Verfassungsschutzbericht 2024 Vorwort des Bundesministers des Innern Alexander Dobrindt, MdB Jede Demokratie braucht jemanden, der sie schützt. Der Verfassungsschutz ist essenzieller Teil genau dieses Schutzes unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Er bildet einen wichtigen Schutzwall gegen Islamismus und Extremismus, Sabotage und Spionage. Die verfassungsmäßige Ordnung Deutschlands ist fast täglich Angriffen ausgesetzt: Angriffsund Einflussnahmeversuchen in Form von Sabotagehandlungen, Desinformation und Spionage oder anderweitigen hybriden Angriffen. Auch Anschläge, Gewalttaten und Bedrohungen durch Islamisten, Rechtswie Linksextremisten bedrohen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Als effektives Frühwarnsystem bereitet der Verfassungsschutz seine Erkenntnisse zu all solchen Aktivitäten unter anderem in Form von Lagebildern und Analysen auf. Damit ermöglichen die Verfassungsschutzbehörden politischen Entscheidungsträgern sowie Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften, rechtzeitig wirksame Maßnahmen einzuleiten. Unser Land ist zunehmend Spionage und Sabotage sowie Cyberangriffen und Desinformation ausgesetzt. Insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine fordert die Arbeit unserer Cyberund Spionageabwehr. Dazu gehört auch, die Manipulation von Informationen zu erkennen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat auch 2024 seinen vollständigen Werkzeugkasten nachrichtendienstlicher Mittel und rechtlicher Befugnisse eingesetzt, um aufzudecken, wie ausländische Nachrichtendienste im politischen Raum, in Wirtschaft und Wissenschaft sowie im Cyberund Informationsraum agieren, und um sie aufzuhalten. Denn Russland passt seine Aktivitäten an die veränderten Operationsbedingungen und eigenen Bedarfe immer 3 wieder an und schreckt dabei auch nicht davor zurück, ungeschulte Einzeltäter ("Low-Level-Agenten") anzuwerben, um zu spionieren und zu sabotieren. Auch Chinas Vorgehen bei Spionage und anderen Formen unerwünschten Wissenstransfers erfordert besondere Wachsamkeit von uns - als Staat und auch als Gesellschaft. Vom Islamismus geht nach wie vor eine erhebliche Gefahr aus. Die unmenschliche Brutalität der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) wird deutlich in deren Anfang 2024 ausgegebener Parole "Tötet sie, wo immer ihr sie findet". Die Bundesrepublik Deutschland steht unverändert im Visier des IS. Auch im vergangenen Jahr haben wir gesehen, dass Anschläge in der Gegenwart vermehrt von jungen, allein handelnden Tätern geplant und durchgeführt werden. Dies haben etwa die Messerangriffe in Mannheim und Solingen im Mai und August 2024 auf erschreckende Weise gezeigt. Der andauernde Nahostkonflikt entfaltet zudem weiterhin ein hohes Emotionalisierungsund Mobilisierungspotenzial und trägt so zu einer erhöhten abstrakten Gefährdungslage bei, insbesondere für jüdische und israelische Einrichtungen und Interessen. Dies bestätigt der verhinderte Schusswaffenanschlag in München im September 2024 in der Nähe des israelischen Generalkonsulats. Der eskalierende Nahostkonflikt wurde auch von Rechtsextremisten genutzt, um ihre migrationsfeindlichen und antisemitischen Positionen verstärkt zu verbreiten. Das rechtsextremistische Personenpotenzial ist 2024 um knapp ein Viertel gestiegen - von 40.600 auf 50.250 Personen, darunter 15.300 gewaltorientierte Rechtsextremisten (2023: 14.500). Eine besondere Herausforderung für die Sicherheitsbehörden sind hier Täter, die sich selbst radikalisieren und ohne erkennbare Anbindung an bereits bekannte rechtsextremistische Strukturen agieren. In Verbindung mit einer rechtsextremistisch begründeten Menschenfeindlichkeit, hauptsächlich gegenüber Migrantinnen und Migranten, kann dies zum Ausgangspunkt für rechtsextremistische Gewalttaten werden. Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Strafund Gewalttaten stieg 2024 deutlich um fast die Hälfte auf 37.835 an, darunter 1.281 Gewalttaten (+11,6 % im Vergleich zum Vorjahr). Auch im Phänomenbereich Linksextremismus ist der Verfassungsschutz wachsam. Die Situation im Nahen Osten bildete auch 2024 für Teile der linksextremistischen Szene einen Schwerpunkt ihrer Agitation. Linksextremisten fungierten als Scharfmacher und 4 Mobilisierungstreiber: Das linksextremistische Personenpotenzial ist im Jahr 2024 um 1.000 auf nunmehr 38.000 Personen angewachsen, darunter unverändert 11.200 gewaltorientierte Linksextremisten. Die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten stieg 2024 um fast 40 Prozent auf rund 5.850 Delikte an. Zwischen Dezember 2023 und November 2024 wurden drei Linksextremisten sowie eine Linksextremistin festgenommen, die mutmaßlich zum Umfeld des gewalttätigen Netzwerks "Antifa-Ost" gehören. Immer wieder begehen Linksextremisten Anschläge auf Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur, im Berichtszeitraum beispielsweise auf einen Hochspannungsstrommast nahe Grünheide in der Nähe von Berlin. Diese Angriffe schaden dem Wirtschaftsstandort Deutschland und betreffen oft auch größere Teile der Bevölkerung, manche davon empfindlich bis hin zur Lebensgefährdung, etwa durch Ausfälle von Strom, Internet oder des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Verfassungsschutzbehörden der Länder leisten einen maßgeblichen Beitrag dazu, dass wir in Deutschland in Freiheit und Frieden leben können. Ich danke allen an dieser wichtigen Arbeit Beteiligten herzlich für ihren täglichen unermüdlichen Einsatz! Der vorliegende Bericht stellt die zentrale Bedeutung dieser Arbeit für die Stabilität unserer freiheitlichen Demokratie erneut unter Beweis. Alexander Dobrindt, MdB Bundesminister des Innern 5 6 INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutz - ein unverzichtbares Instrument der wehrhaften Demokratie I. Frühwarnsystem Verfassungsschutz 17 II. Kontrolle des Verfassungsschutzes 19 III. Verfassungsschutz durch Aufklärung 21 Politisch motivierte Kriminalität I. Definitionssystem PMK 24 II. Gesamtüberblick PMK 25 III. Politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund in den einzelnen Phänomenbereichen 26 1. Rechtsextremistisch motivierte Straftaten 26 1.1 Zielrichtungen der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten 28 1.1.1 Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund 29 1.1.2 Rechtsextremistische Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten 30 1.2 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 31 2. Extremistische Straftaten von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" 32 3. Linksextremistisch motivierte Straftaten 34 3.1 Zielrichtungen der linksextremistisch motivierten Gewalttaten 35 3.1.1 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten 37 3.1.2 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen die Polizei/ Sicherheitsbehörden 38 3.2 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 39 4. Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" 40 4.1 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 42 5. Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich der "Politisch motivierten Kriminalität - ausländische Ideologie" 43 5.1 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder 45 7 INHALTSVERZEICHNIS Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus I. Überblick 48 II. Islamismus 50 III. Auslandsbezogener Extremismus 52 IV. Rechtsextremismus, "Reichsbürger" und "Selbstverwalter", "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" 55 V. Linksextremismus 57 VI. Spionage, Cyberangriffe und sonstige sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten für eine fremde Macht 59 VII. Gefährdungspotenzial 60 Rechtsextremismus/rechtsextremistischer Terrorismus I. Überblick 64 1. Entwicklungstendenzen 64 2. Personenpotenzial 67 II. Gewalt und rechtsterroristische Ansätze sowie staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremismus 68 1. Entwicklung der rechtsextremistischen Strafund Gewalttaten 68 2. Gefahr rechtsterroristischer Ansätze und Radikalisierung im Internet 69 3. Staatliche Maßnahmen 71 3.1 Vereinsverbote und Selbstauflösungen von Vereinen 73 3.2 Verhinderung von Waffenbesitz bei Rechtsextremisten 75 3.3 Aufklärung von Finanzierungsaktivitäten der rechtsextremistischen Szene 76 3.4 Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden 77 III. Aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus 78 1. Aufgreifen von Themen des gesellschaftlichen Diskurses durch Rechtsextremisten 78 2. Rechtsextremistische Musik, Kampfsport und Hooligans 81 3. Immobiliennutzung und Siedlungsbestrebungen durch Rechtsextremisten 83 4. Queerfeindliche rechtsextremistische Aktivitäten 84 5. Antisemitismus im Rechtsextremismus 87 IV. Rechtsextremistische Akteure der Neuen Rechten und Verdachtsfall "AUF1" 90 V. Rechtsextremistisches Parteienspektrum 94 1. "Die Heimat" (vormals "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", NPD) 95 2. "DIE RECHTE" 96 3. "Der III. Weg" 97 8 INHALTSVERZEICHNIS 4. "Freie Sachsen" 99 5. Verdachtsfall "Alternative für Deutschland" (AfD) 101 6. "Junge Alternative für Deutschland" (JA) 104 VI. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 107 1. "Die Heimat" (vormals "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", NPD) 107 1.1 "Junge Nationalisten" (JN) 108 1.2 "Deutsche Stimme Verlags GmbH" (DS Verlag) 109 2. "Der III. Weg" 110 3. "Freie Sachsen" 111 4. "Junge Alternative" (JA) 112 5. "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) 113 6. "COMPACT-Magazin GmbH" 114 7. Aufgelöstes und neu strukturiertes "Institut für Staatspolitik"(IfS) 115 8. "Verlag Antaios e.K." 116 9. "Ein Prozent e.V." 117 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" I. Überblick 120 1. Entwicklungstendenzen 122 2. Erscheinungsformen 125 3. Staatliche Maßnahmen 127 II. Gefährdungspotenzial 129 III. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 131 1. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 131 Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates I. Überblick 134 1. Personen und Gruppierungen 134 2. Entwicklungstendenzen 135 3. Verbindungen zu Rechtsextremisten und zu "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" 136 II. Gefährdungspotenzial 137 9 INHALTSVERZEICHNIS Linksextremismus I. Überblick 140 1. Entwicklungstendenzen 140 2. Personenpotenzial 142 3. Strafund Gewalttaten 142 II. Aktuelle Entwicklungen im Linksextremismus 143 1. Militanter "Antifaschismus" 143 2. Polizei im Fokus linksextremistischer Gewalt 151 3. Einflussnahme auf die Klimaproteste 154 4. Angriffe auf Kritische Infrastrukturen und Wirtschaftsunternehmen 158 5. Angriffe auf Parteien, Politikerinnen und Politiker 165 6. Antisemitismus und Israelfeindschaft im Linksextremismus 166 7. Gefährdungspotenzial 169 III. Linksextremistische Strukturen 171 1. Gewaltorientierte Linksextremisten 171 1.1 Autonome 172 1.2 Anarchisten 174 1.3 Dogmatische Linksextremisten 175 2. Nicht gewaltorientierte Linksextremisten 176 3. "Rote Hilfe e.V." 179 IV. Linksextremistische Vernetzungsbestrebungen 180 1. Vernetzungen innerhalb der linksextremistischen Szene 181 2. Beeinflussung demokratischer Diskurse 182 3. Vernetzungen mit Linksextremisten im Ausland 182 4. Vernetzungen zum auslandsbezogenen Extremismus 183 V. Linksextremistische Internetnutzung 184 1. Linksextremistisch genutzte Internetplattformen 184 2. Soziale Medien, Streamingplattformen und Podcasts 186 VI. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 188 1. "Antifaschistische Aktion Süd" ("Antifa Süd") 188 2. "Interventionistische Linke" (IL) 189 3. "...ums Ganze! - kommunistisches Bündnis" (uG) 190 4. "Perspektive Kommunismus" (PK) 191 5. "Freie Arbeiter*innen-Union" (FAU) 192 6. "Rote Hilfe e.V." (RH) 193 7. "junge Welt" (jW) 194 8. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 195 9. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 196 10. "Sozialistische Gleichheitspartei" (SGP), deutsche Sektion des "Internationalen Komitees der Vierten Internationale" (IKVI, Abspaltung der "Vierten Internationale") 197 10 INHALTSVERZEICHNIS Islamismus/islamistischer Terrorismus I. Überblick 200 1. Entwicklungstendenzen 201 2. Personenpotenzial 204 II. Schwerpunktthemen im Berichtsjahr 205 1. Radikalisierte jihadistische Minderjährige 205 2. Finanzierung 206 3. Antisemitismus im Islamismus 208 4. Entkoppelung Salafismus/Jihadismus 210 5. "Feindbild LSBTIQ" 211 III. Gefahren durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland 212 1. Jihadistische Organisationen 212 2. Jihadistische Propaganda 217 2.1 Fremdsprachige Propaganda 218 2.2 Deutschsprachige Propaganda 220 3. "Hizb Allah" und HAMAS 221 IV. Weitere islamistische Bestrebungen in Deutschland 222 1. Salafistische Szene 222 2. Nach Einflussnahme im politischen Raum strebende Organisationen 224 3. Sich abgrenzende Organisationen 225 V. Staatliche Maßnahmen 227 VI. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 232 1. "Islamischer Staat" (IS) und Regionalorganisationen 232 2. "Al-Qaida" und Regionalorganisationen 234 3. "Islamistische Nordkaukasische Szene" (INS) 237 4. "Hezb-e Islami GULBUDDIN"/"Hezb-e Islami-ye Afghanistan" (HIG/HIA) 238 5. "Hizb Allah" 239 6. "Harakat al-Muqawama al-Islamiya" (HAMAS) 241 7. "Türkische Hizbullah" (TH) 243 8. "Hizb ut-Tahrir" (HuT) 244 9. "Muslimbruderschaft" (MB) 245 10. "Tablighi Jama'at" (TJ) 246 11. "Islamisches Zentrum Hamburg e.V." (IZH) und sonstiger schiitischer Extremismus 247 12. "Milli Görüs"-Bewegung (MGB) und ihr zugeordnete Vereinigungen 248 13. "Furkan Bewegung" 251 14. "Kalifatsstaat" 252 11 INHALTSVERZEICHNIS Auslandsbezogener Extremismus I. Überblick 254 1. Entwicklungstendenzen 254 2. Personenpotenzial 256 3. Straftaten mit auslandsbezogener extremistischer Motivation 257 4. Finanzierung 258 II. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 259 1. Organisationsstruktur 261 2. Versammlungsgeschehen 262 3. Rekrutierungsmaßnahmen 263 4. Medienwesen 264 5. Strafverfahren gegen Funktionäre 265 6. Gefährdungspotenzial 266 III. Türkischer Linksextremismus 267 1. Überblick über Organisationen in Deutschland 268 2. "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 269 IV. Türkischer Rechtsextremismus ("Ülkücü"-Bewegung) 273 1. "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) 274 2. "ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V." (ATÄdegB) 275 3. "Föderation der Weltordnung in Europa" (ANF) 276 4. Unorganisierte "Graue Wölfe" 277 V. Säkularer propalästinensischer Extremismus 278 VI. Antisemitismus im auslandsbezogenen Extremismus 282 VII. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 286 1. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 286 1.1 "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED) 288 2. "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 289 3. "Türkische Kommunistische Partei-Marxisten-Leninisten" (TKP-ML) 290 4. "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) 291 5. "Marxistische Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) 292 6. "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) 293 7. "ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V." (ATIB) 294 8. "Föderation der Weltordnung in Europa" (ANF) 295 9. "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) 296 10. "Samidoun - Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk" ("Samidoun") 297 12 INHALTSVERZEICHNIS Spionage, Cyberangriffe und sonstige sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten für eine fremde Macht I. Überblick und Entwicklungstendenzen 300 II. Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation 303 1. Zielbereiche und Schwerpunkte der Informationsbeschaffung 304 2. Methodik der Informationsgewinnung 305 3. Sabotage 306 4. Einflussnahme und Desinformation 307 5. Cyberangriffe 309 6. Gefährdungspotenzial 313 III. Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Volksrepublik China 315 1. Zielbereiche und Schwerpunkte der Informationsbeschaffung 315 2. Methodik der Informationsgewinnung 316 3. Einflussnahme und Transnationale Repression 319 4. Cyberangriffe 320 5. Gefährdungspotenzial 322 IV. Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran 324 V. Nachrichtendienste der Republik Türkei 327 VI. Nachrichtendienste sonstiger Staaten 329 VII. Proliferation 332 VIII. Prävention in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung 335 IX. Ermittlungsverfahren, Festnahmen und Verurteilungen 337 X. Strukturen und Aufgaben ausländischer Nachrichtendienste 338 1. Russische Föderation 338 2. Volksrepublik China 339 3. Islamische Republik Iran 341 4. Republik Türkei 342 Geheimund Sabotageschutz 343 "Scientology-Organisation" (SO) 351 13 INHALTSVERZEICHNIS Anhang 357 Übersicht über Verbotsmaßnahmen des BMI gegen extremistische Bestrebungen im Zeitraum Januar 1990 bis Dezember 2024 358 Register 369 Registeranhang zum Verfassungsschutzbericht 2024 395 Bildnachweis 407 14 Verfassungsschutz - ein unverzichtbares Instrument der wehrhaften Demokratie Politisch motivierte Kriminalität 15 Verfassungsschutz - ein unverzichtbares Instrument der wehrhaften Demokratie Wehrhafte Eine der wesentlichen Aufgaben des demokratischen Staates ist Demokratie es, Sicherheit und Freiheit für seine Bürgerinnen und Bürger zu garantieren. Demokratie kann sich erst im politischen und gesellschaftlichen Diskurs auf Basis der grundsätzlichen Werte einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entfalten. Für eine Demokratie ist es deswegen unverzichtbar, dass sie bereit und in der Lage ist, diese Werte zu verteidigen. Diese unentbehrlichen Werte werden in einer Reihe von Vorschriften des Grundgesetzes (GG) konkretisiert: " der Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG, " die zentralen Grundprinzipien der staatlichen Ordnung (Demokratie, Rechtsstaatlichkeit), Art. 20 GG. Im GG werden auch Schutzinstrumente für den demokratischen Rechtsstaat benannt, darunter: " Vereinigungen, deren Zweck oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind gemäß Art. 9 Abs. 2 GG verboten. " Parteien können nach Art. 21 Abs. 2 GG vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden. Hierbei handelt es sich um die "schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde", wie das Bundesverfassungsgericht in den Leitsätzen zum Urteil im Rahmen des NPD-Verbotsverfahrens im Jahr 2017 feststellte. " Parteien können daneben nach Art. 21 Abs. 3 GG vom Bundesverfassungsgericht von der staatlichen Finanzierung (gem. SS 18 Parteiengesetz) ausgeschlossen werden. Eine Voraussetzung für die Abwehr von Gefahren, die von Feinden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehen, ist eine umfassende Information der staatlichen Organe und der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Entwicklungen. 16 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE Zur Sammlung von Informationen und Erkenntnissen über derartige Bestrebungen und sicherheitsgefährdende Tätigkeiten sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) eingerichtet worden; sie bilden einen unverzichtbaren Bestandteil der wehrhaften Demokratie. Freiheit in stabiler Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit. Im Berichtsjahr hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz Strukturdaten 4.549 Bedienstete (2023: 4.414). Der Zuschuss aus dem Bundesgemäß SS 16 Abs. 2 haushalt betrug 504.339.688 Euro (2023: 468.737.148 Euro). Bundesverfassungsschutzgesetz Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) hatte 1.604 (2023: 1.572) Bedienstete und erhielt aus dem Bundeshaushalt einen Zuschuss von 191.019.753 Euro (2023: 172.164.175 Euro). Anfang 2025 waren von Bund und Ländern im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 4.182.080 (Anfang 2023: 4.086.988) personenbezogene Eintragungen enthalten, davon 3.680.953 Eintragungen (88 %, Anfang 2023: 88,1 %) aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen oder Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach den Bestimmungen des Luftsicherheits-, Atom-, Waffen-, Jagdbzw. Sprengstoffgesetzes, der Hafensicherheitsgesetze der Länder sowie der Gewerbeordnung. I. Frühwarnsystem Verfassungsschutz Dem Verfassungsschutz kommt in der deutschen SicherheitsarAufgaben chitektur die Aufgabe zu, Bedrohungen durch politischen Extremismus, Terrorismus sowie Spionageaktivitäten im Vorfeld polizeilicher Maßnahmen zu erkennen und einzuschätzen. Darüber hinaus wirkt der Verfassungsschutz im Bereich des Geheimund Sabotageschutzes mit (z.B. durch Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die in sicherheitsempfindlichen Bereichen tätig sind). Sein wesentliches Betätigungsfeld - niedergelegt in SS 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) - besteht in der Sammlung und Auswertung von Informationen über: 17 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE " "Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben" (SS 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG), " "sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht" (SS 3 Abs. 1 Nr. 2 BVerfSchG), " "Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden" (SS 3 Abs. 1 Nr. 3 BVerfSchG) und " "Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (...), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (...) gerichtet sind" (SS 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG). Die Aufgabe des Verfassungsschutzes erschöpft sich nicht in der Sammlung und Auswertung von Informationen als Selbstzweck, sondern ist erst mit der Weitergabe der analytisch aufbereiteten Erkenntnisse erfüllt. Im Sinne eines effektiven Frühwarnsystems erstellt der Verfassungsschutz Lagebilder und Analysen, die es der Bundesregierung und den Landesregierungen ermöglichen, rechtzeitig Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland einzuleiten. Außerdem übermittelt der Verfassungsschutz, der selbst über keine polizeilichen Befugnisse verfügt, Erkenntnisse an Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften, um exekutive Maßnahmen zu unterstützen oder einzuleiten. Nationale Die Verfassungsschutzbehörden arbeiten mit anderen deutschen Zusammenarbeit Sicherheitsbehörden in Kompetenzzentren zusammen. Diese gewährleisten die Bündelung von Fachwissen ebenso wie den schnellen Austausch von Informationen und Analysen. Bei den Informationsund Kommunikationsplattformen - dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ, seit Ende 2004) und dem Gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus, des Linksextremismus/-terrorismus, des auslandsbezogenen Extremismus und der Spionage einschließlich proliferationsrelevanter 18 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE Aspekte (GETZ, seit Ende 2012) - handelt es sich nicht um eigenständige Behörden, sondern um Plattformen zur Kooperation und Kommunikation der beteiligten Behörden von Bund und Ländern. Einen wesentlichen Erkenntnisgewinn erzielt der VerfassungsInternationale schutz überdies durch die Zusammenarbeit mit ausländischen Zusammenarbeit Nachrichtendiensten und in internationalen Gremien. Diese Kooperation ist vor dem Hintergrund des internationalen Terrorismus und der Gefährdung durch Spionage, Sabotage und Cyberangriffe von überragender Bedeutung, was sich auch im stetigen Ausbau der Zusammenarbeit niederschlägt. Mit dem Zentrum für Analyse und Forschung (ZAF) intensiviert Zusammenarbeit mit das BfV die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und stärkt so der Wissenschaft die Analysekompetenz des Verfassungsschutzes. Das ZAF arbeitet interdisziplinär und phänomenübergreifend. Dazu wurden im Jahr 2024 die Aktivitäten zum Austausch mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen fortgesetzt. So wurde zum Beispiel ein Auftrag für ein Gutachten zum Thema "Illegitime staatliche Einflussnahme am Beispiel des Energiesektors - Schlussfolgerungen für die Innere Sicherheit" an das Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel vergeben. Einen erheblichen Teil ihrer Informationen gewinnen die VerInformationsfassungsschutzbehörden aus allgemein zugänglichen Quellen. gewinnung Fremde Nachrichtendienste, Extremisten und Terroristen arbeiten jedoch konspirativ und legen ihre Ziele nicht offen dar. Entsprechend setzt der Verfassungsschutz, im Rahmen gesetzlich festgelegter Grenzen und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, auch nachrichtendienstliche Mittel zur Informationsbeschaffung ein. II. Kontrolle des Verfassungsschutzes Die Tätigkeit des BfV wird vielfältig kontrolliert. Hierzu gehört die Fachund Dienstaufsicht durch das Bundesministerium des Innern (BMI). 19 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE Parlamentarisches Die Bundesregierung unterliegt - auch in Bezug auf die Arbeit Kontrollgremium des Verfassungsschutzes - der Kontrolle durch den Deutschen Bundestag. Zur Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle ist beim Deutschen Bundestag das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) eingerichtet, das von der Bundesregierung regelmäßig und umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichtet wird. Auf Verlangen ist es auch über sonstige Vorgänge zu unterrichten. Einmal jährlich führt das PKGr auf Grundlage von SS 10 Abs. 3 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGrG) eine öffentliche Anhörung der Präsidentinnen beziehungsweise Präsidenten von BAMAD, BfV und Bundesnachrichtendienst (BND) durch. Bei der Anhörung beantworten diese insbesondere Fragen zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse und zur Fortentwicklung ihrer Behörden. Ständiger Zur Optimierung der parlamentarischen Kontrolle und zur Bevollmächtigter Unterstützung des Kontrollgremiums bei seiner Arbeit eindes PKGr schließlich der Koordinierung mit der G 10-Kommission und dem Vertrauensgremium ist die oder der Ständige Bevollmächtigte des Parlamentarischen Kontrollgremiums eingesetzt. G 10-Kommission Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses nach Maßgabe des Art. 10 GG werden durch die vom PKGr bestellte unabhängige G 10-Kommission auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Zudem legt das PKGr regelmäßig einen Bericht über Art und Umfang dieser Beschränkungen vor, der auch öffentlich als Drucksache des Deutschen Bundestages zugänglich ist. Bundesbeauftragte Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informafür den Datenschutz tionsfreiheit (BfDI) unterzieht das BfV einer kontinuierlichen und die InformationsÜberprüfung. Grundlage dafür sind die datenschutzrechtlichen freiheit (BfDI) Bestimmungen im BVerfSchG und in den spezialgesetzlichen Regelungen, die den Aufgabenbereich des BfV berühren (z.B. das Ausländerzentralregister). Das BfV ist nach SS 15 Abs. 1 BVerfSchG gesetzlich verpflichtet, Betroffenen auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zu ihrer 20 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE Person gespeicherten Daten zu erteilen, soweit auf einen konkreten Sachverhalt hingewiesen und ein besonderes Interesse an der Auskunft dargelegt wird. Die Auskunft unterbleibt nur dann, wenn einer der in SS 15 Abs. 2 BVerfSchG bezeichneten Verweigerungsgründe vorliegt. Maßnahmen des BfV, die nach Darstellung der Betroffenen diese Gerichtliche in ihren Rechten beeinträchtigen, unterliegen der gerichtlichen Überprüfung Nachprüfung. III. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die Aufgabe, unsere Verfassung durch Aufklärung zu schützen, wird auf Bundesebene gemeinsam durch BMI und BfV wahrgenommen. Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann nur dauerhaft bewahrt werden, wenn sich die Gesellschaft inhaltlich mit den verschiedenen Ausprägungen des Extremismus auseinandersetzt. Eine wichtige Aufgabe des Verfassungsschutzes stellt daher die fundierte Aufklärung und Informationsvermittlung über Art und Umfang extremistischer Bedrohung dar. Die hierüber gewonnenen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes sind ausdrücklich nicht exklusiv; erst eine informierte Öffentlichkeit kann eine sicherheitspolitische Debatte sachgerecht führen. Der jährliche Verfassungsschutzbericht dient dieser Aufklärung Verfassungsund beruht auf den Erkenntnissen, die das BfV im Rahmen seines schutzbericht gesetzlichen Auftrags zusammen mit den Landesbehörden für Verfassungsschutz gewonnen hat. Er stellt keine abschließende Aufzählung aller verfassungsschutzrelevanten Personenzusammenschlüsse dar, sondern unterrichtet über die wesentlichen, während des Berichtsjahres zu verzeichnenden verfassungsschutzrelevanten Entwicklungen und deren Bewertung. Hierzu zählt auch die offene Nennung verfassungsschutzrelevanter Organisationen im Verfassungsschutzbericht. Neben der Aufklärung der Öffentlichkeit erschwert dies den Organisationen ihre Lobbyund Propagandaarbeit und soll das Erlangen von Spenden oder sonstigen Förderungen möglichst weitgehend unterbinden. So führt die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht nach SS 51 21 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung grundsätzlich zunächst zur Versagung von Steuervergünstigungen. Informationen zu ideologischen Hintergründen, Strukturdaten, Aktivitäten und Publikationen der wichtigsten Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes befinden sich in entsprechenden Einzelübersichten im Anschluss an die jeweiligen Berichtsteile. Dieser Verfassungsschutzbericht bezieht sich auf das Berichtsjahr 2024. Sofern Sachverhalte und Ereignisse aus dem Jahr 2025 dargestellt werden, handelt es sich lediglich um unselbstständige Fortläufe aus Entwicklungen des Berichtsjahres. Personenpotenzial Die Zahlenangaben zum Mitgliederpotenzial der im Bericht genannten Personenzusammenschlüsse beziehen sich auf die Bundesrepublik Deutschland und sind zum Teil geschätzt und gerundet. Es ist darauf hinzuweisen, dass den Verfassungsschutzbehörden nicht für alle zur Mitgliederoder Anhängerschaft dieser Zusammenschlüsse gehörenden Personen individuelle Erkenntnisse vorliegen und dass für Zuordnungen zu diesen Personenzusammenschlüssen, die teils auch weniger strukturiert sind, nicht ausschließlich formelle Mitgliedschaften maßgeblich Gewaltorientierung sind. Als Teilmenge dieser Zahlenangaben wird ebenfalls die Anzahl der Personen ausgewiesen, bei denen von einer Gewaltorientierung auszugehen ist. Der Oberbegriff "gewaltorientiert" wird dann verwendet, wenn Extremisten als gewalttätig, gewaltbereit, gewaltunterstützend oder gewaltbefürwortend eingeordnet werden können. www.verfassungsDas BfV informiert im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit mit schutz.de einem umfangreichen Internetangebot sowie weiteren Publikationen über aktuelle Entwicklungen in den einzelnen Arbeitsfeldern. Das vielfältige Angebot der Homepage des BfV wird dabei stetig ergänzt und aufbereitet. Karriere im BfV Als Dienstleister der Demokratie ist der Verfassungsschutz einer der interessantesten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes. Die vielfältigen Karrierechancen im BfV werden unter anderem auf der Homepage des BfV, aber auch über Social-Media-Plattformen wie etwa Instagram oder LinkedIn sowie bei öffentlichen Informationsveranstaltungen vorgestellt. Mit der zentralen Arbeitgeberbotschaft "Im Auftrag der Demokratie!" präsentiert sich das BfV als sinnstiftender und zukunftsorientierter Arbeitgeber, auch für Berufsund Quereinsteigende. 22 VERFASSUNGSSCHUTZ - EIN UNVERZICHTBARES INSTRUMENT DER WEHRHAFTEN DEMOKRATIE In allen Fragen zum Verfassungsschutz steht das Kontakt und Erreichbarkeit Bundesamt für Verfassungsschutz Merianstr. 100 50765 Köln Telefon: 030-18/792-0 oder 0228-99/792-0 Telefax: 030-18/10-792-2915 oder 0228-99/10-792-2915 E-Mail: poststelle@bfv.bund.de Internet: www.verfassungsschutz.de zur Verfügung. Die Kontaktaufnahme zum Verfassungsschutz ist jederzeit möglich: " Für Hinweise auf extremistische und terroristische Bestrebungen aller Phänomenbereiche hat das BfV ein vertrauliches Hinweistelefon eingerichtet: Telefon: 030-18/792-6000 oder 0228-99/792-6000 E-Mail: hinweise@bfv.bund.de " Ausstiegswilligen sowohl aus dem Rechtsextremismus als auch aus dem Linksextremismus bietet das BfV spezielle Aussteigerprogramme. Expertinnen und Experten bieten Hilfesuchenden darin eine Vielzahl an unterstützenden Maßnahmen und Beratung an: Telefon: 030-18/792-62 oder 0228-99/792-62 E-Mail: aussteiger@bfv.bund.de Von dort wird ein Kontakt zu erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den jeweiligen Fachabteilungen vermittelt. 23 Politisch motivierte Kriminalität (PMK) I. Definitionssystem PMK Als "Politisch motivierte Kriminalität" werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Als solche Staatsschutzdelikte gelten die folgenden Straftatbestände: SSSS 80a bis 83, 84 bis 91, 94 bis 100a, 102 bis 104a, 105 bis 108e, 109 bis 109h, 129a, 129b, 130, 234a oder 241a des Strafgesetzbuches (StGB). Auch Straftaten, die ebenso in der Allgemeinkriminalität begangen werden können (wie z.B. Tötungsund Körperverletzungsdelikte, Brandstiftungen, Widerstandsdelikte, Sachbeschädigungen), fallen unter "Politisch motivierte Kriminalität", wenn in Würdigung der gesamten Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte für eine politische Motivation gegeben sind, weil sie " den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten, " sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung beziehungsweise eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben, " durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, " sich gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung bzw. Identität oder ihres gesellschaftlichen Status richten (sogenannte Hasskriminalität); dazu zählen auch Taten, die 24 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT nicht unmittelbar gegen eine Person, sondern im oben genannten Zusammenhang gegen eine Institution oder Sache verübt werden. Die im Verfassungsschutzbericht genannten Zahlen zu den politisch motivierten Straftaten mit extremistischem Hintergrund basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). II. Gesamtüberblick PMK Das BKA registrierte für das Jahr 2024 insgesamt 84.172 (2023: 60.028) politisch motivierte Straftaten. Davon sind 31.229 (37,1 %) Propagandadelikte (2023: 19.905, 33,2 %). 4.107 Straftaten (4,9 %) sind der politisch motivierten Gewaltkriminalität zuzuordnen (2023: 3.561, 5,9 %). Nach Phänomenbereichen unterschieden wurden 42.788 (2023: Politisch motivierte 28.945) Straftaten dem Bereich "Politisch motivierte KriminaliStraftaten nach tät - rechts", 9.971 (2023: 7.777) dem Bereich "Politisch motivierte Phänomenbereichen Kriminalität - links", 1.877 Straftaten dem Bereich "religiöse Ideologie" (2023: 1.458) und 7.343 dem Bereich "ausländische Ideologie" (2023: 5.170) zugeordnet. 22.193 (2023: 16.678) der Straftaten wurden im Phänomenbereich PMK - Sonstige Zuordnung erfasst. Insgesamt wurden 57.701 Straftaten (68,6 %) mit extremistischem Extremistisch Hintergrund ausgewiesen (2023: 39.433, 65,7 %). Darunter waren motivierte Straftaten 2.976 extremistische Gewaltdelikte (2023: 2.761). Von diesen extremistischen Straftaten konnten 37.835 (2023: 25.660) der Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität - rechts", 5.857 (2023: 4.248) der Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität - links", 1.694 (2023: 1.250) dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" und 4.534 (2023: 3.092) dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie" zugeordnet werden. 7.781 (2023: 5.183) Straftaten mit einem extremistischen Hintergrund wurden im Phänomenbereich PMK - Sonstige Zuordnung erfasst. 25 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT III. Politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund in den einzelnen Phänomenbereichen Extremistisch motivierte Straftaten bilden eine Teilmenge der "Politisch motivierten Kriminalität". Es handelt sich um diejenigen Straftaten, bei denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie darauf abzielen, bestimmte Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung prägend sind1. Die Fallzahlen basieren auf den Angaben des BKA. 1. Rechtsextremistisch motivierte Straftaten Zahl rechtsIm Jahr 2024 stiegen die Straftaten mit rechtsextremistischem extremistischer StrafHintergrund um 47,4 % auf 37.835 (2023: 25.660) an, darunund Gewalttaten ter wurden 1.281 (2023: 1.148) Gewalttaten erfasst. Dazu zäherheblich gestiegen len insbesondere auch 6 versuchte Tötungsdelikte. Als weitere Teilmenge der rechtsextremistischen Straftaten wurden zudem 24.177 rechtsextremistisch motivierte Propagandadelikte nach SSSS 86, 86a StGB registriert (2023: 15.081). 1 Siehe hierzu BVerfG, Urteil vom 17.01.2017 - 2 BvB 1/13. 26 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT Straftaten mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund2 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 4 6 Körperverletzungen 1.016 1.121 Brandstiftungen 16 23 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 3 Landfriedensbruch 2 6 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 14 13 Freiheitsberaubung 0 0 Raub 9 18 Erpressung 4 12 Widerstandsdelikte 81 79 Gesamt 1.148 1.281 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 781 1.646 Nötigung/Bedrohung 518 687 Propagandadelikte 15.081 24.177 Störung der Totenruhe 14 8 Andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung und Beleidigung 8.118 10.036 Gesamt 24.512 36.554 Straftaten insgesamt 25.660 37.835 2 Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. Die Übersicht enthält - mit Ausnahme der Tötungsdelikte - vollendete und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Sind z.B. während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur die Körperverletzung als das Delikt mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. 27 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 1.1 Zielrichtungen der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten Im Jahr 2024 nahm die Zahl rechtsextremistischer fremdenfeindlicher Straftaten um 25,3 % zu (13.035 Delikte, 2023: 10.402); die Zahl der Gewalttaten davon stieg um 5,4 % an (983 Delikte, 2023: 933). Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten mit antisemitischem Hintergrund stieg um 0,5 % auf insgesamt 2.775 Taten (2023: 2.762); die Zahl der Gewaltdelikte mit antisemitischem Hintergrund davon stieg um 25,6 % auf insgesamt 54 Delikte (2023: 43). Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" * Gesamt Fremdenfeindliche Gewalttaten Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten Gewalttaten gegen sonstige politische Gegner Antisemitische Gewalttaten 1400 1.281 1200 1.148 1000 983 933 800 600 400 200 106 66 43 50 54 25 0 01.01.-31.12.2023 01.01.-31.12.2024 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 28 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 1.1.1 Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund Im Jahr 2024 erhöhte sich die Anzahl der rechtsextremistisch motivierten Körperverletzungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund um 4,8 % auf 916 (2023: 874). Von den insgesamt 6 versuchten Tötungsdelikten mit rechtsextremistischem Hintergrund wurden alle mit einer fremdenfeindlichen Motivation begangen. Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten gegen Asylunterkünfte stieg im Jahr 2024 deutlich (196, 2023: 148). Die Zahl der Gewalttaten gegen Asylunterkünfte stieg auf 19 (2023: 15); hierzu zählten im Berichtsjahr 6 Brandanschläge (2023: 9). Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund3 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 3 6 Körperverletzungen 874 916 Brandstiftungen 12 12 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 2 Landfriedensbruch 0 3 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 8 5 Freiheitsberaubung 0 0 Raub 5 8 Erpressung 3 10 Widerstandsdelikte 26 21 Gesamt 933 983 3 Siehe Fußnote 2. 29 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 1.1.2 Rechtsextremistische Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten Die Anzahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten ist im Vergleich zum Vorjahr um 60,6 % gestiegen. Körperverletzungen (87) sind hier weiterhin die am häufigsten verübten Gewalttaten. Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten4 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 1 Körperverletzungen 62 87 Brandstiftungen 1 3 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 Landfriedensbruch 0 3 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 0 2 Freiheitsberaubung 0 0 Raub 2 7 Erpressung 0 1 Widerstandsdelikte 1 2 Gesamt 66 106 4 Siehe Fußnote 2. 30 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 1.2 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder Die - in absoluten Zahlen - meisten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten wurden in Nordrhein-Westfalen mit 154 registrierten Delikten verübt. Danach folgen Hamburg (116) und Mecklenburg-Vorpommern (113). Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" * 01.01.-31.12.2024 01.01.-31.12.2023 154 Nordrhein-Westfalen 116 116 Hamburg 55 Mecklenburg113 Vorpommern 79 112 Brandenburg 117 110 Thüringen 90 109 Sachsen 69 99 Sachsen-Anhalt 121 88 Berlin 121 82 Niedersachsen 55 65 Schleswig-Holstein 81 54 Baden-Württemberg 50 53 Rheinland-Pfalz 68 Hessen 52 48 Bayern 39 52 Bremen 18 8 Saarland 17 18 0 40 80 120 160 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 31 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 2. Extremistische Straftaten von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" Rückgang bei Straf"Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" wurden im Berichtsjahr und Gewalttaten von 992 (2023: 1.292, -23,2 %) politisch motivierte Straftaten zugerech"Reichsbürgern" und net, von denen 774 (2023: 1.070, -27,7 %) als extremistisch einge"Selbstverwaltern" ordnet wurden. Unter diesen extremistischen Straftaten waren insgesamt 105 Gewalttaten (2023: 149). Hierzu zählten zum Beispiel Widerstandsund (58) und Erpressungsdelikte (35). Bei den weiteren Straftatbeständen dominierten insbesondere Nötigungen/Bedrohungen (236). Von den "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" zugeordneten Straftaten wurden 62 als antisemitisch eingeordnet, bei welchen es sich im Wesentlichen um Volksverhetzungsdelikte (49) handelte. Die - in absoluten Zahlen - meisten extremistischen Straftaten begingen "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" in BadenWürttemberg (203, darunter 14 Gewalttaten und 51 Fälle von Nötigung/Bedrohung). 32 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - 'Reichsbürger' und 'Selbstverwalter'" * 01.01.-31.12.2024 01.01.-31.12.2023 Bayern 26 73 Baden-Württemberg 14 10 Brandenburg 13 18 Niedersachsen 11 16 Mecklenburg- 8 Vorpommern 6 7 Thüringen 5 5 Rheinland-Pfalz 5 4 Berlin 2 4 Nordrhein-Westfalen 4 4 Sachsen 2 4 Schleswig-Holstein 6 2 Saarland 0 1 Bremen 1 1 Hamburg 1 1 Sachsen-Anhalt 0 0 Hessen 0 0 20 40 60 80 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 33 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 3. Linksextremistisch motivierte Straftaten Anstieg linksIm Jahr 2024 wurden 5.857 (2023: 4.248) Straftaten mit linksextremistischer extremistischem Hintergrund erfasst, darunter 532 (2023: 727) Straftaten Gewalttaten. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten stieg um 37,9 %, die Zahl der Gewalttaten sank um 26,8 %. Linksextremistisch motivierte Straftaten5 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 3 0 Körperverletzungen 317 216 Brandstiftungen 104 86 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 6 Landfriedensbruch 71 59 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 46 10 Freiheitsberaubung 0 0 Raub 4 9 Erpressung 0 1 Widerstandsdelikte 180 145 Gesamt 727 532 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 2.301 3.143 Nötigung/Bedrohung 130 165 Propagandadelikte 83 140 Störung der Totenruhe 2 0 Andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung und Beleidigung 1.005 1.877 Gesamt 3.521 5.325 Straftaten insgesamt 4.248 5.857 5 Siehe Fußnote 2. 34 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 3.1 Zielrichtungen der linksextremistisch motivierten Gewalttaten Von den linksextremistisch motivierten Gewalttaten wurden 233 Fälle (2023: 481) in das Themenfeld "Gewalttaten gegen die Polizei/Sicherheitsbehörden" eingeordnet, was einem Rückgang von 51,6 % entspricht. Die Zahl der Straftaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten im Phänomenbereich hat sich hingegen mehr als verdoppelt (2024: 3.859, 2023: 1.650), die der Gewalttaten stieg auf insgesamt 280 Delikte (2023: 204, +37,3 %). Die Zahl der Gewalttaten im Kontext der Klimaprotestbewegung ging deutlich zurück (2024: 74, 2023: 293). Dabei handelte es sich hauptsächlich um Brandstiftungen (2024: 24, 2023: 45) und Widerstandsdelikte (2024: 24, 2023: 74). Im Berichtsjahr wurden 99 antisemitische Straftaten (2023: 36), darunter 6 Gewalttaten, als linksextremistisch motiviert eingestuft, was einen erheblichen Anstieg um 175 % bedeutet (vgl. Berichtsteil "Linksextremismus", Kap. II, Nr. 6). 35 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" * Gesamt Gewalttaten gegen die Polizei/Sicherheitsbehörden Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten Gewalttaten gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole Gewalttaten im Handlungskontext "Kampagnen gegen Umstrukturierung" 1000 900 800 727 700 600 532 481 499 500 400 300 280 233 231 204 200 100 26 14 0 01.01.-31.12.2023 01.01.-31.12.2024 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 36 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 3.1.1 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Anstieg der Zahl der linksextremistisch motivierten Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten um 37,3 % zu verzeichnen. Mehr als die Hälfte dieser Gewalttaten sind Körperverletzungsdelikte, gefolgt von Widerstandsdelikten und Brandstiftungen. Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten6 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 3 0 Körperverletzungen 115 156 Brandstiftungen 19 33 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 1 Landfriedensbruch 26 26 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 2 2 Freiheitsberaubung 0 0 Raub 4 9 Erpressung 0 1 Widerstandsdelikte 34 52 Gesamt 204 280 6 Siehe Fußnote 2. 37 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 3.1.2 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen die Polizei/Sicherheitsbehörden Die Zahl der linksextremistisch motivierten Gewalttaten gegen die Polizei und Sicherheitsbehörden ist gegenüber dem Vorjahr um 51,6 % zurückgegangen (vgl. Berichtsteil "Linksextremismus", Kap. II, Nr. 2). Linksextremistisch motivierte Gewalttaten gegen die Polizei/ Sicherheitsbehörden7 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 2 0 Körperverletzungen 203 42 Brandstiftungen 28 8 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 4 Landfriedensbruch 60 41 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 12 0 Freiheitsberaubung 0 0 Raub 0 0 Erpressung 0 0 Widerstandsdelikte 176 138 Gesamt 481 233 7 Siehe Fußnote 2. 38 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 3.2 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder Die - in absoluten Zahlen - meisten linksextremistisch motivierten Gewalttaten wurden mit 98 registrierten Delikten in Berlin verübt. Danach folgen Sachsen (92) und Nordrhein-Westfalen (85). Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" * 01.01.-31.12.2024 01.01.-31.12.2023 98 Berlin 79 92 Sachsen 191 85 Nordrhein-Westfalen 274 51 Brandenburg 11 Baden-Württemberg 34 28 Niedersachsen 34 10 Schleswig-Holstein 27 12 Sachsen-Anhalt 23 6 Mecklenburg19 Vorpommern 7 16 Bayern 49 16 Hamburg 23 15 Hessen 9 12 Bremen 8 5 Thüringen 18 3 Saarland 1 2 Rheinland-Pfalz 1 0 40 80 120 160 200 240 280 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 39 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 4. Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" Im Jahr 2024 wurden der "Politisch motivierten Kriminalität - religiöse Ideologie" 1.694 extremistische Straftaten zugerechnet (2023: 1.250). Der überwiegende Teil (1.397 Taten, 2023: 878) davon wies einen islamistischen Hintergrund auf. Von den 1.694 Straftaten mit religiös-ideologischer extremistischer Motivation sind insgesamt 71 Gewalttaten (2023: 72, -1,4 %), zu denen unter anderem 3 versuchte sowie 2 vollendete Tötungsdelikte und 53 Körperverletzungen gerechnet werden. 60 extremistische Straftaten im Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" wurden als Vorbereitung oder Unterstützung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (SSSS 89a-c, 91 StGB) eingestuft (2023: 46), 32 Fälle (2023: 40) als Mitgliedschaft in beziehungsweise Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung (SS 129b StGB). Zahl antisemitischer Im Berichtsjahr wurden 656 antisemitische Straftaten mit einer Straftaten mit extremistischen religiös-ideologischen Motivation festgestellt extremistisch (2023: 492, +33,3 %), zu denen 12 Gewalttaten, 191 Sachbeschädireligiös-ideologischer gungen, 185 Propagandasowie 125 Volksverhetzungsdelikte Motivation weiter zählten (vgl. Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts gestiegen und Antisemitismus"). 40 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT Extremistische Straftaten aus dem Bereich "religiöse Ideologie"8 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 2 2 Versuchte Tötungsdelikte 3 3 Körperverletzungen 42 53 Andere Gewalttaten 25 13 Gesamt 72 71 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigung 130 240 Nötigung/Bedrohung 57 107 Volksverhetzung 241 173 Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat 46 60 Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung 40 32 Andere Straftaten 664 1.011 Gesamt 1.178 1.623 Straftaten insgesamt 1.250 1.694 8 Siehe Fußnote 2. 41 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 4.1 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder Die - in absoluten Zahlen - meisten religiös-ideologisch motivierten extremistischen Gewalttaten wurden mit 17 registrierten Delikten in Berlin verübt. Danach folgen Nordrhein-Westfalen (13) sowie Hamburg und Baden-Württemberg mit je 7 Delikten. Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie" * 01.01.-31.12.2024 01.01.-31.12.2023 17 Berlin 22 13 Nordrhein-Westfalen 15 7 Baden-Württemberg 0 7 Hamburg 6 6 Brandenburg 4 Niedersachsen 5 4 Rheinland-Pfalz 4 2 Schleswig-Holstein 4 3 Bayern 3 5 Hessen 1 4 Mecklenburg- 1 Vorpommern 0 Saarland 1 0 Sachsen 1 3 Thüringen 1 3 Bremen 0 1 Sachsen-Anhalt 0 0 0 5 10 15 20 25 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 42 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 5. Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich der "Politisch motivierten Kriminalität - ausländische Ideologie" Im Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität - auslänDeutlicher Anstieg dische Ideologie" wurden 4.534 extremistisch motivierte Straftader extremistischen ten (2023: 3.092) erfasst, was einem Anstieg um 46,6 % entspricht. Gewalttaten Unter diesen Delikten waren hauptsächlich Sachbeschädigungen (803), aber auch 607 Gewalttaten zu verzeichnen. Nach den erheblichen Steigerungen aus den Vorjahren hat sich die Zahl der Gewalttaten nun nochmals um 84,5 % erhöht. Ihr überwiegender Teil sind Körperverletzungen (50,1 %), weitere 31,1 % entfallen auf Widerstandsdelikte. Es wurden daneben 14 Delikte erfasst (2023: 24), bei denen den Tatverdächtigen angelastet wurde, eine ausländische terroristische Vereinigung zu unterstützen oder ihr anzugehören (SS 129b StGB). Bei 1.776 der Straftaten mit ausländisch-ideologischer extreAuswirkung des mistischer Motivation konnte ein antisemitischer Hintergrund Nahostkonflikts festgestellt werden (2023: 1.044); dies entspricht einer erheblichen Steigerung um 70,1 %. Zu diesen Straftaten zählen 75 Gewalttaten (2023: 65) und 607 Volksverhetzungsdelikte (2023: 441). Die meisten Straftaten gab es in Berlin (1.605, 2023: 726), Nordrhein-Westfalen (1.087, 2023: 820) und Baden-Württemberg (554, 2023: 608). 43 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT Extremistische Straftaten aus dem Bereich "ausländische Ideologie"9 Gewalttaten: 2023 2024 Vollendete Tötungsdelikte 1 0 Versuchte Tötungsdelikte 2 2 Körperverletzungen 219 304 Brandstiftungen 10 9 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 0 Landfriedensbruch 23 83 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 4 3 Freiheitsberaubung 1 0 Raub 8 15 Erpressung 4 2 Widerstandsdelikte 56 189 Gesamt 329 607 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 638 803 Nötigung/Bedrohung 121 174 Volksverhetzung 665 841 Verstöße gegen das Versammlungsgesetz 35 55 Verstöße gegen das Vereinsgesetz 81 98 Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung 24 14 Andere Straftaten 1.199 1.942 Gesamt 2.763 3.927 Straftaten insgesamt 3.092 4.534 9 Siehe Fußnote 2. 44 POLITISCH MOTIVIERTE KRIMINALITÄT 5.1 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder Die - in absoluten Zahlen - meisten Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie" wurden mit 356 registrierten Delikten in Berlin verübt. Danach folgen Nordrhein-Westfalen (89) und Hamburg (41). Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie" * 01.01.-31.12.2024 01.01.-31.12.2023 Berlin 356 106 Nordrhein-Westfalen 89 57 Hamburg 41 4 Baden-Württemberg 23 98 Sachsen 22 6 Schleswig-Holstein 16 10 15 Brandenburg 10 10 Niedersachsen 5 7 Bayern 12 Mecklenburg- 7 Vorpommern 3 5 Bremen 3 5 Rheinland-Pfalz 4 5 Saarland 0 4 Hessen 8 2 Sachsen-Anhalt 1 0 Thüringen 2 0 50 100 150 200 250 300 350 400 * Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 45 46 Phänomenübergreifendes Sonderkapitel Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus 47 Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus10 I. Überblick Die anhaltende Eskalation im Nahen Osten nach dem Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 wirkt sich fortlaufend auf die Sicherheitslage in Deutschland aus. Neben der erhöhten abstrakten Gefährdungslage ist nach wie vor ein intensives propalästinensisches Versammlungsgeschehen zu verzeichnen. VersammlungsObwohl propalästinensische und israelfeindliche11 Versammgeschehen lungen im Laufe des Jahres 2024 bundesweit hinsichtlich ihrer Anzahl und Größe insgesamt zurückgingen, fanden sie vor allem im Protestschwerpunkt Berlin - hier besonders in den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln - nahezu an jedem Wochenende statt. Dabei wurden Versammlungsverbote oder -auflagen wiederholt missachtet. Auch wenn der größte Teil der Veranstaltungen insgesamt störungsfrei verlief, kam es immer wieder zu versammlungstypischen Straftaten bis hin zu Angriffen auf die Polizei, Medienvertreterinnen und -vertreter sowie Gegendemonstranten. Insgesamt häuften sich im vergangenen Herbst vor allem in Berlin israelfeindliche Proteste mit Teilnehmerzahlen im meist dreistelligen Bereich, die aggressiv verliefen und aus denen heraus die Polizei und Journalisten angegriffen wurden. So beispielsweise im Zusammenhang mit einer propalästinensischen Demonstration am 7. Oktober 2024, dem Jahrestag des Terrorangriffs der HAMAS. Bei der Protestveranstaltung mit rund 550 Teilnehmern kam es zu Ausschreitungen, Angriffen auf die Polizei und dem Skandieren von israelund polizeifeindlichen Parolen. Bei 10 Zum komplexen und vielschichtigen Begriff des Antisemitismus existiert weder in der Wissenschaft noch im politischen Raum eine allgemein anerkannte Definition. Die Bundesregierung empfiehlt die Nutzung der nachfolgenden Definition: "Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein." 11 Israelfeindlichkeit ist verfassungsschutzrelevant, wenn sie gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet oder Ausdruck von israelbezogenem Antisemitismus ist. Kritik an Israel, die nicht diese genannten Voraussetzungen erfüllt, ist hingegen nicht verfassungsschutzrelevant. 48 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS einer weiteren Demonstration am 2. November 2024 mit mehr als 700 Teilnehmern wurden ebenfalls Polizeikräfte und Journalisten angegriffen. Insbesondere Einzelpersonen trugen vor allem über die sozialen Medien maßgeblich zu einer zunehmenden Radikalisierung innerhalb der extremistischen propalästinensischen Szene bei. Obwohl die Demonstrationen nicht per se antisemitisch waren, kam es vermehrt zu antisemitischer Hetze und Sprechchören, wie beispielsweise "From the river to the sea - Palestine will be free"12, "Tod den Juden!" oder "Kindermörder Israel". Nach dem Terrorangriff konnte verstärkt beobachtet werden, Antisemitismus als wie sich extremistische Bewegungen und Gruppierungen spekBrückennarrativ trenübergreifend miteinander solidarisierten. Es war und ist wiederholt festzustellen, dass Israelfeindschaft und Antisemitismus Brückennarrative - also ideologische Schnittmengen und Verbindungen - zwischen unterschiedlichen und an sich unvereinbaren extremistischen Einstellungen sein können. Akteure aus dem säkularen propalästinensischen Extremismus nehmen dabei im propalästinensischen Demonstrationsgeschehen eine Scharnierfunktion zwischen Islamisten und Linksextremisten ein. Zwar basiert ihre Agitation nicht auf einer religiös motivierten islamistischen Ideologie, doch die von Akteuren des säkularen propalästinensischen Extremismus geführten Diskurse und daraus resultierenden Proteste tragen zur Legitimierung des Terrorismus der islamistischen HAMAS bei. Deutsche Rechtsextremisten nutzen die Eskalation in Nahost hauptsächlich für die Propagierung migrationsfeindlicher Positionen. Ausländische staatliche Akteure nutzen das Konfliktgeschehen, um ihre nach Deutschland zielende Propaganda zu unterfüttern und so zu versuchen, die politische Stimmung in Deutschland aufzuheizen. 12 Die Formulierung bezieht sich auf den Fluss Jordan und das Mittelmeer und macht deutlich, dass für den Staat Israel kein Platz und somit kein Existenzrecht vorgesehen ist. Bei dieser Parole handelt es sich auch um ein verbotenes Kennzeichen der in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten Terrororganisation HAMAS, welches ebenso von der verbotenen Gruppierung "Samidoun" und anderen propalästinensischen Vereinigungen verwendet wird. Die Parole ist insbesondere dann verboten, wenn sie im Kontext mit den verbotenen Vereinigungen gebraucht wird. 49 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS II. Islamismus HAMAS und Als Reaktion auf den Terrorangriff der HAMAS setzte das israeli"Hizb Allah" sche Militär seine Offensive gegen diese auch im Jahr 2024 weiter fort. Israel zielte dabei auf die Zerschlagung der Terrororganisation und ihrer Infrastruktur sowie die Befreiung der noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln ab. Da sich infolge des HAMAS-Angriffs auch die "Hizb Allah" ohne erkennbaren Anlass an Angriffen auf die israelische Nordgrenze beteiligte, ging Israel auch gegen die "Hizb Allah" in Libanon vor. Das militärische Vorgehen umfasste sowohl Angriffe gegen Ziele im Gazastreifen als auch die gezielte Tötung von HAMASund "Hizb Allah"-Funktionären in Gaza, Libanon und Iran. So wurden unter anderem der Leiter des Politbüros der HAMAS Isma'il Haniya am 31. Juli 2024 in Teheran (Iran), der langjährige "Hizb Allah"-Generalsekretär Hassan Nasrallah am 27. September 2024 in Beirut (Libanon) sowie der Nachfolger Haniyas am 16. Oktober 2024 im Gazastreifen durch israelische Streitkräfte getötet. VersammlungsDas Mobilisierungspotenzial des Nahostkonflikts bildete sich im geschehen Berichtsjahr auch im diesbezüglichen Versammlungsgeschehen ab. Bundesweit wurden zahlreiche propalästinensische Versammlungen und Demonstrationen durchgeführt, die hinsichtlich der Zusammensetzung der Teilnehmer in den meisten Fällen sehr heterogen waren. Neben der propalästinensischen Szene und dem Fokus auf den HAMAS-Israel-Konflikt konnte zudem eine Ausweitung der Proteste auf die Geschehnisse in Libanon beobachtet werden. So wurden mehrere "Solidaritätsveranstaltungen" mit Libanonbezug abgehalten, bei denen Bezüge zur "Hizb Allah" festgestellt werden konnten. Teilweise wurden die Demonstrationen thematisch verbunden und in einen Kontext der Angriffe Israels auf Libanon ("Hände weg vom Libanon") mit dem am 24. Juli 2024 vollzogenen Verbot des "Islamischen Zentrums Hamburg e.V." ("Hände weg von unseren Gotteshäusern") gestellt. Vor allem "Hizb ut-Tahrir" (HuT)13-nahe Gruppierungen nutzten den Nahostkonflikt, um öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen 13 Ziel der panislamisch ausgerichteten HuT ist die "Befreiung" aller Muslime von "Unterdrückung" und ihre Vereinigung in einem weltweiten "Kalifat". 50 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS zu initiieren: An einer mutmaßlich von HuT-Anhängern am 15. Juni 2024 in Hannover (Niedersachsen) organisierten Demonstration unter dem Motto "Leid der Palästinenser. Aktuelle Lage in Gaza (Rafah)" nahmen etwa 1.200 Personen teil. Am 12. Oktober 2024 wurde während einer von der bekannten HuT-nahen Gruppierung "Muslim Interaktiv" unter dem Motto "Stoppt den Genozid gegen unsere Uigurischen Geschwister in Ostturkistan!" angemeldeten Demonstration mit mehr als 1.500 Teilnehmern in Hamburg der Bogen von der Unterdrückung der Uiguren in China zum Nahostkonflikt gespannt. Bei beiden Veranstaltungen wurde das Existenzrecht Israels infrage gestellt und offen für die Etablierung eines "Kalifats" geworben. In Berlin war das Versammlungsgeschehen zum Teil auch von gewalttätigen Aktionen geprägt. Bei einer Demonstration am 5. Oktober 2024 mit etwa 1.800 Teilnehmern kam es zu polizeiund israelfeindlichen Ausrufen und zu Körperverletzungen zum Nachteil einer israelischen Touristin und ihres Vaters. Eine Demonstration am 6. Oktober 2024 unter dem Motto "Demo gegen Genozid in Gaza" in Berlin-Kreuzberg mit etwa 3.500 Teilnehmern musste aufgrund der starken Emotionalisierung und daraus resultierenden massiven Übergriffen auf die Polizei unter anderem in Form von Stein-, Flaschenund Böllerwürfen vorzeitig aufgelöst werden. Seit Mai 2024 gab es außerdem propalästinensische und teilweise israelfeindliche Proteste an Universitäten in Europa - darunter auch in Deutschland - und den USA (vgl. Kap. V). Auch Kern-"alQaida" bezog sich propagandistisch auf diese Proteste und forderte dazu auf, nach diesem Beispiel gegen "die Juden" und den Staat Israel zu kämpfen. In der jüngeren Vergangenheit wurde einmal mehr deutlich, dass Antisemitismus Antisemitismus in Verbindung mit dem seit Jahrzehnten anhalim Islamismus tenden Nahostkonflikt auch in Deutschland ein besonders starkes Emotionalisierungsund Mobilisierungspotenzial aufweist, welches sich islamistische Akteure zunutze machen. In diesem Zusammenhang sind gezielte Ansprachen durch islamistische Organisationen von Bedeutung. Exemplarisch dafür sind die Auftritte islamistischer Organisationen in den soziale Medien, die eine ideologische Nähe zur HuT aufweisen. Hier werden speziell junge Muslime angesprochen, wobei der Nahostkonflikt 51 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS häufig als Hintergrund eines Deutungsmusters genutzt wird, welches das Bild einer vermeintlich durch den Westen bedrohten muslimischen Gemeinschaft zeichnet. Neben der Diskreditierung Israels als "zionistische Besatzungsmacht" wird dabei auch gegen deutsche politische Institutionen agitiert, indem die Solidarität Deutschlands gegenüber Israel auf politischer Ebene als Unterstützung des vermeintlichen Aggressors umgedeutet wird. III. Auslandsbezogener Extremismus Akteure im Vor allem die Anhängerschaft extremistischer Palästinenserisraelfeindlichen organisationen in Deutschland wurde durch den Terrorangriff der Protestgeschehen HAMAS und die daraufhin erfolgende militärische Reaktion der israelischen Verteidigungskräfte im Gazastreifen emotionalisiert. Personen aus diesem Spektrum nahmen auch im Berichtsjahr am Versammlungsgeschehen im gesamten Bundesgebiet teil. VersammlungsZu den weiteren Akteuren aus dem auslandsbezogenen Extremisgeschehen mus zählten türkeistämmige Linksund Rechtsextremisten, die unter anderem für die Organisation, Mobilisierung und Teilnahme an Versammlungen mit Bezug zum Nahostkonflikt sowie für die Agitation in den sozialen Medien relevant waren. Neben Israelhass und Antisemitismus wurde in diesem Spektrum auch deutliche Kritik am deutschen Staat, den Versammlungsbehörden und der Polizei geübt. Beim Demonstrationsgeschehen auf den Straßen engagierte sich besonders "Young Struggle", die Jugendorganisation der linksextremistischen türkischen "Marxistischen Leninistischen Kommunistischen Partei". Dagegen beteiligten sich die türkische linksextremistische "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" und ihre Umfeldorganisationen ebenso wie türkische Rechtsextremisten aus der unorganisierten "Ülkücü"14-Szene überwiegend in den sozialen Medien an der antiisraelischen Agitation und weniger bei realweltlichen Versammlungen. Agitation in den In den sozialen Medien wurden die Entwicklungen im Nahen Ossozialen Medien ten von unterschiedlichen extremistischen Akteuren aufgegriffen, ideologisch umgedeutet und propagandistisch genutzt, um für die (auch spontane) Teilnahme an Veranstaltungen zu mobilisieren. 14 Auf Deutsch: "Idealisten". Auch bekannt als "Graue Wölfe" (auf Türkisch: "Bozkurtlar"). 52 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS Die extremistische Agitation richtete sich aber auch gegen deutsches Regierungshandeln zur Unterstützung Israels sowie gegen die Verbote und Maßnahmen von Versammlungsbehörden und Polizei, welche als unzulässige Repression, Zensur und Unterdrückung legitimer Proteste bezeichnet wurden. Im säkularen propalästinensischen Extremismus ist der TerritoriSäkularer alkonflikt mit Israel der Hauptanknüpfungspunkt antisemitischer propalästinensischer Agitation. Jüdinnen und Juden wird allenfalls die Möglichkeit einer Extremismus Koexistenz in einem Staat "Palästina" zugestanden, dessen Grenzen vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer auch das Staatsgebiet Israels mit umfassen sollen. Das Existenzrecht Israels wird damit verneint. "Israel has the right to exist just as much as the Soviet Union does - or cancer, for that matter." (Instagram-Account "Palästina Spricht", 1. Oktober 2024) Religiöse oder rassistische Minderwertigkeitszuschreibungen in Bezug auf jüdische Menschen sind dabei jedoch von untergeordneter Bedeutung. Dies unterscheidet die Akteure im säkularen propalästinensischen Extremismus von denen des religiös islamistisch geprägten Spektrums. Im säkularen Bereich werden insbesondere linksextremistische Auffassungen wie eine marxistischleninistische Ideologie vertreten: Israel wird daher vor allem aus antizionistischen oder antiimperialistischen Gründen abgelehnt. Entsprechend regelmäßig sind auf propalästinensischen Veranstaltungen antiisraelische Darstellungen oder Parolen feststellbar. In Deutschland relevant sind die nicht öffentlich unter ihrem Namen agierende terroristische PFLP15 sowie ihr hierzulande verbotenes Unterstützungsnetzwerk "Samidoun"16. Beide Organisationen bestreiten das Existenzrecht Israels und propagieren mehr oder weniger offen den bewaffneten Kampf gegen Israel. Sie treten gemeinsam mit Anhängern und Sympathisanten extremistischer 15 "Volksfront für die Befreiung Palästinas". 16 "Samidoun - Palestinian Prisoner Solidarity Network". Auf Deutsch: "Samidoun - Palästinensisches Gefangenennetzwerk". "Samidoun" selbst ist seit dem Verbot im November 2023 in Deutschland unter dieser Bezeichnung zwar nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten, ehemalige Akteure sind aber weiterhin innerhalb der extremistischen propalästinensischen Szene aktiv. 53 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS propalästinensischer Gruppierungen in Deutschland17, die der internationalen Bewegung "Boycott, Divestment and Sanctions"18 (BDS) nahestehen oder deren Forderungen unterstützen, und unorganisierten extremistischen propalästinensischen Einzelpersonen bei Veranstaltungen und Protestkundgebungen öffentlich in Erscheinung. Hier zeigt sich immer wieder das dieser Szene auch abseits fester Organisationszugehörigkeiten innewohnende Mobilisierungspotenzial. Türkischer Antisemitismus und Rassismus sind Kernelemente der rechtsexRechtsextremismus tremistischen türkischen "Ülkücü"-Ideologie. So sind die Feindschaft gegenüber Jüdinnen und Juden, die Negierung des Existenzrechts Israels, das Verbreiten antisemitischer Stereotype und Verschwörungserzählungen auch unter türkischen Rechtsextremisten in Deutschland verbreitet. Hinzu tritt ein Antizionismus, der sich als einseitige Parteinahme für die palästinensischen Belange manifestiert. Auch wenn sie einer im Kern antisemitischen Ideologie anhängen, leben nicht alle der hierzulande etwa 12.900 "Ülkücü"-Anhänger diesen Antisemitismus offen aus. Vor allem die Dachverbände und deren Anhängerschaften halten sich hier mit öffentlichen Aussagen zurück. Offen antisemitische und israelfeindliche Aussagen werden überwiegend von Personen aus der unorganisierten "Ülkücü"-Szene und vor allem in sozialen Medien geäußert oder weiterverbreitet. Türkischer Die in Deutschland agierenden türkischen linksextremistischen Linksextremismus Organisationen beziehen im Israel-Palästina-Konflikt regelmäßig klar Position. Sie solidarisieren sich mit den Palästinenserinnen und Palästinensern als Verbündete in ihrem "antiimperialistischen Kampf" sowie explizit auch mit deren extremistischen und terroristischen Strukturen. Der Staat Israel wird als "imperialistisch" abgelehnt und sein Existenzrecht verneint. Entsprechend steht hier auf der Grundlage linksextremistischer Ideologie der Staat Israel im Fokus der Agitation, nicht jedoch Jüdinnen und Juden. Daher spielt Antisemitismus ideologisch im türkischen Linksextremismus grundsätzlich keine Rolle, vielmehr wird das eigene "antiimperialistische" und "antikapitalistische" Weltbild konsequent im Sinne einer Ablehnung des Staates Israel vertreten. Aufgrund dieses 17 Zu nennen sind hier beispielsweise "BDS-Berlin" und "BDS-Bonn" sowie die Gruppierung "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V." (Kurzform: "Jüdische Stimme"). 18 Auf Deutsch: "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen". 54 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS gemeinsamen ideologischen Fundaments gibt es verschiedenartige Vernetzungen zwischen türkischen und deutschen Linksextremisten sowie säkularen propalästinensischen Extremisten. IV. Rechtsextremismus, "Reichsbürger" und "Selbstverwalter", "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" Der eskalierende Nahostkonflikt nahm im Berichtsjahr in der rechtsextremistischen Szene ebenso wie in den Bereichen der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" und der "Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates" keine hervorgehobene Stellung ein. Vor allem rechtsextremistische Akteure äußerten sich im Rahmen der aktuellen Lage überwiegend zu den Themen Asyl und Migration. Insbesondere zeichneten Rechtsextremisten das Bild eines "Imports" fremder Konflikte nach Deutschland durch Flüchtlingsbewegungen aus dem Krisengebiet. Die konkreten Entwicklungen vor Ort spielten demgegenüber nur eine nachrangige Rolle. Die Ereignisse stellten vielmehr ein weltpolitisches Thema unter anderen dar, die regelmäßig aufgegriffen und instrumentalisiert werden. Die rechtsextremistische Rezeption folgte damit bereits aus früheren Eskalationen in der Region bekannten agitatorischen Mustern. Zu Beginn der Kampfhandlungen im Oktober 2023 kommentierten Rechtsextremisten den Nahostkonflikt zunächst noch uneinheitlich, im Laufe der Zeit zeigten sich jedoch mit zunehmendem Anteil antiisraelische und propalästinensische Haltungen. Die rechtsextremistische Szene instrumentalisierte die Eskalation in Nahost für die Propagierung von migrationsfeindlichen Positionen, während Antisemitismus demgegenüber vor allem im Zusammenhang mit der Verbreitung antisemitisch konnotierter Verschwörungserzählungen eine Rolle spielte. Dabei wurde auch aus dem Phänomenbereich der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sowie aus dem Delegitimierungsspektrum unter anderem die Theorie verbreitet, Israel habe vorab Kenntnis von dem bevorstehenden HAMAS-Angriff besessen und diesen bewusst zugelassen oder sogar inszeniert, um eine endgültige Klärung des Konflikts zugunsten Israels herbeizuführen ("False-Flag-These"). Ebenso wurde im Zusammenhang mit der militärischen Intervention Israels im 55 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS Gazastreifen sowie in Libanon und der damit einhergehenden zivilen Opfer das antisemitische "Kindermord"-Narrativ19 verbreitet. Nicht zuletzt nutzten Rechtsextremisten den Konflikt, um im Zuge einer verallgemeinernden Diffamierung des Staates Israel dessen Existenzrecht in Gänze zu negieren. Asyl und Migration Von Akteuren der Neuen Rechten wie der "COMPACT-Magazin GmbH" und Vertretern der "Identitären Bewegung" wurde eine Einreiseverweigerung für vor dem Konflikt fliehende Personen beziehungsweise deren Rückführung gefordert. Insgesamt nahmen Rechtsextremisten das Wiederaufflammen des Nahostkonflikts zum Anlass, vor einem "Import" dieses Konflikts nach Deutschland durch unbeschränkte Zuwanderung vor allem von Migranten aus dem arabischen Raum zu warnen und diesen pauschal ein Aufenthaltsrecht in Deutschland abzusprechen. "Junge Nationalisten" Die "Jungen Nationalisten" (JN), die Jugendorganisation der Partei "Die Heimat" (vormals NPD), positionierten sich überwiegend antiisraelisch. In einem im Oktober 2024 auf dem Telegram-Kanal der JN veröffentlichten Beitrag wurde Israel als Hauptaggressor im Nahostkonflikt bezeichnet: "Israel mordet und die Welt schaut zu! (...) Westliche Heuchler sprechen von Souveränität - aber nur für ausgewählte Völker. Es wird Zeit die internationale Rückendeckung für das israelische Morden zu beenden und mit Druck und Sanktionen den Hauptagressor im Nahen Osten zum Einlenken zu bewegen." (Internetplattform Telegram, 1. Oktober 2024) "Der III. Weg" Die sich selbst als antiimperialistisch verstehende Partei "Der III. Weg" trat schon seit Beginn des eskalierenden Konflikts antiisraelisch auf. Sie bezeichnet Israel regelmäßig als "Terrorstaat" und wirft ihm "gierige Expansionsbestrebungen" vor. Zudem sieht sie in der Bundesrepublik Deutschland ein "Besatzungskonstrukt der judäoplutokratischen20 Siegermächte", welches kein Recht dazu 19 Diesem bereits in der Antike und insbesondere im Mittelalter verbreiteten Narrativ zufolge hätten Jüdinnen und Juden Kinder entführt und ermordet, um deren Blut im Rahmen diverser Rituale zu verwenden. In abgewandelter Form wird dieses Narrativ bis heute vertreten. 20 Plutokratie bedeutet "Herrschaft des Geldes". 56 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS habe, "die Unterstützung von Israels imperialistischen Aggressionen als 'deutsche Staatsräson' zu bezeichnen".21 Antisemitismus erfüllt in seinen diversen Ausprägungen im RechtsAntisemitismus im extremismus als zentrales und konstantes Ideologieelement verRechtsextremismus schiedene Funktionen. So stellen Jüdinnen und Juden, als jüdisch angesehene Personen sowie grundsätzlich alles "Jüdische" fest etablierte Feindbilder dar, welche nicht zuletzt eine szeneübergreifende Verbindung und gemeinsame Identitätsstiftung ermöglichen. Daher ist Antisemitismus in unterschiedlicher Intensität in allen Teilbereichen des Rechtsextremismus feststellbar. Judenfeindliche Einstellungen und vor allem antisemitisch geAnschlussfähigkeit prägte Verschwörungsnarrative bieten Rechtsextremisten, "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" sowie Angehörigen des Delegitimierungsspektrums einfache Erklärungsmuster für komplexe Sachverhalte und abstrakte politische Entwicklungen. In ihrem Kern enthalten sie oft die Vorstellung einer geheimen jüdischen Weltverschwörung. Verschwörungserzählungen sind allgemein für die niederschwellige Verbreitung antisemitischer Inhalte sowie Denkund Argumentationsweisen von zentraler Bedeutung. Die überwiegend codierten22 - und daher ohne Vorwissen nicht immer einfach zu identifizierenden - antisemitischen Narrative ermöglichen es Extremisten, auch Anschluss an nicht extremistische Personenkreise zu erlangen. Antisemitismus wird somit nicht nur sichtbarer, sondern dient Extremisten auch dazu, ihre jeweiligen Ideologien zu verbreiten. Dabei nimmt das Internet eine zentrale Rolle ein. V. Linksextremismus Die Situation im Nahen Osten bildete auch 2024 für Teile der linksextremistischen Szene einen Schwerpunkt ihrer Agitation. 21 Homepage "Der III. Weg" (29. September 2024). 22 Zu den typischen Begriffen, die als antisemitische Codes im Rahmen solcher Narrative verwendet werden können, zählen "Globalisten", "Finanzelite" oder "Ostküste". Derartige Codes sind in der Regel nicht eindeutig, sondern kontextabhängig. Daher ist nicht jede Verwendung entsprechender Begrifflichkeiten zwangsläufig antisemitisch. 57 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS Linksextremisten fungierten als Scharfmacher und Mobilisierungstreiber: Sie organisierten Veranstaltungen, riefen zur Teilnahme an diesen auf und beteiligten sich auch selbst am Protestgeschehen - zum Teil auch mit dem Ziel, neue Anhänger für sich zu gewinnen. Spaltung der Szene Innerhalb der linksextremistischen Szene werden bezüglich des Nahostkonflikts sowohl proisraelische als auch propalästinensische Positionen vertreten. Die Szene zeigt sich insoweit gespalten. Linksextremisten aus dem autonomen und vor allem dem antideutschen Spektrum stellten sich größtenteils auf die Seite Israels, während sich der größere Teil der Szene aus dem antiimperialistischen und dogmatischen Spektrum propalästinensisch positionierte. Die Parteinahme für Israel kann bei autonomen Linksextremisten damit begründet werden, dass diese der HAMAS primär antisemitische Beweggründe für die Terrorangriffe auf Israel am 7. Oktober 2023 unterstellen und lediglich nachrangig die Erreichung territorialer oder sonstiger Ziele. Dahingegen liegen den propalästinensischen Positionen dogmatischer Linksextremisten antiimperialistische Weltanschauungen zugrunde. Nach diesen würde Israel die palästinensische Bevölkerung aus "imperialistischen" und "kapitalistischen" Beweggründen kolonialisieren (vgl. Berichtsteil Linksextremismus, Kap. II, Nr. 5). Teilnahme an den Neben den im Jahr 2024 schwerpunktmäßig vor allem in Berlin Hochschulprotesten stattfindenden propalästinensischen Protesten (vgl. Kap. I) beteiligten sich Linksextremisten auch an den israelfeindlichen (Hörsaal-)Besetzungen und Veranstaltungen an Hochschulen, die in verschiedenen deutschen Städten durchgeführt wurden. Hier gab es vor allem im Frühjahr 2024 eine Häufung der Proteste, angeregt durch ähnliche Aktionen in den USA. Auch hier fungierten die involvierten linksextremistischen Einzelpersonen und Organisationen als Scharfmacher und Mobilisierungstreiber. Ihr Ziel war es, die mehrheitlich nicht extremistischen Teilnehmer dieser Besetzungen und Proteste ideologisch zu beeinflussen, zu radikalisieren und als neue Mitglieder für die eigenen extremistischen Organisationen zu rekrutieren. Eine zentrale Steuerung oder Durchsetzung der Hochschulproteste durch Linksextremisten war im Berichtszeitraum aber nicht festzustellen. SpektrenZwischen antiimperialistischen und dogmatischen deutschen übergreifende Linksextremisten, säkularen propalästinensischen Extremisten 58 Vernetzung AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS und türkischen Linksextremisten bestehen verschiedene Vernetzungen. Es kam zur gegenseitigen Beteiligung an und Mobilisierung zu Veranstaltungen sowie Solidaritätsbekundungen. Bereits vor dem 7. Oktober 2023 waren - wenn auch nicht in so ausgeprägter Form - Vernetzungsbestrebungen zwischen den genannten extremistischen Strömungen festzustellen. Das gemeinsame Feindbild Israel lässt alte Verbindungen zutage treten und bringt neue hervor. Auch in Zukunft könnte es vor diesem Hintergrund zu einer verstärkten Zusammenarbeit von Extremisten unterschiedlicher Phänomenbereiche kommen. Vor allem für dogmatische Linksextremisten stellt die Palästinasolidarität ein zentrales und einander verbindendes Betätigungsfeld dar (vgl. Berichtsteil Linksextremismus, Kap. II, Nr. 5). Linksextremisten greifen gezielt tagespolitisch bedeutsame TheInstrumentalisierung men auf, um Einfluss auf gesellschaftliche Diskussionen zu nehdes Nahostkonflikts men und ihre eigenen extremistischen Positionen einzubringen. In Bezug auf die Lage im Nahen Osten versuchen sie, bei Veranstaltungen Teilnehmer zu radikalisieren, das Vertrauen in den demokratischen Staat und seine Institutionen zu untergraben sowie staatliches Handeln als "rassistisch", "imperialistisch" und "repressiv" zu delegitimieren. Solange der Nahostkonflikt politisch und medial präsent ist, werden Linksextremisten diesen als Vehikel für ihre eigenen Botschaften und Absichten instrumentalisieren. VI. Spionage, Cyberangriffe und sonstige sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten für eine fremde Macht Der Nahostkonflikt kann auch im Hinblick auf Spionage, Cyberangriffe, Desinformation und Einflussnahme die Sicherheitslage in Deutschland beeinträchtigen. So gehören beispielsweise (pro-)israelische sowie (pro-)jüdische Ziele in Deutschland unter anderem wegen der antiisraelischen Staatsdoktrin weiterhin zu den Zielobjekten der Nachrichtendienste Irans: Wie das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) im Dezember 2023 in einem Urteil rechtskräftig feststellte, hatten staatliche iranische Stellen im November 2022 59 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS Brandanschläge auf Synagogen in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben.23 Die prorussische Hacktivistengruppierung24 NoName057(16) hat im Dezember 2024 mit anderen Gruppierungen aus einer "Holy League" genannten Allianz Websites von Bundesund Landesbehörden sowie deutscher Unternehmen mit DDoS25-Angriffen kurzfristig gestört. In dieser Allianz sind auch propalästinensische Gruppierungen aktiv. Diese Zusammenarbeit prorussischer und propalästinensischer Gruppierungen unterstreicht die anhaltenden Anstrengungen solcher Hacktivisten, sich international zu vernetzen. Zugleich fügt sich dieses Vorgehen in das hybride Vorgehen des russischen Staatsapparats im Cyberund Informationsraum ein, das darauf abzielt, über verschiedene Formen der Einflussnahme polarisierende Effekte in westlichen Demokratien zu befeuern. Russische Desinformation zeigte sich beispielsweise durch propagandistische Beiträge prorussischer Medienportale wie RT, die den Staat Israel als "Terror-Staat" und "Vasallen der USA" bezeichneten.26 Ein anderes Onlinemedium ließ 2024 zum ersten Jahrestag des 7. Oktobers in einer Interviewreihe führende Personen von HAMAS, "Hizb Allah", PFLP und PIJ27 ausführlich zu Wort kommen. Des Weiteren berichtete es direkt aus der im Mai 2024 von propalästinensischen Aktivisten besetzten Humboldt-Universität in Berlin. VII. Gefährdungspotenzial Die Eskalation in Nahost hat auch zu einer Erhöhung der Gefährdungslage in Europa und Deutschland geführt. Neben einer 23 OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2023 - Az. 6 StS 1/23. 24 Der Begriff Hacktivismus ist eine Kombination aus "Hacking" und "Aktivismus" und bezeichnet den Einsatz von Mitteln und Methoden der Cyberkriminalität, die aber nicht dem kriminellen Gelderwerb dienen. Die Aktionen sind häufig moralisch oder religiös, aber auch politisch oder ideologisch motiviert. Computer und Netzwerke sind gleichzeitig Tatmittel und Angriffsziele. 25 "Distributed-Denial-of-Service": Überlastungsangriffe mit einer hohen Anzahl von gleichzeitig angreifenden Rechnern. 26 Homepage RT DE (27. Januar 2025). 27 "Palästinensischer Islamischer Jihad". 60 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS grundsätzlich gestiegenen abstrakten Gefährdung insbesondere für Juden und Israelis sowie deren Einrichtungen kam es konkret auch zu einer Vielzahl von israelfeindlichen Straftaten, antisemitischer Hetze und Ausschreitungen bei propalästinensischen Demonstrationen - bis hin zu Angriffen auf die Polizei, Medienvertreterinnen und -vertreter sowie Gegendemonstranten. In diese Gemengelage sind auch Extremisten aus nahezu allen Phänomenbereichen involviert. Neben der Androhung oder Anwendung von Gewalt durch Einzelpersonen sind extremistische Gruppierungen vor allem als Mobilisierungstreiber und Scharfmacher beteiligt: Sie organisieren Proteste oder prägen das Bild von Versammlungen mit ihren Parolen, Bannern sowie Redebeiträgen und verbreiten Hass und Propaganda in den sozialen Medien. Waren sie zu Beginn der aufgeflammten Nahostproteste im Oktober und November 2023 noch eher ein kleiner Teil der teilnehmenden Menge, hat sich mittlerweile vor allem in Berlin ein harter Kern von einigen Hundert Personen herauskristallisiert, der vor allem Akteure aus dem säkularen propalästinensischen Spektrum umfasst und damit nun deutlich stärker extremistisch durchsetzt ist. Hier zeigte sich in der zweiten Jahreshälfte 2024 eine zunehmende Radikalisierung und Gewaltbereitschaft unter den Teilnehmern. Die Lageentwicklung in Deutschland ist wie im Vorjahr stark abhängig von der Lage im Nahen Osten, insbesondere in Gaza. Terroristische Aktionen zum Beispiel der HAMAS, das militärische Vorgehen Israels und die humanitäre Situation der Menschen vor Ort emotionalisieren auch hierzulande viele Menschen, haben Auswirkungen auf das Versammlungsgeschehen und dienen Extremisten als Anknüpfungspunkte für ihre eigene Agitation und Propaganda. Die deutliche Zunahme antisemitischer Straftaten seit Oktober 2023 verdeutlicht, dass die Aufstachelung zu Hass und Gewalt durch antisemitisches Gedankengut zu verbalen und gewalttätigen Ausschreitungen führen kann. Die Wirkung der Kampfhandlungen im Gazastreifen und in Libanon auf jihadistische Organisationen mit einer globalen Agenda bleibt ebenfalls relevant. Sowohl der "Islamische Staat" als auch "al-Qaida" riefen in ihren Propagandaveröffentlichungen ungeachtet ihrer sonst ablehnenden Haltung gegenüber HAMAS und "Hizb Allah" zu weltweiten Anschlägen gegen jüdische Menschen 61 AUSWIRKUNGEN DES NAHOSTKONFLIKTS UND ANTISEMITISMUS und Einrichtungen, den Staat Israel und dessen westliche Unterstützer sowie amerikanische Militärinfrastruktur auf. Auch in der deutschen jihadistischen Szene waren Aufrufe zu Gewalt zu verzeichnen. Das Gefahrenpotenzial für mögliche Terroranschläge in Deutschland durch jihadistische Organisationen sowie durch sie angeleitete oder inspirierte Einzelpersonen ist in der Folge weiterhin hoch. Es lässt sich außerdem nach wie vor feststellen, dass antisemitische Ressentiments seit dem Terrorangriff der HAMAS auch von Islamisten wesentlich expliziter ausgedrückt werden. Damit wächst die Gefahr, dass sich auch bisher eher moderate Onlinemilieus radikalisieren oder zumindest ein höheres Radikalisierungspotenzial entwickeln. Der gezielte und geplante Einsatz von Gewalt gegen Jüdinnen und Juden sowie israelische und jüdische Einrichtungen konnte seit dem 7. Oktober 2023 nur vereinzelt festgestellt werden, wohl aber Sachbeschädigungen auch an proisraelischen sowie deutschen staatlichen und staatlich anerkannten Einrichtungen wie Schulen und Universitäten. Sofern Gewalttaten verübt wurden, blieben die Täter entweder unbekannt oder konnten keinem extremistischen Spektrum zugeordnet werden. In Bezug auf israelische und jüdische Einrichtungen besteht eine erhöhte abstrakte Gefährdung, da Extremisten diese als Repräsentanzen des ihnen verhassten Staates Israel respektive der dortigen Politik wahrnehmen. Hinzu kommt das latente Gefühl der Angst und Unsicherheit, dem jüdische Menschen in Deutschland aufgrund des Hasses und der Gewaltaufrufe israelfeindlicher und antisemitischer Extremisten tagtäglich ausgesetzt sind. 62 Rechtsextremismus/ rechtsextremistischer Terrorismus 63 Rechtsextremismus/ rechtsextremistischer Terrorismus I. Überblick Im Rechtsextremismus wird der Wert eines Menschen an seiner Ethnie, Nationalität, geografischen Herkunft oder auch an seiner vermeintlichen "Rasse" gemessen. In einer auf Basis dieses Verständnisses konstruierten ethnisch-rassischen "Volksgemeinschaft" werden zentrale Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie die Menschenwürde, das Rechtsstaatsoder das Demokratieprinzip missachtet. Die rechtsextremistische Agitation ist insbesondere geprägt von Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus sowie Demokratie-, Fremden-, Migrationsund Islambeziehungsweise Muslimfeindlichkeit. 1. Entwicklungstendenzen Aufgreifen von Zur Verbreitung ihrer Narrative versuchen Rechtsextremisten, an Themen des Themen des gesellschaftlichen Diskurses anzuknüpfen und diegesellschaftlichen se für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. So wurde die Diskurses eskalierende Situation im Nahostkonflikt genutzt, um migrationsfeindliche und antisemitische Positionen zu propagieren (vgl. Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). Insbesondere die islamistisch motivierten Gewalttaten von Mannheim (Baden-Württemberg) und Solingen (NordrheinWestfalen) führten zu Reaktionen der rechtsextremistischen Szene und rückten den Themenkomplex "Asyl und Migration" erneut in den Mittelpunkt rechtsextremistischer Agitation. DemonstrationsDie Anzahl der von den Verfassungsschutzbehörden registriergeschehen ten rechtsextremistischen Kundgebungen bewegte sich 2024 auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr. Während bei der Partei "Freie Sachsen", welche auch im Jahr 2024 das Demonstrationsgeschehen maßgeblich beeinflusste, ein leichter Rückgang im Vorjahresvergleich zu beobachten war, konnten andere rechtsextremistische Veranstalter ihr Mobilisierungspotenzial weitgehend konstant halten beziehungsweise leicht steigern. Das Thema "Asyl und Migration" blieb auch im Berichtsjahr zentrales Agitationsfeld 64 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS rechtsextremistischer Demonstrationen. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang eine Kundgebung anlässlich der Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt (vgl. Kap. III, Nr. 1), für welche in der Stadt zu einer kurzfristig von Rechtsextremisten angemeldeten Kundgebung 2.100 Teilnehmer, darunter etwa 400 Rechtsextremisten, mobilisiert werden konnten. Daneben rückte im Berichtsjahr das Agitationsfeld "Queerfeindlichkeit" bei rechtsextremistischen Demonstrationen zunehmend in den Fokus, insbesondere im Zusammenhang mit Gegendemonstrationen zu Christopher Street Day-Veranstaltungen im Sommer 2024 (vgl. Kap. III, Nr. 4). Auch das Themenfeld "Wahlen" spielte vor dem Hintergrund der im Berichtsjahr durchgeführten Kommunalund Landtagswahlen sowie der Europawahl eine zentrale Rolle im rechtsextremistischen Demonstrationsgeschehen 2024. Die mit 13.000 Teilnehmern größte von Rechtsextremisten angemeldete Demonstration des Jahres wurde im Januar 2024 durch die "Freien Sachsen" veranstaltet. Hierbei konnte die Partei unter dem Motto "ALLE zusammen - JETZT" an die zu Beginn des Jahres veranstalteten Bauernproteste anknüpfen und eine weit überwiegende Anzahl von Teilnehmern auch aus dem bürgerlich-demokratischen Milieu mobilisieren. Die regionale rechtsextremistische Initiative "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (PEGIDA) führte im Oktober 2024 ihre 250. und - nach Aussage der Initiatoren - letzte Kundgebung durch. Ihr Gründer und zentraler Aktivist kündigte jedoch an, dass es trotz der Beendigung der Kundgebungen in Zukunft alternative Formate von PEGIDA geben werde. Die 2014 gegründete Initiative demonstrierte zeitweise wöchentlich montags in Dresden (Sachsen) gegen eine angebliche "Islamisierung des Abendlandes". Ihr anfänglich hohes Mobilisierungspotenzial mit Teilnehmern in einem zeitweilig fünfstelligen Bereich nahm in den letzten Jahren kontinuierlich ab und befand sich zuletzt - insbesondere seit dem Beginn der Coronapandemie - regelmäßig nur noch im mittleren dreistelligen Bereich. 65 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Rechtsextremistische Demonstrationen 2023 2024 "Die Heimat" (vormals NPD)/ 4 11 "Junge Nationalisten" (JN)28 "DIE RECHTE" 5 5 "Der III. Weg" 13 9 "Freie Sachsen" 198 177 "Neue Stärke Partei" 4 3 Neonazis/sonstige Rechtsextremisten 143 155 Insgesamt 367 360 Entwicklung des Mit Urteil vom 8. März 2022 und Beschluss vom 10. März 2022 Verdachtsfalls bestätigte das VG Köln die durch das BfV vorgenommene Ein"Alternative für stufung als Verdachtsfall aufgrund des Vorliegens tatsächlicher Deutschland" Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen.29 Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigte mit Urteil vom 13. Mai 2024 im Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Beobachtung der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) als Verdachtsfall einer rechtsextremistischen Bestrebung durch das BfV.30 Die AfD stellt mit Blick auf ihre politischen und gesellschaftlichen Wirkungen und die Mitgliederzahlen den maßgebenden Akteur innerhalb des rechtsextremistischen beziehungsweise rechtsextremismusverdächtigen Parteienspektrums dar. Dies wird durch die Wahlergebnisse der Partei bei den Landtagswahlen im Berichtsjahr unterstrichen: So konnte die AfD in Sachsen 30,6 %, in Thüringen 32,8 % und in Brandenburg 29,2 % der Stimmen erreichen. Aktivitäten gegen die Personen aus der LSBTIQ-Community sind in den letzten Jahren LSBTIQ-Community zunehmend Ziel von Agitation und Angriffen seitens der rechtsextremistischen Szene geworden. Dabei ist neben einem steigenden Niveau der Onlineagitation insbesondere seit Juni 2024 die vermehrt realweltliche und gewaltorientierte Fokussierung, 28 Die JN sind die Jugendorganisation der Partei "Die Heimat" (vormals NPD). 29 VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 - Az. 13 K 326/21 und Beschluss vom 10.03.2022 - Az. 13 L 105/21. 30 OVG NRW, Urteil vom 13.05.2024 - Az. 5 A 1218/22. 66 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS insbesondere in Zusammenhang mit Veranstaltungen zum Christopher Street Day (CSD), in ihrer Intensität eine besorgniserregende Entwicklung. 2. Personenpotenzial Rechtsextremismuspotenzial1 2022 2023 2024 In Parteien 15.500 16.300 25.000 "Die Heimat" 3.000 2.800 2.500 (vormals "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", NPD) "Freie Sachsen" - - 1.200 "Der III. Weg" 700 800 950 Verdachtsfall "Alternative für Deutschland" (AfD)2 10.200 11.300 20.000 Sonstiges rechtsextremistisches Personenpotenzial in Parteien3 1.150 1.100 350 In parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen4 8.500 8.500 8.500 Weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personen16.000 17.000 18.000 potenzial5 Summe 40.000 41.800 51.500 Nach Abzug von Mehrfachzuordnungen 38.800 40.600 50.250 Davon gewaltorientierte Rechtsextremisten 14.000 14.500 15.300 1 Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2 Hierunter werden auch die Mitglieder der der AfD (Verdachtsfall) zugehörigen Teilorganisation "Junge Alternative" (JA) gezählt; die geschätzte Zahl der Doppelmitgliedschaften ist dabei berücksichtigt. 3 Unter dem sonstigen rechtsextremistischen Personenpotenzial in Parteien werden unter anderem die Mitglieder der Partei "DIE RECHTE" und der "Neue Stärke Partei" (NSP) gezählt. 4 Hierunter werden unter anderem die Personenpotenziale der Beobachtungsobjekte "COMPACT-Magazin GmbH", "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD), "PI-NEWS", "Institut für Staatspolitik" (IfS), "Ein Prozent e.V." und "AntaiosVerlag" sowie der Teil von insgesamt 1.400 rechtsextremistischen "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" gezählt, der parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen zuzurechnen ist. 5 Hierzu zählt im Berichtsjahr der Teil von insgesamt 1.400 rechtsextremistischen "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern", der keiner festen Struktur zuzurechnen ist. 67 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS II. Gewalt und rechtsterroristische Ansätze sowie staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremismus 1. Entwicklung der rechtsextremistischen Strafund Gewalttaten Rechtsextremistische Strafund Gewalttaten entwickelten sich im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr wie folgt: Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Strafund Gewalttaten stieg deutlich um 47,4 % an (2023: 25.660, 2024: 37.835). Propagandadelikte (24.177) bildeten wiederum mit 63,9 % den Hauptanteil der rechtsextremistischen Straftaten. Bei 3,4 % der rechtsextremistischen Straftaten handelte es sich um Gewaltdelikte. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten um 11,6 % (2023: 1.148, 2024: 1.281). Körperverletzungsdelikte (1.121) bildeten mit 87,5 % der Gesamtzahl der Gewaltdelikte den größten Anteil und bewegten sich somit in etwa auf dem gleichen prozentualen Niveau des Vorjahres (2023: 1.016, 88,5 %). Bei der Anzahl der Brandstiftungsdelikte konnte ein prozentual erheblicher Anstieg festgestellt werden (2023: 16, 2024: 23, +43,8 %). Die Gesamtzahl der fremdenfeindlichen Gewaltdelikte stieg um 5,4 % an (2023: 933, 2024: 983). Auch bei den rechtsextremistisch motivierten Körperverletzungsdelikten mit fremdenfeindlichem Hintergrund war eine Steigerung von 4,8 % zu beobachten (2023: 874, 2024: 916). Die Zahl der rechtsextremistischen Nötigungen bzw. Bedrohungen nahm um 32,6 % deutlich zu (2023: 518, 2024: 687), die der Volksverhetzungsdelikte erhöhte sich ebenfalls stark um 24,4 % (2023: 4.746, 2024: 5.905). Besonders auffällig war zudem der Anstieg von Sachbeschädigungen von 781 im Jahr 2023 auf 1.646 im Jahr 2024, was mehr als eine Verdoppelung ausmachte (+ 110,8 %). Im Jahr 2024 wurden 6 versuchte Tötungsdelikte (2023: 4) gezählt. Im Kontext rechtsextremistischer Strafund Gewalttaten gegen Asylunterkünfte spiegelte sich weiterhin die hohe Bedeutung des Themenkomplexes "Migration und Asyl" innerhalb der rechtsextremistischen Szene wider. So erhöhte sich die Zahl der Straftaten gegen Asylunterkünfte auch im Jahr 2024 (196) erheblich um 68 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 32,4 % im Vergleich zum Vorjahr (148). Auch die Zahl der Gewaltdelikte in diesem Themenkomplex (2023: 15, 2024 19) stieg hierzu korrespondierend an. Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Straftaten mit antisemitischer Motivation bewegte sich 2024 auf dem Niveau des Vorjahres (2023: 2.762, 2024: 2.775). Trotz eines leichten Rückgangs machten Volksverhetzungsdelikte mit 64,2 % weiterhin die Mehrheit aller rechtsextremistischen, antisemitisch motivierten Straften aus (2023: 1.899, 2024: 1.781, -6,2 %). Demgegenüber stieg die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten mit antisemitischer Motivation von 43 auf 54 im Jahr 2024 (+25,6 %). 2. Gefahr rechtsterroristischer Ansätze und Radikalisierung im Internet Selbstradikalisierte Täter, die ohne erkennbare Anbindung an bereits bekannte rechtsextremistische Strukturen agieren, stellen aufgrund ihres klandestinen Vorgehens im Zusammenhang mit einer raschen, verstärkt im Internet stattfindenden Radikalisierung eine besondere Herausforderung für die Sicherheitsbehörden dar. In Verbindung mit einer rechtsextremistisch begründeten Menschenfeindlichkeit, hauptsächlich gegenüber Migranten, kann sich hieraus die Basis für rechtsextremistische Gewalttaten ergeben. Übergriffe auf Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber sowie Körperverletzungsdelikte gegen als fremd wahrgenommene Personen durch Rechtsextremisten stehen hier beispielhaft für die realweltliche Umsetzung zuvor geäußerter, expliziter Drohungen, im Fall ausbleibender Veränderungen in der Migrationspolitik selbst gegen die behauptete "Überfremdung" vorzugehen. Exemplarisch für die Gefahr rechtsterroristischer Aktivitäten im "Sächsische Berichtsjahr steht die Gruppierung "Sächsische Separatisten" (vgl. Separatisten" Kap. II, Nr. 3). Die Mitglieder der Gruppierung stehen im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben, deren Ziel - anschließend an den von ihnen prophezeiten Zusammenbruch der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung an einem unbestimmten "Tag X" - die bewaffnete Eroberung von Gebieten in Sachsen war. In diesem Zusammenhang sollen auch ethnische Säuberungen vorgesehen gewesen sein. Einzelne Gruppenmitglieder sind dem BfV auch aus dem parteigebundenen Rechtsextremismus, 69 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS der Neuen Rechten oder der organisierten Neonaziszene bekannt. Zentrale Protagonisten weisen zudem Bezüge zum militanten Akzelerationismus31 beziehungsweise zur Siege32-Szene auf. Dies unterstreicht die Gefahr einer zunehmenden Entgrenzung zwischen verschiedenen Gruppierungen und Teilphänomenen des Rechtsextremismus. Radikalisierung In den letzten Jahren konnte beobachtet werden, dass rechtsexund Vernetzung im tremistischen Gewaltstraftaten oft eine Radikalisierung im InInternet ternet vorausgeht. Dabei spielt nicht nur der Konsum von Propaganda - auch auf Mainstream-Plattformen wie Instagram und TikTok - eine Rolle, sondern vor allem eine weitverzweigte, oft internationale Vernetzung mit Gleichgesinnten in Onlinemessengern, -kanälen und -foren wie Telegram oder Discord. Einschlägige Chatgruppen dienen dabei als "Katalysatoren", in denen extreme Gewaltfantasien bis hin zu Mordaufrufen geteilt werden. Eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit den zumeist sehr individuellen und in digitalen "Echokammern" beschleunigten Radikalisierungsprozessen spielen Onlinesubkulturen wie die Siege-Szene, die mit eigenen Chiffren und eigener Ästhetik besonders auf junge Nutzer anziehend wirkt. Dabei stellt das Internet mit seinen niederschwelligen Einstiegsmöglichkeiten und der allgegenwärtigen Verfügbarkeit für junge Akteure einen leicht zugänglichen virtuellen Raum zur Vernetzung dar, um sich menschenfeindlich und gewaltbereit zu äußern. Bei diesen Akteuren handelt es sich teilweise sogar um Minderjährige, welche mitunter die Schwelle zur Strafmündigkeit noch nicht überschritten haben. "AttentäterBei der "Attentäter-Fanszene" handelt es sich um eine OnlineFanszene" subkultur, deren Anhänger - oftmals vernetzt auf nicht regulierten "Chan-Foren"33 - Attentätern wie den rechtsextremistischen 31 Rechtsextremistische Akzelerationisten glauben, dass die westliche Zivilisation in ihrer jetzigen Form dem Untergang geweiht und ein "Rassenkrieg" unausweichlich sei. Diese Entwicklung gelte es zu beschleunigen, bevor die "weiße" Bevölkerung weiter schrumpfe. In diesem Kontext verübte Gewalttaten zielen darauf ab, eine Gewaltspirale, die im erhofften "Rassenkrieg" und damit dem Sturz des Systems endet, in Gang zu setzen. 32 "Siege" (engl.): "Belagerung". Die Siege-Ideologie propagiert Guerillaanschläge gegen Infrastruktur und politisch Verantwortliche, um angenommene Spannungen zwischen der "weißen" Mehrheitsgesellschaft und ethnischen Minderheiten in westlichen Ländern zu verschärfen und damit einen Umsturz herbeizuführen. 33 Ein Imageboard, umgangssprachlich nach der größten Plattform 4chan auch Chan genannt, ist eine Art eines Internetforums, bei dem anonym und unzensiert Bilder und Texte ausgetauscht werden können. 70 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Terroristen von Oslo und Utoya (Norwegen) 2011 oder Christchurch (Neuseeland) 2019 huldigen. Stimuliert werden die Anhänger dieser Szene durch im Internet verbreitete Gewaltdarstellungen und menschenverachtende Inhalte wie Manifeste und Memes. Sie verbinden die Glorifizierung von Attentätern nicht selten mit der Ankündigung, selbst solche Taten in ihrem persönlichen Umfeld durchführen zu wollen. Teilweise streben sie sogar danach, die Opferzahlen ihrer Vorbilder zu übertreffen. Die ideologischen Anknüpfungspunkte zum Rechtsextremismus sind dabei in dieser Szene oft marginal; im Zentrum der Motivation stehen meist gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und brutale Gewaltfantasien. Darüber hinaus können auch Einflüsse der sogenannten IncelBewegung34 sowie Elemente des Satanismus eine Rolle spielen. 3. Staatliche Maßnahmen Am 7. März 2024 wurde vor dem Staatsschutzsenat des OberlanAnklageerhebung desgerichts (OLG) Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) Anklage gegegen mehrere gen vier mutmaßliche Rädelsführer der unanfechtbar verbotenen mutmaßliche rechtsextremistischen Vereinigung "Combat 18 Deutschland" erRädelsführer hoben. Die Angeschuldigten seien hinreichend verdächtig, gemäß der Vereinigung SS 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) gegen ein Vereini"Combat 18 gungsverbot verstoßen zu haben, indem sie als Rädelsführer den Deutschland" organisatorischen Zusammenhalt der unanfechtbar verbotenen Vereinigung "Combat 18 Deutschland" aufrechterhielten. Den Angeklagten wird vorgeworfen, die im Januar 2020 verbotene Vereinigung gemeinsam mit anderen Mitgliedern bis mindestens Frühjahr 2022 fortgeführt und seit Ende Oktober 2020 mindestens 14 konspirative Treffen ausgerichtet zu haben. Am 28. Juni 2024 hat das OLG Düsseldorf die Anklage des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dortmund eröffnet. 34 "Incel" steht für "involuntary celibate" ("unfreiwillig zölibatär") und bezeichnet eine überwiegend aus weißen, heterosexuellen Männern bestehende heterogene Internetsubkultur, welche nach eigenen Angaben unter einer systemseitig oktroyierten sexuellen Enthaltsamkeit und Missachtung durch Frauen leiden. Die Bewegung ist von Frauenfeindlichkeit geprägt, die sich zum Teil auch in Gewaltfantasien äußert. Anhänger dieser Bewegung verübten einige gegen Frauen gerichtete Terrorakte. 71 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Verurteilung Am 29. April 2024 verurteilte der Staatsschutzsenat des OLG Dresmehrerer Mitarbeiter den drei Mitarbeiter des Verlags und Buchvertriebs "Der Schelm" von "Der Schelm" wegen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Volksverhetzung, jeweils zu Freiheitstrafen. Eine der Personen wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die übrigen Verurteilten erhielten Bewährungsstrafen in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten beziehungsweise einem Jahr und sechs Monaten. Zudem wurden bei den drei Verurteilten der aus ihren Straftaten erzielte Verdienst im Wege des Wertersatzes (insgesamt etwa 89.000 Euro) sowie auch eine Vielzahl von Druckwerken eingezogen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die drei Personen mit dem gesondert verfolgten Verlagsinhaber in der Absicht zusammenwirkten, unter dem Dach des Verlags "Der Schelm" eine nationalsozialistische und antisemitische Ideologie durch den Verkauf entsprechender Bücher zu verbreiten. Zwischen 2018 und 2020 seien hieraus Umsätze in sechsstelliger Höhe erzielt worden. Verurteilung Am 1. Juli 2024 verurteilte das Thüringer OLG vier Mitglieder der mehrerer Mitglieder rechtsextremistischen Kampfsportgruppierung "Knockout 51" der Kampfsport(KO 51) zu mehrjährigen Haftstrafen. Der Hauptangeklagte, ein gruppierung Neonazi aus Eisenach (Thüringen), wurde wegen Gründung und "Knockout 51" Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer, mehrfacher gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffenrecht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die übrigen drei Angeklagten wurden neben der Mitgliedschaft in beziehungsweise Gründung einer kriminellen Vereinigung auch wegen verschiedener Körperverletzungsdelikte, Verstößen gegen das Waffenrecht, Nötigung, Diebstahl, Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Versammlungsrecht verurteilt. Exekutivmaßnahmen Am 5. November 2024 fanden in Sachsen, Österreich und Polen gegen mehrere Exekutivmaßnahmen gegen diverse Rechtsextremisten auf Grundmutmaßliche lage eines Ermittlungsverfahrens des GBA wegen des Verdachts Mitglieder der der Bildung beziehungsweise der Mitgliedschaft in einer terroGruppierung ristischen Vereinigung gemäß SS 129a StGB statt. Insgesamt waren "Sächsische 15 Beschuldigte von den Maßnahmen betroffen; gegen acht von Separatisten" diesen wurden Haftbefehle vollstreckt. Den Beschuldigten wird zur Last gelegt, der spätestens im November 2020 gegründeten militanten Gruppierung "Sächsische Separatisten" anzugehören, 72 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS deren Ideologie von rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt sei. Ihre Mitglieder verbinde eine tiefe Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Aus ihrer Sicht stehe Deutschland vor einem systemischen Kollaps, infolge dessen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung an einem unbestimmten "Tag X" zusammenbrechen werde. In diesem Zusammenhang soll die Gruppierung geplant haben, mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen Bundesländern im Osten Deutschlands zu erobern, um dort dann ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staatsund Gesellschaftswesen zu errichten. 3.1 Vereinsverbote und Selbstauflösungen von Vereinen Am 16. Juli 2024 verbot das Bundesministerium des Innern und "COMPACT-Magazin für Heimat (BMI) die rechtsextremistische "COMPACT-Magazin GmbH", "CONSPECT GmbH" sowie deren Teilorganisation "CONSPECT FILM GmbH". FILM GmbH" Das Verbot wurde damit begründet, dass die "COMPACT-Magazin GmbH" sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Die "COMPACT-Magazin GmbH" agitiere gegen die Menschenwürde bestimmter Gruppen, indem sie ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept propagiere und durch migranten-, islamund muslimfeindliche sowie antisemitische Äußerungen Hass gegen diese Gruppen schüre. Dabei bediene sich der Verein einer Widerstandsund Revolutionsrhetorik und propagiere offensiv den Sturz der politischen Ordnung. Eine wichtige Rolle der "COMPACT-Magazin GmbH" liege in der Popularisierung und weitreichenden Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts der Neuen Rechten. Der Verein sei als ein zentraler Akteur bei der Vernetzung der Neuen Rechten zu betrachten. Noch am Tag des Verbotsvollzugs und der damit einhergehenden Durchsuchungsmaßnahmen zeigte sich die rechtsextremistische Szene intensiv sowie spektrenund organisationsübergreifend solidarisch mit der "COMPACT-Magazin GmbH". Neben dem vielfach geäußerten Vorwurf einer angeblichen Abschaffung der Meinungsund Pressefreiheit wurde zudem der gesichert rechtsextremistische Charakter des Vereins negiert. Am 14. August 2024 beschloss das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dem Antrag der "COMPACT-Magazin GmbH" 73 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS stattzugeben, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verbotsverfügung des BMI wiederherzustellen.35 In seinem Beschluss äußert das BVerwG Zweifel, ob die die Menschenwürde verletzenden Passagen in den vom Verein herausgegebenen "COMPACT-Magazinen" für die Ausrichtung des Vereins derart prägend seien, dass ein Verbot unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sei. Eine Entscheidung in der Hauptsache wird im Juni 2025 erwartet. Selbstauflösungen Selbstauflösungen stellen für Vereine ein probates Mittel dar, um möglichen Verboten zuvorzukommen. Im Berichtsjahr kam es zu zwei Selbstauflösungen rechtsextremistischer Vereine. Mit Wirkung vom 24. Januar 2024 erfolgte die Auflösung der rechtsextremistischen Kulturvereinigung "Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V." (FkUvH). Der FkUvH hatte bereits im Dezember 2023 über seine vereinseigene Publikation "Huttenbriefe für Volkstum, Kultur, Wahrheit und Recht" gegenüber seinen Mitgliedern die Auflösung bekannt gegeben. Der im Jahr 1982 gegründete FkUvH mit Sitz in Starnberg (Bayern) bot seit Jahrzehnten bekannten Rechtsextremisten auf seinen Tagungen ein Forum für die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts. Dazu gehörten insbesondere ein unverhohlener Rassismus, offener Antisemitismus sowie geschichtsrevisionistische Ansichten. Zudem wurde der "Verein für Staatspolitik e.V.", offizieller Träger des "Instituts für Staatspolitik" (IfS), mit Wirkung vom 17. April 2024 aufgelöst. Bereits im Februar 2024 erfolgte die Neugründung der beiden Unternehmergesellschaften "Menschenpark Veranstaltungs UG" und "Metapolitik Verlags UG". Bei den beiden neu gegründeten Gesellschaften ist sowohl in personeller Hinsicht als auch mit Blick auf die inhaltliche Kontinuität davon auszugehen, dass es sich um die Fortsetzung des IfS handelt. Somit hat sich durch die Neustrukturierung lediglich der das IfS umgebende rechtliche Rahmen geändert. Aus dem Selbstverständnis des IfS als Ideenund Impulsgeber der Neuen Rechten heraus ist es mit einer Vielzahl unterschiedlicher Akteure der Neuen Rechten gut vernetzt - zum Teil auch darüber hinaus (vgl. Kap. IV). 35 BVerwG, Beschluss vom 14.08.2024 - Az. 6 VR1.24. 74 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 3.2 Verhinderung von Waffenbesitz bei Rechtsextremisten Die grundsätzlich hohe Waffenaffinität in der rechtsextremistischen Szene besteht fort. Diese beschränkt sich nicht nur auf in vielen Fällen in ihrem Erwerb keinen waffenrechtlichen Einschränkungen unterfallende Hieb-, Stichund Schreckschusswaffen sowie Armbrüste, sondern umfasst auch erlaubnispflichtige Schusswaffen. Der für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderlichen Zuverlässigkeit steht das extremistische Verhalten einer Person grundsätzlich entgegen (SS 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Waffengesetz, WaffG). Daher fragt die örtliche Waffenbehörde bei der Beantragung waffenrechtlicher Erlaubnisse (SS 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG) und bei der gesetzlich vorgesehenen Überprüfung der Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse (SS 4 Abs. 3 WaffG) die zuständige Verfassungsschutzbehörde an, ob Tatsachen bekannt sind, die gegen die waffenrechtliche Zuverlässigkeit der Person sprechen. Zudem wird durch die "Nachberichtspflicht" (SS 6a Abs. 1 WaffG) sichergestellt, dass der Verfassungsschutzverbund mitteilungsfähige Erkenntnisse zu (rechts-)extremistischem Verhalten einer Person auch nach der bereits erfolgten Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis an die Waffenbehörde nachmeldet. Um die diesbezügliche Zusammenarbeit kontinuierlich auszubauen, fand am 11. und 12. Juni 2024 zum dritten Mal die durch das BMI initiierte Bund-LänderTagung "Forum Entwaffnung" statt. Auch illegaler Waffenbesitz ist in der rechtsextremistischen Szene Illegaler verbreitet. Sofern die Verfassungsschutzbehörden Erkenntnisse Waffenbesitz und über illegalen Waffenbesitz bei Extremisten erlangen, werden die 3D-Druck von Waffen zuständigen Behörden zur Abwehr von Gefahren oder zur Strafverfolgung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten einbezogen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Technik - insbesondere moderner 3D-Druckverfahren - entstehen für Extremisten neue Möglichkeiten der Bewaffnung. Trotz der bisher geringen Zahl bekannt gewordener Fälle, in denen tatsächlich improvisierte Schusswaffen Verwendung fanden, zeigen im Internet abrufbare Videos, etwa zu deren Handhabung und Schussrate, deutlich deren zerstörerisches Potenzial. 75 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 3.3 Aufklärung von Finanzierungsaktivitäten der rechtsextremistischen Szene Im Berichtsjahr waren Rechtsextremisten weiterhin in szenetypisch klassischen Geschäftsfeldern aktiv. Neben der Organisation von Musikveranstaltungen waren dies insbesondere die Gastronomie und der Vertrieb rechtsextremistischer Szeneartikel. Die genannten Geschäftsfelder sind teils eng verzahnt, etwa wenn Szeneartikel im Rahmen von Veranstaltungen verkauft werden. Dabei sind die angebotenen Artikel nicht immer eindeutig als extremistisch zu identifizieren. Gerade im Bereich der Neuen Rechten wird vermeintlich "unverfängliche" Bekleidung angeboten, die erst auf den zweiten Blick als Szenekleidung zu erkennen ist. Die (überregionalen) Verbindungen und Finanzströme zwischen Personen, Unternehmen und Organisationen können mittels datenzentrierter Analyse von Finanzdaten aufgedeckt werden. So kann beispielsweise die finanzielle Unterstützung rechtsextremistischer Wohnprojekte oder Veranstaltungen durch Unternehmen nachvollzogen werden. Akquise von Spenden Jenseits der genannten Geschäftsfelder gewinnt die Akquise von Spenden zunehmend an Bedeutung und stellt mittlerweile einen wesentlichen Baustein der Szenefinanzierung dar. Der Zweck der Spendenaufrufe erstreckt sich dabei sowohl auf die Selbstfinanzierung der Akteure als auch auf den Ausbau der eigenen Reichweite, etwa durch Kampagnen, Propagandamaterial oder den Vertrieb rechtsextremistischer Bücher und ideologischer Schriften. Im Rahmen der Spendenakquise greifen Rechtsextremisten teils allgemeinpolitische Themen auf und spitzen diese im Sinne der eigenen Ideologie zu, um sich dann als einziges Bollwerk gegen den vermeintlichen politischen und gesellschaftlichen Niedergang zu inszenieren und so die Spendenbereitschaft zu erhöhen. Teilweise stehen aber auch konkrete szeneinterne Anliegen im Vordergrund. Beispielhaft dafür war im Berichtsjahr ein Onlinemedium, welches eine gerichtlich auferlegte Vertragsstrafe durch Spendengelder refinanzierte. Ferner ist zu beobachten, dass Spenden und "Mitgliedsbeiträge" für Großprojekte wie Immobilienerwerbe genutzt werden. 76 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Bankkonten werden von Akteuren der rechtsextremistischen Szene bevorzugt bei Sparkassen und genossenschaftlich organisierten Banken geführt, da diese bei Kontokündigungen an hohe rechtliche Hürden gebunden sind. Neben klassischen Banküberweisungen werden auch Plattformen anderer Zahlungsdienstleister und verschiedene Arten von Kryptowährungen als Zahlungsmittel genutzt. Hierbei ist festzustellen, dass Kryptowährungen vor allem von Akteuren und Organisationen beworben werden, die von Kontokündigungen betroffen sind. Ein weiterer Baustein der Szenefinanzierung sind einzelne Großspender - auch aus dem Ausland -, welche kostspielige Projekte finanzieren. Insbesondere für Kampagnen zur Diffamierung von Politikerinnen und Politikern und anderen Personen des öffentlichen Lebens sowie zur gezielten Steuerung der öffentlichen Meinung werden teils außergewöhnlich hohe Summen aufgewandt. Abschließend spielt auch Wirtschaftskriminalität bei der Finanzierung der rechtsextremistischen Szene eine Rolle. Beispielhaft dafür sind Personen aus rechtsextremistischen Rockervereinigungen, welche die für diese Szene typischen Bargeldwege nutzen, um Finanztransaktionen zu verschleiern. In solchen Fällen verschwimmen die Grenzen zwischen der allgemeinen und der politisch motivierten Kriminalität. 3.4 Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden Das BfV widmet sich mit seiner Zentralstelle "Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst" der Detektion rechtsextremistischer Personen in Behörden, wobei der Aufklärung rechtsextremistischer Netzwerkstrukturen besondere Priorität zukommt. Bereits zum dritten Mal wurde im Jahr 2024 der Lagebericht "Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden" veröffentlicht. Dieser führt auch Fälle aus der "Reichsbürger"und "Selbstverwalter"-Szene sowie erstmals solche aus dem Spektrum der "Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates" auf. Unter Federführung des BfV nahmen an der Erhebung auf Bundesebene das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verteidigung, der Bundesnachrichtendienst (BND), die Zollverwaltung (Zoll), das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei (BPOL) und die Polizei beim Deutschen 77 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Bundestag (PolDBT) teil. Auf Länderebene beteiligten sich die Landesverfassungsschutzbehörden und die Polizeien der Länder. Insgesamt wurden 210 Fälle bei Bundesund 529 Fälle bei Landessicherheitsbehörden ausgewertet. Bei 175 Beschäftigten von Bundesund 189 Beschäftigten von Landessicherheitsbehörden wurden tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung festgestellt. Die überwiegende Anzahl dieser Personen wurde dem Rechtsextremismus zugeordnet (79,4 %). Die Analyse von Kennverhältnissen liefert Hinweise auf verstärkte Vernetzungsbestrebungen mit anderen Akteuren aus der rechtsextremistischen Szene. Zudem verfolgt die aus dem BAMAD und dem BfV bestehende Arbeitsgemeinschaft Reservisten das Ziel, die Teilnahme von extremistischen Personen, die zugleich Reservisten bei der Bundeswehr sind, an militärischen Ausund Weiterbildungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung zu verhindern. III. Aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus 1. Aufgreifen von Themen des gesellschaftlichen Diskurses durch Rechtsextremisten Zur Verbreitung ihrer ideologischen Narrative sind Rechtsextremisten um Anschlussfähigkeit an den gesellschaftlichen Diskurs bemüht. Durch das Aufgreifen tagespolitischer Themen und deren Anreicherung mit rechtsextremistischer Ideologie soll Einfluss auf die in der Gesellschaft vorherrschende Meinung, darunter auch jene der bürgerlich-demokratischen Mitte, genommen werden. Nahostkonflikt Beispielhaft für eine solche Instrumentalisierung durch Rechtsextremisten steht der Nahostkonflikt. Infolge des Terrorangriffs der HAMAS am 7. Oktober 2023 und der darauffolgenden Militäroperation Israels im Gazastreifen nutzten Rechtsextremisten die Geschehnisse zur Propagierung migrationsfeindlicher und antisemitischer Positionen. Während zu Beginn der Kampfhandlungen Rechtsextremisten den Nahostkonflikt zunächst noch uneinheitlich kommentierten, waren im Laufe der Zeit zunehmend antiisraelische und propalästinensische Haltungen zu finden (vgl. 78 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). Der Themenkomplex "Migration und Asyl" rückte sowohl vor dem Migration und Asyl Hintergrund des eskalierenden Nahostkonflikts als auch der islamistisch motivierten Gewalttaten von Mannheim im Mai 2024 und Solingen im August 2024 erneut in den Mittelpunkt rechtsextremistischer Agitation. Auch die Messerattacke eines Briten mit Migrationshintergrund in Southport (Vereinigtes Königreich) sowie der Anschlag eines saudischen Staatsangehörigen auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) im Dezember 2024 wurden in diesem Zusammenhang mehrfach agitatorisch aufgegriffen. Der Messerangriff eines zum Tatzeitpunkt 25-jährigen Afghanen auf einen islamfeindlichen Aktivisten im Rahmen einer öffentlichen Kundgebung der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) in Mannheim am 31. Mai 2024 sowie die daraus resultierende tödliche Verletzung eines Polizeibeamten durch den Täter erzeugten innerhalb der rechtsextremistischen Szene eine Vielzahl teils hoch emotionaler Reaktionen. Aus dem rechtsextremistischen Parteienspektrum äußerte sich unter anderem die Regionalpartei "Freie Sachsen" zu den Geschehnissen. Sie bezeichnete die Tat als zwangsläufige Folge der Migrationspolitik und gab den sogenannten Altparteien eine Mitschuld: "Es ist ihre Politik, die das Blutvergießen erst ermöglicht hat, sie tragen Verantwortung für den Nährboden, der solche Taten fanatischer Islamisten überhaupt erst entstehen lässt. Wer sie wählt, macht sich mitschuldig." (Telegram-Kanal "Freie Sachsen", 2. Juni 2024) Rechtsextremisten äußerten sich zudem spektrenund organisationsübergreifend zu dem islamistisch motivierten Messerangriff am 23. August 2024 in Solingen mit drei Toten und acht zum Teil schwer Verletzten.36 Mit Häme und Spott wurde aufgegriffen, dass der Messeranschlag im Rahmen des "Festivals der Vielfalt" 36 Am Abend des 23. August 2024 griff ein Mann mit einem Messer Besucher auf dem Solinger Stadtfest an. Der mutmaßliche Täter, ein zu diesem Zeitpunkt 26-jähriger Syrer, stach auf mehrere Personen ein, wobei drei Menschen getötet sowie acht weitere zum Teil schwer verletzt wurden. Der "Islamische Staat" (IS) reklamierte den Anschlag für sich. 79 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS stattfand. So kommentierte die Leitfigur der deutschsprachigen "Identitären Bewegung" Martin Sellner: "Das ist der Preis eurer 'Vielfalt`".37 Aufrufe zu Widerstand und Protest wurden häufig mit Appellen zum "Aufwachen" der Bevölkerung und teilweise mit Aufforderungen zu entsprechendem Wahlverhalten verbunden, beispielsweise vonseiten der "Freien Sachsen": "Wacht endlich auf! Raus auf die Straßen & ran an die Wahlurnen! (...) Wir brauchen jetzt Massenproteste auf den Straßen und wir haben es in der Hand, nächsten Sonntag (1. September) auch an den Wahlurnen abzurechnen. Die Schuldigen für diese Einwanderungspolitik müssen die Quittung erhalten! (...) Straße, Gegenöffentlichkeit und Wahlurne müssen ineinander übergreifen. Es ist Zeit für Remigration, millionenfache Remigration." (Telegram-Kanal "Freie Sachsen", 24. August 2024) Gleichfalls emotionalisiert thematisierte die rechtsextremistische Szene die Messerattacke eines zu diesem Zeitpunkt 17-jährigen Briten mit Migrationshintergrund am 29. Juli 2024 im südenglischen Southport.38 Die Tat wurde seitens deutscher Rechtsextremisten mehrheitlich als Ausfluss einer unkontrollierten Asylund Migrationspolitik der europäischen Regierungen bewertet. Die anschließenden Ausschreitungen in Southport und weiteren britischen Städten wurden als vermeintlich legitimer Protest gegen eine unkontrollierte Einwanderungspolitik zumeist wohlwollend kommentiert. Konkrete Aufrufe zu fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland unterblieben zwar, jedoch erschienen verstärkt Forderungen nach einer Umsetzung des "Remigrations"39-Konzepts auf politischer Ebene. 37 Vgl. Internetplattform Telegram (23. August 2024). 38 Bei einem Messerangriff in Southport tötete ein zu diesem Zeitpunkt 17-jähriger Brite mit ruandischem Migrationshintergrund am 29. Juli 2024 drei Mädchen und verletzte weitere Personen teils schwer. Kurz nach der Tat kamen fälschliche Gerüchte auf, laut denen der Angreifer ein Migrant mit arabisch klingendem Namen gewesen und erst kürzlich in das Vereinigte Königreich gekommen sei. In den darauffolgenden Tagen kam es landesweit in mehreren britischen Städten zu Ausschreitungen. 39 Mit "Remigration" zielen Akteure der Neuen Rechten auf die Herstellung größtmöglicher "ethnokultureller" Homogenität und damit auf eine "Umkehr" der Migrationsströme ab. Konkret sollen jene Bevölkerungsteile Deutschland und Europa verlassen, die nicht den jeweiligen "ethnokulturellen" Kriterien entsprechen. 80 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Auch die Amokfahrt eines zum Tatzeitpunkt 50-jährigen saudischen Staatsangehörigen auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg am 20. Dezember 2024, bei der 6 Personen getötet und mindestens 299 weitere verletzt wurden, wurde in der rechtsextremistischen Szene vielfach thematisiert. Aus Sicht rechtsextremistischer Akteure bestätigt die Tat die Annahme, dass Menschen mit Migrationshintergrund und Asylsuchende eine Gefahr für die Sicherheit in Deutschland darstellten. Als Konsequenz wird auch in diesem Zusammenhang die Umsetzung der "Remigration" gefordert. 2. Rechtsextremistische Musik, Kampfsport und Hooligans Nach einem stetigen Anstieg der Zahl der Musikveranstaltungen Musik in den letzten Jahren - mit Ausnahme des Einbruchs während der Coronapandemie - und einem Höchststand im Jahr 2023 ging diese im Berichtsjahr erstmals seit zehn Jahren wieder zurück. Weiterhin liegt der Schwerpunkt auf kleinen Veranstaltungen wie Liederabenden und Szenefeiern mit Livemusik. Konzerte nehmen für die Teilnehmer aufgrund des erlebbaren Gemeinschaftsund Zugehörigkeitsgefühls einen besonderen Stellenwert ein. Die Zahl der Konzerte hat sich - auch als Auswirkung behördlicher Maßnahmen der jüngeren Vergangenheit - innerhalb von zehn Jahren halbiert. Auch im Berichtsjahr fanden keine großen und öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen mehr statt. Ebenso war die durchschnittliche Besucherzahl der Konzerte stark rückläufig. Obgleich die Gesamtzahl der Musikveranstaltungen im Berichtsjahr abgenommen hat, ist die rechtsextremistische Musikszene durch die große Zahl an Musikgruppen, Solo-Interpreten und Tonträgerveröffentlichungen weiterhin sehr aktiv. Damit sorgt sie nicht unerheblich für den Zusammenhalt und die Vernetzung verschiedener Teile der rechtsextremistischen Szene. Auch international bestehen vielfältige Kontakte zu Gleichgesinnten in anderen europäischen Ländern, die insbesondere durch die Teilnahme deutscher Bands und Besucher an zahlreichen rechtsextremistischen Musikveranstaltungen im Ausland geknüpft und vertieft werden. Der rechtsextremistischen Musik kommt insofern weiterhin eine bedeutende Rolle vor allem für die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene zu. 81 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Rechtsextremistische Musikveranstaltungen 2023 2024 Konzerte 39 29 Liederabende 132 130 Sonstige40 151 148 Insgesamt 322 307 Kampfsport Auch im Jahr 2024 gelang es der rechtsextremistischen Kampfsportszene nicht, in Deutschland eigene publikumswirksame Kampfsportveranstaltungen durchzuführen. Die Partei "Der III. Weg" organisierte zwar am 5. Oktober 2024 eine Kampfsportveranstaltung in Hachenburg (Rheinland-Pfalz), an der etwa 130 Rechtsextremisten teilnahmen. Die Veranstaltung, die die Attraktivität von Kampfsport für die rechtsextremistische Szene unter Beweis stellt, wurde aber von der Polizei aufgelöst. Am 15. Juni 2024 fand in einer Lokalität der "Hammerskins Lorraine" im französischen Ort Combres-sous-les-Cotes der "Day of Glory" statt. An diesem nahmen etwa 200 Personen teil, ein Großteil davon deutsche Staatsangehörige. Die Veranstaltung wurde von dem rechtsextremistischen Label "Pride France" mit Unterstützung der deutschen rechtsextremistischen Organisation "Kampf der Nibelungen" (KdN) organisiert, was die auch international enge Vernetzung der rechtsextremistischen Kampfsportszene verdeutlicht. Das Thüringer OLG verurteilte am 1. Juli 2024 vier führende Mitglieder der rechtsextremistischen Kampfsportgruppierung "Knockout 51" unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu mehrjährigen Gefängnisstrafen. Ziel der Gruppierung war, durch die Begehung von Körperverletzungsdelikten und anderen Straftaten in Eisenach einen sogenannten Nazi-Kiez zu schaffen und sich dort als bestimmende Ordnungsmacht zu etablieren (vgl. Kap. II, Nr. 3). 40 Darunter fallen unter anderem Szenefeiern, Parteiveranstaltungen oder Rednerauftritte, die von musikalischen Darbietungen rechtsextremistischer Interpreten flankiert werden. 82 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Seit dem Frühjahr 2024 lässt sich in Deutschland die Gründung "Active Clubs" einer Vielzahl lokaler "Active Clubs" feststellen. Das Konzept der "Active Clubs" stammt ursprünglich aus den USA und breitete sich in den letzten Jahren auch in mehreren europäischen Ländern aus. "Active Clubs" sollen in Form lokaler (Kampf-)Sportvereine eine Brücke schlagen zwischen dem virtuellen Raum und persönlichem Kennenlernen. Aktivisten, die sich auf den von der rechtsextremistischen Szene propagierten "Rassenkrieg" am "Tag X" vorbereiten, sollen hierdurch eine realweltliche Plattform zum Austausch, zur Vernetzung und zum gemeinsamen Training erhalten. "Active Club"-Strukturen haben sich inzwischen bundesweit gebildet, doch beschränkt sich das Phänomen bislang überwiegend auf die virtuelle Ebene. Hierbei wird hauptsächlich die Plattform Telegram genutzt, um über Kampfsport, Ästhetik und öffentlichkeitswirksame Propagandaaktivitäten junge weiße Männer anzusprechen und für das rechtsextremistische Spektrum zu gewinnen. Ein realweltliches Auftreten ist bislang nur bei wenigen "Active Clubs" in Deutschland festzustellen. Im Berichtsjahr konnten intensivierte Vernetzungsbestrebungen Rechtsextremistische zwischen der rechtsextremistischen Hooliganund KampfsportHooliganszene szene registriert werden. Viele rechtsextremistische Hooligans betreiben Kampfsport und nahmen auch im Jahr 2024 an entsprechenden Wettkämpfen teil. Neben der ideologischen Vernetzung dieser zwei gewaltbereiten Szenen trägt dies auch zu einer Professionalisierung der Gewaltkompetenz rechtsextremistischer Hooligans bei. Die im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2024 befürchteten Ausschreitungen durch - auch rechtsextremistische - Hooligans konnten durch die von Bund und Ländern erarbeiteten Sicherheitskonzepte, die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und insbesondere durch die starke Polizeipräsenz vor Ort verhindert werden. Im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen wurden lediglich vereinzelt rechtsextremistische Propagandadelikte festgestellt. 3. Immobiliennutzung und Siedlungsbestrebungen durch Rechtsextremisten Für Rechtsextremisten dient der Erwerb von Grundstücken und Immobilien dazu, sich langfristig - teilweise über Generationen 83 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS hinweg - in einer Region zu etablieren und Rückzugsräume zu schaffen. Auch im Berichtsjahr suchten Rechtsextremisten insbesondere in ländlichen Regionen im Norden und Osten Deutschlands vermeintliche gesellschaftliche Leerstellen im sozialen, kulturellen und infrastrukturellen Bereich, um diese mit eigenen Angeboten, Engagement in bereits vorhandenen Strukturen oder vorgeblicher "Nachbarschaftshilfe" zu füllen. Hierbei ist erneut ein Anstieg der Zahlen rechtsextremistisch genutzter Immobilien zu verzeichnen. Zudem engagieren sich rechtsextremistische Akteure auch in Siedlungsbestrebungen, um Gleichgesinnte zum dauerhaften Umzug in räumlich abgrenzbare Rückzugsgebiete zu bewegen und diese zur Umsetzung ihrer politischen Ziele zu nutzen. Beispielhaft ist hierbei die "Anastasia-Bewegung" (Verdachtsfall) anzuführen, deren Protagonisten sich unter anderem in der Verbreitung von Publikationen, virtuellen Aktivitäten und Vortragsveranstaltungen betätigen. Dabei werden hinter einem auch an nicht extremistische Personengruppen anschlussfähigen Außenbild aus Esoterik und Ökologie antidemokratische, antisemitische und rassistische Ansichten verbreitet. 4. Queerfeindliche rechtsextremistische Aktivitäten Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bildet einen grundlegenden Bestandteil rechtsextremistischer Ideologie und Agitation. Auf Basis ihrer Weltanschauung lehnen Rechtsextremisten Diversität im Hinblick auf sexuelle Orientierung sowie entsprechende Partnerschaftsund Familienmodelle größtenteils ab. Sie sehen Heterosexualität und die Vorstellung einer damit verbundenen "traditionellen Kernfamilie" als alternativlos und biologisch "natürlich" an. Für sich genommen ist dies zunächst keine genuin rechtsextremistische Position, jedoch versuchen Rechtsextremisten das Thema ideologisch zu besetzen. Sie knüpfen die Ablehnung moderner Geschlechterverständnisse und Familienmodelle an ihr von Rassismus und Nationalismus geprägtes Weltbild. Dies äußert sich zum Beispiel in der Familienpolitik rechtsextremistischer Parteien, wonach sich ein drohender "Volkstod" nur durch eine ausschließlich auf ethnisch deutsche Familien und die Ehe zwischen Mann und Frau ausgerichtete Familienpolitik aufhalten ließe. Durch Rekurs auf verschwörungstheoretische Narrative macht die 84 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS rechtsextremistische Szene eine vermeintliche LSBTIQ-Propaganda verächtlich, die angeblich insbesondere durch die Politik sowie öffentlich-rechtliche Medien Verbreitung finde. Die rechtsextremistische Szene agitierte im Berichtsjahr mit der erneuten Initiierung eines "Stolzmonats" als "patriotische Gegenbewegung" gegen den alljährlich im Juni begangenen Pride Month und versuchte hierfür auch die in Deutschland ausgetragene Fußball-Europameisterschaft zu nutzen. Dabei konnte sie jedoch nur wenig von der medialen Aufmerksamkeit rund um das Großereignis profitieren und blieb mit ihren Aktivitäten hinter den im Vorfeld formulierten Erwartungen an die eigene Wirkmächtigkeit zurück. Nach Ende des Pride Month rückten LSBTIQ-Veranstaltungen Störaktionen gegen verstärkt in den Fokus insbesondere gewaltorientierter rechtsexCSD-Veranstaltungen tremistischer Akteure. So kam es seit Mitte 2024 bundesweit wiederholt zu (versuchten) rechtsextremistischen Störaktionen von öffentlichen Veranstaltungen zum CSD beziehungsweise zu einer Mobilisierung für solche Aktionen. Besonders hervorzuheben sind hierbei rechtsextremistische Störaktionen gegen die CSD-Kundgebungen in Bautzen (Sachsen), Leipzig (Sachsen), Magdeburg (Sachsen-Anhalt) sowie Zwickau (Sachsen) im August 2024. Die Teilnehmerzahlen bei den Protesten gegen die CSD-Veranstaltungen lagen bei diesen vier Versammlungen jeweils im dreistelligen Bereich. Es handelte sich dabei überwiegend um Personen der gewaltorientierten rechtsextremistischen Szene. Diese CSD-Störaktionen wurden zwar auch von klassischen rechtsextremistischen Organisationen wie etwa der Partei "Der III. Weg" sowie deren Jugendorganisation "Nationalrevolutionäre Jugend", der Partei "Die Heimat" (vormals NPD) und durch die "Freien Sachsen" beworben, organisiert und durchgeführt, als Organisatoren und Veranstalter traten jedoch vermehrt gewaltorientierte rechtsextremistische Online-Gruppierungen wie etwa "Jung & Stark" (JS) oder "Deutsche Jugend Voran" (DJV) in Erscheinung. Diese lassen eine ausgeprägte Bereitschaft erkennen, ihrer LSBTIQ-feindlichen Einstellung mit öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen Ausdruck zu verleihen. Die Gruppierung JS wurde erstmals im Sommer 2024 über ihren "Jung & Stark" und Instagram-Account bekannt. Dieser von bestehenden regiona"Deutsche Jugend len und überregionalen rechtsextremistischen Szenen losgeVoran" löste, innerhalb kurzer Zeit entstandene rechtsextremistische 85 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Personenzusammenschluss markiert für viele junge, zum Teil minderjährige Personen den Einstieg in den Rechtsextremismus. Aufgrund der von den Mitgliedern geäußerten Gewaltbefürwortung bis hin zur Gewaltbereitschaft ist der Gruppierung eine grundlegende Gewaltorientierung zu attestieren. Für die rechtsextremistische Agitation bedienen sich ihre Mitglieder ideologischer Fragmente, die primär in der Auswahl der Feindbilder Ausdruck finden. Dazu zählen unter anderem die "Antifa" oder die LSBTIQBewegung, welche als Projektionsfläche für rechtsextremistisch motivierten Aktionismus dienen. Bei DJV handelt es sich ebenfalls um einen rechtsextremistischen, bundesweit ähnlich agierenden Personenzusammenschluss, welcher ebenfalls im Sommer 2024 durch rechtsextremistische Aktivitäten in Erscheinung getreten ist. Mitglieder von JS und DJV nahmen bereits mehrfach gemeinsam an rechtsextremistischen Störaktionen gegen CSD-Veranstaltungen teil. Verbindendes Merkmal beider Gruppierungen ist die in den sozialen Medien stattfindende, wirkungsstarke Anwerbung überwiegend junger, teils minderjähriger Akteure innerhalb wie auch außerhalb der rechtsextremistischen Szene, deren online stattfindende Vernetzung und Radikalisierung sowie schließlich die Organisation realweltlicher Aktionen. Hierzu zählen neben den zuvor benannten Störaktionen gegen CSD-Veranstaltungen auch die Teilnahme an einer Demonstration "gegen Linksextremismus und politisch motivierte Gewalt" im Dezember 2024 in Berlin sowie Konfrontationen mit Angehörigen der linksextremistischen Szene, wobei es bereits zu diversen Gewaltdelikten kam. JS und DJV bewegen sich mit mehreren Onlinepräsenzen auf verschiedenen Plattformen wie Instagram oder TikTok. Die so erzielte breite Aufstellung begünstigt den schnellen Aufbau einer gewissen virtuellen Reichweite und bietet darüber Anknüpfungspunkte für die Vernetzung mit anderen rechtsextremistischen Akteuren. Sowohl das Alter als auch die Aktionsorientierung der Mitglieder derartiger Gruppierungen stellen dabei eine Gefährdung im Hinblick auf die rechtsextremistische Beeinflussung und Radikalisierung des in den Gruppen organisierten Personenpotenzials dar. 86 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 5. Antisemitismus im Rechtsextremismus Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungen ist seit jeher ein elementares Wesensmerkmal der rechtsextremistischen Ideologie. Die Ablehnung bis hin zum offenen Hass gegen Personen, die Juden sind oder als solche angesehen werden, sowie gegen alles, was als "jüdisch" charakterisiert wird, verbindet die unterschiedlichen rechtsextremistischen Spektren. Gewaltorientierte rechtsextremistische und rechtsterroristische Gruppierungen und Einzelpersonen bedienen sich antisemitischer Ressentiments im Internet, um anhand solcher Feindbilder Anschlagsziele zu definieren. Für rechtsextremistische Parteien stellt Antisemitismus ebenfalls einen wichtigen Fixpunkt dar. Jedoch halten sich Parteien wie "Die Heimat" (vormals NPD) oder "Der III. Weg" in der Regel strategisch zurück, diese ideologische Grundhaltung allzu direkt zu verbalisieren. Öffentlich geäußert werden entsprechende Inhalte daher zumeist in Andeutungen, Codes und Chiffren. Dabei ist für die szeneinternen Rezipienten in der Regel eindeutig verständlich, wer eigentlich gemeint ist. Elemente wie eine antisemitisch grundierte Elitenfeindlichkeit oder das Narrativ einer von Juden mindestens beeinflussten "globalistischen" Weltverschwörung dienen zudem dazu, sich als Partei nach außen in Gegnerschaft zur bestehenden Ordnung zu positionieren und zu legitimieren. Eine größere Rolle spielt der Antisemitismus hingegen für den inneren Zusammenhalt und als Deutungsmuster für gesellschaftspolitische Entwicklungen. So werden mitunter antisemitisch konnotierte Verschwörungserzählungen wie der "Große Austausch"41 oder das ähnlich gelagerte Motiv einer gezielten "Umvolkung" rezipiert und verbreitet. In der Neuen Rechten zählt offener Antisemitismus zwar nicht zu den Grundmerkmalen, wenngleich auch hier antisemitische Narrative geteilt werden, um den eigenen Forderungen zum Beispiel nach "Remigration" Nachdruck zu verleihen. Antisemitische Äußerungen reichen von bewusst verkürzten oder fehlerhaften 41 Vertreter des rechtsextremistischen Ideologems des "Großen Austauschs" sehen die "ethnokulturelle" Identität der europäischen Völker durch eine Masseneinwanderung kulturfremder Einwanderer bedroht. Durch politische, kulturelle und wirtschaftliche Eliten soll nach der Verschwörungstheorie dieser Zustrom gesteuert werden. Ziel sei es, die angestammten Völker und Kulturen Europas weitestgehend durch eine steuerbare Masse an Konsumenten zu ersetzen. 87 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Darstellungen der Gründungsgeschichte des Staates Israel bis hin zu einer angeblich jüdisch-israelischen Beteiligung an einem "Großen Austausch" der Bevölkerung in Deutschland und Europa durch Migranten aus Nahost oder Afrika. Funktionen des Die wesentlichen Funktionen des Antisemitismus im RechtsextreAntisemitismus mismus lassen sich wie folgt charakterisieren: Zum einen fördert Antisemitismus durch die Abgrenzung von "den Juden" als gemeinsamem Feind ein Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Szene und stärkt dadurch die eigene Gruppenidentität. Zudem liefert Antisemitismus einfache Erklärungsmuster für komplexe und schwer (oder gar nicht) durchschaubare Ereignisse und Prozesse. Durch das Herunterbrechen komplexer Sachverhalte auf greifbare und simplifizierte Erklärungen mittels antisemitischer Verschwörungserzählungen schafft dies Übersicht und Orientierung in einer unübersichtlichen Welt. Des Weiteren erfüllt Antisemitismus eine Legitimationsfunktion, indem er zur Agitation gegen das bestehende politische System verwendet wird. In diesem Zuge wird sowohl die Rechtmäßigkeit der bestehenden, angeblich "jüdischen" Ordnung bestritten als auch die Position von Rechtsextremisten als vorgeblich einzig legitimen politischen Repräsentanten und Sprachrohr "des Volkes" untermauert. Nicht zuletzt dient Antisemitismus als Faktor, um Zustimmung von außen zu erzeugen: So wird versucht, latente judenfeindliche Einstellungen innerhalb der Bevölkerung anzusprechen und sie für die eigenen Zwecke zu nutzen. Antisemitismus Hervorzuheben ist die Funktion von Antisemitismus im Kontext im Kontext von von Verschwörungserzählungen. Diese nehmen im RechtsextreVerschwörungsmismus als Instrument zur Erschließung neuer Personenkreise erzählungen und zur Erweiterung der eigenen Reichweite eine hohe Bedeutung ein. Dabei spielen antisemitische Narrative und Chiffren sowie der vor dem Hintergrund des aktuellen Nahostkonflikts phänomenübergreifend in antisemitischer Weise verwendete Begriff der "Zionisten"42 eine besondere Rolle. So können sie einerseits 42 Ursprünglich wird mit Zionismus die im 19. Jahrhundert von Theodor Herzl begründete Bewegung zum Aufbau eines jüdischen Nationalstaats bezeichnet. Heutzutage dient dieser Begriff allerdings auch dazu, in antisemitischen Äußerungen die direkte Benennung von Jüdinnen und Juden und/oder des israelischen Staates zu vermeiden, um sich möglichst nicht dem Vorwurf des Antisemitismus auszusetzen. 88 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS aufgrund ihrer Codierung nicht ohne Vorwissen als antisemitisch beziehungsweise rechtsextremistisch identifiziert werden und werden deshalb oft unreflektiert rezipiert und weiterverbreitet. Damit einhergehend können antisemitische Verschwörungserzählungen andererseits auch ein erster Einstiegspunkt für eine im Folgenden fortschreitende Radikalisierung sein. Zum anderen können sie eine Scharnierfunktion zwischen nicht extremistischen und extremistischen Akteuren sowie zwischen verschiedenen Szenen einnehmen. Dadurch wird nicht nur die Reichweite von (rechts-)extremistischen Inhalten erhöht, was sich unter anderem auf den öffentlichen Diskurs auswirken kann. Antisemitische Verschwörungserzählungen bieten aufgrund ihrer Dynamik und Auslegbarkeit auch grundsätzlich das Potenzial, Differenzen zwischen verschiedenen Szenen und/oder Akteuren zu überwinden. Die Aktualität des Antisemitismus innerhalb der rechtsextremisAntisemitismus im tischen Szene zeigt sich hierbei insbesondere im Zusammenhang Kontext aktueller mit den Entwicklungen des Nahostkonflikts (vgl. Sonderkapitel Ereignisse "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). Wahlweise werden zudem Verbindungen zu anderen Ereignissen und Entwicklungen wie der US-Präsidentschaftswahl 2024 oder dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gezogen und diese zu größeren Komplexen zusammengefügt. Dabei folgt dies bekannten Mustern, nach denen sich antisemitische Vorstellungen - vor allem in Form von Verschwörungserzählungen - auf quasi jedwedes tagesaktuelle Ereignis beziehungsweise jedwede lokale bis globale Entwicklung übertragen lassen. Diese Flexibilität lässt sich beispielsweise anhand der US-Wahl im November 2024 verdeutlichen: So wurde der gewählte Präsident Donald Trump von verschiedenen rechtsextremistischen Akteuren einerseits als Heilsbringer im Kampf gegen einen imaginierten und antisemitisch aufgeladenen "Deep State" stilisiert, andererseits als gesteuerter Akteur mit Verbindungen zu "jüdischen" Investoren, einer "Israel Lobby" oder zu jüdischen Glaubensgemeinschaften wahrgenommen. 89 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS IV. Rechtsextremistische Akteure der Neuen Rechten und Verdachtsfall "AUF1" Unter die Bezeichnung Neue Rechte wird ein informelles Netzwerk von Gruppierungen, Einzelpersonen und Organisationen gefasst, in dem nationalkonservative bis rechtsextremistische Kräfte zusammenwirken, um anhand unterschiedlicher Strategien teilweise antiliberale und antidemokratische Positionen in Gesellschaft und Politik durchzusetzen. Akteure der Neuen Rechten versuchen, Einfluss auf den vorpolitischen Raum zu nehmen, um ihre antidemokratischen Positionen politisch zu verwirklichen. Innerhalb des Netzwerks füllen diese Akteure unterschiedliche und teils komplementäre Rollen aus. Gemeinsames Ziel ist eine "Kulturrevolution von rechts". Entwicklungen und Beim "Verlag Antaios" verdichteten sich die Anhaltspunkte für Vernetzung Rechtsextremismus im Berichtsjahr zur Gewissheit, weshalb er nunmehr als gesichert rechtsextremistische Bestrebung bearbeitet wird. Weiterhin bauten Akteure der Neuen Rechten ihre Verbindungen in die europäischen Nachbarländer aus. Die Vernetzung der Akteure der Neuen Rechten spiegelt sich auch in ihrem jeweiligen Selbstbild als Strategen (aufgelöstes und neu strukturiertes "Institut für Staatspolitik", IfS), Journalisten ("AUF1" (Verdachtsfall), "COMPACT-Magazin GmbH"), Netzwerker ("Ein Prozent e.V."), Verleger ("Verlag Antaios") oder Aktivisten ("Identitäre Bewegung Deutschland", IBD) wider. Auch Verbindungen des aufgelösten und neu strukturierten IfS, von "Ein Prozent e.V." sowie der "COMPACT-Magazin GmbH" in das Parteienspektrum, insbesondere zur AfD (Verdachtsfall) und deren Jugendorganisation JA, sind bekannt (vgl. Kap. V, Nr. 5 und 6). Ebenso bestehen Kooperationen der Neuen Rechten mit den "Freien Sachsen" (vgl. Kap. V, Nr. 4). "Identitäre Bewegung Die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) sieht sich selbst Deutschland" als "patriotische Jugendbewegung"43 und ist mit regionalen Untergruppen bundesweit aktiv. Sie vertritt das zentrale neurechte Ideologem des "Ethnopluralismus", das auf der Vorstellung einer staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung in einem ethnisch und kulturell homogenen Staat basiert. Für die IBD ist allein die ethnische Herkunft maßgeblich für die Zugehörigkeit zum deutschen Volk. Minderheiten wird dadurch ein geringerer Wert zugestanden. 43 Homepage "Identitäre Bewegung Deutschland" (6. November 2024). 90 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Aus dem Konzept des "Ethnopluralismus" leitet sich die vielfach von der IBD geäußerte Forderung nach "Remigration" ab, die im Mittelpunkt zahlreicher "identitärer" Aktionen und Kampagnen steht. "Identitäre" Hausprojekte, wie das von sächsischen Aktivisten seit Ende 2023 betriebene "Zentrum Chemnitz" (Sachsen), gewinnen als Treffund Veranstaltungsstätten der internationalen neurechten Szene weiter an Bedeutung. Diese Anlaufstellen dienen der ideologischen Schulung, Planung und Vorbereitung von Aktionen. Zudem ermöglichen sie die europaweite Vernetzung und den Austausch mit europäischen "patriotischen Bewegungen", die eine starke ideologische Nähe zur IBD aufweisen, sowie mit anderen deutschsprachigen Akteuren wie der "Jungen Alternative" (JA). Der Verein "Ein Prozent e.V." vertritt einen ethnisch-abstam"Ein Prozent e.V." mungsmäßig definierten Volksbegriff, weist eine migrantenund muslimfeindliche sowie rassistische Ideologie auf, propagiert das verschwörungstheoretische Konzept des "Großen Austauschs" und verbreitet antisemitische Narrative. Der Verein vernetzt und unterstützt verschiedene Organisationen und Einzelpersonen zuvorderst aus dem Spektrum der Neuen Rechten insbesondere finanziell. So sammelte er 2024 beispielsweise für das Videostudio der rechtsextremistischen "COMPACTMagazin GmbH" und für drei Aktivisten der rechtsextremistischen IBD mithilfe des "Solifonds" Spendengelder im niedrigen fünfstelligen Bereich. Die "COMPACT-Magazin GmbH" ist ein multimedial ausgerich"COMPACT-Magazin tetes Unternehmen. Neben dem Hauptprodukt, der MonatszeitGmbH" schrift "COMPACT-Magazin", zählen umfangreiche Onlineformate zu den Angeboten des Unternehmens. Die "COMPACT-Magazin GmbH" verbreitet in ihren unterschiedlichen Publikationen und Produkten regelmäßig und seit Jahren antisemitische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte. Sie richtet sich damit gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Der Sturz des politischen Systems wird dabei offensiv und öffentlich als zentrale Zielvorstellung formuliert: "Das Regime muss gestürzt werden. Da stehe ich dazu, weil sich über die aktuelle Regierung hinaus, ein Block an der Macht 91 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS formiert hat, der dem Einheitsblock der SED und ihrer Verbündeten in der DDR ähnlich ist und so wie das SED-Regime durch eine friedliche Revolution gestürzt wurde - anschließend natürlich mit Wahlen, die neuen Verhältnisse sozusagen legitimiert wurden, so wird es auch dem BRD-Regime und Frau Faeser gehen." (YouTube-Kanal "Junge Freiheit", 17. Juli 2024) Hauptgesellschafter, Geschäftsführer und Chefredakteur in Personalunion ist der Rechtsextremist Jürgen Elsässer. Die "COMPACTMagazin GmbH" nimmt eine wichtige Scharnierfunktion im rechtsextremistischen Spektrum ein. Elsässer wirkt dabei durch seine Tätigkeiten und Verbindungen als zentraler Vernetzungsakteur zwischen der Neuen Rechten und dem rechtsextremistischen Parteienspektrum. Insbesondere bestehen Kontakte zur AfD (Verdachtsfall), deren Jugendorganisation "Junge Alternative" und der Regionalpartei "Freie Sachsen". Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der "COMPACT-Magazin GmbH" entstammen der Partei "Die Heimat" (ehemals NPD). Am 16. Juli 2024 verbot die Bundesministerin des Innern und für Heimat die "COMPACT-Magazin GmbH" sowie deren Teilorganisation "CONSPECT FILM GmbH" (vgl. Kap. II, Nr. 3.1). Das Verbot ist nach Entscheidung des BVerwG vom 14. August 2024 bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt. Verdachtsfall "AUF1" "Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Kanal 1" ("AUF1", Verdachtsfall) ist ein seit Mai 2021 bestehendes österreichisches Medium, das sowohl über seine eigene Homepage als auch über die sozialen Medien Berichte insbesondere zu tagesaktuellen Themen veröffentlicht. Obwohl der gesamte deutschsprachige Raum adressiert wird, fokussiert sich ein wesentlicher Teil des Programms auf Entwicklungen in Deutschland. "AUF1" verbreitet minderheiten-, islamund muslimfeindliche Inhalte, bedient rassistische Stereotype und bezieht sich regelmäßig auf antisemitisch konnotierte Verschwörungstheorien. Augenfällig ist die enge Kooperation mit anderen Akteuren der Neuen Rechten. 92 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Kern einer Vielzahl der "AUF1"-Beiträge ist der Kampf gegen den sogenannten Great Reset44, der ominösen Eliten angeblich zum Aufoder Ausbau ihrer Macht im globalen Maßstab diene. Dabei bezieht das Medium quasi jedwede Entwicklung auf diesen angeblichen Plan, so zum Beispiel den Klimawandel: "Neben der gelenkten Masseneinwanderung ist der KlimaSchwindel das wichtigste Anliegen des Great-Reset-Plans der Globalisten. Denn die damit verbundene öko-kommunistische Agenda soll auf Teufel komm raus umund durchgesetzt werden." ("AUF1"-Flyer "Der Klima Betrug", S. 15) "AUF1" stellt eine Plattform für extremistische Inhalte im Sinne der eigenen Agenda bereit, ohne diese kritisch zu hinterfragen oder einzuordnen. Das Medium nimmt dabei eine Scharnierfunktion zwischen extremistischen und nicht extremistischen Spektren ein. Auf diese Weise wird versucht, Rezipienten niederschwellig für die eigenen Ansichten und Ziele zu gewinnen und Diskurse zu beeinflussen. Der "Verein für Staatspolitik e.V.", offizieller Träger des "Instituts "Institut für für Staatspolitik" (IfS), wurde durch die nunmehr ehemaligen Staatspolitik" Vorsitzenden Dr. Erik Lehnert und Götz Kubitschek zum 17. April 2024 aufgelöst (vgl. Kap. II, Nr. 3.1). Die bisher vom IfS herausgegebene Zeitschrift "Sezession" wird seit Ausgabe 119 (April 2024) von der neu gegründeten "Metapolitik Verlags UG" verantwortet. Die Ausrichtung der Veranstaltungen des IfS ist seit Sommer 2024 auf die ebenfalls neu gegründete "Menschenpark Veranstaltungs UG" übergegangen. Auf der ideologischen Ebene hat das IfS nach der Auflösung und Neugründung der Unternehmergesellschaften weder eine inhaltliche Neuausrichtung noch einen programmatischen Wechsel vollzogen. Daher können beide neu gegründeten Unternehmergesellschaften - auch aufgrund der personellen und postalischen Übereinstimmungen - als Fortsetzung der Aktivitäten des IfS angesehen werden. 44 Der "Great Reset" bezeichnet eine Initiative des Weltwirtschaftsforums zur Neuordnung der Weltwirtschaft nach der Coronapandemie. In verschwörungstheoretischen Kreisen wird dieser Begriff - oftmals antisemitisch konnotiert - für angebliche Weltherrschaftspläne finanzieller und politischer Eliten verwendet. 93 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Das aufgelöste und neu strukturierte IfS sieht sich als prägenden Ideenund Impulsgeber der Neuen Rechten. Strategie und Zielsetzungen sind darauf ausgerichtet, in den vorpolitischen Raum zu wirken, um damit die Verschiebung der Machtverhältnisse im eigenen Sinne zu ermöglichen und zu befördern. Dabei vertritt es einen ethnisch-abstammungsmäßig definierten Volksbegriff, weist eine migrantenund muslimfeindliche sowie mitunter rassistische ideologische Ausrichtung auf und verbreitet geschichtsrevisionistische Positionen und vereinzelt antisemitische Narrative. "Verlag Antaios" Der seit Mai 2024 als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestufte "Verlag Antaios" wirkt in erster Linie durch sein zielgerichtet erstelltes Verlagsprogramm in gesellschaftspolitische Debatten hinein und übt nicht zuletzt aufgrund der Reichweite der Onlinepräsenz sowie durch öffentliche Auftritte von Verlagsangehörigen einen erheblichen Einfluss auf den politischen Diskurs aus. So hat der "Verlag Antaios" im Berichtsjahr erfolgreich an der Platzierung des Begriffs "Remigration" im allgemeinpolitischen Raum mitgewirkt. Sowohl in den verlagseigenen Publikationen als auch im Rahmen der von ihm mitverantworteten Formate finden sich insbesondere das Verständnis von einer ethnisch-abstammungsmäßig definierten Volkszugehörigkeit sowie mitunter ausländerfeindliche, rassistische und geschichtsrevisionistische Inhalte. Der "Verlag Antaios" und das IfS weisen personelle, adressbezogene, organisatorische und inhaltliche Überschneidungen auf, welche eine trennscharfe Differenzierung zwischen beiden Akteuren oftmals erschweren beziehungsweise mitunter unmöglich machen. So hat im Juli 2024 der "Verlag Antaios" im Zuge der Neustrukturierung des IfS eine bereits etablierte Veranstaltung ("Sommerfest") in alleiniger Verantwortung ausgerichtet. V. Rechtsextremistisches Parteienspektrum Neben den Wahlerfolgen der "Alternative für Deutschland" (AfD, Verdachtsfall) vor allem bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg konnte im Berichtsjahr erstmals auch die Partei "Freie Sachsen" nennenswerte Wahlergebnisse erzielen. Die übrigen rechtsextremistischen Parteien blieben bei Wahlen 94 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS hingegen weitestgehend bedeutungslos. Dennoch spielen sie aufgrund ihrer Organisationsstrukturen eine wichtige Rolle bei der internen Vernetzung der rechtsextremistischen Szene. 1. "Die Heimat" (vormals "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", NPD) Auf ihrem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 in Riesa (Sachsen) hatte die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) die Umbenennung in "Die Heimat" beschlossen. Gleichzeitig läutete die Partei eine strategische Neuausrichtung ein. Mit einem bürgernahen Auftreten, dem Anschluss an lokale Protestbewegungen und dem Aufbau eines vorpolitischen Angebots wollte man Vertrauen zurückgewinnen und die Basis für zukünftige Wahlerfolge legen. Wie die Partei wiederholt betonte, bedeuteten der neue Name und das modernere Auftreten nicht, dass man die programmatischen oder ideologischen Fundamente aufgeben wolle; eine Anpassung an das politische System oder eine inhaltliche Mäßigung seien nicht geplant. Auch das 2010 beschlossene Parteiprogramm blieb unangetastet. Wie auch 2023 versuchte "Die Heimat" im Berichtsjahr weiterhin, Themenihre thematischen Schwerpunkte an die ausgegebene Zielsetzung schwerpunkte anzupassen, sich also bürgernäher und pragmatischer zu präsentieren. So legte "Die Heimat" den Fokus auf Themen wie Sozialpolitik, die Energiewende und die Migrationspolitik und versuchte, dadurch an breite gesellschaftliche Debatten anzuknüpfen. Auch die Vernetzung mit anderen Akteuren des rechtsextremistischen Spektrums blieb ein zentrales Ziel der Partei. Die Zusammenarbeit mit der rechtsextremistischen Regionalpartei "Freie Sachsen" intensivierte sich merklich. Kooperationen und enge Kontakte in das neonazistische Spektrum bestehen weiterhin und werden von "Die Heimat" gepflegt. Insgesamt blieben die öffentlich wahrnehmbaren Aktivitäten aber auf einem sehr niedrigen Niveau. Dies äußerte sich auch in den Wahlergebnissen: Bei den Kommunalwahlen 2024 unter anderem in Thüringen verlor "Die Heimat" zahlreiche Mandate. Auch bei der Europawahl 2024 verpasste die Partei mit 0,1 % (2019: 0,3 %) ihr selbst gesetztes Ziel, wie 2014 ein Mandat zu erringen, deutlich. Der Abwärtstrend der Mitgliederzahlen konnte auch im Berichtsjahr nicht gestoppt werden. 95 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Im Zeichen der niedrigen Wahlergebnisse und rückläufigen Mitgliederzahlen stand auch der 39. ordentliche Bundesparteitag am 23. und 24. November 2024, auf welchem der langjährige Chefredakteur der "Deutschen Stimme" Peter Schreiber zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Ausschluss von Das 2019 begonnene Verfahren zum Ausschluss der Partei "Die der staatlichen Heimat" von der staatlichen Parteienfinanzierung kam mit dem Parteienfinanzierung Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 2024 zum Ende. Demzufolge ist "Die Heimat" für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen.45 Jugendorganisation Während "Die Heimat" weiterhin eine markante Mobilisierungs"Junge Nationalisten" schwäche aufweist, zeigt sich bei der Jugendorganisation "Junge Nationalisten" (JN) ein deutlicher Zuwachs des Personenpotenzials und Aktivitätsniveaus. Dabei traten die JN vor allem durch öffentlichkeitswirksame Aktionen, insbesondere in Form von Protesten gegen CSD-Veranstaltungen, in Erscheinung. Ein gewaltsamer Übergriff auf den sächsischen Spitzenkandidaten der SPD im Europawahlkampf durch Angehörige und Personen aus dem Umfeld des Dresdener JN-Stützpunkts "Elblandrevolte" unterstreicht die Radikalität in Teilen des Jugendverbands. Die aus ausgetretenen Verbänden und Einzelpersonen Ende 2023 neu gegründete "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) sieht sich als legitime Nachfolgerin der "alten" NPD und trat zunehmend in Erscheinung.46 Die derzeit aktivsten Landesverbände der NPD sind Baden-Württemberg und Hamburg. 2. "DIE RECHTE" Der bereits in den Vorjahren deutlich wahrnehmbare Niedergang der Partei "DIE RECHTE"47 hat sich im Berichtsjahr weiter fortgesetzt. Bedingt durch die Abkehr zahlreicher Parteiaktivisten gehen mittlerweile von keinem Landesverband mehr relevante Aktivitäten aus. Geringfügige Reststrukturen bestehen neben Nordrhein-Westfalen (Gelsenkirchen/Recklinghausen) nur noch 45 BVerfG, Urteil vom 23.01.2024 - 2 BvB 1/19. 46 Die NPD ist seit Januar 2024 bei der Bundeswahlleiterin eingetragen. 47 Am 18. März 2025 gab "DIE RECHTE" über ihren Telegram-Kanal die Selbstauflösung sämtlicher Kreisund Landesverbände sowie der Gesamtpartei bekannt. 96 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS im Landesverband Südwest (Rheinland-Pfalz/Saarland) sowie in Niedersachsen. Öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Demonstrationen wurden zum Teil unter Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremistischen Akteuren organisiert. In der Regel konnten jedoch lediglich Teilnehmerzahlen im niedrigen zweistelligen Bereich mobilisiert werden. So fanden die einzig nennenswerten Demonstrationen von "DIE RECHTE" mit der neu gegründeten NPD am 1. Mai 2024 in Celle (Niedersachsen) mit 20 Teilnehmern sowie mit der "Neue Stärke Partei" (NSP) am 29. Juni 2024 mit 40 Teilnehmern in Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern) statt. Weitere parteitypische Aktivitäten wie Wahlkämpfe und -antritte sowie Kampagnen oder eine nennenswerte politische Kommunikation an die Öffentlichkeit waren im Berichtsjahr kaum noch wahrzunehmen. Der trotz der innerparteilichen Probleme bisher um den formalen Erhalt des Parteienstatus bemühte Parteigründer und Bundesvorsitzende Christian Worch suchte zuletzt merklich den Schulterschluss mit der neu gegründeten NPD. Nachdem ein Wiederaufleben der eigenen Parteiaktivitäten derzeit ausgeschlossen erscheint, ist ein mittelfristiger Zusammenschluss mit der NPD denkbar. 3. "Der III. Weg" Im Jahr 2024 setzte die Partei "Der III. Weg" den Ausbau ihrer Strukturen fort. Mit den drei neu gegründeten Stützpunkten "Ostsachsen" (Sachsen), "Anhalt" (Sachsen-Anhalt) und "Bodensee/Südbaden" (Baden-Württemberg) verfügt die Partei nun über insgesamt 27 lokale Stützpunkte sowie die vier Landesverbände Brandenburg, Bayern, Sachsen und West. Dem gegenüber steht der Verlust von zwei der bisher vier Bürgerund Parteibüros in Ohrdruf (Thüringen) und in Plauen (Sachsen). Die beiden Parteibüros in Hilchenbach (Nordrhein-Westfalen) und Schweinfurt (Bayern) bestehen dagegen weiterhin. Wie in den Vorjahren verzichtete "Der III. Weg weitgehend auf die Strategie Durchführung größerer überregionaler Veranstaltungen. Regional versuchte man allerdings, Anschluss an bundesweite Protestbewegungen zu finden, unter anderem an jene gegen CSD-Veranstaltungen im Frühjahr/Sommer 2024. Aufgrund ihrer neonazistischen Ideologie lehnt die Partei die Anerkennung und den Schutz 97 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS von Lebensentwürfen abseits des traditionellen Familienbildes grundsätzlich ab und verunglimpft diese als "abnormal". Mittels Flugblattverteilungen, Banneraktionen und Stickern zielt sie darauf ab, insbesondere junge Menschen zu mobilisieren und für die eigene Partei zu rekrutieren. Wahlteilnahme Mit der Gründung des Landesverbands Brandenburg im Jahr 2023 in Brandenburg hatte die Partei "Der III. Weg" die Grundlage für die Teilnahme an den Kommunalund Landtagswahlen gelegt. Bei den Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 konnte sie lediglich ein Mandat im Landkreis Prignitz erringen und blieb damit hinter den eigenen hochgesteckten Erwartungen zurück. Demgegenüber war der Antritt zur Landtagswahl am 22. September 2024 rein strategischer Natur. Mit 0,05 % der Erststimmen und 0,12 % der Zweitstimmen blieb "Der III. Weg" bedeutungslos. Die Partei verbuchte die Wahlteilnahme dennoch als Erfolg, da Ziel des vergleichsweise sehr intensiv geführten Wahlkampfs - unter anderem führte "Der III. Weg" mehrere Kundgebungen und zahlreiche Flyer-Verteilaktionen durch - die Steigerung der eigenen Bekanntheit und die Festigung des Parteienstatus gewesen sei. "NationalWie im Vorjahr bildete auch im Jahr 2024 die Nachwuchswerbung revolutionäre einen Schwerpunkt in der Tätigkeit der Partei. Hierzu baute sie ihre Jugend" Präsenz in den sozialen Medien weiter aus. Insbesondere die Plattform TikTok wurde zunehmend für die Verbreitung von Propagandaclips genutzt. Zielgruppe waren dabei Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 12 und 25 Jahren und insbesondere männliche, gewaltinteressierte Jugendliche. Den Rahmen für die Jugendarbeit bildete die parteiinterne Jugendorganisation "Nationalrevolutionäre Jugend" (NRJ), die durch zielgruppenorientierte Aktionen und Veranstaltungen Jugendliche an die Partei und deren Ideologie heranführen und darüber hinaus auch als Reservoir für zukünftige Kader fungieren soll. Hierzu dienen Wanderungen oder Kampfsporttraining, aber auch Gemeinschaftsveranstaltungen und Ausflüge. Gewöhnlich ist die Partei hierbei um ein gewaltfreies Auftreten bemüht. Nur die NRJ im Raum Berlin/ Brandenburg bildet durch ihr aggressives Auftreten hierbei bisher eine Ausnahme. So waren wiederholt provokative Aktionen gegen (vermeintliche) politische Gegner festzustellen; in mehreren Fällen waren Angehörige der NRJ Berlin/Brandenburg an gewaltsamen Auseinandersetzungen beteiligt. 98 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Der Jugendarbeit dienen auch die zunehmenden AuslandskonInternationale takte der Partei "Der III. Weg". Im Mai nahm eine Gruppe der NRJ Kontakte an einer Neonazi-Versammlung in Paris (Frankreich) teil. Hierbei wurden nicht nur bestehende Kontakte gepflegt, sondern auch neue Verbindungen geknüpft. Insbesondere die internationale "Active Club"-Szene gewann für die Partei an Bedeutung. So war es nicht verwunderlich, dass bei einem von "Der III. Weg" organisierten und polizeilich aufgelösten Kampfsportevent in Hachenburg im Oktober 2024 (vgl. Kap. III, Nr. 2) auch Angehörige eines niederländischen "Active Clubs" angetroffen wurden. Wie in den Vorjahren setzte die Partei auch im Berichtsjahr die Unterstützung ukrainischer Nationalisten und deutscher Kriegsfreiwilliger im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fort. Einen gewissen Höhepunkt bildete hierbei die internationale Konferenz "Nation Europa" im westukrainischen Lwiw im August 2024, an der neben "Der III. Weg" zahlreiche weitere Vereinigungen, darunter das von diesem unterstützte "Deutsche Freiwilligenkorps", teilnahmen. Mit der Parteinahme für die Ukraine bildet "Der III. Weg" eine Ausnahme innerhalb der rechtsextremistischen Szene, welche sich zu großen Teilen prorussisch positioniert. Aus Sicht der Partei habe sich der "Befreiungskampf" europäischer Nationalisten gegen jegliche Art von "Imperialismus" zu richten und die europäischen Nationen müssten dabei zusammenstehen. 4. "Freie Sachsen" Die rechtsextremistische Regionalpartei "Freie Sachsen" tat sich im Berichtsjahr erneut durch die hohe Anzahl durchgeführter Demonstrationen hervor. Bestimmender Faktor war dabei der Wahlkampf zu den sächsischen Kommunalund Landtagswahlen im Juni beziehungsweise September 2024. Die "Freien Sachsen" bewiesen dabei erneut ihre Fähigkeit, aktuelle, anschlussfähige politische Entwicklungen zu identifizieren, extremistisch umzudeuten und für sich auszunutzen. Die Proteste gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung im Winter 2023/2024 nahm die Partei beispielsweise zum Anlass, einen "Tag des Widerstandes" am 8. Januar 2024 in Dresden auszurufen. An der Demonstration nahmen mehrere Tausend Personen teil. Losgelöst von dem ursprünglichen Ziel der sogenannten Bauernproteste schrieb die Partei auf Telegram dazu: 99 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS "(...) der heutige Tag ist ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des sächsischen Bürgerwiderstandes. (...) Und das muss erst der Anfang sein: Gemeinsam wollen wir diese Regierung abwickeln und unser Land von unten nach oben neu errichten." (Telegram-Kanal "Freie Sachsen", 8. Januar 2024) Mobilisierungserfolge in dieser Größenordnung bilden zwar die Ausnahme, dennoch gelang es den "Freien Sachsen" regelmäßig, Teilnehmerzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich zu ihren Kundgebungen zu mobilisieren und so das Demonstrationsgeschehen in Sachsen signifikant zu beeinflussen. Eine wichtige Rolle spielte dabei weiterhin der Protest gegen Migranten allgemein und lokale Asylbewerberheime im Speziellen. Abseits des Straßenprotests versucht die Partei auch Einfluss in den Parlamenten zu gewinnen. Sie trat zu den sächsischen Kommunalwahlen im Juni und der Landtagswahl im September 2024 an. Der Parteivorsitzende begründete diese Entscheidung unter anderem damit, dass man nach der "nächsten Wende" fähige Kommunalpolitiker brauche und daher schon jetzt Erfahrung sammeln müsse. Auch könne man über die Mitarbeit in den Kommunalgremien frühzeitig an Informationen gelangen, die der breiten Öffentlichkeit vorenthalten blieben. Die "Freien Sachsen" sehen die politischen Prozesse in erster Linie als nützliches Werkzeug zur Vorbereitung eines Systemwechsels. Mit einem landesweiten Ergebnis von 2,7 % gelang der Einzug in alle sächsischen Kreistage sowie in mehrere Gemeindeund Stadträte. Bei der Landtagswahl erhielt die Partei 2,2 % der gültigen Stimmen und scheiterte damit an der Sperrklausel, profitiert aber von der staatlichen Parteienfinanzierung, was ihren Handlungsspielraum weiter ausweiten dürfte. Im Berichtsjahr reisten mehrfach Personen aus dem Umfeld der "Freien Sachsen" nach Russland. Eigenen Aussagen zufolge traf man sich auf diesen sogenannten Druschba48-Fahrten unter anderem mit Vertretern der russischen Präsidialverwaltung. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verbreiten die "Freien Sachsen" immer wieder prorussische Narrative und positionieren sich dezidiert prorussisch. 48 "Druschba" (russ.): "Freundschaft". 100 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 5. Verdachtsfall "Alternative für Deutschland" (AfD) Die 2013 gegründete Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) Gerichtliche wird seit März 2022 durch das BfV als Verdachtsfall bearbeitet, Überprüfung der nachdem eine bereits im Jahr 2021 aufgenommene VerdachtsEinstufung als fallbearbeitung zunächst aufgrund einer gerichtlichen ZwischenVerdachtsfall verfügung unterblieb. Mit Urteil vom 8. März 2022 und Beschluss vom 10. März 2022 bestätigte zunächst das VG Köln49 und anschließend mit Urteil vom 13. Mai 2024 das OVG des Landes NordrheinWestfalen die Verdachtsfalleinstufung als rechtmäßig.50 Gegen die Nichtzulassung der Revision wurde seitens der AfD Beschwerde beim OVG eingelegt. Das OVG hat der Beschwerde mit Beschluss51 vom 16. September 2024 nicht abgeholfen und sie dem BVerwG zur Entscheidung vorgelegt.52 Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die ehemalige AfD-TeilorEntwicklung ganisation "Der Flügel" und ihr Personenpotenzial in der AfD aufgegangen sind, wurde die Bearbeitung des "Flügels" als eigenständiges Beobachtungsobjekt zum 1. Januar 2024 eingestellt. Die Anhänger des ehemaligen "Flügels" sind innerhalb der AfD jedoch weiterhin eng vernetzt und prägen diese zum Teil in erheblichem Ausmaß.53 Im Verlauf des Jahres 2024 wuchs die Mitgliederzahl der AfD nach eigener Aussage der Partei um circa 10.000 Personen auf über 50.000 Mitglieder an.54 Da sich der bereits in den letzten Jahren beobachtete Prozess der ideologischen Harmonisierung der AfD ausweislich fortgesetzter verfassungsschutzrelevanter Äußerungen und Positionierungen von Parteifunktionären auch im Berichtsjahr fortgesetzt hat, ist davon auszugehen, dass mit dem Anstieg der Mitgliederzahl auch das extremistische Personenpotenzial in der AfD entsprechend zugenommen hat. Für die Homogenisierung spricht auch, dass liberalkonservative Positionen öffentlich kaum noch wahrnehmbar sind und die Positionen des sogenannten solidarisch-patriotischen 49 VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 - Az. 13 K 326/21 und Beschluss vom 10.03.2022 - Az. 13 L 105/21. 50 OVG NRW, Urteil vom 13.05.2024 - Az. 5 A 1218/22. 51 OVG NRW, Beschluss vom 16.09.2024 - Az. 5 A 1216/22. 52 Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig. 53 VG Berlin, Beschluss vom 02.02.2024 - VG 1 L 340/23; OVG NRW, Urteil vom 13.05.2024 - 5 A 1216/22. 54 Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) (14. November 2024). 101 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Lagers55 inzwischen zumeist unwidersprochen vertreten werden. Dies wurde auch durch die Landtagswahlkampagnen der AfD in Brandenburg, Sachsen und Thüringen bestätigt, in deren Rahmen regelmäßig verfassungsschutzrelevante Positionen durch führende Parteimitglieder vertreten wurden. Beispielsweise äußerte der Spitzenkandidat der AfD Thüringen Björn Höcke im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung in Erfurt (Thüringen): "(...) der 1. September 2024 kann eine historische Zäsur bedeuten. Er kann dazu führen, dass das Kartellparteiensystem der Bundesrepublik Deutschland implodiert und dass endlich etwas entsteht, was eine wirkliche Demokratie ist." (YouTube-Kanal "AfD TV", 31. August 2024) Ideologie In den Verlautbarungen der AfD und ihrer Repräsentanten kommt vielfach ein ethnisch-abstammungsmäßig geprägtes Volksverständnis zum Ausdruck, das im Widerspruch zum Volksverständnis des Grundgesetzes steht.56 Weiterhin nimmt die Behauptung eines vermeintlich politisch forcierten Verdrängungsprozesses zulasten der von der AfD als ethnisch-deutsch verstandenen Bevölkerung zentrale Bedeutung in ihrer Agitation ein. In diesem Zusammenhang werden regelmäßig rechtsextremistische und verschwörungstheoretische Narrative wie das einer "Umvolkung" oder eines "Großen Austauschs" aufgegriffen, vermehrt auch unter Verwendung alternativer Begriffe wie "Bevölkerungsaustausch" oder "Ersetzungsmigration". Als Endpunkt dieses konstruierten Transformationsprozesses imaginiert die AfD die Zerstörung der ethnisch-kulturellen Identität des "autochthonen deutschen Volkes" und letztlich dessen substanzielle Vernichtung. Der Spitzenkandidat der AfD zur Wahl des Europäischen Parlaments 2024 und damalige Beisitzer im Bundesvorstand Maximilian Krah äußerte beispielsweise in einem Beitrag auf der Internetplattform X: 55 Der Begriff des "solidarischen Patriotismus" steht für eine Verknüpfung von sozialpolitischen mit nationalistischen Positionen. Das solidarisch-patriotische Lager in der AfD und ihrer Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) steht für eine völkisch-nationalistische Ausrichtung und eine Vielzahl rechtsextremistischer Positionen und Bezüge. 56 OVG NRW, Urteil vom 13.05.2024 - 5 A 1218/22. 102 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS "Deutschland: Masseneinwanderung bei gleichzeitigem Sterbeüberschuss der Autochthonen, das ganze seit fast 50 Jahren mit Eskalation ab 2010. Natürlich ist das ein Bevölkerungsaustausch!" (Kurznachrichtendienst X, 9. September 2024) Darüber hinaus fanden sich auch im Berichtsjahr zahlreiche fremdenund muslimfeindliche Positionen in den Verlautbarungen der AfD. Insbesondere Asylsuchenden und Migrantinnen und Migranten aus islamisch geprägten Herkunftsländern wurden oftmals verallgemeinernd eine kulturelle Inkompatibilität sowie ein ausgeprägter Hang zur Kriminalität unterstellt. Das Narrativ pauschal gewaltbereiter und mithin gefährlicher Migrantinnen und Migranten wird durch die Verwendung von Wortkreationen wie "Messerkultur", "Messereinwanderung", "Messermigration" oder "Messermänner" suggeriert. Diese rassistische Agitation der AfD zeigt sich beispielhaft in einem Beitrag des AfD-Bundesverbands auf dem Kurznachrichtendienst X vom 7. September 2024, in welchem die AfD von einem migrationsinduzierten "Höllensommer" sprach. Dazu veröffentlichte sie ein Bild, auf welchem der Arm eines nicht weißen Mannes mit einem blutverschmierten Messer dargestellt ist: "Der 'Höllensommer', den wir derzeit in Deutschland erleben, hat nichts mit dem Klima zu tun. Freibäder sind zu Angsträumen geworden, Messerattacken an der Tagesordnung, während die etablierten Parteien wegschauen." (Kurznachrichtendienst X, 7. September 2024) Die AfD schürt mit ihrer fortgesetzten Agitation die Angst vor einer "Überfremdung" Deutschlands. So schrieb die AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum: "Für mich als ethnisch Deutsche ist dieses Deutschland zu einem Alptraum geworden, in dem ich mich vor Überfremdung kaum noch retten kann." (Onlineplattform Facebook, 14. September 2024) Als Maßnahme setzt der AfD-Bundesverband dem drohenden "Untergang" in einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst X mit dem Stichwort "Remigration" kollektive Rückführungen entgegen: 103 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS "Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Remigration mit der #AfD oder Untergang!" (Kurznachrichtendienst X, 11. Januar 2024) Verlautbarungen der AfD weisen außerdem Diffamierungen und Verunglimpfungen politischer Gegner, aber auch des Staates und seiner Repräsentanten in Gänze auf. Diese haben nicht eine Auseinandersetzung in der Sache, sondern eine generelle Herabwürdigung und Verächtlichmachung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland zum Ziel. Vernetzung Auch 2024 waren verfestigte Verbindungen zu Akteuren und Organisationen des extremistischen Teils der Neuen Rechten feststellbar. Insbesondere zu nennen sind in diesem Zusammenhang das aufgelöste und neu strukturierte "Institut für Staatspolitik" (IfS), "Ein Prozent e.V." sowie die "COMPACT-Magazin GmbH" (vgl. Kap. IV). Darüber hinaus ist zunehmend eine internationale Vernetzung und eine Diffusion der Grenzen zwischen Partei und Vorfeldorganisationen zu beobachten. So fand am 5. Oktober 2024 in Overath (Nordrhein-Westfalen) der "4. Europäische Frauenkongress" der AfD statt. Als Veranstalterin trat die im Europäischen Parlament neu gegründete und von der AfD dominierte Fraktion "Europa der Souveränen Nationen" (ESN) auf. An dieser Veranstaltung nahmen neben Abgeordneten der AfD und Vertretern anderer, der ESN-Fraktion angehörender europäischer Parteien aus Bulgarien, den Niederlanden und Tschechien, auch Aktivisten einer der "Identitären Bewegung Deutschland" (IBD, vgl. Kap. IV) nahestehenden gewaltbereiten "patriotischen Jugendbewegung" aus der Schweiz teil. Die Veranstaltung wurde neben der AfD auch durch eine Nachfolgeorganisation der offiziellen IBD-Strukturen in Nordrhein-Westfalen mitorganisiert und beworben. 6. "Junge Alternative für Deutschland" (JA) Die 2013 gegründete "Junge Alternative für Deutschland" (JA) war im Berichtsjahr die offizielle Jugendorganisation der AfD (Verdachtsfall)57. Sie gliedert sich formal in 16 Landesverbände und erreichte 2024 mit einer Mitgliederzahl von rund 4.300 Personen 57 Auf ihrem Bundesparteitag am 11. und 12. Januar 2025 in Riesa (Sachsen) beschloss die AfD mit Wirkung zum 1. April 2025 die Aberkennung der JA als offizielle Jugendorganisation sowie die Gründung einer neuen Jugendorganisation. 104 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS nach Eigenangaben "Rekordwerte in der Geschichte der Jungen Alternative"58. Thematisch fokussierte sich die JA im Berichtsjahr auf die Forderung nach "Remigration", die öffentlich in vielfältiger Weise verbreitet wurde. Im Januar 2024 veröffentlichte ein Recherchenetzwerk Informationen zu einem Vernetzungstreffen von Politikern unter anderem der AfD (Verdachtsfall), Protagonisten der Neuen Rechten und Unternehmern in Potsdam im November 2023, in dessen Rahmen in einem Vortrag ein Konzept zur "Remigration" vorgestellt worden war. Daran anknüpfend wurde bei vielen Social-Media-Auftritten der JA und ihrer Mitglieder das Profilbild mit einer Umrandung mit dem Schriftzug "Team Remigration" und einem "Abschiebeflieger" verändert. Im Verlauf des Berichtsjahrs griff die JA außerdem erneut verstärkt das Themenfeld Genderpolitik und Transidentität auf. Die JA wurde seit Januar 2019 vom BfV zunächst als VerdachtsEinstufung fall bearbeitet. Das VG Köln bestätigte diese Einstufung im März als gesichert 2022.59 Abermals wurde die Einstufung durch das OVG für das rechtsextremistische Land Nordrhein-Westfalen im Mai 2024 bestätigt.60 Die JA und die Bestrebung und AfD (Verdachtsfall) legten gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtliche Beschwerde beim BVerwG ein.61 Im April 2023 stufte das BfV die JA Überprüfung als gesichert extremistische Bestrebung ein, wogegen die JA Klage erhob und Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht (VG) Köln begehrte. Das VG Köln bewertete im Eilverfahren mit Beschluss vom 5. Februar 2024 die Einstufung der JA als gesichert extremistische Bestrebung durch das BfV nach summarischer Prüfung als rechtmäßig.62 Nach Feststellung des VG Köln haben sich die tatsächlichen Anhaltspunkte seit dem Urteil des Gerichts vom 8. März 2022 zur Gewissheit verdichtet, dass eine zentrale politische Zielvorstellung der JA der Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand sei und ethnisch "Fremde" nach Möglichkeit ausgeschlossen bleiben sollten. Ein dergestalt ethnisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff verstoße gegen die Menschenwürde. Hinzu komme bei der JA eine fortgeführte massive ausländerund insbesondere islamund muslimfeindliche Agitation.63 58 Onlineplattform Instagram (1. März 2024). 59 VG Köln, Urteil vom 08.03.2022 - Az. 13 K 208/20. 60 OVG NRW, Urteil vom 13.05.2024 - Az. 5 A 1217/22. 61 BVerwG, Az. 6 B 22.24. 62 Gegen den Beschluss haben die JA und die AfD (Verdachtsfall) Beschwerde beim OVG NRW eingereicht. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus, ebenso wie die Entscheidung des OVG über die Beschwerde. 63 VG Köln, Beschluss vom 05.02.2024 - Az. 13 L 1124/23. 105 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS Ideologie Die Ideologie der JA ist durch einen ethnisch-kulturell geprägten Volksbegriff bestimmt, der im Widerspruch zum Volksverständnis des Grundgesetzes steht. Der Erhalt des "autochthonen Staatsvolkes" wird von der JA zum obersten politischen Ziel erklärt. Sichtbar wird dieser Volksbegriff in einem von der JA veröffentlichten Beitrag, in dem statistische Zahlen zum steigenden Anteil von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte aufgeführt und als "Bevölkerungsaustausch" stilisiert werden: "Der Bevölkerungsaustausch schreitet in erschreckender Geschwindigkeit (...) voran - besonders bei den Jungen. In vielen Großstädten drohen die Deutschen bei den unter 16-jährigen zur Minderheit zu werden, falls sie es nicht schon sind. Dieser Zustand ist untragbar. Deutschland (...) muss die Heimat der Deutschen bleiben. Das geht nur durch konsequente Grenzsicherung und umfassende Remigrationsmassnahmen." (Onlineplattform Instagram, 13. August 2024) Insbesondere der Begriff "Remigration" war im Berichtsjahr zentraler Bestandteil der völkischen und fremdenfeindlichen Agitation der JA. So folgten offensive Forderungen nach "Remigration" etwa auf die islamistisch motivierten Angriffe in Mannheim am 31. Mai 2024 ("REMIGRATION HÄTTE DIESE TAT VERHINDERT"64) und in Solingen am 23. August 2024 ("Remigration oder Solingen"65) (vgl. Kap. III, Nr. 1). Vernetzung mit der Die personellen und strukturellen Vernetzungen der JA zu OrgaNeuen Rechten nisationen der Neuen Rechten nahmen im Berichtsjahr weiter zu. So war ein JA-Bundesvorstandsmitglied bei der Feier zum zehnjährigen Bestehen der "Identitären Bewegung" am 1. Juni 2024 in Bernsdorf (Sachsen) anwesend. Im Berichtsjahr traten Mitglieder des JA-Bundesvorstands außerdem in Sendungen und Beiträgen von "Ein Prozent e.V." und der "COMPACT-Magazin GmbH" auf und besuchten Veranstaltungen des IfS. 64 Onlineplattform Instagram (2. Juni 2024). 65 Onlineplattform Instagram (24. August 2024). 106 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS VI. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 1. "Die Heimat" (vormals "Nationaldemokratische Partei Deutschlands", NPD) Gründung: 1964 Sitz: Berlin Leitung/Vorsitz: Frank Franz (bis November 2024) Peter Schreiber (seit November 2024) Mitglieder/Anhänger2.500 (2023: 2.800) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien "Die Heimat" (YouTube-Kanal) (Auswahl): Bundesweit aktive 16 Landesverbände zzgl. Kreisund Gruppierungen Regionalverbände (Auswahl): "Junge Nationalisten" (JN, Jugendorganisation) "Deutsche Stimme Verlags GmbH" (DS Verlag) "Die Heimat", bis Juni 2023 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), vertritt als ideologisches Kernelement die Vorstellung einer ethnisch homogenen "Volksgemeinschaft". Daraus folgt die Ablehnung von Menschen, die die Partei als fremd wahrnimmt. Diese werden pauschal mit Negativeigenschaften belegt und als Bedrohung diffamiert. Auch antisemitische Positionen sind in der Ideologie der Partei tief verwurzelt und gehen nicht selten mit der positiven Bezugnahme auf den Nationalsozialismus sowie mit geschichtsrevisionistischen Standpunkten einher. "Die Heimat" agitiert außerdem gegen die bestehende politische Ordnung und strebt offen einen fundamentalen "Systemwechsel" in Deutschland an. 107 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 1.1 "Junge Nationalisten" (JN) Gründung: 1969 Sitz: Riesa (Sachsen) Leitung/Vorsitz: Sebastian Weigler Mitglieder/Anhänger300 (2023: 230) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "Junge Nationalisten" (YouTube-Kanal) Die Jugendorganisation "Junge Nationalisten" (JN) der Partei "Die Heimat" (vormals NPD) organisiert sich über regionale "Stützpunkte" sowie über Landesund Gebietsverbände. Schwerpunkte liegen dabei in Niedersachsen, Hessen und Sachsen. Die JN verstehen sich als nationalistische, völkische und europaweit vernetzte Jugendbewegung. Sie sind bemüht, Jugendliche und junge Erwachsene durch gemeinschaftsstiftende Aktivitäten und öffentliche Kampagnen anzusprechen und diese zu weltanschaulichen Vorkämpfern zu entwickeln. Dazu organisieren die JN regelmäßig Schulungen und Workshops. Ihren Wirkbereich sehen die JN dabei vor allem im vorpolitischen Raum, in dem sie eine rechtsextremistische "Gegenkultur" entwickeln wollen. Sie fungieren dadurch auch als Bindeglied zur nicht parteigebundenen rechtsextremistischen Szene. 108 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 1.2 "Deutsche Stimme Verlags GmbH" (DS Verlag) Gründung: 1976 Sitz: Riesa (Sachsen) Leitung/Vorsitz: Peter Schreiber Publikationen/Medien "Deutsche Stimme" (Magazin, monat(Auswahl): lich, Auflage: nicht bekannt) "DS-TV" (YouTube-Kanal) Die "Deutsche Stimme Verlags GmbH" (DS Verlag) bietet der Partei "Die Heimat" (vormals NPD) über ihren Onlineshop die Möglichkeit, eigene Publikationen zu vertreiben. Als bedeutendstes Medium gilt das monatlich erscheinende Magazin "Deutsche Stimme". Dessen Autorenstamm setzt sich größtenteils aus Funktionären und Sympathisanten der Partei zusammen. "Die Heimat" und ihre Aktivitäten sind entsprechend oft Gegenstand der Berichterstattung. Zudem erscheinen regelmäßig Interviews mit Parteivertretern oder mit Personen, die der Partei nahestehen. Seit April 2020 ist die ehemalige offizielle Parteizeitung frei im Handel erhältlich. Auf diesem Weg sollen ein breiterer Leserkreis erschlossen und die politischen Standpunkte von "Die Heimat" gesellschaftsfähig gemacht werden. 109 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 2. "Der III. Weg" Gründung: 2013 Sitz: Weidenthal (Rheinland-Pfalz) Leitung/Vorsitz: Matthias Fischer Mitglieder/Anhänger950 (2023: 800) schaft in Deutschland: Teil-/Neben- 4 Landes(bzw. Gebiets-) und organisationen: 27 Regionalverbände ("Stützpunkte") "Nationalrevolutionäre Jugend" (NRJ, Jugendorganisation) Die ideologischen Aussagen der Partei "Der III. Weg" sind nationalsozialistisch, antisemitisch und rassistisch geprägt. In ihrem "10-Punkte-Programm" propagiert die Partei unter anderem die Schaffung eines "Deutschen Sozialismus" sowie die Entwicklung und Erhaltung der "biologischen Substanz des Volkes". Die fundamental ablehnende Haltung der Partei gegenüber dem demokratischen Rechtsstaat kommt in ihrer politischen Agitation deutlich zum Ausdruck, insbesondere bei den mit aggressiver Rhetorik vorgetragenen Themen Asyl und Zuwanderung. "Der III. Weg" inszeniert sich als weltanschauliche Avantgarde und ist bemüht, das Ideal einer "Volksgemeinschaft" durch soziale Initiativen zu fundieren. 110 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 3. "Freie Sachsen" Gründung: 2021 Sitz: Chemnitz (Sachsen) Leitung/Vorsitz: Martin Kohlmann Mitglieder/Anhänger1.200 (2023: 1.000) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien "AUFGEWACHT" (Auswahl): (Magazin, zweimonatlich, Auflage: nicht bekannt) https://aufgewacht-online.de "Freie Sachsen" (Telegram-Kanal) Teil-/Neben- 5 Kreisverbände: Erzgebirgskreis, organisationen: Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Mittelsachsen, Chemnitz (alle Sachsen), Gera-Reuß (Thüringen) Die Partei "Freie Sachsen" versucht, durch eine hohe Anschlussfähigkeit und eine gezielte Vernetzung mit rechtsextremistischen Akteuren eigene ideologische Standpunkte für die gesellschaftliche Mitte zugänglicher zu machen. Dafür nutzt sie aktuelle Themen, wie zum Beispiel den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und insbesondere die Migrationspolitik. Die Partei sieht sich selbst als Teil einer "Widerstandsbewegung" gegen einen angeblich diktatorischen deutschen Staat und fordert den Austritt aus der Bundesrepublik ("Säxit"). Der Parteivorsitzende vertritt außerdem offen antidemokratische und monarchistische Positionen. Die "Freien Sachsen" verbreiten zudem immer wieder verschwörungsideologische Inhalte. Die Partei wird nahezu ausschließlich von bekannten, langjährigen Vertretern der rechtsextremistischen Szene geführt. Darunter befinden sich auch mehrere aktive Funktionäre der Partei "Die Heimat" aus Sachsen. 111 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 4. "Junge Alternative" (JA) Gründung: 2013 Sitz: Werder (Havel) Leitung/Vorsitz: Hannes Gnauck (MdB) Mitglieder/Anhänger4.300 (2023: 4.000) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien "Junge Alternative" (Auswahl): (Instagram-Account) "Junge Alternative" (YouTube-Kanal) Teil-/Neben16 Landesverbände organisationen: Die "Junge Alternative für Deutschland" (JA) war 2024 die offizielle Jugendorganisation der "Alternative für Deutschland" (AfD, Verdachtsfall).66 Die Ideologie der JA ist durch einen ethnisch-kulturell geprägten Volksbegriff bestimmt, der im Widerspruch zum Staatsvolkverständnis des Grundgesetzes steht. Dieser setzt sich konsequent in fremdenfeindlichen Äußerungen fort, die Vertreter der JA wiederholt über ihre Kanäle in den sozialen Medien verbreiten. Inhaltlich orientiert sich die JA an der Schwerpunktsetzung der Mutterpartei und greift aktuelle Themen wie Migration auf, um ihre ideologischen Positionen auch für die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig zu machen. Zudem ist die JA mit Organisationen der Neuen Rechten wie beispielsweise der "Identitären Bewegung Deutschland" (IBD) vernetzt. 66 Auf ihrem Bundesparteitag am 11. und 12. Januar 2025 in Riesa (Sachsen) beschloss die AfD mit Wirkung zum 1. April 2025 die Aberkennung der JA als offizielle Jugendorganisation sowie die Gründung einer neuen Jugendorganisation. 112 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 5. "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) Gründung: 2012 Sitz: Paderborn (Nordrhein-Westfalen) Leitung/Vorsitz: Philip Thaler (Bundesleiter und Vorstand des e.V., bis April 2024) Vincenzo Richter (Bundesleiter und Vorstand des e.V., seit April 2024) Mitglieder/Anhänger450 (2023: 500) schaft in Deutschland: Bundesweit aktive Bundesweite Strukturen mit RegionalGruppierungen und Ortsgruppen (Auswahl): "Schanze Eins UG & Co. KG" "Kohorte UG" (Onlineshop "Phalanx Europa") Die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) versteht sich selbst als eine "europaweite patriotische Jugendbewegung, die mittels friedlichen Aktionismus, politischer Bildungsarbeit sowie gemeinschaftlicher und kultureller Aktivitäten für die Werte Heimat, Freiheit und Tradition einsteht".67 Die IBD zielt letztlich darauf ab, Menschen mit außereuropäischer Herkunft von demokratischer Teilhabe auszuschließen und sie in einer ihre Menschenwürde verletzenden Weise zu diskriminieren. Menschen ohne gleiche ethnische Voraussetzungen können aus Sicht der IBD niemals Teil einer gemeinsamen Kultur sein. Für die IBD existiert Kultur nur in einer dauerhaften Verknüpfung mit einer Ethnie ("Ethnopluralismus"). Dies zeigt sich unter anderem in Aktionen und Kampagnen gegen einen angeblichen "Großen Austausch" und der Forderung nach "Remigration". 67 Homepage "Identitäre Bewegung Deutschland" (27. März 2024). 113 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 6. "COMPACT-Magazin GmbH" Gründung: 2010 Sitz: Stößen (Sachsen-Anhalt) Leitung/Vorsitz: Jürgen Elsässer Publikationen/Medien "COMPACT-Magazin" (Auswahl): (Zeitschrift, monatlich, verkaufte Auflage laut Eigenangabe: ca. 40.000) Sonderformate wie "COMPACT Spezial" (viermal pro Jahr) oder "COMPACT Geschichte" (dreimal pro Jahr) https://www.compact-online.de "COMPACTTV" (YouTube-Kanal, ca. 420.000 Abonnenten, Stand Dezember 2024) Die "COMPACT-Magazin GmbH" ist ein multimedial ausgerichtetes Medienunternehmen, das neben der Zeitschrift "COMPACTMagazin" auch durch Veranstaltungen und insbesondere über seine umfangreichen Onlineangebote agitiert. Die "COMPACT-Magazin GmbH" verortet sich selbst im sogenannten Widerstandsmilieu und wird auch von anderen Akteuren der Neuen Rechten als Teil dieses Spektrums wahrgenommen. Hauptmerkmal vieler der verbreiteten Beiträge ist die Agitation gegen die Bundesregierung und allgemein gegen das politische System. Verschwörungsideologische Erzählungen werden dabei von der "COMPACT-Magazin GmbH" politisch instrumentalisiert, um gegen staatstragende Institutionen und eine offene, pluralistische Gesellschaft zu agitieren. Geschichtsrevisionistische Inhalte und antisemitische Narrative ergänzen die Agenda der "COMPACT-Magazin GmbH". Darüber hinaus bestehen Verbindungen mit rechtsextremistischen Gruppierungen wie der "Identitären Bewegung Deutschland" (IBD) und der Regionalpartei "Freie Sachsen". 114 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 7. Aufgelöstes und neu strukturiertes "Institut für Staatspolitik"(IfS) Gründung: 2000 Sitz: Steigra, Ortsteil Schnellroda (Sachsen-Anhalt) Leitung/Vorsitz: Vorsitzender (ehem.): Dr. Erik Lehnert Mitgründer (ehem.): Götz Kubitschek Publikationen/Medien https://staatspolitik.de (Auswahl): https://sezession.de "Kanal Schnellroda" (YouTubeund Podcastkanal) Der "Verein für Staatspolitik e.V.", offizieller Träger des "Instituts für Staatspolitik" (IfS) wurde zum 17. April 2024 liquidiert. Zuvor erfolgten bereits die Neugründungen der "Menschenpark Veranstaltungs UG" sowie der "Metapolitik Verlags UG". Die bisher vom IfS herausgegebene Zeitschrift "Sezession" wird seit April 2024 von der "Metapolitik Verlags UG" verantwortet; die Ausrichtung der Veranstaltungen des ehemaligen IfS ist seit Sommer 2024 auf die "Menschenpark Veranstaltungs UG" übergegangen. Beide neu gegründeten Unternehmergesellschaften können aufgrund einer inhaltlichen Kontinuität sowie der personellen und postalischen Übereinstimmungen als Fortsetzung der Aktivitäten des IfS angesehen werden. Das aufgelöste und neu strukturierte IfS sieht sich als prägenden Ideenund Impulsgeber der Neuen Rechten. Strategie und Zielsetzungen sind darauf ausgerichtet, in den vorpolitischen Raum zu wirken, um damit die Verschiebung der Machtverhältnisse im eigenen Sinne zu ermöglichen und zu befördern. Das IfS publiziert neben der Zeitschrift "Sezession" eigene Buchund Schriftenreihen und betreibt den innerhalb der Neuen Rechten reichweitenstarken Weblog "Sezession im Netz". Darüber hinaus organisiert das IfS regelmäßig Veranstaltungen, insbesondere mehrtägige, als "Studientage" bezeichnete Kongresse. Das IfS vertritt einen ethnisch-abstammungsmäßig definierten Volksbegriff, weist eine migrantenund muslimfeindliche sowie mitunter rassistische ideologische Ausrichtung auf und verbreitet geschichtsrevisionistische Positionen und vereinzelt antisemitische Narrative. 115 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 8. "Verlag Antaios e.K." Gründung: 2000 (bis 2012: "Edition Antaios") Sitz: Steigra, Ortsteil Schnellroda (Sachsen-Anhalt) Leitung/Vorsitz: Götz Kubitschek Publikationen/Medien "Martin Sellner: Remigration. (Auswahl): Ein Vorschlag" "Maximilian Krah: Politik von rechts. Ein Manifest" https://antaios.de Der "Verlag Antaios" wirkt in erster Linie durch sein zielgerichtet erstelltes Verlagsprogramm in gesellschaftspolitische Debatten hinein und übt, nicht zuletzt aufgrund der Reichweite der Onlinepräsenz sowie durch öffentliche Auftritte von Verlagsangehörigen, einen nicht unerheblichen Einfluss auf den politischen Diskurs aus. Der "Verlag Antaios" und das aufgelöste und neu strukturierte "Institut für Staatspolitik" (IfS) weisen personelle, adressbezogene, organisatorische und inhaltliche Überschneidungen auf, welche eine trennscharfe Differenzierung zwischen beiden Akteuren oftmals erschweren beziehungsweise mitunter unmöglich machen. In den verlagseigenen Publikationen wie auch im Rahmen der vom "Verlag Antaios" mitverantworteten Formate finden sich insbesondere das Verständnis von einer ethnisch-abstammungsmäßig definierten Volkszugehörigkeit sowie mitunter ausländerfeindliche, rassistische und geschichtsrevisionistische Inhalte. 116 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 9. "Ein Prozent e.V." Gründung: 2015 Sitz: Offizieller Sitz: Görlitz (Sachsen) Inoffizieller Sitz: Dresden (Sachsen) Leitung/Vorsitz: Philip Stein Publikationen/Medien https://www.einprozent.de (Auswahl): https://www.einprozent-versand.de https://podcast.einprozent.de https://www.solifonds.me https://www.wahlbeobachtung.de Teil-/NebenArchetyp GmbH organisationen (Auswahl): Der Verein "Ein Prozent e.V." vertritt einen ethnisch-abstammungsmäßig definierten Volksbegriff, weist eine migrantenund muslimfeindliche sowie rassistische ideologische Ausrichtung auf, verbreitet antisemitische Narrative und propagiert das verschwörungstheoretische Konzept des "Großen Austauschs". Ziel des Vereins ist die metapolitische Erringung der kulturellen Hegemonie und damit die Etablierung einer entsprechenden "Gegenkultur". Dabei werden eigene Aktionen und Projekte umgesetzt sowie ideologisch gleichgesinnte Akteure und Organisationen gefördert und unterstützt. 117 RECHTSEXTREMISMUS/RECHTSEXTREMISTISCHER TERRORISMUS 118 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 119 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" I. Überblick Definition "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit verschiedenen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland negieren und deren Rechtssystem ablehnen. Dazu berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Sie sprechen den demokratisch gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Die Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" setzt sich aus Einzelpersonen ohne strukturelle Einbindung, Kleinstund Kleingruppierungen, überregional agierenden Personenzusammenschlüssen und virtuellen Netzwerken zusammen. Verbindendes Element der organisatorisch und ideologisch äußerst heterogenen Szene ist die fundamentale Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Rechtsordnung. Durch dieses bewusste teilweise oder sogar vollständige Negieren der deutschen Rechtsordnung besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" vorsätzlich gegen diese verstoßen, indem beispielsweise aktiv Widerstand gegen staatliche Maßnahmen geleistet wird. Zudem entwickeln sich aus der ideologisch begründeten Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland in einigen Fällen Systemüberwindungsfantasien, die sich in konkreten Umsturzplänen manifestieren. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" ist mitunter schwer zu treffen. "Reichsbürger" lehnen die Bundesrepublik Deutschland unter Berufung auf ein wie auch immer geartetes "Deutsches Reich" ab. "Selbstverwalter" dagegen fühlen sich dem Staat gänzlich nicht zugehörig. Sie behaupten, sie könnten durch eine Erklärung aus dem Staat austreten und seien daher nicht an dessen Gesetze gebunden. Unter 120 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" Berufung auf eine UN-Resolution68, die es angeblich ermögliche, aus der Bundesrepublik Deutschland ausund in eine "Selbstverwaltung" einzutreten, markieren manche ihr Wohnanwesen zum Beispiel durch Grenzziehungen, Schilder und Wappen, um ihren angeblich souveränen Verwaltungsraum zu kennzeichnen. Mitunter wird dieser unter Berufung auf ein vermeintliches Widerstandsrecht gewaltsam verteidigt. Verschwörungsnarrativen kommt in der "Reichsbürger"und Verschwörungs"Selbstverwalter"-Szene eine wichtige Rolle zu. Besonders häufig theorien handelt es sich dabei um Verschwörungstheorien, die unter Verweis auf geheime Mächte im Hintergrund der Bundesrepublik Deutschland die Souveränität als Staat und den demokratisch gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten die Legitimität absprechen. In der Szene verbreitet ist beispielsweise die Überzeugung, Deutschland sei ein besetzter Staat, in dem die historische alliierte "S.H.A.E.F."69-Gesetzgebung gelte und alle anderen Gesetze demnach nichtig seien. Angehörige der Szene agieren mit vielfältigen und meist völlig abwegigen Thesen und Verhaltensweisen. Sie nutzen intensiv das Internet und soziale Netzwerke, aber auch jenseits des Internets entwickeln sie einen ausschweifenden Ideenreichtum, mit dem sie ihre pseudojuristischen Ansichten verbreiten. Die Aktivitäten konzentrieren sich in erster Linie auf die Abwendung staatlicher Maßnahmen und Forderungen, wie beispielsweise Bußgeldund Gebührenzahlungen. Auffallend ist ein oft anmaßender und aggressiver Ton in ihren Veröffentlichungen und Schreiben an staatliche Stellen. Darin drohen sie nicht selten mit hohen Schadensersatzforderungen oder sogar schweren Gewalttaten. Ziel dieser Verhaltensweise ist neben der Einschüchterung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zuletzt auch die Lahmlegung des Behördenbetriebs. 68 UN-Resolution A/RES/56/83, Artikel 9. "Selbstverwalter" gehen irrig davon aus, dass diese Resolution ihnen die Möglichkeit eröffne, eigene "Territorien" zu errichten. Da es sich bei der Resolution jedoch nicht um bindendes Völkervertragsrecht, sondern lediglich um eine Empfehlung handelt, kann bereits deshalb ein Recht auf "Selbstverwaltung" daraus nicht abgeleitet werden. 69 Die Anhängerschaft der Verschwörungstheorie bezieht sich auf Gesetze des Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force (S.H.A.E.F.), welches während des Zweiten Weltkriegs das Oberkommando über die alliierten westlichen Streitkräfte in Europa ausübte und nach Kriegsende aufgelöst wurde. Es wird behauptet, S.H.A.E.F. sei nach wie vor die legitime Verwaltungsadministration Deutschlands. 121 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" RechtsRechtsextremistische Überzeugungen sind unter "Reichsbürgern" extremistisches und "Selbstverwaltern" unterschiedlich stark ausgeprägt. Während und antisemitisches sich ein Teil der Szene offenkundig rechtsextremistisch zeigt, ist bei Gedankengut der Mehrheit eine eindeutige rechtsextremistische Weltanschauung nur in geringem Maße oder gar nicht auszumachen. Allerdings weisen viele Argumentationsmuster in der Szene deutliche Bezüge und thematische Überschneidungen zu rechtsextremistischen Narrativen auf. Hervorzuheben ist hier insbesondere der Rückgriff auf einen rechtsextremistischen Gebietsund Geschichtsrevisionismus, auf völkisches und teilweise nationalsozialistisches Gedankengut sowie auf antisemitische Denkmuster. Besonders im rechtsextremistischen Teil der Szene und im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien sind antisemitische Überzeugungen verbreitet. Diese reichen von klassischen antisemitischen Erzählungen von einer angeblich verschworenen "globalen jüdischen Finanzelite" über Verschwörungstheorien, wonach der Erste Weltkrieg von "den Juden" geplant worden sei, bis hin zur Leugnung des Holocaust (vgl. Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). Dies erhöht die Anschlussfähigkeit der Szene für Extremisten anderer Phänomenbereiche und radikalisierte Einzelpersonen aus dem Verschwörungsmilieu deutlich. Personenpotenzial Der "Reichsbürger"und "Selbstverwalter"-Szene gehörten im Jahr 2024 deutschlandweit etwa 26.000 Personen (2023: 25.000) an. Davon sind rund 1.400 Personen (2023: 1.350), also etwas mehr als fünf Prozent, zugleich dem rechtsextremistischen Spektrum zuzurechnen. Das gewaltorientierte Personenpotenzial der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" beläuft sich weiterhin auf rund zehn Prozent des Gesamtpotenzials der Szene (2024: 2.600; 2023: 2.500). Zu diesem Personenpotenzial zählen gewalttätige Szeneangehörige sowie Personen, die durch Drohungen oder gewaltbefürwortende Äußerungen auffallen. 1. Entwicklungstendenzen Das Personenpotenzial ist im Vergleich zum Vorjahr erneut angestiegen. Hierfür mitverantwortlich sind die bekannten Vernetzungsund Vermischungstendenzen mit dem Phänomenbereich Rechtsextremismus sowie mit Angehörigen des Spektrums der 122 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" "Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates". Dabei sind die Grenzen zwischen den Szenen fließender geworden, wodurch sich manche Akteure nicht mehr eindeutig zuordnen lassen. In diesen Mischszenen werden ideologische Versatzstücke verwendet, bei Bedarf ausgetauscht und an veränderte Umstände angepasst. In den letzten Jahren eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung terroristischer Vereinigungen zeigen, dass sich aus diesen Mischszenen besondere Gefahrenlagen entwickeln können. Immer wieder kommen auch Menschen aus nichtextremistischen, aber verschwörungsaffinen Milieus über öffentliche Veranstaltungen und soziale Medien mit der Szene in Kontakt, was teilweise eine Radikalisierung dieser Personen begünstigt. Verbindende Elemente der Szenen sind ein ausgeprägter Verschwörungsglaube und eine mehr oder minder ausgeprägte staatsbeziehungsweise demokratiefeindliche Einstellung; Vernetzungen ergeben sich etwa im Bereich des Protestgeschehens oder über gemeinsame Telegram-Gruppen. Da die Szene äußerst heterogen ist, gestaltet sich ein koordiniertes Handeln der unterschiedlichen extremistischen Akteure jedoch schwierig. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" betrachten politische WahReaktionen auf len in jeglicher Form - sowohl auf kommunaler, Landesund Bunaktuelle politische desebene als auch auf europäischer Ebene wie die Europawahlen Ereignisse 2024 - als illegitim. Da hierfür aus ihrer Sicht keine gültige rechtliche Grundlage besteht, werden alle gegenwärtigen und zukünftigen Mandatsträger für nicht rechtmäßig im Amt und die von ihnen erlassenen Gesetze demnach für ungültig erachtet. Aus diesem Grund fallen Reaktionen auf aktuelle politische Ereignisse im Phänomenbereich der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" meist geringer aus als in anderen Phänomenbereichen. Soweit Szeneangehörige die Terrorangriffe der HAMAS auf Israel vom 7. Oktober 2023 thematisieren, zeigen sie vornehmlich ähnliche verschwörungsideologische Auffassungen wie im Rechtsextremismus. So kursiert die "False-Flag-These", wonach Israel die Angriffe der HAMAS selbst inszeniert oder absichtlich zugelassen habe, um eine militärische Intervention im Gazastreifen zu rechtfertigen. Auch warnen Szeneangehörige - ähnlich wie Rechtsextremisten - vor einem Import des Konflikts nach Deutschland 123 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" durch "unbeschränkte Zuwanderung", vor allem von Migranten aus dem arabischen Raum. Prorussische Im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen in der Ukraine Grundhaltung kommen überwiegend Narrative der russischen Staatspropaganda zum Tragen. Teile des Spektrums - sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen - verfügen über eine ausgeprägte Affinität zur Russischen Föderation und nehmen daher eine dezidiert prorussische Position ein. Instrumentalisierung Die Dynamik und Aktivität der "Reichsbürger"und "Selbstbürgerlicher Proteste verwalter"-Szene hat sich in den letzten Jahren insbesondere im Zusammenspiel mit dem wechselnden Demonstrationsgeschehen gegen staatliche Maßnahmen und Regierungshandeln verfestigt. Öffentlichkeitswirksame Aktionen, die darauf abzielen, den Staat zu delegitimieren, treffen bei Szeneangehörigen zumeist auf Zustimmung. In dieser Hinsicht lassen sich Schnittmengen mit Angehörigen des Delegitimierungsspektrums beobachten. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" erkennen mitunter Potenzial darin, Proteste gegen staatliche Entscheidungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren oder umzudeuten. Im Berichtsjahr waren im Spektrum der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" zum Beispiel die Proteste der Landwirte im Januar 2024 ein wichtiges Thema. Insbesondere in den einschlägigen Telegram-Gruppen finden sich zahlreiche Sympathiebekundungen sowie Verweise auf geplante und Berichte über stattgefundene Protestaktionen. Die Bezugnahmen auf solche Proteste wurden von entsprechenden ideologischen Äußerungen aus der Szene eingerahmt, in denen die "Befreiung" gefordert, auf einen angeblich nicht bestehenden Friedensvertrag hingewiesen oder die Bundesrepublik Deutschland beispielsweise als "BRD-GmbH" diffamiert wurde. Aufgrund der Heterogenität des Phänomenbereichs waren auch die Motive für die Unterstützung der "Bauernproteste" sehr unterschiedlich. So finden sich beispielsweise bei "Reichsbürgern", 124 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" die QAnon70 oder anderen radikalen Verschwörungstheorien anhängen, häufig Erwartungen eines mit diversen apokalyptischen Szenarien verbundenen "Tag X". Hier wurden die auf bestimmte politische Entscheidungen gerichteten Proteste der Landwirte in die eigenen Umsturzfantasien umund hineingedeutet. Während die Bedeutung der Bezugnahme auf die "S.H.A.E.F."Gesetze im Berichtsjahr nicht mehr so ausgeprägt war, wurde vermehrt die angebliche Fortgeltung der Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 propagiert. Anhänger dieser "1871er-Szene" versuchen verstärkt, die ideologische Heterogenität innerhalb der "Reichsbürger"-Szene zu überwinden und ein gemeinsames "Endziel" - die Wiederinkraftsetzung der sogenannten Bismarckschen Reichsverfassung - in den Vordergrund zu rücken. Mit in der Spitze etwa 500 Teilnehmern fand am 31. August 2024 "Großes Treffen das mittlerweile vierte Bundesstaatentreffen der "1871er-Szene" der Bundesstaaten" in München (Bayern) statt. Nach geschätzten 350 Teilnehmern in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) am 19. August 2023, bis zu 800 in Dresden (Sachsen) am 28. Oktober 2023 und bis zu 950 in Gera (Thüringen) am 6. April 2024 waren die Teilnehmerzahlen in München erstmals rückläufig. Dennoch stellt das "Große Treffen der Bundesstaaten" das zurzeit größte Veranstaltungsformat im Spektrum der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" dar. 2. Erscheinungsformen Angehörige der "Reichsbürger"und "Selbstverwalter"-Szene stöAusgewählte ren zur Erreichung ihrer Ziele bewusst behördliche und rechtsstaatAktivitäten liche Abläufe. Hierbei suchen sie die unmittelbare Konfrontation mit Beschäftigten in Behörden, oft bis hin zu aktivem physischem Widerstand gegen die Durchsetzung staatlicher Maßnahmen. 70 QAnon ist der Name einer Onlinesubkultur, die im Internet breit gestreut auf unterschiedlichen Plattformen Verschwörungserzählungen mit Bezügen zum Antisemitismus, zum Rechtsextremismus und zur verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates verbreitet. Ursprung und Kernelement sind die anonymen Imageboard-Beiträge einer erfundenen Whistleblower-Figur aus der USamerikanischen Politik, die sich selbst "Q" nennt. Insbesondere im Rahmen der Coronapandemie haben sich in Social-Media-Kanälen Inhalte mit QAnon-Bezügen verbreitet. Die Grundthese der von QAnon verbreiteten Verschwörungstheorien ist die Existenz einer geheimen, oft als satanisch und pädophil beschriebenen Elite, der sogenannte Deep State, die eine globale Diktatur oder eine "Neue Weltordnung" (NWO) anstrebe. 125 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" Verbreitete Strategie bleibt weiterhin die "Vielschreiberei". Dabei verfassen "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" ausufernde Schreiben an Behörden, die nur schwer nachvollziehbare Argumente und Behauptungen sowie abwegige Rechtsauffassungen beinhalten. Die Ausführungen reichen dabei von der einfachen Ablehnung behördlichen Handelns bis hin zu Erpressungen, Beleidigungen oder Nötigungen, teilweise mit Gewaltandrohungen. Einnahmen Von besonderer Bedeutung sind monetär ausgerichtete Aktivitäten, mit denen sich "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" finanzieren und insbesondere von anderen Szeneangehörigen teils erhebliche Einnahmen erzielen. Mehrere Gruppierungen und Einzelakteure verkaufen ihren Anhängern Fantasiedokumente wie "Führerscheine" oder "Kfz-Kennzeichen". Auch mit dem Verkauf von Büchern und sonstigem Material werden erhebliche Einnahmen erzielt. Häufig werden teure Szeneschulungen, "Rechtsberatungen" und kostenpflichtige Vortragsveranstaltungen angeboten. Einige Akteure führen Vortragsreisen durch, mit denen sie in besonderem Maße zur Verbreitung der Ideologie und zur örtlichen Vernetzung beitragen und Gewinne erzielen. Den Anhängern bieten sie vermeintliche Argumentationsgrundlagen dafür, warum die Bundesrepublik Deutschland keine gültige Verfassung besitze und daher alle Gesetze, Gerichte und insbesondere auch Steuern unrechtmäßig seien. "Königreich Die "Reichsbürger"und "Selbstverwalter"-Gruppierung "KönigDeutschland" (KRD) reich Deutschland" (KRD) wirbt zum Beispiel damit, dass ihre Anhänger "im KRD" keine Steuern an die Bundesrepublik Deutschland zahlen müssten. Besonders beworben werden die Gründung eigener Betriebe (mit oder ohne Angestellte) im KRD beziehungsweise eine Überführung von bestehenden Betrieben in den "Rechtekreis" des KRD. Als Vorteile werden unter anderem eine vorgebliche Steuerfreiheit sowie verminderte Sozialabgaben angegeben.71 "Verband Deutscher Im Berichtsjahr konnten verstärkte Aktivitäten des "Verbands Wahlkommissionen" Deutscher Wahlkommissionen" (VDWK) festgestellt werden. Der (VDWK) VDWK versteht sich als Dachverband sogenannter einzelner Wahlkommissionen (WK) auf regionaler Ebene und strebt eine bundesweite Betätigung an. Nach eigener Einschätzung sieht dieser sich als "ein notwendiges Werkzeug" zur Behebung eines angeblichen 71 Vgl. Broschüre "Betriebsgründung im KRD", S. 22. 126 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" Verfassungsnotstands und wähnt sich "in einem Rechtskreis außerhalb der Treuhandverwaltung 'BRD'"72. Der VDWK war erstmals im Juni 2023 beim "2. Zukunftskongress Deutschland" (ZKD) in Leinefelde-Worbis (Thüringen) in Erscheinung getreten, bei dem unterschiedliche "Reichsbürger"-Gruppierungen und Vertreter des Delegitimierungsspektrums sowie Rechtsextremisten zusammenkamen. Während der VDWK anfangs vor allem im Internet aktiv war, führt er inzwischen zahlreiche gut besuchte Vortragsveranstaltungen und Vernetzungstreffen mit bekannten "Reichsbürgern" als Vortragsrednern durch. So veranstaltete der VDWK am 17. August 2024 ein Sommerfest ebenfalls in Leinefelde-Worbis mit etwa 100 Teilnehmern. Am 16. November 2024 fand ferner eine "Spontandemonstration" des VDWK in Heilbad Heiligenstadt (Thüringen) statt, an der etwa 170 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. 3. Staatliche Maßnahmen Die Behörden von Bund und Ländern gehen auf unterschiedliMaßnahmen gegen chen Ebenen gegen die Aktivitäten des KRD vor. Nachdem bereits das KRD am 29. November 2023 in mehreren Bundesländern umfangreiche Exekutivmaßnahmen unter anderem der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und des Landeskriminalamts Sachsen gegen das KRD erfolgt waren, fanden am 1. Oktober 2024 weitere Durchsuchungsmaßnahmen der BaFin statt. Diese betrafen Objekte in Sachsen (Boxberg, Eibenstock, Halsbrücke) sowie in Niedersachsen (Bad Lauterberg im Harz). Die zentrale Führungsfigur des KRD (Peter Fitzek) wurde im Juli 2023 durch das Amtsgericht Wittenberg (Sachsen-Anhalt) wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. Die Berufung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde am 16. September 2024 zurückgewiesen. Presseberichterstattungen zufolge hat Fitzek vom Rechtsmittel der Revision zum Oberlandesgericht (OLG) Naumburg (Sachsen-Anhalt) Gebrauch gemacht. 72 Vgl. Internetplattform Telegram (5. Oktober 2024). 127 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" Zudem strengten seit 2022 verschiedene Verbraucherzentralen Klagen gegen Unternehmen von KRD-Anhängern an. Diese Unternehmen hatten ihre Kunden dazu verpflichtet, die Gesetze und die Verfassung des KRD anzuerkennen. Die zuständigen Gerichte bestätigten die Unzulässigkeit dieser Rechtswahlklauseln (zuletzt in einem Urteil des OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) vom 23. Mai 202473 gegen den Betreiber einer dem KRD zuzurechnenden Kampfsportschule). Auch der für den 14. September 2024 geplante "Tag der offenen Tür" des KRD in Halsbrücke wurde durch die örtlichen Behörden verboten. Prozessbeginn in Im Zusammenhang mit der mutmaßlich terroristischen Vereiden Verfahren u.a. nigung um Heinrich XIII. P. R. müssen sich derzeit 26 Hauptanwegen Bildung geklagte unter anderem wegen der Mitgliedschaft in und Untereiner terroristischen stützung einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines Vereinigung hochverräterischen Unternehmens sowie weiterer Straftaten vor den Oberlandesgerichten Stuttgart (Baden-Württemberg, Prozessbeginn 29. April 2024), Frankfurt am Main (Hessen, Prozessbeginn 21. Mai 2024) und München (Bayern, Prozessbeginn 18. Juni 2024) verantworten. In der Gruppierung flossen "Reichsbürger"-Ideologeme, Verschwörungstheorien aus dem Delegitimierungsspektrum sowie rechtsextremistische Narrative zusammen. Aus ihrer ideologisch begründeten Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland heraus beabsichtigte die Gruppierung, das politische System in Deutschland mittels Waffengewalt zu beseitigen und durch eigene Herrschaftsstrukturen zu ersetzen. Das BfV widmet sich mit seiner Zentralstelle "Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst" unter anderem auch der Detektion von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" in Behörden. Bereits zum dritten Mal wurde im Jahr 2024 ein diesbezüglicher Lagebericht veröffentlicht (vgl. Berichtsteil Rechtsextremismus/rechtsextremistischer Terrorismus, Kap. II, Nr. 3.4). 73 OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2024 - Az. 20 UKI 6/23. 128 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" II. Gefährdungspotenzial Jeder Waffenbesitz birgt bei "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" das unkalkulierbare Risiko, dass sie diese Waffen einsetzen, um gegen sie gerichtete staatliche Maßnahmen gewaltsam abzuwehren. Szeneangehörige, die über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügen, stellen daher eine ganz besondere Risikogruppe dar. Da "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht anerkennen, muss bei ihnen eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit angenommen werden.74 Die Verfassungsschutzbehörden stellen den zuständigen Waffenbehörden alle erforderlichen Informationen zur Verfügung, um den Entzug vorhandener waffenrechtlicher Erlaubnisse bei Szeneangehörigen zu ermöglichen. Folgende Sachverhalte verdeutlichen exemplarisch das von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" ausgehende Gefährdungspotenzial: " Einem gewerblichen Waffenhändler aus Baden-Württemberg wurde im Berichtsjahr aufgrund von Unzuverlässigkeit die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen. Im Mai 2022 hatte er ein Schriftstück mit "Reichsbürger"-typischen Narrativen an das Statistische Bundesamt gesandt. Am 14. März 2024 wurde dem Beschuldigten von der Waffenbehörde der Beschluss zur Sicherstellung der waffenrechtlichen Erlaubnis sowie der Waffen ausgehändigt. Die Polizei durchsuchte sowohl seine Wohnräume als auch die Geschäftsräumlichkeiten. Hierbei wurden große Mengen Munition und verschiedene Waffen aufgefunden, einige davon durchgeladen und griffbereit. Bei Folgedurchsuchungen im Juli 2024 wurden erneut Schusswaffen, Munition, verbotene Gegenstände, verbotene "Böller" und Waffenteile sichergestellt. " Am 27. Mai 2024 fand eine Durchsuchung in Bochum (Nordrhein-Westfalen) bei einem der "Reichsbürger"-Bewegung zuzuordnenden Sportschützen und Jäger statt. Neben Langwaffen und Handfeuerwaffen stellte die Polizei mehrere Tausend 74 Mit Entscheidung vom 28. Juli 2022 hat der Verwaltungsgerichtshof München (Az. 24 ZB 22.451) festgestellt, dass "einer Person, die sich die Ideologie der sog. ,Reichsbürgerbewegung' zu eigen gemacht hat anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach SS 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden [muss]". 129 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" Schuss Munition in teils unverschlossenen Munitionskisten sicher. " Bei einem legal über Waffen verfügenden Sportschützen aus Hessen wurde am 27. August 2024 aufgrund eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gießen (Hessen) eine Durchsuchung veranlasst. Dabei wurden durch die Waffenbehörde zwölf Langwaffen und etwa 2.400 Schuss Munition sichergestellt. Darüber hinaus wurde eine Pistole aufgefunden. Da der Mann als "Reichsbürger" eingestuft wird, untersagte ihm die Waffenbehörde den Besitz von Waffen wegen Unzuverlässigkeit. 130 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" III. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 1. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" Mitglieder/Anhänger 26.000 (2023: 25.000) in Deutschland: Publikationen/Medien Vielzahl von Internetpräsenzen mit (Auswahl): entsprechenden Veröffentlichungen, vor allem in den sozialen Medien Bundesweit aktive Rund 30 länderübergreifend aktive Gruppierungen Gruppierungen, unter anderem: (Auswahl): - "Bismarcks Erben" bzw. "Vaterländischer Hilfsdienst" - "Indigenes Volk Germaniten" - "Königreich Deutschland" - "Staatenbund Deutsches Reich" - "Verband Deutscher Wahlkommissionen" "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sind Personen und Gruppierungen, die aus unterschiedlicher Motivation und mit verschiedenen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneinen und die gesamte Rechtsordnung ablehnen. Verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder auch ein selbst definiertes Naturrecht bilden häufig das ideologische Fundament dafür. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" sprechen den demokratisch gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten ihre Berechtigung ab oder definieren sich gar als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Szeneangehörige zeichnen sich zudem durch eine Affinität zu Waffen aus, was in Verbindung mit der verfassungsfeindlichen Ideologie ein erhebliches Gefährdungspotenzial birgt. Die Entwaffnung der Szeneangehörigen ist ein vordringliches Ziel der Sicherheitsbehörden. 131 "REICHSBÜRGER" UND "SELBSTVERWALTER" 132 Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates 133 Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates I. Überblick Die im Bereich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" relevanten Akteure zielen darauf ab, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Kraft zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen zu beeinträchtigen. Sie machen demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen verächtlich oder rufen dazu auf, behördliche oder gerichtliche Anordnungen und Entscheidungen zu ignorieren. Diese Form der Delegitimierung erfolgt oft nicht über eine offene Ablehnung der Demokratie als solche, sondern über eine ständige Verächtlichmachung von und Agitation gegen demokratisch legitimierte Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates. Dieses Vorgehen geht weit über die rechtlich zulässige Kritik an Politik und Staat hinaus. Es untergräbt vielmehr die demokratische Ordnung, indem es das Vertrauen in das staatliche System insgesamt erschüttert und so dessen Funktionsfähigkeit gefährdet. Erst eine solch systematische, einer restriktiven Erheblichkeitsschwelle unterliegende Delegitimierung begründet eine Verfassungsschutzrelevanz. Eine derartige Agitation steht im Widerspruch zu elementaren Verfassungsgrundsätzen, insbesondere dem Demokratieund dem Rechtsstaatsprinzip. 1. Personen und Gruppierungen Personenpotenzial Im Berichtszeitraum waren dem Spektrum der "Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates" rund 1.500 Personen (2023: 1.600) zuzurechnen, davon sind etwa 250 Personen (2023: 250) als gewaltorientiert einzustufen. Dieser Kern ist ungeachtet des quantitativen Rückgangs der Gesamtpersonenzahl unverändert geblieben, da überzeugte Protagonisten des Spektrums Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Agenda zumindest befürworten. Das Delegitimierungsspektrum ist in seiner Zusammensetzung äußerst heterogen und zum Teil durch regionale Besonderheiten geprägt. Organisierte, auf Dauer angelegte Strukturen sind selten; 134 VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES überwiegend agieren in diesem Bereich Einzelpersonen oder lose Personenzusammenschlüsse. Verbindendes Element ist die kategorische Ablehnung der bestehenden staatlichen Ordnung. Einen systempolitischen Gegenentwurf, auf dessen Grundlage sich die unterschiedlichen Akteure vereinen könnten, gibt es hingegen nicht. Der Konsens erschöpft sich bereits in der fundamentalen Ablehnung des bestehenden Staates. Eine bundesweit relevante Gruppierung mit entsprechender Mobilisierungsfähigkeit existierte im Berichtszeitraum nicht. Deshalb blieb auch der Großteil der Protestkundgebungen hinter den Erwartungen der Anmeldenden zurück. Dennoch halten die Akteure im Kern an ihren verfassungsfeindlichen Positionen fest und versuchen, diese weiter zu verbreiten. Wie in den Vorjahren wurden dazu insbesondere soziale Medien, Internetplattformen und Messengerdienste wie Telegram genutzt. Zur Finanzierung von Veranstaltungen und Materialien (wie beispielsweise Flyern), aber auch teilweise zur Deckung von Lebenshaltungsoder Gerichtskosten einzelner Akteure wurden verschiedene Einnahmequellen generiert. Diese reichten von Spenden über Mitgliedsbeiträge für Vereine bis hin zum Verkauf von Waren und Dienstleistungen, wie etwa Merchandise, Publikationen oder Workshops. 2. Entwicklungstendenzen Aufgrund des Wegfalls der staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung im Frühjahr 2023 wurden im Delegitimierungsspektrum wie bereits im Vorjahr neue, mobilisierungsfähige Themen gesucht. Neben der Forderung nach einer "Aufarbeitung" der Coronapandemie (auch in Form einer strafrechtlichen Verfolgung der für die Schutzmaßnahmen verantwortlichen Politikerinnen und Politiker) wurde versucht, staatliche Klimaschutzmaßnahmen, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder die angebliche Gefahr einer staatlichen Totalüberwachung der Bevölkerung durch Digitalisierung als mögliche Schwerpunktthemen zu implementieren. Dennoch erreichte das Spektrum im Berichtsjahr keine annähernd vergleichbar anhaltende Resonanz wie beim Demonstrationsgeschehen im Kontext der Coronapandemie. 135 VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES DemonstrationsDessen ungeachtet bemühten sich Akteure des Delegitimierungsgeschehen spektrums wiederholt - aber meist erfolglos - um die Durchführung von Großdemonstrationen, um das verbliebene Mobilisierungspotenzial öffentlichkeitswirksam zu nutzen. Hervorzuheben ist dabei eine von der Querdenken-Bewegung am 3. August 2024 in Berlin veranstaltete "Großdemonstration für Frieden und Freiheit" mit Kundgebung, die in der Spitze eine niedrige fünfstellige Teilnehmerzahl verzeichnete, darunter auch Akteure des Delegitimierungsspektrums. Für die Mobilisierung zu dieser Veranstaltung wurden zusätzlich Themen wie beispielsweise das kurz zuvor ausgesprochene Verbot der "COMPACT-Magazin GmbH" (vgl. Berichtsteil Rechtsextremismus/rechtsextremistischer Terrorismus, Kap. II, Nr. 3.1) genutzt. 3. Verbindungen zu Rechtsextremisten und zu "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" Durch die nachhaltige Agitation gegen demokratisch legitimierte Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates besteht eine wechselseitige Anschlussfähigkeit insbesondere an die Phänomenbereiche Rechtsextremismus sowie "Reichsbürger" und "Selbstverwalter". Es zeigt sich immer wieder, dass einzelne Protagonisten aus dem Delegitimierungsspektrum Kontakte in die anderen beiden genannten extremistischen Phänomenbereiche pflegen. Gefördert durch Verschwörungserzählungen als kleinstem gemeinsamen Nenner und aufgrund der rückläufigen mobilisierungsstarken Themen fand bei einigen Personen eine ideologische Annäherung an andere extremistische Spektren statt; die Grenzen zeigten sich dabei als fließend und durchlässig: Durch die Teilnahme an Coronaprotesten fanden einige Personen den Einstieg in das Delegitimierungsspektrum, welches katalysatorisch eine Radikalisierung und Ideologisierung bewirkte. Verbunden mit der Anschlussfähigkeit an Rechtsextremisten sowie "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" konnte im Berichtsjahr auch die Bildung beziehungsweise Fortführung von phänomenübergreifenden Gruppierungen beobachtet werden. 136 VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES II. Gefährdungspotenzial Etwas mehr als ein Sechstel der Angehörigen des DelegitimieGewaltorientierung rungsspektrums sind als gewaltorientiert einzustufen. Dieser Personenkreis befürwortet oder unterstützt entweder die Anwendung von Gewalt durch Dritte im Rahmen von Agitationen, ist selbst gewaltbereit oder wendet selbst Gewalt an. Die Bundesrepublik Deutschland wird als "repressive Diktatur" beschrieben, manches Mal sogar mit dem NS-Regime verglichen und daraus ein vermeintlich legitimes Widerstandsrecht abgeleitet. Daher halten gewaltorientierte Personen des Delegitimierungsspektrums die Anwendung von Gewalt unter bestimmten Voraussetzungen, wie beispielsweise zur Abwehr von vermeintlich unrechtmäßigen Eingriffen des angeblich autoritären Staates, für gerechtfertigt. Insbesondere die Kommunikation in sozialen Medien leistet den Radikalisierungsim Delegitimierungsspektrum vorhandenen Radikalisierungstendenzen in sozialen tendenzen Vorschub. Auf unterschiedlichen Plattformen wie Medien Telegram können ungefiltert Verschwörungserzählungen und extremistische Ideologeme verbreitet werden. Gewaltorientierte Äußerungen bleiben nicht nur häufig unwidersprochen, sondern werden sogar aktiv unterstützt. Oft entsteht im Verlauf von Chats und Kommentaren ein regelrechter Wettstreit mit immer noch extremeren Äußerungen. Einige Personen im Bereich der "Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates" beziehen ihre Informationen zu politischen und sozialen, aber auch zu alltäglichen Fragen alleine aus den szenetypischen Kanälen, über die auch für Demonstrationen und Aktionen mobilisiert wird. Die Gefahr einer Radikalisierung von Gruppen oder Einzelpersonen besteht somit weiterhin. Exemplarisch für das vorhandene Gefährdungspotenzial steht die Staatliche Gruppierung "Vereinte Patrioten"75, der neben Personen aus dem Maßnahmen Delegitimierungsspektrum auch Rechtsextremisten und "Reichsgegen Mitglieder bürger" angehörten. Seit dem 17. Mai 2023 läuft der Prozess geder Gruppierung gen die fünf Hauptbeschuldigten der "Vereinten Patrioten" vor "Vereinte Patrioten" dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz (Rheinland-Pfalz) unter 75 Die "Vereinten Patrioten" (auch "Kaiserreichsgruppe" genannt) planten, bürgerkriegsähnliche Zustände durch Anschläge auf Kritische Infrastruktur in Deutschland herbeizuführen und das politische System durch eine "Reichsverfassung" zu ersetzen. Dabei war auch die Entführung des Bundesministers für Gesundheit Prof. Dr. Karl Lauterbach geplant. 137 VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES anderem wegen der Gründung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (SS 129a Strafgesetzbuch, StGB) sowie der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund (SS 83 Abs. 1 StGB). Am 14. August 2024 wurde ein Mitglied der Gruppierung vom OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) wegen der vorher genannten Tatbestände zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.76 Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Verurteilte spätestens im Januar 2022 mit weiteren Personen zu den "Vereinten Patrioten" zusammengeschlossen hatte. Das Urteil ist rechtskräftig. Auch das OLG Frankfurt am Main (Hessen) verurteilte am 25. November 2024 ein weiteres Mitglied der "Vereinten Patrioten" wegen ebendieser Tatbestände zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.77 Der Verurteilte hatte seine Bereitschaft erklärt, bei dem geplanten bundesweiten Stromausfall mitzuwirken und seine Garage als Zwischenlager für die benötigten Waffen zur Verfügung zu stellen. Das Urteil ist rechtskräftig. 76 OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2024 - Az. 2 StS 2/24. 77 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.11.2024 - Az. 8 St 1/24. 138 Linksextremismus 139 Linksextremismus I. Überblick Linksextremisten wollen die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen. An deren Stelle soll ein kommunistisches System beziehungsweise eine "herrschaftsfreie", anarchistische Gesellschaft treten - je nach ideologischer Ausrichtung mit dem Sozialismus als Übergangsphase. "Antifaschismus", "Antirepression", "Antimilitarismus", "Antigentrifizierung" oder der vorgebliche "Kampf für das Klima" sind dabei anlassbezogen relevante, letztlich aber austauschbare Aktionsfelder, die immer nur der Umsetzung der eigenen ideologischen Zielsetzung dienen. Um diese zu erreichen, sind Linksextremisten grundsätzlich auch bereit, Gewalt einzusetzen. 1. Entwicklungstendenzen Straftaten und Das linksextremistische Personenpotenzial ist im Jahr 2024 um Personenpotenzial 1.000 auf nunmehr 38.000 Personen angewachsen, darunter unverändert 11.200 gewaltorientierte Linksextremisten. Die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten stieg 2024 um 37,9 % auf 5.857 Delikte. Bei den Gewalttaten gab es dagegen einen Rückgang um 26,8 % auf 532 Delikte. Festnahmen Zwischen Dezember 2023 und November 2024 wurden drei mutmaßlicher Linksextremisten sowie eine Linksextremistin festgenommen, linksextremistischer die mutmaßlich zum Umfeld des gewalttätigen Netzwerks "AnGewalttäter tifa-Ost" gehören. Den Personen wird die Beteiligung an linksextremistisch motivierten Gewalttaten gegen von ihnen als solche ausgemachte Rechtsextremisten und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Einer der Festgenommenen - Johann G. - steht im Verdacht, der seit Jahren gesuchte Rädelsführer des Netzwerks zu sein. Die Bundesanwaltschaft hat die Linksextremistin zudem wegen versuchten Mordes angeklagt. Ein weiterer deutscher Linksextremist aus dem Netzwerk "AntifaOst" wurde im Januar 2024 in Ungarn zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Das Netzwerk dürfte durch die Festnahmen deutlich geschwächt sein. Dennoch sind den verbleibenden Akteuren 140 LINKSEXTREMISMUS wie auch Nachahmern aus der Szene solche Taten weiterhin zuzutrauen. Im Zusammenhang mit der Europawahl und den Landtagswahlen Vermehrte Straftaten in Brandenburg, Sachsen und Thüringen verübten Linksextremisgegen Parteien, ten eine Vielzahl von Strafund Gewalttaten, die sich insbesondere Politikerinnen und gegen die von ihnen als "faschistisch" ausgemachte AfD richteten. Politiker Neben "Outings", Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen kam es zum Teil auch zu körperlichen Angriffen an Wahlkampfständen. Auch andere Parteien wurden in unterschiedlichen Zusammenhängen zum Ziel linksextremistischer Straftaten, meist Sachbeschädigungen an Parteibüros. Eine hohe Anzahl an Straftaten richtete sich 2024 gegen WirtErhebliche Angriffe schaftsunternehmen sowie gegen Kritische und sonstige Infraauf Unternehmen strukturen. Linksextremismus gefährdet damit nicht nur den Wirtund allgemeine schaftsstandort Deutschland, die Auswirkungen werden auch für oder Kritische breite Teile der Bevölkerung immer spürbarer. Bei einem BrandInfrastrukturen anschlag auf einen Hochspannungsmast, der auf die Stromversorgung der Tesla-Gigafactory in Grünheide (Brandenburg) abzielte, entstand dem Unternehmen ein erheblicher Schaden von nach eigenen Angaben mehreren Hundert Millionen Euro. Auch andere Unternehmen, eine Klinik und Privatwohnungen in Berlin und Brandenburg waren von dem massiven Stromausfall betroffen. Zu der Tat bekannte sich eine linksextremistische "Vulkangruppe". Am 26. Februar 2024 nahm die Polizei in Berlin Daniela Klette fest, Solidarität mit die mutmaßlich zur Kommandoebene der dritten Generation der mutmaßlichen ehemaligen linksterroristischen "Roten Armee Fraktion" (RAF) Mitgliedern der linksgehörte und darüber hinaus auch wegen gewaltsamer Überfälle terroristischen RAF auf Geldtransporte und Supermärkte gesucht wurde. Klette war seit 1989/90 ebenso wie die weiterhin gesuchten mutmaßlichen RAF-Terroristen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub untergetaucht. Die linksextremistische Szene zeigte sich bundesweit solidarisch und warf den Sicherheitsbehörden "Verfolgungswut" vor. Klette, Garweg und Staub wurden als "politische Gefangene" beziehungsweise "Verfolgte" verklärt. Am 9. März 2024 demonstrierten im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bis zu 600 Personen unter dem Motto "Stoppt den Staatsterrorismus", darunter zahlreiche Vermummte, die Pyrotechnik zündeten und damit die Polizei angriffen. 141 LINKSEXTREMISMUS 2. Personenpotenzial Linksextremismuspotenzial1 2022 2023 2024 Gewaltorientierte 10.800 11.200 11.200 Linksextremisten davon Autonome 8.300 8.300 8.600 Nicht gewaltorientierte 27.600 27.800 28.800 dogmatische Linksextremisten und sonstige Linksextremisten Summe 38.400 39.000 40.000 Nach Abzug von 36.500 37.000 38.000 Mehrfachzuordnungen 1 Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. 3. Strafund Gewalttaten Die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten in Deutschland ist im Jahr 2024 um 37,9 % auf 5.857 Delikte (2023: 4.248) gestiegen. Der deutliche Anstieg kann vor allem darauf zurückgeführt werden, dass im Berichtszeitraum Europasowie drei Landtagswahlen stattgefunden haben und politische Gegner wie vor allem die AfD aufgrund ihrer hohen Wahlund Umfrageergebnisse noch einmal besonders in den Fokus gewaltorientierter Linksextremisten rückten. Neben Brandstiftungen und vereinzelt auch körperlichen Angriffen auf politische Gegner handelte es sich bei vielen Straftaten um entwendete oder beschädigte Wahlplakate. Insgesamt gingen linksextremistische Gewalttaten um 26,8 % auf 532 Delikte (2023: 727) zurück, was vor allem auf eine deutlich verringerte Anzahl eskalativer linksextremistischer Versammlungen und damit weniger Gewalt gegen die Polizei zurückzuführen sein dürfte. Die meisten linksextremistischen Straftaten richteten sich gegen als solche ausgemachte Rechtsextremisten (3.859 Delikte, +133,9 %), gefolgt von Straftaten gegen die Polizei (721 Delikte, -36,5 %). Während Gewalttaten gegen die Polizei stark rückläufig waren (232 Delikte, -51,4 %), nahm die Gewalt von Linksextremisten gegen von Ihnen als solche ausgemachte Rechtsextremisten deutlich zu (280 Delikte, +37,3 %). 142 LINKSEXTREMISMUS Trotz des Rückgangs der Gewalttaten bleibt die Gewaltbereitschaft im Linksextremismus weiterhin hoch. Dies verdeutlichen unter anderem die noch immer 216 Körperverletzungsdelikte (-31,9 %), 145 Widerstandsdelikte (-19,4 %) und 86 Brandstiftungen (-17,3 %). Mit 3.143 Delikten (+36,6 %) ist die Sachbeschädigung weiterhin die häufigste von Linksextremisten begangene Straftat. Die meisten linksextremistischen Straftaten wurden 2024 in Nordrhein-Westfalen (1.180; 2023: 1.093), Brandenburg (1.159; 2023: 517) und Sachsen (1.099, 2023: 804) verübt. Es folgen Niedersachsen (532; 2023: 103), Baden-Württemberg (367; 2023: 319) und Berlin (354; 2023: 387). II. Aktuelle Entwicklungen im Linksextremismus 1. Militanter "Antifaschismus" Im Jahr 2024 richteten sich zwei Drittel (3.859 Delikte) aller linksextremistischen Straftaten gegen tatsächliche oder als solche ausgemachte Rechtsextremisten, darunter 156 Körperverletzungen (2023: ein versuchtes Tötungsdelikt; 115 Körperverletzungen). 143 LINKSEXTREMISMUS Gewalt als Gewaltorientierte Linksextremisten verstehen Straftaten und GeBestandteil des walt als legitimen Bestandteil ihres "antifaschistischen Kampfes". "antifaschistischen Diesen betrachten sie als das einzig wirksame Mittel gegen von Kampfes" ihnen selbst definierte "Faschisten". Ihr militantes Vorgehen reicht dabei von "Outings" über Bedrohungen, Beschädigung oder Zerstörung von Eigentum, Brandstiftungen an Fahrzeugen oder Trefforten bis hin zu körperlichen Angriffen. Gezielte Verbreitung Linksextremisten wollen damit nicht nur ihrem konkreten Opvon Angst beim fer schaden, sondern durch regelmäßige Gewaltanwendung oder politischen Gegner -androhung in der "rechten" und rechtsextremistischen Szene ein stetes Gefühl von Unsicherheit und Angst erzeugen. Sie wollen ihre Gegner aus der Öffentlichkeit verdrängen und von der Bekundung ihnen unliebsamer Meinungen oder politischer Positionen abhalten. Ihr gewaltsames Vorgehen rechtfertigen sie mit einer angeblichen Untätigkeit staatlicher Organe bei der Bekämpfung von "Rassisten" und "Faschisten". Zugleich sprechen sie dem Staat die Legitimität zur Bekämpfung von "Faschismus" grundsätzlich ab, da dieser selbst "faschistisch durchsetzt" sei. Angenommener Vor allem die Wahlerfolge und hohen Umfragewerte der AfD im "Rechtsruck" erhöht Jahr 2024 belegten in den Augen gewaltbereiter Linksextremisten den empfundenen den von ihnen bereits seit Längerem angenommenen "RechtsHandlungsdruck ruck" in der Gesellschaft und damit zugleich die Unwirksamkeit eines gewaltfreien, demokratischen Engagements gegen ein sogenanntes faschistisches Gedankengut. In der Szene führte dies offenbar zu einem nochmals erhöhten Handlungsdruck, selbst und mit Gewalt gegen diese vermeintliche Entwicklung vorzugehen. "Die Faschos stellen in Parlamenten und auf der Straße immer offener die Machtfrage. Die Zahl rechter Straftaten ist auf Rekordniveau und die politischen Verhältnisse treiben uns weiter in die Enge. Zeit sich wirksam zu wehren, statt es zu ignorieren und auf eine staatliche Lösung oder bessere Zeiten zu hoffen, militanter Antifaschismus bleibt notwendig!" (Internetplattform "de.indymedia", 26. April 2024) Selbst definiertes Der "antifaschistische Kampf" von Linksextremisten richtet sich Verständnis von nicht nur gegen Rechtsextremisten, sondern gegen alle Personen "Faschismus" oder Institutionen, die der eigenen Weltsicht nach als "faschistisch" angesehen werden. "Faschismus" wird verstanden als reaktionärste, chauvinistischste und imperialistischste Form des 144 LINKSEXTREMISMUS "Kapitalismus". Mit "Kapitalismus" wiederum meinen Linksextremisten die untrennbare Einheit von demokratischem Rechtsstaat und marktwirtschaftlicher Eigentumsordnung, welche aus linksextremistischer Sicht ausschließlich der Manifestierung von Ausbeutungsund Unterdrückungsverhältnissen dient. Für gewaltorientierte Linksextremisten gelten auch schwerste AnGezieltes, planvolles griffe auf Menschen im "antifaschistischen Kampf" als legitim und und brutales erforderlich. Einzelne besonders gewaltbereite Gruppen greifen in Vorgehen wechselnder Zusammensetzung immer wieder gezielt selbst definierte "Faschisten" an. Die sehr planvoll ausgeführten Attacken gleichen sich in Vorgehensweise und Ablauf: Die vermummten Angreifer überfallen ihre Opfer unvermittelt und sind dabei meist deutlich in der Überzahl. Zunächst bringen sie die angegriffene Person zu Boden, um sie dann in dieser hilflosen Position mit Tritten und Schlägen zu attackieren. Häufig setzen Linksextremisten Tatmittel wie Hämmer und andere Schlagwerkzeuge oder auch Reizgas ein. Dabei schlagen und treten sie auch gezielt gegen den Kopf. Die Angriffe finden oft in der Öffentlichkeit statt, im Umfeld von Demonstrationen, auf dem Nachhauseweg, zum Teil aber auch innerhalb der privaten Wohnung, zu der man sich gewaltsam Zutritt verschafft. Die Opfer erleiden hierbei meist erhebliche, teils lebensgefährliche Verletzungen. Der Gewalt sind kaum Grenzen gesetzt. Es ist eher dem Zufall geschuldet, dass bisher noch kein Todesfall eingetreten ist. Ein solcher linksextremistisch motivierter Angriff auf einen langBeispiele aus dem jährig aktiven Berliner Neonazi führte am Abend des 18. April 2024 Berichtsjahr zu einer folgenschweren Gewalteskalation, bei der sowohl der Angegriffene als auch zwei der drei Angreifer schwer verletzt wurden. Diese hatten den Mann im Hausflur eines Mehrfamilienhauses körperlich angegriffen. Es kam zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf ein Messer eingesetzt wurde, das mutmaßlich von dem angegriffenen Rechtsextremisten stammte. Einer der Angreifer wurde am Brustkorb verletzt, ein anderer erlitt an einem Bein derart schwere Verletzungen, dass es amputiert werden musste. Der Angegriffene wurde an den Sehnen einer Hand verletzt. Der dritte Täter flüchtete unerkannt, konnte aber bei anschließenden Durchsuchungsmaßnahmen festgenommen werden. In der Nähe des Tatorts wurde ein Hammer gefunden - ein von Linksextremisten bei "antifaschistischen" Angriffen zuletzt häufig genutztes 145 LINKSEXTREMISMUS Tatmittel, welches möglicherweise auch bei diesem Überfall eingesetzt werden sollte. In der Nacht auf den 25. April 2024 wurde ein Brandanschlag auf ein Kampfsportstudio in Prinzhöfte (Niedersachsen) verübt. Das Gebäude wurde bei dem Brand vollständig zerstört. In einer auf der linksextremistischen Internetplattform "de.indymedia" veröffentlichten Taterklärung mit dem Titel "Fascho-Gym abgebrannt" bekannten sich die anonymen Autoren dazu, dem Kampfsportstudio "einen antifaschistischen Besuch abgestattet und es in Brand gesteckt" zu haben. So habe man mit dieser "antifaschistischen Intervention" dafür gesorgt, dass das Studio "kein Ort mehr sein kann, an dem Faschos ihre Gewalt erproben". Am 20. Oktober 2024 griffen 10 bis 15 vermummte Personen die baden-württembergische Landesvorsitzende der rechtsextremistischen Partei "Die Heimat" an einem Bahnhof an, als sie auf dem Weg zu einer Veranstaltung war. Die Angreifer beleidigten sie als "Nazischlampe", warfen sie zu Boden und schlugen unter anderem mit Eisenstangen mehrfach auf sie ein. Die Landesvorsitzende erlitt mehrere Prellungen. Möglicherweise wurde ihr zuvor eine Falle gestellt: Zwei ihr nicht persönlich bekannte Personen hatten mit ihr Kontakt aufgenommen, äußerten dabei Interesse an der Parteiveranstaltung und verabredeten sich mit ihr an dem Bahnhof. Am 27. Oktober 2024 wurde eine elfköpfige Gruppe von Angehörigen der Partei "Die Heimat" beziehungsweise deren Jugendorganisation "Junge Nationalisten" am Bahnhof von Springe (Niedersachsen) angegriffen und verletzt. Die etwa zehn vermummten, mutmaßlich linksextremistischen Täter setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Netzwerk Im Zusammenhang mit dem gewalttätigen linksextremistischen "Antifa-Ost" Netzwerk "Antifa-Ost" - in Anlehnung an ihr bevorzugtes Tatmittel auch als "Hammerbande" bekannt - konnten 2024 mehrere Tatverdächtige festgenommen werden. Mitgliedern des Netzwerks werden zahlreiche Gewalttaten aus den letzten Jahren auf als "faschistisch" ausgemachte Personen in Deutschland sowie eine Beteiligung an der Überfallserie im Zusammenhang mit der rechtsextremistischen Gedenkveranstaltung "Tag der Ehre" Mitte Februar 2023 in Budapest zugeschrieben. 146 LINKSEXTREMISMUS Ein deutscher Linksextremist, der unmittelbar nach den Angriffen in Budapest festgenommen worden war, bekannte sich im Januar 2024 vor dem Stadtgericht Budapest schuldig, als solche ausgemachte Teilnehmende der rechtsextremistischen Gedenkveranstaltung attackiert und zum Teil schwer verletzt zu haben. Das Gericht verurteilte ihn wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Im Dezember 2024 wurde er in Ungarn aus der Strafhaft entlassen und an die deutschen Strafverfolgungsbehörden übergeben. Wegen des dringenden Tatverdachts hinsichtlich weiterer Gewalttaten in Deutschland wurde gegen ihn hier Untersuchungshaft angeordnet. Ein bereits im Dezember 2023 in Berlin festgenommener, bis dahin untergetauchter Linksextremist, der sich selbst als nicht binäre Person identifiziert und "Maja" genannt wird, wurde aufgrund eines europäischen Haftbefehls am 28. Juni 2024 nach Ungarn überstellt. Im Rahmen der Kampagne "FREE MAJA" zeigen gewaltbereite Linksextremisten seither ihre Solidarität, auch in Form von Protesten und Resonanzstraftaten. Gegen eine weitere der Taten in Budapest verdächtige Linksextremistin hat die Generalbundesanwaltschaft im Oktober 2024 Anklage vor dem Oberlandesgericht München (Bayern) wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, versuchten Mordes sowie gefährlicher Körperverletzung erhoben. Sie war im Mai 2024 in Nürnberg (Bayern) festgenommen worden. Auch mit ihr solidarisiert sich seither die gewaltbereite linksextremistische Szene. Ende Oktober sowie Anfang November 2024 konnten zwei weitere gewaltbereite Linksextremisten festgenommen werden, die bereits seit Längerem untergetaucht waren und bei denen die erhebliche Gefahr bestand, dass sie sich im Untergrund noch weiter radikalisieren könnten. Bei einem der beiden handelt es sich um Johann G., den mutmaßlichen Rädelsführer des Netzwerks "Antifa-Ost". Nach ihm wurde seit September 2023 öffentlich gefahndet. Während er bereits untergetaucht war, soll er neben anderen Gewalttaten auch die Angriffe in Budapest mit koordiniert und umgesetzt haben. Der andere gefasste Linksextremist soll innerhalb des Netzwerks "Antifa-Ost" die Funktion eines Kampftrainers eingenommen und mindestens ein Kampfsporttraining für Mitglieder und weitere 147 LINKSEXTREMISMUS gewaltbereite Linksextremistinnen und Linksextremisten durchgeführt haben. Weitere aufgrund der Angriffe in Budapest gesuchte Linksextremistinnen und Linksextremisten hatten sich im Jahr 2024 weiterhin dem polizeilichen Zugriff durch Abtauchen in die Illegalität entzogen, vornehmlich wohl aus Angst vor einer Auslieferung nach Ungarn.78 Mit der Verhaftung des mutmaßlichen Rädelsführers des Netzwerks "Antifa-Ost" sollte das Potenzial des Netzwerks für weitere schwere Gewalttaten gegen tatsächliche oder als solche ausgemachte Rechtsextremisten deutlich geschwächt sein. Dennoch sind den verbliebenen Akteuren oder Nachahmern solche Taten weiterhin zuzutrauen. "Antifa Süd" Anders als das Netzwerk "Antifa-Ost" verfügt die Ende 2021 gegründete "Antifaschistische Aktion Süd" ("Antifa Süd") über feste Strukturen und Mitgliedsgruppen und strebt als Fernziel die Etablierung einer bundesweiten "Antifa" an. Damit grenzt sie sich deutlich von anderen "Antifa"-Strukturen ab, die bisher eher als Kleingruppen oder in Netzwerkstrukturen agieren. Der formale Zusammenschluss kann als eine neue Form der Bündelung antifaschistisch motivierter Akteure betrachtet werden und birgt ein weiteres Eskalationspotenzial. Es liegen Hinweise vor, dass sich Akteure der "Antifa Süd" 2024 an linksextremistisch motivierten Angriffen auf von ihnen als solche ausgemachte Rechtsextremisten beteiligt haben könnten. Für die "Antifa Süd" wären solche gezielten brutalen Angriffe ein qualitativ neues Vorgehen. Neben verbaler Militanz kam es aus dieser Gruppierung heraus bereits vereinzelt im Rahmen von Versammlungen zu erheblichen gewaltsamen Ausschreitungen gegen die Polizei. Große Solidarität mit Der Rückhalt in der linksextremistischen Szene für "antifaschislinksextremistischen tische" Gewalttäter, insbesondere für die inhaftierten und noch Gewalttätern untergetauchten Akteure des Netzwerks "Antifa-Ost" sowie den nach Ungarn ausgelieferten Linksextremisten "Maja", ist hoch. Hier kam es bundesweit zu zahlreichen Solidaritätsbekundungen 78 Am 20. Januar 2025 stellten sich vier Linksextremistinnen und drei Linksextremisten, die nach den Angriffen in Budapest untergetaucht waren und mit nationalem und internationalem Haftbefehl gesucht wurden. Eine weitere wegen des gleichen Tatvorwurfs gesuchte Linksextremistin stellte sich am 20. März 2025. Gegen alle wurde Untersuchungshaft angeordnet. Eine letzte in diesem Zusammenhang gesuchte Person blieb weiterhin flüchtig. 148 LINKSEXTREMISMUS und Protestaktionen, die zum Teil mit Straftaten einhergingen. So wurde eine Sachbeschädigung an einem ungarischen Institut, das nach eigenen Angaben den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen Ungarn und Deutschland fördert, als "Soliangriff für die Gefangenen & Gesuchten im Budapest-Verfahren" bezeichnet. In der Nacht auf den 7. Juli 2024 wurde die Polizeiwache im Leipziger Stadtteil Connewitz von vermummten Tätern angegriffen. Sie warfen Steine gegen eine Fensterscheibe und den Eingangsbereich, zündeten Pyrotechnik und sprühten mit dem Schriftzug "FREE MAJA" die Forderung nach Freilassung des an Ungarn ausgelieferten Linksextremisten an die Fassade. Weiterhin bekannten sich in einer Taterklärung vom 24. Oktober 2024 anonyme Verfasser zu einem Brandanschlag auf ein Fahrzeug in Berlin in Solidarität mit einem der festgenommenen Linksextremisten. Ihnen sei "nichts Besseres eingefallen (...), um auf die kürzlich erfolgte Festnahme zu reagieren". Als Vorstufe zur körperlichen Gewalt gehört auch das "Outing" "Outings" als Mittel von als solchen ausgemachten Rechtsextremisten zum ständigen zur Einschüchterung Repertoire der linksextremistischen Szene. Durch Internetbeiträdes politischen ge, Plakate oder Briefkasteneinwürfe in ihrem Umfeld sollen diese Gegners als "Nazis" bekannt gemacht und sozial geächtet werden. Daneben wird anderen Linksextremisten die Möglichkeit eröffnet, selbst gegen diese Personen vorzugehen. So sind "Outings" häufig mit mehr oder minder verklausulierten Aufrufen zu Strafund Gewalttaten gegen die Betroffenen verbunden. Auf diese Weise wird ein Bedrohungsszenario aufgebaut und die "geoutete" Person eingeschüchtert, da diese jederzeit mit einem Angriff auf sich oder ihr Eigentum rechnen muss. Immer wieder kommt es im Nachgang von "Outings" zu Brandstiftungen an Fahrzeugen, Sachbeschädigungen oder gewaltsamen Überfällen auf "geoutete" Personen. So waren sowohl die personenbezogenen Daten des im April 2024 angegriffenen Berliner Neonazis, der Name und Standort des in Brand gesetzten Kampfsportstudios in Prinzhöfte als auch die Zugehörigkeit der im Oktober 2024 in Springe (Niedersachsen) überfallenen elfköpfigen Gruppe zur Partei "Die Heimat" zuvor auf einschlägigen Internetplattformen veröffentlicht worden - verbunden mit Aufrufen zur Gewalt gegen "Nazis". Gewaltbereite Linksextremisten verübten 2024 noch einmal Strafund deutlich vermehrt Strafund Gewalttaten gegen die AfD. RichteGewalttaten gegen ten sich in den Vorjahren noch 527 (2022) beziehungsweise 390 die AfD 149 LINKSEXTREMISMUS (2023) linksextremistische Straftaten gegen die Partei, ihre Mitglieder und Einrichtungen, waren es im Jahr 2024 nun 2.245 Delikte (+475,6 %). Das erhöhte Aktionsniveau dürfte insbesondere auf die hohen Umfragewerte der Partei sowie die zahlreichen Wahlkämpfe im Berichtsjahr zurückzuführen sein. Neben Demonstrationen und Störaktionen in unmittelbarer Nähe von Parteiveranstaltungen kam es zu gewaltsamen Angriffen, Brandstiftungen und Sachbeschädigungen. Unter anderem wurden mehrere Brandanschläge auf Fahrzeuge von AfD-Mitgliedern und -Funktionären sowie vereinzelt auch körperliche Angriffe an Wahlkampfständen verübt. In der gewaltorientierten linksextremistischen Szene herrscht ein weitgehender Konsens über die Notwendigkeit, gegen die AfD mit allen Mitteln - auch mit Gewalt - vorzugehen. 2024 bestätigte sich die seit einigen Jahren zunehmende Entwicklung, dass sich Gewalttaten nicht mehr bloß gegen die Partei als "Kollektiv" richten, sondern verstärkt auch einzelne Mitglieder in das Zielspektrum rücken. Neben der politischen Ausrichtung der Partei werden auch die individuelle Mitgliedschaft als moralisch verwerfliches Element sowie dem Einzelnen konkret vorgehaltene Verfehlungen herangezogen, um linksextremistische Gewalt zu legitimieren. So wurde beispielsweise am 29. Februar 2024 in Leipzig (Sachsen) ein Brandanschlag auf das Fahrzeug eines Familienangehörigen des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD im Stadtrat verübt. Die unbekannten Täter warfen einen brennenden Gegenstand durch eine eingeschlagene Seitenscheibe in das Fahrzeug, welches in der Folge komplett ausbrannte. An der Wand einer Garage hinterließen sie die Drohung "NAZISCHWEIN WIR KOMMEN WIEDER 161". Die Zahlenkombination 161 bezieht sich auf die Stellung der Buchstaben im Alphabet und meint damit AfA, die Szeneabkürzung für "Antifaschistische Aktion". Im Rahmen des Gedenkens und des Demonstrationsgeschehens in Zusammenhang mit einem bei einem Messerangriff in Mannheim (Baden-Württemberg) getöteten Polizisten hatten mehrere Personen dort am 2. Juni 2024 überfallartig eine Gruppe um einen bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten attackiert, die sich zuvor an den Demonstrationen beteiligt hatte. Zwei der etwa zehn schwarz vermummten Angreifer waren mit einem Teleskopschlagstock und einem angespitzten Knüppel bewaffnet. Zwei ihrer Opfer erlitten Verletzungen am Kopf. 150 LINKSEXTREMISMUS Gewaltorientierte Linksextremisten initiierten zudem eine bundesweite Kampagne gegen die AfD, um gewaltbereite Akteure aus der Szene zu Strafund Gewalttaten gegen die Partei zu mobilisieren. Unter dem Titel "1312 DINGE - Antifaschistischer Werkzeugkasten" rufen die Verfasser dazu auf, "etwas gegen die AfD und andere Nazis zu unternehmen". Zur Unterstützung habe man einen "Werkzeugkasten zusammengestellt". Darin fänden sich "13 Dinge, die Du gegen die AfD tun kannst, und 12 Dinge, die Du dabei vielleicht beachten solltest". Die Zahlenkombination "1312" steht als Chiffre für das in der Szene geläufige polizeifeindliche Akronym ACAB ("All Cops Are Bastards"). Unter den 13 Vorschlägen finden sich unter anderem Handlungsanweisungen und Tipps unter den Titeln "Greife AfD-Immobilien & Veranstaltungsorte an" und "Lege Autos lahm". Aus Sicht der Initiatoren ist es legitim, auch mit Gewalt gegen die AfD vorzugehen. "Du wirst in dieser Liste einige Dinge finden, die illegalisiert sind. Wir glauben, dass die antifaschistische Bewegung auch solche Dinge tun muss (...). Abwehr gegen Faschist*innen ist immer legitim. Ihren Wahlkampf, ihre Immobilien und ihre Strukturen anzugreifen ist antifaschistische Notwehr, Punkt." (Website der Kampagne 1312 DINGE, 9. Dezember 2024) 2. Polizei im Fokus linksextremistischer Gewalt Gewaltorientierte Linksextremisten sehen in der Polizei das zentrale Feindbild im Kampf gegen den verhassten Staat, stellt sie doch die im Alltag präsenteste Verkörperung des abgelehnten staatlichen Gewaltmonopols dar. Einsatzkräfte, Fahrzeuge und Einrichtungen sind regelmäßig Ziele linksextremistischer Gewalttaten. Zu den 2024 von Linksextremisten gegen die Polizei verübten 232 Gewaltdelikten zählen unter anderem 42 Körperverletzungen, 138 Widerstandsdelikte und 7 Brandstiftungen. Gewaltorientierte Linksextremisten betreiben regelmäßig verbale Entmenschlichung Entmenschlichung von Polizeibediensteten. Polizistinnen und Poder Polizei verletzt lizisten hätten demnach allein schon durch ihre Berufswahl und die Menschenwürde -ausübung massive physische Gewalt verdient. Die Menschenwürde des einzelnen Bediensteten bleibt hier völlig hinter dem kollektiven Feindbild zurück. Bezeichnungen wie "Mörder in Uniform", "Robo-Cops" und "Bullenschweine" sind in der Szene üblich und 151 LINKSEXTREMISMUS werden auch öffentlich gebraucht, gerade während polizeibegleiteter Demonstrationen und in online veröffentlichten Publikationen. Gemeinsames Dieses Feindbild verschafft der Szene eine gemeinsame Basis, Feindbild stärkt ihren Zusammenhalt und bietet eine Rechtfertigung für Gewalt. Bei Demonstrationen, Abschiebungen, der Räumung von Szeneobjekten, polizeilichen Durchsuchungen oder Festnahmen kommt es so immer wieder zu gewaltsamen Ausschreitungen und gezielten Angriffen auf Einsatzkräfte. Regelmäßig werden diese durch Bewurf mit Pyrotechnik, Flaschen und Pflastersteinen, aber auch durch unmittelbare körperliche Gewalt, verletzt. In einer Taterklärung zu einer Sachbeschädigung an einer Bremer Polizeiwache, die mit der Festnahme von Daniela Klette und der Fahndung nach ihren flüchtigen mutmaßlichen Komplizen begründet wurde, heißt es unter dem Titel "Gegen den Staatsterror! Bullenwache in Bremen angegriffen" am Ende: "Ewiger Hass der Polizei!" (Internetplattform "de.indymedia", 11. März 2024) Quantitativer Wenngleich im Jahr 2024 Angriffe auf die Polizei durch gewaltbeRückgang, qualitative reite Linksextremisten zahlenmäßig zurückgingen, ist ein qualiKonstanz tativer Rückgang jedoch nicht zu beobachten: Die Polizei ist und bleibt ihr zentrales Feindbild. Der Rückgang der Strafund Gewalttaten ist vor allem auf ein im Vergleich zum Vorjahr geringeres und weniger eskalatives Versammlungsgeschehen zurückzuführen. So blieben Großdemonstrationen wie zur Verurteilung von Lina E. im Zusammenhang mit den Prozessen gegen das Netzwerk "AntifaOst" in Leipzig aus. Dazu gab es eine merkliche Verlagerung des Versammlungsgeschehens seit den Terrorangriffen der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023. Bei den darauffolgenden israelfeindlichen Protesten beteiligten sich aus der linksextremistischen Szene überwiegend nicht gewaltorientierte Personen, während die überwiegend proisraelischen gewaltbereiten Autonomen fernblieben. Angriffe auf die Im Rahmen der linksextremistischen Proteste rund um den "RePolizei am 1. Mai volutionären 1. Mai" und der vorausgehenden Walpurgisnacht kam es vor allem in Berlin und Stuttgart (Baden-Württemberg) zu teils massiven Angriffen auf die Polizei. Als am Abend des 30. April 2024 der traditionelle "Take back the Night"-Demonstrationszug in Berlin die Rigaer Straße passierte, zündeten mehrere Personen 152 LINKSEXTREMISMUS auf einigen Dächern der anliegenden Wohngebäude Pyrotechnik und warfen Farbeier in Richtung der Polizei. Von einem Dach warfen Personen einen Böller gezielt auf die Einsatzkräfte. Dieser explodierte in der Nähe eines Polizeibeamten und verletzte diesen leicht. Die "Revolutionäre 1. Mai"-Demonstration in Berlin selbst verlief mit etwa 11.800 Teilnehmenden teilweise unfriedlich. Es kam zu Angriffen auf die Polizei; unter anderem wurde ein Nebeltopf auf die Einsatzkräfte geworfen. Im Vorfeld hatte die Polizei in der Nähe der Wegstrecke auf einem Dach Steindepots entdeckt und entfernt. Es gehört zur bekannten linksextremistischen Praxis, Polizeikräfte mit Steinen aus zuvor angelegten Depots zu bewerfen. Auch in Stuttgart griffen gewaltbereite Linksextremisten am 1. Mai Polizisten mit Pfefferspray, mit Holzlatten, die mit herausstehenden Schrauben präpariert waren und mit anderen Schlagwerkzeugen an. Insgesamt wurden 25 Polizeikräfte und drei Polizeipferde verletzt. Auch im Rahmen der Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag im Angriffe auf die Juni 2024 in Essen (Nordrhein-Westfalen) kam es zu gewalttätigen Polizei während Angriffen auf die Polizei. Neben einer Mehrheit an nicht extremisdes AfD-Bundestischen Demonstrierenden beteiligten sich auch mehrere Hundert parteitags in Essen gewaltbereite Linksextremisten an diesen Protesten, sodass die Polizei die Anreise der Teilnehmenden sowie die Durchführung des Parteitages schützen und hiergegen gerichtete rechtswidrige Blockaden auflösen musste. Als Polizeikräfte einen Teilnehmer des Bundesparteitags zum Veranstaltungsort begleiteten, wurden sie von etwa 200 Personen attackiert. Auf einen Beamten traten die Angreifer massiv ein, als dieser bereits auf dem Boden lag. Der Polizist wurde durch Tritte und Schläge gegen den Körper und den Kopf schwer verletzt, er erlitt mehrere Rippenbrüche und eine Gehirnerschütterung. Einer weiteren Beamtin wurden ebenfalls durch Gewalteinwirkung gegen den Kopf Verletzungen zugefügt. Insgesamt wurden an diesem Tag über 20 Polizeikräfte verletzt. Der Angriff verdeutlicht erneut, dass auch schwerste Verletzungen oder gar der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen werden. Über das Jahr verteilt gab es darüber hinaus zahlreiche Angriffe Angriffe auf und Sachbeschädigungen gegen Polizeiwachen und -fahrzeuge. So Polizeiwachen und wurden diverse Sachbeschädigungen an der im Leipziger SzeneFahrzeuge stadtteil Connewitz gelegenen Polizeiwache verzeichnet, die mit Steinen beworfen und mit linksextremistischen Slogans besprüht 153 LINKSEXTREMISMUS wurde. In Bremen wurde in der Nacht auf den 9. Dezember 2024 ein linksextremistisch motivierter Brandanschlag gegen eine Polizeiwache verübt. Dazu hatten die Täter Reifen und Unrat an einer Gebäudeseite gestapelt und dann mit Brandbeschleuniger angezündet. Der Brand führte zu massiven Schäden am Gebäude und in den unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten. Auch bekannten sich Linksextremisten im Februar 2024 zu erheblichen Sachbeschädigungen an mehreren Fahrzeugen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin, im Mai 2024 zur Brandstiftung an einem Dienstfahrzeug der Bundespolizei in Leipzig sowie zu weiteren ähnlichen Straftaten gegen Fahrzeuge und Einrichtungen der Polizei im Berichtsjahr. 3. Einflussnahme auf die Klimaproteste Mit ihrem vorgeblichen Engagement für den Klimaschutz versuchen Linksextremisten, demokratische Diskurse zu verschieben, diese um ihre ideologischen Positionen zu ergänzen, gesellschaftlichen Protest zu radikalisieren sowie den Staat und seine Institutionen zu delegitimieren. Gewaltorientierte Linksextremisten wollen die Proteste mithilfe militant ausgerichteter Aktionsbündnisse und Kampagnen beeinflussen und begehen Straftaten gegen Unternehmen, Infrastruktureinrichtungen und die Polizei. "Ziviler Ungehorsam" Im Rahmen der Klimaproteste agieren Linksextremisten unter und die Etablierung anderem mit Blockaden und Besetzungen zum Nachteil von Einradikalerer richtungen und Unternehmen der Energieinfrastrukturen, die als Protestformen "ziviler Ungehorsam" bezeichnet werden. Durch die Verwendung dieses Begriffs wird der vorsätzlich ausgeübte, teils auch gewaltsame Widerstand gegen den demokratischen Rechtsstaat und sein Gewaltmonopol in eine Reihe mit Menschenund Bürgerrechtsbewegungen gestellt, die gewaltlos gegen Unrechtssysteme protestieren. Tatsächlich gibt es eine solche Rechtfertigung unter Berufung auf einen "zivilen Ungehorsam" infolge eines Klimanotstandes nicht.79 Ungeachtet dessen werden weitergehende Begrifflichkeiten wie "ziviler Ungehorsam plus" und "friedliche Sabotage" diskutiert, womit unter anderem die Sabotage Kritischer Infrastrukturen legitimiert und als Aktionsform etabliert werden soll. 79 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.01.2023 - 5 B 14/23. 154 LINKSEXTREMISMUS Gewaltorientierte Linksextremisten versuchen darüber hinaus immer wieder, Brandstiftungen und Sachbeschädigungen als militanten Teil der Klimaprotestbewegung zu etablieren. So verursachten klandestin operierende Kleingruppen im Berichtsjahr hohe Sachschäden auch an Kritischen Infrastrukturen (vgl. Kap. II, Nr. 4) und begründeten diese mit ihrem vermeintlichen "Kampf für das Klima". Hierbei propagieren Linksextremisten, dass die Abwendung der Klimakatastrophe nur mit einem grundlegenden Systemumsturz weg von einer vermeintlichen "kapitalistischen Verwertungslogik" gelingen könne. Somit dienen ihnen die Sorge vor den Folgen der Klimaerwärmung und die Kritik an der Zerstörung der Natur in diesem Zusammenhang nur als Vehikel und Mittel zum eigenen Zweck. Einen Bezugspunkt für die Klimaproteste bildeten die "Aktionsta"Aktionstage ge gegen Tesla" vom 8. bis 12. Mai 2024 am Sitz der Tesla-Gigafacgegen Tesla" tory in Grünheide, die teilweise unfriedlich verliefen. In der Spitze beteiligten sich bis zu 2.000 Personen an den Protestaktionen, darunter zahlreiche Linksextremisten. Die Mobilisierung zu den "Aktionstagen gegen Tesla" war maßgeblich von Bündnissen ausgegangen, in denen sich die linksextremistischen Gruppierungen "Interventionistische Linke" (IL), "...ums Ganze!" (uG) und auch "Ende Gelände" (Verdachtsfall) engagieren. Spätestens seit der Errichtung der Tesla-Gigafactory und der damit verbundenen medialen Aufmerksamkeit steht der Protest gegen das Unternehmen im Fokus von Linksextremisten in ihrem vorgeblichen "Kampf für das Klima". Gewaltorientierte Linksextremisten begehen regelmäßig Brandstiftungen und Sachbeschädigungen zum Nachteil von Tesla und verknüpfen diese häufig in Taterklärungen mit einer ausführlichen Diskreditierung des Unternehmens. "Wir haben heute Tesla sabotiert. Denn Tesla in Grünau frisst Erde, Ressourcen, Menschen, Arbeitskraft und spuckt dafür 6000 SUVs, Killermaschinen und Monstertrucks pro Woche aus." (Internetplattform "de.indymedia", 5. März 2024) Immer wieder werden auch einzelne Tesla-Fahrzeuge in Brand gesetzt. Im Februar hatten sich Linksextremisten dazu bekannt, "zwei Teslas in Rummelsburg und (...) zwei Tesla-Ladestationen in der Vulkanstraße angezündet" zu haben. Den Höhepunkt 155 LINKSEXTREMISMUS linksextremistischer Agitation gegen Tesla bildete noch vor den Aktionstagen ein Brandanschlag einer linksextremistischen "Vulkangruppe" auf einen Hochspannungsmast am 5. März 2024, um durch einen Stromausfall gezielt den Produktionsablauf der nahe gelegenen Tesla-Gigafactory zum Stillstand zu bringen (vgl. Kap. II, Nr. 4). Im Verlauf der "Aktionstage" beschädigten Teilnehmende 24 Neuwagen teilweise großflächig mit Farbe und blockierten wiederholt Zufahrtsstraßen und Eingänge. Eine Blockadeaktion nahe der Tesla-Gigafactory führte zur zeitweisen Vollsperrung der angrenzenden Bundesautobahn (BAB) 10. Auch in weiteren deutschen Städten kam es zu gegen Tesla gerichteten Resonanzstraftaten. Unter anderem wurde am 13. Mai 2024 in Leipzig ein Brandanschlag gegen ein Tesla-Center verübt. Mehrere Brandsätze wurden an verschiedenen Fahrzeugen angebracht, von denen zwei zündeten und zu Schäden führten. Neben der zeitlichen Nähe zu den "Aktionstagen" sprechen Zielauswahl, Vorgehensweise sowie die Verortung im Szeneschwerpunkt Leipzig für eine linksextremistische Tatmotivation. Die "Aktionstage" haben erneut gezeigt, dass Linksextremisten eine aktionsorientierte, klimapolitische Ausrichtung als erfolgversprechende Möglichkeit ansehen, gesellschaftlichen Protest in ihrem Sinne zu beeinflussen, diesen zu radikalisieren und damit letztlich zu vereinnahmen. Sie haben teils erfolgreich die zunächst lokalen Proteste gegen Tesla und die damit verbundene öffentliche Aufmerksamkeit als Projektionsfläche zur Inszenierung ihrer linksextremistischen Themen genutzt. Es ist den linksextremistischen Akteuren darüber hinaus teilweise gelungen, militante Komponenten in den Protest einfließen zu lassen. Durch die starke Polizeipräsenz konnten unfriedliche Protestformen aber eingegrenzt werden, sodass die Aktionen häufig allenfalls symbolischen Charakter hatten und nicht die Größe und Militanz vergangener bundesweiter Mobilisierungen erreichten - wie zuletzt Anfang 2023 im Rahmen der Räumung der Ortschaft Lützerath (Nordrhein-Westfalen). Verdachtsfall Das Bündnis "Ende Gelände" wurde 2014 ursprünglich als ein "Ende Gelände" auf den Themenbereich Klima konzentriertes Projekt der IL gegründet. Zunächst profitierend von der starken Dynamik der Klimaprotestbewegung hat es sich im Fortgang als Kooperationspartner für Angehörige des autonomen und des dogmatischen 156 LINKSEXTREMISMUS Linksextremismus etabliert. Mittlerweile ist "Ende Gelände" sowohl strukturell als auch strategisch und ideologisch dem unmittelbaren Einflussbereich der IL entwachsen. Neben einer Verschärfung der propagierten Aktionsformen bis hin zur Sabotage ist auch ideologisch eine Radikalisierung erkennbar. Das BfV bearbeitet "Ende Gelände" als linksextremistischen Verdachtsfall. Anfangs stellten "Massenaktionen zivilen Ungehorsams" die dominierende Protestform von "Ende Gelände" dar. Hierzu wurde über das eigene Mitgliederpotenzial hinaus ein breites Spektrum von mehreren Tausend Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet für Blockadeaktionen der Kohleund später auch der Gasinfrastruktur mobilisiert. Seit 2023 ist das Bündnis bestrebt, sich neu zu strukturieren. Statt auf bundesweite "Massenaktionen" setzt "Ende Gelände" nun vorrangig auf kleinere Aktionen (insbesondere Blockaden) mit regionaler Mobilisierung. Der zu verzeichnende Rückgang der zugehörigen Ortsgruppen von noch 70 im Jahr 2023 auf nun 53 Ortsgruppen könnte auf Konsolidierungseffekte im Zuge der Neustrukturierung zurückzuführen sein. Aktive Ortsgruppen gibt es in allen Bundesländern außer dem Saarland. Von "Ende Gelände" vor allem seit 2022 veröffentlichte Texte lassen eine deutliche Radikalisierung im Hinblick auf die ideologischen Positionen der Gruppierung erkennen. Neben der legitimen Forderung nach einer nachhaltigen Klimapolitik verlangt "Ende Gelände" grundlegende Veränderungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, deren Ausgestaltung extremistische Positionen enthält. Ausgehend von der wiederholt geäußerten Forderung nach der Abschaffung der Polizei gibt es weitergehende Aussagen, die auf die Abschaffung der drei Staatsgewalten Exekutive, Legislative und Judikative abstellen, da diese "das System am Laufen halten". Man müsse weg von "Kapitalismus" und "Neokolonialismus", weg von Polizei und Staat. "Ende Gelände" verfügt über umfängliche Kontakte und Kooperationen auf personeller und funktional-organisatorischer Ebene, darunter befinden sich zahlreiche Akteure aus dem linksextremistischen Spektrum. Das Bündnis äußert sich regelmäßig auch zu für gewaltorientierte Linksextremisten relevanten Themen, die in keinem Bezug zum eigentlich für das Bündnis grundlegenden Thema Klimaschutz stehen. So lehnte "Ende Gelände" die 157 LINKSEXTREMISMUS Zusammenarbeit mit der Polizei selbst im Zusammenhang mit der Verfolgung möglicher Straftaten von ehemaligen Terroristen ab: "Egal ob es um nächtliche Aktionen oder RAF-Ehemalige gilt: Maul halten! Verbreitet keine Gerüchte, erzählt keine Held*Innengeschichten. Beteiligt euch nicht an Spekulationen. Und kein Wort zu den Cops." (X-Account "Ende Gelände", 17. Februar 2024) Im Fokus der Aktionen von "Ende Gelände" standen 2024 erneut energieerzeugende Unternehmen, insbesondere im Bereich flüssiges Erdgas (LNG). Beispielsweise versammelten sich am Morgen des 16. März 2024 etwa 30 Personen am Elbehafen in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) an einer Rohrleitung, die über die Zufahrt zum Hafengelände führt, wo sie Schaukeln befestigten und mit Plakaten auf die Klimaschädlichkeit von LNG hinwiesen. Am 6. April 2024 besetzten mehrere Personen das Steinkohlekraftwerk Scholven in Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen). Durch die Blockade war das Kraftwerk über Stunden vom Steinkohlenachschub abgeschnitten. Am 26. September 2024 blockierten mehrere Personen eine Baustelle für einen Anleger für Flüssiggasterminals in Brunsbüttel. Neben einer Kranbesetzung, dem Bau von Tripods und dem Hissen von Bannern wurde auch Pyrotechnik gezündet. Weiterhin beteiligte sich "Ende Gelände" gemeinsam mit der IL an Protesten gegen den "World LNG Summit" vom 9. bis 12. Dezember 2024 in Berlin, welche durch ein heterogenes Spektrum von nicht extremistischen und extremistischen Gruppen getragen wurden. Neben Demonstrationen kam es zu Blockaden und Zusammenstößen mit der Polizei. Diese Aktionen erfuhren jedoch alle deutlich weniger Aufmerksamkeit als die bisherigen Massenaktionen. 4. Angriffe auf Kritische Infrastrukturen und Wirtschaftsunternehmen Angriffe auf Kritische Gewaltorientierte Linksextremisten greifen immer wieder geund sonstige zielt Kritische Infrastrukturen, aber auch Einrichtungen der allInfrastrukturen gemeinen Infrastruktur in Deutschland an. Sie dienen aus ihrer Sicht einzig den Interessen und der Funktionsfähigkeit eines vermeintlich skrupellosen Staates, der allein darauf aus sei, kapitalistische Profitorientiertheit zu befriedigen und seine Macht durch Repression zu sichern. Insbesondere die Bereiche "Energie", 158 LINKSEXTREMISMUS "Informationstechnik und Telekommunikation" sowie "Transport und Verkehr" sind in den verschiedensten Themenzusammenhängen Ziele linksextremistisch motivierter Sabotagehandlungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen. Die Anschläge auf Kabelschächte, Stromoder Mobilfunkmasten und Baugerät auf Baustellen für den Infrastrukturausbau treffen nicht nur die Unternehmen, die hierdurch wirtschaftlichen Schaden erleiden, sondern auch weite Teile der Bevölkerung. In einigen Fällen waren in den letzten Jahren ganze Stadtteile teils stundenlang ohne Strom, Internet oder Telefon. Als Folge von Anschlägen rund um Bahnanlagen oder gegen die Deutsche Bahn AG (DB) kommt es immer wieder zu spürbaren Ausfällen und Verspätungen im Bahnverkehr. Das Unternehmen wird von der Szene als größtes Logistikunternehmen der "kapitalistischen Profitwirtschaft" angeprangert. Insbesondere Kabelstränge im Bereich der Gleisanlagen sind regelmäßig Angriffsziel für gewaltorientierte Linksextremisten. Besonders erheblich waren die Auswirkungen eines linksextremisAnschlag auf die tisch motivierten Brandanschlags auf einen Hochspannungsmast Stromversorgung am 5. März 2024. Mit dem durch das Feuer verursachten Stromvon Tesla verursacht ausfall wollte eine linksextremistische "Vulkangruppe" gezielt massive Schäden den Produktionsablauf in der nahe gelegenen Tesla-Gigafactory in Grünheide längerfristig zum Stillstand bringen. Dazu hatten die Täter von dem Hochspannungsmast abgehende Erdkabel und zusätzlich an dem Mast aufgestapelte Autoreifen in Brand gesetzt. Durch das sich ausbreitende Feuer stand der Mast mehrere Meter hoch in Flammen. Die aufwendige Reparatur dauerte fast eine Woche und kostete mehr als eine Million Euro. Der Autobauer Tesla erlitt nach eigenen Angaben durch den Produktionsausfall einen Schaden von mehreren Hundert Millionen Euro. Der Stromausfall betraf zudem unter anderem auch eine intensivmedizinische Klinik, ein Logistikzentrum und zahlreiche private Haushalte in Berlin und Brandenburg. Diese durch den Anschlag verursachten massiven Auswirkungen für die Bevölkerung in den von dem Stromausfall betroffenen Gebieten zeigen erneut, dass Linksextremisten mögliche Folgeschäden für "Unbeteiligte" billigend in Kauf nehmen. Noch am Tag des Brandanschlags veröffentlichte eine "Vulkangruppe Tesla abschalten!" eine Taterklärung. Ziel des Anschlags war es demnach, einen Schaden zu verursachen, der nur mit großem Aufwand und damit nicht kurzfristig wieder behoben werden kann. In Berlin 159 LINKSEXTREMISMUS und Brandenburg begehen sogenannte Vulkangruppen bereits seit dem Jahr 2011 in unregelmäßigen Abständen Brandanschläge auf neuralgische Punkte der Infrastruktur - oft mit spürbaren Auswirkungen für die Bevölkerung. Die Auswahl der Tesla-Gigafactory als Angriffsziel begründete die Gruppe mit einer umfassenden, ideologisch als anarcho-primitivistisch und damit eindeutig als linksextremistisch zu wertenden Aufzählung von Kritikpunkten an dem Unternehmen und dessen Inhaber Elon Musk. Die Botschaft der linksextremistischen Täter ist deutlich: Das Unternehmen wurde angegriffen als Repräsentant eines als totalitär diffamierten "Herrschaftssystems", das wegen seines technologischen Fortschritts und der damit verbundenen Zerstörung der Natur sowie der Unterdrückung des Menschen bekämpft werden müsse. "Denn die komplette Zerstörung der Gigafactory und mit ihr das Absägen von 'Technofaschisten' wie Elend Musk sind ein Schritt auf dem Weg der Befreiung vom Patriarchat. Die Machtstellungen erlauben (...) im schrecklichsten Sinne mit den 'fortschrittlichsten' Formen der Ausbeutung und mit der zur Verfügung stehenden Ressource 'Mensch' zu experimentieren. (...) Die Ideologie eines grenzenlosen ökonomischen Wachstums und ein auf Zerstörung beruhender Fortschrittsglaube sind an ihrem Ende angekommen. (...) Gemeinsam zwingen wir Tesla in die Knie. Switch off für Tesla." (Internetplattform "kontrapolis.info", 5. März 2024) Angriffe auf Wie in der Taterklärung zum Anschlag auf die Stromversorgung Infrastruktur im von Tesla nehmen Linksextremisten auch bei anderen Anschlägen Kontext "Switch off" auf Infrastrukturen immer wieder Bezug auf die linksextremistische Kampagne "Switch off - the system of destruction" (kurz: "Switch off"). Mit der Anfang 2023 neu initiierten Kampagne forcieren Linksextremisten eine Verbindung des klassischen linksextremistischen Aktionsfelds "Antikapitalismus" mit klimapolitischen Themen. Im Kampagnenaufruf wird jegliches staatliche Handeln zur Lösung der Klimakrise abgelehnt und gefordert, die Verantwortlichen für die "Zerstörung der Natur" und die "Infrastruktur des Kapitalismus" anzugreifen und die "bestehenden Verhältnisse" zu überwinden. Auf der Kampagnen-Website findet sich eine Auflistung verschiedener Energieversorger und anderer Industrieunternehmen, die demnach in besonderem Maße für die Klimakrise verantwortlich seien. Die betroffenen Unternehmen werden hierdurch klar ersichtlich zu Zielen für Straftaten erklärt. 160 LINKSEXTREMISMUS Die Ausrichtung der Kampagne und die damit verbundene Aufforderung zur Begehung von Straftaten haben in der gewaltbereiten linksextremistischen Szene verfangen, vor allem in Deutschland, aber auch in zahlreichen anderen Ländern, wo es ebenfalls zu Straftaten unter dem Label kommt. "Switch off" ist die derzeit bedeutendste militante Kampagne im Linksextremismus. Sie bietet gewalttätigen Linksextremisten eine Gelegenheit, sich mit ihrem Handeln zu profilieren, dieses in einen gemeinsamen ideologischen Kontext einzureihen und damit potenzielle Nachahmer zu gewinnen. Dadurch, dass Taten verschiedenster Akteure unter einem identischen Label zusammengefasst werden, wird ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugt - verbunden mit einem Gefühl der Macht und der Wirksamkeit der gebündelten Aktionen. Nicht zuletzt die Aneinanderreihung der teilweise drastischen Bilder der Brandanschläge und der sich unter dem Label in mehrstelliger Millionenhöhe summierende Schaden zum Nachteil des ihnen verhassten "kapitalistischen Systems" dürften für Linksextremisten sehr attraktiv erscheinen und sie zu weiteren Taten, insbesondere Brandanschlägen, unter dem Label "Switch off" animieren. So haben sich 2024 mit den linksextremistischen "Vulkangruppen" auch langjährig aktive linksextremistische Gewalttäter an der Kampagne beteiligt, die bereits häufiger Anschläge mit enormen Auswirkungen und Schadenssummen begangen haben. Die Liste der auf der Website von "Switch off" veröffentlichten Erklärungen zu Sachbeschädigungen und Brandstiftungen ist lang und erweitert sich kontinuierlich. Mehr als 100 Straftaten allein in Deutschland werden hier inzwischen in Zusammenhang mit dem Label "Switch off" gesetzt. Seit Ende 2023 richteten sich unter anderem drei Brandanschläge gegen Unternehmen aus der Betonindustrie in Berlin, die an der Erweiterung der dortigen BAB 100 beteiligt sind. In unmittelbarer Nähe der Baustelle verübten unbekannte Täter am 15. März 2024 einen Brandanschlag auf mehrere Baufahrzeuge eines Zementwerks. Der Taterklärung nach war es erklärtes Ziel der Täter, die Tätigkeit des Unternehmens auf der Autobahnbaustelle zu unterbrechen und ihm einen hohen Schaden zuzufügen. Sechs Betonmischfahrzeuge brannten vollständig aus. Drei weitere wurden durch das Feuer stark beschädigt. Der verursachte Schaden lag schätzungsweise im mindestens sechsstelligen Bereich. In ihrer Erklärung riefen die Täter dazu auf, es ihnen gleichzutun: 161 LINKSEXTREMISMUS "Um den fortschreitenden Ökozid als Folge des massiven Extraktivismus und der industriellen Produktionsweise zu stoppen, bedarf es radikalere Antworten. Eine mögliche liegt in dem Angriff auf Infrastruktur und Arbeitsgerät der Naturzerstörung. Switch Off. (...) Greifen wir die Industrie und die Wirtschaft an (...)!" ("switchoff.noblogs.org", 15. März 2024) In der Nacht auf den 2. Dezember 2024 verübten unbekannte Täter kurz hintereinander zwei weitere Brandanschläge gegen die bereits zuvor angegriffenen Betonhersteller, wobei insgesamt 16 Betonmischund Pumpfahrzeuge sowie ein Förderband zerstört wurden. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von etwa vier Millionen Euro. In der auf "de.indymedia" veröffentlichten und auch auf der Website von "Switch off" gelisteten Taterklärung mit dem Titel "Switch off Betonindustrie!" wurde deutlich, dass die Verfasser die Tat als "die Kontinuität einer Reihe von Angriffen auf Betonriesen" sehen, die sie wiederum auch mit der Beteiligung der Firmen am Bau der BAB 100 begründeten. Ebenfalls mit dem Label "Switch off" versehen wurden zudem Brandanschläge auf mehrere Kabelstränge in zwei Kabelschächten entlang der Zugverbindung zwischen Bremen und Hamburg am 29. Juli 2024 sowie in einem Kabelschacht der DB am 2. August 2024 in Berlin. Infolge der Brandanschläge kam es vor allem in Berlin zu gravierenden Einschränkungen im Bahnverkehr. Insgesamt waren mehr als 2.300 Zugverbindungen von Ausfällen und Verspätungen betroffen. Weitere auf der Website genannte Sachbeschädigungen und Brandstiftungen im Kontext "Switch off" richteten sich unter anderem gegen Geothermieleitungen, Funkund Sendemasten, Messstationen für einen Windpark, Windkraftanlagen, mehrere Baufahrzeuge, Autohäuser, Forstmaschinen, einen Golfclub, Ladesäulen für Elektroautos, diverse Kabelschächte sowie gegen mehrere Parteibüros von Bündnis 90/Die Grünen. Anschlagsserie Eine erneut besondere Häufung von Brandanschlägen auf Fahrin München und zeuge, Baumaschinen und öffentliche Infrastruktur gab es 2024 Umgebung in und um München. Seit dem Jahr 2018 kommt es in der Region vermehrt zu solchen Brandanschlägen mit sehr hohen Sachschäden. Akteure der stark autonom-anarchistisch geprägten Szene 162 LINKSEXTREMISMUS Münchens stehen im Verdacht, für die Anschlagsserie verantwortlich zu sein. So wurden beispielsweise im Februar 2024 auf dem Gelände eines Kieswerks mehrere Radlader sowie ein Gebäude in Brand gesetzt. Der Gesamtschaden betrug mindestens 500.000 Euro. In der Nacht auf den 4. April 2024 wurden in München vier Baufahrzeuge auf der Großbaustelle für eine neue S-Bahn-Stammstrecke in Brand gesetzt. Die Baufahrzeuge, darunter ein Bagger und zwei Radlader, standen gleichzeitig in Brand und wurden vollständig zerstört. Der entstandene Sachschaden lag ebenfalls bei etwa 500.000 Euro. Im September 2024 brannten sechs Betonmischer, ein Radlader, ein Mischsilo und ein Förderband auf dem Gelände eines Betonwerks aus. Der verursachte Sachschaden dürfte im Millionenbereich liegen. Auch im November 2024 wurden zwei Bagger auf einer Baustelle in Brand gesetzt. Alle vier Brandanschläge sind auf der Website der Kampagne "Switch off" gelistet. Wirtschaftsunternehmen gelten Linksextremisten als tragende Angriffe auf Säulen des "ausbeuterischen kapitalistischen Systems". Allein aus Wirtschaftsdiesem Grund ist nahezu jedes größere Unternehmen abstrakt unternehmen gefährdet, Ziel linksextremistischer Agitation und Straftaten zu verursachen werden. Neben Protesten und Blockaden verüben LinksextremisMillionenschäden ten regelmäßig Straftaten gegen technische Einrichtungen, Fahrzeuge, Maschinen oder Infrastruktur von Unternehmen. In Einzelfällen werden Unternehmensverantwortliche beziehungsweise ihr Eigentum im privaten Umfeld auch direkt angegriffen. Die in Deutschland durch Linksextremisten verursachten Sachschäden von Unternehmen sind kaum genau zu beziffern, erreichen jedes Jahr aber mehrstellige Millionenbeträge. Darüber hinaus sollen diese Angriffe auch wirtschaftliche Entscheidungen beeinflussen, wenn es beispielsweise um die Verhinderung der Ansiedlung eines großen Unternehmens oder den Ausbau eines solchen geht. So ist Linksextremismus am Ende immer auch ein gesamtgesellschaftlicher Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Häufig zielen Linksextremisten auf bestimmte Wirtschaftsbereiche oder Unternehmen wie die DB, solche aus der Rüstungsindustrie, der Energie-, Bau-, Technologieoder Automobilbranche. So zerstörte in der Nacht auf den 31. Mai 2024 ein vorsätzlich gelegter Brand auf dem Gelände eines Autohauses in Leipzig sechs hochwertige Pkw und drei Transporter. Die Höhe des Sachschadens wurde auf rund 450.000 Euro geschätzt. Die Polizei konnte bei einer Nahbereichsfahndung zeitnah drei Tatverdächtige fassen, 163 LINKSEXTREMISMUS welche von Zeugen als Täter wiedererkannt wurden und die unter anderem von Linksextremisten regelmäßig als Brandbeschleuniger genutzte Grillanzünder und eine Sturmhaube mitführten. Die dringend tatverdächtigen Personen waren zuvor bereits im Zusammenhang mit linksextremistischen Gewalttaten polizeilich erfasst worden. Begründet werden solche Straftaten neben der genannten Grundsatzkritik am "kapitalistischen System" mit verschiedenen weiteren Themenzusammenhängen wie "Antirepression", "Antimilitarismus", "Antigentrifizierung" oder mit einem vermeintlichen Engagement für den Klimaschutz. Auf diese Weise versuchen Linksextremisten regelmäßig, ihre Straftaten zu rechtfertigen. Dabei beschränken sich Linksextremisten auch nicht ausschließlich auf Angriffe auf Unternehmenseigentum, sondern zielen im Einzelfall auch direkt auf Unternehmensverantwortliche ab. Beispielsweise setzten unbekannte Täter in der Nacht auf den 29. April 2024 ein Gartenhaus auf dem privaten Grundstück des Vorstandsvorsitzenden der Rheinmetall AG in Brand. Beim Eintreffen der Feuerwehr stand das auf der Grundstücksgrenze stehende Gartenhaus teilweise in Flammen. Zu der Tat wurde noch am selben Tag eine Taterklärung veröffentlicht. Neben einem Bekenntnis zu dem Brandanschlag wird dieser vor allem mit "antikapitalistischen" und "antimilitaristischen" Begründungszusammenhängen erklärt. Anschläge dienen der Linksextremisten halten es für unabdingbar, gegen vermeintliBekämpfung che "Missstände" eigenmächtig vorzugehen, da der Staat aus seides "kapitalistischen ner "kapitalistischen" Interessenlage heraus untätig bleibe. WirtSystems" schaftsunternehmen werfen sie skrupellose Profitorientiertheit und "Greenwashing" beim Klimaschutz vor. Mittels der nachgelagerten Tatbegründung und der erzielten öffentlichen Aufmerksamkeit soll auch das Ansehen der Unternehmen geschädigt werden. Zudem sollen andere Szeneangehörige angesprochen und zu weiteren Taten angestiftet werden. Mit Angriffen auf Kritische Infrastrukturen wie auch auf andere Infrastruktureinrichtungen wollen Linksextremisten nicht nur davon betroffenen Unternehmen Schaden zufügen, sondern das "kapitalistische System" insgesamt zum Stillstand bringen. Fernziel von Linksextremisten bleibt dabei immer die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 164 LINKSEXTREMISMUS 5. Angriffe auf Parteien, Politikerinnen und Politiker Politikerinnen und Politiker, politische Parteien und sie unterstützende Personen werden immer wieder zum Ziel linksextremistischer Störaktionen und Straftaten. Besonders im Fokus steht dabei die AfD (vgl. die ausführliche Darstellung in Kap. II, Nr. 1). Aber auch Mitglieder anderer Parteien werden - wenn auch weniger häufig - bis hinunter auf die kommunale Ebene von Linksextremisten attackiert. Diese Taten knüpfen zumeist an einzelne Personen, Themen oder Positionen an, wobei häufig lokale Sachverhalte oder Ereignisse zur Tat motivieren. Dies können ein entschiedenes öffentliches Auftreten einzelner Politikerinnen und Politiker gegen den (gewaltorientierten) Linksextremismus sein, aber auch missliebige sicherheits-, klimaoder migrationspolitische Entscheidungen regierungsverantwortlicher Parteien. Beispielsweise wollten unbekannte Täter in der Nacht auf den 11. Dezember 2024 auf dem Privatgrundstück des Hamburger Senators für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (Bündnis 90/Die Grünen) einen Brandanschlag verüben. Der zeitverzögerte Brandsatz, der an einer Wärmepumpe auf dem Grundstück platziert war, zündete jedoch nicht. In einer am 13. Dezember 2024 auf "de.indymedia" veröffentlichten Taterklärung mit dem Titel "SWITCH OFF THE SYSTEM OF DESTRUCTION! SWITCH OFF 'GRÜNE MODERNISIERUNG!'" werden die Privatadresse des Senators und diverse Begründungszusammenhänge genannt: Neben Kritik an seiner Person, seiner Politik und an seiner Partei auf Bundesund Landesebene finden sich eine Bezugnahme auf die linksextremistische Kampagne "Switch off" (vgl. Kap. II, Nr. 4) sowie Solidaritätsbekundungen für griechische Anarchisten (vgl. Kap. IV, Nr. 3) und festgenommene deutsche Linksextremisten (vgl. Kap. II, Nr. 1). Sachbeschädigungen von Linksextremisten gegen Büros der im Bund regierungsverantwortlichen Parteien wurden 2024 häufig in den Kontext "Antimilitarismus" gerückt. Unter anderem traf es die SPD im September in Leipzig, im November in Hamburg und im Dezember in Frankfurt am Main (Hessen) oder die Partei Bündnis 90/Die Grünen im September in Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) und im Oktober in Leipzig. Aber auch andere Themen wie Klimapolitik, Migrationspolitik oder die Preiserhöhung beim Deutschlandticket der DB waren 2024 Anlässe 165 LINKSEXTREMISMUS für linksextremistische Angriffe auf Parteien. Laut Taterklärung im Zusammenhang mit der tags zuvor erfolgten Landtagswahl in Brandenburg wurden in Bremen am 23. September 2024 Parteibüros von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit blauer Farbe besprüht - verbunden mit dem Vorwurf, selbst die "menschenverachtende, migrationsfeindliche Politik der AfD" umzusetzen und damit den Weg für eine "zunehmende Faschisierung" zu bereiten. Zu diesen und weiteren Taten wurden Taterklärungen auf "de.indymedia" veröffentlicht. Europa-, Bundesund Landtagswahlen sowie die ihnen vorgelagerten Wahlkämpfe dienen Linksextremisten regelmäßig als Anknüpfungspunkt für ein hohes Aktionsniveau. Aktuelle Krisenthemen (Klimawandel, Migration, Wirtschaftslage, Wohnraumdebatte, internationale Konflikte) sowie ein unterstellter "Rechtsruck" in Politik und Gesellschaft sind dabei für Linksextremisten ideologisch aufgeladene Themen, die ihnen einen hohen Handlungsdruck vermitteln. In den vergangenen Jahren kam es in zeitlichem Zusammenhang mit Wahlen zu teils massiven Anstiegen linksextremistischer Strafund Gewalttaten wie vor allem Sachbeschädigungen und Diebstählen von Wahlplakaten, "Outings" und Bedrohungen von Parteimitgliedern, Brandstiftungen an Parteieigentum bis hin zu direkten, auch körperlichen Angriffen am Wahlkampfstand oder im privaten Umfeld von Parteimitgliedern und Kandidierenden. So standen im Berichtsjahr 23,9 % der Straftaten (1.399 Delikte) und 4,9 % der Gewalttaten (26 Delikte) von Linksextremisten im Zusammenhang mit der Europawahl beziehungsweise den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Straftaten im Kontext des Ende 2024 beginnenden Vorwahlkampfs zur Bundestagswahl 2025 sind hierbei noch nicht erfasst. 6. Antisemitismus und Israelfeindschaft im Linksextremismus Antisemitismus ist kein elementarer Bestandteil der linksextremistischen Ideologie. Dennoch vertreten viele Linksextremisten israelfeindliche Positionen und zeigen eine einseitige propalästinensiche Parteinahme. Ablehnung und Kritik gegenüber dem Staat Israel beruhen dabei regelmäßig auf einer antiimperialistischen Denkweise. Nach dieser wird Israel als verlängerter Arm der USA angesehen, der die palästinensische Bevölkerung aus kapitalistischen und imperialistischen Beweggründen kolonialisieren 166 LINKSEXTREMISMUS würde. Antiimperialisten unterteilen die Konfliktparteien dabei in die "gute" - weil um "Befreiung kämpfende" - palästinensische Bevölkerung sowie den "bösen", "kriegstreibenden" und "kapitalistischen" Staat Israel. Diese Unterteilung besitzt jedoch pauschal noch keine antisemitische Dimension. Antiimperialistische und dogmatische Linksextremisten betrachten Israel weniger als "jüdischen", sondern vorrangig als "imperialistischen" und "kapitalistischen" Staat. Des Weiteren gilt ihnen Israel nicht etwa wie in antisemitischen Verschwörungstheorien als "geheime Macht" hinter den USA, sondern wird umgekehrt als Instrument der USA verstanden, was konventionellen antisemitischen Auffassungen gerade widerspricht. In Einzelfällen gehen Antiimperialismus und Israelfeindschaft von Israelbezogener Linksextremisten jedoch auch mit einer Ablehnung des Zionismus Antisemitismus als jüdischer Nationalbewegung und des daraus hervorgegangenen Staates Israel einher. Vor allem die Negierung des Existenzrechts Israels kann vor diesem Hintergrund als israelbezogener Antisemitismus gewertet werden. Auch die Umdeutung der Terrorangriffe Vernetzungen mit gegen Israel oder Jüdinnen und Juden in "legitimen Widerstand" Extremisten aus gegen Unterdrückung, "Apartheid" oder Kolonialisierung wird von anderen Spektren einigen Linksextremisten übernommen, die sich Narrative zu Eigen machen, die von israelfeindlichen terroristischen Organisationen stammen und im Kern antisemitisch sind. Die linksextremistische Szene zeigte sich 2024 in Bezug auf den Palästinasolidarität Nahostkonflikt weiterhin gespalten. Autonome Linksextremisten im dogmatischen vertraten weniger öffentlichkeitswirksam überwiegend proisraeliLinksextremismus sche Positionen, antiimperialistische und dogmatische Linksextremisten deutlicher sichtbar und in der Mehrzahl propalästinensische Positionen. Vor allem für die sonst eher zu Streit und Spaltung neigende dogmatische linksextremistische Szene ist die Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung ein zentrales und einander verbindendes Betätigungsfeld. Die Facetten der Palästinasolidarität reichen bis hin zu Israelfeindschaft und Antizionismus. Angehörige des dogmatischen linksextremistischen Spektrums versuchen zielgerichtet, Debatten und Demonstrationen mit Bezug zum Nahostkonflikt ideologisch und personell zu durchdringen. Sie wollen die Deutungshoheit über die Interpretation der Situation im Nahen Osten erlangen sowie ihre antiimperialistische und antikapitalistische Weltanschauung verbreiten. Zudem versuchen sie, 167 LINKSEXTREMISMUS die Teilnehmenden an propalästinensischen Protesten zu radikalisieren und als neue Mitglieder zu rekrutieren. Antiimperialismus und Israelfeindschaft sind verbindende Elemente zwischen dogmatischen Linksextremisten sowie Organisationen und Einzelpersonen aus dem säkularen palästinensischen Extremismus und dem türkischen Linksextremismus. Als Folge zeigten sich auch 2024 fortgesetzte Vernetzungen zwischen diesen Spektren, die sich im Verlauf des Versammlungsgeschehens vertieften oder mit der Zeit neu entstanden. Diese Vernetzungen äußerten sich in der gemeinsamen Organisation und Mobilisierung zur Teilnahme an Veranstaltungen, der Beteiligung an Protesten und Kundgebungen der jeweils anderen Gruppierungen sowie der regelmäßigen Versicherung der gegenseitigen Solidarität. Dogmatische Linksextremisten übten darüber hinaus Einfluss auf zahlreiche propalästinensische Gruppierungen aus. Teilweise gründeten sie diese und gaben deren ideologische Ausrichtung vor, zum Teil traten sie öffentlich als deren Sprecherinnen und Sprecher in Erscheinung oder meldeten Veranstaltungen der jeweiligen Gruppierungen an. "Kufiya-Netzwerk" Ein Beispiel für die Vernetzung zwischen dogmatischen Linksextremisten und Extremisten aus anderen Phänomenbereichen ist das sogenannte Kufiya-Netzwerk. In diesem organisieren sich verschiedene dogmatische Organisationen mit Gruppen aus dem auslandsbezogenen Extremismus sowie dem nicht extremistischen Spektrum. Das antiimperialistisch und propalästinensisch ausgerichtete Netzwerk organisierte im Berichtszeitraum unter anderem zwei Aktionswochen, informierte über anstehende propalästinensische Veranstaltungen und gab verschiedene Flyer und Plakate heraus. Zu den im Netzwerk organisierten Extremisten gehören aus dem Bereich des dogmatischen Linksextremismus unter anderem die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), ihre Jugendorganisation "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) sowie die trotzkistische "Gruppe ArbeiterInnenmacht" (GAM) sowie aus dem auslandsbezogenen Extremismus "Young Struggle" (YS), die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V." (Jüdische Stimme) sowie "Palästina Spricht". 168 LINKSEXTREMISMUS 7. Gefährdungspotenzial Die vom Linksextremismus ausgehenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung sind weiterhin hoch. Linksextremisten verüben in Deutschland nahezu täglich Strafund Gewalttaten. Besonders im "antifaschistischen Kampf", aber auch im Vorgehen gegen die Polizei weist linksextremistische Gewalt eine hohe Brutalität auf, verbunden mit einer äußerst gezielten und professionellen Umsetzung. Diverse Taten zeigen, dass Linksextremisten auch potenziell tödliche Verletzungen in Kauf nehmen. Trotz der zum Teil brutalen und hemmungslosen Gewaltausübung ist die Solidarität der Szene mit linksextremistischen Gewalttätern ungebrochen. Neben verbaler Unterstützung kann diese auch praktisch werden, zum Beispiel als Hilfe bei der Vorbereitung von Straftaten oder dabei, sich der Strafverfolgung zu entziehen, sowie bei der Radikalisierung weiterer potenzieller Täter. Darüber hinaus verursachen Linksextremisten durch Sabotagehandlungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen jährlich Sachschäden in mehrstelliger Millionenhöhe und schaden damit dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Angriffe auf Infrastrukturen, Kritische oder sonstige, treffen nicht nur Unternehmen. Zunehmend ist auch die Bevölkerung von Ausfällen und Beeinträchtigungen der Energieund Telekommunikationsinfrastruktur oder des öffentlichen Personenverkehrs betroffen, die durch linksextremistische Anschläge verursacht werden. Im Alltag ist linksextremistisches Handeln oftmals nicht sofort erkennbar. Über gesellschaftliche Debatten und Proteste, durch Gewerkschaftsarbeit oder Hilfsangebote im Alltag suchen Linksextremisten Anschluss an das demokratische Spektrum. Hier wollen sie ihre Positionen unterschwellig einfließen lassen, Personen indoktrinieren, neue Anhängerinnen und Anhänger gewinnen oder einen Personenkreis über die eigene Anhängerschaft hinaus radikalisieren. Linksextremisten agieren dabei grenzüberschreitend - nicht nur solidarisch, sondern auch bei der Begehung von Straftaten. Sie haben Kennverhältnisse und Vernetzungen auch in äußerst gewaltbereite bis terroristisch agierende linksextremistische Szenen im Ausland aufgebaut, wie zum Beispiel in Griechenland oder Italien, aber auch in Richtung von Terrororganisationen aus dem auslandsbezogenen Extremismus wie der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Hier erlernte Fähigkeiten im Umgang mit 169 LINKSEXTREMISMUS Waffen oder Sprengstoffen oder gemachte Gewalterfahrungen in Kampfgebieten im Ausland sind potenziell geeignet, zukünftig auch Auswirkungen in Deutschland zu entfalten. Auch wenn hierzulande die Schwelle zum Linksterrorismus aktuell noch nicht überschritten ist, besteht eine hohe Gefahr für weitere schwere Gewalttaten gegen Personen. Zwar kam es hier in den letzten Jahren nicht zum gezielten Einsatz von Schusswaffen oder Sprengstoffen; Exekutivmaßnahmen haben aber gezeigt, dass Linksextremisten bei Bedarf Zugang auch zu diesen Tatmitteln haben. Bei ungehindertem Fortgang der Radikalisierung einzelner Personen oder Strukturen könnte in Deutschland ein neuer Linksterrorismus entstehen, der sich insbesondere gegen als solche ausgemachte "Faschisten" richten dürfte, aber auch zu weiterer Gewalt gegen Staat und Polizei führen könnte. Dogmatische Linksextremisten und ihre Jugendorganisationen wollen gezielt Jugendliche und junge Erwachsene anwerben und indoktrinieren. Überhaupt leistet auch der dogmatische Linksextremismus einen nicht unerheblichen Beitrag zu linksextremistischer Gewalt, sei es durch die Schaffung ideologischer Begründungszusammenhänge oder durch konkrete Unterstützungshandlungen im Umfeld. Vor allem wirken sie als geistige Wegbereiter daran mit, den Linksextremismus in all seinen Ausprägungen in Politik und Gesellschaft zu tragen. Absehbar muss weiterhin mit einer Vielzahl von linksextremistischen Straftaten gerechnet werden, wobei sich die Gewalt vor allem gegen als solche ausgemachte "Faschisten" und die Polizei richten dürfte. Aufgrund der vielfach verfügbaren Angriffsziele und einer oftmals vergleichsweise einfachen Tatumsetzung bei zugleich erheblichen Auswirkungen wird es wohl auch künftig zahlreiche Angriffe auf Unternehmen und Kritische oder sonstige Infrastrukturen geben, die mit beliebigen, im Kontext gerade aktuellen Begründungszusammenhängen verbunden werden. Bei all dem geht es Linksextremisten letztlich immer um eine Bekämpfung des politischen Gegners, des verhassten Staates und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung insgesamt, die - gewaltsam - überwunden werden soll. 170 LINKSEXTREMISMUS III. Linksextremistische Strukturen Mit Marxismus und Anarchismus gibt es im Linksextremismus Heterogenität zwei miteinander unvereinbare Ideologiefamilien. Auch sonst ist der Szene für die linksextremistische Szene ihre ausgeprägte Heterogenität charakteristisch, die sich im Hinblick auf die verschiedenen ideologischen Ausprägungen, den Organisationsgrad, die bevorzugten Aktionsformen sowie das Verhältnis zur Gewalt zeigt. Anhand der Einstellung zur Frage, ob Gewalt bereits in der Gegenwart legitimes Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele sei oder erst in einer noch fernen "revolutionären Situation", lässt sich die Szene in gewaltorientierte und nicht gewaltorientierte Linksextremisten unterteilen. Einig sind sich Linksextremisten in der vermeintlichen NotwenÜberwindung des digkeit, den Staat revolutionär abschaffen zu wollen. Marxisten "Kapitalismus" identifizieren in ihrem Kampf gegen die gegenwärtige Staatsund Gesellschaftsform den "Kapitalismus" als Ursache allen Übels. "Kapitalismus", von ihnen verstanden als untrennbare Einheit von marktwirtschaftlicher Eigentumsordnung und demokratischem Rechtsstaat, diene vor allem der Erhaltung von Ausbeutungsund Unterdrückungsverhältnissen und zementiere die sich darauf aufbauende Ordnung. So zielen Marxisten-Leninisten immer auch gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, wenn sie den "Kapitalismus" bekämpfen. Die Überwindung des "Kapitalismus" könne nicht durch politische Reformen, sondern nur durch einen revolutionären Umsturz erfolgen. In ähnlicher Weise streben auch Anarchisten kompromisslos nach einer Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats, identifizieren allerdings als Hauptproblem die "Herrschaft" an sich, die es in jeder Hinsicht zu bekämpfen gelte. 1. Gewaltorientierte Linksextremisten Etwa 11.200 Linksextremisten in Deutschland sind als gewaltorientiert einzustufen (2023: 11.200). Zu dieser Gruppe zählen vor allem Autonome, Anarchisten sowie ein kleiner Teil des dogmatischen Spektrums. Nach der Aufassung gewaltorientierter Linksextremisten seien tatsächliche Veränderungen in Staat und Gesellschaft nur durch Gewalt und "Militanz" zu erreichen, nicht durch Wahlen und Parlamentarismus. Vor allem autonome Linksextremisten sehen 171 LINKSEXTREMISMUS sich dazu berechtigt, tatsächliche oder vermeintliche Missstände unmittelbar und selbst zu beseitigen. Der verhasste Staat soll durch kontinuierliche Angriffe herausgefordert und auf lange Sicht geschwächt werden. Die häufig in Taterklärungen veröffentlichten Ansichten sollen den Taten Nachdruck verleihen und zur Nachahmung animieren. 1.1 Autonome Die 8.600 Autonomen bilden die größte Gruppe im gewaltorientierten Linksextremismus. Trotz ihrer ideologischen, strategischen und organisatorischen Verschiedenheit teilen sie eine inhaltliche Grundannahme: Das Individuum und seine Selbstverwirklichung stehen im Mittelpunkt des politischen Handelns. Jede Form der Fremdbestimmung lehnen sie ab. Alle Staatsund Herrschaftsformen werden als autoritär erachtet und sollen zugunsten einer herrschaftsfreien Ordnung überwunden werden. Unverbindliche Den autonomen Linksextremismus prägt ein ambivalentes VerStrukturen und hältnis zu festen Gruppenstrukturen. Aus der Ablehnung jeder Kleingruppen Form von Fremdbestimmung resultiert eine Abneigung gegenüber Zusammenschlüssen und gefestigten Strukturen. Gleichzeitig können die eigene politische Schlagkraft und der effektive Schutz vor politischen Kontrahenten nur durch ein Mindestmaß an Koordinierung sichergestellt werden. Daher schließen sich autonome Linksextremisten aus pragmatischen Überlegungen zu unterschiedlich großen Gruppen zusammen und gehen Bündnisse ein. Viele Autonome bevorzugen aber unverbindliche Strukturen und bilden deshalb auf persönlichen Beziehungen beruhende Kleingruppen. Autonome als Autonome Szenen bilden sich primär in Großund Universitätsurbanes Phänomen städten. Meist verfügen sie dort über einen zentralen Anlaufpunkt, um den herum sich Einzelpersonen, Kleingruppen und lokale Ableger überregionaler Strukturen formieren. Die größten Szenen befinden sich in Berlin, Hamburg und Leipzig (Sachsen). Dort besitzen sie ein überdurchschnittlich hohes Aktionsniveau sowie Mobilisierungspotenzial und begehen eine Vielzahl von Strafund Gewalttaten. Hinzu kommt an diesen Orten ein breites sympathisierendes und anlassbezogen mobilisierbares Szeneumfeld. 172 LINKSEXTREMISMUS In selbst geschaffenen "Freiräumen" versuchen Autonome, alterSchaffung von native Lebensentwürfe zu verwirklichen. Damit gehen aus ihrer "Freiräumen" Sicht zwingend die Ablehnung und das Fernhalten staatlicher Ordnungsmacht einher. Durch die "Eroberung" und Verteidigung von "Freiräumen" sollen Teile des gesellschaftlichen Zusammenlebens der "kapitalistischen Verwertungslogik" und staatlichen Einflüssen entzogen werden. Dafür besetzen Autonome leer stehende Häuser, gründen Wohngemeinschaften, genossenschaftliche Kleinbetriebe oder autonome Zentren, Läden und Einrichtungen. Diese verteidigen sie aggressiv gegen "Angriffe" von außen. Den Stadtteil Leipzig-Connewitz betrachten Autonome in Gänze als Freiraum. Hier gehen sie auch mit Sachbeschädigungen gegen sanierte Häuser vor oder bedrohen die neuen und zukünftigen Mieterinnen und Mieter. Postautonome rücken die Vernetzung mit nicht gewaltorientierPostautonome ten Linksextremisten sowie nicht extremistischen Akteuren ins Zusammenschlüsse Zentrum ihres politischen Handelns. Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und die Vermittlung theoretischer Grundlagen soll die Akzeptanz autonomer Ziele und Aktionen in der Gesellschaft verbessert werden. Vertreter dieser postautonomen Ausrichtung sind beispielsweise die "Interventionistische Linke" (IL) und das kommunistische Bündnis "...ums Ganze!" (uG). Einzelne autonome Gruppierungen berufen sich stärker auf ihre Rückbesinnung auf anarchistischen Wurzeln, ohne dass grundlegende autonome die anarchistischen Handlungsprämissen aufgegeben werden. Die Grenzen zwischen Wurzeln autonomen und anarchistischen Strömungen werden so zunehmend fließend. Die breitere ideologische Basis soll auch als Grundlage für langfristige Vernetzungen untereinander sowie mit anderen autonomen Gruppierungen im Inund Ausland dienen. Auf diese Weise werden die eigenen Einflussmöglichkeiten verbessert, das Mobilisierungspotenzial bei der Durchführung von Protestaktionen und Anschlägen ("direkten Aktionen") vergrößert und das Gefährungspotenzial noch einmal gesteigert. Die Folge ist eine Vielzahl von Strafund Gewalttaten vor allem gegen Personen und Einrichtungen, die den Staat repräsentieren. Ziel ist es, das von Linksextremisten bekämpfte System nicht erst in einer fernen, revolutionären Situation zu stürzen, sondern dieses unmittelbar "praktisch" anzugreifen und dadurch auch andere zu ähnlichen Taten zu mobilisieren ("Propaganda der Tat"). 173 LINKSEXTREMISMUS 1.2 Anarchisten Anarchisten lehnen die Herrschaft von Menschen über andere Menschen ab. Das beinhaltet jede Form staatlicher Hoheitsgewalt, auch derjenigen innerhalb freiheitlicher Demokratien. Im Anarchismus gibt es verschiedene Strömungen, die sich mit Blick auf ihre Ideologie, Strategie, ihre Einstellung zu Gewalt oder durch ihren Organisationsgrad unterscheiden. Organisationsfeindliche, stark gewaltorientierte Anarchisten wollen den demokratischen Rechtsstaat unmittelbar angreifen und gewaltsam zerschlagen. Die Übergänge zum autonomen Spektrum sind hier fließend. OrganisationsEine stark organisationsgebundene Ausprägung des Anarchismus gebundene ist der Anarchosyndikalismus. Dessen Anhänger organisieren Anarchisten sich als Föderation von Branchenund Einzelgewerkschaften, die sich sowohl für Arbeitskämpfe engagieren als auch eine Begleitung ihrer Mitglieder in unterschiedlichen Lebensbereichen wie "Kulturund Bildungsarbeit", "gegenseitige Hilfe im Alltag" sowie anwaltliche Begleitung bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen anbieten. Damit werben sie Mitglieder mit dem Angebot der konkreten Verbesserung von Lebensund Arbeitsbedingungen. Langfristig zielen syndikalistische Anarchisten auf die unmittelbare Abschaffung jeglicher Form von Herrschaft durch eine Revolution. Diese soll durch die Ausbreitung und Vernetzung ihrer lokalen Netzwerke angestoßen werden. Der Strömung des Anarchosyndikalismus folgt mit der "Freien Arbeiter*innen-Union" (FAU) die mit mehr als 1.800 Mitgliedern (2023: 1.600) größte anarchistische Organisation in Deutschland. "Revolutionäre Ein strategischer Ansatz der FAU und anderer organisationsgeNachbarschaftsbundener Anarchisten ist der Aufbau von "Nachbarschaftsräuarbeit" men". So betreiben beispielsweise Mitglieder der FAU mit dem Verein "Solidarische Nachbarschaft e.V." in Dortmund (NordrheinWestfalen) den "Union Salon", in dem die Organisation regelmäßig Veranstaltungen wie unter anderem ein FAU-Cafe durchführt. Ziel solcher Räume ist es, Begegnungsstätten in Wohnvierteln oder Stadtteilen zu schaffen. Die anarchistische Ideologie der Organisatoren soll dabei bewusst im Verborgenen bleiben. Primär sollen über Freizeitangebote und Nachbarschaftshilfe soziale Beziehungen im Wohnumfeld aufgebaut werden. Auf diese Weise sollen langfristig möglichst viele Menschen in ein revolutionäres Netzwerk eingebunden, indoktriniert und der Aufbau anarchistischer 174 LINKSEXTREMISMUS subkultureller Verbindungen erreicht werden. Diese Strategie will ausdrücklich nicht nur das eigene politische Spektrum erreichen, sondern "attraktiv für die Masse der Menschen" sein. Inwieweit dies gelingen kann, bleibt fraglich. 1.3 Dogmatische Linksextremisten Dogmatische Linksextremisten streben eine sozialistische Staatsund Gesellschaftsform an, aus der später eine "klassenlose" kommunistische Ordnung entstehen soll. Dabei befürwortet ein Teil von ihnen bereits heute den Einsatz von Gewalt oder schließt ihn zumindest nicht explizit aus. So will beispielsweise die trotzkistische "Gruppe ArbeiterIn"Gruppe nenmacht" (GAM) mithilfe einer "kampffähigen Partei" das beArbeiterInnenmacht" stehende Gesellschaftssystem "zerbrechen" und durch Arbeiterräte ersetzen. Zur Steigerung ihrer Einflussmöglichkeiten engagieren sich die GAM und die ihr nahestehende Jugendorganisation "REVOLUTION" (REVO) offen oder verdeckt in gesellschaftlichen Bereichen, in politischen Strukturen und der Gewerkschaftsbewegung. Wie die GAM schließt REVO in ihrem Grundsatzprogramm Gewalt als mögliches strategisches Mittel nicht aus. Antiimperialisten beziehen sich auf die dogmatisch linksextremisAntiimperialisten tische Ideologie des Marxismus-Leninismus, welche sie teilweise an aktuelle politische Parameter anpassen. Anders als Trotzkisten oder Traditionskommunisten, deren Strategie sich auf die Schaffung eines revolutionären Bewusstseins fokussiert, zielen Antiimperialisten primär über Agitation und Aktion auf den Aufbau der angestrebten revolutionären Bewegung. Für den Aufbau einer solchen Aktionseinheit sind sie zunächst bereit, ideologische Tiefe zurückzustellen. Vielmehr geht es um gemeinsame Aktionen, Parolen und das Schaffen äußerlich verbindender Merkmale, um über eine Mitgliederidentität vor allem junge Menschen auf die Gruppe einzuschwören. Die vielfältigen Aktionsformen reichen von Aktivitäten in den sozialen Medien über Informationsveranstaltungen, Blockbildungen bei Demonstrationen bis hin zur Bereitschaft, Gewalt einzusetzen. Ein zentraler antiimperialistischer Zusammenschluss ist die "Perspektive Kommunismus" (PK), die sich seit dem Terroranschlag der islamistischen HAMAS vom 7. Oktober 2023 175 LINKSEXTREMISMUS mit ihren Mitgliedsgruppen sehr stark im propalästinensischen Protestgeschehen einbringt. 2. Nicht gewaltorientierte Linksextremisten Die Mehrheit der dogmatischen Linksextremisten ist derzeit als nicht gewaltorientiert einzustufen. Dennoch zielen auch sie darauf ab, durch ihr Handeln eine revolutionäre Situation herbeizuführen. Im dogmatischen Linksextremismus zeichnen sich mehrere grundlegende Strömungen ab. Marxisten-Leninisten Traditionelle Marxisten-Leninisten wollen auf der ideologischen Grundlage der Thesen von Karl Marx und Friedrich Engels eine auf Liniendisziplin ausgerichtete kommunistische Partei aufbauen. Vertreter dieser Strömung sind beispielsweise die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) oder die "Kommunistische Organisation" (KO), die 2018 aus einer Abspaltung von der DKP und ihrer Jugendorganisation hervorging. Teile der KO benannten sich nach einer inneren Spaltung auf einem Kongress im Juni 2024 in "Kommunistische Partei" (KP) um. Für die Verabschiedung eines Parteiprogramms und die Etablierung wesentlicher Organisationsstrukturen sieht die KP einen Zeitraum von mehreren Jahren vor. Eine Teilnahme an Wahlen wird derzeit nicht angestrebt. Marxisten-Leninisten sehen als unabdingbare Voraussetzung für den gesellschaftspolitischen Umsturz eine "revolutionäre Massenbasis". Daher konzentrieren sie sich vor allem auf ideologische Überzeugungsarbeit, eine "revolutionäre" Zuspitzung des politischen Diskurses sowie eine breite Vernetzung mit "linken" und linksextremistischen Gruppierungen. Dazu betreiben sie eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und bringen sich in Bündnisse und Kampagnen ein, zum Beispiel im Kontext der gewerkschaftlichen Arbeitskämpfe. Sie spitzen den politischen Diskurs dabei zu, indem sie alle aktuellen Probleme auf den "Kapitalismus" als "Ursache allen Übels" zurückführen und als visionäre Lösung eine revolutionär zu etablierende sozialistische beziehungsweise kommunistische Gesellschaftsordnung anpreisen. Trotzkisten Trotzkisten hingegen verstehen den angestrebten revolutionären Prozess als permanente internationale Revolution unter Führung von Arbeiterräten. Aufgrund der ihnen immanenten 176 LINKSEXTREMISMUS organisatorischen Schwäche sind sie besonders häufig von internen Spaltungen betroffen. Diese versuchen sie durch den Griff nach anderen Strukturen auszugleichen. Offen oder verdeckt versuchen Trotzkisten, Aktionsbündnisse, Kampagnen und Organisationen mit eigenen Kadern zu infiltrieren. Diese Strukturen sollen unter ihre Kontrolle gebracht oder zumindest ein Kern an trotzkistischen Kadern darin verankert werden. Ziel jener als Entrismus bezeichneten Unterwanderungsstrategie ist es, die schon organisierten Bündnisse und Bewegungen für den Aufbau einer revolutionären Massenbewegung zu instrumentalisieren. Trotzkistische Strukturen wie das Netzwerk "marx21" agieren zum Beispiel im Bereich der Partei DIE LINKE und ringen darum, Einfluss auf den politischen Diskurs zu nehmen. Daneben arbeiten Mitglieder weiterer trotzkistischer Organisationen wie der "Sozialistischen Alternative" (SAV), der "Sozialistischen Organisation Solidarität" (Sol) sowie der "Internationalen Sozialistischen Organisation" (ISO) offen oder verdeckt in politischen Strukturen, wollen so ihre Einflussmöglichkeiten auf Entscheidungsprozesse ausweiten und "revolutionsfördernd" auf relevante gesellschaftliche Gruppierungen und Themen einwirken. Die Grundüberzeugung von der herausragenden Bedeutung der Bedeutung der Jugend als zentrales revolutionäres Potenzial teilen viele dogmaJugendarbeit tische Linksextremisten. Die Jugend soll mit ihrer Kraft und ihrem Engagement das Fundament für die angestrebte "revolutionäre Massenbasis" bilden. "In der Schule, an der Uni und im (Ausbildungs-)Betrieb! Dort müssen wir Strukturen schaffen, die unsere Wut in Widerstand umwandeln und dem System den Kampf ansagen!" (Website der Gruppe "REVOLUTION", September 2024) Um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für sich zu gewinnen, betreiben linksextremistische Jugendorganisationen intensive Anwerbung vor Schulen, Betrieben und Universitäten. Dabei tragen die Akteure regelmäßig nicht den Namen der übergeordneten Organisation, um nicht sofort als Teilstruktur linksextremistischer Parteien und Organisationen erkannt zu werden. Gleichzeitig versuchen sie, bei demokratischen Bewegungen wie gewerkschaftlichen Demonstrationen oder Bildungsprotesten mit Werbung und Ansprache auf die Teilnehmenden Einfluss zu nehmen. 177 LINKSEXTREMISMUS Besonders im Bereich der Schulen sind Linksextremisten aktiv. Der trotzkistische Jugendverband "REVOLUTION" (REVO) konnte 2024 sehr erfolgreich junge Mitglieder rekrutieren. Durch die intensive Nutzung sozialer Medien haben dogmatische Linksextremisten eine deutlich höhere Reichweite erlangt. Das erleichtert es ihnen zusätzlich, ihre Absichten an Schulen zu verwirklichen. Auch kurzfristig gelingt es ihnen so, beispielsweise für Kundgebungen Hunderte von Personen zu mobilisieren. Themen wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine oder die "Palästinasolidarität" werden regelmäßig für den Versuch missbraucht, das bei Jugendlichen oftmals vorhandene humanitäre Engagement in einen kommunistisch interpretierten Widerstand gegen vermeintlichen "Militarismus", "Imperialismus", "Kolonialismus" und "Kapitalismus" umzuleiten. Bei Demonstrationen nutzen Linksextremisten die Gelegenheit, sich engagierten Jugendlichen anzunähern und ideologische Überzeugungsarbeit sowie Mitgliederwerbung zu betreiben. Trotzkisten knüpfen mit der Werbung Jugendlicher an die Strategie Karl Liebknechts "Wer die Jugend hat, hat die Armee" an. Auch die DKP-Jugendorganisation "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) folgt dieser Strategie. Sie engagiert sich stark in der Werbung an Schulen, um Jugendlichen "ein Angebot zu machen, sich zu organisieren". Gleiches gilt für die MLPD, die in der Jugend eine "praktische Avantgarde des sozialistischen Aufbaus" sieht. Entsprechend investiert die MLPD erheblich in die Jugendarbeit: Sie unterhält Kinderund Jugendverbände, veranstaltet jährliche Jugendfestivals und schickt gut ausgebildete Mitglieder zu Demonstrationen, um mit Überzeugungsarbeit und intensivem Werben die eigene Ideologie anzupreisen. Dabei werden unter anderem gezielt Kontaktdaten abgefragt. Auch der MLPD-Jugendverband "REBELL" wirbt häufig vor Schulen und Berufsschulen, verteilt dort Flyer und versucht, Schülerinnen und Schüler in den Pausen in politische Diskussionen zu verwickeln. Ein Anknüpfungspunkt dabei war im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Mitarbeit in einer von der MLPD geführten "neuen Friedensbewegung". 178 LINKSEXTREMISMUS 3. "Rote Hilfe e.V." Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist mit rund 14.400 Mitgliedern und bundesweit rund 50 Ortsgruppen die größte und eine der wichtigsten Gruppierungen im deutschen Linksextremismus. Die Mitgliederzahl hat auch 2024 weiter zugenommen (2023: 13.700, 2022: 13.100). Primäres Betätigungsfeld der RH ist die Unterstützung linksextremistischer Straftäter sowohl im Strafverfahren als auch während der Haftzeit. Sie bietet ihnen politischen und sozialen Rückhalt und leistet juristische sowie finanzielle Unterstützung mit dem Ziel, das strafrechtliche Abschreckungspotenzial zu mindern. Die RH sorgt für eine bundesweite Vernetzung, sichert innerhalb der Szene den übergreifenden Zusammenhalt der unterschiedlichen Strömungen und bietet einen Legitimationsrahmen für die Begehung von Strafund Gewalttaten. Bei der Auswahl und Begründung der Unterstützungsfälle lässt sie erkennen, dass sie die Anwendung von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung nicht nur befürwortet, sondern auch unterstützt. Zur Finanzierung ihrer Aktivitäten ruft die RH auf ihrer Internetseite unter anderem zu Spenden auf und wirbt für einen Beitritt als Mitglied, um Geld durch Mitgliedsbeiträge zu erhalten. Daneben versucht die RH, durch intensive Öffentlichkeitsarbeit und Agitation Einfluss auf die Meinungsbildung zu nehmen und den Rechtsstaat zu delegitimieren, indem sie ihm einen "repressiven Charakter" unterstellt und Gerichtsentscheidungen als politisch motivierte Klassenjustiz abwertet. Insbesondere Sicherheitsbehörden werden diskreditiert, wodurch der Eindruck eines "Polizeiund Willkürstaates" erweckt werden soll. Beispielsweise wird die Polizei stets als "gewalttätig" und "rassistisch" diffamiert. Im Jahr 2024 führte die heutige, 1975 gegründete RH zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen einer Kampagne anlässlich des 100-jährigen Bestehens der "Roten Hilfe" durch. Damit bezog sie sich auf das offizielle Gründungsdatum einer früheren, der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) nahen Organisation namens "Rote Hilfe Deutschlands" (RHD) im Jahr 1924. Über das Jahr hinweg hat die RH diesen Anlass in unterschiedlicher Weise aufgegriffen - unter anderem mit einer "Gala"-Veranstaltung in Hamburg, einer Wanderausstellung sowie einem Dokumentarfilm zur Geschichte der RH und einem kleinen "Festival" in Berlin. 179 LINKSEXTREMISMUS Die intendierte große Reichweite und Öffentlichkeitswirksamkeit erlangte die RH auf diese Weise zwar nicht. Innerhalb der linksextremistischen Szene und des mit ihr solidarischen Umfelds besitzt sie jedoch einen hohen Bekanntheitsgrad und Relevanz als Unterstützungsstruktur. Am Tag nach der Verhaftung der ehemaligen Terroristin der "Roten Armee Fraktion" (RAF) Daniela Klette verunglimpfte die RH die Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden und bezeichnete die Festnahme als "Ergebnis einer jahrzehntelangen Verfolgungswut und dem staatlichen Rachebedürfnis gegen ehemalige Mitglieder der Stadtguerilla-Gruppen". Nun sei ein "politisch motivierter Gesinnungsprozess" zu erwarten. Im November 2024 bezeichnete die RH staatliche Maßnahmen im Nachgang der Verhaftung als "Repressionswelle", begleitet von einer "medialen Hetzkampagne". Darüber hinaus erklärte die RH ihre Solidarität mit Daniela Klette sowie deren Unterstützern und forderte ihre Freilassung. Zudem thematisierte die RH weiterhin die Inhaftierten des Netzwerks "Antifa-Ost" im "Budapest-Komplex" und solidarisierte sich mit den in diesem Zusammenhang untergetauchten Linksextremistinnen und Linksextremisten. "Hans-LittenZur Struktur der RH gehört das "Hans-Litten-Archiv e.V." (HLA), Archiv e.V." das am 18. Februar 2005 in Göttingen (Niedersachsen) gegründet worden ist und sich in seiner Satzung selbst als "Rote-Hilfe-Archiv" bezeichnet. Beim HLA handelt es sich um eine extremistische Struktur, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Das HLA handelt für die RH, indem es sie nachdrücklich in ihren verfassungsfeindlichen Bestrebungen unterstützt. Die Bundesgeschäftsstelle der RH und der Sitz des Archivs befinden sich in demselben Haus in Göttingen. Das HLA erhält finanzielle Unterstützung von der RH. Regelmäßig erscheinen Artikel von Vorstandsmitgliedern des HLA in der RH-Zeitung "DIE ROTE HILFE" und die RH wirbt in ihrer Zeitung dafür, Fördermitglied im HLA zu werden. IV. Linksextremistische Vernetzungsbestrebungen Linksextremisten zeigen sich ständig darum bemüht, die eigenen Einflussmöglichkeiten auszuweiten. Auf zahlreichen Ebenen versuchen sie, durch Vernetzung ihre Wirkkraft zu erhöhen und ihre 180 LINKSEXTREMISMUS Positionen zu verbreiten. Die Voraussetzung hierfür bietet häufig ein gemeinsames ideologisches Grundgerüst, welches sie - trotz Unterschieden hinsichtlich konkreter Ziele oder Aktionsformen einschließlich der Gewaltfrage - spektrenübergreifend und auch über Ländergrenzen hinweg verbindet. 1. Vernetzungen innerhalb der linksextremistischen Szene Neben linksextremistischen Parteien haben sich auch in organisationskritischen Bereichen wie dem autonomen Linksextremismus langlebige Vernetzungsstrukturen etabliert. Wesentliche Akteure sind die postautonome "Interventionistische Linke" (IL) und das kommunistische Bündnis "...ums Ganze" (uG) mit seiner Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA), die sich insbesondere gegen die AfD richtet. Diese strategischen Bündnisstrukturen spielen für die Überwindung der Organisationsdefizite, aber auch für die Kampagnenfähigkeit des Linksextremismus eine entscheidende Rolle. Die IL ist bemüht, als Bindeglied zwischen autonomen, dogmati"Interventionistische schen und sonstigen Linksextremisten bis hin zu demokratischen Linke" Protestinitiativen zu fungieren. Um diese Scharnierfunktion wahrnehmen zu können, verzichtet die IL einerseits aus strategischen Gründen auf die Propagierung von Gewalt, distanziert sich andererseits aber auch nicht von gewaltsamen Aktionsformen oder einem militanten Auftreten. Mit dem im Juni 2024 veröffentlichten "Zwischenstandspapier #2" unter dem Motto "Gegenmacht aufbauen, Gelegenheiten ergreifen - IL im Umbruch" hat die IL ihr bisher einziges Strategiepapier aus dem Jahr 2014 aktualisiert und sich in Bezug auf Gewalt gegen Sachen zumindest verbal radikalisiert: "Wir wollen nicht mehr nur vor dem Kraftwerk oder der Fabrik sitzen, während die kapitalistische Katastrophe weitergeht. Gemeinsam mit den Vielen gilt es zu unterbrechen, anzueignen und unschädlich zu machen." (IL, Zwischenstandspapier #2, Juni 2024) Diese veränderte strategische Ausrichtung hat sich bislang noch nicht sichtbar im Agieren der IL niedergeschlagen. 181 LINKSEXTREMISMUS 2. Beeinflussung demokratischer Diskurse Linksextremisten greifen gezielt tagespolitisch bedeutsame Themen auf, um Einfluss auf gesellschaftliche Diskussionen und Prozesse zu nehmen. Linksextremistische Positionen sollen so in den gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebettet und zivildemokratischer Protest um eine militante Komponente ergänzt werden. Im Kern geht es Linksextremisten dabei vor allem um die Delegitimierung des demokratischen Staates und seiner Institutionen. So wird der Staat fortwährend als "faschistisch" und "rassistisch", rechtmäßiges staatliches Handeln als "repressiv" oder "Polizeigewalt" diffamiert. Damit soll das Vertrauen in den Staat und seine Legitimation gezielt untergraben werden. So versuchen Linksextremisten beispielsweise das Thema Klimaschutz für ihre Anliegen zu instrumentalisieren (vgl. Kap. II, Nr. 3), ebenso wie Debatten über den Nahostkonflikt ("Palästinasolidarität"), bezahlbaren Wohnraum ("Antigentrifizierung"), die militärisch angemessene Ausstattung der Bundeswehr und Waffenlieferungen an die Ukraine ("Antimilitarismus"), Rassismus in der Gesellschaft oder die Migrationspolitik ("Antirassismus"). 3. Vernetzungen mit Linksextremisten im Ausland Die Vernetzung mit ideologisch Gleichgesinnten im Inund Ausland hat eine lange Tradition und ist immanentes Merkmal des Linksextremismus. Deutsche Linksextremisten bemühen sich um den Aufbau möglichst vielfältiger Kontakte, aus denen sich auf verschiedenen Ebenen auch strategische Ansätze der Zusammenarbeit entwickeln können. Auf diese Weise bilden sich vielschichtige Netzwerke von Einzelpersonen und Kleingruppen, die geprägt sind von jahrelangen persönlichen Bekanntschaften und Szenezugehörigkeiten sowie einem umfangreichen Kontaktspektrum - verbunden mit wechselseitigen Reisebewegungen und Teilnahmen an Veranstaltungen. Dies gilt sowohl für den anarchistischen als auch den autonomen Linksextremismus. Die grenzüberschreitende Vernetzung führt dazu, dass insbesondere auf staatliche Maßnahmen gegen Linksextremisten in anderen Staaten regelmäßig mit Solidaritätsbekundungen und -aktionen reagiert wird. Am 31. Oktober 2024 kam es in Athen zu einer mutmaßlich unbeabsichtigten Explosion eines selbst gebauten Sprengsatzes in 182 LINKSEXTREMISMUS einem Wohnhaus, bei der ein Linksextremist getötet und eine weitere Linksextremistin verletzt wurde. Beide gehörten zur gewaltbereiten anarchistischen Szene Griechenlands, waren international vernetzt und hatten enge Verbindungen zur gewaltbereiten linksextremistischen Szene in Berlin. Zwei weitere Linksextremisten wurden im Anschluss von der griechischen Polizei verhaftet. Als Zeichen der Solidarität der deutschen Szene wurde am 12. November 2024 die griechische Botschaft in Berlin besetzt und zu einem Internationalen Gedenkund Aktionstag für den Verstorbenen aufgerufen. "Am Samstag, den 16.11. laden wir Gruppen, Kollektive und alle Genoss*innen auf der ganzen Welt zu einem Aktionsund Gedenktag für den verstorbenen anarchistischen Kämpfer und unseren geliebten Gefährten Kyriakos Xymtirs ein. (...) Der bewaffnete Widerstand ist ein integraler Bestandteil der radikalen Bewegungen, des vielfältigen sozialen und Klassenkampfes, tief verwurzelt in unserer antagonistischen Tradition, und wir verteidigen ihn auf nicht verhandelbare Weise. Gegen die Welt des Individualismus und Fatalismus setzen wir den Kampf mit allen Mitteln fort." (Internetplattform "de.indymedia", 12. November 2024) Neben der anlassbezogenen Mobilisierung gegen internationale Großereignisse agieren Linksextremisten länderübergreifend zunehmend auch in klandestinen Aktionszellen mit dem Ziel, gemeinsam Strafund Gewalttaten innerhalb und außerhalb Deutschlands zu begehen. 4. Vernetzungen zum auslandsbezogenen Extremismus Deutsche Linksextremisten arbeiten regelmäßig auch mit Personen und Organisationen aus dem türkischen Linksextremismus und dem säkularen propalästinensischen Extremismus zusammen, im Berichtsjahr vor allem bei propalästinensischen Demonstrationen und gemeinsamen Veranstaltungen zum Nahostkonflikt. Auch solidarisieren sie sich mit den kurdischen Autonomiebestrebungen und insbesondere mit der in Deutschland verbotenen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Dieses Engagement nutzt die PKK sowohl für ihre Propaganda in Deutschland wie auch zur Rekrutierung für den Kampf in den kurdischen Siedlungsgebieten. 183 LINKSEXTREMISMUS Reisen in die Seit 2013 sind etwa 80 Personen aus dem deutschen linksextrekurdischen Siedmistischen Spektrum in den Südosten der Türkei, nach Nordsyrien lungsgebiete und oder Nordirak ausgereist, wovon sich die meisten der PKK oder ihr bewaffneter Kampf nahestehenden Gruppierungen angeschlossen haben. Ihre Betätigung vor Ort reichte von humanitären Hilfen über prokurdische Propaganda bis in einigen Fällen hin zur aktiven Beteiligung am Kampfgeschehen. Linksextremisten mit Kampferfahrung stellen aufgrund ihres Radikalisierungsniveaus nach der Rückkehr ein besonderes Sicherheitsrisiko dar, da sie die erlernten Fertigkeiten im Umgang mit Waffen oder Sprengstoffen auch in ihren Heimatländern zum Einsatz bringen könnten. V. Linksextremistische Internetnutzung Linksextremisten benötigen die öffentliche Aufmerksamkeit zur Verbreitung ihrer Ideologie. Gewaltorientierte Linksextremisten brauchen zudem Plattformen, um Strafund Gewalttaten öffentlich zu vermitteln und ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen - sei es durch Taterklärungen, technische Anleitungen zur Begehung weiterer Taten oder die Einschüchterung politischer Gegner durch "Outings". Über szenebekannte Internetportale und gängige Social-Media-Plattformen wird zu Veranstaltungen mobilisiert und über Szeneereignisse berichtet. 1. Linksextremistisch genutzte Internetplattformen Linksextremistische Die linksextremistische Internetplattform "de.indymedia" ist das Internetplattform wichtigste Informationsund Propagandamedium für die links"de.indymedia" extremistische Szene im deutschsprachigen Raum. Die Plattform funktioniert nach dem Prinzip des "Open-Posting": Alle Nutzenden können anonym, in Echtzeit und ohne vorherige redaktionelle Kontrolle Inhalte veröffentlichen. Die Beiträge werden lediglich nach der Veröffentlichung von "Moderationskollektiven" verwaltet. Auf "de.indymedia" erscheint eine Vielzahl von Beiträgen, die einen Bezug zu linksextremistischen Strafund Gewalttaten haben oder selbst strafrechtlich relevant sind. So werden regelmäßig Taterklärungen und explizite Aufforderungen zu weiteren Straftaten veröffentlicht. Auch finden über "de.indymedia" immer wieder "Outings" statt. 184 LINKSEXTREMISMUS In vielen Beiträgen wird auch die Notwendigkeit eines gewaltvollen Vorgehens ausführlich dargestellt. Ein Beispiel ist ein am 28. Juni 2024 veröffentlichter Text, der zu mehr Gewalt gegen den Staat und seine Repräsentanten im Kontext "Antifaschismus" aufruft: "es kann nicht (mehr) damit getan sein, ein paar unbelehrbaren neonazis mit dem hammer beine zu brechen (...) nein! es sollte erwogen werden, sich an die mittlere ebene zu halten. (...) wenn (...) richterinnen und richter ebenso wie teile der polizeikräfte damit rechnen müssen, in der nächsten nacht mit aller konsequenz zur rechenschaft gezogen zu werden, sie würden, solange sie nicht selbstmörderisch veranlagt sind, ihr verhalten ändern (...) es wird zeit, die akteurinnen und akteure zu stoppenmit allen mitteln!" " (Internetplattform "de.indymedia", 28. Juni 2024) Die meisten Beiträge dieser Art werden nicht von den "Moderationskollektiven" entfernt. Gelöscht werden dagegen Spam-Beiträge oder Inhalte, die mutmaßlich "unter falscher Flagge" veröffentlicht werden - beispielsweise von Rechtsextremisten. Durch das Nichtentfernen linksextremistischer oder strafbarer Inhalte trotz existierender Moderation müssen sich die Betreibenden von "de.indymedia" diese Inhalte zurechnen lassen. Linksextremisten wird wissentlich und absichtlich eine Plattform geboten, die in hohem Maße einem verfassungsfeindlichen Zweck dient. Neben "de.indymedia" nutzen Linksextremisten verschiedene Weitere von Linksweitere Plattformen, die sich lokal auf bestimmte Städte oder extremisten genutzte Regionen beziehen. Zu diesen gehören "kontrapolis.info" (BerPlattformen lin), "tumulte.org" (Bremen), "knack.news" (Leipzig) oder "antifainfo.net" (Süddeutschland). Neben Beiträgen, die sich ebenso auf "de.indymedia" finden, gibt es hier auch exklusive Inhalte mit vor allem regional bedeutsamem Bezug. Auch die deutschprachigen Informationsportale "barrikade.info" (Schweiz) und "emrawi.org" (Österreich) sind für Linksextremisten bedeutsam. Links zu Beiträgen dieser und weiterer von Linksextremisten genutzten Plattformen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden auf "radikal.news - Nachrichten von Unten" gebündelt. Die Website versteht sich als "ein Netzwerk selbstorganisierter Infoseiten" für den deutschsprachigen Raum. 185 LINKSEXTREMISMUS Nutzung von Die Szene nutzt zum Schutz der eigenen Identität und vor Strafver"Technikkollektiven" folgung verschiedene sogenannte Technikkollektive, die Internetinfrastruktur anbieten, beispielsweise für anonymes Hosting von Websites oder die Bereitstellung von E-Mail-Servern. Diese Kollektive haben Verfahren etabliert, um sicherzustellen, dass die angebotenen Dienste nur szeneintern genutzt werden. Zur Nutzung der bereitgestellten Dienste kann unter anderem eine Art "Bürgschaft" durch einen Szeneangehörigen verlangt werden, also zum Beispiel eine Bestätigung, dass die Person bekannt und kein "Spitzel" ist. 2. Soziale Medien, Streamingplattformen und Podcasts Soziale Medien Linksextremistische Organisationen und Einzelpersonen nutzen aktiv soziale Medien, um effektiv und spontan zu mobilisieren. Sie verbreiten dort ideologische Texte und "Stories" schnell und ungefiltert. Damit sprechen sie vor allem jüngere Nutzer gezielt an. Genutzt werden insbesondere gängige Plattformen wie Facebook, Instagram und der Kurznachrichtendienst X, da auf diesen ein großes Publikum erreicht werden kann. Instagram stellt aktuell das weitaus wichtigste soziale Netzwerk für die linksextremistische Szene dar. Hier können zum Beispiel über kurze Filmsequenzen ("Stories") kurzfristige Mobilisierungsaufrufe verbreitet werden. Den linksextremistischen Nutzern kommt entgegen, dass diese nach 24 Stunden nicht mehr abrufbar und damit die Inhalte wieder verschwunden sind. Auch die Internetplattform X wird von weiten Teilen der Szene nach wie vor verwendet. Nach zwischenzeitlichen Abwanderungstendenzen zu anderen Netzwerken wie Bluesky oder Mastodon, die sich nicht durchsetzen konnten, ist mittlerweile eine Rückkehr zu X zu beobachten. Dies dürfte in erster Linie mit der nach wie vor sehr hohen Reichweite von X zusammenhängen. Das soziale Netzwerk Facebook wird vorwiegend von lebensälteren Linksextremisten verwendet, hat aber im Berichtszeitraum weiterhin an Bedeutung vor allem zugunsten von Instagram eingebüßt. StreamingLinksextremisten geben zunehmend eigene Podcasts heraus, plattformen und gestalten YouTube-Kanäle oder veröffentlichen ihre Inhalte bei Podcasts Audio-Streamingdiensten. Beispiele solcher Formate mit linksextremistischen Inhalten sind "Ende Gelände - Der Podcast", die "Kommunisten Kneipe", "Lage der Klasse" der trotzkistischen 186 LINKSEXTREMISMUS "Gruppe ArbeiterInnenmacht" (GAM) oder "99 zu Eins" aus dem anarcho-kommunistischen Spektrum. Der seit Januar 2021 angebotene Podcast "Übertage - Der anarchistische Pottcast" behandelt in mehr als 130 Folgen Grundbegriffe des Anarchismus und aktuelle gesellschaftliche Themen aus anarchistischer Sicht. Eine mögliche Reichweite über das eigene Spektrum hinaus dürfte Linksextremisten motiviert haben, solche relativ jungen und erfolgreichen Online-Formate zu nutzen - nicht zuletzt, um ihre Anhängerschaft zu vergrößern. 187 LINKSEXTREMISMUS VI. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 1. "Antifaschistische Aktion Süd" ("Antifa Süd") Gründung: Ende 2021 Anhängerschaft 250 in Deutschland: in acht Ortsgruppen Publikationen/Medien: https://antifa-sued.org Mitgliedsgruppen: "Antifaschistische Aktion Karlsruhe" (Baden-Württemberg) "Antifaschistische Aktion Mannheim" (Baden-Württemberg) "Antifaschistische Aktion München" (Bayern) "Antifaschistische Aktion Rems-Murr" (Baden-Württemberg) "Antifaschistische Aktion Stuttgart" (Baden-Württemberg) "Antifaschistische Aktion Tübingen" (Baden-Württemberg) "Antifaschistische Aktion Südliche Weinstraße" (Rheinland-Pfalz) "Antifaschistische Aktion VillingenSchwenningen" (Baden-Württemberg) Ende 2021 haben sich acht regionale Gruppierungen aus BadenWürttemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz zur "Antifaschistischen Aktion Süd" ("Antifa Süd") zusammengeschlossen. Anders als andere autonome Gruppierungen verfügt die "Antifa Süd" damit über feste Strukturen. Ihr zentrales Ziel besteht darin, "antifaschistische" Kräfte stärker zu bündeln, um gegen "Faschisten" auch "überregional schlagkräftig zu intervenieren". Durch die "direkte Konfrontation des Gegners" will die "Antifa Süd" "Rechte und Faschist:innen handlungsunfähig machen". Dies umfasst wenig verklausuliert auch den Einsatz von Gewalt. So heißt es in ihrer Gründungserklärung aus Februar 2022: "Wir wollen eine Antifaschistische Aktion (...) die effektiv ist, weil sie mit einer geballten Faust zuschlägt." Als Fernziel strebt die "Antifa Süd" eine bundesweite "Antifaschistische Aktion" an. 188 LINKSEXTREMISMUS 2. "Interventionistische Linke" (IL) Gründung: Ende 2005 Anhängerschaft 900 (2023: 1.000) in Deutschland: in 23 Ortsgruppen Publikationen/Medien: "arranca!" (Zeitschrift, zuletzt Sommer 2024 veröffentlicht, Auflage: 2.000) Ortsgruppen, die in "Aktion, Kritik und Theorie Heidelberg" ihrem Namen nicht (AKUT [+C]) sofort die Zugehörigkeit (Baden-Württemberg) zur IL erkennen lassen: "Gruppe d.i.s.s.i.d.e.n.t." (Marburg, Hessen) "Basisdemokratische Linke" (Göttingen, Niedersachsen) "I Furiosi" (Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen) "PRISMA - IL Leipzig" (Sachsen) "Undogmatische Radikale Linke Jena" (Thüringen) Gegründet als bundesweites Netzwerk mit dem Ziel einer verbindlichen "Organisierung" autonomer Gruppierungen und Personen, ist die "Interventionistische Linke" (IL) heute eine bundesweit agierende Organisation mit Ortsgruppen in ganz Deutschland. Ihr Ziel ist die Überwindung des "Kapitalismus" einschließlich des demokratischen Rechtsstaats mittels eines revolutionären Umsturzes. Die Einstellung zur Gewalt ist dabei taktisch geprägt. Zugunsten einer erhöhten Handlungsfähigkeit bemüht sich die IL um eine Scharnierfunktion mit dem Ziel einer aktionsorientierten Zusammenführung militanter und nicht gewaltorientierter linksextremistischer Strukturen sowie nicht extremistischer Akteure. 189 LINKSEXTREMISMUS 3. "...ums Ganze! - kommunistisches Bündnis" (uG) Gründung: 2006 Anhängerschaft 250 (2023: 260) in Deutschland: in zehn Ortsgruppen Publikationen/Medien: "mole" (Englisch für: "Maulwurf"; Zeitung seit 2016 nicht mehr erschienen) Mitgliedsgruppen: "antifa nt - Autonome Antifa München" (Bayern) "Theorie.Organisation.Praxis" (Berlin) "Basisgruppe Antifaschismus (BA)" (Bremen) "Kritik&Praxis" (Frankfurt am Main, Hessen) "Communist Action & Theory" (Marburg, Hessen) "Redical [M]" (Göttingen, Niedersachsen) "In/Progress" (Braunschweig, Niedersachsen) "Antifa AK Köln" (Nordrhein-Westfalen) "Eklat Münster" (Nordrhein-Westfalen) "Undogmatische Radikale Antifa (URA)" (Dresden, Sachsen) Das kommunistische Bündnis "...ums Ganze!" (uG) ist ein Zusammenschluss lokaler Gruppen der autonomen Szene. Als uG-Bündnis bündeln die ansonsten eigenständigen Gruppen anlassbezogen ihre Kräfte, um überregional wahrnehmbar und handlungsfähig zu sein - zum Beispiel in Aktionsbündnissen und bei Großveranstaltungen. Im Rahmen seines "antifaschistischen Kampfes" betreibt uG seit 2016 die Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA). Zudem ist uG Teil des internationalen Netzwerks "BEYOND EUROPE - Antiauthoritarian Platform against Capitalism". 190 LINKSEXTREMISMUS 4. "Perspektive Kommunismus" (PK) Gründung: April 2014 Anhängerschaft 160 (2023: 150) in Deutschland: in acht eigenständigen Organisationen Publikationen/Medien: "1. Mai Zeitung" (jährlich zum 1. Mai) Mitgliedsgruppen: "Antikapitalistische Linke München" (Bayern) "Linke Aktion Villingen-Schwenningen" (Baden-Württemberg) "Revolutionäre Aktion Stuttgart" (Baden-Württemberg) "Revolutionäre Aktion Karlsruhe" (Baden-Württemberg) "Roter Aufbau Hamburg" (Hamburg) "Antifaschistische Revolutionäre Aktion Gießen" (Hessen) "Kommunistische Linke Köln" (Nordrhein-Westfalen) "Revolutionäre Linke Duisburg" (Nordrhein-Westfalen) Die "Perspektive Kommunismus" (PK) ist ein antiimperialistischer Zusammenschluss von revolutionär-kommunistisch ausgerichteten Gruppen. Ihre ideologische Orientierung basiert auf einem marxistisch-leninistischen Weltbild. In ihrem Grundlagentext beschreibt sich die PK als eine Organisation, "die auf ideologischer, kultureller und politischer Ebene eine reale Gegenmacht zur Macht von Staat und Kapital aufbaut". Ihr Ziel ist die revolutionäre Überwindung des "kapitalistischen Systems". In diesem Zusammenhang verteidigt die PK die Anwendung von Gewalt als grundsätzlich legitim und notwendig. 191 LINKSEXTREMISMUS 5. "Freie Arbeiter*innen-Union" (FAU) Gründung: 1977 Sitz: Krefeld (Nordrhein-Westfalen) Leitung/Vorsitz: Geschäftskommission Mitglieder/Anhänger1.800 (2023: 1.600) schaft in Deutschland: in 41 sogenannten Syndikaten Publikationen/Medien: "Direkte Aktion" (Onlinezeitung, unregelmäßig) Die anarchistische "Freie Arbeiter*innen-Union" (FAU) bezeichnet sich selbst als eine "klassenkämpferische Gewerkschaftsföderation". Sie setzt sich bundesweit aus verschiedenen lokalen "Syndikaten" zusammen, die vier Regionalkoordinationen zugeteilt sind (Nord, Süd, Ost, West), nach eigener Darstellung aber unabhängig agieren. Die FAU strebt die Überwindung des "Kapitalismus" mittels einer "sozialen Revolution" an. Dies will sie zunächst durch Betriebskämpfe erreichen. Im Gegensatz zu demokratisch orientierten Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmervertretungen vertritt die FAU die linksextremistische Ideologie, wonach bessere Arbeitsbedingungen langfristig nur in einer anarchistischen, herrschaftsfreien Gesellschaft und Wirtschaftsordnung gegeben sein können, welche sie nach der erfolgreichen "sozialen Revolution" errichten will. Die anarchistische Ideologie der FAU wird offenbar gezielt in ihrem öffentlichen Auftritt zunächst verborgen. Vordergründig bietet die FAU neben gewerkschaftlicher Organisation Beratungsangebote, Unterstützung im Alltag, rechtliche Vertretung und Nachbarschaftsarbeit an und leistet hier auch vormaligen Nichtmitgliedern tatsächliche Hilfe. Auf diese Weise sollen neue, oftmals noch junge, bislang nicht organisierte Personen angesprochen und für die Organisation gewonnen werden, um sie erst dann schrittweise mit der extremistischen Ideologie zu indoktrinieren. Dieses Vorgehen zielt auf eine "Anschlussfähigkeit an die Massen", um über den eigenen Szenekreis hinaus zu wachsen und mit einer späteren Massenbasis die angestrebte Revolution anzustoßen. 192 LINKSEXTREMISMUS 6. "Rote Hilfe e.V." (RH) Gründung: 1975 Sitz: Göttingen (Niedersachsen) Bundesgeschäftsstelle Leitung/Vorsitz: Bundesvorstand Mitglieder in 14.400 (2023: 13.700) Deutschland: in rund 50 Ortsgruppen Publikationen/Medien: "DIE ROTE HILFE" (Zeitschrift, vierteljährlich und als Onlinemagazin) Die "Rote Hilfe e.V." (RH) definiert sich laut Satzung als eine "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation". Sie leistet Strafund Gewalttäterinnen und -tätern aus dem linksextremistischen Spektrum politische und finanzielle Unterstützung, beispielsweise bei anfallenden Anwaltsund Prozesskosten sowie bei Geldstrafen und Geldbußen. Ferner versucht die RH, durch meinungsbildende Öffentlichkeitsarbeit (Publikationen, Vorträge, Demonstrationen) die Sicherheitsund Justizbehörden sowie die rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren. Dazu organisiert sie unter anderem Informationsund Diskussionsveranstaltungen zu Themenfeldern wie "staatliche Repression" und fordert dazu auf, grundsätzlich die Zusammenarbeit mit Sicherheitsund Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung von Straftaten zu verweigern. Darüber hinaus betreut die RH rechtskräftig verurteilte Straftäterinnen und Straftäter während ihrer Haft, um diese weiter beziehungsweise stärker an die "Bewegung" zu binden. Beispielsweise hält sie persönlichen Kontakt zu Inhaftierten, um diese zum "Weiterkämpfen" zu motivieren. Zur Struktur der RH gehört das im Jahr 2005 in Göttingen (Niedersachsen) gegründete "Hans-Litten-Archiv e.V." (HLA), welches sich in seiner Satzung selbst als "Rote-Hilfe-Archiv" bezeichnet. Durch die nachdrückliche Unterstützung der linksextremistischen RH liegen beim HLA eigene extremistische Bestrebungen vor.80 80 Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.11.2020 - OVG 1 S 99.19. 193 LINKSEXTREMISMUS 7. "junge Welt" (jW) Gründung: 1947 Sitz: Berlin Verlag: "Verlag 8. Mai GmbH"; gehört zur "Linke Presse Verlags-, Förderungsund Beteiligungsgenossenschaft junge Welt e.G." (LPG) Chefredaktion: Nick Brauns (V.i.S.d.P.) Daniel Bratanovic Arnold Schölzel Erscheinungsweise: täglich Die Tageszeitung "junge Welt" (jW) strebt die Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischem Verständnis an. Sie ist das bedeutendste und auflagenstärkste Medium im Linksextremismus mit einer Druckauflage von 23.100 Exemplaren (samstags 29.000 Exemplare). Die jW ist mehr als ein Informationsmedium. Sie wirkt als politischer Faktor und schafft Reichweite durch Aktivitäten wie zum Beispiel die Durchführung der alljährlichen Rosa-Luxemburg-Konferenz. Einzelne Redaktionsmitglieder und einige der Stammund Gastautorinnen und -autoren sind dem linksextremistischen Spektrum zuzurechnen. Die jW erklärt sich nicht ausdrücklich zur Gewaltfreiheit. Vielmehr bietet sie immer wieder eine öffentliche Plattform für Personen und Organisationen, die politisch motivierte Straftaten befürworten. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Urteil vom 18. Juli 2024 eine Klage der "Verlag 8. Mai GmbH" gegen die Nennung der jW in den Verfassungsschutzberichten des Bundes abgewiesen und die darin getroffene Einordnung als linksextremistische Tageszeitung bestätigt.81 81 Vgl. VG Berlin, Urteil vom 18.07.2024 - VG 1 K 437/21. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. 194 LINKSEXTREMISMUS 8. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Gründung: 1968 Sitz: Essen (Nordrhein-Westfalen) Leitung/Vorsitz: Patrik Köbele Mitglieder in 2.682 (2023: 2.765) Deutschland: Publikationen/Medien: "unsere zeit" (Zeitung, wöchentlich) "Marxistische Blätter" (Theoriemagazin, vierteljährlich) "POSITION" (Magazin der SDAJ, zweimonatlich) Jugendorganisation: "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) mit 670 Mitgliedern (2023: 670) Die marxistisch-leninistische "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) hat als Ziel in ihrem Parteiprogramm den "revolutionären Bruch mit den kapitalistischen Machtund Eigentumsverhältnissen" formuliert. Die von ihr angestrebte Staatsund Gesellschaftsordnung ist "der Sozialismus als erste Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation". Die linksextremistische Partei versteht sich als politische Nachfolgerin der 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Sie betont zudem, "stets eng verbunden" mit der ehemaligen "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) gewesen zu sein. Die DKP betätigt sich hauptsächlich in den Aktionsfeldern "Antifaschismus", "Antimilitarismus" und "Antikapitalismus". Bei der regelmäßigen Teilnahme an Wahlen verzeichnete die Partei bislang keine nennenswerten Erfolge. Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) ist laut ihrer Satzung "eine eigenständige Jugendorganisation", betrachtet sich aber als Nachwuchsorganisation der DKP. Gemeinsames Ziel ist die Abschaffung des "Kapitalismus" und die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung. Bei der Wahl ihrer Bündnispartnerinnen und -partner für den revolutionären Kampf schließt die SDAJ auch gewaltbereite Akteure aus dem linksextremistischen Spektrum nicht aus. 195 LINKSEXTREMISMUS 9. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Gründung: 1982 Sitz: Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) Leitung/Vorsitz: Gabi Fechtner Mitglieder in 2.800 (2023: 2.800) Deutschland: in acht Landesverbänden Publikationen/Medien: "Rote Fahne" (Magazin, zweiwöchentlich) "REBELL" (Magazin, sechs Ausgaben pro Jahr) Jugendorganisation: "REBELL" mit 600 Mitgliedern (2023: 600) Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) ist streng maoistisch-stalinistisch ausgerichtet und zielt auf die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung als Übergang zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. Dafür sei "der Kampf für eine sozialistische Perspektive, die revolutionäre Überwindung von Kapitalismus und Imperialismus" notwendig. Die MLPD nimmt regelmäßig an Wahlen teil, häufig unter der Bezeichnung "Internationalistische Liste/MLPD", und ruft parteiintern zur Beteiligung an politischen Veranstaltungen und Demonstrationen auf. Über die Teilnahme an Wahlen, Veranstaltungen, Protesten oder Streiks will die Partei ihre Ideologie verbreiten und neue Mitglieder gewinnen. Die Partei hebt immer wieder die für sie besondere Bedeutung der Jugendarbeit hervor. Ihre 1992 gegründete Jugendorganisation "REBELL" teilt nicht nur Ideologie und Ziele der MLPD. Wesentlich unterstützt sie auch die Indoktrinierung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und zielt darauf, Nachwuchs für die linksextremistische Partei zu gewinnen. Neben Ansprachen am Rande von politischen Veranstaltungen organisiert "REBELL" unter anderem im jährlichen Wechsel das "internationale Pfingstjugendtreffen" sowie das "Rebellische Musikfestival", welche nach eigener Darstellung der Förderung des Erfahrungsaustauschs und der "organisierten Rebellion" dienen sollen. 196 LINKSEXTREMISMUS 10. "Sozialistische Gleichheitspartei" (SGP), deutsche Sektion des "Internationalen Komitees der Vierten Internationale" (IKVI, Abspaltung der "Vierten Internationale") Gründung: 2017 Sitz: Berlin Leitung/Vorsitz: Christoph Vandreier Mitglieder/Anhänger291 (2023: 276) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "World Socialist Website" (Onlinepublikation) Jugendorganisation: "International Youth and Students for Social Equality" (IYSSE) Die "Sozialistische Gleichheitspartei" (SGP) geht von einem mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden marxistischen Klassendenken aus. Sie fordert den Sturz des "Kapitalismus", verstanden als untrennbare Einheit von demokratischem Rechtsstaat und marktwirtschaftlicher Eigentumsordnung. Im Ergebnis zielt diese Forderung auch auf die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die SGP erkennt die Autorität des trotzkistischen Dachverbands "Internationales Komitee der Vierten Internationale" (IKVI) an und folgt der trotzkistischen Theorie einer sozialistischen Revolution als Prozess unter Führung von Arbeiterräten ("Permanente Revolution"). Durch die Kandidatur bei Wahlen sowie durch Veröffentlichungen und Vortragsveranstaltungen versucht die Partei, für ihre politischen Vorstellungen öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Als Jugendorganisation teilt die "International Youth and Students for Social Equality" (IYSSE) die ideologische und strategische Ausrichtung der SGP. Sie ist an mehreren deutschen Universitäten unter anderem in Studierendenparlamenten vertreten. 197 LINKSEXTREMISMUS 198 Islamismus/ islamistischer Terrorismus 199 Islamismus/islamistischer Terrorismus I. Überblick Der Begriff "Islamismus" bezeichnet eine Form des politischen Extremismus. Unter Berufung auf den Islam zielt der Islamismus auf die teilweise oder vollständige Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. Der Islamismus basiert auf der Überzeugung, dass der Islam nicht nur eine persönliche, private "Angelegenheit" ist, sondern auch das gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung bestimmen oder zumindest teilweise regeln sollte. Der Islamismus postuliert die Existenz einer gottgewollten und daher "wahren" und absoluten Ordnung, die über den von Menschen gemachten Ordnungen steht. Mit ihrer Auslegung des Islam stehen Islamisten insbesondere im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen der Volkssouveränität, der Trennung von Staat und Religion, der freien Meinungsäußerung und der allgemeinen Gleichberechtigung. Ein wesentliches ideologisches Element des Islamismus ist außerdem der Antisemitismus. Der Islamismus umfasst verschiedene Strömungen, die sich hinsichtlich ihrer ideologischen Auslegungen, ihrer geografischen Orientierung sowie ihrer Strategien und Mittel unterscheiden. Nach Einflussnahme im politischen Raum strebende islamistische Strömungen wie die "Milli Görüs"-Bewegung versuchen, über politische und gesellschaftliche Einflussnahmen eine nach ihrer Interpretation islamkonforme Ordnung durchzusetzen. Gruppierungen wie "Botschaft des Islam", "Generation Islam", "Muslim Interaktiv" sowie "Realität Islam", die der in Deutschland seit dem Jahr 2003 mit einem Betätigungsverbot belegten "Hizb ut-Tahrir" ideologisch nahestehen, grenzen sich explizit von der Mehrheitsgesellschaft ab. Sie propagieren das Narrativ staatlicher Unterdrückung und gesellschaftlicher Ausgrenzung von Muslimen in Deutschland und fordern damit zur Bildung einer "muslimischen" Parallelgesellschaft auf. Die Anhänger islamistisch-terroristischer Gruppierungen wie HAMAS und "Hizb Allah", zu deren Zielen die Vernichtung Israels zählt, sind auf ihre Herkunftsregionen fokussiert und wenden schwerpunktmäßig dort terroristische Gewalt an. Jihadistische Gruppierungen wie der "Islamische Staat" und "alQaida" sehen in ihrem Kampf für einen "Gottesstaat" in terroristischer Gewalt ein unverzichtbares Mittel gegen "Ungläubige" und 200 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS sogenannte korrupte Regime. Ihre terroristische Agenda ist global und bedroht auf internationaler Ebene viele Staaten. Eine wichtige, radikale Strömung im Islamismus ist der Salafismus. Salafisten geben vor, sich in ihrem Denken und Handeln ausschließlich an einem wortgetreuen Verständnis von Koran und Sunna (zur Nachahmung empfohlene Handlungsweisen und Aussagen des islamischen Propheten Muhammad) sowie am Vorbild der Gefährten des Propheten zu orientieren. Damit lehnen sie nicht nur die freiheitliche demokratische Grundordnung ab, sondern negieren auch weitestgehend die Geschichte des Islam und der Muslime. Salafisten vertreten einen Exklusivitätsanspruch; sie sehen sich als die einzigen "wahren" Muslime. 1. Entwicklungstendenzen "Tötet sie, wo immer ihr sie findet" - mit dieser Losung82 startete Bedrohung durch den der "Islamische Staat" (IS) am 4. Januar in das Jahr 2024. Die BotJihadismus schaft mit diesem Titel bezog sich zwar auf den Nahostkonflikt, der vom IS einen Tag zuvor verübte Anschlag in Kerman (Iran) mit mehr als 90 Toten und etwa 280 Verletzten machte jedoch klar, dass mit "sie" nicht "nur" Juden gemeint waren, sondern alle "Ungläubigen", das heißt alle, auch Muslime, die nicht dem IS folgen. Im Verlauf des Jahres zeigte der IS, dass er sich nicht nur auf Propaganda versteht, sondern in der Lage war, den Worten auch Taten folgen zu lassen - nicht nur mit großen, komplexen, von mehreren Tätern gemeinsam verübten Anschlägen wie im März 2024 in Kandahar (27 Tote, mehr als 40 Verletzte), der religiösen Hochburg der "Taleban" in Afghanistan, und in dem Veranstaltungsund Einkaufszentrum "Crocus City" am Rand von Moskau (mehr als 140 Tote und etwa 550 Verletzte), sondern auch mit Anschlägen, die von Einzelpersonen mit einfachen Tatmitteln wie Stichwaffen gegen Menschenansammlungen verübt wurden, wie die Anschläge am 31. Mai in Mannheim (Baden-Württemberg) mit einem Toten und fünf Verletzten sowie am 23. August in Solingen (NordrheinWestfalen) mit drei Toten und acht Verletzten. Neben diesen beiden vollendeten Anschläge belegen mehrere ExeBedrohung in und für kutivmaßnahmen im Berichtsjahr, dass die bei Weitem größte Deutschland 82 Die Losung stammt aus dem Koran, Sure 2, Vers 191. 201 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS islamistisch-terroristische Bedrohung in und für Deutschland vom Jihadismus des IS ausgeht. Der IS setzt bei seinen Taten auf zwei unterschiedliche Modi Operandi: zum einen auf geschulte, ausgebildete Täter, die als Gruppe agieren und komplexe Anschläge durchführen, zum anderen auf Einzeltäter, die im Internet kontaktiert und rekrutiert werden oder auch nur seine Propaganda konsumieren und die mit überall und leicht verfügbaren Mitteln (Messer, Fahrzeug) "einfache" Anschläge verüben. Es gibt Anzeichen dafür, dass der IS, vor allem in den Staaten des "Westens", die zweite Variante präferiert und forciert - Aufwand und Kosten sind ungleich geringer und die Realisierungsmöglichkeiten deutlich größer. IS - Inbegriff des Der womöglich größte Erfolg des IS ist, dass er es durch seine Jihadismus Propaganda und durch seine Taten geschafft hat, zum Inbegriff des Jihadismus zu werden. Jihad und IS sind Synonyme, vor allem für Jugendliche, die einen immer größer werdenden Teil seiner Anhänger und Unterstützer ausmachen. Der IS gibt ihnen die Möglichkeit, mit einem Minimum an Ideologie ein Maximum an Gewalt zu fantasieren und auch auszuleben. Er ist damit vor allem auch für Personen "attraktiv", die weder die Motivation haben, noch mitunter über die intellektuellen Fähigkeiten verfügen, sich mit den ideologischen Traktaten von "al-Qaida" oder den theologischen Disputen von Salafisten zu beschäftigen. Es ist auch diese weitgehende Freiheit von Ideologie, die dazu beiträgt, dass Jihadismus, das heißt der IS, und Salafismus sich zunehmend voneinander entkoppeln: Man muss kein Salafist mehr werden, um Jihadist zu sein. Infolge des Nahostkonflikts kam es zu einer Intensivierung und Ausweitung der Aktivitäten von HAMAS und "Hizb Allah" auch in Deutschland. Dies trägt zu einer abstrakt erhöhten Gefährdung israelischer und jüdischer Ziele bei. Jenseits des Jenseits des Jihadismus ist eine gegenläufige Tendenz erkennbar. Jihadismus Bisher getrennt und unterschiedlich agierende islamistische Gruppierungen rücken unter dem Einfluss des Krieges im Nahen Osten und der Positionierung der deutschen Politik dazu näher zusammen und argumentieren auf einer Linie. Sie behaupten eine staatliche und gesellschaftliche Unterdrückung und Ausgrenzung von Muslimen und fordern diese dazu auf, sich vom deutschen Staat 202 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS und seinen Institutionen fernzuhalten und unter sich zu bleiben. Staatliche Stellen hätten keine Legitimation für "wahre" Muslime. Diese Position verfängt bei vielen, vor allem jungen Muslimen, und wird voraussichtlich noch länger wirkmächtig bleiben. 203 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 2. Personenpotenzial Insgesamt ergibt sich für das Jahr 2024 aus den Zahlenangaben ein Islamismuspotenzial von 28.280 (2023: 27.200). Das gewaltorientierte islamistische Personenpotenzial wird auf 9.540 geschätzt. Personenpotenzial Islamismus/islamistischer Terrorismus1 Organisationen 2022 2023 2024 Salafistische Bestrebungen 11.000 10.500 11.000 "Islamischer Staat" (IS) und keine keine keine Regionalorganisationen gesicherten gesicherten gesicherten "Al-Qaida" und Regionalorganisationen Zahlen Zahlen Zahlen "Hezb-e Islami GULBUDDIN"/"Hezb-e Islami-ye Afghanistan" (HIG/HIA) 160 210 210 "Hizb Allah" 1.250 1.250 1.250 "Harakat al-Muqawama al-Islamiya" (HAMAS) 450 450 550 "Türkische Hizbullah" (TH) 400 400 400 "Hizb ut-Tahrir" (HuT) 750 800 850 "Muslimbruderschaft" (MB)/"Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V." (DMG) 1.450 1.450 1.450 "Tablighi Jama'at" (TJ) 550 550 550 "Islamisches Zentrum Hamburg e.V." (IZH) keine keine und sonstiger schiitischer Extremismus gesicherten gesicherten Zahlen Zahlen 550 "Milli Görüs"-Bewegung und zugeordnete Vereinigungen 10.000 10.000 10.000 "Furkan Bewegung" 400 500 500 "Kalifatsstaat" 700 700 600 Sonstige2 370 390 370 1 Die Zahlenangaben beziehen sich auf Deutschland und sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2 Weitere Organisationen, deren Mitgliederund Anhängerzahlen im Islamismuspotenzial zu berücksichtigen sind. 204 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS II. Schwerpunktthemen im Berichtsjahr 1. Radikalisierte jihadistische Minderjährige Europaweit sind in den letzten Jahren zunehmend radikalisierTendenz und te Minderjährige in jihadistische Aktivitäten verwickelt. Auch in Beispiele Deutschland spielt diese Zielgruppe eine immer größere Rolle bei der Bearbeitung des Islamismus und islamistischen Terrorismus. Im Berichtszeitraum konnten mehrere Anschlagsvorhaben Minderjähriger im Vorfeld verhindert werden: Vier Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg wurden zwischen dem 28. März 2024 und dem 1. April 2024 festgenommen, da sie sich online zu Anschlägen auf christliche und jüdische Einrichtungen im Raum Iserlohn (Nordrhein-Westfalen) verabredet hatten (vgl. Kap. V). Bei zwei der Gruppenmitglieder handelte es sich um Mädchen. Insgesamt ist zu beobachten, dass weibliche Jugendliche auch bei gewaltorientierten Planungen verstärkt in Erscheinung treten. Weitere Festnahmen Minderjähriger wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gab es unter anderem in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Außerdem wurden zwei Jugendliche, die im November 2023 wegen der Planung eines Anschlags auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen (Nordrhein-Westfalen) festgenommen worden waren, im Sommer 2024 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt (vgl. Kap. V). Doch auch unterhalb der Schwelle von Anschlagsplanungen treten Minderjährige vermehrt in Erscheinung. Zwar gab es bereits in früheren Jahren islamistisch radikalisierte Minderjährige, jedoch haben sich wesentliche Rahmenbedingungen geändert: Zu nennen ist hier vor allem der territoriale Niedergang des "Islamischen Staates" (IS). Dessen Hochzeiten in den Jahren 2013 bis 2017 haben heutige Jugendliche oft kaum noch bewusst erlebt. Hinzu kommen die besonderen Sozialisationsbedingungen der Pandemiejahre sowie eine sich weiter gewandelte Form und Rolle sozialer Medien, die für viele Jugendliche inzwischen primärer Anlaufpunkt für Informationen und soziale Kontakte sind. Eine kategorische 205 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Differenzierung zwischen "realer" und "virtueller" Welt ist für Teenager inzwischen von geringer Bedeutung. OnlineEntsprechend hat sich auch die islamistische Radikalisierung und Radikalisierung Mobilisierung von Jugendlichen primär in den digitalen Raum verlagert. Ein Vorlauf in salafistischen Moscheen ist immer weniger festzustellen. Die Online-Radikalisierung ist durch den schnellen und umfangreichen Konsum von Propaganda und weitverzweigte, auch internationale, Vernetzung charakterisiert. Islamistische und jihadistische Inhalte, von Videos salafistischer Prediger und Influencer bis hin zu terrorverherrlichendem Material des IS, werden auch auf Mainstream-Plattformen wie Instagram oder TikTok konsumiert und geteilt, während Kontakte proaktiv in thematisch einschlägigen Chatgruppen vor allem bei Telegram und Discord gesucht werden. Der Radikalisierungsprozess hat sich dabei weiter beschleunigt und dauert oft nur noch wenige Monate. Motive Ideologisch verorten sich die meisten der Jugendlichen als Anhänger des IS, wobei dieser oft als Platzhalter für eine Befürwortung des Jihad als solchem fungiert. Religiös-ideologisches Wissen ist allgemein nur sehr gering und fragmentarisch vorhanden, nicht selten werden verschiedene Einflüsse undifferenziert vermischt. Gewaltfaszination spielt dagegen fast immer eine zentrale Rolle. Wesentlich bedeutsam für die islamistische Radikalisierung sind persönliche Motive und (entwicklungs-)psychologische Dynamiken, wie die jugendtypische Suche nach Identität und Selbstwirksamkeit. So sind verwundbare Jugendliche häufig isoliert und fühlen sich von der Umgebung unverstanden und zurückgewiesen, was sie anfällig für die virtuelle Identifizierung mit einer angeblich allgemein unterdrückten muslimischen Gemeinschaft macht, die es mit Gewalt zu verteidigen gälte. 2. Finanzierung FinanztransferIm Blickpunkt der Aufklärungsbemühungen in Deutschland stanmethoden sowie den im Berichtszeitraum weiterhin die etablierten, informellen FiFinanzströme nanztransfermethoden, wie das Hawala-Banking oder der Einsatz von Bargeldkurieren, aber auch Spendenaufrufe über soziale Medien oder Crowdfunding-Plattformen. Verfolgt wurden unter anderem Finanzströme, die sich über internationale Strukturen und Firmengeflechte vollziehen. Speziell die Nutzung verschiedener 206 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS und kombinierter Finanztransferwege, sogenannter Hybrid-Modelle, steht im Fokus der behördlichen Aufklärung. Virtuelle Währungen und Werte, wie Kryptowährungen, Mobile Payment über Apps sowie Prepaidkarten, sind in die Prüfung zur Feststellung extremistischer sowie terroristischer Finanzierung einbezogen. Auch wenn Anhänger der Organisationen im Regelfall nicht offen HAMAS und auftraten, gilt für die HAMAS und die "Hizb Allah", dass sich ihre "Hizb Allah" Aktivitäten in Deutschland besonders auf Finanzierung bezogen. Der Verfolgungsdruck durch die Sicherheitsbehörden und Betätigungsverbote haben zu einer Verlagerung der Spendenaktivitäten geführt. Spendensammelaktionen werden nun stark verschleiert. Sie erfolgen vor allem unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit oder über Einzelpersonen, die eigene (Online-)Kampagnen starten. Die Generierung von Spenden hat im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt zugenommen. Spendensammlungen bleiben auch für die salafistische Szene in Salafistische Szene Deutschland eine wesentliche Einnahmequelle. Über Aufrufe in den sozialen Medien wird das Geld zum Beispiel über Spendensammelplattformen und elektronische Zahlungsmittel generiert oder klassisch in bar übergeben. Mittlerweile existieren obendrein salafistisch geprägte Geschäftsfelder. Dazu zählen Schnellrestaurants, Einzelhandelsgeschäfte und Onlineshops, die Szene-Utensilien wie salafistische Ratgeberund Kinderliteratur, Kleidungsstücke oder Gebetsteppiche vertreiben. Fest etabliert hat sich eine salafistische Reisebranche, die Pilgerreisen für Muslime nach Saudi-Arabien anbietet. Hierbei fungieren oft bekannte salafistische Prediger als religiöse Reisebegleiter und Werbeträger. Einige salafistische Akteure organisieren Kongresse oder ähnliche Großveranstaltungen mit bis zu 1.000 Besuchern, die die Vernetzung innerhalb der Community stärken sollen und, als "Nebeneffekt", den Veranstaltern teilweise erhebliche Einnahmen bescheren. Es ist davon auszugehen, dass diese Aktivitäten weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Die Instrumentalisierung von Konflikten und Kriegen für TerroInstrumentalisierung rismusund Extremismusfinanzierung unter dem Deckmantel von Konflikten und der Wohltätigkeit war auch im Berichtsjahr weiterhin präsent. So Kriegen 207 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS besteht im Hinblick auf die Situation im Gazastreifen eine anhaltend erhöhte Spendenbereitschaft der palästinensischen Diaspora, wobei Teile dieser humanitär intendierten Gelder möglicherweise auch HAMAS-Strukturen zugutekommen. Die Ausweitung des Nahostkonflikts auf Libanon hatte zudem einen Anstieg von Spendenaufrufen im schiitisch-extremistischen Spektrum zur Folge. Aufklärung und Die Identifizierung und Aufklärung von Finanzströmen ist essenVerfolgung zieller Bestandteil des ganzheitlichen Ansatzes der Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus. Nationale und internationale Maßnahmen greifen dabei ineinander. Unter anderem sind Vereinsverbote ein wichtiges Instrumentarium, um die organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten von Islamisten zu beschränken. Entsprechende Finanzaktivitäten werden aufgeklärt und verfolgt sowie zugehörige finanzielle Strukturen und Netzwerke identifiziert. So wird auf der einen Seite die Finanzierung terroristischer Taten erschwert. Auf der anderen Seite wird betreffenden Akteuren bereits weit im Vorfeld von Anschlägen der finanzielle Nährboden entzogen. Das schränkt ihren Aktionsradius ein und unterbindet Propagandaund Rekrutierungsbemühungen. Die Durchsuchungen von sieben Objekten in Berlin, Hamburg, Sachsen und Schleswig-Holstein sowie die Festnahme von zwei Beschuldigten am 25. Juli 2024 sind ein Ergebnis der fortgesetzten behördlichen Aufklärungsbemühungen. Die Beschuldigten sollen sich im Frühsommer 2022 einer zuvor von weiteren Personen gegründeten kriminellen Vereinigung angeschlossen haben, die den Zweck verfolgte, in Deutschland und weiteren europäischen Ländern Gelder für den "Islamischen Staat" (IS) zu sammeln. Sie sollen an mehreren Transaktionen zugunsten des IS in einem Gesamtvolumen von über 25.000 Euro mitgewirkt haben. 3. Antisemitismus im Islamismus Bestandteil Antisemitismus ist seit jeher Bestandteil islamistischer Ideologien: islamistischer In nahezu allen islamistischen Strömungen und Organisationen Ideologien lässt sich antisemitisches Gedankengut nachweisen (vgl. Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus" mit weiteren vertiefenden Ausführungen). Lediglich die Art und Weise, wie einzelne Gruppierungen damit in der Öffentlichkeit 208 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS auftreten und wie sie Antisemitismus in ihrem jeweiligen ideologischen Selbstverständnis einbetten, variiert. So zeigt sich, dass islamistische Organisationen und GruppierunNahostkonflikt - gen den Nahostkonflikt im Rahmen ihrer Kommunikation zur das zentrale und Agitation und Mobilisierung - zumeist durch antisemitische Deufortwährende Thema tungen der Geschehnisse, die mit islamistischen Ideologiefragmenten verknüpft werden - instrumentalisieren. Für die Agitation der HAMAS ist er das zentrale und fortwährende Thema. Aber auch Jihadisten, Salafisten und andere islamistische Organisationen, für die jüdische Menschen eines von vielen Feindbildern sind, greifen ihn als Agitationsthema auf. Dies geschieht immer dann, wenn eine allgemeine gesellschaftliche Relevanz des Themas vorliegt, das heißt viele Menschen potenziell für das Thema ansprechbar sind. Dies wird nur so lange verfolgt, bis andere Themen den öffentlichen Diskurs bestimmen und als Agitationsthemen entsprechend besser geeignet erscheinen. In der jüngeren Vergangenheit wurde einmal mehr deutlich, dass antisemitische Narrative - insbesondere in Verbindung mit dem Nahostkonflikt - auch in Deutschland ein besonders starkes Emotionalisierungsund Mobilisierungspotenzial aufweisen, welches sich islamistische Akteure zunutze machen. In diesem Zusammenhang sind gezielte Ansprachen durch islamistische Organisationen von Bedeutung. Exemplarisch dafür sind die Social-Media-Auftritte islamistischer Organisationen, die eine ideologische Nähe zur "Hizb ut-Tahrir" (HuT) aufweisen: Hier werden junge Muslime adressiert, wobei der Nahostkonflikt häufig als Hintergrund eines Deutungsmusters genutzt wird, welches das Bild einer vermeintlich durch den Westen bedrohten muslimischen Gemeinschaft zeichnet. Neben der Diskreditierung und damit Delegitimierung Israels als "zionistische Besatzungsmacht" wird dabei auch gegen deutsche politische Institutionen agitiert, indem die Solidarität Deutschlands gegenüber Israel auf politischer Ebene als Unterstützung des vermeintlichen Aggressors umgedeutet wird. Auch auf der deutschsprachigen Website der HuT wurde im Berichtszeitraum in verschiedenen Veröffentlichungen das Existenzrecht Israels verneint. In einer Veröffentlichung vom 23. November 2024, die Kritik an der Solidarisierung westlicher Staaten mit Israel übt, wird Israel als "Fratzengebilde" bezeichnet und jeder Nation, die für Israel einstehe, die "Glaubwürdigkeit in den Augen 209 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS der islamischen Umma" abgesprochen. Das bevorstehende Kalifat werde das "Zionistengebilde" vom Erdboden "tilgen". Antisemitische Ressentiments werden seit dem Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 wesentlich expliziter ausgedrückt - auch von Islamisten. Es besteht die Gefahr, dass sich auch bisher eher moderate Onlinemilieus radikalisieren oder zumindest ein höheres Radikalisierungspotenzial entwickeln, wenn islamistische Akteure ihre Botschaften abseits privater extremistischer Chats und Foren in die Breite des Internets tragen. Gewaltaffine Personen könnten so einen Motivationsschub erhalten, weil sie sich in ihrer Wahrnehmung bestätigt fühlen, im Namen einer vermeintlichen Mehrheit zu handeln. Weiterhin relevant für die Sicherheitslage bleibt die Wirkung des Terrorangriffs der HAMAS und des darauffolgenden militärischen Vorgehens Israels im Gazastreifen und im Libanon auf jihadistische Organisationen mit einer globalen Agenda. Trotz ideologischer Gegensätzlichkeit beispielsweise des "Islamischen Staates (IS)" und seiner Ableger gegenüber der aus der "Muslimbruderschaft" entstandenen HAMAS bildeten die Leugnung des Existenzrechts Israels und der Antisemitismus einen gemeinsamen Bezugsrahmen, der sich unmittelbar auch auf die Sicherheitslage in Europa und in Deutschland auswirkte. Sowohl der IS als auch "al-Qaida", deren Regionalableger sowie einzelne Anhänger verbreiteten im Berichtsjahr erneut Aufrufe zu Anschlägen in Israel, Europa und "im Westen". Auch in der deutschen jihadistischen Szene waren Aufrufe zu Gewalt zu verzeichnen. Das Gefahrenpotenzial für mögliche Terroranschläge durch jihadistische Organisationen oder durch sie angeleitete oder inspirierte Einzelpersonen gegen jüdische und israelische Personen und Einrichtungen sowie gegen "den Westen" insgesamt ist in der Folge weiterhin hoch. 4. Entkoppelung Salafismus/Jihadismus In der Theorie bildet der Salafismus die ideologische Grundlage für den Jihadismus. Die Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit zeigen jedoch, dass sich zumindest in Deutschland und anderen 210 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS europäischen Staaten Jihadismus und Salafismus weitgehend voneinander entkoppelt haben. Die überwiegend jungen potenziellen Jihadisten sind von der Praxis des Jihad, das heißt der letztlich maßlosen Anwendung von Gewalt, fasziniert. Das ist es, was sie in die Tat umsetzen möchten. Sie halten es ganz offensichtlich für entbehrlich, sich mit den ideologischen Grundlagen auseinanderzusetzen und auch theologische Inhalte zu rezipieren und zu verinnerlichen. Eine realweltliche Anbindung an die salafistische Szene ist daher ebenfalls nicht mehr erforderlich und auch nur noch in seltenen Fällen festzustellen. Die Radikalisierung zum Jihadismus erfolgt demnach ganz überwiegend eigeninitiativ im Internet. Die Entkoppelung von Salafismus und Jihadismus wird auch dadurch befördert, dass sich bekannte salafistische Protagonisten wie Pierre Vogel oder "Abul Baraa" öffentlich und wiederholt gegen den Jihadismus des "Islamischen Staates" ausgesprochen haben. Somit entsteht der Eindruck, dass man nicht beides sein kann - Salafist und Jihadist. 5. "Feindbild LSBTIQ" Das "Feindbild LSBTIQ" - die Ablehnung lesbischer, schwuler, bisexueller, transund intergeschlechtlicher sowie queerer Menschen (zusammengefasst: LSBTIQ) - ist nicht neu, aber von wachsender Bedeutung als Ausdrucksform der islamistisch motivierten Ablehnung beziehungsweise Bekämpfung der liberalen und pluralistischen Demokratie westlicher Prägung. Die Forderung nach Toleranz gegenüber sexueller und geschlechtlicher Vielfalt wird als quasikolonialistischer Export aus dem Westen interpretiert, der das Ziel der Zerstörung der islamischen Gemeinschaft verfolge. Gegen die LSBTIQ-Gemeinschaft gerichtete Äußerungen sind im Islamismus weit verbreitet und scheinen aktuell - in Wechselwirkung zu der hohen öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema - noch einmal an Bedeutung zu gewinnen. Die Agitation gegen Menschen mit anderen geschlechtlichen und sexuellen Identitäten legt exemplarisch dar, wie Islamisten gesellschaftlich relevante Themen nutzen, um vor allem online Debatten 211 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS zu führen und ihre Perspektive auch jenseits der eigenen Klientel zu platzieren. Folgende Beispiele aus dem Berichtsjahr illustrieren LSBTIQ-Feindlichkeit: " In den sozialen Netzwerken findet sich regelmäßig jihadistische Propaganda mit entsprechenden Inhalten. Beispielsweise wurde dort eine Sequenz verbreitet, in der eine gefesselte Person von einem Haus gestürzt wird. In der Aufzeichnung ist ferner ein eingeblendeter Begleittext zu sehen, wonach islamische Rechtsgelehrte das Töten Homosexueller rechtfertigten. Ein weiteres Beispiel ist ein Beitrag auf einem dem "Islamischen Staat" nahestehenden Telegram-Kanal, in dem die "göttlich geforderte Bestrafung" von Homosexuellen propagiert wird. " In der 39. Ausgabe des englischsprachigen Onlinemagazins "VOICE OF KHURASAN" erschien eine Bildcollage, in der "Attacken auf Deutschland als Vergeltung für die Muslime" propagiert werden. Der Beitrag in dem Magazin, das dem "Islamischen Staat Provinz Khorasan" zugeordnet wird, ist unter anderem mit einem blutigen Messer, einer Deutschlandkarte und einem Fadenkreuz mit dem Text "LGBT-Events" illustriert. Es ist davon auszugehen, dass islamistische Internetpropaganda gegen Menschen mit anderen geschlechtlichen und sexuellen Identitäten in Deutschland zu Gewalt bis hin zu terroristischen Anschlägen führen kann. III. Gefahren durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland 1. Jihadistische Organisationen Deutschland und Die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus in DeutschEuropa im Fokus land ist fortwährend als hoch zu bewerten. internationaler jihadistischer Es bleibt ein erklärtes Ziel jihadistischer Terrororganisationen, insOrganisationen besondere des "Islamischen Staates" (IS) und von "al-Qaida" oder diesen nahestehenden Gruppierungen, Anschläge im Westen, also auch in Europa und Deutschland, zu verüben oder hierzu anzuspornen. 212 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Nachdem "al-Qaida" zu Beginn der 2000er-Jahre die weltweit dominierende jihadistische Terrororganisation darstellte und ein islamistisches Regime in islamischen Ländern anstrebte, war sie zuletzt vornehmlich regional (Sahelstaaten, Westafrika, Indien) aktiv. In Deutschland ergaben sich in der Vergangenheit vereinzelt Hinweise auf Personen, die über lose Verbindungen zu "al-Qaida" beziehungsweise ihren Regionalablegern verfügten. Es ist vor allem der IS, der weiter von hoher Relevanz für die Gefährdungslage in Deutschland ist. Ohne sein ehemaliges Kerngebiet in Syrien und Irak rücken verstärkt regionale IS-Ableger, deren Aktivitäten und Anziehungskraft nicht mehr nur regional beschränkt sind, in den Blickpunkt. Anschläge auch außerhalb ihrer eigentlichen Kernregionen verschaffen diesen Ablegern höheres Ansehen auch in Konkurrenz mit anderen Organisationen und erhöhen den politischen Druck auf staatliche Akteure vor Ort. Der IS erhebt einen globalen jihadistischen Führungsanspruch IS-Ideologie und ist transnational ausgerichtet. Die Gefahr von Attentaten inspiriert zu durch vom IS inspirierte Einzeltäter und Kleinstgruppen ist soGewalttaten wohl in islamischen Ländern als auch im Westen anhaltend hoch. Die zahlreichen Anschläge, die im Namen des IS und seiner Regionalableger begangen wurden, verdeutlichen den "Erfolg" des IS. Für Europa scheint der "Islamische Staat Provinz Khorasan" (ISPK) ISPK droht weiter der relevanteste IS-Regionalableger zu sein. Seine AktiviDeutschland täten, insbesondere auch die Propaganda, gehen weit über seine regionale Basis in Afghanistan hinaus und sind explizit auch auf Europa gerichtet. Mehrfach nahm der ISPK in seiner Propaganda Bezug auf den Anschlag in Solingen (Nordrhein-Westfalen) und drohte Deutschland explizit mit Anschlägen (vgl. Kapitel III.2). Auch die regionalen Ableger des IS und von "al-Qaida" oder mit Gefährdung aus diesen assoziierte Gruppen in Afrika erzeugen Strahlkraft und erAfrika heraus zielen Wirkung über ihre Kernregionen hinaus. Ihre Aktivitäten sind geeignet, auch Relevanz für die Gefährdungslage in Europa zu entfalten, wie beispielsweise durch jihadistische Reiseoder auch potenzielle - durch die Konflikte vor Ort ausgelöste - Migrationsbewegungen. Von besonderem Aufklärungsinteresse ist der IS in Somalia. So konnten vereinzelte Ausreiseversuche mit dem Ziel, sich dem IS in Somalia anzuschließen, festgestellt werden. 213 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Einzeltäter Eine besondere sicherheitsbehördliche Herausforderung ergibt sich mit Blick auf die rasante und individuelle Radikalisierung von Einzeltätern. Hierbei spielen die sozialen Medien aufgrund der Verfügbarkeit jihadistischer Propaganda und der Möglichkeit der Vernetzung mit Gleichgesinnten eine hervorgehobene Rolle. In etlichen Sachverhalten werden Jugendliche festgestellt, in einigen Fällen sogar unterhalb der Strafmündigkeit, die sich oft innerhalb kurzer Zeit radikalisierten und - zumeist online - mit Anschlagsplänen beschäftigten. Angriffe Einzelner finden häufig mit einfach zu beschaffenden Tatmitteln statt, etwa einem Messer oder einem Fahrzeug, und richten sich zumeist gegen "weiche Ziele", wie Menschenansammlungen im öffentlichen Raum. Terroristische Organisationen wie der IS machen sich diesen Modus Operandi gezielt zunutze. Sie beschränken sich nicht mehr nur auf komplexe und koordinierte Anschlagsszenarien, sondern konzentrieren sich bewusst auch auf potenziell anschlagsgeneigte Einzelpersonen mit oder ohne Organisationsbezug, die zur Anschlagsbegehung inspiriert, angeleitet oder deren Taten im Nachhinein vereinnahmt und propagandistisch instrumentalisiert werden. Welche Gefahr von allein handelnden Personen ausgehen kann, wird anhand folgender zwei Anschläge deutlich: Anschlagsgeschehen " Am 31. Mai 2024 stach eine Person in Mannheim (Baden-Würt2024 temberg) mit einem Jagdmesser auf Anwesende bei einer islamkritischen Kundgebung des Vereins Bürgerbewegung Pax Europa ein. Ein herbeigeeilter Polizist wurde durch Messerstiche so schwer verletzt, dass er wenige Tage später verstarb. Fünf weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Täter ist IS-Sympathisant und soll sich spätestens Anfang Mai 2024 zu einem Anschlag auf aus seiner Sicht ungläubige Menschen entschlossen haben.83 83 Gegen die Person ist am 13. Februar 2025 der Prozess vor dem OLG Stuttgart (Baden-Württemberg) eröffnet worden. 214 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS " Am 23. August 2024 stach ein mutmaßlicher IS-Sympathisant mit einem Messer auf Besucher des Stadtfests in Solingen (Nordrhein-Westfalen) ein. Aufgrund seiner mutmaßlich islamistischen Überzeugungen habe er möglichst viele vermeintlich Ungläubige töten wollen. Drei Menschen starben, acht weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag anschließend für sich.84 Beide Anschläge wurden in der jihadistischen Propaganda aufgegriffen, wobei zur Nachahmung aufgerufen und die Täter heroisiert wurden. Weitere (mutmaßliche) Anschlagspläne konnten verhindert oder bereits in einem frühen Stadium unterbrochen werden, darunter beispielsweise folgende: " Am 19. März 2024 wurden zwei afghanische Staatsangehörige in Mutmaßlich Thüringen festgenommen, die verdächtig sind, im Auftrag des verhinderte ISPK einen Anschlag mit Schusswaffen im Bereich des schwediAnschläge schen Parlaments in Stockholm geplant zu haben. Dieser sollte als Rache für die Koranverbrennungen in Schweden und anderen skandinavischen Ländern verübt werden. Am 27. Februar 2025 verurteilte das Oberlandesgericht Jena (Thüringen) die beiden Personen unter anderem wegen Mitgliedschaft in und Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Verabredung zum Mord zu langjährigen Haftstrafen. " Am 8. Dezember 2024 wurden in Baden-Württemberg und Hessen drei Männer wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat festgenommen. Zwei der Beschuldigten stehen im Verdacht, aufgrund ihrer islamistischen Ideologie und tiefgreifenden Sympathie für den IS Vorbereitungen für einen Anschlag getroffen zu haben. Hierfür beschafften sich die jungen Männer unter anderem ein Sturmgewehr mit zugehöriger Munition, das im Rahmen polizeilicher Maßnahmen bei dem dritten Beschuldigten aufgefunden werden konnte. 84 Gegen den Angeschuldigten ist am 24. Februar 2025 vor dem Staatsschutzsenat des OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) Anklage erhoben worden. 215 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS "Islamistische Trotz hohen Verfolgungsdrucks durch europäische SicherheitsbeNordkaukasische hörden waren islamistische Netzwerke mit Bezug zum postsowjeSzene" tischen Raum auch im Jahr 2024 von hoher Relevanz. Bereits 2023 waren in verschiedenen europäischen Ländern ISPK-Netzwerke primär zentralasiatischer Prägung zerschlagen worden. Im August 2024 erfolgten europaweit Festnahmen von Personen, die nordkaukasischen IS-Unterstützerstrukturen zugerechnet wurden. Die Bedrohung durch diese Netzwerke besteht fort, da nordkaukasische und zentralasiatische Islamisten auf lange existierende und transnational aktive Strukturen zurückgreifen können, die hochflexibel auf Verfolgungsdruck reagieren und in der Lage sind, sich zu reorganisieren. Im Kontext der seit etwa Mitte des Jahres 2022 erhöhten Aktivitäten der "Islamistischen Nordkaukasischen Szene" in Deutschland ist auch die stets präsente Gefahr der Realisierung einer jihadistischen Gewalttat hierzulande durch radikalisierte Minderjährige mit nordkaukasischer Ethnie hervorzuheben. Gefährdung Die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus ist anhalanhaltend hoch tend hoch. Die Verschärfung der Gefährdungslage infolge des Angriffs der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 besteht fort. Jihadistische Propaganda bezieht sich auch konkret auf Deutschland, um anschlagsgeneigte Personen zu Anschlägen zu motivieren. Im Anschlagsgeschehen ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Jihadistische Organisationen, Gruppierungen oder Einzeltäter - insbesondere motiviert, vereinnahmt oder unterstützt durch den IS - verfolgen unvermindert das Ziel, jede sich bietende Gelegenheit für einen Anschlag zu nutzen. Mit islamistisch motivierten Anschlägen ist daher stets zu rechnen. Die besondere Herausforderung bleibt die Verhinderung von Einzeltäteranschlägen, insbesondere bei geringer Radikalisierungsdauer, kurzer Planungsphase und Verwendung einfach zu beschaffender Tatmittel. Regimesturz in Syrien Nach dem Sturz des bisherigen Regimes in Syrien Ende des Jahres 2024 zeichnet sich für Deutschland zunächst keine erhöhte Gefährdung ab. Dennoch könnten islamistische Gruppierungen in Syrien den Umbruch nutzen, um potenzielle Ausreisewillige aus 216 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS "dem Westen" mittels Propaganda zur Übersiedlung dorthin zu bewegen. Eine weitere Gefahr stellt eine potenziell unkontrollierte "Befreiung" von Jihadisten aus den kurdischen Gefängnissen in Nordost-Syrien infolge eines Machtvakuums dar. Der IS bleibt ein wesentlicher, destabilisierender Akteur in der Region. Wie sich die Verschiebung der Machtverhältnisse in Syrien auf die dortigen IS-Strukturen auswirkt, kann derzeit nicht abgesehen werden. Die Bestrebungen des IS zur Durchführung externer Operationen und seine anhaltenden Versuche, einzelne Personen in westlichen Ländern durch Propaganda zu mobilisieren, dauern an und stellen, unabhängig von dem Machtwechsel und den weiteren Entwicklungen in Syrien, eine abstrakt hohe Gefahrenlage für "den Westen" dar. 2. Jihadistische Propaganda Global agierende jihadistische Gruppierungen, vor allem der "Islamische Staat" (IS), aber auch "al-Qaida", ihre jeweiligen Regionalableger sowie Unterstützerszenen sind die Hauptakteure in der Verbreitung jihadistischer Propaganda. Während der Krieg im Nahen Osten weiterhin ein zentrales Thema der jihadistischen Propaganda im Jahr 2024 bildete, fanden die Fußball-Europameisterschaft der Männer in Deutschland und die Olympischen Sommerspiele in Frankreich dagegen nur wenig Beachtung. Aktuell sind Veränderungen der Plattformbetreiber erkennbar, was den Umgang der Durchsetzung der eigenen Richtlinien und das stringente Vorgehen bezüglich jihadistischer Propaganda betrifft. Die Verunsicherung der Nutzerinnen und Nutzer, die aus der konsequenteren Löschung und Sperrung von Kanälen und Profilen mit jihadistischen Inhalten resultiert, sowie die strikte Verfolgung strafrechtlich relevanter Internetpropaganda führen zu einer sowohl inhaltlichen als auch quantitativen Zurückhaltung beim Veröffentlichen von Beiträgen. 217 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 2.1 Fremdsprachige Propaganda "Islamischer Staat" Durch die dauerhafte Löschung der wesentlichen fremdund insbesondere arabischsprachigen IS-Propaganda-Website "I'LAM FOUNDATION" Mitte 2024 durch europäische Sicherheitsbehörden wurde die Verbreitung der IS-Propaganda zwar erheblich eingeschränkt, befindet sich aber insgesamt weiterhin auf einem hohen Niveau. Da der Messengerdienst Rocket.Chat, die zweite wichtige Propagandaplattform des IS, bei Teilen der Anhängerschaft als von Journalisten und "Geheimdienstlern" unterlaufen gilt, erfolgte die Verbreitung fortan fragmentiert über eher kurzlebige Kanäle auf Rocket.Chat, TikTok, Instagram oder Telegram. Ungeachtet dessen ruft der IS weiterhin zu Anschlägen auf und verbreitet entsprechende Anleitungen dazu. Besonders aktiv ist der Regionalableger "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK), der monatlich das in mehreren Sprachen erscheinende Onlinemagazin "VOICE OF KHURASAN" mit internationalen und regionalspezifischen Themen publiziert. Mehrfach nahm der ISPK Bezug auf das Anschlagsgeschehen in Solingen (Nordrhein-Westfalen) und drohte Deutschland explizit mit weiteren Anschlägen. Der IS verweist regelmäßig auf die Wichtigkeit und Wirksamkeit individuell begangener Anschläge. Dabei scheint ihm die "erfolgreiche" Durchführung eines solchen Anschlags relevanter zu sein als dessen propagandistische Verwertbarkeit. So sollen durch die schwere Vorhersagbarkeit solcher Anschläge - neben den tatsächlich entstandenen Schäden - ein Gefühl der Ohnmacht und Angst erzeugt und die Schlagkraft des IS demonstriert werden. Grundsätzlich können derartige Anschlagsaufrufe motivierend und mobilisierend auf jihadistisch eingestellte, tatgeneigte Personen wirken und eventuell zu einem spontanen Entschluss beitragen, einen niedrigschwelligen Anschlagsversuch durchzuführen. "Al-Qaida" Auch im Jahr 2024 hielten Kern-"al-Qaida" sowie die regionalen Ableger die propagandistischen Aktivitäten auf einem konstant hohen Niveau. Thematisch standen dabei der Nahostkonflikt sowie vermehrte Aufrufe zu Einzeltäteranschlägen deutlich im Vordergrund. 218 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Zentrales Produkt bei der Verbreitung der offiziellen Propaganda bildet weiterhin das Onlinemagazin "Ummah Wahida". Auch der Messengerdienst Rocket.Chat und die Plattform Chirpwire wurden verstärkt hierzu genutzt. "Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel" (AQAH) belebte Anfang des Jahres 2024 nach einer mehrjährigen Pause das Onlinemagazin "INSPIRE"85 mit einer Videoveröffentlichung wieder, die eine Anleitung zur Begehung von Anschlägen für Einzeltäter lieferte. Anlass war der Nahostkonflikt, mit dem das Video eingeleitet wurde. Mit der Verherrlichung der Messerattacke von Mannheim stellte AQAH in der 8. Ausgabe ihres arabischsprachigen Onlinemagazins "INSPIRE GUIDE" einen Deutschlandbezug her. Auch die "al-Qaida"-nahen Onlinemagazine "Wolves of Manhattan"86 sowie "Und sporne die Gläubigen an"87 thematisierten neben dem Nahostkonflikt vor allem auch Anschlagsdrohungen gegen den Westen. Dominierende Themen der Propaganda von IS und "al-Qaida" waren neben der Eskalation im Nahen Osten vor allem auch wiederholte Aufrufe zu Einzeltäteranschlägen im Westen, gegen Juden Gemeinsame Themen oder israelische Einrichtungen. Der Nahostkonflikt wurde gezielt genutzt, um zu emotionalisieren und bereits radikalisierte, vor allem junge Muslime im Westen zu Terroranschlägen zu bewegen. Terroristische Taten werden in der jihadistischen Propaganda aufgegriffen, auch wenn keine Bekennung der Täter zu einer Organisation erfolgt ist. Unverkennbar verfolgen jihadistische Organisationen die Geschehnisse in Deutschland, wie die Einbeziehung der Taten von Mannheim und Solingen in die Agitation von IS und "al-Qaida" belegt. 85 "INSPIRE", das im Wesentlichen als Anleitung für Anschläge im Westen konzipiert gewesen war, ist nach der 17. Ausgabe im August 2017 eingestellt worden. 86 "Wolves of Manhattan" wird seit November 2020 in arabischer, englischer und französischer Sprache verbreitet. 87 Das arabischsprachige Magazin "Und sporne die Gläubigen an" wird seit April 2024 verbreitet. 219 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 2.2 Deutschsprachige Propaganda Jihadistische Die Eskalation im Nahen Osten spielte im Berichtsjahr auch in Unterstützerszene der deutschsprachigen jihadistischen Szene eine große Rolle. Dies zeigte sich in der Verbreitung von HAMAS-Propaganda sowie in antisemitischen Beiträgen. Die tatsächliche oder vermeintliche Verunglimpfung des Islam und dessen Religionsstifters Muhammad ist seit Jahren ein zentrales Thema in der Propaganda islamistisch-terroristischer Gruppierungen. Die Diskussion darüber nahm - insbesondere im Zusammenhang mit der Messerattacke in Mannheim - einen großen Raum ein. Die zahlreichen Reaktionen reichten von der bloßen Teilung von Presseberichten über schadenfrohe Kommentare, Genugtuung und Jubel über den Tod des Polizisten bis hin zum Aufruf zu Nachahmungstaten sowie zur Heroisierung des Attentäters. Zu beobachten war auch, dass in der jihadistischen Unterstützerszene die Verbreitung von älterem Propagandamaterial sowie einschlägigen Nashids88 nach wie vor beliebt war. Auszüge aus Audiound Videoansprachen verstorbener Führungspersonen jihadistischer Organisationen fanden eine rege Verbreitung auf Social-Media-Plattformen. Auch wurden Inhalte, die diese Personen, Attentäter oder den "Märtyrertod" glorifizieren, kontinuierlich verbreitet. Neben Telegram und Instagram war TikTok auch 2024 eine der wichtigsten jugendaffinen Plattformen, auf der deutschsprachige jihadistische Propaganda verbreitet wurde. Zunehmend war zu beobachten, dass jihadistische Inhalte auch im Kontext von gewaltverherrlichenden Onlinespielen und auf dem serverbasierten Onlinedienst Discord verbreitet wurden. Plattformen wie YouTube, Facebook oder Twitter, die früher stark genutzt wurden, spielten im deutschsprachigen Bereich hingegen nur noch eine untergeordnete, allenfalls begleitende Rolle. 88 Bei einem Nashid handelt es sich um einen religiösen Sprechgesang ohne Begleitung von Musikinstrumenten. Die Sprechgesänge werden oft genutzt, um ideologische Botschaften mit gewaltverherrlichenden Texten, in denen etwa zum bewaffneten Kampf aufgerufen oder das "Märtyrertum" glorifiziert wird, zu transportieren. 220 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 3. "Hizb Allah" und HAMAS Terroristische Organisationen wie die libanesische "Hizb Allah" und die palästinensische HAMAS verneinen das Existenzrecht des Staates Israel und rufen zu dessen gewaltsamer Beseitigung auf. Sie verfügen in Europa und auch in Deutschland über eine Anhängerschaft, deren Aktivitäten von Sympathiebekundungen und Propagandaaktivitäten bis hin zu Finanzierungsoder Spendensammelaktivitäten reichen, was zur Stärkung der Kernorganisationen im Ausland führen soll. In Deutschland ist die mit einem Betätigungsverbot89 belegte "Hizb "Hizb Allah"Allah" in keinem bundesweiten Dachverband oder einer ähnlichen Strukturen überregionalen Struktur organisiert. Ihre Anhänger verteilen sich auf verschiedene Vereine im Bundesgebiet. Der Schwerpunkt der Aktivitäten dieser als "Hizb Allah"-nah eingestuften Vereine liegt im religiös-kulturellen Bereich sowie in Bildungsangeboten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Sinne eines konservativen Islam und einer schiitischen Identität. Neben den militärischen Auseinandersetzungen in Nahost und in Libanon führte auch das Verbot des "Islamischen Zentrums Hamburg e.V." am 24. Juli 2024 (vgl. Kap. V) unter "Hizb Allah"-Anhängern zu einer starken Emotionalisierung. Die HAMAS verfügt in Deutschland über ein Netzwerk von UnterHAMAS-Netzwerk stützern und Anhängern, die seit vielen Jahren öffentlich eher zurückhaltend agieren und nach außen offensichtliche Verbindungen zu der Organisation vermeiden. Sie wird seit 2001 ("Izz-al-Din-alQassam-Brigaden" als militärischer Flügel der HAMAS) beziehungsweise 2003 (gesamte Organisation) auf der sogenannten EU-Terrorliste geführt. Außerdem sprach das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) im Jahr 2023 ein Betätigungsverbot90 für Deutschland aus. Die Anhänger der HAMAS versuchen insbesondere die Organisation über Spendensammlungen zu unterstützen sowie den politischen und gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland propalästinensisch im Sinne der HAMAS zu beeinflussen. 89 Gegen die "Hizb Allah" wurde mit Verfügung des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat vom 26. März 2020 ein Betätigungsverbot in Deutschland erlassen. 90 Gegen die HAMAS wurde mit Verfügung der Bundesministerin des Innern und für Heimat vom 2. November 2023 ein Betätigungsverbot in Deutschland erlassen. 221 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Darüber hinaus beteiligten sich HAMAS-Anhänger auch 2024 am propalästinensischen Protestgeschehen, traten dabei jedoch nicht öffentlich in Erscheinung. Hinweise auf gefährdungsrelevante Aktivitäten durch HAMAS-Angehörige liegen nur in Einzelfällen vor. Die infolge der Ereignisse im Nahen Osten erhöhte Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden und insbesondere das vom BMI erlassene Betätigungsverbot gegen die HAMAS stellten einen tiefen Einschnitt für die Situation der Organisation in Deutschland dar. Dennoch bestehen die etablierten politischen Unterstützerstrukturen der HAMAS in weiten Teilen weiter und führen - ohne sich offiziell zur HAMAS zu bekennen - ihre Aktivitäten fort. IV. Weitere islamistische Bestrebungen in Deutschland 1. Salafistische Szene Personenpotenzial Der Salafismus gilt seit Jahren als eine der dynamischsten islamistischen Bewegungen. Zwar ging die Zahl der Anhänger seit dem Jahr 2021 leicht zurück, im abgelaufenen Jahr 2024 könnte sich jetzt aber eine Trendumkehr anbahnen. Verstärkte Missionierungsarbeit in den vergangenen drei Jahren führt zu einer Verjüngung der Anhängerschaft und zu einem leichten Anstieg des Personenpotenzials auf 11.000 Anhänger (2023: 10.500). Aktivitäten Vor allem über die in den sozialen Medien präsenten Prediger und im Internet Akteure, von denen einige in ihrem Kommunikationsmuster herkömmlichen Influencern ähneln, werden Hunderttausende identitätssuchende junge Menschen erreicht. Diese leicht beeinflussbare Zielgruppe konsumiert insbesondere Kurzvideos, in denen die salafistischen Influencer neben wiederkehrenden Themen wie "Paradies und Hölle" oder "wahre Muslime und Ungläubige" häufig Alltagsprobleme aller Art besprechen. Dabei setzen sie ihre extremistische religiöse Auslegung als Maßstab und geben den Nutzern vor, ob bestimmte Handlungen nach dem Islam erlaubt ("halal") oder verboten ("haram") seien. 222 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS In den Videos werden häufig die vermeintliche eigene Opferrolle transportiert und typische Feindbilder der Salafisten vermittelt, wie Äußerungen zur LSBTIQ-Gemeinschaft, zum Feminismus, Atheismus oder zu anderen Religionen bis hin zu Kritik an den etablierten Medien. Mittlerweile nutzen Salafisten Elemente der Popund Jugendkultur, um ihre religiös bemäntelte Ablehnung des demokratischen Rechtstaats zu verbreiten. Insbesondere die jüngeren salafistischen "Social-Media-Stars" - darunter seit Kurzem auch Influencerinnen - gewähren ihren Followern Einblicke in ihren Alltag und bauen eine parasoziale Beziehung zur Zielgruppe auf. Dadurch erreichen salafistische Verhaltensund Denkweisen bruchstückhaft selbst szenefremde Kinder und Jugendliche. Die reichweitenstarke Präsenz der salafistischen Akteure in den sozialen Medien sorgt dafür, dass jeder, der sich über den Islam informieren will, schnell in dieser salafistischen Filterblase landet, die damit eine Deutungsdominanz in den sozialen Medien erlangt. Sie sehen einzig ihre ultrakonservative Auslegung aus der Frühzeit des Islam als statthaft an und wirken damit spalterisch innerhalb der Muslime in Deutschland. Progressive Islamauslegungen und bestimmte Konfessionen werden somit marginalisiert, der salafistische Alleinanspruch auf den "wahren Islam" prägt zunehmend das Islambild. Neben den Aktivitäten im Internet haben sich in den vergangenen Salafistisch geprägte Jahren salafistisch geprägte Geschäftsfelder etabliert, über die salaGeschäftsfelder fistische Akteure Einkommen generieren, und mit dem die Missionierung finanziert wird. Dies reicht vom Vertrieb von szenetypischer Kleidung, Büchern, Nahrungsmitteln und islamkonformen Finanzdienstleistungen bis zu religiös geprägten Business-Events, großen Vortragsveranstaltungen und Pilgerreisen. Die salafistische Szene hat sich damit eine nicht zu unterschätzende Wirtschaftskraft aufgebaut, die sie resilienter macht für das Erreichen ihres Zieles: Salafisten wollen die Gesellschaft in einem langfristig angelegten Prozess nach ihren Normen verändern (vgl. Kap. II. 2.). 223 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 2. Nach Einflussnahme im politischen Raum strebende Organisationen Einzelne Organisationen erheben den Anspruch, der zentrale Ansprechpartner für alle muslimischen Belange in Deutschland zu sein. Sie verfolgen langfristig das Ziel, gesellschaftlich und politisch Einfluss zu nehmen, um eine nach ihrer Interpretation islamkonforme Ordnung durchzusetzen. "Milli Görüs"Die "Milli Görüs"-Bewegung (MGB) ist die mit Abstand größte Bewegung sunnitisch-islamistische Strömung in Deutschland. Sie besteht aus mehreren Vereinigungen, die von einer gemeinsamen ideologischreligiösen Ausrichtung und der ideellen Bindung an deren Gründer zusammengehalten werden. Innerhalb der MGB ist die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) mit Sitz in Köln (Nordrhein-Westfalen) die einzige Organisation, die das Ziel verfolgt, eine Dialogpartnerschaft mit staatlichen und nicht staatlichen Akteuren einzugehen und gesellschaftliche Teilhabe zu erwirken. Hierhinter steht der Versuch, den öffentlich-politischen Diskurs im eigenen Sinne mitzubestimmen. "Islamisches Zentrum Mit der Hilfe von islamischen Zentren und Organisationen regieHamburg e.V." rungstreuer Iraner im Ausland versucht die Islamische Republik Iran Einfluss auf Schiiten unterschiedlicher Nationalität zu nehmen. Das "Islamische Zentrum Hamburg e.V." (IZH), Trägerverein der "Imam-Ali-Moschee" in Hamburg, stellte neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und ein bedeutendes Propagandazentrum Irans in Europa dar. Das IZH führte unter anderem regelmäßige Gebetsund Vortragsveranstaltungen, religiöse Feierlichkeiten sowie Sprachunterricht und andere Lehrveranstaltungen durch. Die Einrichtung hatte ein bundesweites Kontaktnetz innerhalb der zahlreichen schiitisch-islamischen Moscheen und Vereine aufgebaut und übte auf diese großen Einfluss, bis hin zur vollständigen Kontrolle, aus. Am 24. Juli 2024 hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat den Verein IZH sowie fünf Teilorganisationen verboten (vgl. Kap. V). 224 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 3. Sich abgrenzende Organisationen Nicht nach Teilhabe strebende Organisationen grenzen sich bewusst von der deutschen nicht muslimischen Gesellschaft ab und wollen eine eigene Werteinstanz für eine breite Zielgruppe schaffen. Einige dieser islamistischen Gruppierungen greifen gezielt aktuelle gesellschaftliche und politische Themen auf und ebnen so einen Zugang zu islamistischen Narrativen. Damit sollen Muslime als "Opfer" einer angeblichen deutschen "Wertediktatur" dargestellt werden. Die ideologischen Übergänge zum Salafismus sind dabei zum Teil fließend. Gruppierungen mit ideologischer Nähe zu der in Deutschland seit "Hizb ut-Tahrir"-nahe dem Jahr 2003 mit einem Betätigungsverbot belegten "Hizb utGruppierungen Tahrir" (HuT) wie "Botschaft des Islam" (BdI), "Generation Islam" (GI), "Muslim Interaktiv" (MI) sowie "Realität Islam" (RI) sind propagandistisch außerordentlich aktiv. Die Themensetzung ist bei allen HuT-nahen Kanälen und SocialMedia-Profilen nahezu deckungsgleich und deutlich politischer als bei salafistischen Akteuren. In der Regel werden gesellschaftlich relevante Themen mit Islambezug aufgegriffen. Die Protagonisten berichten von Ereignissen, bei denen Muslime aufgrund ihrer Religion benachteiligt oder diskriminiert worden seien. Auch islamkritische Stimmen aus Politik und Medien sind oft ein willkommener Aufhänger für die mehrmals täglich veröffentlichten Text-, Bildund Videobeiträge. Das jeweils aufgegriffene Thema wird sodann meist mit der Behauptung geframt, dass die angeblich islamfeindliche Stimmung in Deutschland ihre Ursache in einer staatlichen Agenda zur Assimilation der Muslime habe. Solche Aussagen fallen nicht selten auf fruchtbaren Boden, da Musliminnen und Muslime in westlichen Ländern tatsächlich Ausgrenzungserfahrungen in ihrem Alltag erleben. Abschließend bieten die Protagonisten auch eine "Lösung", um der empfundenen "Unterdrückung" zu entkommen: Ein islamischer Staat - ein Kalifat - würde Muslime weltweit vor Unterdrückung und Diskriminierung schützen. Die Gruppierungen nutzen sehr effizient die Wechselwirkungen von Agitation im Internet und Mobilisierung beispielsweise zu Demonstrationen. BdI, GI, MI und RI verbreiten über ihre 225 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS verschiedenen Social-Media-Profile subtil Propaganda der HuT. Durch unterschiedliche Darbietungsformate und Formen der Ansprache gelingt es den Akteuren, ein breites Spektrum innerhalb der Zielgruppe der deutschsprachigen Muslime zu erreichen. Die Veranstaltungen dienen dabei vor allem dem Sammeln von Bildund Videomaterial, das für die eigenen Social-Media-Kanäle professionell zu Propagandavideos geschnitten wird. Diese sollen den Eindruck vermitteln, dass ein großer Teil der hier lebenden Musliminnen und Muslime hinter der Agenda der HuT-nahen Gruppierungen stehe. Mit dieser Vorgehensweise gelingt es ihnen, eine große Zahl vorwiegend junger Musliminnen und Muslime zu erreichen, die eigenen Follower-Zahlen zu steigern, eine Massenbewegung zu suggerieren und subtil Propaganda der HuT zu verbreiten. Oftmals ist für die Nutzenden nicht ohne Weiteres erkennbar, dass solche Seiten beziehungsweise Kanäle - wenigstens ideologisch - der HuT zuzurechnen sind. Insbesondere MI ist mit ihrer an der Popkultur orientierten Aufmachung und ihrem professionellen Auftritt in den sozialen Medien vor allem für Jugendliche attraktiv. Zudem gelang es MI auch im Berichtsjahr bei mehreren Demonstrationen, die sich thematisch nicht auf den Nahostkonflikt bezogen, eine teilweise vierstellige Teilnehmendenzahl zu mobilisieren. Am 27. April 2024 nahmen in Hamburg etwa 1.100 Personen an einer Demonstration von MI unter der Überschrift "So gehorche nicht den Lügnern" teil. Abermals in Hamburg, am 11. Mai 2024, kamen etwa 2.300 Personen unter dem Motto "Demonstration gegen Zensur und Meinungsdiktat" zusammen. "Furkan Bewegung" Die Strategie der "Furkan Bewegung" sieht ebenfalls eine Abgrenzung von der nicht muslimischen Gesellschaft in Deutschland vor. Ähnlich wie die HuT und die ihr nahestehenden Gruppierungen greift die "Furkan Bewegung" politische und gesellschaftliche Themen mit Bezug zum Islam auf, um auf die - ihrer Ansicht nach - vorherrschende Unterdrückung der muslimischen Bevölkerung aufmerksam zu machen. Allen voran würde deren Religionsund Meinungsfreiheit beschnitten. Weiterer Ausdruck ihrer Abgrenzung ist das von der "Furkan Bewegung" propagierte Verbot der Teilnahme an Wahlen. Ihrer Auffassung zufolge seien ausschließlich Koran und Sunna zu befolgen. Die "Furkan Bewegung" sieht 226 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS einen Widerspruch zwischen dem in den islamischen Glaubensgrundlagen beschriebenen gesellschaftlichen Zusammenleben und den in Deutschland existierenden demokratischen Prinzipien. Wenn auch eher punktuell und mit wesentlich geringerer Reichweite als die HuT-nahen Gruppierungen nutzt auch die "Furkan Bewegung" emotionalisierende, aktuelle politische und gesellschaftliche Themen mit Bezug zum Islam beziehungsweise zu muslimischen Menschen dafür, eine islamfeindliche Agenda des Staates und der Medien zu behaupten. Ferner wird die angebliche Beschränkung der Meinungsund Religionsfreiheit propagiert und versucht, an tatsächliche Ausgrenzungserfahrungen muslimischer Bürgerinnen und Bürger anzuknüpfen. So spricht die "Furkan Bewegung" im Zusammenhang mit propalästinensischen Positionen von Musliminnen und Muslimen von einer "Denkdiktatur" in Deutschland und den USA. Auch die in Deutschland seit 2001 verbotene Organisation "Kali"Kalifatsstaat" fatsstaat" kann den sich abgrenzenden Organisationen zugeordnet werden. Gerade jüngere Muslime, die zum Teil dem "Kalifatsstaat" zuzurechnen sind, sympathisieren mit der "Kalifatsstaats"-nahen Gruppierung "Im Auftrag des Islam" (IADI). Die Schwerpunkte von IADI sind denen der HuT-nahen Gruppierungen und der "Furkan Bewegung" ähnlich. Neben dem Aufgreifen einer scheinbar theologischen und geschichtlichen Auseinandersetzung mit dem Islam dämonisiert IADI den deutschen Staat, der die Musliminnen und Muslime benachteilige. V. Staatliche Maßnahmen Vereinsverbote sind ein wichtiges Instrumentarium, um die orgaVereinsrechtliche nisatorischen und finanziellen Möglichkeiten von Islamisten zu Maßnahmen beschränken: " Am 24. Juli 2024 hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat den Verein "Islamisches Zentrum Hamburg e.V." (IZH) sowie fünf Teilorganisationen verboten. Bei den betroffenen Teilorganisationen handelt es sich um die "Islamische Akademie Deutschland e.V." mit Sitz in Hamburg, den "Verein der Förderer einer iranisch-islamischen Moschee in Hamburg e.V.", 227 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS das "Islamische Zentrum Berlin e.V.", das "Zentrum der Islamischen Kultur e.V." in Frankfurt am Main (Hessen) und die "Islamische Vereinigung Bayern e.V." in München (Bayern). Das Verbot wurde ausgesprochen, da sich Zweck und Tätigkeiten des Vereins gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten und Strafgesetzen zuwiderliefen. Das IZH agierte als Vertretung des iranischen "Revolutionsführers" in Deutschland und richtete seine Tätigkeiten darauf aus, das islamisch-schiitische Gedankengut iranischer Prägung in Deutschland und Europa zu verbreiten. Zeitgleich erfolgten im Rahmen des Verbotsvollzugs Durchsuchungsmaßnahmen in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in mehr als 50 Objekten. Es wurden vier Moscheen - darunter die vom IZH betriebene "Imam-Ali-Moschee" mit Sitz in Hamburg - geschlossen und das Vermögen des IZH und der oben genannten Teilorganisationen beschlagnahmt. Exekutivmaßnahmen Im Berichtsjahr 2024 wurden zahlreiche Exekutivmaßnahmen durchgeführt, von denen einige, die den Phänomenbereich Islamismus/islamistischer Terrorismus betrafen, hier aufgeführt werden: " Am 19. März 2024 wurden zwei afghanische Staatsangehörige in Gera (Thüringen) wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) beziehungsweise der Unterstützung des IS festgenommen. Der Ältere soll sich im August 2023 dem "Islamischen Staat Provinz Khorasan" (ISPK) als Mitglied angeschlossen haben und bereits zuvor zusammen mit dem jüngeren Festgenommenen Spenden für den IS gesammelt haben. Im Sommer 2023 soll der ISPK den Älteren damit beauftragt haben, als Reaktion auf Koranverbrennungen in Schweden und anderen skandinavischen Ländern einen Anschlag in Europa durchzuführen. Dazu sollen sie in enger Absprache mit Funktionären des ISPK konkrete Vorbereitungen getroffen haben. Das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) verurteilte die beiden Personen am 27. Februar 2025 unter anderem wegen der Mitgliedschaft und Unterstützung 228 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Verabredung zum Mord zu langjährigen Haftstrafen.91 " Zwischen dem 28. März 2024 und dem 1. April 2024 wurden in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zwei weibliche sowie zwei männliche minderjährige Mitglieder einer gemeinsamen Telegram-Chatgruppe vorläufig festgenommen. Sie standen im Verdacht, gemeinsam die Durchführung von Anschlägen mit Molotowcocktails auf christliche und jüdische Einrichtungen in Iserlohn (Nordrhein-Westfalen) geplant zu haben. Als Zeitpunkt hatten sie demnach zunächst den islamischen Fastenmonat Ramadan und später den christlichen Feiertag Christi Himmelfahrt in Erwägung gezogen. " Am 9. April 2024 fanden in Roth und Regensburg (beide Bayern) Durchsuchungsmaßnahmen bei zwei nach islamischem Ritus verheirateten irakischen Staatsangehörigen statt, die des Völkermords, des Verbrechens gegen die Menschlichkeit sowie des Kriegsverbrechens gegen Personen dringend verdächtig sind. In diesem Zusammenhang wird ihnen auch die Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) vorgeworfen. Sie sollen während ihrer Zugehörigkeit zum IS von Oktober 2015 bis Dezember 2017 ein damals fünfjähriges sowie später auch ein zwölfjähriges Mädchen als Sklavinnen gehalten haben. Der Beschuldigte soll beide Kinder mehrfach vergewaltigt haben, während seine Ehefrau ihn dabei unterstützt haben soll, indem sie das Zimmer dafür hergerichtet habe und eines der Mädchen geschminkt habe. Vor ihrer Ausreise aus Syrien im November 2017 sollen sie die Mädchen an andere IS-Mitglieder übergeben haben. Der Beschuldigte war zuvor bereits zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten wegen Mitgliedschaft im IS verurteilt worden, aus welcher er im Februar 2023 entlassen worden war.92 " Am 14. Juli 2024 fanden in Salzgitter (Niedersachsen) Durchsuchungsmaßnahmen bei einem libanesischen Staatsangehörigen statt, der der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland ("Hizb Allah") verdächtig ist. Er soll ein Netzwerk zugunsten der "Hizb Allah" in Deutschland, Frankreich und Spanien aufgebaut haben, das der Beschaffung von Bestandteilen zum Bau von Drohnen, welche offensichtlich im Kampf gegen Israel eingesetzt werden sollten, 91 Thüringer OLG, Urteil vom 27.02.2025 - Az. 3 St 2 BJs 65/24. 92 Das OLG München (Bayern) hat die Hauptverhandlung am 9. Dezember 2024 eröffnet. 229 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS gedient haben soll. Drei weitere mutmaßliche Mitglieder dieses Netzwerks wurden ebenfalls am 14. Juli 2024 in Spanien festgenommen. Der Festgenommene befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Strafverfahren Aus einer Vielzahl verschiedener Gerichtsverfahren, die den Phänomenbereich Islamismus/islamistischer Terrorismus betrafen, werden die folgenden exemplarisch aufgeführt: " Am 28. Juni 2024 verurteilte die Jugendkammer des Landgerichts (LG) Köln (Nordrhein-Westfalen) einen Minderjährigen mit deutscher und afghanischer Staatsangehörigkeit wegen der Verabredung zum Mord und der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten in Tateinheit mit Verwendung von Kennzeichen der von einem Betätigungsverbot betroffenen Organisation "Islamischer Staat" (IS) zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Jugendliche seit Herbst 2023 radikalisierte und zusammen mit einem ebenfalls minderjährigen russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft verabredete, einen islamistisch motivierten Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen zu begehen. Hierzu sollte ein Lkw angemietet werden, mit dem der Verurteilte über den Weihnachtsmarkt fahren und hierbei möglichst viele von ihm als "Ungläubige" erachtete Personen durch Überfahren töten wollte. Das Gericht würdigte bei der Strafzumessung die offensichtlich intensive gedankliche Auseinandersetzung mit der Durchführung eines Anschlags, gepaart mit der fortgeschrittenen Radikalisierung im Sinne des IS. Am 2. August 2024 verurteilte die Jugendkammer des LG Neuruppin (Brandenburg) den zweiten Minderjährigen ebenfalls wegen der Verabredung zum Mord und öffentlicher Verwendung von Kennzeichen des IS zu einer Jugendstrafe von vier Jahren.93 Bei dem geplanten Anschlag mittels Lkw auf dem Leverkusener Weihnachtsmarkt sollte er die Tat zum Zwecke der späteren Veröffentlichung filmen. Beide Urteile sind rechtskräftig. " Am 28. Juni 2024 verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) zwei Funktionäre der libanesischen Terrororganisation "Hizb Allah" zu mehrjährigen Haftstrafen. Ein libanesischer Staatsangehöriger wurde zu einer Freiheitsstrafe von 93 LG Neuruppin, Urteil vom 02.08.2024 - 51 Js 6/23. 230 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS fünf Jahren und sechs Monaten und ein deutscher und libanesischer Staatsangehöriger zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass es sich bei einem der Verurteilten um den ehemaligen 1. Vorsitzenden der inzwischen verbotenen "Al-Mustafa Gemeinschaft e.V." in Bremen und bei dem anderen Verurteilten um einen Funktionär der "Abteilung für Außenbeziehungen" der "Hizb Allah", der zur Betreuung der norddeutschen Vereine eingesetzt war, handelt. Durch die Entscheidung des Hanseatischen OLG wurden in Deutschland erstmals Personen wegen Mitgliedschaft in der "Hizb Allah" verurteilt. Beide Urteile sind rechtskräftig. " Am 12. September 2024 verurteilte das OLG Dresden (Sachsen) einen irakischen Staatsangehörigen wegen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland ("Islamischer Staat") zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten.94 Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Verurteilte zunächst an militärischen Operationen als Kämpfer beteiligt hatte und anschließend im Sicherheitsapparat des IS als Mitarbeiter des Geheimdiensts, zuletzt im Sicherheitsbereich der Rüstungsproduktion, tätig war. 94 OLG Dresden, Urteil vom 12.09.2024 - 4 St 2/24. 231 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS VI. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 1. "Islamischer Staat" (IS) und Regionalorganisationen Gründung: Ende 2003 als "al-Qaida im Irak", seit Mitte 2014 "Islamischer Staat" Leitung: seit August 2023: Abu Hafs al-Hashimi al-Qurashi Mitglieder/Anhängerkeine gesicherten Zahlen schaft in Deutschland: Publikationen/"al-Naba" (arabischsprachiges OnlineMedienstellen: magazin, erscheint wöchentlich) "Amaq" (Nachrichtenagentur) "al-Furqan" (Hauptmedienstelle für Veröffentlichungen der IS-Führungsebene) "VOICE OF KHURASAN" (englischsprachiges ISPK-Onlinemagazin) Betätigungsverbot: Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern vom 12. September 2014 232 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Der "Islamische Staat" (IS) nahm im Verlauf des Jahres 2013 eine zentrale Rolle im syrischen Bürgerkrieg ein und eroberte Anfang 2014 auch Gebiete in Nordirak. Am 29. Juni 2014 rief der damalige IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi das "Kalifat" aus. In der Folge entwickelte sich der IS zum quasistaatlichen Akteur. Nach der endgültigen militärischen Zerschlagung des "Kalifats" im Frühjahr 2019 wurde die Neustrukturierung im Untergrund erfolgreich vollzogen. Der IS hat im Sommer 2023 den Tod seines seit November 2022 amtierenden Anführers bekannt gegeben und Abu Hafs al-Hashimi al-Qurashi zum fünften IS-Anführer ernannt. Der IS beharrt weiter auf einem globalen jihadistischen Führungsanspruch. Die Gefahr von Attentaten durch vom IS inspirierte Einzeltäter und Kleinstgruppen ist sowohl in islamischen Ländern als auch im Westen anhaltend hoch. Dies belegen zahlreiche Anschläge, die im Namen des IS begangen wurden. Der IS hat weltweit regionale Ableger, sogenannte Provinzen, aufgebaut. Hierzu gehören neben dem "Islamischen Staat Provinz Khorasan" (ISPK) unter anderem auch die afrikanischen Regionalableger "Islamischer Staat Sahel-Provinz" und "Islamischer Staat Provinz Zentralafrika". Strukturen der Gruppierung sind in Deutschland - abgesehen von lose vernetzten Personen - nicht bekannt. "Islamischer Staat Provinz Khorasan95" (ISPK) Unter den verschiedenen Ablegern scheint der im Jahr 2015 in Afghanistan gegründete "Islamische Staat Provinz Khorasan" (ISPK) derzeit einer der stärksten Regionalableger zu sein. Der ISPK befindet sich seit seinem Bestehen in einem bewaffneten Konflikt mit den "Taleban". Obwohl die "Taleban" seit ihrer Machtübernahme im Jahr 2021 ihren Verfolgungsdruck erhöht haben, verübt der ISPK regelmäßig Anschläge in Afghanistan, insbesondere gegen die schiitische Minderheit der Hazara, aber auch gegen Ausländer und von diesen genutzte Einrichtungen. Um seine Bedeutung innerhalb des IS zu manifestieren, setzt der ISPK auch auf Anschläge gegen "Ungläubige" im Westen. 95 Die historische Region Khorasan umfasst Gebiete der heutigen Staaten Afghanistan, Iran, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. 233 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 2. "Al-Qaida" und Regionalorganisationen Gründung: Mitte der 1980er-Jahre Leitung: nicht offiziell bekannt96 Mitglieder/Anhängerkeine gesicherten Zahlen schaft in Deutschland: Publikationen/"as-Sahab" (offizielle Medienstelle) Medienstellen: "Ummah Wahida" (Onlinemagazin) "INSPIRE"/"INSPIRE GUIDE" (AQAHOnlinemagazin) "al-Malahim" (AQAH-Medienstelle) 96 Nach Erkenntnissen der USA und der UN soll ein in Iran aufhältiger Ägypter aktueller Anführer von "al-Qaida" sein. 234 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Die von Usama Bin Ladin gegründete "al-Qaida" versteht sich als Avantgarde einer internationalen jihadistischen Bewegung. Sie strebt ein islamistisches Regime in mehrheitlich von Muslimen bewohnten Ländern und eine globale Ausdehnung an. Ihr Kampf gilt sowohl dem "äußeren Feind" (westliche Staaten, insbesondere die USA und Israel) als auch dem "inneren Feind" (die sogenannten unislamischen Regierungen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika). Weltweit bekannt wurde "al-Qaida" mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Erklärtes Ziel von "al-Qaida" sind nach wie vor komplexe, medienwirksame Anschläge. Daneben sind Einzeltäter oder Kleinstgruppen dazu aufgerufen, Anschläge ohne Absprache und formale Anbindung an die Organisation durchzuführen. Am 31. Juli 2022 wurde der Anführer Aiman al-Zawahiri durch einen US-geführten Drohnenangriff in Afghanistan getötet. Ein neuer Anführer wurde von der Terrororganisation bislang nicht offiziell benannt. "Al-Qaida" sowie der IS konkurrieren um Einfluss und Deutungshoheit bei Jihadisten weltweit und stellen trotz einschneidender Verluste in ihrer Führungsriege weiterhin eine Bedrohung dar. Auch "al-Qaida" hat regionale Ableger wie beispielsweise "al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel" (AQAH), "al-Qaida im islamischen Maghreb" (AQM)97, "Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin" (JNIM) oder auch "al-Shabab" aufgebaut. Strukturen der Gruppierung in Deutschland sind - abgesehen von lose vernetzten Personen - nicht bekannt. 97 AQM ist überregional in Algerien, Libyen, Mali, Marokko, Mauretanien, Niger und Tunesien aktiv. 235 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS "Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin" (JNIM)98 Die "Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin" (JNIM) wurde im März 2017 als Zusammenschluss von "al-Qaida im islamischen Die Shahada-Flagge wird oft von Gruppierungen Maghreb"-Strukturen mit Tuareg-Stämmen der Sahara und Sahelverwendet, die "al-Qaida" zone gegründet. zugehörig sind. Die Von der JNIM geht derzeit keine direkte Bedrohung für Europa Shahada ist das islamische Glaubensbekenntnis. oder Deutschland aus, vielmehr richten sich ihre Angriffe gegen zivile Ziele in der Region und die staatlichen Sicherheitskräfte der Sahelstaaten. "Al-Shabab"99 Die im Jahr 2006 in Somalia gegründete "al-Shabab" wurde im Jahr 2012 von Kern-"al-Qaida" als regionaler Ableger in Ostafrika anerkannt. Ihr Ziel ist die Errichtung eines islamistischen Staates. Die Jihadisten kontrollieren gegenwärtig weite Teile Südsomalias und sind auch in der Lage, Anschläge in benachbarten Ländern durchzuführen. Strukturen des IS in Somalia werden durch "al-Shabab" systematisch bekämpft. 98 Arabisch für "Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime". 99 Vollständige Bezeichnung "Harakat al-Shabab al-Mujahidin". Arabisch für "Bewegung der Mujahidin-Jugend". 236 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 3. "Islamistische Nordkaukasische Szene" (INS) Gründung: 2007 Ausrufung "Kaukasisches Emirat" (KE); 2015 Anschluss an den "Islamischen Staat" (IS) unter letztem KE-Emir Leitung: dezentrale, transnationale Netzwerkstruktur, basierend auf langjährigen Kennverhältnissen und eigeninitiativ agierenden Führungspersönlichkeiten Die "Islamistische Nordkaukasische Szene" (INS) umfasst die islamistischen Aktivitäten von Angehörigen nordkaukasischer Ethnien in Deutschland. Die anfänglich primär von Tschetschenien ausgehende Widerstandsbewegung gegen die Herrschaft der Russischen Föderation im Nordkaukasus radikalisierte sich aufgrund des Einflusses externer jihadistischer Akteure und der Brutalität der russischen Kriegsführung in den Tschetschenienkriegen und resultierte in der Ausrufung des terroristisch agierenden "Kaukasischen Emirats" (KE) im Jahr 2007. Nach dem Niedergang des KE infolge massiver russischer Antiterroroperationen im Nordkaukasus orientierten sich lokale nordkaukasische Kommandeure und Kämpfer in Richtung Syrien und stiegen teilweise zu wichtigen militärischen Führungspersönlichkeiten im IS auf. Der Niedergang des IS-Kalifats in Syrien wiederum beförderte die Flucht nordkaukasischer und zentralasiatischer IS-Kämpfer auch nach Europa. Deutschland fungiert heute primär als Ruheund Rückzugsraum für ältere Akteure der INS und russischsprachige jihadistische Netzwerke im Weiteren. Jüngere Angehörige der INS sind innerhalb ihrer ethnisch homogenen Diaspora sozialisiert worden, allerdings fehlt oftmals die Bindung an den Nordkaukasus. Relevante historische Narrative, die oftmals als Identitätsanker dienen, sind der islamistische Widerstand gegen die Russische Föderation und die jihadistischen Kämpfer der terroristischen Gruppierungen KE und IS, die in den sozialen Medien häufig zu Ikonen stilisiert und gerade von jüngeren Nordkaukasiern als Vorbilder angesehen werden. Seit etwa Mitte des Jahres 2022 sind erhöhte Aktivitäten der INS in Deutschland festzustellen. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf das verstärkte Auftreten russischsprachiger zentralasiatischer Jihadisten mit Bezügen zum "Islamischen Staat Provinz Khorasan" in Europa und die Auswirkungen durch den Nahostkonflikt. 237 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 4. "Hezb-e Islami GULBUDDIN"/"Hezb-e Islami-ye Afghanistan"100 (HIG/HIA) Gründung: Mitte der 1970er-Jahre im pakistanischen Exil Leitung: Gulbuddin Hekmatyar Mitglieder/Anhänger210 (2023: 210) schaft in Deutschland: Die sunnitische "Hezb-e Islami GULBUDDIN"/"Hezb-e Islami-ye Afghanistan" (HIG/HIA) ist eine der ältesten islamistischen Gruppierungen Afghanistans. Auch aufgrund von ideologischen Gemeinsamkeiten kam es in den vergangenen Jahren zu einer Annäherung mit den "Taleban", die in Verhandlungen über die Zusammenarbeit in einer möglichen neuen afghanischen Regierung mündeten. Nach der Machtübernahme durch die "Taleban" besteht die HIG/HIA in Afghanistan formell weiter, ist aber nicht an der aktuellen Defacto-Regierung beteiligt. In Deutschland gibt es mehrere, überwiegend von HIG/HIAAnhängern frequentierte Moscheegemeinden, insbesondere in Frankfurt am Main (Hessen) und Hamburg. Die Gemeinden und Führungspersonen in Deutschland haben enge Kontakte zur Führung in Afghanistan. 100 Dari für "Islamische Partei Afghanistans". 238 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 5. "Hizb Allah"101 Gründung: 1982 im Libanon Sitz: Beirut (Libanon) Leitung: bis 27. September 2024: Generalsekretär Hassan Nasrallah, Funktionärsgruppe; ab 29. Oktober 2024: Generalsekretär Naim Qassem, Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger1.250 (2023: 1.250) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "al-Ahed al-Akhbari" (Onlinemagazin) "al-Manar TV" (TV-Sender) Betätigungsverbote: Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern vom 29. Oktober 2008 gegen "al-Manar TV" Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat vom 26. März 2020 gegen die "Hizb Allah" in Deutschland 101 Arabisch für "Partei Gottes". 239 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Die schiitisch-islamistische "Hizb Allah" bestreitet das Existenzrecht Israels. Sie propagiert den bewaffneten, auch mit terroristischen Mitteln geführten Kampf gegen Israel als "unrechtmäßigen Besatzer palästinensischen Bodens", der als "legitimer Widerstand" bezeichnet wird. Im Falle einer Lageeskalation kann nicht ausgeschlossen werden, dass die "Hizb Allah" auch außerhalb des Nahen Ostens terroristische Aktionen gegen Israel oder israelische Interessen in Europa plant. Die "Hizb Allah" verfolgt daneben ihre politische Agenda als Regierungspartei in Libanon. Als Reaktion auf den Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligte sich auch die "Hizb Allah" an Angriffen auf die israelische Nordgrenze. Israel ging infolgedessen gegen die Organisation im Libanon vor. Am 27. September 2024 wurde der langjährige Generalsekretär der "Hizb Allah" Hassan Nasrallah durch einen israelischen Luftangriff im Libanon getötet. Seit 29. Oktober 2024 ist Naim Qassem sein Nachfolger. In Deutschland pflegen die Anhängerinnen und Anhänger der "Hizb Allah" den organisatorischen und ideologischen Zusammenhalt unter anderem in örtlichen Moscheevereinen, die sich in erster Linie durch Spenden finanzieren. 240 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 6. "Harakat al-Muqawama al-Islamiya"102 (HAMAS) Gründung: Ende 1987 aus dem palästinensischen Zweig der "Muslimbruderschaft" Sitz: Palästinensische Autonomiegebiete, Gazastreifen Leitung: bis 31. Juli 2024: Isma'il Haniya; von 6. August 2024 bis 16. Oktober 2024: Yahya Sinwar; aktuell: Führungsgremium Mitglieder/Anhänger550 (2023: 450) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "al-Aqsa TV" (TV-Sender) Betätigungsverbote: Verbotsverfügung der Bundesministerin des Innern und für Heimat vom 2. November 2023 102 Arabisch für "Islamische Widerstandsbewegung". Das arabische Wort Hamas bedeutet übersetzt "Begeisterung, Eifer". 241 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS Ziel der palästinensischen "Harakat al-Muqawama al-Islamiya" (HAMAS) ist die Errichtung eines islamistischen Staates auf dem gesamten Gebiet "Palästinas" - auch durch bewaffneten Kampf. Unter "Palästina" versteht die HAMAS das Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan, was damit auch das Territorium des Staates Israel einschließt. In westlichen Staaten, so wie Deutschland, konzentrieren sich die Aktivitäten der HAMAS bislang auf das Sammeln von Spenden, die Rekrutierung neuer Anhängerinnen und Anhänger und die Verbreitung ihrer Propaganda. Als Reaktion auf den Terrorangriff der HAMAS auf Israel vom 7. Oktober 2023 setzte das israelische Militär seine Offensive gegen die HAMAS auch im Jahr 2024 weiter fort. Dies umfasste sowohl Angriffe gegen Ziele im Gazastreifen als auch die Tötung von Funktionären der HAMAS. Am 31. Juli 2024 wurde der Leiter des Politbüros der HAMAS Isma'il Haniya bei einem Aufenthalt in Teheran (Iran) durch einen israelischen Raketenangriff auf ein Gebäude getötet. Sein Nachfolger Yahya Sinwar wurde am 16. Oktober 2024 durch israelische Streitkräfte im Gazastreifen getötet. Das militärische Vorgehen Israels zielt auf die Zerschlagung der HAMAS und ihrer Infrastruktur sowie die Rückkehr der noch im Gazastreifen verbliebenen israelischen Geiseln nach Israel ab. 242 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 7. "Türkische Hizbullah" (TH) Gründung: 1979 in Batman (Türkei) Leitung: Edip Gümüs (Führer), Funktionärsgruppe (Schura) Mitglieder/Anhänger400 (2023: 400) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "Hurseda" (Onlinemagazin) "Huseynisevda" (Onlinemagazin) "INZAR" (Zeitung/Zeitschrift) "Dogru Haber" (Zeitung/Zeitschrift) Die "Türkische Hizbullah" (TH) entstand 1979 durch den Zusammenschluss kurdischer Gruppierungen im Raum Diyarbakir. Seit dem Jahr 2000 gilt die TH in der Türkei als terroristische Vereinigung. Hauptziel der sunnitischen, kurdisch dominierten TH ist die Errichtung eines islamistischen Staates auf dem Gebiet der Türkei und dessen kontinuierliche, letztlich globale Ausweitung. Zur Durchsetzung ihrer Ziele hält die TH die Anwendung von Gewalt für gerechtfertigt. Zu den weiteren Kernpunkten der TH-Ideologie gehören ein ausgeprägter Antisemitismus und Antizionismus. In Deutschland konzentriert sich die TH auf Spendensammlungen und die Durchführung religiöser Veranstaltungen. Die Anhängerschaft der TH in Deutschland organisiert sich in lokalen Vereinen und Moscheen. Ein direkter Bezug zur Organisation wird sowohl von der hiesigen Anhängerschaft als auch von TH-nahen Moscheen und Vereinen vermieden. Eine ideologische Nähe lässt sich allerdings durch entsprechende Veranstaltungen feststellen. So wird des Gründers der TH Hüseyin Velioglu jährlich anlässlich seines Todestags mit Veranstaltungen gedacht. 243 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 8. "Hizb ut-Tahrir"103 (HuT) Gründung: 1953 in Jerusalem (Israel) Leitung: Ata Abu al-Rashta alias Abu Yasin Mitglieder/Anhänger850 (2023: 800) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: Zeitungen/Zeitschriften (monatlich): "Köklü Degisim" "al-Waie" Websites: "kalifat.com" "khilafah.com" "hizb.org.uk" "hizb-ut-tahrir.info" "al-Waqiyah TV" (Online-Fernsehsender) Betätigungsverbot: Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern vom 10. Januar 2003 Ziel der panislamisch ausgerichteten "Hizb ut-Tahrir" (HuT) ist die "Befreiung" aller Muslime von "Unterdrückung" und ihre Vereinigung in einem weltweiten Kalifat. Aus Sicht der HuT haben "unterdrückte" Muslime das Recht auf "Selbstverteidigung" mit allen Mitteln. Als Konsequenz werden Gewalttaten anderer islamistischer Gruppierungen oftmals gebilligt. Ein weiteres Charakteristikum der HuT ist ein ausgeprägter Antisemitismus. In Deutschland agitiert die HuT wegen des Betätigungsverbots im Untergrund und rekrutiert dort neue Mitglieder. Insbesondere in den sozialen Netzwerken gibt es zahlreiche Gruppierungen mit ideologischer Nähe zur HuT, beispielsweise "Botschaft des Islam", "Generation Islam", "Muslim Interaktiv" und "Realität Islam". Mit Videos und Textbeiträgen erreichen sie Zehntausende Interessierte und nutzen ihren Bekanntheitsgrad auch für Mobilisierungszwecke in der realen Welt. Die von ihnen besetzten Themen spielen im Rekrutierungsprozess islamistischer Organisationen eine wichtige Rolle und bereiten den Nährboden für eine Radikalisierung junger Muslime. 103 Arabisch für "Partei der Befreiung". 244 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 9. "Muslimbruderschaft"104 (MB) Gründung: 1928 in Ägypten Leitung/Vorsitz: Muhammad Badi Mitglieder/Anhänger1.450105 (2023: 1.450) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "ikhwanonline.com" (Website) "ikhwan.site" (Website) Die "Muslimbruderschaft" (MB) gilt als älteste und einflussreichste sunnitische, islamistische Bewegung. Sie ist eigenen Angaben zufolge in mehr als 70 Ländern in unterschiedlicher Ausprägung vertreten. Ziel der MB, die noch heute von der Ideologie ihres Gründers Hasan al-Banna geprägt wird, ist die Errichtung eines politischen und gesellschaftlichen Systems auf der Grundlage von Koran und Sunna. Die MB selbst postuliert seit den 1970er-Jahren zwar den Verzicht von Gewalt, davon ausgenommen ist jedoch der Widerstand gegen "Besatzung", was die MB vor allem auf Israel bezieht. Die "Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V." (DMG), bis zu ihrer Umbenennung im September 2018 "Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V.", ist die wichtigste und zentrale Organisation der MB-Anhängerschaft in Deutschland. Ziel der DMG ist es unter anderem, gegenüber Politik, Behörden und zivilgesellschaftlichen Partnern als Ansprechpartnerin eines vorgeblich gemäßigten, weltoffenen Islam in Erscheinung zu treten. Sie verfolgt eine an der MB-Ideologie ausgerichtete Strategie der Einflussnahme im politischen und gesellschaftlichen Bereich. Bei öffentlichen Auftritten werden Bekenntnisse zur MB und verfassungsfeindliche Äußerungen vermieden. Zahlreiche Verbindungen zwischen hochrangigen DMG-Funktionären und namhaften ausländischen Muslimbrüdern verdeutlichen dennoch die Zugehörigkeit der Organisation zum weltweiten MB-Netzwerk. Die DMG unterhält eigene Moscheen und kooperiert darüber hinaus nach eigenen Angaben mit weiteren Gemeinden. 104 Deutsch für "al-Ikhwan al-Muslimun". 105 Einschließlich 350 Mitglieder der "Deutschen Muslimischen Gemeinschaft e.V." (DMG). 245 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 10. "Tablighi Jama'at"106 (TJ) Gründung: 1926 in Britisch-Indien Leitung: keine gesicherten Informationen Mitglieder/Anhänger550 (2023: 550) schaft in Deutschland: Die "Tablighi Jama'at" (TJ) orientiert sich eng an dem Islamverständnis der islamischen Frühzeit. Langfristiges Ziel ist es, der Scharia zu universeller Geltung zu verhelfen. Die Ablehnung säkularer Prinzipien und die Abgrenzung gegenüber Nichtmuslimen können die Bildung abgeschotteter Parallelgesellschaften zur Folge haben und individuelle Radikalisierungsprozesse zumindest begünstigen. Die Aktivitäten der TJ in Deutschland werden über informelle Kontakte in einem hierarchisch aufgebauten Netzwerk herausragender Akteure koordiniert. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Werbung neuer Anhängerinnen und Anhänger und der Durchführung von "Missionierungsreisen" im Inund Ausland. Im Jahr 2017 entbrannte in der Führungsriege auf dem indischen Subkontinent ein offener Streit um die Einführung von Reformen. Die in der Folge einsetzenden Spaltungstendenzen zwischen Gegnern und Befürwortern der Neuerungen haben sich weiter verfestigt und zum Teil zu schweren Konflikten innerhalb der internationalen TJ-Zentren geführt. 106 Urdu für "Gemeinschaft der Verkündigung und Mission". 246 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 11. "Islamisches Zentrum Hamburg e.V." (IZH) und sonstiger schiitischer Extremismus Gründung: 1962 Sitz: Hamburg Leitung/Vorsitz: Mohammad Hadi Mofatteh Mitglieder/Anhänger550 schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "al-Fadschr" (Zeitschrift, vierteljährlich) "SALAM! Zeitschrift für junge Muslime" (Zeitschrift, vierteljährlich) Vereinsverbote: Verbotsverfügung der Bundesministerin des Innern und für Heimat vom 24. Juli 2024 und gegen fünf Teilorganisationen Das "Islamische Zentrum Hamburg e.V." (IZH) stellte neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland dar. Die Aktivitäten des IZH waren darauf ausgerichtet, die islamische Lehre schiitisch-iranischer Prägung sowie die Staatsdoktrin der Islamischen Republik Iran in Deutschland und Europa zu verbreiten. Hierfür organisierte das IZH bundesweit, teils unter internationaler Beteiligung, unter anderem regelmäßige Gebetsund Vortragsveranstaltungen, religiöse Feiern sowie Sprachunterricht und andere Lehrveranstaltungen. Das IZH hatte ein bundesweites Kontaktnetz innerhalb der zahlreichen schiitischislamischen Moscheen und Vereine aufgebaut und übte auf diese großen Einfluss bis hin zur vollständigen Kontrolle aus. Als wichtiges Element für die Steuerung der Interessen des IZH diente der schiitische Dachverband "Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands e.V.". Innerhalb schiitisch-extremistischer Kreise ist häufig eine deutliche antisemitische und antiisraelische Grundeinstellung feststellbar, die auch in verschiedenen Medienkanälen propagiert wird. Im Zuge der Verbote fanden in mehreren Bundesländern umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen statt. Unter anderem wurde die durch das IZH betriebene "Imam-Ali-Moschee" geschlossen. 247 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 12. "Milli Görüs"-Bewegung (MGB) und ihr zugeordnete Vereinigungen Die "Milli Görüs"-Bewegung (MGB) besteht aus mehreren Vereinigungen, die von einer gemeinsamen ideologisch-religiösen Ausrichtung und der ideellen Bindung an den türkischen Politiker Necmettin Erbakan zusammengehalten werden. Obgleich alle Vereinigungen selbstständig und unabhängig voneinander agieren, ist die "Milli Görüs"-Ideologie - wenn auch in unterschiedlich starker Ausprägung - das verbindende Element. Die von Erbakan geprägten Schlüsselbegriffe seines politischen Denkens sind "Milli Görüs" ("Nationale Sicht") und "Adil Düzen" ("Gerechte Ordnung"). "Gerecht" sind im Sinne Erbakans die Ordnungen, die auf "göttlicher Offenbarung" gegründet, "nichtig" jene, die von Menschen entworfen wurden. Gegenwärtig dominiere mit der westlichen Zivilisation eine "nichtige", auf Gewalt, Unrecht und Ausbeutung der Schwachen basierende Ordnung. Dieses "nichtige" System müsse durch eine "Gerechte Ordnung" ersetzt werden, die sich ausschließlich an islamischen Grundsätzen ausrichte. Alle Muslime sollen an der Verwirklichung der "Gerechten Ordnung" mitwirken. Hierzu müssen sie eine bestimmte Haltung einnehmen und einen bestimmten Blick ("Görüs") auf die Welt gewinnen, nämlich einen nationalen/ religiösen ("Milli") Blick, einen "Milli Görüs". 248 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS "Ismail Aga Cemaati" (IAC) Die "Ismail Aga Cemaati" (IAC) ist der weitverzweigten mystischen Bruderschaft der Naqshbandiya zuzuordnen. Die IAC gilt allgemein als einer der radikaleren Zweige der Bruderschaft. Die Gemeinschaft wird in der Türkei seit April 2024 von Ahmet Fikri Dogan angeführt. Bis zu seiner Abschiebung in die Türkei am 23. Oktober 2015 prägte der Prediger Nusret Cayir die IAC in Deutschland. Er ist nach wie vor deren Leitfigur. Seiner Auffassung zufolge gebe es niemanden außer der MGB, der die Türkei "retten" könne. Seit Cayirs Ausreise in die Türkei werden seine Predigten via Internet live nach Deutschland übertragen. "SAADET Europe e.V." Die "Saadet Partisi" (SP), seit dem Jahr 2001 die politische Vertretung der MGB in der Türkei und seit den Wahlen im Mai 2023 im türkischen Parlament vertreten, hat im Jahr 2013 damit begonnen, auch außerhalb der Türkei Strukturen aufzubauen. Seit 2017 existiert unter der Bezeichnung "SAADET Europa e.V.", inzwischen "SAADET Europe e.V.", ein in Köln (Nordrhein-Westfalen) angemeldeter Verein, der die Zentrale der in Deutschland und Europa bestehenden Regionalvertretungen der SP darstellt. Die Zentrale befindet sich in Duisburg (Nordrhein-Westfalen). Erklärtes Ziel sind die Verbreitung der "Milli Görüs"-Ideologie und die Unterstützung der Mutterpartei, zum Beispiel bei Wahlen in der Türkei. 249 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS "Europavertretung der Erbakan-Stiftung" Die "Erbakan-Stiftung" wurde 2013 in der Türkei gegründet. Der Vorsitzende ist der Sohn Necmettin Erbakans, Fatih Erbakan. Er erklärte, dass die Stiftung das Ziel habe, die Ideen seines Vaters wiederzubeleben. Ende 2013 wurde in Solingen (Nordrhein-Westfalen) unter Teilnahme von Fatih Erbakan die "Europavertretung der Erbakan-Stiftung" gegründet. Diese ist seitdem bemüht, lokale und regionale Strukturen auszubauen und eine jungen Anhängerschaft im Sinne der "Milli Görüs"-Ideologie zu prägen. "Milli Gazete" Als Sprachrohr der MGB bildet die formal unabhängige türkische Tageszeitung "Milli Gazete" ein wichtiges Bindeglied zwischen den einzelnen Komponenten der Bewegung und trägt zur Verfestigung der ideologischen Positionen bei. In Deutschland ist die EuropaAusgabe der "Milli Gazete" erhältlich. "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) wurde im Jahr 1985 als "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." gegründet. Einer der Schwerpunkte der IGMG-Aktivitäten liegt im Bildungsbereich. Zwar versteht sich die IGMG vorrangig als religiöse Organisation und Dienstleisterin für religiöse Belange, betont aber gleichermaßen, einen "politischen Anspruch" zu haben und sich für das Wohl der gesamten Menschheit zu engagieren. In diesem Sinne nimmt sie unter anderem auch regelmäßig Stellung zu unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Themen. Die IGMG veröffentlicht neben einer Vielzahl von Broschüren unter anderem die Zeitschriften "Perspektif" (monatlich oder zweimonatlich) und "Camia" (zweiwöchentlich). 250 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 13. "Furkan Bewegung" Gründung: 1994 in der Türkei Leitung: Alparslan Kuytul Mitglieder/Anhänger500 (2023: 500) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "Furkan Haber" (Nachrichtenportal) "TV Furkan" (Onlinefernsehsender) "Furkan Nesli Dergisi - Öncü Neslin Sesi" (Zeitschrift) Die "Furkan Stiftung für Bildung und Dienst"107 hat ihr Zentrum in der südtürkischen Stadt Adana. Die Anhänger in Deutschland organisieren sich unter der Bezeichnung "Furkan Bewegung". Strukturen bestehen in Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen und NordrheinWestfalen. Die Organisation verfolgt das Ziel, eine "islamische Zivilisation" zu begründen, die durch das islamische Recht geprägt sein und sich ausschließlich an Koran und Sunna orientieren soll. Demokratie wird grundsätzlich abgelehnt. Dies findet seinen Ausdruck auch im Verbot der Teilnahme an Wahlen. Der Westen wird zum Feindbild erklärt und Israel das Existenzrecht abgesprochen. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten der Organisation liegt in der Missionierungsarbeit unter Muslimen jedweder Herkunft. Zur Verbreitung ihrer Ideen nutzt die "Furkan Stiftung" verschiedene Websites, Profile und Kanäle in sozialen Netzwerken sowie eine eigene Onlinezeitschrift. Die "Furkan Bewegung" ist in sozialen Netzwerken vertreten. Neben der Gewinnung neuer Anhänger nutzt die "Furkan Bewegung" das Internet, um Stellung zu politisch-gesellschaftlichen Themen zu beziehen. Dabei bedient sie sich des häufig von Islamisten propagierten Narrativs, wonach Staat und Sicherheitsbehörden die Religionsfreiheit beschneiden würden. 107 Deutsch für "Furkan Egitim ve Hizmet Vakfi". Dienst ist hier als "Dienst an der Religion" zu verstehen. 251 ISLAMISMUS/ISLAMISTISCHER TERRORISMUS 14. "Kalifatsstaat" Gründung: 1984 Leitung: zuletzt Metin Kaplan Mitglieder/Anhänger600 (2023: 700) schaft in Deutschland: Publikationen/Medien: "Hedschra-Kalender" ("Hicri Takvim Avrupa", jährlich publizierter Kalender in mehreren Sprachen) Vereinsverbot: Verbotsverfügungen des Bundesministers des Innern gegen den "Kalifatsstaat" und diverse Teilorganisationen 2001 und 2002 Ideologisch versteht sich der "Kalifatsstaat" als Wiederbelebung des 1924 in der Türkei abgeschafften Kalifats. Übergeordnetes Ziel ist die Herrschaft des Islam unter der Führung eines Kalifen, unter dem Staat und Religion eine untrennbare Einheit bilden. Beginnend auf dem Gebiet der Türkei, soll dies später weltumspannend verwirklicht werden. Deutschland dient zunächst als "Ersatzland" für die "kemalistisch besetzte" Türkei. Die Abschiebung Kaplans im Jahr 2004 in die Türkei und das Verbot der Organisation in Deutschland 2001/2002 schwächten sie nachhaltig. Der Streit über die Nachfolge führte zu einer Spaltung in Fraktionen. Der zwischenzeitlich in der Türkei inhaftierte Kaplan wurde Ende 2016 vorzeitig aus der Haft entlassen und lebt nun in Istanbul (Türkei). Seit der Haftentlassung ruft er seine Anhängerschaft im Internet regelmäßig dazu auf, den Streit der Fraktionen beizulegen, um sich gestärkt dem Ziel eines schariakonformen "Kalifatsstaats" zu widmen. Die verbliebene Anhängerschaft in Deutschland sympathisiert unter anderem in sozialen Netzwerken mit der Ideologie des "Kalifatsstaats", etwa auf der Plattform "Im Auftrag des Islam". Vor allem unter den Jüngeren davon machen sich seit Jahren Bezüge zu salafistischen und jihadistischen Strömungen bemerkbar. 252 Auslandsbezogener Extremismus 253 Auslandsbezogener Extremismus I. Überblick Im nicht islamistischen auslandsbezogenen Extremismus finden sich Organisationen mit Ideologieelementen aus dem Rechtsund Linksextremismus sowie Organisationen, die separatistische Bestrebungen in ihren Heimatländern verfolgen. Die Situation in den jeweiligen Bezugsregionen sowie die Vorgaben der dortigen zentralen Organisationseinheiten bestimmen überwiegend Politik, Strategie und Aktionen der Strukturen in Deutschland. In ihren Heimatländern wollen diese Organisationen meist drastische Veränderungen der politischen Verhältnisse herbeiführen, dort oftmals auch durch den Einsatz von Gewalt und Terror. Damit verstoßen die von Deutschland aus agierenden Strukturen extremistischer Auslandsorganisationen gegen den Gedanken der Völkerverständigung. In Deutschland sind diese Organisationen derzeit nicht terroristisch aktiv. Sie unterstützen aber von hier aus ihre Heimatorganisationen und deren gewaltsames Vorgehen vor allem propagandistisch, häufig auch durch den Nachschub von Geld, Material oder neu rekrutierten Kämpferinnen und Kämpfern. Hierdurch gefährden sie die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland. Vor allem beim gewaltsamen Aufeinandertreffen verfeindeter extremistischer Lager, durch Straftaten bei Versammlungen und durch Angriffe auf Einrichtungen des bekämpften (Heimat-)Staates ist auch die innere Sicherheit Deutschlands gefährdet. 1. Entwicklungstendenzen Agitation und Militanzniveau im auslandsbezogenen Extremismus sind überwiegend von der politischen Entwicklung und den strategischen Richtlinien der Organisationen in den jeweiligen Heimatländern abhängig. PKK und DHKP-C: Im Jahr 2024 wurden erneut mehrere Führungsfunktionäre der Terror in der Türkei, "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und der "Revolutionären VolksVerurteilungen und befreiungspartei-Front" (DHKP-C) zu mehrjährigen Haftstrafen Versammlungen in wegen Mitgliedschaft in den ausländischen terroristischen VerDeutschland einigungen verurteilt. Während die PKK äußerlich unbeeindruckt 254 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS wieder zahlreiche Veranstaltungen mit teils mehreren Zehntausend Teilnehmenden durchführte, zeigte sich bei der Anhängerschaft der DHKP-C eine fortgesetzte starke Verunsicherung, wodurch bei den zahlreichen Veranstaltungen nur eine schwache Beteiligung erfolgte. Beide Organisationen haben 2024 in der Türkei wieder Terroranschläge mit Toten und Verletzten verübt. Auch 2024 gab es in Deutschland zahlreiche Proteste und VerNahostkonflikt: sammlungen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt, wenn Weiterhin zahlreiche auch in abnehmender Anzahl und mit weniger Teilnehmenden als Versammlungen und zum Ende des Vorjahrs. Vor allem säkulare propalästinensische ExStraftaten tremisten beteiligten sich weiterhin als Anmelder und Organisatoren, durch Redebeiträge, Parolen, Banner oder Fahnen mit israelfeindlichen und antisemitischen Inhalten (s. auch Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). Auch deutsche und türkeistämmige Linksextremisten, türkische Rechtsextremisten und Islamisten nahmen an den Versammlungen teil. Stellten Extremisten lange nicht die Mehrheit der Teilnehmenden, bildete sich im Laufe des Jahres im Protestschwerpunkt Berlin ein harter Kern um ebendiese Akteure heraus, der zunehmend emotionalisiert und radikalisiert auftrat. Neben Hassparolen kam es immer wieder zu Ausschreitungen und Angriffen auf die Polizei, Journalisten oder Gegendemonstranten. Abseits der Versammlungen wurden weiterhin zahlreiche Sachbeschädigungen verübt, meist Farbschmierereien mit israelfeindlichen Inhalten. Auch an den Hochschulprotesten vor allem im Frühjahr 2024 beteiligten sich Extremisten aus diversen Spektren, konnten dabei aber keine bedeutende, zentrale Rolle bei Organisation und Inhalten erlangen. 255 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 2. Personenpotenzial Personenpotenzial im auslandsbezogenen Extremismus in Deutschland1 2022 2023 2024 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 14.500 15.000 15.000 Türkischer Rechtsextremismus 12.100 12.500 12.900 Türkischer Linksextremismus 2.550 2.500 2.500 Säkularer palästinensischer Extremismus 200 250 1.000 Sonstige 400 400 1.100 Summe 29.750 30.650 32.500 1 Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet. Gewaltorientiertes Der Definition nach sind fast 22.000 Personen im auslandsbezogePersonenpotenzial nen Extremismus als gewaltorientiert einzuordnen - so viele wie in keinem anderen Phänomenbereich. Allerdings sind die Personenpotenziale nicht ohne Weiteres vergleichbar. Mit Blick auf die Gefährdungslage ist festzuhalten, dass die Personen im auslandsbezogenen Extremismus hierzulande vergleichsweise selten körperliche Gewalt anwenden. Kommt dies dennoch vor, handelt es sich zumeist um konfrontative Gewalt gegen die Polizei oder den politischen Gegner im Rahmen von Demonstrationen. Ein Großteil der Personen unterstützt jedoch auf unterschiedliche Weise Organisationen, die in ihren Heimatländern mit tödlicher Gewalt und Terror agieren oder diese propagieren. Auf diese Weise verteidigen oder fördern sie zumindest mittelbar auch die Gewalt und den Terrorismus der Organisation im Ausland. Eine Ausnahme stellen die Verbände im türkischen Rechtsextremismus dar, die weder in Deutschland noch in der Türkei terroristisch agieren. Türkische Rechtsextremisten aus der unorganisierten "Ülkücü"Szene befürworten allerdings auch öffentlich die Anwendung von Gewalt gegen politische Gegner und üben sie teils auch selbst aus. 256 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 3. Straftaten mit auslandsbezogener extremistischer Motivation Straftaten mit einem auslandsbezogenen extremistischen Hintergrund haben im Jahr 2024 erneut deutlich zugenommen. In der Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität - ausländische Ideologie" wurden 4.534 Delikte mit Extremismusbezug gezählt. Dies entspricht einem Anstieg von 46,6 % (2023: 3.092). Die Zahl der Gewalttaten stieg um 84,5 % auf 607 Delikte (2023: 329). Vor allem im Zusammenhang mit Reaktionen auf die anhaltende Eskalation im Nahostkonflikt kam es zu strafbarem Handeln in Form von Gewalt, Ausschreitungen, verbotenen Parolen und Symbolen oder dem Billigen der Terrorangriffe der HAMAS auf Israel im Rahmen von Versammlungen oder abseits davon vor allem in Form von Sachbeschädigungen. So war bei mehr als zwei Drittel der 2024 im auslandsbezogenen Extremismus verübten Straftaten - das bedeutet mehr als 3.000 Delikte (2023: rund 1.700, +76,5 %) - eine israelfeindliche beziehungsweise propalästinensische Tatmotivation zu verzeichnen. Überwiegend vor diesem Hintergrund erklären sich auch die erneuten Anstiege der Zahlen der Widerstandsdelikte gegen Polizeibeamtinnen und -beamte auf 189 (2023: 56, +237,5 %), der Volksverhetzungsdelikte auf 841 (2023: 665, +26,5 %), der Sachbeschädigungen auf 803 (2023: 638, +25,9 %) sowie der Propagandadelikte auf 1.042 (2023: 370, +181,6 %). 1.776 Delikte (2023: 1.044, +70,1 %) haben einen antisemitischen Bezug. Dagegen sind 304 Körperverletzungsdelikte (2023: 219, +38,8 %) nicht alleine auf Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt zurückzuführen; auch 2 versuchte Tötungsdelikte (2023: 1 vollendetes und 2 versuchte) weisen keinerlei Bezug zum Nahostkonflikt auf. Vielmehr zeigt sich hier deutlich das generell im auslandsbezogenen Extremismus vorherrschende Gewaltpotenzial. Im Bereich der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) stiegen die extremistisch motivierten Straftaten um 28,7 % auf 368 Delikte (2023: 286), darunter 19 Gewaltdelikte (2023: 22) und 126 Propagandadelikte (2023: 99). Die meisten Straftaten gab es in Berlin (1.605, 2023: 726), Nordrhein-Westfalen (1.087, 2023: 820) und Baden-Württemberg (554, 2023: 608). 257 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 4. Finanzierung Eine wesentliche Betätigung der Organisationen im auslandsbezogenen Extremismus in Deutschland ist die Beschaffung von Geldmitteln. Diese dienen primär der Finanzierung der Strukturen und Aktivitäten in Deutschland und Europa, fließen zum Teil aber auch an die Mutterorganisationen in den Herkunftsländern. Diese Finanzströme aufzuklären, strafrechtlich zu verfolgen und so nachhaltig zu stören, ist wesentlicher Bestandteil des ganzheitlichen Ansatzes zur Terrorismusund Extremismusbekämpfung. Neben Spendensammlungen oder -kampagnen generieren die Organisationen ihre finanziellen Mittel in der Regel vor allem aus Mitgliedsbeiträgen oder dem Verkauf von Publikationen wie Schriften, Büchern oder Tonträgern. Weitere Einnahmen werden bei Veranstaltungen wie Konzerten oder Festivals erzielt, beispielsweise durch den Verkauf von Eintrittskarten oder durch Erlöse aus Verpflegungsund Verkaufsständen. "JahresspendenDie "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) erzielte im Jahr 2024 bei ihrer kampagne" der PKK "Jahresspendenkampagne" ("kampanya") in Deutschland geschätzt zwischen 14 und 15 Millionen Euro (2023: zwischen 16 und 17 Millionen Euro). Damit verzeichnete die Organisation seit Jahren erstmals einen Rückgang der Spendeneinnahmen. Gründe hierfür könnten unter anderem immer noch andauernde finanzielle Nachwirkungen der Coronapandemie, aber auch die hohe Inflation gewesen sein. Zudem waren bereits an anderer Stelle hohe Spendenzahlungen für die Opfer der Erdbebenkatastrophe im Februar 2023 im türkisch-syrischen Grenzgebiet geleistet worden. Es dürfte sich im Ergebnis weniger um mangelnde Spendenbereitschaft, sondern vielmehr um fehlende Möglichkeiten gehandelt haben. Denn sich förderlich auswirkende Umstände wie das militärische Vorgehen des türkischen Staates in den kurdischen Siedlungsgebieten und die fortbestehende Sorge um die Haftsituation und den Gesundheitszustand des PKK-Gründers Abdullah Öcalan waren auch weiterhin gegeben. Die "kampanya" ist in Deutschland die wesentliche Einnahmequelle der PKK und verläuft äußerst konspirativ. Dabei werden die Spendengelder von der Organisation bei den Spendern ausschließlich persönlich und in bar eingesammelt. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach dem Jahreseinkommen der Spender. Die gesammelten Spenden sowie weitere Einnahmen aus Veranstaltungen, Mitgliedsbeiträgen oder dem Verkauf von Publikationen 258 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS werden vor allem für den Unterhalt der Organisation genutzt. Auch der umfangreiche Propagandaapparat der PKK in Europa erhält Zuwendungen. Die Kadereinheit "Wirtschaftsund Finanzbüro" (EMB)108 steuert und kontrolliert die finanziellen Aktivitäten der PKK in Deutschland und Europa. Die türkische linksterroristische "Revolutionäre VolksbefreiungsFinanzielle partei-Front" (DHKP-C) erzielte in den vergangenen Jahren durch Bedeutung der Konzerte der ihr zuzurechnenden Musikgruppe "Grup Yorum" ihre "Grup Yorum" für höchsten Einnahmen. Im Jahr 2024 gab es unter anderem in Duisdie DHKP-C burg (Nordrhein-Westfalen) ein Konzert, an dem, nach eigenen Angaben, bis zu 1.300 Besucherinnen und Besucher teilgenommen haben sollen. Neben Konzertkarten verdient die Organisation hier auch an "Solidaritätstickets" (diese dienen einer Person nicht zum Eintritt, sondern werden als Mittel zur Leistung einer verdeckten Spende erworben), Spenden und dem Verkauf von Merchandising, Essen und Getränken. Im türkischen Rechtsextremismus stellt sich die Finanzierung in Finanzierung den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich dar: Mangels dauim türkischen erhafter Strukturen zeigen die nicht verbandlich organisierten Rechtsextremismus "Grauen Wölfe" überwiegend keine einheitlich charakteristischen Finanzierungsaktivitäten. Anders ist das bei den mitgliederstarken Dachverbänden, welche zum Teil über Immobilieneigentum sowie über regelmäßige Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge und Spenden verfügen. Werden Gebetsräume unterhalten, stellen angebotene Korankurse weitere Einnahmemöglichkeiten dar, ebenso wie die Organisation von Hadsch-Reisen nach Mekka (Saudi-Arabien). II. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Die terroristische "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK)109 ist eine international agierende Kaderorganisation. Vorrangiges Ziel ist die kulturelle Autonomie und lokale Selbstverwaltung der Kurdinnen und Kurden in ihren Siedlungsgebieten in der Türkei, in Nordirak und in Nordsyrien. Hierzu bedient sich die PKK des bewaffneten Kampfes, zu dem ihr Gründer Abdullah Öcalan bereits 1984 108 "Ekonomi ve Maliye Bürosu". 109 "Partiya Karkeren Kurdistan". 259 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS aufgerufen hat. Trotz seiner seit 1999 fortbestehenden Inhaftierung in der Türkei ist Öcalan weiterhin die maßgebende Symbolfigur innerhalb der PKK. In der Türkei verübt die PKK Gewalt insbesondere mittels ihrer Guerillaeinheiten "Volksverteidigungskräfte" (HPG)110 und deren "Frauenverteidigungskräfte" (HPJ)111. In Deutschland ist die PKK seit 1993 mit einem Betätigungsverbot belegt und von der EU seit 2002 als Terrororganisation gelistet. Wesentliche Aktionsfelder der PKK in Deutschland sind die logistische und finanzielle Unterstützung der Gesamtorganisation, die Rekrutierung neuer Anhängerinnen und Anhänger sowie die Durchführung zahlreicher propagandistischer Veranstaltungen. Gegenüber Politik und Öffentlichkeit bekräftigt die PKK ihren Anspruch, die einzig legitime Vertreterin der Angelegenheiten des kurdischen Volkes zu sein. Ein wesentlicher Teil ihrer Lobbyarbeit in Deutschland zielt auf die Aufhebung des Betätigungsverbots. Terroranschlag In Europa bemüht sich die PKK um ein weitgehend gewaltfreies in Ankara Erscheinungsbild, wohingegen sie in der Türkei nach wie vor terroristische Anschläge verübt. So bekannte sich die PKK zu einem Terroranschlag am 23. Oktober 2024 auf das Unternehmen Turkish Aerospace Industries (TUSAS)112 in Ankara, bei dem neben den beiden Angreifern fünf Menschen getötet und weitere Personen verletzt wurden. Die PKK-Terroristen töteten zunächst einen Taxifahrer und fuhren dann zum Hauptsitz von TUSAS, wo sie einen Sprengsatz auslösten. Bei einem Schusswechsel mit Sicherheitskräften wurden vier weitere Personen getötet. Aus Sicht der PKK sei TUSAS als Waffenproduzent "verantwortlich für den Tod unzähliger Menschen in Kurdistan". Die türkische Armee startete als Reaktion eine Militäroffensive gegen Stellungen der PKK in Irak und in Syrien. Besuche bei Öcalan Im Oktober 2024 erhielt Öcalan Besuch von seinem Neffen. Es war der erste genehmigte Besuch im Gefängnis nach über vier Jahren. Ende Dezember 2024 durften dann zwei Abgeordnete der prokurdischen Partei für Emanzipation und Demokratie der Völker (DEM Parti)113 Öcalan besuchen - der erste Besuch einer politischen Delegation seit rund zehn Jahren. Im Anschluss veröffentlichten sie 110 "Hezen Parastina Gel". 111 "Hezen Parastina Jin". 112 Türk Havavilik ve Uzay Sanayii A.S. 113 Halklarin Esitlik ve Demokrasi Partisi. 260 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS eine sieben Punkte umfassende Erklärung des PKK-Gründers, in der dieser nach Darstellung PKK-naher Medien "konstruktive Lösungsvorschläge" für "eine dauerhafte Lösung der kurdischen Frage" gemacht habe. In den Wochen zuvor waren in der Türkei Aussagen aus regierungsnahen Kreisen bekannt geworden, welche die Möglichkeit eines neuen Friedensprozesses bis hin zu einer Freilassung Öcalans beinhalteten. Zuletzt hatte es im Jahr 2019 nach einem Besuch seiner Anwälte ein ähnliches Sieben-Punkte-Papier von Öcalan gegeben, was damals keine Auswirkungen auf seine Haftsituation und das Vorgehen der PKK beziehungsweise der Türkei gezeigt hatte. Im Falle eines solchen Friedensprozesses dürfte die PKK-Anhängerschaft in Deutschland nochmals verstärkt für eine Freilassung Öcalans demonstrieren. 1. Organisationsstruktur Die PKK ist streng hierarchisch aufgebaut und auf ihre Führungsspitze hin ausgerichtet. Die Strukturen in Europa sind nahtlos in den PKK-Aufbau eingegliedert und setzen die von der PKK-Führungsspitze vorgegebenen Ziele ohne eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum um. In Deutschland gliedert sich die PKK in 4 Sektoren ("Saha"), 9 ReStruktur in gionen ("Eyalet")114 und 31 Gebiete ("Bölge"), an deren Spitze jeweils Deutschland ein Führungsfunktionär steht. Die Funktionäre, deren Tätigkeit in aller Regel zeitlich begrenzt ist, agieren zumeist konspirativ und setzen organisationsinterne Anweisungen und Vorgaben um beziehungsweise leiten diese an nachgeordnete Ebenen weiter. Dafür nutzt die PKK überwiegend örtliche Vereine, die ihrer Anhängerschaft als Treffpunkt und Anlaufstelle dienen. An der Spitze des Geflechts aus PKK-nahen Vereinen steht organisatorisch der Dachverband "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED)115. Die KON-MED und ihre Untergliederungen mobilisieren im Sinne der PKK zu Veranstaltungen und Kundgebungen und beteiligen sich an der Öffentlichkeitsund Kampagnenarbeit. Darüber hinaus versucht die PKK mithilfe sogenannter Massenorganisationen, ihre Anhängerschaft 114 Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein, Saarland/Rheinland-Pfalz und Westfalen. 115 "Konfederasyona Civaken Kurdistaniyen li Almanya". 261 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS an sich zu binden, indem sie diese nach sozialen Kriterien oder Berufsund Interessengruppen organisiert. PKK-JugendInsbesondere die in der Jugendorganisation "Komalen Ciwan"/ organisation "Tevgera Ciwanen Soresger" (TCS)116 aktiven Jugendlichen und jungen Erwachsenen bilden ein großes Mobilisierungspotenzial für die zahlreichen Veranstaltungen der PKK. Zudem rekrutieren sie Nachwuchs für den bewaffneten Kampf in den kurdischen Siedlungsgebieten und begehen mitunter Straftaten gegen türkische (halb-)staatliche Einrichtungen oder als solche ausgemachte türkische Rechtsextremisten und deren Trefforte. 2. Versammlungsgeschehen Mittels zentral gesteuerter, öffentlichkeitswirksamer Propagandaaktionen wie Kundgebungen, Großveranstaltungen, Kampagnen, Hungerstreiks oder Mahnwachen versucht die PKK in Deutschland und im benachbarten Ausland, Aufmerksamkeit für ihre Anliegen zu erlangen. Zentrale Die bei der Anhängerschaft der PKK beliebten GroßveranstaltunGroßveranstaltungen gen zum kurdischen Neujahrsfest Newroz und dem "Internationalen Kurdischen Kulturfestival" wurden 2024 in Frankfurt am Main (Hessen) ausgerichtet und hinsichtlich der Teilnehmendenzahlen von der Organisation als Erfolg verbucht: " Die zentrale Großkundgebung am 23. März 2024 zum Newroz-Fest erreichte in der Spitze - wie im Jahr davor - bis zu 35.000 Teilnehmende. " Am 21. September 2024 wurde das 32. "Internationale Kurdische Kulturfestival" abgehalten. An der Veranstaltung beteiligten sich bis zu 20.000 Personen (2023: rund 12.000). Anlassbezogene Neben weiteren Veranstaltungen aus ihrem Jahreskalender orgaProteste nisierte die PKK auch wieder zahlreiche spontane, anlassbezogene Demonstrationen. Hierbei ging es häufig um Forderungen nach Informationen zum Gesundheitszustand Öcalans oder um dessen Freilassung. Die Veranstaltungen verliefen überwiegend störungsfrei; zum Teil kam es zu versammlungstypischen Straftaten bis hin 116 "Gemeinschaft der Jugendlichen"/"Bewegung der revolutionären Jugend". 262 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS zu Angriffen auf die Polizei (vgl. Kap. II. Nr. 6). Am 1. Oktober 2024 hatte die PKK zudem eine weltweite Kampagne unter dem Motto "Globale Tage/Freiheit für Öcalan" mit Demonstrationen, Infoständen oder Standkundgebungen in Innenstädten gestartet. Eine öffentliche Wahrnehmung dieser Aktivitäten in der Breite konnte nicht erzielt werden. Auf die infolge des Terroranschlags in Ankara vom 23. Oktober 2024 begonnene Luftoffensive der türkischen Armee gegen Stellungen und Infrastruktur der PKK reagierte die Anhängerschaft auch in Deutschland mit zahlreichen Protestaktionen. Am 16. November 2024 führte die Organisation unter dem Motto "Freiheit für Öcalan" in Köln (Nordrhein-Westfalen) eine Demonstration mit etwa 7.200 Teilnehmenden durch. Unter anderem zeigten Teilnehmende hier ein Banner mit Bildnissen der beiden Attentäter des drei Wochen zuvor verübten Terroranschlags der PKK in Ankara. Im Zusammenhang mit dem Sturz des Assad-Regimes und den weiteren Entwicklungen in Syrien führten Anhängerinnen und Anhänger der PKK im Dezember 2024 zahlreiche Kundgebungen durch, um auf die Lage in den kurdischen Siedlungsgebieten in Nordsyrien aufmerksam zu machen. 3. Rekrutierungsmaßnahmen Die PKK indoktriniert und rekrutiert auch in Deutschland zumeist jugendliche Anhängerinnen und Anhänger für den bewaffneten Kampf in den kurdischen Siedlungsgebieten. Neben persönlicher Ansprache durch PKK-Kader oder ihre Jugendorganisation wird hierfür auch der eigene Medienapparat genutzt. So ließ sich Duran Kalkan, Mitglied des Exekutivrats der PKK, in einem türkischsprachigen Artikel in der PKK-Tageszeitung "Yeni Özgür Politika" (YÖP) sinngemäß zitieren: "Bereiten wir uns auf den Widerstand, auf den Kampf vor. Unser Volk soll vorbereitet sein, unsere Gesellschaft soll vorbereitet sein. Dieser Krieg geht weiter und wird weitergehen. (...) Die Jugend muss ein Teil dieses Krieges werden, eine Kraft, die den Krieg führt." (YÖP, 20. März 2024) Darüber hinaus versucht die Organisation, auch gezielt (junge) Frauen für den bewaffneten Kampf zu gewinnen. In einem 263 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS deutschsprachigen Artikel aus der Jugendzeitschrift "STERKA CIWAN" hieß es: "Wer Aktionen umsetzen wird, sind kurdische Jugendliche - junge Frauen. Jede Aktion ist wichtig, allerdings ist die erfolgreichste Aktion der Beitritt in die Reihen der Freiheitsguerilla. (...) Abschließend rufen wir alle Frauen in Kurdistan, aber auch alle jungen Frauen dazu auf: Kommt in die Berge Kurdistans; kommt zum Freiheitskampf; kommt zum Kampf der Würde." ("STERKA CIWAN", Nr. 251, April 2024, S. 16) Getötete Seit Beginn der statistischen Erfassung durch das BfV im Juni 2013 Kämpferinnen haben sich mehr als 310 Personen aus Deutschland in die kurdiund Kämpfer aus schen Siedlungsgebiete begeben und sich dort unter anderem Deutschland Kampfeinheiten der PKK angeschlossen. Von den Ausgereisten sind mindestens 42 Personen dort ums Leben gekommen, etwa 160 Personen sind mittlerweile nach Deutschland zurückgekehrt. Im September 2024 berichteten das Medienzentrum der PKK-Guerilla sowie PKK-nahe Medien über eine Person aus Europa, die im Einsatz für die Kampfeinheiten der PKK vom türkischen Militär getötet worden sei. Die Person war in leitender Funktion in der PKK-Jugendorganisation aktiv und schloss sich im Jahr 2019 von Deutschland aus der Guerilla an. Hier zeigt sich erneut, dass in Deutschland rekrutierte Personen von der PKK militärisch ausgebildet und in Kampfgebieten im Ausland eingesetzt werden. 4. Medienwesen Mittels ihres umfangreichen Medienapparats verbreitet die PKK ihre Ideologie und Propaganda, mit der sie die Gesamtheit der Kurdinnen und Kurden in ihrem Sinne zu beeinflussen und zu mobilisieren versucht. Von besonderer Bedeutung sind der mit norwegischer Lizenz aus Belgien sendende PKK-Fernsehsender "Sterk TV"117 und die in Neu-Isenburg (Hessen) herausgegebene PKK-Tageszeitung "Yeni Özgür Politika" (YÖP)118. Täglich berichtet auch die in den Niederlanden angesiedelte PKK-nahe Nachrichtenagentur "Firat News Agency" (ANF)119 in mehreren Sprachen. 117 "Stern TV". 118 "Neue Freie Politik". 119 "Ajansa Nuceyan a Firate". 264 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Durch das seit August 2008 bestehende Portal "Gerila TV"120 wird mit speziellen Beiträgen der bewaffnete Kampf der Organisation verherrlicht. Die in den Niederlanden verlegte, monatlich erscheinende PKK-Zeitung "Serxwebun"121 vermittelt PKK-Kadern die ideologische Ausrichtung; zudem gibt es auch Jugendzeitschriften wie "STERKA CIWAN"122. Über das Internet und die sozialen Medien zielt die PKK vor allem auf jüngere Personen ab. Mit Propagandavideos über die PKK-Guerillaeinheiten sollen neue Rekrutinnen und Rekruten für den bewaffneten Kampf in den kurdischen Siedlungsgebieten gewonnen werden. 5. Strafverfahren gegen Funktionäre Der Verfolgungsdruck auf Funktionärinnen und Funktionäre der PKK in Deutschland ist hoch. Auch 2024 wurden mehrere PKKFührungskader wegen Unterstützung oder Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, zum Beispiel: " Am 22. März 2024 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Hessen) einen PKK-Funktionär zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Der Angeklagte war von Juli 2019 bis Mai 2022 als Gebietsleiter unter anderem in den PKK-Gebieten Sachsen und Gießen (Hessen) tätig.123 Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. " Am 10. April 2024 verurteilte das OLG Celle (Niedersachsen) einen PKK-Funktionär zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Der Angeklagte leitete zwischen Juli 2019 und Juni 2021 das PKK-Gebiet Bremen.124 Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. " Am 2. September 2024 verurteilte das OLG Hamburg einen PKKFunktionär zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten. Der Angeklagte war zwischen Herbst 2018 und Sommer 2020 für die PKK als Gebietsund Regionsverantwortlicher 120 "Guerilla TV". 121 "Unabhängigkeit". 122 "Stern der Jugend". 123 Vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.03.2024 - Az. 8-2 Js 37/20 - 2/22. 124 Vgl. OLG Celle, Urteil vom 10.04.2024 - Az. 4 St 3/23. 265 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS in Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen tätig.125 Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Weitere Strafverfahren sind anhängig. Zudem wurden auch 2024 mehrere mutmaßliche PKK-Führungskader in Deutschland festgenommen. PKK-Gefangenenhilfe Der "AZADI Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V." unterstützt strafrechtlich verfolgte PKK-Funktionäre, indem er zum Beispiel Anwaltsund Prozesskosten übernimmt oder Inhaftierte finanziell unterstützt. Auf diese Weise sollen sie weiterhin an die Organisation gebunden werden. Es bestehen enge Verbindungen zu PKK-nahen Organisationen und zur linksextremistischen "Roten Hilfe e.V.". 6. Gefährdungspotenzial Die PKK ist weiterhin die mitgliederstärkste und schlagkräftigste Organisation im auslandsbezogenen Extremismus in Deutschland. Ihre zahlreichen Veranstaltungen zeigen, dass sie nicht nur willens, sondern auch in der Lage ist, ihre Anhängerschaft umfangreich zu mobilisieren und darüber hinaus weitere Personen für ihre Anliegen anzusprechen. Gewalt bei Vor allem die politischen und militärischen Entwicklungen in der Demonstrationen Türkei, in Nordirak und in Nordsyrien sowie das Schicksal Öcalans führen zur Emotionalisierung ihrer Anhängerinnen und Anhänger. In der Folge kommt es oftmals auch zu Strafund Gewalttaten bei Demonstrationen. Aber auch Entwicklungen im benachbarten europäischen Ausland können Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland haben. Als Reaktion auf gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen mutmaßlich türkischstämmigen Nationalisten und kurdischstämmigen Personen im Rahmen des kurdischen Newroz-Festes am 24. März 2024 in Belgien fanden auch in Deutschland Proteste der PKK-Anhängerschaft statt. Angriff auf So kam es unter anderem am 26. März 2024 in Hannover (Niederdas türkische sachsen) zu einer Spontanversammlung, bei der Parolen mit PKKGeneralkonsulat Bezug skandiert wurden. Auch Pyrotechnik wurde gezündet und in Hannover 125 Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 02.09.2024 - Az. 8 St 1/23. 266 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS später durch vermummte Teilnehmende in Richtung der Polizei geworfen. Aufgrund dieser Umstände wurde die Versammlung aufgelöst. Im zeitlichen Zusammenhang bewarf eine Gruppe aus etwa 20 teilweise vermummten Personen das türkische Generalkonsulat in Hannover mit Steinen. Einige Personen schlugen mit Eisenstangen auf die Fenster des Konsulats ein. Diese Auseinandersetzungen verdeutlichen beispielhaft das bei den zahlreichen Protestaktionen der Organisation vorhandene permanente Konfliktpotenzial. Neben versammlungstypischen Straftaten kann es jederzeit zu Angriffen auf die Polizei und zu Konfrontationen zwischen der PKK-Anhängerschaft und türkischen Nationalisten beziehungsweise türkischen Rechtsextremisten kommen. Der Angriff auf das türkische Generalkonsulat in Hannover verdeutlicht zudem die Gefahr militanter Aktionen gegen Einrichtungen der Türkei, wie Sachbeschädigungen oder Brandstiftungen gegen türkische Konsulate oder (vermeintlich) staatlich gelenkte türkische Vereine. Auch wenn in Europa vordergründig friedliche Veranstaltungen Gewalt bleibt und Aktivitäten der PKK stattfinden, bleibt Gewalt auch hier eine strategische Option strategische Option der PKK-Ideologie. Die Organisation ist in der Lage, zumindest punktuell auch in Deutschland Gewalt einzusetzen, sofern ihr dies geboten scheint. Darüber hinaus werden Strafund Gewalttaten ihrer jugendlichen Anhängerschaft zumindest geduldet. Die erfolgreichen Rekrutierungen von hier lebenden, vor allem jungen Personen für die Ausreise zum bewaffneten Kampf in den kurdischen Siedlungsgebieten zeigen zudem, dass die PKK auch von Deutschland aus Gewalt im Ausland unterstützt. III. Türkischer Linksextremismus Türkische Linksextremisten verfolgen das Ziel, die Staatsund Gesellschaftsordung in der Türkei gewaltsam zu überwinden und an ihrer Stelle eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten. Zu diesem Zweck befürworten sie offen Terroranschläge in der Türkei, die von ihren bewaffneten Einheiten oder Einzelpersonen verübt werden. Gemeinsame ideologische Grundlage ist der Marxismus-Leninismus. 267 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 1. Überblick über Organisationen in Deutschland Zu den relevantesten in Deutschland aktiven türkischen linksextremistischen Organisationen gehören die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C)126, die "Marxistische Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP)127, die "Türkische Kommunistische Partei-Marxisten Leninisten" (TKP-ML)128 und die "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML)129. Von Deutschland aus unterstützen sie ihre jeweilige Mutterorganisation in der Türkei propagandistisch, finanziell und logistisch sowie durch die Anwerbung neuer Mitglieder. Hierzulande agieren sie vor allem unter Tarnbezeichnungen oder mittels Umfeldund Jugendorganisationen, um ihre Zugehörigkeit zu den in der Türkei auch terroristisch agierenden Mutterorganisationen zu verschleiern. Neben öffentlichkeitswirksamen Kundgebungen und eigenen Propagandaveranstaltungen besteht in diesem Spektrum eine enge Zusammenarbeit mit deutschen Linksextremisten. "Young Struggle" Der europäische Dachverband der MLKP-Jugendorganisationen "Young Struggle" (YS) tritt in Deutschland unmittelbar als Jugendorganisation für die MLKP auf und bemüht sich hierzulande vor allem um die Gewinnung neuer Mitglieder. Während andere türkisch-linksextremistische Jugendorganisationen fast ausschließlich aus türkeistämmigen Personen bestehen, finden sich bei YS auch viele deutsche Jugendliche ohne türkischen/kurdischen Hintergrund. Daher besetzt YS regelmäßig auch Themen, die für die Mutterorganisation MLKP nur von geringem Interesse sind, aber allgemein eine hohe gesellschaftliche Relevanz oder Aktualität haben. Hierbei ist YS um eine breite Anschlussfähigkeit und Vernetzung bemüht und agiert regelmäßig gemeinsam mit deutschen Linksextremisten. Unmittelbar nach dem Terrorangriff der HAMAS gegen Israel am 7. Oktober 2023 und auch noch im Berichtsjahr zeigte sich YS als einer der aktivsten extremistischen Akteure in Bezug auf Mobilisierung, Organisation und Teilnahme an propalästinensischen Versammlungen und spektrenübergreifenden Vernetzungstreffen. 126 "Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi". 127 "Marksist Leninist Komünist Parti". 128 "Türkiye Komünist Partisi-Marksist Leninist". 129 "Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist". 268 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Auf diese Weise konnten auch Jugendliche mit palästinensischem Hintergrund für YS gewonnen werden. Die Verharmlosung des Terrors der HAMAS, von YS unter anderem als "Ausbruch des palästinensischen Volkes aus dem Freiluftgefängnis Gaza" bezeichnet, führte jedoch zu einem Bruch mit Teilen der linksextremistischen Szene. In den sozialen Medien kam es zu öffentlichen Anfeindungen gegen YS. Mehrere Demonstrationen aus dem "linken" politischen Spektrum wurden wegen der Teilnahmeabsicht von YS abgesagt oder es sahen andere Gruppen von einer Teilnahme ab. Im Jahr 2024 radikalisierte sich YS nicht nur sprachlich in den zahlreichen Veröffentlichungen, sondern es konnte auch eine erhöhte Gewaltbereitschaft bei Aktionen und Demonstrationen festgestellt werden. 2. "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) Die marxistisch-leninistische Terrororganisation DHKP-C tritt in der Türkei für eine revolutionäre Zerschlagung der Staatsund Gesellschaftsordnung und die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft ein. Sie lehnt die Beteiligung an Wahlen ab und propagiert stattdessen einen permanenten bewaffneten Kampf unter Führung ihres militärisch-propagandistischen Armes "Revolutionäre Volksbefreiungsfront" (DHKC)130: "Wir wissen, dass die Zerstörung der faschistischen Macht in unserem Land und der Aufbau der revolutionären Volksregierung mit dem Ziel, die in unserem Land herrschenden Imperialisten zu verdrängen, über den bewaffneten Kampf führt und dass es deshalb keine andere Lösung als den Kampf gibt, koste es, was es wolle. (...) WIR WOLLEN DIE REVOLUTION IN UNSEREM LAND!" ("Halk Okulu" Nr. 229, 17. März 2024, S. 14) Das Bekenntnis zum revolutionären Kampf und zur Schaffung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung bekräftigt die Organisation im alljährlichen "Bulletin der DHKP"131 zur Parteigründung am 30. März und zum Gedenken an die "revolutionären Märtyrer": 130 "Devrimci Halk Kurtulus Cephesi". 131 Die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei" ("Devrimci Halk Kurtulus Partisi" - DHKP) ist der politische Arm der DHKP-C. 269 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS "Unsere Märtyrer sind der Beweis dafür, dass wir in diesem ununterbrochenen Kampf niemals besiegt werden. (...) Im 30. Jahr der Hoffnung ist dies unser Versprechen an unsere Märtyrer, unsere Gefangenen und an all unsere Völker: Wir werden Meister darin, (...) Komitees, Räte und Milizen zu bilden und die Front auszubauen, unserem Volk zu erklären, dass es keinen anderen Weg als den des Widerstandes und des Sieges gibt und dass der Sozialismus die einzige Rettung ist (...)!" ("Bulletin der DHKP" Nr. 57, 26. März 2024) Die antiimperialistische Grundhaltung der DHKP-C zeigt sich zunehmend in diffamierenden Veröffentlichungen zur NATO, die als "Waffe" und "Angriffsorganisation" der "imperialistischen" Staaten dargestellt wird: "Die NATO ist keine VERTEIDIGUNGS-, sondern eine ANGRIFFS-Organisation. (...) Die NATO ist die Kriegsund Angriffstruppe der Imperialisten gegen das sozialistische System und gegen die für die nationale und soziale Befreiung kämpfenden Völker. (...) Länder wie die Türkei jedoch sind billige militärische Kräfte für die NATO." (Erklärung der "Volksfront Europa", 23. März 2024) Terroranschlag Aufgrund verschärfter Sicherheitsmaßnahmen in der Türkei war am Justizpalast es der DHKP-C in den letzten Jahren nicht mehr gelungen, trotz in Istanbul entsprechender Versuche und Vorbereitungshandlungen, terroristische Aktionen tatsächlich durchzuführen. Dies änderte sich am 6. Februar 2024, als zwei bewaffnete Terroristen vor dem CaglayanJustizpalast in Istanbul Schüsse auf einen Einlasskontrollpunkt der Polizei abgaben. Beim anschließenden Schusswechsel wurden beide Angreifer von der Polizei getötet. Insgesamt wurden sechs Personen verletzt, darunter drei Polizisten und drei zivile Opfer, von denen eines später im Krankenhaus verstarb. Die DHKP-C bezeichnete im Internet und in einer Erklärung der DHKC die getöteten Attentäter als "Volkskämpfer" und "unsterbliche Märtyrer". Verbot und Auftreten In Deutschland unterliegt die DHKP-C seit 1998 einem Organiin Deutschland sationsverbot. Von der EU ist sie seit 2002 und von den USA bereits seit 1997 als terroristische Organisation gelistet. Aus diesem Grund agiert die DHKP-C in Deutschland ausschließlich unter Tarnbezeichnungen (vgl. Kap. VII, Nr. 2). Diese ermöglichen es der DHKP-C, mittels vermeintlich legaler Strukturen öffentlich zu 270 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS agieren und über die eigene Anhängerschaft hinaus türkeistämmige Personen, insbesondere in alevitischen Kreisen, anzusprechen. Neben zahlreichen Büchern und Broschüren nutzt die DHKP-C ihre Website "Halkinsesi TV" sowie das Parteiorgan "Halk Okulu" zur Verbreitung von Ideologie und Propaganda. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) Urteile gegen hat am 25. November 2024 eine hochrangige Kaderfunktionärin Führungskader sowie zwei ehemalige Gebietsleiter der DHKP-C wegen Mitgliedverunsichern die schaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung gemäß Anhängerschaft SSSS 129a, b Strafgesetzbuch verurteilt.132 Die Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen von fünf Jahren, vier Jahren und drei Monaten sowie drei Jahren und drei Monaten. Bereits am 20. Juni 2024 hatte das OLG Stuttgart (Baden-Württemberg) einen Gebietsleiter der DHKP-C zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.133 Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Anhängerschaft der DHKP-C zeigt sich aufgrund der Strafverfahren stark verunsichert. Trotz einer Vielzahl demonstrativer Aktionen war meist nur eine schwache Beteiligung im unteren zweistelligen Bereich feststellbar. Am 20. April 2024 beging die DHKP-C in Köln den Jahrestag ihrer "Märtyrergedenken" Parteigründung und das traditionelle "Märtyrergedenken". Der Aufzug mit anschließender Saalveranstaltung blieb mit rund 65 Teilnehmenden - wie bereits im Jahr 2023 mit 60 Teilnehmenden - abermals hinter den vorherigen Jahren zurück (2022 und 2021: jeweils 150). Im Jahr 2024 organisierten die DHKP-C und ihre JugendorganisaSommercamps tion "Dev Genc"134 statt einer erstmals zwei als "Sommercamps" bezeichnete politische Schulungsveranstaltungen. Zunächst führten Mitglieder und Personen aus dem Umfeld der DHKP-C überwiegend aus Belgien, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden, vereinzelt auch aus Deutschland, vom 13. bis zum 28. Juli 2024 wie jedes Jahr ein "Familien-, Jugend-, Kinderund Baby-Sommercamp" in Südfrankreich durch. Ähnlich wie im Vorjahr lag die Zahl der Teilnehmenden augenscheinlich unter der Eigenangabe von 100 Personen. Ein weiteres Sommercamp wurde im Anschluss vom 29. Juli bis zum 10. August 2024 in Griechenland abgehalten. 132 OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2024 - Az. III-7 St 1/23. 133 OLG Stuttgart, Urteil vom 20.06.2024 - Az. 6 St 33 OJs 15/22. 134 "Devrimci Genclik" - "Revolutionäre Jugend". 271 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Anhängerinnen und Anhänger der DHKP-C aus Deutschland stellten dort den Großteil der rund 30 Teilnehmenden. Trotz der stagnierenden Teilnehmerzahlen dürfte aus Sicht der DHKP-C das Ziel der Sommercamps erreicht worden sein: Anhänger, Sympathisanten, Kinder und Jugendliche für einige Zeit umfassend in den eigenen Einflussbereich zu ziehen und politisch zu indoktrinieren. SolidaritätsIn der "Halk Okulu" und auf Websites der DHKP-C wurden weiterbekundungen im hin regelmäßig propalästinensische Solidaritätsbekundungen mit Zusammenhang mit deutlich antizionistischem Inhalt veröffentlicht. Dagegen nahm dem Nahostkonflikt die Beteiligung der DHKP-C und ihrer Umfeldorganisationen im Nahost-Versammlungsgeschehen im Jahr 2024 deutlich ab. Eine Delegation aus acht Vertretern der DHKP-C, der "Antiimperialistischen Front" (AEC)135, der "Grup Yorum" sowie der "Dev Genc Europa" bereiste vom 27. April bis zum 4. Mai 2024 Syrien, um die Solidarität mit dem syrischen und palästinensischen Volk auszudrücken. Der antiimperialistische Standpunkt der DHKP-C wird in einer Erklärung der AEC zum Tod des HAMAS-Führers Sinwar deutlich: "(...) wir sagen ganz klar, dass wir an der Seite all derer stehen, die Steine auf unseren gemeinsamen Feind, den Imperialismus, werfen. Und auch wenn wir einen anderen ideologischen Standpunkt als die Hamas oder die iranische Regierung haben, stehen sie doch an der Spitze des Widerstandes gegen die Besetzung, die Angriffe des Imperialismus, die Massaker und den Zionismus." (Website der DHKP-C "Halkinsesi TV", 21. Oktober 2024) "Grup Yorum" Die türkische Musikgruppe "Grup Yorum" ist integraler Bestandteil der Propagandaaktivitäten der DHKP-C in Deutschland. Ihre Konzerte und sonstigen Auftritte dienen der Verbreitung von Ideologie und Propagandathemen der DHKP-C. Dadurch spielt sie für den organisatorischen Zusammenhalt der verbotenen Organisation eine herausgehobene Rolle. Die DHKP-C nutzt die weit über die eigene Anhängerschaft hinausgehende Reichweite der "Grup Yorum" auch zur Rekrutierung neuer, vor allem jugendlicher Anhängerinnen und Anhänger. Am 9. März 2024 fand in Duisburg ein zuvor von der DHKP-C im Internet beworbenes Konzert der Gruppe statt, das unter dem Motto "NATO soll aufgelöst werden" stand. 135 Frontorganisation der DHKP-C. 272 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Die von Mitgliedern der DHKP-C organisierte Veranstaltung war von deren aktuellen Kampagnenthemen geprägt, insbesondere der Solidarität mit den inhaftierten Führungskadern. Nach eigenen Angaben hätten rund 1.300 Zuschauer das Konzert besucht, was als großer Erfolg bewertet wurde. Neben der wesentlichen Propagandatätigkeit ist die DHKP-C auch auf die Einnahmen aus solchen Veranstaltungen und Musikverkäufen der Gruppe angewiesen. Die DHKP-C unterliegt in der Türkei einem hohen VerfolgungsGefährdungsdruck. Dort besteht auch weiterhin die Gefahr terroristischer potenzial Anschläge. In Westeuropa und insbesondere in Deutschland gibt es dagegen keine Anzeichen für eine Abkehr von dem im Februar 1999 erklärten Gewaltverzicht. IV. Türkischer Rechtsextremismus ("Ülkücü"-Bewegung) Die rechtsextremistische türkische "Ülkücü"-Bewegung ("Idealisten"-Bewegung) entstand Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie beruft sich auf eine extrem nationalistische bis rechtsextremistische Ideologie, die von Elementen wie Rassismus, Antisemitismus und einer Überhöhung des Türkentums geprägt ist. Die behauptete kulturelle und religiöse Überlegenheit bewirkt die völkerverständigungswidrige Herabwürdigung anderer Volksgruppen und Religionen wie insbesondere Juden, Kurden und Armenier. Weitere Feindbilder sind der Kommunismus, der Kapitalismus und der "Imperialismus" sowie mit diesen Begriffen assoziierte Staaten. Das Ziel der Verteidigung und Stärkung des Türkentums, einhergehend mit dem Selbstverständnis, einem kriegerischen und wehrhaften Volk anzugehören, verstärkt den Abgrenzungswillen und die gesellschaftliche Desintegration. Idealvorstellung ist die Schaffung eines ethnisch homogenen Staates "Turan" unter Führung der Türken vom Balkan bis nach Westchina. Bekannteste Symbole und Erkennungszeichen der "Ülkücü"Bewegung sind der "Graue Wolf" ("Bozkurt") und der "Wolfsgruß", bei dem die Finger der rechten Hand am ausgestreckten Arm den Kopf eines Wolfes formen. Anhängerinnen und Anhänger der "Ülkücü"-Bewegung werden daher oft als "Graue Wölfe" ("Bozkurtlar") bezeichnet. Eine gemeinsame Organisation oder eine 273 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Zuordnung der gesamten "Ülkücü"-Anhängerschaft unter diesem Begriff gibt es aber in Deutschland nicht. Strukturen und Von den etwa 12.900 in Deutschland lebenden "Grauen Wölfen" Entwicklungen in sind etwa 10.500 in drei großen Dachverbänden organisiert, die in Deutschland unterschiedlicher Ausprägung die "Ülkücü"-Ideologie vertreten. Teilweise handelt es sich um Auslandsorganisationen extrem nationalistischer türkischer Parteien. Die Verbände sind nach außen hin um ein gemäßigtes Auftreten bemüht. Ihre Mitglieder verzichten ganz überwiegend auf öffentliche Hassreden oder andere Strafund Gewalttaten. Der Extremismus wird eher innerhalb der Vereine ausgelebt und so eine Grundlage für die weitere Verbreitung der rechtsextremistischen Ideologie geschaffen. Unorganisierte "Graue Wölfe" leben ihren Rassismus und Antisemitismus dagegen häufig offen aus, etwa in den sozialen Medien, aber auch beim öffentlichen Aufeinandertreffen mit ihren politischen Gegnern, wo sich das hohe Gewaltpotenzial der Szene zeigt. 1. "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) Die "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF)136 ist der größte "Ülkücü"-Dachverband. Er vertritt hierzulande die Interessen der extrem nationalistischen türkischen "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP)137, die als Urorganisation der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Bewegung gilt. In Bezug auf den Nahostkonflikt behielt die ADÜTDF 2024 ihre öffentliche Zurückhaltung bei. Stattdessen wurde die Debatte um den "Wolfsgruß" eines Spielers der türkischen Fußballnationalmannschaft während der Europameisterschaft in Deutschland genutzt, um sich zur Symbolik und der damit verbundenen Ideologie zu bekennen und eine vermeintliche Ungleichbehandlung der Türkei anzuprangern. So repostete der ADÜTDF-Vorsitzende bei Facebook eine Rede des MHP-Vorsitzenden, dessen Positionen sich der Verband regelmäßig zu eigen macht: 136 "Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu". 137 "Milliyetci Hareket Partisi". 274 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS "Die Tatsache, dass unser Sohn (...) mit seinem Tor (...) seine Freude (...) mit dem Bozkurt-Zeichen zeigte, hat offensichtlich viele kranke Kreise innerhalb und außerhalb von uns gestört und wurde so zum Vorwand für sonderbare (...) Kommentare. Die Beteiligung der UEFA an dieser üblen Karawane (...), deren Feindseligkeit gegenüber der Türkei und den Türken offensichtlich ist, ist extrem einseitig und falsch." (Repost auf der Facebook-Seite des ADÜTDF-Vorsitzenden, 3. Juli 2024) 2. "ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V." (ATIB) Die "ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V." (ATIB)138 hat sich im Jahr 1987 von der heutigen ADÜTDF abgespalten, ohne sich dabei oder in der Folge ideologisch neu auszurichten. Sie steht für einen stärker islamisch orientierten Teil der "Ülkücü"-Bewegung. Die Zuordnung der ATIB zu den "Grauen Wölfen" beruht vor allem auf ihrer organisatorischen Herkunft, ideologischen Gemeinsamkeiten, der Nutzung von "Ülkücü"-Symbolik und den Äußerungen sowie dem Verhalten ihrer Vertreter und einzelner Mitglieder. So wird positiv auf die turanistische Idee in Form eines türkischen Großreichs verwiesen. Vordenker der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Ideologie wie Alparslan Türkes oder Muhsin Yazicioglu und deren Lehren werden in der ATIB noch heute verehrt und zitiert. Organisatorisch ist die ATÄdegB an keine Partei in der Türkei direkt angebunden. Stattdessen sucht sie die Nähe zu deutschen wie auch türkischen Verbänden und Einrichtungen. Dabei zeigt sich die ATÄdegB um gesellschaftliche Akzeptanz und Mitsprachemöglichkeiten bemüht und ist beispielsweise als Gründungsmitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland e.V. auch mit einem Mitglied in dessen Vorstand vertreten. In Bezug auf den Nahostkonflikt und den Terrorangriff der HAMAS gegen Israel am 7. Oktober 2023 bemüht sich die ATIB öffentlich weiterhin um Zurückhaltung, eine einseitig propalästinensische, antiisraelische Positionierung bleibt jedoch bestehen. So äußerte sich ein führendes ATIB-Mitglied beispielsweise auf Facebook wie folgt: 138 "Avrupa Türk Islam Kültür Dernekleri Birligi". 275 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS "Möge der Herr, mein Gott, das zionistische Israel verfluchen und, so Gott will, dafür sorgen, dass ihm seine eigene Unterdrückung widerfährt." (Facebook-Seite eines ATÄdegB-Mitglieds, 7. Mai 2024) Einzelne Funktionäre oder Mitglieder negieren zudem öffentlich das Existenzrecht Israels und verbreiten antisemitische Verschwörungsideologien. 3. "Föderation der Weltordnung in Europa" (ANF) Die "Föderation der Weltordnung in Europa" (ANF)139 ist die Europaorganisation der extrem nationalistischen türkischen "Partei der Großen Einheit" (BBP)140, einer noch stärker islamisch ausgerichteten Abspaltung der MHP. Ihre Ideologie eines extrem übersteigerten und islamisch geprägten Nationalismus mit rechtsextremistischen Ausprägungen richtet sich ebenso gegen ethnische wie gegen religiöse Minderheiten in der Türkei. Primäres Identifikationsmerkmal und zugleich eine harte Abgrenzungslinie gegenüber Andersgläubigen ist für die ANF der Gedanke der "türkisch-islamischen Synthese". Ein Türkentum sei demnach nur in Verbindung mit dem Islam möglich. Das Streben nach der Vereinigung aller Turkvölker in einem homogenen Staat "Turan" gehört genauso zur politischen Agenda wie die Erschaffung einer neuen "Weltordnung" ("Nizam-i Alem") mit der Vision der Weltherrschaft des Islam unter türkischer Führung. Der Konflikt zwischen Israel und der HAMAS ist für die ANF weiterhin ein Kernthema. Eine Äußerung eines ANF-Funktionärs zur Teilnahme des BBP-Vorsitzenden an der Beisetzung des Leiters des HAMAS-Politbüros Isma'il Haniya am 2. August 2024 in Doha (Katar) zeigt die anhaltende Solidarität mit der terroristischen Organisation: "Unser Vorsitzender Herr Mustafa Destici ging nach Doha, der Hauptstadt Katars, um an der Beerdigungsfeier für den 139 "Avrupa Nizam-i Alem Federasyonu". 140 "Büyük Birlik Partisi". 276 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Märtyrer Ismail Haniyya teilzunehmen, der vom zionistischen Israel ermordet wurde." (Facebook-Seite eines ANF-Funktionärs, 2. August 2024) 4. Unorganisierte "Graue Wölfe" Etwa 2.400 weitere "Graue Wölfe" werden dem unorganisierten Teil der "Ülkücü"-Bewegung zugerechnet. Dies sind neben Einzelpersonen auch Anhänger von "Ülkücü"-Kleinststrukturen, deren Existenz teilweise nur von kurzer Dauer ist. Sie alle hängen der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Ideologie in unterschiedlicher Ausprägung an, welche sie zudem in variierender Intensität über die sozialen Medien zum Ausdruck bringen. Personen mit geringer Reichweite äußern sich online öfter rassistisch oder antisemitisch, während reichweitenstarke Influencer ihre Ideologie eher unterschwellig vermitteln. Oftmals sind auch Selbstinszenierungen mit Waffen oder andere Drohgebärden festzustellen, die Stärke, Überlegenheit und Wehrhaftigkeit ausdrücken sollen. Beim Aufeinandertreffen mit politischen Gegnern, etwa im Rahmen von Demonstrationen, zeigt sich das hohe Gewaltpotenzial der unorganisierten Szene. In den vergangenen Jahren konnten immer wieder Bildungen türkisch-rechtsextremistischer Vereinigungen festgestellt werden, deren Mitglieder mitunter durch allgemeinkriminelle Aktivitäten auffallen. Ein Beispiel ist der Duisburger Kampfsportverein "Turan T.C.", der sich öffentlich mittels Darstellungen von "Ülkücü"-Symbolik und der Idealisierung eines turanistischen Weltbilds zum türkischen Rechtsextremismus bekennt. Der Nahostkonflikt ist in der freien "Ülkücü"-Szene weiterhin diskursbestimmendes Thema. Hier findet sich eine ausnahmslose Solidarisierung mit der palästinensischen Seite. Diese Fokussierung änderte sich im Sommer kurzzeitig, aber intensiv im Zusammenhang mit dem "Wolfsgruß" eines türkischen Nationalspielers bei der Fußball-Europameisterschaft. Neben Legitimationsversuchen und Vorwürfen einer Doppelmoral "des Westens" gegenüber der Türkei stärkte die Debatte den Zusammenhalt innerhalb der Szene - bei gleichzeitiger Abgrenzung nach außen. 277 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS V. Säkularer propalästinensischer Extremismus Der säkulare propalästinensische Extremismus besteht aus verschiedenen Organisationen, Bewegungen, Netzwerken und Einzelpersonen. Was diese Gruppierungen und Personen eint, ist die Feindschaft gegenüber Israel, dessen Existenzrecht sie nicht anerkennen und gegen das sie in völkerverständigungswidriger Weise agitieren. Auf dieser Grundlage bestehen zahlreiche Vernetzungen untereinander sowie zu weiteren extremistischen Gruppierungen, zum Beispiel zu islamistischen Palästinenserorganisationen, zu deutschen und türkischen Linksextremisten und zu türkischen Rechtsextremisten. Propalästinensische Einzelpersonen und Gruppierungen fungieren als Bindeglied zwischen den verschiedenen extremistischen Spektren und schaffen ideologische Anküpfungspunkte zwischen islamistischen und linksextremistischen Narrativen. Prägend ist der Territorialkonflikt mit Israel. Häufig wird der Staat Israel von ihnen mit "den Juden" gleichgesetzt. Die Agitation wird primär auf eine antizionistische und antiimperialistische Argumentation gestützt. Entsprechend ihren Parolen und Darstellungen soll Israel von der Landkarte getilgt und stattdessen ein palästinensischer Staat vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer errichtet werden. PFLP Die "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP)141 wurde bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1967 auch in Deutschland aktiv und setzte 1977 mit der Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" terroristische Mittel auch gegen ein deutsches Ziel ein. Seit 2002 listet die EU sie als Terrororganisation. Die PFLP bestreitet das Existenzrecht Israels und propagiert offen den bewaffneten Kampf gegen Israel mit dem Ziel der Gründung eines palästinensischen Staates. Ideologisch gründet sich die PFLP auf den Prinzipien des Marxismus-Leninismus, gleichzeitig prägt sie ein starker arabischer Nationalismus. So will sie nicht nur den Zionismus, sondern auch den westlichen Imperialismus zerschlagen. In Deutschland ist die PFLP vor allem propagandistisch aktiv. Sie tritt hier nicht offen unter ihrem Namen in Erscheinung, sondern organisiert beziehungsweise mobilisiert mittels ihrer Funktionäre oder Mitglieder zu Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen. So wurden auch 2024 vor allem in Berlin israelfeindliche 141 "Popular Front for the Liberation of Palestine". 278 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Versammlungen regelmäßig von Personen aus dem Umfeld der PFLP organisiert. Das internationale palästinensische Gefangenensolidaritätsnetz"Samidoun - werk "Samidoun"142 wurde im Jahr 2011 von im Ausland ansässigen Palästinensisches Mitgliedern der PFLP gegründet. Zentrale Forderung von "SamiGefangenendoun" ist die Freilassung von Palästinenserinnen und Palästinensolidaritätsnetzwerk" sern, die häufig aufgrund von Verbindungen zu Terrorismus oder zur PFLP inhaftiert sind. Ideologisch entsprechen die Positionen denen der PFLP, einschließlich der Ablehnung des Existenzrechts Israels. "Samidoun" befürwortet Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange und ruft diese durch eigene Agitation hervor. Das Netzwerk unterstützt terroristische Vereinigungen wie die PFLP, die HAMAS oder die DHKP-C vor allem propagandistisch. Seit dem 2. November 2023 ist die Betätigung des internationalen "Samidoun"-Netzwerks in Deutschland verboten. Seine deutschen Ableger wurden ebenfalls verboten und aufgelöst. In den Jahren seit 2019 waren die vor allem in Berlin und Nordrhein-Westfalen sichtbaren Strukturen des Netzwerks immer wieder bei propalästinensischen Demonstrationen aufgefallen, wo es neben antisemitischen und israelfeindlichen Äußerungen und Darstellungen auch zu Ausschreitungen und gewalttätigen Angriffen auf die Polizei kam. "Samidoun" nutzte das hohe Vernetzungsund Mobilisierungspotenzial bei diesen Versammlungen sowie vor allem auch im Internet zur Mitgliederwerbung, Spendensammlung sowie zur Verbreitung von Propaganda und Falschinformationen. So konnten Personen weit über die eigene Anhängerschaft hinaus erreicht werden. Diese Aktivitäten verschärfte "Samidoun" nochmals deutlich und unmittelbar nach dem Terrorangriff der HAMAS am 7. Oktober 2023, der gefeiert und als "Widerstand" bezeichnet wurde. Seit dem Verbot ist "Samidoun" selbst in Deutschland unter dieser Bezeichnung nicht mehr relevant öffentlich in Erscheinung getreten. Ehemalige Akteure waren aber auch 2024 weiterhin in der extremistischen propalästinensischen Szene aktiv. Im Bereich des säkularen propalästinensischen Extremismus agieBDS-nahe ren zumeist kleinere Gruppierungen, die israelfeindlich agitieren Gruppierungen in und sich hierbei auch antisemitischer Narrative bedienen. Vielfach Deutschland 142 "Samidoun - Palestinian Prisoner Solidarity Network". 279 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS unterstützen diese Gruppierungen den Aufruf der Bewegung "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen" (BDS)143. Die Unterstützung der BDS-Bewegung kann ein Merkmal für eine extremistische Bestrebung sein. Mit ihrer internationalen Kampagne fordert BDS einen totalen wirtschaftlichen Boykott, den Abzug von Investitionskapital sowie das Verhängen von Sanktionen gegen den Staat Israel. BDS ist keine homogene Vereinigung, Partei oder Organisation, sondern eine Bewegung, der sich unterschiedliche Gruppen und Personen zugehörig fühlen. Mit Gründung der BDS-Bewegung im Jahr 2005 unterstützten diese über 170 palästinensische Organisationen, darunter neben Nichtregierungsorganisationen auch palästinensische Terrororganisationen wie die HAMAS, der "Palästinensische Islamische Jihad" (PIJ) und die PFLP. Ideologische Grundlage ist der 2005 veröffentlichte gemeinsame Aufruf "Palestinian Civil Society Call for BDS" (BDS-Call). Im englischen Original wird als erste von drei zentralen Forderungen ein Ende der Besatzung "allen arabischen Landes" ("Ending its occupation and colonization of all Arab lands"144) verlangt, zu verstehen als Forderung nach "ganz Palästina" im Sinne einer Beendigung der staatlichen Existenz Israels. Entsprechende Forderungen werden auch in Deutschland regelmäßig bei öffentlichen Versammlungen propagiert, an denen BDS-nahe Gruppierungen beteiligt sind. Nach dem Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligten sich BDS-nahe beziehungsweise die Bewegung und ihre Forderungen unterstützende Gruppierungen vielfach an israelfeindlichen Versammlungen. Ferner intensivierten sie ihre Forderungen nach dem Ende einer behaupteten "israelischen Apartheid" sowie die Aufrufe zum Boykott von Unternehmen und Waren mit Bezug zu Israel. Einige dieser Gruppierungen werden nun als gesichert extremistische Bestrebungen bewertet. Dies ist das Ergebnis und der Abschluss der zuvor erfolgten Bearbeitung der Bewegung BDS als Verdachtsfall. Zu nennen sind hierbei "BDS-Berlin" und "BDS-Bonn" sowie die Gruppierung "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V." ("Jüdische Stimme"). Die "Jüdische Stimme" ist eine Sektion der Föderation European Jews for a Just Peace (EJJP) und besteht seit 2007 in Deutschland. 143 "Boycott, Divestment and Sanctions". 144 "Palestinian Civil Society Call for BDS", Website BDS Movement, 9. Juli 2005. 280 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Während die genannten Akteure vordergründig die Vollziehung der Zweistaatenlösung fordern, befürworten sie direkt oder verklausuliert den Terrorismus von HAMAS, PIJ und PFLP und bezeichnen den Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 als legitimen "Akt des Widerstands". Gleiches gilt für die Gruppierung "Palästina Spricht", welche infolge des vom Deutschen Bundestag am 17. Mai 2019 angenommenen Antrags "Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten - Antisemitismus bekämpfen"145 in Berlin gegründet wurde. Anhänger der Gruppierung leugnen das Existenzrecht Israels und haben sich ebenfalls hinter den Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 gestellt. Daneben gibt es in Deutschland Personen mit Bezügen zum proExtremistische palästinensischen Extremismus, die sich antisemitisch oder israelpalästinensische feindlich äußern oder betätigen, ohne dass eine Mitgliedschaft in Einzelpersonen einer extremistischen Organisation festzustellen wäre. Aus diesem Spektrum werden immer wieder Hassbotschaften bis hin zu Gewaltaufrufen in den sozialen Medien verbreitet. Auf diese Weise tragen Einzelpersonen maßgeblich zu einer zunehmenden Radikalisierung und Gewaltbereitschaft innerhalb des propalästinensischen Extremismus bei. In Bezug auf die Situation im Gazastreifen werden immer wieder Strafund Gewalttaten in und gegen Deutschland und seine Institutionen angedroht und zum Teil auch durchgeführt. Nach einem Brandanschlag auf das Berliner Gymnasium Tiergarten im Juli 2024 hinterließen die unbekannten Täter entsprechende Parolen an der Fassade. Dort hieß es unter anderem: "Brennt Gaza Brennt Berlin", "Stop Polizeigewalt", "Studenten haben das Recht auf Protest", "Warnung Presse", "Warnung Berlin" Gerade die Parole "Brennt Gaza, brennt Berlin" ist seit Mitte 2024 vielfach an Häuserwänden in Berlin zu finden, teils auch in englischer Sprache. Das dieser Szene auch abseits fester Organisationszugehörigkeiten in Deutschland innewohnende Mobilisierungspotenzial wird 145 Bundestags-Drucksache (BT-Drucks.) 19/10191. Darin werden die BDS-Kampagne und Boykottaufrufe verurteilt. Es dürften keine Organisationen finanziell gefördert werden, die das Existenzrecht Israels infrage stellen. Dies gelte auch für Projekte, die die BDS-Bewegung unterstützen und zum Boykott aufrufen. 281 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS immer wieder deutlich bei Protestkundgebungen zu jährlich wiederkehrenden Anlässen wie dem "al-Quds-Tag"146, dem "NakbaTag"147 oder dem "Tag der palästinensischen Gefangenen"148, aber auch bei spontanen Reaktionen auf aktuelle politische Ereignisse im Nahen Osten wie zuletzt seit dem Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023. Auch wenn die Protestveranstaltungen hinsichtlich der Anzahl der Teilnehmenden und der Häufigkeit nicht mehr das gleiche Ausmaß wie im Oktober und November 2023 erreichten, fanden auch 2024 weiterhin regelmäßig propalästinensische Veranstaltungen unter Beteiligung von Extremisten statt, vor allem in Berlin. Mit Rückgang der Teilnehmendenzahlen kristallisierte sich hier ein harter Kern heraus, der sich zu einem relevanten Teil aus extremistischen Personen und Gruppierungen zusammensetzte. Regelmäßig kam es zu Äußerungen oder Darstellungen mit antiisraelischen, aber auch antisemitischen Inhalten. Die häufig aggressive Grundstimmung unter den Teilnehmenden gipfelte wiederholt in körperlichen Auseinandersetzungen und Angriffen auf die Polizei, Journalisten oder Gegendemonstranten. Auch an den Hochschulprotesten und -besetzungen, die im Frühjahr 2024 ihren Höhepunkt erreichten, beteiligten sich zahlreiche propalästinensische Einzelpersonen und Strukturen aus unterschiedlichen extremistischen Spektren, die zwar nicht die Mehrheit der Teilnehmenden stellten und auch keine bundesweit steuernde Rolle einnahmen, aber dennoch die Bilder und zum Teil den Verlauf der Proteste mitprägten (siehe auch Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). VI. Antisemitismus im auslandsbezogenen Extremismus Im auslandsbezogenen Extremismus sind Organisationen zusammengefasst, die ganz unterschiedliche Ideologien und Bestrebungen aufweisen und deren Heimatund Bezugsländer über die 146 Al-Quds ist der arabische Name für Jerusalem. Der "al-Quds-Tag" fällt immer mit dem Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan zusammen. 147 Am 15. Mai findet seit 2004 jährlich der "Nakba-Tag" statt, an dem Palästinenser und ihre Unterstützer weltweit der Flucht und Vertreibung aus dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina in den Jahren 1948/1949 gedenken. Der arabische Begriff "Nakba" bedeutet übersetzt sinngemäß "Katastrophe". 148 Nach einem Beschluss des palästinensischen Nationalrats im Jahr 1974 wird der "Tag der palästinensischen Gefangenen" alljährlich am 17. April begangen. 282 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS ganze Welt verteilt sind. Entsprechend unterschiedlich ist hier der Antisemitismus ausgeprägt (siehe auch Sonderkapitel "Auswirkungen des Nahostkonflikts und Antisemitismus"). Antisemitismus sowie die rassistische Überhöhung des TürkenTürkischer tums bei gleichzeitiger Abwertung anderer Nationen, Ethnien oder Rechtsextremismus Religionen sind prägende Bestandteile der "Ülkücü"-Ideologie türkischer Rechtsextremisten. Verbunden wird dies mit dem Bestreben, in einem Großreich "Turan" alle so verstandenen "Turkvölker" zu vereinen. Damit einher geht ein antisemitisches Weltbild, das sich bereits bei Nihal Atsiz (1905-1975), einem der Vordenker der "Ülkücü"-Ideologie, finden lässt. Seine ausgeprägte Judenfeindlichkeit manifestierte sich in unterschiedlichen Formen. So heißt es zum Beispiel in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1934: "Der zweite Feind ist der Jude. Sein Gott ist das Geld. Er ist ein ehrloser, habgieriger Mensch, der nicht davor zurückschreckt, die Fahne, in deren Schatten er lebt, zu verkaufen, um ein paar Münzen in seine Tasche zu stecken. In welchem Land auch immer er lebt, er ist dessen Feind. (...) Es gibt zwei Arten von Juden. Die einen sind ursprüngliche Juden, die an ihrer Sprache zu erkennen sind. Die anderen sind konvertierte Juden, die nicht an ihrer Sprache zu erkennen sind. Um sie zu erkennen, muss man ganz genau auf die entarteten jüdischen Linien in ihren Gesichtern achten." (Nihal Atsiz, "Kommunist, Jude und Speichellecker", 12. März 1934) Unter türkischen Rechtsextremisten sind auch Verschwörungserzählungen verbreitet, nach denen Juden die geheimen Machthaber und Strippenzieher auf der Welt seien. Oft werden hierbei Betroffene als "Kryptojuden" diffamiert, also als Personen, die die ihnen zugeschriebene jüdische Herkunft verheimlichten, sich gar als Muslime tarnten, um so ihren unterstellten obskuren Geschäften besser nachgehen zu können. Dieses Narrativ ist Ausdruck des politischen Antisemitismus. Mit Gründung Israels trat zusätzlich eine gegen den Staat Israel gerichtete Feindseligkeit hinzu, die mit der angeblichen Unterdrückung der muslimisch-arabischen Glaubensbrüder - insbesondere des palästinensischen Volkes - begründet wird. Auch der säkulare propalästinensische Extremismus benennt insSäkularer probesondere den Kampf gegen den und letztlich die Vernichtung des palästinensischer Extremismus 283 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Staates Israel als handlungsleitendes Ziel. Säkulare propalästinensische Extremistinnen und Extremisten bestreiten regelmäßig das Existenzrecht Israels sowie dessen sicherheitspolitisches Interesse an der Wahrung der Integrität des eigenen Staatsgebiets. Hauptanknüpfungspunkt der antisemitischen Agitation ist also die Existenz des Staates Israel, wobei dieser meistens mit "den Juden" gleichgesetzt wird.149 Charakteristisch für diese Form des Extremismus ist, dass die israelische Politik und das Handeln der israelischen Sicherheitskräfte gegenüber der palästinensischen Bevölkerung bei den (bisweilen persönlich oder familiär betroffenen) Anhängerinnen und Anhängern in Teilen starke negative Emotionen gegenüber Israel auslösen. Diese negativen Gefühle werden aufgrund der jüdischen Prägung Israels wiederum auf Jüdinnen und Juden insgesamt projiziert. Hinter vermeintlicher Kritik am israelischen Staat verbirgt sich nicht selten auch eine antisemitische Agitation, da nicht zwischen dem staatlichen Handeln und der jüdischen Religionsgemeinschaft differenziert wird und auch judenfeindliche Stereotype auf Israel übertragen werden. Diese Agitation schlägt sich in Deutschland insbesondere bei den neuerlichen Eskalationen im Nahostkonflikt in Demonstrationsund Gewaltaufrufen nieder, die dann zum Teil in gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei münden. Türkischer Im türkischen Linksextremismus widerspricht Antisemitismus Linksextremismus grundsätzlich der ideologisch angestrebten säkularen und egalitären Staatsund Gesellschaftsordnung, dennoch sind immer wieder antisemitische Verlautbarungen aus der Szene zu beobachten. Diese richten sich jedoch nicht gegen Jüdinnen und Juden, sondern ideologisch begründet gegen den Staat Israel, der als "imperialistisch" und "kapitalistisch" abgelehnt und daher sein Existenzrecht verneint wird. Beispielhaft für die anderen Strukturen im türkischen Linksextremismus vertritt die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) als größte Organisation in diesem Spektrum die Haltung, dass der Staat Israel als "imperialistisches Projekt" abzulehnen sei. 149 Auch wenn Israel sich mit dem 2018 verabschiedeten Nationalstaatsgesetz selbst einen jüdischen Charakter zuschreibt, leben in Israel keineswegs nur Juden, sondern z.B. auch Christen, Muslime und Drusen, die ebenfalls über die israelische Staatsbürgerschaft verfügen. Eine Synonymsetzung von "Juden" und "Israel" ist folglich nicht zutreffend. 284 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS "Das mörderische zionistische Israel, das der Gendarm und die vorgelagerte Kaserne des Imperialismus ist, begeht im Namen des USund EU-Imperialismus (...) Massaker, verübt Völkermorde und verwirklicht Besetzungen, bombardiert Städte, brennt Städte nieder und reißt sie ein." ("Halk Okulu" Nr. 255, 6. Oktober 2024, S. 48) Ein ambivalentes Bild ergibt sich bei der "Arbeiterpartei Kur"Arbeiterpartei distans" (PKK). Auch wenn jüdische Menschen und Israel keine Kurdistans" (PKK) zentralen Feindbilder der PKK sind, hat sich vor allem der Organisationsgründer Abdullah Öcalan immer wieder antisemitisch geäußert. Im Februar 2021 wird Öcalan zum Beispiel in der Zeitung "Serxwebun" mit der Aussage wiedergegeben, dass man den Anteil des jüdischen Kapitals und der jüdischen "Ideologen" am "Hitlerfaschismus" nicht vernachlässigen dürfe.150 Der Hinweis auf ein vermeintliches jüdisches Kapital suggeriert, dass Juden einen besonderen finanziellen Status besäßen, und bedient damit ein klassisches antisemitisches Stereotyp. Gleichzeitig schreibt Öcalan Juden damit eine eigene Mitschuld am Holocaust zu. Diese Haltung wird im Alltag von der Anhängerschaft hierzulande jedoch nicht wiedergegeben. Jenseits der spezifischen Besonderheiten hinsichtlich der jeweiliAntisemitismus als gen antisemitischen Ausprägungen in den ideologisch getrennten Brückennarrativ Bestrebungen des Phänomenbereichs konnte nach dem Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 beobachtet werden, wie sich extremistische Bewegungen und Gruppierungen über Strömungen und ideologische Differenzen hinweg miteinander solidarisierten. Dies wirft ein Schlaglicht darauf, dass Israelfeindschaft und Antisemitismus Brückennarrative, also ideologische Schnittmengen zwischen unterschiedlichen extremistischen Einstellungen, sind. Akteure aus dem säkularen propalästinensischen Extremismus nehmen dabei im propalästinensischen Demonstrationsgeschehen eine Scharnierfunktion zwischen Islamisten und Linksextremisten ein. Der Motivationstreiber ihrer Agitation besteht nicht in einer islamistisch-religiösen Ideologie, jedoch geben die von ihnen geführten Diskurse und daraus resultierenden Proteste dem Terrorismus der islamistischen HAMAS Legitimation. 150 "Reber Apo'nun 'Kapitalist Uygarlik' adli savunmasindan alinmistir - Kapitalist modenite veulus-devlet", in: "Serxwebun" Nr. 470 vom Februar 2021, S. 16-19. Die "Serxwebun" (auf Deutsch: "Unabhängigkeit") ist eine monatlich erscheinende und in den Niederlanden verlegte PKK-Zeitung. 285 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS VII. Überblick mit Strukturdaten zu Beobachtungsobjekten 1. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Gründung: 1978 in der Türkei Leitung/Vorsitz: Abdullah Öcalan (Vorsitzender) Gruppe von Führungskadern Anhängerschaft 15.000 (2023: 15.000) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Serxwebun" (Zeitung, monatlich) "Yeni Özgür Politika" (Zeitung, täglich) "Sterk TV" (TV-Sender) Betätigungsverbot in Verbotsverfügung des Bundesministers Deutschland: des Innern vom 22. November 1993; das Verbot bezieht sich auch auf alle späteren Umbenennungen: "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" ("Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane" - KADEK) "Volkskongress Kurdistans" ("Kongra Gele Kurdistan" - KONGRA GEL) "Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan" ("Koma Komalen Kurdistan" - KKK) "Union der Gemeinschaften Kurdistans" ("Koma Civaken Kurdistan" - KCK) Jugendorganisation: "Komalen Ciwan"/"Tevgera Ciwanen Soresger" (TCS) 286 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) zielt auf eine politische und kulturelle Autonomie der Kurden in ihren Siedlungsgebieten unter Aufrechterhaltung nationaler Grenzen. Maßgeblich bleibt hierbei allein die von den Führungskadern vorgegebene Parteilinie. Die PKK-Guerilla verübt in der Türkei auch terroristische Anschläge. In Deutschland liegt der Schwerpunkt auf der logistischen und finanziellen Unterstützung der Gesamtorganisation, der Rekrutierung für den bewaffneten Kampf in der Heimatregion und der Aufhebung des Betätigungsverbots. Mithilfe sogenannter Massenorganisationen versucht die PKK ihre Anhängerschaft an sich zu binden, indem sie diese nach sozialen Kriterien oder Berufsund Interessengruppen organisiert. Hervorzuheben sind die PKK-Jugendorganisation und die PKK-Studierendenorganisation "Verband der Studierenden aus Kurdistan" (YXK)151 mit deren Frauenorganisation "Studierende Frauen aus Kurdistan" (JXK)152. Weitere Beispiele sind die "Kurdische Frauenbewegung in Europa" (AKKH/TJK-E)153 sowie Religionsgemeinschaften wie die "Islamische Gemeinde Kurdistans" (CIK)154, die "Föderation der demokratischen Aleviten e.V." (FEDA)155 und der "Zentralverband der Ezidischen Vereine e.V." (NAV-YEK)156. 151 "Yekitiya Xwendekaren Kurdistan". 152 "Jinen Xwendekar en Kurdistan". 153 Türkisch: "Avrupa Kürt Kadin Hareketi"/Kurdisch: "Tevgera Jinen Kurd li Ewropaye". 154 "Civaka Islamiya Kurdistan". 155 "Federasyona Demokratika Elewi". 156 "Navenda Yekitiya Komelen Ezdiyan". 287 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 1.1 "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED) Gründung: Mai 2019 Leitung/Vorsitz: Emine Ruken Akca und Kerem Gök Regionale "Demokratisches Gesellschaftszentrum Untergliederungen: der KurdInnen in Norddeutschland e.V." (FED-DEM)157 "Freie Kurdistan Föderation Ostdeutschland" (FED-KURD)158 "Föderation der Freiheitlichen Gesellschaft Mesopotamiens in NRW e.V." (FED-MED)159 "Föderation der demokratischen Gesellschaften Kurdistans e.V." (FCDK-KAWA)160 "Föderation der Völker Kurdistans e.V." (FED-GEL)161 Die "Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V." (KON-MED) ist die Dachorganisation der PKK-nahen Vereine in Deutschland. Ihr sind fünf regionale Föderationen nachgeordnet, welche den örtlichen Vereinen in Norddeutschland (FED-DEM), Ostdeutschland (FED-KURD), Nordrhein-Westfalen (FED-MED), Hessen und Saarland (FCDK-KAWA) sowie BadenWürttemberg und Bayern (FED-GEL) vorstehen. Im Sinne der PKK mobilisiert die KON-MED gemeinsam mit ihren Untergliederungen zu Veranstaltungen und Kundgebungen und beteiligt sich an der Öffentlichkeitsund Kampagnenarbeit. 157 "Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyen li Bakure Almanya". 158 "Federasyona Kurdistaniyen Azad li Rojhilate Almanya". 159 "Federasyona Civaken Azad yen Mezopotamya li NRW". 160 "Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyan". 161 "Federasyona Gelen Kurdistani". 288 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 2. "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) Gründung: 30. März 1994 in Damaskus (Syrien) Leitung/Vorsitz: Gruppe von Führungskadern Anhängerschaft 600 (2023: 600) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Halk Okulu" (wöchentlich) "Devrimci Sol" (jährlich) "Bizim Genclik" (unregelmäßig) "TAVIR" (unregelmäßig) Organisationsverbot Verbotsverfügung des Bundesministers in Deutschland: des Innern vom 6. August 1998; Verbreitungsverbot für die ehemalige Wochenzeitschrift "Yürüyüs" Tarnbezeichnungen: "Anatolische Föderation"162 "Volksfront"163 Logo "Dev Genc" "Volksrat"164 Jugendorganisation: "Devrimci Genclik" (kurz: "Dev Genc") Die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) strebt auf Grundlage des Marxismus-Leninismus die Errichtung eines sozialistischen Systems durch gewaltsame Beseitigung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung in der Türkei an. Dazu hält sie an der Durchführung von Terroranschlägen in der Türkei fest. Einrichtungen des türkischen Staates sind vorrangige Angriffsziele. In Deutschland leisten Anhängerinnen und Anhänger der DHKP-C logistische, finanzielle und propagandistische Unterstützung. Wichtigstes Propagandainstrument der DHKP-C ist die Musikgruppe "Grup Yorum". Über deren Konzerte werden Ideologie und Propaganda der DHKP-C verbreitet, Nachwuchs rekrutiert und Gelder generiert. 162 "Anadolu Federasyonu". 163 "Halk Cephesi". 164 "Halk Meclisi". 289 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 3. "Türkische Kommunistische Partei-Marxisten-Leninisten" (TKP-ML)165 Gründung: 2019/2020 Leitung/Vorsitz: Gruppe von Führungskadern Anhängerschaft 650 (2023: 650) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Özgür Gelecek" (Zeitung/Zeitschrift, 14-täglich) Umfeldorganisationen: "Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa" (ATIK)166 "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATIF)167 "Neue Frau" ("Yeni Kadin") Jugendorganisation: "Neue Demokratische Jugend" (YDG)168 Die maoistisch ausgerichtete "Türkische Kommunistische ParteiMarxisten Leninisten" (TKP-ML) will in der Türkei einen bewaffneten revolutionären Umsturz herbeiführen mit dem Ziel, dort ein totalitäres kommunistisches System zu errichten. In Deutschland leistet die Anhängerschaft der TKP-ML propagandistische, logistische und finanzielle Unterstützung. Ereignisse in der Türkei werden von der Organisation propagandistisch thematisiert und in ihrem Sinne umgedeutet. Anlassbezogen arbeitet die TKP-ML mit anderen türkischen, kurdischen und deutschen linksextremistischen Organisationen zusammen. 165 "Türkiye Komünist Partisi-Marksist Leninist". 166 "Avrupa Türkiyeli Isciler Konfederasyonu". 167 "Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu". 168 "Yeni Demokratik Genclik". 290 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 4. "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML)169 Gründung: 2019/2020 Leitung/Vorsitz: Gruppe von Führungskadern Anhängerschaft 150 (2023: 150) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Yeni Demokrasi" (Zeitung/Zeitschrift, 14-täglich) Umfeldorganisationen: "Verband der Werktätigen MigrantInnen in Europa" (AGEB)170 "Lila-Rot-Kollektiv" (Frauenorganisation)171 Jugendorganisation: "Jugendinitiative Partizan/MarxistischLeninistisch-Maoistisch" (PGI/MLM)172 Die maoistisch ausgerichtete "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) strebt in der Türkei einen bewaffneten revolutionären Umsturz an mit dem Ziel, das bestehende Gesellschaftssystem zu zerschlagen und an dessen Stelle ein totalitäres kommunistisches System zu errichten. Die Umfeldorganisationen sowie die Anhängerinnen und Anhänger in Deutschland leisten hierzulande propagandistische, logistische und finanzielle Unterstützung. 169 "Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist". 170 "Avrupa Göcmen Emekciler Birligi". 171 "Mor-Kizil Kolektif". 172 "Partizan Genclik Inisiyatifi/Marksist-Leninist-Maoist". 291 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 5. "Marxistische Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP)173 Gründung: 1994 in der Türkei Leitung/Vorsitz: Funktionärsgruppe Anhängerschaft 600 (2023: 600) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Atilim" (Zeitung, wöchentlich) Umfeldorganisationen: "Konföderation der unterdrückten Migranten in Europa" (AvEG-Kon)174 "Föderation der Arbeitsimmigrant/innen in Deutschland e.V." (AGIF)175 Jugendorganisation: "Young Struggle" (YS) Die "Marxistische Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) strebt in der Türkei die gewaltsame Zerschlagung der staatlichen Ordnung und die Errichtung eines kommunistischen Gesellschaftssystems an. Dabei versteht die MLKP sich als politische Vorhut des Proletariats der türkischen und kurdischen Nation sowie der nationalen Minderheiten. Zur Erreichung ihrer Ziele bedient sich die MLKP in der Türkei auch terroristischer Mittel. In Deutschland agiert die MLKP in der Regel nicht offen, sondern mittels ihrer Umfeldorganisationen. Die Hauptbetätigungsfelder hierzulande sind dabei die propagandistische Unterstützung des bewaffneten Kampfes im Heimatland, die Gewinnung neuer Mitglieder für die Umfeldorganisationen und das Sammeln von Spendengeldern. Mit Kampagnen und Kundgebungen gedenkt die Organisation regelmäßig ihrer für die Revolution gestorbenen "Märtyrer". Anstelle ihrer "Kommunistischen Jugendorganisation" (KGÖ)176 ist für die MLKP in Deutschland "Young Struggle" (YS) aktiv. Die Organisation wurde 2010 in Stuttgart (Baden-Württemberg) gegründet und fungiert als Dachverband für alle MLKP-Jugendorganisationen in Europa. 173 "Marksist Leninist Komünist Parti". 174 "Avrupa Ezilen Göcmenler Konfederasyonu". 175 "Almanya Göcmen Isciler Federasyonu". 176 "Komünist Genclik Örgütü". 292 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 6. "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) Gründung: 1978 in Frankfurt am Main (Hessen) Sitz: Frankfurt am Main Leitung/Vorsitz: Sentürk Dogruyol Anhängerschaft 7.000 (2023: 7.000) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Bülten" (Zeitung/Zeitschrift, unregelmäßig) Die "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) vertritt in Deutschland die Interessen der extrem nationalistischen türkischen "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP) - der Hauptorganisation der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Bewegung. Deren übersteigert nationalistische bis rechtsextremistische Ideologie wird auch von der ADÜTDF geteilt. Der streng hierarchisch organisierte Verband hat Deutschland organisatorisch in 15 "Bölge" ("Gebiete") eingeteilt, in denen er über 200 Vereine unterhält. 293 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 7. "ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V." (ATIB) Gründung: 1987 Sitz: Köln (Nordrhein-Westfalen) Leitung/Vorsitz: Ädegmam Cengiz Anhängerschaft 2.500 (2023: 2.500) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Referans" (Zeitschrift) Die "ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V." (ATIB) hat sich 1987 von der heutigen ADÜTDF (vgl. Nr. 6) abgespalten, ohne sich in der Folge ideologisch neu auszurichten. Sie steht mit ihren 24 Ortsvereinen in Deutschland für einen stärker islamisch orientierten Teil der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Bewegung. 294 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 8. "Föderation der Weltordnung in Europa" (ANF) Gründung: 1994 Sitz: Ludwigshafen am Rhein (Rheinland-Pfalz) Leitung/Vorsitz: Erol Yazicioglu Anhängerschaft 1.000 (2023: 1.000) in Deutschland: Bei der "Föderation der Weltordnung in Europa" (ANF) handelt es sich um die Europaorganisation der extrem nationalistischen türkischen "Partei der Großen Einheit" (BBP). Die BBP versteht sich selbst als Teil der "Ülkücü"-Bewegung, wobei sie stärker islamisch ausgerichtet ist. Wie ihre Mutterorganisation ist auch die ANF der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Bewegung zuzurechnen. Ihre Anhängerschaft ist in Deutschland auf lokaler Ebene in etwa 15 Ortsvereinen organisiert. 295 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 9. "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) Gründung: 1967 Sitz: Damaskus (Syrien) Leitung/Vorsitz: Generalsekretär Ahmad Sa'adat (in Israel inhaftiert); Vertreter: Jamil Mazhar Anhängerschaft 100 (2023: 100) in Deutschland: Publikationen/Medien: "Al-Hadaf" (Onlinepublikation) Die marxistisch-leninistisch geprägte "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) ist eine stark nationalistisch ausgerichtete palästinensische Terrororganisation. Sie lehnt die Existenz des Staates Israel ab und verfolgt das Ziel eines palästinensischen Staates in den Grenzen eines historischen "Palästina" vor Gründung des modernen Staates Israel mit Jerusalem als Hauptstadt. Dazu propagiert die PFLP den bewaffneten Kampf und sucht den Schulterschluss mit Organisationen wie "Hizb Allah" und HAMAS (vgl. Berichtsteil Islamismus/islamistischer Terrorismus, Kap. VI, Nr. 5 und 6). Anhängerinnen und Anhänger der PFLP begehen nach wie vor terroristische Anschläge, bei denen es auch Todesopfer zu beklagen gibt. Auch hierbei offenbart die PFLP - entgegen ihrem nach außen propagierten Selbstbild - ihren antisemitischen Charakter, indem sie Anschläge gezielt gegen jüdische Israelis richtet. In Deutschland ist die PFLP nicht terroristisch tätig und tritt nicht offen auf. Die hier aktive Anhängerschaft verbreitet israelfeindliche Propaganda und wirbt um politische Unterstützung und Spenden zur Unterstützung ihrer Strukturen und des bewaffneten Kampfes in Nahost. Ehemalige Terroristen der PFLP genießen bei deren Anhängerschaft große Anerkennung und werden gezielt zur Indoktrinierung nach Deutschland eingeladen. Die PFLP unterhält auch Kontakte zum deutschen Linksextremismus, vor allem zur "Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD, vgl. Berichtsteil Linksextremismus, Kap. VI, Nr. 9) sowie zum antiimperialistischen Spektrum (vgl. Berichtsteil Linksextremismus, Kap. III, Nr. 1.3). 296 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 10. "Samidoun - Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk" ("Samidoun")177 Gründung: 2011 Sitz: USA Leitung/Vorsitz: Charlotte Kates Anhängerschaft 50 (2023: 50) in Deutschland: Betätigungsund Verbotsverfügung der BundesministeOrganisationsverbot rin des Innern vom 2. November 2023; in Deutschland: Betätigungsverbot für das internationale "Samidoun - Palestinian Prisoner Solidarity Network"; Organisationsverbot für die Teilorganisation "Samidoun Deutschland", auch agierend unter den Bezeichnungen "HIRAK - Palestinian Youth Mobilization Jugendbewegung (Germany)" und "Hirak e.V." "Samidoun" wurde 2011 in den USA von Mitgliedern der terroristischen "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) gegründet und ist in Form sogenannter Chapter vor allem in Nordamerika und Europa aktiv. Primäre Forderung ist die Freilassung palästinensischer Gefangener aus israelischen Gefängnissen. "Samidoun" lehnt das Existenzrecht Israels ab und fordert die Errichtung eines eigenen Staates "Palästina" "vom Fluss bis zum Meer". In Israel ist "Samidoun" als Teil des Auslandsnetzwerks der PFLP seit 2021 als Terrororganisation eingestuft. Nach dem Verbot sind die Symbole von "Samidoun" weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden; die deutschen Internetauftritte sind nicht mehr abrufbar. Die Anhängerschaft sowie Sympathisantinnen und Sympathisanten verbreiten jedoch weiterhin dessen antisemitische, israelfeindliche und damit völkerverständigungswidrige Positionen. Das Mobilisierungspotenzial reicht weit über die Anhängerschaft hinaus. Es bestehen Verbindungen zu anderen extremistischen palästinensischen Akteuren sowie in den deutschen und türkischen Linksextremismus. 177 "Samidoun - Palestinian Prisoner Solidarity Network". 297 AUSLANDSBEZOGENER EXTREMISMUS 298 Spionage, Cyberangriffe und sonstige sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten für eine fremde Macht 299 Spionage, Cyberangriffe und sonstige sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten für eine fremde Macht I. Überblick und Entwicklungstendenzen Bedrohung durch Deutschland ist als größter Mitgliedstaat der EU, zweitgrößtes umfassende Spionage NATO-Mitglied178 und drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt für sowie andere andere Staaten von besonderem Interesse und ein zentrales Ziel illegitime und illegale von Spionage in Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft Methoden sowie Militär. Geopolitische und geoökonomische Verschiebungen sowie der Paradigmenwechsel in der Sicherheitsund Verteidigungspolitik infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine waren 2024 Anlass und Treiber für vielfältige Formen nachrichtendienstlichen Handelns gegen Deutschland. Die Gefährdung ist von einer Gemengelage unterschiedlicher nachrichtendienstlicher Interessen und Vorgehensweisen in Zeiten divergierender strategischer Interessen Europas, der USA, Russlands und Chinas in Politik und Wirtschaft geprägt. TNR Dabei setzen fremde Mächte ihre Nachrichtendienste umfassend ein, um in Deutschland zu spionieren. Hinzu treten weitere illegitime oder auch illegale Methoden und Mittel, mit denen Informationen erlangt werden und Know-how gestohlen wird. Zudem betreiben sie unzulässige Einflussnahme und verbreiten Desinformation. Außerdem überwachen diese Nachrichtendienste Oppositionelle und andere als Gegner eingestufte Personen oder verfolgen sie. Der dafür gebrauchte Begriff Transnationale Repression (TNR) beschreibt die von fremden Staaten außerhalb ihrer Landesgrenzen betriebenen Unterdrückungsmaßnahmen. Sie richten sich gegen im Ausland lebende Dissidenten oder sonstige von der Regierung des Heimatlandes als Gegner eingestufte Personen. Gängige Formen Transnationaler Repression sind die Ausspähung von Dissidenten und anderen Regierungsgegnern, die Bedrohung und Verfolgung oppositioneller Gruppierungen sowie im extremsten Fall Staatsterrorismus mit schwersten Gefahren für Leib und Leben. Mit staatsterroristischen Methoden wie Anschlägen, Entführungen oder Tötungen werden nicht nur Kritiker verfolgt, sondern auch deren Aufenthaltsstaaten politisch und diplomatisch 178 Zusammen mit der Türkei mit jeweils 84 bzw. 85 Mio. Einwohnern. 300 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN unter Druck gesetzt. Damit wird auch die Souveränität dieser Staaten verletzt. Schließlich sollen Sabotageoperationen vorbereitet und umgesetzt Sabotage werden. Zu den im Rahmen jener Aktivitäten eingesetzten Mitteln zählen menschliche Quellen genauso wie Cyberangriffe und andere technische Aufklärungsmittel, darunter die Überwachung drahtloser Kommunikation. Es ist davon auszugehen, dass fremde Nachrichtendienste insFernmeldeaufklärung besondere im Regierungsviertel entsprechende Maßnahmen ergreifen, um beispielsweise Gespräche über Mobiltelefone abzufangen. Die diplomatischen Vertretungen ausländischer Staaten in Deutschland bieten dafür entsprechende Möglichkeiten zur Überwachung. Die Aktivitäten fremder Mächte umfassen auch das Beschaffen Proliferation von Produkten und Wissen zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen, deren Trägersystemen, anderen Rüstungsgütern oder Elementen für neuartige Waffensysteme. Zusätzlich bemühen sie sich um militärisch anwendbare Hochtechnologie, um regionale oder weltpolitische Absichten mit militärischen Drohgebärden verfolgen zu können. Spionage, Cyberangriffe, unzulässige ausländische Einflussnahme Hohe Gefährdung und Desinformation, Proliferation, Sabotage und Staatsterrorisdurch fremde mus haben erhebliche negative Auswirkungen. All diese nachrichNachrichtendienste tendienstlichen Aktivitäten stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands und seiner Interessen dar. Das rechtswidrige Agieren fremder Nachrichtendienste beeinträchtigt die nationale Souveränität, die außenpolitische Verhandlungsposition kann in der Folge geschwächt, der gesellschaftliche Zusammenhalt erschwert und die freie Meinungsund Willensbildung gestört werden. Mögliche Sabotageakte können weitreichende Folgen für das öffentliche Leben haben. Die durch fremde Nachrichtendienste betriebene Ausforschung und Unterwanderung oppositioneller Gruppen aus den jeweiligen Herkunftsstaaten unterminiert die Rechtsordnung und Schutzgüter für alle Menschen, die hier leben. Cyberangriffe und Spionage verursachen jedes Jahr erhebliche betriebsund volkswirtschaftliche Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. 301 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Vier Hauptakteure Die Russische Föderation, die Volksrepublik China, die Islamische Republik Iran und die Republik Türkei stellen unverändert die Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionage, nachrichtendienstlichen Cyberangriffe, unzulässigen Einflussnahmeaktivitäten und Proliferationsbemühungen dar, wobei sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Weiterhin prägt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Arbeit der Cyberund Spionageabwehr. Russland passt seine Aktivitäten an die veränderten Operationsbedingungen und Bedarfe an und schreckt dabei auch vor robusten Vorgehensweisen, wie Spionage und Sabotage mittels angeworbener ungeschulter Einzeltäter, nicht zurück. Das umfassende und strategische Vorgehen Chinas bei Spionage und anderen Formen des unerwünschten Wissenstransfers erfordert besondere Wachsamkeit von Staat und Gesellschaft. Zusammenarbeit Das BfV setzte auch 2024 seinen ganzen Werkzeugkasten nachrichtendienstlicher Mittel und rechtlicher Befugnisse ein, um das Handeln ausländischer Nachrichtendienste im politischen Raum, in Wirtschaft und Wissenschaft sowie im Cyberund Informationsraum aufzudecken und zu unterbinden. Die nationale und internationale Zusammenarbeit ist dabei ein wesentliches Element der Cyberund Spionageabwehr. Cyberabwehr und Mit seiner Analyse nachrichtendienstlicher Cyberangriffe und Zusammenarbeit im APT179-Gruppierungen ist das BfV ein wichtiger Pfeiler der deutCyber-AZ schen Cybersicherheitsarchitektur. Die Zusammenarbeit im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum sichert den stetigen Informationsaustausch zwischen den für Cybersicherheit zuständigen Behörden, um der hohen Bedrohungslage durch Cyberangriffe wirkungsvoll zu begegnen. GETZ Die nationale Zusammenarbeit im Bereich der Cyberund Spionageabwehr pflegt das BfV nicht nur im Verfassungsschutzverbund, sondern auch im gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum (GETZ), das für die Spionageabwehr eine besondere Bedeutung hat. Hinzu treten weitere Kooperationsformate, darunter zur maritimen Sicherheit das Maritime Sicherheitszentrum (MSZ). 179 APT steht für "Advanced Persistent Threat" (etwa "fortgeschrittene, andauernde Bedrohung") und bezeichnet einen komplexen, zielgerichteten und effektiven Angriff auf IT-Strukturen durch einen gut ausgebildeten und ressourcenstarken Angreifenden. 302 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Das BfV wirkt auch in der ressortübergreifenden "ArbeitsgrupNationale pe zur Strategischen Koordination des Umgangs mit Hybriden Zusammenarbeit in Bedrohungen" (AG Hybrid) der Bundesregierung mit. Hybride der AG Hybrid Bedrohungen bezeichnen verschiedene Formen illegitimer Einflussnahme auf Staaten durch fremde Staaten. Dabei versuchen diese fremden Staaten - auch mittels nicht staatlicher Akteure - ihre Ziele durch den koordinierten Einsatz verschiedener Instrumente durchzusetzen. Sie beabsichtigen hierbei, auf politische Entscheidungsprozesse einzuwirken, das Vertrauen in demokratische Prozesse und rechtsstaatliche Institutionen zu schwächen, die Verteidigungsfähigkeit durch Spionage und Sabotage zu verringern sowie die staatliche Ordnung zu destabilisieren. Neben ihren Nachrichtendiensten nutzen sie auch andere staatliche oder staatlich beeinflusste Organisationen. Zu den eingesetzten Instrumenten gehören Desinformation, Cyberangriffe, Spionage, wirtschaftliche Einflussnahme - zum Beispiel durch gezielte Investition in Schlüsselindustrien - und Sabotageaktionen. Illegitime Einflussnahmeaktivitäten erfolgen oft auch unter gezielter Verschleierung der Herkunft beziehungsweise Urheberschaft oder der Absichten. Zum Schutz der vorgezogenen Bundestagswahl hat die AG Hybrid ihre Zusammenarbeit 2024/2025 intensiviert. Die internationale Zusammenarbeit wird vom biund multilateraInternationale len Informationsaustausch und fallbezogener enger Kooperation Zusammenarbeit mit Nachrichtendiensten anderer Staaten geprägt. II. Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation Die Russische Föderation sieht sich in einem systemischen Konflikt mit den europäischen Demokratien und strebt eine grundlegende Änderung der Friedensordnung in Europa an. Dabei wirkt Russland unter Zuhilfenahme seiner Nachrichtendienste mit unterschiedlichen Maßnahmen und Vorgehensweisen auch auf Deutschland mit seinen demokratischen Institutionen und Verfahren ein, um seinen geopolitischen Zielen näher zu kommen. Seit Beginn des Jahres 2024 verfügt Russland nur noch über zwei Diplomatische Auslandsvertretungen in Deutschland - die Botschaft in Berlin Vertretungen 303 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN und das Generalkonsulat in Bonn (Nordrhein-Westfalen).180 Auch wenn die nachrichtendienstliche Arbeit der russischen Dienste dadurch erheblich eingeschränkt wurde, bleiben die russischen Legalresidenturen181 im Fokus der Spionageabwehr des BfV. Die ergriffenen europaweiten Maßnahmen gegen die Legalresidenturen führen zu Anpassungen in der nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung. Dabei können sowohl bisherige Vorgehensweisen der Dienste weiter angewendet oder ausgebaut als auch neue Methoden etabliert werden. 1. Zielbereiche und Schwerpunkte der Informationsbeschaffung Die Aktivitäten russischer Nachrichtendienste in Deutschland bewegten sich schon vor Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 seit vielen Jahren auf hohem Niveau. Die umfassenden Spionageaktivitäten erstrecken sich mit unterschiedlicher Intensität auf die Zielbereiche Politik und Verwaltung, Wirtschaft einschließlich Kritischer Infrastrukturen (KRITIS)182, Wissenschaft und Technologien sowie Militär. Russisches Im Blickpunkt der russischen Nachrichtendienste stehen die Aufklärungsinteresse Politikfelder, die mögliche Bezüge zu Russland haben. Im Zuge der westlichen Sanktionen wegen des Angriffskriegs Russlands stehen die gemeinsame Außenpolitik der EU sowie die Bündnispolitik der NATO, aber auch die deutsche Außenund Wirtschaftspolitik stark im Fokus. Von besonderem Interesse sind die (sicherheits-)politischen Ziele Deutschlands sowie von EU und NATO im Hinblick auf den weiteren Kriegsverlauf, ein mögliches Kriegsende und die diesbezügliche Haltung gegenüber der Ukraine und Russland. 180 Infolge des russischen Angriffskriegs hatte Deutschland - wie andere Staaten - zahlreiche Nachrichtendienstangehörige ausgewiesen, die als russische Diplomaten abgetarnt waren. Des Weiteren wurden die Generalkonsulate Frankfurt am Main (Hessen), Hamburg, Leipzig (Sachsen) und München (Bayern) geschlossen. 181 Legalresidenturen sind getarnte Stützpunkte eines ausländischen Nachrichtendienstes, die sich in einer offiziellen oder halboffiziellen Vertretung (z.B. Botschaft, Handelsvertretung, staatliche Fluggesellschaft) befinden. 182 Der Begriff Kritische Infrastrukturen (KRITIS) umfasst Anlagen, Systeme und Organisationen (von Bund, Ländern und Kommunen sowie in der Wirtschaft), die eine wichtige Bedeutung für die Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Funktionen haben. Deren Ausfall hätte erhebliche Auswirkungen auf das Gemeinwesen, z.B. in Form von Versorgungsengpässen oder der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. 304 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Zudem gilt dies für militärische Einrichtungen in Deutschland und die Fähigkeiten von Bundeswehr und Verbündeten sowie Unterstützungsleistungen für die Ukraine. Mit Blick auf die deutsche Innenpolitik sowie die europäische Energiepolitik versuchen die russischen Dienste, Informationen zu parteipolitischen Strukturen, Entwicklungsprozessen und zu inhaltlichen Positionen einzelner Parteien zu erlangen, um auf den politischen Willensbildungsprozess vor der Bundestagswahl einwirken und die Folgen des Wahlergebnisses einschätzen zu können. Am 27. Mai 2024 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) DüsselVerurteilung eines dorf (Nordrhein-Westfalen) einen vormaligen Mitarbeiter des BundeswehrBundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung angehörigen wegen der Bundeswehr (BAAINBw) wegen geheimdienstlicher AgentenSpionage tätigkeit in Tateinheit mit Verletzung des Dienstgeheimnisses zu drei Jahren und sechs Monaten Haft. Das OLG sah es als erwiesen an, dass der Hauptmann in seiner Funktion als Berufssoldat im BAAINBw am 4. Mai 2023 dem russischen Generalkonsulat in Bonn (Nordrhein-Westfalen) mehrere als "VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH" eingestufte Unterlagen zur Weiterleitung an russische Nachrichtendienste übermittelt hatte. Gleichzeitig hatte er eine weitere Zusammenarbeit sowie die Lieferung zusätzlicher Dokumente der Bundeswehr angeboten. 2. Methodik der Informationsgewinnung Die Spionageaktivitäten russischer Nachrichtendienste gingen Alternativen zu bis 2022 häufig von deren Legalresidenturen aus. Diese waren in Legalresidenturen der Vergangenheit über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Die russischen Nachrichtendienstangehörigen versuchten unter Ausnutzung ihrer diplomatischen Abdeckung mit konspirativen Methoden, aber auch mittels harmlos wirkender Kontaktpflege, sogenannter Gesprächsabschöpfung, Hintergrundwissen zu deutschen Positionen zu gewinnen. Nach der Schließung von vier Auslandsvertretungen spielen soziale Netzwerke oder reisende Agenten bei der Anbahnung von Kontakten oder einer offenen Abschöpfung eine wichtige Rolle. 305 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Zentrale Steuerung Außerdem führt Russland weiterhin Operationen durch, die aus den Zentralen der Nachrichtendienste in Moskau erfolgen oder unmittelbar von dort gesteuert werden. Hierzu zählt auch der Einsatz sogenannter Illegaler. Diese sind Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes, die mit einer Legende zu ihrer Biografie in das Operationsgebiet eingeschleust werden. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, verstärkt seit dem Jahreswechsel 2023/2024, ist in Europa zunehmend der Einsatz von auf nachrichtendienstlich niedrigem Level angebahnten Low-Level-Agenten zu verzeichnen. Dabei handelt es sich um Personen, die von russischen Nachrichtendiensten zur kurzfristigen Erfüllung von Aufträgen meist über soziale Medien und Messengerdienste angeworben und geführt werden, ohne den Nachrichtendiensten selbst anzugehören. Gefährdungen In Russland selbst nehmen die Nachrichtendienste gezielt deutin Russland sche Staatsangehörige ins Visier, die dorthin reisen. Hierzu werden vielfältige Überwachungsmöglichkeiten von Grenzkontrollen über die Beobachtung von Auslandsvertretungen bis hin zu den Kontrollmöglichkeiten in Wirtschaft und Wissenschaft genutzt. Sofern die gewonnenen Informationen die Zielpersonen kompromittieren können, scheuen die russischen Dienste auch nicht vor aggressiven Anwerbungsversuchen zurück. 3. Sabotage Das Hinweisaufkommen in Bezug auf mögliche Sabotagevorfälle ist 2024 erheblich angestiegen. So sind in Europa vermehrt Vorfälle insbesondere im Kontext versuchter oder erfolgter Brandstiftung sowie in Bezug auf Vandalismus, Ausspähungsund Propagandaaktivitäten aufgetreten, die auf russische Nachrichtendienste zurückzuführen sind oder sein könnten. Umgesetzt werden die Aktivitäten insbesondere von sogenannten Low-Level-Agenten. Das Ausmaß der Gefährdung durch russische Sabotageakte in Europa und Deutschland ist dabei abhängig von den politischen und operativen Entscheidungen Moskaus. Diese richten sich nach den zur Verfügung stehenden Ressourcen, der Zielsetzung des Kreml gegenüber Europa und seiner Auffassung, ob für die Erreichung der Ziele Sabotagemaßnahmen ein effektives Instrument darstellen. Die russische Führung verfolgt eine gezielte Schwächung Europas 306 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN durch politische Maßnahmen zur Entkopplung der amerikanischen und europäischen Sicherheit sowie zur Störung der militärischen und sonstigen Unterstützung für die Ukraine. Sabotageakte dienen dabei der Umsetzung dieser Politik gegen Europa. Die erhöhte Gefahr von Sabotageaktivitäten beziehungsweise VorVorbereitungsbereitungshandlungen in Deutschland hält an. So hat der Genehandlungen für ralbundesanwalt (GBA) am 9. Dezember 2024 Anklage gegen drei Sabotageaktionen in deutsch-russische Staatsangehörige erhoben, denen unter andeDeutschland rem geheimdienstliche Agententätigkeit vorgeworfen wird. Einer der Angeschuldigten hatte sich seit Oktober 2023 mit einer Person, die laut GBA einem russischen Geheimdienst angehört, über mögliche Sabotageaktionen in der Bundesrepublik Deutschland ausgetauscht. Bereits am 18. Oktober 2024 hatte der GBA gegen diesen Angeschuldigten wegen Betätigung in einer terroristischen Vereinigung im Ausland183 und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat Anklage erhoben. Der Angeschuldigte war am 17. April 2024 festgenommen worden. Die beiden anderen Angeschuldigten halfen spätestens ab März 2024. Von mehreren Paketsendungen, die 2024 in Europa auf dem Versandweg in Brand gerieten, ging am 20. Juli 2024 ein Paket auf dem Luftfrachtzentrumgelände des Flughafens Leipzig in Flammen auf. Der GBA hat zu diesem Vorfall im KRITIS-Sektor "Transport und Verkehr" die Ermittlungen wegen eines in Betracht zu ziehenden Sabotagehintergrunds übernommen. 4. Einflussnahme und Desinformation Russland investiert erheblich in seine Ressourcen zur BeeinflusZiele sung der öffentlichen Meinung und des politischen Diskurses in Deutschland, um auf diese einzuwirken und so die eigene Position zu stärken. Diese Aktivitäten sind darauf gerichtet, im Verborgenen oder unter Vortäuschung falscher Tatsachen Einfluss auf den politischen Meinungsund Willensbildungsprozess sowie politische Entscheidungsund Funktionsträgerinnen und -träger auszuüben. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Stabilität und Handlungsfähigkeit der Institutionen des demokratischen Verfassungsstaates 183 Zwischen Dezember 2014 und August 2016 war der Angeschuldigte in der Ostukraine als Kämpfer einer bewaffneten Einheit der separatistischen "Volksrepublik Donezk" (VRD) tätig. 307 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN soll untergraben, die westliche Wertegemeinschaft diskreditiert, Spaltungstendenzen in der Gesellschaft sollen erzeugt oder verstärkt sowie EU und NATO geschwächt werden. Dafür greift Russland bedeutende aktuelle politische sowie gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen auf und passt seine Einflussnahmestrategie flexibel an. Strategiewechsel Die schon zuvor umfassende Verbreitung staatlicher Propaganda und Zunahme der und Desinformation hatte mit dem Beginn des russischen AnDesinformation griffskriegs an Intensität gewonnen. Vor allem Kanäle in sozialen Medien werden von staatlichen oder staatsnahen Akteuren genutzt, um dort ihre Inhalte und Narrative möglichst weit zu verbreiten. Hier ist insbesondere die Plattform Telegram als Alternative zu anderen sozialen Netzwerken zu nennen. Neben staatlichen Akteuren spielen nicht staatliche Akteure aus der Influencerszene und dem Hacktivismus seit einigen Jahren eine gesteigerte Rolle bei der Multiplikation von Propaganda und Desinformation für Russland. Bei dem Begriff Hacktivismus handelt es sich um eine Kombination aus "Hacking" und "Aktivismus": Er bezeichnet den Einsatz von Mitteln und Methoden der Cyberkriminalität, aber nicht zum kriminellen Gelderwerb, sondern häufig für vermeintlich moralisch, religiös, aber auch politisch oder ideologisch motivierte Aktivitäten im Cyberraum, bei denen Computer und Netzwerke Tatmittel und Angriffsziele zugleich sind. Attacken von Hacktivisten können auch für Desinformation und Propaganda oder zur illegalen Ausforschung von Staatsgeheimnissen dienen. Voice of Europe Russland setzt auch auf umfangreich konzipierte Einflussbemühungen im politischen Raum. Beispielhaft dafür steht das prorussische Nachrichtenportal Voice of Europe. Das Portal präsentierte sich als "echtes" internationales Nachrichtenportal und verbreitete unter anderem Narrative, die im Einklang mit der Außenpolitik Russlands standen. Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 konnte diese Einflussoperation, die auch auf Mitglieder und Kandidierende für das Europaparlament zielte, von mehreren europäischen Nachrichtendiensten, darunter dem BfV, aufgedeckt und unterbunden werden. In der Konsequenz verhängte die EU am 27. Mai 2024 Sanktionen gegen das Unternehmen sowie mit ihm verbundene Einzelpersonen. "DoppelgängerBei der sogenannten Doppelgänger-Kampagne handelt es Kampagne" sich ebenfalls um eine konzeptionell und technisch komplexe 308 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Einflussoperation, die auf Dauer angelegt ist. Ein Netzwerk russischen Ursprungs verbreitet seit mindestens Anfang 2022 Propaganda und Desinformation durch die Nachahmung von Internetauftritten etablierter Medien sowie die Erstellung scheinbar eigenständiger Onlinemedien. Sanktionen der EU gegen zwei der im Hintergrund tätigen Firmen im Jahr 2023 konnten die Aktivitäten jedoch nicht stoppen. Auf diesem Weg werden die Authentizität von Informationen vorgetäuscht und entsprechende Narrative im Informationsraum platziert. Für eine höhere Reichweite werden die Informationen zudem mittels Bots in sozialen Medien wie beispielsweise dem Kurznachrichtendienst X automatisiert verbreitet. Auch im Umfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 verbreitete "Doppelgänger" gezielt in den deutschen Informationsraum Desinformation zu emotional aufgeladenen und kontroversen Themen. 5. Cyberangriffe Russlands geopolitische Interessen sind handlungsleitend für die Zwecke und Ziele von vielfältigen Aktivitäten seiner Nachrichtendienste auch im CyberCyberangriffen raum. Russische Cyberangriffe zielen vorrangig auf eine kontinuierliche Informationsbeschaffung ab. Neben dieser Spionage können die Angriffe aber auch Sabotage, Einflussnahme, Desinformation oder Propaganda zum Ziel haben. Dabei richten sich russische Cyberangriffe überwiegend gegen Regierungsstellen, Parlamente und Personen in der Politik, Parteien, gegen Streitkräfte, Medien, supranationale Organisationen, politische Stiftungen und internationale Wirtschaftsunternehmen sowie Wissenschaftsund Forschungseinrichtungen. Organisationen im Bereich von Wissenschaft, Menschenund BürVorgehen gerrechtsgruppierungen sowie der kulturellen Zusammenarbeit Russlands gegen mit Russlandbezug stehen verstärkt im Fokus staatlich-russischer "unerwünschte" und Cyberangriffe. Durch die technische Ausnutzung von Schwach"extremistische" stellen in Softwareprodukten gelingt es den Angreifern, Zugriff Organisationen auf interne E-Mail-Systeme zu erlangen. Am 10. Oktober 2024 gab die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. (DGO) bekannt, dass sie Opfer eines mutmaßlich staatlich gesteuerten, russischen Cyberangriffs war. Die wissenschaftlich tätige Gesellschaft wertet diesen sowie ihre Einstufung als "extremistische Organisation" 309 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN durch den russischen Staat im Juni 2024 als Teil der hybriden Kriegsführung Russlands gegen Deutschland. Im Juli 2024 hatte das russische Justizministerium eine Liste mit 55 Organisationen veröffentlicht - darunter die DGO - die alle Teil einer "Antirussischen separatistischen Bewegung" seien, die die Einheit Russlands zu zerstören suche. Solche Feindbild-Erklärungen dienen der russischen Staatsführung als Basis weiterer repressiver Maßnahmen im Inund Ausland. AngriffsBei ihren Operationen im Cyberraum greifen russische Nachrichgruppierungen tendienste auf verschiedene Angriffsgruppierungen zurück, von denen sich einige durch eine hohe technische Qualifikation auszeichnen. Dies spiegelt sich in ihrem breiten Portfolio unterschiedlicher, teils schwer aufzuklärender Angriffsmethoden wider. Das BfV geht von einer hohen Dunkelziffer nicht erkannter, qualitativ hochwertiger Cyberangriffe aus. APT 28 APT 28 (auch als Sofacy, Fancy Bear, Pawn Storm oder Sednit bekannt) ist eine russische Angriffsgruppierung, die seit mindestens 2004 weltweit aktiv ist. APT 28 ist dem militärischen Nachrichtendienst GRU zuzuordnen und gehört zu den aktivsten Cyberakteuren. Im Jahr 2024 setzte APT 28 eine bereits im März 2023 begonnene Phishing-Kampagne fort. Die Angriffe richteten sich anfänglich hauptsächlich gegen ukrainische Stellen. Kennzeichnend für die Kampagne ist die Verwendung eigentlich legitimer kostenfreier Webseiten, die APT 28 zur Ausbringung von Schadsoftware missbraucht hatte. Ab September 2023 kam es zu großflächigen Angriffen gegen westliche Stellen, auch gegen deutsche Regierungsstellen und Behörden. Die Phishing-Angriffe waren grundsätzlich von niedriger Qualität. Aufgrund der sehr hohen Anzahl der angegriffenen Institutionen muss dennoch von vereinzelt erfolgreichen Kompromittierungen ausgegangen werden. APT 28 missbrauchte 2024 zur Verschleierung der eigenen Infrastruktur bei weltweiten Cyberspionageaktivitäten SOHO184-Geräte, unter anderem der Marke Ubiquiti. Die Geräte werden im Regelfall nicht mehr mit Sicherheitsupdates versorgt, wodurch 184 Bei Small-Office-Home-Office (SOHO-)Geräten handelt es sich um Hardware, die insbesondere bei Privatpersonen oder kleinen Firmen eingesetzt wird, wie beispielsweise PCs, Laptops und Router. 310 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Kompromittierungen begünstigt werden. Um einen eigenen Zugriff zu erlangen, nutzte APT 28 bereits bestehende Infektionen der Geräte mit einer aus dem cyberkriminellen Kontext bekannten Moobot-Schadsoftware aus. Einige der Netzwerkgeräte verwendete APT 28 auch für Angriffe gegen deutsche Einrichtungen, wie bei dem Cyberangriff auf die SPD im Jahr 2023, den die Bundesregierung am 3. Mai 2024 öffentlich APT 28 und damit Russland zugeordnet hat. Im Januar 2024 zerschlugen Polizei und Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern das Botnetz Moobot in Deutschland, um APT 28 an der weiteren Mitnutzung der Geräte zu hindern. Die Maßnahmen wurden im Rahmen der internationalen Operation DYING EMBER unter Federführung des FBI durchgeführt. Ein Großteil der kompromittierten Geräte in Deutschland konnte dabei bereinigt oder sichergestellt werden. Nicht bereinigte ausländische Geräte wurden jedoch auch nach diesem Zugriff durch APT 28 für weitere Angriffe eingesetzt. Zudem führte APT 28 im Jahr 2024 Brute-Force-Angriffe185 auf den Transportund Logistiksektor sowie politiknahe Einrichtungen durch. Aufgrund unzureichend umgesetzter Schutzmaßnahmen kam es dabei in mehreren Fällen zu einer Kompromittierung angegriffener Institutionen. Sehr wahrscheinlich konnte APT 28 dabei auch sensible Daten aus den IT-Netzwerken der Opfer ausleiten. APT 29 (auch als Cozy Bear oder The Dukes bekannt) ist eine seit APT 29 mindestens 2008 aktive Gruppierung, die bereits wiederholt Ziele in Deutschland angegriffen hat. Sie ist für hohe technische Kompetenz und hohe operative Eigensicherheit bekannt. Nach Einschätzung des BfV ist APT 29 wahrscheinlich dem SWR zuzuordnen. APT 29 beschafft auch Informationen mit Bezug zum russischen Angriffskrieg. Bereits vor 2022 wurden vor allem westliche Außenministerien mit Phishing-E-Mails im Rahmen der als "Diplomatic Orbiter" bezeichneten Kampagne von APT 29 angegriffen. Diese Angriffe hielten 2024 an. Anfang 2024 berichtete Microsoft über einen im Jahr 2023 erfolgten erfolgreichen Cyberangriff auf interne Systeme des 185 Bei Brute-Force-Angriffen werden durch die Angreifer automatisiert unzählige Passwortkombinationen ausprobiert, um sich so Zugang zu Mailpostfächern oder anderen Nutzerkonten ausgewählter Ziele zu verschaffen. 311 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN US-amerikanischen Konzerns, infolgedessen es zu weitergehenden Angriffsversuchen und dem Zugriff auf Quellcodes von Microsoft-Produkten kam. Aber auch andere IT-Softwarehersteller berichteten 2024 über die Ausnutzung von Schwachstellen in ihren Produkten, so beispielsweise die Anbieter von Fernzugriffslösungen Ivanti im März oder TeamViewer im Juni. 2024 richtete sich zudem ein Angriff von APT 29 erstmals allein gegen eine deutsche politische Partei. Turla Turla (auch als Snake, Venomous Bear oder Secret Blizzard bekannt) ist eine seit mindestens 2005 auf hohem technischen Niveau agierende APT-Gruppierung, die sich durch eine klandestine und sehr beharrliche Vorgehensweise auszeichnet. Sie nutzt für ihre Angriffe gekaperte Server zu Kommunikationszwecken, setzt eigenentwickelte beziehungsweise laufend angepasste Schadsoftware ein und betreibt umfangreiche Verschleierungstaktiken. Im Fokus der ihr zugeschriebenen Angriffe stehen insbesondere Regierungseinrichtungen (wie beispielsweise Außenministerien oder diplomatische Vertretungen) sowie supranationale Institutionen, aber auch Stellen in Wirtschaft und Forschung. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gehören auch Unternehmen aus dem Sicherheitsund Verteidigungssektor in Europa zum Zielspektrum von Turla. Hacktivisten und Immer wieder kommt es zu hacktivistisch motivierten CyberCybersabotage attacken, von denen auch deutsche Ziele betroffen sind. Die Hacktivisten haben dabei eine breite Zielfläche, welche von staatlichen Stellen über Telekommunikation, Banken, Logistik, Energieversorgung, Kliniken bis hin zu Unternehmen der Sicherheitsund Verteidigungsindustrie reicht. Während dieser Hacktivismus anfänglich durch relativ simple DDoS-Techniken geprägt war, sind die Methoden inzwischen technisch anspruchsvoller und schließen auch Defacement-Angriffe186 sowie Hack and Leak-Operationen187 ein. Insbesondere prorussische Hacktivisten, die auch Angriffe auf verwundbare industrielle Kontrollsysteme (ICS-Systeme) und operative Technologien (OT-Systeme) Kritischer Infrastrukturen 186 Defacement-Angriffe sind Attacken auf eine Website, die deren Erscheinungsbild verändern. Dabei wird die originär gehostete Website durch eine eigene, "nachgebaute" Website ersetzt. 187 Bei Hack and Leak-Operationen versuchen Cyberakteure mittels Cyberangriffen in Computersysteme vorzudringen ("Hack"), um z.B. diskreditierendes oder belastendes Material über das Opfer zu erlangen. Dieses wird anschließend im Original oder in verfälschender Form bspw. in Onlineforen über Social-Media-Kanäle veröffentlicht ("Leak"). 312 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN durchführen, sind für den Anstieg der allgemeinen Cyberbedrohungslage in Deutschland verantwortlich. Ziel dieser hacktivistischen Akteure ist dabei bislang eher eine propagandistische Wirkung als tatsächliche nachhaltige Cybersabotage. Das BfV verfolgt Hinweise unter anderem von IT-Sicherheitsdienstleistern, nach denen Verbindungen prorussischer Hacktivisten zum russischen Staat und seinen Diensten bestehen. Zumindest von einer Tolerierung durch diesen ist auszugehen. Mutmaßlich russische Cybercrime-Akteure setzen für ihre kriCybercrime minellen Handlungen vor allem Ransomware188-Angriffe gegen deutsche Stellen und Unternehmen ein. Auch wenn eine direkte Verbindung zu staatlichen Stellen Russlands in der Regel nicht klar belegbar ist, existieren Fälle, in denen die Opferauswahl im direkten Zusammenhang mit politischen Zielen Russlands steht. Insoweit ist eine Beeinflussung durch russische Nachrichtendienste wahrscheinlich beziehungsweise zumindest eine Tolerierung durch staatliche Stellen Russlands gegeben. 6. Gefährdungspotenzial Eine zukünftige Intensivierung der hybriden Bedrohungen (vgl. Kap. I.) aus Russland für Deutschland ist eher wahrscheinlich. Dabei gehen die russischen Dienste opportunistisch vor und werden fortlaufend bewerten, inwiefern eine weitere Eskalation ihrer Aktivitäten für die Zielerreichung zweckdienlich ist. Das beständige gegen Deutschland und Europa gerichtete hybride Agieren birgt zudem die Gefahr einer Verschiebung hinsichtlich der Wahrnehmung, welches russische Verhalten als noch akzeptabel erscheint. Von den russischen Nachrichtendiensten geht ein sehr hohes Gefährdungspotenzial aus. Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine 2022 und der in der Folge erlassenen Sanktionen der westlichen Staaten greift das Handeln staatlicher und nicht staatlicher russischer Stellen vermehrt ineinander, um dem intensiven Informationsbedürfnis der Führung sowie der Wahrnehmung Russlands im Sinne des Kreml Rechnung zu tragen. Dies führt zu einem intensiven Aufklärungsinteresse russischer 188 Als Ransomware werden Schadprogramme bezeichnet, die den Zugriff auf Daten und Systeme einschränken oder verhindern und diese Ressourcen nur gegen Zahlung eines Lösegeldes (englisch: "ransom") wieder freigeben. 313 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Nachrichtendienste, offensiven Desinformationsaktivitäten sowie einer wachsenden Gefährdung durch Sabotagehandlungen. Auf die Ausweisung russischer Diplomaten und die damit einhergehende Schwächung nachrichtendienstlicher Kapazitäten reagierten die russischen Nachrichtendienste pragmatisch. Sie bauen ihre Methoden zur Informationsbeschaffung weiter aus. Das umfasst neben den bisherigen Spionageund Cyberoperationen zur Informationsgewinnung nun auch den niedrigschwelligen Einsatz von Low-Level-Agenten für Spionage oder Sabotage. Der russische Staat verfolgt einen umfassenden Ansatz: Cyberangriffe ergänzen beziehungsweise bereiten klassische Aufklärungsaktivitäten vor, Spionage und Desinformation greifen ineinander. Eine Trennung zwischen realweltlichen und digitalen Maßnahmen erfolgt nicht. Während die russischen Nachrichtendienste im Inland unerwünschte Organisationen und oppositionelle Meinungen verfolgen, richten sich deren Aktivitäten im Ausland gegen ganz unterschiedliche Stellen. Trotz umfassender Sanktionsmaßnahmen ist weiterhin mit der Fähigkeit und dem Willen russischer Nachrichtendienste zu komplexen Operationen in Europa zu rechnen. Die Entwicklung des Angriffskriegs gegen die Ukraine und die entsprechend angepassten nachrichtendienstlichen Aktivitäten haben einen Einfluss auf die Gefährdungslage in und für Deutschland. Das schlägt sich insbesondere in der erhöhten Gefährdung in Bezug auf Sabotageaktivitäten und darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen nieder. Das Schadensausmaß von Sabotage - von cybergestützt bis hin zu physischen Sabotageakten - kann, je nach weiterem Konfliktverlauf, erheblich variieren. Es umfasst sogar das Risiko einer Gefährdung von Leib und Leben auch in Deutschland. Dabei kann es sich um unmittelbare Angriffe handeln oder mittelbare Kollateralschäden sowie Spill-over-Effekte, beabsichtigte oder unbeabsichtigte Folgen eines Cyberangriffs auf weiteren Ebenen als dem ursprünglich angegriffenen Bereich. 314 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN III. Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Volksrepublik China Die Nachrichtendienste Chinas sind mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet und dienen maßgeblich dem Machterhalt der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) und der Verwirklichung ihrer politischen Ziele. Dazu gehört ihre Absicht, die Volksrepublik China bis 2049 zu einer Weltmacht - mindestens auf Augenhöhe mit den USA - zu entwickeln und einen globalen Führungsanspruch des Landes durchzusetzen ("Chinese Dream"). Neben politischer Spionage sind die Nachrichtendienste am Umbau der Volkswirtschaft zu einer führenden Industrienation beteiligt. So setzen sie zahlreiche wirtschaftspolitische Masterpläne und Strategien zur Erlangung von Marktund Technologieführerschaft in wesentlichen Sektoren mit um. Gleichzeitig wirken sie im Rahmen der "zivil-militärischen Fusion" aktiv am forcierten Aufbau der Volksbefreiungsarmee zu einer "Weltklasse-Armee" mit. Zudem sind die chinesischen Dienste in illegitime Einflussnahmeaktivitäten involviert, mit denen die KPCh versucht, die Interessen der Staatsund Parteiführung im Ausland in unlauterer Weise durchzusetzen. 1. Zielbereiche und Schwerpunkte der Informationsbeschaffung Der Bedarf der Staatsund Parteiführung an Erkenntnissen über Aufklärungsziele supranationale Einrichtungen wie die EU oder internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen sowie über die Bündnispolitik des Westens ist angesichts der geopolitischen Ambitionen Chinas hoch. Dafür analysiert China beispielsweise den Umgang westlicher Staaten mit Russland infolge der anhaltenden russischen Aggression gegen die Ukraine oder die deutsche Außenpolitik in anderen Regionen mit zunehmendem Konfliktpotenzial. Ableitungen daraus sind im Hinblick auf die chinesischen Vereinigungsbestrebungen mit Taiwan für die kommunistische Parteiführung von großer Bedeutung. In Deutschland stehen Ziele in Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sowie Militär im Fokus chinesischer Dienste. Darüber hinaus werden oppositionelle Gruppen und Einzelpersonen überwacht und unter Druck gesetzt. In Politik und Verwaltung werden Informationen zu politischen Positionen Deutschlands mit Bezug 315 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN auf China gewonnen. Für die Realisierung seiner ambitionierten Industrieund Militärpolitik nutzt der chinesische Staat Spionage in Wirtschaft und Wissenschaft, versucht, deutsche Unternehmen der Spitzentechnologie teilweise oder ganz aufzukaufen und wirbt gezielt Wissensträgerinnen und -träger mit relevantem Know-how an und ab. Erkenntnisse zu Struktur, Bewaffnung und Ausbildung der Bundeswehr stehen ebenso im Interesse chinesischer Dienste wie die Beschaffung moderner Waffentechnik aus der deutschen Sicherheitsund Verteidigungsindustrie oder auch militärisch nutzbare Hochtechnologien wie die Quantentechnologie. 2. Methodik der Informationsgewinnung Aktivitäten aus China verfügt über insgesamt fünf diplomatische Vertretungen Legalresidenturen in Deutschland - die Botschaft in Berlin mit ihrer Außenstelle in Bonn sowie Generalkonsulate in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen), Frankfurt am Main (Hessen), Hamburg und München (Bayern). Aus den chinesischen Legalresidenturen an diesen diplomatischen Vertretungen erfolgt überwiegend eine offene Informationsbeschaffung, einschließlich eines Monitorings von Medien und sonstigen offenen Publikationen. Daneben sammeln Angehörige der Legalresidenturen Informationen im Rahmen harmlos wirkender Kontaktpflege. Solche Gesprächsabschöpfung zielt auf aktive und ehemalige Verantwortliche aus Politik und Wirtschaft. Zu den Aufgaben der Legalresidenturen gehören zudem Kontrolle und ideologische Steuerung der chinesischen Auslandsgemeinde in Deutschland. Durch eine enge institutionelle Anbindung chinesischer Unternehmen, Studierendenorganisationen, Landsmannschaften, Vereine und Institute soll linientreues Verhalten sichergestellt und die sogenannte Einheitsfront im Ausland gestärkt werden. Angehörige der Diaspora werden für Maßnahmen gegen chinesische Oppositionelle und zur propagandistischen Unterstützung der Politik der Staatsund Parteiführung instrumentalisiert. Zur Informationsgewinnung greifen die Legalresidenturen auf regimetreue Zuträger aus der Auslandsgemeinde zurück. Angehörige Die Nachrichtendienste setzen zur Informationsgewinnung auch chinesischer Medien in Deutschland tätige chinesische Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten zur offenen Gesprächsabschöpfung ein, denn Medienangehörige sind eng an die chinesische Botschaft 316 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN angebunden. Zudem nutzt der Staat ihre Kontaktnetzwerke sowie die Reichweite der von ihnen verfassten Beiträge, um in Deutschland KPCh-Narrative für ein positives Bild vom Land zu verbreiten. Nachrichtendienstliche Operationen zur verdeckten InformaZentrale Steuerung tionsbeschaffung werden hauptsächlich unmittelbar aus den und Anwerbung Büros der Dienste in China gesteuert. Bei Aufenthalten in China menschlicher Quellen werden Zielpersonen aus Deutschland angesprochen und mit der Aussicht auf Entlohnung angeworben. Betroffen sind meist solche deutschen Staatsbürger, die entweder über hochwertige Zugänge verfügen oder eine aus Sicht der chinesischen Nachrichtendienste aussichtsreiche künftige Entwicklung versprechen. Initiiert werden können solche Werbungsmaßnahmen beispielsweise bei Veranstaltungen im akademischen Umfeld. Die in der Folge stattfindenden Treffs werden überwiegend in Drittländern oder in China durchgeführt, um operative Risiken in Deutschland zu reduzieren. Die Steuerung erfolgt meist persönlich, teilweise aber auch über webbasierte verschlüsselte Kommunikation, insbesondere über den chinesischen Messengerdienst WeChat. China betreibt seit Jahren ein umfassendes System des TechnoloStaatlich gesteuerter gieund Know-how-Transfers, um seine wirtschaftliche und miKnow-howund litärische Entwicklung voranzutreiben. Die Staatsund ParteifühTechnologietransfer rung strebt zum 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik im nach China Jahr 2049 eine globale Technologieführerschaft an. Dieses Ziel wird durch ein strategisches und ganzheitliches Vorgehen konsequent verfolgt, welches von gezielten Unternehmenserwerben über Joint Ventures bis hin zu Talentakquise-Programmen und Forschungskooperationen reicht. Dabei versucht China, seine Beschaffungsnetzwerke beständig weiterzuentwickeln, administrative Beschränkungen und Prüfungen beispielsweise im Visaverfahren flexibel zu umgehen und neue Methoden des Know-how-Transfers zu etablieren. Mit dem Ziel, militärische Überlegenheit in zukunftsrelevanten Technologien zu erlangen, fokussiert China auch die Nutzbarmachung von zivilen Erkenntnissen im Bereich des Militärs. Kernziele dieses Wissenstransfers sind Emerging and disruptive Technologies (EDT) wie Quantentechnologie, künstliche Intelligenz (KI) sowie Hyperschalltechnik wie auch Biotechnologie und Überwachungstechnologie. Es ist davon auszugehen, dass alle relevanten Erkenntnisse, die in der zivilen Forschung erlangt wurden, auch dem chinesischen Militär und dem Rüstungssektor zugänglich gemacht werden. 317 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN ForschungsDie Beschaffung von Technologie und Know-how erfolgt über kooperationen und nachrichtendienstliche Netze wie über verschiedene, überwiegend Gastwissenschaftler legale Wege. Zu diesen gehören wissenschaftliche Kooperationen mit deutschen Universitäten und (Spitzen-)Forschungseinrichtungen. Um gezielt rechtliche Grauzonen, ein weiterhin mangelndes Risikobewusstsein sowie die in Deutschland verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit auszunutzen, instrumentalisiert der chinesische Staat vor allem chinesische Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler im Sinne seiner Ambitionen. Diese bewegt er mit verschiedenen Mitteln zur Zusammenarbeit, dazu gehören finanzielle Zuwendungen und akademische oder berufliche Aufstiegschancen in China, aber auch vertraglich festgelegte Verbindlichkeiten, beispielsweise über die staatlichen Stipendien des China Scholarship Council (CSC), und nicht zuletzt auch politische oder nachrichtendienstliche Druckmittel. Um Forschungsoder Studienaufenthalte von Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftlern in für China technologisch und militärisch relevanten Bereichen zu realisieren, werden auch bestehende deutsche Visabeschränkungen zur Verhinderung des Abflusses von relevantem Wissen gezielt umgangen. Darüber hinaus liegt das chinesische Augenmerk auf deutschen und anderen nicht chinesischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die über langjährig gewachsene Kennverhältnisse abgeschöpft oder mittels finanzieller Anreize zum Wissensund Technologietransfer zugunsten Chinas bewegt werden. Ausländische Im Jahr 2024 blieb Deutschland weiterhin eines der wichtigsten Direktinvestitionen Ziele chinesischer Investitionen, auch wenn die Zahl chinesischer Unternehmensbeteiligungen und -übernahmen in Europa allgemein seit Jahren sinkt. Ausländische Direktinvestitionen, besonders im Industriesektor und im High-Tech-Bereich, ermöglichen es China, auf legalem Weg Zugriff auf Technologien oder geistiges Eigentum zu erlangen. Dadurch kann China Innovationsrückstände ausgleichen und einen technologischen Vorsprung erzielen. Zudem öffnen sie auch das Tor zu politischer Einflussnahme, Spionage und Sabotage. Ein sukzessiver Verkauf deutscher Unternehmen aus zukunftsträchtigen Branchen kann mittelbis langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Industrieund Technologiestandorts Deutschland nachhaltig beeinträchtigen. Zudem besteht das Risiko weiter wachsender Abhängigkeiten, welche im Falle 318 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN geopolitischer Konfliktlagen von China im eigenen Sinne ausgenutzt werden können. 3. Einflussnahme und Transnationale Repression Um die Ambitionen der KPCh erfolgreich umsetzen zu können, versucht China, durch (häufig illegitime) Einflussnahmeaktivitäten in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft im Ausland ein für sich wohlwollendes Umfeld zu erzeugen. Zudem verbreiten chinesische Stellen Desinformation und Propaganda, um die Politik der KPCh in ein positives Licht zu rücken und die vermeintliche Überlegenheit des chinesischen Ordnungsmodells hervorzuheben. Im politischen Bereich bemüht sich die chinesische Seite, gut verVielfältiger netzte (aktive und ehemalige) Parlamentarier als "Lobbyisten" für Instrumentenkasten ihre Interessen zu gewinnen. Gleichzeitig werden deutsche Abgeordnete (auch auf Länderebene), die offen die Politik der KPCh kritisieren, teilweise unter Druck gesetzt oder in Einzelfällen mit Sanktionsmaßnahmen belegt. Im Bereich von Bildung und Forschung drohen Chinas Aktivitäten und Kooperationsformate die akademische Freiheit zu unterminieren. Die chinesischen Konfuzius-Institute dienen innerhalb der Einflussnahmestrategie der KPCh unter anderem dazu, ein makelloses Chinabild zu verbreiten und regimekritische Veranstaltungen oder Forschung an deutschen Hochschulen zu verhindern. Zudem versuchen staatliche chinesische Akteure, führende Persönlichkeiten aus der deutschen Wirtschaft - unter Ausnutzung bestehender Abhängigkeiten einzelner deutscher Unternehmen vom chinesischen Markt - für die Durchsetzung der Interessen der KPCh zu instrumentalisieren. Bei "unerwünschtem" Verhalten ausländischer Unternehmen und Regierungen setzt die Staatsund Parteiführung zum Zweck der Abschreckung auf öffentlichkeitswirksame Sanktionierung und staatlich gesteuerte Boykotte in China. Im Rahmen der Transnationalen Repression (TNR) (vgl. Kap. I) TNR hat China in den vergangenen Jahren eine engmaschige extraterritoriale Infrastruktur aufgebaut, über die chinesische Einheitsfrontorganisationen Informationen sammeln. Hierzu zählen 319 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN unter anderem Diaspora-Vereine, Verbindungsstellen sowie eine gleichgeschaltete Diaspora-Presse. So können potenzielle "Abweichler" identifiziert, in der chinesischstämmigen Gemeinschaft in Deutschland isoliert, eingeschüchtert oder unter Druck gesetzt werden. Seit 2023 gibt es immer wieder Fälle Transnationaler Repression gegen ursprünglich aus China stammende Oppositionelle, diese Entwicklung hat sich 2024 fortgesetzt. 4. Cyberangriffe Im Jahr 2024 verübten mutmaßlich staatliche oder staatlich gesteuerte chinesische Cyberakteure zahlreiche Angriffe auf Unternehmen, Institutionen, Behörden und Privatpersonen in Deutschland. Cyberangriffe begleiten das Interesse Chinas an einer globalen Spitzenposition in Politik, Wirtschaft, Technologie und Militär. Weiterentwicklung Unternehmen im Umfeld von Politik und Verwaltung standen der Vorgehensweise 2024 intensiv im Fokus und wurden als Einfallstor für darauf aufbauende Angriffe genutzt. Die Vorgehensweise der Cyberspionageakteure erfuhr eine deutliche technische Weiterentwicklung, wodurch sie eine bislang kaum dagewesene Reichweite und Effektivität erreichten. Dabei spielen auch chinesische Gesetze sowie das Gesamtgefüge der chinesischen Cybersicherheitspolitik eine wesentliche Rolle. Angriffe gegen Technisch äußerst komplexe Cyberangriffe richteten sich vor IT-Dienstleister allem gegen IT-Dienstleister und andere Unternehmen, die mit der Betreuung von Behördennetzwerken betraut sind. Stärker in den Fokus gerieten auch wieder deutsche Unternehmen aus Schlüsselbranchen mit ihren Dienstleistern, beispielsweise im Bereich der Satellitenkommunikation oder aus der Luftund Raumfahrt. Durch die Ausnutzung nicht öffentlich bekannter Softund Hardwareschwachstellen (Zero-Day-Exploits189) konnten die Angreifer tief in die Netzwerkinfrastruktur ihrer Ziele vordringen. So gelang es ihnen, sich über längere Zeit unbemerkt privilegierten Zugriff auf weitere interne Systeme zu sichern. Es ist davon auszugehen, dass nicht die Dienstleister selbst im Fokus standen, sondern über 189 Eine Zero-Day-Schwachstelle ist eine bislang dem Hersteller nicht bekannte Sicherheitslücke, für die kein Sicherheitsupdate existiert. Die Ausnutzung von Zero-DaySchwachstellen lässt zudem auf Angreifende schließen, denen große technische oder finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. 320 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN deren Infrastruktur ein Vordringen in die Netzwerke von deren Kunden beabsichtigt war (Supply-Chain-Angriffe). Begünstigt durch das im Juli 2021 in Kraft getretene chinesische "Schwachstellengesetz"190 setzen chinesische Cyberakteure seit einigen Jahren auf solche Exploit-basierte Cyberangriffe. Sie erhalten durch das Gesetz einfacher und schneller Zugriff auf Schwachstellen - bevor diese geschlossen werden können. Die Ausnutzung solcher Schwachstellen für Cyberspionageoperationen chinesischer Nachrichtendienste ist eine zunehmend bedrohliche Entwicklung. Chinesische Cyberakteure flankierten ihre Aufklärungsund AnEinsatz von griffshandlungen mit verschiedenen Verschleierungsnetzwerken. VerschleierungsZunehmend komplexere Techniken und ein hoher Ressourcennetzwerken einsatz belegen die beachtliche Weiterentwicklung von Angriffswerkzeugen und erschweren die Detektion von Angriffen. Zur weitestgehenden Abtarnung der Aktivitäten werden Endgeräte wie beispielsweise Heimrouter oder IoT-Geräte191 in wachsender Anzahl durch Cyberangreifer infiltriert und in der Folge für Angriffskampagnen gegen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Einzelpersonen missbraucht. Die Kontrollübernahme über solche Geräte, die für den Einsatz in kleineren Unternehmen oder von Privatanwendern konzipiert sind, erfolgt auch durch das Ausnutzen von Zero-Day-Exploits. Beispielhaft für einen schweren Cyberangriff über ein Verschleierungsnetzwerk steht das 2021 erfolgte Eindringen in das Netzwerk des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie. Diesen Cyberangriff ordnete die Bundesregierung am 31. Juli 2024 staatlichen chinesischen Akteuren zu. Die seit mindestens 2010 aktive Cybergruppierung APT 15 verAPT 15 schafft sich seit Jahren in verschiedenen Ländern Zugänge zu sensiblen Einrichtungen und Informationen, unter anderem durch Verschleierungsnetzwerke. Im Fokus von APT 15 stehen 190 Nach dem "Regulations on the Management of Network Product Security Vulnerabilities"-Gesetz müssen inund ausländische Unternehmen neu entdeckte Sicherheitslücken in IT-Systemen umgehend der chinesischen Regierung mitteilen. 191 Das Internet of Things (IoT, Internet der Dinge) ist ein Sammelbegriff für Technologien, die es ermöglichen, physikalische und virtuelle Objekte miteinander zu vernetzen und zusammenarbeiten zu lassen. Als IoT-Geräte können herkömmliche, mit dem Internet verbundene Haushaltsgegenstände bis hin zu professionellen Industriewerkzeugen infrage kommen. 321 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Regierungsinstitutionen in europäischen Staaten; erfolgreich angegriffene Ziele wurden auch in Deutschland bekannt. Darüber hinaus erfolgten 2024 Aufklärungsund Angriffshandlungen gegen Unternehmen aus der Luftund Raumfahrtbranche, die sich durch fortwährende technische Weiterentwicklung sowie das intensive Ausnutzen von Zero-Day-Schwachstellen auszeichneten. i-Soon-Leak Unbekannte veröffentlichten im Februar 2024 einen Datensatz, der Details zu Kooperationen des chinesischen CybersecurityUnternehmens i-Soon (Shanghai Anxun Information Technology Company) mit dem chinesischen Sicherheitsapparat enthüllt. Die im Leak enthaltenen Produktund Servicelisten sowie Verträge belegen, dass i-Soon Cyberspionagesoftware an den chinesischen Nachrichtendienst MSS sowie die Volksbefreiungsarmee verkauft. Die Daten zeugen von einem komplexen System einer gleichsam industrialisierten chinesischen Cyberspionage durch privatwirtschaftliche Unternehmen. Im Ergebnis sind erheblich mehr Akteure als nur staatliche Cyberangreifer aktiv. Die Unterlagen geben Einblicke in die Arbeitsweisen privater Hackerfirmen und Schadsoftware-Anbieter und deren Verbindungen zum chinesischen Staat. Von den so bekannt gewordenen Schadprogrammen wurden einige seit geraumer Zeit von chinesischen Akteuren zur Cyberspionage gegen Ziele in Europa genutzt. Dieses Outsourcing staatlicher Cyberspionage erschwert die Rückverfolgung einzelner Kampagnen zu spezifischen Akteuren und eine öffentliche Attribution. 5. Gefährdungspotenzial Zur dauerhaften Machtsicherung hat die KPCh unter Staatsund Parteichef XI Jinping die Kontrolle über nahezu alle Bereiche des Lebens in China weiter ausgebaut. China ist bestrebt, die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen und dabei auch die Grundfesten der regelbasierten Ordnung zu relativieren. Gleichzeitig schottet sich China gegen "schädliche westliche" Einflüsse ab, um das Land nach dortiger Sichtweise so zur wirtschaftlichen und politischen Führungsnation aufzubauen. Diese Entwicklung geht mit einer umfassenden, langfristigen und systematischen Aufklärung der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Interessen und Potenziale ausländischer Akteure, aber auch der Beobachtung und Unterdrückung 322 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN regimekritischer Strömungen im Ausland sowie Versuchen einher, Entscheidungsprozesse vielerorts im Sinne der Parteiund Staatsführung zu beeinflussen. Deutschland ist aufgrund seiner herausragenden politischen, wirtschaftlichen und geopolitischen Rolle eines der bedeutendsten Aufklärungs-, Beschaffungsund Einflussziele Chinas. Dies manifestiert sich aktuell in einer Zunahme staatlicher Spionageund Einflussnahmeaktivitäten. Beispielhaft hierfür stehen verschiedene im Jahr 2024 durchgeführte Exekutivmaßnahmen in Deutschland. Im Rahmen mehrerer Ermittlungsverfahren des GBA wurden diverse Personen wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit für einen chinesischen Nachrichtendienst verhaftet. In den meisten Fällen waren Vorfeldermittlungen des BfV ursächlich für die Maßnahmen. Trotz der zur Schau gestellten Selbstgewissheit der chinesischen Regierung sieht sich der Parteistaat unverändert in seiner Sicherheit bedroht. Diese perzipierte Machtgefährdung manifestiert sich unter anderem in dem Versuch, jede Form von politischem Dissens im Inund Ausland im Keim zu ersticken. Dadurch sind die Freiheitsrechte der chinesischen Diaspora weltweit bedroht. Um zukünftige Bedrohungsszenarien frühzeitig zu erkennen, sind die politischen sowie wirtschaftlichen Entwicklungen und die daraus resultierenden globalen Ambitionen Chinas gesamtheitlich im Blick zu behalten. China handelt bei seiner strategischen Ausrichtung planvoll und langfristig. Ähnlich angelegt ist auch die offensive Cyberstrategie, die durch umfangreichen Wissenstransfer einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Landes leisten soll. Cyberspionageangriffe sind für China ein wesentliches Werkzeug zur verdeckten Informationsbeschaffung. Cyberoperationen dürften auch zukünftig hochprofessionell, von staatlichen wie nicht staatlichen Stellen und mit enormem Ressourcenaufwand umgesetzt werden. Das bedroht die digitale Souveränität Deutschlands und Europas, gerade auch angesichts der stetig wachsenden Digitalisierung, die Angreifern großflächige Cyberangriffe erleichtert. 323 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN IV. Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran Die angespannte sicherheitspolitische Lage im Nahen und Mittleren Osten sowie innere Spannungen der Islamischen Republik Iran prägen die nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Theokratie. Iran versteht sich als Regionalmacht - mit einer ausgeprägten antiwestlichen sowie antiisraelischen Stoßrichtung. Vorgehen gegen Die Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen und EinzelperOppositionelle sonen im Inund Ausland bildet einen Schwerpunkt iranischer und Kritiker nachrichtendienstlicher Aktivitäten. Für die Machthaber Irans gelten solche Gruppierungen als Gefährdung für den Fortbestand ihrer Herrschaft. Besonders deutlich zeigt sich dies in der wiederholten gewaltsamen Unterdrückung von Protesten durch das Regime. Neben den USA sieht Iran insbesondere den Staat Israel, dessen Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie exponierte Unterstützerinnen und Unterstützer als Feinde an. Hierzu zählen auch führende Vertreterinnen und Vertreter jüdischer Organisationen in der Diaspora. Deshalb gehören auch Ausspähungsaktivitäten gegen (pro-)israelische sowie (pro-)jüdische Ziele in Deutschland zum Tätigkeitsfeld der Spionage Irans. Akteure Hauptsächlich gehen die gegen Deutschland gerichteten Aktivitäten weiterhin vom Ministry of Intelligence (VAJA192, zumeist MOIS abgekürzt) aus. In seinem Fokus stehen insbesondere die in Deutschland aktiven iranischen Oppositionsgruppen. Neben dem MOIS ist zudem die ebenfalls geheimdienstlich agierende Quds Force der Iranischen Revolutionsgarden193 in Deutschland aktiv. Staatsterrorismus Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran setzen auch staatsterroristische Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele ein. Dabei handelt es sich maßgeblich um die Einschüchterung und Neutralisierung Oppositioneller, aber auch die Bestrafung von "Verrätern" oder "Überläufern". Daneben spielt auch Druck auf Politik und Öffentlichkeit anderer Staaten eine Rolle (vgl. Kap. I). Ausspähungsaktivitäten iranischer Nachrichtendienste dienen häufig der 192 In Farsi: Vezarat-e Ettela'at-e Jomhouri-ye Eslami-ye Iran - VAJA. 193 In Farsi: Sepah Pasdaran. 324 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Vorbereitung staatsterroristischer Aktivitäten, darunter Entführung oder sogar Tötung der Zielperson. Die Feststellungen in der Urteilsbegründung des OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) vom 19. Dezember 2023 gegen einen Angeklagten - er erhielt eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen Verabredung einer schweren Brandstiftung und versuchter Brandstiftung - wurden in Politik und Öffentlichkeit in Europa als Beleg für das aggressive Vorgehen der Islamischen Republik Iran gewertet. In der Nacht zum 18. November 2022 hatte der Verurteilte in Bochum (Nordrhein-Westfalen) eine in der Nachbarschaft der dortigen Synagoge befindliche Schule mit einem Brandsatz beschädigt. Das Gericht hatte zum Hintergrund der Tat festgestellt, dass die Anschlagsplanung auf eine "staatliche iranische Stelle" zurückging. Diese Tat beweist, dass die Aktivitäten Irans über die Ausspähung der oppositionellen iranischen Diaspora deutlich hinausgehen und (pro-)jüdische und (pro-)israelische Interessen und Einrichtungen in Deutschland im Fokus iranischer Aktivitäten stehen. Seit 2019 kam es im Rahmen aufwendiger Operationen der iranischen Nachrichtendienste wiederholt zu Entführungen von hochrangigen Zielpersonen aus dem oppositionellen Spektrum nach Iran. Auch in Deutschland lebende Personen können Opfer solcher Operationen werden, insbesondere bei Reisen in Anrainerstaaten Irans. Im Jahr 2020 wurde ein deutscher Staatsangehöriger, der zudem die iranische Staatsangehörigkeit besaß, bei einer Reise in ein Nachbarland Irans verschleppt. Iranreisende müssen damit rechnen, im Land willkürlich verhafAnbahnung/ tet und angeklagt zu werden. Die iranischen Dienste nutzten auch Verhaftung bei Reisen 2024 offenbar bevorzugt nachrichtendienstliche Ansprachen mit nach Iran dem Ziel einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit. Dies gilt insbesondere für Personen, die iranische Stellen mit einer oppositionellen Gruppierung in Verbindung bringen oder bei denen sie Kontakte zu Personen aus der oppositionellen Szene vermuten. Betroffenen drohen mehrtägige Befragungen durch iranische Nachrichtendienste, bei denen erheblicher Druck auf sie ausgeübt wird. Zudem können dabei Mobilfunkgeräte und Informationsund Kommunikationshardware ausgelesen oder manipuliert werden. Ziel solcher oft unter Vorwand eingefädelter Verhöre ist es, Personen zu zwingen, oppositionelle Aktivitäten aufzugeben oder 325 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN sie nachrichtendienstlich zu verpflichten. Diesem Druck können sich Betroffene kaum entziehen. Gefährdung von Besonders gefährdet sind Personen mit deutscher und iranischer Doppelstaatern Staatsangehörigkeit. Das Regime behandelt diese grundsätzlich als iranische Staatsangehörige, da es Doppelstaatsangehörigkeiten rechtlich nicht anerkennt. Gleichzeitig nutzt Iran die zweite Staatsbürgerschaft zur Ausübung politischen Drucks. Es ist davon auszugehen, dass Iran auch weiterhin gezielt westliche Staatsangehörige unter konstruierten Vorwänden festnimmt und als Druckmittel in einer Art "Geiselpolitik" einsetzt. Dies dient der Durchsetzung seiner politischen Ziele, um beispielsweise den Austausch gegen im Ausland inhaftierte Personen zu erreichen. Schließung von Im Dezember 2024 wurden auf Veranlassung der BundesregieGeneralkonsulaten rung - als Reaktion auf den Tod eines inhaftierten, zuvor entführten und nach einem Schauprozess zum Tode verurteilten deutsch-iranischen Staatsangehörigen in Iran - die drei iranischen Generalkonsulate in Frankfurt am Main (Hessen), München (Bayern) und Hamburg geschlossen. Ein Teil des diplomatischen Personals musste Deutschland verlassen. Iran verfügt somit nur noch über die Botschaft in Berlin als diplomatische Vertretung. Cyberangriffe Staatlich gesteuerte iranische Cyberakteure nutzen seit mindestens 2013 Cyberangriffe zur Informationsgewinnung; sie entwickeln ihre Fähigkeiten stetig weiter. In Deutschland fokussierten sich iranische Cyberspionageaktivitäten 2024 vorwiegend auf die hier beheimatete iranische Diaspora. Im Zielspektrum der Angriffskampagnen der APT-Gruppierung Charming Kitten standen Exiliraner, Oppositionelle, Regimekritiker, Journalisten und Einzelpersonen aus der Menschenrechtsbewegung sowie Frauenrechtsaktivistinnen, die sich öffentlich kritisch über Menschenrechtsverstöße in Iran geäußert hatten. Sie erfolgen vorwiegend mittels Spear-Phishing-Angriffen194 und zeichnen sich durch ein aufwendiges Social Engineering195 aus, das mit großer Ausdauer bis zur erfolgreichen Infektion der Kommunikationssysteme der 194 Spear-Phishing-Angriffe werden besonders bei APTs verwendet. Dabei wird die Phishing-Mail für einen kleinen Empfängerkreis oder sogar nur für eine Einzelperson maßgeschneidert. 195 Social Engineering ist eine manipulative Methode mit dem Ziel, Menschen zu einem bestimmten (sicherheitskritischen) Verhalten zu verleiten. Sie wird als Vorbereitung von weiterführenden Aktivitäten eingesetzt, wie z.B. Cyberangriffen oder Anwerbungsversuchen ausländischer Nachrichtendienste. 326 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Angegriffenen durchgeführt wird. Dabei setzen iranische Cyberakteure neben frei verfügbarer auch zielgerichtet angepasste Schadsoftware ein. Das in den letzten Jahren angestiegene Gefährdungspotenzial blieb Gefährdungsauch 2024 hoch. Exponierte Einzelpersonen und Gruppierungen potenzial unterliegen grundsätzlich einer höheren Gefährdung. Es ist davon auszugehen, dass die Nachrichtendienste Interessen der Führung des Landes weiterhin mit allen Mitteln - auch durch Gewalttaten und sogar Tötungen - verfolgen werden. Iranische Nachrichtendienste haben in Deutschland das vorrangige Ziel, die iranische Opposition in der Diaspora auszuforschen. Zudem bleiben aber auch (pro-)israelische beziehungsweise (pro-) jüdische Ziele in ihrem Zielspektrum. Im Bereich von Cyberangriffsoperationen werden iranische Akteure ihre Fähigkeiten weiter professionalisieren. Wegen der umfassenden Sanktionen und des wirtschaftlichen wie technologischen Mangels wird Iran zudem versuchen, Know-how, Informationen und Produkte mithilfe von Cyberspionage zu beschaffen. V. Nachrichtendienste der Republik Türkei Die türkischen Nachrichtendienste decken ein breites Aufklärungsportfolio ab, wobei ihr Arbeitsschwerpunkt in Deutschland die Oppositionellenausspähung (Transnationale Repression, TNR, vgl. Kap. I) ist. Vorrangiges Aufklärungsziel sind Organisationen, die die Türkei als extremistisch oder terroristisch einstuft, wie die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), die auch in der EU und den USA als Terrororganisation gelistet ist, und die Bewegung des am 20. Oktober 2024 im US-Exil verstorbenen islamischen Predigers Fethullah Gülen (sog. Gülen-Bewegung oder "Hizmet", in der Türkei auch "FETÖ"). Nachrichtendienstliches Aufklärungsinteresse besteht auch gegenüber Gruppen und Einzelpersonen, die in Opposition zur türkischen Regierung stehen und als "Staatsfeinde" angesehen werden. In Deutschland bestehen für türkische Nachrichtendienste wegen Methodik der großen türkeistämmigen Gemeinde und der hohen Zahl türkischer Organisationen und Institutionen sowie der diplomatischen 327 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Vertretungen im Bundesgebiet viele günstige Gelegenheiten zur verdeckten Informationsbeschaffung. Die Dienste beziehen ihre Informationen unter anderem von angeworbenen menschlichen Quellen oder anderen Personen, die eigeninitiativ Hinweise geben. In die Sammlung, Auswertung und Weiterleitung von Informationen - darunter auch an Strafverfolgungsbehörden in der Türkei - sind türkische Auslandsvertretungen in Deutschland eingebunden. Zahlreiche Festnahmen und Inhaftierungen sowie Ausund Einreisesperren für Türkeireisende aus Deutschland dokumentieren das hohe Strafverfolgungsund Handlungsinteresse türkischer staatlicher Stellen. Staatliche Zusätzlich erfolgen Einflussnahmeaktivitäten von türkischen Einflussnahme Organisationen auf türkeistämmige Gemeinschaften in Deutschland, die Auswirkungen auf den politischen Willensbildungsprozess oder Entscheidungsfindungen in Deutschland haben können. Der größte staatsbeziehungsweise regierungsnahe Interessenverband für Einflussnahme ist die 2004 gegründete Union Internationaler Demokraten (UID) mit Sitz in Köln (Nordrhein-Westfalen). Sie verfügt in Deutschland über ein erhebliches Mobilisierungspotenzial, welches auch bei den türkischen Parlamentsund Präsidentschaftswahlen im Mai 2023 zum Tragen kam. Ihre Verbindungen zur Türkei stellt die UID durch regelmäßige Treffen mit AKP-Funktionären und türkischen Regierungsmitgliedern zur Schau. Im Umfeld dieser eng an Ankara angebundenen Personenzusammenschlüsse gründeten sich in der Vergangenheit immer wieder Parteien und Wählervereinigungen, um insbesondere Stimmen der türkisch-muslimischen Gemeinschaft in Deutschland zu gewinnen. GefährdungsDie türkischen Nachrichtendienste setzen ihre Aktivitäten auf potenzial hohem Niveau fort, wobei Oppositionelle und Dissidenten für sie weiterhin eines der vorrangigen Aufklärungsziele in Deutschland bleiben. Ebenso ist zu erwarten, dass die Einflussnahmeaktivitäten türkischer staatsoder regierungsnaher Organisationen fortgeführt werden. 328 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN VI. Nachrichtendienste sonstiger Staaten Im Sinne einer "360deg-Bearbeitung" richten sich die Aufklärungsund Abwehraktivitäten der Cyberund Spionageabwehr gegen illegale nachrichtendienstliche Aktivitäten jeglicher Staaten, die für ihre Zwecke menschliche Quellen, Cyberangriffe und andere technische Aufklärungsmittel nutzen. Spionageaktivitäten ausländischer Nachrichtendienste in oder gegen Deutschland werden in keinem Fall toleriert. Einen Schwerpunkt der "360deg-Bearbeitung" stellen die nachrichNachrichtendienste tendienstlichen Aktivitäten der Staaten Nordafrikas und des Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens in Deutschland dar, darunter insNahen und Mittleren besondere von Syrien, Ägypten und Marokko. Zu ihrem AufkläOstens rungsspektrum gehören vor allem die hier ansässigen Auslandsgemeinden, beispielsweise die syrische Diaspora, bei der es sich um die europaweit größte handelt. Die Nachrichtendienste versuchen, Oppositionelle in Deutschland auszuspähen oder als Extremisten zu diskreditieren. Die Methoden der Transnationalen Repression (TNR, vgl. Kap. I) reichen bis hin zu einer physischen Bedrohung. Ägypten gilt als ein autoritäres Regime, das in Deutschland und insbesondere bei Reisen nach Ägypten vor Repressionen gegen Regimekritiker nicht zurückschreckt. In Einzelfällen können auch deutsche Mandatsträger betroffen sein. Eine besondere Fallkonstellation ergibt sich mit Blick auf syrische Nachrichtendienste. Bis zum Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 waren für sie - neben der syrienstämmigen Gemeinschaft in Deutschland - auch deutsche Gerichtsverfahren zur Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im syrischen Bürgerkrieg relevant. Basierend auf dem Weltrechtsprinzip erfolgt eine juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen in Syrien auch vor deutschen Gerichten. Syrische Dienste hatten ein Interesse, diese Verfahren gezielt auszuspähen und Zeugen einzuschüchtern, um so eine öffentliche juristische Aufklärung zu beeinträchtigen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es in den nächsten Jahren zu weiteren Gerichtsverfahren dieser Art kommen, die - in Abhängigkeit von der künftigen politischen Entwicklung - erneut in den Fokus syrischer Dienste geraten könnten. Dem Schutz dieser Verfahren vor nachrichtendienstlichen Operationen kommt daher eine besondere Bedeutung zu. 329 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Nachrichtendienste aus Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten haben in der Vergangenheit auch menschliche Quellen geführt, um in deutschen Behörden Informationen zu gewinnen. Darüber hinaus sind sie bestrebt, Politik, Medien und Verwaltungshandeln in Deutschland durch klandestine Methoden im Sinne ihrer Staatsführungen zu beeinflussen. Nationale politische Interessen oder außereuropäische Regionalkonflikte werden so auch hierzulande verfolgt und ausgetragen. Bei ihren Aufklärungsaktivitäten bedienen sich vorgenannte Nachrichtendienste modernster technischer Mittel. Pakistanische Die pakistanischen Nachrichtendienste beobachten in DeutschNachrichtendienste land insbesondere oppositionelle Gruppierungen, vor allem Angehörige des Volkes der Belutschen, die in Afghanistan, Iran und Pakistan leben. Gleichzeitig versuchen sie, Einfluss auf die hiesige pakistanische und afghanische Diaspora zu nehmen sowie eine positive Wahrnehmung Pakistans in Deutschland zu erzeugen. Hierzu unterstützen die pakistanischen Nachrichtendienste regimefreundliche Propagandaveranstaltungen und Demonstrationen. Indische Der Aufgabenschwerpunkt der indischen Nachrichtendienste in Nachrichtendienste Deutschland liegt auf der Ausspähung separatistischer Sikh-Bewegungen, die als terroristische Vereinigungen eingestuft werden. Aber auch als illoyal gegenüber der gegenwärtigen Regierung angesehene Gruppen geraten zunehmend in den Fokus der Nachrichtendienste. Die sich weltweit mehrenden Berichte über Transnationale Repression und Einflussnahme durch indische Stellen lassen sich aus Beobachtungen in Deutschland bestätigen. Das BfV konnte in den letzten zehn Jahren maßgeblich dazu beitragen, dass durch die Aufklärung solcher Aktivitäten mehrere Gerichte Agenten indischer Nachrichtendienste verurteilen konnten. In diesen Fällen wurde beispielsweise die Ausstellung von Reisepässen erst dann in Aussicht gestellt, wenn sich die Betroffenen auf eine Zusammenarbeit mit indischen Stellen eingelassen und Informationen an diese geliefert hatten. Es ist davon auszugehen, dass Transnationale Repression gegen Separatisten und Regimekritiker auch hierzulande zunehmen wird. Aufgrund der wachsenden globalen politischen Bedeutung 330 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Indiens sowie dessen wirtschaftlichen wie strategischen Ambitionen könnten die nachrichtendienstlichen Aufklärungsbemühungen in Deutschland auch in den Feldern Politik und Wirtschaft zunehmen. Die vietnamesischen Nachrichtendienste und das Militär sind Vietnamesische feste Bestandteile des Sicherheitsund Repressionsapparats der Nachrichtendienste Kommunistischen Partei Vietnams. Dissidenten und wegen mutmaßlicher Wirtschaftsstraftaten gesuchte Personen stehen auch in Deutschland im Fokus vietnamesischer Nachrichtendienste. Ein Beispiel für deren Gefährdung ist der Fall des im Jahr 2017 von Deutschland nach Vietnam entführten vietnamesischen Managers Trinh Xuan Thanh. Im August 2024 wurde der ehemalige Polizeigeneral To Lam, der damals als Minister für öffentliche Sicherheit nachweislich in dessen Entführung verstrickt war, zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams ernannt. Es ist davon auszugehen, dass der Verfolgungsdruck auf in Deutschland aufhältige vietnamesische Oppositionelle und Dissidenten weiter hoch bleibt. Nordkoreanische Nachrichtendienste zielen darauf ab, im Ausland Nordkoreanische lebende Landsleute unter umfassender Kontrolle zu halten. So will Nachrichtendienste das Regime in Pjöngjang Fälle von Flucht in den Westen wegen des damit verbundenen Prestigeund Talentverlustes unbedingt vermeiden. Nordkoreanische Nachrichtendienste gehen dabei mit großer Härte vor. Die Nachrichtendienste Nordkoreas nutzen weltweit offensive Cyberoperationen für die Informationsgewinnung über diplomatische und politische Prozesse, zur Wirtschaftsspionage sowie zur Devisenbeschaffung. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Reconnaissance General Bureau (RGB), das wahrscheinlich für die Cyberangriffe der APT-Gruppierung Lazarus verantwortlich ist. Von Wirtschaftsspionage sind vornehmlich Unternehmen aus Bereichen betroffen, die die nordkoreanische Staatsführung im eigenen Land in besonderem Maße vorantreiben will. So erfolgten auch im Jahr 2024 weltweit Cyberspionageangriffe zur Erbeutung geschützten Know-hows insbesondere aus Unternehmen der Luftund Raumfahrtsowie der Antriebstechnologie, die für die Rüstung des Landes von Bedeutung sind. Als Angriffsvektor wurde dabei mehrfach erfolgreich Social Engineering angewendet. 331 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Im Fokus der Cyberakteure stehen auch Personen, die sich mit der politischen und humanitären Lage auf der koreanischen Halbinsel befassen sowie internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die mit der Verhängung, Durchsetzung und Evaluation internationaler Sanktionen gegen Nordkorea betraut sind. Darüber hinaus setzt Nordkorea gezielt getarnte IT-Fachkräfte (sog. IT-Worker) ein, die ihre Dienstleistungen weltweit Unternehmen anbieten. Die durch die IT-Fachkräfte - zumeist in Kryptowährungen - erarbeiteten Erträge kommen dem nordkoreanischen Regime zugute und finanzieren unter anderem Rüstungsprogramme des Staats. Auch deutsche Firmen beschäftigten bereits nordkoreanische IT-Fachkräfte, die teils direkt aus Nordkorea heraus, teils aber auch außerhalb des Landes arbeiten. Da diese mitunter tiefe Einblicke und Zugänge in die IT-Systeme der Unternehmen erlangen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass neben der Erwirtschaftung von (Krypto-)Devisen auch sensible Informationen abfließen und so (Cyber-)Spionageoperationen Nordkoreas unterstützt werden. VII. Proliferation Im Rahmen der Proliferationsabwehr nimmt das BfV Staaten in den Blick, von denen zu befürchten ist, dass sie CBRN-Waffen196 in einem bewaffneten Konflikt einsetzen oder ihren Einsatz zur Durchsetzung politischer Ziele androhen. Staaten, die nach solchen Massenvernichtungswaffen streben, sind bei der Entwicklung und Herstellung der Waffen und Trägersysteme auch weiterhin auf den Weltmarkt und Deutschland angewiesen, obwohl einige selbst technologische Fortschritte verzeichnen. Allerdings verhindern die strengen deutschen und europäischen Exportkontrollbestimmungen solche Beschaffungsbemühungen auf dem regulären Markt. Umgehungsversuche Daher beschaffen diese Staaten Produkte und Komponenten über Drittländer (sogenannte Umgehungsausfuhren), schalten Tarnfirmen ein oder machen bei genehmigungspflichtigen Ausfuhren 196 CBRN-Waffen bezeichnen chemische, biologische, radiologische und nukleare Waffen. Diese gelten als Massenvernichtungswaffen. 332 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN von Dual-Use-Gütern197 falsche Angaben über den Verwendungszweck oder Endverwender. Finanztransfers, die solche Geschäfte begleiten, laufen über verzweigte Firmenund Bankennetzwerke. So soll der Ursprung von Käufern verschleiert werden. Iran verstieß auch 2024 gegen maßgebliche Verpflichtungen aus Islamische Republik der Wiener Nuklearvereinbarung von 2015 (Joint Comprehensive Iran Plan of Action, JCPoA). Die EU hat daher das Teilembargo aufrechterhalten, welches die Weitergabe proliferationsrelevanter Güter an Iran verbietet sowie den Export von Waffen und Trägersystemen untersagt. Wegen des gewaltsamen Vorgehens der iranischen Sicherheitskräfte im Innern sowie der Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die EU 2023 und 2024 weitere Sanktionen gegen das Land erlassen. Neben seinem Atomprogramm verfolgt Iran eines der umfangreichsten Raketenprogramme im Nahen und Mittleren Osten. Im Bereich der iranischen Trägertechnologie-/Raketenprogramme sind die Beschaffungsaktivitäten in Deutschland anhaltend hoch - mit steigender Tendenz. Die Militärschläge Irans im Rahmen der Spannungen im Nahen Osten zeigen, dass er bereit ist, seine politischen Ziele mit Einsatz seiner Armee durchzusetzen. Zusätzlich bedient sich Iran auch lokaler Stellvertreter wie der "Hizb-Allah" oder anderer Milizen. Trotz umfangreicher und beständig angepasster beziehungsweise Russische Föderation erweiterter EU-Sanktionen setzt Russland seine proliferationsrelevanten Aktivitäten in Deutschland fort. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg hat die EU seit Ende Februar 2022 Sanktionen gegen Russland erlassen, die unter anderem Finanzsanktionen sowie Einfuhrund Einreisebeschränkungen gegen zahlreiche Güter, Institutionen und Einzelpersonen umfassen. Zentraler Bestandteil der Sanktionen ist das Verbot für die Lieferung von Dual-UseGütern (Anhang I der Dual-Use-Verordnung) sowie sämtlichen Gütern und Technologien, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung des Verteidigungsund Sicherheitssektors beitragen könnten (Anhang VII der RU-Embargo-Verordnung).198 197 Dual-Use-Güter bezeichnen Produkte, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können. 198 Nähere Informationen zu den beiden wichtigsten EU-Sanktionen gegen Russland VO (EU) 833/2014 und VO (EU) 269/2014 sind in den FAQ des BMWE und auf der Internetseite des BAFA www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/ Embargos/Russland/russland_node.html verfügbar. 333 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Neben Dual-Use-Gütern für CBRN-Waffen und militärische Raumfahrtprogramme zielten russische Beschaffungsbemühungen vermehrt in Richtung Quantentechnologie und maritime Güter. Insgesamt hat das BfV im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr eine nahezu gleichbleibende Anzahl proliferationsrelevanter Beschaffungsversuche unter Einbindung russischer Nachrichtendienste mit konkretem Deutschlandbezug verifiziert. Auch künftig ist mit einer anhaltend hohen Zahl proliferationsrelevanter Beschaffungsbemühungen Russlands zu rechnen. Volksrepublik China China arbeitet im Bereich der Emerging Technologies (EMT) mit Hochdruck an dem von der KPCh propagierten "Sprung an die Weltspitze" - auch unter vielfältiger Nutzung des deutschen Marktes und der deutschen Wissenschaftslandschaft. Dies geschieht durch die (Forschungs-)Güterbeschaffung im Rahmen regulärer Geschäftsbeziehungen, ausländische Direktinvestitionen oder Wissenschaftskooperationen. Häufig sind solche Beschaffungsaktivitäten weder Gegenstand von Sanktionen oder internationalen Restriktionen noch von nationalen beziehungsweise europäischen Exportbeschränkungen. Mit der Investitionsprüfung steht ein Instrument zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen zur Verfügung. Erkennbar ist in vielen Bereichen die Anfälligkeit Deutschlands für Abflüsse hiesiger Hochtechnologie. Da insbesondere EMT mit zivil-militärischem Dual-Use-Charakter das Potenzial haben, zukünftige militärische Auseinandersetzungen in einem Maße zu beeinflussen, das der Wirkung von Massenvernichtungswaffen nahekommt, ist diese Entwicklung mit Sorge zu betrachten. Am 20. Dezember 2024 hat der GBA Anklage gegen drei deutsche Staatsangehörige vor dem OLG Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) erhoben. Sie waren am 22. April 2024 in Bad Homburg (Hessen) und Düsseldorf festgenommen worden. Ihnen werden geheimdienstliche Tätigkeiten für den chinesischen Nachrichtendienst Ministerium für Staatssicherheit (MSS, vgl. Kap. X) und gewerbsmäßige Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen. Über eine von ihnen betriebene Firma beschafften sie Informationen über militärisch nutzbare innovative Technologien, unter anderem bei Forschungseinrichtungen und mittels Kooperationsabkommen bei einer deutschen Universität. Dieser Fall belegt, dass China ein umfassendes und einzigartiges System des Technologieund Know-how-Transfers zum Zwecke der militärischen Aufrüstung 334 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN betreibt. Das BfV steuert dem durch nachrichtendienstliche Aufklärung und Analyse mit anschließender Sensibilisierung von Politik und Unternehmen entgegen. Pakistan betreibt ein umfassendes militärisches Nuklearund Islamische Republik Trägertechnologieprogramm. Der Ausbau des eigenen KernwaffenPakistan potenzials durch die Entwicklung und Stationierung neuer nuklearfähiger Raketen sowie die Produktionssteigerung bei spaltbaren Materialien haben für Pakistan große Bedeutung. Auch im Jahr 2024 waren in Deutschland - wie in zahlreichen anderen westlichen Ländern - proliferationsrelevante pakistanische Beschaffungsversuche festzustellen. Intensive verdeckte Bemühungen zur Fortentwicklung des pakistanischen Nuklearund Trägertechnologieprogramms sind auch zukünftig zu erwarten. Nordkorea verfügt über ein weit fortgeschrittenes, völkerrechtsDemokratische widriges Kernwaffenund Raketenprogramm. Der Besitz nuklear Volksrepublik Korea bestückter Raketen gilt dem Regime als herausragendes Element (Nordkorea) der Machterhaltung und -demonstration. Auch 2024 führte das Land zahlreiche Raketentests durch. Zudem lieferte Nordkorea weiterhin Waffen und Munition an Russland, stellte nordkoreanische Soldaten bereit für den Einsatz im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und schloss im Juni 2024 ein umfassendes strategisches Partnerschaftsabkommen mit Russland. Die intensivierte Kooperation zwischen Nordkorea und Russland könnte zu einer Modernisierung des nordkoreanischen Militärs und möglicherweise auch dessen Waffenprogrammen führen. Welche Auswirkungen die zunehmende Bindung an Russland auf proliferationsrelevante Beschaffungsversuche in Deutschland haben wird, behält das BfV im Blick. VIII. Prävention in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung Mit seiner Präventionsarbeit trägt das BfV dazu bei, dass sich Wirtschaft, Wissenschaft sowie Politik und Verwaltung besser gegen Ausforschung, illegalen Wissensund Technologietransfer, Sabotage sowie Bedrohungen durch Extremismus und Terrorismus schützen können. 335 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Schwerpunkt 2024 bestimmten die sich aus dem Agieren Russlands im Zuge russischer seines Angriffskriegs gegen die Ukraine ergebenen Bedrohungen Angriffskrieg und weiterhin die Arbeit des Präventionsbereichs des BfV. Zudem prägchinesische Spionage ten Gefährdungen durch Vorbereitungshandlungen für Sabotage sowie einzelne Sabotageakte die Sicherheitslage. Aber auch die umfassende Spionage Chinas und anderer Staaten stellte einen Schwerpunkt in der Präventionstätigkeit des Wirtschaftsschutzes dar. InformationsDas BfV veröffentlichte deshalb lagebezogen "Sicherheitshinweise angebote für für die Wirtschaft" und sprach zudem einzelne Zielgruppen unWirtschaft, mittelbar an. Mit dem Format werden deutsche Unternehmen, Wissenschaft, Politik Verbände und politische Entscheidungsträgerinnen und -träger und Verwaltung über einzelne Aspekte der aktuellen Bedrohungslage informiert. Weiterhin gibt das BfV Handlungsempfehlungen, beispielsweise zum Schutz vor nachrichtendienstlicher Anbahnung. Zuletzt veröffentlichte Ausgaben befassten sich mit dem Schutz vor Sabotage und mit der Gefährdung durch nordkoreanische IT-Fachkräfte.199 Auch mit ausländischen Partnern - wie dem National Intelligence Service (NIS) der Republik Korea (Südkorea) - hat das BfV 2024 einen "Sicherheitshinweis zur Gefahr durch nordkoreanische Cyberaktivitäten gegen die Rüstungsbranche" veröffentlicht. Zusätzlich konnte mit dem "BfV CYBER INSIGHT" ein Einblick in die offensive Vorgehensweise chinesischer Cyberspionage gegeben werden. Dabei handelt es sich um eine Analyse Anfang 2024 geleakter Dokumente einer chinesischen Firma, in der die Arbeit chinesischer Cybersicherheitsdienstleister für Chinas Nachrichtendienste nachvollziehbar wird (vgl. auch Abschnitt III, 4.). Die "Informationsblätter zum Wirtschaftsschutz" geben einen Überblick über relevante Sicherheitsthemen und dienen als Handreichung zur Sensibilisierung von Beschäftigten und der Leitungsebene von Unternehmen. Neu erschienen ist 2024 ein Blatt zu Extremismus als Gefahr für Wirtschaft und Wissenschaft.200 199 Der "Sicherheitshinweis für die Wirtschaft" wird auf www.verfassungsschutz.de und www.wirtschaftsschutz.info zur Verfügung gestellt sowie über den BfV-Kanal beim Kurznachrichtendienst X bekannt gemacht. 200 Die "Informationsblätter zum Wirtschaftsschutz" sind in deutscher und englischer Sprache erhältlich und werden auf www.verfassungsschutz.de und www.wirtschaftsschutz.info zur Verfügung gestellt. 336 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN Der präventive Wirtschaftsschutz ist ein zentrales Anliegen des gePrävention im samten Verfassungsschutzverbundes, weshalb hier eine enge ZuVerbund sammenarbeit erfolgt. Darüber hinaus engagiert sich das BfV bei der Weiterentwicklung der durch das BMI koordinierten "Initiative Wirtschaftsschutz", in der staatliche Stellen und Wirtschaftsverbände zusammenarbeiten. IX. Ermittlungsverfahren, Festnahmen und Verurteilungen Im Jahr 2024 leitete der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof insgesamt 17 neue Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit (SS 99 StGB) ein. 2024 wurden gegen elf Personen Haftbefehle wegen dieses Vorwurfs vollstreckt. Drei Personen wurden wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit rechtskräftig verurteilt. 337 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN X. Strukturen und Aufgaben ausländischer Nachrichtendienste 1. Russische Föderation SWR Ziviler Auslandsnachrichtendienst Slushba Wneschnej Raswedki Leitung: Sergej Narischkin Der SWR ist für Spionage in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie zuständig. Zu seinen Aufgaben gehören zudem die Ausforschung von Zielen und Arbeitsmethoden westlicher Nachrichtenund Sicherheitsdienste sowie die elektronische Fernmeldeaufklärung. Der SWR ist ebenfalls im Bereich von Cyberspionageoperationen aktiv, darunter gegen Hochwertziele westlicher Staaten, insbesondere im Hinblick auf das russische Erkenntnisinteresse für Außenund Sicherheitspolitik. Zudem wirkt der Dienst an der Bekämpfung von Proliferation und Terrorismus mit. GRU Militärischer Glawnoje RaswedywaAuslandsnachrichtendienst telnoje Uprawlenije Leitung: Admiral Igor Kostjukow Zu den Aufgaben der GRU gehört die Beschaffung von Informationen in den Bereichen Militär und Sicherheitspolitik. Zu den Zielobjekten zählen die Bundeswehr, die NATO und andere westliche Verteidigungsstrukturen sowie militärisch nutzbare Technologien. Neben Cyberspionage führt die GRU auch (Cyber-)Sabotageoperationen durch. Mit den SpetsNaz verfügt die GRU über eine erhebliche personelle Komponente an militärischen Spezialeinheiten. 338 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN FSB Inlandsnachrichtendienst Federalnaja Slushba Besopasnosti Leitung: Armeegeneral Alexander Bortnikow Zu den Aufgaben des FSB gehören die Spionageabwehr, die Beobachtung oppositioneller Gruppierungen sowie die Bekämpfung von Extremismus, Terrorismus und Organisierter Kriminalität. Zudem zählen der Schutz der russischen Industrie vor Wirtschaftsspionage, der Schutz ausländischer Investoren vor Wirtschaftskriminalität sowie die Sicherung der Staatsgrenzen zu seinen Aufgaben. Der FSB betreibt auch Gegenspionage im Ausland und ist in der Cyberspionage aktiv. Neben den nachrichtendienstlichen Aufgaben ist ein erheblicher Teil des Personals für den Grenzschutz zuständig. 2. Volksrepublik China MSS Ziviler Inund AuslandsMinistry of State nachrichtendienst Security Leitung: Minister Chen Yixin Das MSS ist sowohl mit Abwehraufgaben im Inland als auch mit offensiven Spionageaktivitäten im Ausland betraut. In Fragen der nationalen Sicherheit nimmt das MSS eine zentrale Rolle unter den chinesischen Diensten ein. Das Ministerium ist für die Bekämpfung von Gefahren für die staatliche Ordnung und Sicherheit zuständig und hierfür auch mit Polizeibefugnissen ausgestattet. In Deutschland bemüht es sich nachhaltig um Informationen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft und klärt oppositionelle chinesische Gruppierungen auf. Das MSS ist auch im Bereich von Cyberspionageoperationen aktiv. Im Fokus stehen dabei Hochwertziele westlicher Staaten, insbesondere zu Themen der Außenund Sicherheitspolitik. 339 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN MID Militärischer Inund AuslandsMilitary Intelligence nachrichtendienst Directorate Das MID ist weltweit tätig. Es entsendet Militärattaches und unterhält Verbindungen zu ausländischen Streitkräften. Es ist für die Beschaffung von Informationen zuständig, die die äußere Sicherheit der Volksrepublik betreffen. Das MID konzentriert sich auf militärisch-strategische Aufklärungsziele - wie Struktur, Stärke und Ausrüstung fremder Streitkräfte. Spionageziele sind aber auch Politik sowie Wissenschaft und Technik mit militärischem Bezug. NSD Technischer militärischer Network Systems Nachrichtendienst Department Das NSD ist der Teilstreitkraft PLA Strategic Support Force (SSF) der Volksbefreiungsarmee unterstellt. Es betreibt weltweite Fernmeldeaufklärung und Cyberspionage und ist für Telekommunikationsüberwachung, IT-Sicherheit und Cyberabwehr im Militär zuständig. Zahlreiche gegen westliche Staaten aktive chinesische Cybergruppierungen werden mutmaßlich vom NSD gesteuert. MPS Ministerium für Öffentliche Sicherheit Ministry of Public Security Leitung: Minister Wang Xiaohong Das MPS ist zuständig für öffentliche Sicherheit und Ordnung und kann auf die Ordnungsund Kriminalpolizei zurückgreifen. Ferner verfügt das MPS über nachrichtendienstliche Einheiten, die auch verdeckt im Ausland tätig sind und deren Aufgaben sich teilweise mit denen des MSS decken. Überdies kontrolliert und zensiert das MPS die Medien und den Internetverkehr. Mutmaßlich steuert das MPS chinesische Cyberspionageangriffe gegen im Ausland lebende chinesische Staatsangehörige und Dissidentinnen bzw. Dissidenten. 340 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN IDCPC Internationale Abteilung International Departdes ZK der KPCh ment of the Central Committee of the Communist Party of China Leitung: Minister Liu Jianchao Das IDCPC hat Ministeriumsrang und ist für den Dialog der KPCh mit ausländischen Parteien des gesamten politischen Spektrums zuständig. Darüber hinaus führt es verdeckte politische Einflussoperationen durch und nutzt auch nachrichtendienstliche Mittel zur Informationsbeschaffung. 3. Islamische Republik Iran VAJA/MOIS Ziviler Inund AuslandsMinistry of nachrichtendienst Intelligence201 Leitung: Minister Esmaeil Khatib VAJA/MOIS ist wegen seiner Größe und Bedeutung für den Machterhalt der Regierung eines der mächtigsten Ministerien. In seiner Funktion als Minister hat der Leiter des VAJA/MOIS einen Sitz im Kabinett. Kernaufgabe ist die Ausspähung und Bekämpfung oppositioneller Bewegungen im Inund Ausland, auch durch Staatsterrorismus. Darüber hinaus werden im westlichen Ausland einschließlich Israel Informationen aus den Bereichen Außenund Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Wissenschaft beschafft. 201 In Farsi: Vezarat e Ettela'at-e Jomhouri-ye Eslami-ye Iran - VAJA. 341 SPIONAGE UND SONSTIGE NACHRICHTENDIENSTLICHE AKTIVITÄTEN IRGC-IO Militärischer Inund AuslandsIslamic Revolutionary nachrichtendienst Guard Corps Intelligence Organization202 Leitung: Mohammad Kazemi Der Nachrichtendienst der Iranischen Revolutionsgarden ist sowohl für Spionage im Ausland als auch für Abwehraufgaben im Inland zuständig und so eine wichtige Säule der Herrschaftssicherung der iranischen Führung. Quds Force203 Militärische Spezialeinheit (auch: al-Quds-Einheit, Quds-Brigaden oder Sepah-Qods) Leitung: Brigadegeneral Ismail Ghaani Die Spezialeinheit der Revolutionsgarden ist auf extraterritoriale und verdeckte militärische und staatsterroristische Operationen sowie auf nachrichtendienstliche Ausspähungen spezialisiert. 4. Republik Türkei Türkische Nachrichtendienste Das Aufklärungsinteresse türkischer Nachrichtendienste in Deutschland gilt grundsätzlich allen Organisationen und Einzelpersonen, die in tatsächlicher oder mutmaßlicher Opposition zur gegenwärtigen türkischen Regierung stehen. Ihre vorrangigen Ziele sind die auch in der EU und den USA als Terrororganisation gelistete "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und die Gülen-Bewegung. Weitere Aufklärungsziele bilden wirtschaftliche, politische, militärische und technologische Themen innerhalb Deutschlands und dessen Rolle innerhalb von EU und NATO. 202 In Farsi: Sepah Pasdaran. 203 In Farsi: Niru-ye Quds (diese Bezeichnung der Einheit wird von dem arabischen Namen für Jerusalem "al-Quds" abgeleitet). 342 Geheimund Sabotageschutz 343 Geheimund Sabotageschutz Zielsetzung Der Geheimschutz dient dem Schutz von Informationen, die durch eine staatliche Stelle als Verschlusssache (VS)204 eingestuft worden sind. Der Sabotageschutz hat die Aufgabe, lebensund verteidigungswichtige Einrichtungen vor Sabotagehandlungen durch sogenannte Innentäter zu schützen. Solche Einrichtungen sind entweder für die Funktionsfähigkeit des Staates unverzichtbar oder können im Sabotagefall die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden. Personeller GeheimWesentliches Element des personellen Geheimund Sabotageund Sabotageschutz schutzes sind Sicherheitsüberprüfungen nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG). Das SÜG bestimmt, wann eine Sicherheitsüberprüfung erforderlich ist. Im Bereich des personellen Geheimschutzes ist demnach ein Zugang zu Verschlusssachen ausschlaggebend, die als VS-VERTRAULICH oder höher eingestuft sind. Beim vorbeugenden personellen Sabotageschutz ist die Tätigkeit an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung (festgeschrieben in der Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung - SÜFV) maßgeblich. Darüber hinaus sind Sicherheitsüberprüfungen auch auf einer spezialgesetzlichen Grundlage vorgesehen.205 Überprüfungsarten Das SÜG sieht drei Überprüfungsarten vor: " einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü1), " erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü2), 204 Nach SS 4 Abs. 1 SÜG sind VS im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse unabhängig von ihrer Darstellungsform. VS können auch Produkte und die dazugehörenden Dokumente sowie zugehörige Schlüsselmittel zur Entschlüsselung, Verschlüsselung und Übertragung von Informationen sein (Kryptomittel). Geheimhaltungsbedürftig im öffentlichen Interesse können auch Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs-, Steueroder sonstige private Geheimnisse oder Umstände des persönlichen Lebensbereichs sein. 205 Zum Beispiel im Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel-10-Gesetz), im Satellitendatensicherheitsgesetz (SatDSiG), im Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) sowie im Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG). 344 GEHEIMUND SABOTAGESCHUTZ " erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü3). Im Geheimschutz richtet sich die Art der Sicherheitsüberprüfung nach der Höhe des Geheimhaltungsgrades der Verschlusssachen, zu denen die betroffene Person Zugang erhalten soll. Im Rahmen der Ü2 und Ü3 werden Überprüfungsmaßnahmen auch bei der sogenannten mitbetroffenen Person206 durchgeführt. Für den Bereich des Sabotageschutzes erfolgt eine reduzierte Form der Ü2. Grundlage jeder Sicherheitsüberprüfung ist die Sicherheitserklärung der betroffenen Person, welche die im SÜG festgelegten Angaben zu enthalten hat. Die Sicherheitsüberprüfung setzt die Zustimmung der betroffenen und gegebenenfalls der mitbetroffenen Person voraus. Zulässig ist eine Sicherheitsüberprüfung nur, wenn vorgesehen ist, dass die betroffene Person in absehbarer Zeit eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnehmen oder weiterhin ausüben wird. Ziel der Sicherheitsüberprüfung ist, festzustellen, ob eine Person Sicherheitsrisiko die für die jeweilige sicherheitsempfindliche Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn ein Sicherheitsrisiko festgestellt wird. Ein solches liegt vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte " Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, " eine besondere Gefährdung bei möglichen Anbahnungsoder Werbungsversuchen207 oder 206 Mitbetroffene, in die Überprüfung einzubeziehende Person ist: die volljährige Ehegattin oder der volljährige Ehegatte, die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner oder die volljährige Partnerin oder der volljährige Partner, mit der oder dem die betroffene Person in einer auf Dauer angelegten Gemeinschaft lebt (Lebensgefährtin oder Lebensgefährte). 207 In Betracht kommen ausländische Nachrichtendienste, Vereinigungen im Sinne der SSSS 129 bis 129b Strafgesetzbuch sowie extremistische Organisationen, die Bestrebungen im Sinne des SS 3 Abs. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) verfolgen. 345 GEHEIMUND SABOTAGESCHUTZ " Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung dies begründen. Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ist keine Sanktion, sondern setzt bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Verstößen gegen die Verfassungstreuepflicht voraus, dass keine bzw. keine hinreichend positive Prognose über das künftige Verhalten der betroffenen Person möglich ist. Zweifel an der Zweifel an der Zuverlässigkeit können sich zum Beispiel aus VerZuverlässigkeit stößen gegen Strafvorschriften oder Dienstpflichten, einem übermäßigen Alkoholkonsum, der Abhängigkeit oder dem Konsum von Betäubungsmitteln oder bestimmten Medikamenten sowie bei Vorliegen bestimmter psychischer Erkrankungen ergeben. NachrichtenEine nachrichtendienstliche Gefährdung kann sich vor allem aus dienstliche verwandtschaftlichen Verbindungen in Staaten mit besonderen Gefährdung Sicherheitsrisiken ergeben. Die Feststellung des Sicherheitsrisikos lässt in diesem Fall nicht darauf schließen, dass die betroffene Person gegen Pflichten verstoßen würde. Auch wenn der maßgebliche Zweck der Feststellung eines Sicherheitsrisikos dem Schutz von Verschlusssachen dient, werden durch die Maßnahme die Person selbst und Verwandte oder Freunde, die in Risikostaaten leben, vor Anbahnungsversuchen und Repressalien geschützt. Auch eine Überschuldung oder Umstände, welche eine Person unbedingt vor Dritten verborgen halten will, bieten Angriffsflächen für eine mögliche Erpressbarkeit und können eine erhöhte nachrichtendienstliche Gefährdung begründen. Zweifel an der Zweifel an der Verfassungstreue sind regelmäßig gerechtfertigt, Verfassungstreue wenn eine Person Mitglied in einer extremistischen (Teil)Organisation ist, insbesondere, wenn sie sich aktiv oder auch propagandistisch für diese einsetzt. Dies gilt auch, wenn sie Dritten wegen ihres Geschlechtes, ihrer Abstammung, ihrer Sprache, ihrer Heimat und Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer religiösen oder politischen Anschauungen die Anerkennung der gleichen Würde und Rechte wie anderen abspricht. 346 GEHEIMUND SABOTAGESCHUTZ Die Maßstäbe bei der Beurteilung möglicher Sicherheitsrisiken Stetige aktualisierte werden in Ansehung der national wie international zuletzt zuNeubewertung nehmend angespannten Sicherheitslage stetig neu bewertet und angepasst. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wird zunehmend aggressiv geführt. Dies geht einher mit intensivierten Spionageaktivitäten und Anwerbungsversuchen der russischen Nachrichtendienste. Wie befürchtet, schreckt Russland zwischenzeitlich auch vor der Durchführung oder Veranlassung von Sabotageakten in Deutschland und anderen europäischen Staaten nicht mehr zurück. Kritische Infrastrukturen, etwa der Informationsund Kommunikationstechnik sowie der Energieversorgung, gilt es in besonderem Maße vor Sabotagehandlungen zu schützen. Die gerade in sozialen Medien verstärkte Verbreitung antisemitischer Propaganda hält auch über ein Jahr nach dem terroristischen Angriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 und den anschließenden Geschehnissen im Nahen Osten weiter an. Auch die Ausdehnung des kriegerischen Konflikts auf den Libanon spielt hierbei eine Rolle. Die Verbreitung etwaiger antisemitischer Stellungnahmen und auch bereits das Liken solcher Äußerungen können im Einzelfall ein Sicherheitsrisiko begründen. Die Entscheidung, ob für eine Person eine Sicherheitsüberprüfung erforderlich ist und ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, trifft die zuständige Stelle. Dies ist im öffentlichen Bereich regelmäßig die Beschäftigungsbehörde, im nichtöffentlichen Bereich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), sofern nichts anderes bestimmt ist. In der Folge führt das BfV die für die jeweilige Überprüfungsart nach SS 12 SÜG vorgesehenen Maßnahmen durch und nimmt damit eine wichtige Serviceaufgabe für diese Bedarfsträger wahr. Zusätzlich wirkt das BfV gemäß SS 3 Abs. 2 SÜG bei der Geheimschutzbetreuung nichtöffentlicher Stellen mit, indem es zum Beispiel die Angaben der nichtöffentlichen Stellen unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden sicherheitsmäßig bewertet. Zu den Maßnahmen zählen insbesondere die Berücksichtigung Maßnahmen der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes der Sicherheitsund der Länder und der anderen Nachrichtendienste des Bundes überprüfung sowie von Polizeiund Justizbehörden. Zudem können bei allen 347 GEHEIMUND SABOTAGESCHUTZ Überprüfungsarten öffentlich zugängliche Informationen zu der betroffenen Person im Internet recherchiert werden. Bei der Ü2 werden für die mitbetroffene Person die für die Ü1 und Ü2 vorgesehenen Maßnahmen (ohne Internetrecherche) ebenfalls durchgeführt. Bei der Ü3 werden - zusätzlich zu den Maßnahmen der Ü1 und Ü2 - die von der betroffenen Person angegebenen Referenzpersonen sowie weitere geeignete Auskunftspersonen befragt. Die im Rahmen des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens festgestellten Erkenntnisse werden vom BfV auf ihre Sicherheitserheblichkeit geprüft und bei der Erstellung eines abschließenden Votums berücksichtigt. Auf dessen Grundlage entscheidet die Beschäftigungsbehörde beziehungsweise das BMWE über den Einsatz der überprüften Person in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Entwicklungen Sicherheitsüberprüfungen sind ein geeignetes Mittel, um sensible Tätigkeiten nur an besonders zuverlässige Personen zu übertragen. In den letzten Jahren ist der Kreis der zu überprüfenden Personen kontinuierlich ausgedehnt worden. Globalisierung und Migration führen dabei nicht selten zu einem erhöhten Überprüfungsaufwand, da Aufenthalte außerhalb Deutschlands ebenfalls mit eigenen Maßnahmen abzuklären sind. Das BfV hat im vergangenen Jahr gem. SS 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BVerfSchG im Rahmen von 66.248 Sicherheitsüberprüfungen 88.194 Personen im Geheimund Sabotageschutz überprüft. Das Überprüfungsaufkommen steigt kontinuierlich an. Das BfV trägt diesem Umstand mit der Konzeption, Pilotierung und Einführung weitgehend digitalisierter Arbeitsprozesse Rechnung. Die Anzahl der Sicherheitsüberprüfungen verteilt sich nahezu gleichmäßig auf Behördenmitarbeitende und Beschäftigte in Unternehmen. Im Jahr 2024 wurden im Geheimschutz 16.483 Personen im Rahmen von einfachen Sicherheitsüberprüfungen (Ü1), 37.148 Personen im Rahmen von 23.537 erweiterten Sicherheitsüberprüfungen (Ü2) und 2.662 Personen im Rahmen von 1.563 erweiterten Sicherheitsüberprüfungen mit Sicherheitsermittlungen (Ü3) überprüft. Hinzu kamen 9.787 Überprüfungen im Bereich des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes. Ferner wurden 14.878 Aktualisierungen von Sicherheitsüberprüfungen (Ü1 - Ü3 und Sabotageschutz) vorgenommen und hierbei 22.114 Personen überprüft. 348 GEHEIMUND SABOTAGESCHUTZ Das BfV bietet den Geheimund Sabotageschutzbeauftragten in Schulung und Behörden208 regelmäßig Schulungen an. Hierbei haben sich VideoSensibilisierung seminare zu einem teilnahmestarken Format entwickelt. Im Rahmen dieser Veranstaltungen werden Entwicklungen in den Beobachtungsfeldern der Verfassungsschutzbehörden sowie rechtliche Themen behandelt. Gleichzeitig wird ein praxisorientierter Austausch gefördert. Daneben hat das BfV weitere Formate etabliert, um in Form von Präsenzveranstaltungen aktuelle fachliche Entwicklungen darzustellen und mit den am Überprüfungsverfahren beteiligten Behörden zu diskutieren. 208 Die Geheimbeziehungsweise Sabotageschutzbeauftragten in Behörden sind in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen für die Durchführung der Bestimmungen des SÜG und der dazu ergangenen Regelungen verantwortlich. Sie nehmen Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen wahr und sorgen dafür, dass sicherheitsempfindliche Tätigkeiten nur nach Maßgabe des Gesetzes übertragen werden. Ferner treffen sie die abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit der Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Sie sind Ansprechstellen für die Bediensteten in allen Fragen des personellen Geheimbeziehungsweise Sabotageschutzes. Geheimschutzbeauftragte sind darüber hinaus für die Durchführung der Maßnahmen des materiellen Geheimschutzes verantwortlich. 349 GEHEIMUND SABOTAGESCHUTZ 350 "Scientology-Organisation" (SO) 351 "Scientology-Organisation" (SO) Die "Scientology-Organisation" (SO) strebt an, weltweit eine "scientologische Gesellschaft" nach eigener Vorstellung zu errichten. Dabei beruft sie sich auf ein Gesellschaftsbild, welches auf den Schriften des Gründers und der Leitfigur Lafayette Ron Hubbard (1911-1986) basiert. In seinem erstmalig 1950 veröffentlichten Buch "Dianetik" entwickelte Hubbard eine Methode, die er als "Technologie", "Dianetik" oder "Scientology" bezeichnete. Diese soll dem Nutzer ermöglichen, sich von jeglichen psychischen und physischen Belastungen zu befreien und somit eine Wandlung zum perfekten Menschen ("Clear" oder "Nichtaberrierter"209 genannt) zu vollziehen. Menschen, die nicht zu den "Clears" beziehungsweise "Nichtaberrierten" gehören, sollen innerhalb dieser "scientologischen Gesellschaft" hingegen Grundrechte und die Menschenwürde abgesprochen werden. Ideologie Laut Hubbard ist "wahre Demokratie" nur dann zu erreichen, wenn sich der Staat ausschließlich aus "Nichtaberrierten" zusammensetzt. In diesem Kontext erachtet sich die SO selbst als Führungselite, die durch die Anwendung der Lehren Hubbards den Rest der Menschheit regieren sollte. Ein derartiges - die Demokratie ersetzendes - System einer exklusiv scientologischen Regierung ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar, da in einem solchen System die Staatsgewalt weder vom Volke ausginge noch durch eine ununterbrochene Legitimationskette an das Volk gebunden wäre. Die heutige SO distanziert sich nicht von den verfassungsfeindlichen Aussagen Hubbards. Sie verbreitet ihre Ideologie im Rahmen zahlreicher Publikationen, Veranstaltungen und Kurse, sowohl in Präsenz als auch im Internet, mit dem Ziel, eine Welt nach ausschließlich scientologischen Richtlinien zu schaffen. Struktur Die SO ist hierarchisch organisiert und unterhält diverse, weltweit agierende Unterund Tarnorganisationen. In Deutschland existieren neben drei repräsentativen Zentren, den sogenannten Idealen Orgs, mehrere weitere Niederlassungen, die je nach Größe und Ausstattung als "Orgs" beziehungsweise "Missionen" bezeichnet werden. Zu diesen Einrichtungen zählen auch zwei sogenannte Celebrity Centres, die vornehmlich für prominente Persönlichkeiten 209 Vgl. Hubbard, "Dianetik - Der Leitfaden für den menschlichen Verstand", 3. überarbeitete Ausgabe, Kopenhagen 2007, S. 537 ff. 352 "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) bestimmt sind. Die Organisation verfolgt weltweit einen aktiven Expansionskurs, die Anzahl der Mitglieder in Deutschland stagniert jedoch seit 2021 bei rund 3.600 Personen. Das primäre Ziel des Expansionskurses ist eine Maximierung fiStrategie nanzieller Mittel sowie - durch die Bekämpfung von Kritikern - die Errichtung einer scientologischen Gesellschaftsordnung im Sinne Hubbards. Dabei bemüht sich die SO in ihrer Außendarstellung, als sozial engagierte Organisation sowie unpolitische Religionsgemeinschaft wahrgenommen zu werden, und arbeitet gezielt darauf hin, dass dieser Status offiziell anerkannt wird. In einer Pressemitteilung anlässlich der Neueröffnung einer "Idealen Org" in Paris (Frankreich) im April 2024 betonte die SO, dass "die ScientologyKirche in Europa immer mehr staatliche Anerkennungen" erfahre und beispielsweise in Großbritannien, den Niederlanden, Portugal, Schweden und Spanien "als gemeinnützige Religionsgemeinschaft anerkannt" sei.210 Im gesamten Bundesgebiet ließen sich 2024 regelmäßig KundgeAktivitäten bungen, Informationsstände sowie Verteilaktionen der SO und insbesondere ihrer Unterund Tarnorganisationen feststellen. Die im Zuge der Coronapandemie eingeführten kostenpflichtigen virtuellen Angebote mit Webinaren, Online-Briefings und weiteren Onlineveranstaltungen haben sich etabliert und wurden fortgeführt.211 Diese nutzt die SO strategisch, um einem erweiterten Empfängerkreis niedrigschwellig scientologische Inhalte nahezubringen, neue Mitglieder zu werben, Finanzmittel zu generieren und zu expandieren. Um die strategischen Ziele voranzutreiben, starteten im BerichtsKampagnen jahr mehrere Kampagnen. So präsentierte die Organisation unter dem Titel "Let's better the world"212 eine neue Plattform, die sämtliche Multimedia-Spots diverser SO-Kampagnen vereint, um ihre Vernetzung auszubauen. Während der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland verteilte die Tarnorganisation "Sag NEIN zu Drogen - sag JA zum Leben" im Rahmen einer bundesweiten Kampagne in großem Umfang Informationsmaterial und betrieb in mehreren deutschen 210 Internetplattform "pressetext.com" (16. September 2024). 211 Homepage "Scientology Deutschland" (18. November 2024). 212 Homepage "Let's better the world" (26. November 2024). 353 "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) Städten Informationsstände. Unter dem Deckmantel der Drogenprävention ist der SO-Bezug nur schwer erkennbar. So tarnt sie ihre Anwerbeversuche und verschleiert zunächst die Verbreitung ihrer Ideologie. Mithilfe ihrer Kampagnen will die SO neue Zielgruppen generieren und weitere Unterstützer gewinnen. Gleichzeitig soll mit derartigen Themen Akzeptanz für die SO geschaffen werden. Auch im Jahr 2024 verteilte die SO-Tarnorganisation "The Way to Happiness" bundesweit Broschüren in Briefkästen und an Passanten. Die Broschüre mit dem Titel "Glück versprühen & verspüren! - Der Weg zum Glücklichsein" ist mit Smileys, Marienkäfern und vierblättrigen Kleeblättern bedruckt und wirkt somit wie eine Werbebroschüre, die auch ein jüngeres Publikum ansprechen könnte. Sie enthält allgemeine Vorschläge zum Glücklichsein, während der Bezug zur SO auch hier nicht sofort ersichtlich ist. Auf diese Weise sollen Adressen beschafft und eine Kontaktaufnahme zur SO erreicht werden, um so neue Mitglieder zu akquirieren. 354 "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) "Scientology-Organisation" (SO) Gründung: 1954 in den USA 1970 erste Niederlassung in Deutschland Sitz: Los Angeles (USA) ("Church of Scientology International", CSI) München (Bayern) ("Scientology Kirche Deutschland e.V.", SKD) Leitung/Vorsitz: USA: David Miscavige Deutschland: Helmuth Blöbaum Mitglieder/Anhänger in 3.600 (2023: 3.600) Deutschland: Publikationen/Medien Streamingdienst: (Auswahl): "Scientology Network" Zeitungen/Zeitschriften: "Impact" "International Scientology News" "The Auditor" "Source" "Freewinds" Broschüren: "Der Weg zum Glücklichsein" "Wie man gute Entscheidungen trifft" Podcast: "Tierische Abenteuer von Amandas Bauernhof" Buch: "Fabelhafte Tiergeschichten"213 213 Elyse Aronson-Van Breemen (alias Mz GOOSE), "Fabelhafte Tiergeschichten", Orlando-Verlag 2001 (englischer Originaltitel: "The Happiness Fables" 2016). 355 "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) Teil-/NebenorganisatioDrei "Ideale Orgs", zwei "Celebrity nen (Auswahl): Centres" sowie weitere "Orgs" und "Missionen" "World Institute of Scientology Enterprises" (WISE) "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte Deutschland e.V." (KVPM) "Sag NEIN zu Drogen - Sag JA zum Leben" "Youth for Human Rights" "NARCONON" "CRIMINON" "International Way to Happiness Foundation" Die "Scientology-Organisation" (SO) beabsichtigt, weltweit eine "scientologische Gesellschaft" zu etablieren. Dieses Ideal der SO basiert dogmatisch auf den Schriften des Gründers und der Leitfigur Lafayette Ron Hubbard (1911-1986), die nach wie vor maßgeblich sind. In ihnen wird deutlich, dass in einer Gesellschaft nach scientologischen Vorstellungen wesentliche Grundund Menschenrechte, wie beispielsweise die Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, ebenso wenig gewährleistet sind wie das Recht auf Gleichbehandlung. Zur Erreichung dieses Ziels verfolgt die SO eine langfristig angelegte Strategie. 356 Anhang 357 VERBOTSMASSNAHMEN Übersicht über Verbotsmaßnahmen des BMI gegen extremistische Bestrebungen im Zeitraum Januar 1990 bis Dezember 2024 (Soweit nicht anders gekennzeichnet, sind die Verbote unanfechtbar.) Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Nationalistische Front" 26.11.1992 Vereinszweck gegen die verfassungsRE (NF) mäßige Ordnung gerichtet "Deutsche Alternative" (DA) 08.12.1992 Vereinszweck gegen die verfassungsRE mäßige Ordnung gerichtet "Nationale Offensive" (NO) 21.12.1992 Vereinszweck gegen die verfassungsRE mäßige Ordnung gerichtet "Arbeiterpartei Kurdistans" 22.11.1993 Strafgesetzwidrigkeit, AE (PKK)/"Nationale BefreiGefährdung der inneren Sicherheit ungsfront Kurdistans" und öffentlichen Ordnung (ERNK) und Teilorganisatiosowie außenpolitischer Belange nen, Deutschlands "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FEYKA-Kurdistan), "Kurdistan-Komitee e.V." "Wiking-Jugend e.V." (WJ) 10.11.1994 Vereinszweck gegen die verfassungsRE mäßige Ordnung gerichtet "Kurdistan Informations20.02.1995 Ersatzorganisation des rechtskräftig AE büro" (KIB) alias verbotenen "Kurdistan-Komitee e.V." "Kurdistan Informationsbüro in Deutschland" RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 358 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Freiheitliche Deutsche 22.02.1995 Vereinszweck gegen die verfassungsRE Arbeiterpartei" (FAP) mäßige Ordnung gerichtet "Revolutionäre 06.08.1998 Strafgesetzwidrigkeit und GefährAE Volksbefreiungsparteidung der inneren Sicherheit Front" (DHKP-C) Ersatzorganisation der am 9. Februar 1983 rechtskräftig verbotenen "Revolutionären Linken" ("Devrimci Sol") "Türkische 06.08.1998 Strafgesetzwidrigkeit und GefährAE Volksbefreiungsparteidung der inneren Sicherheit Front" (THKP-C) "Blood & Honour" Division 12.09.2000 Vereinszweck gegen die verfassungsRE Deutschland (B&H) mit mäßige Ordnung gerichtet "White Youth" Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Kalifatsstaat" 08.12.2001 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT und 35 Teilorganisationen 14.12.2001 mäßige Ordnung gerichtet 13.05.2002 16.09.2002 Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung Propagierung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 359 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "al-Aqsa e.V." 31.07.2002 Verstoß gegen den Gedanken der ISiT Völkerverständigung (finanzielle Unterstützung der HAMAS und ihrer sogenannten Sozialvereine) "Hizb ut-Tahrir" (HuT) 10.01.2003 Verstoß gegen den Gedanken der ISiT Völkerverständigung Befürwortung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Belange "Yeni Akit GmbH" 22.02.2005 Leugnung und Verharmlosung des ISiT Verlegerin der EuropaHolocaust in volksverhetzender Ausgabe der türkischWeise sprachigen Tageszeitung "Anadolu'da Vakit" Verbreitung antisemitischer/ antiwestlicher Propaganda "Bremer Hilfswerk e.V."214 SelbstaufISiT lösung mit Wirkung vom 18.01.2005; Löschung im Vereinsregister am 29.06.2005 "YATIM-Kinderhilfe e.V." 30.08.2005 Nachfolgeorganisation des rechtsISiT kräftig verbotenen "al-Aqsa e.V." 214 Das BMI hatte am 3. Dezember 2004 ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren mit dem Ziel eines Verbots gegen das "Bremer Hilfswerk e.V." eingeleitet. Der Verein ist dem Verbot durch Selbstauflösung zuvorgekommen. RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 360 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Collegium Humanum" (CH) 18.04.2008 Vereinszweck gegen die verfassungsRE mit "Bauernhilfe e.V." mäßige Ordnung gerichtet Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze "Verein zur Rehabilitierung 18.04.2008 Vereinszweck gegen die verfassungsRE der wegen Bestreitens des mäßige Ordnung gerichtet Holocaust Verfolgten" (VRBHV) Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze "Mesopotamia Broadcast 13.06.2008 Verstoß gegen den Gedanken der AE A/S", "Roj TV A/S" Völkerverständigung "VIKO Fernseh Produktion 13.06.2008 Teilorganisation von "Roj TV A/S" GmbH" "al-Manar TV" 29.10.2008 Verstoß gegen den Gedanken der ISiT Völkerverständigung "Heimattreue Deutsche 09.03.2009 Vereinszweck gegen die verfassungsRE Jugend - Bund zum Schutz mäßige Ordnung gerichtet für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V." (HDJ) Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze Ideologische Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen mit nationalsozialistischem Gedankengut "Internationale Humanitäre 23.06.2010 Verstoß gegen den Gedanken der ISiT Hilfsorganisation e.V." (IHH) Völkerverständigung RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 361 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Hilfsorganisation für 30.08.2011 Vereinszweck gegen die verfassungsRE nationale politische mäßige Ordnung gerichtet Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze "Millatu Ibrahim" 29.05.2012 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT mäßige Ordnung gerichtet Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Dawa FFM" einschließlich 25.02.2013 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT der Teilorganisation "Intermäßige Ordnung gerichtet nationaler Jugendverein - Dar al Schabab e.V." Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "an-Nussrah" 25.02.2013 Teilorganisation des rechtskräftig ISiT verbotenen Vereins "Millatu Ibrahim" "DawaTeam 25.02.2013 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT Islamische Audios" mäßige Ordnung gerichtet Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Waisenkinderprojekt 02.04.2014 Verstoß gegen den Gedanken der ISiT Libanon e.V." (WKP) Völkerverständigung (Umbenennung in "Farben für Waisenkinder e.V." am 16.10.2014) RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 362 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Islamischer Staat" (IS) alias 12.09.2014 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT "Islamischer Staat im Irak" mäßige Ordnung gerichtet alias "Islamischer Staat im Irak und in Groß-Syrien" Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Tauhid Germany" (TG) 26.02.2015 Ersatzorganisation des rechtskräftig ISiT verbotenen Vereins "Millatu Ibrahim" "Altermedia Deutschland" 04.01.2016 Vereinszweck gegen die verfassungsRE mäßige Ordnung gerichtet "Weisse Wölfe Terrorcrew" 10.02.2016 Vereinszweck gegen die verfassungsRE (WWT) mäßige Ordnung gerichtet "Die Wahre Religion" (DWR) 25.10.2016 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT mäßige Ordnung gerichtet Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "linksunten.indymedia" 14.08.2017 Vereinszweck und -tätigkeit gegen LE die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze "Mezopotamien Verlag und 01.02.2019 Teilorganisation der mit Verfügung AE Vertrieb GmbH" des Bundesministeriums des Innern vom 22.11.1993 verbotenen PKK RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 363 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "MIR Multimedia GmbH" 01.02.2019 Teilorganisation der mit Verfügung AE des Bundesministeriums des Innern vom 22.11.1993 verbotenen PKK "Combat 18 Deutschland" 06.12.2019 Vereinszweck und -tätigkeit gegen RE (C18 Deutschland) die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Geeinte deutsche Völker 14.02.2020 Vereinszweck und -tätigkeit gegen RuS und Stämme" (GdVuSt) die verfassungsmäßige Ordnung einschließlich der Teilgerichtet organisation "Osnabrücker Landmark" Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Hizb Allah" 26.03.2020 Verstoß gegen den Gedanken der ISiT Völkerverständigung Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 364 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Nordadler" 20.05.2020 Vereinszweck und -tätigkeit gegen RE die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Sturm-/Wolfsbrigade 44" 27.10.2020 Vereinszweck und -tätigkeit gegen RE die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung "Deutsche Libanesische 15.04.2021 Ersatzorganisationen des rechtskräfISiT Familie e.V.", "Menschen für tig verbotenen "Farben für WaisenMenschen e.V.", "Gib Frieden kinder e.V."/"Waisenkinderprojekt e.V." Libanon e.V." (WKP) RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 365 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Ansaar International e.V." 05.05.2021 Vereinszweck gegen die verfassungsISiT einschließlich Teilorganisamäßige Ordnung gerichtet tionen: "Aktion Ansar DeutschZuwiderlaufen gegen Strafgesetze land e.V.", "Somalisches Komitee Information und Verstoß gegen den Gedanken der Beratung in Darmstadt und Völkerverständigung Umgebung e.V. (SKIB)", "Frauenrechte ANS.Justice e.V.", "Änis Ben-Hatira Help e.V./Änis Ben-Hatira Foundation", "Ummashop", "Helpstore Secondhand UG", "Better World Appeal e.V." "Hammerskins Deutsch19.09.2023 Vereinszweck gegen die verfassungsRE land"215 einschließlich seiner mäßige Ordnung gerichtet regionalen Chapter "Bayern", "Berlin", "Brandenburg", Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze "Bremen", "Franken", "Mecklenburg", "Pommern", Verstoß gegen den Gedanken der "Rheinland", "Sachsen", Völkerverständigung "Sarregau", "Westfalen", "Westwall", "Württemberg" und der Teilorganisation "Crew 38" 215 Die Vereinigung wurde mit Verbotsverfügung der Bundesministerin des Innern und für Heimat am 19. September 2023 verboten und aufgelöst. Gegen die Verbotsverfügung wurden vor dem Bundesverwaltungsgericht mehrere Klagen erhoben. Das Verbot ist daher nicht bestandskräftig. RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 366 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Die Artgemeinschaft - 27.09.2023 Vereinszweck und -tätigkeit gegen RE Germanische Glaubensdie verfassungsmäßige Ordnung Gemeinschaft wesensgegerichtet mäßer Lebensgestaltung e.V."216 einschließlich der Verstoß gegen den Gedanken der Teilorganisation "FamilienVölkerverständigung werk e.V." sowie sämtlicher als "Gefährtschaften", "Gilden" und "Freundeskreise" organisierte Regionalgruppen "Samidoun - Palestinian 02.11.2023 Verstoß gegen den Gedanken der AE Solidarity Network" Völkerverständigung einschließlich der Teilorganisation "Samidoun DeutschBeeinträchtigung und Gefährdung land", auch agierend ohne des friedlichen Zusammenlebens von den Zusatz "Deutschland" Deutschen und Ausländern und von als "Samidoun" sowie verschiedenen Ausländergruppen unter den Bezeichnungen im Bundesgebiet, der öffentlichen "HIRAK - Palestinian Youth Ordnung sowie sonstiger erhebMobilization Jugendlicher Interessen der Bundesrepublik bewegung (Germany)" und Deutschland "Hirak e.V." "Harakat al-Muqawama 02.11.2023 Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze ISiT al-Islamiya" (HAMAS) Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung 216 Die Vereinigung wurde mit Verbotsverfügung der Bundesministerin des Innern und für Heimat am 27. September 2023 verboten und aufgelöst. Gegen die Verbotsverfügung wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage erhoben. Das Verbot ist daher nicht bestandskräftig. RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 367 VERBOTSMASSNAHMEN Organisation Datum der Verbotsgründe PhänoVerbotsmenverfügung/ bereich des Verbotsvollzugs "Islamisches Zentrum 26.06.2024 Vereinszweck und -tätigkeit gegen ISiT Hamburg e.V." (IZH)217 eindie verfassungsmäßige Ordnung schließlich Teilorganisatiogerichtet nen: "Islamische Akademie Deutschland e.V." (IAD), Zuwiderlaufen gegen Strafgesetze "Verein der Förderer einer iranisch-islamischen Verstoß gegen den Gedanken der Moschee in Hamburg e.V.", Völkerverständigung "Islamisches Zentrum Berlin e.V." (IZB), "Zentrum der Islamischen Kultur e.V." (ZIK), "Islamische Vereinigung Bayern e.V." (IVB) 217 Die Vereinigung wurde mit Verbotsverfügung der Bundesministerin des Innern und für Heimat am 24. Juli 2024 verboten und aufgelöst. Gegen die Verbotsverfügung wurden vor dem Bundesverwaltungsgericht mehrere Klagen erhoben. Das Verbot ist daher nicht bestandskräftig. RE = Rechtsextremismus RuS = Reichsbürger und Selbstverwalter LE = Linksextremismus AE = Auslandsbezogener Extremismus ISiT = Islamismus/islamistischer Terrorismus 368 REGISTER Register # al-Banna, Hasan .................................................. 245 7. Oktober 2023 .........48, 58 f., 62, 78, 123, 152, al-Fadschr (Publikation).................................. 247 175, 210, 216, 240, 242, 268, 275, 279 ff., 285, 347 al-Furqan (Medienstelle) ................................. 232 99 zu Eins (Podcast) ........................................... 187 Al-Hadaf (Onlinepublikation) ...................... 296 al-Hashimi al-Qurashi, Abu Hafs ............232 f. A al-Ikhwan al-Muslimun (MB - MuslimAbul Baraa ............................................................. 211 bruderschaft) ........................204, 210, 241, 245 f. Active Club ........................................................83, 99 al-Malahim (AQAH-Medienstelle) ............. 234 Adil Düzen (Gerechte Ordnung) ................. 248 al-Manar TV (TV-Sender) ......................239, 361 Agententätigkeit .....................305, 307, 323, 337 Almanya Demokratik Ülkücü Türk AG Hybrid .............................................................. 303 Dernekleri Federasyonu (ADÜTDF - Föderation der TürkischAjansa Nuceyan a Firate (ANF - Firat Demokratischen Idealistenvereine News Agency) ....................................................... 264 in Deutschland e.V.).......................... 274 f., 293 f. Akca, Emine Ruken ........................................... 288 Almanya Göcmen Isciler Federasyonu (AGIF - Föderation der Arbeitsimmigrant/ Aktion, Kritik und Theorie Heidelberg innen in Deutschland e.V.) ............................. 292 (AKUT [+C]) ........................................................... 189 Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu Aktionsbündnis ............................... 154, 177, 190 (ATIF - Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V.) ............................ 290 Aktionsfelder..................................... 140, 195, 260 al-Naba (Onlinemagazin) ............................... 232 Akzelerationismus ................................................70 al-Ahed al-Akhbari (Onlinemagazin) ....... 239 al-Qaida .......................51, 61, 200, 202, 204, 210, 212 f., 217 ff., 232, 234 ff. al-Aqsa e.V.............................................................. 360 al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel al-Aqsa TV (TV-Sender) ................................... 241 (AQAH) ....................................................... 219, 234 f. al-Baghdadi, Abu Bakr ..................................... 233 al-Qaida im Irak.................................................. 232 369 REGISTER al-Qaida im islamischen Maghreb Anbahnung ...........................305, 325, 336, 345 f. (AQM)....................................................................235 f. Angriffsgruppierung ........................................ 310 al-Qassam, Izz al-Din ....................................... 221 Angriffskrieg ......... 89, 99 f., 111, 135, 178, 300, al-Quds-Tag..................................................282, 342 302, 304, 306, 308, 311 ff., 333, 335 f., 347 al-Rashta, Ata Abu (alias Abu Yasin)........... 244 Anklage ................................71, 147, 215, 307, 334 al-Shabab (Harakat al-Shabab Ansaar International e.V. ................................ 366 al-Mujahidin - Bewegung der Mujahidin-Jugend) .........................................235 f. Antifa...86, 140, 146 ff. 150 ff., 185, 188, 190, 195 Alternative für Deutschland Antifa AK Köln .................................................... 190 (AfD, Verdachtsfall)......66 f., 90, 92, 94, 101 ff., 112, 141 f., 144, 149 ff., 153, 165 f., 181 antifa nt - Autonome Antifa München ... 190 Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Antifaschismus..............140, 143 ff., 148, 150 f., Kanal 1 (AUF1, Verdachtsfall) ............... 90, 92 f. 169, 185, 188, 190, 195 al-Waie (Publikation)........................................ 244 Antifaschistische Aktion.............. 148, 150, 188 al-Waqiyah TV (Online-Fernsehsender)....244 Antifaschistische Aktion Karlsruhe........... 188 al-Zawahiri, Aiman ............................................ 235 Antifaschistische Aktion Mannheim........ 188 Amaq (Nachrichtenagentur) ......................... 232 Antifaschistische Aktion München ........... 188 Amtsgericht (AG) ................................................ 127 Antifaschistische Aktion Rems-Murr....... 188 Anadolu Federasyonu (Anatolische Antifaschistische Aktion Stuttgart ............ 188 Föderation) ............................................................ 289 Antifaschistische Aktion Südliche Anarchismus/anarchistisch .......140, 162, 171, Weinstraße ............................................................ 188 173 f., 182 f., 187, 192 Antifaschistische Aktion Tübingen ........... 188 Anarchisten........................................ 165, 171, 174 Antifaschistische Aktion VillingenAnarchosyndikalismus.................................... 174 Schwenningen ..................................................... 188 Anastasia-Bewegung (Verdachtsfall) ...........84 Antifaschistische Revolutionäre Aktion Gießen ..................................................... 191 Anatolische Föderation (Anadolu Federasyonu) ................................... 289 Antifa Süd .....................................................148, 188 370 REGISTER Antiimperialismus/ ATIB - Union der Türkisch-Islamischen antiimperialistisch.............. 53 f., 56, 58, 166 ff., Kulturvereine in Europa e.V. 175, 191, 270, 272, 278, 296 (ATIB - Avrupa Türk Islam Kültür Dernekleri Birligi) .................................275 f., 294 Antiimperialisten ......................................167, 175 Atilim (Publikation) .......................................... 292 Antiimperialistische Front (AEC) ............... 272 Atsiz, Nihal ............................................................ 283 Antikapitalismus/ antikapitalistisch ...54, 160, 164, 167, 191, 195 Attentäter-Fanszene ............................................70 Antikapitalistische Linke München .......... 191 Aufgabe des Verfassungsschutzes ..........18, 21 AUFGEWACHT (Publikation)....................... 111 Antimilitarismus ................140, 164 f., 182, 195 Auslandskorrespondentinnen und Antirepression ............................................140, 164 -korrespondenten.............................................. 316 Antisemitismus/antisemitisch .... 28, 43, 48 f., Außenwirtschaftsgesetz.................................. 334 51 ff., 61 f., 64, 72 ff., 87 ff., 91 ff., 166 f., 200, 208 ff., 220, 273 f., 281 ff. Aussteigerprogramm ..........................................23 Antizionismus/antizionistisch .........53 f., 167, Ausweisung ........................................................... 314 243, 272, 278 Autonome................ 58, 142, 152, 156, 162, 167, APT 15 ..................................................................... 321 171 ff., 181 f., 188 ff. APT 28 ..................................................................310 f. Avantgarde ......................................... 110, 178, 235 APT 29 ..................................................................311 f. Avrupa Ezilen Göcmenler Konfederasyonu (AvEG-Kon - Konföderation der unterAPT-Gruppierung ........................... 312, 326, 331 drückten Migranten in Europa) .................. 292 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK - Partiya Avrupa Göcmen Emekciler Birligi Karkeren Kurdistan) ..................169, 183 f., 254, (AGEB - Verband der Werktätigen 256 ff., 285 ff., 327, 342, 358, 363 f. MigrantIn-nen in Europa) ............................. 291 Archetyp GmbH ................................................. 117 Avrupa Kürt Kadin Hareketi (AKKH/ Tevgera Jinen Kurd li Ewropa, TJK-E - arranca! (Publikation) ...................................... 189 Kurdische Frauenbewegung in Europa) ....287 as-Sahab (Medienstelle)................................... 234 Avrupa Nizam-i Alem Federasyonu (ANF - Föderation der Weltordnung Asyl und Migration ............................55 f., 64, 80 in Europa) ............................................. 276 f., 295 f. 371 REGISTER Avrupa Türk Islam Kültür Dernekleri Birligi Bismarcks Erben ................................................. 131 (ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.) ..............275, 294 Bizim Genclik (Publikation) .......................... 289 Avrupa Türkiyeli Isciler Konfederasyonu Blockade .....................................153 f., 156 ff., 163 (ATIK - Konföderation der ArbeiterInnen Bölge................................................................261, 293 aus der Türkei in Europa) ............................... 290 Botschaft des Islam (BdI) ............. 200, 225, 244 AZADI Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V. Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (AZADI e.V.) ........................................................... 266 (BDS - Boycott, Divestment and Sanctions)........................................................ 54, 280 B Bozkurt/Bozkurtlar (Grauer Wolf/ Graue Wölfe)..........................52, 259, 273 ff., 277 Badi, Muhammad .............................................. 245 Bratanovic, Daniel ............................................. 194 barrikade.info (Internetplattform) ............ 185 Brauns, Nick ......................................................... 194 Basisdemokratische Linke, Göttingen ..... 189 Brückennarrativ........................................... 49, 285 Basisgruppe Antifaschismus (BA), Bremen.................................................................... 190 Bülten (Publikation) ......................................... 293 BDS-Berlin ..................................................... 54, 280 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFIN) .................. 127 BDS-Bonn ....................................................... 54, 280 Bundesbeauftragte für den Datenschutz Betätigungsverbot ...............49, 200, 207, 221 f., und die Informationsfreiheit ..........................20 225, 230, 232, 239, 241, 244, 260, 286 f., 297 Bündnis......................... 155 ff., 162, 165 f., 172 f., Bevölkerungsaustausch .....................102 f., 106 176 f., 181, 190, 195, 304, 315 Bewegung der Mujahidin-Jugend Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) .... 79, 214 (al-Shabab - Harakat al-Shabab Büyük Birlik Partisi (BBP - Partei der al-Mujahidin) ....................................................... 236 großen Einheit) ..........................................276, 295 Bewegung der revolutionären Jugend (TCS - Tevgera Ciwanen Soresger) ....262, 286 C BfV CYBER INSIGHT........................................ 336 Camia (Publikation) .......................................... 252 Bin Ladin, Usama ............................................... 235 Cayir, Nusret ......................................................... 249 372 REGISTER CBRN-Waffen (Chemische, biologische, Cozy Bear ............................................................... 311 radiologische und nukleare Waffen) ...........................................................332, 334 CRIMINON ........................................................... 356 Celebrity Centres .......................................352, 356 Cyberangriffe ............ 19, 59, 300 ff., 309 f., 312, 314, 320 f., 323, 326, 329, 331 Cengiz, Ädegmam ....................................................... 294 Cyber-AZ (Nationales Charming Kitten ................................................ 326 Cyber-Abwehrzentrum).................................. 302 Chatgruppen ................................................. 70, 206 Cybercrime............................................................ 313 China Scholarship Council (CSC) ............... 318 Cybersabotage ..................................................312 f. Chinese Dream .................................................... 315 D Christopher Street Day (CSD) ...................65, 67 3D-Druck ..................................................................75 Church of Scientology International DDoS-Techniken ................................................ 312 (CSI)........................................................................... 355 de.indymedia (Internetplattform) .............144, Civaka Islamiya Kurdistan (CIK - 146, 152, 155, 162, 165 f., 183 ff. Islamische Gemeinde Kurdistans) ............. 287 Delegitimierungsspektrum .............55, 57, 124, Clear ......................................................................... 352 127 f., 134 ff. Combat 18 Deutschland .......................... 71, 364 Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Norddeutschland e.V. Communist Action & Theory, (Marburg)...190 (FED-DEM - Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyen li Bakure COMPACT Geschichte ..................................... 114 Almanya) ................................................................ 288 COMPACT-Magazin GmbH .......... 56, 67, 73 f., Demonstrationsgeschehen ........... 49, 52, 64 f., 90 ff., 104, 106, 114, 136 100, 124, 135 f., 150, 285 COMPACT Spezial ............................................. 114 Der Flügel .............................................................. 101 COMPACTTV ....................................................... 114 Der III. Weg .... 56 f., 66 f., 82, 85, 87, 97 ff., 110 CONSPECT FILM GmbH ............................73, 92 Der Schelm (Verlag) .............................................72 Coronapandemie ................65, 81, 93, 125, 135, Desinformation.................................... 59 f., 300 f., 258, 353 303, 307 ff., 314, 319 373 REGISTER Deutsche Jugend Voran (DJV)...................... 85 f. Die Wahre Religion (DWR) ............................ 363 Deutsche Kommunistische Partei Direkte Aktion (Publikation) ........................ 192 (DKP) ............................................168, 176, 178, 195 Direktinvestitionen ..................................318, 334 Deutsche Libanesische Familie e.V. Distributed-Denial-of-Service-Angriffe (DLF) ......................................................................... 365 (DDoS-Angriffe) .....................................................60 Deutsche Muslimische Dogan, Ahmet Fikri ........................................... 249 Gemeinschaft e.V. (DMG) .......................204, 245 Dogmatische Linksextremisten ...........59, 142, Deutsches Reich.........................................120, 131 167 f., 170, 175, 177 f. Deutsche Stimme (Publikation) .................. 109 Dogru Haber (Publikation) ............................ 243 Deutsche Stimme Verlags GmbH Dogruyol, Sentürk ............................................. 293 (DS Verlag) ....................................................107, 109 Doppelgänger-Kampagne.............................. 308 Devrimci Genclik (Dev Genc) ..........271 f., 289 DS-TV (YouTube-Kanal) .................................. 109 Devrimci Halk Kurtulus Cephesi (DHKC - Revolutionäre Volksbefreiungsfront) ....269 f. Dual-Use-Güter ...............................................333 f. Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi Dual-Use-Verordnung ..................................... 333 (DHKP-C - Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front )...........52, 254 f., DYING EMBER .................................................... 311 259, 268 ff., 279, 284, 289, 359 E Devrimci Halk Kurtulus Partisi (DHKP - Revolutionäre Volksbefreiungspartei) .... 269 f. Einflussnahme...... 19, 59 f., 154, 200, 224, 245, 300 ff., 307 ff., 315, 318 f., 323, 328, 330 Devrimci Sol (Publikation) ...................289, 359 Einflussnahmestrategie .........................308, 319 Dianetik .................................................................. 352 Ein Prozent e.V................ 67, 90 f., 104, 106, 117 Diaspora ........ 208, 237, 316, 320, 323 ff., 329 f. Einzeltäter .........................202, 213 f., 216, 218 f., Die Heimat (vormals NPD) ..... 56, 66 f., 85, 87, 233, 235, 302 92, 95 f., 107 ff., 111, 146, 149 Eklat Münster ...................................................... 190 DIE RECHTE............................................. 66 f., 96 f. Ekonomi ve Maliye Bürosu DIE ROTE HILFE (Publikation) ..........180, 193 (EMB - Wirtschaftsund Finanzbüro) ..... 259 374 REGISTER Elblandrevolte ........................................................96 Farben für Waisenkinder e.V. (FfW)....362, 365 Elsässer, Jürgen ............................................. 92, 114 Fechtner, Gabi ...................................................... 196 Emerging and disruptive Technologies Federasyona Civaka Demokratik a (EDT)......................................................................... 317 Kurdistaniyan (FCDK-KAWA - Föderation der demokratischen Gesellschaften Emerging Technologies (EMT)..................... 334 Kurdistans e.V.) .................................................... 288 emrawi.org (Internetplattform) .................. 185 Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyen li Bakure Almanya Ende Gelände (Bündnis) .................. 155 ff., 186 (FED-DEM - Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen Entführung ..................... 137, 278, 300, 325, 331 in Norddeutschland e.V.) ................................ 288 Entrismus............................................................... 177 Federasyona Civaken Azad yen Erbakan, Fatih ...................................................... 250 Mezopotamya li NRW (FED-MED - Föderation der Freiheitlichen Gesellschaft Erbakan, Necmettin .................................248, 250 Mesopotamiens in NRW e.V.) ....................... 288 Erbakan-Stiftung................................................ 250 Federasyona Demokratika Elewi (FEDA - Föderation der demokratischen Ethnopluralismus ................................... 90 f., 113 Aleviten e.V.) ......................................................... 287 Europavertretung der Erbakan-Stiftung ...250 Federasyona Gelen Kurdistani (FED-GEL - Föderation der Völker Kurdistans e.V.)..... 288 Europawahl ...................... 65, 95 f., 123, 141, 166 Federasyona Kurdistaniyen Azad li European Jews for a Just Peace (EJJP)........ 280 Rojhilate Almanya (FED-KURD - Freie Kurdistan Föderation Ostdeutschland) ... 288 Existenzrecht.......... 49, 51, 53 f., 56, 167, 209 f., 221, 240, 251, 276, 278 f., 281, 284, 297 Fernmeldeaufklärung ................... 301, 338, 340 Eyalet ....................................................................... 261 Finanzierung ................................16, 77, 135, 179, 206 ff., 221, 258 f. F Finanzierungsaktivitäten ........................ 76, 259 False-Flag-These .......................................... 55, 123 Firat News Agency (ANF - Ajansa Fancy Bear ............................................................. 310 Nuceyan a Firate) ............................................... 264 Fantasiedokumente .......................................... 126 Fischer, Matthias ................................................ 110 375 REGISTER Föderation der Arbeiter aus der Türkei Freie Arbeiter*innen-Union (FAU) ...174, 192 in Deutschland e.V. (ATIF - Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu) ...................... 290 Freie Kurdistan Föderation Ostdeutschland (FED-KURD - Federasyona Kurdistaniyen Föderation der Arbeitsimmigrant/innen Azad li Rojhilate Almanya) ............................ 288 in Deutschland e.V. (AGIF - Almanya Göcmen Isciler Federasyonu) ....................... 292 Freie Sachsen..............................64, 66 f., 79 f., 92, 94 f., 99 f., 111, 114 Föderation der demokratischen Aleviten e.V. (FEDA)........................................... 287 freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO)....... 18, 21, 24, 26, 78, 140, 169, 171, 201 Föderation der demokratischen Gesellschaften Kurdistans e.V. Freiheitsund Demokratiekongress (FCDK-KAWA - Federasyona Civaka Kurdistans (KADEK - Kongreya Azadi u Demokratik a Kurdistaniyan)....................... 288 Demokrasiya Kurdistane)............................... 286 Föderation der Freiheitlichen Gesellschaft Freiräume .............................................................. 173 Mesopotamiens in NRW e.V. (FED-MED - Federasyona Civaken Azad Fremdenfeindlichkeit/ yen Mezopotamya li NRW) ........................... 288 fremdenfeindlich .............28 f., 68, 80, 106, 112 Föderation der Türkisch-Demokratischen Friedensprozess................................................... 261 Idealistenvereine in Deutschland e.V. (ADÜTDF - Almanya Demokratik Ülkücü From the river to the sea ...................................49 Türk Dernekleri Federasyonu) ............274, 293 Frühwarnsystem ............................................... 17 f. Föderation der Völker Kurdistans e.V. (FED-GEL - Federasyona Gelen FSB (russischer Kurdistani) ............................................................. 288 Inlandsnachrichtendienst) ............................ 339 Föderation der Weltordnung in Europa Furkan Bewegung ....................... 204, 226 f., 251 (ANF - Avrupa Nizam-i Alem Federasyonu) ...............................................276, 295 Furkan Haber (Nachrichtenportal) ............ 251 Forschungskooperationen..........................317 f. Furkan Nesli Dergisi - Öncü Neslin Sesi (Publikation) ......................................................... 251 Franz, Frank .......................................................... 107 Furkan Stiftung für Bildung und Dienst Frauenverteidigungskräfte (Furkan Egitim ve Hizmet Vakfi) ................ 251 (HPJ - Hezen Parastina Jin) ........................... 260 Fußball-Europameisterschaft ................. 83, 85, Freewinds............................................................... 355 217, 277, 353 376 REGISTER G Geschichtsrevisionismus/geschichtsrevisionistisch ..64, 74, 91, 94, 107, 114 ff., 122 G 10-Kommission .................................................20 Gesprächsabschöpfung ..........................305, 316 Gastwissenschaftler .......................................... 318 Gewalt .....18, 24 ff., 61 f., 68 ff., 134, 137, 140 ff., Gazastreifen ...................... 50, 52, 56, 61, 78, 123, 169 ff., 200 ff., 243 ff., 254 ff., 307, 327, 359 f. 208, 210, 241 f., 281 Gewaltorientierung/ Gefährdungspotenzial ...........60, 129, 131, 137, gewaltorientiert ..........22, 66 f., 85 ff., 122, 134, 169, 266, 273, 313, 322, 327 f. 137, 140, 142, 144 f., 150 ff., 165, 171 ff., 189, 204 f., 256 Gegenkultur.................................................108, 117 Gib Frieden e.V..................................................... 365 Geheimschutz ....................................344 f., 347 ff. Gnauck, Hannes.................................................. 112 Geheimschutzbeauftragte ............................. 349 Gök, Kerem............................................................ 288 Gemeinsames Extremismusund Grauer Wolf/Graue Wölfe Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) ....19, 302 (Bozkurt/Bozkurtlar) .........52, 259, 273 ff., 277 Gemeinsames TerrorismusabwehrGroßdemonstration für Frieden und zentrum (GTAZ) .....................................................18 Freiheit .................................................................... 136 Gemeinschaft der Jugendlichen Großer Austausch ......... 87 f., 91, 102, 113, 117 (Komalen Ciwan) .......................................262, 286 Großes Treffen der Bundesstaaten ............ 125 Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan (KKK - Koma Komalen Kurdistan) ............ 286 Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM).........168, 175, 187 Gemeinschaft der Verkündigung und Mission (TJ - Tablighi Jama'at) ........ 204, 246 f. Gruppe d.i.s.s.i.d.e.n.t., Marburg .................. 189 Generalbundesanwalt (GBA) .................71, 147, Gruppe für die Unterstützung des Islam 307, 337 und der Muslime (JNIM - Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin) ................................235 f. Generalkonsulat ............. 266 f., 304 f., 316, 326 Grup Yorum ....................................... 259, 272, 289 Generation Islam (GI) .................... 200, 225, 244 GRU (russischer militärischer AuslandsGerechte Ordnung (Adil Düzen) ................. 248 nachrichtendienst) ...................................310, 338 Gerila TV (Guerilla TV)..................................... 265 Guerilla ............................70, 180, 260, 264 f., 287 377 REGISTER Gülen-Bewegung ......................................327, 342 Hezb-e Islami GULBUDDIN (HIG) ...204, 238 Gümüs, Edip ......................................................... 243 Hezb-e Islami-ye Afghanistan (HIA - Islamische Partei Afghanistans) .........204, 238 H Hezen Parastina Gel (HPG - Volksverteidigungskräfte) .............. 260 Hackerfirmen....................................................... 322 Hezen Parastina Jin Hacktivismus ..............................................308, 312 (HPJ - Frauenverteidigungskräfte) ............ 260 Hacktivisten......................................60, 308, 312 f. Hinweistelefon .......................................................23 Halk Cephesi (Volksfront) .............................. 289 Hirak e.V. .......................................................297, 367 Halkinsesi TV ....................................................271 f. HIRAK - Palestinian Youth Mobilization Jugendbewegung (Germany) ...............297, 367 Halklarin Esitlik ve Demokrasi Partisi (DEM Parti - Partei für Emanzipation Hizb Allah (Partei Gottes) ... 50, 60 f., 200, 202, und Demokratie der Völker) ......................... 260 204, 207, 221, 229 ff., 239 f., 296, 333, 364 Halk Meclisi (Volksrat) ..................................... 289 hizb.org.uk (Website) ........................................ 244 Halk Okulu (Publikation)...269, 271 f., 285, 289 Hizb ut-Tahrir (HuT - Partei der Befreiung) ........50, 200, 204, 209, 225, 244, 360 HAMAS (Harakat al-Muqawama al-Islamiya - Islamische Widerstandshizb-ut-tahrir.info (Website) ........................ 244 bewegung) ......................48 ff., 78, 123, 152, 175, 200 ff., 216 ff., 240 ff., 257, 268 f. Hochschulproteste ............................58, 255, 282 272, 275 ff., 296, 347, 360, 367 Hochtechnologie ............................. 301, 316, 334 Hammerbande .................................................... 146 Holocaust .........................................122, 285, 360 f. Haniya, Isma'il .................................50, 241 f., 276 Hooliganszene .................................................81, 83 Hans-Litten-Archiv e.V. ..........................180, 193 Hubbard, Lafayette Ron .....................352 f., 356 Hawala-Banking ................................................. 206 Hungerstreik ........................................................ 262 Hedschra-Kalender (Hicri Takvim Avrupa)...................................... 252 Hurseda (Onlinemagazin) .............................. 243 Heinrich XIII. P. R. .............................................. 128 Huseynisevda (Onlinemagazin) .................. 243 Hekmatyar, Gulbuddin ................................... 238 Hybride Bedrohungen ............................303, 313 378 REGISTER I INSPIRE GUIDE (arabischsprachiges Onlinemagazin) .........................................219, 234 Ideale Org..................................................352 f., 356 INSPIRE (Onlinemagazin).....................219, 234 Idealisten-Bewegung (Ülkücü-Bewegung) ............ 273 ff., 277, 293 ff. Institut für Staatspolitik (IfS) ............ 67, 74, 90, 93, 104, 115 f. Identitäre Bewegung Deutschland (IBD)......................56, 67, 80, 90, 104, 106, 112 ff. instrumentalisieren ..................59, 64, 124, 177, 182, 209, 319 I Furiosi, Düsseldorf .......................................... 189 International Department of the Central ikhwanonline.com (Website) ........................ 245 Committee of the Communist Party of China (IDCPC)...................................................... 341 ikhwan.site (Website)........................................ 245 Internationales Komitee der Vierten I'LAM FOUNDATION (Website).................. 218 Internationale (IKVI) ........................................ 197 Illegale ..................................................................... 306 Internationales Kurdisches Kulturfestival ....................................................... 262 illegaler Wissensund Technologietransfer.................................318, 335 Internationale Sozialistische Organisation (ISO) ............................................. 177 Imam-Ali-Moschee ........................ 224, 228, 247 Internationalistische Liste/MLPD ............. 196 Im Auftrag des Islam (Internetplattform)...................................227, 252 International Scientology News ................. 355 Impact ..................................................................... 355 International Way to Happiness Foundation............................................................ 356 Imperialismus..... 99, 178, 196, 272 f., 278, 285 International Youth and Students for Indigenes Volk Germaniten (IVG) .............. 131 Social Equality (IYSSE) ..................................... 197 Informationsblätter zum Internet....57, 69 ff., 87, 121, 125 ff., 202, 210 f., Wirtschaftsschutz .............................................. 336 222 ff., 249 ff., 265, 270, 272, 279, 321, 352 Informationsgewinnung ...............19, 305, 314, Interventionistische Linke (IL) .......... 155, 173, 316, 326, 331 181, 189 Initiative Wirtschaftsschutz.......................... 337 INZAR (Publikation) ......................................... 243 In/Progress, Braunschweig............................ 190 islamfeindlich ......................................79, 225, 227 379 REGISTER Islamic Revolutionary Guard Corps Islamistische Nordkaukasische Szene Intelligence Organization (IRGC-IO) ........ 342 (INS) .................................................................216, 237 Islamische Akademie islamistischer Terrorismus .............200 ff., 228, Deutschland e.V. ........................................227, 368 230, 296 Islamische Gemeinde Kurdistans (CIK) ... 287 Ismail Aga Cemaati (IAC) ................................ 249 Islamische Gemeinschaft der schiitischen i-Soon-Leak .......................................................... 322 Gemeinden Deutschlands e.V. (IGS) .......... 247 Israelfeindlichkeit/israelfeindlich .... 48, 51 f., Islamische Gemeinschaft in 54, 58, 61 f., 152, 166 f., 255, 257, 278 ff., 296 f. Deutschland e.V. (IGD) ..................................... 245 IT-Worker .............................................................. 332 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) ...........................224, 250 Izz-al-Din-al-Qassam-Brigaden ................. 221 Islamische Partei Afghanistans (HIA - Hezb-e Islami-ye Afghanistan) ...........204, 238 J Islamischer Staat (IS) ............79, 201 ff., 218 ff., Jahresspendenkampagne (kampanya) ..... 258 228 ff., 363 Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin Islamischer Staat Provinz Khorasan (JNIM - Gruppe für die Unterstützung (ISPK)............. 212 f., 215 f., 218, 228, 232 f., 237 des Islam und der Muslime) .......................235 f. Islamischer Staat Provinz Zentralafrika ....233 Jihad.......................................60, 202, 206, 211, 280 Islamischer Staat Sahel-Provinz ................. 233 Jihadisten/jihadistisch .................... 61 f., 200 ff., Islamisches Zentrum Berlin e.V..........228, 368 205 f., 209 ff., 233, 235 ff., 252 Islamisches Zentrum Hamburg e.V. jihadistische Gruppierungen ...............200, 217 (IZH).............................50, 204, 224, 227, 247, 368 Jinen Xwendekar en Kurdistan Islamische Vereinigung Bayern e.V....228, 368 (JXK - Studierende Frauen Kurdistans) ... 287 Islamische Widerstandsbewegung Joint Comprehensive Plan of Action (HAMAS - Harakat al-Muqawama (JCPoA) .................................................................... 333 al-Islamiya).....................48 ff., 78, 123, 152, 175, 200 ff., 216 ff., 240 ff., 257, 268 f. Jüdische Stimme für gerechten Frieden in 272, 275 ff., 296, 347, 360, 367 Nahost e.V. (Jüdische Stimme)......54, 168, 280 380 REGISTER Jugendinitiative Partizan/MarxistischKaplan, Metin ....................................................... 252 Leninistisch-Maoistisch (PGI/MLM - Partizan Genclik Inisiyatifi/MarxistischKates, Charlotte ................................................... 297 Leninistisch-Maoistisch) ................................ 291 Kaukasisches Emirat (KE) ............................... 237 Junge Alternative für Deutschland (JA) .......................................67, 92, 102, 104 ff., 112 Kern-al-Qaida ......................................51, 218, 236 Junge Nationalisten (JN)...56, 66, 96, 107 f., 146 khilafah.com (Website) .................................... 244 junge Welt (jW, Tageszeitung)....................... 194 Klassenkampf .............................................183, 192 Jung & Stark (JS) ................................................. 85 f. Kleingruppen ...........................148, 155, 172, 182 Kleinstgruppen ................................ 213, 233, 235 K Klimaprotestbewegung .......................35, 155 ff. Kalifat ............50 f., 210, 225, 233, 237, 244, 252 Klimaproteste .................................................154 ff. kalifat.com (Website) ........................................ 244 Klimaschutz .................... 135, 154, 157, 164, 182 Kalifatsstaat ..............................204, 227, 252, 359 knack.news (Internetplattform).................. 185 Kalkan, Duran ...................................................... 263 Knockout 51 .....................................................72, 82 Kampagne....76 f., 151, 154, 160 ff., 176 f., 179, 181, 190, 262 f., 280 f., 353 f. Köbele, Patrik ....................................................... 195 Kampagnenfähigkeit ........................................ 181 Kohlmann, Martin ............................................. 111 kampanya (Spendenkampagne)...............258 f. Kohorte UG (Onlineshop Phalanx Europa) ...................... 113 Kampf der Nibelungen (KdN) .........................82 Kampfsport .....72, 81 ff., 98 f., 128, 146 ff., 277 Köklü Degisim (Publikation) ........................ 244 Kampfsportgruppierung ............................72, 82 Koma Civaken Kurdistan (KCK - Union der Gemeinschaften Kurdistans) ................ 286 Kampfsportveranstaltung ................................82 Koma Komalen Kurdistan (KKK - GemeinKanal Schnellroda.............................................. 115 schaft der Kommunen in Kurdistan) ........ 286 Kapitalismus .........145, 157, 160, 171, 176, 178, Komalen Ciwan (Gemeinschaft der 189, 192, 195 ff., 273 Jugendlichen) ..............................................262, 286 381 REGISTER Kommission für Verstöße der Psychiatrie Konfuzius-Institute........................................... 319 gegen Menschenrechte Deutschland e.V. (KVPM) .................................................................... 356 Kongra Gele Kurdistan (KONGRA GEL - Volkskongress Kurdistans) ............................. 286 Kommunalwahl .................................... 95, 98, 100 Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane Kommunismus/kommunistisch ... 140, 175 f., (KADEK - Freiheitsund Demokratie178, 191, 194 ff., 267, 273, 290 ff. kongress Kurdistans) ........................................ 286 Königreich Deutschland (KRD) .... 126 ff., 131 Kommunisten Kneipe (Podcast) ................. 186 kontrapolis.info (Internetplattform) ...160, 185 Kommunistische Jugendorganisation (KGÖ - Komünist Genclik Örgütü)............ 292 Kontrolle ............................................................. 19 ff. Kommunistische Linke Köln ........................ 191 Kriminelle Vereinigung ....72, 82, 140, 147, 208 Kommunistische Organisation (KO) ......... 176 Kritik&Praxis, Frankfurt am Main ............. 190 Kommunistische Partei Chinas Kritische Infrastruktur (KRITIS)/ (KPCh).......................315, 317, 319, 322, 334, 341 KRITIS-Sektor ...............137, 141, 154 f., 158 ff., 169 f., 304, 307, 312 f., 347 Kommunistische Partei (KP)......................... 176 Kubitschek, Götz ......................................93, 115 f. Komünist Genclik Örgütü (KGÖ - Kommunistische Jugendorganisation) .... 292 Kufiya-Netzwerk ................................................ 168 Konfederasyona Civaken Kurdistaniyen kulturelle Autonomie .............................259, 287 li Almanya (KON-MED - Konföderation Kulturrevolution ...................................................90 der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V.) .......................................261, 288 Kurdische Frauenbewegung in Europa (AKKH/TJK-E/Türkisch: "Avrupa Kürt Konföderation der ArbeiterInnen aus der Kadin Hareketi"/Kurdisch: "Tevgera Jinen Türkei in Europa (ATIK - Avrupa Türkiyeli Kurd li Ewropa") ................................................. 287 Isciler Konfederasyonu) .................................. 290 Kuytul, Alparslan ................................................ 251 Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. L (KON-MED - Konfederasyona Civaken Kurdistaniyen li Almanya) ....................261, 288 Lage der Klasse (Podcast) .............................186 f. Konföderation der unterdrückten Landgericht (LG) .......................................... 71, 230 Migranten in Europa (AvEG-Kon - Avrupa Ezilen Göcmenler Konfederasyonu) ......... 292 Landtagswahl .....65 f., 94, 98 ff., 102, 141 f., 166 382 REGISTER Lazarus .................................................................... 331 Marxistische Leninistische Kommunistische Partei (MLKP - Legalresidenturen .................................304 f., 316 Marksist Leninist Komünist Parti) ....268, 292 Lehnert, Dr. Erik .......................................... 93, 115 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ..........176, 178, 196, 296 Lila-Rot-Kollektiv (Mor-Kizil Kolektif, Frauenorganisation) ......................................... 291 Massenvernichtungswaffen ........... 301, 332 ff. Linke Aktion Villingen-Schwenningen ... 191 Mazhar, Jamil ....................................................... 296 Linke Presse Verlags-, FörderungsMedienstelle ................................................232, 234 und Beteiligungsgenossenschaft junge Welt eG (LPG) ....................................................... 194 Memes ........................................................................71 Low-Level-Agenten .................................306, 314 Menschenfeindlichkeit/ LSBTIQ ..................................... 66, 85 f., 211 f., 223 menschenfeindlich ................................. 69 ff., 84 LSBTIQ-Community ...........................................66 Menschen für Menschen e.V. ........................ 365 Luftund Raumfahrt ..................... 320, 322, 331 Messerangriff ............................................ 79 f., 150 Lützerath ................................................................ 156 Metapolitik Verlags UG ..................... 74, 93, 115 Militanz.......................................148, 156, 171, 254 M militärische Raumfahrtprogramme ......... 334 1. Mai Zeitung (Publikation) ......................... 191 Militäroffensive............................................ 50, 260 maoistisch-stalinistisch .................................. 196 Military Intelligence Directorate Maritime Sicherheitszentrum (MSZ) ........ 302 (MID, chinesischer militärischer Marksist Leninist Komünist Parti Inund Auslandsnachrichtendienst)........ 340 (MLKP - Marxistische Leninistische Milli Gazete (Publikation) .............................. 250 Kommunistische Partei) ........................268, 292 Milli Görüs-Bewegung Märtyrer ............................... 220, 269 ff., 277, 292 (MGB) ..................................... 200, 204, 224, 248 ff. marx21 (trotzkistisches Netzwerk) ............ 177 Milli Görüs (Nationale Sicht) ........................ 248 Marxisten-Leninisten .............................171, 176 Milliyetci Hareket Partisi (MHP - Partei der Marxistische Blätter (Publikation) ............. 195 Nationalistischen Bewegung)........ 274 ff., 293 383 REGISTER Minderjährige ..............70, 86, 205 f., 216, 229 f. N Ministry of Intelligence (VAJA, zumeist Nachberichtspflicht .............................................75 abgekürzt MOIS, iranischer ziviler Inund Auslandsnachrichtendienst) ................324, 341 Nachrichtendienstliches Informationssystem (NADIS) ..........................17 Ministry of Public Security (MPS, chinesisches Ministerium für Nahostkonflikt .............43, 47 ff., 64, 78 f., 88 f., Öffentliche Sicherheit) .................................... 340 167, 182 f., 201 f., 207 ff., 218 f., 255, 257, 272, 274 f., 277 Ministry of State Security (MSS, chinesischer ziviler Inund Nakba-Tag .............................................................. 282 Auslandsnachrichtendienst) ......................... 339 NARCONON ......................................................... 356 Miscavige, David ................................................. 355 Mischszenen ......................................................... 123 Nasrallah, Hassan .....................................50, 239 f. Missionen .....................................................352, 356 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ......................................... 96 f. Mobilisierung.............. 50 ff., 58 f., 61, 64 ff., 85, 96 ff., 155 f., 168, 178, 183 f., 209 Nationale Sicht (Milli Görüs) ........................ 248 Mofatteh, Mohammad Hadi ......................... 247 Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) .............................................................181, 190 mole (englisch: Maulwurf; Publikation) ....190 Nationalrevolutionäre Jugend Moobot (Botnetz) ............................................... 311 (NRJ) ........................................................... 85, 98, 110 Mor-Kizil Kolektif (Lila-Rot-Kollektiv, Nationalsozialismus/ Frauenorganisation) ......................................... 291 nationalsozialistisch .....72 f., 107, 110, 122, 361 Musik ............76, 81 f., 196, 220, 259, 272 f., 289 NATO ..............270, 272, 300, 304, 308, 338, 342 Musikveranstaltung .................................. 76, 81 f. Naturrecht ....................................................120, 131 Muslimbruderschaft (MB - al-Ikhwan al-Muslimun) ...........................204, 210, 241, 245 Navenda Yekitiya Komelen Ezdiyan (NAV-YEK - Zentralverband der muslimfeindlich/Muslimfeindlichkeit...... 64, Ezidischen Vereine e.V.) ................................... 287 73, 91 f., 94, 103, 105, 115, 117 Neonazi/neonazistisch ..........66, 70, 72, 95, 97, Muslim Interaktiv (MI) .......... 51, 200, 225, 244 99, 145, 149, 185 384 REGISTER Network Systems Department (NSD, P chinesischer militärischer technischer Nachrichtendienst)............................................ 340 Palästinasolidarität.................. 59, 167, 178, 182 Netzwerk "Antifa-Ost"..................140 f., 146 ff., Palästina Spricht.................................53, 168, 281 152, 180 Parlamentarisches Kontrollgremium .........20 Neue Demokratische Jugend Partei der Befreiung (HuT - Hizb (YDG - Yeni Demokratik Genclik).............. 290 ut-Tahrir) ..50 ff., 200, 204, 209 f., 225 f., 244, 360 Neue Frau (Yeni Kadin) .................................... 290 Partei der Großen Einheit (BBP - Büyük Birlik Partisi) .................276, 295 Neue Rechte....................................................... 90 ff. Partei der Nationalistischen Bewegung Neue Stärke Partei .....................................66 f., 97 (MHP - Milliyetci Hareket Partisi)..274 ff., 293 Partei für Emanzipation und Demokratie Newroz ...........................................................262, 266 der Völker (DEM Parti - Halklarin Esitlik ve Demokrasi Partisi) ....................................... 260 Nichtaberrierte.................................................... 352 parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen ........... 67, 193 O Partiya Karkeren Kurdistan (PKK - Oberlandesgericht (OLG) .............59 f., 71 f., 82, Arbeiterpartei Kurdistans) ...............169, 183 f., 127 f., 137 f., 147, 214 f., 228 ff., 254 ff., 285 ff., 327, 342, 358, 363 f. 265 f., 271, 305, 325, 334 Partizan Genclik Inisiyatifi/ Oberverwaltungsgericht (OVG) ........66, 101 f., Marksist-Leninist-Maoist (PGI/MLM - 105, 154, 193 Jugendinitiative Partizan/MarxistischLeninistisch-Maoistisch) ................................ 291 Öcalan, Abdulllah................... 258 ff., 266, 285 f. Patriotische Europäer gegen die IslamiÖffentlichkeitsarbeit .....22, 173, 176, 179, 193 sierung des Abendlandes (PEGIDA) .............65 Onlinesubkulturen................................. 70 f., 125 Pawn Storm .......................................................... 310 Permanente Revolution.................................. 197 Org .........................................................................352 f. personeller Geheimschutz............................. 344 Outings.............................. 141, 144, 149, 166, 184 Personenpotenzial ........... 22, 67, 101, 122, 134, Özgür Gelecek (Publikation) ......................... 290 140, 142, 204, 222, 256 385 REGISTER Perspektif (Publikation) .................................. 250 Q Perspektive Kommunismus (PK) .......175, 191 Qassem, Naim ...................................................239 f. Phalanx Europa................................................... 113 Quantentechnologie............................316 f., 334 phänomenübergreifende Quds Force (iranische militärische Gruppierungen ................................................... 136 und nachrichtendienstliche Spezialeinheit) ............................................324, 342 Phishing.....................................................310 f., 326 Queerfeindlichkeit/queerfeindlich .......65, 84 PI-NEWS ...................................................................67 Quellen.....................................19, 301, 317, 328 ff. Polizei ...............17 f., 35 f., 38, 48 f., 51 ff., 77 ff., 141 f., 151 ff., 156 ff., 169 f., 179, 255 ff., 263, 267, 279, 281 f., 284, 311 R Radikalisierung .... 61 f., 69 f., 86, 89, 123, 136 f., Popular Front for the Liberation of 157, 169 f., 206, 210 f., 214 ff., 230, 244, 246 Palestine (PFLP - Volksfront für die Befreiung Palästinas) ....................53, 278, 296 f. radikal.news - Nachrichten von unten (Internetplattform)............................................ 185 POSITION (Publikation) ................................. 195 Ransomware ......................................................... 313 Postautonome ..................................................... 173 Rassismus/rassistisch ......53 f., 59, 64, 73 f., 84, Prävention ........................................................335 ff. 91 f., 94, 103, 110, 115 ff., 273 f., 277, 283 PRISMA - IL Leipzig .......................................... 189 Realität Islam (RI) ............................ 200, 225, 244 Proliferation .................................. 301 f., 332, 338 REBELL (Jugendverband) ......................178, 196 Propaganda .......21, 25 ff., 34, 40, 49, 61, 68, 70, Rechtsextremisten in 85, 183 f., 201 f., 212 ff., 242, 257, Sicherheitsbehörden ...........................................77 271 ff., 289, 296, 308 f., 319, 330 rechtsterroristisch .....................................68 f., 87 propalästinensisch...................... 48 ff., 53 ff., 58, 60 f., 78, 167 Reconnaissance General Bureau (RGB) ... 331 Proteste der Landwirte .................................124 f. Redical [M], Göttingen ..................................... 190 Protest/Protestgeschehen....... 48 ff., 58, 95 ff., Referans (Publikation) ..................................... 294 99 f., 123 ff., 152 ff., 168 f., 181 f., 255, 262 f., 266 f., 281 f. Regionalableger ..................210, 213, 217 f., 233 386 REGISTER Reichsbürger ..............................32, 55, 57, 67, 77, Roter Aufbau Hamburg (RAH)..................... 191 120 ff., 136, 137 Russischer Angriffskrieg ............ 99 f., 111, 135, Reisende Agenten .............................................. 305 178, 300, 302, 304, 306, 308, 311 ff., 333, 335 f., 347 Rekrutierung ................. 183, 242, 244, 260, 263, 267, 272, 287 Russland ...........100, 300 ff., 313 ff., 333 ff., 347 Remigration .... 80 f., 87, 91, 94, 103 ff., 113, 116 S Repression .........................53, 158, 180, 193, 300, 319 f., 327, 329 ff. Sa'adat, Ahmad .................................................... 296 Revolution ........52, 73, 92, 152 f., 174 ff., 191 f., SAADET Europa e.V/ Saadet Partisi (SP) ....249 197, 228, 254, 259, 268 f., 289 ff., 327, 342 Sabotage/Sabotageaktionen ...........17, 19, 154, Revolutionäre Aktion Karlsruhe................. 191 157, 159, 169, 301 ff., 306 f., 312 ff., 335 f., 338, 344 f., 347 ff. Revolutionäre Aktion Stuttgart................... 191 Sabotageschutz............................ 17, 344 f., 348 f. Revolutionäre Linke Duisburg .................... 191 Sabotageschutzbeauftragte ........................... 349 Revolutionäre Volksbefreiungsfront (DHKC - Devrimci Halk Kurtulus Sächsische Separatisten ..............................69, 72 Cephesi) .................................................................. 269 Sag NEIN zu Drogen - Revolutionäre Volksbefreiungspartei Sag JA zum Leben ......................................353, 356 (DHKP - Devrimci Halk Kurtulus Partisi)...................................................................268 f. Saha .......................................................................... 261 Revolutionäre VolksbefreiungsparteiSahelstaaten.................................................213, 236 Front (DHKP-C - Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi) .....52, 259, 268 f., 284, 289, 359 säkularer propalästinensischer Extremismus .................... 49, 53, 55, 58, 61, 168, REVOLUTION (REVO) ............................175, 178 255 f., 278, 283 f. Richter, Vincenzo ............................................... 113 Salafismus.......................... 201 f., 210 f., 222, 225 Rote Fahne (Publikation) ................................ 196 Salafisten/salafistisch......................201 f., 206 f., 209 ff., 222 f., 225, 252 Rote-Hilfe-Archiv .....................................180, 193 SALAM! Zeitschrift für junge Muslime Rote Hilfe e.V. (RH) ...................................179, 193 (Publikation) ......................................................... 247 387 REGISTER Samidoun Deutschland ............... 279, 297, 367 Sellner, Martin .............................................. 80, 116 Samidoun - Palästinensisches Serxwebun (Publikation) ................... 265, 285 f. Gefangenensolidaritätsnetzwerk (Samidoun) ........................... 49, 53, 279, 297, 367 Sezession (Zeitschrift) ............................... 93, 115 Samidoun - Palestinian Prisoner Solidarity S.H.A.E.F.........................................................121, 125 Network (Samidoun) .............. 53, 279, 297, 367 sicherheitsempfindliche Tätigkeit ....345, 349 Sanktionen ............. 54, 56, 280, 304, 308 f., 313, 327, 332 ff. Sicherheitshinweis für die Wirtschaft...... 336 Schadsoftware .............................310 ff., 322, 327 Sicherheitsrisiko .................................. 184, 345 ff. Schanze Eins UG & Co. KG ............................. 113 Sicherheitsüberprüfung.........17, 344 f., 347 ff. Scharia ............................................................246, 252 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) ......................................................344 f., 347 ff. Scharnierfunktion ....49, 89, 92 f., 181, 189, 285 Siedlungsbestrebungen .................................. 83 f. Schiiten/schiitisch ...... 204, 208, 221, 224, 228, 233, 240, 247 Siege ............................................................................70 Schölzel, Arnold .................................................. 194 Sinwar, Yahya ..........................................241 f., 272 Schreiber, Peter ...................................96, 107, 109 Snake ........................................................................ 312 Schwachstellengesetz....................................... 321 Social Engineering....................................326, 331 Scientology Kirche Deutschland e.V. ........ 355 Social-Media ............................105, 125, 184, 209, 220, 223 ff., 312 Scientology Network ........................................ 355 Sofacy....................................................................... 310 Scientology-Organisation (SO) ...............351 ff. Solidarische Nachbarschaft e.V.................... 174 Secret Blizzard ..................................................... 312 Source ...................................................................... 355 Sednit ....................................................................... 310 soziale Medien .....49, 52 ff., 61, 86, 92, 98, 112, Selbstauflösung ................................. 73 f., 96, 360 131, 175, 207, 214, 222 f., 226, 237, 265, 269, 274, 277, 281, 308 f., 347 Selbstverwalter............................. 32 f., 55, 57, 67, 77, 120 ff., 131, 136 Soziale Medien .................................................... 137 388 REGISTER soziale Netzwerke ...........................121, 186, 212, Störaktionen gegen 244, 251 f., 305, 308 CSD-Veranstaltungen ..................................... 85 f. Sozialismus ...............................110, 140, 195, 270 Strukturdaten .........17, 107, 131, 188, 232, 286 Sozialistische Alternative (SAV)................... 177 Studierende Frauen Kurdistans (JXK - Jinen Xwendekar en Kurdistan) .... 287 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Stützpunkte ................................ 97, 108, 110, 304 (SDAJ) .................................................... 168, 178, 195 subkulturell.................................................... 81, 175 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ......................................................................... 195 sunnitisch ..................................224, 238, 243, 245 Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) ...... 197 Switch off ................................................ 160 ff., 165 Sozialistische Organisation Solidarität SWR (russischer ziviler (Sol) ........................................................................... 177 Auslandsnachrichtendienst) ................311, 338 Spear-Phishing-Angriff ................................... 326 Syndikat.................................................................. 192 Szeneobjekt ........................................................... 152 Spenden ......................... 21, 76, 91, 135, 179, 207, 228, 240, 258 f., 296 Szeneschwerpunkt ............................................ 156 Spendenkampagne......................... 207, 221, 243 T Spendenkampagne (kampanya).................. 258 Tablighi Jama'at (TJ - Gemeinschaft der Sprung an die Weltspitze ................................ 334 Verkündigung und Mission) ................204, 246 Staatenbund Deutsches Reich ..................... 131 Taleban ................................................. 201, 233, 238 Tarnfirmen ............................................................ 332 staatliche Parteienfinanzierung ........... 96, 100 Taterklärung .............146, 149, 152, 155, 159 ff., Staatsterrorismus ...............141, 300 f., 324, 341 164 ff., 172, 184 Stein, Philip ........................................................... 117 Tavir (Publikation) ............................................. 289 STERKA CIWAN (Publikation) .................264 f. Technologie .............................163, 301, 304, 312, 315 ff., 320 f., 333 ff., 338 Sterk TV (TV-Sender) ...............................264, 286 Technologietransfer, Know-how-Transfer, Stolzmonat ...............................................................85 Wissenstransfer .....................................317 f., 335 389 REGISTER Telegram..................................... 70, 83, 123 f., 135, Türkische Kommunistische Partei137, 206, 218, 220, 308 Marxisten-Leninisten (TKP-ML - Türkiye Komünist Partisi-Marksist Leninist) ...268, 290 Terrorangriff/Terroranschläge ..........48 ff., 52, 58, 62, 78, 123, 152, 167, 175, 210, 219, Türkische Kommunistische Partei/ 230, 235, 240, 242, 255, 257, 260, 263, Marxisten-Leninisten (TKP/ML - Türkiye 267 f., 270, 275, 279 ff., 285, 289 Komünist Partisi/Marksist-Leninist) ..268, 291 Tesla ................................................141, 155 f., 159 f. Türkische Nachrichtendienste .......327 f., 342 Tevgera Ciwanen Soresger (TCS - BeweTürkiye Komünist Partisi-Marksist Leninist gung der revolutionären Jugend) ......262, 286 (TKP-ML - Türkische Kommunistische Partei-Marxisten-Leninisten)..............268, 290 Tevgera Jinen Kurd li Ewropa (TJK-E / Avrupa Kürt Kadin Hareketi, AKKH - Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist Kurdische Frauenbewegung in Europa) ....287 (TKP/ML - Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten) .............268, 291 Thaler, Philip ........................................................ 113 Turla ......................................................................... 312 The Auditor ........................................................... 355 TV Furkan (Onlinefernsehsender) ............. 251 The Dukes .............................................................. 311 Theorie.Organisation.Praxis, Berlin .......... 190 U The Way to Happiness (Leitfaden) ............. 354 Übertage (Podcast) ............................................. 187 Transnationale Repression (TNR)..... 300, 319, Ukraine ...........89, 99 f., 111, 124, 135, 178, 182, 327, 330 300 ff., 313 ff., 333, 335 f., 347 trotzkistisch ................ 168, 175, 177 f., 186, 197 Ülkücü ............. 54, 256, 273 ff., 277, 283, 293 ff. Tuareg-Stämme .................................................. 236 Ülkücü-Bewegung (Idealisten-Bewegung) ....... 273 ff., 277, 293 ff. tumulte.org (Internetplattform) ................. 185 Umgehungsausfuhren ..................................... 332 Turan ................................................. 273, 275 f., 283 Umma ...................................................................... 210 Turan T.C. ............................................................... 277 Ummah Wahida (Onlinemagazin) ....219, 234 Türkes, Alparslan ................................................ 275 ...ums Ganze! - kommunistisches Türkische Hizbullah (TH) ......................204, 243 Bündnis.......................................155, 173, 181, 190 390 REGISTER Umvolkung .................................................... 87, 102 Verband der Werktätigen MigrantInnen in Europa (AGEB - Avrupa Göcmen Undogmatische Radikale Antifa (URA), Emekciler Birligi)................................................ 291 Dresden ................................................................... 190 Verband deutscher Wahlkommissionen Undogmatische Radikale Linke Jena ........ 189 (VDWK) ..........................................................126, 131 Ungläubige ...............200 f., 214 f., 222, 230, 233 Verbot/verboten ................49 f., 53, 71, 73 f., 92, 128 f., 136, 183, 195, 221 f., 224, Union der Gemeinschaften Kurdistans 226 ff., 231 f., 239, 241, 244, 247, 251 f., (KCK - Koma Civaken Kurdistan) .............. 286 257, 270, 272, 279, 286, 289, 297, 333 Union Internationaler Demokraten Verdachtsfall..................66 f., 84, 90, 92, 94, 101, (UID) ......................................................................... 328 104 f., 112, 155 ff., 280 Union Salon .......................................................... 174 Verdeckte Informationsbeschaffung ........... 317, 323, 328 unsere zeit (Publikation) ................................. 195 Verein der Förderer einer iranisch-islamiunstrukturiertes rechtsextremistisches schen Moschee in Hamburg e.V. ........227, 368 Personenpotenzial ................................................67 Verein für Staatspolitik e.V. ..................126, 131 untergetaucht ............................... 141, 147 f., 180 Vereinigung der neuen Weltsicht in Urteil ..... 16, 26, 59 f., 66, 72, 82, 96, 101 f., 105, Europa e.V. ............................................................. 250 127 f., 138, 140, 147, 152, 194, 205, 215, 229 ff., 265 f., 271, 305, 325 Vereinte Patrioten...........................................137 f. US-Präsidentschaftswahl 2024 .......................89 Verfassungsschutzverbund ...........75, 302, 337 V Verhaftung ......................................... 148, 180, 325 Vandreier, Christoph ........................................ 197 Verhinderung von Waffenbesitz bei Rechtsextremisten ................................................75 Vaterländischer Hilfsdienst (VHD) ............ 131 Verlag 8. Mai GmbH .......................................... 194 Velioglu, Hüseyin ............................................... 243 Verlag Antaios (Verdachtsfall) ........ 90, 94, 116 Venomous Bear ................................................... 312 Vernetzung/Vernetzungsbestrebungen .... 55, Verband der Studierenden aus Kurdistan 58 f., 70, 73, 78, 81 ff., 86, 90 ff., 95, (YXK - Yekitiya Xwendekaren 104 ff., 111, 122 f., 126 f., 167 ff., 173 f., Kurdistan) .............................................................. 287 176, 179 ff., 206 f., 214, 268, 278 f., 353 391 REGISTER Verschlusssache (VS) ....................................344 ff. W Verschwörungserzählungen ....54 f., 57, 87 ff., Waffenbehörde .........................................75, 129 f. 125, 136 f., 283 waffenrechtliche Erlaubnisse ................ 75, 129 Verschwörungstheorien/verschwörungstheoretisch ....................... 84, 87, 91 ff., 102, 117, Waisenkinderprojekt Libanon e.V. 120 ff., 125, 128, 167 (WKP) ..............................................................362, 365 Verurteilung ................................................305, 337 WeChat.................................................................... 317 Vielschreiberei ..................................................... 126 Weigler, Sebastian .............................................. 108 Vogel, Pierre .......................................................... 211 Weihnachtsmarkt Magdeburg..........65, 79, 81 Voice of Europe ................................................... 308 Widerstand................24, 27, 29 f., 32, 34 f., 37 f., VOICE OF KHURASAN 43 f., 73, 80, 99 f., 111, 114, 120 f., 125, (Onlinemagazin) .............................. 212, 218, 232 137, 143, 151, 154, 167, 177 f., 183, 237, 240 f., 245, 257, 263, 270, 272, 279, 281 völkisch ................................73, 102, 106, 108, 122 Wirtschaftsschutz ...........................................336 f. Volksbegriff.............91, 94, 105 f., 112, 115, 117 Wirtschaftsund Finanzbüro Volksfront für die Befreiung Palästinas (EMB - Ekonomi ve Maliye Bürosu) ......... 259 (PFLP - Popular Front for the Liberation of Palestine).......................................53, 278, 296 f. Wirtschaftsunternehmen .................... 141, 158, 163 f., 309 Volksfront (Halk Cephesi) ...............................289 Wissenschaftsfreiheit ....................................... 318 Volksgemeinschaft ............................64, 107, 110 Wolfsgruß .................................................273 f., 277 Volkskongress Kurdistans (Kongra Gele Kurdistan - KONGRA GEL) ........................... 286 Wolves of Manhattan Volksrat (Halk Meclisi) ..................................... 289 (al-Qaida-nahes Onlinemagazin) ............... 219 Volksverteidigungskräfte (HPG - Hezen Worch, Christian ...................................................97 Parastina Gel) ....................................................... 260 World Institute of Scientology Enterprises vorpolitischer Raum ..................90, 94, 108, 115 (WISE) ...................................................................... 356 Vulkangruppe ..............................141, 156, 159 ff. World Socialist Website (Publikation)...... 197 392 REGISTER X Young Struggle (YS) ................. 52, 168, 268, 292 X (Kurznachrichtendienst)............... 103 f., 186, Youth for Human Rights ................................ 356 309, 336 Z Y Zentralrat der Muslime in YATIM-Kinderhilfe e.V..................................... 360 Deutschland e.V. (ZMD) ................................... 275 Yazicioglu, Erol .................................................... 295 Zentralverband der Ezidischen Yazicioglu, Muhsin ............................................ 275 Vereine e.V. (NAV-YEK) .................................... 287 Yekitiya Xwendekaren Kurdistan Zentrum der Islamischen YXK - Verband der Studierenden aus Kultur e.V.......................................................228, 368 Kurdistan) .............................................................. 287 Zentrum für Analyse und Forschung Yeni Demokrasi (Publikation) ...................... 291 (ZAF) ............................................................................19 Yeni Demokratik Genclik (YDG - Neue Zero-Day-Exploits/ Demokratische Jugend)................................... 290 Zero-Day-Schwachstelle............................320 ff. Yeni Kadin (Neue Frau) .................................... 290 Ziviler Ungehorsam .......................................... 154 Yeni Özgür Politika (YÖP, Tageszeitung) ..............................263 f., 286 Zunkunftskongress Deutschland (ZKD) ....127 393 REGISTER 394 REGISTERANHANG Registeranhang zum Verfassungsschutzbericht 2024 In diesem Registeranhang sind die im vorliegenden Verfassungsschutzbericht genannten Gruppierungen aufgeführt, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass die Gruppierung verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, es sich mithin um eine extremistische Gruppierung handelt. Gruppierungen Seitenzahl A Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu 274 f., 293 f. (ADÜTDF - Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V. ) Aktion, Kritik und Theorie Heidelberg (AKUT [+C]) 189 al-Aqsa e.V. 360 al-Ikhwan al-Muslimun (MB - Muslimbruderschaft) 204, 210, 241, 245 f. Almanya Göcmen Isciler Federasyonu (AGIF - Föderation der 292 Arbeitsimmigrant/innen in Deutschland e.V.) Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu (ATIF - Föderation der 290 Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V.) al-Qaida 51, 61, 200, 202, 204, 210, 212 f., 217 ff., 232, 234 ff. al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAH) 219, 234 f. al-Qaida im Irak 232 al-Qaida im islamischen Maghreb (AQM) 235 f. al-Shabab (Harakat al-Shabab al-Mujahidin - Bewegung der 235 f. Mujahidin-Jugend) Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Kanal 1 90, 92 f. (AUF 1, Verdachtsfall) Anadolu Federasyonu (Anatolische Föderation) 289 Anatolische Föderation (Anadolu Federasyonu) 289 Ansaar International e.V. 366 Antifa AK Köln 190 antifa nt - Autonome Antifa München 190 Antifa Süd 148, 188 Antifaschistische Aktion Karlsruhe 188 Antifaschistische Aktion Mannheim 188 Antifaschistische Aktion München 188 Antifaschistische Aktion Rems-Murr 188 Antifaschistische Aktion Stuttgart 188 395 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Antifaschistische Aktion Südliche Weinstraße 188 Antifaschistische Aktion Tübingen 188 Antifaschistische Aktion Villingen-Schwenningen 188 Antifaschistische Revolutionäre Aktion Gießen 191 Antiimperialistische Front (AEC) 272 Antikapitalistische Linke München 191 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK - Partiya Karkeren Kurdistan), 169, 183 f., 254, 256 ff., alias KADEK, alias KONGRA GEL, alias KKK, alias KCK 285 ff., 327, 342, 358, 363 f. Archetyp GmbH 117 ATIB - Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa 275 f., 294 e.V. (ATIB - Avrupa Türk Islam Kültür Dernekleri Birligi) AUFGEWACHT 111 Avrupa Ezilen Göcmenler Konfederasyonu (AvEG-Kon - 292 Konföderation der unterdrückten Migranten in Europa) Avrupa Göcmen Emekciler Birligi (AGEB - Verband der 291 Werktätigen MigrantInnen in Europa) Avrupa Kürt Kadin Hareketi (AKKH/Tevgera Jinen Kurd li 287 Ewropa, TJK-E - Kurdische Frauenbewegung in Europa) Avrupa Nizam-i Alem Federasyonu (ANF - Föderation der 276 f., 295 f. Weltordnung in Europa) Avrupa Türk Islam Kültür Dernekleri Birligi (ATIB - Union der 275, 294 Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.) Avrupa Türkiyeli Isciler Konfederasyonu (ATIK - Konföderation 290 der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa) AZADI Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in 266 Deutschland e.V. (AZADI e.V.) B Basisdemokratische Linke, Göttingen 189 Basisgruppe Antifaschismus (BA), Bremen 190 BDS-Berlin 54, 280 BDS-Bonn 54, 280 Bewegung der Mujahidin-Jugend (al-Shabab - Harakat 236 al-Shabab al-Mujahidin) Bewegung der revolutionären Jugend (TCS - Tevgera Ciwanen 262, 286 Soresger) Bismarcks Erben 131 Botschaft des Islam (BdI) 200, 225, 244 396 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl C Civaka Islamiya Kurdistan (CIK - Islamische Gemeinde 287 Kurdistans) Combat 18 Deutschland 71, 364 Communist Action & Theory, Marburg 190 COMPACT-Magazin GmbH 56, 67, 73 f., 90 ff., 104, 106, 114, 136 COMPACTTV 114 CONSPECT FILM GmbH 73, 92 CRIMINON 356 D Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in 288 Norddeutschland e.V. (FED-DEM - Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyen li Bakure Almanya) Der III. Weg 56 f., 66 f., 82, 85, 87, 97 ff., 110 Der Schelm 72 Deutsche Jugend Voran (DJV) 85 f. Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 168, 176, 178, 195 Deutsche Libanesische Familie e.V. (DLF) 365 Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V. (DMG) 204, 245 Deutsche Stimme Verlags GmbH (DS Verlag) 107, 109 Deutsches Freiwilligenkorps 99 Devrimci Genclik (Dev Genc - Revolutionäre Jugend) 271 f., 289 Devrimci Halk Kurtulus Cephesi (DHKC - Revolutionäre 269 f. Volksbefreiungsfront) Devrimci Halk Kurtulus Partisi (DHKP - Revolutionäre 269 f., Volksbefreiungspartei) Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi (DHKP-C - 52, 254 f., 259, 268 ff., 279, Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) 284, 289, 359 Die Heimat (vormals NPD) 56, 66 f., 85, 87, 92, 95 f., 107 ff., 111, 146, 149 DIE RECHTE 66 f., 96 f. Die Wahre Religion (DWR) 363 DS-TV 109 397 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl E Ein Prozent e.V. 67, 90 f., 104, 106, 117 Eklat Münster 190 Ekonomi ve Maliye Bürosu (EMB - Wirtschaftsund Finanzbüro) 259 Elblandrevolte 96 Erbakan-Stiftung 250 Europavertretung der Erbakan-Stiftung 250 F Farben für Waisenkinder e.V. (FfW) 362, 365 Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyan (FCDK-KAWA - 288 Föderation der demokratischen Gesellschaften Kurdistans e.V.) Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyen li Bakure 288 Almanya (FED-DEM - Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Norddeutschland e.V.) Federasyona Civaken Azad yen Mezopotamya li NRW 288 (FED-MED - Föderation der Freiheitlichen Gesellschaft Mesopotamiens in NRW e.V.) Federasyona Demokratika Elewi (FEDA - Föderation der 287 demokratischen Aleviten e.V.) Federasyona Gelen Kurdistani (FED-GEL - Föderation der Völker 288 Kurdistans e.V.) Federasyona Kurdistaniyen Azad li Rojhilate Almanya 288 (FED-KURD - Freie Kurdistan Föderation Ostdeutschland) Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. 290 (ATIF - Almanya Türkiyeli Isciler Federasyonu) Föderation der Arbeitsimmigrant/innen in Deutschland e.V. 292 (AGIF - Almanya Göcmen Isciler Federasyonu) Föderation der demokratischen Aleviten e.V. (FEDA) 287 Föderation der demokratischen Gesellschaften Kurdistans e.V. 288 (FCDK-KAWA - Federasyona Civaka Demokratik a Kurdistaniyan) Föderation der Freiheitlichen Gesellschaft Mesopotamiens in 288 NRW e.V. (FED-MED - Federasyona Civaken Azad yen Mezopotamya li NRW) Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in 274, 293 Deutschland e.V. (ADÜTDF - Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu) Föderation der Völker Kurdistans e.V. (FED-GEL - Federasyona 288 Gelen Kurdistani) 398 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Föderation der Weltordnung in Europa (ANF - Avrupa Nizam-i 276, 295 Alem Federasyonu) Frauenverteidigungskräfte (HPJ - Hezen Parastina Jin) 260 Freie Arbeiter*Innen-Union (FAU) 174, 192 Freie Kurdistan Föderation Ostdeutschland (FED-KURD - 288 Federasyona Kurdistaniyen Azad li Rojhilate Almanya) Freie Sachsen 64, 66 f., 79 f., 92, 94 f., 99 f., 111, 114 Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans (KADEK - 286 Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V. (FkUvH) 74 Furkan Bewegung 204, 226 f., 251 Furkan Stiftung für Bildung und Dienst (Furkan Egitim ve 251 Hizmet Vakfi) G Gemeinschaft der Jugendlichen (Komalen Ciwan) 262, 286 Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan (KKK - Koma 286 Komalen Kurdistan), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Generation Islam (GI) 200, 225, 244 Gib Frieden e.V. 365 Grup Yorum 259, 272, 289 Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM) 168, 175, 187 Gruppe d.i.s.s.i.d.e.n.t., Marburg 189 Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime 235 f. (JNIM - Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin) H Halk Cephesi (Volksfront) 289 Halk Meclisi (Volksrat) 289 HAMAS (Harakat al-Muqawama al-Islamiya - Islamische 48 ff., 78, 123, 152, 175, Widerstandsbewegung) 200 ff., 216 ff., 240 ff., 257, 268 f. 272, 275 ff., 296, 347, 360, 367 Hans-Litten-Archiv e.V. (HLA) 180, 193 Hezb-e Islami GULBUDDIN (HIG) 204, 238 Hezb-e Islami-ye Afghanistan 204, 238 (HIA - Islamische Partei Afghanistans) Hezen Parastina Gel (HPG - Volksverteidigungskräfte) 260 399 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Hezen Parastina Jin (HPJ - Frauenverteidigungskräfte) 260 HIRAK - Palestinian Youth Mobilization Jugendbewegung 297, 367 (Germany) Hirak e.V. 297, 367 Hizb Allah (Partei Gottes) 50, 60 f., 200, 202, 204, 207, 221, 229 ff., 239 f., 296, 333, 364 Hizb ut-Tahrir (HuT - Partei der Befreiung) 50, 200, 204, 209, 225, 244, 360 I I Furiosi, Düsseldorf 189 Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) 56, 67, 80, 90, 104, 106, 112 ff. Im Auftrag des Islam (IADI) 227, 252 In/Progress, Braunschweig 190 Indigenes Volk Germaniten (IVG) 131 Institut für Staatspolitik (IfS) 67, 74, 90, 93, 104, 115 f. International Way to Happiness Foundation 356 International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) 197 Internationale Sozialistische Organisation (ISO) 177 Interventionistische Linke (IL) 155, 173, 181, 189 Islamische Gemeinde Kurdistans (CIK) 287 Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden 247 Deutschlands e.V. (IGS) Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V. (IGD) 245 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) 224, 250 Islamische Partei Afghanistans (HIA - Hezb-e Islami-ye 204, 238 Afghanistan) 79, 201 ff., 218 ff., 228 ff., Islamischer Staat (IS) 363 212 f., 215 f., 218, 228, Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) 232 f., 237 Islamischer Staat Provinz Zentralafrika 233 Islamischer Staat Sahel-Provinz 233 Islamisches Zentrum Hamburg e.V. (IZH) 50, 204, 224, 227, 247, 368 Islamistische Nordkaukasische Szene (INS) 216, 237 Ismail Aga Cemaati (IAC) 249 Izz-al-Din-al-Qassam-Brigaden 221 400 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl J Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin (JNIM - Gruppe für die 235 f. Unterstützung des Islam und der Muslime) Jinen Xwendekar en Kurdistan (JXK - Studierende Frauen aus 287 Kurdistan) Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. (Jüdische 54, 168, 280 Stimme) Jugendinitiative Partizan/Marxistisch-Leninistisch-Maoistisch 291 (PGI/MLM - Partizan Genclik Inisiyatifi/Marksist-LeninistMaoist) Jung & Stark (JS) 85 f. Junge Alternative für Deutschland (JA) 67, 92, 102, 104 ff., 112 Junge Nationalisten (JN) 56, 66, 96, 107 f., 146 junge Welt (jW) 194 K Kalifatsstaat 204, 227, 252, 359 Kampf der Nibelungen (KdN) 82 Kanal Schnellroda 115 Kaukasisches Emirat (KE) 237 Knockout 51 (KO51) 72, 82 Kohorte UG (Onlineshop Phalanx Europa) 113 Koma Civaken Kurdistan (KCK - Union der Gemeinschaften 286 Kurdistans), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Koma Komalen Kurdistan (KKK - Gemeinschaft der Kommunen 286 in Kurdistan), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Komalen Ciwan (Gemeinschaft der Jugendlichen) 262, 286 Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschen356 rechte e.V. (KVPM) Kommunistische Jugendorganisation (KGÖ - Komünist Genclik 292 Örgütü) Kommunistische Linke Köln 191 Kommunistische Organisation (KO) 176 Kommunistische Partei (KP) 176 Komünist Genclik Örgütü (KGÖ - Kommunistische Jugend292 organisation) Konfederasyona Civaken Kurdistaniyen li Almanya 261, 288 (KON-MED - Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V.) 401 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa 290 (ATIK - Avrupa Türkiyeli Isciler Konfederasyonu) Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland 261, 288 e.V. (KON-MED - Konfederasyona Civaken Kurdistaniyen li Almanya) Konföderation der unterdrückten Migranten in Europa 292 (AvEG-Kon - Avrupa Ezilen Göcmenler Konfederasyonu) Kongra Gele Kurdistan (KONGRA GEL - Volkskongress 286 Kurdistans), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane (KADEK - Freiheits286 und Demokratiekongress Kurdistans), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Königreich Deutschland (KRD) 126 ff., 131 Kritik&Praxis, Frankfurt am Main 190 Kurdische Frauenbewegung in Europa (AKKH/TJK-E - Avrupa 287 Kürt Kadin Hareketi/ Tevgera Jinen Kurd li Ewropaye) L Lila-Rot-Kollektiv (Mor-Kizil Kolektif, Frauenorganisation) 291 Linke Aktion Villingen-Schwenningen 191 Linke Presse Verlags-, Förderungsund Beteiligungsgenossen194 schaft junge Welt eG (LPG) M Marksist Leninist Komünist Parti (MLKP - Marxistische 268, 292 Leninistische Kommunistische Partei) marx21 177 Marxistische Leninistische Kommunistische Partei (MLKP - 268, 292 Marksist Leninist Komünist Parti) Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 176, 178, 196, 296 Menschen für Menschen e.V. 365 Menschenpark Veranstaltungs UG 74, 93, 115 Metapolitik Verlags UG 74, 93, 115 Milli Görüs-Bewegung (MGB) 200, 204, 224, 248 ff. Mor-Kizil Kolektif (Lila-Rot-Kollektiv, Frauenorganisation) 291 Muslim Interaktiv (MI) 51, 200, 225, 244 Muslimbruderschaft (MB - al-Ikhwan al-Muslimun) 204, 210, 241, 245 402 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl N NARCONON 356 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 96 f. Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ) 85, 98, 110 Navenda Yekitiya Komelen Ezdiyan (NAV-YEK - Zentralverband 287 der Ezidischen Vereine e.V.) Netzwerk "Antifa-Ost" 140 f., 146 ff., 152, 180 Neue Demokratische Jugend (YDG - Yeni Demokratik Genclik) 290 Neue Frau (Yeni Kadin) 290 Neue Stärke Partei (NSP) 66 f., 97 P Palästina Spricht 53, 168, 281 Partiya Karkeren Kurdistan (PKK - Arbeiterpartei Kurdistans), 169, 183 f., 254 ff., 285 ff., alias KADEK, alias KONGRA GEL, alias KKK, alias KCK 327, 342, 358, 363 f. Partizan Genclik Inisiyatifi/Marksist-Leninist-Maoist (PGI/MLM - 291 Jugendinitiative Partizan/Marxistisch-Leninistisch-Maoistisch) Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes 65 (PEGIDA) Perspektive Kommunismus (PK) 175, 191 Phalanx Europa 113 PI-NEWS 67 Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP - Volksfront 53, 278, 296 f. für die Befreiung Palästinas) PRISMA - IL Leipzig 189 R Realität Islam (RI) 200, 225, 244 REBELL 178, 196 Redical [M], Göttingen 190 REVOLUTION (REVO) 175, 178 Revolutionäre Aktion Karlsruhe 191 Revolutionäre Aktion Stuttgart 191 Revolutionäre Linke Duisburg 191 Revolutionäre Volksbefreiungsfront (DHKC - Devrimci Halk 269 Kurtulus Cephesi) Revolutionäre Volksbefreiungspartei (DHKP - Devrimci Halk 268 f. Kurtulus Partisi) 403 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C - Devrimci 52, 259, 268 f., 284, 289, Halk Kurtulus Partisi-Cephesi) 359 Rote Hilfe e.V. (RH) 179, 193 Roter Aufbau Hamburg 191 S SAADET Europa e.V. 249 Sächsische Separatisten 69, 72 Sag NEIN zu Drogen - Sag JA zum Leben 353, 356 Samidoun - Palästinensisches Gefangenensolidaritätsnetzwerk 49, 53, 279, 297, 367 (Samidoun) Samidoun - Palestinian Prisoner Solidarity Network 53, 279, 297, 367 Samidoun Deutschland 279, 297, 367 Schanze Eins UG & Co. KG 113 Scientology Kirche Deutschland e.V. 355 Scientology Network 355 Scientology-Organisation (SO) 351 f. Sezession 93, 115 Solidarische Nachbarschaft e.V. 174 Sozialistische Alternative (SAV) 177 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 168, 178, 195 Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) 197 Sozialistische Organisation Solidarität (Sol) 177 Staatenbund Deutsches Reich 131 Studierende Frauen aus Kurdistan (JXK - Jinen Xwendekar en 287 Kurdistan) T Tablighi Jama'at (TJ - Gemeinschaft der Verkündigung und 204, 246 Mission) Taleban 201, 233, 238 Terroristische Vereinigung um Heinrich XIII. P. R. 128 Tevgera Ciwanen Soresger (TCS - Bewegung der revolutionären 262, 286 Jugend) Tevgera Jinen Kurd li Ewropaye (TJK-E / Avrupa Kürt Kadin 287 Hareketi, AKKH - Kurdische Frauenbewegung in Europa) Theorie.Organisation.Praxis, Berlin 190 Türkische Hizbullah (TH) 204, 243 404 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten 268, 291 (TKP/ML - Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist) Türkische Kommunistische Partei-Marxisten-Leninisten 268, 290 (TKP-ML - Türkiye Komünist Partisi-Marksist Leninist) Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist (TKP/ML - 268, 291 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten) Türkiye Komünist Partisi-Marksist Leninist (TKP-ML - Türkische 268, 290 Kommunistische Partei-Marxisten-Leninisten) U ...ums Ganze! - kommunistisches Bündnis (uG) 155, 173, 181, 190 Undogmatische Radikale Antifa (URA), Dresden 190 Undogmatische Radikale Linke Jena 189 Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK - Koma Civaken 286 Kurdistan), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) V Vaterländischer Hilfsdienst (VHD) 131 Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK - Yekitiya 287 Xwendekaren Kurdistan) Verband der Werktätigen MigrantInnen in Europa 291 (AGEB - Avrupa Göcmen Emekciler Birligi) Verband deutscher Wahlkommissionen (VDWK) 126, 131 Verein für Staatspolitik e.V. 126, 131 Vereinte Patrioten 137 f. Verlag 8. Mai GmbH 194 Verlag Antaios 90, 94, 116 Volksfront (Halk Cephesi) 289 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP - Popular Front 53, 278, 296 f. for the Liberation of Palestine) Volkskongress Kurdistans (KONGRA GEL - Kongra Gele 286 Kurdistan), siehe auch Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Volksrat (Halk Meclisi) 289 Volksverteidigungskräfte (HPG - Hezen Parastina Gel) 260 W Waisenkinderprojekt Libanon e.V. (WKP) 362, 365 Wirtschaftsund Finanzbüro (EMB - Ekonomi ve Maliye Bürosu) 259 World Institute of Scientology Enterprises (WISE) 356 405 REGISTERANHANG Gruppierungen Seitenzahl Y YATIM-Kinderhilfe e.V. 360 Yekitiya Xwendekaren Kurdistan (YXK - Verband der 287 Studierenden aus Kurdistan) Yeni Demokratik Genclik (YDG - Neue Demokratische Jugend) 291 Yeni Kadin (Neue Frau ) 290 Young Struggle (YS) 52, 168, 268, 292 Youth for Human Rights 356 Z Zentralverband der Ezidischen Vereine e.V. 287 (NAV-YEK - Navenda Yekitiya Komelen Ezdiyan ) 406 BILDNACHWEIS Bildnachweis 3 BMI/Henning Schacht 70 https:// steamcommunity .com/profiles/76561199127530340 79 t.me/heimat2023 82 https://lahorde.info/Grand-tournoi-de-MMA-organise-par-des-reseaux-neo-nazisen-Meuse 83 https://www.adl.org/resources/backgrounder/active-club-network 84 https://www.materialvertrieb.de/produkt/lgbtq-brechen-aufkleber/ 85 dpa 100 t.me/freiesachsen 103 https://x.com/AfD/status/1832347615842738341 141 picture alliance, Mediennummer: 451723132 143 picture alliance, Mediennummer: 480760255 144 picture alliance, Mediennummer: 464408266 147 picture alliance, Mediennummer: 471405370 148 picture alliance, Mediennummer: 443008570 151 https://1312dinge.noblogs.org 151 picture alliance, Mediennummer: 443008612 153 picture alliance, Mediennummer: 470295820 155 picture alliance, Mediennummer: 462412462 158 picture alliance, Mediennummer: 456506521 158 picture alliance, Mediennummer: 497262926 159 picture alliance, Mediennummer: 451868224 163 picture alliance, Mediennummer: 462755221 165 picture alliance, Mediennummer: 448174891 167 picture alliance, Mediennummer: 460651810 168 Eintrag auf dem Facebook-Account der SDAj Frankfurt vom 07.12.2023 169 picture alliance, Mediennummer: 406611484 172 picture alliance, Mediennummer: 411652597 176 www.mlpd.de 177 picture alliance, Mediennummer: 460650784 179 www.rote-hilfe.de 407 BILDNACHWEIS 181 picture alliance, Mediennummer: 445227106 181 www.twitter.com 182 www.twitter.com 182 picture alliance, Mediennummer: 406580554 183 picture alliance, Mediennummer: 493151033 184 https://de.indymedia.org 185 https://radikal.news 224 dpa 227 dpa 255 dpa 255 dpa 255 dpa 260 dpa 260 dpa 262 https://anfdeutsch.com 262 dpa 263 dpa 264 https://www.facebook.com/anfnewsdeutsch 266 dpa 267 dpa 270 dpa 273 https://aze.media/great-turan 273 dpa 278 dpa 278 dpa 279 dpa 281 dpa 282 dpa 285 dpa 300 dpa 302 Cyberabwehrzentrum 305 dpa 306 dpa 408 BILDNACHWEIS 308 dpa 309 dpa 315 dpa 319 dpa 320 dpa 333 dpa 333 dpa 336 BfV 336 BfV/DERLUCK Agentur für Kommunikationsdesign 337 BfV 344 iStock, Bildnummer: 97193006 345 iStock, Bildnummer: 1188540686 347 iStock, Bildnummer: 573904873 348 iStock, Bildnummer: 1603096711 349 iStock, Bildnummer: 536831609 353 https://www.sag-nein-zu-drogen.de/aufklaerungs-material/info-hefte.html 409 BILDNACHWEIS 410 Impressum Herausgeber Bundesministerium des Innern, 11014 Berlin Internet: www.bmi.bund.de Stand Mai 2025 Artikelnummer: BMI25029 Gestaltung Satzweiss.com Print Web Software GmbH, 66121 Saarbrücken Druck Kern GmbH, 66450 Bexbach Weitere Publikationen der Bundesregierung zum Herunterladen und zum Bestellen finden Sie ebenfalls unter: www.bundesregierung.de/publikationen Diese Publikation wird von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. 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