= = Hamburg 1994 und Hansestadt Hamburg mt für Verfassungsschutz Landesamtfür Verfassungsschuiz Hamburg Freie und Hansestadt Hamburg Behördefür Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Herausgeber: Freie und Hansestadt Hamburg Behörde für Inneres Landesamt für Verfassungsschutz Johanniswall 4, 20095 Hamburg Auflage: 4.000 Mai 1995 Druck: Schmidt & Klaunig, Ringstraße 19, 24114 Kiel Vorwort Mit dem Verfassungsschutzbericht 1994 legt das Landesamt für Verfassungsschutz die zweite umfassende Jahresbilanz vor, die sich mit extremistischen Bestrebungen und Aktivitiiten befaßt. Mit dieser Öffentlichkeitsarbeit informiert der Verfassungsschutz Regierung, Parlament und Bürger über seine Tätigkeit und über die aktuellen Gefährdungen des demokratischen Rechtsstaates. Der Jahresbericht des Landesamtes folgt dem neuen Hamburger Verfassungsschutzgesetz, das die Hamburgische Bürgerschaft am 2. März 1995verabschiedethat.Zielgerichtete Arbeit desLandesamtes,Normenklarheit und Wahrung des Datenschutzes sind durch dieses neue Gesetz gewährleistet. Der Bericht stellt die extremistischen Strömungen bewußt im Gesamtzusammenhang 'dar und betrachtet nicht allein die Hansestadt Hamburg, denn die Aktivitäten des deutschen und ausländischen Extremismus gehen über Landesund Staatsgrenzen hinaus. Die Beobachtung und Bekämpfung des organisierten Rechtsextremismus war auch 1994 eine vorrangige Aufgabe des Verfassungsschutzes. Durch gemeinsame Anstrengungen von Regierung, Parlament und Öffentlichkeit konnte im Superwahljahr 1994 der Einzug rechtsextremistischer Parteien in Kommunalund Landesparlamente, Bundesund Europaparlament verhindert werden. Zugleich ist die Zahl brutaler rechtsextremistischer Gewalttaten 1994 auf das Niveau von 1991 zurückgegangen. Beides sollte jedoch nicht als Entwarnung oder Beruhigung verstanden werden. Zwar konnte mit Organisationsund Demonstrationsverboten der öffentliche Raum für Selbstdarstellung und Rekrutierung rechtsextremer Organisationen deutlich verengt werden, doch ist die Fortsetzung rechtsextremistischer Aktivitäten unter Zunahme von Militanz und Konspiration zu befürchten. Die Hamburger Innenpolitik wird auch nach dem Verbot der "Nationalen Liste" am 24. Februar 1995 an ihrem konsequenten Kurs festhalten, Spielräume für rechtsextremistische Agitation soweit wie möglich einzuschränken. Dabei muß drei Entwicklungen besondere Aufmerksamkeit gelten: den Versuchen der Intellektualisierung des Rechtsextremismus; der Zunahme moderner Kommunikationsmittel, um sich der Beobachtung und Bekämpfung zu entziehen; und schließlich dem Versuch, durch Vernetzung und Schaffung strukturloser Gebilde Organisationsverbote zu unterlaufen. Der Rechtsextremismus ist derzeit ein Schwerpunkt der Arbeit des Landesamtes. Ein weiterer Schwerpunkt bleibt der organisierte Linksextremismus mit seiner fortgesetzten Militanz und terroristischen Aktivitäten. Die Krise der RAF, die durch ihre sog. Deeskalationserklärung von 1992 sichtbar wurde, hat Raum für eine neue terroristische Gruppe, die Antiimperialistische Zelle (AIZ), geboten. Mit ihren Anschlägen gegen politische Repräsentanten, bei denen sie sogar den Tod unbeteiligter Dritter in Kauf nimmt, fordert sie den demokratischen Rechtsstaat und seine Sicherheitsbehörden zu Gegenmaßnahmen heraus. Mit Sorge beobachten wir auch, daß der Rechtsextremismus zu verstärkten Aktivitäten der Autonomen und selbstgerechter junger "Antifaschisten" geführt hat. Doch der Rechtsstaat kann und wird keinerlei politisch motivierte Gewalt dulden. 1994 hat sich noch deutlicher als in den Vorjahren gezeigt, daß innenpolitische Entwicklungen in anderen Ländern die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen unmittelbar beeinflussen, denn sie bestimmen Motivation, Mobilisierung und Aktivitäten der in Deutschland agierenden ausländischen Extremisten. So wirken islamistisch-fundamentalistische Tendenzen ebenso in unser Land hinein wie zugespitzte militärische Auseinandersetzung im Südosten der Türkei. Die Sicherheitsbehörden müssen sich diesen zum Teil gewalttätigen Bestrebungen entgegensteljen, ohne auf die Ursachen der Konflikte einwirken zu können. Deshalb müssen wir uns auch in den nächsten Jahren konsequent rechtsstaatlich mit militanten ausländischen Organisationen auseinandersetzen, um so zugleich ein weiteres Aufkeimen rechtsextremistischer Ausländerfeindlichkeit zu verhindern. Wir werden nicht hinnehmen, daß das friedliche Zusammenleben deutscher und ausländischer Mitbürger durch die Austragung innenpolitischer Konflikte anderer Länder in Hamburg gestört wird. Hamburg, Mai 1995 Marta Wat Hartmuth Wrocklage Präses der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg 1. Inhaltsverzeichnis Vorwort haltsverzeichnis 2. Verfassungsschutz in Hamburg 3. Politischer Extremismus 1994 / Überblick (c) Rechtsextremismus (c) Linksextremismus (c) Ausländerextremismus 4. Rechtsextremismus 42 4.1. Grundlagen und Formen des Rechtsextremismus 42 4.2. Erscheinungsformen rechtsextremistischer Denkund Verhaltensweisen 4 Strategien, Konzepte, Praktiken 49 Ideologie und Erscheinungsformen der "Neuen Rechten" 53 Revisionismus 59 'Antisemitismus 65 42.5. Wahlbeteiligungen: Ziele, Ergebnisse, Bewertung 9 4.3. Rechtsextremistische Gewalt 74 43.1. Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten 74 432. Rechtsextremistischer Terrorismus 8 85 Grundsätzliches 85 Anti-Antifa 8 44.3. Ereignisse: "Rudolf HESS-Aktionswoche" und "Heldengedenktag" N 4.4.4. Neonazistische Organisationen (c) Nationale Liste (NL) (c) Frei liche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 101 (c) Neonazistische Gefangenenhilfe: HNG und IHV 104 4.5. Rechtsextremistische Parteien 105 4.5.1. Die Republikaner (REP) 106 45.2. Deutsche Volksunion (DVU) 114 4.5.3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Nebenorganisationen 120 4.5.4. Hamburger Liste für Ausländerstopp (HLA) 129 455, Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 130 4.6. Sonstige Organisationen und Objekte 134 @ Wiking-Jugend (W)) 134 (c) Das Deutsche Rechtsbüro (DRB) 135 (r) Burschenschaften 137 @ Hetendorf-Komplex 137 (c) Andere Vereine 138 4.7. Skinheads 139 4.8. Zusammenarbeit deutscher und ausländischer Rechtsextremisten 145 4.8.1. Grundsätzliches 145 Zusammenarbeit in Europa 146 4.8.3. Verbindungen nach USA und Kanada 151 inksextremismus 153 5.1. Strukturen, Leitbilder, Absichten, Richtungen 153 5.2. Theorie und Praxis / Schwerpunkte 155 5.2.1. Wahlverhalten und Ergebnisse 156 (c) Europawahl 158 (c) Bundestagswahl 159 5.2.2. Antifaschismus 165 (r) Allgemeines 165 (c) Alte und neue "Antifa" 166 (c) Antifaschistische Strukturen 169 (c) Antifa-Aktivitäten 174 5.2.3. Linksextremistische "Solidarität" mit Ausländern und Asylbewerbern 177 5.3. Linksextremistische Gewalt 182 5.3.1. Linksextremistisch motivierte Gewalttaten 182 5.3.2. Linksextremistischer Terrorismus 188 (c) Rote Armee Fraktion (RAF) und Umfeld 188 (c) Antiimperialistische Zelle (AIZ) 191 (c) Revolutionäre Zellen (RZ) und "Rote Zora" 194 5.3.3. Autonome / Anarchistische Szene 199 (c) Grundsätzliches 199 (r) Hafenstraße / Situation, Tendenzen, Aktivitäten 201 (c) Stadtteilzentrum "Rote Flora" 204 (c) Widerstand gegen Castor-Transporte / Hamburg 208 (c) Störungen zum Tag der Deutschen Einheit 208 134 (c) Störaktionen gegen den EU-Gipfel in Essen 207 134 (c) Aktionen im Bundestagswahlkampf / Hamburg 208 135 (c) Protest und Widerstand gegen Stadtteilentwicklung 209 137 5,4. Dogmatisch begründeter oder orientierter Linksextremismus 213 137 5.4.1. Deutsche Kommunistische Partei (DKP) nebst ehemaligen 138 Nebenund Einflußorganisationen 215 139 (c) Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 218 (c) Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund 145 der Antifaschisten (VVN-BdA) 219 145 5.4.2. Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 220 146 5.4.3, Kommunisten (BWK) 220 151 5.4.4. Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) 222 545. isch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 223 5.4.6. Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 224 5.4.7. Marxistische Gruppe (MG) 225 5.4.8. Nachfolgegruppen des Kommunistischen Bundes (KB) 226 153 5.4.9. Trotzkistische Gruppen und Strömungen 227 155 5.5. Sonstige Strukturen und Objekte in Hamburg 230 156 (c) Volksfrontgegen Reaktion, Faschismusund Krieg (VF) 230 158 159 165 165 von Ausländern 232 166 169 6.1. Allgemeines 232 174 6.2. Kurden 236 6.2.1. Allgemeines 236 n 6.2.2. Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 239 182 6.3. Türken 248 122 63.1. Allgemeines 248 188 Devrimei Sol ("Revolutionäre Linke") 249 188 '3.3. Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten 1 (TKP/ML) 251 194 6.3.4. VereinigungderNeuen Weltsicht in Europae.V.(AMGT) 253 " 63.5. Die "Islamische Bewegung" (IH) 255 199 6.4. Iraner 255 6.5. Araber 261 201 2 7. Stichwortverzeichnis 264 206 2. Verfassungsschutz in Hamburg Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ein Inlandsnachrichtendienst und verfügt nicht über exekutive Befugnisse. Es beobachtet, recherchiert, liest, analysiert und erstellt Lagebilder als Hintergrundinformationen für den Senat. Letztlich dient es als "Frühwarnsystem" gegen Bedrohungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das Landesamt informiert aber auch - wie mit diesem Bericht - die Ö2ffentlichkeit. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung können nur dann mit nachhaltigen Erfolgen rechnen, wenn sie die Bürger über ihre wirklichen Absichten täuschen können. Verfassungsschutz durch Aufklärung ist daher ein wichtiges Anliegen dieser Veröffentlichung. Das Grundgesetz garantiert politisch Andersdenkenden bis hin zu radikalen Überzeu'gungen Freiheit. Auch radikale politische Auffassungen und Gesinnungen haben ihren Platz in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung. Die Grenzen der Freiheit werden überschritten, wenn Organisationen oder politische Parteien die Demokratie und ihre Grundlagen in Frage stellen oder sie gar beseitigen wollen. Erst wenn Feinde der Freiheit sich als extremistische Bestrebungen bemerkbar machen, die Grundprinzipien und den Kembestand unserer Verfassung antasten wollen, treten die Abwehrkräfte des demokratischen Rechtsstaates auf den Plan. Die Väter des Grundgesetzes haben sich für eine streitbare Demokratie entschieden, die ihren Feinden gegenüber abwehrbereit ist. Der Freiheitsanspruch einzelner steht in einem Spannungsverhältnis zum Freiheitsanspruch anderer und zum Recht aller Bürger auf Sicherheit. Beide müssen mit rechtsstaatlichen Mitteln gegeneinander ausbalanciert werden. Verfassungsschutz bewegt sich nicht in einer rechtlichen Grauzone, sondern hält sich streng an seinen gesetzlichen Auftrag und seine gesetzlichen Befugnisse. Sein Handeln ist stets an rechtsstaatlichen Maßstäben zu messen. Er unterliegt daher u.a. parlamentarischer Kontrolle, der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten und der Nachprüfung durch die Gerichtsbarkeit. Die Aufgaben und Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz werden durch das am 14. März 1995 in Kraft getretene Hamburgische Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) vom 7. März 1995 bestimmt. Durch das neue Gesetz wurde die alte Fassung vom 13. Februar 1978 abgelöst. Mit der Gesetzesnovellierung wurde insbesondere den erhöhten Anforderungen des Datenschutzes entsprochen, die sich in der Folge des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Volkszählungsgesetz von 1983 ausgeprägt haben. Rechtsgrundlagen für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten und Informationen durch das Landesamt für Verfassungsschutz wurden präzisiert. 8 Zugleich wurde aber auch den Anforderungen aus dem Verfassungsschutzgesetz des Bundes von 1990 Rechnung getragen. Das neue Gesetz stellt die zwingend gebotene Einheitlichkeit auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes in der Zusammenarbeit und im Informationsaustausch mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sicher. Das Gesetz ist vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt. Der konkrete Aufgabenkatalog des Landesamtes für Verfassungsschutz ergibt sich aus $.4 des Gesetzes. Der vollständige Gesetzeswortlaut ist am Ende dieser Vorbemerkungen nachzulesen. Die bundeseinheitlich geregelten Aufgaben der Extremismusbeobachtung, Spionageabwehr sowie der Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen sind unverändert geblieben. Der Hamburger Verfassungsschutzbericht 1994 gibt Aufschluß über Tätigkeitsbereiche des Landesamtes für Verfassungsschutz, beschreibt sie in den Schwerpunkten der Extremismusbeobachtung mit den Zusammenhängen und Ergebnissen. Zum besseren Verständnis der vielfältigen Bestrebungen wurde besonderer Wert darauf gelegt, den tieferen Hintergrund und die Denkweise politischer Extremisten offenzulegen und zu erläutern. Der Bericht verzichtet darauf, Aufgaben und Ergebnisse im Bereich der Spionageabwehr und der Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen darzustellen. Die Gesetze kennen die Begriffe "extremistisch" und "verfassungsfeindlich" nicht. In den Zuständigkeitsbereich des Hamburger Verfassungsschutzes fallen Organisationen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß sich ihre Bestrebungen "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes" richten oder "eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben." Organisationen oder unorganisierte Personenzusammenhänge, die diese Voraussetzungen erfüllen, werden mit dem Arbeitsbegriff "extremistisch" bezeichnet, der auch in der öffentlichen Darstellung und Auseinandersetzung seinen Niederschlag gefunden hat, Der Verfassungsschutz unterscheidet damit bei der Darstellung von Organisationen und der Benennung ihrer Mitgliederzahlen nicht zwischen Organisationen, die zunächst nur "tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht" bieten und solchen, zu denen Gerichtsentscheidungen vorliegen, die von "verfassungsfeindlichen Bestrebungen" sprechen. Er unterscheidet auch nicht zwischen "verfassungsfeindlichen" Organisationen und solchen, deren "Verfassungswidrigkeit" gesetzlich und gerichtsfest geregelt ist und die verboten sind. Der Verfassungsschutzbericht zeichnet nicht nur die Ziele und Aktivitäten extremistischer Bestrebungen nach, er beziffert auch die unterschiedlichen Organisationspotentiale. Er kann jedoch besonders bei den Großorganisationen keine Aussage treffen, ob der Einzelne neben seiner bloßen Mitgliedschaft selbst darüber hinaus aktiver Träger 9 extremistischer Bestrebungen ist oder nicht. Die Motivation zum Beitritt einer durch das Landesamt für Verfassungsschutz zu beobachtenden Organisation bleibt vielfach unbekannt. Deshalb spricht der Bericht auch bei den Gesamtzahlen von "Mitgliedern" oder "Mitgliedschaften" und nicht von Extremisten. Um die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden transparenter zu machen, haben sich die Innenminister und -senatoren der Länder 1992 dafür ausgesprochen, Strukturdaten der Verfassungsschutzbehörden zu veröffentlichen: 1. Der Haushaltsplan 1994 der Freien und Hansestadt Hamburg weist für das Lan.desamt für Verfassungsschutz am Jahresende 162,5 (1993: 167,5) Stellen aus. 2. Der Haushaltsansatz ohne Personalkosten und abzüglich der Einsparquoten betrug für 1994 für das Landesamt für Verfassungsschutz 4.977.000 DM (1993: 5.812.000 DM). 3. Durch das Landesamt für Verfassungsschutz waren am 31.12.1994 imNachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 13.011 (31.12.1993: 13.137) Personen erfaßt, davon 32,84 Prozent (31.12.1993: 33,01 Prozent) im Zusammenhang mit Sicherheitsüberprüfungen. Die Verfassungsschutzbehörden sammeln und speichern personenbezogene Daten über extremistische Bestrebungen, sicherheitsgefährdende Aktivitäten und im Rahmen der Mitwirkungsaufgabe im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen. Instrument der gegenseitigen Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden sind unter anderem gemeinsame Dateien. Die "klassische" gemeinsame Datei im Sinne des $ 6 BVerfSchG ist die Personenzentraldatei (PZD) im Rahmen desbundesweiten Nachrichtendienstlichen Informationssystems (NADIS). Sie ist eine grundsätzlich allen Verfassungsschutzbehör'den zur Verfügung stehende Sammlung von Hinweisen auf Unterlagen, die personenbezogene Informationen enthalten. Jede Behörde speichert in eigener Verantwortung biographische Daten und das Aktenzeichen der betreffenden Unterlage. Im Zusammenhang mit Personalien wird lediglich eine Aktenfundstelle gespeichert, nicht die eigentliche Information. Die PZD soll es im konkreten Bedarfsfall ermöglichen, festzustellen, ob eine Person bereits früher im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung bekannt geworden ist. Die Nutzung von Informationen aus den Unterlagen ist ein von der PZD unabhängig und konventionell ablaufender Vorgang. Das Vorhandensein einer PZD-Fundstelle bedeutet nicht, daß "belastende" Informationen vorliegen. Dieses gilt unter anderem für die überwiegende Zahl der Personen, an deren Sicherheitsüberprüfung die Verfassungsschutzbehörden mitgewirkt haben und zu denen keine sicherheitsrelevanten Informationen vorliegen. 10 Zugriff zu gespeicherten Daten haben ausschließlich die Verfassungsschutzbehörden. Sie sind verpflichtet, nach bestimmten Fristen die gespeicherten Daten zu prüfen. Sind sie nicht mehr aufgabenrelevant bzw. ist ihre weitere Aufbewahrung nicht mehr erforderlich, werden sie gelöscht. Der Datenschutzbeauftragte kontrolliert, ob die Prüfungsund Löschungsfristen beachtet wurden und werden. Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) Vom 7. März 1995 (HmbGVBl. Nr. 12 vom 13.März 1995, Seite 45) 1Abschnitt Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz $ 1 Zweck des Verfassungsschutzes (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen 'Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Zu diesem Zweck tritt dieses Gesetz neben das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz-BVerfSchG-) vom 20. Dezember 1990 (Bundesgesetzblatt I Seiten 2954, 2970). s2 Zuständigkeit (1) Der Verfassungsschutz wird innerhalb der zuständigen Behörde vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist ausschließlich hierfür zuständig. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben ist es an Gesetz und Recht gebunden (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. Ihm stehen polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse gegenüber polizeilichen Dienststellen nicht zu; esdarf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. 11 $3 Zusammenarbeit (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in 'Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen. (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses Gesetzes und soweit eigenes Landesrecht dies zuläßt, der Bund gemäß $ 5 'Absatz 2 BVerfSchG nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in den anderen Ländern tätig werden, soweit es die Rechtsvorschriften dieses Gesetzes und der anderen Länder zulassen. sa Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der verfassungsmäßigen Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden ($ 3 Absatz 1 BVerfSchG), 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes) oder das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat insbesondere den Senat über Gefahren für die Schutzgüter des $ 1 zu informieren und die dafür zuständigen staatlichen Stellen in die Lage zu versetzen, Maßnahmen zu ihrer Abwehr zu ergreifen. Darüber hinaus 12 unterrichtet das Landesamt für Verfassungsschutz mindestens einmal jährlich die Öffentlichkeit über Gefahren für die Schutzgüter des $ 1. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt gemäß $ 3 Absatz 2 Satz 1 BVerfSchG mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, 'die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich dienstlich verschaffen können, 2. beider Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. beitechnischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen und Erkenntnissen ge'gen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. An einer Überprüfung nach Absatz 2 Nummern 1 und 2 darf das Landesamt für Verfassungsschutz nur mitwirken, wenn die zu überprüfende Person zugestimmt hat. Gleiches gilt für Personen, die in die Überprüfung einbezogen werden. $5 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes 'oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihnen gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch motivierten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. 13 Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt ($ 4 AbsatzI Sätze | und 2 BVerfSchG). Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verhaltensweisen gemäß Satz I von Einzelpersonen, die nicht in einemoder für einen Personenzusammenschluß handeln,wenn sie gegen Schutzgüter dieses Gesetzes mit Anwendungvon Gewaltgerichtet sindoderdiese sonst angreifen und bekämpfen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne diese Gesetzes zählen gemäß $ 4 Absatz 2 BVerfSchG 1. das Rechtdes Volkes,dieStaatsgewaltin Wahlen und Abstimmungen unddurch besondereOrganeder Gesetzgebung, der vollziehendenGewaltund der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindungdervollziehenden Gewalt undder Rechtsprechung anGesetz und Recht, 3. das Rechtauf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und ihre Ablösbarkeit, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, 6. der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft und = 'die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. $6 Voraussetzungund Rahmen fürdie Tätigkeit 'des Landesamtesfür Verfassungsschutz DasLandesamtfür Verfassungsschutz darfnurMaßnahmenergreifen,wennund soweit sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind; dies gilt insbesondere für die Erhebung und weitere Verarbeitung personenbezogener Daten. Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat es diejenige zu treffen, die den einzelnen insbesondere in seinen Grundrechten und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine behördliche Auskunft gewonnen werden kann. Eine Maßnahmedarf nicht zu einem Nachteil führen, der zu demerstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sieist nur solange zulässig, bis ihr Zweckerreichtist oder sichzeigt,daßer nicht erreichtwerden kann. 14 2. Abschnitt Erheben und weitere Verarbeitung von Informationen 7 Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen erheben und weiter verarbeiten. (@) Das Landesamt für Verfassungsschutzdarfbei den hamburgischen Behörden und den der Aufsichtder Freien und Hansestadt Hamburg unterstehendenjuristischenPersonendes öffentlichen Rechtsnurdie Informationeneinschließlich personenbezogener Datenerheben, die diesen Stellen im Rahmenihrer Aufgabenerfüllungbereits vorliegenund die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind. Das Landesamt für Verfassungsschutzbrauchtdie Ersuchennichtzu begründen, soweit dies demSchutzdes Betroffenen dientoder eine Begründung den Zweck der Maßnahmegefährden würde. 6) Ist zum ZweckederDatenerhebungdieÜbermittlungvonpersonenbezogenenDaten unerläßlich, ist sie aufdasunbedingterforderliche Maßzubeschränken.SchutzwürdigeInteressendesBetroffendürfennurin unvermeidbarem Umfang beeinträchtigtwerden. $8 Erheben von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen verdeckt erheben. Der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln ist vorbehaltlich $ 6 Absatz 1nurzulässig, wenn 1. ersich gegen Organisationen, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Absatz I bestehen, 2. ersichgegen andereals diein Nummer 1 genanntenPersonenrichtet,von denenauf 'Grundbestimmter Tatsachenanzunehmenist, daß sie für denBetroffenenbestimmte 'odervonihm herrührendeMitteilungen entgegennehmen oderweitergeben, um auf diese WeiseErkenntnisse übersicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für einefremde MachtodergewalttätigeBestrebungen undTätigkeiten nach $ 4 Absatz | zu gewinnen, 3. _aufdiese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Absatz I erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können oder 15 4. dies zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge desLandesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgeRährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die so gewonnenen Informationen nur für die in Satz 2 genannten Zwecke verwenden. Unterlagen, die für diese Zwecke nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Informationen von anderen schriftlichen Unterlagen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen sie einem Verwertungsverbot. (2) Zulässige nachrichtendienstliche Mittel sind 1. verdeckt eingesetzte hauptamtliche Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungs'schutz, 2. verdeckt eingesetzte Personen, die nicht in einem arbeitsvertraglichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Landesamt für Verfassungsschutz stehen, wie Vertrauensleute, Informanten, Gewährspersonen, 3. planmäßig angelegte Beobachtungen (Observationen), 4. _ Bildaufzeichnungen, 5. verdeckte Ermittlungen und Befragungen, 6. verdecktes Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel, 7. verdecktes Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder sonstiger Signale unter Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen (Artikel 13 des Grundgesetzes), 8. Beobachten und Aufzeichnen des Funkverkehrs, soweit nicht der Postund Fernmeldeverkehr nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (Bundesgesetzblatt I Seite 949),zuletztgeändert am 27. Mai 1992 (Bundesgesetzblatt I Seiten 997, 998), betroffen ist, 9. Aufbau und Gebrauch von Legenden, 10. _ Beschaffen, Erstellen und Verwenden von Tampapieren und Tamkennzeichen, 11. Überwachen des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetzsowie 16 12. _ weitere vergleichbare Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, insbesondere das sonstige Eindringen in technische Kommunikationsbeziehungen durch Bild-, Tonund Datenaufzeichnungen, um die nach Absatz I erforderlichen Informationen zu gewinnen. Die nachrichtendienstlichen Mittel sind abschließend in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationserhebungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Präses der zuständigen Behörde. Dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg sind verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz Hilfe für Tarnungsmaßnahmen zu leisten. (3) Ein Eingriff, der in seiner Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, bedarf der Zustimmung des Präses, bei dessen Verhinderung des Staatsrates der zuständigen Behörde. (4) Im Falle des Absatzes 3 sind der betroffenen Person nachrichtendienstliche Maßnahmen nach ihrer Beendigung mitzuteilen, wenn eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Läßt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzung vorliegt, ist die Mitteilung vorzunehmen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahme ausgeschlossen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn diese Voraussetzungauch nachfünf Jahren noch nicht eingetreten ist. $9 Weitere Verarbeitung personenbezogener Daten (1) Das Landesamt für Verfassungsschutzdarfzur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten weiter verarbeiten, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Absatz | teilnimmt, und dies für die Beobachtung der Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist, 2. diesfür die Erforschung und Bewertung von gewalttätigen Bestrebungen oder geheimdienstlichen Tätigkeiten nach $ 4 Absatz 1 erforderlich ist, 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachrichtendienstlicher Zugänge über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Absatz | erforderlich ist oder 4. esnach $ 4 Absatz 2 tätig wird. 17 In Akten dürfen über Satz | Nummer 2 hinaus personenbezogene Daten auch verarbeitetwerden, wenn dies zur ErforschungundBewertung nicht gewalttätiger Bestrebungen und Tätigkeiten nach $ 4 Absatz 1 erforderlich ist. (2) Zur Aufgabenerfüllung nach $ 4 Absatz 2 Nummer 1 dürfen in automatisierten Dateien nur personenbezogene Daten über die Personen gespeichert werden, die einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen wurden. Daten über Personen, die in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen wurden, dürfen ohne Einwilligung dieser Personen nicht in automatisierten Dateien gespeichert werden. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdaueraufdas für seine 'Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. Bei der Einzelfallbearbeitung, im übrigen jeweils spätestens vier Jahre beginnend ab der ersten Speicherung, prüft das Landesamt für Verfassungsschutz, ob die Speicherung der personenbezogenen Daten weiterhin erforderlich ist. (4) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen und Tätigkeiten nach $ 4 Absatz I Satz 1 Nummer 1, 3oder 4dürfenlängerals zehn Jahre nach demZeitpunkt der letzten gespeicherten Information nur mit Zustimmung des Präses der zuständigenBehörde oder dervonihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz gespeichert bleiben. $10 Verarbeitung von Daten Minderjähriger (1) DasLandesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des $ 9 Daten über Minderjährige in Sachakten und amtseigenen Dateien speichern und weiter verarbeiten. Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nicht in gemeinsamen Dateien ($ 6 BVerfSchG), Daten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres nichtin amtseigenen Dateiengespeichert werden. (2) Daten über Minderjährige in Dateien sind nach zwei Jahrenauf die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung zu überprüfen; spätestens nach fünf Jahren sind diese Daten zu löschen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach $ 4 Absatz |angefallensind. su Berichtigung, Sperrung und Löschung (1) Erweist sicheine Informationnach ihrer Übermittlung als unrichtig oder unvollständig, hat die übermittelndeStelleihre Informationunverzüglichgegenüber demEmpfängerzu berichtigenoder zu ergänzen,wenndurchdie unrichtige oder unvollständige Übermittlung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigtsein können. Die Berichtigung er18 folgt dadurch, daß die unrichtigen Angaben, soweit sie in Akten enthalten sind, entfernt werden und, soweit siein Dateien gespeichert sind, gelöscht werden. Hiervonkannabgesehen werden, wenn die Trennung von zu berichtigenden und richtigen Informationen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. (2) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle 'oder der Datensicherung gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke oder bei Verdacht des Datenmißbrauchs genutzt werden. (3) Im übrigen gilt für die Berichtigung, Sperrung und Löschung $ 19 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vom 5. Juli 1990 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 133, 165, 226), zuletzt geändert am 10. März 1992 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 39). 3. Abschnitt Datenübermittlung s2 Übermittlung nicht personenbezogener Daten Das Landesamt für Verfassungsschutz kann die im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung erlangten Daten, die nicht personenbezogen sind, an andere Behörden und Stellen, insbesondere an die Polizei und die Staatsanwaltschaft, übermitteln, wenn sie für die Aufgabenerfüllung der Empfänger erforderlich sein können. $13 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische Nachrichtendienste (1) Gemäß $ 5 Absatz I BVerfSchGübermittelt dasLandesamtfür Verfassungsschutz dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden derLänderalle personenbezogenenDaten, derenKenntniszurErfüllung der Aufgaben derEmpfänger erforderlich ist. (2) Gemäß $ 21 Absatz 2 BVerfSchG übermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bundesnachrichtendienst und dem itärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten. $14 Übermittlung personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen und Strafverfolgungsbehörden (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zum 19 Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 4 Absatz I zwingend erforderlich ist 'oderderEmpfängernach $ 4 Absatz 2tätigwird. DerEmpfänger darfdie übermittelten Daten nurfür den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf über Absatz | hinaus Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften und die Polizei übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen,daß jemand eine in den $$ 74 a und 120Gerichtsverfassungsgesetz, $ 100 a Nummern 3 und 4 Strafprozeßordnung und $$ 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat plant, begeht oder began'gen hat sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Tätersoder dessen Verbindungzu einerOrganisationtatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nummer 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. Personenbezogene Daten, die das Landesamt für Verfassungsschutz selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach $ 8 erhoben hat, dürfen nur dann an die Staatsanwaltschaft oder an die Polizei übermittelt werden, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für deren Erhebung mit entsprechenden Befugnissen zur verdeckten Datenerhebung nach der Strafprozeßordnung odernach den $$ 9 bis 12 und $23Gesetz überdie Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) vorgelegen hätten. sis Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte Das Landesamtfür Verfassungsschutz darfInformationeneinschließlichpersonenbezogenerDatenan Dienststellender Stationierungsstreitkräfte im Rahmenvon Artikel3des Zusatzabkommenszu dem Abkommenzwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlichder in der Bundesrepublik Deutschland stationiertenausländischenStreitkräftevom 3. August 1959(Bundesgesetzblatt II 1961Seiten 1183, 1218)übermitteln. DieEntscheidung für eine Übermittlungtreffen derPräses der zuständigen Behördeoder die von ihm besondersermächtigten Bedienstetendes Landesamtesfür Verfassungsschutz.Der Empfängerist darauf hinzuweisen,daß er dieübermitteltenDatennurzurVerarbeitungfürden Zweckerhält, zu demsie ihm übermitteltwurden. $16 Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen Das Landesamtfür VerfassungsschutzdarfpersonenbezogeneDaten im Einvernehmenmit dem Bundesamtfür VerfassungsschutzanausländischeöffentlicheStellensowiean über'oderzwischenstaatliche Stellenübermitteln, wenn die Übermittlung zurErfüllung seiner 'Aufgabenoderzur Wahrungerheblicher SicherheitsinteressendesEmpfängers erforderlich ist. Die Entscheidungfür eine ÜbermittlungtreffenderPräsesderzuständigenBehörde 20 oder die von ihm besonders ermächtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen 'oder wenn dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Der Empfängerist darauf hinzuweisen, daß er die übermittelten Daten nur zur Verarbeitung für 'den Zweck erhält, zu dem sie ihm übermittelt wurden. $17 Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermitteln, es sei denn, daß die Übermittlung zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Präses oder bei seiner Verhinderung der Staatsrat der zuständigen Behörde seine Zustimmung erteilt hat. Dies gilt nicht bei Erhebungen nach $ 7 Absatz 3. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz führt über die Übermittlung nach Absatz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck und die Veranlassung der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (3) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Hierauf ist er hinzuweisen. g18 Übermittlung personenbezogener Daten an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit einschließlich der Medien über Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn sie zu einer sachgerechten Information zwingend erforderlich ist. Stehen schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegen, kommt eine Übermittlung der personenbezogenen Daten des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn die Interessen der Allgemeinheit deutlich überwiegen. $19 Übermittlung personenbezogener Daten an das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Die hamburgischen Behörden und die der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind befugt, die Daten zu übermitteln, um die das Landesamt für Verfassungsschutz nach $ 7 Absatz 2 ersucht hat, soweit sie diesen Stellen bereits vorliegen. (2) Die in Absatz | genannten Stellen übermitteln dem Landesamt für Verfassungsschutz alle ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vorliegenden Informationen über gewalttätige Bestrebungen und Tätigkeiten oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gemäß $ 4 Absatz | Satz 1 Nummern 1, 3 und 4 und über sicherheitsgeführdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nach $ 4 Absatz | Satz 1 Nummem 2 und 3. (3) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekanntgewordene Informationen über Bestrebungen nach $ 4 Absatz 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die auf Grund einer Maßnahme nach $ 100 a Strafprozeßordnung (StPO) bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in $ 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Die Übermittlung personenbezogener Informationen, die aufgrund anderer strafprozessualer Zwangsmaßnahmenoderverdeckter Datenerhebungen nach $ 2 Absatz 3 Satz 3 'odernachden $$ 9 bis 12desGesetzes über die Datenverarbeitung derPolizei vom 2. Mai 1991 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seiten 187, 191) bekanntgeworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für gewalttätige Bestrebungen oder sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten bestehen; die Übermittlung ist auch zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine in $$ 74a und 120 Gerichtsverfassungsgesetz und $$ 130, 131 Strafgesetzbuch genannte Straftat bestehen oder eine sonstige Straftat, bei der aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafürvorliegen, daßsiegegen die in Artikel 73 Nummer10 Buchstabe b oderc des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet ist. Auf die nach Satz 2 übermittelten Informationen und die dazu gehörenden Unterlagen ist Artikel 1 $ 7 Absätze 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetzentsprechendanzuwenden. Dienach Satz 2 übermittelten Informationen dürfen nur zur Erforschung gewalttätiger Bestrebungen 'oder sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten genutzt werden. (4) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, wenn die Unterlagen von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden können; in diesem Fall unterliegen die personenbezogenen Daten einem Verwertungsverbot und sind entsprechend zu kennzeichnen. 22 (5) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Informationsübermittlung aktenkundig zu machen. Vorschriften in anderen Gesetzen über die Informationsübermittlung an das Landesamt für Verfassungsschutz und über ihre Dokumentation bleiben unberührt. a s20 Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf in von öffentlichen Stellen geführte Register und Datensammlungen einsehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen über 1, Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind ($ 4 'Absatz | Satz | Nummer 1), oder 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht ($ 4 Absatz I Satz | Nummer 2) oder 3. Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden ($ 4 Absatz 1 Satz | Nummer 3), oder 4. Bestrebungen und Tätigkeiten, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichet sind ($ 4 Absatz I Satz | Nummer 4). (2) Eine Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde, 2. die betroffenen Personen durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würden und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis ihr nicht entgegensteht. 23 (8) Die Anordnungfür die Maßnahmetreffender Präses der zuständigenBehörde oder die von ihm besonders ermlichtigten Bediensteten des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Unterlagen dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Daten sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Tatsache der Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus 'dem ihr Zweck, die in Anspruch genommenen Stellen sowie die Namen der Betroffenen hervorgehen. Diese Aufzeichnungen sind gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. s21 Übermittlungsverbote und -einschränkungen (1) Die Übermittlung von Informationen nach diesem Abschnitt unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, daß die Informationen zu vernichten sind oder einem Verwertungsverbot unterliegen oder für den Empfänger nicht mehr bedeutsam sind, 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dieserfordernoder 3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebungdie schutzwürdigen Interessen desBetroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen. (2) Besondere Rechtsvorschriften, die Informationsübermittlungen zulassen, einschränken oder verbieten sowie die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleiben unberührt. $22 Übermittlung personenbezogener Daten Minderjähriger (1) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen,daß der Minderjährigeeinederin $ 2desGesetzeszu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, im übrigen, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach $ 10 erfüllt sind. (2) Personenbezogene Daten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder über - oder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 4. Abschnitt Auskunftserteilung $23 Auskunfiserteilung Für die Auskunftserteilung gilt $ 18 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. Abschnitt &. Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes $24 Parlamentarischer Kontrollausschuß Zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes bildet die Bürgerschaft einen Kontrollausschuß. Dieser tagt in nichtöffentlicher Sitzung. 825 Zusammensetzung und Pflichten des Ausschusses (1) Der Ausschuß besteht aus sieben Mitgliedern der Bürgerschaft. (2) Die Mitglieder des Ausschusses werden von der Bürgerschaft gewählt. Gewählt ist, wer in geheimer Abstimmung die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erhält. (3) Die Mitglieder des Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in dem Ausschuß bekanntgeworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem 'Ausschuß oder aus der Bürgerschaft. (4) Der Ausschuß wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. (5) Sitzungsunterlagen und Protokolle verbleiben im Gewahrsam des Landesamtes für Verfassungsschutz und können nur dort von den Ausschußmitgliedern oder ihren Vertretern eingesehen werden. 25 Ei (6) Scheidet ein Mitglied des Ausschusses aus der Bürgerschaft oder seiner Fraktion, aus, so verliert es seine Mitgliedschaft im Ausschuß; für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem, 'Ausschuß ausscheidet. $26 Aufgaben des Ausschusses (1) Der Ausschuß übt die parlamentarische Kontrolle auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes aus. Die Rechte der Bürgerschaft und des Bürgerausschusses bleiben unberührt. (2) Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben kann der Ausschuß vom Senat die erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten und Dateieinsichten, Stellungnahmen und den Zutrittzu denRäumen des Landesamtesfür Verfassungsschutz unddie Entsendung bestimmter Angehöriger des öffentlichen Dienstes als Auskunftspersonen verlangen. Der Senat bescheidet ein solches Kontrollbegehren abschlägig oder schränkt die Aussagegenehmigung ein, wenn gesetzliche Vorschriften oder das Staatswohl entgegenstehen. In diesem Fall legt der Senat dem Ausschuß seine Gründe dar. (3) Der Senat unterrichtet den Ausschuß in Abständen von höchstens drei Monaten oder auf Antrag eines Mitglieds über die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. (4) Der Senat hat dem Ausschuß 1. Gefahren für dieSchutzgüterdes $ 1, 2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach $ 8 Absatz 2 Satz 2 sowieihre Änderungen, 3. die Maßnahmen nach$ 8 Absatz3, 4. die Weiterspeicherung nach $ 9 Absatz 4, 5. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einer Datei, für die eine Dateibeschreibung nach $ 9 Absatz 1des Hamburgischen Datenschutzgesetzes vorgeschriebenist, und ihre wesentlichen inhaltlichen Änderungen, 6. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach. $15, 7. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach $ 16, 8. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentli'chen Bereichs nach $ 17 mitzuteilen und jährlich über die Prüfungen nach $ 9 Absatz 3 Satz 2 zu berichten. $27 Eingaben Eingaben einzelner Bürger oder einzelner Angehöriger des Verfassungsschutzes über ein sie betreffendes Verhalten des Landesamtes für Verfassungsschutz sind dem Ausschuß zur Kenntnis zu geben. Der Ausschuß hat auf Antrag eines Mitglieds Petenten und Auskunftspersonen zu hören. $ 26 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. Die Rechte des Eingabenausschusses bleiben unberührt. 6. Abschnitt Schlußvorschriften $28 Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz In $ 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom 17. Januar 1969 mit der Änderung vom 02. Februar 1981 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt 1969 Seite 5, 1981 Seite 24), wird folgender Absatz 5 angefügt: "(5) Die Kommission ist ausschließlich für die Überprüfung der von der zuständigen Behörde angeordneten Beschränkungsmaßnahmen zuständig. Sie kann zu ihrer Unterstützung den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ersuchen, die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in ihrem Zuständigkeitsbereich zu kontrollieren und ausschließlich ihr darüber zu berichten." 29 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über den Verfassungsschutz in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Februar 1978 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 51) außer Kraft. 27 3. Politischer Extremismus 1994 / Überblick Rechtsextremismus Trotz seiner Wahlniederlagen im Superwahljahr, seiner - aufgrund fortdauernder staatlicher Repression - geringen Öffentlichen Präsenz und der Abnahme fremdenfeindlicher Gewalttaten erregte im Jahre 1994 erneut der Rechtsextremismus unter allen verfassungsfeindlichen Bestrebungen die größte Aufmerksamkeit im Inund Ausland. Er beansprucht dementsprechend den größten Teil dieser Veröffentlichung. Die staatlichen Institutionen haben ihren Kampf gegen den Rechtsextremismus in der Bundesrepublik systematisch intensiviert und konsequent fortgesetzt, indem sie ihm - nahezu flächendeckend - keine Chance für öffentliche Aktivitäten ließen und mit vereinsrechtlichen Maßnahmen weitere rechtsextremistische Organisationen verboten. 'Am 10. November wurde die älteste rechtsextremistische Jugendorganisation, die"Wi'king-Jugend" (W)), vom Bundesinnenminister verboten. Sie war bereits 1952 gegründet worden und hatte nahtlos an die Tradition der "Hitler-Jugend" angeknüpft. Am 24.02.1995 wurden die neonazistischen Vereinigungen "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) durch den Bundesinnenminister und die als Hamburger Landesorganisation gegründete "Nationale Liste" (NL) durch den Hamburger Innensenator verboten. Das Jahr 1994 hat aber auch gezeigt, daß sich durch Verbote politischer Extremismus nicht gänzlich unterbinden läßt, sondern daß staatlicher Druck taktische und strategische Kompensationen insbesondere der politischen Kader beschleunigt. Der staatliche Druck bringt zudem neue Organisationsformen hervor, in denen die verfassungsfeindlichen Bestrebungen fortgesetzt werden. Er erweist sich stellenweise sogar als Impuls'geber für neuartige organisationsübergreifende Zusammenarbeitsformen. Er ist auch Anstoß für die Betroffenen, zu ausweichenden, zunehmend konspirativen und illegalen Handlungsformen überzugehen, die sich häufig an erfolgreich erprobten linksextremistischen Vorbildern orientieren. Darüber hinausgeraten Personen undInstitutionen der Staatsgewalt zunehmend in den Mittelpunkt rechtsextremistischer Feindbilder und Gegenreaktionen. Deutsche Rechtsextremisten bewundern parlamentarische Erfolge rechtsextremistischer oder rechtspopulistischer Parteien in mehreren europäischen Nachbarstanten wie Österreich, Italien, Frankreich, Belgien oder Holland. Sie eifern deren Zielsetzungen nach. Vergeblich erwarteten sie im Superwahljahr 1994 den eigenen Durchbruch zu einer respektablen "national-orientierten" parlamentarischen Größe in der Bundesrepublik nach Vorbildern im benachbarten Ausland. Ihren Parteien gelang aber weder bei der Bundestagswahl noch bei der Europawahl oder den zahlreichen Landtagswah28 len der Einzug in die Parlamente. Die Wählerschaft rechtsextremistischer Parteien ist derzeit auf einen Stamm von etwa 2 - 3 % der Wahlteilnehmer zurückgegangen. Ehemalige Protestwähler haben sich abgewandt. Rechtsextremisten setzen daher verstärkt auf außerparlamentarische Opposition. Ihr 'größter Teil - bis in die "REPUBLIKANER" hinein - betrachtet sich als FundamentalAt-T opposition zum "System". Um die bestehende Ordnung leichter beseitigen zu können, d-/ konstruieren sie sich vermeintliche Legitimationen u.a. unter Berufungauf Artikel 20 'M Absatz 4 des Grundgesetzes. Er garantiert allen Deutschen ein allgemeines Wid./ derstandsrecht "gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist". eT| Die staatliche Bekämpfung von Rechtsextremisten untergräbt nach deren Verständnis 7 die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland, weil sie ihnen vermeintlich jede lega"7 ]e politische Arbeit untersagt und in der Bundesrepublik nach ihrer Auffassung Politik gegen "deutsche Interessen" betrieben wird. Sie verkehren damit die Verfassungswirklichkeit dialektisch ins Gegenteil. N] Rechtsextremisten erblicken in ihrer Bekämpfung staatliche Schwäche und ziehen \ Vergleiche zur Entwicklung in der ehemaligen DDR im Jahre 1989. Früher oder später "7 werde das staatliche System in der Bundesrepublik zwangsläufig zusammenbrechen. "Sie schmieden vereinzelt - in völliger Selbstüberschätzung - bereits Pläne für Sofortmaßnahmen nach der "Machtübernahme". Ihre Defizite sind unübersehbar: zahlenmäßige Beschränktheit, innere Zerrissenheit und Schwäche, fehlende durchgängige politische Konzepte bzw. brauchbare politische Programme. Der vorhandene Rechtsextremismus kanndaherden Bestand der Bundesrepublik nicht ernsthaft gefährden. Er ist allerdings eine Bedrohung der inneren Sicherheit in Deutschland. Die statistisch erfaßte rechtsextremistische Gewalt ging im Jahre 1994 erheblich zurück. Dabei wurden zwei gegenläufige Trends deutlich. Während fremdenfeindliche 'M 7 Delikte sich zurückentwickelten, nahmen antisemitische Straftaten besorgniserregend "7 zu. Auch die spektakulärste rechtsextremistische Gewalttat des Jahres 1994, der (r)" | Brandanschlag auf die jüdische Synagogein Lübeck, entsprang antisemitischer Motivation. Die weit überwiegende Mehrzahl der Straftaten wurde weder vonorganisierten } Rechtsextremisten noch aufgrund gezielter, längerfristiger Planung begangen. Es han- " delte sich vielmehr erneut um spontane Aktionen aus dem jeweiligen örtlichen Umfeld der Tatziele. Straftaten wurden u.a. daher schnell aufgeklärt, konsequent strafrechtlich geahndet und damit Abschreckung erzielt. Dennoch kann nicht entwarnt werden: Es besteht die Gefahr, daß rechtsextremistische Gewalt auch terroristische Züge nach österreichischem Muster annehmen könnte. Der Rechtsextremismus befindet sich im Umbruch. Organisationen und gegenseitige Unvereinbarkeitsbeschlüsse verlieren an Bedeutung. Die größten rechtsextremistischen 29 A Parteien verlieren Mitglieder. Dem Neonazismus wird zunehmend die Grundlage zogen, sich in größeren mitgliederstarken überregionalen Vereinigungen zu organisi ren. Rechtsextremisten wollen daher besonders örtlich und regional über ParteiOrganisationsgrenzen hinweg stärker zusammenarbeiten. Örtliche und regionale zelpersonen und Personenzusammenschlüsse, unterschiedliche Organisationsfoi und -strukturen sollenzu einer "Bewegungvon Gesinnungsgenossen" vernetzt Dabei wird verstärkt elektronische Kommunikationstechnik, wie Mobiltelefone, Ini Telefone, Faxgeräte oder Mailboxen als Medium für Vernetzungen zu Hilfe men. Trotz zahlreicher Appelle zur Gemeinsamkeit sind sich die Rechtsextremisten engen Grenzen bei der Zusammenarbeit - bedingt durch Egiosmen gerade von F rungspersonen - durchaus bewußt. Sie glaubenselbst nichternsthaftdaran, das te rechtsextremistische Lager in absehbarer Zeit vereinen zu können. Staatliche Stellen haben 1994 Rechtsextremisten konsequent und erfolgreich gehindert, auch nur einezentraleöffentliche Großveranstaltungunterfreiem Himmel durchzuführen. Dieses gilt auch für die traditionellen Gedenktage zum Todestag von Rudolf HESS und den sog. "Heldengedenktag". 'Gegenüber 1993 verminderte sich die Zahl der rechtsextremistischen Mitgliedschaften' nach Abzug von Doppelmitgliedschaftenauf etwa 56.600 (1993: etwa 65.450). W einiger neuer neonazistischer Gruppen haben sich die von den Verfassungsschutzbe-' hörden beobachteten rechtsextremistischen Organisationen auf 81 (1993: 70) erhöht Darinsind die im Februar 1995 verbotenen Vereinigungen FAP undNL noch enthalten. Sie gliedern sich in -- etwa 5.400 militante Rechtsextremisten, insbesondere rechtsextremistische Skinheads (1993: 5.600), von denen nur einegeringe Anzahl in festen Personenzusammenschlüssen organisiert ist, -- etwa 3.740 Neonazis (1993: 2.450), davon etwa 2.590 in 33 Organisationen (1993: 1.500 in 37 Organisationen) und etwa 1.150 unorganisierte Neonazis (1993: 950), -- etwa 45.550 Mitglieder in sechs rechtsextremistischen Parteien (1993: etwa 55.130 in acht Parteien). 20300 22100 300 22100 22100 1992neu BAT, aufgenommen Die Republikaner re"Davon entfallen auf - - -- die "Deutsche Volksunion" (DVU) etwa 20.000 (1993: etwa 26.000), die "REPUBLIKANER" etwa 20.000 (1993: etwa 23.000), die "Narionaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) etwa 4.500 (1993: etwa 5.000), - die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) etwa 900 (1993: etwa 900). Sie verbreiteten ihre Propaganda mit Hilfe von 35 rechtsextremistischen unabhängigen publizistischen Einrichtungen. Von rechtsextremistischen Gruppen und unabhängigen Personen und Redaktionskollektiven wurden insgesamt 86 Schriften mit unterschiedlicher Erscheinungshäufigkeit und Auflagenzahl herausgegeben. 54 Schriften erschienen mindestens viermal im Jahr. Diese Schriften hatten eine Gesamtauflage von über 65 Millionen Exemplaren Auf Grund erheblicher Mitgliederverluste (etwa 6.000) sind die national-freiheitlichen Organisationen um die Partei "Deutsche Volksunion" (DVU) des Dr. FREY erstmals nicht mehr der mitgliederstärkste rechtsextremistische Organisationskomplex. Sie lagen Ende 1994 zahlenmäßig Kopf an Kopfmit den "REPUBLIKANERN". Nach den Wahlmißerfolgen im Jahre 1993 und dadurch bedingten finanziellen Einbußen verzich31 tete die DVUin diesem Jahr darauf, sich an den für sie aussichtslosen Landtagswahlen, der BundestagsoderEuropawahl zubeteiligen. In der Absicht, der selbstverursachten Isolation innerhalb der rechtsextremistischen Szene entgegenzuwirken, verständigten sich Dr. FREY und der "REPUBLIKANER". ". Vorsitzende SCHÖNHUBER auf einen Burgfrieden und eine gemeinsame politische "Abwehrfront". Ihre bei den "REPUBLIKANERN" umstrittene gemeinsame Presseerklärung führte letztlich zur Abwahl SCHÖNHUBERSs. Sein Nachfolger Dr. SCHLIERER brachte die "REPUBLIKANER" wieder auf formelle Distanz zu Dr. FREY. Annäherungsversuche des NPD-Vorsitzenden DECKERT an DVU und "REPUBLIKANER" stießenaufkeine positive Resonanz. = Die "REPUBLIKANER" steuerten 1994 im Zuge einer Serie von Wahlniederlagen in eine Zerreißprobe, die sich nach der Bundestagswahl zuspitzte. Nicht einmal in ihrem Stammland Bayern übersprangen sie die $ %-Hürde. Unter lähmenden Flügelkämpfen drohte die Partei auseinanderzubrechen. SCHÖNHUBERS Orientierung der Partei auf eine Art Fundamentaloppositon zum herrschenden System und auf Zusammenarbeit mit anderen Rechtsextremisten stieß auf Widerstände von Anhängern um den neuen Parteivorsitzenden Dr. SCHLIERER. Dieser möchte die "REPUBLIKANER" taktisch als potentiellen Koalitionspartner für demokratische Parteien offenhalten. Mit Kontakten zu anderen Rechtsextremisten wäre dieseOption selbstals Ideeirreal. Auchnach der Abwahl SCHÖNHUBERS schwelt der Konflikt latent weiter. Die NPD befindet sich im Abwind. Ihr Parteivorsitzender DECKERT schadete der Partei mit revisionistischen Aussagen und antisemitischen Ausfällen. Er verspielte seinen vorübergehenden Popularitätszuwachs, der ihm durch eine Urteilsbegründung zuteil geworden war, die ihm persönliche Integrität bescheinigt hatte. Die NPD konterkarierte punktuell ihren eigenen Unvereinbarkeitsbeschluß gegenüber Neonazis. Ihre Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (IN) gebärdet sich zunehmend revolutionär. Trotz intellektuellen Anspruchs, der in ihren Theoriepapieren zum Vorschein kommt, unterscheidetsich das Handeln der JN kaumnoch von Neonazis. Die DLVH stagniert. Auf regionaler Ebene förderte sie die Zusammenarbeit unterschiedlicher Rechtsextremisten, ohne davon als Organisation profitieren zu können. 'Anders und unreflektierter, als die vorgenannten rechtsextremistischen Wahlparteien, beziehen sich Neonazis ideologisch und propagandistischaufdie Weltanschauung des Nationalsozialismus. Organisationsverbote haben die neonazistischen Szene nicht abschmelzen lassen. ImGegenteil haben sichdieerkannten Neonazis 1994 um mehrals 1.000 Personen erhöht. Nach dem Verbot der FAP im Februar 1995 ist die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) die letzte bedeutende überregionale neonazistische Organisation. 32 Die neonazistische Vernetzung ist auf örtlicher und regionaler Ebene in punktuellen Ansätzen vorangekommen, bundesweit dagegen kaum. Die neonazistische Szene ist unübersichtlicher geworden. Weil Animositäten und Feindschaften unter den neonazistischen Führungspersonenfortdauern, kamihre Zusammenarbeitnur wenig voran. Ehemalige Mitglieder verbotener neonazistischer Organisationen betätigen sich - unterschiedlich intensiv - in anderen personellen und organisatorischen Zusammenhän'gen, zum Teil in der Hüllebestehender"legaler" Organisationen, zum Teil durch Verlagerungsversuche ins Ausland. In der Neonaziszene gibt es Anzeichen für einen Generationenwechsel. Altgediente Führer verlieren an Respekt und Ansehen. Dazu trug u.a. der Abschluß des ANS/NANachfolgeprozesses in Stuttgart bei. Vier der Angeklagten hatten durch belastende 'Aussagen, in denen sie die Fortführung der ANS/NA in der FAP bestätigten, eine Bewährungsstrafemit demGerichtausgehandelt unddamit gegenüber der Staatsgewalt tendenziell eingelenkt. Gewalttätigkeiten rechtsextremistischer Skinheads gingen zurück. Der Anzahl nach blieben Skinheads dennoch das größte und brutalste Gewaltpotential im Rechtsextremismus. Bundesweite Entwicklungen schlugen sich auch in Hamburg nieder. Der in Hamburg 'ohnehin schwächer ausgeprägte organisierte Rechtsextremismus ging weiter zurück. Ende 1994 lagen unter Abzug der Doppelmitgliedschaften die Organisationspotentiale bei etwa 1.300 (1993: 1.400). Die nachfolgenden Zahlen sind gerundete Werte: (100 [rechtsextremistische Skinheads -- [100 | [100 [Neonazis(davom30NL)_ _ --_ [ieGoND | (Io TREPUBERANER 20 | Kay 5deg, u En =] 'soo Rechtsextremistische Potentiale Hamburg 1993 und 1994 DVvUu NPD HLA DLVH Neonazis Sonstige Republikaner Nach dem Verbot der NL im Februar 1995 gibt es in Hamburg keine neonazistischen Organisationen mehr. Laut einer Presseerklärung hatte sich der Landesverband der FAP bereits Ende 1994 vor dem befürchteten Verbot selbst aufgelöst, jedoch Weiterarbeit in anderen Organisationen angekündigt. Das Erscheinungsbild der rechtsextremistischen Parteien in Hamburg war vielfach durch Inkompetenz, weitgehende Untätigkeit, fehlende Führungspersönlichkeiten bei NPD und DVU und innerparteilichen Streit der "REPUBLIKANER" - analog zur Bundespartei - geprägt. In den Stadtteilen Bramfeld und Stellingen begingen offensichtlich NL-Mitglieder gegen einen in der Ausländerbetreuung aktiven Pastor und eine in der AntifaschismusArbeit engagierte andere Person Straftaten, deren Umstände in eine Art Psycho-Terror } ausarteten. Die Ereignisse beleuchteten schlaglichtartig die auch in Hamburg anhalten- | de rechtsextremistische Bedrohung mißliebiger Personen. Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Straftaten ist in Hamburg um rund 6% auf 424 gestiegen; allerdings blieben spektakuläre Gewaltanschläge aus. Die Masse der Strafta- | ten entfiel auf Propagandadelikte und deutlich rückläufige fremdenfeindlich motivierte --- " | Handlungen, teils auch auf antisemitisch motivierte Beleidigungen. Die Hamburger Polizei hat 252 Tatverdächtige - überwiegend Jugendliche - ermittelt. Linksextremismus Ungeachtet des weltweiten Ansehensverlustes sozialistischer, kommunistischer und sonstiger "revolutionärer" Lösungsmodelle für die Probleme der Menschheit, der Völker und benachteiligter Gesellschaftsgruppen halten Linksextremisten nach einer Phase relativer Zurückhaltung an ihren überholten Positionen fest. Mit verbal-kosmetischen "Modernisierungen" strebt insbesondere die DKP als einstige "Schwesterpartei" der früheren Sowjetkommunisten nach einem "Comeback". Diejenigen Linksextremisten, die sich schon vor 1989 nicht an Orthodoxien und Doktrinen orientierten und sich in einer eher alternativen, fundamentaloppositionellen politischen Subkultur bewegten, wurden von der "Krise der Linken" weniger berührt. Ihre Fundamentalopposition gegen "Imperialismus", "Kapitalismus" und Staatsgewalt hat sich fortgesetzt. Für sie folgte dem Zusammenbruch des "real existierenden Sozialismus" der "Einmarsch" des Westens und "Anschluß" der ehemaligen DDR an den weltweiten "/Imperialismus". Linksextremistische Organisationen gliederten sich Ende 1994 bundesweit in 46 Parteien und sonstige Kernund Nebenorganisationen (1993: 44). Die Zahl ihrer Mitgliederbelief sichaufinsgesamt 22.400 (1993*: 22.600). Hinzu kommt das in der Vergangenheit als Kategorie "Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre" erfaßte, jetzt als "Terroristenund sonstige gewaltbereite Linksextremisten" subsumierte übrige linksextremistische Spektrum: es umfaßte gegenüber 1993 unverändert bundesweit etwa 6.700 Personen. Daraus summierte sich ein bundesweites linksextremistisches Gesamtpotential von 29.100 (1993*: 29.300). (*): Von früheren Veröffentlichungen abweichende Zahlen zu 1993 beruhen auf veränderten Erfassungskriterien. Nach dem steilen Niedergang der Anhängerzahlen ab 1989 mit einer"Talsohle" 1991 (26.600) hat sich das linksextremistische Personenpotential in Deutschland leicht erholt und seit 1992 um grob 29.000 eingependelt. Der irreversible Anhängerverlust geaerv genüber konstant um 53.000 Personen (1981 - 1987) ging überwiegend zu Lasten des einstigen orthodox-kommunistischen Organisationsgefüges im Einflußbereich der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP). Sie verfügte in den 80-er Jahren noch über etwa 40.000 Mitglieder und konsolidierte sich aufetwa 6.000 (1993: 6.000, 1992: 7.000). Die 1991 zum Schein aufgelöste "Marxistische Gruppe" (MG) mit damals etwa 10.000 fest angebundenen Personen, die sich der unter Tambezeichnungen weiterarbeitenden Organisation auch noch heute zugehörig fühlen, bildete ein fortbestehendes, einstweilen schwer kalkulierbares Potential. 35 Unter den revolutionär-marxistischen Organisationen konnte die "Marxistisch-Leninistische Partei" (MLPD) als einzige auf bemerkenswerte Mitgliederzuwächse verweisen: von 1.700 (1992) über 2.000 (1993) näherte sie sich Ende 1994/Anfang 1995 eine' Anhängerschaft von etwa 2.300 Die Zahl der organisierten Trotzkisten bewegte sich nach Abzug von Doppelmitgliedschaften kaum verändert um 1.500 50000. 40000 30000 20000 In Hamburg zeichnete sich noch keine Konsolidierung der Mitgliedschaften linksextremistischer Organisationen ab. Nach 1.350 (1992) und 1.250 (1993) wurde 1994 ein Stand von 1.220 erreicht. Nach dem dramatischen Absturz von noch 4.700 im Jahr vor der "Wende" 1988 wurde im Gegensatz zur bundesweiten Entwicklung - "Talsohle" 1991 - in Hamburg die "Talfahrt" noch nicht gestoppt. In der Zahl 1.220 ist mit 410 Personen das - als Gesamtblock - stabile autonome/anarchistische Spektrum enthalten, das allerdingsinsich eher unverbindlich ist, stark fluktuiert und sich nicht in Form von Mitgliedschaften" erschließt ti > ner Für ihren Informationsaustausch, Propagandaaktivitäten und Mobilisierungen bedienten sich deutsche Linksextremisten zahlreicher von ihnen gesteuerter Verlage und Vertriebssysteme. In der Bundesrepublik existieren Über 40 Literaturbetriebe, die linksextremistische Schriften und Publikationen in unterschiedlicher Erscheinungshäufigkeit und Auflagenzahl herausgaben. Im gesamten Bundesgebiet wurden etwa 300 periodische Publikationen in einer geschätzten Gesamtauflage von rund 4 Millionen Exemplaren verbreitet Besondere Beachtung kommt der Verlagsgesellschaft für Nachrichtenerfassung und - verbreitung (GNN-Verlag) zu. Diese ursprünglich vom "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) gegründete Einrichtung verfügt über 7 Niederlassungen, davon eine in Hamburg. Neben dem BWK nutzten Angehörige des RAF-Umfeldes, PKK-Anhänger und der breit gefächerte Herausgeberkreis der "Antifaschistischen Nachrichten" den Verlag, Vom 1991 aufgelösten "Kommunistischen Bund" (KB) ist in Hamburg der Verlag "Satzund Verlagskooperative" nachgeblieben. Er gibt die Zeitung"ak" / analyse und kritik (vormals "AK" / "Arbeiterkampf" des KB) für die KB-Nachfolgegruppe "ExKB-Mehrheit" heraus. Der mit Adressen in Hamburg und Berlin existierende "Verlag 37 Avantgarde GmbH" gehört zum trotzkistischen Spektrum und verlegte vornehmlich Publikationen der "Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD). Für die Weiterverbreitung schriftlicher Nachrichten vorwiegend in der autonomen/ anarchistischen Szene nahm wiederum der seit 1975 betriebene Buchladen "Schwarzmarkt" Schlüsselfunktionen wahr. Er reiht sich in die bundesweit existierenden etwa 90 autonomen Infoläden ein und dient als alternatives Kommunikationszentrum. "Manipulierten und gleichgeschalteten" staatlichen Medien soll eine eigene "unverfälschte und authentische" Berichterstattung entgegengestellt werden. Die Betreiber wollen sich aufgrund ihrer "Autonomie" der "Macht der Regierenden" entziehen und die Verbreitung "unterdrückter Nachrichten"ermöglichen. Sie sind - ebenso wie Mailboxen und Infotelefone - das Pendant zur technisch-kommunikativen Vernetzung im: Rechtsextremismus. Wie bei den Rechtsextremisten gabes auch bei Linkextremisten das Jahr überabgestufte Prioritäten. Mehr als andere Komplexe standen bundesweit und in Hamburg Aktivitäten im Vordergrund, die unter den Sichworten "Wahlen", "Antifaschismus" und "Solidarität" mit Ausländern und Asylbewerbern einzuordnen sind. Die Ergebnisse der Europaund Bundestagswahlen dokumentierten mit 0,1%und 0,0%-Ergebnissen totale Wählerabsagen an eigenständig kandidierende linksextremistische Parteien. Die bis 1993 zunehmenden rechtsextremistischen Aktivitäten machte den "Antifaschismus" zum derzeit wichtigsten organisationsübergreifenden Kampagnenthema mit militanten Ausprägungen. Rund ein Drittel der bundesweit registrierten linksextremistischen Gewalttaten ist Bestandteil der "antifaschistischen Selbsthilfe". LinksextremistischeGewalt bedrohte und gefährdete erneutdieinnereSicherheit im vereinten Deutschland. Die Zahl der registrierten Gewalttaten ist nach einem kontinuierlichen Anstieg seit 1990 erstmalig wieder bundesweit und in Hamburg deutlich abgesunken. Dieses gilt auch für politisch motivierte Gesetzesverletzungen insgesamt, mit einer Ausnahme in der Deliktkategorie "Gefährliche Eingriffe in den Bahnund Luftverkehr": Hier haben sich vor dem Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzungen um geplante "Castor"-Transporte zum niedersächsischen Atommüll-Lager Gorleben die bundesweit festgestellten Gewalttaten von 28 (1993) auf90 gut verdreifacht. In Hamburg (1993: 6) wurden diesbezüglich keine Fälle festgestellt. Auf der Ebene des linksextremistischen Terrorismus kann es nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden keine Entwarnung geben. Hier stand der RAF-Komplex weiterhin im Zeichen innerer Widersprüche,derInhaftiertenfrage bzw. der Freilassungskampagne. 1992hatte die RAF verkündet, aufgezielte Tötungsaktionen einstweilen zu verzichten. Vor dem Hintergrundstreit zwischen "Abschwörern" und "Hardlinern" stellt sich seitdem eine neue terroristische Gruppierung, die "Antiimperialistische Zel38 le" (AIZ), in die Tradition der RAF und verübte bzw. versuchte auch 1994 zwei Sprengstoffanschläge. Die terroristischen "Revolutionären Zeilen" (RZ) hatten seit einigen Jahren als tatsächlich handelndes Bedrohungspotential an Bedeutung verloren. Ihr politisches Selbstverständnis ist in Frage gestellt. Erstmalig meldete sich die dem RZ-Bereich zuzurechnende Frauengruppe "Rote Zora" mit Brandund Sprengsätzen in Nürnberg und Gera nach mehrjähriger Handlungsabstinenz wieder zurück. Die verübten Taten ordneten sich in die bundesweite sog. "Solidaritats"-Kampagne für Ausländer und Asylbewerber ein. In Hamburg tauchte ein Bekennerschreiben auf. Angesichts der Niederlage orthodox-kommunistischer Ideologien gewinnen Utopien und individualistisch-subjektivistische Denkweisen autonomer Zusammenhänge innerhalb des gesamten Linksextremismus weiter an Bedeutung. Ihr zum Teil militanter Aktionismus wurde bundesweit und in Hamburg erneut sichtbar. An einigen Randstellen autonomer Gruppen gibt es fließende Übergänge zu antiimperialistischen und terroristischen Konzepten. Die Hafenstraße und die "Rote Flora" haben als ehemals zentrale Brennpunkte autonomer und antiimperialistischer Strategien weiter an Bedeutung verloren. Die Hafenstraßenbewohner provozierten im abgelaufenen Jahr sporadisch polizeiliches Eingreifen. In der "Roten Flora" verdichteten sich szene-kulturelle Ambitionen, interne Debatten dominierten gegenüber früherer Militanz. Störaktionen gegen die Feiern zum Tag der deutschen Einheit und den Essener EU-Gipfel, viel weniger die Auseinandersetzungen um "Castor"-Transporte nach Gorleben, beschäftigten die Hamburger autonome Szene. In die vielseitigen Proteste gegen Umstrukturierung und Stadtteilentwicklung mischten sich in Hamburg erstmals militant zugespitzte Konfrontationen mit der Staatsgewalt in der Wohnwagenstandortfrage. Mehrere linksextremistische Organisationen, die sich an revolutionär-marxistischen Dogmen orientieren, haben in Hamburg Ortsgruppen, Landesoder Bezirksverbände. Beim DKP-Bezirk Hamburg als personell stärkster Organisation ist die Mitgliederabwanderung gestoppt. Verluste und Neurekrutierungen glichen sich in etwa aus. Die Partei suchte insbesondere bei Wahlen Anschluß an die PDS. Auch die von der ehemaligen dogmatischen "Neuen Linken" nachgebliebenen Reste des BWK und der VSP begaben sich auf PDS-Kurs. Die MLPD - ebenfalls ein Fossil aus der "K-Gruppen"Zeit - glaubte dagegen weiterhin, mit ihren bundesweit über 2.000 Mitgliedern den "echten Sozialismus" im Alleingang erreichen zu können. Trotzkistische Gruppierungen und Strömungszirkel haben - auch in Hamburg - die trotzkistische EntrismusStrategie neu aufgegriffen. Selbst zahlenmäßig unfähig, in ihrem Sinne aus eigener Kraft politische Wirkungen zu erzielen, versuchen einige, als "Maulwürfe" (Eigenbezeichnung) in demokratischen Organisationen zu wirken. 39 Ausländerextremismus Das politische Verhalten extremistischer ausländischer Personen und Organisationen Deutschland spiegelt überwiegend ungelöste politische Konflikte in ihren Heimat dern wider. Es handelt sich zumeist um Konflikte zwischen den Regierungen der Hei matländer und radikalen Oppositionsgruppen, aber auch um Gegensätze zwischen tionalistisch, religiös, ethnisch und linksextremistisch motivierten Parteien bzw. wegungen. Zum Teil wird das politische Verhalten ausländischer Extremisten i Deutschland aber auch von der Art der Beziehungen bestimmt, die zwischen land und den Regierungen der Herkunftsländer bestehen. Organisationen, die den Sturz des politischen Systems im Herkunftsland anstreben, verhalten sichzumeist auchkritisch oder aggressiv gegenüberdemGastland, wenn es freundschaftliche Beziehungen zum Herkunftsland pflegt. Gibt es in den offiziellen deutschen Beziehungen zu den Herkunftsländern Gegensätze oder Vorbehalte bzw. toleriert die deutsche Regierung regierungsoppositionelle Heimatgruppierungen deutschem Boden, stößt dieses auf Kritik und Widerstand regierungsfreundlicher Or'ganisationen der Herkunftsländer. 'Anhänger türkischer und kurdischer Linksund Rechtsextremisten bildenzurZeit das} 'gefährlichste Bedrohungspotentialfür die innere Sicherheit in der Bundesrepublik. Die' Statistiken über politisch motivierte Gesetzesverletzungen und Gewalttaten, die 1994 von Ausländern begangen wurden und bestimmten Volksgruppen zugerechnet werden. konnten, legen hierüber Zeugnis ab: Der weit überwiegende Teil der 1994 festgestellten von Ausländern begangenen politisch motivierten Gesetzesverletzungen ging - ungeachtet ihres Betätigungsverbotes - von Anhängern der PKK und damit von kurdischen Linksextremisten aus: 'h-ideologisch, 93% 1,9% verhältnis linksextremistisch islamistisch Kurden 373 75,2% (EPKK) Die bundesweite Statistik über politisch motivierte Gewalttaten im Bereich des Ausländerextremismus weist einen Anstieg der verübten Gewalttaten von 195 (1993) auf 262 (1994), mithin um 34% auf. Die Summe schwerer Gewaltakte hat sich von 66 (1993) um 15% auf 76 (1994) erhöht: Te [Sprengstofanschlüge Brandanschläge set 81 Summe der schweren Gewaltakte 1266: 1:,962=1 Sonstige Gewaltakte Fubschermbungen ea -----------[Körperverletzung | [Landiriedensbrücherttr [Sachbeschädigungen erhebL.Gewaltanwendungmit | 60 | 25 | | [Summe der sonsigen Gewalaakie [19 [180] [Gewaltsen insgesam 118 [202] [GewaltandrohungnTI a 6 | [Sonsige Geseizesverleizungen | 95 | 255 | ee Else *) insges. 5 Todesopfer, **) insges. 5 Todesopfer, ***) im Bereich v. Spendengelderpressungen muß v. einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, ****) davon mindestens 21 mit Körperverletzungen und 4 Landfriedensbrüche mit 5 Tötungsversuchen. 41 4. Rechtsextremismus 4.1. Grundlagen und Formen des Rechtsextremismus Die ideologischen Grundzüge des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik haben] sich seit dessen ersten Erfolgen Mitte der sechziger Jahre kaum gewandelt. Charakteristisch ist, daß er über kein geschlossenes wissenschaftliches Lehrgebäude, wie etwa der Marxismus-Leninismus, verfügt. Die rechtsextremistischen Lehrsätze setzen sich aus Fragmenten verschiedener ideologischer Teilbereiche zusammen. Die fehlende geschlossene Theorie wird durch das im Rechtsextremismuspraktizierte Führerprinzip zumindest teilweise kompensiert. Rechtsextremistische Politik ist weitgehend vom Willen und den Fähigkeiten der Führungspersonen abhängig. Deren politische Grundmen. Die Grundelemente des Rechtsextremismus sind Nationalismus, Verabsolutierung des Staates und völkische Ideologie, in Deutschland in der verschärften Form einer Rassenideologie. Die Aktivitäten rechtsextremistischer Organisationen richten sich gegen die Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 23. Oktober 1952, in dem die Verfassungswidrigkeitder "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) festgestellt wurde, die Merkmale beschrieben, die rechtsextremistische Organisationen kennzeichnen: - Mißachtung wesentlicher Menschenrechte, besonders der Würde des Menschen, seines Rechtes auf freie Entfaltung und des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz. Hintergrund sind die IdeologiedesabsolutenPrimats des Staates vor der Person und die Wiederbelebung des Antisemitismus. - Bekämpfungdesfür einefreiheitlicheDemokratiewesentlichenMehrheitsprinzips. Hintergrund sind die grundsätzliche Verunglimpfung der anderen Parteien als "Systemparteien" und deren Bekämpfung mit dem Ziel, sie auszuschalten. - Ein innerer AufbauderPartei, der nicht denNormen derDemokratieentspricht, sondern imGeist des Führerprinzips vonobennachunten durchgeführt wird. Das Gericht ging von dem allgemeinen Schlußaus,daßeineParteidieStrukturprinzipien,die sie beisichselberverwirklichthat,auch imStaat durchsetzenwird. = _Wesensverwandtschaft in der Vorstellungswelt und im Gesamtstil mit der früheren NSDAP. Hintergrund sind der mythisierte Reichsgedanke, überhebliches Sendungsbewußtsein, die Vorstellung von deutscher Hegemonie, die sich in Äußerun- gen führender Funktionäre, in Veröffentlichungen oder Parteiprogrammen rechtsextremistischer Parteien finden. Diese Merkmale müssen nicht insgesamt vorliegen, um eine Vereinigung als rechtsextremistisch einzustufen. Vielmehr ist eine rechtsextremistische Organisation bereits dann als verfassungsfeindlich anzusehen, wenn sie gegen einzelne fundamentale Verfassungsgrundsätze verstößt. Rechtsextremistische Organisationen versuchen zunehmend, durch offene Bekenntnisse zum Grundgesetz, durch neutral gehaltene, möglichst juristisch unangreifbare Programme sowie durch Mäßigung in ihrem öffentlichen FBaB SmH 'Auftreten und in ihrer öffentlichen Propaganda aus taktischen Gründen ihre wahren 'Absichten zu verschleiern. Dies gilt mittlerweile auch für neonazistische Gruppierungen. Diese Taktik erschwert den Nachweis der Verfassungsfeindlichkeit. Teilweise gelingt es Rechtsextremisten, alte ideologische Inhalte in ein neues, modernes sprachliches 'Gewand zu kleiden. So werden etwa rassistische Aussagen unter dem Begriff "Eihnopluralismus" in eine unverdächtige Form gebracht, Der Rechtsextremismus ist in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren vielfälti'ger geworden. Lange Zeit wurde er in die Bereiche "Neonazismus", "nationaldemoBT BuerRZkratische Organisationen", "national-freiheitliche Organisationen", "unabhängige Jugendorganisationen" und "Kulturund Weltanschauungsvereinigungen" unterteilt. Damit läßt er sich heute nicht mehr zutreffend beschreiben. Auf Grund ihrer Entstehungsgeschichte lassen sich beispielsweise die größeren Organisationen "REPUBLIKANER" und die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) nicht in dieses Schema einordnen. Wegen weitgehend übereinstimmender politischer Positionen wären derartige Einteilungen inzwischen eher willkürlich. Sie entsprechen eher den Egoismen der jeweiligen Führungen. Als Ergebnis der Organisationsverbote seit Ende 1992 verliert der Organisationsstatus insbesondere neonazistischer Gruppierungen zunehmend an Bedeutung. Wegen der latenten Gefahr, sich mit etwaigen Neugründungen wegen Fortführung verbotener Organisationen strafbar zu machen, bemühen sich Neonazis verstärkt, unstrukturierte Gesinnungsgemeinschaften ("Bewegungen") aufzubauen, die aus bestimmenden Kadern und Anhängern bestehen. Mit dem Verzicht auf Organisationshüllen unterlaufen sie staatliche Verbote. Abseits vom organisierten Rechtsextremismus hat sich aus Theoriezirkeln, Zeitungen, Verlagen aber auch einzelnen Burschenschaften ein intellektueller Rechtsextremismus entwickelt. Er kann mit dem Begriff "Neue Rechte" nur unzureichend umschrieben werden. Diese intellektuelle "Neue Rechte" stützt sich weitgehend auf die Ideologie der "Konservativen Revolution" aus der Zeit der Weimarer Republik. Sie ist zum einen Ideengeber und Vordenker des Rechtsextremismus und verwischt andererseits Gren43 zen zum nicht extremistischen nationalkonservativen Spektrum. Dadurch trägt sie "modern" geprägte Begriffe und Ideen, die nicht ohne weiteres alsrechtsextremistisch zu erkennen sind, bis in demokratische Gesellschaftsbereiche hinein, um sie dort hoffähig zu machen. Es wäre nicht sachgerecht, den deutschen Rechtsextremismus pauschal als "neonazistisch" oder "faschistisch" einzustufen. Verschiedene Bereiche unterscheiden sich zumindest teilweise nach ihren Aktionsformen, aber auch in ihrer politischen Ausrichtung, so in ihrer Stellung zum Nationalsozialismus. Mißerfolge bei Wahlen bzw. verstärkte staatliche Repression haben öffentliche Betätigungen weitgehend unterbunden, lassen zugleich aber rechtsextremistische Bereichsgrenzen zunehmend zerfließen. Gemeinsamer Nenner weiter Teile des Rechtsextremismus ist, daß sie durchweg die Gesellschaftsordnung konsequent ablehnen und sich als Fundamentalopposition gegen das bestehende "System" in der Bundesrepublik verstehen. Der Neonazismus unterscheidet sich vom übrigen Rechtsextremismus durch unverhohlenen Radikalismus und öffentlichen - Straftaten einschließenden - Aktionismus. Neonazismus ist die radikalste Form des Rechtsextremismus: etliche seiner Anhänger bezeichnen sich ausdrücklich selbst als "ultraradikale Rechte". Neonazis knüpfen an nationalsozialistische Weltanschauung, Programmatik und Machtansprüche an. Für die allermeisten ist Adolf HITLER überragende Leitfigur. Eine Minderheit orientiert sich an der sozialrevolutionären Frühform des Nationalsozialismus, seinerzeit insbesondere von den Gebrüdern STRASSER repräsentiert. Diesem neonazistischen Flügel gehören insbesondere die Anhänger der verbotenen "Nationalistischen Front" (NF) an. Neonazis übernehmen Symbole des Nazismus - insbesondere das Hakenkreuz - und streben danach, nationalsozialistische Organisationen neu zu konstituieren. Weil ihnen konsequente strafrechtliche Verfolgung droht, benutzen sie diese Symbole zumeist nur noch anonym bzw. geben sie diese Ziele möglichst nur noch ohne mögliche Zuordnung zu einer Organisation zu erkennen. Offene Werbung für den Nationalsozialismus kommt fast ausschließlich aus dem Ausland, insbesondere mit Hilfe der von Gary LAUCK geführten NSDAP/AO aus den USA. Diese Organisation steht im engen Kontakt zu deutschen Neonazis und verbreitet ihr Propagandamaterial in der gesamten Bundesrepublik. Neonazis bekämpfen die demokratische Staatsform der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, sie zu vernichten. An ihre Stelle soll eine totalitäre Regierungsform mit Führer-Gefolgschaftsprinzip nach dem Vorbild des "Dritten Reiches" treten. Die Neonazis vertreten rassistische Ideen, insbesondere in Form von Antisemitismus und aggressiver Ausländerfeindlichkeit. Sie leugnen nationalsozialistische Greueltaten. Neonazistische Aktivisten sind zumeist junge Menschen, die nach dem zweiten Weltkrieg 'geboren sind und den Nationalsozialismus selbst nicht erlebt haben. Vereinzelt sind auch noch alte Nationalsozialisten aktiv, teilweise auch als Förderer. Bisherige regionale Ansätze, Neonazis in einer neonazistischen Bewegung zu vereinheitlichen, waren erfolglos und erscheinen auch zukünftig aussichtslos. Trotz vielfälti ger Appelle zur Gemeinsamkeit ist die""Szene" zerrissen - ein im Grunde symptomatisches Defizit des gesamten Rechtsextremismus. Ihr fehlt ein langfristig angelegtes realistisches Programm als permanente Handlungsanleitung und Aktionsgrundlage in der schnellebigen modernen Gesellschaft, das zudem geeignet wäre, Anhänger zu schulen und politisch zu festigen. Besonders Neonazis fehlt weiter eine kritische, realistische Analyse ihrer Situation und ihrer Erfolgsmöglichkeiten unter den herrschenden Bedingungen in der Bundesre| blik. Es mangelt an qualifizierten Personen, die befähigt und interessiert wären, pol sche Fragen und Inhalte zu verinnerlichen, sich schulen zu lassen bzw. ihr Wissen in Schulungen systematisch weiterzuvermitteln. Neonazis und andere Rechtsextremisten rekrutieren sich in großem Maße aus anpolitisierten Mitläufern. Sie sind dadurch aber nicht minder gefährlich. Das System des Neonazismus funktioniert in Abhängigkeit von einer herausragenden unumstrittenen Führungsperson, die blindes Vertrauen ihrer 'Anhänger genießt und ein richtungsweisendes Programm vorweist. Weil es nur wenige derartige Führungspersonen in der Bundesrepublik gibt, fühlt sich eine Reihe von Aktivisten als "Führer" berufen und vollführt Konkurrenzkämpfe, Abgrenzungen und Spaltungen innerhalb des neonazistischen Lagers. Nach der Verbotswelle seit 1992 existieren in der Neonaziszene kaum noch größere, überregionale Organisationen. Lediglich die "Hilfsorganisationfür nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) und die"Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) hatten 1994 noch einige Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht hat die ihm vorliegenden Verbotsanträge gegen die FAP und die auf Hamburg beschränkte "Nationale Liste" (NL) mit einem am 23.02.1995 zugestellten Beschluß als unzulässig zurückgewiesen, weil beide nicht die verfassungsmäßige Definition von Parteien erfüllten. Am 24.02.1995 wurden daraufhin durch den Bundesinnenminister gegen die FAP und durch die Hamburger Behörde für Inneres gegen die NL Organisationsverbote nach dem Vereinsrecht erlassen ((r) siehe Kapitel "Neonazismus"). Den ältestesten noch bestehenden Teil des deutschen Rechtsextremismus verkörpern die sich selbst "nationaldemokratisch" nennenden Organisationen: Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), ihre Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (IN) und ihre Studentenorganisation "Nationaldemokratischer Hochschul'bund"" (NHB). Obwohl die Wurzeln der Nationaldemokraten bis auf Vorgängeror'ganisationen unmittelbar nach dem Zusammenbruch des NS-Staates 1945 zurückgehen und politisch "heimatlos" gewordene ehemalige Nationalsozialisten sich 1964 als Mitbegründer der NPD wiederbetätigten, berufen sich die Nationaldemokraten ideologisch nicht auf den Nationalsozialismus. Allerdings leugnen sie dessen Verbrechen. Der Revisonismus - Verfälschung/Umdeutung/Leugnung geschichtlicher Tatsachen - rückt zunehmend in den Mittelpunkt der NPD-Agitation. 45 Jegliche nationaldemokratische Politik geht von einem Staatsbegriff aus, der sich auf | | einer rassistisch geprägten Volkstumsideologie gründet. Konstitutiv ist ferner die Wei- | | gerung, die historisch-politischen Gegebenheiten nach 1945 anzuerkennen. Die NPD | | hatte auf ihrem Höhepunkt 1969 mit etwa 28.000 Mitgliedern nur knapp den Einzug in den Bundestag verfehlt. Sie hat heute den vorläufigen Tiefpunkt ihrer Parteigeschichte erreicht. Zum nationaldemokratischen Organisationsspektrum zählt auch die auf Hamburg begrenzte Partei "Hamburger Liste für Ausländerstopp" (HLA). Teile der Hamburger NPD hatten sie 1982 gegründet, um sich unter populistischer Flagge an der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft zu beteiligen. Diese NPD-Abspaltung war rein taktischer und persönlich bedingter Natur. Sie beruhte nicht auf politischen oder ideologischen Ditferenzen. Die enge Nähe des NPD-Landesverbandes Hamburg zur HLA ergibt sich schon daraus, daß eine Person zugleich Vorsitzender beider Organsiationen ist. Den mitgliederstärksten Komplex des deutschen Rechtsextremismus bilden die "REPUBLIKANER" und die sich selbst "national-freiheitlich" nennenden Organisationen des Münchener Verlegers Dr. Gerhard Frey. Der von Dr. FREY absolutistisch geführte "national-freiheitliche Gesamtkomplex" besteht aus dem 1972 gegründeten Verein "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) mit seinen sechs Aktionsgemeinschaften sowie der Partei "Deutsche Volksunion" (DVU), die 1987 unter dem Namen "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU-Liste D) gegründet wurde. Kraft Satzung sind die Mitglieder des Vereins und der Aktionsgemeinschaften auch Mitglieder der Partei, sofern sie dieses nicht ausdrücklich ablehnen. In ihrem Ursprung sind die "National-freiheitlichen" eineAbspaltung der NPD. Dr. FREY hatte vor Gründungdes Vereins DVUhohe Funktionen im Bundesvorstand der NPD.Die weit überwiegende Mehrzahl der Mitglieder wird von derParteiführung absichtlich politisch inaktiv gehalten, um unliebsame Oppositionin den Organisationen auszuschließen. Die meisten Mitglieder beschränken sich zumeist darauf, die Wochenzeitungen des Dr. FREY zu abonnieren, Beiträge und Spenden zu entrichten und bei dem von Dr. FREYs Ehefrau betriebenen "Freiheitlichen Zeitungsverlag GmbH" Gedenkmedaillen, Schallplatten, Kassetten und Bücher mit rechtsextremistischem Inhalt zu kaufen. Für diese Artikel wird in den Wochenzeitungen des Dr. FREY "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und "Deutsche Wochenzeitung" (DWZ) massiv geworben. Finanzielle Aspektescheinen bei denpolitischen Ambitionen des Dr. FREY von Bedeutung zu sein. Die "national-freiheitlichen" Organisationen haben keine geschlossene eigene Ideologie entwickelt. Ihre Grundthemen sind Ideologiefragmente aus dem rechtsextremistischen Standard-Katalog: eine aus rassistischen Volksverständnis geborene ausländerfeindliche Propaganda gegen die Überfremdungdesdeutschen Volkes, einfrüher ag46 gressiver - heute subtilerer - Antisemitismus sowie ein stark ausgeprägter Nationalismus. Letzterer drückt sich in Beschimpfungen vermeintlich "deutschfeindlicher" Staaten und in Gebietsforderungen insbesondere gegenüber Polen aus - zeitweilig auch im Zusammenspiel mit dem russischen Ultranationalisten SCHIRINOWSKU. Inzwischen 'geht die DVU auf Distanz zu SCHIRINOWSKU. Auch die "National-freiheitlichen" leugnen permanent deutsche Kriegsschuld und NS-Verbrechen. Die "REPUBLIKANER" (REP) sind die einzige rechtsextremistische Partei mit einstmals demokratischen Wurzeln. 1983 als CSU-Abspaltung entstanden und seit der Übernahme des Parteivorsitzes durch Franz SCHÖNHUBER auf deutlichem Rechtskurs, komplettieren die REP als nationalpopulistische Partei das rechtsextremistische Spektrum. Wie alle rechtsextremistischen Parteien, sind auch die REP keine Programm-, sondern eine Weltanschauungspartei. Abweichend von anderen rechtsextremistischen Parteien, wie z.B. der NPD, steht bei den REP kein geschlossenes politisch-ideologisches Konzept im Vordergrund, sondern ein auf Massenwirksamkeit zielender rechter Populismus. Ihre demagogische, auf das Anheizen von Emotionen gerichtete Agitation lebt davon, Feindbilder zu verbreiten und Ressentiments zu schüren. Sie richtet sich gegen demokratische Institutionen und 'deren Repräsentanten, die einer "deutschfeindlichen" Politik bezichtigt werden. Daran hat sich auch nach der Abwahl SCHÖNHUBERS nichts geändert. Der "völkischkollektivistische" Nationenbegriff und autoritäres Staatsverständnis stehen - wie bei NPD oder DVU - im Mittelpunkt des politischen Denkens und Handelns. Insbesondere der von SCHÖNHUBER vertretene Flügel der "REPUBLIKANER" betonte zunehmend seine Fundamentalopposition zum bestehenden System. Die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) wurde als nationale Sammlungsbewegung von abgespaltenen Anhängern der NPD und der"REPUBLIKANER" im Jahre 1991 unter dem Namen "Deutsche Liga" (DL) gegründet. Sie konnte bisher keine eigenständigen politischen Positionen erarbeiten, um sich programmatisch von konkurrierenden rechtsextremistischen Parteien zu unterscheiden. Das DLVH-Parteiprogramm enthält sprachliche und ideologische Anlehnungen an das NPD-Programm. Ihre Agitationsthemen entsprechen denen anderer rechtsextremistischer Organisationen. Neben der Partei besteht der "Förderverein Vereinigte Rechte". Er sieht seine Auf'gaben in der Wahrung, Pflege und Förderung "deutscher" Interessen. Hierzu will er insbesondere einen Zusammenschluss nationaler Parteien und Verbände zu einer gemeinsamen Wahlpartei fördern. Neben den vorgenannten gab es Ende 1994 41 weitere rechtsextremistische Organisationen mit zusammen etwa 2.800 Mitgliedern. Bei ihnen handelt es sich um ein Sammelsurium von Organisationen unterschiedlichster Ausrichtung, teils regionaler, teils überregionaler Bedeutung. Zu ihnen gehören rechtsextremistische Kleinstparteien, aber auch Organisationen, die sich kulturellen, traditionspflegenden und weltanschaulichen 47 Aufgaben widmen, ferner Jugendund Studentenorganisationen. Aktivitäten dieser Vereine beschränken sichzumeist aufinterneVeranstaltungen undSeminare, auf denen z.T. prominente Referenten Vorträge halten. In einigen dieser Organisationen werden offen rassistische und antisemitische Thesen vertreten. Nicht nur in der Bundesrepublik wächst die Bedeutung nationalistischer Agitation. Ermutigt durch nationalistische Bestrebungen in mehreren Teilen der Welt - insbesondere im zerfallenen ehemaligen sowjetischen Einflußgebiet, vertreten deutsche Rechts'extremisten den Nationalismusals vermeintlicheIdeologie der Zukunft zunehmend offensiv. In der Öffentlichkeit beschränkt sich Nationalismus z.T.aufprimitive Parolen wie "Deutschland den Deutschen" oder"Ausländer raus". Tatsächlich besteht er aus zwei Elementen: einem innerenund einem nach außen gerichteten Nationalismus. Der Nationalismus im Inneren trägt antiliberale, antikapitalistische und antidemokratische Züge. Nach innen richten sich Fremdenhaß, Angstmache vor Überfremdung, Volkstod oder Vermischung. Innengerichtete Agitation geißelt u.a. die multikulturelle Gesellschaftundstempelt die in Deutschland lebenden Ausländerzum Sündenbock vieler Probleme. Diese sich z.T. in GewaltentladendeAgitation wird von Ideeneiner nationalistischen Kulturpolitik (nationale" Kulturrevolution) begleitet, die sich in extremer Form gegen Einflüsse fremder, insbesondere amerikanischer Kulturelemente wendet. An ihrer Stelle soll der "traditionellen" deutschen Kultur, zum Teil als Rückbesinnungauf die "germanischen Vorfahren" wieder Geltung verschafft werden. Äußerer Nationalismus verficht den Nationalstaat. Supranationale Strukturen und politische Vorhaben, wie das Vertragswerk von Maastricht mit Kompetenzenverlagerungen auf europäische Gemeinschaftseinrichtungen, lehnen Nationalisten daher vehementab. Sie würdigenauchandere Völkerheraboder beanspruchenvon anderenStaaten die RückgabevonGebieten, die sieweiterhin als lediglichvorübergehendfremdverwaltetes deutschesTerritorium ansehen. Dieses kommtauch darin zumAusdruck, daß sie das Gebiet der ehemaligenDDR nicht als Ostdeutschland, sondern als "Mitteldeutschland" bezeichnen. Rassismus ist ein besonders typisches Merkmal des deutschen Rechtsextremismus. Er ist in ähnlicher Ausartung in anderen Ländern kaum zu finden. Rassistische Theorien gehen von der Ungleichheit derMenschen aus. Währendauf internationaler Ebene überwiegend die Überlegenheit der "weißen Rasse" und deren Bewahrung propagiert wird,kommenin Deutschland darüber hinausspezielldie Thesenvon der Überlegenheit der nordischen Rasse hinzu, die angeblich Ursprung und Hort aller menschli'chen Zivilisation ist. Der im Nationalsozialismus konzipierten Rassenlehre und deren mörderischer Umsetzung stimmen auch heute noch viele Rechtsextremisten zu. Sie werden in eigene rassistische Überlegungen einbezogen. Rassismus ist Grundlage der ausländerfeindlichen Gewalt in der Bundesrepublik. 48 'Rassismus "moderner" Form wird unter dem Begriff "Ethnopluralismus" verbreitet. Er versteckt sich hinter zunächst unverdächtig klingenden Grundbegriffen und verklei'deten Formulierungen, die nicht auf Anhieb durchschaubar sind. Diese Erscheinungs'form des Rassismus hat bis in konservative Kreise hinein Eingang gefunden. Seine 'Grundsubstanz und Gedankenstruktur haben sich jedoch kaum gewandelt. 4.2. Erscheinungsformen rechtsextremistischer Denkund Verhaltensweisen 4.2.1. Strategien, Konzepte, Praktiken Seit etwa 5 Jahren überwiegen aufstrebende rechtsextremistische Tendenzen in den Beschreibungen verfassungsfeindlicher Bestrebungen in Deutschland. Das Jahr 1994 225Emmw7 'dürfte in künftige Verfassungsschutzberichte als zumindest graduelle Zäsur eingehen. Im Zuge einer ihnen in zweifacher Hinsicht abträglichen Entwicklung sehen sich Rechtsextremisten Absagen, Widerständen und Sachzwängen ausgesetzt, denen sie 'sich nur noch durch radikale konzeptionelle und strategische Umsteuerungen entziehen zu können glauben. Wählerabsagen bescherten ihnen einerseits eine für sie enttäu'schende Serie von Wahlniederlagen. Andererseits hat das Abwehrinstrumentarium der streitbaren Demokratie ihre Strukturen und Aktivitäten vielfach empfindlich getroffen. 'Rechtsextremistische Gesinnung und Propaganda begegnen den Bürgern im Alltag in HE,ud"Mk vielfältiger Form: als Flugblätter, Postwurfsendungen, Wahlplakate, als Zeitungen, aber auch in Form heimlich verklebter Kleinstbotschaften oder Schmierparolen an Häuserwänden, Laternenmasten, Bahnhöfen oder bei Nacht und Nebel z.B. an Autobahnbrücken aufgehängten Spruchbändern. Vereinzelt erhalten die Überbringer rechtsmu 'extremistischer Propaganda im Zusammenhang mit Wahlkämpfen auch Zugang zu 'Wahlwerbesendungen im Rundfunk und Fernsehen. Soweit es ihnen gelingt, bei Wahlen Mandate zu erringen, werden die Bürger über Nachrichtensendungen und Reporta'gen mit rechtsextremistischem Gedankengut konfrontiert. 'Die handelnden Personen können sich allerdings immer weniger darauf verlassen, un'gestört auf der öffentlichen Bildfläche zu erscheinen. Direkte Agitation auf Straßen und Plätzen ist daher kaum vorzufinden. Wenn es ihnen in Einzelfällen dennoch gelingt, treten insbesondere Neonazis zum Teil in martialischen Aufmachungen und mit Ritualien auf, die an Wochenschauberichte und andere Filmdokumente aus der deutschen nationalsozialistischen Vergangenheit erinnern. Mit ausländerfeindlichen Ag'gressionen durch Stadtteile streifende, anpolitisierte bzw. miliante Skinheads tauchen in den Bildern der Nachrichtenmedien seltener, als noch vor wenigen Jahren auf. Die 'Anwesenheit militanter Rechtsextremisten ist allerdings nach wie vor an den schreck49 lichen Spuren ihrer aus dem Hinterhalt heraus begangenen Straftaten gegen Mensch: und deren Eigentum ablesbar. Direkte Agitation von "unten" und Versuche, insbesondere rechtsextremistischer Parteien, das System der freiheitlichen demokratischen Grundordnung mit Hilfe Wählermandaten von "oben" her zu beseitigen, flankieren verstärkte strategische Optionen intellektueller Ideenträger der sog. "Neuen Rechten", mit einer geistigen Offensive über das politische Meinungsklima eine Art "Kulturhegemonie" zu erringen und das "herrschende" System von innenher zu "knacken". Träger rechtsextremistischer Wahlbewegungen suchen nach Auswegen aus einer Seri von Wahlniederlagen. Aus der wachsenden Erkenntnis, das "marode Bonner System" nicht auf parlamentarischem Wege zu einem völkischen Nationalstaat "reformieren" zu können, artikulieren sich Bestrebungen hin zu einer außerparlamentarisch akzent ierten "Fundamentalopposition". Lästige Rivalitäten sollen sich in einer Art "Volks'front des nationalen Lagers" auflösen. Rechtsextremisten sind infolge staatlicher Reaktionen auf die von ihnen Gefahren zunehmend in Bedrängnis geraten und sehen sich vielfach der Illegalität ausgesetzt. Verbote, Strafverfolgungen und Durchsuchungen haben ihre Spielräume sicl bar undfühlbar eingeengt. Sie betrachten sich zunehmendals"Dissidenten", "Opfer 'politischer Verfolgung" und "Märtyrer" eines "Unrechtsstaates". In tiefgreifenden Grundsatzdebatten suchten ihre Vordenker auch in diesem Jahr nach neuen Strategien] und Konzepten, um demaufihnenlastenden Druckauszuweichen,sichausderder fensive zu lösen und Handlungsfreiheit zurückzugewinnen. Als Ergebnis dieser Umdenkungsund Umorientierungsprozesse gab es 1993 erste folge bei der technisch-kommunikativen Vernetzung der rechtsextremistischen Szene.) 1994 wurden Weichen in Richtung auf gruppenübergreifende Kräfteverk] gestellt. Um sich dem exekutiven Zugriff, lähmenden Sachzwängen und strafrechtlicherVerfolgung - zugleichaberauch der Beobachtung - zu entziehen, sollen tionsbedingte Angriffsflächen beseitigt oder durch eine "autonome" Infrastruktur unkenntlich gemacht werden. Unter Verzicht auf klassische Hierarchieebenen und rechtlich konstituierte Organisationsgerüste wird insbesondere im neonazistischen Spektrum an einem netzartigen, gruppendurchlässigen Kameradschaftsund Initiativenverbund gearbeitet. Dabei zeichnen sich zunächst regionale "Bewegungen" ab, die sich später als überregionale "nationale Bewegung" vereinigen sollen. In diesem Zusam-' menhang werden engere Verzahnungen von Neonazis mit der Basis rechtsextremistischer Parteien sichtbar. Unvereinbarkeitsbeschlüsse werden aufgeweicht und damit zu Makulatur, Konzeptionell greifen Rechtsextremisten damit zum Teil - wenn auch mit völlig anderer Kausalitätbei linksextremistischen "Autonomen" abgelesene Strukturprinzipien so auf. Im Gegensatz zu linken "Autonomen" folgt ihr theoretischer Ansatz jedoch nicht antiautoritären, antihierarchischen oder emanzipatorischen Motiven. 'Als organisationsübergreifende Klammer erweist sich - mit umgekehrten Vorzeichen - ua. ein ebenfalls linksextremistischen Konzepten nachempfundenes, langfristig angelegtes Kampagnenprojekt: die sog. "Anti-Antifa". Sie vereinheitlicht das Feinddenken, fördert das Lagerbewußtsein und professionalisiert die Vorbereitung von Aktionen gegen politische Gegner. 'Auch mit taktischen Winkelzügen versuchten Rechtsextremisten, staatliche Organe zu überlisten und Handlungsspielräume zurückzugewinnen bzw. die Folgen staatlicher 'Abwehr zu kompensieren. Mit einer im August zeitgleich bundesweit gestreuten Serie von Demonstrationsund Kundgebungsanmeldungen zu ein und demselben Anlaß 'spekulierten sie auf etwaige Lücken im staatlichen Verbotsnetz. Um die Behörden zu beschäftigen", wurde auch mit Scheinanmeldungen taktiert. An anderer Stelle dieses Berichtes wird auf diese Taktik näher eingegangen. Schon immer haben politische Extremisten versucht, staatliches Handeln durch Nadeistichtaktik, Desorientierung und formaljuristische Ablenkungsmanöver zu erschweren, gleichsam "Sand ins Getriebe zu streuen". Rechtsextremisten praktizieren angesichts verschärfter strafrechtlicher Verfolgung vermehrt Prozeßverschleppung. Auch versuchen sie, staatliche Institutionen und Repriisentanten durch demonstrative Klageerhebungen ins Zwielicht sog. "Volksfeindlichkeit" zu stellen. Eine Reihe von Anhaltspunkten läßt befürchten, daß einzelne Rechtextremisten danach trachten, künftig aus der Illegalität heraus als anonyme Aktionsgruppen mit Waffen und Sprengstoff - durchdie "PropagandaderTat" - dem "deutschenBefreiungskampf" neue Impulse zu verleihen. Anzeichen sind u.a., daß sie sich intensiver mit theoretischen Anleitungen linksextremistischer Guerillavorbilder und Logistikproblemen auseinandersetzen und daß zudem Bomben-"Bastelanleitungen" sowie Schriften zum militanten Widerstand in rechtsextremistischen Kreisen kursieren. Erhebliche Energien und materiellen Aufwand investieren Rechtsextremisten weiterhin in ihre technische Aufrüstung. Faxgeräte und Anrufbeantworter gehören inzwi'schen zum Mindeststandard. Verstärkt werden Mobiltelefone des C-, D- und E-Netzes 'eingesetzt, denen wegen ihrer relativen Abhörsicherheit herausragende Bedeutung zukommt. Sie ermöglichen abgeschirmte oder verschlüsselte Nachrichtenübermittlung an ewählte Zielpersonen, andere konspirative Verhaltensweisen sowie kurzfristige, Reaktionen bei der Organisierung und Absicherung eigener Veranstaltun'gen. "Ordnergruppen" sichern rechtsextremistische Veranstaltungen mit Sprechfunk'geräten und anderen Funkanlagen gegen Übergriffe politischer Gegner. 51 Als bundesweites elektronisches Kommunikationsmittel erleichtern Mailboxen Nachrichtenaustausch, unverzügliche organisationsübergreifende Mobilisierungen Koordinierungen. Sie sollen "Gegenöffentlichkeit" herstellen, eine Datenbank für "nationale Aktivisten" entwickeln und auf Grund relativer Sicherheit gegen Ausspähung" auch Verfolgungsdruck mindern. Weitergehende Optionen steuernaufeine internati nale Kommunikationsschiene zu. Inzwischen existieren im rechtsextremistischen) "Thule-Netz" Mailboxen in mindestens 10 deutschen Städten: Erlangen ("Widerstand"), München ("Janus"), Bonn ("Germania"), Oftersheim ("Elias"), Winnenden ("Empire"), Marktrodach ("Kraftwerk"), Frankfurt ("Rechtsweg"), Karlsruhe ("Pro'paganda"), Kassel ("Geier") und Hameln ("Werwolf"). Weitere Mailboxen sind im Aufbau. Die Betreiber achten darauf, daß keine Inhalte eingespielt werden, für die sie zur Verchen. Dennoch wurden in einem Fall indizierte Computerspiele und Tonträger mit ii dizierter Skinhead-Musik angeboten. Seit Mai betreibt der Kreisverband Frankfurt/M. der "REPUBLIKANER" eine eigene Mailbox unter der Bezeichnung "Future-Decision". Sie dient der Weitergabe propagandistischer Texte und parteiinterner Informationen. Die Betreiber des "Thule-Netzes" und der REP-Box schließen gegenseitig eine Zusammenarbeit aus. "Nationale Info-Telefone"(NIT) in Berlin, Franken, Hamburg, Halstenbek und Düsseldorfhaben sich ebenfalls zu einem wichtigen Kommunikationsmittel für Rechtsextremisten entwickelt. Einige andere "Infotelefone" haben ihren Betrieb - zum Teil 'Grund staatlicher Intervention - inzwischen eingestellt. NITs geben Veranstaltungsund Mobilisierungshinweise, machen aufrechtsextremi chenfürstrafrechtliche Verfolgungenzubieten.Dieelektronische Vernetzung li den neuen, nicht mehr hierarchisch dirigierten rechtsextremistischen Zusamm" gen neuartige Steuerungsmöglichkeiten, die sich zunehmend staatlicher Beobachtu entziehen. Deutsche Rechtsextremisten haben in diesem Jahr ihre Bemühungen forciert, hendeAuslandskontakte zuerweitern undzu vertiefen,engermit ausländischen sinnungsgenossen zu kooperieren und Voraussetzungen zur internationalen sammlung zu verbessern. In Deutschland unterbundene Aktivitäten wurden zum Ti ins nahegelegene Ausland verlagert, um auf diese Weise staatlicher Verfolgung zu entgehenoder Verbote zu umgehen. Insbesondere Neonazis pflegen Verbindungeni 52 westeuropäische Ausland ( u.a. Belgien, Niederlande, Frankreich, Spanien, Österreich), nach Osteuropa (u.a. Rußland, Polen, Tschechien) und in die USA. Enge freundschaftliche Kontakte bestanden zeitweise auch zwischen dem Vorsitzenden der DVU, Dr. FREY, und dem Vorsitzenden der "Liberal-Demokratischen Partei Rußlands" (LDPR), SCHIRINOWSKN. Druckund versandtechnische Logistik von Rechtsextremisten - in Deutschland zunehmend exekutiven Zugriffen ausgesetzt - profitiert von Verlagerungen auf ausländische Stützpunkte. Weltweit halten teilweise "prominente" Revisionisten untereinander Verbindung - Personen, die insbesondere geschichtliche Tatsachen im Zusammenhang mit NS-Verbrechen und dem Nationalsozialismus schlechthin verfälschen oder leugnen. Über revisionistische Gesinnungspflege und Propaganda praktizieren sie zudem den Brücken'schlag zwischen rechtsextremistischen Altersschichten. Revisionismus überschneidet sich vielfach mit antisemitischer Agitation. Antisemitische Straftaten, insbesondere Beleidigungen gegen Repräsentanten jüdischer Vereinigungen und Beschädigungen 'jüdischer Einrichtungen markieren eine graduelle Feinbildverlagerung. Neben Problemen der Ausländerund Asylpolitik konzentrieren sich Haß und Menschenverachtung zunehmend auf Behauptungen über einen "Ausverkauf deutscher Interessen" unter 'dem Einfluß einer angeblichen "jüdischen Weltverschwörung". Rechtsextremisten begreifen ihre Schwächung und ihren augenblicklichen Defensivzustand nicht als Niederlage, sondern als Übergangsetappe. Sie wollen sich des auf ih'nen lastenden Verfolgungsdruckes mit einer taktisch-strategischen und einer geistigen "Gegenoffensive" entledigen. In den Köpfen einiger Aktionisten wächst die Neigung, ihre politische Isolation auch ohne Rücksicht auf Menschenleben zu durchbrechen. 'Angesichts der Tatsache, daß bisherige Rechtfertigungsmuster zunehmend verbraucht und untauglich werden, beanspruchen einige Ideologen inzwischen das Recht auf Widerstand nach Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes - eine Anmaßung, die nahezu 'den gesamten deutschen Staat ins Licht der Verfassungsfeindlichkeit stellt. So kann es 'auch kaum noch verwundern, daß in manchen Strategiedebatten bereits konkrete Handlungskonzeptefür die Zeit nach der "Machtübernahme" geschmiedet werden. 4.2.2. Ideologie und Erscheinungsformen der "Neuen Rechten" 'Der Begriff "Neue Rechte" (NR) steht seit mittlerweile 25 Jahren für eine akademischllektuelle, "modernisierte" Variante rechten antidemokratischen Denkens. Unter NR ist eine politisch-ideologische "Denkschule" zu verstehen, die organisatorisch 'einerArt intellektuellem und kulturellem, auch länderübergreifend arbeitenden Verisund Bekenntniszusammenhang in Erscheinung tritt. Dieses findet seinen in verschiedenen politischen und intellektuellen Zeitschriften, Magazinen 53 und Büchern, Theorieund Lesezirkeln, "Denkfabriken" und anderen theoretisch tenden Vereinigungen. Die NR ist kein spezifisch deutsches, sondern ein europäisches Phänomen, Ausgangspunkt in Frankreich liegt. Leitbild der NR in Deutschland war daher - und: zum Teil noch - die seit den 60er Jahren aktive französische "Nouvelle Droite" ("Ne Rechte") und ihr Chefideologe, der Publizist Alain de BENOIST (Jahrgang 1943). Die schulbildende NR in Frankreich sieht sich in der Tradition der (europäiscl "Konservativen Revolution" (KR) verwurzelt, jener in Deutschland u.a. mit den Oswald SPENGLER, Carl SCHMITT, Ernst JÜNGER, Arthur MÖLLER van des BRUCK, Hans ZEHRER, Edgar Julius JUNG oder Hans FREYER verbundenen ir tellektuellen Zirkel und Ideenschmieden, die das rechte antidemokratische Denken i der ersten deutschen Republik geprägt und zu ihrer Auflösung beigetragen hatten. scheinbar widersprüchliche Name "Konservative Revolution" war dabei Programm!) Der "Konservatismus" der KR war nicht nach rückwärts gewandt und wollte keine schichtlich überwundenen Verhältnisse restaurieren, sondern einen (national) rev tionären, geistig-politischen Prozeß in Gang setzen, um überhaupt erst in einer "Liberalismus zersetzten Welt Verhältnisse zu schaffen und Werte hervorzubringen, der Bewahrung wert sind". Zu den drei wichtigsten Gruppen der KR wurden die Jungkonservativen, die National revolutionäre und die Völkischen gerechnet. Gemeinsam war ihnen die Gegnerscl zum Weimarer System und ihr für die heutige NR vorbildhafter Anspruch, dieses stem durch einen revolutionären geistigen Akt überwinden zu können. Insbesondere dem Publizisten und BENOIST-Vertrauten Armin MOHLER, Bi der "Konservativen Revolution" (1950) und ehemaliger Privatsekretär Emst JÜNGERS, verdankt die "Nouvelle Droite" die Erschließung dieses in der Bundesrepubi bis dato vollständig diskreditierten ideologischen Erbes, das von den französischen tellektuellen um BENOIST mit einem wissenschaftlichen Fundament unterlegt we sollte. Die "konservativ-revolutionären" deutschen Intellektuellen der Zwische hatten weltanschauliche Fundamente gelegt (Parlamentarismus-, Liberalismus-, lismusund Demokratie-Kritik), auf die die "Nouvelle Droite" aufbaute. Seit 1968) dem Jahr der Gründung der von BENOIST mit ins Leben gerufenen neurechten schule G.R.E.C.E (Groupement de recherche et d' etude pour la civilisation 'pöenne = Forschungsund Studiengruppe für die europäische Zivilisation), und diskutiert die "Vouvelle Droite" in den Zeitschriften "Nouvelle Ecole", "Elements') und "Krisis" die Ideen ihrer rechtsintellektuellen Vorläufer, um einen umfassen ideengeschichtlichen und metapolitischen Bezugsrahmen für eine moderne rechte grammatik zu erarbeiten. 54 Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre entstanden in Deutschland die ersten kleineren ionalistischen Theoriezirkel. Sie wollten die rückwärtsgewandte, auf das 3. Reich fixierte Orientierung, die ideologischen Defizite und den Antiintellektualismus der "4/Rechten" durch eine neue theoretische Standortbestimmung "nationaler" Politik inden. Ihr ideologische Bezugspunkt war die vonder "Nowelle Droite" wielebte "Konservative Revolution". 'htsintellektuelle deutsche Autoren griffen - beeinflußt durch ihr französisches Pennt - auf die Ideen der "Gegenrevolution" von Weimar zurück und eröffneten somit die bislang im Schatten des Nationalsozialismus stehende Rechte in Deutschland ein neues geistig-intellektuelles Bezugsfeld. ie sich selbst als "Neue Rechte" oder "Nationalrevolutionäre" bezeichnenden Vertre'dieser "neuen" Ideologie hatten entweder ihren politischen Vorlauf in der NPD oder en bis dahin unorganisiert. Zunehmende politische Spannungen innerhalb der NPD tten nach dem Scheiternbei der Bundestagswahl 1969 zur Gründungder ersten neuchten "Keimzelle" geführt: der "Aktion Neue Rechte" (ANR). Auch die ANRwar jein weltanschaulichen Fragen uneins und spaltete sich 1974 in einen "traditioneln" und einen "nationalrevolutionären" Flügel, der massiv die Intellektualisierung der echten und die Übernahme linker Hegemoniestrategien forderte. 974 wurde aus dem letztgenannten Kreis die "Nationalrevolutionäre Aufbauorganisa1" (NRAO) gegründet, aus der kurze Zeit später die "Solidaristische Volksbewezung" und die "Sache des Volkes/Nationalrevolutionäre Aufbauorganisation" (SdV/ RAO) hervorgingen. ie "Neue Rechte" blieb trotz ihres auf qualitativ recht hohem Niveau angesiedelten iemodells in den 70er und frühen 80er Jahren in Deutschland eine politische & 'heinung, da es ihr von Anfang an an aktiven Mitstreitern mangelte. Die maßeblich von dem Nationalrevolutionär Henning EICHBERG in den 70er Jahren mitentten Theoreme des "Eihnopluralismus" und der darauf fußenden Konzeption des Befreiungsnationalismus", die inhaltlich als neue Denkansätze der NR zu betrachten d, entfalten aber heute noch eine nicht unbeachtliche ideologische Anziehungskraft if das gesamte "nonkonforme" "konservative" und "rechte" Spektrum. Die NR der und frühen 80er Jahre hat somit über ihren ursprünglich begrenzten Wirkungsbeeich hinaus im europäischen Kontext zu einer Modemisierung des Rechtsextremismus Deutschland beigetragen. ie NR in Deutschland hat keinen festen organisatorischen Bezugsrahmen mehr. Die jinante nationalrevolutionäre Orientierung in den 70er Jahren ist mehr einem "rechen Pluralismus" gewichen. Unter dem Begriff NR ist gegenwärtig weder eine politi"Bewegung" im engeren Sinne zu verstehen, noch kann sie einer bestimmten i oder Organisation zugeordnet werden. 55 Geblieben ist ein Theoriemodell, auf das von unterschiedlichen politischen Gruppie-' rungen, Zeitschriften, Publizisten und Autoren mit unterschiedlichen Schwerpunkten) und Zielrichtungen wieder verstärkt Bezug genommen wird. Armin MOHLER, der) Spiritus rector der KR-Forschung, stellte in seinem Vorwort zum "Jahrbuch zur Kon'servativen Revolution 1994"fest,daß auch das wissenschaftliche Interesse an der Erforschung der KR in den letzten Jahren einen unübersehbaren Aufschwung und besondersdie jüngere Generation begonnen habe, sich dieser Traditionslinie deutscher Theoriearbeit zuzuwenden. Die neurechte Szene ist durch ein relativ enges personelles und geistig-politisches Beziehungsgeflecht miteinander verbunden. Gemeinsam ist ihnen der aufgezeigte auf das geistig-j h ebenso vielschichtige Vorbild der KR. Dabei dominiert gegen Bemühen um intellektuelle Niveauanhebung und Diskursfähigkeit, die Betonung tischer Theorie als Handlungsanleitung für die politische Praxis sowie das Streben] nach kultureller Hegemonie und politischer Infiltration in das demokratisch-konservative Spektrum als Basis politischer Machtgewinnung. Von Seiten der "Nationalrevolutionäre" ("Wir selbst"-Redaktion, u.a.) gibt es seit den) 70er Jahren auch Annäherungsversuche an die "Linke", die von linken Kritikern aber als historische Wiederbelebungsversuche der "Querfront"-Strategie abgelehnt werden. Nach Ansicht der "national-revolutionär"orientierten "neuen Rechten" ist der NR genauso wie der (neuen) "Linken" ein antiimperialistischer ("Befreiungsnationalismus") und ein antikapitalistischer Effekt eigen. Auch bei anderen Themen, wie beispielsweise Ökologie, gebe es Berührungspunkte. Zur - genau genommen - neuen "NeuenRechten" sind heute rechtsextremistische Bestrebungen zuzählen,dieinhaltlichprimär aus demGedankenfundus der KR scl und sich politisch-strategisch im 0.g. Sinne orientieren. Angesichts der nicht I chen politisch-ideologischen Divergenzen innerhalb des "neuen" Rechtsextremismus wird der Begriff "NeweRechte" aber selbst von den ihnen zuzurechnenden Personen) äußerst zurückhaltend verwendet oder sogar als ungeeignet abgelehnt. 'Auch der Begriff "Konservative Revolution" ist im Sinne einer spezifischen politischen Identität nicht unumstritten. Der zu "neurechts"alternativ gebrauchte Begriff "konservativ" wird von den "neuen Rechten" aber im Gegensatz zum "bürgerlichen" Konservatismus der Nachkriegsepoche stets antiaufklärerisch verstanden. "Nicht-konservative" Anschauungen seien dem "im Grunde widerlegten Fortschritisgedanken der Auf. 'klärung verhaftet", MitdieserDefinitionwirdein politischerStandortmarkiert,derdie] Die jungen "neuen Rechten" der 90er Jahre erheben den Anspruch, für ihre völkischnationalistischen Ordnungsvorstellungen intellektuell und wissenschaftlich fundierte 'Argumente anführen zu können. Mit diesem Anspruch wollen sie in der akademischen s"7ra35und publizistischen Auseinandersetzung als kompetente geistig-politische Kraft in Deutschland ernstgenommen werden. Sie sehen sich in erster Linie als "geistige Wegbereiter" und "Ideenlieferanten" ihrer Zeitgeneration, die für eine "Gegenrevolution" zu 1968 streitet. Die NR transportiert ideologisch aufgeladenen Protest gegen Formen und Inhalte des politischen Systems, der herrschenden Kultur und Zivilisation. Sie beklagt zunehmen'den Werteverlust, ausufernden Nihilismus und Hedonismus, "Wurzellosigkeit", "Atomisierung" und "Identitätsverlust" der Individuen in der modernen Gesellschaft, der in PSr-BZ5iE(r) "terroristische Aggression" und politischen Radikalismus umschlage. Insbesondere nach dem Scheitern der sozialistischen Utopie sehen sich die Chefideologen der NR 'jetzt in einer Phase, "Nation" und "volkliche Identität" als neue gemeinschaftsstiftende Werte anbieten zu können, um die gesellschaftlichen "Wunden" zu heilen. Politisch stehen im Vordergrund der Kampf gegen den vom Liberalismus und Marxismus angeblich in der Tradition der Aufklärung herbeigeführten "Egalitarismus" und die Besinnungauf die Werte vor 1789. Unter Berufung auf eugenische und verhaltenstheoretische Forschungen streben die Protagonisten der NR daher die "wissenschaft5VPRBE liche" Widerlegung der als "Ideologie der Menschenrechte" (BENOIST) diffamierten, universalistischen Prämisse an, nach der alle Menschen frei und gleich geboren und mit allgemeingültigen, unveräußerlichen Menschenrechten ausgestattet sind. 'Gegen "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" setzt die NR die Bindung an die (Volks)(Gemeinschaft, die natürliche Ungleichheit der Menschen und Rassen sowie den Gedanken sich selbst bildender, heroischer, zur Führung des Volkes berufener Eliten. Ihr 'sozio-biologistisches Weltund Menschenbild ("Eihnopluralismus") geht davon aus, daß die in der genetischen Vielfalt wurzelnde Ungleichheit der Menschen nicht aufhebbar und jedes Individuum primär durch seine kulturelle und"völkische" Zugehörigkeit definiert ist, was jedoch angeblich keine "Ungleichwertigkeit" der Kulturen impliziert. 'Die größten Feinde der europäischen Zivilisation sind nach dem Verständnis der"Erhnopluralisten" daher gleichmacherische Ideologien, wie Liberalismus und Kommunismus. Die NR agitiert gegen die vorgebliche politische, militärische und kulturelle He'gemonie der USA, die als Prototyp eines "entwurzelten" multi-ethnischen Einheits'states und Endpunkt des liberal-kapitalistischen Individualismus betrachtet werden. Im Gegensatz zur "Alten Rechten" verfolgen die Vertreter der NR einen "metapolitischen", "kulturrevolutionären" Ansatz, der in der geistigen Auseinandersetzung mit 'der "Neuen Linken" entwickelt wurde. Von dem italienischen marxistischen Theoreti57 ker Antonio GRAMSCI übernahmen zunächst BENOIST und seine Mitstreiter di Vorstellung eines Kulturkampfes, in dem es darum geht, vor der politischen die relle Hegemonie zu gewinnen. GRAMSCI zufolge muß eine politische Bewegung, die politische Macht erobern will, zunächst die Vorherrschaft über die Leitbegriffe kulturellen Überbaus einer Gesellschaft gewinnen. Adressaten der ideologischen Infiltration sind die sog. "organischen Intellektuellen" in den Medien, Parteien, Kulturbetrieben, in den Hochschulen, Kirchen und sonstigen sellschaftlichen Institutionen, die als "Multiplikatoren von Ideen" und als "Organi ren öffentlicher Meinungsprozesse" dienen. Der mitdemBegriff "Metapolitik" umschriebenen Strategie derNR liegt die Überzeugung zugrunde, daß der neurechten Ideologie innerhalb des bestehenden politisch. turellen Systems zum Durchbruch verholfen werden muß. Ohne Infiltration in die tische Kultur bleibe die "authentische Rechte" (d.h. nicht die bürgerliche) dauerhaft) chancenlos. Nach Ansicht BENOISTs hat die (europäische) alte Rechte die Bedeutung) der kulturellen Machtund der "kulturellen Kriegsführung" in Bezug auf Politik völlig verkannt und führt deshalb eine "verlorene Schlacht mit den Waffen von gestern". Die Vordenker der NR ziehen aus dieser Analyse den Schluß, daß dasals "Jiberalistisch" diffamierte politische System nicht frontal bekämpft werden darf, sondern von innen her ideologisch "aufgeweicht" und durch die Umdeutung liberal-konservativer] Positionenim konservativ-revolutionären Sinne mit neurechtem Gedankengut durch.) setzt werden muß. Obwohl es nach Aussage von Alain de BENOIST ("Junge Freiheit"Nr. 3/93) keinen autorisierten offiziellen Ableger der "Nouvelle Droite" in Deutschland gibt, versteht sich das 1980 in Kassel von Pierre KREBSgegründete"Thule-Seminar" als deutsches, wenn auch miniaturisiertes (und praktisch bedeutungsloses) Gegenstück zuG.R.E.C.E Nach mehrjähriger Arbeitseinstellung meldete sich das selbst in der "neurechten" Szene weitgehend isolierte "Thule-Seminar" Ende 1994 mit einer neuen "Zeitschrift" zurück. Die NR grenzt sich zwar sowohl gegen den bürgerlichen "Konservatismus", gegen die "reaktionäre", deutsch-nationale alte Rechte "4 Ja DVU" (schon allein aus intellektuellen Gründen) als auch gegen den Neonationalsozialismus ab, hatjedochnach allen Seiten hin (publizistische) Berührungspunkte. Das Ideengut der NR, d.h. der "Konservativen Revolution", wird von verschiedenen Zeitschriften zum Teil aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert. Zu den Publikationen, die eine publizistische Brückenfunktion zwischen dem bürgerlich-konservativen und dem "konservativ-revolutionären"Spektrum wahrnehmen, gehören u.a die "Junge Freiheit" (JF) und "Criticön". Weitere erwähnenswerte Zeitschriften sind 58 "Europa Vorn", "Nation & Europa", "Wir selbst", "Etappe", "Staatsbriefe" sowie "unges Forum". seit 1951 erscheinende, heute der "Deutschen Ligafür Volk und Heimat" (DLVH) tehende Monatsmagazin "Nation & Europa" dient unterschiedlichen, traditionell altrechten wie auch "jungkonservativen" und "national-revolutionären" Autoren als 'Forum. Es stellt somit eine Art publizistisches Bindeglied zwischen dem "alten" und 'dem "neuen" Rechtsextremismus dar. 'Das im September 1988 erstmals erschienene neurechte Blatt "Europa Vorn", das von 'dem Ex-REPUBLIKANER und jetzigen DLVH-Funktionär Manfred ROUHSheraus'gegeben wird, weist eine starke "befreiungsnationalistische" und antiamerikanische 'Note auf. "Europa Vorn" erscheint seit Oktober 1991 vierzehntäglich in Form eines 'Nachrichtenblattes. Im vierteljährlichen Rhythmus erscheint zusätzlich eine Magazinversion mit längeren thematischen Abhandlungen. Zu den ständigen Mitarbeitern ge'hört laut Impressum u.a. Alain de BENOIST, der auch hin und wieder Beiträge in der JF veröffentlicht. Das seit 1990 erscheinende Theorieorgan "Staatsbriefe" hat sich der Wiederbelebung 'der "Reichsidee" verschrieben. Es verbindet Beiträge zur politischen Theorie und zur Faser politischen Philosophie mit einer radikalfundamentalistischen Absage andas "Bonner Die in Koblenz erscheinende Zeitschrift "Wir selbst", die sich in ihrem Untertitel "Zeitschrift für nationale Identität" nennt, verfolgt einen "national-revolutionären" 'Ansatz mit einer offenen Flanke zum linken Spektrum. re um Das "Junge Forum" vertritt einen weiteren Typus neurechter Publizistik. Das seit mittlerweile über 20 Jahren erscheinende Theorieorgan will abseits jeglicher Parteiund Tagespolitik durch den Abdruck von Beiträgen deutscher und ausländischer Autoren theoretische Vorarbeit leisten. Als gegenwärtig bedeutendste Forum neurechter Theorie ist die "Junge Freiheit" (JF) anzusehen. Sie wirbt für Leserkreise, in denen Angehörige rechtsextremistischer Organisationen und Zusammenhänge sowie Nichtextremisten zu finden sind. 3" 4.23. Revisionismus --_= Rechtsextremistische Geschichtsbetrachtung geht von der völligen Ablehnung der deutschen Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg aus. Nach Überzeugung fast aller Or'ganisationen des sogenannten "nationalen Lagers" wurde das deutsche Volk nach 1945 systematisch "antideutsch umerzogen", "kollektiv gedemütigt", wurde ihm ein perma59 nentes Schuldbewußtsein oktroyiert. Dieses alles sei mit der geschichtsverzerrenden Vokabel "Vergangenheitsbewältigung" etikettiert worden. Aus diesem Blickwinkel leiten Rechtsextremisten ihr historische Tatsachen verklärendes und "revidierendes" Geschichtsbewußtsein ab. Revisionismus verklammert Rechtsextremisten unterschiedlicher Couleur zu einer abstrakten geschichtsdogmatischen Glaubensgemeinschaft. Revisionisten setzen mit beharrlicher anti-aufklärerischer Propagandaarbeit auf Ignoranz gegenüber historischen, Dokumenten und auf Bewußtseinsveränderungen insbesondere jüngerer Menschen, die die Zeit des Nationalsozialismus nicht aus eigenem Erleben kennen. Nach nahezu einhelliger Auffassung des "nationalen Lagers" muß das deutsche Volk im Interesse der "historischen Wahrheit" rehabilitiert werden. In Wirklichkeit sollen der demokratische Rechtstaat und das Vertrauen gegenüber staatlichen Institutionen und Organen unterminiert, ein Nährboden für Mißtrauen, Angst und Haß angelegt werden. Revisionismus ist eine Variante verfassungsfeindlicher rechtsextremistischer Gesamtbestrebungen. Revisionistische Agitation begegnet den Bürgern bereits, wenn sie eine der periodischen Publikationen rechtsextremistischer Parteien aufschlagen. So wurde in der DVU-Zeitung "Deutsche Wochenzeitung" der über 500-seitige Band "Verheimlichte Dokumente, Band 2: Massenmord-Lügen gegen Deutschland / Kriegsschuld-Schwindel / Vertuschte Verbrechen der Sieger" als "Die neue Buchsensation" angepriesen. Seit rund 45 Jahren wollen Rechtsextremisten in Büchern und Broschüren u.a. widerlegen, daß im "/Il.Reich" Juden massenhaft vernichtet wurden. Die Judenvernichtung. sei nach dem Kriege "erfunden" worden, "um Deutschlandfür immer politisch abhängig, unmündig und im Rahmen einer ewigen Wiedergutmachung finanziell erpreßbar zu machen", behauptet beispielsweise einer der weltweit bedeutendsten Revisionisten, Ernst ZÜNDEL, in seinem Buch: "Ernst ZÜNDEL, ein Mann, der Geschichte macht". Der in Toronto/Kanada lebende Deutsch-Kanadier ZÜNDEL ist Zentralfigur für die weltweite Koordinierung der Revisionismuskampagne und deren wichtigster und aktivster Exponent. ZÜNDEL verbreitete in großen Mengen Broschüren, Aufkleber, Bücher und Videos mit revisionistischem Gedankengut, u.a. den "Germania-Rundbrief". Er verfügt offenbar über ein erhebliches Volumen finanzieller Ressourcen aus Spenden ihm zugeneigter Anhänger. So war es ZÜNDEL z.B. möglich, sein Gedankengut über Radiosendungen einem breiten Publikum zugänglich zu machen, indem er in mehreren, Ländern hierzu eigene Sendekapazitäten anmietete. Durch Leugnen des organisierten Massenmordes an Juden im "Dritten Reich" soll die kriminelle, menschenverachtende Energie des nationalsozialistischen deutschen Unrechtsstaates relativiert werden, um die eigenen Bestrebungen zur Restaurierung der Nazi-Ideologie nicht mit der NS-Hypothek zu belasten. Dazu wird Juden Fälschung) der historischen Wahrheit und Politikern die Rolle willfähriger jüdischer "Bürtel" angedichtet. 60 Es ist bemerkenswert, daß die maßgeblichen Autoren selbst keine Historiker sind. So ist der Autor der Schrift "Es gab keine Gaskammern", Robert FAURISSON, Dozent für französische Literatur des 20. Jahrhunderts. Der in Deutschland per Haftbefehl gesuchte, nach seiner Flucht vor dem Vollzug einer Rest-Haftstrafe noch immer in Dänemark lebende deutsche "Agrarjournalist" Thies CHRISTOPHERSEN und der Jurist Wilhelm STÄGLICH verfaßten die Schrift "Die Auschwitzlüge" und das Buch "Der 'Auschwitzmythos". Schon diese kurze Aufzählung bedeutender Protagonisten des Revisionismus zeigt ein Hauptproblem bei deren Bekämpfung auf: Revisionistische Propaganda kann zu einem großen Teil aus dem Ausland nach Deutschland hineinwirken, weil es außerhalb Deutschlands keinen oder nur geringen strafrechtlichen Verfolgungsdruck gibt. Das in Kalifornien (USA) ansässige - von Amerikanern geleitete - "Institute for Historical Review" (IHR) veranstaltet seit 1979 internationale Revisionistenkongresse in den USA mit "prominenten" Vertretern auch aus Deutschland. Das IHR hat Verbindungen zu Rechtsextremisten in allen Erdteilen. 1994 prägten in Deutschland juristische Entscheidungen die Auseinandersetzung mit Holocaust-Leugnern. Die daran anknüpfenden Debatten im politischen Raum rückten das Thema in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dabei wurde u.a. 'darauf hingewiesen, daß Revisionisten historische Tatsachen verdrehen, daß sie die Ermordeten und Überlebenden des Holocaustes verhöhnen wollen. Bereits Vorbereitungshandlungen, die gegen das friedliche Zusammenleben in der Bundesrepublik gerichtet seien, müßten daher bekämpft werden. Gelegentlich werden auch Zusammenhänge zwischen ideologischer Aufheizung durch Leugnen des Holocaustes und nachfolgenden antisemitischen Ausschreitungen erkennbar. So hatten 1992 drei Lehrlinge aus Baden-Württemberg jüdische Friedfhöfe geschändet, indem sie Hunderte von Grabsteinen zertrümmerten. Anschließendwurde ermittelt, daß sie sich vorher intensiv mit kursierenden Hetzschriften befaßt hatten, die die Judenvernichtung leugneten. Leugnung von NS-Verbrechen hatte insoweit verhängnisvoll den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Der Bundestag hat 1994 die geistigen Bewegungsräume von Revisionisten strafrechtlich weiter eingeengt. So ist ab 01. Dezember u.a. das Leugnen des Massenmordes an Juden im sog. "Dritten Reich" nun in jedem Falle strafbewehrt. Mit Freiheitsentzug bis zu 3 Jahren wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Straftat des Völkermordes billigt, leugnet oder verharmlost. Eine Strafbarkeit ($ 130 StGB, Volksverhetzung) liegt nicht mehr erst dann vor, wenn damit zu'gleich ein Angriff auf die Menschenwürde verbunden ist. Gegen die neue Strafvor'schrift initiierte der unter Rechtsextremisten quasi als "Star-Revisionist" gehandelte 'Emst ZUNDEL im Mai eine Propagandakampagne. Politiker wurden mit Aufforderun'gen überschwemmt, die Gesetzesänderung zu verhindern. 61 'Auch in der Schweiz ist die Holocaust-Leugnung seit 01.01.95 durch das"4ntirassismus-Gesetz" unter Strafe stellt. Dieses bewog den Herausgeber der revisionistischen Schrift "Eidgenoss", den Schweizer Max WAHL, die auch in die Bundesrepublik verschickte Zeitschrift einzustellen. Im Laufe des Jahres stieg der NPD-Parteivorsitzende Günter DECKERT in die Gruppe der weltweit beachteten Holocaust-Leugner auf. DECKERT hatte im November 1991 einen Vortrag des amerikanischen Revisionisten Fred LEUCHTER zur "Unmöglichkeit" der Judenvernichtung in den Gaskammern des "Dritten Reiches" gedolmetscht und zustimmend kommentiert. Das Landgericht Mannheim hatte den NPD-Vorsitzenden daraufhin zu einemJahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.DasUrteilwar u.a. damit begründet worden, daß DECKERT nicht nachgewiesen worden sei, sich mit der nationalsozialistischen Rassenideologie zu identifizieren. Nur unter dieser Voraussetzung hätte er härter bestraft werden können. Am 15. März hob der Bundesgerichtshof (BGH)das Mannheimer Strafurteil auf. Gleichzeitig bekräftigte der BGH, daß der Massenmord in den Konzentrationslagern des "DrittenReiches"als geschichtliche Tatsache offenkundig sei und sich eine Beweiserhebung darüber erübrige. Nach einem Revisionsverfahren verurteilte eine andere Kammer des Landgerichts Mannheim DECKERT am 22. Juni erneut zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung zuzüglich einer Geldstrafe von DM 10.000 wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Beleidigung. Weltweite Empörung lösten Teile der Urteilsbegründung aus, die DECKERT bescheinigten, er habein der Absicht gehandelt, "im deutschen Volk die Widerstandskräfte gegen die aus dem Holocaust abgeleiteten jüdischen Forderungen" zu stärken. Die Strafaussetzung zur Bewährung begründete das Gericht mit der Überzeugung, daß es sich bei DECKERT "um eine charakterstarke, verantwortungsbewußte Persönlich'keit mit klaren Grundsätzen"handele. DECKERT nutzte in der Folgezeit die Gunst dieser Urteilspassagen zur Eigenwerbung. Er versprach sich davon,zu einerFührungsfigurdes"nationalen Lagers" aufzusteigen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hob der BGH am 15. Dezember das Urteil auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht Karlsruhe. DEKKERTs Verhalten charakterisierte der BGH als Zeugnis von Uneinsichtigkeit und Hartnäckigkeit, nicht als Zeichen von Charakterstärke und Verantwortungsbewußtsein. Eine wichtige Grundsatzentscheidung fällte das Bundesverfassungsgericht (BVG) am 26. April. Esstellte fest,daß das Leugnen des Holocausts in den Nazi-KZnicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist. Im Zusammenhang mit Veranstaltun'gendarfes per Auflage verboten werden. Ausgangspunkt wardie NPD-Veranstaltung "Deutschlands Zukunftim SchattenpolitischerErpressung?"im Mai 1991 in München mit dem britischen Revisionisten David IRVING. DieStadt München hatte der NPD auferlegt, während der Veranstaltung nicht die Judenvernichtung zu leugnen, da dies 62 strafbar sei. Die NPD sah darin eine Verletzung der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit. Dagegen entschied das BVG, daß bei beleidigenden Äußerungen oder Schmähungen im Rahmen von Güterabwägungen der Persönlichkeitsschutz der Meinungsfreiheit vorgehe. Der Neonazi und Revisionist Ewald ALTHANS, enger Mitstreiter Emst ZÜNDELS, wurde am 15. Dezember vom Landgericht München wegen Leugnens des Holocausts, Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu 18 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. ALTHANS habe sich mit der NS-Rassen-Ideologie identifiziert und 'zm Teil selbst produzierte Videos einem größeren Personenkreis zur Verfügung gestellt, um den Revisionismus in der Bundesrepublik zu fördern. ALTHANS ist weiterhin in U-Haft. In Berlin ist ein weiteres Verfahren gegen ihn anhängig, weil er in dem Film "Beruf Neonazi" u.a. den Holocaust leugnet. (Gegen den in der Vergangenheit häufig in der Bundesrepublik aufgetretenen britischen Revisionisten David IRVING erließ die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München einen Haftbefehl, um eine Ersatzfreiheitsstrafe zu vollstrecken. IRVING schuldet eine Geldstrafe von DM 28.000 wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Der ehemalige Mitarbeiter des "Max-Planck-Instituts" Germar RUDOLF versucht, den Holocaust "wissenschaftlich" zu widerlegen und hat dazu sein pseudowissenschaftli'ches sog."RUDOLF-Gutachten" vorgelegt. Dazu beauftragte er das Institut "Frese'nius", angeblich aus dem Auschwitz-Lager stammende Gesteinsproben auf Blausäureverbindungen hin zu untersuchen. Das Institut fand keine entsprechenden Spuren. Das 'Gutachten wurde 1992 von dem früheren Wehrmachtsgeneral und Altnazi Emst REMER veröffentlicht, der daraus den Schluß zog, "daß in die behaupteten Gaskammern von Auschwitz und Birkenau niemals tödliche Mengen von Zyklon-B eingelassen" 'worden seien. Nach Auffassung von Fachleuten hätten sich entsprechende Cyanidverbindungen im Gestein allerdings nur unter absoluten Konservierungsbedingungen bei völligem Ausschluß von Luft, Feuchtigkeit und Bakterien halten können. Das "RUDOLF-Gutachten" wird heute in dessen Auftrag von "Cromwell Press" (England) verlegt. Wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Beleidigung muß RUDOLF sich seit November vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Höchst unbequem war den Revisionisten im Frühjahr Steven SPIELBERGs Film "Schindlers Liste", der an die gegen Juden verübten Verbrechen während des"Dritten Reiches" erinnert. Er schildert, wie der deutsche Unternehmer SCHINDLER sein zunächst durch Arbeit jüdischer Häftlinge erworbenes Vermögen später einsetzte, um jüdische Menschen aus den tödlichen Klauen der KZ-Schergen zu retten. Das von Mitgliedern der - inzwischen verbotenen - neonazistischen FAPbetriebene "Nationale 63 Infotelefon Hamburg" unterstellte diesem Film, er habe die Funktion, den "Auschwitzmythos" am Leben zu erhalten (2 siehe: Kapitel " Antisemitismus"). Einen weiteren Rückschlag für die Revisionismus-Bewegung bedeutet das Buch des ehemaligen französischen Revisionisten Jean-Claude PRESSAC "Die Krematorien von Auschwitz", in dem er mit technischen Daten den Holocaustuntermauert. Der amerikanische Revisionist Fred LEUCHTER hatte im November 1991 bei einer vom NPD-Bundesvorsitzenden Günter DECKERT initiierten Veranstaltung in Weinheim/Rhein-Neckar-Kreis behauptet, nach seinen im sog."LEUCHTER-Report" zu sammenfaßten Recherchen habe der Massenmord an Juden im Konzentrationslager Auschwitz überhaupt nicht stattfinden können. LEUCHTER hätte sich im September in Mannheim wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß verantworten sollen. Er entzog sich seinem Prozeß, obwohl er im Herbst des Vorjahres per "Ehrenwort" sein Erscheinen zugesichert hatte. LEUCHTERs Verteidiger begründete dessen Fernbleiben dahingehend, daß das Gericht gegenwärtig nicht unbefangen entscheiden könne. DECKERT behauptete anläßlich des Termines gegen LEUCHTER am 14. September,esbestünde keingroßerUnterschied zwischen den NS-KZ und der heutigen Strafverfolgung beziehungsweise dem Vorbeugegewahrsam. Im September wurde die periodische revisionistische Zeitschrift "Die Bauernschaft", Ausgabe 3/94 des in Dänemark lebenden Thies CHRISTOPHERSEN aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichtes Flensburg beschlagnahmt und ihre Auslieferung dadurch verhindert. Gegen CHRISTOPHERSEN wurde vor dessen Haus in Dänemark in den folgenden Wochen und Monaten regelmäßig demonstriert und protestiert. CHRISTOPHERSEN trat offensichtlich vor diesem Hintergrund die Herausgeberfunktionfür "Die Bauerschaft" ab Ausgabe 4/94an Est ZÜNDEL ab. Die umstürzlerischen Absichten der Revisionismus-Strategen offenbarte ein namentlich nicht gekennzeichneter Beitrag in der Ausgabe 4/94: "Jedes politische System ist an ein gewisses Ideensystem gebunden. Wenn dieses Ideensystem in der Bevölkerung nicht mehr als allgemeinverbindlich angesehen wird, kommt das Regime in Gefahr". Damit enthüllen sie ihre Taktik, die u.a. darauf abzielt, den gesellschaftlichen Grundkonsens in Deutschland zu zerstören. Unter "pragmatischeren" Kräften des "nationalen Lagers" herrschte angesichts der verschärften Strafvorschriften gegen Jahresende nur wenig Zuversicht, mit revisionistschen Inhalten künftig noch politisch erfolgreich operieren zu können. 4.2.4. Antisemitismus 'Antisemitismus ist eine besondere Form des Rassismus. Er ist bis heute - vielfach gekoppelt mit revisionistischen Geschichtsverfälschungen - integraler Bestandteil rechtsextremistischer Ideologie und Praxis. Rechtsextremisten haben ihre rassistische Agitation, die sich insbesondere vor Inkrafttreten des Asylverfahrensgesetzes schwerpunktmäßig auf Ausländerfeindlichkeit und Asylproblematik konzentriert hatte, intensiver dem Antisemitismus zugewendet. Sie richtet sich unmittelbar gegen einzelne jüdische Mitbürger, ganz allgemein jedoch auch unter Berufung auf Weltverschwörungstheorien gegen das Judentum schlechthin. Juden als Hauptfeindbilder finden sich nicht nur in subtil verkleideter Form in Propagandaschriften, sondern auch in unverhüllt aggressiven, hetzerischen antisemitischen Aussagen. Über Mailboxen werden inzwischen auch die modernen elektronischen Medien zur Verbreitung antisemitischer Propaganda mißbraucht. Antijüdische Propa'ganda dient zudem als Verständigungsmittel unterschiedlicher Gruppierungen, die sich in ihrem Haß auf Minderheiten aller Art einig sind. Ein enger Zusammenhang antisemitischer und ausländerfeindlicher Gesinnungen ist aus rechtsextremistischen Videound Computerspielen ersichtlich. Dabei werden seit 'Jahren die Methoden des Massenmordesan jüdischen Mitbürgern als "Lösungsmodelle" rassistischer Menschenverachtung "spielerisch" ausgelebt: Eine 1989 bekanntgewordene Diskette "Achtung Nazi" simulierte eine Vergasungsaktion im Konzentratiya m onslager mit dem Kommentar: "Zehntausend Negerlein, die wollten duschen geh'n. Türen zu, Gas rein, da waren's nur noch zehn." Beim Computerspiel "KZ-Manager" (1989 indiziert, 1990 bundesweit eingezogen) mußte der"Spieler" entscheiden: "Sollen Türken erst zur Arbeit ins Bergwerk - oder gleich vergast werden?" Computertechnologie überbrückt auf diese Weise antisemitische und ausländerfeindliche Denkweisen mit Zielrichtung auf Kinder und Jugendliche. IA: Die Methoden reichen von bloßen Vorurteilen bis hin zu Straftaten, wie Beleidigun'gen, Sprühen judenfeindlicher Parolen, Schändungen jüdischer Friedhöfe, Gedenkstätten und Einrichtungen. Angesichts nicht mehr nur verbaler Angriffe sind Einzelpersonen auch körperlich bedroht: Insbesondere prominente jüdische Repräsentanten sahen sich anonymen Bedrohungspamphleten bis hin zu Mordandrohungen ausgesetzt. ER 'Theorien über eine angebliche jüdische Weltverschwörung waren bereits vor der Machtergreifung des Nationalsozialismus weit verbreitet. Sie wurden von der Nazi'Propaganda aufgegriffen und waren Ausgangspunkt für die systematische Judenver'nichtung während des "Dritten Reiches". Sie unterstellen, Juden erstrebten mittels De'mokratie, Kommunismus und Staatsunterwanderung die Weltherrschaft. Auf dem Weg 'dorthin sollten andere Völker, insbesondere das deutsche Volk, als Rasse vernichtet 'werden. Ausdruck dieses Strebens sei u.a. der - quasi gezielt lancierte - Zustrom aus65 ländischer Zuwanderer nach Deutschland. Das Judentum sei daher für eine Ver schwörung zur Vernichtung der "hochwertigen deutschen Rasse" verantwortlich. 'Antisemitisch motivierte Straftaten haben gegenüber 1993 um über 100% zugenom-' men. Der Anstieg beruht weitgehend auf Straftatbeständen der Volksverhetzung, bei denen es nur selten gelingt, die Täter zu ermitteln. Antisemitisch motivierte Gewaltdelikte haben gegenüber 1993 abgenommen. Es wurden insgesamt 41 (1993: 72) anti) semistische Gewalttaten registriert. Schmieraktionen und andere Schändungen jüdischer Friedhöfe und Einrichtungen ge' hen nicht selten mit revisionistischer Ideenverbreitung einher, bevorzugt durch Leugnung des Holocaust: Verbrechensbegehung und Verbrechensleugnung bilden so eine Gesinnungseinheit. Die Zahl der Friedhofsschändungen hat gegenüber 1993 bundes/ weit abgenommen. 1991 192 1993 1994 Höhepunkt antisemitisch motivierter Gewalt war der Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge am 25. März. Das Gebäude wurde teilweise zerstört und erheblicher sonstiger Sachschaden angerichtet. Die Bewohner konnten sich rechtzeitig retten. Vier am 2. Mai festgenommene Tatverdächtige gaben als Motiv "Haß gegen Ausländer und Juden" an. Sie sind nicht in rechtsextremen Gruppen organisiert, gelten jedoch als Mitläufer in der rechtsextremistischen Szene. Der Prozeß wegen versuchten fünffa'chen Mordes und schwerer Brandstiftung beim Landgericht Lübeck zog sich über das, Jahresende hinaus. Das angegebene Tatmotiv unterstreicht die Nähe von Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Antisemitismus ist keine etwa auf "verwirrte" Individuen oder fehlgeleitete "Politspinner" beschränkte Ausnahmeerscheinung der rechtsextremistischen Szene. Er gehört vielmehr zum Repertoire systematischer Demagogie aller rechtsextremistischen Organisationen und Parteien. So kehrt er seit Jahren in subtil verpackten Attacken der "Deutschen Volksunion" (DVU) wieder, die sich dabei der Presse ihres Bundesvorsit66 zenden Dr. FREY bedient, ebenso in neonazistischen Schriften und Skin-"Fanzines". Bei wahlpolitisch engagierten Rechtsextremisten verstärkt sich der Trend, mit antisemitischen Aussagen an symbolträchtigen Orten auf sich aufmerksam zu machen. So legte der ehemalige BundesvorsitzendederREPUBLIKANER, Franz SCHÖNHU=53 BER, es wiederholt darauf an, Persönlichkeiten jüdischen Glaubens, wie den Vorsit'zenden des Zentralrats der Juden, Ignatz BUBIS, persönlich anzugreifen und den an'geblich deutschfeindlichen Einfluß des Judentums in Deutschland anzuklagen. Für weltweites Aufsehen sorgte das Urteil gegen den Bundesvorsitzendender"Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), Günter DECKERT. DECKERT war 3:55 am 22. Juni vom Landgericht Mannheim wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und Zahlung einer Geldbuße verurteilt wor'den. Hintergrund war eine Revisionismustagung am 10.11.91 mit dem US-Amerikaner 'Fred LEUCHTER. Dessen pseudowissenschaftlichen, den Holocaust leugnenden Vortrag hatte DECKERT übersetzt und zustimmend kommentiert. Strafmaß und Urteilsbegründung stießen auf Entsetzen und Protest in der Öffentlichkeit, weil DECKERT durch das Gericht u.a. eine "charakterfeste Persönlichkeit" bescheinigt wurde. Das Urteil wurde vomBundesgerichtshof (BGH) am 15. Dezember im Strafmaß und hinsichtlich der Strafaussetzung zur Bewährung aufgeboben. Mit ei'nem "offenen Brief" an das Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel FRIEDMANN, empörte DECKERT erneut die Öffentlichkeit, indem er ihn aufforderte, Deutschland zu verlassen und nach Israel zu gehen. Das Amtsgericht Frankfurt lehnte eine strafrechtliche Verfolgung ab. Da DECKERTS Brief nicht veröffentlicht worden sei, läge keine Störung des öffentlichen Friedens vor. Im Rahmen der NPD-Bundestagswahlkampagne verantaltete DECKERT sog. "politi'sche Spaziergänge" im Umfeld der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, um seine revisionistischen Geschichtsverfälschungen publikumswirksam zu verbreiten. Er ignorierte das 'gegen ihn verhängte Hausverbot, wurde jedoch von der Polizei daran gehindert, die 'Gedenkstätte zu betreten. Fergr 'Auch der Neonazi Bela Ewald ALTHANS wurde wegen Leugnung des Holocaust auf Propagandavideos am 15. Dezember vom Landgericht München zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Ein besonders aggressiver Antisemitismus geht von neonazistischen Zeitschriften aus, die im Ausland hergestellt und nach Deutschland geschleust werden. Ein gravierendes '237537 Beispiel ist der "NS-Kampfruf". Die Publikation wird von der "NSDAP/Auslands-/Auf'bauorganisation"(NSDAP/AO) des in den USA lebenden Deutsch-Amerikaners Gary Rex LAUCK herausgegeben. In ihr wird aggressiv gegen die Juden gehetzt und zur 67 'Anwendung von Gewalt aufgerufen. Die NSDAP/AO verbreitet ihr Propagandamaterial über zahlreiche kleine Stützpunkte in Deutschland. In Hamburg ging antisemitische Propaganda hauptsächlich von der hier ansässigen neonazistischen "Nationalen Liste" (NL) und der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) aus. Beide wurden am 24.02.1995 verboten. Neonazistische Gesinnun'gen basieren überwiegend auf der politischen Weltanschauung der NSDAP. Verfechter der NS-Rassenlehre sehen in den Juden einen Hauptfeind der Deutschen. In ihren Publikationen schüren sie Ressentiments und Haß insbesondere gegen prominente Persönlichkeiten jüdischen Glaubens, die angeblich zum Nachteil deutscher Interessen auf die Politik und Wirtschaft des Landes Einfluß nehmen. So fragte die NL in ihrer Publikation "/ndex" angesichts einhelliger Empörung über die Brandanschläge gegen die Lübecker Synagoge und türkische Wohnhäuser in Mölln und Solingen zynisch, was Politikern wichtiger sei: Sachschaden oder Tote, jüdische 'oder türkische Interessen, jüdische Häuser oder türkische Menschen? Die nationalsozialistische Judenvernichtung wird von Rechtsextremisten öffentlich bestritten oder durch Gleichsetzungmit anderen historischen Ereignissen verharmlost. Im Zusammenhang mit dem Film "Schindlers Liste" stellte das Hamburger "Nationale Info-Telefon" der FAP im März den systematischen Massenmord an Juden mit der umstrittenen Bewertung "Auschwitz-Myrhos" ins Licht einer Geschichtslüge. Der hierfür verantwortliche Hamburger FAP-Landesvorsitzende Andre GOERTZund der mitverantwortliche Jens SIEFERT wurden im Februar 1995 von der Anklage der Volksverhetzung, Verleumdung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener durch das 'Amtsgericht Hamburg freigesprochen. Vor Gericht hatten sich beide dahingehend eingelassen, die Judenmorde seien auch für sie eine historische Tatsache. Mit der Begriffswahl "Mythos" sei für sie kein Leugnen verbunden. Das "Nationale Info-Telefon" feierte den Richterspruch höhnisch triumphierend als Freudentag, es gebe noch "anständige Richter mit Zivilcourage", die sich "nicht politi'schen Zwängen beugen". Der Film "Schindlers Liste" selbst wurde in Neonazikreisen vereinzelt diskutiert und stimmte allenfalls Mitläufer der Szene nachdenklich; Hardliner zeigten keine Betroffenheit. In der auch in Hamburg verbreiteten rechtsextremistischen Zeitschrift "Europa vorn" (Hintergrund: "Deutsche Liga für Volk und Heimat" /DLVH) heißt es zum Film "Schindlers Liste". "Wer meint, Adolf Hitler habe als erster die Vernichtungsöfen der Juden geschürt, der irrt. Der geschichtsbewußte Hitler könnte bei der katholischen Kirche abgeschaut haben - wir erinnern an die Judenverbrennungen im Spanien des fünfehnten Jahrhunderts durch die Große Inquisition..." 68 In Hamburg störten zwischen dem 3. und 6. Juni Unbekannte die Totenruhe auf dem 'jüdischen Friedhof "Schwarzenberg" im Stadtteil Harburg und stießen 8 Grabsteine um. Im Stadtteil Altona kam es am 9. April zu antisemitischen Farbschmierereien an 'drei Geschäften. 4.2.5. Wahlbeteiligungen: Ziele, Ergebnisse, Bewertung An die Wahlen zu acht Landtagen, zum Europa-Parlament, zum Bundestag sowie verschiedenen kommunalen Vertretungen hatten rechtsextremistische Parteien hohe Erwartungen geknüpft. So war vom "Schicksalsjahr" und wichtigsten Jahr seit der "Teilvereinigung" Deutschlands die Rede, wurde die "nationale Wende" und das "Ende der Altparteien" herbeigesehnt. Solche Hoffnungen wurden jedoch schon vor dem Wahlereignis in rechten Theorieorganen und ideenpolitischen Veröffentlichungen von Skeptikern gedämpft, die sich in umfangreichen Debatten Gedanken über das generelle Für und Wider von aktiven Wahlbeteiligungen machten. Immer lauter meldeten sich Theoretiker zu Wort, die das Spektrum rechter Parteien einfach für einigungsunfähig halten oder grundsätzlich bezweifeln, daß das "Bonner System" jemalsaufparlamentarischem Wege umwandelbar sein werde. Insbesondere für die REP endete das Wahljahr mit einer enttäuschenden Bilanz. Der Bundesvorsitzende Franz SCHÖNHUBER hatte sich im Februar noch zuversichtlich gezeigt, daß die REP mit einem Ergebnis zwischen 5 und 8% den Sprung in den nie'dersächsischen Landtag schaffen würden. Für die Europa-Wahl sagte er gar ein zweistelliges Ergebnis voraus. Ein Sprung über die 5%-Hürde bei der Bundestagswahl stand für ihn außer Frage. Obwohl die Partei im rechtsextremistischen Spektrum fast konkurrenzlos antrat, erlitt sie eine Wahlniederlage nach der anderen. Die REP sind in keinem der neugewählten Parlamente vertreten. Das Europawahl-Ergebnis von 0,2 % hatte selbst Mindesterwartungen der um ihr politisches Überleben kämpfenden NPD unterboten. Sie trat daher erstmals seit ihrer (Gründung 1964 gar nicht erst zur Bundestagswahl an. Die REP und die NPD erreichten folgende Ergebnisse: 69 Landtagswahl Sachsen-Anhalt ---Landtagswahl In Hamburg stimmten bei der Europa-Wahl insgesamt 3,1% der Wähler (19.671 Stimmen) für die REP, gegenüber 6,0% bei der Europa-Wahl 1989. Bei der Bundestagswahl sark der Anteil auf nur noch 1,7% (16.582 Stimmen). Damit wiederholten die Hamburger REP ihren Stimmenanteil der Bundestagswahl 1990. Das bei der Bürgerschaftswahl 1993 mobilisierte Protestund Sympathiewählerpotential hatte der Partei noch ein Ergebnis von 4,8% beschert. Es konnte ein Jahr später nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft werden. Die REP sind auch in Hamburg wieder auf ihr Stammwählerpotential zusammengeschrumpft: 70 Hamburg insgesamt Hamburg-Harburg Hamburg-Bergedorf HamburgWandsbek Hamburg-Nord Hamburg-Eimsbünel Hamburg-Altona Hamburg-Mitte 5 8 Ss Der Bundestagswahlkampf der REP stand unter der sinngemäßen Prämisse: "Deutschland braucht eine Rechtspartei auf seiner politischen Bühne". Das Land sei auf die schiefe Bahn geraten, weil "Links" immer stärker geworden sei (SPD, Grüne, PDS sowie Teile der CDU). Es fehle das notwendige Gegengewicht. Die REP seien z.Zt. die einzige "demokratisch legitimierte Rechtspartei" in Deutschland, die ein solches Gegengewicht bilden könne. Inhaltlich wurde der Bundestagswahlkampf der REP von den drei Schwerpunktthemen Kriminalitätsentwicklung / Überfremdung/ Arbeitslosigkeit beherrscht. Mit der durchgängig erkennbaren "Überfremdungs"-Agitation spekulierte die Partei offensichtlich darauf, erneut Protestwählerpotential für sich nutzen zu können. In Deutschland lebende Ausländer wurden von den REP dabei pauschal kriminalisiert und als Bedrohung dargestellt. Das Land werde in einem multikulturellen Vielvölkerstaat untergehen. Mit ihrer Angstkampagne gegen eine deutschen Arbeitnehmern durch Ausländerkonkurrenz drohende Arbeitslosigkeit unterschieden sich die REP entgegen allen Beteuerungen inhaltlich nicht von der neonazistischen Parole "Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!" In ihrer Wahlkampfzeitung "Zur Sache" wurde r deutlich, daß die REP ein weitgehend gleichberechtigtes Zusammenleben von Deutschen und Ausländern - gleich in welcher Größenordnung - nicht tolerieren wollen. Die REP verbanden diese Agitation mit Angriffen auf Medien und Verunglimpfung etablierter Politiker und Repräsentanten des Staates. Die Regierung "schiele" ängstlich, auf Stimmendes Auslandsund vernachlässige die "Interessen des eigenen Volkes auf das schändlichste". Die etablierten Parteien gehörten "davongejagt". Es genüge aber schon, wenn der Wähler ihnen einmal einen gehörigen Denkzettel verpasse, damit sie merkten, daß das Volk sich nicht mehr alles gefallen lasse. Die Wahlniederlagen der REP beruhenauf einem komplexen Ursachenbündel. Populistische Protestparteien leben im wesentlichen von der Unzufriedenheit breiter Wählerschichten gegenüber den "etablierten" Parteien, denen Unfähigkeit unterstellt wird, drängende politische Probleme adäquat zu lösen. Mit der Änderung des Art. 16 Abs.2 des Grundgesetzes und rückläufigen Asylbewerberzahlen bei gleichzeitiger Öffentlicher Ächtung des Rechtsextremismus verlor die Partei ihr wichtigstes Agitationsthema. Der Bundesvorstand suchte dasschwache Abschneiden der Partei auch damit zu entschuldigen, daß die Bundestagswahl von den Wählernals "Richtungswahl" verstanden worden sei. Viele hätten nur aus Angst vor einer "Linksfront" bzw. "Magdeburger Ver'hältnissen" die REP nicht unterstützt. Selbst das vergleichsweise gute Wahlergebnis in Niedersachsen zum Auftakt des Wahljahres war von den Wählern offenbar nicht als "Hoffnungssignal" verstanden, sondern als "verschenkte Stimme" eingeschätzt worden. Die REP haben es wegen fehlender personeller und finanzieller Ressourcen nicht geschaff, effektive Wahlkämpfe flächendeckend zu organisieren. Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern konnten sie ohne hinreichend funktionsfähige Organisationsstrukturen keine zusätzlichen, ihr potentiell zuneigenden Wählerschichten mobilisieren. Die REP können sich bundesweit nur noch auf ein Stammwählerpotential von etwa 2% stützen. Sie sind damit derzeit - ebensowiedie anderen rechtsextremistischen Parteien - außerstande, ohne Verbündete oder krasses Protestwählerverhalten gegen 'demokratische Parteien die S%-Hürde zu überspringen. Politik, Sicherheitsbehörden und Medien haben die Öffentlichkeit über die rechtsextremistischen und verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei aufgeklärt. Ehemals ungenügend informierte Wählerschichten wurden dadurch von einer Stimmenabgabe zugunsten der REP abgehalten. Mit den von ihnen selbst provozierten Negativschlagzeilen (Attacken gegen Ignatz BUBIS, Diskussion über Parteiverbot, schlechte Arbeit in den Parlamenten und kommunalen Vertretungen, Austritte hochrangiger Funktionäre, Annäherung SCHÖNHUBER / Dr. FREY, u.a.m.((r) siehe Kapitel: "DIE REPUBLIKANER") schmälerten die REP ihre Wahlchancen. Die "Deutsche Volksunion" (DVU) ist zur Europawahl am 12. Juni und zur Bundestagswahl am 16. Oktober nicht angetreten. Finanzielle und organisatorische Schwächen sowie entmutigende Ergebnisse bei vorangegangenen Wahlen haben zu dieser 'Abstinenz beigetragen. Zudem hatten sich der DVU-Vorsitzende Dr. FREY und der damalige REP-Vorsitzende SCHÖNHUBER darauf verständigt, sich bei Wahlen möglichst nicht mehr durch "Selbstblockaden"zu behindern. Für die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) bedeutete das nieder'schmetternde Abschneiden mit 0,2% der Stimmen bei der Europawahl (Bundesebene und Hamburg) zugleich ausbleibende Wahlkampfkostenerstattung. Vor dem Hinter'grundleerer Parteikassenunddeutlicher Wählerabsage warabsehbar, daß ein erneuter kräftezehrender Wahlkampf für den Bundestag sich als Fehlinvestition erwiesen hätte. Der "Kleine Parteitag"der NPD beschloß daher im Juni, aufeine Kandidatur zur Bundestagswahl zu verzichten. 'Auch die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) verzichtete angesichts nur bescheidener materieller und personeller Ressourcenaufaussichtslose Kandidaturen zum Europa-Parlament und zum Bundestag. Mit den Wahlverzichten von DVU, NPD und DLVH waren prinzipiell Voraussetzungen erfüllt, um die von den Rechtsparteien bisher häufig beklagte gegenseitige Blockade bei Wahlen aufzuheben und früher zersplitterte Wählerpotentiale bei den nunmehr allein kandidierenden REP zu bündeln. Das Bundestagswahlergebnis der REP weit unter 5% hat die "Selbstblockade"-These allerdings anschaulich widerlegt. Es ist darüber hinaus ein deutliches Indiz, daß gegenwärtig keine einzige deutsche rechtsextremistischePartei mehr in derLageist, sichdurch einen Wahlerfolg Zugangzum Europa-Parlament oder zum Bundestag zu verschaffen. Versuche neonazistischer Organisationen, wenigstens zur Bundestagswahl auf eigene Faust Wendesignale in Richtung auf eine "Einigung der Rechten" zu setzen, waren vergeblich. Erstmals hatte die Hamburger "Nationale Liste" (NL) unter ihrem Vordenker Christian WORCH zusammen mit neonazistischen "Kameradschafien" in Norddeutschland eine Wahlbündniskampagne unter dem Tenor "REPUBLIKANER in den Bundestag" gestartet. Verbindendes - die gemeinsamen Feinde - sollte innerhalb des "Nationalen Lagers" gegenüber Vorbehalten und Konkurrenzdenken in den Vorder'grundgestellt werden. OffenesEintreten von Neonazisfür die REPdürfte insbesondere bei Protestund Wechselwählern allerdings eher Mißtrauen geweckt und den REP 'somit geschadethaben. 'Angesichts desillusionierender Wahlbilanzen verstärkten sich in rechtsextremistischen Strategiedebatten Visionen von einer "Einigung der Rechten", die über formale Wahlbündnisse oder parteiübergreifend koordinierte Kandidaturen weit hinausgehen. Mit vielfältigen Ideensuchten rechte Theoretiker nach neuen Perspektivenfür einenatio73 nale "Umwälzung". Sie reichen von Empfehlungen "massenhaften Wahlboykotts", um die "Systemparteien" zu delegitimieren, bis hin zu einer revolutionären "nationalen Volksbewegung" als radikale rechte außeroder antiparlamentarische Opposition. Vorbilder sind u.a. die "/inke" außerparlamentarische Opposition (APO) von 1968, die. Friedens-, Ökologieoder Frauenbewegung der 70er und 80er Jahre unddie"mitteldeutsche Revolution von 1989". Wie 1989 in Leipzig ("Wir sinddas Volk") soll sich unter Verzicht auf unnötige Parteiapparate eine massenhafte "nationale Bewegung" formieren, artikulieren, das "parasitäre" Bonner System destabilisieren, unter Druck setzen und schließlich stürzen. NPD, DVU, DLVH und Teile der REP halten noch an parlamentarischen Optionen fest, obwohl sie sich - wie der größte Teil des sonstigen Rechtsextremismus - zunehmend als Fundamentalopposition verstehen. Bisher ist nicht erkennbar, daßsie jemals geneigt sein werden, Parteiegoismen soweit zurückzustellen, daß sich Möglichkeiten für eine "rechteAllianz" oder gar eine "nationale Einheitspartei" ergeben. Der "realpolitische" Flügel der "Reform"-REPUBLIKANER setzt sich von fundamentalistischen Strategien und Ideen einer "Vereinigten Rechten" bisher noch ab. Ihm schwebt eine Sammlungsbewegung für "Nationalliberale, Wertkonservative und Patrioten" rechts von der CDU vor, die dem Erfolgsmuster der österreichischen FPÖ Jörg HAIDERs nacheifert. 4.3. Rechtsextremistische Gewalt 4.3.1. Rechtsextremistisch motivierte Straftaten Rechtsextremistische Gewalt äußert sich in Deutschland weiterhin überwiegend in fremdenfeindlich motivierten Strafdelikten. In der Vergangenheit hat vielfach eine Art "Propaganda der Tat" Nachahmungstäter angestiftet, die Schwelle zwischen verbaler Gewaltandrohung und aktiver Verbrechensbegehung zu übertreten. Die "Fanale" von Rostock, Mölln und Solingen hatten Signalwirkung für anschließende Serien rechtsextremistischer Gewalttaten. Fanaleffekte wiederholten sich anläßlich des Brandanschla'ges auf die Lübecker Synagoge vom März 1994 nicht mehr. Jüdische Mitbürger, Ausländer, sog. "lebensunwerte" Minderheiten und politische 'Gegner werden in Deutschland weiterhin von Rechtsextremisten verbal und körperlich bedroht undangegriffen. Diegegenüber dem Eskalationsjahr 1992 halbierte und ge'genüber 1993 deutlich rückläufige Gewaltstatistik ist kein Entwarnungssignal. Bundesweit wurden vom 01. Januar bis 31. Dezember1.489Gewalttaten mit erwiesenemoder zu vermutendemrechtsextremistischen Hintergrund registriert. Darunterwa74 ren 860 Taten (58%) aus fremdenfeindlicher Motivation. Rund 5% entfallen auf Brandund Sprengstoffanschläge. 3000. 2639 2500.47. od u Entwicklung der Gewalttaten 'auf Bundesebene 1985 bis 1994 2000 4deg soo} |120 189 192 1992 wurden 2.639, 1993 noch 2.232 Gewalttaten registriert. Gegenüber diesen Vergleichsjahren haben Gewalttaten um 43% (zu 1992) bzw. 33% (zu 1993) abgenommen. Der Anteil fremdenfeindlich motivierter Taten ist gesunken: er betrug 1993 noch % (1.609), 1994 etwa 58% (860). Auch wenn die Gewalttatenziffer insgesamt rückIäufig war, ist innerhalb der gesamten Jahressumme der Anteil von Gewalttaten ohne fremdenfeindliche Motivation von ca. 10% (1992) über 28% (1993) auf inzwischen 42% (1994) gestiegen. Diese Tendenz zeigt an, daß sich rechtsextremistische Gewaltaten vom Feindbild des Ausländers immer stärker gelöst und auf andere Opferbereiche oder Angriffsobjekte verlagert haben. Der Anteil von Brandund Sprengstoffanschlägen an der Gesamtheit aller rechtsextremistischen Gewalttaten hat sich gegenüber 1993 (13%) mehr als halbiert Sowohl bei den Zielrichtungen als auch bei den Deliktarten verlief die Entwicklung gegenüber 1993 unterschiedlich: -10% 4 20% 30% Bemerkenswert sind der Rückgang der Tötungsdelikte, Brandund Sprengstoffan'chläge sowie die Tatsache, daß es 1994 kein vollendetes Tötungsdelikt gab. Zählt man die 6.463 "weiteren Gesetzesverletzungen" (z.B. Bedrohung, Volksverhetzung, Beleidigung usw.) mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivaion hinzu, ergibt sich eine Gesamtzahl von 7.952 Gesetzesverletzungen (199: 10.561). Die nachgelassene politische Gewaltkriminalität hat einen vielschichtigen Hintergrund. Bis 1992 waren insbesondere Asylbewerber Opfer militanter Rechtsextremisten. Asylrechtsänderungen und der sich daraus ergebende spürbare Rückgang der Asylbewerberquote sowie die intensive öffentliche Auseinandersetzung mit Fremdenfeindichkeit und Rechtsextremismus haben dieses Problemfeld seit 1993 entschärft. Potenielle Täter, die bis dahin glaubten, sich auf Sympathie in der Bevölkerung stützen zu können, sahen sich zunehmend ihrer selbstkonstruierten vermeintlichen Legitimation enthoben. Zahlreiche "Lichterketten" als Zeichen breiten Widerstandes gegen Auslänierfeindlichkeit und Rassismus - erstmals im November 1992 nach dem Brandanschlag von Mölln - widerlegten augenfällig selbstgerechte Rechtfertigungsmuster von Rechtsextremisten. 76 Zur Wiederholung oder Nachahmung animierende "Erfolgserlebnisse", wie noch im September 1991 in Hoyerswerdaoder im August 1992 in Rostock, blieben aus. Zwar stieg nach dem Brandanschlag von Solingen am 29.05.1993 die Gewaltkurve noch einmal, erreichte jedoch bei weitem nicht mehr frühere Ausmaße. 'Angesichts staatlicher Entschlossenheit bei der Bekämpfung politischer Gewaltkriminalität sehen sich potentielle Täter, Mittäter und Mitläufer erhöhten Risiken ausgesetzt. Überraschende polizeiliche Exekutivmaßnahmen, Verurteilungen zu hohen Freiheitsstrafen und die breite Berichterstattung der Medien hierüber zeigen offenbar Wirkung. In diesem Zusammenhang wurden potentielle Straftäter auch durch gerichtliche Feststellungen gewarnt, daß Brandstiftungen den Tatbestand des Mordes bzw. Totschlages 'erfüllen können. Bei der Bekämpfung politisch extremistischer Gewalt helfen Informationen über Täterprofile und persönliche, motivationsbeeinflussende Hintergründe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat Daten aus 758 Gerichtsurteilen analysiert. Sie betreffen Personen, die seit 1991 an Gewalttaten (Tötungsdelikte, Brandund Sprengstoffanschläge, Landfriedensbrüche, Körperverletzungen sowie Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung) mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation beteiligt waren. Die Untersuchung berücksichtigt Kriterien wie Alterstruktur und Geschlecht, Ausbildung, ausgeübte Tätigkeit, Familienverhältnisse, Zugehörigkeit zur Skinheadszene und etwaige Vorerkenntnisse des Verfassungsschutzes. 78% der Täter waren Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 20 Jahren. Innerhalb dieser am meisten beteiligten Altersgruppe waren 23% 17 Jahre, 25% 18 Jahre und 20% 19 Jahre alt, Vergleichsweise unbedeutende Anteile entfielen mit 18,5%aufTäter zwischen 21 und 30 Jahren. Nur 3% waren älter als 30 Jahre, lediglich 7(1%) weiblich. 78% der Täter hatten die Hauptschule besucht. Insgesamt dominierten untere bis allenfalls mittlere Schulbildungen. 46% der Täter gingen noch zur Schule oder befanden sich in einem Ausbildungsverhältnis; nur 24% besaßen eine abgeschlossene Berufsausbildung. 29% hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung; von diesen hatten 139 'Täter ihre Ausbildung bereits mindestens einmal abgebrochen. Mit rund 56% standen die meisten Verurteilten in einem Berufsbzw. Arbeitsverhältnis. Der relativ hohe Anteil von 22% Arbeitslosen ist vor dem Hintergrund der Altersstruktur und der mit dem Wechsel von der Schule zumBerufoft verbundenen Arbeitslosigkeitzu sehen. störte Familienverhältnisse. 30% der Täter hatten sich der Skinhead-Szene angeschlossen. 4% der 758 Täter waren schon vorher als Mitglieder rechtsextremistischer Parteien' Organisationen bekannt. Mitgliedschaften bestanden vor allem inder "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), der vom Bundesminister des Inneren am 10.12.1992 verbotenen "Deutschen Alternative" (DA), der 1994 verbotenen "Wiking Jugend" (WJ) und der am 24.02.95 verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiter'partei " (FAP). Weitere 5% hatten sonstige Verbindungen zu rechtsextremistischen Parteien/Organisationen, und zwar insbesondere zur FAP, zur NPD, zu der am 27.11.1992 verbotenen "Nationalistischen Front" (NF) und zur DA. Die sachgerechte Zuordnung von Straftaten mit mutmaßlichem rechtsextremistischen Hintergrund wurde manchmal dadurch erschwert, daß angebliche Opfer körperlicher Gewalt solchen Hintergrund nur vortäuschten, z.B. nach ethnisch bedingten Auseinandersetzungen unter Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Im Zusammenhang mit Anschlagsdelikten gegen Objekte (z.B. Lokale, Läden) verbargen sich hinter vereinzelt vorgetäuschten rechtsextremistischen Straftaten anderweitige Urhebermotive, z.B. versuchter Versicherungsbetrug, sog. "Bezichungstaten", familiäre oder sonstige Racheakte. Die Zahl der rechtsextremistischen (einschließlich der fremdenfeindlichen und antisemitischen)Straftaten ist in Hamburgum rund6%von 397auf 424 gestiegen. Rund 37% dieser Taten (155) hatten eine fremdenfeindliche Ausrichtung; 1993 lag der Anteil noch bei 53%. Während bei den fremdenfeindlichen Straftaten in Hamburg ein deutliches Absinken der Fallzahlen von 210 auf 155 zu verzeichnen war, ist die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ohne fremdenfeindlichen Bezug von 187 auf 269 gestiegen. Der 'Grundfür diese Steigerung liegt überwiegendimBereich derSachbeschädigungen ohne Gewaltanwendungundin den sog. Propagandadelikten. Als fremdenfeindlich werden in Hamburg Straftaten angesehen, die gegen Personen gerichtet sind, denen der Täter aufgrund Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes ein Bleibeoder Aufenthaltsrecht in seiner Wohnumgebung oder in der gesamten Bundesrepublik bestreitet. In Zweifelsfällen, wenn fremdenfeindliche Motive nach den polizeilichen Ermittlungennichtfeststehen, aberauch nicht auszuschlieBen sind, wird eine Straftat als fremdenfeindlich eingestuft. 78 In der Gesamtzahl aller rechtsextremistischen Straftaten sind neben den schweren Straftaten, wie Tötungsdelikte (Vollendung und Versuch) - Körperverletzungen nur. - - - Brandstiftung (einschließlich Versuch) Landfriedensbruch Sachbeschädigung mit Gewaltanwendung 'auch die Delikte minder schwerer Bedeutung (Verbaldelikte), wie sonstige Sachbeschädigung Verbreiten von Propagandamitteln / Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Nötigung, Bedrohung andere Straftaten (z.B. nach $$ 123, 126, 130, 185 StGB) erfaßt. Im Bereich der schweren Straftaten gab es 1994 keine Tötungsdelikte, auch keinen Versuch. 1993 registrierte die Polizei in Hamburg noch 2 Tötungsversuche, von denen einer fremdenfeindlich motiviert war. Die Zahl derin Hamburg verübten Körperverletzungen lag im Berichtszeitraum bei 44 Fällen (1993: 40), von denen sich 35 gegen Fremde richteten.Von den festgestellten 7 Brandstiftungen (einschließlich Versuche) in Hamburg (1993: 11) waren 5 fremdenfeindlich motiviert. Von den 21 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung waren 13 fremdenfeindlich motiviert. ) In der Kategorie der Verbaldelikte stieg die Gesamtzahl von 328 auf 352 Fälle, der Anteil der Straftaten mit fremdenfeindlichem Bezug sank von 155 auf 102. Bei den rechtsextremistischen Straftaten innerhalb dieser Kategorie waren die Delikte "Verbreiten von Propagandamitteln / Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Or'ganisationen" mit 167 und bei den fremdenfeindlichen mit 51 die "Nötigungen und Bedrohungen" am stärksten vertreten. Die Hamburger Polizei konnte 252 Tatverdächtige ermitteln. Rechtsextremistischen Gruppen bzw. Organisationen gehörten 72 Tatverdächtige an. 139 Personen hatten zum Tatzeitpunkt offenbar eine fremdenfeindliche Einstellung, ohne politisch organisiert zu sein. Die Mehrzahlder 252 Tatverdächtigen war unter 25 Jahre alt, 15 der 252 waren Skinheads. Altersstruktur der ermittelten Tatverdächtigen: 79 Von 63 in Hamburg festgestellten antisemitischen rechtsextremistischen Straftaten sind 18 aufgeklärt. Dabei überwogen Hetz-, Drohund Beleidigungsschriftengegenjüdische Bürger oder deren Interessenvertretungen. Insgesamt wurden 4 Sachbeschädi'gungen mit Gewaltanwendung, 16 Delikte "Verbreiten von Propagandamitteln/ Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen", 8 Nötigungen/ Bedrohungen und 35 andere Straftaten mit antisemitischer Zielrichtung verfolgt. Beispiele rechtsextremistischer Straftaten in Hamburg veranschaulichen Willkür, Brutalität und menschenverachtende Gesinnung der Täter. Skinheads schlugen in der Nacht zum 31. Juli an einer Haltestelle einen wartenden 20jährigen Deutschen nieder. Sie traten auf ihn ein und verletzten ihn im Bauchbereich und am Kopf. In den Wohnungen vier verhafteter Täter fand die Polizei Hinweise, daß sie der rechten Szene an'gehörten. Tatmotiv war, daß die Täter ihr Opfer als "Linken" ("Zecke"), d.h. als politischen Gegner, eingeschätzt hatten. Drei unbekannte Jugendliche, nach ihrem Aussehen möglicherweise Skinheads,spritzten mit einem Feuerlöscher in einer Asylantenunterkunft an der Langenhorner Chaussee. Einen Bewohner, der seine Tür öffnete, beschossen sie mit einer Gaspistole. Vermutlich die gleichen Täter schlugen in der Nähe der Wohnanlage einen ägyptischen Zeitungsausträger mit Fäusten. Alsdieser in ein Haus flüchtete und von einerMieterin geschützt wurde, riefen die Täter: "Zigeunerdreck, Türkendreck, wir kriegen Euch doch alle". Unbekannte hefteten an die Wohnungstür eines Türken einen Zettel mit 4 Hakenkreuzen und dem handschriftlichen Zusatz "Du fette türkische Sau: Du mußt den Flur, Treppenhausund die Glastür putzen, sonst verbrennen wir Dich u. Deine Familie!" einem Polizeieinsatz wegen Ruhestörung aus der Wohnung eines Deutschen, den türkischer Mitbewohnerveranlaßt hatte, beschimpfte der Deutsche ihn mit den "Ihr Kanakenschweine, Ihr seid dran!" Als die Polizei einige Tage später aus chem Anlaß eingriff, beschimpfte der Deutsche seinen Nachbarn undrichtete eine auf ihn. Die Polizei nahm den Beschuldigten vorläufig fest und stellte eine Gassicher. . Rechtsextremistischer Terrorismus /or mehr als zehn Jahren endete die bisher aktivste Phase des rechtsextremistischen rSrem ismus in Deutschland. Sie dauerte von 1977 - 1982, erreichte mit dem Anschlag das Münchener Oktoberfest am 26.09.1980 (13 Tote, 215 Verletzte) ihren Höheund endete mit der Zerschlagung der antiimperialistisch motivierten HEPP/ L-Gruppe. Letztere hatte im Dezember 1982 Anschläge auf Fahrzeuge amerikaer Soldaten in Hessen verübt. schen verdichteten sich Indikatoren, die ein Wiederaufleben des rechtsextremistiTerrorismus in Deutschland andeuten. Nach den Verboten neonazistischer Or'vTonre i und anderen konsequenten staatlichen Eindämmungsmaßnahmen bezweifelten militante Neonazisimmer häufiger den Sinn weiterer "legaler" politischer Ar"beit. Sie zeigten sich für Parolen zu militanteren Methoden durchaus empfänglich. Beobachtungsergebnisse weisen auf eine erhöhte Gefährdung hin: unter Rechtsextremisten kursieren vermehrttheoretische und praktische Bauanleitungen für Sprengund Brandsätze. Ebenso kursieren Aufrufe, sich mit Schriften und Kampfpraktiken der linksterroristischen "Rote Armee Fraktion" (RAF) zu beschäftigen. Zunehmende Waffenund Sprengstoffunde bei Rechtsextremisten sind weitere alarmierende Hinweise. Rechtsterroristische Anschläge gingen bisher meistens von Einzeltätern aus, die Fanale 'setzen wollten. Sie operierten nicht aus klassischen illegalen Strukturen, sondern aus der Legalität heraus. Ihr Handeln war, im Gegensatz zum linksextremistischen Terrorismus, selten Ergebnis gründlicher - intellektuell und ideologisch fundierter - Strategiedebatten. Wegen fehlender strategischer und taktischer Konzepte, mit denen Anlaß, Ziele, Mittel und Methodik sorgfältig und logisch miteinander in Relation gebracht worden wären, waren sie unkalkulierbar. Kontinuierliche Detailplanungen und exakte Tatvorbereitungen, wie bei der sog. HEPP/KEXEL - Gruppe, bildeten die Ausnahme. Rechtsextremistische Terroristen vermochten es auch nicht, ihr Handeln in Bekennungsschreiben anschließend der Öffentlichkeit zu vermitteln und eine etwaige offene Unterstützerszene zu mobilisieren: Die Taten sollten für sich sprechen. Bereits im Januar 1993 prophezeihte der Hamburger rechtsextremistische Rechtsanwalt Jürgen RIEGER in einer "Panorama"-Fernsehsendung mit Blick auf Verbotsver81 fahren gegen neonazistische Organisationen ("Nationalistische Front", "Deutsche Al ternative", "Nationale Offensive"): "Wenn diese Verbote tatsächlich durchgehen soll. ten, kriegen wir eine rechte RAF, da können Sie sicher sein. Wenn die ersten R und Richter umgelegt sind, dann wissen Sie, es geht los! Nicht die Großen, wie 'Präsident des Verfassungsgerichts, sondern Reporter, Richter, Polizisten. Diese Gruppierungen sind dran". Unberechenbar bleiben nach ihren praktischen Waffenund Kampferfahrungen auch die aus dem chemaligen Jugoslawien zurückkehrenden deutschen Söldner, nachdem sie dort u.a. "gegen das Serbentum" gekämpft haben. Einige sind bereits - auch nach Hamburg - zurückgekehrt. Andere sind z.B. nochbei derin KroatienkämpfendenEinheit "J.Gardjska Brigada Baron Trenck"aktiv. 'Aus Depots im kroatisch-bosnischen Grenzgebiet sollen Waffen, Sprengstoff u.a.nach Deutschland geschleust und im "rechten Lager" verteilt werden. Waffen und Minen aus einem am 02.November im Frankfurter Stadtwald entdeckten Erddepot, das mit einem Söldner der Brigade-Einheit in Verbindung gebracht wird, beweisen die Emnsthaftigkeit dieser Bedrohung. Seit November 1992 bis Ende 1994 sind in der Bundesrepublik acht rechtsextremistische Vereinigungen verboten worden,davon vier auf Bundesundweiterevierauf Länderebene. Hinzu kommen die nahezu flächendeckenden Verbote öffentlicher Betätigungen. Überlegungen zu neuen, gruppenübergreifenden -teils autonomen - Strukturen erhielten dadurch Auftrieb. Bei einzelnen Rechtsextremisten wird vor diesem Hintergrund aber auch verstärkt darüber nachgedacht, zu einer militanten Praxis überzugehen. In ihre Überlegungen fließen verstärkt Prinzipien und Praxisanleitungen ein, die sie aus Erfahrungen und Handbüchern illegaler bzw. militanter/terroristischer Linksextremisten schöpfen. Es besteht die Gefahr, daß sicheinige, bisherkleine, rechtsextremistische Zirkel zu Quellen illegaler, auch militanter rechtsextremistischer Formierung entwickeln. Lieferant und zentrale Kommunikationsbasisfür entsprechende Ideen und Anleitungen bleibt weiterhin die US-amerikanische "Vationalsozialistische Deutsche Arbeiter'partei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) mit Sitz in Lincoln/Nebraska. Ihr "Propagandaleiter", der 1953 geborene Amerikaner Garry Rex LAUCK, ist Hauptproduzent des nach Deutschland eingeführten NS-Propagandamaterials. Kommunisten definieren ihre revolutionäre Gewalt stets als "Gegengewalt" zur angeblichen gewaltsamen Unterdrückung und Ausbeutungdes"verelendeten Proletariats" durch die herrschende kapitalistische Klasse. Einer ähnlichen Logik folgte LAUCK im Leitartikel des "NS-Kampfruf" vom Januar 1994 unter der durchsichtigen Frage"Gewaltals Kampfmittel?": Jedem Nationalsozialisten zwinge sich angesichts des "andauernden undimmerzunehmenden Terrorismus des Bonner Verratsregimes und seiner 82 Killer-Kommandos" die Frage auf, "..ob er auf die Gewalt als Kampfmittel verzichten soll oder nicht." Gegen den fanatischen Einzelkämpfer, der klar denkt und kaltblütig Faser handelt, gäbe es keinen Schutz. Keineswegs zufällig wurde in der gleichen Ausgabe des "NS-Kampfruf" der revolutionäre Kleinkrieg nach "Werwolf'-Art propagiert. [Ein Beitrag in der Ausgabe Nr. 108 (Juli/August 1994)des "NS-Kampfruf" zog als 'Antwort auf angeblichen "Meinungsund Polizeistaatsterror" deutscher Behörden" bewaffnete militante Aktionen" als "Mittel der politischen Artikulation" in Betracht. Den FS5B5 'Akteuren legte er "strikte konspirative Planung und Vermittelbarkeit" nahe. Unausgesprochen als praktische Anleitung erschien in der gleichen Zeitungsausgabe ein Abdruck der Schrift "Eine Bewegung in Waffen" ("Strategie und revolutionärer Kleinkrieg"). Bereits Mitte Juni 1993 verbreitete die NSDAP/AO derlei Strategien unter deutschen FEBR und österreichischen Rechtsextremisten auch als PC-Joumal "Endsieg" per Diskette: Ein "Handbuch für improvisierte Sprengtechnik" (aus der Publikationsreihe"Zine Bewegung in Waffen, Band Ib") enthielt detaillierte Angaben zur Herstellung von Brandund Sprengbomben. LAUCK dementierte die Urheberschaft als Falschmeldungen der "Judenpresse". Das "Handbuch für improvisierte Sprengtechnik" ist Teil einer Schriftenreihe, deren Bände I ("Massenpsychologie, Propaganda und Revolution") und Band II ("Strategie und revolutionärer Kleinkrieg") zuvor bereits in großen Teilen in LAUCK's "NS-Kampfruf" veröffentlicht worden waren. APRS BFRE Band II beschreibt u.a. die Koordinierung und Organisierung des illegalen Kampfes einer nach dem "Führerprinzip" ausgerichteten Kaderorganisation. Der so gebildete illegale Arm wäre u.a. für "Werwolfaktionen" zuständig, die in Anlehnung an kommunistische Dialektik zur "Abwehr terroristischer Kampfhandlungen des politischen Geg'ners" umgedeutet werden. Der Anhang nimmt u.a. auf die Schrift "Werwolf - Winke 'für Jagdeinheiten" des Oberkommandos der Wehrmacht Bezug. Die Schrift wurde 1944 durch das OKW herausgegeben, um in der militärischen Aussichtslosigkeit des "Dritten Reichs" einen Partisanenkrieg zu entfachen. Einen Beweis, daß rechtsextremistische terroristische Theorieaneignung inzwischen RETB auch auf Quellen zurückgreift, die schon vor 25 Jahren unter Linksterroristen kursierten, lieferte der Verfasser des II. Bandes mit seinem Hinweis auf das "Minihandbuch des Stadtguerilleros" des brasilianischen Stadtguerilleros Carlos MARIGHELLA. Das "Handbuch für improvisierte Sprengtechnik" war bereits Ende 1992 durch Unbekannte mit der Absenderangabe "Rotterdam/Niederlande" (Postfach) von Hamburg aus verschickt worden. Auf dem Titelblatt sind ein auf die Spitze gestelltes Hakenkreuz nv2 und ein Sturmgewehr abgebildet. Es orientiert sich am Kapitel "Sprengtechnik" des Buches "Der totale Widerstand" (Kriegsanleitung für jedermann) des Majors von DACH, herausgegeben vom schweizerischen Unteroffizierverband. Es befaßt sich de83 tailliert mit der Herstellung von Brandund Sprengsätzen. Inhaltlich deckt es sich Teil mit dem "Improvised Munitions Handbook" der US-Armee. Nach Feststellung, BKA wurden dort beschriebene Zündvorrichtungen bereits bei Anschlägen im desgebiet verwendet. 'Andere Bauanleitungen zur Herstellung von Sprengkörpern und Brandmitteln im Laufe des Jahres u.a. auch über Mailboxen und als Broschüren veröffentlicht. Tendenzen praxisnaher theoretischer und logistischer Aufrüstung von R. sten wurden insbesondere auch im Rahmen von Durchsuchungen sichtbar, bei Schußwaffen, Munition, Granaten und Sprengstoff entdeckt wurden. Auch Zufallsi de unterstützten diese Beobachtungen. Anläßlich einer Fahrzeugüberprüfung fand Berliner Polizei in einem mit vier Personen besetzten PKW Propagandamaterial eine Anleitung zum Bau von Sprengvorrichtungen. Bei einer anschließenden We nungsdurchsuchung beschlagnahmte die Polizei vier mit Schwarzpulver gefüllte körper, Sprengstoff und zum Rohrbombenbau geeignete Gegenstände. Die Gefahr, daß sichaus solchen Ansätzentatsächliche terroristische Strukturenim strafrechtlichen Sinne (terroristische Vereinigungen im Sinne von $129a StGB) ausbilden, erfordert Wachsamkeit. Mit der "Wiking-Jugend" (WJ) verbot das Bundesministerium des Innern am 10. November eineOrganisation, die in ihrer über40-jährigen Geschichte auch "Durchlauferhitzer" für Rechtsterroristen war: Der ehemalige WJ-Gauführer Uwe ROHWER wurde 1979 u.a. wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, der ehemalige WJ-Gauführer Odfried HEPP 1987 u.a. wegen versuchten Mordes und Sprengstoffanschlägen verurteilt. Es gibt bisher keine qualifizierten Anhaltspunkte, die die Entwicklung terroristischer' Strukturen - etwa im Stil der RAF - mit einiger Sicherheit belegen. Diese liegen dann vor, wenn terroristische Straftaten von einer Vereinigung im Sinne von $ 129 StGB verübt werden. Diesbezügliche Ermittlungsverfahren wurden in letzter Zeit in Einzelfällen eingestellt, weil einzelne Tatbestandskriterien nicht nachgewiesen werden konnten. Essind jedoch Vorbereitungsprozesse offensichtlich, die auf einen aufkeimenden Terrorismus zusteuern. Rechtsextremistisch motivierte, insbesondere fremdenfeindliche Exzesse, aber auch aufstrebende rechtsextremistische Organisierung, Agitation und Indoktrination haben die wehrhafte Demokratie herausgefordert. Angesichts zunehmend greifender staatlicher Repression gegen Rechts fühlen sich Einzeltäter und kleine Gruppen nunmehr in die Illegalität gedrängt. Dieses birgt neue Risiken, weil die Ventilfunktion legaler Betätigung entfällt. Seit Dezember 1993 haben rechtsextremistische Terroristen in Österreich mit zahlreichen Bombenattentaten Menschen getötet bzw. schwer verletzt. Angesichts zunehmender - auch internationaler - rechtsextremistischer Vernetzung und Gesinnungsnähe dürfen solche Vorkommnisse nicht geographisch isoliert gedeutet und bewertet werden. 84 neonazistische Szene befand sich 1994unter demDruck konsequenter staatlicher im Umbruch. Seit 1992 waren 7 Vereinigungen (1992: "Nationalistische ", "Deutsche Alternative", "Nationale Offensive", "Deutscher KameradschaftsWilhelmshaven"; 1993: "Nationaler Block", "Heimattreue Vereinigung 'hlands", "Freundeskreis Freiheit für Deutschland") verboten worden. Im Lau'desJahres kam das Verbotder "WikingJugend" hinzu. Mit den im Februar 1995 erVerboten der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" und der "Nationalen "sindjetzt 10neonazistische Organisationenverboten... it existiert mit der "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und 'n Angehörige e.V." nur noch eine überregional bedeutsame Neonazi-Organisation. reduzieren sich Neonazis fast ausschließlich auf Kleinund Kleinstgruppen it örtlich begrenzten oder allenfalls regionalen Wirkungskreisen. Auch der Versuch, 1993gegründeten "DeutschenNationalisten"(DN)alsbundesweitePlattformfür zu etablieren, ist weitgehend fehlgeschlagen; zwar verfügen die DNinzwiüber mehrereLandesverbände, sindaber bislangkaum öffentlichkeitswirksamin ivitäten. Mit neuen Konzepten und Strukturen soll nunmehr die Weiterarbeit erlichtwerden. Dabeizeichnensich Modelleab,in denenherkömmliche Organisadurch informelle Strukturen ersetzt,bisherige Gruppen wenigstensauf regioZ_, 'naler Ebene vernetzt werden. Themenbezogene, organisationsübergreifende Zusam'menarbeitsoll endgültigdaserstAnfang der90erJahreeinsetzende Abrücken von 'kräftezersplitterndenRivalitätenvollenden. Die im Frühjahr 1992 ins Leben gerufene "Anti-Antifa"-Kampagne war u.a. ein erster Einstieg in eine rechte "Einheitsfront", Über den alleinigen Zweck, politische Gegner 'auszuforschen, sollte zugleich ein Ansatz gefunden werden, bestehende Organisations'grenzen aufzubrechen. Der Gedanke, damit auch den Weg zu einer umfassendenneo'nazistischen Kooperation zu ebnen, kam später hinzu. Unter dem absoluten Vorrang 'der gemeinsamen Aufgabe soll auf interne Differenzen verzichtet werden. Der Kam'pagnencharakter der "Anti-Antifa" hat den Vorteil, daß er nicht von vereinsoder parteirechtlich faßbaren Strukturen abhängig ist und somitals juristisches Subjekt mit Verbotsmaßnahmen "antastbar" wäre. Im übrigen vermittelt die "Anti-Antifa" Lagerbewußtsein. Durch das Erfolgsmuster der "Anti-Antifa"-Kampagne ermutigt, rief die Ham! "Nationale Liste" anläßlich der Bundestagswahl zu einer Unterstützungskampagne die "REPUBLIKANER" auf. Neonazistische Vorbehalte gegen die "REPUBLIKA| sollten zurückgestellt werden - allerdings aus eher eigennützigen Motiven, nicht Sympathie mit den "REPUBLIKANERN". Der Abbau von Gruppenegoismen eine neue Qualität neonazistischer Betätigung an. Zugleich verstärkt die Szene konspirativen Verhaltensweisen. Die Beobachtungstätigkeit der Sicherheitsbehi wurde merklich erschwert. Über punktuelle Vernetzungen hinaus streben Teile des neonazistischen Lagers einer viel weitergehenden Zusammenführung aller "nationalen Kräfte" in Form ei "Bewegung". Über die einzelfallund themenbezogene Vernetzung hinaus soll sich Bewußtsein universellen "nationalen Widerstandes" in einer Art "Bewegung Rechts" verwurzeln. Sie hätte das einzige und alle Unterschiede einebnende Ziel, "herrschende System" bis zu dessen Sturz zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund haben herkömmliche Organisationsstrukturen, Hi und formale Äußerlichkeiten nicht nur weitgehend ausgedient, sondern werden nehmend als Schwachpunkte empfunden, die das Basisgefüge gegenüber staatli Zugriffen verwundbar machen und zu lagerinternen Gegensätzen herausfordern. 'Aus solchen Überlegungen heraus unternahm die "Freiheitliche Deutsche tei" (FAP) in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erste definiti Schritte zur Selbstauflösung formeller Strukturen ( siehe: FAP). Ein anderes Beispie ist die vorwiegend in Berlin und Brandenburg aktive "Direkte Aktion / Mitteldeutschland", die ein von geschulten Führungskadern geleitetes Zellensystem anstrebt. A der im November exekutiv verhinderte Versuch, Neonazis aller Richtungen in eine' "Kameradschaft Stuttgart" einzubinden, entsprach dem neuen strategischen Denken. Vereinzeltintegrierensich Neonazisteils nurpro forma - auchin rechtsextremistischen Parteiorganisationen, um dort "legale" Handlungsspielräume, alternativ zu aufgelösten oder verbotsbedrohten eigenen Gruppierungen, auszunutzen. Zielorganisationen sind u.a. die "Narionaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), die NPD-Jugendvereinigung "Junge Nationaldemokraten" (JN) oder die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH). Zugleich rechnen Neonazis dort mit neuen Ansprechpartnern für eigene Mobilisierungen. Parallel zur strukturellen Vernetzung haben Neonazis ihre schon vorher begonnene technische Vernetzung forciert ausgebaut. Moderne Kommunikationsmittel (Info-Telefone, Mailboxen, Mobiltelefone) tragen dazu bei, fehlende formale Strukturen teilweise zu kompensieren. Während die Nationalen Info-Telefone Informationen aus der Szene offen verbreiten, können Mailboxen sowohl auf allgemein offen zugänglicher Ebeneals auch zum Austauschvertraulicher Daten nur unterautorisierten Personen ie für interne (Strategie-)Diskussionen genutzt werden. Mobiltelefone ermöglichen 'operative Fl lität und Abhörsicherheit z.B. im Zusammenhang mit geMobilisierungen und Steuerungen bei Demonstrationsvorhaben bzw. igen Veranstaltungen. Kommunikationstechnologie unterstützt somit strukturüberwindende Integrase der Neonazi-Szene bei gleichzeitiger erhöhter Abschottung nach außen. erfolgreicher Ansätze ist fraglich, inwieweit die deutschen Neonazis fähig sein n, ihre neuen Konzepte in dauerhafte und weiterführende Erfolge umzumünzen. jar rüstet sich die Szene massiv mit Info-Telefonen, Mailboxen sowie Mobiltelefoaus. Jedoch selbst bei einem für die Szene im Stellenwert hoch angesiedelten Eris, wie der "Rudolf-HESS-Aktionswoche" im August, scheiterte jegliche Taktiereian staatlichen Veranstaltungsverboten und sonstigen präventiven Maßnahmen. Verdiese Verbote zu unterlaufen - wie im Falle des mißglückten Aufmarsches am . August in Luxemburg - sind weitestgehend fehlgeschlagen. ielle Erfolge themenbezogener Vernetzung, z.B. mit der "Anti-Antifa"-Kampagne, zwar punktuell Vorteile, können fehlende öffentlichePräsenz jedoch keinesfalls ichend ersetzen. Der Strukturwandel eröffnet zwar gewisse Perspektiven im Hinauf relative Sicherheit vor weiteren Vereinigungsverboten und auf erhöhte Koion. Neonazis werden aber kaum Gelegenheit finden, ihr Gedankengut in breiteGesellschaftsschichten zu tragen. Ähnlich dürften sich auch die organisationsspeziischen Vernetzungsbestrebungen relativieren, erst recht das hoch gesteckte Ziel einer "nationalen Bewegung". 24.02.1995 wurde die FAP durch Verfügung des Bundesinnenministers und die durch Verfügung der Hamburger Behörde für Inneres verboten. Anträge der Bunierung, des Bundesrates und des Hamburger Senates an das Bundesverfassungs'gericht von 1993 mit dem Ziel der Feststellung, daß es sich bei beiden um gemäß Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz um verfassungswidrige und damit verbotene Parteien handelt, "server waren durch einen am 23.02.1995 übermittelten Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes als unzulässig zurückgewiesen worden. Beide Gruppierungen seien organisatotisch keine "Parteien". Jedoch könnten der Bundesinnenminister und die obersten Lan'desbehörden mit Organisationsverboten aktiv werden. Das Gericht begründete seine Entscheidung u.a. damit, daß FAP und NLnicht die Anforderungen erfüllten, die das Grundgesetz und das Parteiengesetz an das Vorhanden'sein einer "Partei" stellten. Allein der Wille, "Partei" zu sein, reiche nicht aus. Eine TFrBSHm politische Vereinigung, die"Partei" sein wolle, müsse die Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung auch anhand objektiver Kriterien bestätigen, die ihre Tätigkeit zur Erfüllung der 'Aufgaben einer Partei erkennen ließen. Solche Kriterien seien insbesondere Umfang und Festigkeit der Organisation Mitgliederzahl und Hervortreten in der Öffentlichkeit. Insgesamt komme es darauf' 'ob der Schluß zulässig sei, daß eine politische Vereinigung ihre erklärte Absicht, der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, ernsthaft verfolge. fehle es beiden Organisationen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß hi den verbalen Zielsetzungen Wirklichkeiten stünden, die es erlauben, sie als Ar eines ernsthaften, in nicht zu geringem Umfang im Volke vorhandenen politi Willens anzusehen. FAP und NL stünden daher nicht unter dem besonderen Schutz: Grundgesetzes, wie er Parteien zukomme. 4.4.2. Anti-Antifa Rechtsextremisten fühlen sich seit den 80er Jahren ("Schlagt die Faschisten, wo Ihr trefh!") als Unschuldsopfer demonstrativer, aggressiver und zum Teil militanter tivitäten insbesondere linksextremistischer autonomer/anarchistischer Zusami schlüsse. Unter dem Kampagnenkürzel "Antifa" und dem Selbstverständnis "antifaschistischer Selbsthilfe" störten oder verhinderten diese öffentliche Auftritte oder schlossene Veranstaltungen von Rechtsextremisten, zum Teil in militanter Kon! tion. Systematisch spähten sie auch die rechtsextremistische Szene aus, veröffentli ten "Steckbriefe" und Wohnadressen, beschädigten deren Besitzgegenstände bzw. Vi sammlungsobjekte und griffen sie körperlich an. Häufig waren Rechtsextremisten ren Verfolgen personell, materiell und konzeptionell unterlegen. Fälle frontaler Links-/Rechts-Auseinandersetzungen ereignen sich inzwischen seltener, weil rechtsextremistischen Auftritten durch konsequentes Handeln der Exekutive und der Justiz erfolgreicher als früher bereits im Vorfeld vorgebeugt wird. Aus diesem. Grunde und wegen der nach ihrer Ansicht völlig unzureichenden Verfolgung linksexas tremistischer Straftäter orientiert sich steigender Haß gegen alles "Antinationale" in letzterZeitverstärkt auch gegendie Staatsmacht. N Im Frühjahr 1992 versuchte der stellvertretende Vorsitzende der neonazistischen Hamburger "Nationalen Liste" (NL), Christian WORCH, als Initiator der "Anti-Antifa" Kampagne erstmals, mit einer langfristig und systematisch angelegten Gegenkonzeption gegenüber Angriffen linksextremistischer "Antifaschisten" eigene Offensivpositi'onen aufzubauen. Auf der Idee, die politischen Gegner mit ihren eigenen Waffen ("antifaschistische Auf'klärung", linke "Volksfront" gegen Rechts) zu schlagen, basieren strategische Hauptziele der "Anti-Antifa": "Feindaufklärung" durch systematische gründliche Informationsgewinnung über politische Gegner und interne Weitergabe der Ergebnisse; Aufbau einer Gegenkraft mittels organisationsübergreifender Aktionsgemeinschaften in einer Art "Einheitsfront" oder "Volksfront von Rechts". 88 icherte Informationen der "Feindaufklärung" wollte die "Anti-Antifa" nutzen, gewalttätige militante "Antifas" zu identifizieren und dem Zugriff der Exekutive liefern. Das NL-Organ "Index"erläuterte die Strategie im März 1992: Militante 'histen" verließen sich in erster Linie aufihre Anonymität, um gefahrlos und lich unbehelligt Gewalt auszuüben. Bessere Aufklärung feindlicher Aktivitäten, Drahtzieher und Anführer" sollte den Schleier der Anonymität durch Veröffentlüften. Mit Namensund Adressenveröffentlichungen sollte politischen Gegpräventiv signalisiert werden, daß sie unter gezielter Beobachtung der Rechisexstünden und ihnen strafrechtliche Verfolgung odergar"Gegenmaßnahmen" 'Gruppierungen drohten. von den "Anti-Antifa"-Initiatoren vorgeschobene "Verteidigungs"-Strategie entsich durch solche Hinweise als viel weiter reichendes Konzept mit der offensiZielsetzung, politisch mißliebige Personen und Institutionen selbst von legitimen n Protesten, friedlichen Aufklärungskampagnen bzw. gesetzlicher Auflung abzuhalten, sie einzuschüchtern und mundtot zu machen. November 1993 erreichte diese Einschüchterungskampagne einen Höhepunkt. der "Anti-Antifa"-Publikation "Der Einblick" verbreiteten Neonazis auf rund 40 iten eine Liste bundesweit zusammengetragener sog. "linker" Personen und Grup- . Mit der an die eigenen "Kameraden" gerichteten durchsichtigen Ummäntedie aufgelisteten Personenauf ihre Gesinnung "anzusprechen", forderten sie un'zweifelhaft zu Übergriffen gegen verhaßte Gegner auf. Im Vorwort des "Einblick" de'chiffrierten die Herausgeber den Begriff "Ansprache" unmißverständlich als Aufruf 'zurGewalt: "Wir werdenes hiertunlichst vermeiden, zur Gewalt im Sinnevon Körgen, Tötungen usw. gegenüber unseren Gegnern aufzurufen. Jeder muß selbst wissen, wie er mit den hier zugänglich gemachten Daten umgeht. Wir hoffen nur, IHR GEHT DAMIT UM!!!". 'Vier als Herausgeber des "Einblick"ermittelte Neonazis aus Bayern und Hessen mußten sich vor dem Jugendschöffengericht Groß-Gerau wegen Aufforderung zu Straftaten, Beleidigung und versuchter Nötigung verantworten. Am 31.01.95 wurden die bei'denHauptverantwortlichen zu zwei Jahren Haftohne Bewährung bzw. einem Jahr mit Bewährung verurteilt. Den beiden anderen Angeklagten wurde wegen Beihilfe eine 'Geldstrafe bzw. gemeinnützige Arbeit auferlegt. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch 'die Verteidigung von drei Angeklagten haben gegen die Urteile Berufung eingelegt. Weitere überregionale "Anti-Antifa"-Publikationen sind bisher nicht bekannt geworden. Das zweite zentrale Ziel der "Anti-Antifa"-Kampagne, auf der Ebene einer "Einheitsfront"organisationsübergreifend aktiv zu werden, ordnetsich inzwischenauch in den tiefgreifenden Strukturwandel und in Gegenstrategien von Rechtsextremisten gegen staatliche Repression ein. Interne Differenzen sollen zugunsten gemeinsamer Aktions- planung zurückgestellt werden. Aktionsbezogene, organisationsunabhängige 'gruppenübergreifende Zusammenhänge sollen Organisationsverbote ins Leere lassen. In der Orientierungauf ein gemeinsames Feindbild - politische Gegner, gerlich-demokratischer Rechtsstaat - wird das Lagerbewußtsein gestärkt. Die "Anti Antifa" dient somit auch dem solidarischen Schulterschluß. Die "Anti-Antifa"-Idee stieß bei Neonazis, aber auch in Kreisen z.B. der"! Liga für Volk und Heimat" (DLVH) und des NPD-Jugendverbandes "Junge Nati demokraten" (JN) auf Sympathie und Resonanz. Zahlreiche Einzelaktivisten und 'gehörige rechtsextremistischer Organisationen beteiligen sich inzwischen bundesweit in Einzelfällen in Form eigens zu diesem Zweck gegründeter "Anti-Antifa"-Gruppen -' an Personenausforschungen und Datensammlungen. Ergebnisse erscheinen auf blättern und in rechten Publikationen, wie der NL-Schrift "/ndex" (bis zu deren 1995 erfolgtem Verbot), den "Nachrichten der Hilfsgemeinschaft für nationale polit Gefangeneundderen Angehörige e.V. "oder der illegalen Untergrundschrift "Die Neue Front". Auch hier wirkte die neonazistische Hamburger NL mit einer "Index"-Sonderausgabe vom August 1992 wegweisend. Sie "outete" erstmals Hamburger "linke" Objekte mit einer Sammlung von Fotos und Anschriften. Entsprechende Kommunikation "Anti-Antifa"-Aktivistenanwerbung wurde auch über rechte Mailboxen undsog."Nationale Info-Telefone" abgewickelt. Die Kampagne wird bisher von dezentral operierenden Gruppen und Einzelpersonen getragen, die sich untereinander sporadisch austauschen. Zentrale Steuerungen und Datenverwaltungen wurden bisher nicht beobachtet. Hamburger "Anti-Antifas" beschränkten ihren Aktionsradius bisher auf Personen und Objekte in Hamburg nebst Umlandregion. Eine im Mai 1994erschienene"Sonderausgabe" der Hamburger Neonazi-Schrift "Nationales Echo" traktierte mit einem "Steckbrief" einen im Stadtteil Stellingen ansässigen Gegner, der sich im Hamburger "Offenen Kanal" mit der Sendung "Nazis Nein Danke" gegen Rechtsextremisten engagierte. Neben einer detaillierten Beschreibung seines Wohnumfeldes und seiner Le bensgewohnheiten waren als unverhohlene Drohungen ein Portraitfoto des "Antifa'schisten" hinter einem Fadenkreuz und eine fiktive Todesanzeige abgedruckt. Haushalten im Stadtteil Bramfeld wurde ein anonymer Flugblattaufruf zugestellt, den Pastor der Kirchengemeinde auf sein Engagement für Asylbewerber in Bramfeld und Steilshoop "anzusprechen". Wörtlich drohten die Verfasser: "Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen, wie anti-deutsche Kräfte ... versuchen, einen bürgerlichen Stadtteil wie Bramfeld mit Asyl-Schmarotzern aus aller Welt vollzustopfen und zu überfremden!" Augenscheinlich im Zusammenhang mit der Hetzkampagne gegen den Pastor drangen unbekannte Täteram 22. Oktober in Räume seiner Kirchengemeinde ein und beschmierten die Wände mit rechtsextremistischen Parolen. Diese Praxis belegt, daß so Ynti-Antifa" unter dem Vorwand der Verteidigung gegen "Zinks" einer Angriffsstratefie von Rechtsextremisten folgt, die andersdenkende gewaltfrei agierende Personen siv einschüchtern soll. ie "Anti-Antifa" visierte neben sog. "Linken" zunehmend auch Personen aus BehörPolitik, Staat und Gesellschaft an. In früheren Jahren hatten in erster Linie aktive ntifaschisten" öffentliche Auftritte der Rechten zum Teil militant gestört oder verlindert. Insbesondere im Zusammenhang mit den jährlich wiederkehrenden rechtsexistischen "Rudolf-Hess-Gedenkaktionen" oder z.B. demonstrativen Aktionen zum ldengedenktag" (Volkstrauertag) wurden öffentliche Provokationen von Rechtsisten dank staatlicher Entschlossenheit und weitsichtiger Vorsorge entweder im Vorfeld unterbunden oder unmittelbar nach Entdeckung beendet. Orgationsund Veranstaltungsverbote sowie zum Teil drastische Verurteilungen rechter 'ftäter haben nunmehr auch Staatsbedienstete von Exekutive und Justiz ins Zentrum tremistischer Feindbilder gerückt. /or dem Hintergrund steigender Bedrängnis wächst die Bereitschaft, gesammelte Injationen zu einer rücksichtsloseren, über die bloße Datenveröffentlichung hinaus'nden "Offensive" zu nutzen. Die Zielvorgaben wurden beliebiger und richten sich TE N inzipiell gegen alle, die nicht dem "Nationalen Lager" angehören. In unverhüllter tion ist inzwischen von "Straf'aktionen die Rede, werden Tendenzen zu "professionellerer" Praxis erkennbar. In diesem Zusammenhang trägt das Fehlen einer iisationsund Führungsstruktur - wodurch das Handeln einzelner Aktivisten und 'Gruppen zur Ermessenssache wird - zur Unberechenbarkeit und damit zur Gefährlichkeit der "Anti-Antifa" bei. 'Auf der Gegenseite schöpfen Linksextremisten immer stärker gruppenübergreifende 'Gemeinsamkeiten aus der Kampagnenvokabel "Antifaschismus". Sie forcieren ihre bundesweite Koordination und Vereinheitlichung. "Antifa" und "Anti-Antifa" sammeln und intensivieren somit ihre Kräfte hin zu erhöhter Aktionsbereitschaft. Es steigt das Risiko, daß sich die gegenseitige organisierte Ausspähung zuspitzt und in systematisch 'vorbereiteten Auseinandersetzungen zwischen dem rechtsextremistischen und linksextremistischen Lager eskaliert. Inwieweit darüber hinaus konsequente staatliche Bekämpfungsmaßnahmen gewaltgeneigte Aktivisten der "Anti-Antifa" zu Übergriffen gegen staatliche Institutionen und ihre Bediensteten verleiten werden, ist nicht abschätzbar. Die neonazistische Publikation "Die Neue Front" (Nr.87, ApriV/Mai) veröffentlichte unter der Überschrift "AntiAntifa-Meldung" ein Foto des Generalbundesanwalts mit einem auf die Stirn gerichteten Maschinengewehr. An gleicher Stelle war die Adresse eines Koblenzer Oberstaatsanwaltes veröffentlicht. Dem NPD-Vorsitzenden Günter DECKERT war im Dezember vom Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald Hausverbot erteilt worden. Die NPDGeschäftsstelle reagierte mit der Androhung von Konsequenzen bei einem "Macht- 9 wechsel", der Gedenkstättenleiter sei in einem Datenspeicher über "deutschfeindli Kräfte erfaßt. 4.43. Ereignisse: "Rudolf HESS-Aktionswoche" und "Heldengedenktag" Für Rechtsextremisten sind öffentlichkeitswirksame Aktionen ein wesentlicher Be nutzen rechtsextremistische Führer Gedenkanlässe, um alljährlich traditionell zu öffentlichen Aufmärschen in großem Stil aufzurufen. Dabei haben sich seit mehreren Jahren zwei Hauptereignisse verfestigt: Die Gedenkdemonstration zum Todestag von' Rudolf HESS im August, die zunächst in Wunsiedel - der Begräbnisstätte HESS' - ak zentraler Aufmarsch stattfand, und die zentrale "Heldengedenkfeier" zum Volkstrauertag im November, welche ursprünglich in Halbe durchgeführt wurde. Die von JahrzuJahr verstärktenstaatlichen Maßnahmen,solche Aufmärschezuunterbinden, haben es den Rechtsextremisten zunehmend erschwert, zentrale Großveranstaltungen durchzuführen. Auch 1994 hatten die Behörden das erklärte Ziel, Verbote von Saalveranstaltungen, Kundgebungen und Aufmärschen unter freiem Himmel strikt und konsequent durchzusetzen. Diese Absicht hatte weitgehend Erfolg. Rechtsextremistische Organisationen konnten, ihre Propaganda und Ziele nur noch eingeschränkt öffentlich darstellen. Dennoch waren rechtsextremistische Aktivitäten nicht völlig zu verhindern. Neonazis ist es trotz staatlicher Kontrolle gelungen, verbliebene Lücken als Freiräume für demonstrative| 'Akte zu nutzen. Sie gingen dabei mit neuen organisatorischen Konzepten und unter erhöhtem Einsatz technischer Mittel, wie Mailboxen, Mobilund "Info-Telefonen" vor. Zudem arbeiteten bislang zerstrittene Personen und Organisationen enger zusammen, als früher üblich. Der Todestag von Rudolf HESS und die daran anknüpfenden Gedenkrituale habenfür das gesamterechtsextremistische Spektrum - auch des europäischen Auslands - herausgehobene Bedeutung und Symbolkraft. Die Integrationsund Identifikationskraft des Gedenkanliegens bietet rechtsextremistischen Gruppierungen eineideale Grundlage zur aktionistischen Zusammenarbeitund willkommene Gelegenheit, gemeinsam öffentlichkeitswirksam Stärke zu demonstrieren. Gerade Anhänger der verbotenen rechtsextremistischen Organisationen nutzen die 'Chance, Betätigungsverbote zu kompensieren und auf diesem Wege den Zusammenhalt des gesamten rechten Spektrums anlaßbezogen zu pflegen. HESS wird von Rechtsextremisten zum Märtyrer und "Botschafter des Friedens" erhoben, der zu Unrecht verurteilt wurde. An seiner Person anknüpfend versuchen sie, ihre rechtsextremistische Ideologie und Geschichtsfälschung zu verbreiten und sich positiv auf die 92 he Gegner und staatliche Institutionen. Vorbereitungsstab für Aktionen zum Todestag von Hess bildet sich alljährlich an'zogen ein "Wunsiedel-Komitee". Sein Sprecher ist Christian WORCH, bis zum seiner Organisation stellvertretender Vorsitzender der neonazistischen Ham"Nationalen Liste" (NL). In einem Rundschreiben des Komitees im Mai wurde its deutlich, daß die Veranstalter mit extremen Schwierigkeiten bei der AnmelundDurchführungvon Aktionen rechneten. Daherhatten sie sich dazuentschlosanstatt einer Zentralkundgebung eine ganze Aktionswoche zu inszenieren. Im Juni dieses Konzept insoweit modifiziert, als es Rechtsextremisten freigestellt wurauf regionaler Ebene öffentliche Kundgebungen zu versuchen. ie Chancen, daß eine angemeldete Zentralveranstaltung genehmigt werden würde, in rechtsextremistischen Kreisen realistisch als aussichtslos eingeschätzt. Denwurden - in Anlehnung an diePraxis aus den Vorjahren - bundesweit Aufzüge in als 30 Städten angemeldet. Taktisches Ziel war es, durch eine Vielzahl nicht inter Anmeldungen eine für die Behörden unübersichtliche Lage zu schaffen damit die Chance für die ungestörte Verwirklichung einer einzelnen Kundgebung 'erhöhen. Erstmals in der Geschichte der 1987 begonnenen HESS-Gedenkmärsche erweiterten azis den bislang auf einen Tag begrenzten und als zentralen Großaufmarsch angeTsrm Anlaß zu einer Aktionswoche. Der vom "Wunsiedel-Komitee" konzipierte und itete Aktionskatalog beinhaltete im wesentlichen breit angelegte Verteilungsaktionen verschiedener Propagandamittel. Im Rahmen der Aktionswoche erregte der Demonstrationsversuch von ca. 100 NeoEnEZ is vorder Deutschen Botschaft in Luxemburg am 13. August mehrals andere Vorkommnisse öffentliches Aufsehen. Die überwiegend aus dem westlichen und südwestlichen Teil Deutschlands anreisenden Neonazis folgten Direktiven, die erst kurzfristig über die "Nationalen Info-Telefone"bekannt gegeben und mittels Mobilfunk verbreitet worden waren. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Rechtsextremisten aus Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien. Luxemburgische Sicherheitskräfte löstendie Versammlungauf, nahmen ca. 30 Personenin Gewahrsam undüberstellten unsen sie anschließend der deutschen Polizei. Ein Teilnehmer beklagtein derOktoberausgabe der neonazistischen "HNG-Nachrichten" später das Vorgehen der luxemburgischen 'Gendarmen als brutal und als "Menschenrechtsverletzung". 'Aufrufe über die "Nationalen Info-Telefone" zur Störung "antifaschistischer Gegenver'anstaltungen" fanden keine Resonanz. Dagegen konnten in zahlreichen Städten Plakatund Sprühaktionen mit rechtsextremistischen Inhalten nicht verhindert werden. Im Verlaufder Aktionswoche kam es außerdem im gesamten Bundesgebiet zu K bungsversuchen und regional begrenzten Kleinaktionen. Direkte Konfrontationen Linksextremisten blieben aus. Im Vorfeld der Aktionswoche wurden jedoch von Lit sextremisten Sachbeschädigungen an Wohnungen und PKWs bekannter Rechtse: misten verübt. Gegenüber der Öffentlichkeit bemühten sich Rechtsextremisten, ihre Aktio trotz mißlungener Großaufmärsche als Erfolg darzustellen.Die "Nationalen Info-Te fone" brüsteten sich damit, das Ansehen von Rudolf HESS und die Erinnerung an wachgehalten zu haben. Die neonazistische FAP wertete die Tatsache als großen folg, daß es ihr am 21. August gelungenwar, mit ca. 45 Aktivisten der FAP,der" 'gen Nationaldemokraten" (JN) und der neonazistischen "British National Party" im schleswig-holsteinischen Kaltenkirchen spontan und unangemeldet aufzumarschieren. Im Hamburger Stadtgebiet und Umland wurden mehrere kleinere Aktionen durch; führt, so u.a. Transparentaktionen an Autobahnbrücken mit der Aufschrift " HESS, Ehre dem Helden". Ein Versuch, Transparente und Aufkleber im Stadtteil Hammerbrook anzubringen, scheiterte. Die Polizei stellte das Material mit Inhalten' wie "Rudolf HESS - Das warMord - Blutzeuge des Reiches" beider Aktionei Hamburger Neonazis sicher. Anhänger der NL scheiterten auch am 20. August dem Versuch, von einem Parkdeck in der Hamburger Innenstadt Flugschriften werfen. Eine von der NLfür den 13. August angemeldetete Kundgebung wurde verboten. Angedachte weitere Aktionen in Hamburg fanden offenbar nicht statt, weil das engmaschige Netz polizeilicher Prävention den Akteuren so gut wie keine Spielräume gab. Führende Rechtsextremisten haben erkannt, daß sie vor allem mit der Ausdehnung der 'Aktivitäten zum HESS-Gedenktag von einem Tagesereignis auf eine Gedenkwoche relativ mühelos erhöhte Medienpublizität im Inund Auslandaufsich ziehen konnten. Zudem nötigten sie erfolgreich staatliche Sicherheitsorgane über mehrere Tage zu permanenter Bereitschaft und Präsenz. Selbst wenn die großspurig propagierte "Massenmobiliserung nationaler Kräfte" in der Praxis scheiterte, wurde der Staat zu erhöhter Aufmerksamkeit und Präsenz gezwungen. Die Erfahrung, mit der Anmeldung von Veranstaltungen auf eine - eigene Befürchtungen übertreffende - konsequente Verbotspraxis gestoßen zu sein, wird inzwischen intensiv in der rechtsextremistischen 'Agitation und Propaganda ausgeschlachtet. Die NL-Publikation "/ndex" dokumentierte im Oktober die staatliche Verbotspraxis gegen "nationale" Kundgebungen mit dem Fazit zur HESS-Gedenkwoche, daß "Grundrechte wie Meinungsund Versammlungsfreiheit nicht für jemanden gelten, der in Rudolf Hess keinen Verbrecher, sondern einen Märtyrer sieht!" Neonazis werden auch weiterhin nach Möglichkeiten suchen, Kundgebungsverbote zu umgehen. Sie werden dazuneuetaktische Konzepte entwickeln undmittelstechnischer Kommuni94 ionsmit el erproben, ummitihrem hochrangigen Anliegen - dem HESS-Gedenken - 'derPraxis zum Zuge zu kommen. Volkstrauertag wird von Rechtsextremisten als "Heldengedenktag" begangen. Nedem Gedenktag für Rudolf-HESS bietet die Gefallenenehrung einem breiten tremistischen Spektrum Gelegenheit zur öffentlichen Selbstdarstellung. In den 1991 und1992 führten Rechtsextremisten aus demgesamtenBundesgebiet 'nkfeiern" als zentrale Großkundgebungen auf dem Soldatenfriedhof bei be durch, bei denen es zu großen Polizeieinsätzen kam. Die Veranstaltung 1992 trotz Verbots statt. Der Soldatenfriedhof bei Halbe hat für Rechtsextremisten Icharakter, weil auf Schlachtfeldern in der Nähedes Ortesgegen Ende des iten Weltkrieges Tausende von Soldaten und Zivilisten getötet wurden. 3 war ein kompliziertes mobiles Konvoikonzept mit dem Ziel, Aktivisten am" Hel- " zu einem zentralen Kundgebungsort bei Hameln zu bringen, aufgrund Polizeipräsenz mißlungen. Über 200 Personen waren in Polizeigewahrsam geworden. Nach diesen Erfahrungen hielten sich die damaligen Initiatoren, NL "Wiking-Jugend" (WJ), in diesem Jahr zurück. Aufgrund des für den 13. Novemerwarteten Veranstaltungsverbotes in Halbe setzte man vielmehr auf die Durchfühkleinerer regionaler Veranstaltungen. Die Niederlage von 1993 wirkte insgesamt demotivierend. Verbotserwartungen wurden im Bundesgebiet zwei Zentralkundgebungen, in und auf dem Waldfriedhof Frankfurt Oberrad, angemeldet. Zu diesen Veranstalgen riefen auch "Nationale Info-Telefone" in Berlin, Hamburg und Nürnberg auf. ide Veranstaltungen wurden durch die örtlichen Behörden untersagt. Die Verbote BRSaFnsEn Ersatzfeiern auf Friedhöfenderjeweiligen örtlichen Umgebung. AufGrund des 3 Tage zuvor am 10. November ergangenen Verbotes der "Wiking-Jugend", maßgebliche Organisatorin von "Heldengedenkfeiern" in den Vorjahren, war die rechte Szene 'verunsichert. Das "Nationale Info-Telefon" der FAP Hamburg informierte daher über 'die Hintergründe des WJ-Verbots und forderte dazu auf, in Wahrnehmung des Grund'rechtes auf Versammlungsfreiheit regionale Gedenkfeiern zu veranstalten. Am 13. No'vember fuhren etwa 15 Hamburger Neonazis der NL im Konvoi zum Soldatenfriedhof 'nach Vahrendorf(Niedersachsen) und legten an der dortigen Kriegsgräberstätte einen Kranz mit der Aufschrift "NL Hamburg / Sie starben für Deutschland" nieder. Die Kranzniederlegung mit kurzer Rede des NL-Vorsitzenden Thomas WULFF dauerte T=5degBb:5 'etwa 15 Minuten. fürchteten, daß ohnehin jedwede Versammlung mit der Unterstellung aufgelöst werden würde, es handele sich um die Fortführung von WJ-Aktivitäten. Rechtsextremisten folgten im gesamten Bundesgebiet zwar der Aufforderung zu regionalen Gedenkveranstaltungen. Erwartete Polizeipräsenz, behördliche Verbote zentraler Kundgebungen und allgemein erhöhter staatlicher Druck gegen rechtsextremistische Organisationen hatten allerdings schon im Vorfeld zu resignativer Stimmung in der rechten Szene beigetragen. Die Taktik, bei begrenzten kleineren Kundgebungen bzw. Kleinstveranstaltungen etwaigen Störabsichten von Polizei und Gegendemonstranten, zu entgehen, wurde nachträglich als gelungen bewertet. Die eigentliche Grundidee, mit zentralen Aufmärschen machtvoll Präsenz, Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit zu manifestieren, ist jedoch bei den HESS-Aktionen und am "Heldengedenktag" gescheitert. Staatliches Handeln verhinderte insoweit, daß Rechtsextremisten eine Bühne zur politischen Selbstdarstellung finden konnten. Auch wenn ihre Akteure zunehmend geneigt sind, die Legalität zu verlassen und Veranstaltungsverbote zu unterlaufen, gelingt ihnen dieses nur unter erheblichen technischen und organisatorischen Anstrengungen "| gleichwohl ohne Erfolg in Bezugauf"Groß"kundgebungen. Die statt dessen propagier" te dezentrale Kleintaktik kennzeichnet Rückzugszwänge, tendenziell aber auch erhöhte Lustlosigkeit und Resignation an der Basis angesichts des unverhältnismäßig hohen! Energieverschleißes für eine insgesamt bescheidene Erfolgsbilanz. 4.4.4. Neonazistische Organisationen (c) Nationale Liste (NL) Die seit 3 Jahren konstant etwa 30 Mitglieder zählende neonazistische "Nationale Liste" (NL) wurde am 13. März 1989 in Hamburg gegründet. Sie beanspruchte für si den Status einer Landespartei und wurde bis zu ihrem Verbot am 24.02.1995 von auch bundesweit als maßgebliche Anführer der Neonazi-Szene anerkannten Aktivi Thomas WULFF (Vorsitzender) und Christian WORCH (Stellvertreter) geleitet. Bei gehörten bis zum Tod des Neonazi-Führers Michael KÜHNEN zu dessen engster folgschaft. Nachdem die von KÜHNEN gegründete "Aktionsfront Nationaler Soz sten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) im Dezember 1983 verboten worden war sich seine Anhänger auch aus der Auffangorganisation "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) im Januar 1989 zurückgezogen hatten, schufen sich Haml KÜHNEN-Anhänger mit der NL eine neue politische Plattform. 1993 hatte der Hamburger Senat beim Bundesverfassungsgericht die Feststellung Verfassungswidrigkeit der NL gemäß Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz Nachdem der Antrag am als unzulässig zurückgewiesen worden war, wurde die Organisation am 24.02.1995 vereinsrechtlich verboten. Ungeachtet des Verbotsverfahrens 'setzte die NL. ihre politischen Aktivitäten bis dahin unverändert fort. Die NL bezeichnete sich in ihrem seit Gründung unveränderten Programmals "Partei zhzanar des neuen Nationalismus". Ihre aus dem Programm abgeleiteten politischen Forderungen propagierte die NL. u.a. über die Parteizeitung "/ndex" (Auflage 800 - 1.000, er'scheint achtmal jährlich) und andere Druckschriften. Dabei stand die Ausländerund lantenproblematik im Mittelpunkt. Der "Überfremdung unseres Vaterlandes" "Ausländermassen" und "ungebremsten Asylantenzustrom" wollte die NL mit ?'-2=38 zugstopp", "Abschiebung" und "Säuberung" begegnen, bevor sich der Volkszomn "blutig gegen Ausländermassen und Ausländerkriminalität Bahn brechen wird". Ausindliche Ausschreitungen fanden sich in der NL-Diktion als "Volksaufstand" d "Notwehr" gegen "Asylterror" und "Volksbeschiß" wieder. Zuge rassistische Grundhaltung offenbarte die Partei mit Behauptungen zur"überdurchittlichen Überlegenheit" der "deutschen Rasse". Multikultureller und "multikrimiMischmasch" zerstörten die Lebensgrundlagen und die Identität des deutschen Im haßerfüllten Ausländerbild der NL existierten Fremde ausschließlich in der iation mit Schmutz, Kriminalität, Drogen, "Versiummung" sowie als Ursache Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und "Massenverelendung sozial schwacher Deuteher". itismus war ein zweiter wichtiger Pfeiler der NL-Agitation. Dem - nach NLologie - "Raubstaat" und "Judenstaat" Israel wurde u.a. unterstellt, Deutsch- d mit "unserer ach so schrecklichen Vergangenheit" zu erpressen und sich in deutPolitik einzumischen. .anent attackierte und verunglimpfte die NL die verfassungsmäßige Grundordnung eutschlands, dessen staatliche Organe, Repräsentanten und Institutionen. Demokratie rde als "Demokratur" beschimpft, Staat und Wirtschaft als "Ideologie des Geldes" und Erziehung zum "losgelösten Individuum ohne Gemeinschaftssinn" beklagt. ;vertretern - mit dem Zusatz: "sogenannten" - wurden "sklavische Hörigkeit" den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges, "korrumpierbares" und krimi- s Handeln vorgeworfen. Sie seien als "Verräter" für den "Ausverkauf deutscher s en" verantwortlich. "Gesinnungsjustiz" und "politischer Unterdrückung" schlügen die "Machthaber" die für Recht und Ordnung kämpfende nationale Opposition ein. Angesichts belicher Zustände in "unserem" Land zog die NL Parallelen zur Endphase des SEDdessen Machthaber vom Volk hinweggefegt worden seien. 97 Die NL lehnte die freiheitliche demokratische Grundordnung ab. Statt dessen gierte sie "Nationalen Sozialismus" in einem "Deutschen Reich" als dritten Weg schen Kapitalismus und Kommunismus und "einzige große Chance für das Ü! unseres Volkes". Auf die nationalsozialistische Diktatur und das Führerprinzip be; sich die NL eindeutig positiv. Sie verehrte Adolf HITLER und andere NS-Führer, blickte im NS-System eine "neue Weltanschauung von Ehre, Freiheit, Vaterland" befürwortete die nationalsozialistische "Blutund Boden-Ideologie". HITLERs Mani fest "Mein Kampf" empfahl die NL als "aktuelles", "wichtiges Werk" und Inbegriff ei ner für viele "überzeugenden Weltanschauung". Die NL verharmloste, beschönigte und leugnete NS-Verbrechen. Nach ihrer Üt gung war HITLERS Überfall auf die Sowjetunion dringend notwendig, "sittlich" rechtfertigt und kein Kriegsverbrechen. Stolz verwies die NL auchauf ihr Engagem im Zusammenhang mit der geschichtsverfälschenden Revisionismuskampagne, di systematisch Nazi-Greuel bezweifelt oder leugnet. Nach Verkündung des - nach Interpretation - "Ausschwitz-Maulkorb-Gesetzes" steht das Leugnen der masse Ermordung von Juden und Zigeunern während der NS-Herrschaft unter Straf hung. Die NL reagierte darauf mit der unterschwelligen Androhung eines Bum effektes: Revisionisten würden sich nunmehr möglicherweise andere Betätigungsfel suchen und so der "nationalen Opposition" zu neuen Impulsen - Menschen, Material, Verbindungen, Geldern - verhelfen, Nach dem Verbotsantrag des Hamburger Senates 1993 stellte die NL die "beispiellose politische Verfolgung" der "nationalen Opposition" stärker in den Vordergrund Agitation. Ihren Gegnern wurden Bestrafungen ((r) siehe Kapitel: "Anti-Antifa") und' sonstige Konsequenzen angedroht, die der Diktion nach an den "Volksgeric Roland FREISLERs während der Nazi-Diktatur erinnerten: Die NL hoffe darauf, j "vor die Gerichte des Volkes zu zerren, die jetzt die Treuesten unseres Volkes mit Füssen treten". Gegenüber 1993 hatten die öffentlich sichtbaren Aktivitäten der NL in Hamburg nommen. Es wurden vorwiegend Flugblätter, Aufkleber und Presseerklärungen breitet. Geplante Veranstaltungen wurden verboten. Örtlicher Schwerpunkt der NLAktivitäten waren die Stadtteile Bramfeld/Farmsen. Insbesondere hier und im Stadtteil Bergedorf gab es auch Kontakte zu Skinheads. Sieben NL-Anhänger wollten am 11. Januar bei einer Diskussionsveranstaltung zum. Thema "Rechtsradikalismus" in Farmsen Flugblätter verteilen. Wegen unberechtigten Mitführens von Tränengassprühgeräten wurden sie im August zu Geldstrafen von 2.100,-und 1.200,-DM verurteilt. Im Rahmen der bundesweiten "Rudolf-HESS-Aktionswoche" hatte die NL für den 13. August in Hamburg eine Gedenkkundgebung mit 1.000 - 2.000 Teilnehmern angemel- 9 'Nachdem die Veranstaltung verboten und ähnliche Aktionen auch in anderen Bundern unterbunden worden waren, versuchten NL-Anhänger in der Zeit vom 13. 21. August in Hamburg, wenigstens Propagandamaterial zum 7. HESS-Todestag - te, Flugzettel und Aufkleber - anzubringen bzw. zu verteilen. Mehrere Aknn wurden polizeilich unterbunden, einige Flugblätter von Gebäuden in der Inabgeworfen. Rahmen einer "Heldengedenktag"-Aktion am 13. November (Volkstrauertag) legrund 15 NL-Anhänger nach einer Gedenkrede ihres Vorsitzenden auf dem Ehrenof in Vahrendorf einen Kranz mit der Aufschrift "Sie starben für Deutschland" denfeindlich motivierte Haßpropaganda entlud die NL. gegen zwei Bürger in den ilen Bramfeld und Stellingen. In ihrer Publikation "/ndex" agitierte sie gegen Bramfelder Pastor, der sich dort für die Belange von Asylbewerbern, Flüchtlinund Ausländern engagiert. Als sog. "Volksverräter" war er bereits seit Ende 1993 von Schmierund Klebeaktionen, Telefonbelästigungen bis hin zu Morddrohungewesen. Wiederholt hatten Bramfelder Skinheads sowie Aktivisten und Mitglieder NL vor dem Pastorat neonazistische Lieder und Parolen gegrölt. Mai hetzten anonyme Verfasser in einem Flugblatt gegen die "anti-deutsche" Arit des Pastors und verlangten: "Asylmißbrauch stoppen - Runde Tische auflösen". itbürger wurden angehalten, dem Pastor telefonisch die "Meinung zu sagen". Ende tober drangen Unbekannte in das Pastorat ein, zerstörten Teile der Einrichtung, ierten ein Keltenkreuz, den Davidstern und Parolen wie "Rache, Du Schwein" und "Ku-Klux-Klan". Ende Dezember deponierten Unbekannte unter dem Auto des Pastors i nen Schweinekopf mit der Drohung: "letzte Warnung...jedes Schwein muß sterben!" ifNL-Aktivisten wurden bestraft. Ihnen wurde vorgeworfen, im November 1993 dem Grundstück des Bramfelder Pastors das "Horst-Wessel-Lied" gesungen und *Heil-Hitler" gerufen zu haben. Zwei Beschuldigte wurden im September rechtskräftig 3 bzw. 5 Arbeitsauflagen verurteilt. Die anderen drei wurden vom Amtsgericht Iburg am 18. August zu Freiheitsstrafen von je 3 Monaten verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten legten Rechtsmittel ein. Ein Stellinger Bürger war Zielscheibe der NL, u.a. weil er sich engagiert gegen Neo'nazis exponiert hatte. Die NL veröffentlichte seine Personalien nebst Foto und bezog 'sich dabei auf eine im März anonym verbreitete Schrift "Nationales Echo". Bereits in 'diesem Pamphlet hatten die Verfasser ihn angegriffen. Im Mai gipfelte die äußerst ag'gressive Hetzkampagne in einer "Sonderausgabe" des "Nationalen Echos". Sie beleidigte das Opfer als "rote Ratte" und veröffentlichte einen "Steckbrief" mit genauen An'gaben über dessen Wohnsituation und Gewohnheiten. Hinter einem Fadenkreuz mit 'Gewehrlauf, stilisierter Geschoßbahn und einem Projektil mit Hakenkreuzemblem war EI} ein Portraitfoto des Bedrohten abgebildet. Eine hinzugefügte fiktive Todesanzei legte dem Betroffenen nahe, sich auf den jüdischen Friedhof zu legen: das Loch schon fertig. Die NL gehörte zu den Befürwortern und treibenden Kräften rechtsextremistis Vernetzung. Als Reaktion auf "staatliche Repressalien" bemühten sich ihre Fül auch überregional, mittels organisationsübergreifender Veranstaltungen und Kam nen organisationsunabhängige Zusammenarbeitsformen und -strukturen zu etabli Dahinter steht die Idee einer breiten Einheitsfront - einer "Volksfront von Rechts". Als Landespartei mit "reichsweitem" Anspruch verstand sich die NL auch in die Zusammenhang als "Speerspitze" und "Avantgarde". Ihre Vorsitzenden WORCH WULFF gelten bundesweit als Strategen der "ultraradikalen Rechten". Die NL. spruchte mittels ihrer Publikation "Index" Leitund Sprachrohrfunktionen in der dikalen nationalen Opposition". Diesen Anspruch bekräftigte die NL im Laufe des Jahres durch lebhafte Aktivitäten unter maßgeblicher Beteiligung ihrer Führungsaktivisten. Insbeson WORCH und WULFF taten sich dabei als vorwärtstreibende Initiatoren, Mit und Kundgebungsredner hervor. Im Zusammenhang mit der"Rudolf-HESS-Aktionsweche" vom 13. - 20. August profilierte sich WORCH als maßgeblicher Inspirator, V" denker und Direktivenschöpfer. Nach seinen grundsatztheoretischen Vorgaben cierte die NL u.a. bundesweit die "Anti-Antifa"-Kampagne. In Wien verbüßt der österreichische KÜHNEN-Anhänger Gottfried KÜSSEL eine | jährige Freiheitsstrafe wegen verbotener nationalsozialistischer Wiederbetätigung. war nach KÜHNENs Tod als dessen Nachfolger proklamiert worden. Im Februar rik die NL zur Unterstützung der 1993 in Langen (Hessen) gegründeten "Nationalen Im itiative Freiheitfür Gottfried KÜSSEL" auf, um gegen das "Terrorurteil" der "aus bolschewistischen Machthaber" zu protestieren. Formell bestehende Unvereinbarkeitsbeschlüsse der rechtsextremistischen "REPUBLIKANER", NPD, DVU und DLVH gegen die NL hinderten die NL nicht punktuellen Kontaktenoder anlaßbezogener Kooperation. So nahmen NL-Vertreter 6. März am Hamburger NPD-Landesparteitag teil und berichteten anschließend. ihnen entgegengebrachte Sympathien der NPD-Basis. Zur Bundestagswahl kreierte und initüiterte die NL als Reaktion auf den "VerbotsVerfolgungsterror" bereits im Februar das Aktionsbündnis "Republikaner in den destag". Ihre mit dieser Wahlwerbung vollführte Kehrtwende zugunsten einer sten als "bürgerlich-gemäßigte Rechte" verschmähten rechtsextremistischen Wahl tei relativierte sie mit der Hoffnung auf Hilfe einiger "Rechtsabweichler" in den Rei hen der REPUBLIKANER. Diese sollten der "nationalen Opposition"eine Stimme im 100 verschaffen. Die Wahlunterstützungsinitiative wurde in Norddeutschland Bremer Neonazis besonders aktiv unterstützt. neueste - bei Linksextremisten abgeguckte - Strategievariante, Organisationsund tungsverbote zu kompensieren oder zu umgehen, propagierte WORCH"masBesuche von Gerichtsverhandlungen". Zunehmende Repressalien verlangten ie Aktionsformen, demonstrative Solidarität mit "verfolgten" Gesinnungsgenossen 'Ausschöpfung aller möglichen juristischen Schachzüge. Die Öffentlichkeit müsse ißverständlich gewarnt werden, daß "Unrecht" sorgsam "registriert" und "nicht 'en" werde ((r) siehe Kapitel: "Anti-Antifa"). 'RCH wurde am 30. November vom Landgericht Frankfurt/M. zu 2 Jahren Haft ohBewährung verurteilt. Er war angeklagt, von 1983 - 1987 als Rädelsführer der"Ge;sgemeinschaft der Neuen Front"(GdNF) den organisatorischen Zusammenhalt Ende 1983 verbotenen ANS/NA aufrechterhalten zu haben. 9 Tage zuvor war er Landgericht Hamburg wegen mehrfachen Verstoßes gegen Weisungen der Fühfsicht aus dem Jahre 1984 zu 7.500 DM Geldstrafe verurteilt worden. Beide ile sind noch nicht rechtskräftig. Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) am 24.02.1995 verbotene FAP hatte sich - nach ersten Ansätzen 1993 - in diesem weiter konsolidiert, stellenweise jedoch aus taktischen Überlegungen heraus umikturiert. Sie war 1979 von dem Rechtsextremisten Martin PAPE gegründet wor- , wurde ab 1984 von Anhängern des verstorbenen Neonazi-Führers Michael KÜHunterwandert und seit 1986 schließlich von KÜHNEN-Gegnern dominiert. Dakennzeichneten parteiinterne Querelen eine bis ins Jahr 1993 hineinreichende des Niederganges. Am Jahresende verfügte die Organisation bundesweit über 430 Mitglieder sowie aktive Landesverbände in Berlin, Niedersachsen, Nordin-Westfalen und - bis Dezember 1994 - in Hamburg. Die FAP behauptete damit des vor dem Bundesverfassungsgericht zu der Zeit anhäingigen Verbotsverfahrens Stellung als mitgliederstärkste neonazistische Organisation in Deutschland. /eltanschaulich setzte sich die FAP in ihrem aktuellen Parteiprogramm vom März 2 für einen "völkischen Sozialismus" ein. Im Vordergrund müsse statt des marxistiKlassenkampfes oder der kapitalistischen Ausbeutung des Arbeiters die "Volkshaft" stehen. Zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit sollten Arbeitsplätze vorig an Deutsche vergeben, die Einwanderung von Ausländern und "Scheinasyten" gestoppt werden. Die "Rückführung" in Deutschland lebender Ausländer sollte Volksabstimmung entschieden werden. Zum Schutz der Wirtschaft verlangte die APden Austritt der Bundesrepublik aus der "EG" (jetzt EU). 101 Die FAP bemühte sich bundesweit um Einflußnahme in neonazistischen und so rechtsextremistischen Aktionsbündnissen sowie um Rednerauftritte führender P mitglieder auf Kundgebungen, um sich so eine Propagandaplattform zu versch der "Anti-Antifa"-Kampagne kooperierte sie mit anderen Organisationen durch gierte Einzelmitglieder. Maßgebliche Funktionäre der FAP beteiligten sich hinaus an der Gestaltung zukünftiger neonazistischer Zusammenarbeit und Aktivit Veranstaltungsverbote gegen neonazistische Organisationen haben auch die FAP zwungen, ihre politische Tätigkeit einzuschränken. 1993 konnte sie sich in Fulda als prägende Kraft bei der zentralen Rudolf-HESS-Gedenkkundgebung öffe keitswirksam in Szene setzen. Nicht zuletzt dadurch veranlaßte sie Anträge der B desregierung und des Bundesrates an das Bundesverfassungsgericht, die Verfas widrigkeit der Partei festzustellen. 1994 gelang es ihr lediglich vereinzelt, regi zumeist spontane Kundgebungen ohne nennenswerte öffentliche Resonanz Inzwischen konnte die FAP Anfangserfolge einer Ausweichstrategie vorweisen, botsbedrohte Aktivitäten ins benachbarte Ausland zu verlagern, so z.B. durch g same Demonstrationen mit niederländischen Gesinnungsgenossen am 16. Juli in Ve und am 01. Oktober in Maastricht. Einzelne FAP-Funktionäre waren auch in die Ve bereitung der Luxemburger Neonazi-Kundgebung am 13. August im Rahmen "Rudolf-HESS-Aktionswoche" eingebunden. Unter dem Druck offensiver staatlicher Maßnahmen und des drohenden Verbotes h die FAP organisatorische Konsequenzen eingeleitet, um ihre politische Weiter sicherstellen zu können: So wurden in Nordrhein-Westfalen sämtliche Kreis: n aufgelöst und als bloße Stützpunkte weiterbetrieben. Durch Umorganisation entsta so Personenzusammenhänge ohne formale Strukturen, die durch Vereinigungsverbo nicht mehr angreifbar sein sollen. Die FAP ist 1994 zu keiner Wahl angetreten. Eine Teilnahme an der g wurde nicht ernsthaft betrieben. Da sie außerstande war, die erforderlichen Untersti zungsunterschriften beizubringen, entfielen auch die beabsichtigten Kandidaturen schleswig-holsteinischen Kommunalwahl und zur Europawahl. Der FAP-Vorsitzend Friedhelm BUSSE hat die Europawahl mit Hinweis auf Behinderungen bei der Unter schriftensammlung angefochten. Propaganda und Selbstdarstellung der FAP verlagerten sich zunehmend auf Publikatienen und ihre "Nationalen Info-Telefone" (NIT). Neben dem Hamburger NIT wurden im Laufe des Jahres die NITs Schleswig-Holstein (Standort Halstenbek) und Rheinland (Standort Düsseldorf) eingerichtet. Im Mittelpunkt des Hamburger Ansagedienstes standen Fragen rechtsextremistischer Vernetzung und der sog. "antideutschen" Bonner Politik. 102 'der FAP Hamburg bundesweit in angebliche Auflage von 800 vertriebene "Standarte" erschien 1994 nur noch unregelmäßig. Es hetzte und polemi'ua. gegen Ausländer, Asylbewerber und die Politik der etablierten Parteien. Hewar der Bundesvorsitzende Friedhelm BUSSE, presserechtlich verantwortHamburger Landesvorsitzende Andre GOERTZ. 10-15 Mitglieder zählende FAP-Landesverband Hamburg gab am 4. Dezember Verbot zuvorkommend - seine Selbstauflösung bekannt. Der Hamburger Lanitzende Andrö GOERTZ und der Bundesgeschäftsführer Glenn GOERTZ ver- , daß die Halstenbeker FAP-Bundesgeschäftsstelle zum 31. Dezember nach verlegt werde, Parteistrukturen in Hamburg und Schleswig-Holstein nicht mehr n. Alle Mitglieder hätten die FAP verlassen und sich anderen Organisationen losen. Gleichzei 'n die Gebrüder GOERTZ zu verstehen, daß die 'me nationale Opposition" auch künftig keine "spießbürgerliche Ruhe" in Ibek einkehren lassen werde. FAP reagierte damit auch in Hamburg und Schleswig-Holstein taktisch; ähnlich bei der Auflösung der Kreisverbände in Nordrhein-Westfalen wurden Angriffsflämöglichen Verbotsmaßnahmen entzogen. Zuvor hatte die Organisation sich im erlauf noch einmal mit erhöhtem Aktionismus entfaltet, wurde dabei jedoch in Konfrontationen mit politischen Gegnern und der Polizei verwickelt: FAP-Aktivisten entrollten während einer SPD-Wahlkampfveranstaltung mit dem ig-holsteinischen Innenminister am 9. März in Rellingen provokativ die ichskriegsflagge. 15 Aktivisten wollten am 22. März in Halstenbek zu einer BürgerItung gegen rechtsextremistische Ausländerfeindlichkeit marschieren. Eine ittelbare Konfrontation mit 50 "Antifaschisten" wurde von der Polizei verhindert, Veranstaltung abgesagt. Am 25. März wurde der Anrufbeantworter des NIT Hambeschlagnahmt, weil er die Massenvernichtung von Juden mit der Vokabel "Auschwitz-Mythos" bezeichnete ((r) siehe Kapitel: Antisemitismus). 15. April nahm die Polizei am Rande einer "Antifa"-Demonstration gegen das NIT rg 23 Rechtsextremisten - überwiegend FAP-Anhänger - zeitweilig in Gewahr- . Sie hatten Waffen und waffenähnliche Gegenstände wie Totschläger, Holzknüpjpel und Katapulte bei sich und wurden verdächtigt, die Veranstaltung gewalttätig stören zu wollen. Im Zusammenhang mit "Antifa"-Kundgebungen vor der FAP-Bundesgeschäftsstellein Halstenbek kam es im Zeitraum Mai/Juni zu teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen "Antifa"-Anhängern, FAP-Mitgliedern und der Poli- FAP, DLVH und JN in Rendsburg zur Sommersonnwendfeier, ein ähnlicher ebenfalls in Schleswig-Holstein am 23. Dezember zur Wintersonnwendfeier. Im men der "Rudolf-HESS-Aktionswoche" marschierten am 21. August rund 45 A ge der FAP, der IN und der rechtsextremistischen "British National Party" det in Kaltenkirchen mit FAPund JN-Fahnen auf und skandierten Parolen "Rudolf HESS - Märtyrer für Deutschland". (c) Neonazistische Gefangenenhilfe: HNG und IHV Aufgrund der in den vergangenen Jahren erheblich gestiegenen Anzahl i rechtsextremistischer, insbesondere neonazistischer Straftäter, hat sich die Gel nenbetreuung zu einem wichtigen Betätigungsfeld des Rechtsextremismus entwicl Über eigens zu diesem Zweck ins Leben gerufene Vereine, zu denen als bede: die neonazistische "Hilorganisation für nationale politische Gefangene und Angehörige e.V." (HNG) sowie das "Internationale Hilfskomitee für nationale poli sche Verfolgte undderen Angehörige e.V." (IHV) zählen, erhalten einsitzende Reci extremisten ideelle und materielle Unterstützung. Klienten werden in eine sog. genenliste aufgenommen, mittels derer Briefkontakte zu anderen "Kameraden" vi telt werden. Leistungen reichen von Geldund Sachspenden bis hin zur Hilfe bei Arbeitsplatzund Wohnraumbeschaffung nach der Haftentlassung. Die HNG und das IHV behaupten stets einen rein karitativen Charakter der Gefs nenbetreuung. Tatsächlich verfolgen sie mit ihren Aktivitäten in erster Linie das Ziel, die in Haft befindlichen Gesinnungsgenossen in ihrer Weltanschauung zu festigen, um sie nach ihrer Freilassung wieder in die Neonazi-Szene eingliedern zu können. Demzufolge ist das entscheidende Kriterium für die Unterstützung eines Inhaftierten ausschließlich dessen rechtsextremistische Gesinnung; selbst Straftäter, die beispielsweise Brandanschläge oder Körperverletzungen aus "ihrer politischen Überzeugung" heraus begangen haben, gelten als "politische Gefangene" und damit als betreuungswürdi Die 1980 von dem Rechtsextremisten Henry BEIER gegründete und gegenwärtig von der Mainzer NS-Aktivistin Ursula MÜLLER geführte HNG ist mit etwa 340 Mitglie'dern eine der zahlenmäßig stärksten neonazistischen Organisationen. Ihre Bedeutung für die Szene beruht dabei weniger auf ihrer eigentlichen Tätigkeit, der Gefangenenhilfe. Viel bedeutender ist ihre Funktion als Sammelbecken für Neonazis aller Richtungen, die in der HNG überdie ansonsten bestehenden Organisationsgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Um diese integrative Rolle nicht zu gefährden, ist die HNG stets daraufbedacht, sich parteipolitisch neutral zu verhalten. Das öffentliche Wirken der HNG blieb im wesentlichen auf die Herausgabe des monatlich erscheinenden Vereinsorgans "Nachrichten der HNG" beschränkt, dessen Schwerpunktthema die angeblich willkürliche, sich bis in die Gefängnisse fortsetzende 104 "national" gesonnener Bürger durch das "herrschende System" war. Die in "Nachrichten der HNG" publizierte Gefangenenliste wurde in anderen neonazistiZeitungen, wie dem "Index" der "Nationalen Liste" (NL) und dem "NS-Kampf'der verbotenen NSDAP/AO nachgedruckt. Die Tätigkeit der HNG erreichte daüber die eigenen Organisationsgrenzen hinweg Adressaten und Aufmerksamkeit bundesweiter Ebene. Hamburg verfügt die HNG lediglich über einige weitgehend passive EinzelmitglieKonkurrenzorganisation zur HNG gründete der Ludwigshafener Neonazi Emst 'AG 1987 das IHV, das infolge seiner geringen Mitgliederzahl von rund 20 Personen die rechte Szene insgesamt aber kaum Bedeutung erlangt hat. Die wenigen, überjiegend von TAG selbst ausgehenden Aktivitäten sind vor allem auf den Vertrieb der Broschüre "/HV e.V. -für Recht und Wahrheit" reduziert, die monatlich heraus'gegeben wird und thematisch den "Nachrichten der HNG" entspricht. Dem IHV ist es bislang nicht gelungen, in Hamburg oder im übrigen norddeutschen Raum Fuß zu fassen. HNG und IHV operieren in gegenseitiger Abgrenzung und unversöhnlich erschei'nender Konkurrenz. 4,5. Rechtsextremistische Parteien Die in Hamburg vertretenen rechtsextremistischen Parteien hatten auf Bundesebene und auch in Hamburg Mitgliederabwanderungen zu verzeichnen. Die beiden mitgliederstärksten - und statistisch ebenbürtigen - Parteien "DIE REPUBLIKANER" (REP) und "Deutsche Volkunion" (DVU) könnenauf Bundesebenejeweils etwa 20.000 Mitglieder vorweisen, in Hamburg etwa 150 (REP) und etwa 600 (DVU). Zahlenmäßig drittstärkste Partei mit bundesweit etwa 4.500 Mitgliedern ist die "Nationaldemokrati'sche Partei Deutschlands" (NPD) - in Hamburg nur noch mit etwa 80 Mitgliedern vertreten. Die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) ist mit bundesweit etwa 900 Mitgliedern (Hamburg rund 30) mehr denn je davon entfernt, ihrem Anspruch als "Sammlungsbewegung" jemals gerecht zu werden. In der auf Hamburg beschränkten "Hamburger Liste für Ausländerstopp" (HLA) mit nominell noch 70 Mitgliedern erhoben sich Stimmen, die die Existenzberechtigung der Partei in Frage stellen. Zusammen bilden die vorgenannten Parteien ein bundesweites rechtsextremistisches Mitgliederpotential von etwa 45.500. Mit etwa 930 blieben sie in Hamburg unter Tausend. 4.5.1. "Die Republikaner" (REP) Die "Republikaner" wurden am 26. November 1983 von den ehemaligen CSU-I stagsabgeordneten Franz HANDLOS und Ekkehard VOIGT sowie dem ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, Franz SCHÖNHUBER. als Rechtsabspaltung der CSU in München gegründet. Nachheftigen Auseinandersetzungen um die zukünftige Ausrichtung der Partei und dem Austritt des Parteivorsitzenden HANDLOS wurde SCHÖNHUBER 1985 zum Bundesvorsitzenden gewählt Unter seiner Führung entwickelten sich die REP zu einer rechtsextremistischpopulistischen Partei, die insbesondere nach den ersten Wahlerfolgen von 1989 Anziehungskraft auf Rechtsextremisten aus anderen Organisationen ausübte. 1990 kam es emeut zu einem innerparteilichen Machtkampf zwischen dem Parteichef und mehreren Personen des Bundesvorstandes, die eine Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Parteien anstrebten. Nach dem Sieg über seine innerparteilichen Gegner aufdem Bundesparteitag in Ruhstorf im Juli 1990 bemühte sich SCHÖNHUBER verstärkt darum, die REP von den übrigen rechtsextremistischen Parteien und Organisationen abzugrenzen und als "demokratisch legitimierte Rechtspartei" zu etablieren. Dieser taktische Kurswechsel verschaffte den REP aber nicht die erhoffte politische Salonfähigkeit. Ohne Rückversicherung in der Partei und unter anschließender Mißbilligung der Parteimehrheit traf sich SCHÖNHUBER am 22. August 1994 mit dem DVU-Vorsitzenden Dr. FREY. Mit derin einer gemeinsamen Presseerklärung dokumentiertenVerständigung verabschiedete sich der REP-Vorsitzende von seinem Abgrenzungskurs 'gegenüber anderen Rechtsextremisten. Er signalisierte jetzt,auf die übrigen "demokratischen Rechtsparteien" zugehen zu wollen. Offener Richtungsstreit hierüber endete aufdem Bundesparteitag am 17./18.12.94 in Sindelfingen mit der Ablösung SCHÖNHUBERs und der Wahl des neuen Bundesvorsitzenden Dr. Rolf SCHLIERER. Mit dem Austausch von Personen ist der Richtungsstreit innerhalb der Partei allerdings noch nicht endgültig entschieden. In den Führungsämtern stehen sich weiterhin Vertreter konträrer und kaum konsensfähiger Positionen gegenüber. Die ca. 20.000 Mitglieder zählenden REP gaben seit 1985 eine eigene Parteizeitung heraus: Der "Republikanische Anzeiger" wurde 1986 in "Der Republikaner" umbenannt und erschien in einer Auflage von bis zu 135.000 Exemplaren (August 1993). Zum Dezember 1994 wurde die Herausgabe aus Kostengründen zunächst eingestellt, inzwischen jedoch auf zweimonatliche Erscheinungsweise mit reduziertem Umfang umgestellt, der an "Notausgaben" erinnert. Als Interessenvertretung der im öffentlichen Dienst tätigen Mitglieder der REP wurde am 31.10.1993 die parteiinterne Vereinigung "Republikanischer Bund der öffentlich 106 a nn teten" (RepBB) gegründet. Der RepBB will seinen Mitgliedern insbesondere i beruflicher Benachteiligung wegen Mitgliedschaft bei den REP rechtliche und ische Hilfe leisten und den "ungerechtfertigten. verleumderischen Angriffen und 'hterungsversuchen durch etablierte politische Beamte mit allen Mitteln des tes entgegentreien". Dem RepBB gehörten 1994 mit etwa 150 Mitgliedern 'ein Teil der im öffentlichen Dienst beschäftigten Republikaner an. Stre t mehreren Landesverbänden existieren auf Kreis-, Bezirksund Landesebene sog. ise der "Republikanischen Jugend" (RJ), denen an der Spitze ein "Landesjutragter" vorsteht. Die RJ ist keine eigenständige politische Nachwuchsorion der REP, sondernderfest an die Mutterpartei angebundene Zusammenvon REP-Mitgliedern, die jünger als 30 Jahre sind. Die Arbeitskreise verstehen als "Sprachrohr der Jugend innerhalb der Partei". Einen Bundesverband der RJ es bislang noch nicht. In den einzelnen Arbeitskreisen der RJ waren 1994 nach eirTarcas 'Angaben insgesamt etwa 700 Jungrepublikaner organisiert. 'Die REP werden seit dem 15. Dezember 1992 bundesweit beobachtet, nachdem von allen Verfassungsschutzbehörden übereinstimmend gemeldet worden war, daß über sie tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vorliegen. Ausschlaggebend waren u.a. Erkenntnisse, die seit 1989/90 aus der nachrichtendienstlichen 'Beobachtung der REP in Nordrhein-Westfalen und Hamburg gewonnen worden waren. 'Durch das Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf vom 25. März 1994 wurde 'erstmals nach den Verwaltungsgerichtsbeschlüssen von 1993 in einem Hauptsacheverfahren bestätigt, daß die REP schon mit ihrer fremdenfeindlichen Agitation verfasTELSTOEBET 'sungsfeindliche Bestrebungen verfolgen und insoweit als rechtsextremistisch bezeich'net werden dürfen. Insbesondere den Bundestagswahlkampf nutzte die Partei, um ihre politischen Inhalte in der Öffentlichkeit bekanntzumachen. Unter der Überschrift "Zur Sache" verbreitete die Partei eine bundesweite Wahlkampfzeitung. Sie behandelte im wesentlichen drei Schwerpunktthemen: Kriminalitätsentwicklung, Einwanderung, Arbeitslosigkeit. Nach Auffassung der REP ist der "enorme Anteil von ausländischen Kriminellen" die "wesentlichste Ursache" für die sich "erschreckend ausbreitende Kriminalität" in Deutschland. Dieser Zusammenhang werde von den etablierten Parteien "vertuscht" und "totgeschwiegen". Indirekt unterstellten sie dabei, daß nur Deutsche Opfer krimineller Ausländer seien. Denen sei es aber völlig. gleichgültig, "ob sich der Ausländer legal oder illegal hier aufhält, ob er Asylant oder Wirtschaftsflüchtling ist, ... ob die Täter Gastarbeiterkinder oder Kriegsflüchtlinge vom Balkan sind". Besonders erschreckend sei der hohe Anteil jugendlicher Ausländer und deren Brutalität. Von"inte'grierten Ausländern der zweiten und dritten Generation" könne demnach keine Rede Hieraus entwickele sich zunehmende "Gewalt gegen Deutsche", ohne daß jemand protestiere und zur Bildung von Lichterketten aufrufe. Deutsche Politiker dürften es sich als "Verdienst anrechnen, daß sich inzwischen kriminelle Vereinigungen aus 25 Nationen bei uns festgesetzt" hätten. Das ausschließlich negativ besetzte Ausländerbild der REP ließ jegliches Bemühen um differenzierende oder gar positive Aussagen vermissen. Es dokumentierte die menschenrechtsfeindliche Kriminalisierungsund Stigmatisierungskampagne gegenüber Ausländern, wie sie auch von anderen rechtsextremistischen Organisationen betrieben wird. Einwanderung: Die REP warten vor dem Untergang des deutschen Volkes. Der Asylkompromiß habe die Masseneinwanderung nicht gebremst. Einwanderung sei jedoch gleichbedeutend mit "Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, steigender Kriminalität, Zusammenbruch des Sozialstaates". Grundgesetzänderungen lägen bereits in der Schublade, um aus Deutschland einen multikulturellen Vielvölkerstaat zu machen. Der Wähler müsse daher endlich ein deutliches Signal setzen,damit "die Überfremdung nicht mehr weitergeht". 'Arbeitslosigkeit: Hier rechneten die REP vor, daß die 406.000 arbeitslosen Ausländer die Deutschen 879 Millionen Mark im Monat kosteten. Sie unterschlugen dabei, daß ausländische und deutsche Arbeitnehmer sich gleichermaßen durch Beitragsleistungen gegen Arbeitslosigkeit absichern. Als größte ausländische Arbeitnehmergruppen hoben die REP 631.000 türkische und 417.000"jugoslawische"Beschäftigte hervor. Zusammen seien das 1.048.000 Arbeitsplätze, "die unseren Leuten fehlen", Deutschland könne sich dieses bei der herrschenden Arbeitslosigkeit nicht mehr leisten. Etwa eine Million türkischer und "jugaslawischer" Gastarbeiter müßten in ihre Heimatländer zurückkehren. Die REP befinden sich mit dieser Forderung im Widerspruch zu ihrem eigenen Programm. Darin ist noch von einem "gesicherten Aufenthalt" unter bestimmten Bedingungen die Rede. Der nahezu universell die Ausländerproblematik umrankende politische Begründungsrahmen der REP beurteilt Fremde ausschließlich unter Aspekten von Kostenfaktoren. So fanden sie auch problemlos eine Patenterklärung für die Finanznot der öffentlichen Haushalte: Bund, Länder und Kommunen müßten schon jetzt um jeden Preis sparen, weil die "Ausländer enorme Kosten verursachen". Jedes Jahr würden 35 Milliarden DM allein zur Finanzierung des Asylmißbrauches vergeudet, Geld, das dringend zur Schaffung neuer Arbeitsplätze benötigt würde. Deutschland stünde kurz vor dem Ruin. Zum Auftakt des "Superwahljahres" konnten die REP noch von günstigen Ausgangsvoraussetzungen ausgehen. Sie waren durch jeweils einen übergetretenen Abgeordneten im Bundestag und in den Landesparlamenten von Thüringen und Berlin vertreten. Dem baden-württembergischen Landtag gehören seit April 1992 15 Abgeordnete der 108 REP an. In insgesamt zehn Bundesländern hatte sich die Partei Zutritt zu Kommunalparlamenten verschafft. Die finanzielle Ausgangslage war zufriedenstellend: Laut Rechenschaftsbericht betrug ihr Reinvermögen Ende 1992 ca. 9,5 Millionen DM. Auch die Demoskopie nährte Hoffnungen. Nach einer repräsentativen Umfrage wurde den REP Anfang 1994 ein Wählerzuspruch von bundesweit bis zu 10% prognostiziert. Er sei "vom Schicksal ausersehen, Deutschland zu helfen", verkündete der Bundesvorsitzende Franz SCHÖNHUBER vor mehreren Tausenden Parteianhängern daher noch selbstbewußt auf der alljährlichen Aschermittwochs-Veranstaltung am 16.02.94 im bayerischen Osterhofen. Schon vor der Serie fortgesetzter Wahlniederlagen verdichteten sich allerdings Hinweise, daß sich in der Partei widerstrebende Richtungen und Machtblöcke formiert hatten. In einem Interview mit der sich als "nationalkonservativ" verstehenden Wochenzeitung "JungeFreiheit" (JF) vom 01. April hatte SCHÖNHUBER noch gelobt, daß es keine "Einheitsrichtung" bei den REP gebe, der "alle mit Hurra zustimmen". Die REP würden um ihren "Kurs ringen". Bereits für das schlechte Abschneiden bei der Europa-Wahl wurde SCHÖNHUBER verantwortlich gemacht. Ihm wurde schon länger selbst von wohlgesonnenen Parteifreunden ein selbstherrlicher und zum Teil despotischer Führungsstil vorgeworfen. Weiterer Unmut richtete sich u.a. gegen seine Kritikempfindlichkeit, sein Vorgehen 'gegen "in Ungnade" gefallene Personen und seinen Umgang mit Parteigeldern. SCHÖNHUBERs provokante rechtsextremistische Äußerungen, insbesondere Beschimpfungen und eine Anzeige gegen den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz BUBIS, hätten das schlechte Image und die Erfolglosigkeit der REP mitverursacht. BUBIS hatte die REP als "geistige Brandstifier" tituliert. SCHÖNHUBER nannte BUBIS einen "der größten Volksverhetzer" und machte ihn für den aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland verantwortlich. Angesichts öffentlicher Empörung und Verbotsdiskussionen gegen die REP hatte die über das Verhalten des Parteivorsitzen'den uneinige Führungsspitze Mühe, nach außen den Schein von Geschlossenheit zu wahren. Mitte Mai trat die amtierende Bundesschriftführerin Martina ROSENBERGER aus der Partei aus. In Interviews beschrieb sie "extremistisches Gedankengut, diktatorischen Führungsstil und wunmenschliches Verhalten" der REP-Führung, insbesondere SCHÖNHUBERS. Die Partei habe die Aufnahme von immer mehr Rechtsextremisten und die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts zugelassen. Den Anfang 1993 aus der CDU übergewechselten Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt und Bundestagsabgeordneten Rudolf KRAUSE betitelte Frau ROSENBERGER als "einen 109 der größten Rechtsextremisten, den sie je in ihrem Leben kennengelernt" hätte. Sie stätigte damit Vorwürfe anderer, bereits früher ausgeschiedener Funktionsträger. Am 31. Mai trat der Bundesorganisationsleiter Udo BÖSCH aus der Partei aus. schilderte SCHÖNHUBERS scheinbare öffentliche Abgrenzunggegenüber "neo-nationalsozialistischem Gedankengut" als Lippenbekenntnis, monierte SCHÖNHUBERS, diktatorischen Führungsstil und Tolerierung von Extremisten inder Parteiführung. Wenige Tage später verpaßten die REP bei der Europa-Wahl am 12. Juni mit 3,9% der Stimmen ihren Wiedereinzug ins Europa-Parlament. In der Führungsmannschaft der REP gewannen jetzt SCHÖNHUBER-Kritiker die Oberhand, da mit ihm ganz offensichtlich keine Wahlerfolge mehr zu erringen waren. Neben ganz persönlicher Kritik und Führungsversagen wurde ihm jetzt u.a. auch der stagnierende organisatorische und strukturelle Aufbau der Partei (Jugendarbeit, ostdeutsche Landesverbände, Schulungsarbeit und "/ntellektualisierung der Partei") angelastet. Als der Bundesvorstand SCHÖNHUBER definitiv aufforderte, auf eine Wiederkandidatur für den Bundesvorsitz im Herbst zu verzichten, reagierte dieser hinhaltend,daß eine "Doppelbelastung" für ihn nicht in Frage käme. Mit dieser Äußerung reflektierte er offenbar auf die Übernahme des Fraktionsvorsitzes im bayerischen Landtag oder im Bundestag und steigerte das Mißtrauen gegenüber früheren Rückzugsversprechungen. 'Offenbar unter wachsendem Druck ergriff SCHÖNHUBER mitten in der heißen Phase der Landtagswahlkämpfe in Brandenburg,SachsenundBayerndie Fluchtnachvom: Sein mediengerecht aufbereitetes Treffen mit dem DVU-Vorsitzenden Dr. FREY am 22. August stürzte die Partei jedoch in einen offenen innerparteilichen Richtungskampf und eine bedrohliche Zerreißprobe. In Umkehrung bisheriger Abgrenzungspolitik stellte er sich an die Spitze einer Annäherung an die übrigen "demokratischen Rechtsparteien"., Noch im Januar 1994 hatte das REP-Bundespräsidium Zusammenarbeitsofferten der DVU kategorisch ausgeschlagen. Nunmehr wandten sich SCHÖNHUBER und Dr. FREY einträchtig in ihrer gemeinsamen Presseerklärung "gegen die zunehmende Kriminalisierung und Terrorisierung der demokratischen Rechten". Der "linken Volksfront" müsse " eine rechte Abwehrkraft entgegengesetzt werden". Alte Feindseligkeiten zwischen DVU und REP sollten eingestellt und durch ein Verhältnis, das "insbesondere bei Wahlen eine Selbsblockade verhindert", ersetzt werden. Über die "zukünftigen Formen des Verhältnisses der beiden Parteien" sollte die jeweilige Parteibasis entscheiden. IÖNHUBER gelang es allerdings nicht mehr, in der Zuspitzung des internen Streinoch einmal die Parteimehrheit auf seine Seite zu ziehen und, gestützt auf eine erjerte Hausmacht, innerparteiliche Widersacher auszuschalten. Hätte er sich durchkönnen, wäre dieses zugleich die Richtungsentscheidung für die Partei in seiSinne gewesen. Schulterschluß mit Dr. FREY hatte somit in erster Linie machtpolitischen Hintergrund. Vorteile hätten die REP aus einer Zusammenarbeit mit der DVU zumindest 1994 nicht mehr ableiten können. Indem die Abgrenzungen gegenüber anderen Rechtsextremisten vor breiter Öffentlichkeit als Falschbehauptungen vorgeführt wurden, überwogen eindeutig die Nachteile. Da Abgrenzungen aus SCHÖNHUBERS Sicht der Partei auch nicht genützt hatten, war für ihn die Zeit des republikanischen "Schmusekurses" und des "Pfötchengebens" gegenüber den "Altparteien", die Phase taktischer Zurückhaltung, vorbei. Innerparteilich bezahlten die REP den Kurswechsel ihres Bundesvorsitzenden mi fer Zerstrittenheit: Es folgten Rücktritte hochrangiger Parteifunktionäre, gegenseitige 'Ordnungsmaßnahmen und persönliche Anfeindungen. Dabei wurden offensichtlich auch "alte Rechnungen" beglichen. Befürworter eines Kurses RichtungK'oalitionsund 'Regierungsfähigkeit in Annäherung an die bürgerliche Mitte standen Protagonisten einer kompromißlos an "nationalen" Interessen orientierten, fundamentalistischen Op'positionsarbeit gegenüber. Für SCHÖNHUBER kann die "demokratische Rechte" ihren angeblichen "Auftrag", mit "parlamentarischen Mitteln die Gesellschaft radikal zu verändern", nicht durch Anpassung oder Annäherung erfüllen. Eine "verrottee Gesellschaft" könne man nicht an den Rändern verändern. Man müsse sie in ihrer Gesamtheit in Frage stellen. Der Weg zur bürgerlichen Mitte wäre anachronistisch. SCHÖNHUBER trat deshalb für eine "fundamentale Opposition" ein. Sein Gegenspieler, Dr. Rolf SCHLIERER, erkannte das für diesen Fall drohende Ende der REP als "demokratisch legitimierte Rechtspartei". Er hielt an einer Abgrenzung zum rechtsextremistischen Spektrum fest: Um "nationale" und "konservative" Positionen durchsetzen zu können, sollen die REP in der Parlamentsund späteren Regierungsarbeit die Verhältnisse durch Mitverantwortung in Gesetzgebung und Exekutive umgestalten. Aufschlußreich ist allerdings, daß SCHLIERER einen mutmaßlichen politisch-inhaltlichen Dissens zwischen SCHÖNHUBER und sich und den "scheinbaren Gegensatz" zwischen "konservativem" und "sozialpatriotischem" Kurs als "konstruiert" abtat: Für die REP könne weder eine Annäherung an die DVU noch an die CDU in Frage kommen. 111 Ungeachtet massiver Rücktrittsforderungen gegen SCHÖNHUBER aus den meisten Landesverbänden und von drei der vier stellvertretenden Bundesvorsitzenden, sah sich, die Mehrheit des Bundespräsidiums hingegen noch im September nicht veranlaßt, dem Bundesvorsitzenden das Mißtrauen auszusprechen. Das mehrheitlich SCHÖNHUBERtreueGremium verwies darauf, daßja in dergemeinsamen Presseerklärung kein Wort von einer offiziellen Zusammenarbeit mit der DVU stünde. Nach dem Landtagswahldesaster der Partei in ihrem Stammland Bayern - mit nurnoch! 3,9 % der Stimmen - lehnte der Bundesvorsitzende erwartungsgemäß wiederum jede Verantwortung ab: In Wahrheit habe der von Vorstandsmitgliedern "von langer Hand" lancierte Entmachtungskampf die REP scheitern lassen. Entsprechende Schuldzuweisungen trafen die "Putschisten" später nach der Bundestagswahl am 16. Oktober. Am 01. Oktober beschloß daraufhin der vom geschäftsführenden stellvertretenden Bundesvorsitzenden Alexander HAUSMANN nach Bonn einberufene Bundesvorstand in Abwesenheit von 15 der insgesamt 37 stimmberechtigten Mitglieder SCHÖNHUBERs sofortige Amtsenthebung. Am 13. Oktober erklärte das Berliner Landgericht auf Antrag SCHÖNHUBERS die Absetzung für ungültig, weil nicht der Vorstand, sondern nur eine Mitgliederversammlung hierzu befugt gewesen wäre. Die neuerliche Absetzung durch das bayerische Landesschiedsgericht am 05. Dezember blieb durch SCHÖNHUBERS Berufung vorläufig unwirksam. Als amtierender Bundesvorsitzender eröffnete er den Bundesparteitag am 17./18. Dezember in Sindelfingen. In seiner Abschlußrede verkündete er das Ende der "Ära SCHÖNHUBER". Nachfolger wurde sein bisheriger Stellvertreter und Vorsitzender der baden-württembergischen REP-Landtagsfraktion, Dr. Rolf SCHLIERER, in einer Kampfabstimmung gegen Dr. Rudolf KRAUSE. Dr. KRAUSE - mit der höchsten Stimmenzahl zu einem der stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt - gilt als SCHÖNHUBER-Anhänger und im Gegensatz zu Dr. SCHLIERER als Verfechter der "Einigung der Nationalen". Der neue Bundesvorstand spiegelt in etwa die Kräfteverhältnisse zwischen dem von Dr. SCHLIERER angeführten "realpolitischen" und dem maßgeblich von SCHÖNHUBER und Dr. KRAUSE beeinflußten "fundamentalistischen" Flügel der REP wider. Die von vielen Parteibeobachtern erwartete Spaltung der Partei blieb auf dem Bundesparteitag zwar aus, ist jedoch wegen der latent andauernden Flügelgegensätze noch keineswegs endgültig abgewendet. Wegen eines schwerwiegenden Formfehlers ihres ehemaligen Schatzmeisters sind die REP in finanzielle Bedrängnis geraten. Dieser hatte es versäumt, die Auszahlung von Wahlkampfkostenzuschüssen rechtzeitig zu beantragen mit der Folge, daß bereits Vorschußzahlungen in Höhe von 1,8 Millionen DM zurückgefordert wurden. Der Gesamt112 für die Partei, die für 1994 keinerlei Zuschüsse erhält, beläuft sich aufca. 3,7 Mark. Nach Einschätzung von Fachleuten haben die REP auch auf juriWege keine Chancen, das verlorene Geld doch noch zu erhalten. Diese Notzwingt die unterschiedlichen Parteilager einstweilen zur Zusammenarbeit. Landesverband Hamburg wurde am 15. März 1984alserster Landesverband der außerhalbBayerns gegründet. Die Ende des Jahres höchstens noch 150 Personen lenden Hamburger "Republikaner" wurden seit 1985 bis zum 26. November 1994 'dem mittlerwei jährigen Werner JAMROWSKI angeführt. Kreisverbände bein den Bezirken Eimsbüttel, Nord, Wandsbek, Mitte und Altona. In Harburg Bergedorf ist die erforderliche Mindestmitgliederzahl noch nicht erreicht. Auf ie treffen sich die REP auf monatlichen Versammlungen, die auch Gästen und insbesondere zur Mitgliederwerbung genutzt werden. Regelmäßig n auswärtige REP-Funktionäre als Gastredner eingeladen. Legt man die durchschnittliche Besucherzahl zugrunde, betätigt sich in Hamburg etwa ein Drittel der Mitglieder aktiv am Parteileben. Die relativ hohe Mitgliederfluktuation berührt auch die Führungsgremien. Reger Zulauf neuer Interessenten im Zusammenhang mit der Bürgerschaftswahl 1993 hat sich seit Ende 1993 in einen gegenläufigen Trend umgekehrt. 'Auch der Hamburger Landesverband wurde von diversen Rivalitäten und Machtkämpfen erschüttert. Ende April traten die erst im September 1993 gewählten drei Harburger Bezirksabgeordneten aus der Partei aus. Sie begründeten ihren Schritt u.a. mit 'dem undemokratischen Stil des Landesvorsitzenden und mangelnder Unterstützung ihter Bezirksarbeit durch den Landesverband. Die Hamburger REP brachten keine kontinuierliche politische Arbeit zustande. Eine im November 1993 gegründete sog. "Arbeitsfraktion" wollte sich, analog zu den Bürgerschaftsausschüssen, verschiedener politischer Themen annehmen. Entsprechende Impulse blieben bisher aus. Angesichts nur weniger Mitglieder und ohne Hilfe von auBen bewegten sich ihr Europaund Bundestagswahlkampfauf äußerst bescheidenem Niveau. Wie schon bei früheren Wahlkämpfen beschränkte sich die Wahlwerbung der REPs fast ausschließlich auf das Verteilen von Flugblättern und Wahlkampfzeitungen in Wohngebieten, in denen die Wiederholung früherer hoher Stimmenabgaben zugunsten der REP erwartet wurde. In einzelnen Stadtteilen traten die REP - besonders aktiv der Kreisverband Eimsbüttel unter Leitung des Spitzenkandidaten Hans EHLERS - auch mit Infotischen an die Öffentlichkeit. Der von dem SCHÖNHUBER-/FREY-Treffen ausgehende Konflikt in der Bundespartei setztesichbis in den Landesverband Hamburg hinein fort. Er belastete dessenoh'nehin mit Zwistigkeiten erfülltes Innenleben zusätzlich. Zunächst schien sich der Landesvorsitzende Werner JAMROWSKI im Landesvorstand noch mit seiner Auffassung durchzusetzen, daß SCHÖNHUBERS Vorgehen keinen Grund für Mißtrauens gen liefere. Diese anfänglich noch tragfähige Position behauptete sich im Laufe der Auseii setzung jedoch nicht. Wie auf Bundesebene vermischten sich nämlich auch in burg die "sachliche" Richtungsdebatte und latente Ambitionen, den langjährigen burger REP-Vorsitzenden abzulösen. Der nach Hamburg weitergetragene Streit erwies sich als passende Gelegenheit. Auf maßgebliche Initiative seines schiedensten Kontrahenten Hans EHLERS (Eimsbütteler Kreisvorsitzender und despressesprecher) hin wurde JAMROWSKI auf einer gegen seinen Willen setzten und nur von 39 Mitgliedern besuchten außerordentlichen Mitgli lung am 26. November durch Wahl eines neuen Landesvorstandes abgesetzt. Nachfolger wurde jedoch nicht EHLERS, sondern der ehemalige Kreisvorsitzende Hamburg-Mitte, Hans FIEDLER. Dem neuen Landesvorstand gehören Vertreter kurrierender Parteiströmungen an. In Anbetracht des unentschiedenen Machtk: zwischen altem und neuem Landesvorstand steht die neugewählte Hamburger führungauf keinem stabilen Fundament. 4.5.2 Deutsche Volksunion (DVU) Innerhalb des organisierten Rechtsextremismus steht, von ihrer Bedeutung her, zweiter Stelle nach den REPUBLIKANERN die DVU. Ihr Name steht zugleich für eis Organisationsund Pressespektrum, das sich um die Kemorganisation "Deutsche Volksunion" (DVU) als tragendes Element gruppiert. Es ähnelt einem Konzern, an dessen Spitze nahezu unumschränkt der Münchner Verleger Dr. Gerhard FREYdie Geschäfte dirigiert. Die DVU definiert sich selbst als "national-freiheitlich". Ihre Mitgliederzahl sank 1994 bundesweitauf etwa 20.000 (1993: 26.000). Die Partei gibt traditionell überhöhte Mitgliederzahlen an. Die DVU umgibt sich mit einer Reihe weiterer "national-freiheitlicher" Organisationen. Sie sind als "angeschlossene Aktionsgemeinschaften" unter der vereinsrechtlich konstituierten Dachorganisation "Deutsche Volksunion e.V." (DVU e.V.) verankert: - "Aktion Oder-Neiße" (AKON), - "Aktion deutsches Radiound Fernsehen" (ARF), - "Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten" (ER), - "Initiative für Ausländerbegrenzung" (1..A.), - "Deutscher Schutzbundfür Volk und Kultur" - "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA). 114 Verein DVU e.V. als eigentliche Ursprungsorganisation hat nach der Gründung Partei DVU (1987) an Bedeutung verloren. Von ihm und den sechs Aktionsgejaften gehen kaum selbständige Aktivitäten aus. Durch einen formaljuristischen if hatte Dr. FREY es damals verstanden, Mitglieder des Vereins DVU e.V. bloc" in die Partei DVU überzuleiten: Satzungsgemäß sind die dem Verein und 'Aktionsgemeinschaften angehörenden Personen ungefragt automatisch DVU-Mit", sofern sie dem nicht ausdrücklich widersprechen. DVU wird von ihrem in der Münchner Parteizentrale residierenden Bundesvorsii zentralistisch geführt. Dr. FREY verordnet der Partei quasi ihre Strategien, poInhalte und Aktivitäten, beeinflußt und lanciert Personalentscheidungen bis in regionalen Grundorganisationen hinein. Ehemalige Mitglieder haben öffentlich die Methoden beklagt, mit denen der Bundesvorsitzende die Partei autoritär It und durch gezielte Dosierung und Kanalisierung finanzieller Zuschüsse in Abigkeit hält. Zugleich gibt es Anhaltspunkte dafür, daß eigentlich zur Mitfinanzieder Parlamentsund Fraktionsarbeit zugeflossene staatliche Mittel zweckentdet und unzulässig zur Parteienfinanzierung abgeschöpft und direkt oder indirekt Münchener Parteizentrale nutzbar gemacht wurden. Rückversicherung durch die Parteizentrale kommen weder regionale noch überii 'Aktivitäten der Landesverbände zustande. Wo eigenverantwortliches Hander Basis konstant unterbunden wird, verkümmert das persönliche Engagement: staltungen finden nur selten und zumeist abgeschottet von der Öffentlichkeit . Die DVU ist nur in unmittelbarer Funktion zur finanziellen Leistungsbereitschaft Parteivorsitzenden handlungsfähig. lokale politische Arbeit der Partei ruht daher auf den Schultern nur weniger Parteiitglieder, Die überwiegende Mehrheit ist politisch selbst inaktiv. Ihre Einbindung besich weitgehend darauf, die Wochenzeitungen des Dr. FREY zu abonnieren die politischen Berichte und Abhandlungen aus dem" FZ-Freiheitlicher Buchund 'hriftenverlag GmbH" zu bestellen. Offensichtlich werden auch Personen als itglieder" betrachtet, die ohne formelles Beitrittsbegehren reii formelles Interesse 'die Partei bekundet haben, z.B. durch Einsendung eines aus i 'hnittenen Materialanforderungszettels. ie DVU ist in allen Bundesländern mit eigenen Landesorganisationen vertreten. In Berlin und Brandenburg sind die Mitglieder im Vorgriff auf eine geplante Länderfuim Landesverband Berlin-Brandenburg zusammengefaßt. Obwohl sie seit vielen 'Jahren itgliederstärkste rechtsextremistische Organisation ist, hat die DVU sich bisher nicht mit einem bundesweit flächendeckenden organisatorischen Unterbau etablieren können. Diese strukturelle Schwäche erschwert es ihr, an kommunalen Wahlen teilzunehmen. 115 Das auf eine DIN-A 4-Seite passende 12 Punkte-Parteiprogramm der DVU hat nis Konkretes vorzuweisen. Es ist mit Forderungen nach "Bewahrung der deutschen tität", "Gleichberechtigung für Deutschland", "Schaffung von Arbeitsplätzen", vor Kriminellen" oder "Direkter Demokratie für deutsche Bürger" nur unverbii global und vage formuliert. Sein Wortlaut umgeht weitmöglichst Formulierungen 'Aussagen, die als Beleg ihrer verfassungsfeindlichen Bestrebungen nachprüfbar Es entspricht vom Umfang und Inhalt her und in seiner platten Diktion nicht den übl chen Programmen anderer Parteien. Die DVU gibt keine offizielle Parteizeitung heraus. Träger und Multiplikator ihrer litischen Agitation und Propaganda sind vielmehr die von Dr. FREY in seinem ei Verlag ("DSZ-Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH") herausgegebenen We 'chenzeitungen "Deutsche Nationalzeitung" (DNZ)wöchentliche Auflage ca. 42.000 und "Deutsche Wochenzeitung" (DWZ)wöchentliche Auflage ca. 25.000 Exem| Mit den Mitgliederzahlen der Partei gingen 1994 auch die Auflagenhöhen der W 'chenzeitungen erheblich zurück (1993: DNZ - 50.000, DWZ - 30.000). Mit den beik Wochenblättern verfügt Dr. FREY aber dennoch über den größten und einflußreic Presseverlag im rechtsextremistischen Lager. In der Berichterstattung dieser Publikationen überwiegen Ereignismeldungen DVU-Aktivitäten, ausländerfeindliche Stimmungsmache, antijüdische Agitation, tionalismus sowie revisionistischer Enthüllungsund Sensationsjournalismus. A machungen und Texte appellieren in zum Teil aggressiver Form an entsprechende fiene oder latente Leserinstinkte. Ihre Autoren vermeidenesjedoch, sich in nachwei bar strafrechtlich relevanter Weise zu artikulieren. Im übrigen sind DNZ und Werbeträger für ein breites Sortiment von Büchern, Medaillen und Videos, die der Dr. FREYs Ehefrau betriebene "FZ-Freiheitlicher Buchund Zeitschriftenhandel" anbietet. Die DVU distanziert sich deklaratorisch mit Unvereinbarkeitsbeschlüssen von Ski heads und neonazistischen Parteien. Im Kontext mit vordergründigen Bekenntni zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die im eklatanten Widerspruch zu rer aggressiven rechtsextremistischen Agitation stehen, betreibt die DVU ihre Im: pflege als "seriöse Alternative" zu den etablierten demokratischen Parteien. sches Handeln einzelner Parteimitglieder auf lokaler Ebene konterkariert allerdi diese Unvereinbarkeitsbeschlüsse. Zu den Höhepunkten des Parteilebens gehört die traditionelle jährliche DVU-G: anstaltung in der Passauer Nibelungen-Halle. Wie in den vergangenen Jahren auch 1994 das von der Stadt Passau erlassene Veranstaltungsverbot durch gerichtli Entscheidung mit der Begründung aufgehoben, daß die DVU als nicht verbotene tische Partei unter den Gleichbehandlungsgrundsatz falle. 116 he Passauer Großkundgebung am 26.September wurde unter dem Motto "Deutsche Russen - Freunde für immer!" und "Gerechtigkeit für Deutschland" inszeniert. Sie ief ungeachtet der Proteste von Gegendemonstranten relativ störungsfrei. Unter Beifall der insgesamt etwa 2.000 Teilnehmer wurden auch Abgesandte befreunausländischer Organisationen begrüßt. Gesinnungsverwandte Gruppierungen aus ien, Bulgarien, Frankreich und Südtirol hatten Delegierte entsandt oder Grußworte ittelt. DWZ und DNZ feierten in ihrer Berichterstattung - unausgesprochen mit 'Anspruch auf Rassenneutralität - die Ansprache eines "Vorkämpfers der nationaSchwarzenbewegung in USA", Dr. Robert L. BROCK. Rechtsextremisten versugern, die nationalsozialistischen Verbrechen gegendas jüdische Volk durch Veriche mit dem Schicksal von Indianern und der Versklavung der Schwarzen im Ver'der amerikanischen Geschichte zu relativieren. den Auftritt des als Hauptredner und zugkräftigen Podiumsdarsteller eingeladenen jorsitzenden der "Liberal-Demokratischen Partei Rußlands" (LDPR), Wladimir HIRINOWSKIJ, und 19 weiterer Abgeordneter seiner Partei mußten die Anwesenverzichten, weil deren Visumsanträge abgelehnt worden waren. Intensive und i institutionalisierte Konsultationen zwischen Dr. FREY und SCHIRIWSKIJ nach dessen Erfolg bei den russischen Parlamentswahlen hatten schon im /orjahr die öffentliche Aufmerksamkeit in Deutschland auf sich gelenkt. Dr. FREY den Erfolg SCHIRINOWSKUS als "Fanal zum Schulterschluß der beiden größVölker des Abendlandes, den Russen und den Deutschen" proklamiert. In der 'Y'schen Presse wird SCHIRINOWSKI] als zuverlässiger Freund und Verbündeter ional gesinnter Deutscher und Hoffnungsträger für eine Revision der deutschen Ostizen unter russischer Einflußnahme herausgestellt. lungen, daß SCHIRINOWSKIJ zu den wenigen russischen Parlamentarier gedie Präsident JELZIN am Anfang des Tschetschenien-Krieges Beifall spendeten, jen offenbar mit Rücksicht auf die ablehnende öffentliche Meinung von der DVUnicht aufgegriffen. erschien vor diesem Hintergrund auch im FZ-Verlag München die Broschüre in der SCHIRINOWSKIJ seine politischen Absichten nach eines Manifestes preisgab. Die DNZ pries das Buch als "sensationelles, brisantes des am heftigsten umstrittenen Politikers der Welt in Selbstzeugnissen und Bil'" an. Das Hauptkapitel sei "weltexklusiv" und vom Verfasser eigens für dieses 'geschrieben worden. Der Inhalt der Broschüre bleibt allerdings hinter der reißeriWerbung zurück. Er beschränkt sich auf einen geschichtlichen Abriß der h-russischen Beziehungen und wenig mehr als eine wortwörtliche Wiederholung DNZ-Interviews. An Neuigkeiten interessierte Leser wurden enttäuscht. Es hansich eher um ein Kampagnenprodukt profitorientierter Interessen des Dr. FREY, um ein politischen Informationsbedürfnissen gerecht werdendes Werk. 117 Dr. FREY verkündete in Passau, daß die DVU 1995 wieder an Wahlen teil wolle. Den Startschuß zur Wahlmobilisierung gaben Ende Oktober 1994 DNZ DWZ, indem sie die sofortige Wahlkampferöffnung für die Bürgerschaftswahlen Bremen meldeten und einen möglichen "Wahltriumph" der DVU schon jetzt "Signal für ganz Deutschland" hochstilisierten. Obligate Spendenaufrufe wurden Gefolgschaft mit der Aussicht, damit der "Übermacht der Altparteien und Meir industrie entgegenzutreten", schmackhaft gemacht. Der Parteiführer geht bei den Wahlen in Bremen vonbesonders günstigen Erfo sichten aus, nachdem die DVU dort 1987 und 1991 in die Bürgerschaft einzi konnte (1991: 6,18 % = 6 Sitze). Auch zum Kieler Landtag hatte sich die DVU I! mit 6,3 % Stimmenanteil (6 Sitze) Zugang verschafft. FREY bliebe damit seiner tik treu, nur zu Wahlen anzutreten, wo Erfolge nicht von vornherein ausgesch! sind. Nach den Mißerfolgen bei der Kommunalwahl 1993 in Hessen, der schaftswahl 1993 in Hamburg und den damit verbundenen Fehlinvestitionen in Mil nenhöhe hatte Dr. FREY im "Superwahljahr" 1994 auf denkbare Kandidaturen zichtet.Wahlerfolge der DVU garantieren im übrigen keine kontinuierliche M; ausübung: In Bremen und in Schleswig-Holstein verließen mehrere Abgeordnete nach kurzer Zeit die Partei unter Mitnahme ihrer Mandate. Die Hamburger Wahlniederlage von 1993 scheint die DVU und Dr. FREY ganz sönlich zutiefst enttäuscht zu haben. Bereits im Herbst 1993 fiel auf, daß die schließlich auf das Profil ihres Bundesvorsitzenden zugeschnittene und daher im ten Lager relativ isolierte DVU verstärkt für ein Zusammengehen innerhalb rechtsextremistischen Parteiengefüges warb. Flugblätter und Veröffentlichungen DNZ und DWZ beklagten, daß trotz eines zusammengerechnet 8 %-igen Stimt teils von DVU und REPUBLIKANERN keine von beiden den Sprung in die H: ger Bürgerschaft geschafft hatte. Wiederholt hatte FREY 1993 den REPUBI NERN und anderen Gruppierungen des "rechten Lagers" seine Kooperati schaft angedient. Seine beschwörenden Appelle an das "demokratische rechte rum", Gräben zuzuschütten und gemeinsame Strategien zu entwickeln, waren nicht aufgegriffen worden. Nach einem von ihnen selbst mit der Aura einer historisch denkwürdigen Zäsur gebenen Treffen überraschten die Bundesvorsitzenden von DVU undREPUBLI NERN, Dr. FREY und SCHÖNHUBER, am 22. August mit einer gemeinsamen seerklärung: Der "linken Volksfront" müsse eine "rechte Abwehrkraft" werden. Feindseligkeiten beider Parteien sollten angesichts drohender Gefahr Deutschland eingestellt und ein Verhältnis von gegenseitiger Rücksichtnahme errei werden, das "insbesondere bei Wahlen eine Selbstblockade" verhindere. Die durch Treffen unter den REPUBLIKANERN ausgelösten Turbulenzen leiteten das Ende "Ära SCHÖNHUBER" ein. 118 JÖNHUBER und FREY beklagten die zunehmende "Kriminalisierung und Terroierung der demokratischen Rechten" und eine ausufernde Mißachtung der Rechtsung. Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung müsse verurteilt werDNZ vom 21.10.1994 listete zum Beweis einer dringend notwendigen Einigung "rechten Lagers" 26 FehlversuchederREPUBLIKANER bei Landtags-, EuropaBundestagswahlen seit 1990 auf. Dennoch bleibe SCHÖNHUBER weiterhin Hoffgsträger und Favorit auf dem Wege zu einer gemeinsamen "demokratischen Rech'h dem REPUBLIKANER-Bundesparteitag würdigte die DNZ vom 23.12.1994 HÖNHUBER in einem "Nachruf" als Opfer von Niederträchtigkeiten und Dolchstö- . Sie machte dafür REPUBLIKANER-Funktionäre verantwortlich, die auf der Poitätswelle SCHÖNUBERS hochgeschwemmt worden seien. Später bekräftigte die 'an einem Burgfrieden im "rechten Lager" weiterhin festzuhalten. Sollten sich REPUBLIKANER allerdings unter dem Einfluß von Kräften der "Zwierracht und iederung an die Etablierten" als "Trojanisches Pferd" erweisen, müsse diese Ab- 1 überprüft werden. :h im Hamburger Landesverband der DVU blieb der stagnierende bis rückläufiTrend der Partei unverändert. Die Mitgliederzahl sank auf unter 600 (1993: 700). ienmäßig behauptet sich die DVU als mit Abstand mitgliederstärkste rechtsextreistische Organisation in Hamburg. Diese statistische Größe schlägt sich jedoch nicht 'einem adäquaten politischen Gewicht nieder, weil der Landesorganisation kein oriisatorischer Unterbau mit funktionierenden Strukturen auf Bezirksoder Kreiszur Verfügung steht, Ihre Mitglieder sind daher nicht in dezentraler Ansprache ilisierbar. Vor dem Hintergrund solcher strukturellen Defizite entwickelte die i in Hamburg kaum Außenwirkung. Es fanden keine öffentlichen Aktionen der in Hamburg statt. atliche stammtischähnliche Zusammenkünfte werden - gemessen an der Mitglie- | - nur mäßig besucht. Am 07. September verhinderten "autonome Antifas" eine Stadtteil Rothenburgsort geplante Zusammenkunft, wozu ein Saal für eine "Beiehsfeier" angemietet worden war, Eine zuvor für den 24. Juni in Hamburg angekün"Große Sonnenwendfeier" hat außerhalb Hamburgs stattgefunden. Hamburger Landesverband verbreitete 1994 keine eigenen Propagandaschriften. ihrem Hamburger Wahlprogramm von 1993 hatte die DVU als "Pflichten"-Katalog die Adresse Hamburger Politiker u.a. noch aufgelistet: sich hauptsächlich um das johl, die Sorgen und Nöte "deutscher Landsleute" zu bemühen, Hilfe für die "kleinen leute" gegen "Behördenwillkür und Polit-Korruption", Schutz der "Gesetzestreuen 119 und Anständigen" vor Kriminellen, "Wiederherstellung" von Ehrlichkeit und in den eigenen Reihen. Die an diesen Vorgaben zu messenden zwei DVU-Abgeordneten in der Bezirks sammlungBergedorf sind der einzige parlamentarische Anker der Partei in H; Sie besitzen keinen Fraktionsstatus und blieben weitgehend inaktiv. Selbst die findet offenbar keine erwähnenswerten Nachrichten über eine parlamentarische Mi beit der beiden Abgeordneten. Auch der Verein DVU e.V. mit den sechs ang" senen Aktionsgemeinschaften blieb in Hamburg nach außen unsichtbar. 4.5.3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Nebenorganisationen Die NPD - älteste rechtsextremistische Partei in der Bundesrepublikfeierte ihr Bigjähriges Bestehen. Sie wird seit 1991 von dem chemaligen Lehrer Günther DEI KERT als Parteivorsitzendem geführt. Aus ihren Verlautbarngen sind rassistische nationalistische Zielsetzungen bzw. Denkweisen erkennbar, die sie unter Berufung "die Vielfalt des Lebens und seine Erscheinungen" zu rechtfertigen versucht. Die bestreitet die "Gleichheit aller Menschen" als "längst überholtes Dogma" und ihre Prinzipien aus dem vermeintlich lebensrichtigen Menschenund Weltbild der gleichheit. 'Aus diesen ideologischen Grundüberzeugungen heraus agitiert die NPD gegen Aus der und Asylbewerber und diffamiert dabei auch deutsche Politiker wegen angebli Vernachlässigung deutscher Volksinteressen. So behauptete sie im Zusammenhang dem Zuzug von Ausländern "Umvolkungspolitiker holen Parasiten" und titulierte CDU-Politiker Geißler als "Umvolkungspapst". Als Medium dieser Propaganda di Die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der NPD erschließen sich weniger aus ihrem antiquierten Programm, sondern vielmehr aus Funktionärsaussagen, die sich diePartei zurechnen lassenmuß.Sohießes 1992in einemFlugblattdes geschäftsfühi Landesvorstandes der NPD Nordrhein-Westfalens: "Uns Nationaldemokraten völkischer Kollektivismus als etwas besonders Radikales vorgeworfen. Wir sollten 'stehen, denn völkischer Kollektivismus ist die Alternative zu der multikulturellen multinationalen Gesellschaft, die von der Mehrheit der etablierten Politiker 'Schwarz über Grün und Gelb bis Rot angestrebt wird. Denn das Blut der Deutschen ein besonderer Saft und unterscheidet sich gründlich vom übelriechenden Schleim". ichterliche Begründungen im weltweit Empörung erregenden "DECKERT-Urteil" es LG Mannheim vom 22. Juni haben die Partei ermutigt, künftig revisionistische Gechichtspropaganda als Speerspitze in den Mittelpunkt ihrer Agitation zu stellen. Moor dieser Entwicklung ist der Parteivorsitzende DECKERT, der sich vor Gericht u.a. für zu verantworten hatte, Ausführungen des amerikanischen Rechtsextremisten d LEUCHTER zur angeblichen "Auschwitz-Lüge" zustimmend und ergänzend tzt zu haben. Die Richter hatten eine einjährige Haftstrafe u.a. mit der Begrünung zur Bewährung ausgesetzt, daß es sich bei DECKERT "um eine charakterstarke, ortungsbewußte Persönlichkeit mit klaren Grundsätzen" handele. Zugleich en sie ihm bescheinigt: "Seine politische Überzeugung, die ihm Herzenssache ist, er mit großem Engagement und erheblichem Aufwand an Zeit und Energie". s Echo auf die wohlwollende Urteilsbegründung trug der NPD spektakuläre Meaufmerksamkeit ein. Bei seinen Auftritten rechtfertigt sich DECKERT - propaganisch unterstützt durch das Parteiorgan "DS" - permanent mit Hinweis auf das nheimer Urteil, das ihn ins Licht lauterer und tugendhafter Motivation und chrBemühens um authentische Geschichtsaufklärung stellt. dem sie die umstrittene Urteilspassage propangandistisch ausschlachtet, folgt die tei einer um jeden Preis auf Öffentlichkeitswirksamkeit angelegten Strategie nach dem Motto: "Eine schlechte Presse ist besser als gar keine". Auf dieser Linie bewegten sich im Herbst auch wiederholte Versuche DECKERTs, im Rahmen sogenannter "politischer Spaziergänge" (von Linksextremisten erstmals erprobtes Aktionsmuster) die KZ-Gedenkstätte Buchenwald zu "besuchen". Er erhielt Hausverbot und erntete so erstrebte medienwirksame Resonanz. Dem Leiter der Gedenkstätte drohte die NPD inzwischen schriftlich an, ihm nach einem "Machtwechsel" alle Rentenund Pensionssprüche zu streichen. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren we'gen Nötigung und Beleidigung ein. Ständiger Agitationsgegenstand sind die EU und der "Maastricht-Vertrag". Sie bedeuten für die NPD den "Untergang der Eigenstaatlichkeit" Deutschlands. Die WiederVereinigung ist für die NPD unvollendet. Das Gebiet der ehemaligen DDR existiert in ihrer Terminologie nur als "Mitteldeutschland", AsaDnm= 'Die NPD stützte sich zum Jahresende noch auf 4.500 Mitglieder (Ende 1993: 5.000). Bisher ist nicht absehbar, daß sich der abwärts entwickelnde Mitgliedertrend umkehren 'könnte. Die NPD bietet keine Zukunftslösungen an, sondern betont immer stärker ihre destruktive, auf propagandistische Effekthascherei angelegte Praxis. Defizite in der Organisationsstruktur als Folge ihrer Mitgliederverluste zwingen die NPD zur Reor'ganisation, wenn sie ihre Funktionsfähigkeit gewährleisten will. Auch ständige NPDEigenwerbung als älteste und bestorganisierte "nationale" Partei Deutschlands konnte ihre personelle und organisatorische Schwächung nicht aufhalten oder gar ihre Position 'gegenüber den größeren Parteien DVU und REP aufwerten. 121 Auf der NPD lastet erheblicher Schuldendruck: Die Verwaltung des Deutschen Bi destages und das Land Baden-Württemberg haben gegen die NPD noch immer R zahlungsforderungen über insgesamt ca. 1,2 Millionen DM. Aufgrund ihrer Niede gen bei der Bundestagswahl 1990 und der Stuttgarter Landtagswahl 1992 hatte die P tei keine Ansprüche auf Wahlkampfkostenerstattungen erworben. Empfangene Vo auszahlungen sind daher zu erstatten. Trotz dieser Schulden konnte die Partei 1994 ei Objekt in der Altmark erwerben, das vornehmlich für Schulungszwecke genutzt we den soll. Außerdem erbte die NPD von verstorbenen Sympathisantinnen in Eningen Baden-Württemberg eine Villa im Werte von mehreren Millionen DM, die nach dem' Testament der Erblasserinnen in eine "nationale Begegnungsstätte" umzuwandeln ist. Die NPD ist weit davon entfernt, an frühere Wahlerfolge anknüpfen zu können. B der Europa-Wahl am 12. Juni scheiterte sie mit nur 77.070 Stimmen (0.2 %). Nur Hessen näherte die Partei sich im Landesdurchschnitt mit 0,4% in etwa ihrem erklärte Wahlziel von 0,5%. Unter diesem Eindruck verzichtete die NPD erstmals seit ihre Gründungauf die Teilnahme an einer Bundestagswahl und nahm selbst gegenüber übrigen "nationalen Lager" eine destruktive Haltung ein: Sie verzichtete für den I Oktober selbst auf eine positive Wahlempfehlung zugunsten der einzigen kandidiere den "Rechtspartei", die REP. Statt dessen forderte sie dazu auf, ungültig zu wählen. Ihre Wahlkandidatur zum hessischen Landtag 1995 will die NPD dazu nutzen, mit visionistischen Aussagen als Wahlkampfschlager Propagandaeffekte zu erzielen. Si stößt damit allerdings auf Kritik bei pragmatischer denkenden rechtsextremistis Strategen. Die NPD hatte sich 1992 mit einem Unvereinbarkeitsbeschluß formal gegen Neonazi abgegrenzt und dieses noch 1993 bekräftigt. In der Praxis hat die Partei ihre Distanz gegenüber Neonazis aufgegeben und sucht deren Nähe in gemeinsamen Veranstalt gen oder Aktionsbündnissen. Beide Seiten - NPD und Neonazis - versuchen i sich gegenseitig unter eigener Dominanz zu vereinnahmen und zu funktionalisieren. So hofften Neonazis nach längerer verbotsbedingter Abstinenz am 17. September läßlich einer NPD-Wahlveranstaltung in Bonn-Bad-Godesberg zur dortigen nalwahl erstmals wieder auf eine Chance, sich in breiter Öffentlichkeit produzi 2 können. Neonazis majorisierten die NPD-Veranstaltung mit ca. 90% aller Teilnehmer. Der örtliche NPD-Kreisvorsitzende - zugleich Bundesvorstandsmitglied - Wolfgar NAHRATH untersagte als Versammlungsleiter den Neonazis, sich mit eigenen Red nern darzustellen. Als die Neonazis daraufhin die Veranstaltung verlassen mußte der Parteivorsitzende DECKERT seine Rede vor einem verloren wii Restpublikum beginnen, das keine interessierten Zuhörermassen mehr vortät konnte. 122 NPD hebt in der Interpretation ihres Unvereinbarkeitsbeschlusses gegenüber Neois praktisch nur noch auf das Statuskriterium "Doppelmitgliedschaft" ab. Für Aktibündnisse mit Neonazis sind allein taktische Gesichtspunkte ausschlaggebend. Der desbeauftragte der Hamburger "Jungen Nationaldemokraten" (IN, NPD-Jugendorisation) trat auf einer regionalen Festveranstaltung "30 Jahre NPD/25 Jahre IN" 16. November in Hetendorf/Niedersachsen sogar dafür ein, Abgrenzungsbeschlüs;egenüber Neonazis formell aufzuheben. Er ist auch NPD-Mitglied, arbeitet gleichhl aber mit der inzwischen selbst aufgelösten neonazistischen Hamburger FAP ammen. 'dem Hintergrund ihrer eigenen Erfolglosigkeit bei Wahlen und des Scheiterns der P bei der Bundestagswahl im Oktober erneuerte die NPD frühere Bündnisangebote, nentlich an REP und DVU. Im Parteiorgan "DS" hieß es dazu,daß"Patrioten" die chen der Zeit erkennen müßten. Jetzt sei ein "Bündnis für Deutschland" unumgäng- . Das Wahlkooperationsmodell sieht vor, daß rechtsextremistische Parteien unter hrung ihrer organisatorische Selbständigkeit auf gemeinsamen Listen kandidieren. ;NPD lud alle zum Handeln entschlossenen "nationalen" Kräfte ein, über eine ue nationale Fundamentalopposition und über die Gründung zielgerichteter Aktigemeinschaften nachzudenken und zu diskutieren ". :h Neonazis wurden mit der beschönigenden Umschreibung "Mitglieder von judlichen Aktionsgruppen oder einfach unabhängige Individualisten" eingeladen. tionale Kräfte im deutschen Volk" seien "geradezu verpflichtet, sich zu einer Funtentalopposition zur Rettung völkischer und natürlicher Grundlagen zusammenchließen". Die Staatsmacht wurde als "zerroristisch" diffamiert. Nur entschlossene alisten, die sich "selbstlos für die Rettung ihres Volkes" einsetzen, könnten sie bepfen. Die nationale Fundamentalopposition werde sich als weltanschauliche Kabewegung verstehen müssen, "was keineswegs eine Teilnahme an Wahlen ausließe". Noch ist unklar, inwieweit diese ambivalenten Aussagen Ausdruck einer h unentschiedenen Richtungssuche zwischen Kaderbewegung und Wahlpartei oder er auf Dauer angelegten Doppelstrategie sind. Angesichts des unbereinigten Richeskonfliktes bei den "REPUBLIKANERN" ist allerdings vorläufig nicht erkennbar, ' die von der NPD angestrebte Bündnisbreite auch nur annähernd erreicht werden inte. f wahlpolitischem Terrain erprobte die NPD (mit einem 0,1%-Ergebnis allerdings zlos) ihre Einigungsbestrebungen in einem konkreten Einzelfall zunächst im Kleinmat: Zur Wahl des Münchener Stadtrates am 12. Juni kandidierten auf der NPDte auch drei Neonazis, Ewald ALTHANS und zwei ehemalige Mitglieder des verenen "Nationalen Blocks". "Hamburger NPD-Landesverband (L.V) wird weiterhin von Ulrich HARDER gert, der zugleich Vorsitzender der "Hamburger Liste für Ausländerstopp" (HLA) ist. 123 Weil sich der Vorsitzende intensiv in Mecklenburg-Vorpommern engagierte und zugleich in Hamburg die Mitgliederabwanderung von 1993 (Mitgliederstand rund |! auf nunmehr etwa 80 anhielt, fanden in Hamburg kaum noch Außenaktivitäten statt, Sogar die Publikation "Hamburger Nachrichten" erschien nicht mehr im üblichen Halbjahrestumus, sondern nur mit einer Ausgabe zum Jahresende, die sich it zudem kaum von den "HLA-Nachrichten" unterschied. Von den Hamburger NPDKreisverbänden (KV) ist nur noch Altona arbeitsfähig; die übrigen fünf - Bergedorf 'ohnehin keinen KV - befinden sich in einem desolaten Zustand. Zur regionalen Jubiläumsveranstaltung "30 Jahre NPD / 25 Jahre JN" am 16.11.94 im niedersächsischen Hetendorf hatten die Hamburger eine Delegation entsandt, der neben dem Vorsitzenden auch der Hamburger JN-Landesbeauftragte angehörte. In seiner' Jubiläumsbroschüre prophezeihte der Landesverband Hamburg den "nationalen" Parteien einen neuen "Frühling", dessen Vorboten Österreich und Italien bereits erreicht 'hätten. Nationale Politik werde künftig immer mehr zur "Antithese dessen, was in 'Bonn praktiziert wird". Gleichwohl werde sich "narionale" Politik gegen die vorhandenen Widerstände nicht leicht etablieren können. Die NPD benötige "Gesinnungstäter", für "halbe Herzen, Opportunisten, Glücksritter" sei sie die falsche Partei. Unter den politischen Zielen der Hamburger NPD für 1995 führt der Vorschlag""Bündnis Deutschland" die Prioritätenliste an, um die Zersplitterung der "nationalen" Kräfte zu überwinden, weil sie der größte Feind "nationaler" Bestrebungen sei. Der Landesverband hat sich vorgenommen, künftig wieder mehr Profil zu zeigen. Er reflekti insoweit auch selbstkritisch sein eigenes früheres wahlpolitisches Taktieren. Das Versammlungsleben soll aktiviert, Flugblätter sollen öfter verteilt werden. Die Hamburger NPD hat den Beschluß des "Xleinen Parteitages", auf die Kandidatur zur Bundestagswahl am 16. Oktober zu verzichten, offen kritisiert. Der Landesverband klammert sich nach der REP-Niederlage nun an Hoffnungen, von enttäuschten REP'Anhängern profitieren zu können. Die "Jungen Nationaldemokraten" (IN) sind die Jugendorganisation der NPD haben bundesweit etwa 150 Mitglieder. Obwohl sie zur aktiven Mitarbeit in den teigremien verpflichtet sind und sich formell zur Zielsetzung und Programmatik NPD bekennen, artikulieren sie sich zum Teil wesentlich aggressiver. Sie sich als eine weltanschaulich geschlossene "national" gesonnene "Jugendbewegung neuen Typs" mit revolutionärer Ausrichtung und strenger innerorganisatorischer Di ziplin. Sie konzentrierten auch in diesem Jahr ihre Hauptkraft darauf, Grundlagen eine theoretische Neuorientierung zu erarbeiten, u.a. um sich sich aus dem Scl der "Mutterpartei" NPD zu lösen und mit den "alten Zöpfen der traditionellen ten" zu brechen. Sie streben nach einem Profil als konzeptionell selbständige - nome - revolutionäre Bewegungfür junge Nationalisten im Alter zwischen 14 und Jahren. In der Tradition der deutschen Jugendbewegung stehend, wollen sie Kern eit neuen "nationalen Jugendbewegung" werden und das Leitbild "politischer Soldaten" 124 verkörpern: Von Idealen angetriebene, nach Erfüllung ihrer politischen Kampfauftra'ges strebende Menschen. Zu diesem Zweck müßten - laut Theorieorgan "Der Aktivist" Nr. 2/94 - die geeignet'sten Kader "herausgefiltert" werden, die bereit seien, "unerbittlich" zu kämpfen, ggf. "gesellschafliche Achtung" in Kauf zu nehmen und einen radikalen politischen Akfivismus zu entfalten. Zusammen mit der NPD sollen sie letztendlich den Aufstand des "radikalisierten", zu einer "Bewegung" gebündelten Volkswillens gegen das etablierfe Parteiensystem steuern und eine "nationale Volksherrschaft" errichten. Ausdrücklich spekulieren sie dabei auf "Schwächen" des demokratischen Rechtsstaates, der anfidemokratischen Bestrebungen nur mit rechtsstaatlichen Mitteln begegnendarf. Da sie 'für sich selbst den Anspruch erheben, die eigentlichen Verteidiger der Freiheit zu sein, sei Extremismus "keine Schande und Mäßigung keine Tugend". Die IN richten sich 'damit klar gegen das staatliche Gewaltmonopol. Um den nationalen "Widerstand" zu stärken, unterstützen die JN die Zusammenfüh'g nationaler oppositioneller Gruppen in Aktionseinheiten. Einzelne Personen beteiligen sich aktiv an der rechtsextremistischen "Anti-Antifa"-Kampagne. Auch gegenüber Aktionseinheiten unter Beteiligung von Neonazis haben die JN keine Berüh1gsängste. So wollten FAPund JN-Mitglieder in Rendsburg gemeinsam eine SPD'Wahlkundgebung stören. Die Aktion wurde verboten. Am 13. Oktober unterstützten und DLVH eine FAP-initiierte Demonstration unter dem Tenor "Keine Ausgrender nationalen Opposition - Demokratie für alle" in Halstenbek (SH). Der engeZusammenarbeit mit Neonazis sollte offensichtlich auch ein Vorstoß des JNjeauftragten für Hamburg dienen. Auf der regionalen Festveranstaltung "30 NPD / 25 Jahre JN" am 16.11.94 in Hetendorf (NI) forderte er, die Unvereinitsbeschlüsse der NPD aufzuheben. fortschreitenden europäischen Integration zum Trotz verharren die JN in einer nalistisch-völkischen Grundhaltung, die ausschließlich auf vermeintliche Lebensindes deutschen Volkes abhebt. Als Vorhut eines auf der Solidargemeinschaft "deutschen Stämme" begründeten neuen "Reiches" streben sie danach, eine an un'hiedlichen Fähigkeiten, Leistungen und Bedürfnissen der Menschen orientierte i-egalitäre Gesellschaft unter der Kurzformel: "Chancengerechtigkeit statt Chanleichheit" zu etablieren. europafeindliche Haltung unterstreichen die IN mit Vokabeln wie "Befreiungspf" und "Befreiungsnationalismus" sowie der lediglich für rassistische Bestrebunstehenden neurechten Wortschöpfung "Ethnopluralismus". In einer "europäischtionalistischen Einheitsfront" u.a. mit Gesinnungsgenossen aus den Niederlanden, igien, Frankreich, Italien und Spanien sollen z.B. NATOund EU-Aufkündigung ;pft werden. Alle angeblichen völkischen Verschiedenartigkeiten ignorierend solinsoweit nicht nur nationale, sondern europaweite rechtsextremistische Kräfte125 sammlungen letztlich einem strategischen Gesamtkonzept dienen. Die USA stellen menschenverachtende Hegemonialmacht darin einen der Hauptfeinde dar. Der Option einer europäischen Sammlung von Rechtsextremisten entsprach sichtlich auch der auf JN-Initiative am 10. Dezember in Klingenberg (Bayern) fundene "Erste Europäische Kongreßder Jugend" mit etwa 200 Teilnehmern. extremistische Gruppierungen u.a. aus Frankreich, den Niederlanden, Lux Österreich und Kroatien hatten Abordnungen entsandt. Ein FAP-Vertreter wertete ne Einladung als Indiz für die Bedeutungslosigkeit bestehender Unvereinbarkeit schlüsse. Der zweite Jugendkongreß europäischer Rechtsextremisten soll im Frühj 1995 in einem "demokratischen LandMitteleuropas"stattfinden. Im Interesse einer diesen Zielen dienenden breiteren Theorievermittlung wurden Jahresbeginn das bisherige Theorieorgan "Einheit und Kampf"zum Vorfeldund Sze" neblatt umgewidmet und das Mitteilungsblatt "Der Aktivist" des IN-Landesverbandes' Bayern zum "nationalistischen Infoblatt"des JN-Bundesvorstandes für alle Mitgli und Aktivisten umfunktioniert. Die JN-Bundesgeschäftsstelle wurde von Wi nach Stolberg/NRW zur Wohnung von Wolfgang NAHRATH verlegt. NAHRATH war bis 1991 langjähriger Bundesführer der "Wiking-Jugend" und ist seit 1993 glied des NPD-Bundesvorstandes. Der 23. ordentliche JN-Bundeskongreß am 04. Juni in Dortmund wurde von rund |. Teilnehmern besucht. Neben dem NPD-Parteivorsitzenden DECKERT waren auch 'Abordnungen rechtsextremistischer Organisationen aus dem europäischen Ausland schienen. Die Veranstaltung wurde vorzeitig polizeilich aufgelöst, nachdem bei Durchsuchung von sieben Teilnehmern gefährliche Gegenstände bzw. Waffen den worden waren. Der Kongreß wurde daher für den 03. September in ABlar/H" neu angesetzt. Vorsitzender der dort gewählten Bundesführung ist HolgerAPFEL/ Hildesheim, ein Befürworter aktionistisch-propagandistischer Praxis. Sein V" Andreas STORR wurde stellvertretender Bundesvorsitzender. APFEL kündigte nicht näher definierte "intelligente Aktionen"seiner Organisation an. Der Kongreß verabschiedete auch ein "Europäisches Jugendmanifest", Darinist ua. als Synonym für den demokratischen Rechtsstaat vom "Feind Kapitalismus" die Rede, Dem Manifest wurde hohe Bedeutung für eine europaweite rechtsextremistische Zur sammenarbeit beigemessen. Esendet mitdem Aufruf"Zerschlagenwir europäischen Nationalisten gemeinsam die Ketten der Knechtschaft! Kämpfen wir gemeinsam das uns heilige Ideal eines Europas der freien Völker". Nicht zuletzt als Ausdruck dieser Absichtserklärung beteiligten sich Angehörige IN am 04. September auch an der 76."Izer-Wallfahrt" (Izerbedevaart, Gedenktag die flämischen Gefallenen im 1. Weltkrieg) nach Diksmuide/Belgien. Diese 126 eier wird traditionell von europäischen Rechtsextremisten als Propagandatreffen und Unterstützung flämisch-nationalistischer Tendenzen genutzt. Hamburg existierte 1994 noch kein eigenständiger JN-Landesverband. Die lamburger JN-Belange wurden bis Juli von dem JN-Landesverband "Nordwest" (HH d SH) wahrgenommen. Etwa ab August wurde eine Zusammenarbeit der im Aufbau efindlichen IN-Gruppe Hamburgs mit der Hamburger FAP öffentlich bekannt. Sie chlug sich erstmals in einem gemeinsamen Flugblatt nieder. Am 20. August folgte ei'gemeinsame, konspirativ geplante Demonstration in Kaltenkirchen im Rahmen der tudolf HESS-Aktionswoche. n 02. September meldete das neonazistische "Nationale Info-Telefon" Hamburg, ß die IN nun auch in Hamburg präsent seien. Zur Kontaktaufnahme wurde auf eine 'burger Postanschrift hingewiesen. Im Oktober erschien die erste Ausgabe des lordland-Pressedienstes - Nachrichten aus der Norddeutschen Bewegung"für Hamund Schleswig-Holstein, für die der Hamburger JN-Landesbeauftragte verantortlich zeichnet. Diese Neuerscheinung wurde damit begründet, daß sich die ationale Opposition" wegen der anhaltenden Verfolgungswelle in regional vernetzautonomen Zirkeln organisieren müsse. Sie ist das Nachrichtenblatt des 1994 inierten Aktionsbündnisses "Norddeutsche Bewegung", das Ansätze für eine regionale onome Vernetzung der "nationalen Bewegung" - unter Beteiligung auch von Neo1zis - konkret verfolgt. Is Ausdruck einer "Politik der Nadelstiche" gegen die Sicherheitsbehörden organierten die Hamburger JN zusammen mit der örtlichen FAP am 25. Dezember vor dem des Landesamtes für Verfassungsschutz eine Demonstration "Frohe Weihnachten Ernst Uhrlau". Anläßlich der - verbotenen - Aktion wollten der JN-Landesbeauftragte der damalige FAP-Landesvorsitzende Andre GOERTZ als Redner auftreten. er "Nationaldemokratische Hochschulbund" (NHB) ist als Organisationseinheit der gar Mobilisierungsoder Rekrutierungsansatz der NPD unter Studenten bedeungslos. Sporadische Versuche, in studentischen Verbindungen Fuß zu fassen, blieben olglos. Mit bundesweit weniger als 50 Mitgliedern, mehrheitlich aus den JN rekruert, fehlen ihm die personellen Ressourcen - in Hamburg zudem jegliche Strukturen -, n auch nur ein Minimum seiner politischen Ziele aus eigener Kraft verwirklichen zu en. Dieser nur noch informelle kleine Gruppenzusammenhang um die seit 1990 erscheiende "Vorderste Front / VF - Zeitschrift für politische Theorie und Strategie"profiert sich gleichwohl mit elitärem, avantgardistischem Selbstverständnis als theoreticher Vordenker für eine "nationale" revolutionäre Politik. Der NHB hält den demokratischen Rechtsstaat für unreformierbar, lehnt dessen Prinzipien ab und will das be127 stehende Regierungssystem revolutionär beseitigen. Die in dieser Absicht entwik Strategien werden inderrechtsextremistischen Szene stark beachtet. Ausgehend von einer dialektischen Geschichtsentwicklung kommt der NHB zu Ergebnis, daß das vorherrschende materialistische Weltbild in seinen beiden A; gungen Kapitalismus und Kommunismus durch etwas Neues ersetzt werden muß. Al Modell propagiert der NHB die "Dritte Position" (auch: "International Third Position"ITP). Diejenige Kraft, die zuerst die richtige Synthese definiere, werde den Si erringen. Möglichen Assoziationen mit kommunistischer Dialektik begegnet derNHB. mit dem Hinweis, jeglicher Kategorisierungsversuch mit Begriffen wie "links", "rechts", "antikommunisitisch" oder "prokommunistisch" sei "absurd". Allerdings offenbarte schon die ab 1991 von "/7'P"-Verfechtern verbreitete Parole "Intifada welt weit" mit ihrer antizionistischen Stoßrichtung Affinitäten zu rechtsextremistischen Gesinnungselementen. Der Ideologie-Ansatz "Dritter Weg" ist auch bei anderen europäischen Rechtsextremisten wiederzufinden. Politische Parteien sind für den NHB ein untaugliches Mittel, um diese Ideen auf Weg zu bringen, weil sie - ganz im Gegenteil - das System stabilisieren. Über bisherige Grabenkämpfe und Trennlinien hinweg sollen statt dessen fähige Köpfe des nati nalen Lagers in unabhängigen und konspirativ operierenden Strukturen zu einer stematischen revolutionären Taktik übergehen. Die Mailbox "Widerstand" favorisierte hierzu Ende August altbekannte linksextremistische Unterwanderungsstrategien "Massenorganisationen" (u.a. Gewerkschaften, Vereine, Freizeitclubs, kirchliche Or" ganisationen). In direktem Bezugaufdie Praktiken der linksextremistischen "Marxisti" schen Gruppe" (MG) wurden die Vorzüge herausgestellt: In relativer Sicherheit Enttarnung und "politischer Verfolgung" könnten so Positionen erklommen werden, 'die mit "offenem Visier" unerreichbar wären. Weiteres Etappenziel und wichtige Voraussetzung für einen revolutionären Umsturz is im Sinne des NHB eine wirtschaftliche Hegemonie und Unabhängigkeit, z.B. ii man selbst Arbeitgeberfunktionen übernehme. Geradezu anarchistische Theo mente schimmern bei der Vision alleiniger Machtausübung in sog. "hefreiten Zi durch. Zuweilen versteigt sich der NHB in seiner Zeitschrift VF auch in pseudoreligiöse und sektenhaft anmutende, rassistische Positionen verratende Beschwörungen: "..steigt aus den Tiefen des Daseins...das reine nordische Blut", "Krieg ... dem .. schwarzen Di" mon des Abgrunds, dem Zerstörer der heiligen Ordnung der Welt... die Front kämpfenden Blutes zu stärken - darum erscheint die Vorderste Front. Geschrieben dem unerschütterlichen Glauben an die rassischen Grundwerte unseres Voll die...nur vom Wüstensand einer uns fremden und feindlichen Geistigkeit versel sind. Möge unser deutsches Volk die Kraft finden, diesen fremden Geist ... auszul" schen..." Hamburger Liste für Ausländerstopp (HLA) HLA hat sich am 04.04.1982 konstituiert, um zur damaligen Hamburger Bürgertswahl kandidieren zu können. Die Partei wurde auf Initiative Hamburger NPDiionäre mit Unterstützung des NPD-Parteivorstandes gegründet. Sie versteht sich politischer Zusammenschluß Hamburger Bürger deutscher Nationalität und gibt , sich mit demokratischen Mitteln an der Bekämpfung politischer Mißstände begen zu wollen. Die Mitgliederzahl der HLA verringerte sich auf rund 70. Vorsiter ist weiterhin Ulrich Harder, der zugleich auch Hamburger NPD-Landesvorsitist, chon in ihrer Namensgebung verrät die HLA, daß sie praktisch eine "Ein-PunktParist, die mit der Ausländerproblematik demagogisch umgeht. Sie agitii i infachenden und Realitäten verkürzenden Erklärungsmuster, daß die bloße Anes it von Ausländern in Deutschland Ursache nahezu aller gesellschaftlichen Prohend lauteteauchin der zum Jahresendeerschienenen Ausgabe desPropans "HLA-Nachrichten" ihr politisches Patentrezept: "Gebot der Stunde-Ausstopp" - "Kein Wahlrechtfür Ausländer". Erst die "nationalen" Parteien hätten Bonner Politiker zum Asylkompromiß "getrieben", der nun zu einer eingenkten Asylzuwanderung führte. Sie verschwieg dabei bewußt den schwierigen, vielen Kompromissen bestimmten politischen Willensbildungsprozeß in einem detischen Rechtsstaat, der politische Probleme eben nicht totalitär lösen will und f. Dessenungeachtet entrüstete sich die HLA gegen Vorwürfe, sie verträte ihre Aufingen aus Fremdenhaß oder Rassismus mit der Bemerkung: "Natürlich irrer politische Propaganda der HLA erschöpfie sich in diesem Jahr in einer einzigen sgabe ihres Organs "HLA-Nachrichten". Darin beanspruchte sie, die Partei für eutsche Interessen" in Hamburg zu sein. Tatsächlich förderte sie - ihrer Programtik treu bleibend - in ihrer Propaganda weiterhin hauptsächlich ausländerfeindliche denzen und bekämpfte mit platten, ängsteschürenden Parolen den europäischen i ;prozeß. i ihrer letzten Teilnahme an einer Hamburger Bürgerschaftswahl am 02.06.1991 erdie HLA 0,7% = 5.844 Stimmen. An der Wiederholungswahl zur Hamburger erschaft und zu den Bezirksversammlungen im September 1993 beteiligte sich die aus taktischen Erwägungen nicht. Sieriefstatt dessen zur Wahlder "Deutschen ion" (DVU) auf, nachdem Bemühungen um ein Wahlbündnis aller Hamburger mistischen Parteien gescheitert waren. 129 Seit 1993 hatte die HLA ihren Aktionsschwerpunkt nach Mecklenburg-Vorpommer mit Konzentrierung auf Rostock verlegt, so daß ihre Hamburger Aktivitäten eingestellt werden mußten. Im Rahmen dieser als "Aufbauarbeit" verstandenen wärtsaktivitäten initiierte sie bereits im Dezember 1992 die Aktion "Mecklenburg-Vo 'pommern bleibt unser" / MBU unter Vorsitzdes stellvertretenden HLA-Vorsii Michael ANDREJEWSKI. Als Ergebnis dieser zeitweiligen Umorientierung auf ei Propagandaoffensive in den neuen Bundesländernhatte sich dieHLA erhofft, weni stens dort frustrierte Wähler für sich gewinnen zu können. Die MBU trat zur Koma nalwahl in Mecklenburg-Vorpommern am 12. Juni ausschließlich in Rostock an, e täuschte allerdings mit nur 1,7% der Stimmen die in sie gesetzten Hoffnungen HLA. Zweifel aus den eigenen Reihen an der Existenzberechtigung der HLA waren End 1993 hauptsächlich durch den Kandidaturverzicht zugunsten der DVU anläßlich Wiederholungswahl zur Hamburger Bürgerschaft bzw. zu den Bezirksversammlur aufgekommen. Sie wurden auch angesichts der in Hamburg nahezu eingestellten Benaktivitäten bestärkt und konnten nicht schlüssig ausgeräumt werden. Weder zur ropa-Wahl, zu der die NPD antrat, noch zur Bundestagswahl gab die HLA eine Wi lempfehlung. Selbst auf offizielle Wahlempfehlungen an die HLA-Mitglieder o sonstige Wähler wurde verzichtet. Erst zum Jahreswechsel 1994/95 beendete die HI ihre Sprachlosigkeit, um sich nun wieder - satzungsgemäß - mit Absichts a ihrer Weiterarbeit in Hamburg zuzuwenden. Die Partei zog damit Konsequenzen dem für sie enttäuschenden Rostocker MBU-Kommunalwahlergebnis am 12. Juni. Ihren Rückzug aus der Hamburger Politik hatte die HLA u.a. sinngemäß mit "Rück sichmahmeauf REP und DVU" zu erklären versucht. Rückblickend bilanzierte sie nicht satzungskonforme Auswärtsorientierung inzwischen als Irrweg. REPUBLIKANER und DVU hätten versagt bzw. resigniert. Daher müsse die HLA jetzt den "Widerstand" artikulieren. Im übrigen stünde die MBU als selbständig konstituierte despartei "Aktion Mecklenburg-Vorpommern" inzwischenauf eigenen Beinen. 4.5.5. Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) Die DLVH wurde 199] von Abweichlern der NPD und ee gegründet. Die Parteigründer erhoben denAnspruch,als "nationale das "ewigeGegeneinanderinnerhalbdesrechtenundpatriotischenLagers"bee zu wollen. In diese Einigungsbestrebungen schließen weite Teile der DLVH inzwr schen unterschiedslos das gesamte rechtsextremistische Kräftespektrum ein. Nach einer Serie von Mißerfolgen "nationaler" Parteien bei Wahlen, Streitigkeiten bei den REPUBLIKANERN und erhöhter staatlicher Repression sieht sich die DLVH ia ihrer Zielsetzung bestärkt. Sie verdrängt allerdings die Tatsache, daß schon ihre Ex130 z die rechtsextremistische Parteienlandschaft zusätzlich aufgesplittert hat und von er DVU als"Spaltpilz"apostrophiert wird. Zwar traten anfänglich binnen kurzer Zeit iv bekannte ehemalige Funktionsträger anderer rechtsextremistischer Parteien der 'VH bei. Dennoch konnte sie nicht von der auch im übrigen "nationalen" Spektrum chsenden Überzeugung profitieren, daß ohne organisationsübergreifende volksfrontiige Kräftesammlung dem "bankrotten Bonner System" nicht elementar zu trotzen in werde. So stagniert die Mitgliederzahl der Partei bundesweit bei etwa 900 Mitals "Gründungsmanifest" etikettierte Parteiprogramm von 1991 besteht unveränIdeologische Gemeinsamkeiten mit NPD, DVU und den REPUBLIKANERN erkennbar. Ein zentraler Programmpunkt ist das Streben nach höchstmöglicher licher "Homogenität", ganz gleich, ob mit dem Staatsgebilde nun "Nation", "Volk" d "Staat" gemeint sei. Das Kriterium "homogen" beinhaltet aus Sicht der 'VH auch die "Pflicht"zum Erhalt der deutschen Souveränität und "/dentität". er Programmkatalog der DL.VH unterscheidet sich substantiell kaum vom theoretiRüstzeug anderer rechtsextremistischer Parteien: Ausgehend von der alles überger Grundforderung, daß Deutschland "deutsch" bleiben müsse, sieht sie das tsche Volk durch "wachsende Asylantenund Einwanderungsströme" bedroht. Geen Kriminalität helfe nur "Sühneund Abschreckung". Angstund Neidinstinkte gegen emde stimuliert die DLVH mit ihren Forderungen zur Bekämpfung von Arbeitslogkeit und Wohnungsnot: "Deutschen" ist das Rechtauf einen Arbeitsplatz vorrangig zuräumen, "Einheimische" müssen bei der Wohnungsvergabe "vorrangig bedient" erden. Generell versteht die DLVH ihr Programm als Handlungsrahmen gegen alle ohlichkeiten, die sich nach ihrem Verständnis gegen Deutschtum und deutsche 0 ität richten, seien es nun die "Europäische Gemeinschaft" oder die "Überdung" in einer multikulturellen Gesellschaft. chtige der DLVH nahestehende Propagandaträger sind die Monatszeitschrift "Naon und Europa" (NE) und die über die "RVG-Verlagsund Vertriebsgesellschaft " in Landshut zu beziehende "Deutsche Rundschau" (DR). Geschäftsführer der G", die auch revisionistische und und sonstige nationalistische Literatur anbietet, der DLVH-Funktionär Peter DEHOUST. Darüber hinaus verbreitet die DLVH eine teihe regionaler, eher unbedeutender Publikationen. Für den norddeutschen Bereich cheint das Info-Blatt "Die Nordlichter". 'Die DLVH versuchte überwiegend durch Flugblattagitation, die Öffentlichkeit aufsich 'aufmerksam zu machen. Das Hauptgewicht ihrer als"Informationspolitik" bemäntelten inungsbeeinflussung legte sie auf das rechtsextremistische Universalthema "Ausustrom", Ausländer existieren in den Begründungsmustern der DLVH ausießlich als Sündenböcke für nahezu alle nennenswerten gesellschaftlichen Proble131 me. Das Thema bietet zudem Gelegenheit, um die Regierenden in Bund und als unfähig und unwillig gegenüber den "deutschenInteressen" hinzustellen. An den Wahlen zum Deutschen Bundestag beteiligte sich die DLVH nicht; lediglich Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg trat die DLVH zu Kommunal an, konnte jedoch keine bedeutenden Erfolge erzielen. Bundesweit wurden verei Mitgliederstimmen zugunsten einer REPUBLIKANER-Unterstützung laut. Auch der DLVH wurde darüber nachgedacht, die "etablierten Rechten" in der Art Zweckund Gesinnungsbündnissen zusammenzuführen. Solchen strategischen 'gungen entsprachen auch Annäherungsversuche an die NPD. Zwar betonte der DLVH-Bundesvorstand bisher stets die Gültigkeit bestehender vereinbarkeitsbeschlüsse zur Abgrenzung gegenüber Neonazis. Gleichwohl haben rende Vertreter neonazistischer Gruppierungen die DLVH längst als politisch-i logisch nahestehende Partnerin anvisiert. Durch Organisationsbzw. Parteien formell zur Einstellung ihrer bisherigen politischen Tätigkeit verurteilt, streben nazis nach alternativer politischer Praxis, u.a. mit Hilfe der DLVH. An der Parteibasis bzw. in regionalen Zusammenhängen spielen die Unvereii beschlüsse kaum noch eine Rolle. Die Kieler DLVH-Landtagsfraktion unter STAWITZ und der ehemalige Vorsitzende des Landesverbandes Hamburg der it schen verbotenen neonazistischen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), Andr& GOERTZ, haben dieses vorbehaltlos demonstriert: in einer gemeinsamen seerklärung bekannten sie sich offen zur Zusammenarbeit. Finanzielle, personelle und strukturelle Schwächen hinderten die Partei, wie schon in den Vorjahren, sich in großem Stil an Wahlen zu beteiligen. Dennoch hat sie es durch eine geschickte, die Flügelkämpfe der großen rechtsextremistischen nutzende Taktik verstanden, Mandatsträger anderer Parteien abzuwerben und so parlamentarische Bühne einiger Landesund Kreisparlamente mittels ül ter Abgeordneter zu betreten - zuweilen mit Sanierungseffektenin der Parteikasse. So wechselten beispielsweise nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein 1992 i kurzer Folge vier Abgeordnete, die für die DVU in den Kieler Landtag eingezogen ren, zur DLVH über. Als fortan DLVH-Mandatsträger erlangten sie Fraktions und damit auch entsprechende öffentliche Gelder, die als kalkulierbare Größe dest indirekt in die Gesamtfinanzierung der rechtsextremistischen Partei eini Der DVU-Bundesvorsitzende Dr. FREY beklagte in der "Deutschen National-Zeiti vom 23. Dezember diese Praxis als "das Treiben gescheiterter Putschisten" und w< vor "Diätenjägern und Privilegienrittern" aus "herumvagabundierenden Kleinst pierungen". 132 DLVH-Landesverband Hamburg unterhält regelmäßig Kontakte zum LandesaverSchleswig-Holstein. Dort sind mit Philip STEINBECK in der Funktion des Frakistenten und Thorsten BOSSEL als Fachreferent für Wirtschaftsfragen zwei burger Rechtsextremisten für die schleswig-holsteinische DLVH-Landtagsfraktätig. Der Hamburger Landesverband beabsichtigt zudem, die Kieler Parteifreunde ider schleswig-holsteinischen Landtagswahl 1996 zu unterstützen. Vorsitzende der schleswig-holsteinischen DLVH-Landtagsfraktion, Ingo STAWITZ, provozierte zum Jahresbeginn mit mehreren Anträgen breiten Protest der übri'gen Landtagsabgeordneten: Abgelehnte Asylbewerber sollten sofort in zentralen Auffanglagern gesammelt, vom "Empfängerland" die Abschiebekosten eingefordert wer'den. STAWITZ beantragte eine Etaterhöhung zur "Rückführung" der Asylbewerber einen Abbau der Kostenerstattungen für Asylantenunterbringungen. Im übrigen rte STAWITZ Mittelstreichungen für die "sogenannte Friedensforschung", die Gedenkstätte Auschwitz und eine Ausstellung zum Tag der Befreiung. Auch die {im Haushalt 1994 vorgesehenen Kostenanteile der Zentralstelle zur Verfolgung von 'NS-Verbrechen und für die Romaund Sinti-Beratung sollten storniert werden. ie meisten von der DLVH angemeldeten Veranstaltungen und Demonstrationen, u.a. für Oktober geplante Bundesparteitag, wurden von den zuständigen Behörden ver- . Ein Rednerauftritt des russischen Nationalisten Wladimir SCHIRINOWSKU dem für Februar 1994 geplanten Europakongreß zum Thema""Die Notwendigkeit Zusammenarbeit der europäischen Rechten"fiel verbotsbedingt aus. Der DLVH-Landesverband Hamburg zählt seit 1993 konstant etwa 30 Mitglieder. Sie entstammen zu einem großen Teil der NPD und der "Hamburger Liste Ausländer"(HLA). Der Landesverband verfügt angesichts nur bescheidener personeller und ieller Ressourcen über keinen nennenswerten Einfluß. im vierten Jahr ihres Bestehens war die Hamburger DLVH äußerlich im wesentnur an ihren Flugblattaktionen - meist ausländerfeindlichen Inhalts - erkennbar. Parolen wie "Rettet die D-Mark" und "Deutschland als Zahlmeister - Europäische Union immer teurer!" sowie einer Serie von Hauswurfsendungen unter dem Tenor "Gewalt gegen Deutsche" versuchte sie, Interessenten auf sich aufmerksam zu ma- . Als erneuten Beleg ihrer Fremdenfeindlichkeit unterbreitete die DLVH den 'burgern 74 "Lösungsvorschläge für das Asylproblem: Das eigene Volk zuerst und 'Rest raus!" 133 4.6. Sonstige Organisationen und Objekte (r) Wiking-Jugend (WJ) Die 1952 mittels Zusammenschluß dreier rechtsextremistischer Jugendorganisationen ("Reichsjugend", "Deutsche Unitaristische Jugend", "Vaterländische Jugend") gegründete WJ wurde am 10. November wegen ihrer aggressiv-kämpferischen Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Verfügung des Bundesministers des Innen verboten und aufgelöst. Bis zu ihrem Verbot war die WJ die älteste und mit rund 400 Mitgliedern zahlenmäßig stärkste rechtsextremistische Jugendorganisation in der Bundesrepublik. Sie hatte sich laut Bundessatzung als "volkstreue nordländische Jugendbewegung" die Aufgabe gestellt, die junge Generation körperlich und geistig zu ertüichtigen und in einem be+ immten Rahmen ihre Anteilnahme am politischen Geschehen zu wecken. Ihre Aktivitäten erstreckten sich, neben Veranstaltungen zur Pflege des deutschen Brauchtums, auf die Durchführung uniformierter Aufmärsche und militärähnlicher Übungen im Rahmen von Zeltlagern. Entsprechend der Zielsetzung der WJ war dieses Wirken in erster Linie für die Heranführung von Kindern und Jugendlichen an rechtsextremistisches Gedankengut von Bedeutung. in ihrer Programmatik und Vorstellungswelt war die WJ mit der früheren NSDAP, insbesondere deren Teilorganisation HITLER-Jugend, wesensverwandt. Dementsprechend vermittelte sie die nationalsozialistische Weltanschauung in der Absicht, das derzeitige politische "System" - notfalls auch mit Gewalt - durch den nationalsozialistischen Staat zu ersetzen. Äußerlich dokumentierte die W) ihre Affinität zum Nationalsozialismus bereits, indem sie sich leicht abgewandelter Grußformen der NSDAP (z.B "Heil Euch" oder "Nordand Heil") bediente und eine der Hitler-Jugend nachempfundene uniformähnliche Bekleidung trug. Inhaltlich stellte die WJ dem Prinzip der parlamentarischen Demokratie das Führerprinzip, verbunden mit einer rassistischen "Nordland-Ideologie", gegenüber, 5o verstand sie sich selbst als "heranzubildende Elite", die für den Bestand der "deutschen Volkssubstanz" kämpfte: Nur ein Volk, das die "ewigen Gesetze der Erhaltung der Art" beachte, habe Zukunft. Die WJ teilte die sozial-darwinistische Auffassung, daß das Gesetz der "Auslese alles Starken und Gesunden" die "entscheidende Kraft im Leben" ist. Demzufolge ziehe jede "Vermischung mit Rassefremden" eine "Vermehrung von Minderwertigen" nach sich und führe damit "zwangsläufig zum Untergang des Volkstums". Dieser rassistischen Propaganda wurde auch in den Publikationen der WJ, wie dem vierteljährlich in einer geschätzten Auflage von 500 herausgegeben Bunjesorgan "Wikinger", breiter Raum gewidmet. 134 Innerhalb des rechtsextremistischen Lagers pflegte die WJ Kontakte zu zahlreichen 'Organisationen, vornehmlich zur "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD). Indiz für diese Verbindung war die 1993 erfolgte Wahl Wolfgang NAHRATHs in den NPD-Bundesvorstand. Er war langjähriger WJ-Bundesführer und ist der Vater des zum Zeitpunkt des Verbotes amtierenden Nachfolgers Wolfram NAHRATH. Darüber hinaus führte die WJ gemeinsam mit neonazistischen, aber auchanderen rechtsextremistischen Organisationen regelmäßig Veranstaltungen durch bzw. beteiligte sich an Veranstaltungen anderer. Einen hohen Stellenwert für öffentliche Auftritte maß die W) den alljährlichen "Heldengedenkfeiern" am Volkstrauertag zu, die sie fe'derführend organisierte. Die W) unterhielt Beziehungen zu ausländischen Jugendgruppen gleichen Namens und m7vvuB" icher Zielsetzung, u.a. in Frankreich, Großbritannien, Belgien und den Niederlanden. In diesem Jahrerregte die WJ vor allem durchihr jährliches Pfingstlager im niederischen Hetendorf öffentliche Aufmerksamkeit. Sie nutzte den traditionellen Anaß zu einem provokanten uniformierten Aufmarsch und gab damit schließlich den letzten Anstoß zur Verbotsverfügung des Bundesinnenministers. In Hamburg entfaltete die WJ aufgrund fehlender organisatorischer Strukturen in dieMUT Jahr keine Aktivitäten; die wenigen Hamburger Einzelmitglieder waren den"Gau'"Nordmark (Schleswig-Holstein) oder Niedersachsen angegliedert. (c) Das "Deutsche Rechtsbüro" "Deutsche Rechtsbüro" (DRB) wurde Anfang 1992 in Hamburg von RechtsanwälJurastudenten und sonstigen juristisch interessierten Privatpersonen als juristische sthilfeeinrichtung der bundesweiten "rechten" Szene gegründet. Erstmals machte DRB Anfang 1993 durch Anzeigen, Beilagen und Kurzberichte in verschiedenen itsextremistischen Publikationen, darunter "Nation und Europa", "Deutsche Rund"und "Das Freie Forum" aufsich aufmerksam. 'Angaben zufolge möchte das DRB sein juristisches "Know-how" der "rech'" Szene zur Verfügung stellen und an Aktivisten weitergeben, damit dieser Persoreis bei gerichtlichen Verfahren und im sonstigen Umgang mit Polizei und Justiz, lich besser informiert und vorbereitet ist. Der weitverbreiteten Unwissenheit in gesamten "rechten" Szene, insbesondere über strafrechtliche Zusammenhänge, soll 'gnet werden. 135 Das DRB verfügt über ein eigenes Archiv, aus dem wichtige Urteile zu strafrechtli relevanten Themen angeboten werden. Weiter bietet das DRB juristische Schul im norddeutschen Raum an und ist bei der Vermittlung kompetenter Rechtsanwälte Bundesgebiet behilflich. In Anzeigen und durch persönliche Kontaktaufnahme Rechtsanwälte um Mitarbeit gebeten. Personen aus dem "rechten" Lager, die wicl Urteile 0.4. zur Verfügung stellen können, werden aufgefordert, diese Materialien d DRB zu übersenden. Die Betreiber wollen das DRBüber den noch regionalen R hinaus in Zusammenarbeit mit anderen Initiativen von einer reinen "Informationst se" zu einem bundesweit operierenden juristischen "Netzwerk" entwickeln. Die öffentliche Berichterstattung über dasDRB hatte im Juli 1993 dazu veranlaßt, d Hamburger Postfach aufzulösen und ins bayerische Münsing zu verlegen. Seine B treiber sitzen jedoch nach wie vor in Hamburg und sind zum Teil gleichzeitig in ren rechtsextremistischen Organisationen aktiv. Der Erfolg des ersten juristischen Ratgebers "Mäxchen Treuherz und die juristiscl Fußangeln", der 1992 veröffentlicht wurde und sich mit strafrechtlichen Aspekten schäftigte, hat das DRB angespornt. Im Januar erschien unter dem Titel ", Treuherz und die Fallstricke der Behörden" die Fortsetzung. Darin wird insbesond auf verwaltungsrechtliche "Fußangeln" aufmerksam gemacht, denen "nationale" visten bei ihrer politischen Arbeit begegnen. Verfasserin ist eine Hamburger Rechts wälltin, die für ihre Veröffentlichungen das Pseudonym Gisela SEDELMAIER benutz Das DRB macht regelmäßig durch Pressemitteilungen in verschiedenen rechtsex' stischen und neonazistischen Publikationenauf sich aufmerksam. Es handelt sich d um Schriften wie "DESG-Inform" (Publikation der neurechten "Deutsch-Europäi Studiengesellschaft"), "Nation und Europa" (Mitherausgeber Peter DEHOUST, Miglied im Bundesvorstand der "Deutschen Liga für Volkund Heimat"!DLVH), "HNG Nachrichten" (Publikation der neonazistischen "Hilfsorganisation für nationale 'sche Gefangene und deren Angehörige e.V."/IHNG), "Index" (Publikation der i schen verbotenen neonazistischen Hamburger "Nationalen Liste"/NL), der "Ang (neonazistisch), "Standarte" (FAP-Hamburg, inzwischen verboten) sowie die sich "national-konservativ" verstehende Wochenzeitung "Junge Freiheit" (s. Nr. 39/94), Verlautbarungen wurden auch über das von der FAP betriebene "Nationale I Telefon" (NIT) Hamburg und die Computer-Mailbox "Widerstand BBS" in Erlan verbreitet. Thematisch widmete sich das DRB im Jahresverlauf u.a. der Verpflichtung öi ch rechtlicher Sendeanstalten zur Ausstrahlung von Wahlwerbesendungenauch"natic ler" Parteien, der Strafwürdigkeit des sog. "Widerstandsgrußes" und den am 01. D zember in Kraft getretenen Verschärfungen des sog. "Gesinnungsstrafrechtes" ($$ 130 StGB). Im September veröffentlichte es eine elfseitige "Strafliste gegen Rechts", in der nach eigenen Angaben alle wesentlichen rechtskräftigen Strafurteile gegen"na136 tionale Deutsche" enthalten sind, die seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland 'ergangen sind. 'Das DRB gewinnt für seine Betreiber und Nutzer dadurch an Bedeutung, daß der Staat 'den Rechtsextremismus noch entschiedener auch mit rechtlichen Mitteln bekämpft. Die in den letzten zwei bis drei Jahren ergangenen Organisationsverbote nebst Exeku'tivmaßnahmen, angestrengte Parteiverbotsverfahren, Demonstrationsund VersammJungsverbote sowie die jüngsten strafgesetzlichen Verschärfungen kennzeichnen diese Phase. Viele Aktivisten der rechtsextremistischen Szene sind inzwischen in strafrechtliche Verfahren verstrickt, denen nicht wenige unvorbereitet gegenüberstehen. Das 'DRB stößt auch angesichts der nach wie vor hohen Zahl von rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten damit auf einen immer größer werdenden Bedarf an juristischer Beratung und rechtlichem Beistand, der dankbar in Anspruch genommen wird. (c) Burschenschaften Rechtsextremistisches und von der "Neuen Rechten" inspiriertes Gedankengut fällt in'nerhalb einzelner traditioneller Studentenkorporationen zunehmend auf fruchtbaren Boden, insbesondere bei einzelnen Burschenschaften,die sich von ihrer Geschichte her als politisch motivierte Bünde verstehen. Sie engagieren sich in der intellektuellen 'Aufbereitung "klassischer" rechter Positionen und leisten theoretische Vorarbeit - quasi als intellektuelle rechte Avantgarde und Gegenvariante zur einstigen linksextremistischen Hochschul-Avantgarde. Dabei vermischen sich in Einzelfällen rechtsextremistische Bestrebungen mit studentischer Brauchtumspflege und burschenschaftlichen Idealen zu einer insgesamt nationalistisch orientierten Gemeinschaft. Missionarisches Eintreten für die "nationale Sache", Sympathien für den Nationalsozialismus und wechselweise gegenseitige personelle Durchlässigkeit gegenüber einschlägigen rechtsextremistischen Gruppen und Organisationen wurden punktuell - auch in Hamburg - erkennbar. (c) Hetendorf -Komplex Ein in letzter Zeit häufiger im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Aktivitäten in die Schlagzeilen der Medien geratenes Objekt ist der Hetendorf-Komplex im Landkreis Celle (Niedersachsen). In den letzten Jahren entwickelte sich Hetendorf immer mehr zum bedeutendsten rechtsextremistischen Kommunikationsund Veranstaltungszentrum in der Bundesrepublik. Eigentümer des Anwesens ist der 1984 gegründete Verein "Heide-Heim e.V." mit Sitz in Hamburg. Zweck des Vereines ist, "ein Volksbildungsund Jugendheim zu unterhalten" sowie Veranstaltungen durchzuführen. Hetendorf ist eine von Rechtsextremisten bevorzugte Einrichtung für Kulturund 'gendveranstaltungen. Unter den bisher bekannt gewordenen rechtsextremistischen, besondere neonazistischen Organisationen, die das Objekt für eine Vielzahl schiedlicher Veranstaltungen in Anspruch genommen haben, befinden sich "Wiking-Jugend" (WJ), am 10. November vom Bundesminister des Inneren die 1992 verbotene "Nationalistische Front"(NF), die am 24.02.1995 verbotene burger "Nationale Liste" (NL), die "Gesellschaft für biologische Anthropologie, 'genik und Verhaltensforschung e.V." (GibAEV) und der "Nordische Ring e.V." (NR). Der Hetendorf-Komplex wird maßgeblich durch den Rechtsextremisten und H: 'ger Anwalt Jürgen RIEGER gestaltet. Er ist Vorstandsmitglied im "Heide-Heim e.V." sowie der GfbAEV und des NR, die zu den Trägervereinendes "Heide-Heim e.V." ge hören. RIEGER ist überwiegend verantwortlich für die Planung und Auswahl der nehmenden, fast ausschließlich rechtsextremistischen Organisationen. Er organisiert u.a. die jährlich stattfindende "Hetendorfer Tagungswoche",die zur Pflege des nordischen Brauchtums dient und politische Vorträge anbietet. An Tagungswoche beteiligen sich regelmäßig mehrere Hundert Personen aus nahezu dem gesamten rechtsextremistischen Spektrum; im März 1992 nahm u.a. der Revisionist' David IRVING teil. Die mittragenden Vereine GIbAEV und NR sind Träger rassistischen Gedankenguts. Die GfbAEV wurde 1962 in Ellerau (SH) als "Deutsche Gesellschaft für Erbgesund. heitspflege" gegründet und 1972 umbenannt. Nach Auffassung der GfbAEV begeht jeder Mann "biologischen Verrat", der eine Partnerin "fremder Rasse heiratet" und"Kinder anderer Rassen adoptiert und in unseren Lebensbereich bringt, so daß dadurch die Bastardisierung hier gefördert wird" ("Neue Anthropologie" Nr. \/2, Juni 1991). Der NR wurde 1974 von ehemaligen GIbAEV-Mitgliedern gegründet. Auch er wendet sich in seiner Publikation "Nordische Zukunft" gegen "Rassenmischung". Zu den Ausrichtern der "Hetendorfer Tagungswoche" zählte 1993 die "Gesellschaft für freie Publizistik - Arbeitskreis Hamburg e.V.". Die in München ansässige GFP wurde 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründet und wird seit 1962 von dem früheren NPD-Chefideologen Dr. Rolf Kosiek geleitet. (c) Andere Vereine Für die Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar sind einige kleine Vereine, die sich in ihrer Praxis weniger propagandistisch, sondern ehereinernach innen gerichteten rechtsextremistischen Gesinnungspflege verschrieben haben. Hierzu gehört das "Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes e.V." (DKEG) mit Sitz in München und regionalen 138 tätten", u.a. für Hamburg/Lüneburg. Das DKEG wurde 1950 auf Initiative des ligen Reichsfachschaftleiters für Lyrik in der Reichsschrifttumskammer der Naialisten, Dr. Herbert BÖHME, gegründet. Es hat sich u.a. die Erneuerung haften" Selbstverständnisses zum Ziel gesetztund vergibt alle 2 Jahreden iller-Preis des Deutschen Volkes". 7.Skinheads sind im Bundesgebiet rund 5.400 militante Rechtsextremisten, insbesondere xtremistische Skinheads, bekanntgeworden. Die zahlenmäßig rückläufige Tendieses Personenkreises in den Vorjahren hat sich damit fortgesetzt. Waren 1992 rd. 6.400 Personen bekannt, so verringerte sich diese Zahl 1993 von 5.600 auf nunmehr 5.400 im Jahr 1994. Wie schon 1993 ist auch 1994 in Hamburg die Zahl der militanten Rechtsextremisten als Ergebnis staatlicher Prävention und Gegenmaßnahnicht mehr gewachsen. Ihr Potential blieb mit knapp 100 Personen relativ stabil. Militante Rechtsextremisten im Skinheadbereich führen in Deutschland - im Gegensatz zu militanten Linksextremisten und neonazistischen Vernetzungen - ein eher separates und wenig vernetztes Eigenleben, das einer breiteren, überregionalen Ausschöpfung der Potentiale in Massenaktionen entgegensteht. Ein weit überwiegender Teil militanter Rechtsextremisten entstammt dem SkinheadDiese entstammen häufig sozialen Problemschichten und sind überwiegend etwa zwischen 16 und 20 Jahre alt. Nicht selten suchen Neulinge in dieser für sie besonderen Szene Anerkennung und "Geborgenheit", Problemkompensation in einer neuen sozialen Identität. Als Teilnehmer an gemeinsamen Parties und Skinheadkonzerten sowie 'durch gemeinschaftliche Unternehmungen entdecken und erleben die Jugendlichen eine zuvor vielfach entbehrte Aufgehobenheit, Kameradschaft und Gruppenerfahrung. Die Zugehörigkeit zu einer vermeintlich "starken" Gruppe beflügelt und steigert das he Motivationen und Weltanschauungen sind nur in wenigen Fällen der Grund für einen Einstieg in die Skinheadszene. Nicht selten sehen sich Skinheads zudem als Angehörige einer "arischen" Herrenrasse und verstehen sich in ihrem relativ unkomplizierten diffusen Weltbild durchaus als "gute Deutsche", die nur das Wohl ihres Vaterlandes im Auge haben. Dementsprechend gipfeln ihre Ideale dann auch in einem übersteigerten nationalistischen Denken, 5SER Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und aus nationalsozialistischem Gedankengut abgeleiteten politischen und sozialen Wertkategorien. Nur in Ausnahmefällen führen diese Fragmente zueinem geschlossenen politischen Weltbildund damit zu einer langfristigen, zielgerichtete politischen Arbeit. Im Skinhead-Alltag ist das Zusammenspiel exzessiven Alkoholkonsums ("Kampfoder Komasaufen"), Spaß an Gruppenaktionismus im weitesten Sinne und Begeisterung anaggressiver "Skin"-Musik von Bedeutung. Merkmal gemeinsamen Selbstverständnisses ist bei alledem die hemmungslose und brutale Ausübung von Gewalt als Ausdrucksform aufgestauten Hasses, eine Gewalt, die sich als spezielle Variante des rechtsextremistischen Gewaltkomplexes niederschlägt. Folgerichtig aufgebaute und systematisch strukturierte politische Motive stehen beim Anschluß einzelner an bestehende "Skin"-Zusammenhänge nicht im Vordergrund. Die überwiegende Mehrheit der Skinheads ist daher für Rekrutierungen durch das organiPFBgM sierte rechtsextremistische Spektrum uninteressant. Angehörige der rechtsextremistisch politisierten Skinhead-Szene bringen zumeist auch nur ein dürftiges politisches Allgemeinund Hintergrundwissen in die Gruppen ein. Sie sind primär gewaltfaszie niert und setzen stärkerauf physische/gewalttätige Auseinandersetzung, als auf geisti'gen/politischen Argumentationsaustausch mit Kontrahenten. Ihr von rechtsextremistischen Ideologiemustern unterschwellig oder offen abgeleitetes Faustrecht leben Skinheads in unbekümmerter Selbstverständlichkeit aus,ohne jedoch selbst über ein fundiertes theoretisches Rüstzeug zu verfügen. Martin Walserbetitelte - nicht unwidersprochen - die "Heil Hitler!" schreienden Skinheads 1993 daher auch als "Kostümfaschisten", die "mit den Requisiten des Nationalsozialismus auftreten, weil sie wissen, daß uns das am meisten weh tut". e.su Oftmals sind ausländerfeindliche, nationalistische oder gar rassistische Ideologieversatzstücke handlungsanleitend, aber nicht immer allein bestimmend. Rechtsextreme Ideologiefragmente werden eindimensional z.B. über parolenhafte Verkürzungen ("Sieg Heil!") oder Symbole (Runen, SS-Totenkopfsymbol) verwendet. Anders als bei den komplizierten und vergleichsweise eher differenzierten Strukturfeindbildern von Linksextremisten, begünstigen personengebundene, klar fixierte, primitive und griffige Feindbilder das Ausleben der Gewalt am personifizierten Haßobjekt. Sie richtet sich w"e überwiegend als Straßenterror gegenausländische oder auch nur fremdländisch aussehende Mitbürger und Asylbewerber sowie als "Linke" und "Undeutsche" abgestempelte Personen. Diese Subjektbestimmung innerhalb ihres Feindbildes ist mit dem Feind140 klischee von Neonazis nahezu identisch. Antriebssteigernd wirkt dabei neben dem Alkoholeinfluß die gemeinschaftsbezogene Gruppenrolle. Der emotionale Zusammenhang der strukturarmen, nur lose Kontakte pflegenden Skin'Gruppen wird durch zwei Kommunikationsschienen begünstigt, die eine breitere Politisierung und ein gruppenübergreifendes Zusammengehörigkeitsgefühl fördern können: musikalisch-akustisch durch die Skin-Bands und auf publizistischer Ebene die "Fanzines". Skin-Bands mit rechtsextremer Ausrichtung artikulieren mit ihrer Musik und den an Eindeutigkeit nicht mehr zu überbietenden Band-Namen, Titeln und Texten ihre Weltanschauung als eine "White-Power-Bewegung" (Weiße Rasse, Herrenrasse), die für Rassismus (Beispiel: Bandname "Oithanasie"), Antisemitismus und Nationalismus steht. So brüllt die Skin-Band "Tonstörung" z.B. "Heil dem Führer, Heil dem Volk, Heil dem Reich, auf in den Krieg". Die Musik propagiert Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung politischer oder politisch verbrämter Ziele, indem sie unverhüllt vorhandene Ressentiments zuspitzt, Haßgefühle schürt und z.B. dazu anstachelt, Asylantenviertel in Brand zu stecken ("Commando Pernod"). Anstelle der in der Skinhead-Szene fehlenden stabilen Strukturen fördert die Musik die gefühlsmäßige Integration. Sie ist ebenso aber auch ein Element der Animation und Aggressionsaufladung. Ganz allgemein bieten Musikveranstaltungen Gelegenheit zu Begegnungen, die das Zusammengehörigkeitsgefühl unter Randfiguren und "hartem Kern" sowie Lagermentalität fördern. Bei mehreren Konzerten wurden auch in diesem Jahr rechtsextremistische Begleiterscheinungen registriert, wie z.B. Zeigen des "Hitler-Grußes" und "Sieg Heil"-Rufe. Im Umfeld eines Konzertes wurde u.a. rechtsextremistisches Propagandamaterial der neonazistischen und Gewalt propagierenden NSDAP/AO und der neonazistischen FAP verteilt. Auch wurden "Demo-Tapes" und CDs mit rechtsextremistischen Texten angeboten. Allerdings ist es für Skinhead-Bands und Konzertbesucher schwieriger geworden, ihr einschlägiges Repertoire zu verbreiten. Staatliche Abwehr und Prävention - wie z.B. Beschlagnahme von Tonträgern, Strafverfolgungen wegen Volksverhetzung oder Aufstachelung zum Rassenhaß - und konsequente Beobachtungsund Verhinderungsmaß'nahmen bereits bei der Anreise von Teilnehmern zu Skinhead-Konzerten mit voraussichtlich strafrechtlich relevanten Inhalten haben solche Bestrebungen eingedämmt. Mehrere Konzerte wurden daher ins Ausland verlegt, weil die Veranstalter dort mit weniger ausgeprägter staatlicher Abwehr rechneten. Auch reagierten die Organisatoren auf befürchtete Exekutivmaßnahmen mit konspirativen Verhaltensweisen bei den Vorbereitungen. Veranstaltungen wurden zum Teil nicht mehr angemeldet, sondern unverfänglich als "private Feiern" getarnt. Termine wurden "Insidern" nur kurzfristig mitgeteilt. Zugleich traten aber auch ausländische Skin-Bands auf Konzerten in Deut141 schland auf. Die Teilnehmerzahlen bewegten sich in der Regel zwischen 300 und An einem Konzert in Brünn (Tschechien) nahmen rund 1.000 Personen teil. Nach den Exekutivmaßnahmen Anfang 1993 gegen Hersteller und Vertreiber tremistischer Skin-Musik, die sich in Hamburg gegen Mitglieder der Bands "C mando Pernod" und "Oi-Dramz" richteten, liegen keine Erkenntnisse über die V" fentlichung neuer CDs vor. Zweite Kommunikationsschiene sind die "Fanzines" (Abkürzung der englischen zeichnung "fan-magazine"). Sie geben selbstdarstellerisch Aufschluß über das und Handeln der Skinhead-Szene und reproduzieren mit ihren einfach gehaltenen machungen bei geringen Auflagen ebenfalls die gemeinsamen "Wertvorstellungen" Skin-Szene. Sie fordern die Leser zu Aktivitäten gegen vermeintliche gemei Feinde auf. Ihr Inhalt orientiert auf gewalttätigen Aktionismus. "Fanzines"veröf chen Erlebnisberichte über Feten, Konzerte und neue Platten bzw. Demotapes Interviews inund ausländischen Skin-Bands, in denen diese zum Teil ihre sche Motivation offenbaren und begründen. Sie informieren auch über Schl; und andere Gewaltexzesse, wobei mit besonderer Genugtuung Auseinan" mit Ausländern und als "Zecken" stigmatisierten Linken aufgegriffen und glori werden. In Hamburg tauchte im Herbst erstmals seit drei Jahren wieder ein "Fanzine" auf. Unter dem Titel "Vikingforce" befaßt es sich überwiegend mit der Vorstellung deutscher und ausländischer Skin-Bands, mit Konzertund Partyberichten und sonstigen Skin-Interna. Ein politischer Anspruch ist nicht erkennbar. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat in seiner Analyse rechtsextremistischer Gewalttäter vom Oktober 1994 unter 758 Verurteilten festgestellt, daß 30% der Personen der rechtsextremistischen Skinhead-Szene angehörten. Davon gehörten rund 35% der Altersgruppe der 14 - 17jährigen an und rund 46% der Gruppe der Heranwachsenden. 16% waren zwischen 21 und 24 Jahre alt; 2% waren älter. Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz geht von rund 100 Jugendlichen und Heranwachsenden in seinem Zuständigkeitsbereich aus, die den militanten Rechtsextremisten, insbesondere der rechtsextremistischen Skinhead-Szene, zugerechnet werden. Ihre Aktivitäten waren - gemessen an ihrer personellen Stärke - wie schon 1993 eher gering. Verstärkte vorbeugende, abwehrende und strafverfolgende Maßnahmen der Polizei, Justiz und anderer Sicherheitsbehörden haben dazu beigetragen. Frustration und Verunsicherung der Skinhead-Szene gehen allerdings auch vonder zunehmenden Schlagkraft und von koordinierten Gegenmobilisierungen des politischen Gegners im Bereich linksextremistischer "Antifaschisten" in zum Teil offener, handfester Konfrontation oder auch"steckbrieflicher" Offenlegung von Einzelpersonen und 142 "Zusammenhängen aus. Wirkungskreise der Skinheads wurden dadurch aufund ihre Spielräume für ungestörtes risikoarmes Handeln eingegrenzt. Skinhead-Szene hat eine eigenständige, nach außen abgeschottete und in Teilen istisch indoktrinierte Subkultur entwickelt, die zwar partiell mit dem organiNeonazismus verbunden ist, von diesem jedoch kaum vereinnahmt, gesteuert funktionalisiert werden kann. Nur rund ein Fünftel der Hamburger Skinheads war zu deren Verbot politisch an die "Nationale Liste" (NL) und die "Freiheitliche ;he Arbeiterpartei" (FAP) - und dieses auch nur flüchtig - angebunden. Wegen "Parteigelabers" besteht grundsätzlich wenig Neigung, sich rechtsextremistischen ien anzuschließen. 'den Hamburger Stadtteilen Bramfeld und Bergedorf arbeitete die neonazistische ionale Liste" (NL) mit Skinheads zusammen. Sie versuchte mit wechselndem Erdiese für ihre Zwecke zu funktionalisieren. Örtlicher Schwerpunkt der NL-Aktizur Politisierung, Rekrutierung, Indoktrination und Anleitung von Skinheads zuletzt eindeutig der Stadtteil Hamburg-Bramfeld. Dort agierte eine ca. 10 Personstarke Skinhead-Gruppe u.a. gegen die humanitäre und karitative Arbeit eines Geder sich als Mitbegründer des dortigen Arbeitskreises "Runder Tisch" die Belange von Ausländernin den Stadtteilen Bramfeld und Steilshoop engagiert. Am 18.08.1994 verurteilte das Amtsgericht Hamburg drei der NL zuzurechnende zu Freiheitsstrafen auf Bewährung und Geldbußen, weil sie im November 1993 in der Nähe der Simeon-Gemeinde vor dem Wohnhaus dieses Gemeindepastors "Horst-Wessel-Lied" gesungen und Propagandaschriften der NL auf Verkehrsschilder geklebt hatten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Im Oktober 1994 drangen bisher unbekannte Täter in das Gemeindezentrum der Sime'on-Gemeinde ein. Sie randalierten dort und beschmierten Wände mit rechtsextremisti'schen Symbolen und Hetzparolen. 'Auch in Hamburg liefen die Kontakte der Skinheads untereinander über private Treffen und Feiern, an denen nicht selten bis zu 100 Personen teilnahmen und bei denen 'große Mengen Alkohol konsumiert wurden. Bei bestimmten Anlässen, wie z.B. der Feier anläßlich des Hitler-Geburtstages am 20. April, nahmen zudem Skinheads aus benachbarten Bundesländern teil. Kontakte Hamburger Skinheads reichen von Rostock, Schwerin, Kiel, Neumünster über Geesthacht, Buxtehude, Lüneburg bis nach Bielefeld, in Einzelfällen auch weiter südlich. Eine Statistik des Hamburger Landeskriminalamtes über rechtsextremistische bzw. fremdenfeindliche Straftaten im Zeitraum 01.01.-31.12.1994 gibt auch über das zahIenmäßige Niveau der von Hamburger Skinheads ausgehenden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit Aufschluß. In diesem Zeitraum wurden in Hamburg 424 rechtsex- tremistisch und davon 155 fremdenfeindlich motivierte Straftaten registriert. Unter den bei einer Aufklärungsquote von rund 32 % namhaft gemachten und überprüften 252 Tatverdächtigen waren 15 Hamburger Skinheads (ca. 6 %). Eine treffsichere Bezifferung des Hamburger Skinhead-Potentials wird dadurch erschwert, daß Erkennungsmerkmale wie szene-typische Bekleidung inzwischen modisch variieren. Einige Personen sind zu unauffälliger Kleidung übergegangen. Ehemalige Glatzköpfe haben sich "normale" Haarschnitte zugelegt. Gleichwohl besuchen sie unverändert Konzerte und Veranstaltungen und halten an einer skinhead-üblichen Lebenseinstellung fest. Skinheads verzichten zudem immer häufiger auf das typische "Outfit", um Nachteile am Arbeitsplatz, in der Lehre, im Elternhaus und in der Gesellschaft zu vermeiden und um Auseinandersetzungen mit Linksextremisten und gewaltgeneigten ausländischen Jugendgruppen aus dem Wege zu gehen. Letztere haben sich häufig nur als Reaktion auf rechtsextremistische Bedrohungen gebildet. Auch in Hamburg sind 1994 infolge restriktiver Maßnahmen und öffentlicher Aufklärung durch Polizei, Justiz und andere Institutionen die von Skinheads ausgehenden Gewaltdelikte zahlenmäßig zurückgegangen. Ehemals feste Skinhead-Cliquen aus einzelnen Stadtteilen lösten sich vor dem Hintergrund erhöhter nachrichtendienstlicher Überwachung und strafrechtlichen Verfolgungsdruckes auf. Die Anzahl der in der Öffentlichkeit in typischer Skinhead-Kluft auftretenden Aktiven hat sich vermindert. Skinheads verstehen sich in ihrem eindimensionalen, selbstgerechten Weltbild durchaus als "gute Deutsche", die nur das Wohl ihres Vaterlandes im Auge haben. Zunehmend frustriert sind sie deshalb über ihre gesellschaftliche Ächtung und Ausgrenzung, Sie beklagen, daß der Staat anderen "Jugendgruppen" Treffmöglichkeiten zur Verflgung stellt, zu denen ihnen der Zugang verwehrt werde. Nach ihrer Überzeugung reagiert die Polizei schon bei geringfügigen Anlässen mit übertriebener Härte. Sie werfen dem Staat vor, die Zeichen des Protestes gegen Asylanten bzw. die vermeintliche Überfremdung Deutschlands nicht bzw. nicht rechtzeitig beachtet zu haben. Unter Hamburger Skinheads wurden bisher keine konkreten einheitlichen Zukunftsperspektiven entwickelt. Allerdings sind sie sich weitgehend darüber einig, sich als vermeintliche Opfer enger zusammenschließen zu müssen, um sich "wehren" zu können. In Anlehnung an erfolgreich erprobte linksextremistische Rezepte wurden z.B. Mobilisierungstechniken angedacht, um besser auf "Angriffe" reagieren zu können. Bisher fehlen der Hamburger Skinhead-Szene Führungsfiguren oder Gruppierungen, die befähigt und gewillt wären, entsprechende Organisationsund Strategiekonzepte zu, entwickeln. Der bisher erreichte Diskussionsund Bewußtseinsstand schließt allerdings nicht aus, daß sich aus dieser nach ihrem Verständnis "unverschuldeten Defensivposition" heraus eine Neigung zu unvorhersehbaren krawallartigen oder "klamm? heimlichen" Protestausbrüchen ableiten könnte. Es gibt Anhaltspunkte, daß einzelne Personen dabei auch vor militanten Aktionen nicht zurückschrecken würden. Strategisch und ideologisch unreflektierte Fanale von Einzeltätern bzw. von Kleingruppen sind im Rechtextremismus weniger auszuschließen, als im Linksextremismus. Da Skinheads überwiegend spontan und zumeist unter Alkoholeinfluß und situationsbe'äingter Gruppenstimulanz aktiv werden, muß auch in Hamburg nebst Umlandperiphefie weiterhin mit Straftaten aus diesem Kreis gerechnet werden. Ein Paradebeispiel für unberechenbare Reaktionen war die geplante "Butterfahrt" einer 30-köpfigen Hamburger Skinhead-Gruppe am 29. Oktober. Nachdem sie wegen ihres stark alkoholisierten Zustandes in Travemünde das Schiff nicht betreten durften, überfielen einzelne aus der Gruppe völlig unmotivierteinen Passanten und dessen Begleierin. Beide Opfer wurden mit einer Flasche bzw. einem abgebrochenen Flaschenhals verletzt. Die Polizei identifizierte auch Aktivisten der Bramfelder NL-Skinheadszene ls Mitglieder dieser Gruppe. Zusammenarbeit deutscher und ausländischer Rechtsextremisten 1. Grundsätzliches hisextremistische Aktivitäten, insbesondere Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, ind als ein europäisches Problem erkannt worden. Ihre Bekämpfung ist daher seit lanunter aktiver Beteiligung der Bundesregierung auch aufeuropäischer Ebene aufiffen worden (Europarat, Europäisches Parlament) mit dem Ziel, europaweite Gejnahmen zu koordinieren. Auf der Ebene der Justizminister wurde die grenzhreitende Verfolgung rechtsextremistischer Aktivitäten, insbesondere die ländereifende Verbreitung von Propagandamaterial, als vorrangiges Problem behanI. itens des Europarates wurden Maßnahmen eingeleitet, um den Informationsausund die operative Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten zu verbessern, insbeim Hinblick auf die Bekämpfung rassistische Gewalt und auf rechtsextremiKundgebungen. 'he und ausländische Rechtsextremisten kooperieren in vielfacher Hinsicht, Aus1g und Intensität. Sie tauschen untereinander Informationen aus, arbeiten daran, kommunikativ über elektronische Medien miteinander zu verbinden, befruchten gegenseitig mit propagandistischen Ideen, Rednerund Delegiertenaustausch soie grenzüberschreitender Gesinnungsmanifestation. Gegenseitig gewähren sie sich 145 vor unterschiedlichstem Hintergrund offen oder verdeckt, vorübergehend oderd haft Unterschlupf, finanzielle, logistische und Wahlkampfunterstützung. Von ex ven Zugriffen bedrohte oder verbotene Aktivitäten - z.B. im Druckund Ver Veranstaltungen, Kundgebungen, Demonstrationen - werden anlaßbezogen in verlagert, in denen sie wegen moderater oder lückenhafter Rechtsvorschriften oder zumindest weniger gefährdet sind. 'Agitationsschriften und interne Zirkulare werden u.a. aus den USA, den ZI 'Gebieten Dänemarks, der Niederlande, Belgiens und aus Spanien z.B. als unaufl Paketsendungen auf dem Postweg nach Deutschland verbracht. Dabei werden Absender angegeben, als Empfängeradressen Postfächer bzw. Postlageradressen nutzt, Vereinzelt setzen sich strafverfolgte Personen zu ausländischen Gesinnungsgeno ab, wenn sie sich dort vor Auslieferung geschützt glauben. Auf internationalen | gressen, "Traditionstreffen", workshopähnlichen Zusammenkünften, Demo und Kundgebungen versucht die breitgefächerte europäische Rechte, sich assoziativ anzunähern und zu sammeln. Neonazis profitieren erheblich von drucktechnischen Zulieferungen aus den US deutsche und andere Revisionisten beziehen theoretisches Rüstzeug aus Kanada ihrem dort ansässigen, weltweit als eine Art Chefideologen anerkannten Vord Emst ZÜNDEL. Im Gegensatz zu ehemaligen internationalen Steuerungsmechanismen im Bereich einstigen orthodoxen Kommunismus - Stichworte: Weltkommunismus, Kommunistische Internationale (KOMINTERN) - gibt es keine internationalen en, Zentralsteuerungen oder sonstigen institutionalisierten Koordinierungen im Rechtsex tremismus. 4.8.2. Zusammenarbeit in Europa Im deutsch-dänischen Grenzgebiet existieren Sympathisantenkreise deutscher R extremisten, die logistische Unterstützung (Hauskäufe, Postfächer, Zwischenlager von Druckerzeugnissen) leisten. Sie sind durch Proteste und demonstrativen Widerstand i der dänischen Bevölkerung unter erheblichen Druck geraten. Dänische Skinheads fungierten oftmals als Kuriere für die Einschleusung von Propagandamaterial nach Deutschland. Von Kollund aus vertrieb der Neonazi ThiesCHRISTOPHERSEN die Zeitschrift "Die Bauernschaft", die mittlerweile von Emst ZÜNDEL (Kanada) übernommen wurde. Im Mai 1994 hatte der ehemalige Vorsitzende verbotenen "Nationalistischen Front" (NF), Meinolf SCHÖNBORN ein Anwesen in 146 erworben, um - ähnlich wie Thies CHRISTOPHERSEN - vom deutschGrenzgebiet aus Propagandamaterial zu vertreiben. Dänische Anwohner und Linksextremisten - vorwiegend Autonome - protestierten mehrfach gegen den dänischen Behörden geduldeten AufenthaltCHRISTOPHERSENS und SCHÖNin Dänemark. 'dänischen Randers befand sich das Postfach, über das das "Anti-Antifa"-Infoblatt Einblick" vertrieben wurde. Darin waren steckbriefartig Namen und Anschriften Linksextremisten aufgeführt mit dem Aufruf, "Gegenaktionen" und "Gegenwehr" leisten (9 siehe: "Anti-Antifa") Dänemark stellen die Niederlande und Belgien wichtige Basen für den Vertrieb tremistischen Schrifigutes mit Bestimmungsort Deutschland dar. Von den den aus wird u.a. die neonazistische Zeitung "Die Neue Front" vertrieben, sich in die Tradition der alten "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GäNF) Michael KÜHNEN stellt. Von Belgien aus wird neuerdings Propagandamaterial deutsch-kanadischen Revisionisten Ernst ZÜNDEL. versandt. von Spanien aus wird revisionistisches Schriftgut verbreitet. Dort halten sich der ige Österreichische Neonazi Gerd HONSIK und der deutsche Otto Emst REMER Beide haben sich einer Strafverfolgung in ihren Heimatländern entzogen. REMER derzeit unter Hausarrest. Ihm wird die Verbreitung revisionistischen Propaganaterials vorgeworfen. REMER war 1992 von einem Gericht in Schweinfurt wegen jetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß zu einer Strafe von einem Jahr 10 Monaten Freiheitsentzug verurteilt worden. Vor Antritt seiner Haft am 14. floh er nach Spanien und nahm Kontakt zu HONSIK auf. REMERS Antrag auf itisches Asyl wurde vom Innenund Justizministerium in Madrid abgelehnt. Derzeit ein spanisches Gericht, ob die ihm zur Last gelegten Delikte auch nach spaniRecht strafbar sind. Es besteht ein Auslieferungsantrag der Bundesrepublik. IK. wurde 1992 in Österreich wegen Betätigung im nationalsozialistischen Sinne einer Freiheitsstrafe verurteilt. Er versendet aus Barcelona unregelmäßig die :hige revisionistische Monatszeitschrift "Halt" mit Unterstützung der inaufgelösten spanischen neonazistischen Organisation "CEDADE". ine Neonazis pflegen persönliche Kontakte zu dem ehemaligen "CEDADE"itzenden Pedro Varela GEISS, der wiederholt zu Vortragsreisen nach Deutschland laden wurde. der deutschen rechtsextremistischen Szene wird intensiv darüber nachgedacht, Aktiin das Nachbarland Belgien zu verlegen. Die Kontakte zwischen deutschen und beigischen Rechtsextremisten haben Tradition. An einem "Europa-Kongress" des "ViaamsBlok" am 1. Mai in Antwerpen nahmen 600 Teilnehmer, darunter Gäste der 147 FAP, NPD, DN, und DLVH teil. An einem "Zuropäisch-nationalistischen lager" in Flandern beteiligten sich ebenfalls deutsche Rechtsextremisten. Das traditionelle Rechtsextremistentreffen fand wieder am letzten Augustwochenende - 28.08.) in Diksmuide/Belgien statt. Allerdings ging die internationale Beteiligung 200Personen gegenüberfrüheren Jahren stark zurück. 1993 hatten noch rund Rechtsextremisten die Veranstaltung besucht. In Diksmuide findetdasjährliche "/j bedevaart"-Gedenken an die verlustreichen Schlachten der Flamen im 1. Weltkri statt. Mit dieser Veranstaltung wollen die Flamen auch ihrem Anspruch auf nati Selbständigkeit Ausdruck verleihen. Rechtsextremisten aus dem gesamten schen Ausland nutzten die Feierlichkeiten der Nationalisten für eine Zurschaustellung ihrer Gesinnung. Neben flämischen Rechtsextremisten, vor allem vom "Vlaams Blok"und "Voorpost', stellten Deutsche mit rund 250 Teilnehmern das stärkste Kontingent innerhalb des 1.000 Personen starken rechtsextremistischen Blockes. Verbindungen zu den Belgi haben in erster Linie NPD, JN und DVU. Eine Zusammenarbeit mit dem flämi nationalen "Vlaams Blok" im Europaparlament war angedacht worden. Das französische rechtsextremistische Lager hat insbesondere durch die Spaltung neonazistischen "Parti Nationaliste Francais et Europeen" (PNFE) an Bedeutung loren. Zwischen deutschen (FAP, NPD) und französischen Rechtsextremisten gibt nur sporadische Kontakte. Mittlerweile haben Neonazis einige Demonstrationen im westlichen Ausland zum Te mit logistischer Unterstützung dortiger Gesinnungsgenossen durchgeführt. Im nis ländischen Venlo fand im Rahmen einer "Internationalen Solidaritätswoche" am Juli eine Demonstration von ca. 70 jugendlichen Neonazis statt. Hintergrund war Protest gegen zunehmende Verbote rechtsextremistischer Parteien in der Bunde: publik. Die Demonstration wurde von der Polizei nach kurzer Zeit aufgelöst; die monstranten wurden festgenommen. In Luxemburg demonstrierten im Rahmen "Rudolf-Hess-Gedenkwoche" ((c) siche: "Ereignisse")am 13. August fast 100 Rechtsextremisten. In Spanien/Madrid gedenken jährlich am 20. November Anhänger des verst Diktators FRANCO. Auch in diesem Jahr versammelten sich mehrere tausend extremisten, darunter ca. 20-30 deutsche Neonazis. Im Zuge der fortschreitenden Normalisierung zwischenstaatlicher Beziehungen h auch die Kontakte zwischen Rechtsextremisten aus Deutschland und Rußland nommen. Gemeinsame Leitmotive für bilaterale Beziehungen sind der "Kampf Abendlandes" gegen Überfremdung und gegen "weltweiten Zionismus"; ferner angestrebte Revision europäischer Grenzen, wobei im Hinblick auf die " Ostgebiete" stark gegensätzliche Ansichten aufeinandertreffen. 148 fereinzelt gibt es Pläne und Ansätze deutscher Rechtsextremisten, sich Basen in einien ehemaligen Ostblockländern (Polen, Litauen, Ungarn, Tschechien) zu schaffen. es für sie in der Bundesrepublik immer schwieriger wird, interne Treffen und VerItungen in der Öffentlichkeit durchzuführen, gewinnen Ausweichorte im grenzhen osteuropäischen Ausland künftig an Bedeutung. Zudem gab es Bemühungen, in znahen Gebieten Immobilien zu erwerben, um sich ungehindert und konspirativ zu können. Auf eigenem Gelände könnten auch Schulungsveranstaltungen und gebenenfalls Wehrsportübungen von Störungen freigehalten und so die Vernetzung nationalen Lagers forciert vorangetrieben werden. Gerade das osteuropäische sand genießt diesbezüglich Priorität, weil Rechtsextremisten im Fahrwasser des ort erstarkenden Nationalismus auchaufhöhere Sympathie und Akzeptanz in der Behoffen. zelne deutsche Rechtsextremisten und Gruppen suchten mit unterschiedlichem ErKontakte zu exponierten russischen Rechtsextremisten, um sich selbst politisch 'n und Übereinstimmungen im internationalen rechten Spektrum zu demoneren. Prominente Zielpersonen solcher "Wallfahrten" waren der Vorsitzende der Liberal-Demokratischen Partei Rußlands" (LDPR), Wladimir SCHIRINOWSKIJ der Führer der rechtsextremistischen "Russischen Nationalen Einheit" (RNE), exander BARKASCHOW. den Genuß eines gewissen Vorzugsund Sonderstatus zu SCHIRINOWSKIJ geste der DVU-Vorsitzende Dr. FREY. Beide gingen miteinander um, als ob sie in ihHeimatländern vor der "Machtergreifung" stünden und in naher Zukunft als eurosche Staatsmänner territoriale Grenzen in Europa verschieben könnten. Nachdem CHIRINOWSKI) am Beginn des Tschetschenien-Krieges dem militärischen VorgePräsident JELZINS applaudiert hatte, fürchtet die DVU allem Anschein nach ihr liche Reaktionen in der Öffentlichkeit und meidet das Thema "SCHIRIst Gruppen stehen SCHIRINOWSKIJ eher ablehnend gegenüber und ntrieren ihre Bemühungen auf eine lockere Zusammenarbeit mit BARKAOW. ditionell gute Kontakte bestehen zwischen deutschen und österreichischen Rechtsisten, insbesondere zur österreichischen "Volkstreuen Außerparlamentarischen osition" (VAPO) des Gottfried KÜSSEL. Bei der VAPO handelt es sich um eine zigruppe, die ursprünglich der österreichische Zweig der "Bewegung" Michael ENs war. Als sich 1986 infolge der Anti-Homosexuellen-Kampagne die deutund die österreichische neonazistische Bewegung spalteten, gründete KÜSSEL VAPO als Sammelbecken österreichischer Anhänger des 1991 verstorbenen deuten Neonaziführers Michael KÜHNEN. KÜSSEL besaß langjährige enge Kontakte deutschen Rechtsextremisten. Er galt als Nachfolger KÜHNENs und nahm bis zu 149 seiner Inhaftierung im Januar 1992 an zahlreichen neonazistischen Veranstaltungen in Deutschland teil. Nach Meinungsverschiedenheiten mit Neonaziführern im Bundesge biet verfolgten die bundesdeutschen Neonazis jedoch eigene Zielsetzungen. Angesichts der räumlichen Entfernung zu KÜSSEL (Wien) waren u.a. Zweifel aufgekommen, ob. KÜSSEL effektiv genug die politische Arbeit in Deutschland gestalten könnte. Nach KÜSSELS Verurteilung am 29.09.93 initierten Neonazis in der Bundesrepublik' die Initiative "Freiheit für Gottfried KÜSSEL", eine Solidaritätskampagne zur Unter" stützung seiner Freilassungsforderung. Am 22. September 1994 kam es wegen formak juristischer Fehler zu einem Revisionsverfahren. Das ursprünglich auf 10 Jahre Frei heitsstrafe lautende Ureil wurde durch den Tatbestand der Anstiftung zum Mord auf I Jahre erweitert. KÜSSEL hatte auf Videobändern zum gewaltsamen Sturz der De: mokratie aufgerufen. Ein Versuch deutscher Neonazis, die stark rückläufigeKÜSSELKampagne wiederzubeleben, fand - bis auf eine Grußadresse zum Jahresende in den HNG-Nachrichten - keine Resonanz. Die Hamburger "Nationale Liste" unterstützte in ihrer Zeitschrift "Index" Nr. 47 vom Dezember die Grußkartenaktion der HNG. Darin wurde aufgefordert, zum Jahreswechsel Karten an die "politisch Verfolgten der De" mocratie" (PVD), davon eine an KÜSSEL, zu senden. KÜSSEL wurde zum "PVYD" des Jahres erklärt. Rechtsextremisten verstärken ihre internationalen Kontakte auch im Hinblickauf Fortschritte bei der Vernetzung des "nationalen Lagers". Das europäische Ausland bietet hierfür interessante Perspektiven aufgrund liberalerer Strafgesetze. Es eignet sich da" her besser als Zwischenstation für den Bezug und Vertrieb rechtsextremistischen Pro pagandamaterials u.a. aus Kanada und den USA. Das Material gelangt somit über Drittländer in die Bundesrepublik. Europäische Nachbarstaaten dienen insbesondere' als Ausweichorte für in Deutschland verbotsbedrohte oder verbotene Aufmärsche und 'Großveranstaltungen. Kontakte zu ausländischen Nationalisten oder Rechtsextremisten bewegen sich in der Regel auf individueller, personenbezogene Ebene. Zum Teil sind sie über erstmalige bzw. einmalige Erfahrungsaustausche nicht hinausgekommen. Nicht selten offenbaren sich schon bald ideologische Differenzen, die einer kontinuierlichen inhaltlichen Zu sammenarbeit im Wege stehen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß deutsche Rechtsextremisten sich zunehmend international orientieren. Eine systematische, straff durchstrukturierte internationale Vernetzung ist jedoch nicht erkennbar. Eine zentrale europäische oder gar weltweite Steuerung rechtsextremistischer Aktivitäten findet nicht statt. Ins Ausland weisende Ausweichreflexe, grenzüberschreitende Fluchtund Umgehungsreaktionen von Rechtsextremisten, stellen die deutschen Sicherheitsbehörden vor schwierigere Aufgaben. Sie müssen im europäischen Kontext gelöst werden 48.3. Verbindungen nach USA und Kanada Entfernungsmäßig längste und dennoch der Bedeutung nach wichtigste Auslandsverbindung deutscher und anderer europäischer Rechtsextremisten ist die zur NSDAP/AO im US-amerikanischen Bundesstaat Nebraska. Die 1972 von dem amerikanischen Staatsbürger Gerhard LAUCK gegründete und seit'dem von ihm geleitete "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei / Auslandsund 'Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) bekennt sich - wie bereits aus der Namensgebung zu erkennen ist - uneingeschränkt zum Nationalsozialismus und strebt offen dessen Restaurierung an. Ihr erklärtes Nahziel ist in diesem Zusammenhang die Aufhebung 'des NS-Verbotes, d.h. die Wiederzulassung der NSDAP als wahlberechtigte Partei in Deutschland und der "Ostmark" (Österreich), da ein legal ausgetragener Kampf gegen 'das bestehende System "eine hundertfach größere Sie-gesaussicht als jegliche friedli'che oder gewaltsame Untergrundtätigkeit" biete. Als politisches Endziel verfolgt sie 'entsprechend ihrer Weltanschauung die "Schaffung eines nationalsozialistischen Staaes in einem freien, souveränen und neuvereinigten Großdeutschen Reich sowie die 'Errichtung einer neuen Ordnung auf einer rassischen Grundlage in der ganzen ari'schen Welt". In der Erwartung, "die Entfremdung zwischendem Volk unddem Bonner Regime zu n" und u.a. so den Boden für eine nationalsozialistische Revolution zu ebnen, vertreibt die NSDAP/AO über ihre Zentrale in Lincoln/Nebraska (USA) weltweit rechtsextremistische Publikationen, NS-Abzeichen, Hakenkreuzaufkleber u.ä. an ge'sinnungstreue Mittelspersonen, die das Material dann in ihren Heimatländern weiterverbreiten sollen. Das deutschsprachige Organ der NSDAP/AO, der "NS-Kampfruf", erscheint seit 1973 'kweils zweimonatlich und wird derzeit in einer geschätzten Auflage von etwa 2.000 'Exemplaren herausgegeben. In dieser ausnahmslos extrem antisemitisch und auslänfeindlichen Schrift überwiegen Beiträge, die gegen Angehörige angeblich "minder'wertiger, nicht-arischer Rassen" hetzen und in denen diskutiert wird, wie der freiheit'liche demokratische Rechtsstaat am wirkungsvollsten bekämpft werden kann. Zwar rät die NSDAP/AO ihren Anhängern davon ab, zur Durchsetzung politischer le Gewalt anzuwenden, jedoch ist diese Haltung ausschließlich taktisch bedingt. UCK selbst räumt ein: "Gerade in dieser Zeit der besonders schweren Verfolgung nationalen ... Kräfte in der Bonner Judenrepublik ist für manche Aktivisten die Versuchung groß, sich ernsthafie Gedanken über den bewaffneten Kampf zu machen. logistischen Gründen scheint mir ein Kampfmit Waffengewalt aber kaum erfolghend zu sein. Das Endergebnis wäre m.E. eher Toten in unseren Reihen und noch schlimmere Verfolgung" (Schreibfehler im Original). Zudem hat die publik zumindest mit theoretischer Vorarbeit und praxisdienlichen Hilfestellungen 'dern will. Im "NS-Kampfruf" veröffentlichte sie die die Broschüre "Eine Bewegung Waffen", in der u.a. praktische Anleitungen zur Bildung terroristischer Uni gruppen gegeben werden. Deutschland und Österreich sind in erster Linie Zielgebiete der NSDAP/AO. Ihre pagandatätigkeit erreicht aber auch andere europäische Länder. So gibt sie neben "NS-Kampfruf" drei Zeitungen in englischer, schwedischer und ungarischer Sj sowie sechs unregelmäßig erscheinende "NS-Nachrichtenblätter" auf dänisch, sisch, holländisch, italienisch, portugiesisch und spanisch heraus. Außerdem ist sie den USA mit zwei Fernsehprogrammen in mehreren lokalen Kabelnetzen vertreten. Wie in der Schrift "Die Zweite Revolution" des verstorbenen Neonaziführers Mi KÜHNEN dargestellt, wurde die NSDAP/AO als NS-Untergrundbewegung die die Aktivitäiten der legal arbeitenden Neonazis unterstützen sollte. Insbesondere KÜHNEN, der selbst Mitglied der NSDAP/AO war, arbeitete LAUCK eng zusammen. Um Angehörige der NSDAP/AO vor strafrechtlicher Verfolgung zu bewahren, - laut KÜHNEN - in der Bundesrepublik unabhängige, voneinander abgeschi Zellen gebildet werden, die im Untergrund agieren und aus den USA mit Propagandamaterial versorgt werden. Staatliche Exekutivmaßnahmen könnten so stets nur einzel ne Zellen zerschlagen, den Bestand der Gesamtorganisation aber nicht gefährden. Über' die verschiedenen Zellen sollte in großem Stil das Propagandamaterial der NSDAP} AO verteilt werden. Unabhängig davon, ob und inwieweit dieses Zellenprinzip realisiert wurde, erschweren konspirative Verhaltensweisen die nachrichtendienstliche Erkenntnisgewinnung über genaue Mitgliederund Sympathisantenzahlen der NSDAP/ AO in der Bundesrepublik. In welchem Umfang das Zellensystem tatsächlich existiert, ist fraglich. Die bisher bekannten Empfänger von Propagandamaterial sind überwiegend Einzelpersonen,die das Material von der Zentrale in den USA beziehen und in der Bundesrepublik - autonom, unsystematisch und ohne erkennbare zentrale Steuerung - Verteilund Klebeaktionen durchführen. Auch der im Juli bekannt gewordene Fall eines seit Jahren inHamburg aktiven Verteilers läßt keinen Hinweis auf ein Zellenprinzip erkennen. Der 70-jährige Hamburger hatte seit etwa 1980 eine Vielzahl von Exemplaren des "NS-Kampfrufes" und von mit Hakenkreuzaufklebern versehenen Kopien aus dieser Publikation an Personen im gesamten Bundesgebiet versandt. Die Adressen hatte er zumeist aus Zeitungsleserbriefen oder willkürlich dem Hamburger Telefonbuch entnommen. Vermutungen, die NSDAP/AO könnte innerhalb der deutschen Neonazi-Szene Koordinierungsfunktionen wahrnehmen, wurden bisher nicht bestätigt. LAUCK unterhält Kontakte zu Führungspersonen des "rechten Lagers" und erhält von ihnen Informationen, die er in seinen Propagandaschriften verwertet. Insbesondere zu demHamburger 152 onazi Christian WORCH steht LAUCK in einem Vertrauensverhältnis und arbeitet mit diesem zusammen. Über einen allgemeinen Informationsaustausch hinaus unstützt WORCH intensiv die Tätigkeit der NSDAP/AO, indem er u.a. Informationen Veröffentlichung im "NS-Kampfruf" liefert und LAUCK politisch umfassend beEinen unmittelbaren Einfluß auf die Aktivitäten der von seinen Kontaktpersonen teten Organisationen übt LAUCK jedoch nicht aus. 'der Praxis reduziert sich die Funktion der NSDAP/AO daher weitgehend auf die Beihrer Anhänger mit - in den USA legal - hergestelltem NS-Propagandama- . Ihre weit darüber hinausgehende Bedeutung ergibt sich aus den Inhalten, die ignet sind, durch Inspiration, Rechtfertigung, Indoktrination und Anstiftung rechtsgremistischen Radikalisierungen Vorschub zu leisten. Die Bundesregierung hat bisvergeblich versucht, in Zusammenarbeit mit amerikanischen Stellen die Herstelund den Versand neonazistischer Propaganda aus den USA zu unterbinden. 'h Kanada haben insbesondere deutsche Revisionisten Verbindung, In Toron1oKanada ist der Deutsch-Kanadier Ernst ZÜNDEL ansässig, der eine Zentralfigur in er weltweiten Revisionismuskampagne darstellt (2 siehe: "Revisionismus"). 5.1. Strukturen, Leitbilder, Absichten, Richtungen Unter den linksextremistischen Organisationen in der Bundesrepublik gab es bis Ende 'der 80-er Jahre zwei Lager: Einerseits die orthodoxen - moskauorientierten - Kommunisten in der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP), andererseits die Organisationen der sog. "Neuen Linken" mit den Marxisten-Leninisten, Trotzkisten und Autonomen/Anarchisten. Nach den tiefgreifenden Veränderungen in Osteuropa ist das orhodoxe Lager nicht mehr von Leitlinien und Weisungen der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU) und der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) in der ehemaligen DDR abhängig. Die zwischen beiden Lagern jahrzehntelang andauernde Konkurrenz und Gegnerschaft umFührungsansprüche unddenBesitz der alleinigen Wahrheithat sichweitgehend aufgelöst. Beide sind nach der Diskreditierung marxistischer Gesellschaftsentwürfe und dem Scheitern des "ersten Arbeiterund Bauernstaates auf deutschem Boden" Rechtfertigungszwängen, existenziellen Nöten, Isolation und Orientierungsschwächen ausgesetzt. Wer allerdings gehofft hatte, nach dem Zusammenbruch der sozialistischen welt des Ostblocks kämen Linksextremisten zu neuen Einsichten, wurde Nach Ratlosigkeit und Schock versucht das vielschichtige Spektrum revoluti marxistischer Gruppen, den historischen Niedergang des "realen Sozialismus" zu ver" arbeiten,zu verdrängen oder umzudeuten. So werdeneinzelne Facettender DDR-Wirklichkeit glorifizierend eingeblendet, ihre Unmenschlichkeiten und jedoch schamhaft verschwiegen oder ummäntelt. Linksextremistische Funktionäre und Ideologen suchen nach Zukunftspei durch gegenseitige Annäherung, Kooperation, Integration und Umgruppierungen in Richtung auf den linken Rand des demokratischen Parteienspektrums, um von des sen Anerkennung und Legitimation zu profitieren. Die Einheit der "radikalen Linken" wird beschworen. Die extremistische Linke hat es stets verstanden, sich als aufkläreri" sche "radikaldemokratische" politische Bewegung und Speerspitze des Fortschritts ins Licht zu setzen. Ihre Aktionen verraten, was sie in Wirklichkeit von Demokratie und Freiheitsrechten halten. Kommunisten gehen davon aus, daß der "Sozialismus" nicht in einem Sprung erreicht werden kann. Sie arbeiten deshalb aufeine schrittweise Beseitigung der freiheitlichen Demokratie hin, um an deren Stelle die "Diktatur des Proletariats" zu errichten, eine Herrschaftsform, die mit den freiheitlichen demokratrischen Grundsätzen unserer Verfassung nicht zu vereinbaren ist. Sie orientieren sich an den Lehren bzw. Dogmen von Marx, Engels, Lenin, Trotzki, Stalin, Mao Tsetung und anarchistischer Theoretiker. Ihr: Handeln ist dadurch relativ berechenbar. Undogmatische Autonome hingegen haben keine historischen Vorbilder: Sie folgen einfach gefühlsspontanen Impulsen und der Maxime, herrschaftsfreie Zonen aufbauen zu wollen. Ihr Aktionsverhalten ist daher schwerer überschaubar und kaum kalkulierbar. Sie alle benutzen den Rahmen der freiheitlichen Demokratie mit dem Ziel, sie durch ihre eigene Machtergreifung zu beseitigen. Autonome/Anarchisten wollen eine. "herrschaftsfreie", mithin im wahrsten Sinne des Wortes "ohn"-mächtige, d.h. anarchistische Gesellschaft erkämpfen. Bekenntnisse zur "revolutionären Gewalt" als Mittel für die politische Umwälzung finden sich offen oder verdeckt in Programmen, programmatischen Verlautbarungen und Absichtserklärungen. Gewalt wird häufig als "Gegengewalt" der unterdrückten "Klasse" gegen die angebliche Gewalt der "herrschenden Klasse" verbrämt und gerechtfertigt. Lediglich aus taktischen Gründen lassen sich Linksextremisten in der ta gespolitischen Auseinandersetzung auch auf Aktionsformen ein, die sie nicht mit dem Gesetz in Konflikt bringen. Immer dann, wenn es ihnen zweckmäßig erscheint, sind die meisten auch zu ungesetzlichen Aktionen bereit. Kommunisten verfolgen eine Strategie, soziale und politische Mißstimmungen anzuheizen, zu bündeln und auf "massenwirksame" Nahziele zu lenken, das revolutionäre Endziel keineswegs aus den 154 'Augen lassend. Zuspitzungen und Radikalisierungen sollen letztlich in eine "revolutio'näreSituation" umschlagen, in der die Macht erobert wird. "Sozialistische Revolution" ist in der marxistisch-leninistischen Lehre ein notwendig 'henstadium, um das kommunistische Endziel zu erreichen. Die Machtergreifung der "Arbeiterklasse" erfolgt mit der "Zertrümmerung des bürgerlichen Staatsapparates"; danach beginnt die "Diktatur des Proletariats". In ihr haben Volkssouveränität, Chancengleichheit für Parteien und das Recht auf Bildung ei'ner Opposition nichts mehr zu suchen. Die Trennung zwischen Legislative, Exekutive und Rechtsprechung wird aufgehoben. Kommunisten behaupten, sie verfügten über eiine "wissenschaftliche Weltanschauung". Nur ihre "wissenschaftliche" Politik sei die 'fichtige und über Erkenntnisprobleme könne nicht demokratisch entschieden werden. 'Autonome wollen jede staatliche Ordnung zersetzen oder zerschlagen, um schließlich 'den Staat abzuschaffen. Sie treten zum Teil mit "Haßkappen" vermummt in "schwar'zen Blöcken" auf und wollen Veränderungen "hier und jetzt", fordern "Autonomie", dh. Freiräume außerhalb der bestehenden Gesetze und der "Zwänge des Systems". Sie bedienen sich anti-autoritärer Stimmungen, bekennen sich offen zur Gewalt und üben sie auch aus, um das "Schweinesystem" anzugreifen. Anschläge und Sabotage werden als "Kampfformen" propagiert und praktiziert. Das Recht körperliche Unversehrtheit aller als Voraussetzung für jegliche Freiheit bedeutet ihnen wenig, wenn es nicht in ihre Zerrbilder paßt. Autonome beherrschen die gesamte Bandbreite militanter Kampfformen: Besetzen, Zerstören, Straßenkampf und Brandstiftung. Die meisten lehnen 'zwar politisch motivierten Mord aus taktischen oder strategischen Gründen ab, tolerieren ihn aber. Linksextremistische Terroristen haben sich zum Ziel gesetzt, die Stabilität unseres -8e7mm 'Staates durch spektakuläre Anschläge bis hin zu Mord zu erschüttern. Ein Vierteljahr'hundert lang war es die Doktrin der "Roten Armee Fraktion" (RAF), durch bewaffneten Kampf den "Imperialismus" zu zerschlagen. Mit Morden an höchsten Repräsentanten der Gesellschaft wollte sie in der Vergangenheit das Bewußtsein der "arbeiten'den Massen" veriindern und die Revolution erzwingen. Guerillakriegsaktivitäten kommunistischer Partisanen im Fernen Osten dienten vielfach als Leitbild des politischen Kampfes in den Großstädten der Bundesrepublik. Ideologische Vorbilder waren Ernesto Che GUEVARA, MARX, LENIN, STALIN, sowie die Vietnamesen Ho Tschi MINH und Nguyen GIAP. Die Vorgehensweise bei "Stadrguerilla"Aktionen läßt sich vor allem auf Mao TSETUNG, Carlos MARIGHELLA (Brasilien) und die "Tupamaros" (Uruguay) zurückführen. (0v7EnZuV25 Inhaltlich orientierte sich insbesondere die RAF in ihrer Anfangszeit an Carlos MARIGHELLAs "Minihandbuch des Stadtguerilleros", das an die Stelle des "Massenkampfes" Aktionen bewaffneter kleiner Gruppen setzte und dabei breite Akzeptanz der Bevölkerung erreichen wollte. Mao TSETUNG prägte das Ideal vom Guerillero, der sich im Volk bewegt, "wie der Fisch im Wasser". In der Bevölkerung stieß die auf Ablehnung und Empörung, der Staat erwies sich als nicht erpreßbar. Seit |! denkt die RAF darüber nach, ihre "Politik" neu zu bestimmen. Seit dieser Zeit sucht die "Antiimperialistische Zelle" (ALZ), am theoretischen Gebäude der RAF zum 1.4.1991 anzusetzen und durch Anschläge auf Funktionsträger("Eliten") Wirtschaft und Politik deren Tradition fortzusetzen. Terroristen leben entweder in Form von Guerilla-Kommandos als "Illegale" im grund (so etwa die RAF) oder verüben anlaßbezogen aus ansonsten legalen Lei ständen heraus konspirativ vorbereitete und recherchierte Gewalttaten (RZ und AIZ), 5.2. Theorie und Praxis / Schwerpunkte 1994 Unter den zahlreichen Anknüpfungsthemen linksextremistischer Organisationen Personenzusammenhänge wird nachstehendauf drei Komplexe eingegangen, die zu das ganze Jahr über aufgegriffen wurden, sich als Schwerpunkte in theoreti Schriften und Debatten widerspiegelten und auch im Aktionsverhalten kontinuierlic wiederzufinden waren: Wahlkampagne, Antifaschismus-Kampagne, Solidari pagne mit Ausländern/Asylbewerbern. Mit entgegengesetzten Stoßrichtungen m: ren sie auch Inhalte rechtsextremistischer Aktivitäten im Zusammenhang mit "Superwahljahr 1994", der "Anti-Antifa" und Fremdenfeindlichkeit. 5.2.1. Wahlverhalten und Ergebnisse Linksextremisten haben in den letzten Jahrzehnten in wechselnden Konstellationen und. mit unterschiedlichen Begründungen bei Wahlen auf Kommunal-, Landesund Bundesebene kandidiert, in 1989 und 1994 auch bei Wahlen zum Europaparlament. Linksextremistische Organisationen lassen sich auf demokratische Willensbildungsprozesse nicht vorrangig mit der Absicht ein, auf parlamentarischem und damit verfassungskonformem Wege ihre politischen Ziele legal durchzusetzen, sondern folgen dabei eher taktischen Erwägungen. Wahlkämpfe eröffnen ihnen Zugänge zu Nachrichtenmedien (z.B. im Rahmen von Wahlwerbesendungen im Rundfunk und Fernsehen) und damit zum Nulltarif öffentliche Beachtung. Sie nutzen die Vorteile des Parteienprivilegs. Stellschilder auf Straßen und Plätzen, Infostände und Hauswurfsendungen werden von den Bürgern in Wahlkampfzeiten aufmerksamer wahrgenommen als sonst. Wahlkampfmobilisierungen sind für die Funktionäre linksextremistischer Parteien stets auch willkommene Anlässe, den Schulterschluß in der eigenen Anhängerschaft herzustellen, von schwelenden inneren Widersprüchen und Defiziten unter Verweis aufden absoluten Vorrang übergeordneter gemeinsamer Wahlaktivitäten abzulenken. Es sollen ielle und personelle Reserven aktiviert und so die Schlagkraft der Organisation t gestärkt werden. Wahlkämpfe sind auch Vorfeldaktivitäten zur Interesseninnung (z.B. über "Wählerinitiativen" und Unterschriftensammlungen) und igenfalls auch zur Mitgliederrekrutierung. prinzipiell antiparlamentarische Programmatik revolutionärer Marxisten hat sie 1 daran gehindert, Mandate auf Parlamentsebene anzustreben, wenngleich die jahlergebnisse in der Vergangenheit zumeist eine Null vor dem Komma verzeichneund die Fünfprozentklausel sich als unüberwindbare Hürde erwies. .den letzten Jahren stand verstärkt die Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen jahlkandidaturen im Mittelpunkt linksextremistischer Wahlpropaganda. Den "etaten" Bonner Parteien wurde unterstellt, gleichsam in klammheimlicher Harmonie it "faschistischen" Parteien für einen "Rechtsruck" in Deutschland verantwortlich sein. Die "Antifaschismus"-Kampagne vermischte sich anlaßbezogen mit Wahlaktiinksextremistische Parteien hatten im "Superwahljahr 1994" nicht einmal ansatzwei'Aussicht, sich von den Mißerfolgen der Vergangenheit abzukoppeln. Die - als selbige politische Potentiale und Wahlparteien unbedeutenden - Sektiererorganisatio"Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA) und MLPD sowie eine erstmalig auftreten"Autonome Liste" traten daher auch gar nicht erst mit ernst gemeinten Optionen auf in künftiges parlamentarisches Engagement an. Angesichts der nachhaltigen Diskreätierung sozialistischer/kommunistischer Theorie und Praxis im Zusammenhang mit 'dem politischen Umbruch in der ehemaligen DDR und in Osteuropa seit Ende der 80er 'Jahre zeichnet sich auchauflängere Sicht keine selbständige linksextrei ische Grup'pierung ab, die auf die demokratische Willensbildung in Deutschland Einfluß nehmen könnte. Die DKP und die dem jugendlichen Protestalter entwachsenen, um die eigene Zukunft besorgten Alt-Funktionäre mehrerer kleiner linksextremistischer Splittergrup'pen beschwören daher seit Jahren - auch als Rettungsanker für den eigenen organisaterischen Bestand - die "Einheit der Radikalen Linken". Orthodoxe - ehemals moskauorientierte - Kommunisten und die Reste der der ehemaligen dogmatischen "Neuen Linken" (in den 80-er Jahren noch als"K-Gruppen" bezeichnet) suchten speziell im Zusammenhang mit Wahlen Halt und neue Identität unter 'dem Dach der PDS als "Schlüssel zu progressiven Veränderungen". Vorreiter waren 1990 Mitglieder des aufgelösten "Kommunistischen Bundes" (KB); es folgten die DKP, der BWK und nunmehr die VSP. Der kleinere Teil des gespaltenen stalinistisch. 'orientierten "Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD" (AB) rief anläßlich der Bundestagswahl zur Abstimmung für die PDS auf. Selbst in der autonomen Szene artikulierten sich 1994 Stimmen, die eine Unterstützung der PDS vorschlugen. Sie wurden allerdings einstweilen noch scharf kritisiert mit 157 dem Hinweis, dann doch lieber gleich eine der "etablierten" Bonner Parteien zu wählen. Im autonomen Szeneblatt "/nterim" Nr. 305 vom 27. Oktober beklagten Autonome aus Berlin-Kreuzberg, daß nach repräsentativen Umfragen in Freundeskreisen mehrals 80%der Autonomen in Kreuzberg "zu den Urnen gelatscht" wären und PDS gewählt hätten. Dieses sei mehr als peinlich und spiegele den desolaten Zustand linken Szene wider. Wer den bürgerlichen Parlamentarismus ablehne undfür "Gegenmacht von unten" plädiere, könne nicht gleichzeitig eine Partei wählen, die das Land reformieren wolle. (c) Europawahl Zur Europawahl 1994 am 12. Juni kandidierten auf Bundesebene und in Hamburgdie' trotzkistische Sektierergruppe "BundSozialistischer Arbeiter" (BSA, bundesweit unter 100 Mitglieder) und die kurz zuvor gegründete Partei "Die Unregierbaren - Autonome Liste", Der BSA hatte bereits zur vorangegangenen Europawahl am 18.06.1989 kandidiert und war damals sowohl auf Bundesebene alsauch in Hamburg mit 0,0% gescheitert. Erwartungsgemäß blieb der BSA auch dieses Mal bundesweit und in Hamburg im 0,0% Bereich: In Hamburg entfielen auf ihn 141 Stimmen, bundesweit 10.891. Erstmalig trat die autonome/anarchistische Szene als "Die Unregierbaren - Autonome Liste" zu einer Wahl an, ließ aber keine Zweifel aufkommen, daß sie den Parlamentarismus ablehnt und die Konstituierung alsParteiausschließlich "Mittel zum Zweck der Propaganda" war. Sie spekulierte ausdrücklich "fürdenFall, daß das Wundergesche'hen sollte und über 150.000 WählerInnen uns die Stimme geben (was natürlich unrea" listisch ist). . ." auf "Kohle" aus der Wahlkampfkostenerstattung. Im übrigen sollten autonome und "antifaschistische Basisprojekte" die Möglichkeit erhalten, die "Infrastruktur der Herrschenden zu nutzen" und Öffentlichkeitsarbeit gegen den "widerwärtigen BRD-Normalzustand" zu betreiben. Die Autonomen wollten in das "Wahlspektakel der Herrschenden" eingreifen und "ihnen legal auf der Nase rumtanzen". Alle sechs Kandidaten dieser Liste entstammten der autonomen Szene Wuppertal/Solingen. Sie erhielten mit bundesweit 37.768 Stimmen (0,1%) unerwartet großen Zuspruch, der sich auch im Hamburger Ergebnis mit 800 Stimmen (0,1%) analog widerspiegelte. Das auf Länderebene prozentual beste Ergebnis erzielten die Autonomen in ihrer Hochburg Berlin mit 0,2% (=2.388 Stimmen). In der Stadt Wuppertal entfielen 0,4% auf die "Unregierbaren". [ 158 I Bundestagswahl Bundestagswahl am 16. Oktober kandidierte die "Marxistisch-Leninistische Partei 'hlands" (MLPD) als einzige linksextremistische Partei mit eigenen Wahlvorlägen, in Hamburg mit einer Landesliste und einem Wahlkreisvorschlag lediglich Wahlkreis 13 (Hamburg-Altona). Altona war neben dem Wahlkreis 18 (Hamburg- ) einer von 2 Wahlkreisen, in denen die von der DKP und Marxisten-Leniniunterstützte PDS keine Wahlkreisvorschläge eingebracht hatte. Zur Bürgerschaftslam 19.09.93 war die MLPD noch zusammen mit DKP, PDS, BWK, AL und VSP Bündnis "Linke Alternative - Wehrt Euch" angetreten, das damals ein Ergebnis von % auf sich vereinigte. Die MLPD scheiterte dieses Mal in Bund und Ländern gehend mit 0,0 % der Zweitstimmen. ie "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) beteiligte sich mit eigenen Kandidaten if offenen Listen der PDS. Der trotzkistische "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA), der schon bei den Europawahlen von 1989 und 1994auf Bundesebene und in Hamburgjeweils mit0,0 %erzielLuz %,trat zur Bundestagswahl nur mit Landeslisten in Berlin und Nordrhein-Westfalen 'an. In beiden Ländern lautete das Ergebnis jeweils 0,0 %. 'Andere extremistische Organisationen und Gruppierungen verhielten sich zur Bundesagswahl nach einem uneinheitlichen Schema: es erstreckte sich von Trittbrettkandida{uren revolutionär-marxistischer Überbleibsel ehemaliger "K-Gruppen" auf Wahlvorlägen der PDS, mittelbaren oder unmittelbaren Wahlempfehlungen zugunsten andeer, propagandistischer Selbstdarstellung bei eigener Wahlenthaltung, über Wahlboyreteeee kott oder Störung von Wahlkampfaktivitäten bis hin zu Anschlägen gegen Objekte von Parteien bzw. politischen Gegnern. 'Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD): Für die MLPD kann es unter der herrschenden "Diktatur der Monopole" keine wahre Demokratie in Deutschland geben. Durchgreifende politische Veränderungen können für sie nur unter Einschluß "aller Kampfformen" - bis hin zum bewaffneten Kampf - erreicht werden. Diese Absagean demokratische Prinzipien hinderte die MLPDjedoch keineswegs, zur Bundestagswahl anzutreten Für die Wahlzulassung mit 16 "offenen" Landeslisten benötigte die MLPD bundesweit 36.774, für die Direktwahlvorschläge 8.840 Unterstützungsunterschriften. Sie wurden von Januar bis August gesammelt und fristgerecht eingereicht. Alle Wahlvorschläge 159 wurden zugelassen. Im Zusammenhang mit den Unterschriftensammlungen te die Partei formelle Anforderungen als "besondere Form der Wahlbehinderung", Zur Wahlkampffinanzierung organisierte die MLPD im Januar eine groß angel Spendenaktion. Das Zwischenergebnis bis Mitte September hatte sich mit DM 360.000,-dem vorgegebenen Spendenziel von DM 500.000,-beachtlich hert. Der auch Hamburg einschließende Landesbezirk Nord hatte davon DM 28. gesammelt. Auf der Landesliste Hamburg der MLPD kandidierten 3 Mitglieder. Die Spi datin war zugleich Direktkandidatin im Wahlkreis 13 (Altona). In Hamburg Unterschriften und Spenden zur Vorbereitung und Finanzierung der Wahlkandi hauptsächlich auf mehreren Kleinveranstaltungen, cher unscheinbaren Aktionen durch persönliches Engagement einzelner gesammelt. Die MLPD wollte mit ihrer Kandidatur u.a. die "kämpferische Opposition" gegen "Bonner Krisenpolitik" stärken und Widerstand "von unten" organisieren; jede Stimj für die MLPD bekräftige die "Selbstorganisation der Massen". In einem 12-Punkte Programm beschrieb die MLPD ihre politischeForderungen. reichte von Sofortmaßnahmen gegen Massenarbeitslosigkeit über sozial-, famili und steuerpolitische Maßnahmen bis zur Abschaffung aller Ausländergesetze, zu eingeschränktem Asylrecht und Kampf gegen Neofaschismus. Hinzukamen Wi stand gegen das "Preisdiktat der Monopole" und der Kampf für Internationalismus "echten" Sozialismus. Als einziges wahrnehmbares landesspezifisches Wahlziel derte ihre sog. "Wählerinitiative" Hamburg ein selbstverwaltetes Jugendhaus Altona, Drehund Angelpunkt des MLPD-Wahlkampfes waren ihre sog. "Wählerinitiativen', die sie als höchste Organisationsform einer "breiten" Wahlunterstützungsbewegung lobte. Unter dem Leitmotiv "Agitatorische Offensive für den echten Sozialismus" lancierte die Parteiführung unter Mitgliedern und Sympathisanten bundesweit die Gründung von 72aufdem Papier organisatorisch selbständigen und finanziell unabhängigen "Wählerinitiativen". Jede von ihnen arbeitete unter einer eigenen Losung. Die "Wählerinitiative" Hamburg hatte das Motto "Opposition von unten" gewählt. Als der"Wählerinitiative" jegliches Medienecho versagt blieb, deutete die Parteiführung das als "Zensur". Die Parteizeitung "Rote Fahne" kündigte 4 Treffen der "Wählerinitiative" Hamburg und einen "Aktionsstand" an. Das Thema der für den 08. Oktober geplanten Straßendiskussion im Stadtteil Altona lautete: "Für eine umweltgerechte Verkehrspolitik und die Schaffung und den Erhalt von Millionen Arbeitsplätzen auf Kosten der Profite!" 160 MLPD scheiterte mit bundesweit 10.254 Zweitstimmen bei 0,0 %. In Hamburg ga219 Wähler (0,0 %) der MLPD ihre Zweitstimmen. In keinem Hamburger Wahlwurden mehr als 0,0 % Zweitstimmen erreicht. Ihr höchstes Ergebnis verzeis die Partei im Stadtteil Altona mit 52 Stimmen, ihr niedrigstes in Harburg mit 22 . Die Spitzenkandidatin erzielte in ihrem Wahlkreis Altona 271 Erststimmen '%) und damit das zweitbeste Ergebnis aller Direktkandidaten bundesweit. in den anderen Bundesländern stellt sich die MLPD durchgehend als "0,0%- " dar. In Nordrhein-Westfalen erreichte sie mit 2.193 Zweitstimmen ihr höchLandesergebnis in absoluten Zahlen. Ungeachtet dessen behauptete der MLPDitzende Stefan ENGEL anschließend, die Partei habe ihre "gesellschafisveränKraft" im Wahlkampf bewiesen. Es sei ihr aber nicht darauf angekommen, tssitze zu erklimpfen, sondern einen "Schritt zur Durchbrechung der relatiIsolierung der MLPD" zu tun. n der "Deutschen KommunistischenPartei" (DKP): its zur Europawahl hatten die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und die vereinbart, zusammenzuarbeiten. DKP-Mitglieder kandidierten auf offenen Lider PDS, die DKP rief zur Wahl der PDS auf. Bundestagswahl entschied sich der Parteivorstand der DKP auf seiner 7. Tagung 18/19. Juni in Essen gegen eine Eigenkandidatur und für einen Wahlaufruf zugunder PDS bei gleichzeitiger Kandidatur von DKP-Mitgliedern auf offenen Listen PDS. Der Wahlaufruf zugunsten der PDS sollte durch "Bündelung der demokratilinken Kräfte" der PDS in den Bundestag verhelfen. 'eit kandidierten insgesamt 19 DKP-Mitglieder auf PDS-Listen. In Hamburg ein DKP-Mitglied auf Platz 4 der 10-köpfigen "PDS/Linke Liste" plaziert. DesKandidatur sollte insbesondere die Hamburger "Gewerkschaftslinke"ansprechen. ieben wurden bundesweit - zum Teil personenidentisch mit Listenkandidaten - P-Mitglieder auch als Direktkandidaten nominiert. Die DKP wollte durch ihr Wahlverhalten einer "linken Partei" zum Einzug in den Bundestag verhelfen. Als "tritische", "fortschrittliche linke Opposition" sollte diese Partei einem "linken demo'kratischen Aufbruch" den Weg zu "demokratischem Widerstand" und sozialer Gerechtigkeit ebnen. Das Motto ihres Wahlaufrufes vom 01. September lautete demgemäß: "Zeigt Kohl & Co. die Rote Karte! Wählt PDS!" mit dem Merksatz: "Lieber rote Sokken, als kalte Füße". Die DKP spekulierte intern in Hamburg ausdrücklich auch auf politikverdrossene bisherige Nichtwähler sowie auf Einflußgewinn unter Arbeitern und 'Angestellten. 161 Der weitere Forderungskatalog der DKP richtete sich u.a. gegen den "Verfalldes zialstaates", einseitige Konzentration des "Reichtums" in den alten nach dem "Anschluß der DDR" sowie die Demontage vorgeblicher DDR-" schaften". Im übrigen sprach die DKP von Ausländerhaß, Rassismus, Antisemiti und Mordbrennerei der Neonazis auf dem einstigen Territorium desbislang"einzig antifaschistischen Staates in Europa", In seinem "infodienst" Nr. 18 vom September 1994 erinnerte der DKPstand daran, daß Wahlkampf für die DKP nur eine "Durchgangsetappe" sei. Die des Kapitalismus und der Kampfdes Imperialismus um Einflußsphären seien mäßig. Es sei unmöglich, dieses "ohne revolutionäre Veränderung des Systems zu ändern". Die DKP unterstützte in Hamburg den PDS-Wahlkampf sowie ihre eigenen ten u.a. mit Veranstaltungen, Infoständen und Rednerauftritten der Parteipromi teilweise in Form gemischter DKP-/PDS-Aktivitäten. Der DKP-Bundessprecher Priemer referierte anläßlich der Auftaktveranstaltung der DKP-Wandsbek vor ca. Zuhörern. Das stellenweise von den Wohngebietsgruppen über Hausbriefkästen breitete Parteiorgan "UnsereZeit" (UZ) begleitete den Wahlkampf mit laufender richterstattung und Mobilisierungskampagnen. Am "zentralen Infostand" des Bezirks Hamburg in Altona verteilten die Betreiber unter dem Motto "Wir haben satt" am 01. Oktober Weißkohl. Im Wahlkampfwurden Stellschilder - u.a. im Hafen, und Kleinpublikationen, wie die DKP-Hafenbetriebszeitung "Xiek Ur" eingesetzt. die DKP seit 1989 ohne SED-Transferleistungen finanziell auskommen muß, ließ sk u.a. aus dem eher bescheidenen Aufwand für Wahlpropaganda ablesen. Die Schlußphase ihres Wahlkampfes verband die DKP mit einer Mitglieder'Abonnentenwerbekampagne vom O1, September - 15. Oktober, allerdings ohne kenswerten Erfolg. Keinem DKP-Mitglied gelang der Sprung in den Bundestag. Verhalten der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP): Die Plazierung eines langjährigen VSP-Spitzenfunktionärs und SOZ-Redakteurs Platz I der baden-württembergischen Landesliste der PDS führte zu dessen Einzug ia 'den Deutschen Bundestag und warf ein Schlaglicht aufden seit 1989 laufenden gruppierungsprozeß unter den revolutionären Marxisten nach der Vereinigungbei deutscher Staaten. Ein weiteres VSP-Mitglied kandidierte auf Platz 7 der PDS Landesliste Nordrhein-Westfalen. In Hamburg wurde ein VSP-Mitglied auf Platz 3 der 'offenen PDS-Landesliste nominiert und rangierte damit noch vor dem DKP-Kanddaten (Platz 4). 162 PDS-Engagement begründete die VSP u.a. damit, daß die PDS an einer Alternative "kapitalistischen Profügesellschaft" testhalte und es nicht zulasse, daß das etablierParteienspektrum einen "positiven Bezugauf die kommunistische Tradition" 'dem Gedächtnis der Gesellschaft zu löschen versuche. In Hamburg wurden öffentWahlkampfaktivitäten der VSP nicht festgestellt. Einige VSP-Ortsgruppen in anStädten des Bundesgebietes betätigten sich als PDS-Wahlinitiativen. Iten des "Bundes Westdeutscher Kommunisten" (BWK): "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) löst seine Täti; eit zunehmend in die hinein auf. Einzelne seiner Regionalorganisationen - so u.a. Hamburg - existieren its als Arbeitsgemeinschaften in der PDS. Hamburg wurden BWK-Mitglieder auf den Plätzen 8 und 9 der offenen PDS-Lanliste nominiert. Ein Listenkandidat war zugleich Direktkandidat der PDS im Wahlis 15 (Hamburg-Nord). ten Autonomer und anderer Linksextremisten zur W: jomen Gruppen kam es im Vorfeld der Bundestagswahl vorrangig darauf an, Pround Widerstand gegen rechtsextremistische Wahlkandidaturen, zugleich aber auch "das herrschende System" zu demonstrieren. Sie gehen davon aus, daß im Kapider Machterhaltungswille der "herrschenden Klasse" den Faschismus hervorsalonfähig macht und für eigene Zwecke funktionalisiert. bundesweite autonome Bündnisstruktur "Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation" (AA/BO) initiierte eine Wahlkampagne "Ergreift Partei - Wählt den "histischen Kampf". Im September meldete die "Antifa Bonn" in Erwartung von 1.000 Teilnehmern für den 15. Oktober eine Demonstration durch die Bonner Inenstadt an. Mobilisierungsflugblätter zur Bonner Demonstration tauchten in Hamburg 'drei Tage vor der Wahl auf, stießen jedoch auf kein beachtliches Interesse. Insgesamt 'demonstrierten in Bonn etwa 400 Personen. Das "Harburger Bündnis gegen Rassismus" verbreitete einige Tage vor der Wahl "Informationen zur Bundestagswahl 1994" in einer Auflage von 30.000 als Postwurfsendung in den Hamburger Stadtteilen Wilhelmsburg, Neugraben, Neuwiedenthal, Harburg und weiteren Stadtteilen, die bei der Bürgerschaftswahl im September 1993 durch hohe REPUBLIKANER-/DVU-Ergebnisse aufgefallen waren. Das Info endete mit der Behauptung, die "etablierten Parteien" seien für den "Rechtsruck" in Deutschland verantwortlich undrief dazu auf, Widerstand zu leisten. In Hamburg hatte das "Anti-Nazi-Bündnis Hamburg", das von Demokraten und Lit extremisten unterstützt wird, eine regionale Demonstration für den 15. Oktober dem Motto "Keine Stimme den Nazis" und "Geht wählen!" durch die Hamburger nenstadt angemeldet. An dem Aufmarsch nahmen knapp 40 vorwiegend jugendli Demonstranten teil. Die Initiatoren dieser Aktion wurden vom Hamburger Bür "Keinen Fußbreit den Faschisten" wegen ihres den meisten Linksextremisten zu seitigen und unabgestimmten Demonstrationstenors boykottiert, u.a. aufgrund il umstrittenen Aussage, jede Stimme für eine demokratische Partei sei eine Stimme gen Nazis. Die sich hierdurch ausgegrenzt fühlende autonome "Hochschulantifa" derte statt dessen eine Praxis, die sich"gegen den nationalen Konsens" richtensoll Verantwortliche der "herrschenden Politik" seien die Gegner und müßten an; werden. Die Hamburger "Antifa-Gruppe Eimsbüttel" initiierte für den Wahltag, den 16. ber, kurz vor Schließung der Wahllokale eine unangemeldete "Spontandemonstrat zum Hamburger Rathaus. Die Demonstration von anfänglich 65 vorwiegend Jug chen und Schülern, die sich als "Wahlboykottierer" den, fand unter dem "Parlamentarismusabschaffen" statt. Angesichts polizeilicher Präsenz wurde auf Marschrichtung zum Rathaus verzichtet und ein Weg durch die Hamburger Innen: gewählt, der zur Teilnahme an der "Antiwahlparty" im autonomen Stadtteilzen "Rote Flora" überleitete. Ein Flugblattaufruf forderte u.a. die Abschaffung der en, "denn wir können uns selbst organisieren. Wir brauchen dieses beherrscl rassistische, faschistische System nicht." Das von verschiedenen Antifa-Gruppen und anderen Linksextremisten getragene burger Bündnis "Keinen Fußbreit den Faschisten" rief für den 8. Oktober zu einer tion "Braune Tonne / Gegen neofaschistische Propagandapost" auf, mit der die aufgefordert wurden, rechtsextremistische Wahlpropaganda, insbesondere BriefHauswurfsendungen, der Altpapierverwertung zuzuführen. Die Aktion sollte an reichen über das Hamburger Stadtgebiet verteilten Punkten stattfinden. Das ge te Papier wollten die Veranstalter anschließend zu einer "antifaschistischen verarbeiten. Die Aktion hatte bereits anläßlich der Europawahl im Stadtteil Wi hude erprobt werden sollen, verlief dort jedoch "mangels Masse" (fehlende tremistische Postwurfsendungen) im Sande. Fehlende Resonanz in der Bevölke und wiederum ausbleibende rechtsextremistische Wurfsendungen (Ausnahme: melmannsberg) sorgten auch dieses Mal für leer bleibende "Braune Tonnen". Anläßlich einer CDU-Wahlkundgebung mit Bundeskanzler Kohl am 29, Septem! der Hamburger Innenstadt ordnete die Polizei ca. 300 Personen als potentielle ein. Während der Veranstaltung wurden Eier und Farbbeutel geworfen, ohnej die Bühne zu erreichen. 164 25. September verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf die CDU-Geäftsstelle in Siegburg bei Bonn. In einem Bekennerbrief hieß es, mit der Aktion solin den Wahlkampf eingegriffen werden, der "wie eh undjeh rassistisch ist." Die Be- g endete: "Ergreifen wir Partei - wählen wir die revolutionäre Perspektive". . Antifaschismus Allgemeines ein politischer Begriff wird so oft mißverstanden oder fehlgedeutet, inflationär ebraucht und vor allem manipulatorisch mißbraucht, wie der des Antifaschismus. ifaschist ist - vom einfachen Wortsinn her - jemand, der gegen den Faschismus ist. orthodox-kommunistischen Sprachgebrauch ist "Antifaschismus" mehr: Er zielt lort letztlich darauf ab, eine sozialistische Gesellschaftsordnung zu errichten. Jahrang hat die ehemalige DDR ihren "antifaschistischen" Charakter als Legitimaon ihrer eigenen Staatlichkeit betont, insbesondere dann, wenn sie in Bedrängnis geet. So wurde die Berliner Mauer als "antifaschistischer Schutzwall" bezeichnet und n.der DDR die "antifaschistische" Tradition beschworen. Orthodoxe Kommunisten in alten Bundesrepublik reflektierten das Antifaschismus-Verständnis der DDR gegen angeblich faschistoide politische Entwicklung in Westdeutschland. n zentrale bündnisbildende Kampagnen wie "Friedensbewegung, Häuser- " und"Anti-Kernkraft-Bewegung" Ende der 80-er Jahre an aktueller Relevanz hatten, konnten westdeutsche Linksextremisten angesichts des wachsenden 'xtremismus auf traditionelle "antifaschistische" Politikansätze zurückgreifen. Antifaschismus ist zur Zeit Integrationsideologie und Kampagnen-Kitt der ver:nen Strömungen des Linksextremismus im vereinten Deutschland. Brandund prengstoffanschläge, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen werdenzu "antichistischer Selbsthilfe" umdefiniert. Einzelne autonome Zusammenhänge sind beit, dabei den Tod von Rechtsextremisten billigend in Kauf zu nehmen. ismus war ein europäisches Krisensyndrom nach dem ersten Weltkrieg, Er ist fsgerechten Sinne jedoch einzig auf das ehemalige Herrschaftssystem Mussolinis ien anwendbar. Der Begriff wurde später auch auf den Nationalsozialismus und sich auf ihn beziehenden Bewegungen ausgeweitet. Typische Elemente des italiechen Faschismus waren u.a.: militanter Antibolschewismus, Antiliberalismus, hocher Patriotismus, Lenkung der Volksmassen durch suggestive Indoktrinationschinerien, elitäre nationalistische Selbstvergottung, glorifizierender Heroismus, soimperialistische Herrschaft und Zukunftsverheißung. Mussolini selbst kennzeichseine Doktrin des faschistischen Staates u.a. als Willen zu Macht und Herrschaft, Streben zur territorialen Expansion der Nation. Anders als beim deutschen Natio165 nalsozialismus fehlte dem italienischen Faschismus jedoch die ausgeprägte rassisti Komponente mit dem Ziel der Massenvernichtung. Das politische Selbstbild der deutschen Nachkriegs-"Antifa" läßt sich wie folgt sammenfassen: In einer sich im Kapitalismus ständig erneuernden neofaschisti Gefahr sieht sie sich als einzige Kraft, die das ganze Bild von Ursache und Wi form des Faschismus vermitteln kann. Sie fühlt sich als einzige effiziente Ge; gegen die drohende Wiederkehr des Nationalsozialismus. Unter allen politischen pagnenträgern sieht sich die "Antifa" als umfassend integrierende Meinungs: da der Faschismus im Prinzip die Wurzel aller bösen politischen Kräfte ist und si hinter den Masken aller nur denkbaren politischen Feindbilder verbirgt. Fest; antifaschistische Meinungsgewißheit ist auch Ausdruck selektiver Erfahrungsv" tung, von Illusionismus und Realitätsverlust. Antifaschismus wird letzlich zum S; nym für Antikapitalismus, Antikommunismus zum Synonym für Faschismus, kämpfung des Linksextremismus gleichbedeutend mit faschistischer Unrech schaft, Willkür und Unterdrückung. Bis Ende der 80-er Jahre wurden in den alten Bundesländern traditionelle antifa sche Feindbilder hauptsächlich von orthodoxen Kommunisten gepflegt und von DKP für ihre verfassungsfeindlichen Bestrebungen funktionalisiert. Als Vorfelk tur antifaschistischer Einflußgewinnung bediente sie sich der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA). Die niedergehende' 'ehemalige dogmatische "Neue Linke" (K-Gruppen) scherte nach eigenständigen Kampagnen teilweise in diese Bewegung ein, noch bevor die DKP im Sog der deutschen Einheit und angesichts logistischer Abnabelung vom ehemaligen SED-Regime von inneren Krisen erschüttert wurde. "Autonome" Gruppen nutzten die "Antifa" als eigenständige identitätsstiftende Thematik mit zum Teil militanter Ausprägung schon in den, 80-er Jahren. (r) Alte und neue "Antifa" Orthodoxe Kommunisten haben ihre Vorreiterfunktion in der "Antifa"-Bewegung spätestens seit 1989 verloren. In ihren Verlautbarungen klingen vielfach nostalgische Reflexionen vor dem Hintergrund der jüngsten deutschen Geschichte an. Die DKP bedient sich dabei ihrer Vorfeldorganisation VVN-BdA, um Antifaschismus als Tradition und Perspektive zu verteidigen. Insbesondere im Hinblick auf die Gedenkfeim zum 50. Jahrestag des Kriegsendes in Europa am 08. Mai 1995 erklärte die DKP "Antifaschismus" zu einem Schwerpunktthema. Sie hält an der Fiktion fest, daß der Nazifaschismus sich in der Bundesrepublik einer ungebrochenen Kontinuität erfreue. Ihre Kampagne zum 08. Mai 1995 soll das "antifaschistische" Geschichtsbild festigen und zugleich vom Unrechtscharakter des ehemaligen SED-Regimes ablenken. 166 EEE wie vor wird dabei versucht, ein Zusammenwirken demokratischer Kräfte in land mit Rechtsextremisten zu konstruieren. Ein führendes DKP-Mitglied, zu'h VVN-Funktionär, äußerte im Dezember in Essen, mit seiner Broschüre "Bedeuund Funktion des Antifaschismus" habe das Bundesinnenministerium 1990 die istische "Anti-Antifa" regierungsamtlich verordnet. Die Kampagne sei Zufall. Sie werde in ihrer offiziösen und staatlichen Form gebraucht, um das ital, seine Politiker und Militärs handlungsfähig zu machen. Der Bundesininister wurde als "Anti-Antifa"-Minister denunziert. Unter dem Vorwand verVorgehens gegen Rechtsextremisten würden in Wahrheit "demokratische " ihrer Rechte beraubt. Getroffen werde ausschließlich die politische Linke. Der itotalitarismus sei eine Lüge, daer Opfer und Täter gleichsetze. Er solle den Kalten fortsetzen, um im "Anti-Antifaschismus" zu münden. Dieser bedeute die Zerstödes demokratischen antifaschistischen Konsenses, der eine Errungenschaft der jung Deutschlands nach dem 08. Mai 1945 gewesen sei. Im deutschen "Antifa"-Spektrum dominieren heute Personen und Gruppenzusammenhinge, deren politisches Weltbild sich nicht in abgeschlossenen Ideologiesystemen erießt. Sie lassen sich überwiegend von "autonomen" Gruppen leiten. Autonome Antifaschismusverständnis schließt zumeist Antinationalismus, Antikapitalismus, Anirassismus, Antiimperialismus und Antisexismus ein und bietet von daher einer bunten Vielfalt linksextremistischer Gruppen und Initiativen Anknüpfungsund Integrationsmöglichkeiten. Nach wie vor verbindet sich der eigentliche "Anti-Nazi-Kampf" mit eiper radikalen, an die gesellschaftlichen Wurzeln gehenden Gegnerschaft zum "impealistischen System". In der von Autonomen bestimmten "modernen Antifa" gilt es weitgehend als legitim, zur Durchsetzung politischer Ziele auch Gewalt gegen Personen und Sachen einzusetzen oder wenigstens zu tolerieren. Militanz ist für sie als Mittel der politischen Auseinandersetzung unverzichtbar, Gewalt wird nicht wahllos, sondern zumeist gezielt und überlegt so eingesetzt, daß sie - aus der Sicht der Täter - den Mitbürgern gegenüber "vermittelbar" ist, d.h. daß die Beweggründe für Gewalttaten und deren praktische Auswirkungen von der Öffentlichkeit bis zu einem gewissen Grad noch akzeptiert werden könnten. Autonomen Antifaschismus, "direkte Aktionen" und Militanz gegen Rechtsextremisten gibt es seit den 80-er Jahren. Sie war eine von vielen Kampagnen, die dem autonomen Politikverständnis entsprangen und mit unterschiedlicher Intensität betreiben wurden. kämpfung mit offener oder klammheimlicher Sympathie toleriert. Das Feindbild klärt sich quasi aus sich selbst heraus undbedarfkeiner großen Begründungen. Auf' Wellen rechtsextremistischer fremdenfeindlicher Gewalt der Jahre 1991-92 reagis die Autonomen mit Zeitverzögerung. "Antifaschistisch" motivierte Straßenmilitanz - z.B. bei Demonstrationen und gebungen - hat in letzter Zeit abgenommen. Militante "Antifas" mußten in den Jahren erfahren, daß starke Polizeiaufgebote Ausschreitungen kaum zuließen oder: zu zahlreichen Festnahmen führten. Autonome "Antifas" üben Militanz gegenwärtig weniger bei angemeldeten Kundgebungen und Demonstrationen, sondern im "spontaner" Aktionen konspirativer Kleinstgruppen zu Zeiten und an Orten aus, sie sich vor polizeilichen Zugriffen sicher glauben. Den zumeist tonangebenden autonomen "Antifas" gelingt es immer wieder, Tr sten, orthodoxe Kommunisten, Marxisten-Leninisten der ehemaligen dogmati: "Neuen Linken" und auch nicht-extremistische Personen und Organisationen in Aktionskonzepte oder wenigstens in ihr Propagandaschema einzubinden. Die herausgehobene Bedeutung des "Antifa"-Themas in Hamburg erklärt sich u.a. damit, daß führende Rechtsextremisten hier oder im hamburgischen Umland Dazu gehören der bundesweit bekannte Anwalt und Verteidiger von Rechtsext sten, Jürgen RIEGER, der Ideengeber der verbotenen Hamburger neonazisti "Nationalen Liste" (NL), Christian WORCH, der Ex-NL-Vorsitzende WULFF und der ehemalige Funktionär der verbotenen neonazistischen "Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands" (FAP), Andre GOERTZ. "Autonome" Antifaschisten haben in der Vergangenheit wiederholt versucht, ihre viel fältigen dezentralen - oftmals für sich genommen unscheinbarenAnsätzeregional 'oder auch bundesweit kooperativ oder integrativ zusammenzufassen, um nach außen, insbesondere gegen Rechtsextremisten, wirken zu können. Bündni: oder organisatorische Vernetzungen waren zumeist jedoch unbeständig und scheit an inneren Widersprüchen sowie zu unverbindlicher innerer Verfaßtheit. Die seit 1992 neuerlichen Bestrebungen in diese Richtung haben sich 1994 gegenüber früheren Versuchen als - relativ - stabil erwiesen. Auf verschiedenen Ebenen und Schienen waren regionale und überregionale antifaschistische Zusammenhänge und Organisierungen zu beobachten. Sie haben sich u.a. unter folgenden Bezeichnungen strukturiert: (r)_ "Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation" (AA/BO) * "BITreffen" *_ "Edelweißpiraten" (EPls) * "Antifaschistische Jugend / Bundesweiter Zusammenschluß (AJ/BZ) * "Initiative zum Aufbau einer bundesweiten revolutionären Organisierung" 168 | '(r) Antifaschistische Strukturen Seit Sommer 1992 bemühen sich Antifa-Gruppen um eine bundesweite Organisierung. Erstmalig trafen sie sich am 25.07.1992 in Wuppertal. Ende Mai 1993 wurde die "Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation" (AA/BO) auf einem Kongreß in Göttingen gegründet. Die AA/BO wird von der "Autonomen Antifa (M)" aus Göttingen dominiert. Weitere einflußreiche Organisationen in der AA/BO sind u.a. die Gruppe "F.e.l.S." ("Für eine linke Strömung') und die "Antifa Bonn/Rhein-Sieg". Die AABO hat ihren Ursprung u.a. in der 1982/83 gegründeten und 1987/88 zerfallenen "Norddeutschen Antifa-Koordination". Langfristig hat sich die AA/BO das Ziel gesetzt, bundesweit ein breites antifaschist schen Bündnis zu installieren und zu einer starken, eigenständig operierenden po| schen Kraft weiterzuentwickeln. Über werbewirksame Öffentlichkeitsarbeit will sie sich auch anderen, der AA/BO noch kritisch gegenüberstehenden Gruppen, aufschlieBen und breiter verankern. Über die Antifa-Arbeit hinaus greift die AA/BO auch das "Antiimperialismus"-Thema auf. Um sich innerlich zu festigen und nach außen schlagkräftig auftreten zu können, will die AA/BO kurzfri re interne Kommunikation verbessern, alle Beteiligten straffer und verpflichtender in ihre Aktionen einbinden. Die regionalen Unterstützergruppen agieren an ihren Herkunfisorten allerdings weiterhin eigenverantwortlich, mithin "autonom". Auf den bundesweiten AA/BO-Treffen bestimmen die Delegierten der einzelnen regionalen AA/BO-Gruppen über Kampagnen-Initiativen und tauschen Informationen aus. Auch eine intensivere Gruppenvernetzung und der Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur sind wichtige Beratungsund Beschlußthemen. Ihr politisches Grundverständnis faßte die AA/BO im September 1993 in der Broschüre "EinSatz" zusammen. Zentraler Gedanke aller Überlegungen der AA/BO ist der EUSAMTER Wille, sich als eine "gesellschaftsrelevante" Kraft zu etablieren. Nach eigenem Bekunden müsse dazu das "Autonome Ghetto" verlassen und Bündnispolitik betrieben werden. Die praktische Arbeit soll sich aus kontinuierlicher theoretischer Vorarbeit - ua. Schulungen - entwickeln. Theorie und politische Praxis soll Außenstehenden durch Öffentlichkeitsarbeit vermittelt werden. Die AA/BO gibt unregelmäßig Publikationen heraus, die u.a. über rechtsextremistische Aktivitäten aufklären sollen, zuletzt die Broschüre "Kampfder FAP". Die AA/BO propagiert und praktiziert sog. "antifaschistische Selbsthilfe". Darunter sind militante Aktionen gegen vermeintliche oder tatsächliche Rechtsextremisten sowie Störaktionen z.B. gegen rechtsextremistische Kundgebungen und Veranstaltungen zu verstehen. men Männer Antifa", als Trägergruppen in der AA/BO vertreten; später zogen si einige - u.a. Hamburg - wieder zurück, weil die AA/BO einen von ihnen nicht tierten höheren Grad an Organisierung und Verbindlichkeit auf Kosten gruppens; scher Autonomie ansteuerte. Diesbezügliche Kritik erheben auch andere noch stehende Autonome. Sie bemängeln an der AA/BO auch deren noch unentwi Praxis, hierarchische - und damit autonomer Befindlichkeit abträgliche - martialisches Auftreten, "Zffekthascherei" bei Aktionen, dominantes Verhalten Bündnissen und einen von gemäßigteren Kräften als vereinnahmend em; "antiimperialistischen" Politikansatz. In Abgrenzung zur AA/BO - in der Szene ironisch auch als "3 Null" persifliert - hat sich ein weiteres bundesweites Vernetzungstreffen verfestigt, das sich aus dieser heraus als "3 /-Treffen" bezeichnet. Beim "B /-Treffen"steht eine weniger integrative Vernetzung beteiligter Antifa-Gruppen im Vordergrund. Verbindliche Organisati strukturen wie bei der AA/BO spielen hier vorerst keine Rolle, werden jedoch in unbestimmter Zukunft nicht generell ausgeschlossen. Der "3 /"-Strömung kommt es darauf an, Antifa-Aktionen besser zu koordinieren und zu organisieren. Sie will vorerst weniger die integrative, sondern mehr informelle und kommunikative Vernetzung der 'Gruppen untereinander vorantreiben. Die Hamburger "Autonome Männer Antifa" engagierte sich neben weiteren aus der AA/BO ausgetretenen Gruppen anschließend beim "3 /-Treffen", das mehrere stark besuchte bundesweite Zusammenkünfte organisierte. Das "3 /-Treffen" verfügt bisher über keine ihr Namensprovisorium ablegende Betitelung, noch über fundierte weiterführende Konzepte. Im "B /-Treffen" gibt es keine herausgehobene Funktionsebene. Die Hauptarbeit leisten diverse Arbeitsgruppen. Bereits seit einiger Zeit existiert die bundesweite, dem autonomen Spektrum zuzurechnende Bewegung der sogenannten "Edelweißpiraten" (EPIs). 1993 machten die, EPis vor allem durch ihre Kampagne "Stoppt Nazi-Zeitungen" auf sich aufmerksam. Mit demonstrativen Aktionen gegen Zeitungskioske sollte erreicht werden, daß dort' keine rechtsgerichteten Zeitungen mehr verkauft werden. Die 3-stufige, z.T. militant betriebene Kampagne richtete sich zumeist gegen die Verbreitung der DVU-Publikationen "Deutsche Nationalzeitung", "Deutsche Wochenzeitung" und vor allem gegen die rechts-intellektuelle "Junge Freiheit" (JF). Zunächst recherchierten Antifas JFVerkaufsstellen. Sodann forderten sie die Kioskbetreiber auf, die inkriminierten Zeitungen aus dem Sortiment zu nehmen. Widrigenfalls wurden Demonstrationen, Flugblattverteilungen und Blockaden angedroht oder durchgeführt, die aber zumeist friedlich verliefen. Die EPIs organisieren sich in etwa 40 "Stämmen", Sie wollen insbesondere "JungAntifas" ansprechen. Seit Dezember verbreiten sie eine "aktuelle Antifa-Doku" mit itel "Was geht ab?". In Hamburg existiert ein Stamm unter der Bezeichnung Antifa/EPls Hamburg", der jedoch im Laufe des Jahres keine nach außen aufigen Aktivitäten entwickelte. Die EPls geben unregelmäßig das beim Berliner EPIhergestellte "AntifaJugendinfo" in Auflagen bis zu mehreren Tausend heraus. Hamburg griffen die "Antifa-Hochschulgruppe" und die von der trotzkistischen isation "Voran zur sozialistischen Demokratie e.V." gesteuerte Gruppe "Jugend 'Rassismus in Europa" (JRE) das Anliegen der EPis in mehreren Aktionen gegen 'Bahnhofskioske auf. Besonders nahm die Antifa-Szene die Zeitung "JungeFreiheit" (JF) ins Visier. Sie beklagte die von der JF ausgehenden intellektuellen und moralischen Rechtfertigungen für ausländerfeindliche Übergriffe und beschränkte sich daher nicht auf demonstrative Proteste: Ein Überfall und ein Brandanschlagauf eine JF-Druckerei in Weimar sollten 'die Öffentlichkeit offensichtlich in drastischer Form darauf aufmerksam machen. So 'drangen am 04. Oktober zwei Maskierte in Weimar in die Räume der "UnionDruckerei" ein und entwendeten eine JF-Abonnentenkartei mit etwa 8.000 Adressen. Des Überfalls bezichtigten sich "berliner antifaschistInnen". Am 04. Dezember legten 'unbekannte Täter in der Druckerei Brandsätze und hinterließen Sachschäden in Milliosenhöhe. Am gleichen Tage wurden in Berlin Lieferfahrzeuge von Firmen, die u.a. die JF vertreiben, in Brand gesteckt bzw. beschädigt. Die Täter bezeichneten sich in einer Bekennung zu beiden Vorfällen als "revolutionäre Lesbenfrauen und andere revoluionäre Gruppen". Die "Antifaschistische Jugend / Bundesweiter Zusammenschluß" (AVBZ) wurde im November 1993 auf einem bundesweiten Treffen in dem unter Regie von "Autonomen" betriebenen Hamburger Altemnativprojekt "Rote Flora" gegründet. Der AY/BZ 'gehören 15 bundesdeutsche Antifa-Gruppen an, u.a. auch die "Antifa Jugendfront Hamburg". Im Herbst 1994 gab die AVBZ zur Bundestagswahl ihre erste Veröffentli'chung, die Broschüre "Wählt den antifaschistischen Kampf!", heraus. Sie ist über die "Antifa Jugendfront Hamburg" zu beziehen. Zur Bundestagswahl fand am 15. Oktober in Berlin eine Demonstration unter starker AJ/BZ-Beteiligung mit dem Tenor "Wählt den antifaschistischen Kampf!" statt. Die AJ/BZ profitiert von der erhöhten moralischen Anziehungskraft des "Antifa"Themas auf Jugendliche. Die von Deutschen begangenen grauenhaften Verbrechen während der Nazidiktatur steigern die Empörung über rechtsextremistische, antisemitische und ausländerfeindliche Propaganda und Straftaten. Jugendliche können somit für linksextremistische "Antifas" leichter als andere angesprochen und rekrutiert werden. Weiterführende Politisierungen können in ein allgemein linksextremistisches Engagement übergehen. Dem Hamburger autonomen "Antifa"-Spektrum wird ein Kern von etwa 150 Pe in zahlreichen Kleingruppen zugerechnet. Sie unterscheiden sich zum Teil nach Altersgruppen, Größe, Kontinuität, Zielsetzung, Praxis und örtlicher Vi rung. Szeneschwerpunkt sind die Stadtteile Ottensen/Altona, St. Pauli, Karoli tel, Schanzenviertel. Neben etwa 25 Stadtteil-Antifa-Gruppen haben sich F Antifas in sog. "Fantifas" organisiert. Ihre traditionellen Stadtteilschwerpunkte bezeichneten Autonome in der Vergangenh: als "unsere Viertel", weil sie dort wohnten, dort ihre politischen Aktivitäten entwis ten und teilweise dort auch arbeiteten. In den letzten Jahrenist jedoch eine Reihe wiegend jugendlicher Autonomer nachgewachsen, die wohnsitzmäßig in den A bezirken Hamburgs und in der außerhamburgischen Peripherie angesiedelt ist. Hi durch haben sich örtliche Schwerpunkte graduell verlagert. Unter den autonomen fagruppen ist dieser Trend schon aus einigen Gruppenbezeichnungen ablesbar. N: wie "Vorstadt-Antifa", "Antifa-Walddörfer" oder "Nordkoordination" beinhalten bereits klare Aussagen darüber, daß ihre Anhänger nicht im Stadtkern angesiedelt sind. und zum Teil ins Umland übergreifen. Gleichwohl sinddas, Karo-Viertel" und andere Innenstadtbereiche auch für sie bevorzugte Anlaufstellen und Mittelpunkte ihrer politi" schen sowie szenekulturellen Betätigung. Anlaufobjekte sind z.B. die "Rote Flora" und das "Libertäre Zentrum" (LIZ) Dadurch, daß sich ehemalige autonome Wohngegendschwerpunkte um die Stadtränder ergänzt haben, verlaufen auch Mobilisierungen sowie Anund Abreisen zu gemeinsamen Aktionen in veränderten, unübersichtlicher gewordenen Bahnen. Zu den Personen' "im Viertel", die Versammlungsorte aus ihren Wohnungen heraus in wenigen Gehmi" nuten erreichen, stoßen inzwischen vorwiegend Minderjährige, die aus allen Himmelsrichtungen und über größere Entfernungen vonden "auswärtigen" Elternhäusern her mit öffentlichen Verkehrsmitteln "in die Viertel hineinfahren". Unter den älteren Autonomen wird dieser über Antifa-Themen gewonnene Zuwachs zwiespältig gesehen: einerseits wird zwar die zahlenmäßige Verstärkung begrüßt, andererseits werden jedoch Theoriearmut undzu "spontihafte" Unberechenbarkeiten der: Hinzugekommenen beklagt. Besonders deutlich wurde dieser Aspekt in der Nacht vom 01./02. Dezember, als ein Teil der in gewachsenen autonomen Strukturen des Szeneviertels verankerten "Alten" vom Ausmaß der Militanz und Planlosigkeit der "Jungen" überrascht wurde ((r) siehe Kapitel: 5.3.3. Autonome/Anarchistische Szene - Protest und Widerstand gegen Stadtteilentwicklung). Die "Gruppe Revolutionärer Linker" (GRL) setzt ihre Schwerpunkte - neben Antifaschismus - auch auf Antisexismus, Antirassismus und Sozialismus. Sie will eine "Perspektive für radikale Veränderungen" schaffen. Die GRL betei sich an der von der linksextremistischen Berliner Gruppe "Für eine linke Strömung" (F.e.\.S.) initiierten und 1994 auseinandergebrochenen "Jnitiative zum Aufbau einer bundesweiten 172 tionären Organisierung". Die GRL arbeitet auch in der hamburgweiten, vor der iftswahl 1993 entstandenen, Koordinierungsund Bündnisstruktur "Keinen it den Faschisten" mit. In ihr sind auch orthodoxe Kommunisten, Trotzkisten andere revolutionäre Marxisten vertreten. Vorläufer waren seit den 80-er Jahren "Antifa-Hamburg", die "Antifaschistische Aktion Hamburg" und das "AntifaHamburg". der "Anarchistischen Gruppe/Rätekommunisten" (AG/R) betätigen sich vorwiegend aus dem Schulund Hochschulbereich. Sie wollen das bestehende Gesellzerschlagen und eine anarchistische Rätedemokratie errichten. Bis 1990 'nannten sie sich "Gruppe Junger Anarchisten" (GJA). Auch die AG/R arbeitet im Bündnis "Keinen Fußbreit den Faschisten" und in den Redaktionen der u.a. BKWbeeinflußten "Lokalberichte" und "Antifaschistischen Nachrichten" mit. Die Hamburger "Antifa-Hochschulgruppe" (HSG) ist ein seit 1989 bestehender Zu'sammenschluß u.a. von Autonomen, anderen Linksextremisten und Nicht-Extremisten aus dem Hochschulbereich. Die HSG sieht ihre Hauptaufgabe darin, tatsächliche oder vermeintliche rechtsextreme Bestrebungen an den Hamburger Hochschulen zu enthülken und zu bekämpfen. Sie initiierte die Verleihung des "Braunen Punktes" an vermeintliche "rechte" Professoren und Lehrbeauftragte an der Universität bzw. Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) und arbeitet im Bündnis "Keinen Fußbreit den Faschisten" mit. In der 1989 gegründeten Hamburger "Antifa Jugendfront" (AJF) - Mitglied der "Antifaschistischen Jugend / Bundesweite Zusammenschluß (AYBZ). sind überwiegend Schüler, Studenten und andere Jugendliche organisiert. Da sie aktionistisch und praxisorientiert veranlagt sind, tauchen sie auf fast allen Antifa-Demonstrationen auf. Die Hamburger AJF gibt ein "Antifa-Jugendinfo" in einer Auflage bis zu 5.000 heraus. Der Hamburger "Autonomen Männer Antifa" - Mitwirkende im bundesweiten "B /- Treffen" - gehören linksextremistische Autonome an. Sie waren an der bundesweiten Vorbereitung von Gegenaktionen zur rechtsextremistischen "Rudolf-Hess-Aktionswoche" beteiligt. Schwerpunkte sind Antifaschimus und Antisexismus. Das "Harburger Bündnis gegen Rassismus" ist eine antifaschistisch ausgerichtete Stadtteil-Initiative. Im Gegensatz zu anderen Antifa-Stadtteilgruppen engagieren sich in ihm überwiegend Nicht-Autonome. Der Hamburger "Arbeitskreis gegen faschistische Zentren" veranstaltete Aktionen ge'gen vermeintliche oder tatsächliche Rechtsextremisten. 173 Nach dem Möllner Brandanschlag im Herbst 1992 waren in Hamburg zahlreiche Stadtteil-Antifa-Gruppen entstanden, die sich mit Gruppen aus Schleswigbzw. dem nördlichen Hamburger Umland in der "Antifa Koordination H Nord" trafen. Diese regionale Kooperationsstruktur war das Jahr über inaktiv . Die linksextremistischen Gruppen "Antifa Walddörfer" und die "Infogruppe burg" schreiben regelmäßig Texte für das "Antifa"-Brett der von eher bürgerli linksliberalen Nicht-Extremisten benutzten bundesweiten Mailbox-Einri "COMLINK"-Netz. Der ebenfalls bundesweite und von "Antifas" mitbenutzte box-Verbund "Spinnennetz" ist dagegen eindeutig linksextremistisch geprägt. burger Linksextremisten bedienen sich auch örtlicher Mailboxen, die sich "Krabat", "CL-HH" und "Bingo" nennen. Linksextremisten haben sich damit ebenso wie Rechtsextremisten (9 siehe Rechtsextremismus: "Strategien, Konzepte,Praktiken") die Vorteile der elektronischen Kommunikation und Vernetzung angeeignet, forci ihren Ausbau und setzen sie gegen Rechte ein. Auch Linksextremisten/Antifas arbeiten. zum Teil mit verschlüsselten Texten (u.a. mit Hilfe von E-Mail). Die Gegnerschaft von Linksund Rechtsextremisten, die sich als "Antifa" und "Anti-Antifa" mit zum Teil prinzipiell gleichen Methoden bekämpfen, spiegelt sich in der beiderseitigen elek" tronischen Vernetzung besonders anschaulich wider. (r) Antifa-Aktivitäten Der für Rechtsextremisten - neben Wahlen - wichtigste Anlaß des Jahres, die "Rudolf HESS-Aktionswoche" im August, war zugleich wichtigster Anknüpfungspunkt der "Antifa"-Bewegung. Auf mehreren bundesweiten Vorbereitungstreffen seit dem FrühJahr wurden Gegenaktionen geplant. Zunächst angedachte zentrale Gegenaktionen erübrigten sich, weil die rechtsextremistische Szene wegen staatlicher Verbote selbst überhaupt nicht zentral aufmarschieren konnte. Abgesehen von daher dezentralen demonstrativen Aktionen sollten Rechtsextremisten bereits an ihren Heimatorten blokkiert, gestört und an der Abfahrt zu etwaigen Sammelpunkten gehindert werden. In zahlreichen deutschen Städten, in Norddeutschland u.a. Berlin, Bremen,Wernigerode, Hannover, Northeim, fanden um den 17. August herum dementsprechend Gegenkundgebungen und Protestdemonstrationen gegen die rechtsextremistischen"HESS"-Verehrerer statt. In Hamburg demonstrierten etwa 500 Personen aus Hamburg nebst Umland - darunter zahlreiche Jugendliche - im Stadtteil Blankenese vor dem Wohnhaus des "prominenten" rechtsextremistischen Rechtsanwaltes Jürgen RIEGER. Sie zogen zwischen Eröffnungsund Schlußkundgebungen am S-Bahnhof unter Polizeibegleitung durch. den Staddteil. Da die Polizei das Haus des Anwaltes abgesperrt hatte, fand die Zwischenkundgebung in einer Nebenstraße statt. Während der Aktion wurden Knallkörper 'gezündet, Parolen skandiert, Wände besprüht und Flugblätter verteilt. RIEGERs Woh174 wurde von etwa zwei Dutzend Rechtsextremisten, überwiegend Neonazis, bedarunter die damaligen NL-Vorsitzenden Christian WORCH und Thomas 'FF. Die Polizei verhinderte vorbeugend eine gewaltsame Konfrontation, so daß 'Aktion insgesamt friedlich verlief. /om Januar bis Juni hatten sich vor dem Amtsgericht Pinneberg sechs türkische An'te zu verantworten, die im Dezember 1992 in Gewalttätigkeiten mit Neonazis lich einer Demonstration gegen die neonazistische FAPin Halstenbek (Schleswig-Holstein) verwickelt waren. Hamburger "Antifas" beteiligten sich vor dem Geficht und im Verhandlungssaal an mehreren Soldiaritätsaktionen für die Angeklagten und an Protesten gegen die von ihnen laut Anklage gewaltsam angegriffenen Neonazis und deren Rechtsbeistand Jürgen RIEGER. Im Januar wurde wegen befürchteter Ausschreitungen von Neonazis, Skinheads und Hooligans das für den 20. April - HITLERS Geburtstag - in Hamburg angesetzte Fußball-Länderspiel Deutschland/England abgesagt. Hamburger "Antifas" feierten die 'Absage als einen Erfolg. In Berlin, wohin das Spiel verlegt werden sollte, kam es zu "Antifa"-Protesten. Am 20. März zerschlugen Autonome eine Fensterscheibe am Gebäude des Berliner Fußballverbandes, warfen Buttersäure und hinterließen mit Farbspray die Parole "Kein Länderspiel" an der Hausfassade. 'An den Vorbereitungen zu einer Berliner Protestaktion am 20. April gegen das Länderspiel beteiligte sich auch das am Jahresanfang zur Koordinierung von "Antifa"-Solidarität und zur Selbstverteidigung gegründete - von vorwiegend jugendlichen türkischen Linksextremisten beeinflußte - "Antifa Genclik Komitee Hamburg". Da das Fußballspiel später ganz abgesagt wurde, mußte der Demonstrationstenor "Kein Länderspiel am 20.04." umgewidmet werden. Er richtete sich jetzt gegen Rassismus und auf die Freilassung von "Antifaschisten", die in Berlin angeklagt waren, 1992 den Funktionär der rechtsextremistischen "DeutschenLigafür Volk und Heimat" (DLVH), KAINDL, überfallen und erstochen zu haben. Die Fälle der angeklagten Türken, die der Berliner "Antifa Genclik" (d.h. "Antifa-Jugend") angehören, hatten unter deutschen autonomen "Antifas" eine tiefgreifende Debatte über die Verhältnismäßigkeit antifaschistischer Militanz und Gewalt ausgelöst. Die Mehrheit distanzierte sich von Tötungsdelikten; politischer Mord sei "derzeit" abzulehnen, allerdings müsse jeder selbst für sich entscheiden, ob er Tötungsakte für gerechtfertigt halte. Eine Aktion müsse nachvollziehbar und vermittelbar bleiben, wenn sie in der Bevölkerungauf Zustimmung und Unterstützung stoßen solle. Der Grad von Militanz müsse daher jeweils genau überlegt werden. In Berlin demonstrierten unter Hamburger Beteiligung am 21. Mai etwa 1.700 Personen gegen den bevorstehenden Prozeß und die "Ariminalisierung des Antifaschismus". Dabei wurden Parolen geschmiert, Steine geworfen und Signalmunition abgeschossen. 175 In Hamburg zogen zum Beginn dieses Berliner "KAINDL-Prozesses" am 19. tember etwa 90 überwiegend jugendliche und vermummte "Antifas" durch das Schi zenviertel. Sie hinterließen erhebliche Sachschäden. Im Szeneblatt "/nterim" Nr. werteten sie anschließend Farbsprayaktionen gegen Banken, Angriffe auf eine Vi thek und eine Spielhalle sowie die "Entglasung" von 32 Fenstern eines großen Aut marktes als Erfolg und Ansporn. Von den Berliner Angeklagten wurden drei zu Freiheitsstrafen von je 3 Jahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge in einem minder schweren Fall verurteilt. Gegen eine Kurdin sowie einen Deutschen wurden zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen verhängt. Ein Angeklagter wurde für schuldunfähig befunden und psychiatrischer Behandlung unterstellt. Nach einem als Haupttäter Verdächtigten wird noch gefahndet. Mehrere Hamburger Antifa-Aktionen richteten sich gegen die neonazistische Hamburger (NL) und die FAP. Etwa 1.000 Personen demonstrierten am 15. April u.a. mit Verkehrsblockaden gegen das Hamburger "Nationale Infotelefon" der FAP. Nur ein Polizeieinsatz konnte am 22. März Auseinandersetzungen zwischen Rechtsund Linksextremisten anläßlich einer Bürgerveranstaltung zum Thema "Radikalismus" in Halstenbek - damals Sitz der FAP-Bundesgeschäftsstelle - verhindern. Am 07. März fand ein Halstenbeker FAP-Funktionär Brandsätze an seinem Pkw. Zu diesem versuchten Anschlag bekannten sich autonome "Antifas", ohne sich anhand einer sonst üblichen Gruppenbezeichnung näher erkennen zu geben. In Tostedt bei Hamburg beteiligten sich am 16. April zahlreiche Hamburger "Antifas" an einer Demonstration von etwa 250 Personen gegen Aktivitäten der dortigen FAP. Die FAP und ihre Bundesgeschäftsstelle in Halstenbek waren im Laufe des Jahres wiederholt Ziel von jeweils 30 - 100 zum Teil Hamburger "Antifas". Hamburger "Antifas" demonstrierten am 04. Juni in Northeim/Niedersachsen zusammen mit insgesamt 2.000 Personen - davon etwa 750 Vermummten - gegen die dortige FAP. Die Polizei verhinderte eine direkte gewaltsame Konfrontation mit Rechtsextremisten. Mehrere andere demonstrative Proteste Hamburger Antifas richteten sich gegen die NL, die DVU, REPUBLIKANER, den "Bund Freier Bürger" (BFB) und gegen rechtsextremistisch beeinflußte Hamburger Burschenschaften. Der BFB hatte am 30. Mai eine Europawahlkundgebung u.a. mit dem Vorsitzenden der rechtspopulistischen österreichischen FPÖ, Jörg HAIDER, in Hamburg durchgeführt. Aus den Reihen von etwa 250 Gegendemonstranten flogen Eier und Farbbeutel. Etwa 150 von ihnen zogen anschließend vor eine Polizeiwache, um die Freilassung 13 festgenommener Personen zu erreichen und die Polizei als Handlanger von Rechtsextremisten darzustellen. Rund 200 ausländische und deutsche Linksextremisten demonstrierten im Mai in Hamburg-Bergedorf gegen die türkischen rechtsextremistischen "Grauen Wölfe". Hambur176 und andere norddeutsche "Antifas" beteiligten sich am 15. Oktober auch an Prote'der dänischen Bevölkerung gegen den Aufenthalt deutscher Rechtsextremisten in jemark. 20 bewaffnete und vermummte "Antifas" verhinderten im Stadtteil Harburg am Dezember das Treffen einer Schülerburschenschaft und bedrohten die Teilnehmer. i Täter wurden festgenommen. . Linksextremistische "Solidarität" mit Ausländern und Asylbewerbern Solidarität mit den Menschen in und aus der Dritten Welt, dem "Trikont", war in letzten 25 Jahren stets Anliegen aller Linksextremisten. Sie gehen davon aus, daß weltweite Gefälle der Lebensbedingungen und die unterschiedliche Entwicklung Völker und Staaten einzig und allein auf eine 500-jährige "kapitalistische/koloniache Ausbeutungsund Herrschaftssicherungsstrategie" der "imperialistischen" lächte zurückzuführen ist. Die wirtschaftliche und politische Degradierung und Nieng der Völkerder Dritten Welt in Kolonien mit zunächst militärischen Mitteln bis heute aus der Position sich daraus ableitender finanzieller und technologiÜberlegenheit rücksichtslos fortgesetzt. i bzw. Asylbewerber, die in Deutschland Arbeit, Schutz vor Hunger, Krieg ndpolitischer Verfolgung suchen, sind vielfach nach linksextremistischem Verständnis Opfer der ausbeutungsbedingten Verelendung in ihren Heimatländern oder der potischen "Vasallen" des Imperialismus, die in den Herkunftsländern als Werkzeug kapialistischen Hegemonialsstrebens fungieren bzw. für Bürgerkriege verantwortlich sind. Ihre Unterstützung gilt somit den Opfern des eigenen Hauptfeindes, des hier herrschenden" politischen "Systems ". Flüchtlingsarbeit wird daher nicht nur rein humnitär, sondern von Linksextremisten zumindest ebenso als Teil des politischen Kampfes gegen die herrschende staatliche Macht verstanden. Die Unterstützung hier lebender Ausländer, Fremder und Asylbewerber macht keine Unterschiede zwischen Herkunftsländern, Gründen und Motiven der Immigration bzw. 'des Aufenthaltes in Deutschland. Wer deutschen Boden erreicht hat - legal oder illegal "soll auch hierbleiben. So prangerten am 27. Mai etwa 100 Personen aus unterschiedlichen Gruppierungen des autonomen Spektrums die tägliche Abschiebung "in alle Welt" während einer Kundgebung vor dem Hamburger Flughafen an. Daneben wurde aberauch zu konkreten Einzelanlässen, so am 24. September u.a. von 60 Personen der autonomen Szene gegen die mögliche Abschiebung von Asylbewerbern aus Togo, öffentlich in der Hamburger Innenstadt protestiert. In der Flüchtlingssolidarität kooperie sen zum Teil linksextremistische Gruppierungen mit kirchlichen oder sozialen Init 177 ven und Einzelpersonen, so daß sich humanitär-karitative Motivationen und extremistische Stoßrichtungen überschneiden können. Zumeist kurzlebige, eher unverbindliche, an kurzfristigen Aktualitäten Bündnisse bzw. Aktionseinheiten agieren unter häufig wechselnden Dieses kann pauschal zB. ein "Plenum für offene Grenzen" sein, sich aber bestimmte Betroffenenkategorien, z.B. "Unterstützer der. . ." beziehen. Ist der onszweck erreicht oder propagandistisch erschöpft, löst sich der Aktion: hang auf oder suspendiert sich, um zu einem ähnlichen Anlaß in gleicher oder cher Zusammensetzung wieder aufzuleben. In Hamburg sind die "Freunde des 'schen Volkes" hingegen ein beständiger Kreis. Mit der von April bis etwa September dauernden Kampagne "Legalisiert sie" in Hamburg mehrere Gruppen, u.a. das Bündnis "Keinen Fußbreit den Faschis Unterstützung für Asylanten und gegen das Abschiebeverfahren mobilisieren. Praxisansatz erregte bundesweites Aufsehen und viel Widerspruch. Es meldeten Kritiker, die Kampagne würde quasi zwei Klassen von Asylbewerbern konstrui die "/llegalen" würden unterstützt, die "Legalen" ausgespart. Der Grundsatz "Bl recht für Alle" würde damit aufgegeben werden. Die Kampagne fand daher keine terstützung und versandete. Einigkeit besteht unter Linksextremisten hingegen in der Ablehnung sog. "Abs knäste", Abschiebehaft soll verhindern, daß abgelehnte Asylbewerber vor ihrer führung untertauchen. Die Ablehnung unberechtigter Asylbegehren stellen Li misten als Abschaffung des Asylrechts dar. Seit dem 15. Februar unterhält die Hamburger Justizbehörde die Abschiebe-Hat "Glasmoor" bei Norderstedt (Schleswig-Holstein). Bereits vor der ersten Zuweisung von Häftlingen verhinderte Polizei am 30. Januar, daß Autonome das Gellinde besetzten. Das Jahr über war die Haftanstalt immer wieder Zielobjekt für Aktionen (> siehe Kap! "Linksextremistisch motivierte Straftaten"). Solidaritätsbekundungen steigerten sich, nachdem sich am 06. November einige Insassen geweigert hatten, in ihre Zellen zurückzukehren. Seit dieser Zeit veranstalten "antirassistische" Gruppen unter der Aktionsbezeichnung "M. ACHT die Tür auf" - bei allerdings nur geringer Resonanz - regelmäßig "Sonntagsspaziergänge" zur Haftanstalt. Etwa 200 Personen demonstrierten am 03. Dezember in der Nähe der Haftanstalt für die Forderung "Keine Abschiebehaftanstalt in Norderstedt und anderswo - offene Grenzen und Bleiberecht für Alle !" In der Nacht vom 08./09. November steckten unbekannte Täter im Stadtteil Schnelsen das Firmenfahrzeug eines Bewachungsunternehmens in Brand, das an der Haftanstalt "Glasmoor" eingesetzt war. In einem Bekennerschreiben prangerten die Täter das "Abschiebesystem der BRD" an und riefen auf: "Den rassistischen Grundkonsens bre'chen / Rassismus auf allen Ebenen bekämpfen / Bleiberecht für alle / Grenzen auf." 178 'Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit verzahnt sich teilweise mit der "Antifa"- . Rechtsextremistische Fremdenfeindlichkeit und staatliche Maßnahmen auf Gebiet des Ausländerund Asylbewerberrechts sind für Linksextremisten dabei "zwei Seiten einer Medaille". Auch die Ursachen der Kurdenproblematik stellen für Linksextremisten relativ einfach dar: Der Befreiungskampf des unterdrückten Volkes vollzieht sich in einer Einflußund Interessenzone des NATOtes. Die NATO-Staaten übersehen deshalb "großzügig" die Repression der Regierung gegen das kurdische Volk. Die Bundesrepublik ist NATOund daher unmittelbar mitverantwortlich. dem Verbot der linksextremistischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Ende durch den Bundesinnenminister wurde die PKK intensiver als vorher von deutLinksextremisten unterstützt. Neben der in Hamburg bereits existierenden Un"Freunde des kurdischen Volkes" - ein überwiegend von deutschen 'xtremisten angeleiteter Personenzusammenhang, den es in ähnlicher Form in 30 anderen Städten gibt - formierte sich das Hamburger "Bündnis gegen das PKK Verbot". Dem Bündnis gehören Personen u.a. aus der DKP, dem BWK, der autonoSzene, dem RAF-Umfeld und den "Freunden des kurdischen Volkes" an. das 1994 aufgelöste "Komitee gegen den imperialistischen Krieg", gegründet lich des Irak/Kuweit-Krieges, übte aktive PKK-Solidarität, speziell in Zusamjang mit der Hamburger Tourismusmesse vom 12. - 20. Februar 1994. An den von der DKP angemeldeten Infoständen wurden etwa 5000 Flugblätter mit dem zentralen PKK-Anliegen "Die Türkei ist kein Reiseland" verteilt. Die Absicht dieser Aussage entspricht der PKK-Stoßrichtung bei einer Serie aus ihrer Anhängerschaft verübter Brandanschläge gegen türkische Reisebüros bis Anfang März 1995. Der Türkei sollen Einnahmeverluste aus dem Tourismusgeschäft zugefügt werden, aus denen der türkische Staat angeblich Waffenkäufe finanziert und gegen die Kurden einsetzt. Deutsche Waffenlieferungen an die Türkei wurden mit der Parole "Deutsche Waffen, deutsches Geld - morden mit in aller Welt" aufgegriffen. Am 24. März demonstrierten etwa 250 Personen, u.a. aus dem "Komitee gegen den imperialistischen Krieg" und dem Hamburger "Bündnis gegen das PKK-Verbot", in der Hamburger Innenstadt ge'gen die deutsche Türkeipolitik. Die Polizei hielt die Demonstranten davon ab, zu einer Kundgebung vor einer Reederei zu marschieren, die angeblich Waffen an die Türkei verschifft. Proteste gegen den Transport amerikanischer Stinger-Raketen über den Hamburger Hafen in die Türkei am 16. April gingen ins Leere: Zwar hatten sich etwa '60 Personen, darunter auch Personen des kurzlebigen linksextremistischen Hamburger Bündnisses "Gegen Waffenlieferungen an die Türkei", im Freihafen versammelt; die Ladung war jedoch kurzfristig über Stade verschifft worden. Zum Zeitpunkt des kurdischen Neujahrsfestes(Newroz) am 21. März wurde das türkische Parlament neu gewählt. Aus Deutschlandwaren "Beobachterdelegationen" in die 179 Türkei gereist. Zeitweilig befanden sich bis zu 400 überwiegend deutsche vor Ort, u.a. vom 19.-29. März eine Hamburger Delegation mit bis zu 20 Personen terschiedlicher politischer Herkunft. Hamburger Teilnehmer gehörten u.a. den "Fr den des kurdischen Volkes" an, auch Bewohner der Hafenstraßenhäuser waren ten. Sie berichteten am 12. April aufeiner öffentlichen Veranstaltung im Stadtteil vor überwiegend linksextremistischem Publikum - u.a. Autonomen"Antifa"-Gruppen - von ihren Eindrücken. Solidarität mit Kurden und Personen anderer Volkszugehörigkeit artikulierte sich Hamburg in vielen Einzelaktionen. Da der PKK eine Betätigung in Deutschland sagt ist, meldeten bundesweit deutsche Linksextremisten bzw. Unterstützergruppen sie Kundgebungen und Demonstrationen an. Hamburger Sympathisanten, vor die "Freunde des kurdischen Volkes", signalisierten als Prozeßbesucher Solidarität den Angeklagten in dem fast überfünf Jahre andauernden Prozeß gegen PKI der in Düsseldorf. Die Angeklagten standen unter dem Vorwurf, angebliche " ter" in den eigenen Reihen ermordet zu haben und wurden inzwischen verurteilt. Am 24. Juni verübten Unbekannte im Stadtteil Altona einen Brandanschlag auf Servicefahrzeug eines Unternehmens, dem Rüstungslieferungen an die Türkei worfen wurden. Das Bekennerschreiben einer "Autonomen Zelle Hamburg/Gr Mesut Dünder" trug die Überschrift "Solidarität mit dem kurdischen Befreiu - Biji Azadi". Das linksextremistische Szeneblatt "radikal" lieferte seinen Lesern in der Dezember-Ausgabe - Schwerpunkt Kurdistan - u.a. einen Beitrag einer "Gruppe aus der radi dem die PKK-Solidarität erläutert wurde: "Wir unterstützen den Kampfder PKK in Kurdistan und unserer kurdischen GenossInnen hier gegen die Mühlen der BRD-Repression durch unsere Veröffentlichungen. Internationale Solidarität heißtfür uns immer noch, bei allen Problemen, eine kritische, auch intervenierende Auseinandersetzung. " Im gleichen Heft dokumentierte "radikal" eine Vielzahl von Selbstbezichtigungen, u.a. zum 0.g. Brandanschlag gegen eine Hamburger "Rüstungsfirma" vom 24. Juni. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit Hamburger Polizei" beamter warfen am 29. September Unbekannte mit Pflastersteinen Scheiben am Wohnhaus eines Hamburger Polizeibeamten ein, schleuderten mit Farbe gefüllte Flaschen gegen das Gebäude, zerstörten die Scheiben seines PKW und gossen Buttersäure in den Fahrzeuginnenraum. Der Geschädigte wurde in einem Bekennerschreiben einer "Autonomen Zelle Hamburg/Gruppe Wolfgang Grams" als "rassistisches Bullen'schwein" beschimpft. Eine "Revolutionäre Zelle" (RZ) verübte am 26. Oktober einen Brandanschlag auf zwei LKWs eines Versorgungsunternehmens für Asylbewerberheime in Leipzig. In der Nacht zum 24. Dezember drangen Unbekannteauf das Gelände einer Firmenniederlassung in Reutlingen ein und setzten zwei LKWs in Brand. Der Firmenstandon 180 über einer "Bezirksstelle für Asyl" habe - laut Bekennerschreiben - "symboli- " Bedeutung. Einerseits sei die Bezirksstelle Drehscheibe der "Abschiebemaschiie", andererseits verdiene die geschädigte Firma ihr "schmutziges Geld" u.a. mit Bewachung eines "Abschiebknastes". Ans Ende ihres Selbstbezichtigungsschreisetzten die Täter die Parole "Feuer und Flamme den Abschiebebehörden und dedie davon profitieren". Ua vor dem Hintergrund, daß Flughäfen die letzten deutschen Stationen für abgelehnie Asylbewerber sind, richteten sich am Jahresende mehrere Anschläge gegen Objekte aufdem bzw. am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen. Am 6. November wurden an der Startbahn West Verteilerkästen für die Außenbeleuchtung und ein Beobachtungsstand in Brand gesetzt, am 13. und 18. Dezember Baufahrzeuge an einer Autobahnbaustelle in Flughafennähe durch Brandanschläge beschädigt. Die unbekannten Täter bezeich'neten sich als "Autonome Antifaschistische Gruppen" bzw. "Antifaschistische autonome Aktionsgruppen". Sie hinterließen u.a. eine Sprühparole "Gegen Abschiebeterror". Die vorstehend beschriebene Solidarität in Deutschland lebenden Ausländern leitet sich im weitesten Sinne auch aus Prinzipien ab, die unter dem Stichwort "Proletari'scher Internationalismus" einst von den Theoretikern marxistischer und kommunisti'scher Ideologien formuliert wurden. Der "/nternationalismus" hat nach dem Zusam'menbruch des Sowjetimperiums erheblich an Bedeutung verloren. Gleichwohl werden Widerstandsbewegungen insbesondere in den außereuropäischen Ländern auch von 'deutschen Linksextremisten weiterhin mit Sympathie und Solidarität begleitet. Die Befreiung von der Vorherrschaft des "Imperialismus" und "kapitalistischer Ausbeutung" wird als "Befreiungskrieg" unterstützt. 1994 schoben sich u.a. die Ereignisse in Mexiko ins Blickfeld linksextremistischen Interesses. Zwar existieren die dortigen bewaffneten Einheiten von Indigenas (indianischer Ursprung) und Campesinos seit etwa 20 Jahren, jedoch wurden deren Aktivitäten in Europa erst neuerdings intensiv zur Kenntnis genommen. Erst als Mitglieder der "Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung" (EZLN)am O1. Januar 1994 in vier mexikanischen Städten Regierungsgebäude vorübergehend besetzten, fand der Widerstand auch in den deutschen Medien und unter Linksextremisten mehr Beachtung. Seit 'dieser Zeit wurde in fast allen Szenepublikationen ausführlich zu Mexiko berichtet. Dieses schlug sich in diversen Sachbeschädigungen in mehreren deutschen Städten nieder. Die Aktionen wurden von Parolen wie: "Bekämpft den westdeutschen Imperialismus" oder "VivaZapata"begleitet. In Hamburg wurde am 07. Januar 1994 eine Protestkundgebung vor dem mexikanischen Konsulat durchgeführt, in der Nacht verübten Unbekannte Sachbeschädigungen am Konsulatsgebäude. 5.3. Linksextremistische Gewalt Vorbemerkung: Soweit nachstehend statistische Vergleichszahlen für 1993 genannt werden, die von früheren Veröffentlichungen abweichen, beruhen die jetzigen Angaben auf einem aktuelleren Erkenntnisstand. 5.3.1. Linksextremistisch motivierte Straftaten Das Ausmaß linksextremistischer Gewalt ist aus den in den letzten 15 Jahren bundes" weit deutlich schwankenden Jahresstatistiken abzulesen. Episoden rückläufiger walttatenziffern waren u.a. darauf zurückzuführen, daß zeitweise zugespitzte polit Kampagnenbzw. Anknüpfungsthemenfür Radikalisierungsprozesse fehlten. Parallel zum Zerfall "realsozialistischer" Staatsund Gesellschaftsmodelle in Osteuropa und zur Infragestellung klassischer Revolutionstheorien schwächten sich in Deutschland der organisierte Linksextremismus und die von ihm ausgehenden Straftaten ab. Einen deutlichen Bruch im Zahlengefüge markierte das Jahr 1988. Plötzlich reduzierten sich linksextremistisch motivierte Gewalttaten mit "nur" noch 790 gegenüber 1.497 im Jahre 1987 um nahezu 50 Prozent. Im Jahr der Vereinigung beider deutscher Staaten (1990) wurde mit 587 Gewalttaten sogar dieniedrigste Zahl der letzten 14 Jahre erreicht. Es folgte zwar ein über drei Jahre kontinuierlicher Wiederanstieg, der mit 1.120 linksextremistischen Gewalttaten im Jahre 1993 aber immer noch deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt der 80er Jahre (rund 1.500) lag. 8 g Linksextremistisch motivierte Gewalt geht seit einigen Jahren überwiegend von militanten autonomen Personenzusammenhängen aus, deren Aktivitäten überwiegend von aktuellen Ereignissen bzw. linksextremistischen Kampagnen abhängig sind. Auslöser sind aber auch Veranstaltungen politischer Gegner, in der Regel Kundgebungen, Demonstrationen und Aufmärsche von Rechtsextremisten. Weil diese 1994 aufgrund staatlicher Maßnahmen gegen Rechtsextremisten weitestgehend unterbunden wurden, boten sich Linksextremisten auf diesem Sektor kaum praktische Anknüpfungsmöglichkeiten. 1993 gab es noch - neben den für die"Szene" jährlich wiederkehrenden "Reizthemen" wie die rechtsextremistischen Rudolf HESS-Gedenkveranstaltungen oder staatliche Feiern zum 3. Oktober - zusätzliche Ereignisse, die starke Mobilisierungen ermöglichten, z.B. die Änderung des Artikels 16 GG, den Brandanschlag in Solingen und die Kampagne gegen die Austragung der Olympischen Spiele im Jahr 2000 in Berlin. 1994 boten sich vergleichbare Themen nicht. So hatten in diesem Jahr die Feierlichkeiten zum Jahrestag der Deutschen Einheit in Bremen am 03. Oktober und das EUGipfeltreffen am 10. Dezember in Essen primären Stellenwert für das linksextremistische Aktionsverhalten. In beiden Fällen waren die Sicherheitsbehörden aber vorbereitet, so daß massive Ausschreitungen verhindert werden konnten. Linksextremistische Gewalttäter fühlen sich in besonderer Weise zur militanten Aktion gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten herausgefordert. 1994 wurden bundesweit 201 Gewalttaten gegen Personen und Objekte registriert, die von den 183 Tätern dem rechtsextremistischen Spektrum zugerechnet wurden. Damit entfällt knapp ein Drittel aller linksextremistischen Gewalttaten auf Delikte, die im Sze gon als "antifaschistische Selbsthilfe" gerechtfertigt werden. An diesem auch für | geltenden Verhältnis hat sich somit ungeachtet der insgesamt rückläufigen Ge' nichts geändert. Die meisten linksextremistischen Gewalttaten entfallen weiterhin die alten Bundesländer. Gewalttätige Aktionen gegen Ziele im rechtsextremistischen Spektrum sind ü Bachbeschädigungen it erheblicher Gewalt"Antifa"-Aktionen sind häufig Reaktionen auf Ereignisse, bei denen sich Rechtsextremisten Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verschaffen wollen. Selbstkritisch charakterisieren Aktivisten, die cher zu offensiveren Strategien der "Antifa"-Szene nei gen, dieses Reagieren häufig auch verächtlich als "den Rechten nur nachzulaufen". Der so in Worte gefaßte Kausalzusammenhang erklärt, warum linksextremistische Gewalttaten immer dann sprunghaft ansteigen, wenn von der rechtsextremistischen Seite vorher besonders schwerwiegende Gewalttaten verübt wurden. Das gegenseitige Auf184 en der Tatschwere kann anlaßbezogen zu verhängnisvollen Aufschaukelungen iger Auseinandersetzungen zwischen Rechtsund Linksextremisten führen. fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Hoyerswerda (1991), Rostock (1992) oder Brandanschlag in Solingen im Mai 1993 haben diesen Zusammenhang deutlich fgezeigt. Diesbezügliche Aktionsanläisse gab es 1994 nicht. Gerade in der "Antifa"wird nach neuen Inhalten und Formen des Widerstandes gesucht: weg von der iigen, spontihaften Anarcho-Militanz hin zu mehr Koordination, Analyse und 'umentation sowie zu verbindlicheren Strukturen und größerer Gruppendisziplin. jieser Prozeß hat Rückwirkungenauf das Aktionsverhalten und die Gewaltstatistik. alteskalation war in der Vergangenheit mehrfach auch dann vorprogrammiert, Fremde nicht Opfer rechtsextremistischer Gewalttäter waren, sondern z.B. im 'Gewahrsam staatlicher Vollzugsorgane mit oder ohne deren Einwirkung (z.B. in Suiädfällen) ums Leben kamen. Für Linksextremisten sind die authentischen Ursachen, Hintergründe und Zusammenhänge dabei weitgehend bedeutungslos. Ob bei der auffragsgemäßen Verfolgung von Gewaltoder anderen Straftätern durch die Polizei bzw. im Rahmen von Notwehr, wie auch immer: Stets hat die "faschistische Staatsgewalt" wieder einmal ihre "Fratze" gezeigt und ihre "menschenverachtende Praxis" rücksichtslos unter Beweis gestellt. Der durch den Schuß aus einer Polizeiwaffe verursachte Tod des Kurden Halim DENER am 30. Juni ließ die Zahl linksextremistisch motivierter Gewalttaten im Juli schlagartig auf 87 (Monatsdurchschnitt 55) anschwellen. Zu diesem Anstieg linksextremistischer Straftaten trug sicherlich bei, daß in etwa zur gleichen Zeit am 05./06. Juli umfangreiche Durchsuchungsaktionen gegen mutmaßliche Angehörige der "Autonomen Antifa (M)" in Göttingen durchgeführt wurden und zu militanten Reaktionen führten. Die Juli-Ziffer der bundesweiten Gewaltstatistik wurde nur noch im November mit 99 militanten Aktionen - fast eine Verdoppelung des monatlichen Durchschnitts - überoffen. Diese Zuspitzung zum Jahresende war auf die Auseinandersetzungen um den bislang immer noch nicht durchgeführten Transport abgebrannter radioaktiver Brennelemente in das Zwischenlager Gorleben zurückzuführen. Der Transport sollte in einem als strahlungssicher geltenden "Castor"-Behälter erfolgen; deshalb lief der gesamte Widerstand, in dem Autonome nur einen Teil ausmachten, unter demMotto "Wider den Castor" ((r) siehe auch Klarstellungen zum Hintergrund im Kapitel "Autonome/ Anarchistische Szene - Widerstand gegen Castor-Transporte/Hamburg"). Die rückläufige Hamburger Jahresstatistik politisch motivierter Gewalttaten von Linksextremisten folgt einem bundesweiten Trend. Mit 28 (1994) Gewalttaten im Verhältnis zu 48 (1993) fiel der Rückgang um 41% übereinstimmend aus. Bei einem Vergleich mit den Zahlen der 80er Jahre deutet sich an, daß der Rückgang gravierend ist und wohl auch andauern könnte. Er gibt dennoch keine Veranlassung, der linksextremistischen Szene generell zunehmende Friedfertigkeit zu unterstellen. Im Gegensatz zu früher finden nämlich seltener Demonstrationen statt. Gerade Demonstrationen heraus entwickelte sich früher aber Straßenmilitanz mit erhebli Sachbeschädigungen, da die Täter aus der Deckung von Massendemonstrationen aus agierten und sich darin unerkannt und sicher wähnen konnten. Inzwischen gen sich zudem in der Regel weit weniger Personen als in den Vorjahren an öfft 'chen Aufmärschen. Linksextremistische Aktionsformen sind stets auch eine Frage Kräfteverhältnisse gegenüber der Staatsgewalt. Diese haben sich in Bezug auf Demonstrationsbeteiligungen zum Nachteil der Veranstalter verändert. Wiederum wurden die meisten linksextremistischen Gewalttaten in der Kategorie "Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung" verübt. Mit 15 Gewalttaten in dieser Kategorie ist der Rückgang in Hamburg gegenüber den Vorjahren (1992 = 29, 1993 = 33) aber auch in diesem Bereich trendangepaßt. Es ist zumindest verfrüht, aus den rückläufigen Gewalttatenziffernauf ein moderateres linksextremistisches Gesamtverhalten zu schließen. Erst eine längerfristige Trendbeobachtung erlaubt gesicherte Aussagen. Motungsdelikie | | . | | . | Schußwaffenanschläge | 5 | --. | 9 1. | Sprengstoffanschläge --| 17 | | 7 | | Landiriedensbeüche [128 | 3 | 9 1] Körperveretzungen | 8 | 4 | & | 4] Tderstundshandlungen | 2 [ -- 16 | >] Rauboberie a | 9 1. fährlicheEingriffeinBahn 01 Meniersndemeie | | (| | ide Cerakmendn| | 1" || FolerGevannenamg Gewatandrohungen | 107 | a | 07 | > | 'stige Gesetzesverletzungene en ssihen Gesetzesverletzungeninsges.| 1.410 | 62 | 879 | 35 | welcher kriminellen Energie Täter in Einzelfällen nach wie vor agieren, zeigte in Hamburg u.a. bei einem Anschlag auf das Wohnhaus eines Polizeibeamten. In Nacht zum 29. September beschädigten unbekannte Täter Haus und Fahrzeug des ten erheblich. Mit mehreren Pflastersteinen warfen sie zwei Fensterscheiben ein schleuderten mit schwarzer Farbe gefüllte Flaschen gegen Fassade und Hausdach. idem vor dem Haus in einem Carport abgestellten Wagen wurden sämtliche Scheieingeschlagen und anschließend eine mit Buttersäure gefüllte Flasche so im Fahrzeuginneren plaziert, daß ihr Inhalt auslaufen konnte. Iheiner Bekennung begründeten die Täter ihr Vorgehen u.a. damit, daß der"linksradiWiderstand" in Hamburg weder "politisch noch politisch militant" in der Lage 'gewesen sei, staatliche "Repression" in ihre Schranken zu weisen. Sie stellten den Begift der "Repression" in den Mittelpunkt der Bekennung und knüpfen daran die Theimenkomplexe Rassismus/Migration sowie Stadtentwicklung als "Instrument der Wi\derstandsbekämpfung" an. Im Gesamtkontext und der Sprache nach signalisiert das Schreiben Brutalitätund Gewaltgeneigtheit. Der Anschlag war u.a. auf Nachahmungseffekte angelegt, die sich allerdings nicht einstellten. Der sog. "autonome Widerstand" gegen staatliche Bauplanung und Sanierungspolitik bzw. private Umstrukturierungsvorhaben in den von Autonomen für sich in Anspruch 'genommenen Stadtvierteln hat in Hamburg wieder zugenommen. Er richtete sich gegen jegliche unerwünschten Veränderungen in den Vierteln. So wurde ein Lokal im 'Schanzen-/Karolinenviertel mehrfach beschädigt, weil Linksextremisten über diese Gaststätte eine "Yuppiesierung" des Viertels befürchteten (9 siehe: Kapitel "Autonome/Anarchistische Szene"). Sprengstoffanschläge sind in Hamburg seit 1986 nicht mehr verübt worden. Auch Schußwaffen wurden in Hamburg von Linksextremisten seit 1988 nicht mehr angewendet. Allerdings wurden 1994 in Hamburg zwei Brandanschläge von bisher unbe'kannt gebliebenen Tätern verübt, die sich gegen Firmenfahrzeuge richteten. Die Tatorte und Tatbedingungen sind offensichtlich im Vorfeld vorbereitend recherchiert worden. Die Anschläge selbst verliefen dann aber so unspektakulär, daß die Taten erst über später bekanntgewordene Bekennungen als politische motivierte Aktionen zu erkennen waren. Beide Bekennungen nahmen auf die Ausländerund Asylbewerberproblematik Bezug ((r) siehe Kapitel: "Linksexiremistische Solidarität mit Ausländern und Aslbewerbern") Die Täter könnten auch im Zusammenhang mit den Urhebern einer Reihe schon vorher in Hamburg verübter Gewalttaten stehen, die sich gegen Wohnobjekte des früheren CDU-Landesvorsitzenden und Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Jürgen ECHTERNACH (Brandanschlag 1991), des Leiters der Ausliinderbehörde (Sachbeschädigung 1992), des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Justiz, Rainer FUNKE / FDP 187 (Sachbeschädigung 1993) und der Hamburger Kultursenatorin (Sachbeschi 1993) gerichtet hatten. 5.3.2. Linksextremistischer Terrorismus (r) Rote Armee Fraktion (RAF) nebst Umfeld 1993 hatten sowohl der Kommandobereich der RAF als auch die inhaftierten Mitglieder aufgrund tiefer ideologischer und persönlicher Differenzen Erklärungen gegeben, in denen sich die Spaltung des RAF-Gesamtgefüges ankündigte. Nach sagen aller Beteiligten war dieser Bruch irreversibel. Er löste ebenso tiefgreii Verwerfungen innerhalb des sogenannten RAF-Umfeldes aus. Auch im abgel Jahr war der RAF-Komplex durch diesen Zerfall gekennzeichnet. Er führte dazu, sich die verschiedenen Spektren des RAF-Gefüges vorwiegend nur noch mit selbst beschäftigten. Erst gegen Ende 1994 wurde spürbar, daß alle Beteiligten waren, die aufgerissenen Gräben einzuebnen. Ihre mit dem Bruch zusammenhängenden Debatten führten die Beteiligten vorwi intern. Über Inhalte und Abläufe wurden kaum Verlautbarungen veröffentlicht. Im bruar legte der inhaftierte Lutz TAUFER, der dem Kommandobereich ideologisch. hesteht, ein Grundsatzpapier vor, in dem er den 1993 vollzogenen Bruch bestäti Aus seiner Sicht könne dieser Staat nur beseitigt werden, wenn es gelänge,ei "soziale Gegenmacht von unten" aufzubauen. Der bewaffnete Kampf sei in seinen 'gen derzeit kein adäquates Mittel revolutionärer Politik. Am 06. März schaltete sich der Kommandobereich der RAF selbst in die wieder auflebende öffentliche Diskussion ein. In einer 18-seitigen Erklärung beschäftigte er sich' hauptsächlich mit den Ereignissen anläßlich der polizeilichen Festnahmeaktion in Bad Kleinen. Im Juni 1993 war es dort gelungen, im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Operation Strafverfolgungsbehörden an die mit Haftbefehl gesuchten RAF-Mitglieder Birgit HOGEFELD und Wolfgang GRAMS heranzuführen. Während HOGEFELD überwältigt werden konnte, wurden in einem sich anschließenden Schußwechsel' GRAMS und der Polizeibeamte Michael NEWRZELLA getötet. Der RAF-Kommandobereich suchte nunmehr nach Hintergründen, die es dem Verfassungsschutz erlaubt hatten, eine Quelle bis an die Kommandoebene heranzuspielen, Das Papier dokumentiert Hilfund Ratlosigkeit als Ergebnis einer über mehrere Jahre hinweg verfehlten konzeptionellen Vorstellung. Bei der Ursachenerforschung suchte die RAF erneut die Schuld nicht bei sich, sondern bei anderen oder ganz einfach in widrigen Umständen. Insoweit blieb die versuchte Selbstkritik der RAF halbherzig und nicht erschöpfend. Nur ansatzweise gingen die Verfasser in ihrem Märzpapier der Frage nach, wie sie die desolate Situation der RAF überwinden könnten. 188 'RAF beharrt auf der Option, "Gegenmacht von unten" aufzubauen. Unbeirrt setzt 'aufden bewaffneten Kampf als probates Mittel, die Gegenseite (Staat/Wirtschaft) 'bekämpfen, zumindest aber ihr Wirken zu hemmen. Anschläge betrachtet sie nach vor als geeignetes politisches Druckmittel. Die RAF zicht in der ihr eigenen typiLogik den Schluß, daß Anschläge immer dann Wirkung zeigen, wenn der Staat hoffen kann, Widerstand mit repressiven Mitteln zerschlagen zu können. Mit AnderRAFmußdaher weiter gerechnet werden. Märzerklärung der RAF war auch an die "radikale Linke" als mögliche VerbündeAufbau einer "Gegenmacht von unten" gerichtet. RAF-Anschläge mitTötungsdürften vor diesem Hintergrund noch unwahrscheinlicher geworden sein, da im sog. "radikaler Linker" diesbezügliche Akzeptanz nahezu ausgeschlossen kann. wie vor fühlt sich die RAF allerdings für das Schicksal aller "politischen Gefan- " verantwortlich. Diese Sorge schließt auch die inhaftierten Terroristen ("Hard") ein, die 1993 in Konfrontation zur RAF-Kommandoebene gegangen sind. Ende muß festgestellt werden, daß der permanent fortschreitende Verlust an ideologiund strategischer Qualität nicht gestoppt werden konnte. Noch nie haben sich ie, Praxis und innerer Zustand einer RAF-Generation in einer so geschwächten g befunden, nicht einmal nach der selbst als Niederlage eingeschätzten Siion des Jahres 1977. Es ist zweifelhaft, 'ob die verbliebenen Kommandomitglieder sein werden, diese zu überwinden. Ohne qualifizierte Neuzugänge und in schlüssiges Konzept erscheinen Erneuerung und Revitalisierung fast unmöglich. Die Fraktion der "Hardliner"-Inhaftierten reagierte zum Teil mit Entsetzen auf die 'Kommandoerklärung und konstatierte,die/llegalen hätten nunmehr ganz von der 'Guerillapolitik verabschiedet. Das Eingeständnis der Kommandoebene, die Illegalität 'seinicht der "produktivste" Raum, negiere sämtliche erkämpften Kriterien und Erfahrungen. Aber auch den "Hardliner"-Gefangenen mangelte es - offensichtlich vor dem Hintergrund gesundheitlicher Probleme und sich ausbreitender Mutlosigkeit - im abgelaufenen Jahr an Kraft, ihrerseits mit eigenen Verlautbarungen die Wortführerschaft in 'den Diskussionen an sich zu reißen. $o verweigerten die damals noch 12 dem "Hardliner"-Spektrum zuzurechnenden inhaftierten Terroristen um Helmut POHL und Brigitte MOHNHAUPT anläßlich eines kurzen Hungerstreiks vom 27. Juli - 03. August zwar die Nahrungsaufnahme, nutzten die Gelegenheit jedoch nicht dazu, den Diskussionsprozeß mit eigenen Vorschlägen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Ihre schr knapp gehaltene Hungerstreikerklärung erschöpfte sich unter dem Strich in einem "So nicht": Sie wiesen lediglich darauf hin, daß sie mit ihrer Aktion Bewegung in die Freilassungskampagne zugunsten der inhafierten Irmgard MÖLLER bringen wollten. Das terroristische Umfeld riefen sie auf, sich nicht von juristischen "Tricks" des Staates blenden und mäßigen zu lassen. "Bad 189 = a Kleinen" und die lebenslängliche Freiheitsstrafe gegen Eva HAULE-FRIMPONG en unmißverständliche Hinweise auf staatliche Absichten, "den knast bis zum tod, uns nun auch noch hundertfünfzig prozent absichern" zu wollen. Die gleiche offenbare sich im PKK-Verbot und in der Erschießung des 16jährigen Kurden Hal DENER in Hannover. Die Zusammenhänge des RAF-Umfeldes blieben unter den Auswirkungen des 1993 vollzogenen Bruches im RAF-Gesamtgefüge weiterhin zerissen und eher ori tierungslos. Einige Fraktionen neigen dem RAF-Kommandobereich zu, andere sich ideologisch den "Hardliner"-Gefangenen zugewandt. Über alle Gräben hi sind Bestrebungen erkennbar, zu einem Konsens zurückzufinden. Da dieser noch in den Anfängen steckt, ist das Ergebnis ungewiß. Alle vorhandenen Frakt sind sich aber einig, daß die Spaltung den RAF-Bereich deutlich geschwächt hat. Ungeachtet aller Theoriedebatten wurden die praktischen Aktivitäten im Rahmen Gefangenen-Solidarität nicht vernachlässigt. RAF-Umfeldangehörige engagierten sich, weiterhin, die Situation der inhaftierten Terroristen zu verbessern und weitere vorzeitige Haftentlassungen zu erreichen. Im Zentrum dieser Bemühungen stand die vormals, in der JVA Lübeck einsitzende, seit 22 Jahren inhaftierte Irmgard MÖLLER,die ua. wegen ihrer Beteiligung an einem Bombenattentat auf das Hauptquartier der U$Streitkräfte in Heidelberg am 24.05.1972 verurteilt worden war. Bei dem Anschlag waren 3 Soldaten getötet worden. Für Irmgard MÖLLER engagierten sich insbesondere in Hamburg wohnende RAFUmfeldangehörige. Am 14. Januar beteiligten sich ca. 300 Personen aus dem gesamten linksextremistischen Spektrum an einer Veranstaltung in Hamburg unter dem Motto "Irmgard MÖLLER lädt ein". Mehrere Redner erinnerten insbesondere an die politische Situation, die Anfang der 70er Jahre zur Entstehung der RAF geführt hatte. Am 26. Februar demonstrierten ca. 100 Personen auf dem Hamburger Gerhart-HauptmannPlatz für die Freilassung von Irmgard MÖLLER. Nach ihrer vorzeitigen Haftentlassung am 01. Dezember schloß sich MÖLLER dem RAF-Umfeld in Hamburg an und demonstrierte bereits am 17. Dezember zusammen mit ca. 300 weiteren Teilnehmern in Hamburg für die Freilassung der anderen inhaftierten Terroristen. Über ihr Engagement für inhaftierte Terroristen hinaus versuchten RAF-Umfeldangehörige, mit mehreren Veranstaltungen auch Personenkreise außerhalb der eigenen Reihen anzusprechen. In verschiedenen Städten wurdeaufgut besuchten Veranstaltungen die Entstehungsgeschichte der RAF und anderer terroristischer Gruppierungen reflek" tiert, zum Teil auch für die Fortsetzung des bewaffenten Kampfes geworben. Bemerkenswert erscheint, daß viele RAF-Umfeldangehörige ihr früher zur Schau getragenes elitäres Selbstverständnis abgelegt haben, um sich anderen Linksextremisten als ad" Aquate Gesprächspartner annähern zu können. Ob es ihnen gelingen wird, eine breitere is für künftige Bündnisse zu finden, ist ungewiß. Die bisherigen Bemühungen stieauf eher mäßiges Interesse. Antiimperialistische Zelle (AIZ) April 1992 hatte die terroristische "Rote Armee Fraktion" (RAF) verkündet, vorfig auf gezielte Tötungsaktionen verzichten zu wollen. Dieser Akt löste im militanterroristischen Umfeld eine heftige Debatte darüber aus, ob der bewaffnete Kampf unabhängig von der RAF fortgesetzt werden sollte. Im April und im Mai 1992 deten sich zunächst Unbekannte mit zwei Beiträgen zu Wort. Sie kündigten darin Fortsetzung des bewaffneten Kampfes an. In Zeiten des wiedererstarkenden "Groß'hlands" und der zunehmenden "Faschisierung" auf den Straßen könne auf den jeten Kampf nicht verzichtet werden. In der Folgezeit verübte dieser Personenunter wechselnden Bezeichnungen - zunächst "Militante aus dem antiimperiali'n Widerstand", später "Antiimperialistische Widerstandszelle Nadia Shehedah", mehr als "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) - mehrere Brandund Sprengstoffanläge. Bislang sind dieser Gruppierung folgende Gewalttaten zuzurechnen: 1.11.92: Brandanschlag auf das Gebäude der Juristischen Fakultät der Uni versität Hamburg, 18.08.93: symbolische Aktion in Solingen (Verbrennen von Sägespänen vor dem Elternhaus eines GSG 9-Angehörigen), 17.11.93: Schußwaffenanschlagaufdas Gebäude des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall in Köln. Verlauf des Jahres 1994 steigerte die AIZ ihre Vorgehensweise durch Sprengstoffläge, Verkürzung der zeitlichen Abstände und hinsichtlich der qualitativen Aus- | von Anschlagsobjekten: 05.06.94: Sprengstoffanschlagauf die Kreisgeschäftsstelle der CDU in Düsseldorf, 26.09.94: versuchter Sprengstoffanschlagauf die Landesgeschäftsstelle der FDP in Bremen, 2.01.95: Sprengstoffanschlag aufdas Haus des ehemaligen Staatssekretärs Dr. KOEHLER in Wolfsburg. Mit Besorgnis ist zu beobachten, daß die AIZ bei der Art ihres Vorgehens billigend in Kauf nimmt, neben den eigentlichen Anschlagszielen auch Unbeteiligte zu gefährden 191 undzu schädigen. So versahsie den Sprengsatz in Düsseldorfzusätzlich mit Schraubenmuttern, die teilweise eine erhebliche Strecke durch die Luft geschleudert wurden und Fenster angrenzender Wohnungen zerstörten. In Bremen explodierte der Sprengsatz nicht. Eine Angestellte der FDP hob den in einer Tüte deponierten Sprengsatz auf' und ließ ihn anschließend vor Schreck wieder fallen. Sprengstoffexperten konnten die Bombe aufgrund ihrer Brisanz nicht abtransportieren, sondern mußten sie vor Ort unter' kontrollierten Bedingungen zur Explosion bringen. Beim Sprengstoffanschlag auf das Haus des ehemaligen Staatssekretärs Dr. KOEHLER in Wolfsburg passierte eine Frau lediglich I 1/2 Minuten vor der Explosion den Anschlagsort. Sie wäre - etwas später - durch die Explosion nicht unerheblich verletzt worden. In ihrem jüngsten Schreiben vom 13.02.1995räumte die AIZ bedenkenlos ein, daß auch Unbeteiligte zu Schaden kommen können: "es ist von uns bewußt gesetzt, daß zur erzeugung von politischem druck an den 'orten, an denen wir aktionen durchführen, räumlich u. zeitlich begrenzt eine 'potentiell tödliche bedrohung entsteht." Hierin unterscheidet sich die AIZ deutlich von Aktionen der früheren RAF und nähert sich besorgniserregend politischen Desperados. Der AIZ ist an einer breiteren Zustimmung der Linken gelegen. Sie macht aber mit dieser provozierenden Aussage sehr deutlich, daß sie dieses nur zu den von ihr - der AIZ - selbst festgelegten Bedingungen erstrebt. Sie will ganz'offenkundig auch nicht ansatzweise als opportunistisch gelten, sondern ohne Rücksicht auf etwaige nachteilige Folgen ihren Kurs fortsetzen. Dies macht die AIZ durchaus "gefährlicher" als die RAF, wenngleich die AIZ das hohe Aktionsniveau der RAF bei weitem noch nicht erreicht hat. Ideologisch knüpft die AIZ an das ursprüngliche Gedankengut der RAF aus deren Gründungszeit Anfang der 70er Jahre an. Die AIZ-Mitglieder verstehen sich als Antiimperialisten mit internationalistischem Anspruch und Selbstverständnis. Sie legen Wert darauf, keine "RAF-Splittergruppe" zu sein. Wiederholt betonte die AIZ, daß sie die Politik der RAF bis zum 01.04.1991 richtig findet. An diesem Tag ermordete die RAF den Vorstandsvorsitzenden der Treuhandanstalt Dr. ROHWEDDER als ihr bislang letztes Opfer. Konsequenterweise unterscheidet die AIZ, trotz ihrer grundsätzlichen Freilassungsforderung für alle RAF-Gefangenen, jene verbliebenen RAFInhaftierten von den anderen als "revolutionäre Gefangene", die sich ohne Verrat an der Sache zu den Prinzipien der alten RAF weiterhin bekennen. Die von der RAF später selbstkritisch entdeckten Widersprüche in ihrem eigenen Selbstverständnis und Handeln werden von der AIZ weitgehend verdrängt. Thematisch kümmert sich die AIZ um dieselben Themenfelder wie die frühere RAF: Klassischer "Antiimperialismus" unter besonderer Berücksichtigung der mit der "Dritten Welt" verknüpften Themen, insbesondere die Kurdenproblematik. Die AIZ 192 eichert aber die Ursprungsideologie um soziale Themenbereiche, wie zunehmende Armut, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit u.a., an. Sowohl an ihren Anschlägen als auch 'den Tatbegründungen wird deutlich, daß die AIZ-Angehörigen den Anspruch erheben, 'die Nachfolge und das Erbe der "alten" RAF anzutreten. Die AIZ hat durch ihre Anschläge nachgewiesen, daß sie eine ernsthafte Bedrohung äurstellt und auf die "Propaganda der Tat" setzt. Mit dem Anschlag auf das Wohnaus des ehemaligen Staatssekretärs Dr. KOEHLER hat sie unterstrichen, daß sie ihren Worten, die "eliten dieses staates" dort anzugreifen zu wollen, wo sie ihre Wohnund Arbeitsplätze haben, Taten folgen läßt. Daher darf auch eine weitere Ankündigung der AIZ nicht unterschätzt werden: Sie führte aus, daß Schußwaffen "natürlich" zum bewaffneten Kampf gehören. Gerade sie xien ein "ausgezeichnetes mittel für gezielte aktonen, mit symbolischer bis tödlicher wirkung". Dabei könne auf "gezielte angriffe auf einzelne funktionsträger aus politik und wirtschaft" nicht verzichtet werden. Da die AIZ bisher alle Absichtserklärungen bzw. in ihren theoretischen Positionen vermittelten Androhungen in die Tat umgesetzt hat, muß damit gerechnet werden, daß sie auch gezielte Mordanschläge verüben wird. Durch den Anschlag auf den ehemaligen Staatssekretär Dr. KOEHLER wird deutlich, 'daß die AIZ den Begriff der "eliten" wesentlich weiter interpretiert, als die RAF, die mit ihren Anschlägen die "Säulen des Systems" treffen wollte. Aus Sicht der AIZ gehört auch Dr. KOEHLER zu den "eliten", obwohl er bereits 1989 aus der Position eines Staatssekretärs ausschied und den Bundestag 1994 verließ. Das bisherige Erscheinungsbild der AIZ läßt nur wenige Rückschlüsse auf ihre personelle Stärke, ihr Profil und ihre Struktur zu. Die AIZ operiert - im Gegensatz zum Kommandobereich der RAF - nicht aus der Illegalität heraus. Sie strebt nach eigenem Bekunden eine Vernetzung eigenständig agierender Gruppen an. Dies wäre mit einer Organisationsstruktur der "Revolutionären Zellen" (RZ) zu vergleichen. Der RZ-Zusammenhang summierte sich aus zahlreichen autonomen und autarken Kleinstgruppen von jeweils etwa 4 - 6 Personen, die unabhängig und in gegenseitiger Abschottung zueinander eigenverantwortlich Anschläge verübten. Lediglich über Einzelpersonen der jeweiligen RZ - ohne Detailkenntnisse der übrigen Zellenmitglieder - verständigten sich Zellen unter konspirativen Umständen miteinander. In verschiedenen Bekennungen offenbarten die AIZ-Autoren ein profundes und detailliertes Wissen über lokale Sachverhalte und Vorgänge in den jeweiligen Anschlagsorten. Insofern muß davon ausgegangen werden, daß die AIZ über Strukturen in verschiedenen Städten verfügt, sich der Ortsund Milieukenntnisse dort beheimateter Personen bedienen kann. Die AIZ erhofft durch ihr Vorgehen, weitere Personen des terroristischen Umfe zum bewaffneten Kampf animieren zu können. Bislang ist das Echo auf die Aktivitäten in der linksextremistischen Szene cher verhalten. Nur vereinzelt be: sich andere Gruppen positiv auf die AIZ oder bezeichneten sich in Selbstbekenni zu Parolenschmierereien ebenfalls als "antiimperialistische Widerstandszelle". Besorgniserregend ist der Umstand, daß die AIZ offensichtlich auch "Bündni: im Ausland sucht. In ihrem jüngsten Schreiben vom 13.02.1995 - Dr. KOEHLEiR Präsident der "Deutsch-Marokkanischen Gesellschaft" - beschäftigte sich die AIZ führlich auch mit Gruppierungen aus dem islamischen fundamentalistischen 2 Offensichtlich kann sie sich ein gemeinsames Wirken mit einigen dieser Gruppen stellen. Sie bezieht sich positiv aufden "revolutionär ausgerichteten Islam" und dessen Nähe "zu uns als KommunistInnen". Auch ist in der AIZ-Erklärung "unseren marokkanischen/sahrauischenschwestern und brüdern" die Rede, die mit Hilfe der "bra-eliten" unterdrückt würden. Die AIZ wurde deswegen in der "Sozialistischen Zeitung" (SOZ) der "Vereinig Sozialistischen Partei" (VSP) am 23.02.1995 unter dem Tenor "Militante Gruppe rikiert Antiimperialismus zu Tode" scharf angegriffen. Der Artikelverfasser darauf, daß der von der AIZ positiv gewürdigte islamische Fundamentalismus denfeindliche, antisemitische und antizionistische Komponenten beinhalte und zB. in Algerien in barbarischen Exzessen gegen nichtmuslimische Ausländer einheimische Künstler und Intellektuelle bemerkbar mache. Der AIZ wurde uni sich mit den "reaktionärsten Bewegungen" zu identifizieren. Der SOZ-Schreiber hatte offenbar auch deutsche "Antifaschisten" im Auge, die si dem Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus verschrieben haben die die AIZ als Bündnispartner in der "radikalen Linken" für sich gewinnen Es ist ungeklärt, ob die AIZ bereits über Kontakte zu islamischen Fundamen! verfügt. (c) Revolutionäre Zellen (RZ) und "Rote Zora" Die "Revolutionären Zellen" (RZ) hatten in den letzten Jahren als akutes sches Bedrohungspotential kaum noch Bedeutung. Sie waren erstmals 1973 mit ristischen Aktivitäten in Erscheinung getreten. Im Mai 1975 schrieben sie in eit Strategiepapier, sie verstünden sich als Gegenmacht kleiner, autonom agierender ne. Durch Organisierung in Zellen, die Bestandteil der politischen Massenarbeit seit sollte die "Stadtguerilla" als Massenperspektive entwickelt werden. Sie wollten legalen Stadtteilgruppen und Initiativen heraus mit illegalen Methoden des bewaffneten Kampfes auf allen gesellschaftlichen Konfliktfeldern eingreifen. Im Gegensatz zur' RAF verstanden sich die RZ nicht als Avantgarde, sondern als Teil von Bewegungen, 194 tagesaktuelle und in breiter Öffentlichkeit diskutierte Problemstellungen aufgriffen durch ihr eigenes Handeln Mitstreiter für eine "soziale Revolution" gewinnen ilten. Das Konzept zielte u.a. darauf ab, durch die Propaganda der eigenen Taten Radikalijierungsprozesse anderer, ebenfalls in legalen Strukturen arbeitender Personen zu förkm, diese nach und nach in militante illegale Aktivitäten einzubinden und so das Pofential für eine "soziale Revolution" zu steigern. "Revolutionäre Zellen" waren für eine Serie von Anschlägen verantwortlich, deren Begründungen an die Problematik von Asylgewährungen anknüpfte. Ihre terroristi'schen Aktivitäten erreichten 1986 mit Sprengstoffanschlägen auf das Bundesverwalfungsamt in Köln und das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, gegen Ausländerbehörden in Hamm und Hagen, gegen die Kölner Lufthansa-Hauptverwaltung und mit tinem Attentat ("Knieschußaktion") auf den Leiter der Berliner Ausländerbehörde ihen Höhepunkt. Im März 1992 hatte eine RZ-Gruppe aus Nordrhein-Westfalen öffentlich ihre SelbstDie "Rote Zora" war ursprünglich eine militante autonome Frauengruppe innerhalb "Revolutionären Zellen". Sie hatte sich im Streit um die Herausbildung einer "revolutionär-feministischen" Perspektive aus den nach ihrer Meinung von Männern dominierten RZ abgesondert. Bis dahin hatten "Rote Zora"-Frauen ihre militanten "Aktionen schwerpunktmäßig dem Kampf gegen Sexismus gewidmet. Anschlagsziele vor allem Sexshops sowie Personen und Objekte, die sie als Symbole des Frauandels in Tatbegründungen für vermittelbar hielten, z.B. Ehevermittlungsinstitute nddie philippinische Botschaft. Nach der Trennung von den RZ konzentrierten sich Anschläge der "Roten Zora" auf Ziele im Zusammenhang mit Genund Reproduktionstechnologie und andere frauenspezifische Symbolobjekte. Zehn gleichzeitig an verschiedenen Orten der Bundesrepuik verübte Brandanschläge auf Filialen der Bekleidungsfirma "Adler" im Juni 1987 gehörten zu den spektakulärsten Aktionen. Sie richteten sich gegendie, Ausbeutung" von Textilarbeiterinnen in Südkorea. Nach Exekutivmaßnahmen gegen die "Rote Zora" und RZ Ende 1987 folgte ab FrühJahr 1988 eine bis 1993 andauernde Etappe öffentlicher Abstinenz. Mit ihrer Ende 1993 veröffentlichten 40-seitigen Broschüre "Milis Tanz auf demEis" meldeten sich die Frauen der "Roten Zora" erstmalig wieder öffentlich zu Wort. Das Papier war offenbar ein Vorstoß, Orientierungsprobleme zu überwinden und drohender Isolation entgegenzuwirken. Es ist aber sicherlich auch als Bestandteil der grundsätzlichen samtdebatte im Bereich der "Revolutionären Zellen" von Bedeutung. Die "Rote Zora" hat nach ihrer verbalen Rückmeldung von 1993 erstmals seit I nunmehr auch wieder Handlungsbereitschaft demonstriert. In der Nacht 13.06.1994 zerstörten unbekannte Personen auf Grundstücken des Uni "Weigl/Meigo" in Nürnberg und Gera mit Sprengund Brandsätzen mehrere kraftwagen. Der Schaden belief sich auf mehrere hunderttausend Mark. Eine We später tauchte in dem autonomen Infoladen "Schwarzmarkt" in Hamburg ein nerschreiben der "Roten Zora" auf, das später auch in einigen Szenepublikationen gedruckt wurde. "Revolutionäre Zellen" haben ihr eigenes Handeln stets als eine Art Anknüpfung tegie, Zielansprache und Initialzündung verstanden, um durch ihr Beispiel die Bewegung möglichst zu vermehren und Nachahmungstäter anzustiften bzw. zu tigen, getreu dem Motto: "Schafft viele Revolutionäre Zellen!" Ganz in diesem Sir begingen Nachahmer der "Roten Zora" am 26. Oktober einen Brandanschlag auf' LKW der Firma "Ogeva" in Leipzig, die ebenfalls zur Firmengruppe "Weigl/Meigo" gehört. Beide Straftaten wurden im Zusammenhang mit dem am 01.11.1993 in Kraft g nen Asylbewerberleistungsgesetz und dessen Auswirkungen begründet. Die gescl ten Unternehmen sind Vertriebsfirmen für Nahrungsmittel und beliefen u.a. Asyl bewerberheime. Das Gesetz wird als "rassistisches Sondergesetz" hingestellt. Nach den neuen Bestimmungen können Asylbewerber anstelle von Geld auch Sachlei gen zur Deckung ihres Lebensbedarfes erhalten. Diese Praxis verletze die Würde der Flüchtlinge und bevormunde sie. Firmen wie "Meigo" werde es dagegen ermöglicht, sich am Elend der Flüchtlinge zu bereichern. "Meigo" habe sich in Bayern eine Monopolstellung verschafft. Aufgrund dessen habe sie mehrere Niederlassungen in der ehemaligen DDR gründen können und. dabei eine ins Unermeßliche gestiegenen Profit erzielt, der durch Qualitätsminderung und Verwendung auch verdorbener Ware zustandegekommen sei. Die "Rote Zora" und ihre Nachahmer halten sich damit an die klassischen Tatbegründungen der RZ, in denen Bevölkerungsexplosion, Überbevölkerung und daraus resultierende Flüchtlingsströme dominieren. Die "Rote Zora" erweiterte diesen Begründungsrahmen um die Komponente" Patriarchat" als tiefergehenden universellen Hintergrund für das Ausbeutungsverhalten kapitalistischer Herrschaft. Das "Patriarchat" ist für die "Rote Zora" zentrale Ursache aller gesellschaftlichen Konflikte, die Befreiung vom Patriarchat demzufolge Grundlage für "die Befreiung" an sich. Die organisatorische Trennung von "Roter Zora" und männerdominierten "Revolutionären Zellen" 196 entsprechende Konsequenzen auch nach innen, schließt jedoch punktuelle Zuenarbeit mit Männern oder "gemischten Gruppen" nicht aus. je von der "Roten Zora" in ihrem Papier vom Dezember 1993 veröffentlichten Thestießenaufkritische Resonanz. Die Verfasserinnen von "Milis Tanz auf dem Eis" ihre Absage an jegliche Machteroberung u.a. damit begründet, daß die Zerstö'der herrschenden Machtverhältnisse nicht zwangsläufig die Auflösung der bisheStrukturen zur Folge habe. Frühere Befreiungskriege hätten gezeigt, daß die htigen zwar vertrieben werden konnten, die neuen Machthaber sich aber nur an 'deren Stelle setzten, um den vorhandenen Apparat zu übernehmen. Diesen Weg will die "Rote Zora" nicht gehen, auch wenn sie davon überzeugt ist, daß weibliche Macht im Grunde positiv ist. Deshalb hat sie als Abgrenzung zur herrschen(den Gewalt den Begriff "Gegenmacht" benutzt. Er wird als Widerstand gegen patriar(hale Macht verstanden und kann in Form bewaffneter Angriffe, aber auch bei der Verteidigung bereits erkämpfter Strukturen zum Ausdruck kommen. In einem 32-seitigen Diskussionspapier "Perspektiven im revolutionären feministi'schen Befreiungskampf" trugen Kritikerinnen ihre Differenzen zu den Positionen der "Roten Zora" an die Öffentlichkeit. Es tauchte im Juli - ebenfalls in Hamburg und 'wiederum im autonomen Infoladen "Schwarzmarkt"" - auf. Die Kritikerinnen begrüßten zunächst, daß die "Rote Zora" ihre Thesen überhaupt zur Diskussion gestellt hatte. Sie stimmten auch zu, daß Frauen/Lesben über Ziele und Wege militanten Frauenwi'derstandes nachdenken und sich stärker organisieren müßten. Dies sei wichtig, wenn man das herrschende System abschaffen wolle. Im weiteren Text wurden die Aussagen der "Roten Zora" dann jedoch kategorisch kritisiert, So wurde der "Roten Zora" unterstellt, sich mit einer "individualisierenden Betroffenen-Unterstützungspolitik"auf die Ebene "helfender Einzelinterventionen" zurückzie'hen zu wollen, statt im organisierten kollektiven und revolutionären Widerstand das ganze System anzugreifen. Zusammengefaßt wurden der "Roten Zora" kollektive Perspektivlosigkeit, Tendenzen zur Privatisierung, Entpolitisierung und Hang zum Reformismus nachgesagt. Die Formulierung der "Roten Zora" zum Guerillakonzept militärischer Machterobenung und die angepeilte Etablierung von "Gegenmacht" seien demagogisch und pauschalierend begründet worden. Die "Rote Zora" verschließe sich mit ihrer Betrachtungsweise jeglichem Ansatz zu gesellschaftlicher Veränderung. Der Linken in Deutschland gehe es in Wahrheit ja überhaupt nicht um militärische Intervention. Macht an sich sei eben doch nicht "patriarchal", sondern nur deren Definition und der Umgang mit ihr. Die "Rote Zora" verzichte ja auch nicht auf Angriffe, Bestrafungen, Zerstörungen und andere "macht"volle Aktionen, die das bestehende Kräfteverhältnis Stück für Stück veränderten. Der "Roten Zora" wurde unterstellt, auf eine "neue Frau197 enbewegung" eingeschwenkt zu sein, die als Allheilmittel die "Neue Innerlichkeit" entdeckt habe. Zum Komplex Antisemitismus/Antizionismus überwogen im "Rote Zora"-Papier von 1993 Standpunkte, daß Israel aus deutscher Verantwortung unterstützt werden müsse. In dieser Positionsbestimmung entdeckten ihre Kritikerinnen ein "unmaterialistisches" und moralisches Politikverständnis, ein "Halbwissen", das der herrschenden Rassismuspropaganda aufgesessen sei. Die Absage an antizionistische Richtungsbestimmungen vernachlässige zugleich Befreiungsperspektiven. Den "Rote Zora"-Frauen wurde mit diesem Hinweis unterstellt, den Interessen der Palästinenser zu schaden. In geradezu abenteuerlicher Dialektik strickten die "Rote Zora"-Kritikerinnen aus einem marxistisch-antipatriarchalen Ideologieknäuel ein neuartiges antijüdisches Rechtfertigungsmuster: Geschichtliche Antriebskraft für Judenhaß seien stets "Alassenwidersprüche", Antisemitismus habe seine Bedeutung immer aus der Unterstützung der "HERRschenden (Männer)Klasse!" bezogen. Zionismus sei die Antwort jüdischer Kapitalisten auf ökonomische und politische Entwicklungen. Heute orientiere sich das deutsche Finanzkapital am imperialistischen Ziel, unter Führung der regionalen Supermacht Israel einen wirtschaftlichen Großraum Türkei, Syrien, Israel, Libanon, Jordanien und Palästina zu schaffen. Unter der Überschrift "Internationalismus und Frauen in Befreiungsbewegungen" nkherten sich die Kritikerinnen marxistisch-Ieninistischen Ideologieansätzen. So sei die "Rote Zora" überhaupt nicht auf die von sozialistischen und anarchistischen Ideen geprägten weltweiten Frauenbewegungen eingegangen. Sie ignoriere deren Kämpfe gegen Feudalismus, Kapitalismus und Imperialismus und für ein sozialistisches System. Bereits die RAF-Frauen hätten ihre Entscheidung für das Guerillakonzept als "subjektiven Befreiungsschritt" verstanden. Für viele Frauen - insbesondere Kurdinnen - sei der Eintritt in die Guerilla ein Schritt, um den entwürdigenden, frauenverachtenden Bedingungen der traditionellen Feudalfamilie zu entkommen. Es sei schlis unverständlich, daß die "Rote Zora" sie nicht erwähne. Wer marxistisch-leninisti Organisationen ausblende und sich am antiimperialistischen Kampfdesinteressiert ge, lande letztlich im "Reformismus". Die "Rote Zora" hatte ihr Papier "Milis Tanzaufdem Eis" mit dem Untertitel "Ve Pirouetten, Schleifen, Einbrüchen, doppelten Saltosunddem Versuch, Boden unter Füße zu kriegen" versehen, offensichtlich, um damit bildhaft Orientierungssch' und Differenzen im Streit um die "richtige" Linie auszudrücken. "Rückmeldungen' von Leserinnen sollten offenbar helfen, interne Widersprüche aufzulösen. Die ir ;amt äußerst kritische "Rückmeldung" anonym gebliebener Personen, die sich "Gruppe weißer Frauen" bedeckt halten, blieb seitensder "Roten Zora" bisher antwortet, 198 Der asylpolitische Ansatz steht neben der "Antifa"-Kampagne weiterhin im Mittelpunkt militanter Linksextremisten. Differenzen zwischen der "Roten Zora" und ihren Kritikerinnen berühren bisher nicht ihren Grundkonsens, das politische System mit militanten Anschlagsoperationen anzugreifen. 5.3.3. Autonome / Anarchistische Szene (c) Grundsätzliches Seit etwa 15 Jahren beschäftigen sich Verfassungsschutz und Polizei mit den politisch motivierten Gewalttaten von Gruppierungen, die in ihrem Namen die Bezeichnung "Autonome" führen. Sie beanspruchen "Freiräume" außerhalb der "herrschenden" Gesetze und "Zwänge"des bestehenden Gesellschaftssystems. Ihr politisches Denken und Handeln ist zumeist offensiv-aggressiv, antistaatlich und in den Zielperspektiven subversiv. Spontaneität, "Null Bock""-Mentalität, permanente Revolte (statt permanenter Revolution), "praktischer" Widerstand sind Stationen autonomen Selbstverständnisses. Nicht fürs Proletariat, sondern für ein universell selbstbestimmtes Leben wird gekämpft. 'Autonome Gruppen verstehen sich als eine undogmatische Basisbewegung. Sie grenzen sich in ihrem Politikverständnis gegenüber Ideologien des Marxismus, Sozialismus und Kommunismus ab, da diese - zumindest für eine gewisse Zeit - von einem Fortbestand staatlicher Macht bzw. der "Diktatur des Proletariats" ausgehen und Staatlichkeit nicht radikal abschaffen wollen. Nach der Zerschlagung des Systems soll "Auto'nomie iner herrschaftsfreien Gesellschaft ("Keine Macht für niemand!"), mithin 'Anarchie, als oberstes Prinzip des gesellschaftlichen Miteinanders gelten. 'Gewaltbereitschaft ist konzeptioneller Bestandteil autonomen Selbstverständnisses. Im 'Gegensatz zu revolutionären Marxisten, die zumeist die Gesellschaftsordnung durch tinen kadermäßig organisierten gewaltsamen Aufstand des Proletariats revolutionär verändern wollen, stehen bei Autonomen die eigene Person und individuelle Betroffenheit im Vordergrund. Hierarchien und Machtzentren, damit auch der Staat("Schweinestem"), werden abgelehnt, weil sie der Selbstverwirklichung im Wege stehen. Ihr 'von anderen sextremisten abweichendes Politikverständnis hindert Autonome aber licht mehr,mit ihnen zusammenzuarbeiten, wenn es den eigenen Zielen dient. ome bewegen sich zumeist in lokalen/dezentralen, unstrukturierten, nur kleinen 'eher unverbindlichen Personenzusammenhängen. Informationen werden bevorzugt Plenumstreffen ausgetauscht. Einzelne Plenen halten untereinander Kontakte. Eine jafte organisatorische Vereinheitlichung autonomer Gruppen - regional oder jonal - läßt ihr antihierarchisches, antiautoritäres und daher organisationsfeind199 liches Selbstverständnis im Prinzip nicht zu. Aktuelle bundesweite Organisi ativen, vorwiegend auf "Antifa"-Ebene, stehen im Widerspruch zu diesem Prinzip kommen daher nur mühsam voran. Demgegenüber hat es bei der informellen nikativen Vernetzung autonomer Gruppen durch elektronische Kommunikatio en (Mailboxen, Info-Telefone) in den letzten Jahren Fortschritte gegeben. Die Praxis autonomer Gruppen hat sich vom "Häuserkampf", der in der Zeit um I Schwerpunkt war und dessen Relikte sich z.B. in der Hamburger Hafenstraße heute wiederfinden, über die Ökologieund Friedensbewegung, gegen staatliche pression, Antifaschismus, Antimilitarismus, NATO und Munitionstransporte, Themen zugewandt. Vorrangige Anknüpfungsthemen sind heute erneut Antifaschi mus, Antirassismus, Dritte-Welt-Problematik, Umstrukturierung von Wohngebieten| sowie Widerstand gegen Ausländergesetzgebung und staatliches Handeln aufdem Gebiet der Asylverfahrensabwicklung. Die 1994 besonders in Niedersachsen reaktivierte Antikernkrafibewegung zeigte vergleichbare Ansätze wie in den 80er Jahren. In den letzten Jahren bestimmten vorrangig Auseinandersetzungen mit Rechtsextremisten die Aktionsschwerpunkte autonomer Gruppen. Ebenso wie andere Linksextremisten, verstehen Autonome ihre Antifaschismuskampagne auch als Kampf gegen die Staatsmacht, über die behauptet wird, im Interesse kapitalistischer Herrschaftssicherung Rechtsextremisten als willkommene Erfüllungsgehilfen zu benutzen. Fremdenfeindliche Mordanschläge und frühere Wahlerfolge rechtsextremistischer Parteien wurden entsprechend gedeutet nach dem Motto "Die Mörder sitzen in den Parlamenten". Eigene Gewalt rechtfertigen Autonome stets als "Gegenwehr" bzw. "Antwort" auf staatliche Repression, kapitalistisches Ausbeutungsund Profitverhalten, soziale Ungerechtigkeit oder auf Verhaltensweisen von Rechtsextremisten. Die in den 70-er Jahren noch strikter beachtete Grenze zwischen "Gewalt gegen Sachen" und "Gewalt gegen Personen" ist stellenweise durchlässig geworden. Gewalt gegen Polizeibeamte wurde bereits in den 80-er Jahren in autonomen Zusammenhängen toleriert. Schlüsselereignis für die Enttabuisierung körperverletzender, auch Tötung in Kauf nehmender Gewalt, war das Briefbombenattentat vom 12.06.1991 gegen den Referatsleiter beim Berliner Bausenator, Hanno Klein. Autonome "Gegenwehr" kennt in ihrer Vielfalt und Phantasie kaum Grenzen. Sie kann sich in Massenmilitanz und Straßenkrawallen entladen, oder aber in spontanen oder konspirativ vorbereiteten und durchgeführten Anschlägen bemerkbar machen. Unabhängig von der Art ihrer Gewalt legen Autonome Wert darauf, ihr Handeln öffentlich zu begründen. Vermittelbarkeit ist ein Grundprinzip ihrer Anknüpfungsstrategie. Autonome Gruppen waren stets ein Sammelbecken für Personen mit unterschiedlichen politischen Werdegängen und Herkünften. Besonders Jugendliche, die negative per200 'sönliche Erfahrungen mit staatlichen Institutionen gemacht haben, lassen sichin dem Bedürfnis, Frust oder Haß aktionistisch auszuleben, anpolitisieren und rekrutieren. Verbindungen und Kontakte ergeben sich zumeist über "Freiräume", "befreite" Räume, besetzte Häuser, Wohngemeinschaften, Jugendzentren, Kneipen, Infound Buchläden. Als eine Art "befreites" Terrain betrachten Autonome in Hamburg z.B. die Hafenstraße und das Stadttteilzentrum "Rote Flora". Auf beide wird nachstehend einge'gangen, ebenso wieauf andere "autonome Themen" im Jahre 1994: Hamburger Bezüge zum Widerstand gegen Castortransporte, Störkampagne zum Tag der Deutschen Einheit und zum Essener EU-Gipfel, Aktionen im Bundestagswahlkampf und Proteste gegen Stadtteilentwicklung. a#3 (r) Hafenstraße / Situation, Tendenzen, Aktivitäten In den seit etwa 4 Jahren zurückgegangenen politischen Aktivitäten von Bewohnern der ehemals besetzten Häuser in der St. Pauli Hafenstraße haben sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Einige der etwa 100 in den Häusern lebenden Bewohner sind auch weiterhin politisch-extremistisch aktiv. Diese Arbeit vollzieht sich jeBEREITEN doch nicht in gefestigten linksextremistischen, bewohnereigenen Strukturen bzw. gemeinsamer kontinuierlicher Verbindlichkeit, sondern ist von speziellen Wohngruppen, persönlichen Freundschaften und und politischen Präferenzen abhängig. Interne Debatten drehten sich weiterhin um die Erhaltung der baulichen Substanz, die Baulückenausfüllung und aktuell um die Übertragung der Häuser auf die Bewohnergemeinschaft bzw. die "Genossenschaft Hafenstraße" (GH) oder einen privaten Investor. Die einstige Bedeutung der Hafenstraße als bundesweites Symbol linksextremistischen Widerstandes gegen das politische "System" an sich und gegen das staatliche MachtsFr250= monopol schlechthin verlagerte sich - abgesehen von Nadelstichaktionen - zunehmend auf ein Kräftemessen um ordnungspolitische/administrative Fragen, kriminelle Einzeldelikte und Scharmützel mit der Polizei. Am 05. Januar verkündete das Hanseatische Oberlandesgericht (HansOLG) die letzten Räumungsurteile gegen Bewohner von Hafenstraßenwohnungen. Einige Betroffene legten dagegen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Beschwerden ein. Sie vertreten den Standpunkt, daß der Kündigungsschutz für Wohnungsmieter auch für Untermietverhältnisse gelte und vom OLG entsprechend hätte angewendet werden müssen. Am 14. Februar gab das BVerfG bekannt, daß die Beschwerden abgelehnt worden seien. In einer Presseerklärung warfen die Bewohner den Richtern vor, sich nicht an das geltende Mietrecht gehalten zu haben. Interne Widersprüche und Konflikte u.a. aufgrund uneinheitlicher politischer Bewußtseinslagen haben unter den Hafenstraßenbewohnern ein Klima der Entsolidarisierung aufkommen lassen. Etliche Bewohner zogen im Laufe des Jahres aus. Die Zu201 rückgebliebenen kümmern sich stärker um ihre persönlichen Belange, als um politisch-extremistisch motivierte Anliegen. Andere beklagen daher den Verlust gemeinsamer Identität, von "Wir"-Gefühl und Zusammenhalt. Das "/nterne Plenum" als Entscheidungsgremium der Bewohner wurde kaum noch besucht. Neben dem Plenum existieren aufgabenbezogene ausschußähnliche Bewohnergruppen: so war z.B. eine Baugruppe dafür verantwortlich, in der Öffentlichkeit für das "Baumodell HafenstraBe" zu werben. Eine andere Gruppe ist für Verhandlungen mit Versorgungsunternehmen (HEW, HGW, HWW) zuständig. In den einzelnen Häusern gibt es Selbstverwaltungsgruppen. Für das einstmals ausgeprägte, inzwischen jedoch abgebröckelte linksextremistische Unterstützerund Sympathisantenumfeld ist die Hafenstraße zunehmend uninteressant geworden. Die Bewohnermehrheit wird inzwischen als zu bürgerlich und zu unpolitisch angesehen. Sie kommt als Klientel für linksextremistische Einflußgewinnung, Zuspitzungen und Radikalisierungen gegen die politische Grundordnung und für politische Fanale gegen das verhaßte "System " weniger als früher in Frage. Die Hafenstraße versuchte vielmehr erneut - nicht immer ohne diesem Anliegen abträgliche Zwischenfälle - sich gegenüber der Öffentlichkeit als friedliches Wohnprojekt darzustellen. Im Interesse der Vertrauensbildung und erhöhter öffentlicher Akzeptanz wurden zudem offene Plenumsveranstaltungen und Stadtteilkonferenzen durchgeführt. Bereits 1993 war im Hinblick auf breitere Unterstützung die "Genossenschaft Hafenstraße" gegründet worden. Auch über den "Hafenrandverein" (HV) wird für die Ziele der Hafenstraßenbewohner geworben. Unter den linksextremistisch engagierten Bewohnern der Hafenstraße und ihren Sympathisanten besteht weiterhin die Neigung, demonstrativen bzw. öffentlichen Druck zu erzeugen und auf diesem Wege den staatlichen Institutionen Lösungen im Sinne der Bewohner abzutrotzen. Nach ihrem Verständnis wäre dieses z.B. eine Eigentumsübertragung an die "Genossenschaft Hafenstraße", die "Patriotische Gesellschaft" oder einen anderen, den Bewohnern genehmen Träger. Im März wurden an diese Option sogar Forderungen auf "Reparationszahlungen" des Senates als Entschädigung für angeblich brutale Polizeieinsätze geknüpft. Potentielle Bewerber bekundeten gegen Ende des Jahres Interesse an einem KaufdesObjektes Hafenstraße. Im Herbst formierte sich eine "Dialogkommission" als potentielle Gesprächspartnerin im Zusammenhang mit einem etwaigen Verkauf des Häuserprojektes. Hafenstraßenbewohner arbeiten an der seit Oktober erscheinenden Stadtteilzeitung "Moin St. Pauli" mit. Mit zahlreichen Initiativen und unterschiedlich großen Aktionen betätigten sich die Hafenstraßenbewohner im Laufe des Jahres nach ihrem Verständnis für den Erhalt der von ihnen genutzten Häuser. Am 16. März suchten etwa 30 Bewohner und Sympathisanten den Senator der Stadtentwicklungsbehörde auf, um mit ihm über die Zukunft der Häuser und die Baulückenbebauung zu reden, für die am gleichen Tage Bau- grunduntersuchungen begannen. Im Zusammenhang mit dem Baubeginn zur SchlieBung der "Baulücke Ost" gab es zunächst am 18. März Auseinandersetzungen um die Verlegung eines "Kunstwerkes", des sog. "Eisenmannes". Die Polizei entfernte 4 "Kunstwerk"-Besetzer über eine Feuerwehrleiter. Bewohner und Sympathisanten entfemten den "Eisenmann" am 27. März freiwillig. Zwei Tage später begannen die Bauarbeiten. Eine erneute Störaktion mittels sog. "Zelttage" auf dem Baulückengeläinde führten am 0809. April zur 2-tägigen Unterbrechung der Bauarbeiten. Die Zelte wurden dann jedoch friedlich abgebaut. Unbekannte Täter beschädigten am 14/15. April auf der Baustelle lagerndes Baugerät. Am 21. April bot die "Genossenschaft Hafenstraße" dem Senat schriftlich, aber erfolglos, unter Hinweis auf eine angeblich gesicherte Finanzierung den Erwerb der "Baulücke-Ost" an. Am 27. April wurde ein Bauzaun von Unbekannten beschädigt, ein Wachmannauf der Baustelle beworfen und bedroht. Eine sog. "Promotion-Tour" für das "Baumodell Hafenstraße", zunächst auf Hamburg beschränkt, wurde bundesweit fortgesetzt. Vom 06.-08. Mai besuchten bis zu 700 Personen das traditionelle "Hafenfest" mit Kultur-, Unterhaltungsund Musikdarbietungen in der Hafenstraße parallel zum offiziellen "Hamburger Hafengeburtstag". Die Veranstaltung selbst verlief friedlich. Allerdings beschädigten am letzten Tag mehrere Vermummte mit Eisensägen und Bolzenschneidern den Bauzaun. Während des Hafengeburtstages ging das illegal betriebene "Radio Hafenstraße" aufSendung. Am 17. Mai wurden vor den Hafenstraßenhäusern mit Stühlen und Tischen eine StraBenblockade veranstaltet, Straßentheater/Sketche aufgeführt, Transparente gezeigt und Flugblätter verteilt. Damit sollte Forderungen nach einem Baustopp bei der Baulükkenbebauung Nachdruck verliehen und gegen angebliche "Dialogunfähigkeit" des Hamburger Senates provokativ protestiert werden. Über die vorstehend zusammengefaßten, ausschließlich auf die unmittelbare eigene Situation und Zukunft bezogenen Aktivitäten hinaus, beteiligten sich in unterschiedlicher Stärke Bewohner der Hafenstraße an zahlreichen linksextremistischen Aktionen. Ihr Potential hat sich im Vergleich zu zahlreichen früheren Anlässen allerdings verringert. Im Gegensatz zu früheren Jahren ist die Teilnahme von Hafenstraßenbewohnern an linksextremistischen Aktionen nicht mehr automatisch ein sicherer Hinweis auf bevorstehende militante Ausschreitungen. "Die" Hafenstraße als gesamtheitlich linksextremistischer und gewaltgeneigter Personenzusammenhang existiert nicht mehr. In ihr leben weiterhin Personen, die den Sicherheitsbehörden im Jahresverlauf anlaßbezogen unverändert, z.B. durch Gewaltgeneigtheit, Beteiligung an linksextremistischen Bestrebungen oder direkte politisch motivierte Gesetzesverletzungen auffielen. Solidaritätsbekundungen für die PKK spielten im Laufe des Jahres bei Aktionen Rolle, die sich unmittelbar aus den Hafenstraßenhäusern heraus entwickelten. fach (Mai, Juni, Juli, November) wurden Symbole verbotener kurdischer Organii nen und Parolen an den Häuserfassaden gezeigt sowie Widerstand gegen einschrei de Polizei geleistet. So malten u.a. am 20. November einige Bewohner einen großen ERNK-Stern (S} des politischen Arms der PKK) an eine Hafenstraßenfassade. Polizeibeamte, die verbotene Symbol übermalen wollten, wurden einen Tag später aus dem Haus mit Farbe übergossen und mit Stangen aus den Fenstern attackiert. Die "Unab/ Kurdistan Solidarität" aus der Hafenstraße 116 verbreitete aus diesem Anlaß ei "Presseerklärung" (c) Stadtteilzentrum "Rote Flora" Auch im fünften Jahr seines Bestehens war das alternative Stadtteilzentrum "Rote Flora" wichtiger Bezugspunkt der undogmatischen linksextremistischen Szene in Hamburg. Wie auch in der Hafenstraße deutet sich jedoch an, daß die Betreiber ihrem einstigen Anspruch als autonomes Veranstaltungszentrum nicht mehr gerecht werden können. Neben autonomen Gruppen überläßt die "Rote Flora" Räume auch anderen, bevorzugt dabei aber Gruppierungen aus dem "eigenen" Umfeld, dem Schanzenviertel und St. Pauli. Im Interesse gegenseitiger Annäherung wurde ein Straßenfest im Schanzenviertel organisiert. Mitbenutzer der "Roten Flora" müssen "politisch korrekt" sein, d.h. sich grundsätzlich zum Antifaschismus, Antirassismus sowie zum "Antipatriarchat" bekennen. Sprachrohr ist die Zeitschrift "Zeck". Sie beklagte, daß der "politische" Anspruch des Projektes zunehmend ins Hintertreffen gerät und sich auf kulturelle Aktivitäten verlagert. Es werde Publikum angezogen, das sich nur am "Abbruchambiente" der "Roten Flora" erwärme und unkonventionelle Parties feiern wolle. Junge "Antifaschisten" beklagen Kommerzialisierungstendenzen und Gewinnstreben. Eine schon länger bestehende Entfremdung zu den Bewohnern der Hafenstraße hat sich durch Spannungen im Rahmen einer ausufernden Patriarchatsund Sexismusdebatte vertieft, die unter undogmatischen Linksextremisten höchste Priorität genießt und selbst für die terroristische "Rote Zora" den elementaren Begründungsund Erklärungsrahmen liefert. Für dogmatische Linksextremisten ist das Profitstreben Urquell kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung. Für Autonome hatdas "Patriarchat" Schlüsselfunktionen zur Sicherung kapitalistischer Strukturen und Herrschaftsmechanismen. Ohne Männer gäbe es aus autonomer Sicht überhaupt keinen Kapitalismus. 204 der 70-er Jahre hatten aufkommende Frauendebatten bereits den "Kommunisti"n Bund" (KB) aus den Fugen gebracht und seine bis dahin geschlossenen inneren turen zunehmend zerfasert und gelähmt. Die Patriarchatsund Sexismusdebatte 'der "Roten Flora" zeigte im Laufe des Jahres ähnliche Folgen. Die "Rote Flora" ist nach wie vor Angriffsziel von Rechtsextremisten. Am 15. Juli wurde ein Brandanschlag auf das Zentrum verübt, ohne größeren Schaden anzurichten. Danach - auch aufgrund von Diebstählen - wurde das Gebäude mit technischen InstalIationen gesichert. Die Flora-Zeitschrift "Zeck" hat sich zu einem bundesweit beachteken eigenständigen Szeneprojekt mit einer mehrere Tausend Exemplare umfassenden "Auflage entwickelt. "Rote Flora"-Angehörige engagieren sich zugleich in zahlreichen anderen linksextremistischen bzw. autonomen Zusammenhängen, so z.B. in der Hausbesetzergruppe "Nimm 2" im Sommer anläßlich der symbolischen Aktion um die ehemalige Gewürzfabrik Laue. (r) Widerstand gegen Castortransporte / Hamburg 'Anläßlich angekündigter Brennelemente-Transporte aus dem Kernkraftwerk Philipsburg in das Zwischenlager Gorleben (Niedersachsen) formierte sich insbesondere am Zielort zum Teil gewaltsamer Widerstand.Erzeigte sich in Form von Verkehrsblockaden, Barrikadenbau, Sabotageakten gegen Schienenwege bzw. Bahnoberleitungen mit zum Teil erheblichen Sachschäden. Anders als früher kamen die treibenden Kräfte der Kampagne offensichtlich nicht mehr aus Hamburg, sondern von Personen vor Ort, die sich ganz persönlich und unmittelbar betroffen fühlen. Einige Hamburger Autonome engagierten sich direkt in und um Gorleben. In Hamburg selbst gab es einige kleinere, friedlich verlaufene Protestdemonstrationen gegen die Castortransporte, an denen überwiegend Jugendliche teilnahmen. Die höchste Teilnehmerzahl erreichte die Demonstration in der Hamburger Innenstadt vom25. Juli mit etwa 250 Personen. In Hamburg St. Pauli protestierten am 13. Juli etwa 50 Personen gegen die polizeiliche Räumung des von Demonstranten nach dem Vorbild der"alten" Anti-AKW-Bewegung in Gorleben errichteten Hüttendorfes "Castornix". Bei einem anschließenden Aufzug beschädigten die Demonstranten einen PKW. In Stadtteil Winterhude errichteten etwa 20 Jugendliche ein 20 Meter hohes Holzgerüst, an dem sie ein Transparent mit der Aufschrift "Gorleben ist überall" befestigten. Sie kündigten auch eine Veranstaltung zum Castortransport an, bei der ein Film gezeigt werden und ein Redner aus dem "Wendland" auftreten sollte. Das Hamburger "Anti-AtomBüro" rief im Juli zum Widerstand gegen den Castortransport, Atomkraftwerke überhaupt und speziell gegen die "Hamburgischen Electricitätswerke" (HEW) als AKWBetreiber auf. Im Hinblick auf Atommülltransporte von Brokdorf (Schleswig-Holstein) nach Sellafield (Großbritannien) kam es in und um Brokdorf zu mehreren Blockadeaktionen gegen die Verladearbeiten. In Hamburg demonstrierten aus diesem Anlaß am 30. Mai 'etwa 20 Personen am Barmbeker S-Bahnhof friedlich. Die Aktionsund Widerstandsformen von Kernkraftgegnern erinnerten zwar an entsprechende Kampagnen ab Mitte der 70-er bis in die 80-er Jahre hinein, erreichten jedoch bei weitem nicht deren Mobilisierungsgrad in z.B. bundesweiten Aufmärschen tausender Demonstranten. Die dem früheren Motto "Brokdorfist überall" nachempfundene Parole "Gorleben ist überall" war als Signal für massenhafte Anknüpfungsinitativen ungeeignet. Ökologisch motivierte Protesthaltungen standen eindeutig im Vordergrund, während in der "alten" Anti-AKW-Bewegung linksextremistische Organisationen Einfluß suchten, um sie als Vehikel für ihre Revolutionsabsichten in denGriff zu bekommen. (c) Störungen zumTagder Deutschen Einheit Autonome und revolutionäre Marxisten haben von jeher an politische Großereignisse angeknüpft, um daran angebliche "Machenschaften" der "Herrschenden" und ihre eigenen Zielsetzungen zu reflektieren sowie zum Kampf gegen den verhaßten Staat zu mobilisieren. Auch in diesem Jahr rief nahezu das gesamte linksextremistische Spektrum dazuauf, diezentralenFeiern zum Tagder Deutschen Einheit zustören. Die Feierlichkeiten wurden dieses Mal in Bremen ausgerichtet und fanden unter Beteiligung des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und weiterer Regierungsvertreter sowie Angehöriger des diplomatischen Korps statt. Bereits Monate vor dem Ereignis setzten sich mehrere Gruppen aus dem autonomen Spektrum mit dem angeblich "nationalistischen" Charakter der Feiern auseinander. Ein bundesweites breites Bündnis linksextremistischer Organisationen und Initiativen, angeführt vom "Bremer Bündnis gegen Nationalfeiern", bereitete sich daher zielstrebigaufStöraktionen vor. Daran war auch die "Initiativezum Aufbau einer bundesweiten revolutionären Organisation" beteiligt, der aus Hamburg die "Gruppe Revolutionärer Linke" angehört. Besonders Autonome propagierten unverhohlen und wortgewaltig militante Aktionsformen, stießen damit aber nicht auf uneingeschränkten Zuspruch des gesamten Vorbereitungsbündnisses. Die Bremer Gruppe "Linke Einheit gemeinsam organisieren" (LEGO) definierte als Ziel der Proteste, die angeblich nationalistischen und rassistischen "Einschwörungsrituale" zu verhindern. Der Begriff "verhindern" sei wörtlich zu nehmen und bestimme die praktische Vorgehensweise, nämlich itanz. Das "Anti-Rassismus-Büro Bremen" (ARAB) formulierte es in seiner Publikation "Gegeninformation" noch direkter: "Wir wollen erreichen, daß ihnen 'jede ihrer feierlichen Erklärungen im Halse stecken bleibt, daß sie sich in ihren Hotels verkriechen und sichauf ihren militärisch abgesicherten Zufahrtswegen zum Kongreß'zentrum verschanzen müssen." Bereits an den Tagen vor den eigentlichen Feierlichkeiten folgten diesen Worten praktische Ausführungen, die die Ernsthaftigkeit solcher Drohungen offenbar handfest unterstreichen sollten: Eine "Autonome Zelle Rosa Luxemburg" bekannte sich am 25. September zu einer Sachbeschädigung an einer Golfanlage in Bremen. Auch die Tatbegründung zum versuchten Sprengstoffanschlag der terroristischen "Antiimperialistischen Zelle" (AIZ) gegen die Bremer FDP-Zentrale am 26. September (D siehe Kapitel "Linksextremistischer Terrorismus") nahm bereits auf den bevorstehenden Feiertag Bezug. Am 01. Oktober wurden 10 Pkws von Unbekannten beschädigt. Am 02. Oktober attackierten unbekannte Täter einen Info-Stand der Bundesregierung mit Buttersäure. In einem Kaufhaus in der Innenstadt wurde eine Bombenattrappe gefunden. In der Nacht zum 03. Oktober kam es im Bremer Steintorviertel zu massiven Ausschreitungen. Trotz Verbotes demonstrierten am 03. Oktober in der Bremer Innenstadt über 1.000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter viele gewaltbereite Linksextremisten. Am Morgen hatten 200 Demonstranten versucht, zum Kongreßzentrum vorzudringen, wurden aber vorher von der Polizei gestoppt. Gruppen von etwa 200 - 300 Personen wollten die an diesem Tag eingerichtete "Volksmeile" erreichen, wurden von der Polizei aber erfolgreich daran gehindert. Spontan gebildete Kleingruppen richteten ihren Haß daraufhin gegen Banken und Versicherungen, Einrichtungshäuser, Supermärkte und Info-Stände von Bund und Ländern und verursachten dabei erhebliche Zerstörungen. Die Polizei nahm zahlreiche Tatverdächtige fest, darunter etwa 30 Autonome aus Hamburg. Mehrere Beamte wurden bei den Ausschreitungen verletzt, 274 Personen in Gewahrsam genommen. (c) Störaktionen gegen den EU-Gipfel in Essen Die EU-Ministerratstagung in Essen (09. - 11. Dezember) war ein weiteres zentrales 'Großereignis, das vorwiegend Linksextremisten veranlaßte, seit dem Frühjahr bundesweit zu Störund Gegenaktionen zu mobilisieren. Außer dem autonomen Spektrum beteiligten sich an den bundesweiten Vorbereitungskonferenzen oder an der Durchführung selbst Personen u.a. aus folgenden Organisationen und Zusammenhängen: DKP, SDAJ, VVN-BdA, BWK, MLPD, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, Ökologische Linke, Anti-EG-Gruppe Köln und antifaschistische Gruppen. Das "Esse-"r ner Bündnis gegen den EU-Gipfel" wurde zur bestimmenden Kraft. Unter dem Motto "Greifen wir gemeinsam nach den Sternen" wurde zu vielfältigen rosa" 'Aktionen aufgerufen. Die EU sei ein "kapitalistisches Projekt", in dem Probleme nur im Sinne der "Herrschenden" gelöst würden. Die EU stünde "in der Tradition des europäischen Kolonialismus" und zwinge die "Dritte Welt" zu billigen Rohstoffexporten. Sie fördere zudem den "deutschen Imperialismus", anstatt ihn zu bremsen. Ein Aufruf, dessen Verfasser sich als "linksradikale GegnerInnen" darstellten, forderten 207 "Laßt uns das europäische Haus zum Einstürzen bringen!" Die autonome schrift "Interim" Nr. 301 behauptete, die EU schotte sich nach außen hin ab und miere sich nach innen. Die "BRD" verfolge über die EU "Großmachtpolitik". nome fielen im Vorfeld der Anti-EU-Aktionen durch ihr besonders kämpferisches kabular auf, mit dem sie für aggressive Protestformen plädierten. Infolgedessen kam. innerhalb des breiten Vorbereitungsspektrums, in dem die Autonomen in der Mi heit waren, wiederholt zu Unstimmigkeiten mit zurückhaltender auftretenden T 'nehmern. Wie bereits bei den Bremer Einheitsfeierlichkeiten folgten den Störaufrufen auch Essen bereits im Vorfeld militante Aktionen. In der Nacht zum 09. Dezember kam in der Essener Innenstadt zu begrenzten Zwischenfällen. Aus einer Gruppe von etwa 100 Autonomen wurde - vermutlich mit einer Schreckschußpistole - in Richtung von Polizeibeamten geschossen. Militante Störer warfen Scheiben an Polizeieinsatzfahrzeugen sowie an der Geschäftsstelle der CDU-Jugendorganisation "Junge Union" ein. Die Polizei nahmfünfPersonen vorläufig fest. Am 10. Dezembersammelten sich - trotz Verbots - mehrals 1.000 Personen, darunter etwa 400 aus dem autonomen Spektrum, zu einer Demonstration in der Essener Innenstadt. Aus einem Teil des Aufzugs heraus wurden zahlreiche Flugzettel mit dem Symbol der verbotenen "Nationalen Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) und Parolen wie "Weg mit dem PKK-Verbot" und"Freiheitfür alle kurdischen politischen Gefangenen" verstreut. Insgesamt wurden am 9./10. Dezember 941 Personen in Gewahrsam genommen, darunter einige Personen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Polen, Italien und Großbritannien. 13 in Gewahrsam Genommene kamen ausHamburg. Bei Kontrollen im Vorfeld der Demonstration hatte die Polizei Baseballschläger, Ketten, Äxte, Beile, Behälter für Molotow-Cocktails, ein Depot mit Farbbeuteln sowie Nietengürtel, Sturmhauben und Schutzhelme sichergestellt. Am 11. Dezember proteierten nach einer "Gegengipfel"-Veranstaltung etwa 200 zum Teil vermummte Personen in der Essener Innenstadt. In Hamburg hielt sich das Engagement zu den Essener Gegenaktionen in Grenzen. Lediglich eine Gruppe des "antiimperialistischen" Spektrums hatte das Thema nachhaltig aufgenommen undaufdem Gegengipfel einen Bücherstand organisiert. (c) Aktionen im Bundestagswahlkampf / Hamburg Anläßlich einer Wahlkundgebung mit Bundeskanzler Dr. HelmutKOHL in Hamburg hatten sich am 29. September am Mönckebergbrunnen etwa 4.000 Besucher versammelt. Schon im Vorfeld wurde im Schanzenviertel mit Propagandaaufklebern (sog. "Spuckis") zu Störaktionen gegen den Auftritt des Kanzlers mobilisiert. Etwa 300 Demonstranten aus dem autonomen und antiimperialistischen Spektrum störten Dr. 208 s Vortrag durch ein massives Pfeifkonzert. Vereinzelt wurden Farbbeutel und in Richtung Rednerbühne geschleudert. 30. September übertönten etwa 50 autonome Antifas eine öffentliche Wahlkampf- g mit Bundesverteidigungsminister RÜHE durch Parolengebrülle bzw. höre so massiv, daß die Veranstaltung abgebrochen werden mußte. Die Störer n insbesondere gegen die "neue Expansionspolitk" der Bundeswehr, die der ister zu verantworten habe. Vorabend der Wahl demonstrierte das "Anti-Nazi-Bündnis" mit 37 Personen llich gegen die Beteiligung von rechten Parteien an den Wahlen. Wahltag wurden an einigen Wahllokalen Farbschmierereien verübt. Etwa 65 Juiiche, u.a. aus der "Schülerantifa", marschierten friedlich vom Gerhart-Haupt-Platz zum Stadtteilzentrum "Rote Flora" gegen rechtsextremistische Parteien die angebliche Rolle der etablierten Parteien als Garant des "kapitalistischen Sy'stems" sowie deren angebliche Verantwortung für Fremdenfeindlichkeit in Deutschand. Die Akteure - altersbedingt zum Teil noch nicht wahlberechtigtstellten sich als "Wahlboykotteure" dar. (c) Protest und Widerstand gegen Stadtteilentwicklu: Solange es Autonome gibt, haben sie sich stets gegen Veränderungen gewehrt, die sich "nach ihrem Verständnis - gegen "ihre" Lebensräume richteten. Neue stadtplanerische Akzente, z.B. Nutzungsverdichtungen in gewachsenen Stadtvierteln durch Baulückenschließung, Aufstockungen, Nutzungsindexerhöhungen, treffen den Nerv Autonomer, wenn dadurch der Charakterder Viertel unerwünscht verändert wird. Da Autonome sich nach ihrem Verständnis in ihren Schwerpunktvierteln quasi auf "eigenem" Territorium befinden, werden Politikern und staatlichen Stellen Eingriffsbefugnisse weitgehend abgesprochen. Bei solcher Bewußtseinslage sind Konflikte mit 'dem sog. "Gewaltapparat" des Staates im Ansatz vorprogrammiert. Die Polizei ist für Autonome in diesem Zusammenhang die unmittelbar sichtbare und angreifbare "Speerspitze" staatlichen Handelns und somit zentraler Punkt ihres Feindbildes, auf die sich ihr Haß und Widerstand konzentrieren. Das Bekennerschreibeneiner, Autonomen Zelle Hamburg/Gruppe Wolfgang Grams" zu ihrem Anschlag vom 29. September auf dasWohnhaus und den PKW eines Hamburger Polizeibeamten beschrieb ausführlich aus autonomer Sicht die Frontstellungen zwischen autonomen hegemonieähnlichen Ansprüchen in "ihren" Vierteln und der hoheitlich handelnden Staatsgewalt. Es reflektierte bilanzierend den Werdegang autonomen Stadtteilwiderstandes rückblickend bis in die 80-er Jahre an folgenden Ereignissen: Militante Auseinandersetzun- 'gen mit Bewohnern und Unterstützern der Hafenstraße, die zeitweilige Besetzung Häusern an der Lagerund Marktstraße ("LaMa"-Häuser), die monatelangen mil ten Störund Verhinderungsaktionen gegen den Bau des,, Flora"Theaters am Ort heutigen "Roten Flora", die Räumung des sog. "Parkes" an der "Roten Flora" Sommer 1991 durch die sog. ".Bullenmacht". Mit polizeilicher Gewalt habe der damalige Innensenator - nach autonomem Ei ständnis mit Erfolg - klarstellen wollen, ob "Regierung und Parlament das Sagen 'Schanzenviertel haben oder selbsternannte Kräfte." Die gelungene "Befriedung Problemviertel" dokumentiere den Zusammenhang von "Politik und Repression Gemessen an der weit ausholenden Tatbegründung war der Anschlag vom 29. tember eine Art Generalabrechnung jahrelangen autonomen "Widerstandes" mit Hamburger Polizei vor dem Hintergrund von Stadtteilentwicklungen. Die Polizei letztlich verantwortlich für das "Versanden linksradikalen Widerstandes" und daß es den Stadtplanern gelungen sei, die westliche Innenstadt zu "durchmischen". Der Tenor des Bekennerschreibens ließ die Absicht der Verfasser erkennen, erlittene Niederlagen ins Bewußtsein der "Szene" zu rücken und Anstoß zur Rückgewinnung der Viertel zu geben. Im Kampf gegen die "Umstrukturierung" ureigenster persönlicher Lebensumfelder in den "Vierteln" richtet sich autonome Gewalt aber auch gegen unerwünschte Objekte und deren Besitzer oder Betreiber ("Spekulanten, Miethaie"). Mit der Zerstörung von. Bauzäunen oder Maschinen sollen die Kosten z.B. von Sanierungen und Baulückenschließungen so in die Höhe getrieben werden, daß sich beabsichtigte "Kommerzsanierungen" nicht mehr lohnen und Investoren zurückweichen. Hausbesetzungen hatten in diesem Zusammenhang in früheren Jahren hohen Symbol'charakter und Aufmerksamkeitswert. Zwar werden sporadisch in Hamburg noch heute Häuser oder Wohnungen besetzt, aber nach wenigen Stunden zumeist kampflos wieder freigegeben. Begann eine Besetzung früher mit der Errichtung von Barrikadenundder Erklärung: "Dieses Objekt wird nicht freiwillig geräumt", so ist heute zumeist bereits im Ansatz erkennbar, daß es sich um mehr demonstrative "befristete Aktionen" handelt. Der Widerstand gegendassog. "HERTIE-Quarree" in Ottensen ging auch in diesem Jahr mit einer Doppelstrategie weiter. Es wurde zunächst versucht, über Behörden und Justiz eine Aufgabe des Bauprojekts legal zu erwirken. Daneben wurden aber mehrmals der Bauzaun beschädigt bzw. umgerissen sowie mehrere zumeist begrenzte Protestund Behinderungsaktionen gegen die Bauarbeiten organisiert. Der Widerstand erreichte seinen Höhepunkt am 05. März, dem sog. "Tag Z" (Z = Zom). Unter dem Motto "Kein Fleck dem Dreck" marschierten etwa 500 Demonstranten - zum großen Teil aus autonomen und linksextremistischen Zusammenhängen - anläßlich des geplan210 Baubeginrs durch das Wohnviertel. Einige rollten Fässer vor sich her, andere verten ein Pappmodell des geplanten Kaufhauses. Etwa 40 - 50 Gewaltbereite rissen weiteres Mal den Bauzaun um. Einen Tag später wurden die Bauarbeiten aufge- , danach verkümmerte der Widerstand. it einigen Jahren steht das Gebäude der ehemaligen Gewürzfabrik Laue im Schaniertel leer. Verschiedene Initiativen aus dem autonomen Spektrum des Viertels 'n seitdem Interesse an einer Nutzung des Objektes gezeigt. In diesem Jahr meldedas Bündnis "Nimm 2" seinen Anspruch auf das Gebäude an. U.a. mit Flugblättern innerte es die Öffentlichkeit und die Behörden an den Leerstand der Räume. Zumeist itige Besetzungen hatten symbolischen Charakter, ausgenommen am 24. Sepber während eines Stadtteilfestes im Schanzenviertel: Nach zwei Tagen sollte das von der Polizei geräumt werden, wobei es zu Rangeleien mit Sympathisanten . Die Besetzer selbst hatten das Haus im Hinblick auf den Polizeieinsatz zuvor beverlassen. Nachmittags demonstrierten im Viertel etwa 200 Personen gegen die "Räumung". Alternatives Wohnen in Bauwagen ist einerseits Ausdruck fehlenden oder teuren Wohnraums, andererseits eine bewußt gewählte Lebensform, die autonomen Bedürfsissen nach einem von "Kapital-, Konsumund Mietzwängen" befreiten "selbstbestimmten" Leben entgegenkommt. Bauwagenbewohner wollen auf ihre Weise der "Verbannung in Wohngheitos" entgehen und ein gemeinschaftliches Zusammenleben nach eigener Wahl organisieren. Wagenleben ist nach diesem Verständnis letztlich ein kleines Stück konkret umgesetzie Lebensutopie, Freiraum, in dem sich Kollektivität, Selbstbestimmung, Widerstand und Solidarität vereinigen. Der Widerstand gegen die herrschende Ordnung schließt bei illegale, agressive Verhaltensweisen nicht aus. Die Lebensmentalität von Bauwagenbewohnern enthält viele Parallelen und Übereinstimmungen zur Lebensphilosopie Autonomer. Sie ist Ausdruck eines mehr passiven Nischendaseins. Sporadische Einbindungen in Aktionszusammenhänge linksextremistischer Autonomer sind somit sicht die Regel, sondern anlaßund umstandsbedingte, vom individuellen Betroffenkeitsempfinden abhängige Ausnahmen. Auf sie wird hier daher auch nur in dieser unmittelbaren Relevanz eingegangen. Angesichts zumeist ungenehmigter Standorte sehen sich die "Wagenburgen" Räumungsaufforderungen von Behörden und Eigentümern ausgesetzt. Mehrfach artikulierte sich Anwohnerunmut. "Wagenburgen" suchen somit ständig nach neuen Stellplätzen. Am 03. Januar besetzte die Bauwagengruppe "Felidae" den südlichen Teil des Schlachthofes im Karolinenviertel. Vorher nutzte sie auf Vertragsbasis einen in der Nähe liegenden Platz, der von der STEG ("Stadtentwicklungsgesellschaft") jedoch ge211 TEE EEE kündigt worden war. Am 31. Januar kam es nach einer Räumungsaufforderung für besetzte neue Fläche zu militanten Auseiandersetzungen. Etwa 30 Autonome ten die Glashüttenstraße mit einem Bauzaun, kippten ein Toilettenhaus um, ten Sicherungsbaken und Absperrzäune. Das STEG-Büro wurde mit Steinen b" Am 04. Februar fügte sich die Bauwagengruppe der zweiten Räumungsauffi und verließ friedlich den Platz. Am 11. März demonstrierten 13 Wagenbesitzer aus der Behringstraße/Ottensen n Sympathisanten mit insgesamt etwa 100Personen als "Bündnis Hamburger genplätze" friedlich für den Erhalt der Bauwagenplätze. Am 23. März forderten 15 Personen aus der linksalternativen Szene mit einem Trecker und einem Ba in der Hamburger Innenstadt die Abschaffung des Wohnwagengesetzes. Die " Flora" setzte für den 29. April ein "Bauwagenfestival" an. Am 05. Juli demonstrierten Bewohner des Bauwagenplatzes Hospitalstr./Che für den Erhalt "ihres" Platzes und wandten sich gegen die geplante Grundst bauung mit Behindertenwohnungen. Die beabsichtigte Nutzung werteten sie als"gegenseitiges Ausspielen von Minderheiten". Der Platz Paciusweg/Kieler Straße von etwa 25 Bauwagenbewohnern besetzt. Ein privater Pächter ermöglichte ei len die Weiternutzung. wi m6e Im Karolinenviertel kam es in der Nacht vom 01./02. Dezember zu gewalttätigen Krawallen überwiegend Vermummter. Etwa 80 - 100 zumeist jugendliche Personen des u autonomen Spektrums lieferten sich Straßenkämpfe mit etwa 330 Polizeibeamten. 'Auslöser war ein vom Bezirksamt Mitte beim Oberverwaltungsgericht erwirkter Beschluß gegen die Nutzer des Bauwagenplatzes "Bambule" zwischen den Grundstücken Vorwerkstraße 11 und 21, der von Betroffenen als Ankündigung einer sofort bevorstehenden Räumung interpretiert worden war. Sie hatten daraufhin per Flugblatt die Unterstützerszene mobilisiert, allerdings nicht nur zur Beratung über Fragen der Platzverteidigung, sondern auch, um - laut Flugblatt - "Wut und Haß" deutlich zu machen. Etwa 100 Jugendliche aus dem linksextremistischen Spektrum nahmen am Abend des 01. Dezember an dem Treffen teil. Unmittelbar nach Auflösung des Treffens attackierten Teilnehmer Polizeibeamte u.a. massiv mit Steinen, Leuchtmunition, Molotowcocktails und beschossen sie mit Stahlkugeln. Zur Platzverteidigung errichteten einige Barrikaden u.a. aus Abfällen, Holz und Autos, die später in Brand gesetzt wurden. Es entstand erheblicher Sachschaden. "Bambule" bestand nach eigenen Angaben aus weniger als zehn Personen. Die etwa 100 Gewalttäter setzten sich aus Autonomen, jugendlichen "Antifas" und einigen eher unpolitischen Jugendlichen zusammen. Selbst Szeneangehörige wurden offenbar von der Gewalteskalation überrascht. 212 einem Flugblatt bedankte sich "Bambule"für die erwiesene Unterstützung. Man ha'mitdem Widerstand gemeinsam Wut und Haß deutlich machen können. Die Erhaldes Wohnwagenplatzes müsse "politisch" erkämpft werden, Bemühungen vor richt seien "Beiwerk". Die Umstrukturierungsprozesse im "Karoviertel" habe die zu verantworten. "Bambule" verstehe sich als "Teil des Widerstandes" gegen strukturierungen. Der Barrikadenbau habe exemplarisch aufgezeigt, daß Räumuneinen hohen "politischen" Preis hätten. Dieses gelte auch für die Zukunft. Die ion wurde als "politischer" Erfolg gewertet. ie Erfahrungen im Jahr 1994 sprechen dafür, daß für Auseinandersetzungen im Beich Karolinenviertel/Schanzenviertel/St. Pauli ein gewaltbereites Störerpotential von 'a 100 überwiegend jugendlichen Personen kurzfristig mobilisiert werden kann. 'Welcher Art die Anliisse sein können, ergibt sich aus folgenden Beispielen: 'Als auf dem von Angehörigen der linken Szene im "Karoviertel" unberechtigt zur Grünanlage umgestalteten Ölmühlenplatz am 28. August ca. 30 - 40 Autos u.a. von 'Dombesuchern parkten, versperrten 11 Linksextremisten die Ausfahrt zunächst mit ei'nem Laster. Später wurden Barrieren verschweißt und parkende Autos mit Farbspray verunstaltet. Polizei entfernte die Sperren. Heiligabend warfen - nach vergleichbaren Beschädigungen am 23. November und 04. Dezember - Unbekannte einen Stein in das zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Lokal "Mess" im Karolinenviertel. Zwei weitere Scheiben wurden eingetreten. Ein mit "Autonome Gruppen" unterzeichnetes Bekennerschreiben sprach vom "Widerstand" gegen Umstrukturierung und "Yuppiesierung" des Viertels u.a. durch teure Edelrestaurants und forderte das "Mess" auf, sich zu "verziehen". "Bullen" und "Spekulanten" wurde die Vertreibung angesagt. 5.4. Dogmatisch begründeter oder orientierter Linksextremismus Der Niedergang des "realen Sozialismus" und das Ende des SED-Regimes berührten Ende 1989 und in der ersten Zeit danach auch die Existenz, das Selbstverständnis und die Zukunftsperspektiven der extremistischen Linken in der alten Bundesrepublik. Bankrott und Zusammenbruch staatlicher Modelle im Ostblock stellten auch deren Vorposten in Westdeutschland, die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), kritischer als zuvor ins Zwielicht. Mit verheerenden Folgen sahen sich die DKP und ihre zahlreichen Nebenund Einußorganisationen konfrontiert. Schon lange vor dem Zusammenbruch der DDR war 213 es in dem ansonsten monolithisch erscheinenden Parteigefüge zu Verwerfungen kommen. Risse und Krisendebatten hatte bereits 1986 der Reaktorunfall in T: byl ausgelöst. Auch Gorbatschows "Glasnost und Perestroika" hatten die Partei in zusätzliche Schieflage gebracht. Divergenzen im Verhältnis zwischen Moskau und Ost-Berlin setzten sich als innerparteiliche Polarisierungen in der DKP fort. Ihre Mitgliederzahl stürzte von über 35.000 (1988)auf heute etwa 6.000 ab. Bis 1989 hatte die DKP sich in absoluter politischer und finanzieller Abhängigkeit der SED befunden. Als die Transferleistungen der SED versiegten, brach das parteieigene' "Medienimperium" weitgehend zusammen. Die finanzielle Abnabelung erzwang einen drastischen Personalabbau innerhalb des hauptamtlichen Parteiapparates und bei den' Nebenund Einflußorganisationen. Außenaktivitäten der DKP kamen vorübergehend zum Erliegen. Verbleibende Parteirumpfstrukturen vermittelten zunächst den Eindruck von Veteranenvereinigungen und stagnierenden, ziellosen Debattierzirkeln. Betriebsund Gewerkschaftsarbeit, einstmals Hauptstützpfeiler kommunistischer Einflußgewinnung, fanden nicht mehr statt, Vorfeldorganisationen, die bis dahin der Interessentengewinnung und Mitgliederrekrutierung gedient hatten, lösten sich auf oder erstarrten in Untätigkeit und Unverbindlikkeit. Die einstmalige Dominanz des DKP-Spektrums in Bündnissen, politischen Kampagnen und sozialen Bewegungen ging verloren. Überdas engere DKP-Umfeld hinausgehende Bedeutung behielt lediglich die Einflußorganisation "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (YVN-BäA). Sie profitierte davon, daß sie über das linksextremistische Spektrum hinaus vor dem Hintergrund einer Welle rechtsextremistischer Aktivitäten Probleme aufgriff, die die Menschen über sonstige politische Meinungsverschiedenheiten hinweg bewegten. Ende 1994 zeichnete sich ab, daß die DKP im Begriff ist, punktuell wieder Tritt zu fassen und sich - auf niedrigem Niveau - zahlenmäßig, strukturell sowie in ihrer Handlungsfähigkeit zu kon: lieren. Bundesweit stabilisierte sich der gegenüber Ende 1993 wenig veränderte Gesamtmitgliederbestand um 6.000. In Hamburg konnte der Abwanderungstrend gestoppt bzw. durch Neuaufnahmen aufgefangen werden. PDS-ler kandidierten, gehen auch der "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) die "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) Wege in Richtungauf die PDS. dere die VSP beharrte zwar darauf, ihre organisatorische Selbständigkeit auf Fall behaupten zu wollen. Je mehr sich die "Alt-68er" von BWK und VSP jeins Fahrwasser der PDS begeben und sich im Rahmen gemeinsamer Wahlkandiren ins Schlepptau nehmen lassen, geben sie stückchenweise ihre eigene politische Manövrierfähigkeit auf. 1. Deutsche Kommunistische Partei (DKP) nebst ehemaligen Nebenund Einflußorganisationen Die 1968 gegründete DKP hielt auch 1994 an ihren dogmatisch begründeten, marxi'sisch-leninistischen Zielsetzungen fest. Den Zusammenbruch des "Realsozialismus" in den ehemals moskautreuen staatskommunistischen Ländern des "Warschauer Pakes" hinter sich lassend, bemüht sie sich darum, die eingetretenen finanziellen, organi'sstorischen, logistischen und sonstigen infrastrukturellen nachteiligen Rückwirkungen bzumildern. Die DKP verfolgt nach wie vor als höchstes Ziel, das "kapitalistische 'Sistem" zu "überwinden", Die Arbeiterklasse wird weiterhin als revolutionäres Subjekt und Träger gesellschaftlicher Veränderungsprozesse gesehen. Die DKP fühlt sich nach einer S-jährigen Durststrecke im allmählichen Aufwind. Hisörisch gesehen definiert sie sich ("UZ" vom 14.10.94 / "Thesen - programmatische Orientierung der DKP*) als "Am Beginn des nächsten Anlaufs" zum Sozialismus stehend, Das Ziel Sozialismus könne nur durch "den Kampfder Klassen erreicht werden". Hinter "uns liegt nicht das Finale, hinter uns liegt der Auftakt unserer historisch gesehen jungen Bewegung". Der Sozialismus müsse nicht erfunden werden und schon gar icht neu. Defizite beim "ersten Versuch, den Sozialismus zu errichten", liefern laut DKP kein Argument, den Sozialismus als Alternative zum kapitalistischen System zu verwerfen. Als habe es den Untergang der von ihr jahrzehntelang angepriesenen Modelle gesellschaftlichen Zusammenlebens nie gegeben, geht für die DKP die ApokaIypse weiterhin vom Kapitalismus aus: Das Gesetz der Akkumulation des Kapitals erZwinge nun einmal ein ökonomisches Verhalten, "das zum Untergang der menschlichen Zivilisation, wahrscheinlich der Menschheit überhaupt führen muß....". Ein Parteivorstandsmitglied äußerte sich im November allerdings noch skeptisch, ob die Hauptziele der DKP aufgrund der derzeitigen politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland mittelfristig wohl erreichbar sein werden. Daher habe die DKP heute zunächst ihren Beitrag zur "Formierung eines politisch-sozialen Blocks" zu leisten, eine "Gegenmacht" zu den kapitalistischen Kräften aufzubauen und die "Flexibilität des kapitalistischen Systems" auszuloten. Ein neuer "Klassenkompromiß" auf der Basis ei215 nes neuen Gleichgewichts zwischender "Macht des Kapitals" und der neu zu fi renden gesellschaftlichen "Gegenkraft" müsse gefunden werden. Parallelen zum en Gesellschaftsvertrag" gemäß PDS-Papier "Zehn Thesen zum weiteren Weg der PDS" sind unverkennbar. Eine deutliche Annäherung der DKP an die PDS signalisierten bereits die Vorbereitungen zur Europawahl. Auf der 6. Parteivorstandstagung der DKP im März rief di Partei offiziell zur Wahl der PDS bei der Europawahl auf. Zuvor war ein Mitglied des DKP-Parteivorstandes auf der offenen Liste der PDS nominiert und die Idee einer DKP-eigenen offenen Liste verworfen worden. Weil die Finanzlage der Partei cher angespannt war, rief sie zu Wahlkampfspenden auf. Das Engagement der DKP zugunsten der PDSwurde jedoch nicht mit deren erhofftem Durchbruch bei der Europawahl belohnt (bundesweit 4,7 %, Hamburg 8.919 Stimmen = 1,4 %). Gleichwohl bilanzierte die DKP die Wahlkooperation mit der PDS positiv. Aufgrund dieser Erfahrung beschloß sie im Juni auf ihrer 7. Parteivorstandstagung, anläßlich der Bundestagswahl wiederum zur Wahl der PDS-Listen aufzurufen. Erklärtes Ziel war uw.a., forciert "linke" Kräfte zu bündeln. Insgesamt kandidierten im Bundesgebiet 19 Mitglieder der DKP auf offenen Listen der PDS. Ihre Wahlkampfaktivitäten und ihren einmal auf Touren gebrachten Organisationsapparat verquickte die DKP ab 01. September bis zum Vorabend der Bundestagswahl mit einem "Aktionsund Werbemonat" unter dem Motto "Rot ist mehr als eine Farbe". Vor allem unter jungen Menschen wollte sie bei dieser Gelegenheit neue Mitglieder werben und im übrigen Wahlkampfspenden sammeln, neue Abonnenten für das Parteiorgan "Unsere Zeit" (UZ) gewinnen sowie die Ziele der DKP publik machen. Das Ergebnis wurde von der Partei zwar positiv bewertet, bemerkenswerte Mit gliederzuwächse blieben allerdings aus. Der Mitgliederbestand der Partei hat sich derzeit bundesweit um etwa 6.000, in Hamburg bei etwa 450, eingependelt. Neben ihrem bundespolitischen PDS-Engagement schaltete sich die DKP auch regional im Rahmen unterschiedlicher Kandidaturformen in einigen Städten und Gemeinden. in Kommunalwahlen ein. Ein Parteisprecher bezifferte die parlamentarischen Mandatsträger der DKP nach dem Superwahljahr 1994 mit 37 Personen. 1992 waren es noch 72, 1988 noch 121 DKP-Parlamentarier. Die früher im Rahmen vielfältiger Eigenund Bündniskandidaturen erworbene stärkere parlamentarische Präsenz der DKP ist somit im Zuge gewachsener PDS-Wahlpräsenz rapide abgeschmolzen. Ihre Entscheidung, die PDS zu unterstützen, beurteilte die DKP auch nachträglich als richtig und als vorbeugenden Schritt, um der "Gefahr einer weiteren Isolierung" zu entgehen. Sie habe "neue Freunde in Wählerinitiativen und Wahlkreisen gefunden, Ansehen uind Vertrauen vor Ort undim Land, und auch im Ausland" erworben. Zwar schränkte sie ein, die PDS sei keine Partei, die "Arbeiterinteressen Vorrang" einräu216 me, jedoch sei eine stärkere PDS ein "Gewinn für alle linken Kräfte". In der mit vier Berliner Direktmandaten und insgesamt 4,4% Stimmenanteil in den Bundestag eingeingenen 30-köpfigen PDS-Abgeordnetengruppe ist allerdings kein DKP-Mitglied verteten. Erhebliche Energien der DKP flossen 1994 in ihre Wahlkämpfe, so daß andere Parteiaufgaben zurückgestellt werden mußten. Sie verzichtete jedoch nicht auf ihr traditionelles Fest zum 1. Mai - dieses Jahr in Bremen - und ei andere Aktivitäten mit zentraler Bedeutung, hoch angesetzter Priorität oder angenommener Werbewirksamkeit. So rief die DKP u.a. anläßlich des EU-Gipfels in Essen im Dezember zu Gegenaktionen auf und engagierte sich kontinuierlich in internationalistischen Solidaritätskampagnen, z.B. für Kuba und Nicaragua. Die zukünftige programmatische Zielrichtung der DKP umriß der Parteisprecher Heinz STEHR im Dezember. Die DKP verstehe sich als "Partei der Gegenwehr und des Klassenkampfes" gegen Sozialabbau, Preisund Gebührenerhöhungen.Als "antikapialistische" Kraft wolle sie sich dafür einsetzen, daß sich soziale Bewegungen und tiativen in Deutschland formieren. Sie trete für "antülmperialistische Solidarität", gegen Rassismus und Neofaschismus und gegen den weltweiten Einsatz der Bundeswehr ein. Offenbar mit Blickauf mögliche Wahlkandidaturen und Wählerbefindlichkeiten in den neuen Bundesländern definierte STEHR als Zielperspektive für 1995: "Mobilisierung gegen politische Rache und soziale Revanche im Osten Deutschlands". Da die DKP inzwischen auch im ehemaligen SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" um Mitglieder in den neuen Bundesländern warb, wurde ihr von der PDS bereits "viel Erfolg bei der Abwerbung von Mitgliedern am orthodoxenRandder PDS" gewünscht. Auch in der DKP-Bezirksorganisation Hamburg wurden 1994 das Innenleben der Partei und ihre politische Praxis - wie in der Gesamtpartei - vom vorrangigen Wahlengagement bestimmt. Den Vorgaben des Bundesvorstandes getreu, unterstützten DKPMitglieder die auch in Hamburg mit einer offenen Landesliste zur Bundestagswahl angetretene PDS. Der DKP-Aktivist Bernt KAMIN kandidierte auf Listenplatz 4 und zugleich als Direktkandidat im Wahlkreis Hamburg-Mitte. Er konnte mit 2,2% der Erstund 3,4% der Zweitstimmen die besten Hamburger PDS-Ergebnisse vorweisen. Öffentliche Wahlkampfaktivitäten bestritt die Hamburger DKP über zahlreiche Informationsstände und Veranstaltungen, die sie teilweise mit der PDS zusammen durchführte. Auch nach der Bundestagswahl nahm die Partei ihre Außenaktivitäten nicht zurück, sondern machte sich weiter mit Propagandaaktionen in der Öffentlichkeit bemerkbar, Zudem rief sie zur Teilnahme an mehreren Veranstaltungen anläßlich kommunistischer Gedenkund Kampftage sowie Demonstrationen mit vorwiegend "anti'faschistischem" Tenor auf. So rief z.B. das Kuratorium der in Hamburg unter DKPRegie unterhaltenen "Gedenkstätte Ernst THÄLMANN e.V." zum Geburtstag und zum Jahrestag der Ermordung THÄLMANNs zu Gedenkveranstaltungen auf. Zur zentralen 217 Gedenkfeier 1994 am 18. August versammelten sich in Berlin rund 1.000 'darunter ehemalige SED-Prominenz. Die überalterte, ca. 450 Mitglieder umfassende DKP-Bezirksorganisation Ham| erhofft sich u.a. von der im November 1993 gegründeten Gruppe "Junge Kommunisten" (JUKO) eine gewisse Altersauffrischung. Die JUKO haben si ls Hochschulgruppe des DKP-Kreises Eimsbüttel organisiert. Sie rekrutieren sich jedoch nicht schließlich aus DKP-Mitgliedern, sondern öffnen sich auch nicht organisierten partei" unabhängigen Interessenten. Durchgreifende Fortschritte in Richtung auf eine Verjüngung der Hamburger DKP sind bisher allerdings nicht erkennbar. Angesichts der offenen JUKO-Strukturen und deren "bunter" Zusammensetzung als Konglomerat unterschiedlichster individueller politischer Herkunft ist fraglich, ob sie sich zur Mitgliedergewinnung eignen werden. Der "Aktionsund Werbemonat" September/ Oktober wurde von der Hamburger DKP hingegen als Erfolg dargestellt. Mit Zahlen konnte dieser behauptete Erfolg allerdings nicht belegt werden. Die DKP-Bezirksorganisation Hamburg publiziert weiterhin ihren monatlichen "/nfodienst", Die $ Kreisorganisationen des Bezirks Hamburg - Eimsbüttel, Nord, Mitte, Wandsbek, Harburg - geben teilweise eigene Publikationen heraus. Einzelne Mitglieder der DKP engagieren sich in "antifaschistischen" überparteilichen Bündnissen. (r) Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Die SDAJ hatte sich bis zum Zusammenbruch des DKP-Imperiums jahrzehntelang als Nebenorganisation der DKP verstanden, sich vorbehaltlos zu ihren Zielsetzungen bekannt und in die von der SED vorgegebene moskauorientierte Gesamtdisziplin einbinden lassen. Noch im November 1989 pries sie die DDR als "größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung". Die SDAJ war direkter Hebel der DKP in den Jugendbereich hinein, hatte erheblichen Einfluß in Schülervertretungen, betrieblichen und gewerkschaftlichen Jugendvertretungen, Stadtund Landesjugendringen erworben. Mehrere DKP-Parteikarrieren hatten ihren Ursprung in der SDAJ, die äußerlich und in ihrem Innenleben Assoziationen mit der FDJ in der ehemaligen DDR weckte, Als die Finanzierungsquellen der DKP in der DDR versiegten, mußte auch die restlos von ihr abhängige SDAJ Ende 1989 allen hauptamtlichen Mitarbeitern nebst Büros kündigen. Die der DKP jetzt formell nur noch nahestehende SDAJ hat sich von ihrem existenzbedrohenden Mitgliederverlust nach der Wende 1989 bis heute nicht erholt. Von bundesweit rund 15.000 Mitgliedern Mitte der 80er Jahre ist die Organisation aufweit unter 100 abgestürzt, in Hamburg von mehreren Hundert auf weniger als ein Dutzend. Auf Bundesebene macht sich die SDAJ noch mit der Zeitschrift"Position" bemerkbar, eigene Hamburger Publikationen erscheinen nicht mehr. 218 'Auf dem 12. Bundeskongreß der SDAJ Ende Januar in Gladbeck bekräftigte der ihr eu gebliebene Rest zwar unverdrossen seinen Anspruch, als bundesweite Organisati'on auf der Basis "marxistischer Analysen" Politik zu entwickeln und "einzugreifen". Sie wird jedoch mit solchen verbrauchten dogmatischen Rückgriffen von der Jugend nicht mehrzur Kenntnis genommenund mußbis auf gelegentliche propagandistische Lebenszeichen um ihre Existenz bangen. Gleichwohl definiert sich die SDAJin einer Doppelrolle als "initiierender Faktor, der mit eigenen Aktionen gegen Rechts Signale geben kann. und als Kraft, die sozialistisches Bewußtsein unter Jugendlichen verbreiet". Hierzu verabschiedete der Kongreß u.a. ein Papier "Widerstand gegen Rechts". 'Wie für viele andere Linksextremisten, ist auch für die SDAJ die antifaschistische AkZuEee tionskomponente einer der letzten Inhalte, der Außenstehende noch erreicht. Im Mai veranstaltete die SDAJ ihr traditionelles "Pfingstcamp" in Bottrop. Es wurde alsein Treffen von Jugendlichen hingestellt, "die den Durchmarsch der Herrschenden nicht kampflos hinnehmen wollen". Für ihre bundesweite Aktionswoche unter dem Motto "/00xWiderstandgegen Rechts" im September waren 100 Aktionen u.a. gegen "Nazi-Zeitungen" eingeplant. Die SDAJ beteiligte sich im übrigen auch an den Vorbereitungen des Essener "Gegengipfels" zum Treffen der 12 Regierungschefs der Europäischen Union. Der SDAJ-Landesverband Hamburg entwickelte über die Beteiligung an bundesweiten Veranstaltungen hinaus - bis auf die Unterstützung einer Demonstration gegen Kürzungen im Bildungsbereich - keine eigenen Aktivitäten. (r) Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVNBdA) 1947 wurde zunächst die VVN unter Berufungauf den Schwur von Buchenwald/"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel") als Organisation der vom Naziregime Verfolgten mit überparteilichem Anspruch gegründet. Viele Überlebende der Naziverfolgung sind inzwischen verstorben. Die DKP hatte die VVN schon früh als Hilfsund Vorfeldorganisation zur Durchsetzung eigener Ziele und zur Einflußgewinnung in der Bundesrepublik instrumentalisiert. Um auf ihre Dienste auch dann nicht verzichten zu müssen, wenn altersbedingt nur noch wenige oder keine Naziverfolgten mehr leben, werden seit 1972 in die VVN auch jüngere Menschen aufgenommen. Die VVN nennt sich seither "VVN-Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA). Nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Delegierten auf dem VVN-BdA-Bundeskongress am 28./29. Mai entsprach noch der einstigen VVN-Klientel. 219 a | 'Auf ihrem Bundeskongress in Braunschweig im Mai zeigte sich die VVN-BdA gefestigt. Nach mehrjähriger Diskussion um ihr künftiges politisches Profil konnte sie wie der auf eine identifikationsbildende Programmatik verweisen. An ihren der DKP nahestehenden ideologischen Grundpositionen will sie auch künftig festhalten. Der BacEsR greß beschloß eine Leitorientierung unter dem Titel "Gemeinsam gegen rechts - für eine antifaschistische Republik! Neonazis stoppen - Kriegseinsätze verhindern - Humanismus durchsetzen". Er bedient sich der alten orthodox-kommunistischen Faschismusanalyse. Sie geht davon aus, daß Kapitalismus und Faschismus stets eine Zweckgemeinschaft zur Herrschaftssicherung eingehen, daß die Ursachen des Rechts.' extremismus letztlich in marktwirtschaftlich orientierten bürgerlichen Demokratien liegen. Die Vereinigung hat in Hamburg zwar weniger als 700 Mitglieder (1988 etwa 1.000), hat sich damit aber auf einem relativ viel höheren Niveau konsolidiert, als alle nachgebliebenen übrigen Rumpfstrukturen des einstigen DKP-Gesamtkomplexes. Die VVN-BdA beteiligte sich 1994 in Hamburg an einigen gruppenübergreifenen De.mnoe monstrationen gegen rechtsextremistische Einrichtungen und Zusammenhänge. 5.4.2. Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) In Hamburg existiert eine Landesgruppe der 1990 in der damaligen DDR von überwiegend ehemaligen SED-Mitgliedern gegründeten - marxistisch-leninistisch orientierten - KPD um den Vorsitzenden Werner SCHLEESE. Auch diese Partei sieht sich in der Tradition der "Kommunistischen und Arbeiterbewegung" und in der "Nachfolge der Thälmannschen KPD und der SED". Die Landesgruppe publiziert unregelmäßig die Zeitung "Hammer und Zirkel" sowie das Flugblatt "Roter Stern". Sie entfaltete 1994 keinerlei öffentliche Aktivitäten und besteht nur aus wenigen Mitgliedern, die ideologisch der DKP nahestehen. Als Kontaktadresse der KPD wurde das "MagdaThürey-Zentrum" (MTZ) angegeben. Hierbei handelt es sich um das Hamburger DKPBüro. 5.4.3. Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) Der BWK ist eine marxistisch-leninistische Organisation mit ehemals sieben Landesverbänden in den alten Bundesländern. Er war 1980 als Abspaltung des damaligen maoistischen "Kommunistischen Bundes Westdeutschland" (KBW) entstanden. Der KBW war aufgrund eines beachtlichen Immobilienbesitzstandes, rigider Beitragserhebungspraxis unter den Mitgliedern, einer straff disziplinierten Anhängerschaft und kategorischer Kaderprinzipien in den 70er Jahren die finanzkräftigste, mitgliederstärkste und schlagkräftigste Organisation unter den ehemaligen "dogmatischen Neuen Lin- ken", den sog. "K-Gruppen". Der BWK profitierte zwar erheblich von dem KBWErbe, jedoch war die Spaltung des ohnehin niedergehenden KBW eine Zäsur, die schließlich zur Selbstauflösung des Rest-KBW Anfang 1985 überleitete. Die BWKAnhängerschaft von ursprünglich etwa 600 Mitgliedern hat sich bis heute mehr als halbiert. Der BWK versucht, sich unter das Dach der PDS zu retten. Auf seiner 13. Ordentli'chen Bundesdelegiertenkonferenz im März 1993 beschloß er als erste linksextremisti'sche Organisation der alten Bundesländer eine organisierte Zusammenarbeit mit der PDS. Mitglieder des BWK konstituierten sich daraufhin in Hamburg als Arbeitsgemeinschaft in der PDS. Im Juni 1993 beschloß die Mitgliederversammlung des BWKLandesverbandes Hamburg, sich mit dieser Arbeitsgemeinschaft zur "Arbeitsgemeinschaft BWK bei der PDS/Linke Liste Hamburg" zu verschmelzen. Im Frühjahr 1994 verabschiedete der BWK-Bundesvorstand den Entwurf einer neuen Satzung. Im Frühjahr 1995 soll die Neukonstituierung des BWK stattfinden mit dem Ziel, dem BWK die parteimäßige Zusammenarbeit mit der PDS unter Wahrung seiner Eigenständigkeit zu ermöglichen. In seinem Satzungsentwurf sieht sich der BWK als "Teil der sozialistischen Bewegung", der für die Zusammenarbeit mit anderen in einer sozialistischen Partei oder im Bündnis "emanzipatorischer" Parteien eintritt. Ebenso wie in der DKP, waren auch die Aktivitäten der "AG BWK bei der PDS/LL Hamburg" 1994 weitgehend durch das Engagement zugunsten der PDS bei der Bundestagswahl bestimmt. Aufder offenen Liste der PDS/LL Hamburg waren auf Platz 8 und 9 zwei Mitglieder des BWK nominiert, ein Kandidat zug! im Wahlkreis Hamburg-Nord als Direktkandidat. Darüber hinaus solidarisierte sich die AG BWK bei der PDS/LL" mit der verbotenen PKK und unterstützte prokurdische Veranstaltungen. Propagandaaktivitäten entwickelt die Hamburger BWK-Auslaufstruktur über die angestammten, ehemals weitgehend BWK-dominierten Infozeitungen "Lokalberichte Hamburg" und "Politische Berichte". Zum Herausgeberkreis der "Lokalberichte" gehören u.a. die Hamburger "Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten" (AG/R), die mit dem BWK auf PDS-Kurs befindliche VSP, die "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VF), "Freunde des kurdischen Volkes", die Hamburger "HochschulAntifa", die "AG BWK bei der PDS/LL Hamburg" und Mitglieder der PDS/LL. Die Publikationen erscheinen in dem ursprünglich allein vom BWK betriebenen GNNVerlag "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichten-Verbreitung". Zum Herausgeberkreis der GNN-Publikation "Antifaschistischen Nachrichten" gehört wa. auch ein Mitglied des Bundesvorstandes des BWK. Der AG BWK bei der PDS/LL Hamburg gehören etwa 50 Mitglieder an. 221 'Auch in anderen Bundesländern gibt es deutliche Tendenzen für eine allmähliche Abwicklung des BWK in Richtung PDS. 5.4.4. Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) Die VSP ist - wie der BWK - eine Reststruktur der früheren "dogmatischen Neuen Linken" mit marxistischen Grundpositionen. Sie war 1986 durch Fusion der maoistisch-proalbanischen KPD/ML mit der deutschen Sektion der trotzkistischen IV. Inale, "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) entstanden. Die VSP-Gründer 'h vorgenommen, zum Aufbau einer "revolutionären sozialistischen Massenpartei" beizutragen. Bis heute leidet die Organisation unter niemals grundlegend bereinigten ideologischen Widersprüchen in den Reihen ihrer Mitglieder. Jahrelang hatten sich Trotzkisten der GIM und die zunächst maoistische, später albanienorientierte Gefolgschaft des verstorbenen altkommunistischen KPD/ML-Gründers Ernst AUST' mit ideologischen Propagandabreitseiten bekämpft und erst unter dem existenzbedrohenden allgemeinen Niedergang der "Neuen Linken" in den 80er Jahren allmählich angenähert. Der Fusionsprozeß war von beiderseitigen Mitgliederabwanderungen belastet. Nach politischen Orientierungssprüngen über die gegen die deutsche Wiedervereinigung agierende Kampagne "Nie wieder Deutschland", Boykottaufrufen zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 und einem Engagement in der inzwischen versandeten Sammlungsbewegung "Radikale Linke" ist auch die VSP 1994 auf PDS-Kurs eingeschwenkt. Bis heute krankt die VSP an Destabilisierungen durch ehemalige GIM-Mitglieder, die als überzeugte Trotzkisten die VSPauf einen trotzkistischen Kurs festlegen wollen und damit auf Widerstände insbesondere unter Ex-KPD/ML-Mitgliedern stoßen. Sie stellen damit letztendlich die "Geschäftsgrundlage" des Fusionspapiers von 1986in Frage. Damals war ihnen konzediert worden, sich als "Strömung" um das bundesweite deutschsprachige Informationsorgan des"Vereinigten Sekretariats" der trotzkistischen IV. Internationale "Internationale Pressekorrespondenz" (INPREKORR) eine informelle Identität und individuelle Mitgliedschaft in der "/V. Internationale" zu sichern. Es kam aber auch zu trotzkistischen Abspaltungen, z.B. der "Gruppe AVANTI". VSP-Mitglieder, die dem Dachverband "/V. Internationale" noch individuell angehören, beschlossen im Februar, auf einer Gründungskonferenz im Oktober die deutsche Sektion der "IV. Internationale" wiederzugründen und aus der VSP auszutreten. Am 16. Oktober gründeten sie in Mannheim den "Revolutionären Sozialistischen Bund" (RSB). Der RSB will zum Weltkongress 1995 der "IV. Internationale" seine Anerkennung als deutsche Sektion beantragen. Die Abspaltung wird die ohnehin auf bundesweit etwa 180 Mitglieder abgefallene Organisation weiter schwächen. 222 In Hamburg kandidierte ein VSP-Mitglied zur Bundestagswahl auf Platz 3 der offenen Landesliste der PDS - noch vor einem ebenfalls nominierten DKP-Mitglied und vor 'den Kandidaten des BWK. 'Hamburg war stets eine "Hochburg" der organisierten Trotzkisten. Ihr Potential mach- e sie auch zur stärksten VSP-Ortsgruppe, die heute allerdings von ehemals etwa 80 auf rund 25 Mitglieder abgesunken ist. Sie organisierte 1994 u.a. eine Veranstaltungsreihe unter dem Motto "Persönlichkeiten der Geschichte" mit Filmvorführungen - u.a. über Rosa LUXEMBURG - und Diskussionsrunden. Die "/nternationalismusgruppe" der VSP-Hamburg zeichnete für wenige Flugblätter und Veranstaltungen zu Themenstellungen mit internationalistischem Tenor verantwortlich. Die VSP ist in Hamburg als offen auftretende selbständige politische Bestrebung kaum noch erkennbar. Mitglieder derOrtsgruppe Hamburg der VSP arbeiten vorwiegend in gruppenübergreifenden Zusammenhängen mit anderen Linksextremisten - u.a. in antifaschistischen Bündnissen - zusammen. 5.4.5. Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die 1982 gegründete MLPD ist eine marxistisch-leninistische Kernorganisation. Sie ging in der Spätphase der fast zwei Jahrzehnte überdauernden "X-Gruppen"Periode aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) mit damals etwa %00 Mitgliedern hervor. Zur Gründungsveranstaltung waren noch rund 2.800 Mitglieder und Sympathisanten in Düsseldorferschienen. Die MLPD behauptet, den "Marxismus-Leninismus" und die "Maotsetungideen schöpferisch auf die heutige Situation" anzuwenden.Die "internationale Arbeitereinheit" soll einst den "Imperialismus stürzen" und den "echten" Sozialismus aufbauen. Die Partei will mit klassischen revolutionären Methoden die bestehende politische Ordnung beseitigen und die Diktatur des Proletariats errichten. In der Vergangenheit hatte die MLPD in ihrer regelmäßig im Parteiorgan "Rote Fahne" (RF) in Kurzform erscheinenden politischen Standortbestimmung noch auf die "schöpferische" Auswertung stalinistischer Ideen Wert gelegt. Dieser Hinweis in der Leserinformation wurde 1994 zunächst stillschweigend gestrichen. In der"RF" vom 19. November relativierte i nur positiven Bezug auf Stalin, indem sie an ihm zwei "Hauptfehler" kritisierte: "Der notwendige ideologisch-politische Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise wurde vernachlässigt, und aufdie Mobilisierung der Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie wurde verzich1et, Die MLPD-Bundesorganisation - mit annähernd 2.300 Mitgliedern die immer noch stabilste Organisation der ehemaligen "K-Gruppen" - ist in mehrere Bezirke unterglie223 dert. Der Bezirk Nord umfaßt die Region Niedersachsen/Bremen/Schleswig-Holstein/Hamburg. Der Landesverband Hamburg zählt einschließlich Personen des Ju'gendverbandes "REBELL" etwa 30 Mitglieder. Im Stadtteil Hamburg-Altona unterhält die MLPD eine Ortsadresse. Auch die MLPD konzentrierte sich 1994 monatelang auf die Teilnahme an der Bundestagswahl und Wahlkampfaktivitäten. Als einzige linksextremistische Partei trat sie zur Bundestagswahl selbständig mit eigenen Wahlvorschlägen an. Das Ergebnis einer groß angelegten Spendenkampagne zur Wahlkampffinanzierung näherte sich nach Parteiangaben dem vorgegebenen Ziel von DM 500.000. Ihren Wahlkampf führte die Partei mit bundesweit 72 sog. "Wählerinitiativen" unter dem Leitmotiv "Agitatorische Offensive für den echten Sozialismus", den es nach ihrem Verständnis in der DDR nicht gegeben hat. Die Wählerinitiativen sorgten auch für die 30.000 zur Wahlzulassung benötigten Unterstützerunterschriften. In Hamburg hat sich die Wählerinitiative "Opposition von unten" mit zahlreichen Informationsständen um Stimmen für die MLPD bemüht und sich für ein selbstverwaltetes Jugendhaus in Hamburg-Altona eingesetzt. Auch außerhalb der Wahlkampfzeit trat die MLPD-Hamburg mit mehreren Veranstaltungen und Infoständen zu unterschiedlichen Themenstellungen in die Öffentlichkeit und zeigte sich schr engagiert. Die MLPD erreichte bei der Bundestagswahl bundesweit 10.254 Zweitstimmen (0,0%). Auch in Hamburg war die sie mit einer eigenen Liste angetreten. Sie wurde von Heinke DALLMEYER angeführt, die zugleich im Stadtteil Altona (Wahlkreis 13) als Direktkandidatin nominiert war und dort 271 (0,2 %) der Erststimmen erzielte. Sie holte dami in absoluten Zahlen - bundesweit das zweitbeste MLPD-Erststimmenergebnis noch vor dem in Gelsenkirchen kandidierenden Parteivorsitzenden Stefan ENGEL (206). Auf die Hamburger MLPD-Liste entfielen 219 (0,0 %) Zweitstimmen. Die MLPD ist eine arbeitertümelnde, in klassischen Dogmen verhaftete politische Sekte. Als solche und von ihrer relativ hohen Mitgliederzahl her ist sie bemerkenswert. Als politische Kraft und von ihrem tatsächlichen Einfluß her ist sie bedeutungslos. 5.4.6. Arbeiterbund für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei Deutschlands (AB) Der AB ist eine marxistisch-leninistische Organisation im Spektrum der ehemaligen dogmatischen "Neuen Linken" ("K-Gruppen"). Er ist 1973 durch Zusammenschluß mehrerer jeweils örtlich aktiver, maoistisch orientierte "Arbeiterbasisgruppen" entstanden. Seine Programmatik entspricht dem klassischen Theorieprofil dogmatischer Linksextremisten: Beseitigung der "herrschenden Ausbeuterklasse", Errichtung der "Diktatur des Proletariats", Verwirklichung des Kommunismus in einer "klassenlo224 sen Gesellschaft". In der allen Kommunisten eigenen Dialektik wird die dabei anzuwendende Gewalt als Gegengewalt umgedeutet, da die "herrschende Klasse" das ProIktariat gewaltsam unterdrücke und nicht freiwillig auf ihre Macht verzichte. Der AB ist seit seiner Gründung vorwiegend in Bayern aktiv und hat dort auch seine organisatorischen Schwerpunkte, u.a. in Augsburg, Nürnberg, München, Regensburg, In mehreren Bundesländern bestehen weitere Ortsgruppen und Stützpunkte. Bundesweit beläuft sich die Mitgliederzahl auf etwa 200, davon etwa die Hälfte in Bayern. DieOrtsgruppeHamburgumfaßtetwa 15 Personen. In Hamburg trat der AB in diesem Jahr - wie schon zuvor - nur unbedeutend an die Öffentlichkeit. Er beschränkte sich hauptsächlich darauf, Veranstaltungen, Demonstrationen und Kundgebungen anderer linksextremistischer Gruppierungen zu unterstützen. Im Februar initiierte die Ortsgruppe Hamburg in Kooperation mit der "South African Communist Party" eine Veranstaltung mit über 100 Teilnehmern unter dem Motto "Rotes Afrika, ein Volk besiegt seine Peiniger". Die Veranstaltung befaßte sich u.a. mit dem Nationalismus in Südafrika. Sie fand bei anderen Hamburger Linksextremisten Beachtung. Als eigenständige politische Kraft ist der AB - selbst im Vergleich zu anderen Hamburger linksextremistischen Zusammenhängen - bedeutungslos. Er sucht hier deswegen die Aktionseinheit mit anderen Linksextremisten, bevorzugt mit DKP und VVNBdA. 5.4.7. Marxistische Gruppe (MG) Es gibt Anhaltspunkte, daß die im Mai 1991 scheinbar aufgelöste MG konspirativ und unter unverdächtig erscheinenden Tarnbezeichnungen weiterarbeitet. Die Sicherheitsbehörden schätzen, daß der MG bundesweit etwa 10.000 Personen zuzurechnen sind, womit sie weiterhin eine der zahlenmäßig einflußreichsten linksextremistischen Organisationen in Deutschland wäre. Vermutlich arbeitet nur ein Teil von ihnen noch aktiv mit. Von den in Hamburg bis 1991 etwa 1.000 Mitgliedern, Kandidaten und Sympathisanten betätigen sich zu einzelnen Anlässen nur noch unter 100. Ihr wichtigstes Organ, die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift "Gegenstandpunkt", ist nur indirekt anhand des Impressums als MG-Publikation erkennbar. Die Organisation ist nur ungenau innerhalb des linksextremistischen Spektrums einzu'ordnen. Sie trägt Merkmale einer Sekte und zeichnet sich durch zynisch-provozierende Kritik des Staates und seiner Organe aus. Wahlen sind für sie nureine "Technik der Ermächtigung an die Herrschenden", das System werde dadurch nicht geändert: Das Volk erkläre sich einverstanden, "der Gewählte diktiert, womit." Dementsprechend lautet die Linie der MG: "Wählen ist verkehrt". In Hamburg - bis zur offiziellen Auflösung eine der MG-"Hochburgen" - treffen sich Personen der früheren MG unter unverfänglich erscheinenden Bezeichnungen, bisher allerdings in anderen Strukturen, als bis 1991. 5.4.8. Nachfolgegruppen des Kommunistischen Bundes (KB) 1971 war in Hamburg der "Kommunistische Bund" (KB) gegründet worden. Er bekannte sich zum Marxismus-Leninismus und dessen Weiterentwicklung zum Maoismus. Nach 20 Jahren löste sich der schwerpunktmäßig in Norddeutschland angesiedelDuo te KB im April 1991 auf. Er hatte sich in zwei Strömungen mit unvereinbaren Standpunkten über die Zukunft revolutionäirer Marxisten im vereinten Deutschland - u.a. im Verhältnis zur PDS - gespalten. Von 1977 noch etwa 1.700 Mitgliedern, einem Mobilisierungsumfeld bis zu 5.000 Personen und Auflagen des "Arbeiterkampfes" bis zu 27.500 waren noch etwa 180 Mitglieder und eine Zeitungsauflage von ca. 6.000 übriggeblieben. Die heute bundesweit noch etwa 100 Personen umfassende Mehrheitsfraktion "ExKB-Mehrheit" sieht sich in der Tradition des ehemaligen KB. Sie übernahm nach der Spaltung die Herausgabe der ehemaligen KB-Publikation "Arbeiterkampf", die in "Analyse und Kritik" (ak) umbenannt wurde. Hamburg ist Redaktionssitz. Einzelne aus dem Spektrum der Ex-KB-Mehrheit stammende Personen engagieren sich inzwischen in der PDS - eine Orientierung, die 1991 entscheidend zum Bruch mit der Minderheitsfraktion beitrug. Die Gruppe trat außerhalb ihrer publizistischen Aktivitäten in Hamburg kaum öffentlich in Erscheinung. Im April 1994 veranstaltetedie "Ex-KBMehrheit" hier ein Wochenendseminar zum Thema "Innere Sicherheit" , weil sie davon ausging, daß ein auf allen Ebenenpropagierter"starker Staat" zum alles beherrschenden Thema des Bundestagswahlkampfes werden würde. Die Veranstaltung stieß bei anderen Linksextremisten auf Interesse. Die "Ex-KB-Minderheit" gründete im Juli 1991 den noch etwa 80 Personen (Hamburg etwa 20) umfassenden Zirkel "Gruppe K". Laut Gründungserklärung sieht sie sich selbst als Teil der"nichtreformistischen, radikalen, antikapitalistischen, kommunisti'schen Linken". Sie unterstützte 1990 u.a. zusammen mit der VSPdie damalige Sammlungsbewegung "Radikale Linke", die Kampagne "Nie wieder Deutschland" und distanzierte sich kategorisch von der damaligen Wahlbewegung der Mehrheitsfraktion zugunsten der PDS. Sie gibt 4 - 6 Mal im Jahr die Zeitschrift "Bahamas" mit Redaktionssitz in Hamburg heraus, welche sie selbst als "Zirkular" bezeichnet, um den provisorischen Charakter der Publikation zu betonen. Die "Gruppe-K" hat sich u.a, ein gemeinsames Zeitungsprojekt mit anderen "antinationalen Linken" zum Ziel gesetzt. Einzig nennenswertes Engagement der "Gruppe-K" war im November die von ihr mitorganisierte Veranstaltung "Links ist da, wo keine Heimat ist" in Dresden. Als Schlußfolgerung aus diesem Ereignis schlug u.a. die Redaktion der"Bahamas" vor, 226 jtine bundesweite antinationale Aktion zum 50. Jahrestag der deutschen Kapitulation jm 08.05.1995 inBerlinzu initiieren. 54.9. Trotzkistische Gruppen und Strömungen Unterden revolutionären Marxisten in Deutschland gibt es etwa 1.500 Trotzkisten. Sie heben sich durch ihre betont antistalinistische Orientierung von anderen Kommunisten 3b und fielen in der Vergangenheit durch eher differenzierende, theoriebetonte analy'serende Argumentation auf. Trotzkistische Strategievorstellungen interessierten schon währendund nach der Studentenrevolte von 1968 insbesondere avantgardistische inellektuelle "Neue Linke". Dem "Vereinigten Sekretariat" der IV. Internationale (damals Brüssel) unter seinem geistigen Führer Ernest MANDELwaren z.B. 1974 weltweit 48 nationale "Sektionen" angeschlossen. Die deutsche Sektion "Gruppe Internaionale Marxisten" (GIM) verfügte damals über 600 Mitglieder in rund 50 Ortsgruppen und Stützpunkten. Begünstigt wurde dieses schon durch die Tatsache, daß es weltweit noch kein Beispiel staatlicher trotzkistischer Machtausübung gegeben hat, Trotzkismus 'somit auch nie dem Zwang unterlegen war, durch selbst geschaffene Fakten die Richtigkeit seiner Theorien praktisch zu beweisen. Leo TROTZKI, Befürworter einer "permanenten Revolution", erstrebte die Ausweitung der russischen Revolution auf ganz Europa bis hin zu einer sozialistischen Weltrevolution als Kette nationaler Revolutionen. Obwohl zeitweilig einflußreiche Persönlichkeit in der Partei LENINS - u.a. Schöpfer der sowjetischen "Roten Armee" - unterlag TROTZKI nach LENINs Tod 1924 in der Nachfolgefrage STALIN, der nur vom "Sozialismus in einem Lande" ausging. Frühzeitig erkannte TROTZKI die in Rußland heraufziehende stalinistische, sich jeder Kontrolle entziehende Bürokratie und Entartung der Partei als "Verratene Revolution" bzw. tödliche Gefahr für den Sozialismus. Trotzkistische Organisationen haben sich von jeher gegenüber den bürokratischen Entartungen des "realen Sozialismus" abgegrenzt. Die "Rätedemokratie" als Gegenmodell wird auch von den heutigen Trotzkisten vertreten. Trotzkis internationale Anhängerschaft konstituierte sich ein Jahr vor Ausbruch des von ihm erahnten 2.Weltkrieges am 03.09.1938 in Paris als "/V. Internationale" mit dem Ziel, die im Zusammenhang mit dieser Katastrophe und ihren Umbrüchen erwariete "revolutionäre Situation" als Etappe zum Weltkommunismus zu nutzen. Die Nachkriegsgeschichte des Trotzkismus ist durch einen permanenten Prozeß von Spaltungen, Fraktionierungen, Strömungsund Tendenzenbildungen gekennzeichnet. Es existieren in Deutschland rund 20 kleine und kleinste trotzkistische Organisationen und Zirkel. Allen gemeinsam ist das Streben nach der "Weltrevolution". Bewaffnete "Arbeiterräte" unter Führung einer kommunistischen Partei sollen durch kollektive Aktionen und mit Gewalt hauptsächlich von der Ebene großer Betriebe her den Kapi227 talisten die Herrschaft streitig machen und nach einer Übergangsphase der ", 'herrschaft" schließlich die gesamte Macht bis hin zur Diktatur des Proletariats 'obern. Das Proletariat als revolutionäre Kraft organisiert sich in Form eines " systems". Zu den klassischen Merkmalen trotzkistischer Einflußgewinnung gehört die Taktik Entrismus, des Unterwanderns z.B. sozialdemokratischer Parteien oder gew" licher Organisationen bzw. der verdeckten Mitarbeit in solchen. Sie zielt daraufab, ren Strukturen in - nach trotzkistischem Verständnis - "bürgerliche" und rische" Bestandteile aufzuspalten. Zwischen dem hochgesteckten theoretischen Anspruch trotzkistischer Gruppierungen und ihrem praktischen Dasein klaffen Abgründe. Sie bilden einen bunten Fli pich politischer Sektiererzirkel, die untereinander in ideologischen Haarspaltereien zerstritten sind. Nachstehend werden nur einige erläuternd aufgezählt. (c) Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) Zur zahlenmäßig stärksten unter den deutschen Trotzkistengruppen gehört heute die "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG), deutsche Sektionder "/nternational Socialists" (IS, Sitz: London). Ihre Vertreter haben an der vom 12.-18. Juli in London stattgefundenen "Weltkonferenz" des internationalen trotzkistischen Dachverbandes "IS" teilgenommen. Die bundesweit etwa 250 Mitglieder (Hamburg etwa 30) verfolgen seitdem eine neue Strategie mit Schwerpunkt auf eine forcierte Entrismuspolitik gegenüber den Jungsozialisten in der SPD. Vorfeld für entsprechende Einstiege bei den Jungsozialisten sind die bundesweit von der SAG in variierender Ausprägung initiierten "AntiNazi-Bündnisse". Konflikte der Jusos mit der SPD sollen geschürt und zugespitzt wer'den mit dem Ziel, eine Minderheit "/inker"Jusos für den Aufbau einer revolutionären, sozialistischen Alternative zur SPD zu gewinnen. In Hamburg hat sich die SAGOrtsgruppe daher zur Tarnung pro forma aufgelöst. (c) Jugend gegen Rassismus in Europa (JRE) Die von der trotzkistischen Gruppe "VORAN zur sozialistischen Demokratie e.V."bundesweit gesteuerte JRE hat bundesweit etwa 1.000 Mitglieder in nahezu 30 Ortsgruppen (Hamburg etwa 25). Die JRE hat sich dem internationalen Netzwerk "Youth against racism in Europe" angeschlossen und fügt sich dem europaweiten trotzkistischen Dachverband "Committee for a Workers International" (CWI) ein. Impulse zur Gründung der JRE 1992 gingen von einer"/nternationalen Demonstration 'gegen Rassismusund Faschismus" am 24.10.92 in Brüssel aus. Die JRE erstrebt - nach 228 eigenen Angaben - den Aufbau einer europaweiten linken Gegenkraft zu "Nazis auf 'derStraße", aber auch gegen "rassistische Schreibtischtäter". 'Auch die JRE praktiziert zusammen mit "VORAN" den trotzkismustypischen Entrismus gegen die Jusos. Hierzu wird auch die monatlich erscheinende Zeitung "VORAN - 'Marxistische Zeitung für SPD, Jusos, Falken, Gewerkschaften"eingesetzt. Die JRE-Bundesorganisation hat beim AG Köln die Eintragung ins Vereinsregister beantragt. Die 1993 gegründete Hamburger Ortsgruppe traf sich u.a. in Räumen des DKPKreisbüros "Magda-Thürey-Zentrum". Sie beteiligte sich insbesondere an demonstrativen Aktionen gegen den Vertrieb rechtsextremistischer Zeitungen vor Kiosken, an der Planung der Demonstration vom 15. April gegen das rechtsextremistische "Nationale Infotelefon" und sporadisch an Plenumssitzungen des Hamburger Bündnisses "Keinen Fußbreit den Faschisten". (c) Gruppe AVANTI/ IV. Internationale "AVANTI" ist ein Zusammenschluß der trotzkistischen "Gruppe Revolutionäre SozialistInnen/Vierte Internationale" (GRS) (Mitglieder der trotzkistischen IV. Internationak/Vereinigtes Sekretariat) und der 1992 vorübergehend unter der Bezeichnung "4rbeitsgemeinschaft Revolutionärer SozialistInnen" (AGRS) aufgetretenen Abspaltung der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP). Die bundesweit unter 50 Mitglieder (Hamburg etwa 10) zählende Gruppe agierte in Hamburg hauptslichlich zugunsten der verbotenen PKK. Anfang des Jahres organisierte sie im "Haus für Alle" eine Veranstaltung zum Thema "Lage in Kurdistan" und "PKK-Verbot". Eine Informationsveranstaltung widmete sichder "Internationalen Arkeitersolidarität mit Tuzla" (Bosnien). In der "Neuen Arbeiter Presse" des trotzkistischen "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA) wurde der Gruppe "AVANTI" vorgeworfen, bei der Bundestagswahl zur Wahl der PDS aufgerufen zu haben. (r) Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) Die SpAD wurde am 21.01.1990 in Berlin als deutsche Sektion der trotzkistischen "Internationalen Kommunistischen Liga" (Vierte Internationale) von der "Trotzkistischen Liga Deutschlands" (TLD) und Mitgliedern sog. "Spartakist-Gruppen" (ansüssig, auf dem Territorium der damaligen DDR) gegründet. Sie ist politisch mit der "Spartacist League" (USA) verbunden und steuert das im August 1989 von ihr gegründete "Komiteefür soziale Verteidigung" (KfsV). GmbH" besitzt Adressen in Hamburg und Berlin. Für die Publikation zeichnet ein Hamburger Mitglied presserechtlich verantwortlich. Bei der wahl 1990 erzielte die SpAD auf Bundesebene und in Hamburg 0,0%. (c) Revolutionär-Sozialistischer Bund (RSB) Im Oktober gründeten Trotzkisten aus verschiedenen Splittergruppen, die sich "Vereinigten Sekretariat" der trotzkistischen "/V. Internationale" und der nisation "Internationales Exekutivkomitee" (IEK, Paris) zugehörig fühlen, den .desweit bis zu 100 Mitglieder umfassenden RSB. Das IEK hat Gliederungen in über Ländern. In Hamburg besteht eine Funktionärsgruppe, die hier mit einem zum 20. Dezember für eine Veranstaltung "Sri Lanka - Bürgerkrieg oder soziale Iution" warb. (c) Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) Der 1971 gegründete BSA - bundesweit unter 100 Mitglieder, in Hamburg als ständige Einheit nicht mehr existent - gehört dem trotzkistischen "/nt Komitee der Vierten Internationale" (IKVI) als deutsche Sektion an. Er auf Bundesebene und in Hamburg 1989 und 1994 zu den Europawahlen mit ji übereinstimmend 0,0%-Ergebnissen. 5.5. Sonstige Strukturen und Objekte in Hamburg (c) Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VF) Die VF wurde 1979 von der maoistischen-proalbanischen KPD/MLim Zuge einer - gescheiterten - Doppelstrategie gegründet. Einerseits sollte die Kernorganisation KPD/ML als bolschewistische Kaderund Avantgarde-Organisation bewahrt werden. Zugleich war sie der Versuch, als Wahlorganisation in politisch gemäßigter erscheinender Verkleidung ein breiteres Unterstützerund Sympathisantenumfeld zu mobilisieren und die propandistisch zu nutzende "Tribüne" der Parlamente zu erklimmen. Die VF war damals eine KPD/ML-Vorfeldorganisation u.a. mit Rekrutierungsfunktionen. Sie war eine der ersten Organisationen nach der VVN-BdA, die das Thema "Antifaschismus" gezielt als Konsensbrücke in nicht extremistische Interessentenkreise hinein organisiert funktionalisieren wollte. 230 'olksfront" ist nach kommunistischem Verständnis letzlich eine Einheitsfront oder ition aus kommunistischen, sozialdemokratischen und linksbürgerlichen Kräften. dem Eindruck von Hitlers Machtergreifung hatte der 7. Weltkongreß der"Komtischen Internationale" (KOMINTERN) 1935 die Volksfront-Taktik zur verindlichen Richtschnur erklärt. Volksfront-Regierungen (z.B. in Frankreich, Spanien) ind letztlich an ihren inneren Widersprüchen gescheitert. Die Sowjetunion setzte nach /$ unter dem Schlagwort "Nationale Front" die kommunistische Herrschaft in Ostdurch. Sie war keine Volksfront aus freien Stücken. ie VF von 1979 hatte bis heute - außer im Etikett - nicht im entferntesten jemals etmit einer "Volksfront" im ursprünglichen Sinne zu tun. Seit Ende der 80-er Jahre 1 sie unter BWK-Dominanz mit heute bundesweit etwa 260 Mitgliedern aus einem Spektrum von Bündnisorganisationen (u.a. VVN-BdA, VSP, Hamburger "Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten" (AG/R). 1994 wandte sich die VF hauptsächlich inneren Problemstellungen zu. So wurde darüberdiskutiert, die Satzung zu ändern und die VF als eingetragenen Verein an eine engereZusammenarbeit mit der VVN heranzuführen. Auch die etwa 50 Mitglieder des - relativ - starken Landesverbandes Hamburg diskutierten im April ohne definitive Ergebnisse eine kooptierte Mitgliedschaft bei der Hamburger VVN/BdA. Im Oktober wurde als Ergebnis ähnlicher Bestrebungen der Landesverband NordrheinWestfalen als kooptiertes Mitglied in die dortige VVN-BdA aufgenommen. Öffentliche Veransultungen fanden 1994 in Hamburg nicht statt. Die VF ist in das Publikationsund Verlagswesen des BWK ("GNN-Verlag") eingebunden. Sie gehört den Herausgeberkreisen der GNN-Publikationen "Antifaschistische Nachrichten" und "Lokalberichte Hamburg" an. Die "Antifaschistischen Nachrichten" werden ideell und finanziell unterstützt. Einige Hamburger VF-Mitglieder engagieren sich in verschiedenen gruppenübergreifenden "antifaschistischen" und "autonomen" Bündnissen, u.a. im Bündnis "Keinen Fußbreit den Faschisten". 231 Bestrebungen von Ausländern 6.1. Allgemeines Deutschland ist Gastland für fast 7 Mill. Ausländer. Das sind insgesamt etwa 8,5% d Gesamtbevölkerung. In Hamburg ist der Ausländeranteil mit 15 % deutlich höher im Bundesdurchschnitt. Während die meisten Ausländer unauffällig und um I on bedacht neben und mit uns leben, beschäftigen einige wenige - nicht anders als der deutschen Bevölkerung - die Sicherheitsbehörden. In Hamburg werden etwa 2.000 - also weniger als 0,8 % der hier lebenden et 266.000 Ausländer - Organisationen zugerechnet, die im Rahmen des gesetzlicher 'Auftrags vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Während in der vorhergehenden Berichterstattung über deutsche Extremisten in Linie Gruppierungen dargestellt wurden, deren Bestrebungen sich gegen die freiheitli" che demokratische Grundordnung oder die innere Sicherheit unseres Landes richten, kommen bei Ausländerorganisationen solche hinzu, die durch Anwendung von 'oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange Deutschlands geRährden. Im Zusammenhang mit Organisationen, die als "is/amistisch" bezeichnet werden, hat sich ein Konflikpotential herausgebildet, das unter den ausländischen Extremisten in Deutschland die zahlenmäßig stärkste Anhängerschaft umfaßt. Um Mißverständnissen vorzubeugen, ist hervorzuheben, daß der Verfassungsschutz nicht den Islam als solchen, sondern nur dessen ideologisch-extremistische Instrumentalisierung, den Islamismus, beobachtet. Er ist eine Sonderentwicklung im Islam, die auf fundamentalistische Ausprägungen zurückzuführen ist. In Deutschland operieren 14 islamischextremistische Gruppierungen diverser Nationalitäten, die einen kontinuierlichen Mitgliederzuwachs verzeichnen. Ende 1993 beliefen sich ihre Mitglieder und Anhän'ger auf über 21.200, Ende 1994 auf über 26.000. Das sind allerdings nur etwa 1% der insgesamt über 2 Millionen Ausländer muslimischen Glaubens in der Bundesrepublik, die überwiegend Anhänger eines gemäßigten traditionellen Islam sind. Die freie Ausübung der islamischen Religion im Rahmen der Gesetze ist verfassungsmäßig garantiert. Merkmal des Islamismus ist, daß Religion dazu mißbraucht wird, weltliche Machtansprüche einer religiösen Führungsschicht zu begründen. Säkulare Staatlichkeit soll 232 'durch einen auf dem Koran basierenden, Gesellschaft und Staat umfassenden"Gottes'staat"ersetzt werden, in dem für Pluralismus und Mehrparteiensystem kein Platz ist. 'Die in westlichen Rechtsordnungen verankerten Menschenrechte werden dem TotaItätsanspruch des Koran untergeordnet. Vielfach wird ein sich militant gebärdender Islam propagiert, der z.B. im Falle Irans auch oppositionelle eigene Landsleute im Inund Ausland rücksichtslos verfolgt. Mit dem Islamismus geht zumeist eine mehr oder weniger offen verbreitete antijüdische oder antizionistische Polemik einher, die in ihrer Aggressivität ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotential offenbart. Mit zunehmender Macht steigern islamische Fundamentalisten ihre Intoleranz gegenüber Andersgläubigen. 'Aufstrebender islamischer Fundamentalismus, z.B. in der Türkei, Algerien und Ägypten, ist auch Ausdruck gesellschaftlicher Konflikte, die auf dem Nährboden anhalten'dersozialer Not und ökonomischer Probleme aufkeimen. Auch wenn einzelne islamistische Gruppierungen sich formell von Gewalt distanzieren, muß ihr tatsächliches Handeln mit Sorge beobachtet werden. Teilweise sind Querverbindungen zu eindeutig gewaltorientierten Gruppierungen erkennbar oder zumindest ernsthaft zu befürchten. Im Zusammenhang mit "/s/amismus" oder "Islamischem 'Fundamentalismus" drängt sich auch in Deutschland unweigerlich stets die Frage nach 'der eigenen Gefährdungssituation auf. Die enge Assoziation von "/slamismus" und "Gewalt" kann angesichts des Hintergrundes zahlreicher Anschläge und Attentate im Nahen Osten, der andauernden blutigen Ereignisse in Algerien, der Terroranschläge von Gegnern des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses in Buenos Aires und London im Juli sowie der Kaperung eines französischen Verkehrsflugzeuges im De'zember nicht verwundern. Bisher waren Deutschland und ausländische Einrichtungen in Deutschland keine Anschlagsziele muslimischer Extremisten. Militante oder terroristische Aktivitäten in der Bundesrepublik bleiben, wie bisher, von Entwicklungen und Entscheidungen in den jeweiligen Konfliktländern abhängig. Da die Entscheidungszentren der islamistischen Organisationen außerhalb der Bundesrepublik liegen, wird dort entschieden, in wel'chem Umfang zur gewaltsamen Durchsetzung ihrer Ziele Aktivitäten in Europa einschließlich der Bundesrepublik für erforderlich gehalten werden. Der Islamismus schüitischer Prägung hat sich in Deutschland in Form zahlreicher iranischer Einrichtungen niedergelassen. In Hamburg ist das "Islamische Zentrum" (IZH) ein Anziehungspunkt auch für nicht iranische Muslime und deren Organisationen. Dadurch kann es im Sinne des iranischen Revolutionsexports leichter als Einflußinstrument funktionalisiert werden. Regierungstreue iranische Organisationen, wie die "Union Islamischer Studentenvereine in Europa e.V." (UISA), entwickelten in Deutschland 1994 kaum öffentliche Aktivi233 täten. Demgegenüber entfaltete die regierungs-oppositionelle Organisation "Volksmodjahedin Iran" intensive Propaganda. Mit Hilfe bundesweit organisierter Spendenor> sammlungen bemühte sie sich, ihre Auslandsorganisation und die Existenz ihrer im Irak stationierten Widerstandsgruppen finanziell zu sichern. Die zahlenmäßig stärksten islamistischen Gruppen sind türkische Organisationen. Als radikalster Verband erwies sich der von Cemaleddin KAPLAN geführte "Verband der islamischen Vereine und Gemeindene.V." (ICCB). Er ist in Hamburg nur durch Einzelmitglieder vertreten. Der "KAPLAN"-Verband wurde im vergangenen Jahr durch n2"o abtrünnige Funktionäre und Mitgliedsvereine geschwächt. Die mit ihrer Zentrale in Köln ansiissige "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT) ist unvermindert auf Expansion bedacht. Sie unterstützte weiterhin die in der Türkei für eine "/slamische Republik Türkei" eintretende "Wohlfahrtspartei" (RP), insbesondere anläßlich der türkischen Kommunalwahlen im März. Wegen ihrer Einstufung als Islamistische Extremistenorganisation im Verfassungsschutzbericht 1993 des Bundesinnenministeriums erhob die AMGT im Oktober Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Eine weitere türkische Organisation, die "Islamische Bewegung", 1989 vom "KAPLAN"-Verband abgespalten, ist bisher - auch in Hamburg - kaum an die Öffentlichkeit getreten. Charakteristisch ist ihre bedingungslose Übernahme iranischer Positionen. Die islamistischen Organisationen wirken langfristig auf eine Polarisierung der in Deutschland lebenden muslimischen Ausländer hin. Sie sind daher als potentielle Gefahrenquelle für den inneren Frieden nicht zu unterschätzen. Aktuelle Gefahren für die innere Sicherheit gehen dagegen schon heute von mehreren linksextremistischen Organisationen türkischer Staatsangehöriger bzw. kurdischer Volkszugehörigkeit aus, die in Deutschland Exilorganisationen oder Zweigstellen errichtet haben. Ihnen gebührt daher besonderes Augenmerk. Auch ihr Verhalten wird in erster Linie von Konfliktund Krisensituationen in den Herkunftsländern bestimmt. Besonders augenfällig erwies sich dieser Zusammenhang an der 1993 in Deutschland mit einem Betltigungsverbot belegten "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK'), die seit 1984 im Südosten der Türkei einen blutigen Konflikt mit türkischen Sicherheitskräften austrägt. Die PKK ist eine marxistisch-leninistische Kaderpartei. Sie kämpft für einen autonomen Kurdenstaat, wobei auch kleinere Lösungen, z.B. Teilautonomie, nicht ausgeschlossen werden. Die PKK wird vom türkischen Staat rigoros und zum Teil äußerst brutal bekämpft. Dieses treibt Teile der kurdischen Bevölkerung in die Arme der PKK und kostet dem türkischen Staat Sympathien im Ausland. 234 a In Deutschland lebende Anhänger der auch im Ausland straff organisierten PKK rea'gierten auf Vorfälle in der Heimat mit heftigen, zum Teil militanten Protesten. Sie verstehen sich als Vertreter kurdischer Interessen, leisten jedoch nicht selten extremer Aufputschung und militanten Eskalationen in der Öffentlichkeit Vorschub. Kurden können aber keine Toleranz des Gastlandes beanspruchen, soweit sie gegen dessen Grundlagen und Rechtsnormen für ein friedliches Zusammenleben verstoßen. PKK-unabhängige andere kurdische Gruppierungen haben sich ebenfalls der Idee eines mehr oder weniger autonomen kurdischen Staates verschrieben, sindabernicht in terroristische und militante oder sonstige deutsches Recht verletzende Handlungen verwickelt. Sie verfolgen ihre Absichten fast ausschließlich mit politisch-propagandistischen, gewaltfreien Methoden. Ihre Bedeutung und Resonanz ist im Zuge der Eskalati'on der militärischen Auseinandersetzungen im Südosten der Türkei kontinuierlich gesunken. In ihrer Gewaltgeneigtheit nicht minder bedenklich sind türkische Gruppierungen, deren Heimatorganisationen das türkische Staatsgefüge mit revolutionären Methoden gewaltsam zerschlagen wollen. Weil ihnen in Deutschland im Gegensatz zur PKK wesentlich weniger Anhänger zur Verfügung stehen und sie organisatorisch schwächer sind, fallen sie allerdings weniger auf. Zu ihnen gehören die "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/M-L) nebst zahlreichen Abspaltungen und die "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke"). Die 1983 im Bundesgebiet verbotene revolutionär-marxistische "Devrimei Sol" hat sich vor zwei Jahren in zwei Flügel gespalten. Die konkurrierenden und sich bekämpfenden Teilgruppierungen werden nach ihren jeweiligen Führungsfunktionären KARATAS bzw. dem im März 1993 umgekommenen YAGAN unterschieden. Bisher besteht keine Aussicht, daß sich beide Flügel aussöhnen oder auf ein tolerierendes Nebeneinander einlassen könnten. Sie attackieren sich vielmehr mit beißender Polemik, Verachtung, gegenseitigen Drohungen, Körperverletzungen und Tötungen. Sobald gegnerische "Devrimci Sol"-Anhänger in Gruppen aufeinandertreffen, ist regelmäßig zumindest mit Handgreiflichkeiten zu rechnen. Am 01.05.1993 war in Berlin ein Funktionär des YAGAN-Flügels erschossen worden. Am 06. November kam nunmehr in Bergisch-Gladbach ein Aktivist des KARATAS-Flügels bei einem Schußwechsel ums Leben. Gezielte Anschläge - insbesondere gegen einzelne Funktionäre - sind auch künftig nicht auszuschließen. Der KARATAS-Flügel gab im Oktober bekannt, den revolutionären Kampf nunmehr unter der Bezeichnung DHKP-C ("Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front") fortführen zu wollen. Der YAGAN-Flügel benutzte schon vorher gelegentlich die Bezeichnung "THKP/C Devrimci Sol" ("Türkische Volksbefreiungspartei/-front Revolutionäre Linke"). 235 Unter Spaltungsproblemen leidet auch die "Türkische Kommunistische Partei sten-Leninisten" (TKP/M-L). Sie hatte ohnehin schon seit ihrer Gründung zahl Abspaltungen zu verkraften. Seit Mai waren die Differenzen mit einer Organi: einheit, die sich als "Ostanatolisches Gebietskomitee" (DABK) bezeichnet, offen gebrochen und endeten schließlich in der Verselbständigung des DABK. Hint waren offenbar Rivalitäten und Machtkämpfe in den zentralen TKP/M-L-Füh: mien, in deren Verlauf etablierten Funktionären u.a. mafiose Verwicklungen Rauschgiftgeschäfte vorgeworfen worden waren. Angesichts der abschreckenden gleitumstände im Zusammenhang mit der "Devrimci Sol"-Spaltung wurden die Gegensätze zwischen der TKP/M-L und dem DABK bisher allerdings weitgehend gewaltfrei ausgetragen. Der Streit zog Gräben quer durch die Organisation. Er polarisierte die Führung und die Mitgliedschaft auf allen Ebenen und lähmte dadurch weitgehend deren politische Aktivitäten. Jüngste Gewalttaten auf türkische Kulturvereine und Moscheen im März 1995 sind auf' linksextremistische Gruppen zurückzuführen, die dort Treffpunkte nationalistisch oder fundamentalistisch orientierter Türken vermuten, deren Heimatorganisationen sie für militante Aktionen am 13. März 1995 in Istanbul verantwortlich machen. In allen beobachteten Ausländerorganisationen ist es üblich, Landsleuten in ganz erheblichem Umfang Geldspenden - zum Teil unter Druck - abzuverlangen. Die Erträge verwenden sie zur Erhaltung ihrer Exilorganisationen und zur Unterstützung politischer oder auch militärischer Kämpfe der jeweiligen Heimatorganisationen. 1994 wur'den bundesweit wieder zahlreiche Fälle - insbesondere aus dem Spektrum türkischer/ kurdischer Organisationen - bekannt, in denen unfreiwillige "Spenden" mit kriminellen Methoden eingefordert wurden oder werden sollten. Trotz polizeilicher Möglichkeiten, Zeugen zu schützen, entschlossen sich nur wenige Betroffene, Anzeigen wegen Nötigung oder Erpressung zu erstatten. Ein extremer Fall sog. "Spendensammlung" ereignete sich zum Jahresende in Germersheim/Rheinland-Pfalz: Bewaffnete Anhänger einer türkischen Gruppe suchten eine Gaststätte auf und bedrängten anwesende Landsleute. Im Verlaufe tumultartiger Auseinandersetzungen wurden drei "Spendensammler" von einem Gast erschossen. 6.2. Kurden 6.2.1. Allgemeines Die Zahl der in Deutschland lebenden Kurden ist statistisch nicht erfaßt. Schätzungen zufolge leben hier zwischen 450.000 und 500.000 Kurden. Knapp 8.500von ihnen werden Gruppierungen zugerechnet, die als extremistisch einzustufen sind, darunter 236 A it etwa 7.500 Anhängern die bei weitem militanteste Organisation, die "Arbeiterparei Kurdistans" (PKK). Etwa 400 Kurden werden irakischen Gruppierungen zugerechnet. Letztere sind Mit'glieder von Parteien, die der "Kurdistan-Front Irak" (KFI) angehören, und zwar der "Demokratischen Partei Kurdistans-Irak" (DPK-IRAK) und der "Patriotischen Union 'Kurdistans" (PUK). Die KFI hat sich zum Ziel gesetzt, einen föderativ-demokratischen Teilstaat Kurdistan in einem Bundesstaat Irak zu gründen. Sie stehen - als ursprünglich Verbündete - seit Jahresende in einem blutig eskalierenden Machtkampf gegeneinan'der. Bisher sind keine Gewalttaten außerhalb ihres Heimatgebietes von diesen Organisationen ausgegangen. In Hamburg sind ihre Anhänger bisher nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Eine weitere kurdische Organisation, der "KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan" (KOMKAR), hat in Deutschland etwa 400 Anhänger. Seine Heimatorganisati'on ist die marxistisch-leninistische "Sozialistische Partei Kurdistans" (PSK), die einen föderativen Staat Kurdistan innerhalb der Türkei anstrebt. In Hamburg besteht ebenfalls eine Gruppierung dieses Dachverbandes, der "Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e.V.", der bisher kaum in der Öffentlichkeit aktiv geworden ist. Im März 1993 hatten die Generalsekretäre der PKK und der PSK eine "gemeinsame 'Front" vereinbart. Zudem hatte sich die PSK zum bewaffneten Kampf bekannt. Dadurch wurden Befürchtungen genährt, daß sich KOMKAR aktiv an die Seite der PKK stellen undauf deren Methoden einlassen könnte. Tatsächlich wurde ein solcher Wandel bislang nicht vollzogen. Das Erscheinungsbild politisch engagierter Kurden in der Öffentlichkeit wird weitgehend von spektakulären Aktionen bestimmt, die sich auch nach dem Verbot der Organisation permanent in der Medienberichterstattung widerspiegeln. Tatsächlich ist die PKK die derzeit militanteste Ausländerorganisation in Deutschland. Durch ihre Aktionen hat sie mehrfach bewiesen, daß sie aufgrund ihrer straffen Organisationsstruktur und konspirativen Verhaltensmuster - trotz Verbotes - weiterhin besonders schlagkräftig ist. Grundsätzlich tritt die PKK außerhalb der Türkei nicht unter dieser Bezeichnung, sondern unter dem Namen ihrer Propagandaorganisation "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) auf. Nach dem im November 1993 gegen die Partei und mehrere Nebenorganisationen ausgesprochenen Verbot, sichaufdeutschem Boden zubetätigen, haben sich deutsche Linksextremisten verstärkt mit der PKK solidarisiert. Unter ihrer eigenen Anhängerschaft forcierte die Organisation nach dem Verbot Radikalisierungen. 237 In Hamburg leben etwa 25.000 türkische Staatsangehörige kurdischer Herkunft. Unter ihnen werden - wie im Vorjahr - etwa 500 der PKK zugerechnet. Anhängerverluste, etwa aufgrund des Verbots, waren nicht zu verzeichnen. LTKIZE Die PKK ist bemüht, sich im Ausland als seriöse politische Kraft Ansehen und Unterstützung zu verschaffen. Gleichwohl muß auch künftig davon ausgegangen werden, 'daß von ihren Anhängern Gewalt ausgehen wird. Die PKK bedroht nach wie vor die innere Sicherheit in Deutschland erheblich. Sie ist dazu übergegangen, sich in Westeuropa nicht mehr offen zu Terrorakten zu bekennen. Sie will es den Sicherheitsbehörden erschweren, Gewalttaten der PKK zuzuordnen. Das gilt möglicherweise auch für eine Serie unaufgeklärter Anschlagsdelikte - darunter in Hamburg am 30. Mai, 03. Juli und 27. November, die in auffälliger Häufung gegen Objekte nationalistisch gesinnter Türken in Deutschland begangen wurden und den Gegensatz zwischen ausländischen Linksund Rechtsextremisten widerspiegeln. Für drei Brandanschläge im März 1995 gegen Objekte, die als Einrichtungen türkischer Nationalisten (u.a. "Graue Wölfe") angesehen werden, dürften allerdings türkische Linksextremisten verantwortlich sein. vo"zen Die sich seit Ende 1994 verschärfenden innenpolitischen Auseinandersetzungen in der Türkei insbesondere im Zusammenhang mit Exekutivmaßnahmen gegen dort operierende extremistische Gruppierungen sowie militant ausgetragene Gegensätze der dortigen extremistischen Gruppierungen untereinander, schlugen sich auch in einer zugespitzten Serie von Anschlägen türkischer (u.a. Devrimci Sol,TKP/M-L) und kurdischer Organisationen (PKK) in Deutschland nieder. Sie richteten sich gegen türkische Einrichtungen, insbesondere Reisebüros, Moscheen, kulturelle Einrichtungen, türkische Vereinsbüros oder einfach gegen Lokale, die als Treffpunkt politischer Gegner bekannt sind. Anschläge gegen türkische Reisebüros sind Teil einer "Tourismusboykott-Kampagne", die der türkischen Wirtschaft und dem Staat durch Verringerung seiner Einnahmen schaden sollen.. Im Zeitraum vom 01.01.1991 bis 27.03.1995 sind der Polizei inHamburg insgesamt 39 politisch motivierte Straftaten mit Gewaltanwendung gegen türkische Einrichtungen bekannt geworden. Bundesweit wurden in diesem Zeitraum 749 Vorfälle bekannt. In Hamburg machte sich diese Verschärfung nach 7 Anschlägen 1991, 12 in 1992, 5 in 1993 und 3 in 1994 allein in den drei Monaten vom 1. Januar - 27. März 1995 mit 12 Anschlägen bemerkbar. Auf bundesweiter Ebene registrierten die Sicherheitsbehörden eine entsprechende steil ansteigende Kurve türkischer/kurdischer Anschlagsaktivitäten. kin fremdenfeindlicher, auf deutsche Rechtsextremisten verweisender, Täterhinterrund vorliegt. Während bis zum Herbst 1993 fast ausschließlich diplomatische und konsularische [Einrichtungen sowie staatliche und halbstaatliche Banken und Objekte der türkischen Fuggesellschaft Angriffsziel linksextremistischer Organisationen, insbesondere der PKK, waren, sind seither auch nichtstaatliche Einrichtungen betroffen gewesen. Gewalttätige Aktionen der PKK gegen türkische Einrichtungen wurden stets nach Meldungen über Exekutivmaßnahmen türkischer Sicherheitskräfte gegen die PKK ausgeisst, bei denen Zivilisten - vor allem Frauen und Kinder - ums Leben gekommen sein sollen. Die jeweils von der PKK-Führung befohlenen Gewalttaten sollten in ihren Auswirkungen allerdings "begrenzt" bleiben und damit als noch nachvollziehbare berechtigte Reaktionen vermittelt werden, um in der Öffentlichkeit Verständnis für die Kurdenproblematik zu wecken und die Organisation nicht ins Licht einer Terrororganisation zu stellen. 62.2. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Auch im abgelaufenen Jahr erwies sich die 1993 verbotene "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) als bedeutendstes von ausländischen Extremisten ausgehendes Bedrohungspotential für die innere Sicherheit in Deutschland. Die Kurden sind aus Sicht der PKK ein Volk ohne eigenen Nationalstaat. Die etwa 19 Millionen Menschen leben bis heute - aufgeteilt auf mehrere Staaten - als Minderheiten annähernd zur Hälfte in der Türkei, die anderen im Iran, Irak und in Syrien. In der Südosttürkei kämpft die verbotene "Arbeiterpartei Kurdistans" seit 1984 gegen türkische Sicherheitskräfte. Ihnen ist es trotz massiven Personalund Materialeinsatzes nicht gelungen, die PKK niederzuwerfen, vielmehr kontrolliert sie zeitweilig Teile Südostanatoliens. Das rigorose Vorgehen der Sicherheitskräfte treibt Teile der kurdischen Bevölkerung an die Seite der PKK. Die "Arbeiterpartei Kurdistans" hat auch im Westen der Türkei Fuß gefaßt und bewiesen, daß sie landesweit zu Terroranschläigen bereit und fähig ist. Diese Anschläge sollen die Tourismusindustrie als Hauptdevisenbringer der Türkei empfindlich treffen. Diplomatische Bemühungen der Regierung, PKK-Stützpunkten im benachbarten Syrien, Irak und Iran den Boden zu entziehen, waren nur begrenzt erfolgreich, Von den rund 450.000 in Deutschland lebenden türkischen Kurden sind etwa 7.500 Anhlinger der PKK, davon ca. 500 Aktivisten, Mitglieder und Sympathisanten im Hamburger Einzugsgebiet. Deutschland genießt für die PKK strategische Bedeutung 239 zur Gewinnung neuer Anhänger und finanzieller Ressourcen. Gleichzeiti Gastland jedoch nach der Türkei zum wichtigsten "Kriegsgegner" hochstilisiert. Am 22.11.1993 untersagte der Bundesminister des Innerender PKK und ihrer gandaorganisation "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) Betätigungen Deutschland. Wenn in dieser Veröffentlichung von dem"Verbot der PKK" bzw. "verbotenen PKK" oder der ERNK die Rede ist, sind im Sinne der Verbotsverfüi Betätigungsverbote gemeint. Zugleich wurden auch der in Deutschland besteh. Dachverband "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen in Bundesrepublik Deutschland e.V." (FEYKA-Kurdistan) und die ihm angesch! regionalen kurdischen Mitgliedsvereine verboten und aufgelöst. Auch die" Verlags-GmbH", deren Nachrichtenagentur "Kurdistan-Haber Ajansi/News A (KURD-HA) sowie das in Köln ansässige "Kurdistan-Komitee" wurden verboten aufgelöst. Die Verbote wurden durch exekutive Maßnahmen am 26. NovemberI umgesetzt. Die PKK und die ERNK haben die gegen sie erlassenen Verbotsverfügungen nicht gefochten. Die betroffenen kurdischen Vereine erhoben jedoch Klage und beantragten die Aussetzung ihrer Verbote für die Dauer des Rechtsstreits. Bereits am 06.12.1993 wurde in Hamburg ein neuer Verein unter der Bezeichnung. "Kurdistan Volkshaus e.V." gegründet. Er nutzte fortan die Räume des im November' 1993 verbotenen Vereins. Ein mutmaßlicher neuer Dachverband der PKK hat sich bereits am 27. März unter der Bezeichnung "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland" (YEK-KOM) in Bochum 'gegründet. Laut Satzung verfolgt er ausschließlich friedliche Ziele. Offensichtlich wird er als Sprachrohr der verbotenen PKK genutzt und hat de facto Funktionen der verbotenen FEYKA-Kurdistan übernommen. Am 30. Mai warf YEK-KOM in einer deutschsprachigen Presseerklärung der Bundesregierung Kriminalisierung der kurdischen Bevölkerung vor. Das PKK-Verbot wurde darin als Abbau von Demokratie und Freiheit in Deutschland angeprangert. Auf juristischer Ebene erzielten die regionalen kurdischen Vereinigungen mit ihren Anträgen auf Verbotsaussetzung einen Teilerfolg. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gab am 06. Juli den Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz im wesentlichen statt. Während die Aussetzungsanträge des FEYKA-Dachverbandes unddes" Kurdistan-Komitees" abgelehnt wurden, setzte das Gericht die sofortige Vollziehung der Verbotsverfügungen für 21 der insgesamt 29 verbotenen regionalen kurdischen Vereinigungen - darunter das "Kurdische Kulturzentrum für Hamburg und Umgebung e.V."aus. Für die Hamburger PKK-Anhängerschaft hat das Ergebnis nach der Gründung des "Kurdistan Volkshaus e.V." vorrangig symbolische Bedeutung. 240 Gericht hatte die Auffassung vertreten, daß das Verbot der Regionalvereine sich auf die Erfüllung ihnen unmittelbar zuzurechnender Tatbestände gestützt habe. hr hätte der Bundesinnenminister diese Vereinigungen als Teilorganisationen FEYKA angesehen und das Verbot der FEYKA auf sie ausgedehnt. Behandder Regionalvereine als Teilorganisationensetzejedoch eine Eingliederung in die Dachvereinigung durch Weisungsgebundenheit, Überwachung und Lenkung raus. Von einer solchen Eingliederung könne bei den derFEYKA zugeordneten Verinigungen jedoch - nach vorläufiger Prüfung - nicht automatisch ausgegangen werie Nichtaussetzung der Verbote von FEYKA und "Kurdistan-Komitee" begründete BVerwG u.a. mit der Feststellung, daß diese die PKK und die ERNK bei Gewalttatkräftig unterstützt und sich mit deren Gewalthandlungen in Deutschland solirisiert hätten. Kein Staat müsse es hinnehmen, daß gewalttätige Auseinandersetzunen von Ausländern auf seinem Territorium ausgetragen werden. Die den betroffenen (Organisationen mit der sofortigen Vollzichung entstehenden Nachteile seien - auch bei Würdigung ihrer Vereinigungsfreiheit - geringer als die gegenüber der Allgemeinheit chenden Schäden zu bewerten. Anträge der "Berxwedan-Verlags-GmbH" und der Nachrichtenagentur KURD-HA, die aufschiebende Wirkung von ihnen erhobener Klagen wiederherzustellen, lehnte das BVerwG mit Beschluß vom 19. August ab, An diversen im gesamten Bundesgebiet durch Ordnungsbehörden ausgesprochenen Veranstaltungsverboten wegen mutmaßlicher PKK-Zusammenhänge entzündeten sich immer wieder teilweise gewalttätige Auseinandersetzungen mit Polizeikräften. Indem sie verbotswidrig - oftmals gezielt provokativ - Fahnen und Abzeichen der verbotenen Organisationen öffentlich präsentierten, forderten PKK-Anhänger fortgesetzt polizeiliches Eingreifen heraus. Auch eher unbedeutende Anlässe wurden von ihnen zugespitzt. 'Am 19. März begingen etwa 7.000 Kurden überwiegend aus dem norddeutschen Raum - zum großen Teil PKK-Anhänger - in der Alsterdorfer Sporthalle ihr traditionelles "Newroz"-Fest (kurdisches Neujahrsfest) mit Musik-, Gesangs-, Folklore-, Theaterund sonstigen kulturellen Darbietungen. Ein am Morgen inHamburg veranstalteter angemeldeter Aufzug eines "Bündnisses türkischer und kurdischer Demokraten" vom Gänsemarkt zum Hansaplatz mit etwa 160 Teilnehmern verlief friedlich. Anlaß waren das "Newroz"-Fest und Proteste gegen die Inhaftierung kurdischer DEP-Parlamentarier in der Türkei, die auch in der deutschen Öffentlichkeit auf Kritik gestoßen war. Nach dem Verbot von "Newroz"-Festen in anderen deutschen Städten hatten die Hamburger Veranstalter zunächst auch hier mit einer Verbotsverfügung gerechnet. In den Tagen vor und nach dem "Newroz"-Fest kam es bundesweit - unter Mitwirkung von PKK-Anhängern - zu zahlreichen gewalttätigen Aktionen von Kurden. Sie weh241 ren sich vehement gegen Verbote traditioneller "Newroz".Feiern, die sie als unrechtmäßig und als Beschneidung kultureller Interessen empfanden. Im Hamburger war teil Ottensen veranstaltete ein sog. "Newroz-Komitee" am 21. März eine Fackeldemonstration mit etwa 600 Teilnehmern, darunter 60 - 80 Deutsche. Es wurden verbotene Embleme und Fahnen der PKK gezeigt und Sachbeschädigungen verübt. Im Zusammenhang mit den bundesweiten Protesten gegen "Newroz"-Veranstaltungsverbote kam es in Hamburg am 22. März zu einem schweren Zwischenfall am Ballinno damm/Glockengießerwall, bei dem sich einige Personen im Rahmen einer demonstrativen Aktion mit Benzin übergossen und drohten, sich anzuzünden. Zuvor hatte eine etwa 30 - 40 köpfige Gruppe junger Kurden in der Innenstadt mit brennenden Autoreifen ihrem Protest gegen - nach ihrer Meinung - Ungerechtigkeiten deutscher staatlicher' Institutionen spektakulär Ausdruck verleihen wollen. Nachdem die Polizei 11 von ihnen festgenommen hatte, sollte mit der Selbstmordandrohung deren Freilassung erzwungen werden. Schon vor diesen Ereignissen hattensich Hamburger PKK-Anhänger nebst Sympathisanten permanent aktionistisch in Szene gesetzt. Der Katalog zum Teil konfliktträchtiger Anlässe setzt sich bis zum Jahresende durchgehend fort: Am 08. März versammelten sich etwa 100 Kurden vor dem Türkischen Generalkonsulat in Hamburg, Sie verlasen Texte in türkischer Sprache und skandierten Parolen. Die unangemeldete Versammlung löste sich nach entsprechenden Aufforderungen durch die Polizei auf. Am 12. März nahmen etwa 30 PKK-Anhänger an der Demonstration anläßlich des islamischen "Quods-Tages" (Jerusalemtag) durch die Hamburger Innenstadt teil (insgesamt etwa 2.500 Demonstranten schüitisch-islamischen Glaubens). Am 24. März versammelten sich auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz etwa 260 Personen - darunter etwa 180 Kurden, überwiegend PKK-Anhänger - zu einer angemeldeten Kundgebung mit anschließendem Aufzug durch die Innenstadt, um gegen deutsche Waffenlieferungen an die Türkei zu protestieren. Unter den etwa 80 deutschen Teilnehmern befanden sich Linksextremisten des "Komitees gegen den imperialistiscvhen Krieg", des RAF-Umfeldes, des Stadtteilzentrums "Rote Flora", aus der Hafenstraße, aus "Antifa"-Gruppen und der Autonomenszene Karolinenund Schanzenviertel. Veranstalter waren das Hamburger "Bündnis gegen das PKK-Verbot" und - laut Anmeldung - "der kurdischen Organisationen". Die Veranstaltung verlief störungsfrei. Zum gleichen Thema sowie "Gegen Massaker in Kurdistan" demonstrierten am 4. Juli etwa 40 - 50 Kurden mit Sprechchören in Hamburg-Wilstorf vor einem Lokal, in dem der CDU-Kreisverband Harburg ein Sommerfest ausrichtete Mütter und Kinder (330 Kinder). Die teilnehmenden Erwachsenen stammten aus dem Anhängerbzw. Sympathisantenumfeld der PKK. Schon mehrfach hatte die PKK in [Hamburg und anderswo in der Vergangenheit Demonstrationsaufzüge mit Kindern an |ier Spitze bzw. in den Marschreihen veranstaltet, ganz offensichtlich auch, um damit |awaiges polizeiliches Eingreifen gegen Rechtsverstöße (z.B. Zeigen verbotener Symtele) zu behindern. Die "Freunde des kurdischen Volkes", eine überwiegend aus deutschen Linksextremiseen - u.a. "Autonomen" - bestehende Solidaritätsgruppe, veranstalteten am 27. Mai 'vor dem Türkischen Generalkonsulat in Hamburg eine Kundgebung unter dem Tenor "Gegen die Massaker in Kurdistan". Die meisten der etwa 130 Teilnehmer waren PKK-Anhänger. Drei Personen wurden festgenommen, weil sie verbotene Symbole der Propagandaorganisation der PKK, der ERNK, zeigten. Einer der Teilnehmer drohte, sich selbst zu töten. Einen Höhepunkt erreichten kurdische Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Tod eines jungen PKK-Anhängers. In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli waren einer Polizeistreife in Hannover Jugendliche aufgefallen, die, wie später festgestellt wurde, Plakate der verbotenen PKK klebten. Als die Polizei ihre Personalien aufnehmen wollie, flohen sie, wurden jedoch kurzdarauf gestellt. Bei Rangeleien mit den Polizeibeamten löste sich ein Schuß aus der Dienstwaffe eines Polizisten und traf einen kurdischen Jugendlichen tödlich. Sein Tod veranlaßte PKK-Anhänger dazu, die Bundesregierung "mit ihren Vasallen" als Mörder und Kriegstreiber zu beschimpfen. Deutsche Linksextremisten unterstützten die PKK-Argumentation. In den nachfolgenden Wochen kam es bundesweit zu einer Serie von Brandanschlägen insbesondere gegen Polizeiwachen durch Anhänger der PKK. Parallel dazu fanden Protestdemonstrationen bundesweit starken Zulauf, häuften sich Sprühund Plakatklebeaktionen. Schon in der Nacht des 1./2. Juli formierten sich inHamburg im Stadtteil St. Paul Richtung Rotherbaum etwa 200 Personen -etwa 30 Kurden und Türken, ansonsten überwiegend sympathisierende deutsche Linksextremisten - zu einemmilitanten Aufzug, in dessen Verlauf Farbschmierereien, Plakatklebeaktionen und Sachbeschädigungen begangen wurden. An einer Bank wurden Scheiben zerstört. Polizeifahrzeuge wurden mit Steinen und Farbbeuteln beworfen und mit Signalmunition beschossen. Bundesweit wurden am 2. Juli offenbar im Rahmen zentral angeordneter Aktionen in 13 Städten Anschläge gegen Dienstgebäude und Dienstfahrzeuge der Polizei verübt, in Hamburg cin Brandanschlag auf die Polizeiwache 46 (Knoopstraße). In der Nacht zum 4. Juli wurde das Bezirksamt Altona mit PKK-Parolen besprüht. In den Stadtteilen Eimsbüttel und Rotherbaum sprühten Unbekannte anfünfweiteren Objekten Parolen. 243 7. Juli versammelten sich ca. 700 Person en auf der Moorweide zueinerProtes t- medieetn. DieAktioäng eundendeskurdischenVolkes"initiiertund nwarvondePKnK"Frsetzten sich an die Spitze des Zuges. Etwa angemeld worden. Anh er der n An tifa "Gr upp en,de m 280 mit ma rsc hie ren de De uts che kam en u.a . aus aut ono me - RAF-U mfe ld, de r Ha fen stra ße un d and ere n Hä use rgru ppe n sow iede m Ko mit eege gen den imperialistischen Krieg" . Es wurden verbotene ERNK-Fahnengezeigt und am nde der De mo nst rati on Pap ierk örb e und Sch altk äst en mit ER NK -Pl aka ten beklebt. Ra nba r koo rdin iert en Se rie vonPla kat kle bea ktio nen wu rde vo n m 7 In einer offe 15. bis zu 150Plakatemit - 17. Juli in mehreren deutschen Städten - u.a.Hamburg -jewineils ini i PKK und ERNK-Symbolen unter Bezugnahme auf den Hannover getöteten jungen Kurden verklebt. Anläßlich des 10. Jahrestagesder Aufvon nahmedesbewaffneten Kampfesstartet,en PKKAnhänger am 18. August zu einer YEK-KOM organisierten Fahrradtour die von Bonn nach Genf führen sollte, Schon bei der Auftaktveranstaltung in Bonn kam es en zu erheblichen gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, da zahlreiche Kurd Konnicht auf PKK-Fahnen oder sonstige verbotene Symbole verzichten wollten. Der flikt eskalierte, als sich ca. 40 Kurden im Hauptpostamt Bonn verbarrikadierten. Die Polizei nahm 97 Personen vorläufig fest. Dieser Vorfall zog Reaktionen von PKKAnhängern in anderen Städten des Bundesgebietes nach sich, die mehrere Tage lang anhielten. Auf angeblich "spontanen", aber auch auf angemeldeten Demonstrationen wurden vereinzelt feindselige Haltungen gegenüber den Ordnungskräften geschürt. U.. durch verbotswidriges Zeigen von PKK-Symbolen provozierten PKK-Anhänger und Sympathisanten die Polizei zum Eingreifen und lösten damit zum Teil gewaltsame Auseinandersetzungen aus. Am 26. September starteten kurdische Frauen zu einem Solidaritätsmarsch von Mannheim Richtung Straßburg mit der Absicht, dem Europa-Parlament eine Resolution zu überbringen. Zu der von YEK-KOM initiierten und behördlich verbotenen Aktion reisten zahlreiche Teilnehmer und Sympathisanten an. Emeut kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, in deren Verlauf auch "Molotow-Cocktails" geworfen wurden. Die Polizei nahm vorübergehend 340 Personen fest. Am Morgen des 27. September drangen ca. 60 Kurdinnen in das Mannheimer Rathaus ein, um eine Verbotsaufhebung zu erreichen. In den folgenden Stunden marschierten mehrere hundert Kurden auf. Im Zuge gewalttätiger Auseinandersetzungen verletzte ein Kurde aus 'einer entwendeten Polizeidienstwaffe mit mehreren Schüssen einen Landsmann erheblich. Die Demonstranten fielen durch ihre extreme Gewaltbereitschaft auf. Nach Verhandlungen mit der Stadt Mannheim durften etwa 200 dort versammelte Personen zur französischen Grenze weiterreisen. Mit Zustimmung französischer Behörden gelangten 126 Frauen nach Straßburg und wurden dort am 03. Oktober von einer Delegation des Europa-Parlaments angehört. An den Tagen nach den Ausschreitungen von Mannheim waren in mehreren Städten - nicht in Hamburg - vor dem Hintergrund der dortigen Ereignisse Polizeidienststellen Ziel von Brandanschlägen. Am 26. Oktober wurde in London der Europa-Sprecher der ERNK, Kani YILMAZ, wegen illegalen Aufenthaltes festgenommen. Der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof (BGH) erließ am 31. Oktober Haftbefehl wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung nach $ 129 a StGB. PKK-Anhänger protestierten in friedlich verlaufenen Aktionen am 04. November inHamburg (ca. 200 Teilnehmer), Bonn und Stuttgart "spontan" vor britischen Einrichtungen (Generalkonsulate, Botschaft) gegen eine befürchtete Abschiebung des YILMAZ nach Deutschland. Am 15. November beteiligten sich aus gleichem Anlaß in Hamburg etwa 200 Kurden an einer demonstrativen Aktion vor dem britischen Generalkonsulat. Im Anschluß kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Polizei, als diese PKKbzw. ERNK-Fahnen beschlagnahmen wollte. 26 Personen wurden vorläufig festgenommen. 'Generell argumentiert die PKK, den deutschen Staat nicht provozieren zu wollen. Sie sieht ihre Aktivitäten als gerechtfertigt an, um die kulturelle Identität des kurdischen Volkes zu wahren. Allein die Polizei sei für die Gewalteskalation im Zusammenhang mit öffentlichen PKK-Aktionen verantwortlich. Das Gesamtverhalten der PKK belegt deutlich, daß sie keinesfalls daran denkt, Verbotsmaßnahmen und Beschränkungen zu akzeptieren oder zu respektieren. Zum 1. Jahrestag des PKK-Verbotes am 26. November fanden bundesweit zahlreiche angemeldete und unangemeldete demonstrative Aktionen von Kurden und deutschen Sympathisanten statt, die stellenweise in Gewalt mündeten. Emeut provozierten Demonstranten mit PKK-Fahnen, ERNK-Symbolen und Straßenblockaden Polizeieinsätze und Versammlungsauflösungen, auf die sie mit Gewalt reagierten. Polizeibeamte wurden mit Steinwürfen und brennbaren Flüssigkeiten attackiert. InHamburg beteiligten sich ca. 320 Personen an einer vom "Bündnis gegen das PKK-Verbot" angemeldeten friedlich verlaufenen Demonstration. Parallel dazu hatten sich etwa 250 Personen - überwiegend Kurden - auf dem Rathausmarkt versammelt und dort verbotene PKKund ERNK-Symbole gezeigt bzw. verteilt. Sie weigerten sich zunächst, den Rathausmarkt zu verlassen. Eine S-köpfige Delegation wurde vom Innensenator in der Rathausdiele angehört. Zwischenzeitlich wuchs die Menschenmenge auf rund 320 Personen an, darunter zahlreiche deutsche Linksextremisten, u.a. aus dem RAF-Umfeld, "Antifa"-Gruppen und der Gruppierung "Freunde des kurdischen Volkes". Schließlich zogen sie geschlossen Richtung Hauptbahnhof ab und blockierten unterwegs die StraBenkreuzung Bergstraße/Jungfernstieg. Zu der von der PKK erhofften Zuspitzung kam es nicht. Es besteht der Verdacht, daß es innerhalb der Führungsgruppe der PKK eine terroristische Vereinigung gibt. Am 19. und 20. Dezember wurden in Bremen 7 Personen vor- läufig festgenommen, von denen 4 wieder entlassen wurden. 3 Personen wurden dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren gem. $ 129a StGB (Bildung einer terroristischen Vereinigung) und wegen versuchten Mordes. Gegen die Verantwortliche der PKK-Region Nord sowie ge'gen den Raumverantwortlichen für Bremen erließ der Ermittlungsrichter des BGH am 20. Dezember Haftbefehle wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes. Die Festnahmen stehen im Zusammenhang mit Überfällen auf möglicherweise abtrünnige PKK-Mitglieder in Hamburg und Bremen am 7. Oktober, bei denen den Opfern mit Messern und Knüppeln lebensgefährlieum che Verletzungen zugefügt worden waren. Die PKK ist zur Finanzierung ihres bewaffneten Kampfes (u.a. Waffenkäufe und sonstige Logistik) in der Türkei auf erhebliche Geldmittel angewiesen. Seit Jahren betreibt sie Spendenkampagnen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Bei Spendenzielen in mehrfacher Millionenhöhe dulden die PKK-Geldeintreiber keine EinbuBen und versuchen, sich gegenüber Verweigerern mit massiven Drohungen sowie Gewalt gegen Personen und Sachen durchzusetzen. Sie bedrohen damit zugleich die materielle Existenz mancher kurdischer bzw. türkischer Familien in Deutschland. Auch in diesem Jahr wurden zahlreiche versuchte Spendengelderpressungen bzw. damit zusammenhängende Überfälle und Körperverletzungen gegen "Spenden"-Verweigerer 'gemeldet oder angezeigt. Im Hamburger Stadtteil Billstedt wurde am 21. Juli der türkische Inhaber einer Bäkkerei von drei mutmaßlichen Kurden unter Druck gesetzt, die PKK finanziell zu unterstützen. Als dieser ablehnte, verletzten ihn die Geldeintreiber und flüchteten. Eine Woche später forderten zwei unbekannte Kurden den Inhaber eines Ladens im glei'chen Stadtteil vergeblich auf,für den Kampf in Kurdistan zu spenden. Der Betroffene wurde bedroht. Am 26. November wurde in Hamburg ein türkischer Geschäftsmann von sechs Kurden aufgefordert, mehrere Tausend Mark für die PKK zu "spenden". Ihm wurde als unverhohlene Drohung zu verstehen gegeben, daß es in der Vergangenheit in anderen Geschäften bereits zu Bombenexplosionen gekommen sei. Eine spätere geschäftliche Veranstaltung des Betroffenen wurde von einer etwa 30-köpfigen Gruppe Kurden, die PKKund ERNK-Symbole zeigten, gestört. Ein Störer drohte im Rahmen verbaler Auseinandersetzungen mit einer mitgeführten Schußwaffe. Ebenfalls am 26. November wurde im Stadtteil Altona der Inhaber einer Bäckerei von einem türkischen Kurden unter Androhung von Schlägen aufgefordert, DM 6.000,-für die PKK zu spenden. Vier Tage später wurde er ermahnt, seine "Schulden" zu begleichen. zen im Inund Ausland für ihre angebliche Feindseligkeit anzudrohen. Ihr wird Beteiligung am Völkermord der türkischen Regierung unterstellt. Gegen die "Kriegserklärung" der Bundesregierung sei die PKK zum "Verteidigungskampf" entschlossen. Um ihre Entschlossenheit zu unterstreichen, hat die ARGK - militärischer Flügel der PK - inzwischen Selbstmordaktionen gegen deutsche Ziele in der Türkei angedroht. Die PKK ist unverändert fähig, ihre Anhängerschaft zu eindrucksvollen öffentlichen Massenversammlungen zu mobilisieren. Drohende Veranstaltungsverbote umgeht sie u.a. mit Hilfe deutscher Personen, die sich mit ihr solidarisiert haben und pro forma als 'Anmelder auftreten. So trat für das am 24. September vorgesehene III. Kurdenfestival in Hannover die PDS als Anmelderin auf und legte gegen das Verbot der Veranstaltung auch Rechtsmittel ein. Zahlreiche deutsche linksextremistische Gruppierungen bis hin zu Gefangenen der RAF haben im abgelaufenen Jahr Partei für die PKK und gegen deren Verbot ergriffen. Auch in Hamburg unterstützten sie mit Flugblättern sowie von ihnen angemeldeten Demonstrationen und Infoständen die Politik und Praxis der PKK. Die Hamburger "Freunde des kurdischen Volkes" und das dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnende Hamburger "Bündnis gegen das PKK-Verbot" waren daran beteiligt. Die PKK operiert trotz Verbotes in der Bundesrepublik. Ihre Strukturen konnten bisher nicht nachhaltig gestört werden. Neu installierte Vereine und deren erfolgreiche Inanspruchnahme als politische Foren und Basisinstrumente belegen unmißverständlich, daß die PKK keinesfalls daran denkt, sich den Verboten des Gastlandes zu fügen. Sie spekuliert auf öffentliche Anerkennung mit Hilfe deutscher Sympathisanten. Mit tatsa'chenverfälschenden Behauptungen, Verbotsmaßnahmen sollten die kulturelle Identität der kurdischen Bevölkerung in Deutschland unterdrücken, versucht sie, von ihren si'cherheitsgefährdenden Bestrebungen und dem Terrorismusvorwurf abzulenken. Nach wie vor verletzt die PKK mit zum Teil exzessiver Gewaltbereitschaft ihrer Anhänger permanent deutsches Recht. Da ihre Aktivisten für sich den Status von "RevoIutionären" in Anspruch nehmen, pflegen sie offenbar ein Rechtsverständnis, welches die deutsche Rechtsordnung nicht zuläßt. Umgehungsund Fortsetzungstatbestände sind unübersehbar. Der Verbotskonflikt hat Solidarisierungen und teilweise Radikalisierungen begünstigt. Die PKK wird auch in Zukunft Anstrengungen unternehmen, dem türkischen Staat Schaden zuzufügen. Auf wirtschaftlichem Gebiet wird sie versuchen, unter Touristen bzw. potentiellen Türkeireisenden ein Klima der Verunsicherung zu verbreiten, um damit die Deviseneinnahmen der türkischen Regierung zu beeinträchtigen. Um ihrem 'Anspruchauf einen kurdischen Nationalstaat oder wenigstens eine kurdische Teilautonomie zu erhöhter Akzeptanz und Reputation zu verhelfen, bereitet sich die PKK auf die Konstituierung eines kurdischen Exilparlaments im Jahre 1995 vor. 247 6.3. Türken 6.3.1. Allgemeines Türkische Staatsangehörige bilden mit über 71.000 Personen die größte Gruppe unter den Ausländern in Hamburg. Unter ihnen sind etwa 25.000 Personen kurdischer Herkunft. Das Gruppengefüge der türkischen extremistischen Organisationen - in Hamburg mit insgesamt wenig mehr als etwa 1.100 Personen - verändert sich laufend. Das gilt sowohl für die in der Türkei terroristisch operierenden Organisationen "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke") und die "Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten" (TKP/M-L) nebst Abspaltungen als auch für einzelne islamistische und nationalistische Organisationen. "Devrimeci Sol" - Anhänger liefern sich im Zusammenhang mit Flügelkämpfen seit zwei Jahren zum Teil blutige interne Auseinandersetzungen. Der sog. "KARATAS"Flügel bezeichnet sich seit September als DHKP-C ("Revolutionäre Volksbefreiungs'partei/-front") und somit als eigenständige Partei. Er will sich damit auch von dem verfeindeten "YAGAN"-Flügel abgrenzen, der schon vorher gelegentlich als "THKP/C 'Devrimci Sol" ("Türkische Volksbefreiungspartei/-front Revolutionäre Linke") auftrat. Infolge eines Machtkampfes innerhalb der TKP/M-L kam es im April/Mai erneut zu einem Bruch im inneren Gefüge. Sie spaltete sich in einen schon in früheren Jahren vorübergehend von der Partei getrennt agierenden Flügel "Ostanatolisches Gebietskomitee" (DABK) und in den "Partizan"-Flügel. Die internen Differenzen erfaßten Anhänger auf allen Ebenen bis in die örtlichen Gruppierungen hinab, vollzogen sich bisher allerdings ohne die bei "DevrimciSol" beobachteten Gewalttätigkeiten. Von der TKP/M-L hatte sich 1978 die TKP/M-L H ("H" steht für "Hareket", d.h. "Bewegung ") abgespalten, war bisher aber wenig in Erscheinung getreten. Sie hat sich im September mit einer unbedeutenden anderen Splittergruppe zusammengeschlossen und nennt sich jetzt "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei - Gründung" (MLKP-K). Rechtsextremistische - nationalistische - türkische Organisationen waren in den letzten Jahren in Deutschland kaum noch an die Öffentlichkeit getreten. Inzwischen ist nicht mehr auszuschließen, daß sie zu neuer Stärke heranwachsen und sich ermutigt fühlen, wieder provokativer offen aufzutreten. Es besteht auch die Gefahr, daß Anschlagsaktionen linksextremistischer Türken bzw. Kurden gegen Ziele nationalistischer Türken zu entsprechenden Gegenreaktionen herausfordern. Hinzugekommen ist eine in der Türkei neu gegründete und inzwischen auch in Deutschland etablierte nationalistische Partei, die "Große Einheitspartei" (BBP), die auch zu den rechtsextremistischen sog. "Grauen Wölfen" in Konkurrenz steht. Unter den beobachteten Organisationen verfügen die islamistischen Gruppierungen über die größte Anhängerschaft in Deutschland. Als stabilste und mitgliederstärkste Organisation ist an erster Stelle die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT) zu nennen. Der sog. "KAPLAN"-Verband (ICCB) erregt unter den islamistischen Organisationen durch seine aggressive Agitation am meisten Aufsehen. An der Person ihres in Köln ansässigen Wortführers Cemaleddin KAPLAN - in den Medien vielfach als "KHOMEINI von Köln" bezeichnet - entzündeten sich tiefgreifende interne Streitigkeiten. Bisherige ICCB-Funktionäre reagierten im Oktober mit der Gründung des oppositionellen Vereines MCB ("Union der muslimischen Bewegung). Es ist absehbar, daß KAPLANSs Anhängerstamm durch Abwanderungen zum MCB geschwächt werden wird. Der ICCB hat in Hamburg keinen Stützpunkt, wohl aber die von ihm 1989 abgespaltene türkische "Islamische Bewegung"(IH). Die unter iranischem Einfluß stehende "JH" existiert bereits seit einigen Jahren in Hamburg. Alle extremistischen türkischen Organisationen schöpfen in Deutschland und Europa Geldsummen ab, um damit die Aktivitäten ihrer Heimatorganisationen finanziell zu unterstützen. Den islamistischen Organisationen fließen erhebliche Beträge vorwiegend von Moscheebesuchern zu. Die übrigen Gruppierungen organisieren planmäßig vorbereitete wochenlange Sammlungskampagnen und kassieren bei Familien, bevorzugtauch unter 'Geschäftsleute türkischer Herkunft. Dieses geschieht nicht selten unter unverhohlenen Drohungen und mit Waffengewalt. In einem Fall versuchter zwangsweiser Geldbeschaffung kamen am 31. Dezember drei Spendeneintreiber der TKP/M-L in Germersheim ums Leben. 6.3.2. "Devrimei Sol" ("Revolutionäre Linke") Die "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke") versteht sich als eine im MarxismusLeninismus verankerte "Volksbewegung" mit dem Ziel, durch bewaffneten Kampf in einer Revolution das türkische Staatsgefüge zu zerschlagen. Seit ihrer Gründung im Jahr1978beging siein der Türkei Terroranschläge - insbesondere auf Personendesöffentlichen Lebens - und forderte dadurch ständig die staatlichen Sicherheitskräfte heraus. "Devrimci Sol" wird von der türkischen Regierung für weit über 200 Tötungsdelikte seit ihrer Gründung verantwortlich gemacht, zu denen sie sich meistens auch bekannte. Nach gewalttätigen Ausschreitungen im Jahr zuvor wurde die Organisation 249 1983 in Deutschland verboten. Sie blieb - zunächst unter Tarnbezeichnungen wie "Avrupa' da Dev Genc" - weiterhin aktiv und zählt inzwischen bundesweit etwa 800 Mitglieder. In ihrer Schlagkraft wurde die Organisation seit Anfang 1993 infolge einer von der Führungsebene in die Anhängerschaft hineinreichenden Spaltung deutlich geschwächt. Die gegnerischen Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Der Konflikt wurde durch Differenzen um die Person des bis dahin unumstrittenen Leiters, Dursun KARATAS, ausgelöst, dem der oppositionelle Flügel u.a. Führungsfehler und Verrat vorwirft. Die Oppositionellen werden nach ihrem im März 1993 in der Türkei von der Polizei erschossenen Führungsfunktionär Bedri YAGAN als "YAGAN"-Flügel bzw. "YAGAN"-Anhänger bezeichnet, dessen Tod KARATAS angelastet wird. Im März 1993 brachen vereinzelt gewaltsame - zum Teil mit Schußwaffen ausgetragene - Auseinandersetzungen unter Anhängern der verfeindeten Flügel aus. Sie kosteten bisher in Deutschland zwei Todesopfer: Am 01. Mai 1993 wurde in Berlin ein Anhänger der Oppositionellen getötet, am 06. November 1994 in Bergisch-Gladbach bei einem Schußwechsel auf offener Straße ein "KARATAS"-Anhänger. Anhänger des "YAGAN"-Flügels werfen dem gegnerischen Lager insgesamt 8 Morde im Inund Ausland vor. Die Organisation finanziert sich und ihre Heimatorganisation aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Mitgliedern werden in Jahresabständen Sonderzahlungen bis zur Höhe eines Monatseinkommens abverlangt. Bei ihren periodisch aktivierten wochenlangen europaweiten Spendenkampagnen schrecken die Eintreiber der "Devrimei Sol" auch nicht vor unverhüllten Drohungen zurück. In diesem Zusammenhang wurden im Oktober vier türkische Staatsangehörige in Hamburg festgenommen, die im Verdacht stehen, unter Androhung von Waffengewalt einen türkischen Geschäftsinhaber zu "Spenden" genötigt zu haben. Sie gehören dem "YAGAN"-Flügel an. Einen Tag zuvor hatten drei "Spenden"-Eintreiber des "KARATAS"-Flügels in Paris einen türkischen Textilunternehmer erpreßt und mißhandelt, wobei einer der Täter versehentlich einen Komplizen erschoß. Am 09. November wurden Dursun KARATAS und zwei Begleitpersonen bei der Einreise aus Italien nach Frankreich im Besitz gefälschter Papiere von der französischen Polizei festgenommen. Gegen KARATAS wurde wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung Haftbefehl erlassen. Mehrere anlaßbezogene, relativ friedlich verlaufene Aktionen von KARATAS-Anhängern an den darauffolgenden Tagen in Köln, Berlin, Düsseldorf , Stuttgart hatten insbesondere den Zweck, mit Freilassungsforderungen Druckauf das französische Justizministerium auszuüben. In Hamburg übergaben in diesem Zusammenhang am 15. Dezember vier Türken dem französischen Generalkonsulat eine Resolution zur Freilassung des KARATAS und verlangten, das 250 Papier per Telekopie nach Paris zu übermitteln. Nach entsprechener Zusage verließen 'sie das Gebäude. KARATAS wurde am 26.01.1995 auf richterliche Anordnung unter Meldeauflagen freigelassen und ist seitdem untergetaucht. Der "KARATAS"-Flügel tritt seit September auch unter der Bezeichnung "DHKP/-C" auf. Das heißt übersetzt "Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front", wobei der Begriff "Front" den in der Türkei militärisch operierenden Arm der Organisation meint. Damit will die Organisation offenbar demonstrieren, daß sie sich nach der Spaltung konsolidiert hat. Offenbar mit ähnlicher Absicht benutzte schon vorher der "YAGAN"-Flügel gelegentlich die Bezeichnung"THKP/C Devrimci Sol" ("Türkische Volksbefreiungspartei/-front Revolutionäre Linke"), um sich vom anderen Flügel erkennbar abzugrenzen. Unverändert fortdauernde Rivalitäten offenbaren sich in beiderseitiger aggressiver Polemik und in Tötungsandrohungen gegen Exponenten beider Flügel. Es besteht somit weiterhin eine erhebliche von der "Devrimci Sol" ausgehende Bedrohung der inneren Sicherheit in Deutschland. Sie wird immer dann besonders akut, wenn beim 'Aufeinandertreffen von Anhängern der verfeindeten Flügel Gewalttätigkeiten nahezu vorprogrammiert sind, so anläßlich der Hamburger 1. Mai-Demonstration. In Hamburg wird die Zahl der Angehörigen von "Devrimci Sol" auf unter 100 geschätzt. Hier dominiert die Anhängerschaft des oppositionellen "YAGAN"-Flügels, während bundesund europaweit der "KARATAS"-Flügel über die größere Anhängerzahl verfügt. 6.3.3. "Türkische Kommunistische Partei / Marxisten-Leninisten" (TKP/M-L) Die 1972 in der Türkei gegründete und seit 1974 auch in Deutschland aktive Partei TKP/M-L hat sich den revolutionären Umsturz in der Türkei zum Ziel gesetzt. Durch Terrorakte ihres bewaffneten Arms, der "Türkischen Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO), will sie das dort bestehende System destabilisieren und den Boden für eine Machteroberung vorbereiten. Seit Ende der 70er Jahre ist die Partei nahezu unübersehbaren Fraktionierungen und Abspaltungsprozessen ausgesetzt. Daraus sind u.a. die TKP/M-L H ("H" steht für "Hareket" = Bewegung ) und die TKP/M-L B ("B" steht für "Bolsevik") hervorgegangen. Beide haben sich mit Organisationsstrukturen auch in Deutschland 251 niedergelassen, blieben hier im Vergleich zu anderen Organisationen in den vergangenen Jahren aber relativ unbedeutend. Die TKP/M-L H bezeichnet sich seit der Vereinigung mit einer anderen Splittergruppe im September 94 als "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei - Gründung (MLKP-K)". Die TKP/M-L B Partei nennt sich seit Februar 1994 "Bolschewistische Parte Nordkurdistan-Türkei" (BP/KK-T). 'Aktuelle Entwicklungen haben im Mai in der Ursprungsorganisation TKP/M-L erneut zu einer Abspaltung geführt. Im Frühjahr brachen offene Differenzen auf der Führungsebene aus. Funktionäre eines erst seit Anfang 1992 nach fünfjähriger Trennung wieder in die Organisation zurückgekehrten Flügels unter der Bezeichnung DABK ("Ostanatolisches Gebietskomitee") beschuldigten Funktionäre des "Partizan"-Flügels, der Partei durch Rauschgiftgeschäfte mit der türkischen Mafia geschadet zu haben. Hintergründig ging es dabei auch um die Besetzung von Führungspositionen. Im Mai spitzte sich der Machtkampf zu einer erneuten Abspaltung des DABK zu. Die Differenzen verfeindeten und spalteten die Anhängerschaft quer durch die Hierarchien bis in die untersten Ebenen örtlicher Gruppierungen hinein. Allerdings hatten die bei der Spaltung von "Devrimci Sol" zu beobachtenden handgreiflichen Begleitumstände 'offenbar abschreckend gewirkt. Der Bruch in der TKP/M-L vollzog sich daher ohne gewalttätige Auseinandersetzungen. Der "Partizan"-Flügel und der DABK-Flügel sind in Deutschland zahlenmäßig etwa gleich stark. Die Existenz zweier konkurrierender Flügel könnte in Zukunft Probleme aufwerfen, weil sie auch bei der "Spenden"-Akquisition in Konkurrenz zueinander treten. Beide werden sich auch weiterhin bemühen, in Deutschland fürihrejeweilige Heimatorganisation erhebliche Geldmittel aufzubringen. Vor allem der DABK-Flügel geht dabei rigoros vor. Seine Mitglieder rekrutieren sich zum Teil aus kampferprobten Angehörigen des bewaffneten Arms TIKKO, die sich erst seit relativ kurzer Zeit in Deutschland aufhalten und noch von der aktiven Teilnahme am Guerillakampf geprägt sind. Am 31. Dezember versuchten vier DABK-Angehörige, mit einer Maschinenpistole und Faustfeuerwaffen Gäste eines türkischen Lokals in Germersheim/RheinlandPfalz auszurauben. Sie lieferten sich ein Feuergefecht mit der herbeigeeilten Polizei, wobei ein Polizeibeamter verletzt wurde. Drei der Täter wurden von einem anwesenden Gast erschossen. Die Spaltung der TKP/M-L hat die Organisation insgesamt geschwächt. Zuletzt konnte sie am 14. Mai in Köln noch etwa 7.000 Anhänger und Sympathisanten aus dem Inund Ausland für eine Gedenkfeier zum Todestag des Parteigründers Ibrahim KAYPAKKAYA (# 18.05.73) mobilisieren. Seitdem fanden kaum noch Aktionen statt. Bundesweit begingen DABK-Anhänger im Dezember an verschiedenen Orten Brandanschläge gegen türkische Banken und Reisebüros, um damit gegen die vorübergehen252 de Verhaftung eines ihrer Funktionäre in der Türkei zu protestieren. Die Tatsache, daß es in Hamburg nicht zu solchen Aktionen kam, weist darauf hin, daß hier Anhänger des "Partizan"-Flügels dominieren. Insgesamt wird die Anhängerschaft der TKP/M-L in Hamburgaufdeutlich unter 100 geschätzt, bundesweitauf über 1.500. 6.3.4. "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT) Die mit ihrer Zentrale in Köln ansässige AMGT versteht sich als europaweites Sammelbecken von Menschen moslemischen Glaubens. Dieser Anspruch läßt sich auch aus ihrer türkischen Bezeichnung ablesen: "Avrupa Milli Görüs Teskilatlari", wörtlich: "Organisationen der nationalen Sicht Europa". Nach eigenen Angaben verfügt die AMGT weltweit über ca. 200.000 Anhänger, die überwiegend in Europa leben. Für Deutschland gibt sie rund 32.000 Anhänger in 14 Gebietsverbänden mit 334 Gemeindezentren an. Realistische Schätzungen gehen von mindestens 20.000 Anhängern in Deutschland aus. Damit ist die AMGT mit Abstand die mitgliederstärkste Organisation unter den türkischen Extremisten auf deutschem Boden. In der Öffentlichkeit versucht sich die Organisation als Dachverband darzustellen, der über regionale Unterorganisationen und eigenverantwortliche Mitgliedsinstitutionen einem Potential von 2 Millionen Muslimen in Deutschlandlediglich Dienstleistungen anbietet. Unzweifelhaft erfüllen AMGT-Einrichtungen in mancherlei Hinsicht Funktionen als Orte der Kommunikation, Begegnung und Hilfe im Alltag für viele moslemische Glaubensanhänger: So sind z.B. große Moscheen - neben den eigentlichen Gebetsräumen - mit eigenen Ladeneinrichtungen, Reisevermittlungen, Teestuben, Wohn-, Leseund Schulungsräumen ausgestattet. Diese Tatsache kann aber nicht über die weitergehenden langfristigen Zielsetzungen und den tieferen politischen Hintergrund des Vereins hinwegtäuschen. Die AMGT strebt mittelfristig danach, die laizistische - d.h. auf Trennung von Staat und Religion bedachte - türkische Regierungsform zu beseitigen und in der Türkei einen theokratischen Staat zu errichten. Langfristig richten sich solche Bestrebungen gegen"ungläubige" Staaten aufder gesamten Welt, Die AMGT steht in enger Verbindung zur islamistischen türkischen "Refah Partisi" (RP, "Wohlfahrtspartei"), die unter ihrem Vorsitzenden ERBAKAN auf türkischem Boden für dieses Ziel eintritt. Sie leistet von Deutschland und anderen europäischen Ländern aus publizistische sowie finanzielle Hilfen und unterstützt die Wahlwerbung der RP. Bestrebungen, die als Verfassungsgrundlage und Maßstab staatlichen Handelns ausschließlich den Koran zulassen wollen, begründen erhebliche Zweifel an verbalen bzw. formalen Bekenntnissen zur pluralistischen Demokratie und zu den Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaates. Unter Berufungauf den islamischen Lebensund Verhaltenskodex nimmt die AMGT für sich in Anspruch, eine allen Muslimen obliegende Toleranz gegenüber Andersdenkenden zu praktizieren. Tatsächlich vertritt sie aber in ihren eigenen Veröffentlichungen Positionen, mit denen insbesondere Juden und der Staat Israel in Worten verteufel und bedroht werden. Dies vollzieht sich in einer Weise, die dem Gebot religiöser Toleranz und dem Gedanken der Völkerverständigung widerspricht. Beispielhaft offenbarte sich diese Haltung in einem Artikel des AMGT-Organs "Milli Gazete" vom 31. Januar anläßlich eines Türkei-Besuches des israelischen Staatspräsidenten Weizmann. Dort hieß es u.a.: "Ein Jude unterscheidet sich von dem Satan durch nichts", Die auf europaweite Expansion bedachte AMGT ist mit erheblicher Finanzkraft aus'gestattet, Dieses belegen u.a. Grundstückskäufe sowie neu errichtete bzw. gegründete Moscheen, wodurch sich ihre Präsenz sichtbar verstärkte. Zugleich erweiterte die AMGT in den vergangenen Jahren mit Hilfe ihrer für verschiedene Zielgruppen eingerichteten Nebenorganisationen (Jugendliche, Frauen, Wissenschaftler, Studenten) deutlich ihren Einflußbereich. Für 1995 wird das Ziel von 500 Moscheen in Deutschland anvisiert. Die AMGT-Untergliederung "Bereich Hamburg" ("Hamburg Bölgesi") umfaßt über ein Dutzend Moscheen auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg, Schleswig-Holsteins und Niedersachsens. Mehrere dieser Moscheen werden von der AMGT-nahen "Gesellschaft der türkischen Arbeiter in Hamburg und Umgebung zur Gründung und Erhaltung einer Moschee e.V." betrieben. Als "Zentralmoschee" (Merkez Camii) fungiert die von diesem Verein getragene Moschee in der Böckmannstraße 40. Für den gesamten AMGT-Bezirk Hamburg wird die Mitgliederstärke auf 3.000, für den Stadtbereich Hamburgauf ca. 1.000 Personen geschätzt. Der tatsächliche Einflußbereich der AMGT dürfte über diese unmittelbare Anhängerschaft weit hinausreichen. Hamburger AMGT-Anhänger haben im vergangenen Jahr kaum nach außen wirkende Aktivitäten entwickelt. Anläßlich des "Jerusalem-Tages" am 12. März in Hamburg stellten AMGT-Angehörige einen großen Teil der insgesamt etwa 2.500 bis 3.000 Teilnehmer zur bundesweiten Demonstration. Der "Jerusalem-Tag" wurde von dem einstigen iranischen ReligionsundStaatsoberhauptKHOMEINI ins Leben gerufen. Er soll alljährlich weltweit alle Muslime an das Ziel erinnern, Jerusalems wiederzueroben, es vom Zionismus zu befreien und der islamischen Vorherrschaft zu unterstelIen. 254 6.3.5. Die "Islamische Bewegung" (IH) Die "Islamische Bewegung" (IH) ist 1989 als Abspaltung des "Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden e.V." (ICCB) entstanden. Die Abspalter reagierten mit diesem Schritt darauf, daß sich die Führung des ICCB - auch als "Kaplan-Verband" bezeichnet - vom iranischem Einfluß gelöst hatte. Es gelangder "/slamischen Bewegung", bundesweit mehrere örtliche ICCB-Vereine zu übernehmen. Dabei brachten sie sich u.a. in den Besitz einer Hamburger Moschee. Heute befindet sich die "VahderMoschee" im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg und wird von dem Verein "Zentrum für Forschung und Kultur des Islam e.V." getragen. Die "Islamische Bewegung" hat sich zum Ziel gesetzt, einen "Islamischen Staat" in der Türkei nach dem Vorbild Irans zu errichten. In Flugblättern agitiert und polemisiert sie gegen die "kapitalistischen und zionistischen Teufel", propagiert Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele und glorifiziert das Märtyrertum. Öffentliche Aktivitäten der "/slamischen Bewegung" wurden 1994 kaum festgestellt. Einziger Anlaß mit sichtbarer Außenwirkung, an dem sich die IH aktiv beteiligte, war die auch von iranischen Einrichtungen unterstützte bundesweite Demonstration zum "Jerusalem-Tag" am 12. März in Hamburg. Die Demonstration war vom Verein "Zentrum für ForschungundKulturdesIslam e.V."angemeldet worden. Die IH-Anhängerschaft wird bundesweit auf 250 Personen geschätzt, in Hamburg auf etwa 30. 6.4. Iraner In Deutschland leben zahlreiche iranische Staatsangehörige. Ein Teil von ihnen engagiert sich politisch für den Heimatstaat, andere leben in Opposition und setzen sich hier für eine Änderung der politischen Verhältnisse in ihrer Heimat ein. Um ihre Situation und ihre Anliegen verstehen zu können, dürfen Selbstverständnis und Prinzipien von Staat und Gesellschaft im Iran nicht übersehen werden. Im Iran ist die schiitische Grundorientierung allen privaten und staatlichen Lebens ein wichtiges Element für das Selbstverständnis des Landes. Schiiten sind Anhänger der "schi'at Al", der "Partei Alis", einer der beiden Hauptrichtungen der Weltreligion Islam. Eine weltweite Minderheit von etwa 15% der Muslime sind Schiiten, die Mehrheit Sunniten (Anhänger der Sunna). Sunniten und Schiiten trennten sich im Streit um die Nachfolge des im Jahre 632 n.Chr. verstorbenen Propheten Mohammad. Der Schiismus erkennt im Gegensatz zu den Sunniten nur Ali, den Schwiegersohn und Vetter des Propheten Mohammad und die ihm nachfolgenden blutsverwandten zwölf Imame 255 als rechtmäßige Nachfolger und einzig legitime Führer der muslimischen Gesellschaft an. Im Iran leben fast ausschließlich Muslime schiitischen Glaubens. Als Ergebnis der "islamischen Revolution" von 1979 und der Machtübernahme durch den zehn Jahre später verstorbenen Ayatollah KHOMEINI wurde das schiitische Staatsund Herrschaftsverständnis in der Verfassung der Islamischen Republik Iran verankert. Es beruht auf dem Prinzip der "Herrschaft des anerkannten Gottesgelehrten" ("wilayat-e Fagih"). Unverzichtbares Kriterium der schiitischen Gemeinschaftsordnung ist, daß sich das Volk dem Willen Gottes und seiner Vertreter auf Erden unterzuordnen hat. Zweifelsohne hat der Iran geistige Leitbildfunktion - aber eine nur eingeschränkte Führungsrolle - für verschiedene islamische Bewegungen. Er gab Impulse für eine Rückbesinnungaufden "wahren Islam" auch in anderen Staaten. KHOMEINI machte seinerzeit die "dekadenten" und "satanischen" Kolonial-und Supermächte - allen voran die USA als den "großen Satan" - für die politische, wirtschaftliche und kulturelle Schwäche der islamischen Welt verantwortlich. Im heutigen Sprachgebrauch iranischer Stellen werden diese Staaten häufig pauschal mit den Begriffen "Weltarroganz" und "Lakaien" assoziiert. KHOMEINIS politischem und religiösem Testament von 1983 zufolge werden die "Feinde des Islam" von den "ungehemmten und terroristischen" USA angeführt. Der "internationale Zionismus" ist danach ihr Verbündeter. Jordaniens König wird als "professioneller vagabundierender Verbrecher" dargestellt. Als ebenso verhaßte Figuren tauchen in diesem Feindbild der marokkanische Monarch und der ägyptische Präsident als "Kriminelle im Dienste Amerikas und Israels" sowie das saudi-arabische Herrscherhaus als "Verräter" auf. KHOMEINIs Thesen und Ziele laufen darauf hinaus, daß der "Islam als Politik" (Zitat) betrachtet wird. Höchste Autorität des Landes ist nicht der Staatspräsident RAFSANDJANI, sondern der "Führer" ("rahbar") Ayatollah KHAMENEI. Er hat die Möglichkeit, direkt oder indirekt in Exekutive, Legislative und Rechtsprechung einzugreifen. Pluralismus oder ein Mehrparteiensystem im Sinne des westlichen Demokratieverständnisses werden klar abgelehnt. Islamische Prinzipien prägen außerdem den Umgang mit Minderheiten im eigenen Land. Religiöse nicht-islamische Minderheiten rangieren im Status von "Schutzbefohlenen", die "geduldet" werden, sofern sie nicht als "Abtrünnige" klassifiziert werden, wie z.B. die verfolgte Bahai-Sekte. Bis heute sind die einst erklärten Revolutionsziele, wie St: ierung und Ausbau der Macht bei gleichzeitiger Ausschaltung der Opposition, Export der islamischen Revolution mit dem Ziel, insbesondere "dekadente", vom Westen beeinflußte Regierungen islamischer Länder zu stürzen und die ganze Welt zu islamisieren, unverändert gültig. Diese in der Verfassung der Islamischen Republik Iran verankerten Ziele wurden im Juli 1994 von KHAMENEI bekräftigt. Wie sich die iranische Regierung die Ausschaltung der Opposition in Theorie und Praxis vorstellt, wurde in einer im August 1992 im iranischen Fernsehen ausgestrahlten - unverändert gültigen - Erklärung des iranischen Ministers für Nachrichtendienstund Sicherheitsangelegenheiten, Ali FALLAHIYAN deutlich aufgezeigt. Der Minister hatte Grundsätze, Ziele und Erfolge seines Ministeriums dargelegt. Der Rahmen für die Bekämpfung von Dissidenten und Oppositionellen - zusammengefaßt in dem Begriff "Yeindlich gesinnt"wird darin u.a. mit Begriffen wie"Beobachtung / Infiltration / Schwächung / schwere Schläge" definiert. Personen und Gruppen, die kulturelle und religiöse Werte der islamischen Revolution in Frage stellen, werden in diktatorischer Manier im eigenen Land und im Ausland erbarmungslos verfolgt und häufig auch liquidiert. Iranischen Sicherheitsdiensten werden zahlreiche Mordanschläge auf im Ausland lebende führende Oppositionelle zugerechnet. Die Opposition wurde auf diese Weise systematisch geschwächt. Gewaltsame Aktionen gegen innere Feinde im Ausland werden als Mittel iranischer Außenund Sicherheitspolitik verstanden. Iranische Regierungsvertreter und hohe Würdenträger haben mehrfach bekräftigt, daß sie die "göttliche Fatwa" (Rechtsgutachten) des Revolutionsführers Ayatollah KHOMEINI vom Februar 1988 gegen den britisch-indischen Schriftsteller Salman RUSHDIE für unumkehrbar und somit unverändert gültig halten. RUSHDIE lebt seitdem unter der ständigen Drohung, daß das Todesurteil gegen ihn vollstreckt wird. AuBerhalb Deutschlands sind mehrere Anschläge gegen Personen bekannt geworden, die die von RUSHDIE verfaßten "Satanischen Verse" übersetzt oder verlegt hatten. KHOMEINI hatte seine "Farwa" auch auf alle Personen ausgedehnt, die das Buch nur verbreiten. RUSHDIE gilt als personifizierte Verschwörung des Westens gegen den Islam (..."lebendes Beispiel für das zionistische und westliche Komplott gegen den Isdam"). Für den Export der islamischen Revolutionsidee spielt in Deutschland das"/slamische Zentrum Hamburg" (\ZH) - Träger der "Imam-Ali-Moschee" eine herausragende Rolle. Das IZH hat sich nach KHOMEINIs Machtübernahme zu einem wichtigen Propagandazentrum der Islamischen Republik Iran entwickelt. Die jeweiligen Leiter der Moschee bzw. des IZH werden stets offiziell vom Iran bestimmt und eingesetzt. Es wird u.a. mit Zuwendungen aus dem Iran und durch Spenden von Besuchern finanziert. Neben regierungstreuen Iranern suchen muslimische Gruppen unterschiedlicher Nationalität das IZH zu Versammlungen, Gebeten, Vorträgen, Seminaren, Lesungen, islamischen Festen und Trauerfeiern auf. Die Verantwortlichen bekräftigen zwar unermüdlich ihre Version, dem innermuslimischen und konfessionsübergreifenden Dialog offenzustehen. Gleichwohl besteht die Tendenz, Problemkomplexe bevorzugt im Sinne einseitiger iranischer Interpretation zu erschließen. Die Nahost-Friedensverhandlungen mit dem verhaßten "sionistischen Gebilde" werden massiv kritisiert. Es werden antiwestliche Agitation sowie einseitige pauschale Schuldzuweisungen verbreitet. Im IZH verkehren auch Anhänger des islamisch-extremistischen Dachverbandes "Union islamischer Studentenvereine in Europa" (U.1.S.A.). Die U.LS.A. propagiert als in Deutschland einzige regierungstreue iranische Organisation die Revolutionsideen KHOMEINIs und verteidigt vorbehaltlos alle Ziele der Islamischen Republik Iran. U.LS.A.-Mitglieder sind verpflichtet, "is zum Tode den islamischen Glaubenund die islamische Revolution" zu verteidigen. Sie beteiligen sich jeweils an der Vorbereitung und Durchführung der alljährlich im Bundesgebiet stattfindenden Großdemonstration zum "Jerusalem-Tag" - auch "GHODS-Tag" oder "QODS-Tag" genannt. Der "Jeru'salem-Tag" wurde von KHOMEINI ins Leben gerufen, um allen Muslimen die Wiedereroberung Jerusalems und die Befreiung der heiligen Stadt vom Zionismus für den Islam immer wieder als Ziel vor Augen zu führen. Am 12, März demonstrierten in Hamburg aus diesem Anlaß etwa 2.500 Muslime - größtenteils Anhänger verschiedener islamisch-extremistischer Organisationen. In einem Flugblatt prangerte das IZH das von einem radikalen israelischen Siedler in der Ibrahim-Moschee von Hebron am 25. Februar verübte Massaker an betenden Muslimen als Resultat des "menschenverachtenden Zionismus" an. Die "zionistische Besatzungsmacht" verbreite seit Jahrzehnten nur "Schrecken und Terror" unter der palästinensischen und libanesischen Bevölkerung. Westliche Regierungen wurden beschuldigt, die Verbrechen der "zionistischen Besatzungsmacht" bzw. des "zionistischen Terrorregimes" aus machtpolitischem Pragmatismus zu finanzieren. Unter Hinweis auf Spurer der im Heimatland agierenden "Volksmodjahedin Iran" nach Deutschland und Verbindungen von Attentätern zu hier lebenden Oppositionellen versucht die iranische Regierung, der Bundesregierung eine indirekte Verantwortung für Terrorakte im Iranzu unterstellenund sie unterDruckzu setzen. Ein solcher Anlaß war z.B. der Bombenanschlagaufdie Imam-Reza-Moschee in der ostiranischen Stadt Maschad im Juni 1994,der nach Darstellung der iranischen Regierung von Anhängern der "Volksmodjahedin Iran" verübt worden sein soll. Der "Nationale Widerstandsrat Iran" in Deutschland (NWRI - er vertritt die Interessen der "Volksmodjahedin Iran") bestritt vehement, für den Anschlag in Maschad verantwortlich zu sein. Er protestierte am 24. Juni mit spontanen Kundgebungen in Bonn, Stuttgart, Frankfurt und Hamburg mit jeweils unter 100 Teilnehmern gegen entsprechende Behauptungen. Die iranische Opposition ist nach wie vor zersplittert und verfolgt höchst unterschiedliche Ziele. Es gibt Monarchisten, Marxisten, Nationalisten und eine klerikale Opposition. Die meisten Oppositionsgruppen müssen vom Ausland aus agieren und 258 stützen sich nur auf eine schmale Basis im Iran. Einigungsversuche innerhalb der Opposition scheiterten immer wieder, weil noch nicht einmal der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden konnte. Die "Volksmodjahedin Iran" verkörpern die zur Zeit mit Abstand schlagkräftigste oppositionelle Organisation. Im Krieg zwischen Iran und Irak kämpften sie auf seiten Iraks. Sie unterhalten im Irak nach wie vor als militärische Basis die "Nationale Be'freiungsarmee"(NLA). 'Aus Furcht vor Dominierung halten andere Oppositionsgruppen Distanz. In ihrer Propaganda geben sich die "Volksmodjahedin Iran" betont moderat, um sich im Westen als attraktive politische Alternative darzustellen. In Lippenbekenntnissen treten sie für Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Pluralismus, Gleichberechtigung usw. ein. Sie wollen damit Bedenken ausräumen, daß sie lediglich ein anderes autoritäres Regime installieren würden. Im Vordergrund ihrer Bemühungen steht das Ziel, die Isolierung innerhalb der iranischen Opposition im Ausland zu überwinden und politische Anerkennung bei westlichen Staaten zu gewinnen. Einen herben Rückschlag erhielten diese Bemühungen im Herbst in den USA. Das USAußenministerium unterbreitete dem amerikanischen Kongreß einen für die "Volksmodjahedin Iran" negativ ausgefallenen Bericht, was zur Verunsicherung, Motivationsverlusten und Protesten seitens der Organisation führte. Die erhoffte Anerkennung in den USA war als Meilenstein und Signal für einen Reputationsgewinn auch in den europäischen Staaten dringend erwartet worden. Am 8. November kam es zu einer Protestdemonstration in Bonn mit einigen hundert Teilnehmern. Eine Rednerin kritisierte die USA wegen der negativen Behauptungen im Bericht des US-Außenministeriums. Sie beschuldigte die USA, der iranischen Regierung damit gleichsam "grünes Licht" für Angriffe gegen die Opposition signalisiert zu haben. Im August 1993 hatte sich im Ausland der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) als "Exilparlament im Widerstand" mit 235 Mitgliedern konstituiert. Der von den "Volksmodjahedin Iran" dominierte NWRI versucht, sich als einzige Alternative zu legitimieren und zu etablieren. Im Verlaufdes Jahres rückten die bislang gebräuchli'chen Bezeichnungen "Volksmodjahedin Iran" und "Iranische Moslemische Studentenvereinigung Bundesrepublik Deutschlande.V." (IMSV) in den Hintergrund. Nunmehr wird fast ausschließlich der Name "Nationaler Widerstandsrat Iran"benutzt. Über ihre Büros in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen europäischen Ländern wollen die Regierungsgegner im wesentlichen mit diversen Veranstaltungen politische Eigenwerbung betreiben und anti-iranische Informationen an die Nachrichtenmedien und politischen Entscheidungsträger lancieren. So kritisierte der NWRI u.a. im Frühjahr 1994 Geschäfte deutscher Firmen mit dem Iran. Er befürchtet, daß dem Iran dadurch die Möglichkeit gegeben wird, seine Politik 259 des "Terrorismusexports und der Menschenrechtsverletzungen" fortzusetzen. Außerdem wurde mehrfach herausgestellt, daß der Iran den in Berlin stattfindenden Strafprozeß beeinflussen wolle, bei dem mutmaßlich pro-iranische Attentäter vor Gericht stehen, die im September 1993 vier iranisch-kurdische Oppositionspolitiker im Lokal "Mykonos" getötet haben sollen. Mitte des Jahres veröffentlichte die Organisation ein umfangreiches Dossier über ein iranisches Geheimdienstnetz auf deutschem Boden, Das Dossier will den Eindruck guter Zugänge des NWRI zum iranischen Staatsund Sicherheitsapparat vermitteln. Die ehemaligen "Volksmodjahedin"-Büros sollen zu Auslandsvertretungen der selbsternannten Exil-Regierung und zu "Präsidialbüros" der "künftigen iranischen Präsidentin" Maryam RADJAVI aufgewertet werden. Um Frau RADJAVI rankt sich ein extrem ausgeprägter Personenkult, der sich u.a. in Porträtierungen vielfältiger Art in Zeitungen und anderen Propagandaschriften widerspiegelt. InHamburg befindet sich seit dem Frühjahr eine sog. "NWRI-Hauptgeschäftsstelle". Die deutsche NWRIZentrale residiert in Köln. Hamburg - mit 200 hier ansässigen Organisationsangehöri'gen regionaler Schwerpunkt in Norddeutschland - betreut mit seinem Büro den gesamten norddeutschen Raum. Es organisierte im Verlauf des Jahres mehrere Veranstaltun'gen mit bis zu etwa 400 Teilnehmern aus diesem Raum sowie spontane Demonstrationen. Propaganda wird auch überden Offenen Kanal Hamburg in der Radiosendung "Sedaye Asadi" und der Fernsehsendung "Simaye Asadi" verbreitet. Analog zu den bereits 1993 gebildeten 18 "Kommissionen" der Exil-Regierung (gleichzusetzen mit "Schattenministerien") hat der NWRI insbesondere im Verlauf des Jahres 1994 im sozialpolitischen Bereich bundesweit Strukturen, u.a. Vereine, mit regional unterschiedlichen Schwerpunkten gegründet. So entstanden Hilfsorganisationen für Flüchtlinge ("Flüchtlingshilfe Iran", FHI), Frauen ("Frauen für Demokratie im Iran") und Akademiker ("Verein Iranischer Demokratischer Akademiker", VIDA). Sie dienen im wesentlichen dazu, Geld für die Unterhaltung des Organisationsapparates und die im Irak stationierte "Nationale Befreiungsarmee" (NLA)zu beschaffen. Der NWRI leidet notorisch unter finanziellen Schwierigkeiten und hat große Probleme, den umfangreichen Apparat aus eigenen Mitteln am Leben zu erhalten. 6.5 Araber Im September 1993 wurde in Washington zwischen Israel und der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) der Grundlagenvertrag ("Declaration of principles of interim self government arrangements") als Ausgangsbasis für weiterführende Friedensverhandlungen unterzeichnet. Seine praktische Umsetzung und sich daran anknüpfende Optionen für eine dauerhafte Nahost-Friedensordnung prägten die politische Diskussionen unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Arabern bis heute. Der Grundlagenvertrag war ein erster Schritt zu einer umfassenden Lösung des seit Jahrzehnten andauernden israelisch-palästinensischen Konfliktes. Er soll den israelischen Truppenabzug aus dem Gazastreifen und aus Jericho und den Autonomiestatus der übrigen besetzten Gebiete regeln. Er enthält einen detaillierten Zeitplan für einen schrittweisen Übergang zur palästinensischen Autonomie. Das Papier führte im Verlaufder weiteren Verhandlungen zu gegensätzlichen Interpretationen der Vertragsinhalte. Das radikale arabische Lager und die palästinensischen Oppositionsgruppen verweigern sich dem Abkommen und geißeln es durchweg als den größten Verrat" an arabischen Interessen seit der Unterzeichnung der Verträge von Camp David. Die Kritiker argumentieren, daß "den Juden" unrechtmäßig erworbener Besitz zugestanden werde. Andererseits beklagen radikale israelische Siedlerorganisationen - unterstützt vom rechten politischen Flügel in Israel - Abkommen und Friedensverhandlungen als "Kapitulation" vor einer fortwährenden arabischen Aggression. Beide Seiten setzen alles daran, um eine friedliche Lösung auf Dauer zu torpedieren. Die Opposition gegen ARAFAT und die PLO umfaßt 10 palästinensische Gruppen. Es handelt sich um einen Zusammenschluß von Gruppierungen verschiedenster politischer Couleur - von prosyrischen Gruppen über Marxisten bis hin zu den Islamisten. Zunächst gaben sie sich den Namen "Nationale Demokratische und Islamische Front"; Anfang 1994 benannten sie sich in "Allianzder palästinensischen Kräfte" (AFP) um. Die Allianz vereint u.a. die marxistischleninistischen Organisationen "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) und die "Demokratische Front für die Befreiung Palästinas"" (DFLP) - beides PLO-Mitgliedsorganisationen, die terroristische "Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando" (PFLP-GC)und die islamisch-extremistische "/slamische Widerstandsbewegung" (HAMAS). Sie rechtfertigten ihre Ablehnung von Verhandlungen in mehreren Erklärungen andas "palästinensisch-arabische Volk" und an die "arabisch-islamische Nation". Die Allianz der Gegner will die "/ntifada" fortsetzen. Sie unterstellt ARAFAT Defätismus, den Israel als Vorwand benutze, um die Besetzung palästinensischer und arabischer Gebiete zu festigen. Der innerpaliistinensische Kampf soll allerdings mit po261 litischen Mitteln, statt mit Waffen geführt werden. Einpalästinensischer "Bruderkrieg" soll vermieden werden. Der bewaffnete Kampf gegen militärische israelische Ziele sei dagegen fortzusetzen. Die von der Opposition aufgebaute Drohkulisse beschränkte sich entgegen solcher Beteuerungen bislang allerdings nicht nur auf politischen Widerstand, sondern eskalierte in zahlreichen Terroraktionen und Mordanschlägen in der Region. Sie wurden zum größten Teil von den islamistischen Gruppen (HAMAS u.a.) verübt. Das Widerstandsbündnis blieb aber ein loser Zusammenschluß auf dem Minimalkonsens der Ablehnung. Lediglich PFLP und DFLP kooperierten aufgrund ihrer ideologischen Nähe nahezu problemlos. Seit etwa Herbst 1994 nähern sich die DFLP und die PFLP unter einer "gemeinsamen Führung", was als erster Schritt einer Vereinigung beider Organisationen zu deuten ist. "HAMAS" ist eine 1987 gegründete islamisch-fundamentalistische Organisation. Sie ist der Überzeugung, daß Pallistina ein islamisches Land ist, das durch bewaffneten Kampf befreit werden muß. Der Name "HAMAS" ist eine Abkürzung für "Islamische Widerstandsbewegung", heißt im Arabischenaberzugleich auch "Enthusiasmus". Zunächst hauptsächlich religiös und sozial engagiert, ging sie nach dem Beginn der "Intifada" Ende 1987 zum militanten Kampfüber. Im "FOCUS"-Interview (Nr. 7/95) erklärte der Chef des politischen Flügels von "HAMAS", Mahmud AL-ZAHAR: "Jetzt haben wir nichts mehr zu verlieren. Wir führen solche Terroraktionen durch, weil wir zutiefst ans Märtyrertum glauben". Er lehnte allerdings Selbstmordattacken ab, weil diese nicht mit dem Islam vereinbar wären. "HAMAS" hat sich bisher offiziell von Attentaten gegen Angehörige von Drittstaaten oder gegen israelische Bürger und Einrichtungen in Drittstaaten distanziert. Die islamistischen Gruppen, allen voran die HAMAS, engagieren sich unter Palästinensern vor allem im sozialen Bereich. Sie errichten Gesundheitszentren, Schulen, Kindergärten und Moscheen und gewähren ärmeren Familien eine monatliche Unterstützung. Bislang hatten die islamistischen Gruppen in den besetzten Gebieten großen Einfluß. In den Flüchtlingslagern im Libanon waren sie cher unterrepräsentiert, haben diese früherenDefizitejetztaber ausgeglichen. Die Islamisten werden u.a. von Anhängern aus dem europäischen Ausland finanziell unterstützt. Sie nutzen die Finanzkrise der PLO, um das Vakuum mit Sozialprogrammen zu füllen und sich damit eine große und treue Anhängerschaft zu sichern. Insbesondere das islamistische Lager bewies mit Sprengstoffanschlägen aufisraelische bzw. jüdische Einrichtungen im Juli in Buenos Aires und London, daß israelische Interessen im Ausland nicht nur theoretisch gefährdet sind: bei den Attentaten wurden nahezu 100 Menschen getötet und weit über 200 Personen verletzt. In Buenos Aires wurde am 18. Juli auf das Gebäude der "Argentinisch-Israelischen Vereinigung" (AIMA) mittels eines mit Sprengstoff beladenen Kleinlasters ein Bombenanschlag 262 verübt. Es fielen gewisse Parallelen zu einem Bombenanschlag vom 17.03.1992 auf die israelische Botschaft in Buenos Aires auf, als deren Urheberin die "HIZBALLAH" unter Verdacht geriet. Wenige Tage später explodierte am 26. Juli vor dem Gebäude der israelischen Botschaft in London ein mit Sprengstoffbeladener PKW. Einen Tag danach detonierte erneut ein sprengstoffbeladener PKW in London, dieses Mal vor dem von jüdischen Verbänden genutzten "Balfour-House". Den britischen Behörden liegt ein Selbstbezichtigungsschreiben zu beiden Anschlägen vor. In Hamburg sind Palästinenser nur als örtlich unorganisierte Einzelpersonen vertreten, die unterschiedlichen Organisationen der palästinensischen Ablehnungsallianz angehören. Die Ergebnisse der Friedensverhandlungen werden von ihnen nicht einheitlich bewertet. Ihre Reaktionen richteten sich größtenteils nach den offiziellen Vorgaben ihrer Heimatorganisationen. Auf Veranstaltungen erläuterten sie ihre ablehnenden Haltungen. Dabei fanden sie teilweise interessierte linksextremistische deutsche Zuhörer aus dem Spektrum "autonomer" und "antiimperialistischer" Gruppen. Da es in Hamburg nur einen kleinen Kreis politisch aktiver Palästinenser gibt, fanden öffentlichkeitswirksame Aktionen mangels Masse kaum statt. Sie beschränkten sich im wesentlichen auf verbale Solidaritätsbekundungen mit dem palästinensischen Widerstand in Israel. Anläßlich des am 25. Februar von einem radikalen israelischen Siedler in der Ibrahim-Moschee in Hebron angerichteten Massakers unter betenden Arabern wurden weltweit Proteste aus dem arabischen und muslimischen Lager laut. Der Attentäter hatte es darauf abgesehen, mit seiner Aktion palästinensische, arabische und islamische Tabus maximal zu durchbrechen, um gewaltsame, den Friedensprozeß zerstörende Reaktionen zu provozieren. Tatsächlich kamen die Nahostverhandlungen erneut zum Stillstand: die muslimische Solidariät war herausgefordert und ließ die "Intifada" in den israelisch besetzten Gebieten wieder aufflammen. In Hamburg artikulierte sich der Protest gegen diese Schreckenstat in einer friedlich verlaufenen Spontandemonstration am 28. Februar mit etwa 100 Teilnehmern. Selbst Hamburger Palästinenser, die bis dahin Friedensverhandlungen befürwortet hatten, veranlaßtedas Massaker, ihre wohlwollende Haltungzu revidieren,'die Erfolgsaussichten des Friedensprozessesin Frage zu stellen oder einfach zu resii Auch die vermutlich vom Iran unterstützte schiitisch-extremistische libanesische "HIZBALLAH" ("Partei Gottes"), die im Südlibanon Anschläge gegen die dort stationierten israelischen Truppen durchführt und im Libanon eine Islamische Republik nach iranischem Vorbild installieren will, ist massiv gegen Friedensverhandlungen. Ihr erklärtes Ziel ist die Auslöschung des Staates Israel und die "Befreiung" Jerusalems. Anhänger der "HIZBALLAH" sind in Hamburg vertreten. 263 7. Stichwortverzeichnis A AA/BO + 163; 168; 169 AB + Siehe Arbeiterbund für den Wiederaufb au der KPD AUBZ + 168; 171; 173 Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) + 114 'Aktion Oder-Neiße (AKON) + 114 Althans, Ewald + 63; 67; 123 AMGT + 234; 249, 253 Analyse und Kritik (ak) + 226 Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AG/R) + 173: 221; 231 'Andrejewski, Michael " 130 Angriff 136 Anti-Antifa+ 85;86; 87; 88; 125; 147; 167; 174 Antifa Genclik Komitee Hamburg + 175 Antifa Jugendfront Hamburg + 171; 173 'Antifa Koordination Hamburg Nord + 174 Antifa-Hochschulgruppe + 171; 173;221 Antifa-Jugendinfo + 171; 173 Antifaschismus + 165 'Antifaschistische Aktion / Bundesweite Organisation + Siehe AA/BO Antifaschistische Jugend / Bundesweiter Zusamme nschluß + Siehe AUBZ Antifaschistische Nachrichten " 173; 221; 231 Antiimperialistische Zelle (AIZ) + 156 ; 191 Anti-Nazi-Bündnis Hamburg + 164; 209 'Anti-Nazi-Bündnisse (allgemein) + 228 Antisemitismus + 65; 97 'Apfel, Holge+ r 126 'Araber + 261 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) + 157,224 'Arbeiterkampf (AK) + 226 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) + Siehe PK K Arbeitskreis gegen faschistische Zentren " 173 ARGK (militärischer Flügel der PKK) + 247 Autonome Liste + 157; 158 Autonome Männer Antifa + 170; 173 Autonome Zelle Hamburg/Grupp e Mesut Dünder + 180. Autonome Zelle Hamburg/Gruppe Wolfga ng Grams + 180; 209 Autonome/Anarchistische Szene + 199 264 BI-Treffen + 168; 170 Bahamas (Zeitschrift der Gruppe K) + 226 Bambule (Bauwagenplatz) + 212; 213 Barkaschow, Alexander + 149 Bauwagen + 211 Beier, Henry + 104 Benoist, de, Alain + 54; 58; 59 Bergedorf+ 98; 143 Berxwedan-Verlags-GmbH + 240; 241 Bolschewistische Partei Nordkurdistan-Türkei + Siehe BP/KK-T Bossel, Thorsten + 133 BP/KK-T = Bolschewistische Partei Nordkurdistan-Türkei + 252 Bramfeld + 18; 99; 143 British National Party + 94; 104 Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) + 157; 158; 229; 230 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) + 163; 215; 220; 231 Bundestagswahlkampf (Aktionen Autonome/Anarchistische Szene) + 208 Bündnis gegen das PKK-Verbot + 179; 242; 245; 247 Bündnis Hamburger Bauwagenplätze + 212 Bündnis Keinen Fußbreit den Faschisten + 164; 173; 178; 229; 231 Bündnis türkischer und kurdischer Demokraten + 241 Burschenschaften + 137; 176; 177 Busse, Friedhelm + 102 c Castortransporte (Widerstand gegen...) * 205 Cedade + 147 Christophersen, Thies + 61; 64; 146 Commando Pernod + 141; 142 Committee fora Workers International (CWI) + 228 Criticon + 58 D DABK + 236; 248; 252 Dallmeyer, Heinke + 224 Das Freie Forum + 135 Deckert, Günter + 62; 64; 6deg Dehoust, Peter + 131; 136 Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) + Siehe DFLP Demokratische Partei Kurdistans-Irak (DPK-Irak) " 237 Dener, Halim + 185; 190 Der Aktivist + 125; 126 Der Einblick + 89; 147 Der Republikaner + 106 DESG-Inform + 136 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) + 161; 213; 215 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) + 130; 136 Deutsche Nationalisten (DN) + 85 Deutsche Nationalzeitung (DNZ) + 116 Deutsche Rundschau (DR) + 131; 135 Deutsche Stimme (DS) + 120 Deutsche Volksunion (DVU) + 114 Deutsche Wochenzeitung (DWZ) + 60; 116 Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur + 114 Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes e.V. (DKEG) + 138 Deutsches Rechtsbüro (DRB) + 135 Devrimei Sol (Dev Sol) + 235; 238; 248; 249 DFLP + 261; 262 DHKP-C + 235; 248; 251 Die Bauernschaft + 64; 146 Die Neue Front + 90; 91; 147 Die Nordlichter + 131 Diksmuide/Belgien + 148 DSZ-Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH + 116 E Edelweißpiraten (EPIs) + 168; 170 Ehlers, Hans + 114 Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zumSchutzder Frontsoldaten (ER) + 114 Eichberg, Henning + 55 Einheit und Kampf + 126 Engel, Stefan + 224 Entrismus + Siehe Trotzkisten Erbakan + 253 ERNK + 237; 240; 243; 244; 245 Essener Bündnis gegen den EU-Gipfel + 207 Etappe (Zeitschrift) + 59 Ethnopluralismus + 49, 55; 57; 125 EU-Gipfel in Essen (Störaktionen) + 207 Europa Vorn + 59; 68 Ex-KB-Mehrheit + 226 F Fel.S. / Für eine linke Strömung + 172 A Fantifas " 172 Fanzines + 141; 142 Farmsen + 98 Faurisson, Robert + 61 Felidae (Bauwagengruppe) + 211 FEYKA + 240; 241 Fiedler, Hans + 114 Flächtlingshilfe Iran (FHI) + 260 Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) + Siehe FEYKA Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) + Siehe YEK-KOM Frauen für Demokratie im Iran + 260 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) + 68; 85; 86; 87; 96; 101; 123; 132; 143; 176 Freunde des kurdischen Volkes + 179; 180; 221; 243; 244; 245; 247 Frey,Dr. Gerhard + 110; 111; 114; 132; 149 FZ-Freiheitlicher Buchund Zeitschriftenverlag GmbH + 115 G Gegenstandpunkt (MG-Zeitschrift) " 225 'Geiss, Pedro Varela + 147 'Genossenschaft Hafenstraße " 202 Gesellschaft der türkischen Arbeiter in Hamburg und Umgebung zur Gründung und Erhaltung einer Moschee e.V. (AMGT-Bezug) + 254 Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V. (GfbAEV) 138 Gesellschaft für freie Publizistik - Arbeitskreis Hamburg e.V. + 138 Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichten-Verbreitung + Siehe GNNVerlag Gesetzesverletzungen/Stat ik Ausländerextremismus 0 Linksextremismus + 182 Rechtsextremismus + 74 Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) + 101; 147 Gewalttaten/Statistik Ausländerextremismus + 41; 238 Linksextremismus + 182 Rechtsextremismus + 75 267 Ghods-Tag + 258 Siche auch Quods-Tag (Jerusalemtag) GNN-Verlag + 221; 231 Goertz, Andre + 68; 103; 127; 132; 168 Goertz, Glenn + 103 Grams, Wolfgang + 188 Graue Wölfe + 176; 238; 249 Große Einheitspartei (BBP) + 249 Gruppe AVANTI + 222; 229 Gruppe K (Ex-KB-Minderheit) + 226 Gruppe Revolutionärer Linker (GRL) + 172 H Hafenrandverein + 202 Hafenstraße + 201; 242; 244 HAMAS + 261; 262 Hamburg Bölgesi (AMGT) + 254 Hamburger Liste für Ausländerstopp (HLA) + 123; 129; 133 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz + 11 Hammer und Zirkel + 220 Harburger Bündnis gegen Rassismus + 163; 173 Harder, Ulrich + 123; 129 Haule-Frimpong,Eva + 190 Hausbesetzer + Siehe Stadtteilentwicklung (Protest u. Widerstand Autonomer) Hausmann, Alexander + 112 Heide-Heim e.V. + 137 Heldengedenktag + 92; 99 Hepp, Odfried " 84 Siehe auch Hepp-/Kexel-Gruppe Hepp-/Kexel-Gruppe + 81 Siehe auch Hepp, Odfried HERTIE-Quarree + 210 Hetendorf-Komplex + 125; 135; 137 Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) + Siehe HNG HIZBALLAH + 263 HLA-Nachrichten + 124; 129 HNG + 85; 90; 104; 136 HNG-Nachrichten + 93; 136 Hogefeld, Birgit + 188 Honsik, Gerd + 147 ICCB + 234; 249; 255 IHV + 104 IMSV + 259 Index + 68; 89; 90; 94; 97; 100; 136 Initiative für Ausländerbegrenzung (1.f.A.) + 114 Initiative zum Aufbau einer bundesweiten revolutionären Organisierung + 168; 173; 206 Institute for Historical Review (IHR) + 61 Interim + 158; 176 International Socialists (IS) + 228 Internationale Pressekorrespondenz (INPREKORR) + 222 Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V, " Siehe IHV Internationales Komitee der Vierten Internationale (IKVI) + 230 Intifada + 261; 262 Iraner + 255 Irving, David + 62; 63; 138 Islamische Bewegung (IH) + 234; 249; 255 Islamische Moslemische Studentenvereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. + 'Siehe IMSV Islamische Widerstandsbewegung (HAMAS) + Siehe HAMAS Islamisches Zentrum Hamburg (IZH) + 233; 257; 258 Islamismus = Merkmale, Begriffsdefinition + 232 IV. Internationale + 222; 227; 229; 230 IZH + Siehe Islamisches Zentrum Hamburg J Jamrowski, Werner + 113 Jugend gegen Rassismus in Europa e.V. (JRE) + 171; 228 Junge Freiheit+ 58; 59; 109, 136; 171 Junge Kommunisten (JUKO) + 218 Junge Nationaldemokraten (JN) + 123; 124 Junges Forum + 59 K Kaindl+ 175 'amin, Bernt + 217 Kaplan, Cemaleddin + 234; 249 Karatas + 235; 248; 250 Komitee für soziale Verteidigung (K1SV) + 229 Komitee gegen den imperialistischen Krieg + 179; 242; 244 KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan + 237 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) + 220 Kommunistischer Bund (KB) + 157; 214; 226 Nachfolgegruppen + 226 Konservative Revolution + 54; 56; 58 Krause, Dr. Rudolf 109; 112 Krebs, Pierre + 58 Kühnen, Michael + 96; 100; 101; 147; 149 Kurden + 236 Kurdisch-Deutscher Fereundschaftsverein e.V. + 237 Kurdisches Kulturzentrum für Hamburg und Umgebung e.V. + 240 Kurdistan Volkshaus e.V. + 240 Kurdistan-Front Irak (KFI) + 237 Kurdistan-Haber Ajansi/News Agency (KURD-HA) + 240; 241 Kurdistan-Komitee + 240; 241 Küssel, Gottfried + 100; 149; 150 L LaMa-Häuser + 210 Lauck, Gary Rex + 67; 82; 151 Laue = ehemalige Gewürzfabrik/Gebäude im Schanzenviertel " 211 Leuchter, Fred + 62; 64; 67; 121 Libertäres Zentrum (LIZ)+ 172 Lokalberichte + 173; 221; 231 Magda-Thürey-Zentrum (MTZ) + 220; 229 Mailbox + 52; 65;86; 90; 92; 128; 136; 174; 200 Mandel, Emest + 227 Marighella, Carlos + 83; 155 Marxistische Gruppe (MG) + 225 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei - Gründung (MLKP-K) + Siehe MLKP-K Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) + 159; 223 Mäxchen Treuherz + 136 MBU - Aktion "Mecklenburg-Vorpommern bleibt unser" + 130 MCB - Union der muslimischen Bewegung (ICCB-Opposition) + 249 Milis Tanz auf demEis + 195; 197; 198 Milli Gazete (AMGT-Organ) + 254 270 ie len/Potentiale Ausländerextremismus + 232; 236; 238; 248; 253 itgliederzahlen/Potentiale Linksextremismus + 35 litgliederzahlen/Potentiale Rechtsextremismus + 30 Möller, Irmgard + 189; 190 Müller, Ursula + 104 NADIS = Nachrichtendienstliches Informationssystem + 10 Nahrath, Wolfgang + 126; 135 Nahrath, Wolfram + 135 Nation & Europa +59; 131; 135; 136 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) + 120 Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) + 127 Nationale Befreiungsarmee (NLA) = militärische Basis der Volksmodjahedin Iran + 259; 260 Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) + Siehe ERNK Nationale Liste (NL) +68; 85; 87; 93; 96; 136; 138; 143 Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) + 2: 59 Nationales Echo + 90 Nationales Info-Telefon (NIT) + 52; 68; 86; 90; 92; 93; 95; 102; 127; 136, 176 Nationalistische Front + 85; 138; 146 Neonazismus + 85 Neue Arbeiter Presse (NAP) + 229 Neue Rechte + 53; 55 Newroz + 179; 241; 242 Nimm 2 (Hausbesetzergruppe) + 205; 211 Norddeutsche Bewegung + 127 Nordischer Ring (NR) + 138 Nordland-Pressedienst - Nachrichten aus der norddeutschen Bewegung + 127 Nouvelle Droite + 54; 58 NSDAP/AO + 67; 82; 83; 105; 151 NSDAP/Ausland-/Aufbauorganisation + Siehe NSDAP/AO NS-Kampfruf+ 67; 83; 105; 151 o Oi-Dramz + 142 Ostanatolisches Gebietskomitee + Siehe DABK ar P Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) + Siehe PLO Pape, Martin + 101 Partizan-Flügel (TKP/M-L-Abspaltung) + 248; 252; 253 Patriotische Gesellschaft " 202 RVG -Verlags- u Patriotische Union Kurdistans (PUK) + 237 PFLP + 261; 262 PFLP-GC + 261 s PKK + 234; 235; 237; 238; 239 Schiiten + 255 PLO + 261; 262 Schirinowskij, ' PNFE / Parti Nationaliste Francais et Europeen + 148 Schleese, Wert Pohl, Helmut " 189 Schlierer, Dr. F Politische Berichte + 221 Schönborn, M Pressac, Jean-Claude + 64 Schönhuber, F PZD = Personenzentraldatei " 10 Schülerantifa Schwarzmart Q Sedelmaier, ' Siefert, Jens Quods-Tag (Jerusalemtag) + 242; 254; 255; 258 Skinheads + Sozialistisc' Sozialistisc Sozialistise radikal (Zeitschrift) + 180 Sozialistis Radio Hafenstraße + 203 Sozialistis Radjavi, Maryam + 260. Spartacis' RAF-Umfeld + 37; 179; 188; 190; 242; 244; 245 Spartakis Rassismus " 48; 140 Siehe auch Antisemitismus Spartaki Rebell (MLPD-Jugendverband) + 224 Staatsbr Remer, Otto Emst + 147 Stadttei Republikaner + 106 Stäglic! Republikanische Jugend (RJ)+ 107 Standa Republikanischer Anzeiger + 106 Stawit Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten (RepBB) + 107 Stehr, Revisionismus + 53; 59 Steils Revolutionär Sozialistischer Bund (RSB) + 222; 230 Stein Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front (DHKP-C) + Siehe DHK P-C Stell Revolutionäre Zellen (RZ) + 180; 193; 194 Stor Rieger, Jürgen + 81; 138; 168; 174; 175 Stra Rohwer, Uwe + 84 Sur Rote Armee Fraktion (RAF+ ) 155; 188; 191 Rote Fahne (RF) + 223 Rote Flora + 172; 201; 204; 210; 242 272 ' 20 :d+ 59 ar+63 'Aktionswoche + 87; 92; 98; 102; 127; 173; 174 g5und Vertriebsgesellschaft mbH + 131 55 'kij, Wladimir + 117; 133; 149 'Verner + 220 Dr. Rolf 111; 112 a, Meinol+ f 146 ser, Franz + 69; 106; 118 atifa " 209 'markt + 38; 196; 197 Jier, Gisela + 136 Jens + 68 ads + 80; 98; 99; 139 stische Arbeitergruppe (SAG) + 228 istische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) " 218 'istische Partei Kurdistans (PSK) + 237 tische Reichspartei (SRP) + 42 'listische Zeitung (SOZ) + 194 tacist League (USA) + 229 takist (Publikation) + 230 takist Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) + 229 atsbriefe + 59 'dtteilentwicklung (Protest u. Widerstand Autonomer) + 209 iglich, Wilhelm + 61 andarte + 136 'awitz, Ingo + 132; 133 tehr, Hein+ z 217 teilshoop + 143 Steinbeck, Philip + 133 Stellingen + 90; 99 Storr, Andreas + 126 Straftaten + Siehe Gesetzesverletzungen Sunniten + 255 273 Vernetzung T Linksext Tag der Deutschen Einheit (Störaktionen) + 206 Rechtse Tag, Emst + 105 technisc Taufer, Lutz+ 188 technisc Terrorismus Vikingfore Linksextremisten + 188 Viaams BI PKK + 246 Volksbew Rechtsextremisten + 81 Volksfror Thälmann-Gedenkstätte " 217 PFLPTHKP/C Devrimci Sol + 235; 248; 251 Volksfror TIKKO = Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (bewaffneter Arm der Volksfro TKP/M-L) + 251; 252 Volksmc TKP/M-L + 236; 238; 248; 249; 251 Volkstre TKP/M-L Bolsevik + 251 Voorpo: TKP/M-L Hareket + 251 Voran - Trotzkisten / Trotzkistische Gruppen und Strömungen + 227 Voran 3 Türken " 248 Vorder Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/M-L) + Siehe TKP/M-L VVN-F Türkische Volksbefreiungspartei/-front Revolutionäre Linke + Siehe THKP/C Devrimei Sol w Wahl, U Wahl! Umstrukturierung + Siehe Stadtteilentwicklung (Protest u. Widerstand Autonomer) Li Unabhängige Kurdistan Solidarität + 204 Ri Union Islamischer Studentenvereine in Europa e.V. (UISA) + 233; 258 Wiki Wir V Wot Wol Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB) + Siehe ICCB Wo Verbote Wu 'Ausländerextremismus + 179; 240 wu Rechtsextremismus + 85; 87; 97 Verein Iranischer Demokratischer Akademiker (VIDA) + 260 Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) + 162; 194; 215; 221; 222; 226; 229, 231 Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) + Siehe AMGT Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) + Siehe VVN-BdA Verfassungswidrigkeit / Merkmale + 42 Verlag Avantgarde e.V. + 230 zung isextremismus + 38; 168; 169; 170; 174; 193 htsextremismus + 3; 33; 50; 84; 86; 87; 100; 102; 127; 139; 149; 150 nisch-kommunikativ / Linksextremismus + 200 Anisch-kommunikativ / Rechtsextremismus + 30; 52 gforce + 142 s Blok + 148 'bewegungfür Generalamnestie (VOGA) + 114 sfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando (PFLP-GC) * Siehe ?LP-GC 'sfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) + Siehe PFLP sfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VF) + 221; 230 "smodjahedin Iran + 234; 258; 259 kstreue Außerparlamentarische Opposition (VAPO) + 149 yrpost + 148 ran - Marxistische Zeitung für SPD, Jusos, Falken, Gewerkschaften + 229 ran zur sozialistischen Demokratie e.V. + 171; 228 rderste Front / VF - Zeitschrift für politische Theorie und Strategie * 127 WN-BdA + 214; 219, 231 w ahl, Max + 62 Vahlbeteiligungen Linksextremisten + 156 Rechtsextremisten + 69 Wiking-Jugend (WJ) + 84; 85; 95; 1 134; 138 Wir selbst + 59 Wohlfahrtspartei (RP) " 234; 253 Wohnwagen + Siehe Bauwagen Worch, Christian + 73; 88; 93; 96; 100; 101; 153; 168; 175 Wulff, Thomas +95; 96; 100; 168; 175 Wunsiedel-Komitee + 93 Y Yagan + 235; 248; 250 YEK-KOM+240; 244 Yilmaz, Kani + 245 275 zZ