für die Auskunftserteilung gilt SS 18 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. 5. Abschnitt Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes SS 24 Parlamentarischer Kontrollausschuß Zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes bildet die Bürgerschaft einen Kontrollausschuß. Dieser tagt in nichtöffentlicher Sitzung. SS 25 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses (1) Der Ausschuß besteht aus sieben Mitgliedern der Bürgerschaft. (2) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Bürgerschaft in geheimer Abstimmung gewählt. (3) Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in dem Ausschuß bekanntgeworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ausschuß oder aus der Bürgerschaft. (4) Der Ausschuß wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. 277 (5) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben im Gewahrsam des Landesamtes für Verfassungsschutz und können nur dort von den Ausschußmitgliedern eingesehen werden. (6) Scheidet ein Mitglied des Ausschusses aus der Bürgerschaft oder seiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft im Ausschuß; für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausschuß ausscheidet. (7) Der Parlamentarische Kontrollausschuß erstattet der Bürgerschaft jährlich einen Bericht über seine Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des Absatzes 3 zu beachten. SS 26 Aufgaben des Ausschusses (1) Der Ausschuß übt die parlamentarische Kontrolle auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes aus. Die Rechte der Bürgerschaft und des Bürgerausschusses bleiben unberührt. (2) Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben kann der Ausschuß vom Senat die erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten und Dateieinsichten, Stellungnahmen und den Zutritt zu den Räumen des Landesamtes für Verfassungsschutz und die Entsendung bestimmter Angehöriger des öffentlichen Dienstes als Auskunftspersonen verlangen. Der Senat bescheidet ein solches Kontrollbegehren abschlägig oder schränkt die Aussagegenehmigung ein, wenn gesetzliche Vorschriften oder das Staatswohl entgegenstehen. In diesem Fall legt der Senat dem Ausschuß seine Gründe dar. (3) Der Senat unterrichtet den Ausschuß in Abständen von höchstens drei Monaten oder auf Antrag eines Mitglieds über die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Der Senat hat dem Ausschuß 1. Gefahren für die Schutzgüter des SS 1, 2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach SS 8 Absatz 2 Satz 2 sowie ihre Änderungen, 3. die Maßnahmen nach SS 8 Absatz 3, 4. die Weiterspeicherung nach SS 9 Absatz 4, 278 5. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einer Datei, für die eine Dateibeschreibung nach SS 9 Absatz 1 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vorgeschrieben ist, und ihre wesentlichen inhaltlichen Änderungen, 6. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach SS 15, 7. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach SS 16, 8. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nach SS 17 mitzuteilen und jährlich über die Prüfungen nach SS 9 Absatz 3 Satz 2 zu berichten. SS 27 Eingaben Eingaben einzelner Bürger oder einzelner Angehöriger des Verfassungsschutzes über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Ausschuß zur Kenntnis zu geben. Der Ausschuß hat auf Antrag eines Mitglieds Petenten und Auskunftspersonen zu hören. SS 26 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. Die Rechte des Eingabenausschusses bleiben unberührt. 6. Abschnitt Schlußvorschriften SS 28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz In SS 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 17. Januar 1969 mit der Änderung vom 0 2 . Februar 1981 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1969 Seite 5, 1981 Seite 24), wird folgender Absatz 5 angefügt: "(5) Die Kommission ist ausschließlich für die Überprüfung der von der zuständigen Behörde angeordneten Beschränkungsmaßnahmen zuständig. Sie kann zu ihrer Unterstützung den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ersuchen, die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in ihrem Zuständigkeitsbereich zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber zu berichten." 279 SS 29 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über den Verfassungsschutz in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Februar 1978 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 51) außer Kraft. Der Senat 280 Abkürzungsverzeichnis A AA/BO Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation AA/NO Arbeitslose Akademiker / Nachwuchsorganisation - Studentischer Verein für politische und kulturelle Bildung von Studentinnen und Studenten zur Vorbereitung auf ihren zukünftigen Lebensweg in Hamburg AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD ABLE Association for Better Living and Education ACM Europäische Frontzentrale (Hintergrund: ERNK/PKK) ADHF Föderation der demokratischen Völker in Deutschland ADHK Konföderaton für demokratische Völker in Europa AFID Föderativer Islamstaat Anatolien (Hintergrund: ICCB) AGH Antifaschistische Gruppe Hamburg AGIF Föderation der Arbeitsimmigrant/innen aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. AIS Islamische Heilsarmee (Algerien) AIW Antiimperialistischer Widerstand AIZ Antiimperialistische Zelle AJ/BZ Antifaschistische Jugend / Bundesweiter Zusammenschluß AJF Antifa-Jugendfront AKON Aktion Oder-Neiße e.V. AMA Autonome Männer Antifa AMGT Vereinigung der Neuen Weltsicht in Europa e.V. AMS Assoziation Marxistischer Studentinnen ANS/NA Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Alternative APO Außerparlamentarische Opposition APO Spitzname Abdullah ÖCLANs (übersetzt: "Onkel") ARF Aktion Deutsches Radio und Fernsehen ARGK Artesa Rizgariya Gele Kurdistan = Volksbefreiungsarmee Kurdistans ATIF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa B B5 Brigittenstraße 5 BAT Bundesweites Antifa-Treffen BBZ Berlin-Brandenburger Zeitung BdA Bund der Antifaschisten BFB Bund Freier Bürger BSA Bund Sozialistischer Arbeiter BWK Bund Westdeutscher Kommunisten c CC Celebrity Center CCHR Citizens Commission on Human Rights CLO Continental Liaison Office DABK Ostanatolisches Gebietskomitee DBG Revolutionäre Vereinte Kräfte (Bündnis türkischer u. kurdischer Linksextremisten) DBGP Hamburger Komitee der Plattform der Vereinigten Revolutionären Kräfte DE Demokratische Erneuerung DESG Deutsch-Europäische Studiengesellschaft DFLP Demokratische Front für die Befreiung Palästinas DHG Revolutionäre Volkskräfte (gelegentliche Zusatzbezeichnung des Devrimci Sol-KARATAS-Flügels DHKP-C) DGH Demokratische Jugendbewegung [TKP(ML)] DHKP-C Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi = Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-Front DHP Revolutionäre Volkspartei der Türkei DKP Deutsche Kommunistische Partei DLVH Deutsche Liga für Volk und Heimat DNSB Dänische Nationalsozialistische Bewegung DNZ Deutsche National-Zeitung DRB Deutsches Rechtsbüro DSU Deutsche Soziale Union DSVK Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur DVU Deutsche Volksunion DWZ Deutsche Wochenzeitung EA Ermittlungsausschuß EMUG Europäische Moscheenbauund Unterstützungsgemeinschaft e.V. ER Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten ERNK Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan = Nationale Befreiungsfront Kurdistans ETA Euskadi Ta Askatasuna = Baskenland und Freiheit EYSB Internationaler Schriftstellerund Künstlerbund [TKP(ML)] F FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei FAPSI Federalnoye Agentstvo Pravitelstvennoy Suyazi I (Bundesagentur für das Nachrichtenund Informationssystem der Regierung (russischer Dienst, vor allem technische Abwehrund Aufklärungsaufgaben) FAU Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union FAU/AP Freie Arbeiter-Union / Anarchistische Partei FAU/IAA Freie Arbeiter Union / Internationale Arbeiter Assoziation FCB Flag Command Bureaux F.e.l.S. Für eine linke Strömung FHI Flüchtlingshilfe Iran FIS Islamische Heilsfront (Algerien) FN Front national FÖGA Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen FRG Freedom for Religions in Germany FSB Federalnaya Sluzhba Bezopasnosti (Föderaler Sicherheitsdienst, russischer Abwehrund Sicherheitsdienst GfbAEV Gesellschaft f. biologische Anthropologie, Eugenik u. Verhaltensforschung e.V. GIA Bewaffnete Islamische Gruppe (Algerien) GNLL Gewerkschaft Naturkost-Landwirtschaft-Lebensmittelindustrie GRU Glavnde Razvedyvatelnoe Upravleniye Generalnogo Shtaba (Hauptverwaltung Aufklärung des Generalstabes, russischer Nachrichtendienst/militärische Auslandsaufklärung) H WEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE HAMAS Harakat Al-Muqawama Al-Islamiya = Islamische Widerstandsbewegung HLA Hamburger Liste für Ausländerstopp HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. I IAS International Association of Scientologists ICL International Communist League ICCB Islami Cemaat ve Cemiyetler Birligi = Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Köln (auch: "Der Kalifatstaat") l.f.A. Initiative für Ausländerbegrenzung IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V 283 IH Islamische Bewegung IHD Türkischer Menschenrechtsverein IKVI Internationales Komitee der Vierten Internationale IMSV Iranische Moslemische Studentenvereinig. Bundesrep. Deutschland INCOMM Zentrale Computerbank (SO) IS International Socialists ISKU Informationsstelle Kurdistan e.V. IVVdN Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener IZH Islamisches Zentrum Hamburg JN Junge Nationaldemokraten JUKO Junge Kommunisten K SH WSSmSEBEEEIEEEEEKEEEEEEr ' KBW Kommunistischer Bund Westdeutschlands KB Kommunistischer Bund KDP Demokratische Partei Kurdistans Irak (auch DPK genannt) K&D Gruppe Kritik und Diskussion KfsV Komitee für soziale Verteidigung KGB Komitee für Staatssicherheit (ehem. sowjet. Nachrichtendienst) KGÖ Kommunistische Jugendorganisation (der türkischen MLKP) KIZ Kurdistan-Informations-Zentrum KON-KURD Konföderation kurdischer Vereine in Europa KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPD/ML Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion KPF Kommunistische Plattform KVPM Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. LIZ Libertäres Zentrum LR Linksruck M MB Muslimbruderschaft (arabisch: "al-lkhwan al-Muslimun") MED-TV kurdischer Fernsehsender MG Marxistische Gruppe MKO Munafiqeen Khalq Organization (iran., sinngemäß "Heuchler") 284 MLKP Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MRTA Movimiento Revolucionario Tupac Amaru N NADIS Nachrichtendienstliches Informationssystem NAPO Nationale Außerparlamentarische Opposition NIT Nationales Infotelefon NL Nationale Liste NLA National Liberation Army (Volksmodjahedin Iran) NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NR Nordischer Ring e.V. NSDAP/AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei / Auslandsu. Aufbauorganisation NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran OCA Oxford Capacity Analysis OSA Office of Special Affairs OT Operierender Thetan PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PFLP Popular Front for the Liberation of Palestine = Volksfront für die Befreiung Palästinas PU Palästinensischer Islamischer Jihad PKK Partiya Karkeren Kurdistan = Arbeiterpartei Kurdistans PLO Palestine Liberation Organisation = Palästinensische Befreiungsorgan. POW Solidaritätsgruppe (rechtsextremistisch) 'Prisoners of War' PSG Partei für Soziale Gleichheit PWI Prison Watch International e.V RAF Rote Armee Fraktion RBF Republikanischer Bund der Frauen REP Die Republikaner RepBB Republikanischer Bund der öffentlichen Bediensteten RES Revolutionäre Sozialistinnen RH Rote Hilfe e.V. RHV Republikanischer Hochschulverband RJ Republikanische Jugend 285 RP Refah Partisi = Wohlfahrtspartei RPF Rehabilitation Project Force RSB Revolutionär-Sozialistischer Bund RTC Religious Technology Center RZ Revolutionäre Zellen bzw. Rote Zora SAG Sozialistische Arbeitergruppe SAV Sozialistischen Alternative Voran SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SDS Sozialistischer Deutscher Studentenbund S.H.A.R.P. Skinheads Against Racial Prejudice SI Sozialistischen Initiative SO Scientology-Organisation SP Suppressive Person SpAD Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands SRP Sozialistische Reichspartei SWR Sluzhba Vneshney Razvedki (Russisch, ziviler Auslandsnachrichtendienst) TDP Türkische Revolutionäre Partei THKP/-C Türkiye Halk Kurtulus Partisi-Cephesi = Türkische Volksbefreiungspartei/-Front; Zusatzbezeichnung: Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee TKIH Türkische Kommunistische Arbeiterbewegung TKP-K Türkische Kommunistische Partei - Kivilcim ("Der Funke") TKP/M-L (ehemalige) Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten TKP(ML) DABK-Flügel der ehemaligen TKP/M-L TKP/ML Partizan-Flügel der ehemaligen TKP/M-L TKP/ML-H Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (Bewegung) TMLGB Türkischer Marxistisch-Leninistischer Jugendbund u UÖD Unabhängige Ökologen Deutschlands UZ Unsere Zeit VB Vlaams Blok VEIF Verein zur Eingliederung iranischer Flüchtlinge VIDA Verein Iranischer Demokratischer Akademiker VOGA Volksbewegung für Generalamnestie 286 VSP Vereinigung für Sozialistische Politik VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten w WDC Watchdog-Comittee WISE World Institute of Scientology Enterprises Y YAJK Union der freien Frauen aus Kurdistan bzw. Freier Frauenverband Kurdistans YCK Yekitiya Ciwanen Kurdistan = Union der Jugendlichen aus Kurdistan YDG Neue Demokratische Jugend [TKP/ML] YDK Neue Demokratische Frau [TKP(ML)] YEK-KOM Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V. YHK Union der Juristen Kurdistans YXK Yekitiya Xwendevanen Kurdistane = Union der Studentinnen aus Kurdistan ZORG Zentralorgan Stichwortverzeichnis ADAMS, Gerry * 194 ADHF-214 1 ADHK'213 17deg - Zeitung für den Rest * 164 AFID * 220 AG BWK in und bei der PDS * 172 AGH" 141; 146; 148; 180 A AGIF"215 Aihneh-e Iran * 228 AA/BO "145; 146; 147 AIS * 232 AA/NO "175 AIW * 112; 114; 127; 129; 130; 134; 147; AB * 175 162; 163; 167; 168; 169; 171; 177; 192; ABLE * 238; 239 193; 197 ACM * 190; 197; 203 287 AIZ "122; 126; 127; 131 Arbeitskreis Frieden für Kurdistan * 197 AJF * 146; 147; 168 Arbeitslose Akademiker / NachwuchsorAKON * 83 ganisation - Studentischer Verein für Aktion deutsches Radio und Fernsehen * politische und kulturelle Bildung von Siehe ARF Studentinnen und Studenten zur VorbeAktion Oder-Neiße * Siehe AKON reitung auf ihren zukünftigen LebensAktionsfront Nationaler Sozialisten /Naweg in Hamburg (AA/NO) * 175 tionale Aktivisten * 68 Archiv der Sozialen Bewegung * 155 aktionskreis 'steife brise' * 120; 156; 159 ARF * 83 Al-Jihad Al-lslami * 232 ARGK" 182; 190; 191; 197; 198; 199; Alles Marx "169 201; 214; 217 Alternatif "216; 217 Arranca" 139; 180 AMA * 147 Artgemeinschaft - Germanische GlaubensAmazora * 128 gemeinschaft wesensmäßiger LebensgeAMGT-217 staltung e.V. * 105 AMS * 169 AsgardBBS * 106 Anarchisten" 112; 120; 131; 134; 135; Association for Better Living and Educati155; 164 on * Siehe ABLE Anarchistische Gruppe * 137; 138 Assoziation Marxistischer Studentinnen * Anarchistisches Zentrum "137 Siehe AMS Angehörigen-Info * 124; 180 ATIF * 211 ANSARI * 226 ATIK'116;212;213 Anti-Antifa * 62 Auditing * 237; 239; 240; 247 Antifa Jugend Cafe * 146 Ausstellung Vernichtungskrieg - VerbreAntifa Jugendfront * Siehe AJF chen der Wehrmacht * Siehe WehrAntifa-Fula * 147 machtsausstellung Antifaschistische Aktion Berlin * 180 Autonome * 20; 46; 65; 66; 111; 112; 114; Antifaschistische Aktion/Bundesweite Or120; 126; 131; 134; 141; 152; 153; 156; ganisation * Siehe AA/BO 157; 167; 171; 215 Antifaschistische Gruppe Hamburg * Siehe Autonome Antifa (M) * 180 AGH autonome antifaschistische gruppe aus hh * Antifa-Vernetzungstreffen * 147 149 Antiimpenalismus * 96; 97; 126; 134; 162; Autonome Männer Antifa * Siehe AMA 197; 198 Antiimperialistische Zelle * Siehe AIZ Antiimperialistischer Widerstand * Siehe B AIW 5 5 * 1 3 4 ; 135; 146; 179 Antikriegstag * 194 BAADER, Andreas * 125 Antinationalismus * 164; 172 BADER, Jürgen * 174 Antisemitismus * 17; 39; 41; 42; 43; 44; 102 BAT * 145; 146 APFEL, Holger * 90 BBZ * 63 APO (Außerparlamentarische Opposition) * BdA * 170 25 BEIER, Klaus * 22 APO (Spitzname ÖCALANs) "198; 202 BEN LADIN, Osama * 183 Applied Scholastics * 239 Berlin-Brandenburger-Zeitung * Siehe ARAFAT, Yassir * 193; 226; 229 BBZ Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD * Siehe AB Arbeiterpartei Kurdistans * Siehe PKK 288 Bewaffnete Islamische Gruppe * Siehe Criminon * 239 GIA Criticon * 99 Bewegung 2. Juni * 122; 126 BfB "79 Bildungssyndikat Hamburg * 137 D BIRDAL, Akin * 193 DABK'ltt Blohm + Voss GmbH "168; 259 DAß/f-Flügel * Siehe TKP(ML) Blood & Honour * 48; 49; 51; 52 Dänische Nationalsozialistische Bewegung BLOT, Yvan * 87; 88 * Siehe DNSB Blow up * 146 DBG * 198; 199; 205; 208; 210; 211; 214; BLÜMEL * 246 216; 217 BOOCK, Peter-Jürgen * 126 DBGP' 199 Brigittenstraße 5 * Sielte B 5 DELLWO, Karl-Heinz * 125 BRL * 73 DEMIREL, Mesut * 209 BSA * 178 Demokratische Jugendbewegung * Siehe Bund der Antifaschisten * Siehe BdA DGH Bund Deutscher Kommunisten * 65 Der Kalifatstaat (Eigenbezeichnung des Bund freier Bürger * Siehe BfB ICCB) * Siehe ICCB Bund Sozialistischer Arbeiter * Siehe BSA DESG * 99; 100 Bundesweites Antifatreffen * Siehe BAT DESG-Inform * 99; 100 Bündnis Keinen Fußbreit den Faschisten * Deutsch Europäische Studiengesellschaft * 147 Siehe DESG Bündnis Rechts für Lübeck * Siehe BRL Deutsche Kommunistische Partei * Siehe Burschenschaft "Danubia" * 26 DKP BUSSE, Friedhelm "61; 82 Deutsche Liga für Volk und Heimat * Siehe BWK'172 DLVH Deutsche Nationalzeitung * Siehe DNZ c Deutsche Stimme * 21; 25; 93 Deutsche Volksunion * Siehe DVU Cafe Exil142; 172 Deutsche Wochenzeitung * Siehe DWZ CC * 239; 240; 248 Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur CCHR * 239 * Siehe DSVK Celebrity Center International * 239 Deutsches Kolleg * 100; 101 Celebrity Centers * Siehe CC Deutsches Rechtsbüro * Siehe DRB Charter Komitee * 242 Deutsch-Europäische Studien GmbH Church of Scientology International * 244 (Verlag)' 100 Citizens Commission on Human Rights * Devrimci Sol * 182; 193; 204; 206; 209 Siehe CCHR DFLP*229 Clear' 240 DGH * 213 Clear Planet * 237 DHG * 193 CLO * 239 DHKP-C * 5; 167; 188; 192; 193; 205; Club 88 (Neumünster) * 53 206; 209 Club Libertär ' 138 DHP * 198; 205; 216 College für Angewandte Philosophie e.V. * Die Nationalen e. V. * 63 246 Die Republikaner * Siehe REP Comlink * 179 Die Rote Hilfe * 133 Continental Liaison Office * Siehe CLO DIESNER, K a y 21; 54; 64; 72 Courage * 174 289 DKP-113; 115; 116; 165; 166; 167; 168; 169; 170; 171; 172; 175; 213 F DLVH * 28; 105; 107 F.e.LS. * 180 DNSB * 47; 59; 70 FALK, Bernhard * 127 DNZ * 84; 85 FALLAHIAN, Ali * 224 DRB * 105 Fantifa "147 DSU O l ; 79; 86 Fantifa Olga Benario "147 DSVK * 83 FAP"61;82;102;103 DSZ-Druckschriftenund Zeitungsverlag FAPSI"251;252 GmbH'%5 FAU * 135; 136; 137; 138 DUNLAYICI, Faysal * 199 FAU/AP" 135 DUTSCHKE, Rudi * 25 FAU/IAA * 137 DVU * 19; 21; 28; 29; 30; 31; 32; 33; 34; Fazilet Partisi (Tugend-Partei) * 205; 218 35; 37; 76; 77; 79; 80; 83; 84; 85; 86; FCB * 239 87; 88; 89; 90; 107; 118; 147; 177 FEYKA-Kurdistan "191 DWZ * 84; 85 FHI * 228 FIEBIG, Henry * 55 FIEDLER, Hans * 75 E HS * 232; 233 EGGERS, Sven * 89 FLAG * 238 Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Flag Command Bureaux * Siehe FCB Schutz der Frontsoldaten * Siehe ER Flüchtlingshilfe Iran * Siehe FHI Einblick * 62 FN "81; 87; 88 Eine autonome Gruppe "152 Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Eine Bewegung in Waffen "55 Deutschland * Siehe ATIF EinSatz (Publikation) * 123 Föderation der Arbeitsimmigrant/innen E-Meter * 246 aus derTürkei in der Bundesrepublik EMUG * 217 Deutschland e. V. * Siehe AGIF En Nahda * 232 Föderation für demokratische Rechte in ENSSLIN, Gudrun * 125 Deutschland * Siehe ADHF Entrismus "177 Föderation gewaltfreier Aktionsgruppen * ER "83 Siehe FÖGA ERBAKAN, Mehmet "218 Föderation kurdischer Vereine in ERBAKAN, Necmettin * 205; 218 Deutschland e.V. * Siehe YEK-KOM Ermittlungsausschuß (EA) * 20; 65 FÖGA * 138 ERNK * 190; 193; 194; 197; 198; 201 Frauen für Demokratie im Iran * 228 Ernst-Thälmann-Haus * 168 Freedom for Religions in Germany * Siehe ETA * 122 FRG Ethik (SO) * 237; 238; 242; 243 Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union * euer kommando angela merkel * 160 Siehe FAU Siehe Euromärsche * 174; 176 Freie Arbeiter-Union/Anarchistische Partei Europäische Frontzentrale * Siehe ACM * Siehe FAU/AP Europäische Moscheebauund UnterstütFreie Bildungsgewerkschaft in der zungsgemeinschaft e. V. * Siehe EMUG FAU/IAA "137 Europäische Synergien * 99; 100 Freie Nationalisten * 22; 52; 58; 59; 60; EYLEM' 216 65; 66; 67; 69; 70; 71; 72; 74; 75; 92; EYSB * 214 95 Freie Nationalisten Norddeutschland * 58 290 Freie Vereinigung Pflege * 137 GUL, Serefettin * 209 Freiheit (SO-Publikation) * 244 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei * Siehe FAP H Freunde des kurdischen Volkes * 197 HADEP (Volksdemokratie-Partei) * 192 Freundeskreis Ein Herz für Deutschland HAMAS * 224; 229; 230; 232 (FHD) * 76 Hamburg News * 237 FREY, Dr. Gerhard * 36; 37; 76; 77; 80; Hamburger Bündnis gegen Rassismus und 83; 84; 85; 87; 88; 89 Faschismus * 147; 172; 174; 177 FRG * 245 Hamburger Forum für Frieden und weltFront national * Siehe FN weite Abrüstung "171 FSB * 250; 252 Hamburger Komitee der Plattform der FUCHS, Erich * 76 Vereinigten Revolutionären Kräfte * FZ-Freiheitlicher Buchund ZeitschriftenSiehe DBGP verlag GmbH * 84 Hamburger Kreis * 100 Hamburger Sturm * 52; 66; 69; 74 G Hammer Skins * 48; 51 HANSEN, Wiebke * 247 Gamaat Islamiya * 232 HARDER, Ulrich * 90; 98 GÄRTNER, Johann * 78 Hatewatch Germany 1997 * 243 Gegenstandpunkt * 175 HAULE, Eva * 126 Geheimschutz * 257 Heideheim e.V. (Buchholz) * 104 im Behördenbereich * 258 Heide-Heim e.V. (Hamburg) "104 in der Wirtschaft * 259 HEISE, Thorsten * 57; 61 Gentechnik "112; 138 HEIßLER, Rolf" 125; 126 Gesellschaft für biologische AnthropoloHEß, Rudolf * 47; 59; 70; 74; 75 gie, Eugenik und Verhaltensforschung Hetendorf" 104; 105 e.V. 'Siehe GfBAEV Hilfsorganisation für Nationale Politische Gewaltfreies Aktionsbündnis * 138 Gefangene und deren Angehörige e.V. Gewerkschaft Naturkost-Landwirtschaft(HNG) * Siehe HNG Lebensmittelindustrie * Siehe GNLL HIZB ALLAH * 225; 230; 231 GfbAEV * 105 HLA * 28 GIA * 232; 233 HNG * 20; 63; 65 Glasmoor * 140 HÖBER, Wolfgang * 76 Gleichheit * 178 Hochschul-Antifa * 146 GNNL" 137 HOFMANN, Sieglinde * 126 GOERTZ, Andre * 19; 23; 63; 103; 109 HOGEFELD, Birgit * 124; 126 Graswurzelbewegung * 138 HUBBARD, L. Ron * 234; 236; 238; 239; Graswurzelkalender' 138 240; 241; 243; 245 Graswurzelrevolution * 138 GRU * 250; 252; 253 Gruppe "Landser" * 50 I Gruppe Blauer Montag * 139 I.f.A. * 83 gruppe demontage * 164 IAS * 245; 248 Gruppe Kritik und Diskussion (K&D) * ICCB * 206; 220; 221 175 ICL * 177 Gruppe Teilentglasung * 159 IGMG * 5; 205; 217; 220 Guardian Office * 243 IH*206;221 291 IHD * 193 IZH * 223; 225; 256 IKVI * 178 Izzedin-al-Kassem-Brigaden * 229; 230 IMSV * 228 Informationsstelle Kurdistan e. V. * Siehe ISKU J Informationszentrum für freie Völker Jamaat al-lslamiya * 232 (Köln) * 209 JENTZSCH, Heber * 244 Initiative Arbeitsuchende Lüneburg * 65 JN * 21; 22; 47; 51; 52; 56; 59; 68; 70; 72; Initiative für Ausländerbegrenzung * Siehe 82;90;95;98;118;148 I.fA. JUHNKE, Eva * 128; 193 Innenstadt-Aktionswoche * 140 JUKO"168;169;170 Interessenverband ehemaliger Teilnehmer Junge Freiheit * 99; 100 am antifaschistischen WiderstandsJunge Kommunisten * Siehe JUKO kampf, Verfolgter des Naziregimes und Junge Nationaldemokraten * Siehe JN Hinterbliebener e. V. * Siehe IVVdN Junges Forum * 99; 100 Interim * 123; 130; 139; 157; 162; 180 International Association of Scientologists * Siehe IAS K International Communist League * 177 International Socialists (IS) * 176 Kameradschaft Karlsuhe * 20 Internationale Kommunistische Liga "177 Kanonische Erklärung zur Bewegung von Internationaler Schriftstellerund Künst1968* 25 lerbund * Siehe EYSB KAPLAN, Cemaleddin * 220 Internationales Bürgerhaus Frankfurt KAPLAN, Metin * 206; 220; 221 (verbotener Verein, PKK) * 201 KARAT AS, Dursun * 206 Internationales Komitee der Vierten InterKARATAS-Flügel = DHKP-C, siehe dort * nationale * Siehe IKVI 193 Internationalismus * 23; 24; 93; 97; 127; Karawane für die Rechte von Flüchtlinge 130; 131; 162; 174 und Migrantinnen * 141 Iranisch Moslemische StudentenKÄS, Christian * 61; 76; 77; 80; 81; 82 Vereinigung Bundesrepublik DeutschKAYPAKKAYA * 212; 214 land e.V. * Siehe IMSV KB * 172 ISKU-217 KBA * 125 KBW * 172 Islamische Avantgarden * 232 KDP * 128 Islamische Bewegung * Siehe IH KEBIR, Rabah * 232 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. Kein Mensch ist illegal * 140; 141; 142; * Siehe IGMG Islamische Heilsarmee * Siehe AIS 152 Islamische Heilsfront * Siehe FIS KfsV * 177 Islamischer Heiliger Krieg * 232 KGB "251; 252; 253; 255 Islamisches Zentrum Hamburg * Siehe IZH KGÖ * 215 Islamisches Zentrum in Münster - F ATIME KHAMENEI * 223; 224 Versammlung e. V. * 225 KHATAMI, Mohammed * 223; 224 Islamisches Zentrum Salman Farsi MoKHOMEINI * 222; 223; 224; 226; 227 schee e. V. * 225 KIZ * 129 IV. Internationale * 176 KLAR, Christian * 126 IV. Internationale/Vereinigtes Sekretariat * KOBALADSE * 253 Komitee für soziale Verteidigung "177 174 IVVdN" 170 292 Komitee gegen den imperialistischen Krieg Libertäres Zentrum * Siehe LIZ *130 Linksruck * 114; 177 Komitee zur Unterstützung der SamstagsLinksruck-Netzwerk "177 mütter in Hamburg * 193 Siehe auch LIZ" 135; 136; 155 Stichwort 'Samstagsmütter' LIZER, Mark * 247 Kommission fir Verstöße der Psychiatrie Lokalberichte Hamburg "174 gegen Menschenrechte e. V. * Siehe KVPM Kommunistische Partei Deutschlands * M Siehe KPD Magda-Thürey-Zentrum * 168; 169; 213 Kommunistische Plattform der PDS * SieMAHLER, Horst * 25; 26; 101 he KPF MALCOCI, Christian * 57 Konföderation der Arbeiter aus der Türkei MANDELA, Nelson * 193 in Europa * Siehe ATIK Marxistische Gruppe * Siehe MG Konföderation für demokratische Rechte in Marxistisch-Leninistische KommunistiEuropa * Siehe ADHK sche Partei * Siehe MLKP Konföderation Kurdischer Vereine in EuroMarxistisch-Leninistische Partei Deutschpa * Siehe KON-KURD lands * Siehe MLPD KÖNIG, Lothar * 76 MB * 229; 231 KON-KURD "190; 198 MED-TV "195 Konservative Revolution * 99 MG "115; 175 KORABELNIKOW, Walentin * 250 MISCAVIGE, David * 238 KPD "133; 170; 172; 244 MKO * 227 KPD/ML" 172; 174 MLKP * 192; 194; 198; 205; 209; 214; 216 KPdSU*172 MLPD "116; 173; 174; 213 KPF" 112 MOHNHAUPT, Brigitte * 126 KÜHNEN, Michael * 63 MÖLLER, Irmgard "125 Kurdisch-Deutscher Solidaritätsverein Movimiento Revolucionario Tupac Amaru * (Bremen) * 201 Siehe MRTA Kurdischer Roter Halbmond "194 MRTA * 163; 167; 168; 192 Kurdisches Exilparlament * 194; 197 Mücadele* 213 Kurdistan Informationszentrum * Siehe Mumia Abu Jamal Solibündnis Hamburg * KIZ 180 Kurdistan Solidarität Hamburg * 129; 193 Muslimbruderschaft * Siehe MB Kurdistan Volkshaus e.V. * 191; 194 Mykonos * 224; 225 Kurtulus * 208 KVPM * 239 KWASCHIN, Anatolij * 253 N Kyffliäuser BBS * 106 Nachrichten der HNG * 20; 63; 64 Nadir" 135; 179; 180 L Nadir Info System * 179 Nadir-Cafe * 179 LAUCK, Gary Rex * 64 NADIS * 16 LE PEN, Jean Marie * 87; 88 NAPO * 94 Libertäre Gruppe * 137 Narconon * 239 Libertäre Jugend * 137 NASRALLAH, Hassan * 225; 231 Libertäres Kulturund Aktionszentrum * Nation & Europa * 76; 88; 99 137 National Liberation Army * Siehe NL A 293 Nationaldemokratische Partei Deutschlands * Siehe NPD ö Nationale Außerparlamentarische OppoÖCALAN, Abdullah * 5; 190; 191; 193; sition * Siehe NAPO 195; 196; 198; 200; 202; 203; 204; 213; Nationale Befreiungsfront Kurdistans * 215 Siehe auch APO Siehe ERNK Nationale Liste * Siehe NL Nationaler Widerstandsrat Iran * Siehe o NWRI Office of Special Affairs * Siehe OSA Nationales Infotelefon * Siehe NIT Oi-Musik * 49 Nationales und soziales Aktionsbündnis Omide Iran * 228 Norddeutschland * 23; 66 OSA * 238; 239; 243; 245 Nationalsozialistische Deutsche ArbeiterOxford Capacity Analysis * Siehe OCA partei Auslands-/ Aufbauorganisation * Siehe NSDAP/AO NEUBAUER, Harald * 76 ö Neue Demokratische Frau * Siehe YDK Neue Demokratische Jugend * Siehe YDG ÖzgürPolitika' 199; 201 Neue Rechte * 99; 100; IOI Newroz * 197 Nie wieder Deutschland * 164 P NIT "19; 62; 103; 109 PALA, Hasan * 220 NIT-Radio - Stimme der Freiheit * 103 Palästinensischer Islamischer Djihad * NiX 4 "151 Siehe PU NL "29; 52; 65; 66; 68 Partei des Demokratischen Sozialismus * NLA * 227; 228 Siehe PDS Nordischer Ring * Siehe NR Partei für Soziale Gleichheit * Siehe PSG Nordland-Netz * 106; 107 Partisan Defense Committee '111 Nordversand * 50 Partizan-Flügel * 116 Siehe TKP/ML NPD * 17; 18; 19; 21; 22; 23; 24; 25; 28; Passauer Antifaschisten * 146; 147; 170; 30; 31; 32; 33; 34; 36; 47; 51; 52; 56; 171 58; 59; 60; 61; 63; 64; 67; 68; 69; 70; PDS * 112; 115; 116; 166; 167; 172; 174; 71; 72; 73; 80; 82; 86; 90; 91; 92; 93; 176; 178 94; 95; 96; 97; 98; 101; 107; 109; 118; Personenkreis um Andre Goertz * 102 132; 144; 147; 149 Personenkreis um Thomas WULFF * 29; NR * 105 52; 58; 65; 66; 67; 68; 69; 70; 72; 73; NS 88 * 49 75; 98 NSDAP/AO * 55; 64; 65 Pestclub' 136; 155 NS-Kampfruf' 55; 64 PFLP * 229 NWRI * 226; 227; 228; 256 PU * 229 PKK * 5; 127; 128; 129; 163; 164; 182; o 185; 190; 205; 208; 210; 211; 214; 215; 216 OBERLERCHER, Dr. Reinhold * 25; 97; PLO * 229 100; 101; 103 POHL, Helmut * 126 OCA * 242 Postfordismus" 164 POW "64 294 Prison Watch International e. V. * Siehe ROEDER, Manfred * 95 PWI Rote Armee Fraktion * Siehe RAF Progressiver Nationalismus "103 Rote Flora * 120; 123; 125; 133; 134; 150; Proliferation * 256 151; 153; 154; 155; 156; 157; 158; 159; PSG" 117; 178 172 PUTIN, Wladimir "251 Rote Hilfe e.V. * 25; 133; 164; 192 PWI * 193 Rote Hilfe-Cafe * 134 Rote Zora * 122; 126; 131 Roter Aufbruch * 129; 130; 167; 171 R ROTFÜCHSE' m RABEHL, Bernd * 25; 26 RPF * 239 radikal" 130 RSB * 176 Radikale Linke * 164; 172 RTC * 238 Radio Libertär * 137 Ruhstorfer Beschluß * 80; 81 RAF25; 26; 122; 123; 124; 125; 126; RUSHDIE, Salman * 224; 225 127; 128; 129; 131 RZ" 122; 126; 131; 139 RASPE, Jan-Carl * 125 RBF * 75 REBELL' 173 S Refah Partisi "205; 218 S.H.A.R.P. * 46 Rehabilitation Project Force * Siehe RPF Sabotageschutz * 257; 260 REIMERS, Rudolf "83 SAG "176; 177 Religious Technology Center * Siehe RTC SAKIK,Semdin"191 REP * 22; 28; 30; 31; 32; 33; 35; 61; 69; Samstagsmütter' 192; 193 75; 76; 77; 87; 88; 107; 109; 118 Satanische Verse ' 224 RepBB * 75 SAV "176; 178 Republikanische Jugend * Siehe RJ Schanzenviertel' 119; 121; 133; 150; 154; Republikanische Jugend Hessen "61 155 Republikanischer Bund der Frauen * Siehe SCHLEYER, Hanns-Martin * 125 RBF SCHLIERER, Dr. Rolf * 37; 75; 76; 79; Republikanischer Bund der öffentlich Be80; 81; 87; 88 diensteten * Siehe RepBB SCHOLZ, Christian * 55 Republikanischer Hochschulverband * SCHÖNHUBER, Franz * 36; 80; 86; 87; Siehe RHV 88 RES "171 SCHULZ, Adelheid * 126 Reuterbox * 107 Schwarzbuch des Kommunismus "176 Revisionismus * 17; 21; 85; 102 Schwarze Katze * 136 Revolutionäre Sozialistinnen (RES) "171 SCHWERDT, Frank * 63; 64 Revolutionäre Vereinte Kräfte * Siehe Scientology Kirche Eppendorf e.V. * 241; DBG 248 Revolutionäre Zellen * Siehe RZ Scientology Kirche Hamburg e.V. * 237; Revolutionär-Sozialistische Bund * Siehe 246 RSB Scientology-Organisation (SO) * 234 RHV * 75 SDA/" 168; 169; 171 RIEGER, Jürgen * 104; 105 SDS * 25; 26; 101 RINDER, Mike * 245 Sea Org * 239 RITTER, Stephan * 76 SI * 176 RJ "61; 75; 81 Sicherheitsüberprüfungen * 16; 258 295 Signal * 99 TIKKO"199;211;214 Skinheads * 17; 19; 26; 28; 29; 34; 37; 44; TINNER, Matthias * 247 46; 47; 48; 51 ; 52; 53; 66; 74; 90; 92; Titanic blubb * 154; 155 93; 94; 97; 98; 103 TKIH'214 Skinzines * 51 TKP(ML) * 198; 205; 211; 213; 215 Sleipnir * 99 TKP/ML * 192; 198; 205; 211; 215 SO "6; 15; 234 TKP/M-L"117;205;211;215 SOFU, Halil * 220 TKP/ML H "214 Solidaritätsund Kulturverein der ArbeitTKP-Kivilcim * 198; 205 nehmer aus der Türkei in Hamburg e. V. TMLGB * 211 *212 Trotzkisten * 172; 176; 177; 226 Solidaritätskomitee Italien * 136 TRUBNIKOW, Wjatscheslaw * 250 Sonntagsspaziergänge * 140 Tscheka * 252 Sozialistische Arbeitergruppe * Siehe SAG Tugend-Partei (Fazilet Partisi) * 205; 218 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend * Tupac Amaru * Siehe MRTA Siehe SDAJ Türkische Arbeiterund BauernbefreiSozialistische Initiative * 176 ungsarmee * Siehe TIKKO Sozialistische Reichspartei * Siehe SRP Türkische Kommunistische Partei - Der Sozialistischen Alternative Voran * Siehe Funke * Siehe TKP-Kivilcim SAV Türkische Kommunistische ParSozialrevolutionäre * 139 tei/Marxisten-Leninisten * Siehe SP (Suppressive Person) * 245 TKP/M-L SpAD * 177 Spartakisf 177 Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands * u Siehe SpAD UKW-Unser Kreis Wandsbek * 168 Spinnennetz * 179 ULRICH, Jörg * 128; 193 Spionage * 249 Umerziehung * 77; 203 SRP * 244 Staatsbriefe * 99 Stammheim * 125 ü STEHR, Heinz * 116; 166 STEINAU, Michael * 127 Ümmet-i-Muhammed * 221 STEUCKERS, Robert * 100 Störtebeker.BBS * 107 Suppressive Person (SP) * 245 u SWIERCZEK, Michael * 57; 60 Unabhängige Ökologen Deutschlands * SWR * 250; 252; 253; 254 Siehe UÖD Synergon Deutschland * 99; 100 Union der freien Frauen aus Kurdistan * Siehe YAJK Union der Jugendlichen aus Kurdistan * T Siehe YCK TDP" 198; 205 Union der Juristen Kurdistans * Siehe Technologie (SO) * 237; 238; 245 YHK Thetan * 237 Unsere Zeit * Siehe UZ UÖD * 100 THKP/-C Devrimci Sol * 5; 188; 198; 205; UZ * 165 206; 208; 209 Thule-Netz.' 106 296 ^^^^^(tm) Werwolf-Gruppen * 55 V WIESNEWSKI, Stefan * 126 V 7 Versand "50; 53 Winning * 245 VEIF * 228 Wir selbst * 99 VELAZCO, Isaac * 192 WISE * 239; 241; 242; 247 Verband der islamischen Vereine und GeWOLF, Andrea "128; 129 meinden e.V. * Siehe ICCB WORCH, Christian * 20; 22; 57; 58; 68; Verein Iranischer Demokratischer Aka70; 71; 72; 73; 98 demiker * Siehe VIDA World Institute of Scientology Enterprises Verein zur Eingliederung iranischer * Siehe WISE Flüchtlinge * Siehe VEIF World Socialist Web Site * 178 Vereinigung der Verfolgten des NaziregiWULFF, Thomas * 22; 23; 57; 58; 61; 63; mes-Bund der Antifaschisten e.V. * 65; 67; 69; 70; 71; 73; 82; 98 Siehe Siehe VVN-BdA auch: Personenkreis um Thomas Wulff Vereinigung für Sozialistische Politik * Siehe VSP Verlag Avantgarde GmbH * 177 Y VIDA * 228 YAGAN, Bedri * 206 Vlaams Blok * 81 YAGAN-Flügel (THKP/-C Devrimci Sol), VOGA * 83 siehe dort * 206 VOIGT, Udo "22; 23; 90; 91; 93 YAJK"129;190;192 Volksbefreiungsarmee Kurdistans * Siehe YASSIN, Ahmed * 230 ARGK YCK"190;201 Volksbewegung für Generalamnestie * SieYDG * 212 he VOGA YDK-213 Volkshaus der Türkei * 192; 196 YEK-KOM * 191; 193; 194 Volksmodjahedin * 183; 224; 226; 227; YHK * 194 228; 256 Siehe weitere Fundstellen YIGIT, Ertogrul "210 unter: NWRI YILDIRIM, Halit * 200 VOLTZ, Tom * 243 YILMAZ, Kani ' 199 VSP" 172; 174; 176 YÜKSEL, Ali * 219 VVN-BdA" 142; 170 YXK * 194 w Z WAGNER, Rolf-Clemens * 124; 126 Z.O.R.N. * 169 Wandsbek links * 168 Zeck" 123; 125; 151; 153; 154; 156; 157; Wasserkante - Antifaschistische Gruppe * 160; 180 147; 149 Zentralorgan * 63; 74 Wasserturm im Schanzenpark * 156 Zentrum für Forschung und Kultur des IsWatchdog-Comittee * Siehe WDC lam e.V. "222 WDC * 238; 239 ZORG * Siehe Zentralorgan Wehrmachtsausstellung * 17; 21; 22; 61; Zuverlässigkeitsüberprüfungen * 260 67; 69; 71; 81; 95 WENDT, Christian * 63 297