B undesministerium des Innern Verfassungsschutz bericht 2002 Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology Organisation Gesetzestexte Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 ISSN: 0177-0357 2 Impressum Herausgeber: Bundesministerium des Innern Berlin: Alt-Moabit 101 D , 10559 Berlin September 2003 Hinweis: Der Verfassungsschutzbericht 2002 ist auch über d a s Internet abrufbar: http://www.bmi.bund.de http://www.verfassungsschutz.de Satz/Layout: Bundesamt für Verfassungsschutz Druck: Druckhaus Parzeller, Fulda Bildnachweis: dpa u. a. 3 Vorwort d e s Bundesministers des Innern Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Schutz von Demokratie und Verfassung ist fester Bestandteil unseres rechtsstaatlichen Systems. Die Bedrohung der Inneren Sicherheit durch extremistisch e un d terroristische Bestrebungen erfordert höchste Aufmerksamkeit vo n Staat und Gesellschaft . Die zentralen Errungenschaften unserer Demokratie - wie Achtung der Menschenwürde, Pluralismus, Toleranz und politische Freiheit - sind uns allen selbstverständlich geworden. Und doch gibt es Bestrebungen und Organisationen, die sich der Freiheiten unseres politischen Gemeinwesens bedienen, um den offenen und demokratischen Verfassungsstaat abzuschaffen. So nutzen Extremisten beispielsweise Meinungsfreiheit, um gleichzeitig die Meinung anderer zu unterbinden. Mal sagen Extremisten klar und deutlich, was sie in Wirklichkeit anstreben, mal verfolgen sie eine Legalitätstaktik, um zugleich i h r e tatsächlichen politischen und gesellschaftlichen Ziele zu verschleiern. Die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus hat für die Bundesregierung nach w i e vor höchste Priorität. Jeglich e Formen von Extremismus und Gewalt müssen durch entschlossenes, aber gleichzeitig auch besonnenes Handeln des Rechtsstaats bekämpft werden. Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist weiterhin sehr groß, auch wenn das Terror-Netzwerk durch nationale wie internationale Ermittlungserfolge u n d gemeinsames internationales Vorgehen der Sicherheitsbehörden empfindlich geschwäch t werden konnte. Auch die Zahl der politisch motivierte n Straftaten ist in allen Bereichen gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken. Sogar die politisch motivierten Gewalttaten sind gegenüber 4 dem Vorjahr erkennbar rückläufig. Dieser Trend erstreckt sich auf alle Bereiche der politisch motivierten Kriminalität. Die gezielte Bekämpfung von Extremismus und Gewalt auf der Grundlage eines umfassenden Gesamtkonzeptes hat entscheidend dazu beigetragen. Neben repressiven Maßnahmen rück t vor allem der präventive Ansatz in den Vordergrund, wie beispielsweise der im Mai 2002 dem Deutschen Bundesta g vorgelegte "Bericht über die aktuellen und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung gege n Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt" ausführlich dokumentiert . Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, der Ihnen jetzt vorliegende Verfassungsschutzbericht 2002 ist eine gute Quelle, um sich aktuell über den Umfang verfassungsfeindlicher Entwicklungen sowie über Ziele und Aktivitäte n vo n wesentlichen Organisationen und Gruppierungen zu informieren. Wir alle sind in der Pflicht, unseren freiheitlichen Rechtsstaat vor Schaden zu bewahren. Nur aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger sind in der Lage, die wahren Absichten extremistischer Bestrebungen zu erkennen, sie kritisch z u bewerten und sie abzuwehren. Dabei sind wir nicht zuletzt angewiesen auf die effiziente Arbeit unserer Verfassungsschutzbehörden. Ich danke daher ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz für ihren engagierten Einsatz zum Schutz unserer Demokratie. Ihre oft s chwierige Arbeit trägt sowohl zur Wahrung der Grundwerte unserer Gesellschaft als auch z u r gegenseitigen Achtung und zum Respekt vor Anderen bei. Otto Schily Bundesminister des Innern 5 Inhaltsverzeichnis Strukturdaten I. Strukturdaten ge m ä ß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz . . 11 1.1 Bundesamt für Verfassungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2 Militärischer Abschirmdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 II. Weitere Strukturdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Verfassungsschutz und Demokratie I. Verfassungsschutz im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 II. Verfassungsschutzbehörden - Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . 15 III. Kontrolle des Verfassungsschutzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 IV. Verfassungsschutzbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 V. Verfassungsschutz durch Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Ideologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Entwicklunge n i m Rechtsextremismus . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Übersicht in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Organisationen und Personenpotenzial . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK) . . . . . . . . . . . . . . 29 2.1 Definitionssystem PMK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.2 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten . . . . . . . . . . . . . 30 2.3 Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten . . . . . . . 31 2.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.3.2 Zielrichtungen der Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund . 33 2.3.3 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder. . . . . . . . . . . . . 34 III. Gewaltbereite Rechtsextremisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Rechtsextremistisches Gewaltpotenzial . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Bewaffnung und Gewaltdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Rechtsextremistische Skinhead-Szene . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.1 Skinhead-Organisationen mit bundesweitem Anspruch . . . . . . . 40 3.2 Rechtsextremistische Skinhead-Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.3 Vertrieb von Skinhead-Musik und sonstigen Skinhead-Materialien . 43 3.4 Skinhead-Fanzines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 6 IV. Neonazismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Neonazistische Kameradschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Neonazistische "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e . V." (HNG) . . . . . . . . . . . 51 4. "Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland" (NSAN) 52 V. Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) . . . . . . . . . 54 1.1 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1.2 Organisation und Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1.3 Verbotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1.4 "Junge Nationaldemokraten" (JN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. "Deutsch e Volksunion" (DVU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2.1 Zielsetzung und Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2.2 Organisation und Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3. "Die Republikaner" (REP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.1 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.2 Organisation und Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 VI. Intellektualisierungsbemühunge n i m Rechtsextremismus . . . . . . . 92 VII. Revisionismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 VIII. Internationale Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Internationale Treffe n u n d Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . 99 2. Kontakte deutscher Rechtsextremisten zu islamistischen Kreisen und dem Irak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IX. Agitationsund Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Periodische Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Organisationsunabhängige Verlage u n d Vertriebsdienste . . . . . . 103 3. Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3.1 Kommunikationsmedium für Rechtsextremisten . . . . . . . . . . 107 3.2 Rechtsextremistische Parteien im Internet . . . . . . . . . . . . . 109 4. Parteiunabhängige rechtsextremistische Info-Telefone . . . . . . . . 110 Linksextremistische Bestrebungen I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 7 Entwicklungen im Linksextremismus . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Übersicht in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Organisationen und Personenpotenzial . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten. . . . . . . . 116 III. Gewalttätiger Linksextremismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Autonome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1.1 Potenzial und Selbstverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1.2 Aktionsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1.3 Autonome Strukturen mit terroristischen Ansätzen . . . . . . . . 126 2. Traditionelle Anarchisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 IV. Parteien und sonstige G ruppierungen . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. "Deutsch e Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld . . . . . . . 131 1.1 "Deutsch e Kommunistische Partei" (DKP) . . . . . . . . . . . . . . 131 1.2 "Vereinigung der Verfolgte n d e s Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Bundesrepublik e. V." (VVN-BdA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1.3 "Bundesausschuss Friedensratschlag" . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) . . . . . . . . . . 138 2.1 Ideologisch-politisches Selbstverständnis der Partei . . . . . . . . . 139 2.2 Extremistisch e Strukturen in der Partei . . . . . . . . . . . . . . 141 2.3 Zusammenarbeit mit deutschen Linksextremisten außerhalb der Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2.4 Internationale Verbindungen der Partei . . . . . . . . . . . . . . 145 3. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) . . . . . . . 147 4. Trotzkistische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5. "Rote Hilfe e . V." (RH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 V. Aktionsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. "Anti-Kriegsbewegung". . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. "Antifaschismus" und "Antirassismus" . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Kampagne von Linksextremiste n gege n Kernenergie . . . . . . . 157 4. Entwicklung der "Anti-Globalisierungsbewegung" . . . . . . . . . . 159 VI. Agitationsund Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Verlage , Vertriebe und periodische Publikationen . . . . . . . . . 161 2. Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 8 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebunge n vo n Ausländern I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Übersicht in Zahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Organisationen und Personenpotenzial . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Extremistisch motivierte Strafund Gewalttaten aus dem Bereich d e s Ausländerextremismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 III. Ziele und Aktionsschwerpunkte einzelner Gruppen . . . . . . . . . 173 1. Araber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1.1 "Arabische Mujahedin" (Kämpfer für die Sache Allahs) / "Al-Qaida" (Die Basis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1.2 Ägyptische islamistische Gruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 1.3 Algerische islamistische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1.4 "Muslimbruderschaft" (MB) / Islamische Zentren. . . . . . . . . . 180 1.5 Islamistische Gruppen aus dem Nahen Osten . . . . . . . . . . . 182 1.5.1 "Islamische Widerstandsbewegung" (HAMAS) . . . . . . . . . . . . 182 1.5.2 "Hizb Allah" (Partei Gottes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1.5.3 "Hizb ut-Tahrir al-Islami" (HuT). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Türken (ohne Kurden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2.1 Türkische Islamisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2.1.1 "Kalifatsstaat" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 2.1.2 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG). . . . . . . . 187 2.2 Linksextremisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2.2.1 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) . . . . . . . . 192 2.2.2 "Türkisch e Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke" (THKP/-C - Devrimci Sol), jetzt "Revolutionäre Linie" (Devrimci Cizgi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 2.2.3 "Türkisch e Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) . 196 2.2.4 "Marxistisch-Leninistisch e Kommunistische Partei" (MLKP) . . . . . 199 3. Kurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 3.2 "Arbeiterparte i Kurdistans" (PKK) / "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) . . . . . . . . . . . . . . 201 3.2.1 Allgemeine Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 3.2.2 Organisatorische Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3.2.3 Propaganda der PKK/des KADEK . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 9 3.2.4 Finanzielle und wirtschaftliche Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . 206 3.2.5 Strafverfahren gegen führende Funktionäre von PKK/KADEK . . . 207 4. Iraner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 4.1 "Volksmodjahedin Iran-Organisation" (MEK) . . . . . . . . . . . . 208 4.2 "Arbeiterkommunistische Partei Iran" (API). . . . . . . . . . . . . 210 5. Tamilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 6. Annex: Schleusungsaktivitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 IV. Agitationsund Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Periodische Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 V. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presserzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 II. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Aktuelle Situation und Aufgabenstellung der Dienste i m russischen Staatswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Aufklärungsziele und Methoden der russischen Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 3. Die Legalresidenturen der russischen Nachrichtendienste . . . . . 226 III. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der übrigen Mitgliedsländer . der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) . . . . . . . . . . . 229 IV. Aktivitäten vo n Nachrichtendiensten aus Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas . . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Irakisch e Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 2. Syrisch e Nachrichtendienste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3. Iranisch e Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 4. Libysch e Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 V. Aktivitäten fernöstlicher Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . 234 1. Chinesisch e Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Nordkoreanisch e Nachrichtendienste . . . . . . . . . . . . . . . . 235 VI. Proliferation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 VII. Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 10 Geheimschutz Geheimschutz, Sabotageschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Scientology "Scientology Organisation" (SO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 2. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 3. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 4. Auftrete n i n d e r Ö ffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Erläuterungen und Dokumentation I. Endnoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Verfassungsschutz und Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Rechtsextremistische Bestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Linksextremistische Bestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Sicherheitsgefährdende und extremistischeBestrebungen vo n Ausländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten . . . . . 273 Scientology - Organisation (SO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 II. Gesetzestexte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 1. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheitendes Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) . . . . . . . . . . . . 279 2. Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst (MAD-G) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 3. Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BND-G) . . . . . . . . 308 4. Gesetz über die parlamentarisch e Kontrollenachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz - PKGrG) . . . . . . 314 5. Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG). . . . . . . . . . . . . . . . 318 III. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 IV. Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Strukturdaten 11 I. Strukturdaten ge m ä ß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz 1.1 Bundesamt für Verfassungsschutz Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt im Jahr 2002 betrug 123.895.737,62 m (2001 : 115.270.837,60 m). Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte 2.235 (2001: 2.097) Bedienstete. 1.2 Militärischer Abschirmdienst Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt im Jahr 2002 betrug 65.401.567 m (2001 : 61.740.900 m). Der Militärische Abschirmdienst hatte 1.286 (2001 : 1.285) Bedienstete. II. Weitere Strukturdaten Anfang 2003 waren von Bund und Ländern gemeinsam im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 942.350 (Anfang 2002: 925.650) personenbezogene Eintragungen enthalten, davon 520.390 Eintragungen (55,2 %) aufgrund von Sicherheitsüberprüfunge n (Anfang 2002: 53,9 %). Bericht 2002 12 Strukturdaten Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 14 Verfassungsschutz und Demokratie I. Verfassungsschutz im Grundgesetz Das Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland gewährt den Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl an Freiheitsrechten. Dazu gehören das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 G G ) , d er Versammlungsfreiheit (Art . 8 G G ) u n d d e r Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG). Diese Rechte s tehen selbst Gegnern der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unseres Staates zu. Eine klare Grenze bei der Inanspruchnahme dieser Rechte ist allerdings dort zu ziehen, wo deutlich erkennbar wird, dass sie zur Durchsetzung politischer Ziele missbraucht werden, um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu untergraben und damit das Fundament dieser Freiheitsrechte zu beseitigen. Die leidvollen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Untergang der Weimarer Republik, deren Verfassung keine wirksamen Abwehrmechanismen vorsah, haben dazu geführt, dass im Grundgesetz das Prinzip der wehrhaften und abwehrbereiten Demokratie verankert worden ist. "Wehrhafte Dieses Prinzip ist durch d r e i Wesensmerkmale gekennDemokratie" 1 zeichnet: - d i e Wertegebundenheit, d . h., unser Staat bekennt sich z u Werten, denen er eine besondere Bedeutung beimisst und die deshalb nicht zur Disposition stehen, - d i e Abwehrbereitschaft, d . h., der Staat ist gewillt, diese wichtigste n Werte gegenüber extremistischen Positionen zu verteidigen, und - die Vorverlageru n g d e s Verfassungsschutzes, d . h., der Staat reagiert nicht erst dann, wenn Extremiste n gege n gesetzliche Bestimmunge n verstoßen. Das Prinzip der wehrhaften und abwehrbereiten Demokratie findet in einer Reihe vo n Vorschriften des Grundgesetzes deutlichen Ausdruck: - Art. 79 Abs. 3 GG bestimmt, dass wesentliche Grundsätze der Verfassung, darunter der Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG unabänderlich und damit einer Änderung auch durch d e n Verfassungsgesetzgeber entzogen sind. - Nach A rt . 21 Abs. 2 GG können Parteien vom Bundesverfassungsgerich t f ü r verfassungswidrig erklärt werden, wenn sie darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. - Art. 9 Abs. 2 GG bestimmt, dass Vereinigungen, die sich Verfassungsschutz und Demokratie 15 gege n d i e verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten sind. - Nach A rt . 18 GG kann das Bundesverfassungsgericht die Verwirkung bestimmter Grundrechte aussprechen, wenn sie zum Kamp f gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauch t werden. - Art . 7 3 N r. 10 Buchsta b e b u n d A rt . 8 7 A b s . 1 S . 2 G G sind die Grundlage dafür, d a s s d i e Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder eingerichte t worden und berechtigt sind, für Zwecke d e s Verfassungsschutzes Unterlagen u. a. über Bestrebungen zu sammeln, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. II. Verfassungsschutzbehörden - Aufgaben und Befugnisse Hauptsächlich e Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Aufgaben Bundes und der Länder ist nach dem Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheite n d e s Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) die Sammlung und Auswertung von Informationen über - Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, - sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Bundesverfassungsschutzgesetzes für eine fremde Macht, - Bestrebungen im Geltungsbereich des Bundesverfassungsschutzgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige B e- lange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, - Bestrebungen im Geltungsbereich des Bundesverfassungsschutzgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völke r gerichtet sind. Die Verfassungsschutzbehörden gewinnen die zur Erfüllung Informationsihrer Aufgaben für sie wichtigen Informationen in erster Ligewinnung nie aus offen zugänglichen Quellen. Sofern das nicht möglich oder nicht effektiv ist, dürfen sie sich im Rahmen gesetzlich genau festgelegter Befugnisse und unte r Wahrung des GrundBericht 2002 16 Verfassungsschutz und Demokratie satzes der Verhältnismäßigke i t s o genannter nachrichtendienstlicher Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung bedienen. Hierzu gehören etwa der Einsatz geheimer Informanten, die Observation, Bildund Tonaufzeichnungen sowie die Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artike l 10-Gesetz - G 10). Durch d a s a m 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus wurden die Befugnisse des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz (BfV) ausgeweitet. U. a. wurden dem BfV unter enge n Voraussetzungen Auskunftsrechte eingeräumt gegenüber Finanzunternehmen, Luftfahrtunternehmen, Postdienstleistungsunternehmen sowie Telekommunikationsdienste n u n d Telediensteunternehmen. SicherheitsDarüber hinaus haben die Verfassungsschutzbehörden die überprüfungen Aufgabe, bei der Sicherheitsüberprüfung vo n Personen mitzuwirken, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Informationen anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen. Die Befugnisse für das BfV in diesem Zusammenhang sind im Gesetz über die Voraussetzunge n u n d d a s Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (SÜG) im Einzelnen geregelt. Keine polizeilichen Den Verfassungsschutzbehörden stehen bei der Erfüllung Befugnisse ihrer Aufgaben keinerlei polizeiliche Befugnisse zu, d. h., sie dürfen u. a. niemanden festnehmen, keine Durchsuchungen durchführen und keine Gegenstände beschlagnahmen. Bindung an Recht Die Verfassungsschutzbehörden sind bei ihrer Tätigkeit an und Gesetz die allgemeinen Rechtsvorschrifte n gebunden. Daraus folgt vor allem, dass bei der Aufgabenerfüllung keine strafbaren Handlungen begange n werden dürfen. Die Verfassungsschutzbehörden tragen in ihrem Zuständigkeitsbereich dazu bei, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Sie arbeiten mit anderen Sicherheitsbehörden, insbesondere den anderen Nachrichtendiensten des Bundes dem für den Bereich der Bundeswehr zuständigen Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem mit Auslandsaufklärung befassten Bundesnachrichtendienst (BND) sowie Polizeiund Strafverfolgungsbehörden auf gesetzlicher Grundlage vertrauensvoll und eng zusammen. Das BfV steht Verfassungsschutz und Demokratie 17 darüber hinaus angesichts der zunehmenden Internationalisierung der Bedrohungsphänomene in rege m Kontakt zu den Partnerdienste n i m Ausland. III. Kontrolle des Verfassungsschutzes Die Tätigkeit des BfV unterliegt der Kontrolle durch die BunBundesregierung desregierung und den Deutschen Bundestag. Das zu diesem Zweck eingerichtete Parlamentarisch e Kontrollgremium ist in Parlamentarisches regelmäßigen Abständen umfassend über die allgemeine TätigKontrollgremium keit des BfV und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten (SS 2 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes). Auf Verlangen ist ihm Einsicht in Akten und Dateien zu geben und die Anhörung von Mitarbeitern z u gestatten. Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses nach Maßgabe des Art . 10 G G werden durch d i e vo m Kontrollgremium bestellte unabhängige G 10-Kommission grundsätzlich vor de- G 10-Kommission ren Vollzug auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Gleiches gilt für die dem BfV mit dem Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus neu eingeräumte n Auskunftsrechte (vgl. Nr. II). Das BfV ist gesetzlich verpflichtet, Betroffenen auf Antrag Auskunftsrecht unentgeltlich Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Date n z u e rteilen, soweit auf einen konkreten Sachverhalt hingewiesen und ein besonderes Interesse an einer Auskunft dargelegt wird (SS 15 A b s . 1 B VerfSchG). Eine Auskunft u n- terbleibt nur dann, wenn einer der im Absatz 2 dieser Vorschrift ausdrücklich bezeichnete n Verweigerungsgründe vorliegt. Maßnahmen des BfV, bezüglich derer der Betroffene gelKontrolle durch Getend macht, in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein, unterrichte liege n gerichtlicher Nachprüfung. Das Bundesverfassungsschutzgesetz enthält eine Fülle daKontrolle durch den tenschutzrechtlicher Bestimmungen, die zu einer weitreichenBundesbeauftragten den Kontrolle durch den Bundesbeauftragten für den Datenfür den Datenschutz schutz führen. IV. Verfassungsschutzbericht Der Verfassungsschutzbericht dient der Unterrichtung und AufJährliche Berichte klärung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland. Er beruht auf den Bericht 2002 18 Verfassungsschutz und Demokratie Erkenntnissen, die das BfV im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zusammen mit den Landesbehörden für Verfassungsschutz gewonnen hat. Bei den im Bericht aufgeführte n Personenzusammenschlüssen (Parteien, Organisationen und Gruppierungen) liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Tätigwerden des BfV vor. Die Erkenntnislage zu den dargestellten Gruppierungen kann allerdings im Hinblick a u f Umfang und Dichte der angefallenen Informationen jeweils ganz unterschiedlich sein, was wiederum Einfluss auf die Art u n d Weise der Beobachtung durch das BfV haben kann. Die Bewertung einer Gruppierung als extremistisch bedeutet nicht in jedem Fall, dass alle ihre Mitglieder extremistische Bestrebunge n verfolgen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsschutzberich t keine abschließende Aufzählung aller verfassungsschutzrelevante n Personenzusammenschlüsse darstellt. V. Verfassungsschutz durch Aufklärung Bundesministerium Wahrgenommen wird die Aufgabe "Verfassungsschutz durch des Innern und BunAufklärung" auf Bundesebene gemeinsam vom Bundesministedesamt für Verfasrium des Innern und dem Bundesamt für Verfassungsschutz, sungsschutz auf Länderebene von den Innenministerien bzw. den Landesbehörden für Verfassungsschutz. Das Hauptaugenmerk gilt dem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern üb e r d i e Aufgabenfelder des Verfassungsschutzes. Die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes bietet Informationen über seine Erkenntnisse an, die es jedermann ermöglichen sollen, sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Fundamentalismus und Extremismus sowie Fremdenfeindlichkeit und Gewalt sind für den demokratischen und sozialen Rechtsstaat eine stetige Herausforderung. Die umfassende Bekämpfung aller Formen des politischen Extremismus ist daher kontinuierlich e i n S chwerpunkt der Innenpolitik. Die Bundesregierung misst der präventiven und repressive n Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungen eine besondere Bedeutung zu. Dies wird eindrücklich am Beispiel der Bekämpfung des Rechtsextremismus durch d i e Vorlage eines "Berichts über die aktuellen und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung gege n Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt" dokumen- Verfassungsschutz und Demokratie 19 tiert, der dem Deutschen Bundesta g a m 14. Mai 2002 vorgelegt wurde (Drucksach e 14/9519). Kernpunkt der Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Bestrebungen bildet dabei eine mehrdimensionale Handlungsstrategie nach den Schwerpunkten - Menschenrechtspolitik, - Stärkung der Zivilgesellschaft/Zivilcourage, - Förderung der Integration vo n Ausländern, - Maßnahmen, die auf die Täte r u n d i h r Umfeld zielen. Der vollständige Bericht ist im Internet unter Angabe der o . g . D rucksachennummer über www.bundestag.de abrufbar. "Verfassungsschutz durch Aufklärung" bedeutet letztlich, über die reine Wissensvermittlung hinaus deutlich z u m a chen, dass die Demokratie grundlegende Wertorientierungen braucht, über die ein allgemeiner Konsens besteht. Eine besondere Rolle bei der Festigung des Verfassungs"Bündnis für konsenses und der Stärkung der Zivilgesellschaft spielt das von Demokratie und Toleder Bundesregierung initiierte und am 23. Mai 2000 der Öfranz" fentlichkeit vorgestellte "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt". Das "Bündnis" bündelt und mobilisiert d i e gesellschaftlichen Kräfte gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Eine seiner wichtigste n Aufgaben besteht darin, lokale Initiativen und Projekte durch Information, Beratung und Dokumentation zu fördern , z u u n- terstützen, zu vernetzen und bekannt zu machen. Das "Bündnis" ist ein Zusammenschluss vo n verschiedenen Initiativen, Vereinen und Verbänden sowie Privatpersonen aus der gesamten Gesellschaft. Seine Arbeit wird von einem 20köpfigen Beirat maßgeblich gestaltet, dem Vertreter aus Parlament und Regierung, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie die Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Repräsentanten aus Wirtschaft, DGB, Wissenschaft und sozialen Organisationen angehören. Ein Unterstützerkreis prominente r Persönlichkeiten steht dem "Bündnis" zur Seite, um den Initiativen und Organisationen in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen und sich bei bestimmten Anlässen zu Wort zu melden. Wichtige öffentliche Förderprogramme wie z. B. XENOS, CIVITAS und ENTIMON im Rahmen des Aktionsprogramms "Jugend für Toleranz und Demokratie - gege n Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" (siehe auch unter www.bmfsfj.de) stehen unter dem Dach des "Bündnisses". Bericht 2002 20 Verfassungsschutz und Demokratie Dem "Bündnis" haben sich inzwischen über 900 Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen angeschlossen. Die Verleihung eines Preises "Botschafte r d e r Toleranz" ist ein hervorgehobenes Ereignis im Rahmen der alljährlichen zentralen Veranstaltung des "Bündnisses" am 23. Mai, dem Verfassungstag. Hierbei werden herausragende Gruppen oder Projekte ausgewählt und der Öffentlichkeit präsentiert. Mit dem Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz" werden weitere gelungene, nachahmenswerte Projekte gesammelt und anerkennend gewürdigt. Der ebenso jährlich veranstaltete "Victor-Klemperer-Jugendwettbewerb", der in enge r Kooperation mit der Dresdner Bank AG durchgeführt wird, ist ein wichtiges Beispiel für die Zusammenarbeit des "Bündnisses" mit Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft. Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann dauerhaft nicht ohne nachhaltige geistig-politisch e Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen des Extremismus bewahrt werden. Wesentlich dabei ist eine fundierte Aufklärung und Informationsvermittlung über Art u n d Umfang extremistischer Bestrebungen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz informierte i m R a h- men dieser Aufgabenstellung im Jahr 2002 durch die Presseund Öffentlichkeitsarbeit mit seiner Interneteinstellung, zahlreichen Ausstellungsund Messeterminen sowie einem großen Angebot an Publikationen über seine Arbeitsfelder und die jeweils aktuellen Erkenntnisse. Internet Das Internet ist ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit. Täglich nutzen ca. 1.000 Interessierte das vielfältige Informationsangebot. Dieses Angebot beinhaltet ausführliche Informationen über die Aufgaben und Arbeitsfelder des Verfassungsschutzes. Schwerpunkt dabei sind ca. 30 Publikationen, die insgesamt ca. 145.000 mal abgerufen wurden. Daneben werden u. a. regelmäßig interessante Neuigkeiten aus dem Tätigkeitsbereich d e s Verfassungsschutzes bzw. aktuelle Hinweise zu den Wanderausstellungen des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz in den Rubriken "News" und "Ausstellungen" eingestellt. Verfassungsschutz und Demokratie 21 Mehr als 50.000 Besucher sahen im Jahr 2002 die nach Wanderauswie vor erfolgreichen und stark nachgefragte n Wanderausstellungen stellungen "Demokratie ist verletzlich - Rechtsextremismus in Deutschland" und "Es betrifft Dich! Gegen Extremismus in Deutschland" an insgesamt 21 verschiedenen Orten im ganzen Bundesgebiet. Neben Einzelbesuchern nutzten hauptsächlich Schulklassen die Möglichkeit, sich über Extremismus und seine Erscheinungsformen zu informieren. Die Ausstellunge n werden während der jeweiligen Laufzeit von fachkundige n Verfassungsschutzmitarbeitern betreut, die den Besuchern Führungen anbieten und für Frage n z u r Verfügung stehen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beteiligte sich außerMessen d e m a n verschiedenen Messen, beispielsweise der Bildungsmesse "interschul/didacta" in Köln und der Sicherheitsmesse "Security" in Essen. Die Gesamtauflage der im Jahr 2002 verteilten Broschüren Broschüren des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz lag einschließlich der Nachdrucke b e i rund 55.000 Exemplaren. Das Angebot wurde von den Abnehmern nicht nur als Druckerzeugnis in Anspruch genommen, sondern auch der Abruf über die Internetseite des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz gewann zunehmend an Bedeutung. In allen Frage n d e s Verfassungsschutzes steht das Ansprechpartner Bundesamt für Verfassungsschutz Merianstraße 100 50765 Köln Telefon: 0 18 88 / 79 20 Telefax : 0 18 88 / 79 83 65 als Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung. Im Internet ist das Bundesamt für Verfassungsschutz unter www.verfassungsschutz.de erreichbar. Bericht 2002 22 Verfassungsschutz und Demokratie Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 24 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Überblick 1. Ideologie Nationalismus Die rechtsextremistische Ideenwelt ist von nationalistischen und und Rassismus rassistischen Anschauunge n geprägt. Dabei ist die Überzeugung als zentrale vorherrschend, die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation Ideologieelemente oder Rasse entscheide über den Wert eines Menschen. Da nach rechtsextremistischem Verständnis diesem Kriterium auch die Menschenund Bürgerrechte untergeordnet werden, lehnen Rechtsextremisten das - für jedes Individuum geltend - universale Gleichheitsprinzip, wie es Art. 3 d e s G rundgesetzes konkretisiert, ab. Autoritäres Rechtsextremisten treten in aller Regel für ein autoritäres Staatsverständnis politisches System ein, in dem Staat und Volk - nach ihrer und Ideologie der Vorstellung ein ethnisch homogenes Volk - als angeblich Volksgemeinschaft natürliche Ordnung in einer Einheit verschmelzen. Gemäß dieser Ideologie der "Volksgemeinschaft" sollen die staatlichen Führer intuitiv nach d e m vermeintlich einheitlichen Willen des Volkes handeln. Insofern erübrigen sich in einem rechtsextremistisch geprägte n Staat die wesentlichen Kontrollelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie das Rech t d e s Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen auszuüben, oder das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition. Kein ideologisch Der Rechtsextremismus in Deutschland stellt kein einheiteinheitliches liches ideologisches Gefüge dar, sondern weist unterschiedliGefüge che Begründungen und Zielsetzungen auf: Gewaltbereite Rechtsextremisten, dazu zählen insbesondere rechtsextremistische Skinheads, haben meist ein diffuses Weltbild; ihr Lebensgefühl wird von fremdenfeindlichen, oft rassistischen Ressentiments geprägt. Sie treten mit spontanen Gewalttaten und aggressiver, volksverhetzender Musik in Erscheinung und wollen hierdurch ihren Willen ausdrücken, Deutschland von allen Fremden zu "befreien". Neonazis, die einen stärkeren Drang zu zielgerichteter politischer Aktivität haben, orientieren sich in ihren Zielen an nationalsozialistischen Vorstellungen eines totalitären Führerstaats auf rassistischer Grundlage. Aus ihrer Sicht ist das deutsch e Volk "höherwertig" und deshalb vor "rassisch minderwertigen" Ausländern oder Juden zu schützen. Die rechtsextremistischen Parteien vertreten demgegenüber eher nationalistisch e Positionen. Ihnen gilt die Nation als oberstes Prinzip; dies hat eine Abwertung der Menschenund Bürgerrechte und insbesondere eine Ablehnung der Gleichheitsrechte für diejenige n z u r Folge, die nicht dem Rechtsextremistische Bestrebungen 25 von ihnen nur ethnisch definierten "Deutschen Volk" angehören. Sie streben nach einem autoritären Staat, in dem die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigt wäre. 2. Entwicklunge n i m Rechtsextremismus Im Jahr 2002 sind die rechtsextremistischen Gewalttaten anAnstieg rechtsexgestiegen (vgl. Kap. II, Nr. 2). Das rechtsextremistisch e Persotremistischer Gewaltnenpotenzial ging insgesamt zurück (vgl. Kap. II, Nr. 1). taten/Personenpotenzial rückläufig Die Zahl gewaltbereite r Rechtsextremisten ist dagegen 2002 weiter angestiegen, insbesondere die subkulturell geprägte Zunahme der Zahl Skinhead-Szene erhielt weiteren Zulauf von Jugendlichen. Damit gewaltbereiter hat sich der Trend der letzten Jahre fortgesetzt. Weiterhin Rechtsextremisten kommt fast die Hälfte d e s Personenpotenzials rechtsextremistischer Skinheads und sonstige r gewaltbereite r Rechtsextremisten aus dem Osten Deutschlands. Gewaltbejahende Äußerunge n vo n Rechtsextremisten waren auch 2 0 0 2 z u verzeichnen, in ihrer Intensität sind sie aber deutlich zurückgegangen. Wie 2001 g a b e s keine nennenswerte n Waffenund Sprengstofffunde durch d i e Polizei. Ansätze für ein Entstehen rechtsterroristischer Strukturen waren nicht erkennbar (vgl. Kap. III, Nr. 2). Die rechtsextremistische Skinhead-Musikszene spielt nach Skinhead-Musik wie vor eine bedeutende Rolle bei der Entstehung und Verprägt politische Einfestigung von Gruppen rechtsextremistischer gewaltbereiter Justellung Gewaltbereigendlicher. Der rückläufige Trend bei den Konzerten hat sich ter nich t fortgesetzt; erstmals seit 1999 ist die Zahl entsprechender Veranstaltungen wieder gestiegen. Allerdings ist die Zahl der Skinhead-Bands ebenso wie die Zahl der Vertriebe zurückgegangen. Das Verbot der Skinhead-Organisation "Blood & Honour - Division Deutschland" erwies sich als wirksam: Es bildete sich keine neue bundesweite Skinhead-Organisation heraus. Statt dessen verschwimmen die Grenzen der SkinheadSzene zur Neonazi-Szene immer stärker. D e r " Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) gelang es wie in den Vorjahren, Skinheads zu ihren Kundgebungen zu mobilisieren (vgl. Kap. III, Nr. 3). Das überwiegend in Kameradschaften organisierte neonaRückgang des zistisch e Personenpotenzial ist 2002 zurückgegangen, die Zahl neonazistischen der Kameradschaften stieg auf 160. 1 Die Anziehungskraft der Personenpotenzials Bericht 2002 26 Rechtsextremistische Bestrebungen Neonazi-Szene für junge aktionsorientierte E rwachsene - resultierend aus einer regen Demonstrationsaktivität der Szene - ließ wieder nach. Mangels zugkräftiger Themen hat sich eine gewisse "Demonstrationsmüdigkeit" eingestellt. Auch wenn nicht alle Angebote d e r Neonazi-Szene subkulturell orientierte Skinheads ansprechen, setzte sich doch die Entwicklung der letzten Jahre fort: Es bildeten sich vermehrt "Mischszenen" vo n Neonazis und Skinheads. Die regionale Verflechtung oder gar Koordinierung der Szene über Kameradschafts-Bündnisse wie beispielsweise das "Nationale und Soziale Aktionsbündnis Norddeutschland" gelang nur teilweise (vgl. Kap. IV, N r. 2). NPD weiterhin Die vo n U d o VOIGT geführte NPD war trotz leichten Rückauffälligste gangs der Mitgliederzahlen (vgl. Kap. V, N r. 1) auch 2002 die rechtsextremistische auffälligste rechtsextremistische Partei. Sie hielt trotz des lauPartei fenden Verbotsverfahrens an ihrer offe n vorgetragenen Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung fest. Die Parte i verfolgte ihren aktionsorientierte n Kurs weiter. S o mobilisierte sie zu ihren Demonstrationen auch wieder rechtsextremistische Skinheads und Neonazis. Mit dem Vorwurf der unzureichenden Aufarbeitung von "Spitzelanschuldigungen" ging jedoch e i n Teil der Neonazi-Szene zu ihr auf Distanz. Der Bundesvorsitzende VOIGT konnte sich gegen parteiinterne Kritiker durchsetzten und seine Position stärken (vgl. Kap. V, Nr. 1 ) . Bei der Bundestagswahl am 22. September erhielt die Partei 0,4 % und bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 0,8 % d e r Stimmen. Rückgang der Auch nach weiteren Mitgliederverlusten blieb die "Deutsche DVU-Aktivitäten Volksunion" (DVU) die mitglieder- u n d finanzstärkste Organisation im Rechtsextremismus. Der Gründungsvorsitzende Gerhard FREY dominierte die Partei unangefochten. Die Aktivitäte n d e r DVU gingen zurück, sogar die jährliche Großveranstaltung in Passau fiel aus. Außerdem verzichtete die Partei darauf, sich 2 0 0 2 a n Wahlen zu beteiligen; selbst bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt trat sie nicht an, obwohl sie dort vor fünf Jahren ihren größten Erfolg erzielt hatte. Gegenwärtig ist die DV U i n z wei Landtage n vertreten (vgl. Kap. V, N r. 2). Abnehmende Bei der Partei "Die Republikaner" (REP) liege n weiterhin Bedeutung der REP tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebunge n vor. Die Serie vo n Wahlniederlagen, innerparteilich e Streitigkeiten und Mitgliederabwanderungen setzten sich 2 0 0 2 fort. Rechtsextremistische Bestrebungen 27 Die Partei blieb bei der Bundestagswahl sowie der Landtagswahl am 22. September in Mecklenburg-Vorpommern e rfolglos und verlor deutlich a n Stimmen. Trotzdem wurde ihr Vorsitzender Ro l f SCHLIERER in seinem Parteiamt bestätigt, viele seiner innerparteilichen Kontrahente n verließen die REP (vgl. Kap. V, N r. 3). Der intellektuelle Rechtsextremismus konnte keine nenNiedergangstendenz nenswerten Erfolge verzeichnen. Die geringe Resonanz dieses im intellektuellen theorieorientierten rechtsextremistischen Spektrums, dem zuRechtsextremismus dem ein höheres intellektuelles Niveau fehlt, zeigt sich auch anhand der zurückgehenden Erscheinungshäufigkeit seiner Publikationen (vgl. Kap. VI). Den rechtsextremistischen Verlage n gelang es 2002 nicht, ein bedeutendes Buch z u veröffentlichen (vgl. Kap. IX, Nr. 2). Einige der den Holocaust leugnenden Revisioniste n versuchte n weiterhin erfolglos, öffentliche Debatten in ihrem Sinn umzudeuten. Wege n d e r Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung in Deutschland wird für solche Behauptunge n vor allem das Internet mit Speicherplätzen im Ausland genutzt. Über das Internet ist diese Szene zugleich international verbunden (vgl. Kap. VII). Auch für andere Rechtsextremisten hat das Internet eine Erstmaliger herausragende Bedeutung. Es wird zur Selbstdarstellung und Rückgang der von Agitation genutzt, aber auch für die Mobilisieru n g z u KundRechtsextremisten gebungen. Die Zahl der von deutschen Rechtsextremisten bebetriebenen Homepages seit 1996 triebenen Homepages ging erstmals seit 1996 zurück. Ursächlich dürften hierfür neben der Verunsicherung der Homepagebetreiber durch E xekutivmaßnahmen vor allem Sperrungen rechtsextremistischer Homepages durch kommerzielle Provider sein. Rechtsextremisten nutzten zudem verstärkt interaktive Dienste des Internet, um miteinander zu kommunizieren. Aus zunächst virtuellen Zusammenkünften im Internet Relay Chat (IRC) oder in Diskussionsforen entwickelten sich persönliche Treffen (Kap. IX, Nr. 3). II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotenzial Ende 2002 gab es in Deutschland 146 2 (2001 : 141) rechtsexErneut Rückgang des tremistische Organisationen und Personenzusammenschlüsse. rechtsextremistischen Die Zahl ihrer Mitglieder sowie der nichtorganisierte n RechtsPersonenpotenzials extremisten ist erneut zurückgegangen und liegt mit 45.000 rund 10 % unter der des Vorjahres (49.700). Bericht 2002 28 Rechtsextremistische Bestrebungen Gewaltbereite Die Zahl der subkulturell geprägten * und sonstige n geRechtsextremisten waltbereite n Rechtsextremiste n i s t m i t 10.700 Personen (2001: 10.400) um rund 3 % gestiegen. Die seit 1995 zu beobachtende Zunahme der Zahl der gewaltbereite n Rechtsextremisten hält damit weiter an. Zu den Gewaltbereite n werden auch diejenige n Rechtsextremiste n gezählt, die - ohne bislang Gewalttate n verübt zu haben - Gewaltanwendung befürworten. Dazu gehören als weitaus größte G ruppe rechtsextremistische Skinheads, die sich durch ihre subkulturelle Prägung von anderen gewaltbereite n Rechtsextremisten, beispielsweise aus dem Neonazilager, unterscheiden. Rückgang der Zahl Die Zahl der Neonazis ist mit 2.600 (2001: 2.800) ca. 7 % der Neonazis zurückgegange n . E s konnten 72 Gruppen 3 (2001: 65) mit einer überwiegend geringen Organisationsstruktur festgestellt werden. Rechtsextremistische In den rechtsextremistischen Parteien sind nur noch rund Parteien 28.100 (2001: 33.000) Personen organisiert. In dieser Zahl sind die Mitglieder der Partei "Die Republikaner" (REP) enthalten, ohne dass damit jedes einzelne Mitglied als rechtsextremistisch zu bewerten ist. Der Rückgang um rund 15 % ergibt sich insbesondere aus weiteren deutlichen Mitgliederverlusten der REP (ca. 2.500) und der DVU (ca. 2.000). Die Zahl der sonstigen rechtsextremistischen Organisationen ist mit 70 (2001: 72) Gruppen nur leicht zurückgegangen, diesem Spektru m gehören rund 4.400 (2001: 4.300) Mitglieder/Aktivisten an. * Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeiten sind nicht nur bei Skinheads, sondern auch - in geringerem Umfang - bei Neonazis und - noch seltener - bei Mitgliedern rechtsextremistischer Parteien festzustellen. Daher kann die Gewaltbereitschaft nicht das einzige Abgrenzungskriterium zwischen Skinheadund Neonazi-Szene sein. Hinzu kommt vielmehr die subkulturelle Komponente, mit der sich die Skinheads von allgemeinen gesellschaftlichen Standards abgrenzen. Dazu gehören z. B. martialisches Auftreten, aggressive Musik und exzessiver Alkoholkonsum. Rechtsextremistische Bestrebungen 29 Rechtsextremismuspotenzial 1) 2000 2001 2002 Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Subkulturell geprägte und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten 2) 2 9.700 1 10.400 1 10.700 Neonazis 3) 60 2.200 65 2.800 72 2.600 Parteien 3 36.500 3 33.000 3 28.100 davon "Die Republikaner" (REP)4) 13.000 11.500 9.000 "Deutsche Volksunion" (DVU) 17.000 15.000 13.000 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 6.500 6.500 6.100 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 78 4.200 72 4.300 70 4.400 Summe 143 52.600 141 50.500 146 45.800 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften 5) 50.900 49.700 45.000 1) Die Zahlen sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2) Die meisten subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten (hauptsächlich Skinheads) sind nicht in Gruppen organisiert. In die Statistik sind als gewaltbereit nicht nur tatsächlich als Täter/Tatverdächtige festgestellte Personen einbezogen, sondern auch solche Rechtsextremisten, bei denen lediglich Anhaltspunkte für Gewaltbereitschaft gegeben sind. 3) Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften innerhalb der Neonazi-Szene. Die Anzahl der Gruppen umfasst nur diejenigen neonazistischen Gruppierungen und diejenigen der rund 160 Kameradschaften, die ein gewisses Maß an Organisierung aufweisen. 4) Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Mitglieder der REP rechtsextremistische Ziele verfolgen oder unterstützen. 5) Die Mehrfachmitgliedschaften im Bereich der rechtsextremistischen Parteien und sonstigen rechtsextremistischen Organisationen wurden vom gesamten Personenpotenzial abgezogen (für das Jahr 2002: 800). 2. "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK) 2.1 Definitionssystem PMK Das Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität" wurde Definitionssystem nach einem Beschluss der Ständige n Konferenz der Innenmi"Politisch motivierte nister und -senatoren des Bundes und der Länder (IMK) zum Kriminalität" (PMK) 1. Januar 2001 eingeführt. Zentrales Erfassungskriterium dieses Meldesystems ist die politisch motivierte Tat. Als politisch m o- Bericht 2002 30 Rechtsextremistische Bestrebungen tiviert gilt eine Tat insbesondere dann, wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres äußeren Erscheinungsbildes bzw. ihres gesellschaftlichen Status richtet. Die erfassten Sachverhalte werden im Rahmen einer mehrdimensionalen Betrachtung unte r verschiedenen Gesichtspunkten bewertet. Hierbei werden insbesondere Feststellungen zur Qualität des Delikts, zur objektive n thematischen Zuordnung der Tat, zum subjektive n Tathintergrund, zur möglichen internationalen Dimension der Tat und zu einer ggf. zu verzeichnenden extremistischen Ausprägung der Ta t getroffen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Bereich d e r G ewaltdelikte erweitert und bundeseinheitlich festgelegt. Die differenzierte Darstellung ermöglicht eine konkret bedarfsorientierte Auswertung der Daten und bildet damit die Grundlage für den zielgerichteten Einsatz geeigneter repressiver und präventiver Bekämpfungsmaßnahmen. D i e i m Verfassungsschutzberich t genannten Zahlen zu den von Extremiste n verübte n Strafund Gewalttaten basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Das Definitionssystem PMK wirkt sich auch a u f d i e i m Verfassungsschutzbericht enthaltenen Zahlenübersichten aus. Diese weisen - dem gesetzlichen Aufgabenbereich d e s Verfassungsschutzes entsprechend - schwerpunktmäßig extremistisch e Straftaten aus. 2.2 Politisch motivierte Strafund Gewalttaten Für das Jahr 2002 wurden vo m B K A 21.690 (2001: 26.520) politisch motivierte Straftaten registriert. In dieser Zahl sind 11.749 (54,2 %) Propagandadelikte enthalten (2001: 14.730 = 55,5 %). 1.930 Delikte (8,9 %) sind der politisch motivierten Gewaltkriminalität zuzuordnen (2001: 2.368 = 8,9 %). Politisch motivierte 12.933 (2001 : 14.725) Straftaten wurden dem PhänomenStraftaten nach bereich "rechts", 3.639 (2001: 4.418) dem Phänomenbereich Phänomenbereichen "links" und 845 (2001 : 1.020) dem Phänomenbereich der "politisch motivierte n Ausländerkriminalität" zugeordnet. Bei 4.273 (2001: 6.357) Straftate n konnte keine eindeutige Zuordnung zu einem Phänomenbereich getroffe n werden. Rechtsextremistische Bestrebungen 31 12.758 Straftaten (58,8 %) wurden als extremistisch eingeExtremistische stuft (2001 : 12.562 = 47,4 %), davo n 10.902 (2001 : 10.054) aus Straftaten dem Phänomenbereich "rechts", 1.137 (2001 : 1.895) aus dem Phänomenbereich "links" und 573 (2001 : 511) aus dem Bereich der "politisch motivierte n Ausländerkriminalität". 146 (2001 : 102) Straftaten deuteten aufgrund der Tatumstände auf einen extremistischen Hintergrund hin, wurden aber ohne Zuordnung zu einem Phänomenbereich gemeldet. Der Anstieg des Anteils der extremistischen Straftaten an der Politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2002 ist Indiz für eine konsequente Anwendung der Richtlinien des kriminalpolizeilichen Meldedienstes "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK). Im Jahr 2001, dem ersten Jahr der Anwendung des neuen Definitionssystems PMK, waren noch gravierende Unterschiede bei der Zuordnung zur extremistischen Kriminalität in den Bundesländern festgestellt worden. Gleichgelagerte Sachverhalte wurden zum Teil durch die Bundesländer unterschiedlich b ewertet und erfasst. Aufgrund detaillierterer Handlungsanweisungen haben die Bundesländer ihre Bewertung zur extremistischen Kriminalität nunmehr einander angeglichen. 2.3 Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten 2.3.1 Überblick Rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten bilden Anstieg der eine Teilmenge des Phänomenbereichs "Politisch motivierte rechtsextremistisch Kriminalität - rechts". Dem Phänomenbereich " Politisch motimotivierten Kriminalität vierte Kriminalität - rechts" wurden 12.933 (2001 : 14.725) Straftaten, hiervon 8.538 (2001: 9.418) Propagandadelikte nach SSSS 86, 86a StGB und 940 (2001: 980) Gewalttaten , zugeordnet. Im Phänomenbereich " Politisch motivierte Kriminalität - rechts" wurden 10.902 (2001 : 10.054) Straftaten mit extremistischer Motivation, darunter 772 (2001: 709) Gewalttaten, erfasst. Damit stieg die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten um 8,4 %, die der Gewalttaten mit rechtsextremistischer Motivation um 8,9 %. Der Anteil der extremistisch m o- tivierten Gewalttaten an der Gesamtzahl der extremistisch m o- tivierte n Straftaten beträgt 7,1 % (2001 : 7,1 %). Bei 86,4 % (2001: 84,1 %) aller rechtsextremistisch motivierte n Straftaten handelte e s s i ch entweder um Propagandadelikte ( 7.294 TaBericht 2002 32 Rechtsextremistische Bestrebungen ten, 2001: 6.336) oder um Fälle vo n Volksverhetzung (2.122 Taten, 2001: 2.121). Insgesamt wurden 150 Delikte (2001 : 153) im Themenfeld "Gewalttate n gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten" und 57 Delikte (2001: 45) im Themenfeld "Gewalttate n gegen sonstige politische Gegner" ausgewiesen. Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" 1) Gewalttaten: 2001 2002 Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 9 8 Körperverletzungen 626 646 Brandstiftungen 16 26 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 1 Landfriedensbruch 34 32 Gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 3 11 Freiheitsberaubung 0 1 Raub 7 6 Erpressung 3 5 Widerstandsdelikte 10 36 gesamt 709 772 Sachbeschädigungen 251 178 Nötigung, Bedrohung 190 115 Propagandadelikte 6.336 7.294 Störung der Totenruhe 30 30 Andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung 2.538 2.513 gesamt 9.345 10.130 Straftaten insgesamt 10.054 10.902 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Übersicht enthält - mit Ausnahme der Tötungsdelikte - vollendete und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Ist zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich eine Körperverletzung begangen worden, so erscheint nur die Körperverletzung als das Delikt mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. Im Jahr 2002 gab es kein vollendetes rechtsextremistisch motiviertes Tötungsdelikt. Antisemitisch In Ostdeutschland waren einige drastische Fälle von motivierte Störunge n d e r Totenruhe und anderen Formen der Schändung Schändungen von jüdischer Friedhöfe und Gedenkstätte n z u verzeichnen. Bei Gedenkstätten Schändungen der in Mecklenburg-Vorpommern gelegenen jüdischen Friedhöfe in Boizenburg und Raben-Steinfeld sowie der Rechtsextremistische Bestrebungen 33 KZ-Gedenkstätte in Wöbbelin verübten unbekannte Täter Hakenkreuzschmierereien und hinterlegten an allen Tatorten abgetrennte S chweinsköpfe , i n d i e D avidssterne eingeritzt waren. A m 16. März detonierte ein Sprengsatz auf dem Friedhof Sprengstoffanschlag der Jüdischen Gemeinde in Berlin-Charlottenburg (vgl. Kap. III, auf jüdischen Nr. 2). Unbekannte hatten eine mit Sprengstoff gefüllte StahlFriedhof flasche in den Eingangsbereich des Friedhofs geworfen. Durch die Explosion wurden die Fensterscheiben des Andachtsraums zerstört. 2.3.2 Zielrichtungen der Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund Mit 440 (2001: 374) Delikten richtete sich die Mehrzahl der politisch rechtsmotivierten Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund gegen Fremde; somit waren rund 56,9 % aller entsprechenden Gewalttaten fremdenfeindlich motiviert . 150 (19,4 %) Gewaltdelikte (2001 : 15 3 = 21,6 %) richteten sich gegen (mutmaßliche) Linksextremisten, 28 (3,6 % ) Taten (2001: 18 = 2 , 5 %) waren antisemitisch motiviert. Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund 1) Gewalttaten: 2001 2002 Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 7 6 Körperverletzungen 343 388 Brandstiftungen 12 20 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 Landfriedensbruch 9 12 Gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 1 3 Freiheitsberaubung 0 1 Raub 1 3 Erpressung 1 0 Widerstandsdelikte 0 7 gesamt 374 440 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Übersicht enthält - mit Ausnahme der Tötungsdelikte - vollendete und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Ist zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich eine Körperverletzung begangen worden, so erscheint nur die Körperverletzung als das Delikt mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. Bericht 2002 34 Rechtsextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" 1) [Zielrichtungen] Gesamt 675 Gesamt 590 440 374 153 150 57 45 28 18 2001 2002 Gewalttaten gegen Linksextremisten Fremdenfeindliche Gewalttaten oder vermeintliche Linksextremisten Antisemitistische Gewalttaten Gewalttaten gegen sonstige politische Gegner 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Es sind nur die wichtigsten Zielrichtungen berücksichtigt. 2.3.3 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder Die - in absoluten Zahlen - meisten Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund ereigneten sich m i t 104 registrierten Delikten in Niedersachsen, das allerdings bezogen auf j e 100.000 Einwohner im Mittelfeld der Statistik steht. Danach Rechtsextremistische Bestrebungen 35 folgen Sachsen (89), Nordrhein-Westfalen (80; bezogen auf die Einwohnerzahl im unteren Bereich d e r Statistik stehend) und Brandenburg (78). Nach w i e vor ist ein deutlicher Schwerpunkt in den östlichen Ländern festzustellen. Im Durchschnitt wurden dort mit 2,05 Gewalttate n j e 100.000 Einwohner mehr als dreimal so viele Gewalttaten registriert w i e i n d e n westlichen Bundesländern (0,64). Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" 1) [ in den Ländern ] 104 Niedersachsen 79 89 Sachsen 85 Nordrhein80 Westfalen 48 78 Brandenburg 67 Sachsen66 Anhalt 45 Schleswig58 Holstein 66 55 Thüringen 54 51 Bayern 72 Baden51 Württemberg 61 50 Berlin 21 24 Hessen 31 Rheinland21 Pfalz 34 Mecklenburg15 Vorpommern 0 13 Hamburg 34 10 Saarland 9 7 Bremen 3 2002 2001 1 ) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Bericht 2002 36 Rechtsextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts"1) [je 100.000 Einwohnern in den Ländern ] 3,02 Brandenburg 2,58 Sachsen2,54 Anhalt 1,73 2,27 Thüringen 2,23 Schleswig2,08 Holstein 2,36 2,04 Sachsen 1,93 1,48 Berlin 0,62 1,30 Niedersachsen 1,00 1,06 Bremen 0,45 0,94 Saarland 0,84 Mecklenburg0,86 Vorpommern 0 0,75 Hamburg 1,98 Rheinland0,52 Pfalz 0,84 Baden0,48 Württemberg 0,58 Nordrhein0,44 Westfalen 0,27 0,41 Bayern 0,59 0,39 Hessen 0,51 2002 2001 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Statistischen Bundesamtes zu den Einwohnerzahlen der Länder. Rechtsextremistische Bestrebungen 37 III. Gewaltbereite Rechtsextremisten 1. Rechtsextremistisches Gewaltpotenzial Das Potenzial der gewaltbereite n Rechtsextremisten ist nach Jahren des starken personellen Zulaufs um 2,9 % a u f 10.700 Personen (2001 : 10.400) gestiegen. Den weitaus größte n Teil hiervon stellen rechtsextremistische Skinheads. 2. Bewaffnung und Gewaltdiskussion Es gibt keine rechtsterroristischen Gruppierunge n u n d keine Keine terroristischen Bestrebunge n z u m Aufbau eines zielgerichteten "bewaffneten Strukturen Kampfes". Militante Rechtsextremisten lehnen Terrorismus 4 ab, da dieser nur "das System" stärke u n d i m Volk auf Unverständnis treffe. Zudem sind sie sich des hohen Entdeckungsrisikos bewusst. Gleichwohl besteht weiterhin die Gefahr, dass Einzelpersonen oder Kleinstgruppen auch s chwere Anschläge mit der Absicht begehen, eine politisch e Fanalwirkung zu erzielen. S o verübten unbekannte Täter am Abend des 16. März eiSprengstoffanschlag nen Sprengstoffanschlag auf den jüdischen Friedhof in Berlinauf jüdischen Charlottenburg, bei dem es im Eingangsbereich z u S a chbeFriedhof schädigungen kam. Durch die Detonation wurden auch die Fensterscheiben des Andachtsraums zerstört. Der Friedhof war bereits am 19. Dezember 1998 Ziel eines Sprengstoffanschlags, durch den die Grabplatte am Grab des ehemaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Heinz Galinski zerstört worden war. Am 20. September griff e i n Rechtsextremist in Berlin ein Attacke auf ein Mitglied des Deutschen Bundestags von Bündnis 90/Die GrüMitglied des nen mit einem Teleskopschlagstock an. Der Abgeordnete e r- Deutschen Bundestags litt Kopfverletzungen. Gegen den Beschuldigte n h a t d i e Staatsanwaltschaft Berlin im November Anklage wege n gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung erhoben. Bei vielen Rechtsextremisten besteht eine hohe Affinität zu Affinität zu Waffen. Daher versuchen sie, Zugang zu Waffen und SprengWaffen und stoffen zu erlangen oder sich entsprechende Kenntnisse anSprengstoffen zueignen. Besondere Beachtung genießen im Internet veröffentlichte Bombenbauanleitungen. Es wurden allerdings nur wenige Waffen und Sprengstoffe in der Szene sichergestellt. Bericht 2002 38 Rechtsextremistische Bestrebungen Am 29. April wurde auf einem Kinderspielplatz in Handeloh (Niedersachsen) ein rohrbombenähnlicher Gegenstand gefunden. An der funktionsfähigen Sprengvorrichtung war ein Pappschild befestigt, das mit einer Doppel-Sigrune und einem Hakenkreuz bemalt war. Tatverdächtige konnten nicht ermittelt werden. Bewunderung für Teilbereiche der militanten Szene zeigen sich fasziniert von terroristische terroristischen Tate n u n d Konzepten. Als Vorbilder verweisen Konzepte sie auf die Tate n d e s wegen Mordes und zweifachen Mordversuch s verurteilten Kay DIESNER oder auf die britische rechtsextremistische Gruppierung "Combat 18" 5. Auch nehmen sie Bezug auf militante Vorstellungen, wie das "Werwolfkonzept" 6, d i e " Turner-Diaries" 7 u n d d e n s o genannten führerlosen Widerstand ("leaderless resistance") 8. Mehrere Nutzer des "Nationalen Forums" der rechtsextremistischen Homepage " Nationaler Sturm" befürworteten im Mai bei einer Diskussion zum Thema "Wie wollen wir vorgehen, um das System zu zerstören?" terroristische Aktivitäten: "Ich denke, daß es derzeit nur über 'Terror' geht ... Zur Frage 'Terror', aber wie? empfehle ich das Prinzip der Zellen, Näheres findet ihr bei radikalen roten Seiten oder beim C18. (Leaderless resistance)" "Ich wäre da eigentlich für so ne Art am Beispiel der Turner Diarys" Auch hier handelte e s s i ch u m Stellungnahmen Einzelner. Ansätze zur Bildung entsprechender Gruppen oder Zellen waren nicht erkennbar. 3. Rechtsextremistische Skinhead-Szene Die Attraktivität der Skinhead-Subkultur für Jugendlich e gründet sich z u e i n e m großen Teil auf einer spaßund aktionsorientierten Lebenseinstellung ihrer Anhänger. Der Besuch von Skinhead-Konzerten, hoher Alkoholkonsum und eine zur Schau gestellte G e- waltbereitschaft spielen dabei eine große Rolle. Das politisch e Weltbild der meisten rechtsextremistischen Skinheads setzt sich aus unterschiedlichen Versatzstücken diffuser nationalistischer, fremdenfeindlicher Rechtsextremistische Bestrebungen 39 und antisemitischer Einstellungsmuster zusammen. Der Schwerpunkt der rechtsextremistischen Skinhead-Szene Schwerpunkt in liegt in Ostdeutschland. Bei einem Bevölkerungsanteil von Ostdeutschland rund einem Fünftel an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland lebt dort fast die Hälfte d e r gewaltbereite n Rechtsextremisten. Besonders aktive Szenen waren im Großraum Berlin, in Westsachsen sowie im südlichen SachsenAnhalt festzustellen. Daneben existieren aber auch in anderen Regionen bedeutendere Skinhead-Gruppierungen. Gegen sieben ehemalige Führungsmitglieder der früheren Strafverfahren "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS) wurde am 12. September gegen Mitglieder das Hauptverfahren wege n d e s Verdachts der Bildung einer der "Skinheads Sächsische Schweiz" kriminellen Vereinigung eröffnet. Die 1996 gegründete und mit ihrer straffen organisatorischen Struktur für die üblicherweise organisationsfeindliche Skinhead-Szene eher untypische Gruppierung war vom Sächsischen Staatsminister des Innern zusammen mit ihrer "Aufbauorganisation" (SSS-AO) mit Wirkung vom 5. April 2001 verbote n worden. Aus dem Kreis der SSS waren in den letzten Jahren eine Reihe von Gewalttaten gegen politische Gegner verübt worden. Das Verhältnis von rechtsextremistischen Skinheads zu NeoVerhältnis zu Neonazis nazis gestalte t - s i ch trotz ihres Zusammenwirkens in den letzten Jahren - ambivalent. Zwar sind rechtsextremistische Skinheads zunehmend in lokale Kameradschaften eingebunden (vgl. Kap. IV, N r. 2) und nehmen an den vo n Neonazis organisierten Demonstrationen teil. Ihnen fehlt jedoch größtenteils der - bei Neonazis stärker ausgeprägte - Wille zu längerfristiger politischer Arbeit. Die Mobilisierungskraft vo n Neonazis in der rechtsextremistischen Skinhead-Szene ließ deutlich nach , wenn es bei neonazistischen Veranstaltungen an einer "attraktiven" subkulturellen Komponente - e t w a d e m Auftritt einer Skinhead-Musikgruppe bei einer Demonstration (vgl. Nr. 3.2) - mangelte. Gegenüber rechtsextremistischen Parteien hegen Skinheads Verhältnis zu erhebliches Misstrauen; einer organisatorischen Einbindung in rechtsextremistischen Parteien deren Strukturen begegnen sie mit Skepsis. Dies gilt insbesondere für die Parteien "Die Republikaner" (REP) und "Deutsch e Volksunion" (DVU), die sich seit Jahren auch selbst vom Spektru m d e r gewaltbereite n Rechtsextremisten abgrenzen. Verbindungen bestehen dagegen zwischen der rechtsextremistischen Skinhead-Szene und der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), eine Folge des in den letzten Jahren zu Bericht 2002 40 Rechtsextremistische Bestrebungen beobachtenden Öffnungsprozesses der Parte i gegenüber Neonazis und Skinheads. So hat die NPD mit ihrem Konzept "Kamp f u m d i e Straße" eine gewisse Akzeptanz in der Skinhead-Szene erlangt, was in einer rege n Teilnahme von Skinheads an NPD-Demonstrationen zum Ausdruck kommt. Nicht zuletzt durch das für Demonstrationen mobilisierbare Personenpotenzial der Skinheads ist es der NPD gelungen, sich in publizitätsträchtige n Aufmärschen der Öffentlichkeit zu präsentieren. 3.1 Skinhead-Organisationen mit bundesweitem Anspruch Bundeswe i t w a r i m Wesentlichen nur noch die Skinhead-Gruppierung "Hammerskins" aktiv. Nach d e m Verbot von "Blood & Honour" und ihrer Jugendorganisation "White Youth" im September 2000 durch den Bundesminister des Innern bildeten sich keine neuen bundesweite n Strukturen heraus. "Hammerskins" Den in regionale Untergliederunge n s o genannte Chapterstrukturierten "Hammerskins" gehören etwa 12 0 Personen (2001: rd. 100) an. Die seit Anfang der 1990er Jahre aktiven nationalsozialistisch und rassistisch orientierten "Hammerskins" trate n i n d e r Ö ffentlichkeit kaum in Erscheinung. Aus Anlass einer Reihe von Gewalttaten aus dem Kreis sächsischer "Hammerskins" durchsuchte d i e Polizei im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wege n d e s Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung am 16. Juli die Wohnunge n von insgesamt 34 Personen der beiden "Chapter" Ostund Westsachsen. "Blood & Honour" Obwohl ehemalige führende "Blood & Honour"-Aktivisten nach Verbot insbesondere in Nordund Ostdeutschland versuchten, Aktivitäte n d e r verbotenen Gruppierung zumindest teilweise aufrechtzuerhalten, ist es ihnen nich t gelungen, Organisationsstrukturen auf Bundesebene fortzuführen oder wiederzuerrichten. Allerdings bestehen nach w i e vo r - teils enge - persönlich e Kontakte zwischen ehemaligen Aktivisten. Auch aufgrund solcher Kontakte durchsuchte d i e Polizei am 25. April wege n d e s Verdachts der Fortführung einer verbotenen Vereini- Rechtsextremistische Bestrebungen 41 gung die Wohnund Geschäftsräume vo n 3 2 Personen in sieben Bundesländern. Die einzige Vereinigung weiblicher Szeneangehöriger mit "Gemeinschaft Deutbundesweitem Anspruch, die "Gemeinschaft Deutscher Frauen" scher Frauen" (GDF), blieb in der Öffentlichkeit ohne Resonanz. Die GDF rekrutiert ihre Mitglieder sowohl aus der rechtsextremistischen Skinheadals auch d e r Neonazi-Szene. Einzelne Aktivistinnen wirkten bereits in dem Ende 2000 aufgelösten "Skingirl-Freundeskreis Deutschland" (SFD) mit. 3.2 Rechtsextremistische Skinhead-Musik Die rechtsextremistische Skinhead-Musik ist der wesentliche Skinhead-Musik identitätsstiftende Faktor der Skinhead-Subkultur. Sie bietet insbleibt identitätsbesondere für Jugendliche, die sich sozial und wirtschaftlich stiftender Faktor benachteiligt fühlen, Anreize für den Einstieg in die Szene. Durch die rassistischen, antisemitischen und oft gewaltverherrlichenden Texte der Musik werden Feindbilder aufgebaut und so die häufig noch ungefestigten ideologischen Einstellungen der meist jugendlichen Konsumente n geprägt. Besondere Bedeutung für die gewaltbereite rechtsextremistische Skinhead-Szene haben Konzerte der einschlägigen Bands. Diese Veranstaltungen stellen die eigentlichen Treffpunkte für die im Übrigen zersplitterte Szene dar. Sie erzeugen bei den Besuchern ein Gefühl der Gemeinschaft u n d Stärke. Gerade auf Jugendliche, die der Szene noch nich t fest angehören, sondern sich nur in deren Umfeld bewegen, üben die konspirativen, oft illegalen und damit nicht alltäglichen Veranstaltungen besondere Anziehungskraft aus. So hat die Zahl der rechtsextremistischen Skinhead-KonZunahme rechtszerte - erstmals seit 1999 - wieder zugenommen. Insgesamt extremistischer fanden in Deutschland 112 Konzerte (2001: 80) statt, rund 40 Skinhead-Konzerte % mehr als 2001. Dabei gelang es der Szene, 7 Konzerte (2001: 4) mit mehr als je 500 Teilnehmern zu organisieren. Die durchschnittlich e Teilnehmerzahl stieg auf rund 18 0 Personen (2001 : rund 170) an. Durch intensive Aufklärungsmaßnahmen, Kontrollen bei der Anreise und Verbote konnten erneut 17 Veranstaltungen (2001: 16 ) verhindert werden. Weitere 21 Konzerte (2001: 15) löste d i e Polizei während des Verlaufs auf. Zu Widerstandshandlungen kam es dabei nur in wenigen Fällen. Bericht 2002 42 Rechtsextremistische Bestrebungen "Rechtskampf" Die Mehrzahl der Veranstaltungen wird weiterhin konspium Konzerte rativ organisiert. Allerdings verfolgen einige Rechtsextremisten seit etwa einem Jahr die Strategie, Auftritte rechtsextremistischer Bands oder Liedermacher bei Konzerten oder Demonstrationen bei den Ordnungsbehörden anzuzeige n . I m Fall eines Verbots versuchen sie dann, diese auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Stärke r a l s i n d e n Vorjahren nutzte n Konzertorganisatoren längerfristig angemietete oder private Räumlichkeiten für ihre Veranstaltungen, um kurzfristige Vertragsauflösungen durch die Vermiete r z u vermeiden. Zusammenspiel Mehrfach wurden rechtsextremistische Musikveranstaltungen von Konzerten und und Demonstrationen für denselben Tag und in räumlicher Demonstrationen Nähe organisiert , u m gegenseitig von der Mobilisierung des jeweilige n Teilnehmerpotenzials zu profitieren. Einige rechtsextremistische Musikgruppen traten auch selbst bei Demonstrationen auf, so die Band "Oidoxie" im Rahmen einer von dem Neonazi Christian WORCH angemeldeten Demonstration am 8. Juni in Leipzig gegen die "Wehrmachtsausstellung". RechtsDie Zahl der aktiven rechtsextremistischen Skinhead-Musikextremistische gruppen in Deutschland, die bei Skinhead-Konzerten auftraten Skinhead-Bands oder Tonträge r veröffentlichten, ist auf 90 (2001: 103) zurückgegangen. Davo n i s t rund ein Drittel seit Jahren aktiv und in der Szene populär. Weniger neue Deutsche rechtsextremististrafrechtlich sche Bands veröffentlichten relevante Tonträger weniger strafrechtlich relevante Tonträger als im Jahr 2001. Ursächlich dafür dürfte n verschiedene Strafund Ermittlungsverfahren sein: Der Generalbundesanwalt hat im September Anklage u . a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung gegen drei Mitglieder der Szene-Band "Landser" erhoben. 9 Durch d a s Verfahren gegen einen international aktiven, in der Slowake i wohnenden deutschen Rechtsextremisten (vgl. Nr. 3.3) fiel ein für die Szene bedeutender Vermittler von CD-Presswerken und Druckereien für CD-Beihefte aus. Wege n d e r Verbreitung der CD "Ave et Victoria" der Band "D.S.T" 10 durchsuchte das LKA Berlin im April die Wohnund Rechtsextremistische Bestrebungen 43 Geschäftsräume von zehn Berliner Rechtsextremisten. Nach vorangegangenen Beschlagnahmen dreier größerer Teilmengen der CD stellte d i e Polizei bei den Durchsuchungen Liedtexte, Druckvorlagen, Computer, Datenträger sowie Geschäftsunterlagen sicher. I m J ul i e rfolgten Exekutivmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verbreitung der CD "Noten des Hasses" der Band "White A ryan Rebels". Wegen Beteiligung an der Herstellung und am Vertrieb dieser CD wurden ein Bandmitglied und zwe i Vertreiber zu Freiheitsstrafe n verurteilt. Die 19 Veranstaltungen, bei denen im Rahmen internaInternationale tionaler Kontakte ausländische rechtsextremistische MusikgrupKontakte pen in Deutschland auftraten, fanden besonderes Interesse. Insbesondere Bands aus Nordamerika verbanden ihre Auftritte i n Deutschland häufig mit Europatourneen oder mit der Veröffentlichung neuer Tonträger. Bei einige n Konzerte n i m e u- ropäischen Ausland spielten auch deutsche Skinhead-Bands. Im Jahr 2002 wurden 33 Auftritte rechtsextremistischer LieRechtsdermacher bekannt (2001: 47). Die Zahl dieser Musiker blieb extremistische mit 18 (2001: 19) i n e t w a gleich. Liedermacher A m 15. Oktober verurteilte das Landgerich t Stuttgart den in der Szene populärsten rechtsextremistischen Liedermacher Frank RENNICKE in einem Berufungsverfahren wege n Volksverhetzung und Verstoßes gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte z u einer Freiheitsstrafe vo n 17 Monaten auf Bewährung. Das Gerich t wertete d a s a u f verschiedenen RENNICKE-CDs erschienene "Heimatvertriebenen-Lied" als volksverhetzend, da es ausländische Mitbürge r i n verachtenswerte r Weise verunglimpfe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 3.3 Vertrieb von Skinhead-Musik und sonstigen Skinhead-Materialien Rechtsextremistische Skinhead-Musik, aber auch Textilien und Mehr sonstige U tensilien der rechtsextremistischen Skinhead-Subkul"Kleinstvertreiber" tur sind nicht im allgemeinen Handel erhältlich . D e r Vertrieb erfolgt überwiegend über speziell auf den Käuferkreis ausgerichtete Händler, d i e i h r e Ware im Internet oder in per Post verbreiteten Angebotslisten, in Szeneläden sowie bei Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene anbieten. Die Zahl aktiver Skinhead-Musikvertriebe lag mit 50 über der des VorBericht 2002 44 Rechtsextremistische Bestrebungen jahres (2001: 40). Bundesweit von Bedeutung und in den letzten Jahren dauerhaft aktiv sind davon aber nur 19. Wie im Vorjahr versuchten immer mehr "Kleinstvertreiber", CDs, die sie in kleineren Mengen erworben oder nachgebrannt hatten, in ihrem persönlichen oder lokalen Umfe l d z u verkaufen. 11 Entsprechende Musikdateien stehen im Internet auf zahlreichen Homepages als MP3-Dateien oder über Musiktauschbörsen zum Herunterladen zur Verfügung. Auch wenn das Handeln der "Kleinstvertreiber" in der Rege l von Gewinnstreben bestimmt ist, sorgen diese für die Verbreitung rechtsextremistischer Ideologieelemente u n d Feindbilder. Strafverfolgung und Im Rahmen zahlreicher Strafverfahren stellte d i e Polizei wieBeschlagnahme der größere Mengen rechtsextremistischer Tonträger sicher: Am 6./7. Februar erfolgten in enger Zusammenarbeit deutscher und slowakischer Strafverfolgungsbehörden Durchsuchungsmaßnahmen gegen den in der Slowakei ansässigen deutschen Betreiber der "Agentur für Kommunikation" (AFK) sowie seinen Geschäftspartner in Deutschland. Es wurden rund 3.000 CDs aus Lieferungen der AFK, umfangreiche Geschäftsunterlagen, Datenträge r u n d e i n großer Teil der technischen Ausrüstung sichergestellt. Der Betreiber der AFK wurde am 19. Dezember vom Landgericht Dresden wege n Volksverhetzung, Verwendens vo n Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Gewaltverherrlichung und der Einfuhr strafrechtlich relevante r Tonträger nach Deutschland zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem verhängte das Gericht einen dinglichen Arrest in Höhe von 230.000 EUR. Nachdem am 22. Mai 3.000 Exemplare der gewaltverherrlichenden und volksverhetzenden CD "Komm zu uns!" 12 der rechtsextremistischen Skinhead-Band "Sturm 18" bei der Einfuhr am Flughafen Frankfurt am Main beschlagnahmt worden waren, durchsuchte d i e Polizei am 30. Mai die Wohnund Geschäftsräume der Adressatin der Lieferung sowie des der Produktion dieser CD verdächtige n Neonazi-Führers. Im Juli durchsuchte d i e Polizei das Fahrzeug sowie die Wohnund Geschäftsräume eines sächsischen Skinhead-Musikvertreibers und stellte e t w a 1.000 Exemplare der CD "Politischer Soldat" der rechtsextremistischen Skinhead-Band "Stahlgewitter" sicher. Rechtsextremistische Bestrebungen 45 3.4 Skinhead-Fanzines Rechtsextremistisch e Fanzines 13 werden zunehmend durch die Abnehmende Nutzung des Internets verdrängt. Aktuelle Konzerthinweise und Bedeutung von Szene-Neuigkeite n werden über diverse Homepages rechtsexFanzines tremistischer Bands und Vertriebe sowie über die zahlreichen Foren im Internet verbreite t . I n d e r Folge hat die Bereitschaft, an der zeitaufwändige n u n d kostenintensiven Herstellung eines Fanzines mitzuwirken, abgenommen. So ist auch die Zahl dieser unregelmäßig erscheinenden Szenepublikationen in den letzten Jahren stark zurückgegangen und liegt nunmehr bei 28 (2001: 35). Online-Fanzines als Alternative z u m konventionellen Fanzine und auch zum bisweilen unübersichtlichen Internetangebot konnten sich nicht durchsetzen und waren meist nur kurzfristig im Netz. IV. Neonazismus 1. Überblick Das neonazistisch e Personenpotenzial ist 2002 mit rund 2.600 Rückgang des Aktivisten (2001: rd. 2800) zurückgegangen. Überwiegend sind neonazistischen die Neonazis in etwa 160 Kameradschaften eingebunden. Viele Personenpotenzials der meist nur örtlich oder regional agierenden Gruppierunge n versuchen weiterhin, ihre Zusammenarbeit in Bündnissen zu institutionalisieren und zu vertiefen. Die ideologische und aktionistisch e Ausrichtung der Neonazi-Szene wird aber nur vo n wenigen Einzelaktivisten bestimmt. Der Agitation der Neonazis fehlte es an strategischem Kon"Kampagnen" zept und Widerhall. Einzelaktivisten oder einzelne Kameradohne Resonanz schafte n griffen - eher spontan als planvoll - aktuelle Themen auf und riefen "Kampagnen des Nationalen Widerstands" aus, ohne deren politischen Hintergrund in der Szene vermitteln zu können. So verliefen diese Aktionen, z. B. die "InternetKampagne 'Nationaliste n gegen Kinderschänder'" im Februar, ohne größere Resonanz. Auch d e m Aufruf eines "Nationalen Ehrenkomitees 8. Mai", für den der Hamburge r Neonazi Thomas WULFF verantwortlich zeichnete , folgte n n u r wenige A k- tivisten. Dass Rechtsextremiste n a n d e m von ihnen so bezeichneten "Tag der Ehre" Kriegsgräber und Ehrenmale säubern wollten, wurde von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Dennoch verklärte das "Ehrenkomitee" die spärliche Bericht 2002 46 Rechtsextremistische Bestrebungen Resonanz auf seinen Aufruf zu einem vollen Erfolg: "Die Idee des Ehrendienste s konnte in diesem Jahr erfolgreich gefestigt werden ... Das Nationale Ehrenkomitee 8. Mai kann feststellen, daß unser politisches Ziel erreicht werden konnte: Wir haben an einem Datum, das bislang der Selbstdarstellung etablierter Besatzervasallen diente, den nationalen Widerstand mit unserem Ehrendienst ins Volk tragen können. Die Staatsfeiern bundesdeutscher Politiker, die sich an der Niederlage unsere s Volke s vom 8. Mai 1945 ergötzten, sind mittlerweile öffentlich verstummt ... Wenn die Kameraden heute a n d e n Ehrenmalen und Gräbern der Frontsoldaten stehen, dann spüren sie ihre Verpflichtung gegenüber diesen Männern, die ihr Leben für die Freiheit unsere s Volkes gaben. Ihr To d war nicht umsonst, denn sie sind da! Junge, tatkräftige und freie Nationalisten. Nationalsozialisten!" (Abschlusserklärung des "Nationalen Ehrenkomitees 8. Mai" vom 17. Mai 2002) Agitation gegen Lediglich d i e Agitation gegen die Globalisierung und geGlobalisierung ge n d i e Politik der USA konnte unter dem Motto "Freiheit und USA statt Oneworld" in der neonazistischen Szene etabliert und kontinuierlich fortgeführt werden: "Einen Schluck von der eigenen 'Medizin' bekamen die USA a m 11. September 2001 verabreicht, doch heilsam wa r e s o f- fenbar nicht. Vielmehr dienen die Anschläge auf das World Trade Cente r u n d Pentagon als willkommene Rechtfertigung für neue amerikanische Kriege ... Kein anderes Land hat weltweit so viele Kriege angezettelt, wie die USA . Und das nicht, um angebliche Terroristen unschädlich zu machen, sondern um ihre globalen Machtansprüche mit allen Mitteln auszuweiten. Die USA sehen sich seit jeher in der Rolle einer Weltpolizei, unter deren Führung eine 'Neue Weltordnung' errichte t werden soll ... In dieser 'Neuen Weltordnung', die auch als 'Oneworld' bezeichnet wird, darf e s keine freien Völker und keine unabhängigen Regierungen mehr geben." (Flugblatt "Terror ist ein Meister aus Amerika!" einer "Initiative ' Vorausdenken - US-Globalisierungsterror stoppen!'", veröffentlicht im September 2002) Rechtsextremistische Bestrebungen 47 Verstärkt solidarisierten sich Neonazis mit dem Irak und Solidarität riefen zu Protestaktionen gegen die USA und einen "unmit dem Irak rechtmäßige(n) Militärschlag unter US-amerikanischer Führung gegen den Irak" auf. Der sich als Diskussionsund Kampfforum "rechter" und "linker" Sozialiste n verstehende neonazistische "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) hat seit längerem Kontakte zur Irakischen Botschaft; im April und Juli folgte er mit einer Abordnung Einladungen in die irakische Vertretung nach Bonn und Berlin. Inhaltlich w i r d vom KDS ein an deutschen Interessen ausgerichteter "nationaler Sozialismus" propagiert. Die Organisation hat bundesweit etwa 50 Mitglieder. S chwerpunkte der Arbeit des KDS waren - neben den Kontakten zur Irakischen Botschaft - die Herausgabe der Publikationen "Der Gegenangriff" und "Wetterleuchten" sowie interne Mitgliedertreffen. Neonazis führte n - u n terstützt von aktionsorientierten Rückläufige rechtsextremistischen Skinheads - wieder zahlreich e KundgeTeilnehmerzahlen bei bungen und Demonstrationen durch . D i e große Zahl von 68 Demonstrationen (2001: 61 ) Veranstaltungen hatte aber eine zunehmende "Demonstrationsmüdigkeit" der Szene zur Folge. Zudem fehlten zugkräftige Themen, so dass der Hintergrund einiger Demonstrationen einem Großteil der Rechtsextremisten nich t vermittelt werden konnte . Auch d i e Teilnehmerzahlen waren rückläufig. So ging etwa die Zahl der Teilnehmer an den vom Hamburge r Neonazi Christian WORCH im Laufe des Jahres in Leipzig durchgeführten sech s Veranstaltunge n vo n 1.100 am 6. April auf 280 am 3. Oktober zurück. Dieser Trend war auch b e i d e n Kundgebunge n vo n Rechtsextremisten in Bielefeld, Leipzig und München gege n d i e Wanderausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941 b i s 1944" festzustellen. Als besonderen Erfolg wertete d i e Neonazi-Szene die zent"Rudolf Heßrale "Rudolf Heß-Gedenkveranstaltung" am 17. August in GedenkWunsiedel (Bayern) 14, dem Begräbnisort des Hitler-Stellvertreveranstaltung" ters. Nachdem der Bayerisch e Verwaltungsgerichtshof ein Verbot der Veranstaltung wie im Jahr 2001 aufgehoben hatte, nahmen daran rund 2.500 Rechtsextremiste n teil, darunter auch Teilnehmer aus Schweden, Dänemark, Italien, Frankreich, Finnland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz. Das neonazistische "Aktionsbüro Demonstration am 17. August in Norddeutschland", das maßgeblich für die Wunsiedel Mobilisierung gesorgt hatte, erklärte: Bericht 2002 48 Rechtsextremistische Bestrebungen "... Die Teilnehmerzahl in Wunsiedel 2002 hat die Erwartungen übertroffen! Besonders erfreut wa r d i e Versammlungsleitung über die große Zahl ausländischer Teilnehmer. Mehrere ausländische Vertreter sprachen Grußbotschaften ... Eine Grußansprache des stellv. NPD-Vorsitzenden Holger APFEL dokumentierte die Bedeutung des Mordfalls Rudolf Heß für die nationale Opposition über alle organisatorischen Grenzen und Abgrenzungen hinweg." (Erklärung der Versammlungsleitung "Trotz Schikanen und Verzögerung gelang der große Gedenkmarsch für Rudolf Heß!" vom 18. August 2002) "Anti-Antifa"- S o genannte Anti-Antifa-Aktivisten sammelten auch 2002 Aktivitäten persönliche Date n von Angehörigen der Sicherheitsbehörden und von politischen Gegnern, insbesondere Erkenntnisse über lokale Strukturen und Aktivitäte n von Linksextremisten. Einen Teil dieser Informationen stellten sie ins Internet ein, um den Gegner durch d i e Veröffentlichung zu verunsichern . S o verbreitete ein Berliner Skinhead auf seiner Homepage mehrfach das Foto eines Angehörigen des LKA Berlin mit dem Text "LKA 5 'Die Kugel ist für Dich!'". Die neonazistische "Fränkische Aktionsfront" (FAF) veröffentlichte auf ihrer Homepage Lichtbilder von Linksextremisten und unterlegte diese teilweise mit Parolen wie: "Linke Strukturen öffentlich machen und zerschlagen". Die Betreiber der Homepage bezeichneten dabei ausdrücklich "alle Formen des Widerstandes als legitim". Konkrete Aktionen im Zusammenhang mit gesammelten Daten waren allerdings selten. 2. Neonazistische Kameradschaften Neonazistische Das neonazistische Gedankengut in den rund 160 KameradGrundhaltung schaften (2001: 150) wird geprägt durch ein aggressives Eintreten für ein nationalsozialistisches System, offenen Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus. Unterschiede zeigen sich i n der Festigkeit ihrer Strukturen, ihrer Aktionsfähigkeit und ihrem Anspruch, politisch nach außen aktiv zu werden. OrganisationsDie Kameradschafte n verfügen über einen Aktivistenstamm struktur aus etwa 5 bis 20 Mitgliedern, überwiegend Männer im Alter zwischen 18 und 26 Jahren. Kameradschafte n weisen meist Rechtsextremistische Bestrebungen 49 keine oder nur geringe vereinsähnlich e Strukturen auf. Sie sind aber oft durch verbindlich e Aufgabenverteilungen strukturiert ; s o g i b t e s i n d e r Regel "Kameradschaftsführer" und Stellvertreter, d i e d i e G ruppe autoritär leite n . E s werden Mitgliedsbeiträge erhoben, die für - meist regionale - politische Aktivitäte n verwendet werden. Für die Teilnahme an Demonstrationen mit bundesweiter Bedeutung für die Neonazi-Szene werden aber auch weite Anfahrten i n K a u f genommen. Die gemeinsamen Aktivitäten dienen, ebenso wie eine Namensbezeichnung, auf die nur wenige Kameradschafte n verzichten wollen, dem Zusammenhalt der Gruppe. Zunehmend organisieren sich nich t n u r Neonazis in KaRechtsmeradschaften; viele rechtsextremistische Skinheads haben sich extremistische neonazistischen Kameradschaften angeschlossen oder sich i n Skinheads organisieren sich eigenen Kameradschaften organisiert. Dies ist eine Folge der verstärkt in in den letzten Jahren zu beobachtenden Politisierung vo n TeiKameradschaften len der Skinhead-Szene. Für beide Seite n - Neonazis und Skinheads - brachte diese Annäherung Vorteile: Während Teile der rechtsextremistischen Skinhead-Szene seitdem von der zielgerichtet einsetzbaren Struktur der Neonazis (Info-Telefone oder Homepages) beispielsweise bei der Organisation vo n Konzerten profitieren, nutzen Neonazis das weit größere Personenpotenzial der Skinhead-Szene, um bei Demonstrationen möglichst viele Teilnehmer zu mobilisieren. Trotz der Bemühungen einiger Kameradschaften, sich i n BündnisBündnissen zusammenzuschließen, um die Mobilisierungsbemühungen ohne fähigkeit und die politisch e Außenwirkung der Neonazi-Szene durchschlagenden zu erhöhen, ist die Szene insgesamt führungsschwach und Erfolg konzeptionslos. Zwar folgten einige Kameradschaftsbündnisse dem Beispiel des "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Norddeutschland" (NSAN) (vgl. Nr. 4) mit seinem "Aktionsbüro Norddeutschland" und richteten ebenfalls "Aktionsbüros" ein. Über das Internet werben diese für die Teilnahme an ihren Veranstaltunge n u n d verbreiten politisch e Verlautbarungen. Die "Aktionsbüros" arbeiten punktuell zusammen. Deutlich wurde dies bei der im August verbreiteten Broschüre "Spitzel Antiviru s - E rfolgreich wehren gegen Anquasselei und Bespitzelung": Neben dem herausgebenden "Aktionsbüro Norddeutschland" sind das "Widerstandsbüro" (Nordrhein-Westfalen), das "Aktionsbüro Mitte" (Sachsen-Anhalt, Sachsen) und das "Aktionsbüro Mitteldeutschland" (Berlin, Brandenburg) als Kontaktadressen aufgeführt. Die Schwäch e d e r Neonazi-Szene zeigt sich jedoch bei der Bericht 2002 50 Rechtsextremistische Bestrebungen fehlenden Koordination der Demonstrationen. Obwohl die Szene ihre öffentliche Präsenz durch eine Vielzahl eigenständiger Demonstrationen verstärke n konnte, ist es ihr nich t gelungen, die Aktionsthemen und die einzelnen Aktionen abzustimmen. Szeneweite Demonstrationen - wie die "Rudolf Heß-Gedenkveranstaltung" am 17. August - gelangen nur ausnahmsweise. Statt dessen fanden an fast jedem Wochenende unkoordiniert Demonstrationen mit relativ geringer Beteiligung statt. Die bundesweite Aktionsund Mobilisierungsfähigkeit hängt weiterhin von einige n wenigen herausragenden Einzelaktivisten und KameDemonstration am 17. August in radschaften ab, die häufig uneins sind Wunsiedel und miteinander konkurrieren. Verhältnis zur NPD I m Verhältnis der neonazistischen Szene zur "Nationaldenicht mokratischen Partei Deutschlands" (NPD) ist keine einheitliche einheitlich Linie erkennbar. Einige Neonazis arbeiten ständig oder zumindest anlassbezogen mit der NPD zusammen, während andere eine Zusammenarbeit rigoros ablehnen. Eine Zusammenarbeit vo n Neonazis und NPD ist nach w i e vor in Ostdeutschland zu beobachten. Dort ist eine parteiunabhängige neonazistische Szene kaum anzutreffen; zudem bestehen oftmals persönlich e Verflechtungen zwischen der NPD und Kameradschaften. Gute Beziehungen zwischen der neonazistischen Szene und der NPD gibt es auch dort , wo neonazistisch ausgerichtete NPD-Mitglieder den regionalen Kurs der Partei bestimmen, wie beispielsweise im NPD-Landesverband Schleswig-Holstein. Gewaltbereitschaft Neonazistische Kameradschaften haben bisher nich t veraus taktischen Grünsucht, ihre politischen Ziele offen mit Gewalt durchzusetzen. den verborgen Die bei internen Treffe n gelegentlich geäußerte G ewaltbereitschaft gegen Andersdenkende und Ausländer birgt jedoch die Gefahr, dass Kameradschaftsmitglieder zu Gewalttate n veranlasst werden. Bei Demonstrationen erwiderte n Neonazis Übergriffe militante r Autonomer jedoch nicht. Ursächlich hierfür dürfte neben der hohen Präsenz der Polizei bei solchen Veranstaltungen auch die Intention sein, durch d e n Verzicht auf Gewalt Sympathien bei der Bevölkeru n g z u gewinnen. I n Teilen der rechtsextremistischen Szene wächst allerdings der Unmut über das aus ihrer Sicht einseitig gege n s i e gerichtete Vorgehen der Polizei bei Demonstrationen. So kam es Rechtsextremistische Bestrebungen 51 a m 1. Mai in Frankfurt am Main bei einer Kundgebung von Neonazis zu einem Handgemenge zwischen einige n Teilnehmern u n d d e r Polizei. 3. Neonazistische "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e . V." (HNG) gegründet: 1979 Sitz: Frankfurt a m M a i n Bundesvorsitzende: Ursula MÜLLER Mitglieder: 600 (2001: 600) Publikation: "Nachrichte n d e r H NG " , Auflage : rund 700, monatlich Der HNG als mitgliederstärkster bundesweiter neonazistiMitgliederstärkste scher Organisation gelang es nicht mehr, ihren Mitgliederbeneonazistische sta n d z u vergrößern. Sie besitzt in der neonazistischen Szene Organisation nach w i e vor eine organisationsübergreifende und damit integrierende Funktion. Nach außen trat die HNG i m Wesentlichen mit der monatlich herausgegebenen Publikation "Nachrichten der HNG" und ihrer Jahreshauptversammlung in Erscheinung. Mit der materiellen und ideologischen Betreuung von InBetreuung haftierte n versucht die HNG, die Gesinnungsgenossen auch von "nationalen während und nach der Haft i n d e r r e chtsextremistischen politischen Gefangenen" Szene zu halten. Sie will darüber hinaus das Bewusstsein von Rechtsextremiste n wecken oder bestärken, kein wirkliches Unrecht begangen zu haben; damit stellt sie sich gegen den Strafverfolgungsanspruch d e s Staates und untergräbt so den Zweck vo n Strafen, den Täter zur Einsich t u n d Umkehr zu bewegen. In den "Nachrichten der HNG" soll die angebliche politisch e Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert werden. Dazu dienen Berichte über "Repressionen", denen die Gefangenen im Justizvollzug ausgesetzt seien. Über eine regelmäßig veröffentlichte "Gefangenenliste" sollen Kontakte zu inhaftierten "nationalen Gefangenen" hergestellt und so deren Einbindung in die Szene - auch nach der Haftentlassung - gewährleiste t werden. Zu diesem Zweck wird die Liste auch in vielen rechtsextremistischen Zeitschriften nachgedruckt. Bericht 2002 52 Rechtsextremistische Bestrebungen "Kriminalisierung Wiederholt wurde in Beiträgen über die vermeintliche "Kritreuer minalisierung treuer Nationalisten" durch die Gerichte und das Nationalisten" Problem der Überfüllung von Justizvollzugsanstalten mit "nationalen Gefangenen" berichtet: "Was aber ist der wahre Grund der stetig steigenden Verurteilungen? Sind Nationalisten innerhalb eines Jahres so viel "böser" geworden? Die Antwort lautet nein! Man schaue sich die Urteile an - oftmals schweifen sie an der Schwelle der Rechtsbeugung. Kaum ein Abzeichen, kaum ein Schriftgut mit nationalistischem Inhalt und kaum ein Kleidungsstück gibt es mehr, was nicht im Laufe der Z e i t von den Systemschergen kriminalisiert wird. Nicht die Straftaten steigen rapide an, sondern die Kriminalisierung treuer Nationalisten, welche oftmals heute noch nicht wissen welches Abzeichen morgen verboten sein wird." ("Nachrichten der HNG", Mai 2002, S. 18) Auch in Leserbriefen, die einen wesentlichen Anteil der Publikation ausmachen, werden immer wieder "Repressionen" gegenüber Strafgefangenen thematisiert und zum Durchhalten bis zum "Endsieg" aufgerufen. So schrieb ein Inhaftierter: "Für heute werde ich mal zum Ende gelangen und zu den Göttern beten, daß unser Endsieg über dieses Geschmeiß bald in Sicht ist." ("Nachrichten der HNG", Juni 2002, S. 9) 4. "Nationales und Soziales Aktionsbündnis Norddeutschland" (NSAN) gegründet: c a . 1997 * Sitz: Norddeutschland * erstmals in der Öffentlichkeit aufgetreten Rechtsextremistische Bestrebungen 53 Dem NSAN gehören Neonazis und Kameradschaften aus Konzept der Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und "Freien Mecklenburg-Vorpommern an. Es basiert a u f d e m Konzept der Nationalisten" "Freien Nationalisten", das maßgeblich von Thomas WULFF, dem ehemalige r Vorsitzenden der 1995 verbotenen neonazistischen "Nationalen Liste" (NL), entwickelt wurde. Das NSAN verfolgt das Ziel, die durch d i e Vereinsverbote zersplitterten neonazistischen Kräfte i n n i ch t vereinsförmige n Strukturen zu bündeln, die Aktionsfähigkeit des Neonazi-Spektrums zu erhöhen und Vereinsverbote z u verhindern. Zur Koordination der politischen Arbeit richtete das NSAN "Aktionsbüro das "Aktionsbüro Norddeutschland" ein. Dieses gibt insbesonNorddeutschland" dere über das Internet Demonstrationstermine bekannt, moals Koordinierungsstelle und Sprachrohr bilisiert z u Veranstaltunge n u n d veröffentlicht Pressemitteilungen zu aktuellen politischen Themen und Aktionen der Neonazi-Szene. Damit erlangte das NSAN bundesweit Modellcharakte r u n d konnte zeitweilig auch ü b e r Norddeutschland hinaus Einfluss auf die Ausrichtung der Neonazi-Szene ausüben. In letzter Zeit waren dieser Einfluss und die vom NSAN angestoßenen Aktionen aber rückläufig. Schwerpunktmäßig agitierte das "Aktionsbüro NorddeutschAgitation gegen land" gegen die USA. Im September solidarisierte e s s i ch mit die USA und dem Irak und rief zu Proteste n gegen eine mögliche MiSolidarisierung mit dem Irak litärintervention der USA im Irak auf; entsprechende Flugblätter und Plakate wurden zum Herunterladen auch i m I n- ternet angeboten. In einer Pressemitteilung hieß es: "Der Irak gilt als Symbol einer freien, andere n Welt. Einer Welt, die sich nichts von den USA und ihre n Verbündete n vorschreiben lässt. Diese Welt wollen die USA vernichten, um ihren Weltherrschaftsanspruch durchzusetzen. Wir erkennen in dem Vorgehen der USA einen Oneworld-Terror, der gerade uns Deutschen schon seit dem Zweite n Weltkrieg bekannt ist ... Die BRD wird von den USA nicht nur wie eine ihrer Provinzen behandelt, sie ist auch faktisch eine. Wir befinden uns im Würgegriff überstaatlicher, US-kontrollierter Organisationen wie der NATO , d e r U N u n d verschiedener globaler Wirtschaftsabkommen ... Wi r warnen vor einer deutschen Beteiligung an der Seite der USA! Jeder Bundeswehrsoldat hat das moralische Recht, diesen Einsatz zu verweigern! ... Protest gegen die US-Provokation im Irak und in aller Welt ist immer auch Protest für die FreiBericht 2002 54 Rechtsextremistische Bestrebungen heit der Völker, ohne die wir uns aus der Globalisierungsfalle internationaler US-kontrollierte r Wirtschaftsverflechtungen nicht mehr befreien können. Deshalb heraus auf die Straße zum antikapitalistischen und anti-imperialistischen Protest gegen die USA und ihre Achse des Bösen! NOneworld statt Oneworld!" (Pressemitteilung "US-Provokation im Irak ist Oneworld-Terror! Nationaler Widerstand protestbereit" des "Aktionsbüro Norddeutschland" vo m 10. September 2002) V. Parteien Zersplitterte Die rechtsextremistische Parteienlandschaft i s t von inhaltlicher Parteienlandschaft und organisatorischer Zersplitterung, weitgehendem Mangel an intellektuellem Potenzial, Mitgliederverlusten und Misserfolgen bei Wahlen gekennzeichnet. Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) ist von den drei größeren rechtsextremistischen Parteien die aktionistischste, sie lehnt die parlamentarische Demokratie entschieden ab (vgl. Nr. 1). Die "Deutsch e Volksunion" (DVU) tritt nur mit ihrem Sprachrohr "National-Zeitung/Deutsch e Wochen-Zeitung" (NZ) in Erscheinung (vgl. Nr. 2). Die Partei "Die Republikaner" (REP) versucht erfolglos, sich b e i Wahlen als vermeintlich demokratische Alternative zu präsentieren (vgl. Nr. 3). Rechtsextremistische Kleinparteien und Wählervereinigungen blieben 2002 bedeutungslos. 1. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) gegründet: 1964 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: U d o VOIGT Mitglieder: über 6.100 (2001: 6.500) Publikation: "Deutsch e Stimme", monatlich, Auflage : 10.000 Unterorganisationen: "Junge Nationaldemokraten" (JN), "Nationaldemokratischer Hochschulbund e. V." (NHB) Rechtsextremistische Bestrebungen 55 1.1 Zielsetzung Trotz des Parteiverbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungs"Reichsidee" gegen gericht hielt die NPD unverändert an ihrer offenen, aggresdie freiheitliche siv-kämpferischen Feindschaft gegenüber der freiheitlichen dedemokratische Grundordnung mokratischen Grundordnung fest. Sie sieht sich weiterhin im gerichtet "Befreiungskampf für unser Volk" mit dem Ziel der "Wiederherstellung des Deutschen Reiches als Schutzund Trutzbündnis des deutschen Volkes". 15 Auf dem ordentlichen Bundesparteita g a m 16./17. März in Königslutter (Niedersachsen) erklärte der Parteivorsitzende Udo VOIGT, dieser Parteitag habe die "Weichen für die Zukunft gestellt", der "Kampf um Deutschland" habe begonnen. Ziel sei "das Reich", der "Weg die NPD!" 16 Der stellvertretende Bundesvorsitzende Holger APFEL bekannte sich in seiner Rede anlässlich einer NPD-Demonstration unter dem Motto "Ruhm und Ehre den deutschen Wehrmachtssoldaten" am 8. Juni in Leipzig gegen die "Wehrmachtsausstellung" zu einem deutschen "Vaterland von der Maas bis an die Memel und von der Etsch bis an den Belt". Die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des "Deutschen Reiches" stand auch im Mittelpunkt der Agitation des NPD-Prozessbevollmächtigte n i m Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht Horst MAHLER 17. Nicht im Rahmen des Grundgesetzes, sondern nur durch eine Überwindung des "liberalkapitalistische(n) Systems" sei dies zu erreichen. "Nationale Politik" beinhaltet hierbei für ihn auch die "Ermutigung zum Aufstand". 18 In einem vom "Deutschen Kolleg" Anfang November im Internet eingestellte n Aufruf mit der Überschrift "Deutschland wird wieder Deutsch!", für den ein NPD-Funktionär verantwortlich zeichnete, hieß es: Bericht 2002 56 Rechtsextremistische Bestrebungen "Der allgemeine Aufstand des Deutschen Volkes ist der erste Schritt auf dem Weg nach Deutschland, zu Kaiser und Reich! ... Bauen wir auf den Trümmern dieses korrupten und maroden Systems eine neue Ordnung ohne Parteienherrschaft! Errichten wir die Volksgemeinschaft, in der die Wirtschaft dem Volke dient, statt dem Bereicherungstrieb der Geldfürsten!" Weitere Agitation Der Parteiideologe u n d Vorsitzende des Arbeitskreises "Volk gegen die und Staat" beim Parteivorstand Jürgen SCHWAB polemisierte freiheitliche in seiner seit September 2001 i m P a rteiorgan "Deutsche demokratische Stimme" erscheinenden Serie "Kamp f u m d e n Staat" unter der Grundordnung Überschrift " D i e Auswüchse der totalitären Gesellschaft" über die Entstehung des Grundgesetzes und die parlamentarische freiheitliche Demokratie in Deutschland. Im Zusammenhang mit der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 erklärte SCHWAB: "Auf diese Weise verwirklichte sich nun in der BRD das politische System, das bereits im 19. Jahrhundert gescheitert war: der Parlamentarismus; diesmal freilich in seiner totalitärsten Form - ohne eine starke monarchische bzw. präsidentielle Exekutivgewalt und Volksentscheid." ("Deutsche Stimme" Nr. 1/2002, S. 4) In der März-Ausgabe der "Deutschen Stimme" forderte SCHWAB einen "Systemwechsel" und fügte hinzu: "Die Vorstellung, eine bloße Rechtsverschiebung des Parteiensystems oder eines bloßen Personalwechsels führt absolut in die Irre ...". 19 Der NPD-Bundesvorsitzende Udo VOIGT erklärte i n d e r Februar-Ausgabe des Parteiorgans: "Wir hingegen halten das liberalkapitalistische System für gescheitert. Wi r wollen es weder stützen, noch reformiere n - w i r wollen es ablösen!" ("Deutsche Stimme" Nr. 2/2002, S. 18) Mit ihrer Forderung nach einem "Systemwechsel" bzw. der Rechtsextremistische Bestrebungen 57 Ankündigung, das "liberalkapitalistische System" ablösen zu wollen, unterstreicht die NPD ihre Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die NPD verbindet weiterhin mit der von ihr erstrebten Völkischer "neuen Ordnung" völkisch-kollektivistische und biologistische Kollektivismus/ Vorstellungen. Nach einem im Februar vom Parteivorstand ver"Volksgemeinschaft" und "neue öffentlichte n Positionspapier "Strategische Leitlinien zur politiOrdnung" schen Arbeit der NPD" führt d e r Weg zur neuen Ordnung über die Forderung nach einer "Volksgemeinschaft". 20 Die biologistisch e Ausrichtung dieser Volksgemeinschaft wird deutlich, wenn die NPD unter der Überschrift " Volksgemeinschaft s tatt Gesellschaftsordnung" das deutsch e Volk als "Gemeinschaft der Angehörigen des deutschen Volkes im natürlichen, ethnischen Sinne" definiert und beklagt, die "biologische Grundlage der Volksgemeinschaft " werde durch "Überfremdung" zerstört. 21 In ihrem Positionspapier bekennt sich die Parte i ferner zu einem "lebensrichtige(n) Menschenbild" als Grundlage der Volksgemeinschaft 22 sowie zum "Ethnopluralismus" und dem "Grundsatz der Vielfalt der Völker" 23. Die Forderung nach B ewahrung der Vielfalt der Völker und ihrer nationalen Identität verweist auf ein häufi g von Rechtsextremiste n genutztes Argumentationsmuster, wonach das Recht der Völker auf Freiheit und Selbstbestimmung Priorität vor den Individualrechten der Menschen hat. Damit soll die Errichtung einer auf der Volksgemeinschaftsideologie basierenden politischen Ordnung legitimiert werden, die nicht von anderen Staate n i m Namen der Menschenrechte angezweifelt werden dürfe . D i e Umsetzung dieser Auffassung, die auf der Überbetonung der Gemeinschaft zu Lasten des Einzelnen beruht und die Ausgrenzung Fremder zur Folge hat, würde zum Verzich t a u f d e n Universalitätsanspruch der Menschenrechte führen und damit ein tragendes Prinzip moderner demokratischer Verfassungsstaaten aufheben. Für die NPD hängt die Wertigkeit des Individuums von dessen Wert für eine - insbesondere ethnisch d e- finierte - Gemeinschaft a b . S o fordert s i e von dem Einzelnen, "sich und seine Fähigkeite n i n d i e Volksgemeinschaft einzubringen" und "dafür zu leben, daß seine Familie in unserem Volk und damit unser Volk eine Zukunft hat". 24 Entsprechend stellte die Partei in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2002 unter der Überschrift "Gemeinschaftsverantwortung statt IndividuBericht 2002 58 Rechtsextremistische Bestrebungen alinteressen" im Zusammenhang mit einer "Wertestruktur innerhalb einer deutschen Volksgemeinschaft " fest, an allen Stellen, an denen Einzelinteressen mit Gemeinschaftsinteressen kollidierten, hätten diese "zugunsten des Erhalts der Gemeinschaft" zurückzutreten. 25 Volksgemeinschaft Der Parteiideologe Jürgen SCHWAB stellte die "sozialpolitiund positive Haltung schen Errungenschaften im Sinne einer Volksgemeinschaft" im zu Ideen des "Dritte n Reich" heraus. Er bedauerte d i e verpasste Chance, die Nationalsozialismus "nationalsozialistisch e Weltrevolution" nicht bis nach "Arabien, Afrika und Indien" getragen zu haben 26 und prophezeit: "Einen neuen Anlauf, den völkerrechtlichen Großraum Europas neu zu gestalten, werden wir wohl erst nach dem Absturz der globalen Amerikanisierung wagen können. Der wird sich an der strategischen Achse Paris-Berlin-Moskau auszurichten haben." ("Deutsche Stimme" Nr. 7/2002, S. 3) Auch Horst MAHLER stellte vermeintlich positive Aspekte der Zeit des Nationalsozialismus heraus. So erklärte e r i n s e i- ner Rede während einer Demonstration der NPD unter dem Motto: "Soziale und nationale Gerechtigkeit durchsetzen" am 1. Mai in Göttingen unter Anspielung auf die NS-Herrschaft, Deutschland sei ein Vorbild gewesen für Solidarität und für eine "Volksgemeinschaft, die die Schwachen schützt und aufrichtet". Verharmlosung des Die Wesensverwandtschaft d e r N P D m i t d e m NationalsoNS-Regimes, zialismus wird auch deutlich an der Heroisierung führender Heroisierung von Repräsentanten des NS-Systems. So berichtete das Parteiorgan NS-Protagonisten "Deutsch e Stimme" unter der Überschrift "Kampf um die Straße - Rudolf Heß - Märtyrer des Friedens" über eine Demonstration zum "15. Jahrestag der Ermordung von Rudolf Heß" a m 17. August in Wunsiedel/Bayern (vgl. Kap. IV, N r. 1). 27 Während dieser Veranstaltung, an der auch zahlreiche Aktiviste n d e r N P D teilgenommen hätten, habe der stellvertretende NPD-Parteivorsitzende Holger APFEL in einer Grußansprache Heß als einen "der größten Männer der deutschen Geschichte" bezeichnet. Es sei, so APFEL weiter, ein "beeindruckendes Signal", wenn alljährlich Tausende junge r Nationalisten eines Mannes gedächten, der "wie kein anderer für Standhaftigkeit und Furchtlosigkeit vo r d e m Feind heute in der Ahnengalerie der Deutschen" stehe. 28 Rechtsextremistische Bestrebungen 59 Der Neonazi Ralph TEGETHOFF ehrte i n d e r August-Ausgabe der "Deutschen Stimme" kritiklos den 1997 verstorbenen rechtsextremistischen Revisionisten "Generalmajor Otto-Ernst Remer", wobei er wohlwollend dessen maßgeblichen Beitrag bei der Verhinderung des Putsches gege n Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 erwähnte. 29 Aussagen der Partei bzw. einiger maßgeblicher Funktionäre Aktiv-kämpferische, im Zusammenhang mit Angriffen auf die freiheitliche demoaggressive Agitation kratische Grundordnung und ihre Repräsentanten lassen weigegen den politischen Gegner terhin eine aktiv-kämpferische, aggressive Diktion erkennen, die bis hin zur Militanz reicht. Zwar hat sich die Parteiführung in ihren offiziellen Stellungnahmen regelmäßig gegen Gewaltanwendung ausgesprochen, gleichwohl weichen maßgebliche Protagoniste n d e r N P D von dieser Linie ab und belegen nachhaltig das nach w i e vor ambivalente Verhältnis der NPD zur Gewalt. So erklärte n VOIGT und MAHLER in einem Spendenaufru f vo m 15. Januar an alle Parteimitglieder und Leser der "Deutschen Stimme" mit kaum verhohlener Drohung: "Wi r werden vor dem höchsten deutschen Gericht das Existenzrecht unsere s Volkes geltend machen ... Der Urteilsspruch entscheidet auch darüber, o b s i c h d e r Kampf für Deutschland i n d e n vom Grundgesetz vorgezeichneten Bahnen - also friedlich - entfalte n kann, oder ob Deutsche auf den We g d e s Ungehorsams gegen die Staatsgewalt der BRD gezwungen werden." ("Sonderbeilage ,Spendenaufruf' zur Januarausgabe der DS" vom 15. Januar 2002) Während einer NPD-Demonstration unter dem Motto "Ruhm und Ehre den deutschen Wehrmachtssoldaten" am 8. Juni in Leipzig, die sich gegen die "Wehrmachtsausstellung" richtete, sprachen mehrere Funktionäre der Partei. Der Bundesvorsitzende VOIGT erklärte: "Das ist unser Land, und wir als Deutsche sind dazu aufgerufen, es uns zu nehmen ... gehen wir vo m Widerstand über zum politischen Angriff . . . Unser Kampfauftrag heißt Deutschland. Wi r werden unsere Pflicht bald erfüllen." Bericht 2002 60 Rechtsextremistische Bestrebungen Der stellvertretende Bundesvorsitzende APFEL äußerte sich noch deutlich aggressiver: "Wi r a l s Nationalisten sind das letzte Bollwerk gegen die systematische Umvolkung unsere r Nation ... Wir müssen dafür sorgen, dass Deutschland endlich wieder das Land der Deutschen wird . . . Unser Kampf ist erst dann zu Ende, wenn Deutschland wieder frei ist. Seien wir uns des hohen Blutzolls bewusst, den unsere Väter und Großväte r i m Kampf um Deutschland geleistet haben. Nehmen wir uns ein Vorbild. Kämpfen wir wie sie." Der Landesvorsitzende der NPD in Sachsen Winfried PETZOLD drohte auf derselben Demonstration im Zusammenhang mit dem Besuch des US-Präsidenten George W. Bush im Mai in Berlin den "Herrschenden": "Doch eines Tages, egal in welcher Festung sie sich verkriechen, wird das deutsche Volk Rechenschaft für ein halbes Jahrhundert Demütigung, Ausplünderung und Unterdrückung einfordern." Auf der Homepage der Nürnberger "Bürgerinitiative Ausländerstopp" hetzte der NPD-Funktionär auf Bezirksebene Gerd ITTNER alias "Wolfswind" in einem Beitrag vo m 16. Juli unter der Überschrift: "Brennpunkt Reichsstadt Nürnberg: Es gärt im deutschen Volke - I n fostand der Bürgerinitiative Ausländerstopp auf dem Stresemannplatz": "Dieses bis aufs Blut schikanierte deutsche Volk steht unmittelbar vor einem gewaltigen, niemals gekannte n Ausbruch. Es muß jetzt nur noch der kleine zündende Funke überspringen, der entscheidende Tropfe n fallen. Dann dreimal wehe den Volksverrätern, Holocaustüberfremdern, Schweinejournalisten, Inquisitionsjuristen, Gutmenschen! ... Es darf, es wird d a n n keine Gnade geben ... JETZT haben wir die Situation, auf welche wir s o quälend lang gewartet hatten: Die Feinde Deutschlands haben den Bogen überspannt." Rechtsextremistische Bestrebungen 61 In dem Anfang November vom "Deutschen Kolleg" im Internet verbreitete n Aufruf "Deutschland wird wieder Deutsch!", für den ein NPD-Funktionär verantwortlich zeichnet, wird dazu aufgerufen: "Macht Eure Schulen, Fabriken und Gemeinden wieder deutsch! Entmachtet die deutschfeindlichen Medien! Unterbindet alle Deutschenhetze und jeden Anti-Germanismus! Darum für Volk, Kaiser und Reich: Jetzt den Aufstand wagen!" Selbst gegenüber "Abweichlern" in den eigenen Reihen agitiert die Partei unverhohlen aggressiv. So heißt es in einem Schulungspapier zur "Basisgruppenarbeit in der NPD" 30 zum Thema "Organisationsloyalität und -disziplin": "Loyalität und Disziplin sind wesentliche Bausteine der Gruppe und ihres Erfolges. Wer hier die nötige Einstellung vermissen läßt, oder gar verdeckt oder offen dagegen vorgeht, muß gnadenlos entsorg t werden. Humanitätsduselei und Herumpsychiatern löst das Problem nicht - Müll muß umgehend zur Tonne gebracht werden." Die Terroranschläge i n d e n U S A a m 11. September 2001 Rechtfertigung/ wurden innerhalb der NPD erneut gerechtfertigt bzw. gebilBilligung der ligt. So bezeichnete Horst MAHLER auf der Homepage des Terroranschläge vom "Deutschen Kolleg" 31 die Anschläge als "strategische(n) Sieg im 11. September 2001 Befreiungskampf" und prognostizierte, nach dem absehbaren Zerfall der USA in einem allgemeinen Bürgerkrieg werde die Stunde insbesondere des "Deutschen Reiches" kommen, mit der Chance, "unter Einschluß von Rußland der Welt eine Neue Friedensordnung zu geben". Der NPD-Landesverband Schleswig-Holstein rechtfertigte bzw. verharmloste in einer Pressemitteilung vo m 11. September 2002 unter der Überschrift "Wir trauern auch ! W i r gedenken der Opfer des US-Imperialismus weltweit!" die Anschläge und bezeichnete deren Opfer als "Kollateralschaden". Die in den letzten Jahren verstärkt geführte Diskussion um Diskussion um die die Schaffung von "national befreiten Zonen" 32 wurde fortgeSchaffung von führt. "national befreiten Zonen" Bericht 2002 62 Rechtsextremistische Bestrebungen In einer Pressemitteilung vom 2. Juni berichtete der NPDKreisvorsitzende in Jena über eine "national befreite Zone": A m 1. Juni habe auf dem Hölleinplatz in Jena der "1. Thüringentag der nationalen Jugend" mit ca. 200 Teilnehmern s tattgefunden. Das "gesamte Gebiet um den Hölleinplatz herum" sei an diesem Tag "national befreit" gewesen: "Wi r konnten in aller Öffentlichkeit unsere Kultur ausleben, neue Kontakte untereinander knüpfen und uns einen schönen Tag unte r Kameraden machen." Der NPD-Bundesvorsitzende Udo VOIGT definierte i m P a r- teiorgan "Deutsch e Stimme" die Bezeichnung "national befreite Zonen" nunmehr auch a l s Teil des "Kampfes um die Köpfe" innerhalb des strategischen "Drei-Säulen-Konzeptes" der NPD 33. Der Parteiideologe Jürgen SCHWAB begründete i n d e r "Deutschen Stimme" 34 die Erforderlichkeit "nationalbefreite(r) Zonen" mit der angeblichen Notwendigkeit, für "nationale Bürger", denen der Staat den Schutz verwehre, "überstaatliche Schutzräume" zu schaffen. Die Verfolgten müssten sich daher selbst schützen, womit "auch auf diese Weise das Schutzund Gewaltmonopol des Staates untergraben" werde. Im "Idealzustand" seien "nationale Bürger" in "nationalbefreiten Zonen", wie sie in "Mitteldeutschland" allmählich entstünden, sicher vor der staatlich finanzierte n u n d von den Medien legitimierten "Antifa" und könnten "nationale Konzerte " veranstalten. Man werde im Berufsleben nicht diskriminiert, dürfe seine Meinung sagen, politisch mitwirken, unbehelligt den Beruf ausüben und müsse nicht fürchten, dass die Kinder wegen "rechter" Eltern benachteiligt würden. Auch setzten sich die Bürger in diesen Zonen erfolgreich gegen "Multikulti-Propaganda" in Kindergarten und Schule zur Wehr. Erst in einem "deutschen Staat, der diese Bezeichnung verdient", könnten die Schutzzonen aufgelöst werden, "weil dann ganz Deutschland ,befreite Zone' für deutsche Bürger" sein werde, "die nicht nur Menschen, sondern auch Deutsche sein wollen". Rassismus und FremDie gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 G rundgesetz) denfeindlichkeit und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz) gerichtete, unverändert rassistisch motivierte Fremdenfeindlichkeit der NPD wird nicht etwa nur in gelegentlichen Äußerungen einzelner Funktionäre oder Mitglieder offenbar, sondern fußt auf dem "lebensrichtigen Menschenbild" der Partei. 35 Dies be- Rechtsextremistische Bestrebungen 63 stätigte e rneut ihr Bundesvorsitzender VOIGT, d e r i m P a rteiorgan "Deutsch e Stimme" die gegen das "Gleichheitsdogma" gerichtete n Vorstellungen der Parte i von einer "natürliche(n) Ungleichheit der Menschen" skizzierte und an einem Beispiel erläuterte: "Da fordern etablierte Politiker ernsthaft, daß z. B . Ausländer diesen Mißstand der Nettoreproduktionsrate unsere s Volkes ausgleichen sollen und beschließen, die Zuwanderungszahlen zu erhöhen. Da nach ihrem Menschenbild alle Menschen gleich sind, ist es ihnen völlig unwichtig, ob Schwarzafrikaner, Chinesen oder Türken angeworben werden. Diese Einstellung erscheint angesichts unseres lebensrichtigen Menschenbildes völlig absurd." ("Deutsche Stimme" Nr. 2/2002, S. 18) In seiner Rede während einer Demonstration der NPD am 1. Mai in Dresden erklärte VOIGT: "Un d w i r verstehen unter dem Begriff , Volk' keine euro-afroasiatische Mischbevölkerung der BRD, sondern alle Angehörigen des Deutschen Volkes!" 36 Der NPD-Funktionär Gerd ITTNER alias "Wolfswind" erklärte auf der Homepage der "Bürgerinitiative Ausländerstopp" in einem Beitrag vo m 16. Juli unter der Überschrift: "Brennpunkt Reichsstadt Nürnberg: Es gärt im deutschen Volke - I n fostand der Bürgerinitiative Ausländerstopp auf dem Stresemannplatz", man habe die "Durchrassung" satt: "Man läßt sich jetzt nicht mehr schafsgeduldig gemäß jüdischen Holocaustrezepturen multikulturell ausrotten! Man durchschaut die Völkermordabsicht, welche sich hinter jedem der zu diesem Zwecke nach Deutschland geschleusten massenhafte n Neger und sonstigen fremdrassigen Exote n verbirgt! ... Von Plakatwänden herab wird das deutsche Volk mit schwarz/weißer Rassenschandepropaganda beleidigt und verhöhnt." Ein Redaktionsmitglied und häufige r Autor des NPD-Parteiorgans "Deutsch e Stimme" hetzte in der Januar-Ausgabe unBericht 2002 64 Rechtsextremistische Bestrebungen ter der Überschrift ",Schwarzen'-Kult, Gewaltaufrufe und Deutschenhaß" in menschenverachtender Diktion gegen "Hip-HopMusik": "In zahlreichen Vierteln verausländerter Großstädte, in denen mittlerweile die Ausländer die Rest-Deutschen ,integrieren', hat sich eine entwurzelte Menschenfauna herausgebildet, die den idealen Nährboden für ein derartiges musikalisches Politik-Projekt abgibt. Ihre r Volkskultur entfremdete junge Deutsche treffen an diesen Brennpunkten auf entwurzelte Jung-Osmanen, ergänzt durch ethno-kulturelle Kastraten aus zwischen-ethnischen Beziehungen, dere n Unglück ihre geburtsbedingte Heimatlosigkeit ist." ("Deutsche Stimme" Nr. 1/2002, S. 24) Antisemitismus Die NPD verbreitete weiterhin antisemitische Propaganda und bot Antisemite n e i n Forum für ihre Agitation. Insbesondere versuchte sie Äußerungen des damaligen nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden in dessen Auseinandersetzung mit dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland 37 zu nutzen, um damit die eigenen Positionen diskursfähig zu machen. Die NPD setzte darauf, dass eine anhaltende Debatte einen angeblich bestehenden gesellschaftlichen Konsens auflöse, der Kritik an Juden und an Israel verbiete . S o veröffentlichte der Parteivorstand am 30. Mai im Internet eine Meldung mit dem Titel "Israel-Lobby : D e r Konsens bröckelt. Ablehnung gegenüber der anmaßenden Machtausübung des Zentralrates der Juden wächst". Zum bundesdeutschen Selbstverständnis gehöre, so die Meldung, die westlich e Wertegemeinschaft und die "unverbrüchliche Freundschaft zu den Juden und dem Staatsgebilde Israel". Verstöße gegen diesen gesellschaftlichen Konsens würden mit "totaler Isolation und gesellschaftlicher Ächtung" bestraft. Dennoch sei, wie die aktuellen Diskussionen zeigten, die "Erosion des Konsens nicht mehr aufzuhalten". Es komme jetzt darauf an, dieser Ablehnung "Ziel und Form " z u geben, aber vor allem "eigene politische und moralische Grundsätze z u formulieren". In der deutschen Politik dürfe künftig "kein Platz mehr sein für Heuchelei, Lüge und dem unkontrollierten Machtmißbrauch z weifelhafter Zentralräte". 38 In der Juli-Ausgabe der "Deutschen Stimme" hetzte d a s Redaktionsmitglied Waldemar MAIER unter der Überschrift "Antisemitismus-Debatte. Der ,clevere Jude' als Agitator der Multikultur. Michel Friedman verfolgt die Strategie, das Rechtsextremistische Bestrebungen 65 ethnisch-kulturelle Immunsystem des deutschen Gastvolkes zu schwächen" gegen den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, dem er vorwarf, sich b ewusst als "Ärgernis für nationalbewußte Deutsche" zu inszenieren und dabei selbst "den Antisemitismus - oder das, was er dafür hält" zu provozieren. 39 Horst MAHLER erklärte in seiner auf der Homepage des "Deutschen Kollegs" verbreiteten Antwort vom 22. Mai an einen in den USA lebenden Deutschen, die "Judenfrage" sei mit der "Katastrophe des Deutschen Reichs" nich t verschwunden. Sie harre "mehr denn je - der Lösung". Für MAHLER setzt die "Rolle jüdischer Bankiers im globalen Finanzsystem, die engen Bindungen zwischen den USA und Israel, der jüdische Zugriff auf die Medien und die penetrante Kommerzialisierung des Verfolgungsleids durch gewisse von Juden bestimmte Institutionen" mit "unwiderstehlicher Gewalt die Befassung mit ,den Juden' auf die Tagesordnung der politischen Diskussion". Bisher habe eine "unter Einsatz der Auschwitzkeule erzwungene Tabuisierung der Judenfrage i n d e r , westlichen Verwertungsgemeinschaft'" verhindert, "im Denke n z u m Kern der Judenfrage vorzudringen". Hier bedient sich MAHLER zweier bei Rechtsextremisten gängiger antisemitischer Argumentationsmuster, indem er sowohl eine angeblich e weltweite Dominanz des "Judentums" im Finanzkapital und in der internationalen Politik als auch spezielle Angriffe "der Juden" auf das deutsch e Volk behauptet, das durch einen Sühnekomplex ("Auschwitzkeule") "geknechtet" sei. Bei seinen Vorstellungen über die "Endlösung" der "Judenfrage" bezieht sich MAHLER in der oben angeführten Antwort vom 22. Mai auf den "Rabbinerenkel Karl Marx", der mit dem Kern seiner Vision, der "Erlösung der Juden von ihrem Judentum", den richtige n Ausgangspunkt gefunden habe. MAHLER führte diesen Gedanke n weiter und prognostizierte nach d e n " grauenvollen Gegenangriffen" der "Heiligen Islamischen Kriege r " a m 11. September 2001 i n d e n U S A den "3. Weltkrieg", der den "Zerfall der USA" herbeiführen werde. Am Ende dieses Krieges würden "der Judaismus durch die Deutsche Idealistische Philosophie überwunden, der Pseudostaat Israel von der Landkarte verschwunden und die Juden vom Fluch ihrer Auserwähltheit ... erlöst sein". 40 Bericht 2002 66 Rechtsextremistische Bestrebungen Revisionismus Die NPD verwendet weiterhin revisionistische Argumentationsmuster, indem sie versucht, das Geschichtsbild über die Zeit des Nationalsozialismus zugunsten einer wohlwollenden bis rechtfertigenden Betrachtung zu korrigieren. Ziel dieser Umdeutung ist die Leugnung der Schuld des Hitler-Regimes a m Ausbruch d e s Z weite n Weltkriegs und der vo n Teilen der Wehrmach t verübte n Verbrechen während des Krieges sowie die Relativierung des Massenmordes an den Juden. Die Partei bedient sich dieser revisionistischen Agitation insbesondere insoweit, als sie ihre Vision von einem autoritär geführten und ethnisch homogenen Staat durch das negative Bild des "Dritte n Reiches" auf Dauer belastet sieht. Der NPD-Funktionär Gerd ITTNER verbreitete über die Homepage der Nürnberger "Bürgerinitiative Ausländerstopp" in einem mit "Deutsch e Notizen zum 8. Mai" überschriebenen Text seine revisionistischen Thesen: "... so ist es heutzutage in der sich demokratisch wähnenden BRD unter Androhung von Gefängnis verboten, bestimmte Dogmen einer strafrechtlich fixierten Zeitgeschichtsschreibung kritisch zu hinterfragen ... tiefste Betroffenheit erfüllt mich eingedenk des Schicksals der deutschen Landsleute durch die ungesühnte n Vertreibungsbestialitäten und den Völkermord des Bombenterrors in einem von alliierte n Weltverbrechern unter jüdischer Regie gegen Deutschland entfesselten Krieg, der als Vernichtungskrieg gegen das deutsche Volk geplant und gedacht war. Hier schweigen die Medien. Hier ignoriere n d i e Politiker beflissentlich." Darüber hinaus bietet die NPD bekannten rechtsextremistischen Revisioniste n e i n Forum für ihre Agitation. So antwortete d e r wege n Volksverhetzung rechtskräftig verurteilte Revisionist Udo WALENDY, vo n 1965 bis 1972 Mitglied im NPD-Parteivorstand, unter der Überschrift " Keine Ausweichchance vor dem Kriegswillen der anderen" in einem Beitrag der "Deutschen Stimme" auf die Frage , welch e Rolle der "Diktatfrieden vo n Versailles aus dem Jahre 1919 " gespielt habe: "Deutschland befand sich im Würgegriff d e r westlichen Reparationskommissionen auf der einen und des Bolschewismus auf der anderen Seite, und es gab nur die Möglichkeit sich aus der Lage herauszuwinden, wie es Hitler eben gemacht hatte. Rechtsextremistische Bestrebungen 67 Un d wenn man dem deutschen Volk diese Freiheiten nicht gestattete u n d i h m gleich 1933, wie es das Weltjudentum getan hatte, den Krieg erklärte, mußte man sich nicht wundern, wenn sich die Lage immer weiter zuspitzte ... Hitler konnte dem Kriegswillen der anderen gar nicht mehr ausweichen ... Aufgrund der vielen polnischen Überfälle auf die deutschen Grenzen stimmt tatsächlich die Behauptung Hitlers, daß er zurückgeschossen habe." ("Deutsche Stimme" Nr. 9/2002, S. 3) In polemischer, diffamierender und verunglimpfender Agitation gegen die Weise agitierte die NPD auch 2 0 0 2 gegen die demokratische parlamentarische und rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes. Das wird Demokratie und den Rechtsstaat deutlich durch die Behauptung einer vermeintlichen Umerziehung der deutschen Bevölkerung und den Vorwurf der Fremdherrschaft; hinzu kommen Verunglimpfunge n vo n Repräsentanten und Institutionen der freiheitlichen Demokratie sowie abwertende Kritik am demokratischen Rechtsstaat. Damit versucht die Partei sowohl das parlamentarische System als illegitim, unfähig, korrupt und gegen die Interessen des Volkes handelnd darzustellen als auch den demokratischen Rechtsstaat als Ganzes anzuzweifeln mit dem Ziel, ihn abzuschaffen und durch ein anderes System zu ersetzen. So erklärte der Parteivorsitzende VOIGT auf dem Bundesparteitag der N P D a m 16./17. März in Königslutter (Niedersachsen) 41, die Bundesrepublik sei "auf den Bajonetten der Alliierten" gegründet worden. Deutschland werde heute " vo n Kollaborateuren regiert, die den systematischen Ausverkauf deutscher Interessen vornehmen". Die NPD als "Speerspitze der nationalen Opposition" solle verbote n werden, da "die derzeitigen Machthaber Angst vor dem Erwachen des eigenen Volkes" hätten. Horst MAHLER erklärte während einer Demonstration der NPD unter dem Motto "Soziale und nationale Gerechtigkeit durchsetzen" am 1. Mai in Göttingen: Bericht 2002 68 Rechtsextremistische Bestrebungen "Wir als Deutsche ... müssen mit unsere n Politikern ganz anders reden. Es sind nicht unsere Politiker, e s s i n d d i e Verräter an unsere m Vaterland. Sie haben sich kaufen lassen und sehen kaltblütig zu, wie der deutschen Jugend die Zukunft genommen wird ... Dieses Syste m i s t kein deutsches System. Es ist eine Vasallenregierung und die Herren dieser Vasallen sitzen an der amerikanischen Ostküste 42 ... Viele meinen ja, wir haben ja eine Verfassung und sie denken dabei an das Grundgesetz, aber dieses Grundgesetz ist keine Verfassung, es ist ein von den Besatzungsmächten, den Siegern über Deutschland vorgeschriebenes Grundgesetz für die Bundesrepublik. Und die Bundesrepublik ist nicht das Deutsche Reich und nicht Deutschland." Der NPD-Vorsitzende VOIGT gab in der Oktober-Ausgabe der "Deutschen Stimme" zu bedenken, dass "die BRD ein Kind der Alliierten" sei und stellte die Frage: "Wenn die deutsche Regierung eine Marionette i mperialer Machtbestrebungen der USA ist, dann muß auch der Frage nachgegangen werden, wer hinter dieser Weltmacht steht und uns denn in Wirklichkeit kontrolliert, die amerikanische Rüstungsindustrie, die Regierung in Te l Aviv oder gar beide?" ("Deutsche Stimme" Nr. 10/2002, S. 2) 1.2 Organisation und Entwicklung Die NPD hat erstmals seit 1996 einen Mitgliederrückgang zu verzeichnen. Die Mitgliederzahl dürfte nur noch bei etwa 6.100 (2001: 6.500) liegen. Mitgliederstärkste Landesverbände blieben Sachsen mit 900 (2001: 1.000), Bayern mit 900 (2001: 900) und Nordrhein-Westfalen mit 500 (2001: 750). Bundesparteitag Auf dem Bundesparteita g a m 16./17. März in Königslutter stärkt Stellung (Niedersachsen) setzte sich der amtierende Bundesvorsitzende VOIGTs Udo VOIGT mit rund 75 % d e r Stimmen gegen seinen einzigen Gegenkandidaten, den früheren NPD-Bundesvorsitzenden Günter DECKERT, durch . VOIGTs Strategie war es weiterhin, die NPD auf eine möglichst breite personelle Basis zu stellen und unterschiedlich e Strömungen des "nationalen Widerstan- Rechtsextremistische Bestrebungen 69 des" zu bündeln. Im Rahmen ihres "Kampfe s u m d i e Straße" hatte dabei die themenund aktionsbezogene Zusammenarbeit mit Neonazis Priorität. Etabliert i n d e r P a rtei haben sich Neonazis wie Sasch a ROßMÜLLER, Frank SCHWERDT und Manfred BÖRM, die auch dem neuen Bundesvorstand angehören. Neu hinzu gewählt wurde u. a. Uwe LEICHSENRING, NPDStadtrat aus Königsstein (Sachsen), angeklagt wege n Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, der verbotenen "Skinheads Sächsische Schweiz". Durch die Wiederwahl als Parteivorsitzender ist die MachtInnerparteiliche position VOIGTs gefestigt. In einer Pressemitteilung der NPD Opposition vo m 19. März hieß es, der Bundesparteitag habe vor allem geschwächt für "Stabilität und Kontinuität an der Führungsspitze der ältesten nationalen Partei" gesorgt. Exponierte Kritike r d e r Politik VOIGTs gehören dem neuen Bundesvorstand nicht mehr an. Der im Dezember 2001 wegen parteischädigenden Verhaltens aus der NPD ausgeschlossene Neonazi und Wortführer der innerparteilichen Oppositionsgruppe "Revolutionäre Plattform - Aufbruch 2000" (RPF), Steffen HUPKA, gab in einem Schreiben vo m 13. Januar deren Auflösung bekannt, da die "RPF ihre Aufgabe in der Partei, soweit dies möglich war, e r- füllt hat". Die RPF habe über eineinhalb Jahre konstruktive Kritik an der Parteiführung geübt. Der gewünschte Dialog mit dem Parteivorstand habe sich jedoch nicht eingestellt. Die Aktivisten der RPF setzten allerdings "ihre Arbeit in der NPD für eine revolutionäre Partei-(führung) fort". I m Vorfeld des Bundesparteitage s versuchte die innerparteiliche Opposition erneut, die Kräfte zu bündeln, um bei den Neuwahlen des Bundesvorstandes die Parteiführung um Udo VOIGT abzulösen. In einem Rundbrief 43 hatte HUPKA erklärt, die NPD sei am Ende. Auf dem Bundesparteita g werde es die allerletzte Chance geben, die NPD den zerstörerischen Kräften wieder zu entreißen und einen soliden Neubeginn zu versuchen. Der Parteivorstand besitze keine gefestigte weltanschaulich-geistige G rundlage und handle nach keiner zur Machterlangung notwendigen politischen Strategie. Mangels eines klaren politischen Konzepts und fehlender personeller Alternativen scheiterte jedoch d e r Versuch der parteiinternen Opposition - unter ihnen der Neonazi und schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Peter BORCHERT - auf dem Bundesparteitag die Macht zu übernehmen. In einem Beitrag auf der Homepage des neonazistischen "Aktionsbüros NordBericht 2002 70 Rechtsextremistische Bestrebungen deutschland" erklärte HUPKA im März, die NPD stelle für ihn seit dem Bundesparteitag eine "feindliche Organisation" dar. Sie sei nicht mehr Bestandteil des "Nationalen Widerstandes". Sie habe sich selber "auf eine Stufe m i t d e r DVU und den Republikanern gestellt". Die Partei sei "nicht mehr reformfähig". Auch e i n weiterer Versuch HUPKAs, im Frühjahr in Sachsen-Anhalt NPD-Mitglieder zum Parteiaustritt zu bewegen, erbrachte nich t d i e von ihm erhoffte Resonanz. Demonstrationen Ihren "Kamp f u m d i e Straße" in Form von Demonstratioals Erfolg der nen und öffentlichen Veranstaltungen setzte die NPD auch Bündnispolitik 2002 fort. Insgesamt waren die Teilnehmerzahlen an den Demonstrationen rückläufig, auch wenn etwa 100 Demonstrationen und öffentlich e Veranstaltungen (2001 : rund 70) organisiert wurden. * A m 1. Mai nahmen rund 3.000 Personen an NPD-Kundgebungen in Berlin-Hohenschönhausen, Dresden, Fürth, Göttingen, Ludwigshafen und Mannheim teil. Gegen die "Wehrmachtsausstellung" führte die Partei Demonstrationen u. a . a m 2 . Februar in Bielefeld (rund 1.700 Teilnehmer) und am 8. Juni in Leipzig (rund 1.10 0 Teilnehmer) durch. In Bielefeld wurde die Demonstration von den führenden Protagoniste n d e r Neonazi-Szene - Christian WORCH, Thomas WULFF, Friedhelm BUSSE und Hartmut WOSTUPATSCH - unterstützt. Am "Pressefest" der NPD am 3. August in Königslutter (Niedersachsen) nahmen rund 1.500 Personen teil. Das neonazistische "Aktionsbüro Norddeutschland" bezeichnete in einer im Oktober auf der Homepage der NPD-Bremen eingestellten "Lageanalyse" eine "allgemeine Demonstrationsmüdigkeit" als eine Ursache für die rückläufige n Teilnehmerzahlen. Eine Demonstration ohne inhaltliche Einbettung könne allenfalls "noch als Spaßfaktor für unpolitische Mitläufer" betrachte t werden, aber nicht mehr als Mittel zur Verbesserung der eigenen Politikfähigkeit. Auch die NPD-Parteiführung äußerte sich ähnlich. In einem Rundschreiben vo m 1. Oktober erklärte der NPD-Bundesgeschäftsführer Frank SCHWERDT, D e- monstrationen der Partei sollten in Zukunft eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit erfüllen. Es sei darauf zu achten, dass es nicht zu einer "Demonstrationsflut" komme. Jede Demonstration sollte unter einem Motto stehen, das auch der Bevölkerung vermittelbar sei. 44 * Die Zahl relativiert sich durch Info-Stände und kleinere Wahlkampfveranstaltungen, die teilweise als Demonstration angemeldet waren. Rechtsextremistische Bestrebungen 71 Neonazis, insbesondere Angehörige von Kameradschaften, Verhältnis der NPD stellen unverändert neben Skinheads ein Mobilisierungspotenzu Neonazis und zial der Partei dar. In einem Bericht der "Deutschen Stimme" Skinheads über den Bundesparteitag bekannte sich d e r s tellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Holger APFEL zur Kooperation mit den "freien Kameradschaften": "Damit wurde zugleich deutlich, dass die NPD auch künftig eine dynamische und zukunftsorientierte Partei bleibt, die um die Herzen der deutschen Jugend kämpft, alle drei Säulen ihrer politischen Strategie fortführe n u n d weiterhin mit allen politikfähigen Nationalisten auch innerhalb der vielen freien Kameradschaften kooperieren wird." ("Deutsche Stimme" Nr. 4/2002, S. 13) Im selben Beitrag hieß es, der NPD-Bundesgeschäftsführer Frank SCHWERDT habe optimistisch prognostiziert, "dass die meisten Kameradschaften unbeirrt an ihrer engen Zusammenarbeit mit der NPD festhalte n werden, da es ihnen nicht um irgendwelch e Personen, sondern u m d a s gemeinschaftliche Ganze gehe". In einem Interview in der Oktober-Ausgabe der "Deutschen Stimme" bekräftigte VOIGT die Notwendigkeit einer "gemeinsame(n) Plattform" mit den "Freien Kräften". Auf die Frage, ob nich t vor dem Hintergrund einiger Boykottaufrufe aus diesem Kreis die Zusammenarbeit der NPD zumindest mit Teilen des parteiunabhängigen "nationalen Widerstandes" als gescheitert betrachte t werden müsse, erklärte er: "Wer nicht erkennt, wie wichtig es ist, eine gemeinsame Plattform zu haben und immer noch Persönliches über das Politische stellt, der möge bleiben, wo er ist und die Entwicklung verschlafen ... Zum Glück betrifft die selbstgewählte Isolationshaltung nur einen kleinen Teil der 'Freien' ... Ansonsten gilt unser Angebot weiter, wenigstens in wichtigen Angelegenheiten, die uns alle angehen, vereint zu schlagen, auch wenn zum Teil noch getrennt marschiert wird!" ("Deutsche Stimme" Nr. 10/2002, S. 6) Für Neonazis stellt die NPD - das zeigt ihre Teilnahme an zahlreichen NPD-Demonstrationen - zwar weiterhin einen wichBericht 2002 72 Rechtsextremistische Bestrebungen tigen Bündnispartner dar; für Teile der Neonazi-Szene hat die Partei jedoch a n Attraktivität eingebüßt. Dies dürfte auf die mittlerweile verstärkte eigenständige Präsenz der Neonazis insbesondere im Rahmen von regelmäßigen eigenen Demonstrationen zurückzuführen sein. Auch die im Rahmen des NPDVerbotsverfahrens bekannt gewordenen "Spitzelvorwürfe " gegen Funktionsträger der Partei und die aus Sich t d e r Neonazis wenig konsequente Aufarbeitung dieser Problematik durch die NPD-Parteiführung dürften zu dieser Entwicklung beigetragen haben. So wurde dem NPD-Parteivorstand in einer "Sondermeldung" der neonazistischen Homepage "Widerstand-West" vom 29. Januar vorgeworfen, die Leitung des Landesverbands Nordrhein-Westfalen durch den "Spitzel des Verfassungsschutzes", Udo HOLTMANN, "geduldet" zu haben. Der Parteivorstand könne unter diesen Umständen von freien Kräften nich t weiter unterstützt werden. Die NPD hält auch weiterhin an einer Zusammenarbeit mit den Skinheads fest. In dem vom NPD-Parteivorstand in der Schriftenreihe "Profil" Nr. 12 veröffentlichte n Positionspapier "strategische Leitlinien zur politischen Arbeit der NPD" wird das bereits 1997 von der Parteiführung als Handlungsanleitung konzipierte "Drei-Säulen-Konzept" nochmals abgedruckt und bekräftigt. Hiernach habe die Parte i keine Probleme, mit jungen Leuten in eigenen Jugendkulturen, "etwa Skinheadgruppen", zusammenzuarbeiten, wenn sie bereit seien, "als politische Soldaten zu denken und zu handeln". Dann zeige sich auch, "daß es sich i.d.R. um sehr wertvolle junge Menschen handelt, die es für den Wiederaufbau der Volksgemeinschaft z u gewinnen gilt". 45 Bündnisangebot an Die Parteiführung setzt wieder auf eine Annäherung an REP und DVU die Partei "Die Republikaner" (REP) und die "Deutsch e Volksunion" (DVU). In einer Pressemitteilung vom 23. September zum Ausgang der Bundestagswahl appellierte d i e N P D , wenn auch ohne Erfolg, an die Führunge n vo n R E P u n d DVU, "Abgrenzunge n d e r Vergangenheit zu überwinden und in der Zukunft verstärkt den Schulterschluß aller Deutschen, die es heute noch s e i n wollen, zu suchen". Ambivalentes Das Verhältnis der NPD zur Gewalt erscheint unverändert Verhältnis zur ambivalent. Einerseits distanzieren sich Funktionäre der Partei Gewalt von Gewalt und gewalttätigen Aktionen, andererseits lassen Aussagen maßgeblicher Funktionäre weiterhin eine aktiv-kämpferische Diktion erkennen, die bis hin zur Militanz reicht. Rechtsextremistische Bestrebungen 73 Auch d a s Fehlen durchgreifender Konsequenzen gege n Strafund Gewalttäter in den eigenen Reihen verdeutlicht das primär taktisch bedingte Verhältnis der NPD zur Gewalt. So haben beispielsweise mit Thorsten CRÄMER (Mitglied des JNBundesvorstands und JN-Bundesschulungsleiter) und Nico WEDDING (Mitglied des JN-Bundesvorstands, JN-Landesvorsitzender i n Nordrhein-Westfalen und Beisitzer im NPD-Landesvorstand Nordrhein-Westfalen) zwe i wegen ihrer Beteiligung an dem am 9. Juli 2000 erfolgten Überfall auf die KZ-Gedenkstätte Kemna (Nordrhein-Westfalen) rechtskräftig verurteilte G ewalttäter wieder führende Funktionen inne. Die NPD beteiligte sich an der Bundestagswahl, an der Teilnahme an Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern u n d a n d e n KomWahlen munalwahlen in Bayern. Zur Bundestagswahl am 22. September trat die Partei in allen Ländern mit Landeslisten sowie außer in Bayern auch mit Direktkandidaten an. Sie erhielt 0,4 % der Stimmen (1998: 0,3 % ) u n d verfehlte trotz eines Stimmenzuwachses um 88.661 auf 215.232 die für die staatliche Parteienfinanzierung nach dem Parteiengesetz erforderliche 0,5 %-Marke. Bei der ebenfalls am 22. September durchgeführten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern erzielte die NPD 0,8 % der Stimmen und büßte 0,3 Prozentpunkte gegenüber der Landtagswahl 1998 ein. Damit scheiterte sie an der für die staatliche Parteienfinanzierung bei einer Landtagswahl erforderlichen 1 %-Marke. Bei den Kommunalwahlen in Bayern a m 3 . März errang der Landesvorsitzende Ralf OLLERT als Spitzenkandidat der NPD-nahen "Bürgerinitiative Ausländerstopp" mit 2,3 % der Stimmen einen Sitz im Nürnberge r Stadtrat. 1.3 Verbotsverfahren Nach d e r Aufhebung der ursprünglich f ü r Februar anbeVerbotsverfahren raumte n Termine zur mündlichen Verhandlung 46 wurde im Rahmen des Verfahrens vor allem die Problematik des Einsatzes vo n V-Personen bei der Beobachtung der NPD diskuBericht 2002 74 Rechtsextremistische Bestrebungen tiert. In diesem Zusammenhang haben sowohl die Antragsteller Bundesregierung, Deutscher Bundestag und Bundesrat als auch die Antragsgegnerin NPD, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten Horst MAHLER und Hans Günter EISENECKER, schriftsätzlich Stellungnahmen zur Bedeutung des Einsatzes vo n Vertrauenspersonen in der NPD eingereicht. In ihren Schriftsätzen sowie mittels umfassender dienstlicher Erklärungen unter anderem der Leite r d e r Verfassungsschutzbehörden haben die Antragsteller dargelegt, dass der Einsatz vo n V-Leuten ein zulässiges nachrichtendienstliches Mittel ist und eine staatlich e Steuerung der NPD zu keinem Zeitpunkt stattgefunden hat. Am 8. Oktober fand vor dem Bundesverfassungsgericht ein Erörterungstermin zu dieser Problematik statt. Mit Beschluss vo m 18. März 2003 stellte das Bundesverfassungsgerich t d a s Verfahren ein. 47 Im Zweiten Senat fand sich nicht die nach SS 15 Abs. 4 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) notwendige Z wei-DrittelMehrheit für eine Fortsetzung; drei von sieben Richtern stimmten für die Beendigung. Unter anderem führten diese drei Richter aus, dass die Beobachtung einer Partei durch V-Leute a u f Vorstandsebene unmittelbar vor und während eines Verbotsverfahrens i n d e r Regel unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren sei. Ausnahmen könnte n n u r gemach t werden, wenn von der Partei außergewöhnliche Gefahren ausgingen. Die vier Richter, die für eine Fortführung des Verfahrens stimmten, erklärten, die nachrichtendienstliche Beobachtung der Antragsgegnerin begründe weder im Hinblick auf den Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien noch wegen Fragen der Zurechnung der vorgelegten Beweismittel noch aufgrund der Pflicht zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens ein Verfahrenshindernis. Insbesondere betont die Senatsmehrheit die Pflicht des Bundesverfassungsgerichts zur Ermittlung aller entscheidungserheblichen Umstände und wendet sich gegen eine Prozessbeendigung ohne Aufklärung der zur Entscheidung über ein Verfahrenshindernis abwägungsrelevante n Tatsachen. Rechtsextremistische Bestrebungen 75 Unter anderem seien hierbei die Belange des präventive n Verfassungsschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden. 1.4 "Junge Nationaldemokraten" (JN) gegründet: 1969 Bundesgeschäftsstelle: Riesa (Sachsen) Bundesvorsitzender: Stefa n ROCHOW Mitglieder: bis zu 500 (2001: bis zu 500) Publikationen: n u r regional Als einzige rechtsextremistische Parte i verfügt die NPD über eine zahlenmäßig relevante Jugendorganisation. Die JN sind laut Satzung der NPD "integraler Bestandteil" der Partei. Der JN-Bundesvorsitzende ist kraft Amtes zugleich Mitglied des NPD-Parteivorstands. Die JN bekennen sich zum "Führertum als höchste(m) Dienst am Ganzen" und bezeichnen die parlamentarische Demokratie als "eine Verfallserscheinung sterbender Völker". Die Praxis habe bewiesen, "daß die parlamentarische Demokratie zum Untergang des Volkes führt". 48 Die Bedeutung der JN als eigenständige Jugendorganisation der NPD ist weiter rückläufi g . D i e J N verkümmern zusehends zu einem Anhängsel der NPD und werden in der Öffentlichkeit immer weniger wahrgenommen. Traditionell in der Vergangenheit von der JN durchgeführte Veranstaltungen wie die "Europäischen Kongresse der Jugend" sowie die "Pfingstlager" kamen nicht zustande. Den desolaten Organisationszustand verdeutlicht exemplarisch ein Beitrag in dem Organ der JN in Nordrhein-Westfalen "Schwarze Fahne": "In den letzten Monaten und Jahren mußten die Jungen Nationaldemokraten in NRW viele oft schwer bzw. gar nicht kompensierbare Rückschläge einstecken, die in letzte r Konsequenz, Bericht 2002 76 Rechtsextremistische Bestrebungen sowohl organisatorisch als auch politisch zu einem lähmungsähnlichen Zustand geführt haben und die JN NRW in die politische Bedeutungslosigkeit haben absinken lassen." ("Schwarze Fahne" Nr. 1/02, S. 3) Au f d e m a m 16. November in Kirchheim bei Bad Hersfeld (Hessen) durchgeführte n 31. ordentlichen Bundeskongress wurde der hessische JN-Landesvorsitzende Stefan ROCHOW zum neuen JN-Bundesvorsitzenden gewählt. 2. "Deutsch e Volksunion" (DVU) gegründet: 1987 * Sitz: München Bundesvorsitzender: Dr. Gerhard FREY Mitglieder: c a . 13.000 (2001: knapp 15.000) Publikation: "National-Zeitung/ Deutsch e Wochen-Zeitung" (NZ) Auflage: 44.000 **, wöchentlich * DV U e . V. 1971 a l s Verein gegründet, 19 8 7 a l s Parte i konstituiert , 19 8 7 - 1991 " DV U - L i s te D " ** geschätzt Die DVU, mitgliederstärkste Partei im rechtsextremistischen Parteienspektrum, wird seit ihrer Gründung vom Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY autokratisch geführt u n d weitestgehend finanziert. 49 FREY ist Inhaber der "DSZ - Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" (DSZ-Verlag) und Herausgeber der wöchentlich erscheinenden "National-Zeitung/Deutsch e Wochen-Zeitung" (NZ), der auflagenstärksten rechtsextremistischen Publikation in Deutschland. 2.1 Zielsetzung und Methode Die DV U greift mit ihren verfassungsfeindlichen Bestrebungen i m Wesentlichen die typischen rechtsextremistischen Agitati- Rechtsextremistische Bestrebungen 77 onsfelder unter dem Blickwinkel eines übersteigerte n Nationalismus auf. Besondere Schwerpunkte bilden Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Antiamerikanismus sowie ein umfassender Revisionismus. Ausländer und Juden werden pauschal diskreditiert und als hauptsächliche antideutsch e Feindbilder dargestellt. Die NZ kann wegen der uneingeschränkt beherrschenden Stellung FREYs in der DVU un d des Fehlens einer originären Parteizeitung als das Presseorgan der Partei angesehen werden. In der "national-freiheitlichen" Zeitung werden tagespolitische Themen und Ereignisse verzerrt dargestellt und instrumentalisiert. In ähnlicher Weise argumentieren DVU und DSZ-Verlag im Internet. Viele NZ-Artikel münden in Reklame für einschlägige Bücher aus FREYs Verlagen, die als angeblich weiterführende, das angeschnittene Thema vertiefende Literatur empfohlen werden. Tatsächlich handelt es sich dabei häufig nur um Sammlungen früherer NZ-Berichte i n B u chform, die auf diese Art e i n weiteres Mal vermarkte t werden. 50 Als vorrangiges Interesse FREYs wird so neben der politischen Selbstdarstellung eine Umsatzund Gewinnmaximierung bei Durchführung seiner Verlagsgeschäfte deutlich. I n d e r Agitation der NZ nimmt das Thema Ausländer in Deutschland breiten Raum ein. Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt sind verharmlosende Beiträge zur nationalsozialistischen Vergangenheit. Mit stereotypen Schlagzeilen und mit unterschwellig antisemitischen Artikeln werden Ressentiments gegen Juden geschürt u n d i n weiteren Beiträgen der demokratisch e Rechtsstaat und seine Repräsentanten angegriffen. Die Vielzahl und stetige Wiederholung solcher Beiträge nach einfachen rechtsextremistischen Agitationsmustern belegt, dass es nicht um die Darstellung von Problemen oder um den demokratischen Meinungsstreit geht, sondern dass Pauschalisierung und Herabwürdigung als Angriffe a u f wesentliche Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dienen sollen. Das fremdenfeindliche Gedankengut der DVU zeigt sich i n Fremdenfeindlichkeit der einseitige n u n d verzerrenden Berichterstattung der NZ über Ausländer, Ausländerkriminalität und Asylmissbrauch : Aggressive S chlagzeilen wie "Auf Diebstahl spezialisiert - S chutzlos vor ausländischen Trickdieben?" 51, " Verständnis für kriminelle Ausländer? - Schluss mit Beschwichtigung!" 52 und "Als Asylbewerber abgelehnt - als Krimineller geduldet" 53 suggerieren, die in Deutschland lebenden Ausländer seien generell Bericht 2002 78 Rechtsextremistische Bestrebungen kriminell. Selbst im Zusammenhang mit dem Amoklauf eines Schülers in Erfurt erklärte d i e N Z u n ter der Überschrift "Erfurt : Wer trägt wirklich Mitschuld?": "Eine asoziale, inhumane Einwanderungspolitik schafft multikulturelle Zustände im Übermaß ... Auch wenn es tausendmal politisch inkorrekt ist, auf diese Tatsache hinzuweisen, wir tun es: Über 40 % beträgt der Ausländeranteil unte r verurteilten jugendlichen Schwerverbrechern in Bundesdeutschland." (NZ Nr. 20/2002, S. 3) Mit der Veröffentlichung vo n Statistiken und eigenen Schaubildern versucht die Zeitung den Eindruck o ffizieller Bestätigung zu erwecken. Dadurch werden Ressentiments in der Bevölkerung geschürt u n d vorgespiegelt, dass in Deutschland lebende Ausländer eine Bedrohung für den Bestand und die Sicherheit des Landes und auch für den Einzelnen seien. Beim Thema Asylund Ausländerpolitik benutzte d i e N Z i n ihren zahlreichen fremdenfeindlich motivierten Beiträgen als Stereotyp die angeblich drohende "Umvolkung" der Deutschen. So hieß es unter der Schlagzeile "Noch mehr Türken rein? - EU-Beitritt, Raubtierkapitalismus, Völkerfeindschaft": "In Deutschland haben gewisse Wirtschaftsbosse Interesse daran, noch mehr Ausländer hereinzuholen, die man als Hiwis beim Lohndrücken und Sozialdumping missbrauchen möchte ... Auch haben sich, nicht zuletzt sowohl bei SPD als auch bei Grünen, Kräfte eingenistet, denen die Entdeutschung Deutschlands und die Umvolkung hin zu einer Multikultigesellschaft gar nicht schnell genug gehen kann." (NZ Nr. 9/2002, S. 3) In dieselbe Richtung zielten fremdenfeindlich motivierte A r- tikel mit reißerischen Überschriften wie "Deutsche bald in der Minderheit? - Wissenschaftler fordern Einwanderungs-Stopp" 5 4 und "Ersetzen Ausländer die Deutschen? - Die wahren Hintergründe der Zuwanderung". 55 Auch in Beiträge n z u r vorgesehenen EU-Osterweiterung mit Schlagzeilen wie "Türken in der EU - Millionen wollen kommen" 56 sollen Ängste vor Massenzuwanderung und einer "Überfremdung Deutschlands" hervorgerufe n werden: Rechtsextremistische Bestrebungen 79 "Zu einer erheblichen Gefahr für Deutschland würde sich allerdings ein EU-Beitritt der Türkei entwickeln ... Würde die Türkei mit ihren völlig anderen Traditionen sowie Kulturund Wertvorstellungen als denen des Abendlandes in die EU aufgenommen, wäre n d i e Folgen katastrophal. Im Rahmen der EUFreizügigkeit kämen Dutzende Millionen Türken nach Deutschland, die nicht nur das soziale Netz zerreißen würden, sondern auch die blutigen Konflikte ihres Heimatlandes im Gefolge führten. Von Deutschland in seiner heutigen Form würd e vermutlich nichts übrigbleiben." (NZ Nr. 41/2002, S. 7) Die DVU zeigt im Kontext von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus Rassismus meist unterschwellig, doch deutlich genug für die Leser der NZ, einen für Rechtsextremisten typischen Antisemitismus. So verbreitete die NZ in einer dichten Abfolge von Schlagzeilen und Artikeln mit subtilen Methoden ihre antisemitisch gefärbten Botschaften. Sie suggerierten, das deutsche Volk werde besonders durch die Juden daran gehindert, einen Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit zu ziehen und somit ein gleichberechtigtes Mitglied in der Völkergemeinschaft z u werden. In den Beiträgen wurde eine Überpräsenz vo n Personen jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung i n Politik, Wirtschaft und Medien behauptet, jüdische Organisationen diskreditiert, deutsche Wiedergutmachungsleistunge n verurteilt und Vorgänge in Israel und Palästina polemisch kommentiert. Die herabsetzende Kritik am "Judentum" war zwar häufig zwischen den Zeilen verborgen, doch s chon die Vielzahl der einschlägigen Artikel mit Schlagzeilen wie "Noch mehr Juden kommen - Unendlicher Zustrom wird garantiert" 57 und "Wie viele Juden braucht Deutschland wirklich? - Die Bildung einer weiteren Subkultur" 58 soll dem Leser einen im Sinne einer Verschwörungstheorie vermeintlich bedrohlichen Einfluss "antideutscher Juden" vo r Augen führen. Am Ende der Beiträge wurde stets das zweibändige, mit antisemitischen Anklänge n versehene Standardwerk des FZ-Verlags 59 "Wer ist wer im Judentum" als weiterführende Literatur angepriesen. Im FZ-Verlag erscheinen zudem das Buch "Jüdische Kriegserklärungen an Deutschland", mit dem der rechtsextremistische Bericht 2002 80 Rechtsextremistische Bestrebungen Mythos von der massiven Bedrohung durch "das Judentum" übernommen und fortgeschrieben wird, sowie die auch i n d i e- sem Zusammenhang zu sehende Publikation "Der Rote Judas - Das wahre Gesicht des Gregor Gysi". Zahlreiche Artikel polemisierte n gegen wichtige Repräsentanten jüdischer Institutionen, z. B . gegen den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. 60 Die DVU nutzte auch die Äußerungen des damaligen nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden in der Kontroverse mit dem Vizepräsidenten des Zentralrats 61 zu antisemitischer Agitation: in Beiträgen mit Schlagzeilen wie "Friedman oder Möllemann - wer hat rech t ? - Was in Deutschland gesagt werden darf und was nicht" 62 und "Wie Friedman Scharons Schandtaten deck t - Vereint im Hass auf Deutschland" 63. Unter der Überschrift "Darf sich Friedman alles erlauben? - Wie er die FDP in die Knie zwingen will" erklärte die NZ: "Jedenfalls klingt die Betroffenheit ausgerechnet aus dem Munde Friedmans über die pauschalierende Wertung, die er Möllemann vorwirft, recht fragwürdig. Denn Friedman selbst ist es doch, der sich mit Pauschalvorwürfe n u n d Kollektivanklagen gegen das ganze deutsche Volk noch nie zurückgehalten hat." (NZ Nr. 26/2002, S. 1 und S. 5) Zu den Artikeln wurde stets für die Neuerscheinung der Dokumentation des FZ-Verlags "Antisemitismus? - Die Wahrheit über Michel Friedman" geworben, die sich insbesondere mit den Antisemitismus-Diskussionen des Jahres 2002 befasst. Relativierung Die DVU bemühte sich weiterhin, das historische Wissen des Holocaust über den Holocaust zu relativieren. In der NZ wurden Dokumentationen über das Ausmaß des Holocaust mit Fälschungsvorwürfen und historisch längst widerlegten, aber als aktuell dargestellten Sachverhalte n vermengt und insbesondere die Höhe der Zahlen der Opfer in Frage gestellt. In einem Artikel mit der Schlagzeile "Auschwitz: Die Rechtsextremistische Bestrebungen 81 Wahrheit - Neue Quellen, neue Erkenntnisse" 64 versuchte die NZ, unter Hinweis auf eine fiktive Relation zwischen Opferzahlen und unterstellten Mitwisserzahlen das Wissen vom und die Mitschuld am Holocaust zu relativieren und nur einem kleinen Täterkreis anzulasten. Die Zeitung war auch bestrebt, mit einer inflationären Verwendung des Begriffs "Holocaust" in unterschiedlichen Zusammenhängen die inhaltliche Eindeutigkeit des Begriff s z u verwischen. Außerdem wurde häufig behauptet, "falsche Meinungen" zu dem historischen Geschehen deutscher Massenmorde an Juden und zu anderen NSVerbrechen würden kriminalisiert. Die Beiträge s tellen damit die Glaubwürdigkeit historischer Berichte in Frage und relativieren so indirekt trotz aller gegenteiligen Beteuerung und in strafrechtlich nicht fassbarer Weise die gesamte Judenverfolgung. Planung und Errichtung von Holocaust-Mahnmalen wurden von der NZ in zahlreichen Beiträgen scharf abgelehnt. Die Gedenkstätten seien Symbole einer angeblich einseitige n Vergangenheitsbewältigung, die durch die Manifestierung deutscher Schuld dem tatsächlichen Geschichtsverlauf nich t gerecht würde. Demokratischen Politikern wurde vorgeworfen, dem deutschen Volk durch d i e E rrichtung der Mahnmale auf Dauer eine Kollektivhaftung aufzubürden. So erklärte d i e N Z u n ter der Überschrift "Holocaust-Mahnmal: Kosten explodieren": "... fragen sich immer mehr Deutsche, ob angesichts der bereits bestehenden über 5 000 Mahnmale in unserem Land, die dem NS-Unrecht gewidmet sind, immer weitere Unsummen für immer neue solcher Gedenkstätte n z u m Fenster hinausfliegen sollen zu dem einzigen Zweck, deutsche Schuld aus lange vergangener Zeit immer gigantischer anzuprangern. Vergleichbare Handlungen in andere n Staaten, die ebenfalls im Laufe ihrer Geschichte Menschheitsverbrechen auf sich geladen haben, sucht man übrigens auf der ganzen Welt vergebens." (NZ Nr. 36/2002, S. 12) Immer wieder wird in der NZ ein weltweites SündenregisRelativierung von ter der Gräueltaten anderer Völke r von der Antike bis zur NS-Verbrechen Gegenwart aufgelistet. Die DVU leugnet damit formal nicht die Verbrechen des NS-Regimes, streitet aber deren Einzigartigkeit ab, insbesondere wenn in diesem Zusammenhang die deutschen Opfer des Zweite n Weltkriegs in den Vordergrund gerück t werden: Bericht 2002 82 Rechtsextremistische Bestrebungen "Etwa 20 Millionen Deutsche wurden von den Siegern und jenen, die sich dafür hielten, am Ende des Zweite n Weltkrieges, aus ihrer jahrhundertealten Heimat vertrieben. Es war die größte Völkervertreibung der Weltgeschichte , d a s größte Verbrechen am deutschen Volk. Bis zu drei Millionen Menschen, meist Frauen und Kinder, kamen bei diesem Völkermord um, wurden auf grausame Weise entleibt, zu Tode geschändet, durch Hunger und Kälte dahingerafft. Ungezählte nahmen sich ferner aus Verzweiflung das Leben. Massenvergewaltigungen, purer Sadismus und abscheuliche Grausamkeiten gehörten zum Alltag. Nur aus einem Grund mussten sie leiden und sterben: Sie waren Deutsche." (NZ Nr. 1-2/2002, S. 6) Um Repräsentanten und Institutionen des NS-Regimes in einem positiven Licht erscheinen zu lassen und deren "wirkliche" Größe und Leistung der angeblich verfälschenden Geschichtsschreibung entgegenzusetzen, empfahl der FZ-Verlag eine große Palette vo n Text-, Bildund Video-Publikationen. 65 Diesem Zweck dienten auch zahlreich e Veröffentlichungen in der NZ über einzelne Wehrmachtseinheiten und über die deutsche Kriegsführung im Zweite n Weltkrieg. Beiträge mit Überschriften wie "Die Schlach t i m Atlantik - Sie fuhren gegen England" 66 und "Einer unserer Beste n - Vor 90 Jahren wurde Adolf Galland geboren" 67 sollen den Mythos einer vermeintlich heldenund ehrenhafte n Verteidigung des Vaterlandes gegen den alliierten "Vernichtungskrieg gegen Deutschland" aufrechterhalten und beleben. In diesem Zusammenhang ist auch d i e Agitation der NZ gegen die überarbeitete Wanderausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriege s 1941 - 1944" 68 zu sehen. In Beiträgen mit Schlagzeilen wie "Perverse Perfidie der Reemtsma-Schau" 69 und "Die skandalösen Reemtsma-Methoden" 70 wurden die Veranstalte r d e r Ausstellung angegriffen: "Höchst zweifelhaft aber ist es auch, dass Gestalte n w i e Reemtsma die deutsche Wehrmacht, die so ungeheure Opfer gebracht hat, in den Schmutz ziehen, während sie die allesamt Rechtsextremistische Bestrebungen 83 ungesühnten Schandtaten der Armeen auf der Siegerseite und vo n Streitkräften nach dem Zweite n Weltkrieg mit dem Mantel der Barmherzigkeit zudecken oder gar verherrlichen." (NZ Nr. 44/2002, S. 9) Als "Antwort a u f d i e ' Wehrmacht-Ausstellung'" 71 und zur revisionistischen Glorifizierung der Deutschen Wehrmacht erscheint seit Februar 1999 wöchentlich die Serie "Große deutsche Soldate n - Unsterbliche Helden". Darüber hinaus erschien eine Neuauflage des im Jahr 2001 i m F Z -Verlag veröffentlichten Buchs "Helden der Wehrmach t - Unsterbliche deutsche Soldaten". Die NZ agitierte mit einer Vielzahl von Beiträge n gegen Agitation gegen die von Deutschland aus dem Entschädigungsfonds für NSWiedergutmachungsZwangsarbeiter zu zahlenden Summen. Mit Schlagzeilen wie forderungen "Wiedergutmachung ohne Ende - Fast 60 Jahre nach Hitler ge h t e s weiter ums Geld" 72 und "Vor der allerallerletztesten Forderung? - Wieder neue Wiedergutmachungsansprüche" 73 wurden die aus Sich t d e r DVU überhöhten und nicht mehr zeitgemäßen Forderungen angeprangert; andererseits wurde die fehlende Entschädigung für an Deutschen begangenes Unrecht beklagt: "Doch die deutschen Opfer alliierte r Untaten interessieren in der Meinungsindustrie und in der heutigen Politik in wie außerhalb Deutschlands niemanden. Deutsche gelten als Menschen minderer Klasse. Es ist undenkbar, dass heute d e n Ton angebende deutsche Politiker in den Lagern der Sieger umgebrachte deutsche Sklavenarbeiter auch nur erwähnen, geschweige denn dafür Wiedergutmachung bzw. Reparationen bzw. Tribute oder auch nur eine Entschuldigung fordern." (NZ Nr. 36/2002, S. 14) Die DV U griff in der NZ ständig den demokratischen Agitation gegen das Rechtsstaat und seine Repräsentanten in polemischer und difDemokratieprinzip famierender Weise massiv an. Dadurch soll das Ansehen von Institutionen und Personen beschädigt und das Vertrauen des Staatsbürge r s i n d i e Politik und in die Werteordnung des Grundgesetzes erschüttert werden. Vor allem wurde immer wieder die Anklage erhoben, demokratisch e Politiker beharrten aus machtpolitischen Gründen auf einer Kollektivschuld Bericht 2002 84 Rechtsextremistische Bestrebungen der Deutschen an der Massenvernichtung der Juden. Mit diesem andauernden Vorwurf wollten sie angeblich d a s Volk demoralisieren, um es leichter regierbar zu machen und ihre eigene Macht zu sichern. Verschärfung der Nach d e n Terroranschläge n a m 11. September 2001 i n d e n Agitation gegen die USA, den folgenden militärischen Reaktionen der internatioUSA nalen Staatengemeinschaft s owie den Kriegsplänen der USA gegen den Irak hat die DVU ihre antiamerikanisch e Agitation weite r verschärft . S i e verknüpfte diese Propaganda mit Angriffen auf den demokratischen Rechtsstaat und seine Repräsentanten. In vielen Beiträgen der NZ mit reißerischen Schlagzeilen wie "Warum der Irak sterben muss - Die wahren Ursachen des Völkermords" 74 und "Weltkrieg ums Erdöl? - Die wahren Ziele der USA" 75 wurden die von d e n U S A geplanten Aktionen im Kamp f gege n d e n Terrorismus verurteilt. Die DVU steigerte in diesem Zusammenhang auch ihre antisemitisch e Agitation. In der NZ behauptete sie, eine "jüdische Lobby" habe starken Einfluss auf die US-amerikanische Regierung und deren Nah-Ost-Politik. Überdies habe Israel insbesondere nach d e n Terroranschläge n a m 11. September 2001 seine repressive Politik gegen Palästina auf immer neue Eskalationsstufe n getrieben und außerdem eine moralische Begründung für eigene Terroranschläge gefunden. 76 2.2 Organisation und Entwicklung OrganisationsDie innerparteiliche Machtposition des Bundesvorsitzenden struktur FREY lässt weder dem kleinen Bundesvorstand noch d e n 16 Landesoder gar den Kreisverbänden Raum für eigene Initiativen und selbstständige politische Arbeit. Sie ermöglicht es FREY auch, die Parte i weitgehend geschlossen zu halten und sie gegen Einflüsse aus dem übrigen rechtsextremistischen Lager, insbesondere aus dem Bereich von NPD und REP, abzuschirmen. DVUAm Bundesparteita g u n d a n z wei Landesparteitagen nahVeranstaltungen men jeweils 200 bis 300 Personen teil. Redner waren neben FREY DVU-Abgeordnete aus Länderparlamenten. Ihr Auftreten sollte als Beleg für eine angeblich e rfolgreiche Parlamentsarbeit der DVU dienen. Bei den Veranstaltungen schien FREYs Rechtsextremistische Bestrebungen 85 Interesse im Vordergrund zu stehen, seine Verlagsprodukte einem größeren Publikum persönlich anzubieten. Die für die Partei bedeutendste regelmäßige Veranstaltung, die jährliche September-Großkundgebung in der Passauer Nibelungenhalle, fand nicht statt und wurde auf Juni 2003 verschoben. Der Parte i fehlte die Kraft, an der Bundestagswahl und DVU-Abgeordnete an den Landtagswahlen teilzunehmen. Angesichts der verheein den Landtagen renden Bilanz der Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt verzichSachsen-Anhalt und tete die Partei auf eine erneute Wahlbeteiligung in dem Land, Brandenburg sowie in der Bremer Bürin dem sie 1998 mit 12,9 % d e r Stimmen ihren größten Ergerschaft folg bei Wahlen hatte erzielen können. Die DVU-Fraktion im Landta g von Brandenburg war um ein seriöses Erscheinungsbild bemüht. Sie gab eine Fraktionszeitschrift heraus und präsentierte sich i m I n ternet mit Videoclips. In der Bremer Bürgerschaft i s t d i e DVU mit einem einzigen Mandat vertreten. Hier hat die Partei sich s chon auf eine Wahlbeteiligung im Jahr 2003 festgelegt. 3. "Die Republikaner" (REP) gegründet: 1983 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: Dr. Rolf SCHLIERER Mitglieder: ca. 9.000 (2001 : c a . 11.500) Publikation: "Der Republikaner", Auflage : 12.000, zweimonatlich Unterorganisationen: "Republikanische Jugend" (RJ), "Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten" (RepBB), "Republikanischer Bund der Frauen" (RBF), "Republikanischer Hochschulverband" (RHV) 3.1 Zielsetzung Bei der Partei "Die Republikaner" (REP) liege n weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische BestrebunBericht 2002 86 Rechtsextremistische Bestrebungen ge n vor, auch wenn nicht jedes Mitglied verfassungsfeindliche Ziele verfolgen mag. Der Bundesvorsitzende Dr. Rolf SCHLIERER ist um ein seriöses, konservatives Erscheinungsbild seiner Partei bemüht, gleichwohl machen Teile der Partei ihre Ablehnung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung deutlich. Die Art ihrer Argumentation und ihrer Kritik an den bestehenden Verhältnissen lässt in der Gesamtschau weiterhin eine Abkehr vom Menschenbild des Grundgesetzes sowie eine Ablehnung wesentlicher Prinzipien der Verfassung erkennen. Der Wille, jede Politik "in erster Linie an den Interessen des deutschen Nationalstaats und des deutschen Volkes" auszurichten 77, findet in unterschiedlicher Dichte seine Ausprägung in Fremdenfeindlichkeit, Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus, Agitation gegen das Demokratieprinzip sowie in der Zusammenarbeit mit anderen Rechtsextremisten. Fremdenfeindlichkeit Die fremdenfeindlich e Agitation der REP wird im Wesentlichen unter dem Gesichtspunkt der angeblichen Gefahr eines Untergangs des deutschen Volke s geführt. Dabei werden bestehende gesellschaftliche Probleme extrem dramatisiert. Gleichzeitig werden Fremde pauschal diffamiert u n d f ü r gesellschaftliche Probleme verantwortlich gemacht. Die REP schüren Ängste vor "kulturelle(r) Überfremdung und Masseneinwanderung". 78 Fremden wird vorgeworfen, sie wollten sich nicht integrieren, sondern nur dem "Sozialstaat auf der Tasche liegen". 79 So heißt es im Parteiorgan "Der Republikaner" unter der Überschrift " 12+1 gute Gründe, diesmal PROTEST zu wählen": "... weil die Gauner, Abzocke r u n d Radikalinskis aus aller Herren Länder sich hier so wohl fühlen wie nirgends sonst auf der Welt; ..." ("Der Republikaner" Nr. 7-8/2002, S. 1, Wahlkampfbeilage) In einem im Januar auf der Homepage des Landesverbandes Brandenburg veröffentlichten Beitrag "Brauchen wir Zuwanderung?" hieß es, die etablierten Parteien forderten aus rein materialistischen Erwägungen ("mehr Märkte", "Menschen, die uns nutzen" usw.) Zuwanderung. Dann seien "zigtausende Türken" geholt worden, "die als Moslems nicht in unsere Kultur paßten". Die Deutschen hätten "gefälligst multikulturell zu Rechtsextremistische Bestrebungen 87 werden", denn urplötzlich seien aus "den Gastarbeitern ausländische Mitbürger" geworden. Dieser Entwicklung wollen die REP durch " geeignete Maßnahmen zur Rückkehr" der Ausländer in ihre "angestammten Heimatländer" begegnen. So hieß es auf der Homepage des Landesverbandes Hessen: "Wi r Republikaner sind davon überzeugt, daß ein friedliches Zusammenleben von Deutschen und Ausländern in Deutschland nur dann gewährleistet ist, wenn die nichtintegrierbaren, kulturfremden ausländischen Bevölkerungsteile durch geeignete Maßnahmen zur Rückkehr in ihre angestammten Heimatländer bewegt werden." In der Publikation "Die Republikaner in Mittelfranken informieren" forderte ein Mitglied des REP-Bundesvorstandes: "Schluß mit der Zuwanderungslüge": "Wi r Republikaner fordern daher: Geben sie CDU und SPD i m Wahljahr 2002 die verdiente Quittung für ihre n fortgesetzten Betrug am deutschen Volk ... Lassen Sie sich nicht länger von den sogenannten 'anständigen' Deutschen mit dem Ring durc h d i e Nase und dem Strick daran ins Schlachthaus führen. Wehren Sie sich gegen den Ausverkauf Deutschlands, den Ausverkauf Ihrer Heimat, den Ausverkauf selbst Ihrer Häuser und Wohnungen. Erteilen Sie 'Multi-Kulti' eine klare Absage, es hat sich nicht bewährt und funktioniert nur in den wirren Köpfen linker Spinner. Lassen Sie sich nicht länger 'Gefühle der Erbschuld' infiltrieren. Wi r wollen keine Ghetto's und wir sind niemanden auf der Welt etwas schuldig....Lassen Sie es nicht zu, daß unser Volk ausgetauscht wird, ..." 80 ("Die Republikaner in Mittelfranken informieren", Ausgabe Nr. 03/2002, S. 2) Dass die Menschenrechte nach d e n Vorstellungen der REP für die in Deutschland lebenden Ausländer keine Gültigkeit besitzen sollen, klingt bei der Frage an, die auf der Homepage des REP-Landesverbandes Bremen gestellt wurde: "Sind wir bei den Menschenrechte n z u weit gegangen?" Eine der dazu aufgestellten "Thesen" lautete: "Menschenrechte machen uns zum Sozialamt der ganzen Welt." Denn, so polemisieren die REP: "Wieviel hunderttausend Menschen leben in DeutschBericht 2002 88 Rechtsextremistische Bestrebungen land auf unsere Kosten, ohne dazu berechtigt zu sein? Als Illegale, als abgewiesene Asylbewerber, in endlos verschleppten Asylverfahren ... Alle genießen ihre Menschenrechte auf unsere Kosten." Agitation gegen den Der demokratisch e Rechtsstaat und seine Repräsentanten demokratischen werden in polemischer und diffamierender Weise angegriffen, Rechtsstaat um deren Ansehen zu schmälern u n d d a s Vertrauen in die Politik und die Werteordnung des Grundgesetztes zu erschüttern. So is t die Rede von den "Berliner Korruptionsparteien" 81 und von "unsere(n) führenden Politiker(n)", die sich die "eigenen Taschen" 82 füllten. In einem Beitrag des Parteiorgans "Der Republikaner" wurde unter der Überschrift "Dem 'Tango Korrupti' die Musik abdrehen ..." behauptet, in schönster Eintracht hätten "Politike r quer durch alle Bundestags-Parteien den Staat zum Selbstbedienungsladen gemacht". 83 3.2 Organisation und Entwicklung Die REP hatten im Jahr 2002 einen weiteren Mitgliederrückgang auf etwa 9.000 hinzunehmen (2001: 11.500; 2000: 13.000; 1999: 14.000; 1998: 15.000). Nach w i e vor sind sie in erster Linie eine "West-Partei". In den ostdeutschen Ländern ist die ohnehin geringe Präsenz der Parte i weiter rückläufig. Sie verfügt dort nur noch über höchstens 700 Mitglieder (2001 : rund 1.000). Die Partei trat außerhalb vo n Wahlkämpfe n i n d e r Ö f- fentlichkeit kaum in Erscheinung. An der alljährlichen Aschermittwochsveranstaltung am 13. Februar im bayerischen Geisenhausen (Landkreis Landshut) nahmen rund 600 Personen teil (2001 : rund 800). Kennzeichnend für den anhaltenden Abwärtstrend der REP sind die seit Jahren andauernden innerparteilichen Differen- z e n u m d e n vom REP-Bundesvorsitzenden SCHLIERER vertretenen Abgrenzungskurs gegenüber anderen rechtsextremistischen Organisationen. Auf dem Programmparteita g a m 11./12. Mai in Künzell bei Fulda (Hessen) versuchte eine parteiinterne Opposition eine Resolution einzubringen, die eine personelle und programmatische Erneuerung vorsah. In dem als "Künzeller Resolution" bezeichneten Papier hieß es, der dem Parteitag zur Annahme vorgelegte u n d von der Parteiführung unterstützte Entwurf des neuen Parteiprogramms sei "nicht eine Rechtsextremistische Bestrebungen 89 Anpassung bestehender Positionen der Partei an aktuelle politische Entwicklungen". Statt dessen verkörpere er "eine völlige Neuausrichtung der Partei in Richtung auf die politische Mitte und einen Verzich t a u f wesentliche nationale Positionen". Es handelte sich dabei um den "Versuch der Parteiführung, die Ausrichtung der Parte i . . . vollends vom Erfolgskurs der Jahre bis 1996 abzubringen und sie gänzlich i n die Konturenlosigkeit wie auch i n d i e Ununterscheidbarkeit zur CDU oder gar zur CSU zu führen". 84 Die innerparteilichen Oppositionskräfte drängen damit auf eine stärkere Orientierung der REP am rechtsextremistischen Lager. Der Programmparteita g verabschiedete - trotz der Kritik - den von der Parteiführung unterstützten Entwurf des neuen Grundsatzprogramms. Auch darin finden sich allerdings einige fremdenfeindlich geprägte Argumentationsmuster (vgl. Nr. 3.1). Aus Protest gegen das ihrer Ansicht nach " z u weiche" Programm trate n i n d e r Folgezeit prominente Vertreter der parteiinternen Opposition wie der frühere stellvertretende Bundesvorsitzende und langjährige baden-württembergische Landesvorsitzende Christian KÄS, der ehemalige baden-württembergische Landtagsabgeordnete der REP Lothar KÖNIG und der frühere hessische Generalsekretär Gottfried BURISCHEK aus der Partei aus. Die Oppositionskräfte veranstalteten überregionale Treffen, an denen neben REP-Mitgliedern aus Baden-Württemberg, Hessen und Bayern auch Vertreter der "Deutschen Partei" (DP) teilnahmen. An einer Zusammenkunft a m 6 . Juli i n Rodgau (Hessen), zu der BURISCHEK unter dem Motto "Aufstand der Anständigen aus allen patriotischen Kreisen" eingeladen hatte, nahm als Gastredner auch ein maßgeblicher Führungsfunktionär der DP teil. In seiner Rede, so eine Pressemitteilung der DP vom 8. Juli, habe dieser die "Schwächen der kleinen patriotischen Parteien" analysiert und als Lösung das "Projekt DEUTSCHE PARTEI" angeboten. Die DP solle "keine Konkurrenz zu den bestehenden Parteien, sondern das große Sammelbecken für alle deutschen Patriote n werden". Der (Wahl-) Parteitag der REP am 2./3. November in Deggendorf (Bayern) bestätigte m i t rund 72 % d e r Stimmen den langjährigen Parteivorsitzenden Dr. Rolf SCHLIERER in seinem Amt. In seinem Rechenschaftsbericht führte SCHLIERER das schlechte Abschneiden der Partei bei den zurückliegenden Wahlen auf die "Kampagne 'gegen rechts'" und die "pauschale Diffamierung jedes politischen Ansatzes rechts der Mitte" zurück. 85 Mit der relativ eindeutigen Wiederwahl SCHLIERERs sowie den Parteiaustritten führender OppositionsBericht 2002 90 Rechtsextremistische Bestrebungen kräfte s cheint der jahrelange Machtkampf SCHLIERERs mit seinen innerparteilichen Gegnern entschieden. Gleichwohl herrscht innerhalb der Parte i weiterhin große Unzufriedenheit und Konzeptionslosigkeit. SCHLIERERs Wahl ist nich t Ausdruck e i- ner Aufbruchstimmung, sondern in erster Linie Beleg für fehlende personelle und programmatische Alternativen. Verbindungen zu Die trotz des von SCHLIERER vertretenen AbgrenzungskurRechtextremisten ses weiterhin mangelnde Distanz vieler REP-Mitglieder/-Funktionäre zu Rechtsextremisten belege n folgende Beispiele: - Unter Missachtung seines nach außen hin vertretenen Abgrenzungskurses gegenüber anderen rechtsextremistischen Organisationen traf sich SCHLIERER am 25. Juni einem Bericht der September-Ausgabe der rechtsextremistischen Monatszeitschrift " Nation & Europa" zufolge in München mit dem DVU-Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY. I n d e r Runde sei die Schaltung von REP-Inserate n i n d e r von FREY herausgegebenen "National Zeitung/Deutsch e WochenZeitung" vereinbart worden, die letztlich s cheiterte. 86 - A m 13. Februar verteilten in Dresden REP-Mitglieder zusammen mit Angehörigen der rechtsextremistischen "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen"(JLO) Flugblätter, i n d e- nen die Bevölkerung zur Teilnahme an einem "Trauermarsch zum Gedenken an den Bombenterror der Alliierten" aufgerufen wurde. Im Verlauf der von der rechtsextremistischen JLO organisierte n u n d von zahlreichen Rechtsextremisten besuchten Demonstration hielt ein REP-Mitglied aus Nordrhein-Westfalen eine Rede. 87 - Nach einem Bericht auf der Homepage des Landesverbandes Sachsen hat am Landesparteita g a m 2 7. April als Gast auch der Fraktionsvorsitzende des rechtsextremistischen "Vlaams Blok" im belgischen Parlament teilgenommen und eine Rede gehalten. - Unter der Überschrift "Erfolgreiches Deutsch e Stimme Pressefest in Königslutter" hieß es in einem Beitrag auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes Magdeburg, über Parteigrenzen hinweg seien "Aktivisten der NPD, der DVU, der Republikaner und Freier Kameradschaften" zusammengekommen, "um ihren Willen zu unterstreichen, bisher Trennendes zu überwinden und gemeinsam den Schulterschluß aller zukunftsorientierte n Nationalisten und Patriote n z u s u- chen". - Im "Südwest-Rundbrief" des NPD-Kreisverbandes Trier-Saarburg vom Juni wurde über eine Veranstaltung des NPDKreisverbandes Trier am 7. Juni mit dem NPD-Parteivorsit- Rechtsextremistische Bestrebungen 91 zenden Udo VOIGT berichtet. Unter anderem seien auch Mitglieder des Kreisverbandes der REP zugege n gewesen. Die REP beteiligten sich an der Bundestagsund der LandTeilnahme an tagswahl in Mecklenburg-Vorpommern a m 2 2 . September und Wahlen a n d e n Kommunalwahlen in Bayern a m 3 . März. Zur Bundestagswahl am 22. September trat die Partei mit Landesliste n i n 14 Ländern (in Sachsen - Anhalt und Brandenburg war es nich t gelungen, die erforderlichen Unterstützungsunterschriften beizubringen) sowie mit Direktkandidaten in sieben Ländern a n. M i t e i- nem Wahlergebnis von 0,6 % d e r Stimmen (1998: 1,8 %) wurde die nach dem Parteiengesetz erforderliche 0,5 %-Marke überschritten und die REP erhalten Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Die größte n Verluste musste die Partei in ihren Hochburgen Baden-Württemberg (-2,9 Prozentpunkte a u f 1,1 %) und Bayern ( -1,9 Prozentpunkte auf 0,7 %) hinnehmen. Der Parteivorsitzende SCHLIERER hatte sich nicht erneut um ein Direktmandat beworben; in seinem Wahlkreis Neckar-Zaber (Baden-Württemberg) verloren die REP überdurchschnittlich (-3,9 Prozentpunkte). Bei der ebenfalls am 22. September in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführten Landtagswahl erzielten die REP lediglich 0,3 % d e r Stimmen (1998: 0,5 %). Damit erhalten sie erneut keine Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Bei den Wahlen zu den bayerischen Kommunalparlamente n a m 3 . März ging der Stimmenanteil der REP landesweit auf 1,1 % ( 1996: 1,8 %) zurück. In den kreisfreien Gemeinden und den Kreisen erhielt die Partei insgesamt 45 Mandate ( 1996: 72). Die Wahlniederlage n verdeutlichen, dass die Partei selbst in ihren bisherigen Hochburgen nur über eine geringe Stammwählerschaft verfügt. Auch ist es ihr nich t gelungen, sich Protestwählern als Alternative anzubieten. Mit Beschluss vom 26. Juni hat das Verwaltungsgericht VerwaltungsWiesbaden einen Antrag des REP-Landesverbandes Hessen gerichtsverfahren zurückgewiesen, dem Hessischen Ministerium des Innern und Sport i m Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Landesverband der Parte i vo r Veröffentlichung des nächsten Verfassungsschutzberichts, in dem die Partei erwähnt werde, Bericht 2002 92 Rechtsextremistische Bestrebungen den entsprechenden Abschnitt mindestens einen Monat vor der Veröffentlichung zur Stellungnahme zuzuleiten. 88 In Berlin ist ein Verfahren des Landesverbandes Berlin der REP gegen die Beobachtung der Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln noch i n d e r B e rufungsinstanz anhängig. In einem vergleichbaren Verfahren in Baden-Württemberg hat die Partei mit Schreiben vom 30. Oktober an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückgenommen. Der VGH hat daraufhin mit Beschluss vo m 31. Oktober das Verfahren eingestellt. VI. Intellektualisierungsbemühungen im Rechtsextremismus Seit Anfang der 1980er Jahre bemüht sich e i n e Reihe von Rechtsextremisten mit höherem Bildungsniveau verstärkt um eine Intellektualisierung rechtsextremistischer Bestrebungen. Sie richteten Lesekreise ein, gründeten neue Zeitschriften, führten Kongresse durch u n d veröffentlichten einschlägige Bücher. Intellektualisierung Bereits Mitte der 90er Jahre zeichnete sich allerdings ein des RechtsextremisScheitern ab: Viele Initiativen lösten sich auf oder stagniermus weitgehend ten in ihrer Entwicklung, die angestrebte "kulturelle Hegegescheitert monie" im öffentlichen Diskurs gelang nicht einmal ansatzweise. Auch die Intellektualisierung des eigenen politischen Lagers konnte nich t vorangebrach t werden. So scheiterten beispielsweise Bemühungen der REP, Intellektuelle an die Partei zu binden bzw. das Parteiorgan "Der Republikaner" anspruchsvoller zu gestalten. IntellektualisierBei der NPD ist indessen ein ansatzweiser Intellektualisieungsansätze in der rungsprozess erkennbar. I m Z u ge des ideologischen, strategiNPD und ihrem Umschen und organisatorischen Wandels der Partei im letzten feld Drittel der 90er Jahre wandten sich einige jüngere, akademisch gebildete Rechtsextremisten der NPD zu. Sie beeinflussten die Gestaltung des Parteiorgans "Deutsch e Stimme" durch ihre redaktionelle Mitarbeit, wodurch d i e Z a h l von ideologischen oder strategischen Beiträgen zunahm. Dazu gehörten 2002 etwa Grundsatzbeiträge zur Bedeutung des Volkes im Nationalismus, eine Kontroverse um den Stellenwert vo n Reich und Staat für das politische Selbstverständnis, Überlegungen zur Vereinheitlichung nationalistischer Kräfte in Europa oder Erinnerunge n a n Vertreter der "Konservative n Revolution". 89 Rechtsextremistische Bestrebungen 93 Einer der Akteure der Intellektualisierungsversuche in der NPD, Jürgen SCHWAB, leitet seit November 2000 den Arbeitskreis "Volk und Staat" beim NPD-Parteivorstand. SCHWABs Auffassunge n finden Eingang in die Außendarstellung und Programmatik der NPD. So wurden von ihm Beiträge i n d e r "Deutschen Stimme"-Artikelserie "Kamp f u m d e n Staat" und Erklärungen zu strategischen Leitlinien in der NPD-Schriftenreihe "Profil" veröffentlicht. Auch das Bundestagswahlprogramm der Parte i w a r von SCHWAB beeinflusst. Darüber hinaus erschien von ihm im "Grabert-Verlag" (vgl. Kap. IX, Nr. 2) das programmatische Buch " Volks-Staat statt Weltherrschaft. Das Volk - Maß aller Dinge", in dem er aus einer fundamentaloppositionellen Perspektive für die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie durch einen autoritär geführten und kollektivistisch geprägten "Volks-Staat" plädiert. SCHWAB ist auch Mitinitiator der organisationsübergrei"Deutsche fenden "Deutschen Akademie". Diese im Umfeld der NPD agieAkademie" rende Einrichtung bietet Schulungen zur "staatstheoretischen Bildungsarbeit" an. Darüber hinaus versucht sie mit der NPDUntergliederung "Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB), rechtsextremistische Intellektuelle zusammenzuführen und sie für den angestrebten "Kampf um die Köpfe" für die NPD zu aktivieren. So führte s i e verschiedene Seminare mit rechtsextremistischen Referenten durch, auf denen nicht nur Ordnungskonzeptionen der NPD und staatsphilosophische Grundsatzfragen, sondern auch Aspekte der Globalisierung erörtert wurden. 90 Ebenfalls im NPD-Umfeld bewegt sich d a s 1994 als Nach"Deutsches Kolleg" folgeorganisation des Berliner Lesekreises der Wochenzeitung "Junge Freiheit" gegründete rechtsextremistische "Deutsch e Kolleg" unter der Leitung der beiden ehemaligen Linksextremisten Horst MAHLER und Dr. Reinhold OBERLERCHER sowie von Uwe MEENEN. Zentrale Aufgabe ist die Schulung der "nationalen Intelligenz". So wurden Veranstaltungen unter dem Motto "Aufstandsplan für das Deutsch e Volk" durchgeführt und im Internet Positionspapiere mit Titeln wie "Heil Juda! Wir kommen!" oder "Zur heilsgeschichtlichen Lage des Deutschen Reiches" veröffentlicht. Die Agitation des "Deutschen Kollegs" ist geprägt von einem aggressiven Antisemitismus und Rassismus. Menschenverachtend und rassistisch äußerte sich OBERLERCHER in dem auf der Homepage des "Deutschen Kollegs" verbreiteten Pamphlet "Menschenfresser in Pisa-Land". Darin führt er aus, die BRD-Bildung sei heute durch " geistige Vernegerung", "Infantilisierung" und "Verblödung der ganzen Bericht 2002 94 Rechtsextremistische Bestrebungen bürgerlichen Gesellschaft " gekennzeichnet. Die Schulen, an denen "orientalische und negroide Jugendliche" das Abitur ablegen könnten, seien "keine deutschen Gymnasien mehr". "Thule-Seminar" Das "Thule-Seminar" wird als deutscher Ableger der französischen "Neuen Rechten" von Dr. Pierre KREBS geführt. Nachdem sich KREBS, der die Strategie einer "Kulturrevolution von rechts" verfolgte, mit seinem früheren ideologischen Vorbild Alain de BENOIST überworfen hat, ist er im rechtsextremistischen Lager noch weiter isoliert. Allenfalls im NPD-Umfeld genießt er noch e i n e gewisse Wertschätzung. KREBS gibt lediglich noch den nach fünfjähriger Pause erstmals wieder erschienenen "Thule-Brief" mit wenigen Seiten und einen jährlich veröffentlichten "Taschenkalender der Avantgarde" mit der Bezeichnung "Mars Ultor" heraus. Rückgang bei Auch bei den organisationsunabhängigen Publikationen des organisationsintellektuell ausgerichtete n Rechtsextremismus war ein Rückunabhängigen gang zu verzeichnen: So stellte n d i e von Dr. Hans-Dietrich Publikationen SANDER geleiteten "Staatsbriefe" im Januar ihr Erscheinen ein. Von der zweimonatlich geplanten Zeitschrift "Sleipnir. Zeitschrift f ü r Kultur, Geschichte u n d Politik" wurden vier Ausgaben mit allerdings eher zufällig aneinandergereiht wirkenden Texten herausgegeben. Auch die Vierteljahreszeitschrift "Signal - Das patriotische Magazin" des rechtsextremistischen Verlegers Manfred ROUHS erschien nicht regelmäßig. Dieser griff z w a r i n Ausgaben aktuell diskutierte Themen wie "Globalisierung" und "Ökologie" auf 91, konnte damit aber keine neuen Impulse setzen. ROUHS konzentrierte sich in den letzten Jahren ohnehin stärker auf den Musiksektor und versuchte mit dem Vertrieb vo n Tonträgern rechtsextremistischer Bands aus dem "Dark Wave-" 92 und Skinhead-Bereich Jugendliche politisch zu beeinflussen. Sein von knapp 100 überwiegend dem Skinheadmilieu angehörenden Teilnehmern besuchtes "Pressefest" Ende Juni musste er allerdings abbrechen, nachdem die eingeladenen Bands sich geweigert hatten zu spielen. Rechtsextremistische Intellektuelle deuten in ihren Texten extremistisch e Positionen bisweilen nur an und sind um verbale Mäßigung bemüht, um auf diese Weise zu einer Erosion der Abgrenzung zum demokratisch-konservativen Lager beizutrage n . S o wollen sie ihren Positionen den Anschein von Seriosität geben und eine breitere Wirkung erreichen. Dazu tra- Rechtsextremistische Bestrebungen 95 ge n Veröffentlichunge n von rechtsextremistischen und demokratisch-konservative n Autoren in gemeinsamen Sammelbänden oder Zeitschriften bei. Ein Beispiel dafür biete t d i e Wochenzeitung "Junge FreiWochenzeitung heit" (JF). Auch 2002 stellten sich i h r e i n e Reihe namhafter "Junge Freiheit" demokratischer Vertreter aus Medien, Politik und Wissenschaft für Interview s z u r Verfügung. Daneben bietet die JF aber unverändert auch rechtsextremistischen Autoren ein Forum. Bisweilen bedienen sich Redakteure und Stammautoren der Wochenzeitung gängiger rechtsextremistischer Argumentationsmuster oder lassen wenig Distanz hierzu erkennen. Ein Autor berichtete beispielsweise unkritisch 93 über eine Tagung der rechtsextremistischen Organisation "Synergon Deutschland". 94 In einem Zeitschriftenportrait äußerte sich e i n weiterer Verfasser sehr wohlwollend über den rechtsextremistischen Publiziste n K a r l RICHTER und die revisionistische Zeitschrift "Deutsche Geschichte" 95 (vgl. Kap. IX, Nr. 2). Beachtenswert ist auch ein unterschiedliches Vorgehen bei Interviews: Äußerten sich demokratische Gesprächspartner gegen die politische Linie der Redaktion, wurde meist kritisch nachgefragt oder Widerspruch angemeldet. Bei Äußerungen, die zumindest rechtsextremistischen Argumentationsmustern ähneln, ist dies nicht in dieser Entschiedenheit der Fall. So konnten sich i n e i n e r Ausgabe gleich z wei Interviewpartner ohne kritisch e Nachfragen im Sinne einer antisemitischen Verschwörungsideologie äußern. Die JF distanzierte sich von einer der Aussagen erst, nachdem diese große öffentlich e Aufmerksamkeit erlangt hatte. 96 VII. Revisionismus Der Revisionismus gehört weiterhin zu den wichtige n Agitationsfeldern vo n Rechtsextremisten. Entgegen dem wissenschaftlichen Verständnis dieses Begriff s ge h t e s Rechtsextremisten hierbei nich t u m d i e Korrektur bisherige r Auffassungen im Licht neuer Erkenntnisse. Vielmehr handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für politisch motivierte Bemühungen, das Geschichtsbild über die Zeit des Nationalsozialismus zugunsten einer wohlwollenden bis rechtfertigenden Betrachtung zu korrigieren. Kernaussagen der damit verbundenen ideologischen Umdeutung sind zum einen die Relativierung oder Leugnung des Massenmords an den Juden und zum anderen die Leugnung der Schuld des Hitler-Regimes am Ausbruch d e s Z weite n Weltkriegs. Verfechter derartige r Auffassungen sind nicht Bericht 2002 96 Rechtsextremistische Bestrebungen nur Neonazis, die damit ihr historisch-politisches Vorbild verteidige n wollen. Auch andere Rechtsextremisten bedienen sich revisionistischer Agitation, da sie ihre Vision von einem autoritär geführten und ethnisch homogenen Staat durch das negative Bild des "Dritte n Reichs" dauerhaft moralisch belastet sehen. Täuschungsmuster In einschlägige n Veröffentlichunge n wenden Revisionisten von Revisionisten seit Jahren gleichbleibende Methoden der Manipulation und Täuschung an: - Sie zitieren historische Quellen selektiv oder verfälschend. - Sie erfinden oder verfälschen Dokumente , u m d i e Untaten des Nationalsozialismus zu leugnen. - Sie verbreiten pseudo-wissenschaftliche "Gutachten", wonach die NS-Verbrechen angeblich naturwissenschaftlich unmöglich durchzuführen gewesen seien. - Sie relativieren die Verbrechen der NS-Diktatur, indem sie diese mit angeblichen oder tatsächlichen Verbrechen anderer politischer Systeme gleichsetzen. - Sie deute n d e n Nationalsozialismus als eigentlich positive Ideologie, die lediglich durch politisch e Umstände pervertiert wurde. - Sie heben vermeintlich positive Aspekte des nationalsozialistischen Herrschaftssystems beispielsweise im sozialpolitischen Bereich hervor. Einen eigenständige n Stellenwert h a t d e r Revisionismus in zwei Zeitschriften aus rechtsextremistischen Verlagen: Umdeutung des Die revisionistisch e Ausrichtung der Zeitschrift "Deutsche "Dritten Reichs" im Geschichte" aus der "Verlagsgesellschaft Berg" (vgl. Kap. IX, Nr. revisionistischen Sinn 2 ) veranschaulicht insbesondere eine Ausgabe mit dem Schwerpunktthema "Alltag im Dritte n Reich". 97 Darin finden sich Beiträge über die angeblich positiven Seiten der NS-Zeit wie das "produktive" Schaffe n i n d e r Kunst, die staatliche Würdigung des "Mutterseins", die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Autobahnbau, die vermeintliche Betreuung von Jugendlichen in der "Hitler-Jugend", das vorgeblich soziale Wirken des "Winterhilfswerks" und das angeblich "freie Musikleben in deutschen Konzentrationslagern". Die Publikation "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" (DGG) aus dem "Grabert-Verlag" (vgl. Kap. IX, Nr. 2) enthält regelmäßig Aufsätze mit politisch motivierte n Umdeutungen der Geschichte des "Dritte n Reichs". Ein anderer Rechtsextremistische Bestrebungen 97 Schwerpunkt der Zeitschrift ist die Kritik am staatlichen Vorgehen gegen derartige Agitation. So stellt etwa der Publizist Dr. Claus NORDBRUCH in einem Artikel revisionistisch e Autoren als seriöse Forscher und Wissenschaftler dar, die mit neuen Erkenntnissen und Forschungen lediglich das Wissen um die deutsch e Vergangenheit bereichern wollten. 98 Auf die politischen Motive und manipulativen Tricks derartiger Publiziste n geht NORDBRUCH indessen nicht ein. Einige Revisionisten leugnen auch systematisch den Mas"Auschwitz-Lüge" senmord im Zweite n Weltkrieg. Damit verbundene Aussagen, in Deutschland strafdie auch a l s " Auschwitz-Lüge" oder "Holocaust-Leugnung" bebar zeichnet werden, stehen in Deutschland unte r Strafe (SSSS 130, 185, 18 9 d e s Strafgesetzbuches). In den 90er Jahren beschlagnahmte n Staatsanwaltschaften mehrmals einschlägige Literatur; Gerichte verurteilten Propagandisten derartige r Agitation auch zu Freiheitsstrafen. Dies schreckte die meiste n Rechtsextremiste n von einer öffentlichen Leugnung des Holocaust ab. Sie erfolgt im Inland entweder anony m i n Form von provokativen Schreiben an Personen oder Einrichtungen des öffentlichen Lebens oder in Gestalt von juristisch n u r s chwer angreifbaren Anspielungen und Suggestionen, die ein politisch entsprechend geprägtes Publikum aber durchaus zu verstehen weiß. Als Reaktion auf den strafrechtlichen Verfolgungsdruck i n Deutschland verlagerte sich entsprechende Propaganda ins Ausland. Von Ländern aus, in denen die "Auschwitz-Lüge" nicht unte r Strafe s teht, verbreiten auch dort ansässige deutsch e Revisionisten einschlägige Bücher, Broschüren und Propagandamaterialien in die Bundesrepublik. Eine der aktivsten revisionistischen Einrichtungen ist die in Holocaust-Leugnung Belgien ansässige Organisation "Vrij Historisch Onderzoek" im Ausland durch die (V.H.O., "Freie Historisch e Forschung"), die den Holocaust leugV.H.O. nende Bücher, Broschüren und Flugblätter in unterschiedlichen Sprachen herausgibt. In den letzten Jahren nahmen die Aktivitäte n d e r V.H.O. wegen Finanzproblemen und mangelnder Unterstützung durch r evisionistische Aktivisten allerdings ab. Im Frühjahr gingen die belgischen Behörden gege n d i e V.H.O. vor und schlossen ihr Postfach. Die Organisation versucht seitdem, den Vertrieb revisionistischer Literatur unter den Bezeichnungen "Vogelvrij Historisch Onderzoek" ("Vogelfreie Historisch e Forschung") und "Vision Historique Objective" ("Objektive historische Vision") fortzusetzen. Die V.H.O. bietet sowohl Nachdrucke früherer revisionistischer Werke aus den Bericht 2002 98 Rechtsextremistische Bestrebungen 50er und 60er Jahren als auch in Deutschland beschlagnahmte und indizierte Bücher an, außerdem setzt die Organisation die Herausgabe der früher von dem deutschen Revisionisten Udo WALENDY betreuten Zeitschrift "Historisch e Tatsachen" fort. So werden über die V.H.O. bzw. deren Nachfolgeorganisationen revisionistisch e Veröffentlichungen auch in Deutschland weiter verbreitet. Deutscher Der von dem deutschen Holocaust-Leugner Germar RUDOLF Revisionist agiert geleitete britisch e Verlag "Castle Hill Publishers" führt ebenso mit ausländischem revisionistisch e Werke nach Deutschland aus. RUDOLF gilt weVerlag ge n d e r formalwissenschaftlichen Art seiner Veröffentlichungen und seines großen publizistischen Engagements als einer der führenden Köpfe d e r r evisionistischen Szene. 1993 hatte e r d a s nach ihm benannte "Rudolf-Gutachten" publiziert , i n d e m e r unte r Vortäuschung naturwissenschaftlicher Methoden die Existenz von Gaskammern i m Konzentrationslage r Auschwitz bestritt und die dort begangenen Massenmorde leugnete . 1995 war RUDOLF deswegen in Deutschland wegen Volksverhetzung verurteilt worden, setzte sich aber vor Haftantritt ins Ausland ab. Die im Jahr 2001 erschienene Neuauflage des "Rudolf-Gutachtens" wurde am 12. Februar von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert. Der mittlerweile in den USA lebende RUDOLF verbreite t weiterhin von Großbritannien aus die "Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung". Diese erwecken durch d i e formale Gestaltung den Anschein einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Tatsächlich handelt es sich aber um ein rechtsextremistisches Publikationsorgan: Dies veranschaulicht beispielsweise die Ausgabe mit dem Titelbild eines Mannes mit einem Schriftzug "Americans 'r' Slave s o f J ews" ("Amerikaner sind Sklaven der Juden"). In einem Artikel dieser Ausgabe mit dem Titel "Das Jüngste Gericht" meint RUDOLF, Amerika liege "im Fieberwahn protestantisch-fundamentalistischer Verblendung, angeheizt durch jüdischen Radikal-Zionismus und übersteigert durch allgemeine Holocaust-Hysterie und Gehirnwäsche". 99 Internationale Die international zusammenarbeitende revisionistische Kongresse von Szene führte auch 2 0 0 2 Kongresse mit Referente n u n d TeilRevisionisten nehmern aus unterschiedlichen Ländern durch: im Januar in Moskau, im Juni in Irvine (Kalifornien, USA) und im Oktober in Triest (Italien). Bei keiner dieser Veranstaltungen referierte ein deutscher Vertreter, was für deren geringe Bedeutung im internationalen Revisionismus spricht. Rechtsextremistische Bestrebungen 99 Für die Verbreitung revisionistischer Propaganda ist insbeRevisionistische sondere das Internet vo n großer Bedeutung, da so über LänOrganisationen dergrenzen hinwe g kostengünstig und schnell den Holocaust im Internet leugnende Beiträge gestreut werden können. Dies gilt insbesondere für Texte, die in einzelnen Ländern beschlagnahmt oder indiziert worden sind. Eine Vielzahl von ausländischen Organisationen und Personen nutzt diese Form d e r Agitation wie etwa der zeitweise in den USA lebende deutsch e Neonazi Ernst ZÜNDEL 100, die französische "Association des Anciens Amateurs de Recits de Guerre et d'Holocauste" oder die beiden amerikanischen Einrichtungen "Committe e for Open Debate o n the Holocaust" und "Institute for Historical Review". Auch die in Belgien ansässige V.H.O. war im Internet mit einer umfangreichen Homepage präsent, die nach den Exekutivmaßnahmen der belgischen Behörden von dem britischen Verlag "Castle Hill Publishers" übernommen wurde. VIII. Internationale Verbindungen Deutsch e Rechtsextremisten pflegen vielfältige Kontakte z u a u s- ländischen Gesinnungsgenossen. Gelegentliche Zusammenkünfte i n verschiedenen europäischen Ländern dienen der Festigung der Beziehungen, dem Informationsaustausch und der Absprach e gemeinsamer Aktionen. Insbesondere bei der zentralen "Rudolf Heß-Gedenkveranstaltung" in Wunsiedel (Bayern; vgl. Kap. IV, N r. 1) war eine ansteigende Zahl von teilnehmenden Rechtsextremisten a u s d e m Ausland zu verzeichnen. 1. Internationale Treffe n u n d Veranstaltungen Deutsch e Rechtsextremisten nahmen an Zusammenkünften im Ausland teil, ausländisch e Rechtsextremisten trate n b e i Veranstaltungen ihrer Gesinnungsgenossen in Deutschland auf: - An einer am 26. Januar in Rotterdam von der niederländischen rechtsextremistischen Partei "Nederlandse Volks Unie" (NVU) veranstalteten Demonstration unter dem Motto "Meinungsfreiheit auch f ü r Nationalisten", die der deutsche Neonazi Christian MALCOCI mitorganisiert hatte, nahmen rund 90 deutsch e Rechtsextremiste n teil. Bei der niederländischen Kommunalwahl am 6. März erhielt MALCOCI, der für die NVU in der Grenzstadt Kerkrade als Kandidat Bericht 2002 100 Rechtsextremistische Bestrebungen angetreten war, n u r c a . 18 0 Stimmen und verfehlte sein Ziel deutlich, ein Mandat im Stadtparlament zu erringen. - Bei dem Mitte Febru a r i n Lyo n von der rechtsextremistischen französischen Partei "Front National" ausgerichteten "Präsidentschaftskongress" hielt der DVU-Bundesvorsitzende Dr. Gerhard FREY vor ca. 800 Zuhörern e i n e Rede, in der e r a l s gemeinsames Lebensinteresse von Franzosen und Deutschen insbesondere den Stopp der "Überfremdung" und die Bewahrung nationaler Souveränität hervorhob. - Bei einer NPD-Demonstration am 8. Juni in Leipzig unter dem Motto "Ruhm und Ehre den deutschen Wehrmachtssoldaten" sprach der österreichisch e Rechtsextremist Herbert SCHWEIGER als Gastredner. - Bei einer Veranstaltung der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" am 27. Juli in Villingen-Schwenningen (BadenWürttemberg) trat der österreichisch e Rechtsextremist Andreas THIERRY a l s Redner auf. - Zum "Pressefest" des "Deutsch e Stimme"-Verlags der NPD am 3. August in Königslutter (Niedersachsen) sprachen der Vorsitzende der rechtsextremistischen "British National Party" Nick GRIFFIN und ein amerikanischer Rechtsextremist zu den Themen "Europäisch e Union" und "Terroranschläge vo m 11. September". Weiterer Gastredner war der österreichisch e Rechtsextremist Herbert SCHWEIGER. - An der "Rudolf Heß-Gedenkveranstaltung" am 17. August i n Wunsiedel (Bayern; vgl. Kap. IV, N r. 1) nahmen etwa 6 0 Rechtsextremisten aus Schweden, Dänemark, Italien, Frankreich, Finnland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz teil. Als Redner trat der Vorsitzende der niederländischen rechtsextremistischen Partei NVU, Constantijn KUSTERS, auf. - An einem von der rechtsextremistischen belgischen Organisation "Voorpost" veranstalteten Kameradschaftsabend in Diksmuide (Belgien) am 24. August, dem Vorabend der 75. "Ijzerbedevaart", bei der patriotisch gesinnte Flamen ihrer Gefallenen des Erste n Weltkriegs gedenken, nahmen nur einige wenige deutsch e Rechtsextremiste n teil. Bereits im Jahr 2001 war das Interesse an diesem vo n Rechtsextremisten organisierten Treffen, das nicht zum Programm der "Ijzerbedevaart " gehört, stark zurückgegangen. - Am Rande der am 5./6. Oktober in der Nähe von Klagenfurt (Österreich ) veranstalteten traditionellen "Ulrichsberg-Gedenkfeier" zu Ehren der Gefallenen beider Weltkriege fanden sich c a . 7 0 Rechtsextremisten aus Frankreich, Spanien, Italien, der Schweiz und Deutschland zu einem Treffen zusammen. Rechtsextremistische Bestrebungen 101 - Anlässlich einer vo n Neonazis organisierten Demonstration am 12. Oktober in München gegen die "Wehrmachtsausstellung" unter dem Motto: "Gegen die Geschichtslügen politischer Ideologe n - F ü r die Ehre unserer Wehrmacht" sprach der zum Islam konvertierte S chweizer Rechtsextremist Ahmed HUDemonstration am 12. Oktober in München BER. Der revisionistisch tätige HUBER wird auch in einer Programmübersicht der im NPD-Umfeld angesiedelten "Deutschen Akademie" (vgl. Kap. VI) als Vortragender aufgeführt. - An der "26. Gästewoche" des rechtsextremistischen "Freundeskreises Ulrich von Hutten e. V." und der rechtsextremistischen "Deutschen Kulturgemeinschaft Österreich " vom 1. bis 6. November in Rosenheim (Bayern) nahmen etwa 165 (2001 : 140) Personen aus Deutschland, Österreich, Frankreich u n d d e r S chweiz teil. Das Motto der Veranstaltung lautete "Die psychologischen Strategien zur Desorientierung des deutschen Volkes". Zu den Vortragenden zählten die österreichischen Rechtsextremisten Andreas THIERRY und Herbert SCHWEIGER. 2. Kontakte deutscher Rechtsextremisten zu islamistischen Kreisen und dem Irak Kontakte deutscher Rechtsextremisten zu Islamiste n u n d Repräsentanten des irakischen Regimes wurden nur vereinzelt festgestellt. So berichtet Gary Re x LAUCK (vgl. Nr. 3) auf seiner Homepage vo n d e r Teilnahme führender Funktionäre des neonazistischen "Kampfbunds deutscher Sozialisten" (KDS) an einem Empfang der irakischen Botschaft in Berlin am 17. Juli. Auf der Homepage verkündet der KDS, er übe "aktive Solidarität" mit dem Irak und Saddam Hussein. Als Rechtsextremist, der sich um Beziehungen zu Islamisten bemüht, gilt der Schweizer Revisionist Ahmed HUBER (vgl. Nr. 1); zu diesem unterhalten deutsch e Rechtsextremisten seit Jahren Verbindung. Bericht 2002 102 Rechtsextremistische Bestrebungen Unte r d e n Teilnehmern einer Veranstaltung in der Technischen Universität Berlin am 27. Oktober mit Bezügen zur "Islamischen Befreiungspartei" (Hizb ut-Tahrir) befanden sich auch der NPD-Bundesvorsitzende Udo VOIGT und der NPD-Prozessvertrete r i m Verbotsverfahren, Horst MAHLER. Verbindendes Element zwischen Rechtsextremisten und islamistischen Kräften sowie dem Irak ist das gemeinsame antisemitische und antiamerikanisch e Feindbild. 3. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) Der von den USA aus agierende amerikanisch e Rechtsextremist LAUCK ist Gründer und "Propagandaleiter" der NSDAP/AO. Diese Organisation orientiert sich a m Vorbild Adolfs Hitlers und des Nationalsozialismus und versorgt seit Mitte der 70er Jahre Neonazi-Zirke l weltweit mit Propagandamitteln. LAUCK verbüßte vo n August 1996 bis März 1999 in Deutschland eine Haftstrafe wege n Volksverhetzung, Aufstachelung zu Rassenhass und Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und verlagerte nach Rückkehr in die USA seine Aktivitäte n weitgehend ins Internet. So erschien die früher zweimonatlich herausgegebene deutschsprachige NSDAP/AO-Publikation "NS Kampfruf" im Jahr 2002 nur noch einmal als Print-Ausgabe. Auf seiner in 19 Sprachen abrufbaren Homepage biete t LAUCK umfangreiches neonazistisches Propagandamaterial, antisemitische Schriften und rechtsextremistische Devotionalien an. Daneben sind ein "Nazi Internet Radio" und ein "Nazi Internet Fernsehen" über die Homepage abrufbar. Antisemitische Computerspiele wie "KZ Rattenjagd", "SAMann" und "Die Säuberung" werden zum Herunterladen angeboten. 101 Gege n LAUCK ist in Deutschland weiterhin ein Ermittlungsverfahren wege n Volksverhetzung anhängig. 102 "Domaingrabbing" Zur Verbreitung seiner Ideologie im Internet betreibt LAUCK gelegentlich d a s s o genannte Domaingrabbing. Dazu Rechtsextremistische Bestrebungen 103 meldet er Domainbezeichnungen, die denen bekannter staatlicher und nicht-staatlicher Institutionen ähneln, auf seinen Namen an. Ruft ein Internet-Nutzer eine solch e Adresse auf, wird er ungewollt mit Propagandamaterialien der NSDAP/AO konfrontiert . Nach Entscheidunge n d e r Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) in Genf musste LAUCK bereits mehrere Domainnamen zurückgeben. LAUCK und seine Organisation verfügen in Deutschland über keine große Anhängerschaft. Deutsch e Neonazis stehen den Aktivitäte n LAUCKs inzwischen überwiegend reserviert gegenüber, da er aus ihrer Sicht dem "Hitler-Kult des Dritten Reichs" allzu sehr verhaftet ist. IX. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Periodische Publikationen Die Zahl der periodischen rechtsextremistischen Publikationen ist auf 109 (2001 : 118) zurückgegangen. Diese hatten eine Gesamtauflage vo n rund 4,7 Millionen (2001 : rund 5,7 Millionen). 44 (2001: 47) Publikationen erschienen mindestens viermal im Jahr. 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste Neben den an Parteien und Organisationen gebundenen Verlage n u n d Vertriebsdiensten bestehen im rechtsextremistischen Lager 42 (2001: 45) eigenständige und organisationsunabhängige Unternehmen dieser Art. Durch Herstellung und Vertrieb von Büchern und Zeitschriften, aber auch vo n Tonträgern, Videos und CD-Roms wollen sie zur Verbreitung ihrer politischen Auffassungen beitragen. Diesem Zweck dienen auch Kalender und Kleidung, Poster und Schmuck mit rechtsextremistischer Symbolik, die in den letzten Jahren verstärkt in die Vertriebsprogramme aufgenommen wurden. Mit derartigen Angeboten soll dem gestiegenen Bedürfnis vieler Rechtsextremisten nach symbolischer Integration in das rechtsextremistische Lage r Rechnung getrage n werden. Alltagsgegenstände mit einschlägigen Bekenntnissen werden als Bestandteile einer angestrebten "Gegenkultur" begriffen und Bericht 2002 104 Rechtsextremistische Bestrebungen sollen die politische Identität der Nutzer zum Ausdruck bringen. RechtsDie rechtsextremistisch e Verlagslandschaft befindet sich i m extremistische Niedergang. 103 Das Angebot stagniert, nennenswerte NeuverVerlagslandschaft öffentlichungen blieben nahezu aus. Zu den größeren orgavom Niedergang genisationsunabhängige n Verlage n gehören folgende Firmen mit kennzeichnet ihren Subunternehmen: die "Nation Europa-Verlag GmbH" in Coburg (Bayern), der "Arndt-Verlag" in Kiel, der "Grabert-Verlag" in Tübingen (Baden-Württemberg) und die "Verlagsgesellschaft Berg mbH" in Inning am Ammersee (Bayern). Diese bereits seit Jahrzehnten bestehenden Unternehmen verfügen innerhalb des rechtsextremistischen Lagers und darüber hinaus über einen hohen Bekanntheitsgrad und einen feste n Kundenstamm. In rechtsextremistischen Publikationsorganen werden ihre Produkte durch Anzeigen beworben und mit Rezensionen empfohlen. "Nation Europa-VerDer "Nation Europa-Verlag" veröffentlicht überwiegend Neulag" ausgaben älterer militärhistorisch-revisionistischer Werke, etwa über die Waffen-SS-Einheiten "Leibstandarte" oder "Das Reich". Im Jahr 2002 gab der Verlag mit dem Buch " Welche Chancen hat die Rechte? Lehren aus Aufstieg und Niedergang der Republikaner" des ehemaligen Bundesvorsitzenden der Partei "Die Republikaner" (REP), Franz SCHÖNHUBER, eine der wenigen nennenswerten rechtsextremistischen Neuerscheinungen heraus. In dem Buch zeichnet SCHÖNHUBER stark autobiographisch gefärbt die Entwicklung der REP nach, jeweils unterbrochen durch reflektierende Ausführungen zu den daraus zu ziehenden politischen Lehren für "nationale Parteien". "Nation & Europa" Der "Nation Europa-Verlag" gibt zuals bedeutendstes dem die monatlich i n e i n er Auflage rechtsvo n rund 20.000 Exemplaren erscheiextremistisches nende Abonnementzeitschrift " Nation & Strategieund Europa. Deutsche Monatshefte" heraus. Theorieorgan Die im 52. Jahrgang erscheinende Publikation verfügt als bedeutendstes rechtsextremistisches Strategieund Theorieorgan über eine gewachsene Leserschaft s owie Ansehen im rechtsextremistischen Lager. Sie enthält sowohl Beiträge zum aktuellen Tagesgeschehen als auch Überlegungen zu strategischen und theoretischen Frage n . S o kommentierte d e r Redakteur Karl RICHTER Finanzkrisen, Firmenzusammenbrüche und Wirtschaftsskandale in Rechtsextremistische Bestrebungen 105 den USA aus rechtsextremistischer Sicht. Er behauptete, derartige Vorkommnisse seien systemimmanent. Die Rede von der "offenen Gesellschaft" sei ein anderes Wort für "Mafiaherrschaft". 10 4 Mit dieser Sichtweise setzt RICHTER Pluralismus in der Gesellschaft mit der Herrschaft von Kriminellen gleich. Exemplarisch für strategische Beiträge s teht der Aufruf des Stammautors Roland WUTTKE, wonach die "nationale Rechte" angesichts der Zersplitterung der Parteien und mangelnder Zustimmung bei Wahlen auf ein "Bewegungskonzept" setzen solle. Zunächst müsste n d i e Streitereien im eigenen Lager durch Zellenbildung auf unterster Ebene überwunden werden. Den Anfang könnten regelmäßige Treffen Gleichgesinnter machen. Deutschlandweit sollte n s o von unte n h e r Strukturen geschaffe n werden, die den Aufbau einer Gegenöffentlichkeit ermöglichten. 10 5 Mit der Rubrik "Aus meiner Sicht" verfügt SCHÖNHUBER in der Zeitschrift über eine eigene Kolumne, in der er seine rechtsextremistische Gesinnung mit latent antisemitischem Einschlag offen bekundet: Das "Unheil des amerikanisch-israelischen Weltherrschaftsanspruchs" liege "in der Allianz der puritanischen angloamerikanischen Oberschicht mit jenen kapitalkräftigen jüdischen Kreisen der Ostküste, die sich als Finanziers der Politiker betätigen und diese für ihre Zwecke einspannen". 106 In einer anderen Ausgabe behauptet SCHÖNHUBER, Globalisierung bedeute "Amerikanisierung plus Judaisierung". 107 Zum Programm des von Dietmar MUNIER geleiteten "Arndt - Verlag" "Arndt-Verlags" gehören kulturkritische Bücher, in denen der allgemeine Verfall der Gesellschaft behauptet wird, und revisionistisch e Werke, in denen das "Dritte Reich" idealisiert wird. Die Bedeutung derartiger Eigenprodukte ging in den letzten Jahren allerdings zurück. Eine nennenswerte Buchveröffentlichung konnte d e r Verlag auch 2002 nicht mehr auf den Markt bringen. Dies gilt auch f ü r d i e z u m Unternehmenskomplex gehörenden Firmen "Bonus-Verlag" und "OrionHeimreiter-Verlag" sowie den "Pour le Merite-Verlag", in dem auch nichtrechtsextremistisch e Autoren veröffentlichen. Der zum Verlag gehörende "Arndt-Buchdienst" und die verlagseigene "Europa-Buchhandlung" verbreiten unter anderem Bilder mit unterschiedlichen Germanenmotiven, Kalender mit Fotos aus der Zeit des Nationalsozialismus, Skulpturennachbildungen von während der NS-Zeit angesehenen Bildhauern und Videos mit Spielfilmen aus den 30er und 40er Jahren. Der von Wigbert G RABERT geleitete "Grabert-Verlag" ver"Grabert-Verlag" öffentlicht neben Büchern auch die vierteljährlich erscheiBericht 2002 106 Rechtsextremistische Bestrebungen nende Zeitschrift "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" mit Beiträge n z u tagespolitischen und zeitgeschichtlichen Themen sowie das zweimonatlich erscheinende Informationsblatt "Euro-Kurier" mit Kurzkommentaren und Verlagsmitteilungen. Während in der Vergangenheit revisionistische Publikationen insbesondere zur Leugnung der Schuld Deutschlands am Ausbruch d e s Z weite n Weltkriegs vorherrschten, erschienen 2002 im "Grabert-Verlag" und in dessen Schwesterunternehmen "HohenrainVerlag" Bücher zu aktuellen Themen. Dazu gehörte beispielsweise ein Sammelband zu innenund außenpolitischen Folge n d e r Terroranschläge a m 11. September 2001 i n d e n U S A m i t Aufsätzen von deutschen und französischen rechtsextremistischen Intellektuellen. "VerlagsgesellBei der "Verlagsgesellschaft Berg mbH" (VGB) handelt es schaft Berg" sich um den Zusammenschluss der früher eigenständige n Verlage "Druffel", "Türmer" und "Vowinckel", deren Namen bei der Veröffentlichung von Büchern gelegentlich noch Verwendung finden. In den letzten Jahren ging die Zahl der Neuerscheinungen des insbesondere aus militärhistorischen und revisionistischen Titeln bestehenden Programms kontinuierlich zurück. Die Zeitschrift "Opposition", die im fünften Jahrgang erschien, ist Mitte 2 0 0 2 i n d e r vo n d e r V G B veröffentlichten Zeitschrift "Deutsche Geschichte" aufgegangen. In dieser Zeitschrift verstärkten sich d i e r evisionistischen Tendenzen, womit der Verlag wieder bei seinem früheren Agitationsschwerpunkt angelangt ist. "Verlag und Neben den genannte n größeren Verlagen mit einem breiAgentur ten Angebot bestehen zahlreich e weniger bedeutsame Verlage Werner Symanek" und Vertriebsdienste s owie kleine Firmen, die sich a u f b e- sondere Angebote spezialisiert haben. Hierzu gehört auch das vo n Werner SYMANEK geleitete Unternehmen "Verlag und Agentur Werner Symanek" (VAWS). Durch spezielle Angebote und Veranstaltungen soll die angeblich e Faszination der Ästhetik des Faschismus und Nationalsozialismus wiederbelebt und so auf kultureller Ebene für rechtsextremistisch e Auffassungen geworben werden. Rechtsextremistische Bestrebungen 107 S o gelang es VAWS, eine Veranstaltung anlässlich d e s 100. Geburtstags der Regisseurin Leni Riefenstahl 108 am 23. August in der Hochschule für Musik in München zu ihren Ehren durchzuführen. Hierbei trat auch die Band des rechtsextremistischen Musikers Josef M. KLUMB "Von Thronstahl" auf. SYMANEK bewertete d i e Veranstaltung und die Medienberichterstattung als Erfolg. Über die Herstellung und den Vertrieb vo n Tonträgern will VAWS mit VAWS darüber hinaus politisierend auf die an sich u npolitiEinflussnahmesche jugendliche Subkultur des "Dark Wave" 109 Einfluss nehversuchen auf die "Dark Wave"-Szene men. Hierzu dienen insbesondere die CDs von Musikprojekten KLUMBs, wozu auch die Bands "Forthcoming Fire" und "Unternehmen Dreizack" zählen. 3. Internet 3.1 Kommunikationsmedium für Rechtsextremisten Für Rechtsextremisten ist das Internet zum bedeutendsten Kommunikationsmedium geworden. Sie nutzen es nicht nur zur Selbstdarstellung nach außen, sondern auch zur szeneinternen Verständigung. Die Zahl der von Deutschen betriebenen rechtsextremistiWeniger schen Homepages ist auf etwa 1.000 (2001 : 1.300) zurückgerechtsextremistische gangen. Ursachen hierfür dürften neben der Verunsicherung Homepages der Homepagebetreiber durch E xekutivmaßnahmen vor allem die Sperrungen rechtsextremistischer Homepages durch kommerzielle Provider sein. So wurden im 1. Halbjahr insbesondere in den USA zahlreiche Homepage s gesperrt. Auf die Bemühungen staatlicher und privater Institutionen, Reaktionen auf die Provider zu veranlassen, rechtsextremistische Inhalte aus dem Bekämpfung Internet zu entfernen oder den Zugriff darauf zu erschweren, rechtsextremistischer reagieren Rechtsextremisten, indem sie den Speicherplatz auf Internet-Angebote Provider verlagern, die sich Appellen und einer Selbstkontrolle bisher verschließen. Auch durch den Einsatz einer Vielzahl vo n Weiterleitungs-Adressen und die Verbreitung von Anleitunge n z u m Umgehen des Filterns bestimmter Internetseiten durch Zugangs-Provider stellen sie sicher, dass ihre Propaganda im Internet weiterhin abrufbar bleibt. Bericht 2002 108 Rechtsextremistische Bestrebungen Besondere Wirkung Die von rechtsextremistischen Internet-Seiten ausgehende auf Jugendliche Gefahr ist vor allem in ihrer Wirkung auf Jugendlich e z u s e- hen. Viele rechtsextremistische Homepages sind für diese Zielgruppe ansprechend programmiert, sie bieten rechtsextremistische Musik und verbotene Symbole auch zum Herunterladen sowie viele Szeneinformationen. Gerade die Seiten mit NSSymbolik, volksverhetzenden Texten und Musikstücken üben auf Jugendliche schon wege n d e s Reizes des Verbotenen besondere Anziehungskraft aus. Die Möglichkeit, sich anonym und damit weitgehend risikolos im Internet zu bewegen, begünstigt die Verbreitung strafbarer rechtsextremistischer Propaganda, die vornehmlich über Speicherplätze im Ausland erfolgt. Rückgang der Der Anteil strafrechtlich relevanter rechtsextremistischer strafrechtlich Homepages war Ende 2002 rückläufig. Dies ist sicherlich ein relevanten Erfolg der Sicherheitsbehörden, die trotz der Versuche vieler Homepages Homepagebetreiber, ihre Identität zu verbergen, eine ganze Reihe vo n Straftätern identifizieren konnten. So beschlagnahmte beispielsweise das Landeskriminalamt Sachsen im September nach Hinweisen des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei zwei mutmaßlichen Mitbetreibern der rechtsextremistischen Homepage " Neo Germania" einen Rechner, Datenträger sowie umfangreiches Propagandamaterial. Die Homepage ist seit Ende 2000 abrufbar und wird anonym über Speicherplatz des Neonazis Gary Re x LAUCK in den USA betrieben (vgl. Kap. VIII, Nr. 2). Ihr Inhalt ist antisemitisch und volksverhetzend. Angebote n werden rund 700 rechtsextremistische Musiktitel, mehrere Computerspiele wie "KZ-Manager", "SA-Mann" oder "KZ-Rattenjagd" sowie NS-Literatur. Eine "Feindesliste" enthielt Namen politischer Gegner aus dem Inund Ausland mit der Angabe vo n Wohnanschrift, E-Mail-Adresse oder Funktion. Vor dem Hintergrund solcher Erfolge s taatlicher Bekämpfungsmaßnahmen diskutieren Rechtsextremisten neue InternetStrategien, beispielsweise den bewusste n Verzicht auf strafbare Internet-Inhalte. Wachsende Nich t n u r i m World Wide Web (WWW) sondern auch i n Bedeutung anderen Bereichen des Internet entfalte n Rechtsextremisten interaktiver Dienste ihre Aktivitäten. Sie nutzen interaktive Dienste w i e d e n I n- ternet Relay Chat (IRC), in dem die Nutzer "live" miteinander diskutieren und Links auf andere Netzinhalte weiterverbreiten. Auch Diskussionsforen erfreuen sich s teigender Rechtsextremistische Bestrebungen 109 Beliebtheit. Zum Teil sind in diesen Foren mehrere hundert Teilnehmer zusammengeschlossen. Das interaktive Miteinander führt zu einem rege n Austausch von Meinungen, Musik und Computerspielen. Diese Art der Internet-Kommunikation erzeugt bei den Nutzern ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Es entstehen virtuelle Organisationen, vereinzelt münden solch e Kontakte auch i n persönlich e Verbindungen bis hin zu Treffe n d e r Teilnehmer von Diskussionsforen aus dem Inund Ausland. Durch Beteiligung an nicht-extremistischen DiskussionsFUN-Partei plattformen versuchen sich Rechtsextremisten aus ihrer gemissbraucht sellschaftlichen Isolation zu lösen. Die virtuelle Partei "Freidemokratisches heitlich-Unabhängig-National" (FUN-Partei) 110, i n d e r a u ch Online-Forum Rechtsextremisten maßgeblich mitwirken, nutzt die demokratische Plattform d e- mocracy online today (dol2day) 111 als Kommunikationsund Kontaktforum und versucht dort meinungsbildend Einfluss zu nehmen. Der derzeitige Vorsitzende der FUN-Partei ein NPD-Mitglied bezeichnete in einem rechtsextremistischen Internet-Gesprächsforum die Partei als Experiment, das auch Angehörigen der NPD und der REP ein Dach biete . Auf ihrer eigenen Homepage zitiert die FUN-Partei aus rechtsextremistischen Internetseiten und Publikationen und wirbt für Bücher rechtsextremistischer Autoren. Eine besondere Zielgruppe für die FUN-Partei sind Jugendliche, die über dol2day, einer virtuellen Politiksimulation, schon frühzeitig gewonnen werden sollen. Die "FUN-Jugend" protestierte auf ihrer Internetseite gege n d e n Ausschluss der virtuellen "Nationalen Liga Deutschlands" (NLD); die Betreiber von dol2day hatten im Juli die rassistische und antisemitisch e Agitation der NLD im Diskussionsforu m d e r Politiksimulation beanstandet. Über das Internet hinaus zeigt sich die FUN-Partei auch o ffen für die Zusammenarbeit mit rechtsextremistischen Gruppierungen im "realen Leben". 3.2 Rechtsextremistische Parteien im Internet Ende 2002 wurden rund 80 aktive NPDund JN-HomepaNPD im Internet ges (2001: 110 ) festgestellt. Die Tendenz ist - parallel zur GeBericht 2002 110 Rechtsextremistische Bestrebungen samtzahl der von deutschen Rechtsextremisten betriebenen Internetseite n - r ü ckläufig. Etwa ein Dutzend NPDund JN-Seiten sind auf Servern in den USA, Kanada und Litauen gespeichert . Neben dem NPD-Bundesverband sind auch zahlreiche NPD-Landesund Kreisverbände sowie Gliederungen der JN im Internet vertreten. Inhaltlicher Schwerpunkt war weiterhin das NPD-Verbotsverfahren, über das eine eigens hierzu erstellte Homepage berichtet. Zur Bundestagswahl am 22. September erweiterte die NPD ihr Internet-Angebot: Auf einer speziellen Homepage wurden neben dem Bundestagswahlprogramm der Partei Rundfunk- u n d Fernsehwahlspots mit dem Parteivorsitzenden Udo VOIGT veröffentlicht. DVU im Internet Die von der Münchener DVU-Zentrale gestaltete InternetSeite enthält Informationen zum Parteiprogramm, Kommentare zu politischen Tagesereignissen und Parteiveranstaltungen. Die Landtagsfraktion in Brandenburg unterhält eine eigene Homepage, auf der die DVU-Abgeordneten mittels Videosequenzen vorgestellt und Reden eingestellt werden. Der DVU-Abgeordnete in der Bremer Bürgerschaft s owie einige DVU-Landesverbände sind mit eigenen Seite n von unterschiedlicher Aktualität im Internet vertreten. REP im Internet Die REP bauten ihre Internet-Präsenz weiter aus. Ende 2002 konnten über 140 Homepages (2001 : c a . 120) des REPBundesverbands, von Landes-, Kreisund Ortsverbänden, von Vertretern i n Kommunalund Kreisparlamenten sowie Funktionsträgern der Parte i festgestellt werden. Die Homepage des Bundesverbands enthält aktuelle Nachrichten, Pressemitteilungen, die Internetausgabe des Parteiorgans "Der Republikaner" sowie das neue Parteiprogramm. 112 4. Parteiunabhängige rechtsextremistische Info-Telefone Bedeutung als Die Bedeutung der parteiunabhängigen rechtsextremistiInformationsmittel schen Info-Telefone für die Szene ist weiter rückläufig. Ende geht zurück 2002 waren noch 8 Info-Telefone (2001: 9) aktiv, d avon bereits 4 mit eigener Internet-Präsenz. Lediglich für Szeneangehörige, die noch nicht über einen Zugang zum Internet verfügen, stellen die Info-Telefone weiterhin ein wichtiges Informationsmittel dar, das insbesondere im Hinblick a u f Veranstaltungen häufi g genutzt wird. Rechtsextremistische Bestrebungen 111 Verlag Publikationen - einschl. Sitz (einschl. Erscheinungsweise und Auflage - z.T. geschätzt) Arndt-Verlag - Kiel/Martensrade/Krs. Plön - Europa vorn Verlag / "Signal" Verlag Manfred Rouhs (früher: "Europa vorn") - Köln - - vierteljährlich - - 5.000 - Grabert-Verlag "Deutschland in - Tübingen - Geschichte und Gegenwart" - vierteljährlich - - 3.000 - Nation Europa Verlag GmbH "Nation & Europa- - Coburg - Deutsche Monatshefte" - monatlich - - 20.000 - (Eigenangabe) Verlag und Agentur Werner Symanek - Duisburg/Oberhausen - VGB Verlagsgesellschaft "Deutsche Geschichte" Berg mbH - zweimonatlich - - Inning am Ammersee - - 5.000 - Bericht 2002 112 Rechtsextremistische Bestrebungen Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 114 Linksextremistische Bestrebungen I. Überblick Entwicklungen im Linksextremismus Linksextremisten sind erklärte Gegner der Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland, die sie als von Rassismus und Faschismus geprägten Kapitalismus diffamieren. Je nach ideologisch-politischer Orientieru n g - r evolutionär-marxistisch oder anarchistisch - wollen sie ein sozialistisch/kommunistisches System oder eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" (Anarchie) etablieren. Die Aktionsformen der Linksextremisten sind vielfältig: Sie umfassen öffentlich e Kundgebungen, offene Agitation mit Flugblättern, Plakataufrufe, periodische Schriften, elektronische Kommunikationsmedien ebenso wie die Beteiligung an Wahlen und Versuch e d e r verdeckten Einflussnahme in gesellschaftlichen Gremien. Zum Teil wird in Gesetzesverletzungen einschließlich o ffen oder verdeckt begangener Gewalttaten wie Sachbeschädigungen, militanten Zusammenrottungen und auch Körperverletzunge n e i n Weg zur Durchsetzung der politischen Ziele gesehen. Wie in den letzten Jahren bedrohten militante Linksextremisten, vor allem aus der anarchistisch-autonomen Szene, die innere Sicherheit Deutschlands. Das linksextremistisch e Personenpotenzial hat abgenommen. Die Mobilisierungsfähigkeit zu aktuellen Konfliktthemen blieb relativ schwach ausgeprägt. Entsprechend ist auch die Zahl der Gewalttaten mit linksextremistischer Motivation gegenüber dem Vorjahr stark zurückgegangen. Die traditionell revolutionär-marxistischen Organisationen wie die "Deutsch e Kommunistische Partei" (DKP) und die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland" (MLPD) setzte n weiter auf kontinuierlich betriebenen Klassenkampf bis zum "revolutionären Bruch" mit den bestehenden Verhältnissen und zur Errichtung einer sozialistisch/kommunistischen Gesellschaft. Sie werden in der Öffentlichkeit jedoch immer weniger wahrgenommen. Die "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) verharrte in ihrer ambivalenten Haltung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie versteht sich nach w i e vor als grundsätzliche Opposition zu den gesellschaftlichen Ver- Linksextremistische Bestrebungen 115 hältnissen letztlich mit dem Ziel der Systemüberwindung, auch wenn die Parte i i n verschiedenen Formen innerhalb dieser Ordnung mitwirkt. Eine innerparteilich e Kontroverse um Frage n vo n Strategie und Taktik setzte sich fort , verstärkt nach dem weitgehenden Scheitern bei der Bundestagswahl. Wie schon in den letzten Jahren waren die trotzkistischen Gruppen "Linksruck" und "Sozialistische Alternative" (SAV) besonders aktiv. S i e konzentrierten sich i m Verlaufe des Jahres zunehmend darauf, ihre Mitarbeit in der Antiglobalisierungsbewegung für den Aufbau einer "Antikriegsbewegung" zu nutzen. Innerhalb der außerordentlich heterogenen Antiglobalisierungsbewegung arbeiten Linksextremisten nach w i e vor aktiv, bisweilen sogar bestimmend mit. Gewalttätige Ausschreitungen militanter linksextremistischer Globalisierungsgegner am Rande internationaler Gipfelveranstaltungen blieben im Jahr 2002 aus. An Widerstandsaktionen gegen den Castor-Transport aus Frankreich in das Brennelementezwischenlager Gorleben in Niedersachsen im November beteiligten sich - wenn auch i n geringerer Zahl als in den Vorjahren - wiederum Angehörige der autonomen Szene. Auffallend war, d a s s e s z u Störaktionen auf der gesamten deutschen Transportstrecke kam, während der Transport früher überwiegend im niedersächsischen Wendland behindert wurde. II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotenzial Struktur und Erscheinungsbild im Bereich des organisierten Leichter Rückgang Linksextremismus haben sich im Jahr 2002 gegenüber dem des linksVorjahr nur geringfügig verändert; das Gesamtpotenzial weist extremistischen insgesamt einen leichten Rückgang auf. Personenpotenzials Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften waren Ende 2002 etwa 31.10 0 Personen (2001: 32.900) Organisationen und sonstige n Personenzusammenschlüssen zuzurechnen, bei denen zumindest Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen feststellbar sind. Darin enthalten sind auch die Anhänger der "Kommunistischen Plattform der PDS" (KPF), deren Zahl auf b i s z u 1.500 zu schätzen ist. Die PDS hat nach eigenen Angaben etwa 78.000 Mitglieder (2001: 84.000). Bericht 2002 116 Linksextremistische Bestrebungen Das Spektru m d e r gewaltbereiten Linksextremisten in überwiegend anarchistisch orientierten Gruppierungen umfasste Ende 2002 rund 5.500 Personen (2001 : 7.000), darunter bis zu 5.000 (2001: 6.000), die sich selbst als Autonome bezeichnen. Bei marxistisch-leninistischen, trotzkistischen und sonstigen revolutionär-marxistischen Zusammenschlüssen blieb die Mitgliederzahl mit insgesamt 26.000 Mitgliedern (2001: 26.300) weitgehend konstant. In Teilbereichen werden sie von Organisationen unterstützt, die lediglich linksextremistisch b e- einflusst sind. Diesen gehörten zum Jahresende etwa 15.200 Mitglieder (2001 : 12.000) an. 1) Linksextremismuspotenzial 2000 2001 2002 Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Gewaltbereite Linksextremisten 2) 61 7.000 3) 55 7.000 3) 56 5.500 3) MarxistenLeninisten andere revolutionäre Marxisten 4) - Kernund Nebenorganisationen 43 27.000 42 26.300 43 26.000 - beeinflusste Organisationen 34 15.000 31 12.000 30 15.200 Summe 138 34.000 15.000 128 33.300 12.000 129 31.500 15.200 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedca. ca. ca. ca. ca. ca. schaften 33.500 11.500 32.900 10.000 31.100 11.700 "Partei des Demokratischen Sozialismus" ca. ca. ca. (PDS) 5) 88.600 84.000 78.000 1) Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet. 2) In die Statistik sind nicht nur tatsächlich als Täter/Tatverdächtige festgestellte Personen einbezogen, sondern auch solche Linksextremisten, bei denen lediglich Anhaltspunkte für Gewaltbereitschaft gegeben sind. Erfasst sind nur Gruppen, die feste Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. 3) Das Mobilisierungspotenzial der "Szene" umfasst zusätzlich mehrere tausend Personen. 4) Einschließlich "Kommunistischer Plattform der PDS" (KPF). Hinzu kommen die Mitglieder weiterer linksextremistischer Gruppen in der PDS. 5) Die PDS ist wegen ihres ambivalenten Erscheinungsbildes gesondert ausgewiesen. 2. Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten * Linksextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten bilden eine Teilmenge des Phänomenbereichs "Politisch motivierte Kriminalität - links". Dem Phänomenbereich " Politisch moti- * Zum Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK) und zu den "Politisch motivierten Strafund Gewalttaten" vgl. Kap. II, Nr. 2 . 1 u n d 2 . 2 i m Berichtsteil "Rechtsextremistische Bestrebungen". Linksextremistische Bestrebungen 117 vierte Kriminalität - links" wurden 3.639 (2001: 4.418 ) Straftaten, hiervon 806 (2001: 1.168) Gewalttaten, zugeordnet. In diesem Bereich wurden 1.137 (2001: 1.895) Straftaten mit extremistischer Motivation, darunter 385 (2001: 750) Gewalttaten, erfasst. Von den extremistisch motivierten Gewalttaten wurden insgesamt 16 (2001: 85) Fälle im Themenfeld "Kampagne gege n Kernenergie", 7 (2001: 60) Delikte im Themenfeld "Antiglobalisierung" und 202 (2001: 373) Delikte im Themenfeld "Gewalttate n gege n Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten" ausgewiesen. Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" 1) Gewalttaten: 2001 2002 Tötungsdelikte 2) 1 0 Versuchte Tötungsdelikte 1 0 Körperverletzungen 194 152 Brandstiftungen 41 35 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 0 Landfriedensbruch 310 124 Gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 52 16 Freiheitsberaubung 0 1 Raub 5 6 Erpressung 0 0 Widerstandsdelikte 145 51 gesamt 750 385 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 671 410 Nötigung, Bedrohung 45 11 Andere Straftaten 429 331 gesamt 1.145 752 Straftaten insgesamt 1.895 1.137 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Übersicht enthält - mit Ausnahme der Tötungsdelikte - vollendete und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Ist zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich eine Körperverletzung begangen worden, so erscheint nur die Körperverletzung als das Delikt mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. 2) Im Jahre 2001 wurde folgendes Tötungsdelikt als linksextremistisch erfasst: Ein 46jähriger deutscher Langzeitarbeitsloser erstach am 06.02.2001 in Verden/Niedersachsen den Direktor des dortigen Arbeitsamtes. Der Täter hatte seinen persönlichen Fall zuvor über einen längeren Zeitraum im "HoppetosseNetzwerk", einem Aktionsnetzwerk des linken Spektrums, über Mailing-Listen verbreitet. Bericht 2002 118 Linksextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" 1) [Zielrichtungen] Gesamt 518 373 Gesamt 225 202 85 60 16 7 2001 2002 gesamt Kampagne gegen Kernenergie 2) Antiglobalisierung Links gegen Rechts 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Es sind nur die wichtigsten Zielrichtungen berücksichtigt. 2) Beinhaltet Aktionen gegen CASTOR-Transporte Linksextremistische Bestrebungen 119 Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" 1) [ in den Ländern ] 74 Berlin 184 50 Sachsen 47 Schleswig47 Holstein 178 41 Niedersachsen 127 Nordrhein30 Westfalen 31 Baden29 Württemberg 47 29 Hessen 11 21 Bayern 40 20 Brandenburg 19 Sachsen18 Anhalt 15 8 Hamburg 36 6 Thüringen 0 4 Bremen 9 Rheinland- 4 Pfalz 3 Mecklenburg- 3 Vorpommern 0 1 Saarland 3 2002 2001 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Bericht 2002 120 Linksextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" 1) [je 100.000 Einwohnern in den Ländern ] 2,18 Berlin 5,44 Schleswig1,68 Holstein 6,37 1,15 Sachsen 1,07 0,77 Brandenburg 0,73 Sachsen0,69 Anhalt 0,58 0,61 Bremen 1,36 0,51 Niedersachsen 1,60 0,48 Hessen 0,18 0,46 Hamburg 2,09 Baden0,27 Württemberg 0,45 0,25 Thüringen 0 Mecklenburg0,17 Vorpommern 0 0,17 Bayern 0,33 Nordrhein0,17 Westfalen 0,17 Rheinland0,10 Pfalz 0,07 0,09 Saarland 0,28 2002 2001 1 ) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Statistischen Bundesamtes zu den Einwohnerzahlen der Länder. Linksextremistische Bestrebungen 121 Übersicht über Gewalttaten von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten" 1) Gewalttaten: 2001 2002 Tötungsdelikte 2) 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 0 Körperverletzungen 154 114 Brandstiftungen 8 8 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 Landfriedensbruch 126 57 Gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 5 6 Freiheitsberaubung 0 1 Raub 3 6 Erpressung 0 0 Widerstandsdelikte 77 10 gesamt 373 202 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Übersicht enthält - mit Ausnahme der Tötungsdelikte - vollendete und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Ist zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich eine Körperverletzung begangen worden, so erscheint nur die Körperverletzung als das Delikt mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. III. Gewalttätiger Linksextremismus Vo n gewalttätigen Linksextremiste n - vor allem aus der autonomen Szene - gingen auch im Jahr 2002 Beeinträchtigungen für die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Gewaltbereite "Antifaschisten" diskutierte n verstärkt über neue Legitimationsgrundlagen für den "antifaschistischen Kampf". Ansätze für eine neuerliche Organisierung, die sich im Jahr 2001 gezeigt hatten, wurden 2002 mangels Erfolgsaussichten nich t weite r verfolgt. Zielstrebig wurde auch in einzelnen militante n Strukturen die begonnene Militanzdebatte - die Diskussion um den Einsatz "weitergehender Mittel" über Sachbeschädigungen hinaus - fortgeführt. Zu dem Kreis dieser Gruppierunge n gehören auch solche, die bei ihren Anschlagsaktivitäten die Grenze zu terroristischem Gewalthandeln überschreite n . Eine mit der früheren "Roten Armee Fraktion" (RAF) vergleichbare terroristische 1 Struktur mit der Fähigkeit, schwerste Anschläge b i s h i n z u Mordtaten zu planen und durchzuführen, gibt es in Deutschland jedoch nicht. Bericht 2002 122 Linksextremistische Bestrebungen Struktur: Gruppen existiere n i n fast allen größere n Städten, insbesondere i n den Ballungszentren Berlin, Hamburg , Rhein-Main-Gebiet, aber auch i n kleinere n Universitätsstädte n w i e Göttingen Anhänger: ca. 5.500 (2001 : b i s z u 7.000) Publikationen: mehr als 50 Szenepublikationen; von bundesweiter Bedeutung ist vor allem das in Berlin erscheinende Blatt "INTERIM"; Beachtung finden auch meist kostenlos verteilte "Jugendzeitschriften" 1. Autonome 1.1 Potenzial und Selbstverständnis Die autonome Szene - eine heterogene Bewegung überwiegend anarchistisch orientierter Gruppierungen - ist, wie sich auch in Selbstdarstellungen widerspiegelt, einerseits gekennzeichnet durch e i n e i m Vergleich z u m Vorjahr geringere Mobilisierungsbereitschaft und die unzureichende Fähigkeit, Widerstand zu organisieren und zu intervenieren. Andererseits zeigen sich Gruppierungen überzeugt und engagiert, im Kamp f gegen die angeblich "unerträglich e Realität" der personellen Fluktuation in ihrer Anhängerschaft entgegenzuwirken sowie die Zersplitterung zu überwinden; unmissverständlich erklärten dazu "Autonome Gruppen" in der Selbstbezichtigung zu einem Anschlag auf einen Hochspannungsmast (vgl. Nr. 1.3): "Wi r wollen mit unserer Aktion in Zeite n relativer Ohnmacht ein Zeichen setzen und unserer militanten Kritik an den herrschenden Zuständen Ausdruck verleihen. Wi r wollen außerdem allen Mut machen, sich ebenfalls militant zu organisieren." ("INTERIM" Nr. 5 5 6 vo m 12. September 2002, S. 29 ff. [S. 30]) Linksextremistische Bestrebungen 123 Ende 2002 waren der autonomen Szene bundesweit bis zu Autonome: 5.000 Personen zuzurechnen. 2 Fast alle Gewalttaten mit linksgrößtes Potenzial extremistischem Hintergrund ginge n a u f d a s Konto militanter gewaltbereiter LinksAutonomer, darunter Körperverletzungen, gefährliche Eingriffe extremisten i n d e n Straßenund Schienenverkehr sowie Brandanschläge. Als Konglomerat mehr oder weniger eigenständiger Zusammenhänge verfügt die autonome Bewegung über kein einheitliches ideologisches Konzept; sie kennt keine Anführer oder hierarchisch e Strukturen. Autonome propagieren den Widerstand gege n Autoritäten und die Missachtung vo n Normen. Den Rahmen ihrer oftmals spontanen Aktivitäten bilden diffuse anarchistisch e u n d kommunistische Ideologiefragmente, durchwe g geprägt von diversen Anti-Einstellungen ("antifaschistisch", "antikapitalistisch", "antipatriarchal"). Dabei zielen Autonome wie alle Linksextremiste n i m Kern auf die Überwindung des "herrschenden Systems" und sind sich einig, dazu Gewalt im Sinne angeblich notwendiger Gegengewalt gegen die "strukturelle Gewalt" eines "Systems von Zwang, Ausbeutung und Unterdrückung" einzusetzen. In einem Diskussionsbeitrag beschrieb eine im Raum MagEinig in der deburg aktive autonome Gruppe die Motive, selbst militant zu Bereitschaft zur agieren: Gewaltanwendung "unsere gruppe entstand einerseits aus dem subjektiven beduerfnis heraus, dass wir uns wehre n woll(t)en gegen diese verhaeltnisse, in denen wir gezwungen sind zu leben, gegen all die schweine, die uns das leben schwer machen. andererseits wissen wir auch, dass sich herrschaft (in welcher form auch immer) nicht von allein aufloest, sondern von uns menschen zerschlagen werden muss. aus diesem grund erkennen wir die notwendigkeit kämpfender strukturen. und da diese erkenntnis nichts neues ist, sondern vielmehr schon immer bestandteil revolutionaerer politik war & ist, bleibt es unsere aufgabe, die geschichte & e rfahrungen vo n gruppen wie raf, 2. juni, rz ... usw. aufzuarbeiten, weiterzuentwickeln & für eine zukuenftige praxis nutzbar zu machen." ("INTERIM" Nr. 5 4 2 vom 24. Januar 2002, S. 27 ff. [S. 27]) Ihrem Selbstverständnis entsprechend prinzipiell hierarchieVersuche zur Neuorganisierung feindlich lehnen Autonome eine gegliederte Selbstorganisation gescheitert mit verbindlichen Entscheidungsinstanzen und AnordnungsbeBericht 2002 124 Linksextremistische Bestrebungen fugnissen grundsätzlich ab. Nach Auflösung der "Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) - einer Dachorganisation militanter "Antifaschisten" - im April 2001 versuchten einige G ruppen erneut, in einem gemeinsamen Diskussionsprozess mit Vertretern "traditioneller" - d. h. nicht-"organisierter" - autonomer Gruppen eine organisatorische und inhaltliche Erneuerung der autonomen Szene einzuleiten. Entsprechende Treffen stießen innerhalb der autonomen Szene jedoch kaum auf Interesse; Entwicklungen zu einer organisatorischen Neugestaltung waren nicht ersichtlich. Einzig greifbares Ergebnis sind bislang wenige Ausgaben des Zeitungsprojekts "Phase 2. zeitschrift gegen die realität" 3 als "bundesweites Sprachrohr" der autonomen "Antifa-Bewegung"; eine bundesweite Neuorganisierung der "Antifa-Bewegung" ist vorerst gescheitert. 1.2 Aktionsformen Die Aktionsformen autonomer Gewalt sind mannigfaltig: Sie richten sich s owohl gegen Sachen als auch gege n Personen. Angegriffen wurden Polizeibeamte s owie nach Einschätzung der Linksextremisten "Handlanger" und "Profiteure" des "Systems" und (vermeintliche) Rechtsextremisten. Zur Aktionspalette gehören Angriffe a u f " Nazis" und deren Infrastruktur, militante Anti-AKW-Aktionen, gewalttätige Demonstrationen, bei denen Steine und andere Wurfgeschosse eingesetzt werden, und Brandund Sprengstoffanschläge. Wichtiges Kriterium bei der Wahl von Aktionsformen und Angriffszielen ist die "Vermittelbarkeit". Daher greife n Autonome bei ihren militanten Aktionen - seien sie spontan oder langfristig konspirativ geplant - häufig aktuelle "Reizthemen" auf, bei denen sie von einer breiten Akzepta n z b i s i n Teile der "bürgerlichen" Gesellschaft ausgehen. Straßenkrawalle Eine typisch e Form autonomer Gewalt sind Straßenkrawalle. Dabei kommt es häufig zur Bildung "schwarzer Blöcke " vermummter Aktivisten in einheitlicher "Kampfausrüstung". Diese Krawalle gibt es oftmals bei Proteste n gege n Aufmärsch e vo n Rechtsextremisten und regelmäßig im Zuge von Demonstrationen zum "Revolutionären 1. Mai" vor allem in Berlin. Dort beteiligten sich 2002 mehrere tausend Personen. Linksextremistische Bestrebungen 125 Es kam zu erheblichen Ausschreitungen, die bereits am Vorabend begannen. So zerstörten z. T. geschlossen agierende Gruppen die Scheiben eines Supermarktes und plünderten dessen Auslagen; Einsatzkräfte d e r Feuerwehr und der Polizei wurden massiv mit Steinen und Feuerwerkskörpern b eworfen. Nach Abschluss der Ausschreitungen am 1. Mai in Berlin "revolutionären" Demonstrationen gingen die Ausschreitungen in den frühen Abendstunden des 1. Mai weiter. Überwiegend junge Randalierer bewarfe n Polizeibeamte mit Steinen und Flaschen, errichteten Barrikaden, setzte n Autos in Brand und plünderten erneut den Supermarkt. Die vielfach i m I n ternet verbreitete n - Reaktionen - aus der Szene waren durchaus ambivalent: "das ... geplänkel mit öffnung eines supermarkte s war nicht nötig, aber auch nicht tragisch ... es wa r weder eine gezielt revolutionäre aktion noch eine hooligan-aktion, sondern nicht mehr und nicht weniger als eben eine supermarkt-plünderung, die ja ruhig ab und zu mal vorkommen kann." Erheblich planvoller als Massenmilitanz sind klandestine miKlandestine litante Aktionen, konspirativ vorbereitete und durchgeführte Aktionen Anschläge. Solche Anschläge überschreiten häufig die Grenze zur terroristischen Aktion (vgl. Nr. 1.3); ein Rechtfertigungsversuch e rfolgt gewöhnlich in Selbstbezichtigungsschreiben. S o verübte i n d e r Nach t z u m 18. März ein "kommando 'freilassung aller politischen gefangenen'" Brandanschläge auf das Gebäude des Landeskriminalamtes und auf ein Fahrzeug des Bundesgrenzschutzes in Magdeburg. In einer Selbstbezichtigung 4 rechtfertigten die Täter die Anschläge als Angriff auf den "Gewaltapparat der Herrschenden" und bezeichneten sich a l s Teil einer neuen revolutionären Bewegung. Ihr Ziel sei die Verankerung militante r Politik in den Köpfen der Bevölkerung. 5 Am 2. April verübten unbekannte Täter in Hamburg einen Brandanschlag auf den Pkw des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft d e r Polizei. Sie begründeten ihre Aktion damit, dass der Geschädigte den Einsatz von Brechmitteln gegen Drogendealer befürworte und damit eine "menschenverachtende Bericht 2002 126 Linksextremistische Bestrebungen und terroristisch e Politik und Polizeipraxis" legitimiere. Ebenfalls Ziel eines Brandanschlags waren am 24. Juli zwei Pkw eines für eine Fluggesellschaft tätigen Serviceunternehmens in Hamburg. In einer Selbstbezichtigung thematisierten die Täte r vor allem die Abschiebung vo n Ausländern, an der die Fluglinie gut verdiene, sowie die Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland. Weiter hieß es: "wir verstehen unsere aktion hier und heute als einen wichtigen bestandteil antirassistischer praxis innerhalb der linksradikalen bewegung, die ebenfalls die alltägliche bereitschaft und ausdauer besitzen muss, um wirklich sand im getriebe der abschiebemaschinerie zu sein. wir fordern alle auf sich auch weiterhin gedanken zu machen (und diese dann auch umzusetzen!) wie man legale und illegale im flüchtlingskampf unterstützen kann. jede und jeder auf seine art: ob friedlich oder militant - wichtig ist der widerstand." ("INTERIM" Nr. 5 5 5 vom 29. August 2002, S. 16 f . [ S . 17]) Medien Zur Kommunikation bedient sich die autonome Szene seit jeher eigener Medien: Neben den "bewährten" und weiterhin wichtigsten Methoden des Informationsaustausches durch Szenepublikationen 6, Infoläden und geheime Treffen nutzen Autonome verstärkt das Internet 7 und Mobiltelefone. Dabei begünstigen moderne Informationsund Kryptotechnologien wie das kostenlose Verschlüsselungsprogramm Pretty Good Privacy (PGP) das in weite n Teilen konspirative Verhalte n von Linksextremisten, erhöhen deren Manövrierfähigkeit und erschweren die Aufklärung. 1.3 Autonome Strukturen mit terroristischen Ansätzen Grenzen zur Innerhalb der militanten autonomen Szene haben sich Strukterroristischen turen verfestigt, die bei ihren Anschlagsaktivitäten die Grenze Aktion fließend z u terroristischem Gewalthandeln überschreiten. Diese im Verborgenen wirkenden Kleingruppen operieren aus der "Legalität" heraus; sie hinterlassen bei ihren Aktionen kaum auswertbare Spuren und benutzen in der Regel zum Schutz vo r Strafverfolgung in Taterklärungen ständig Linksextremistische Bestrebungen 127 wechselnde Aktionsnamen ("no-name"-Militanz). Einige G ruppierungen operieren allerdings auch unte r gleichbleibendem "Markennamen". Jedenfalls ist Militanz für Angehörige solcher Personenzusammenschlüsse gleichermaßen unverzichtbarer, u n- mittelbarer Ausdruck ihrer Gegnerschaft zum "System" und Bestandteil des eigenen Lebensgefühls. Typische Aktionsbezeichnung von "no-name"-Militanten ist "Autonome das Label "Autonome Gruppen". Diesen Namen verwendeten Gruppen" auch bislang unbekannte Täter, d i e a m 4 . September den Strommast einer 110 K V-Leitung in der Nähe des brandenburgischen Ortes Zeuthen zerstörten. Sie sägten aus zwei Eckpfeilern j eweils ein etwa ein Mete r großes Stück heraus, woraufhin der Mast abknickte, ohne jedoch d i e Stromversorgung zu unterbrechen. In einem Selbstbezichtigungsschreiben wandten sich d i e T ä- te r gegen die angeblich rassistische und imperialistische Flüchtlingspolitik. Ziel sei es gewesen, die Stromversorgung des Flughafens Berlin-Schönefeld, des bundesweit zweitwichtigsten Abschiebeflughafens, zu stören. Abschließend betonte n d i e Verfasser: "Allerdings erhalten linke Bewegungen erst dann eine entsprechende Brisanz und eine punktuelle Durchsetzungsfähigkeit, wenn die unterschiedlichen Ebenen, also Protest, ziviler Ungehorsam, Sabotage und die unterschiedlichen Formen militanten Widerstandes zusammenkommen." ("INTERIM" Nr. 5 5 6 vo m 12. September 2002, S. 29 ff. [S. 30]) Die bereits im Jahr 2001 mit Anschläge n u n d Positions"militante gruppe papieren in Erscheinung getretene "militante gruppe (mg)" (mg)" forciert verstärkte ihre Bemühungen, innerhalb der militanten autoMilitanzdebatte nomen Szene eine Debatte um den Einsatz "weitergehender Mittel" zu etablieren, die mehr als Sachschäden verursachen können. Am frühen Morgen des 5. Februar beschädigten Mitglieder der "militante n gruppe (mg)" eine Seiteneingangstür des Bezirksamts Berlin-Reinickendorf durch einen Brandsatz. Das Feuer erlosch von selbst; es entstand geringer Sachschaden. In einem sechsseitigen Selbstbezichtigungsschreiben, das nebst einer scharfen Patrone sowie einem Messer dem für das SoBericht 2002 128 Linksextremistische Bestrebungen zialamt zuständige n Stadtrat zuging, schrieb die Gruppe: "Die administrative Verfügungsgewalt des Apparates und ihre r RepräsentantInnen über unsere Existenzbedingungen läßt sich nicht ohne eine konzentrierte u n d konzeptionelle Debatte über die 'Wahl der Mittel' brechen. Wir müssen uns in der Dialektik von inhaltlicher Diskussion und der Erweiterung praktischer Optionen ein organisatorisches und logistisches Fundament erarbeiten, um perspektivisch einen komplexe n revolutionären Prozeß einleiten zu können." ("INTERIM" Nr. 5 4 4 vo m 21. Februar 2002, S. 24 ff. [S. 25]) "militante gruppe Zuvor hatten bereits zwei militante Zusammenhänge Z u- (mg)" erfährt stimmung zu den Aktionen und Positionen der "militanten teilweise gruppe (mg)" signalisiert. So betonte eine Gruppe mit dem Zustimmung ... Kürzel "(am)": "vielem, was ihr sagt, können wir zustimmen ... die von euch angesprochene gruppenübergreifende vernetzung ist für uns einer der zentralen punkte, um die wirkung unserer aktionen zu stärken." ("INTERIM" Nr. 5 41 vo m 10. Januar 2002 (S. 6 f. [S. 6]) Eine "revolutionaere aktion carlo giuliani" 8, die sich selbst als eine seit mehreren Jahren aktive militante G ruppe aus den neuen Bundesländern bezeichnete, bemerkte z u d e r von der "militante n gruppe (mg)" angestoßenen Debatte: "nur durch eine solche diskussion schaffen wir es, gemeinsam aus der autonomen kleingruppenmilitanz auszubrechen, der linken wieder einen (scharfen!!!) zahn zu verschaffen & langfristig eine alltagsguerilla zu entwickeln ... wir haben uns tierisch ueber eure initiative zur gemeinsamen diskussion gefreut, weil auch wir der meinung sind, dass diese laengst ueberfaellig war & ist. eure positionen koennen wir fa s t z u 100 % teilen." ("INTERIM" Nr. 5 4 2 vom 24. Januar 2002, S. 27 ff.) ... aber auch Doch e rfuhr die "militante gruppe (mg)" zu ihren kondeutliche Kritik zeptionellen Vorstellungen auch Kritik. So warfen ihr bei- Linksextremistische Bestrebungen 129 spielsweise die "Autonomen Gruppen" vor, ihre Papiere ließen eine realistische Analyse der Situation und konkrete Vorschläge vermissen. Insbesondere stieß die von der "militante n gruppe (mg)" eingeforderte Diskussion auch ü b e r d i e gezielte Liquidierung von Entscheidungsträgern auf Widerstand: "Die Diskussion über Liquidierung - allein schon ein strategisches Nachdenken - halten wir in diesen Zeiten für völlig verfehlt. Natürlich würd e d a s Ableben eines bekannten Hamburger Senators auch bei uns für mehr als ein Lächeln sorgen, wir können aber darin keine Strategie erkennen, welche die (militante) Linke n a c h vorn bringt ... Deshalb denken wir auch nicht ansatzweise darüber nach, unsere P raxis so zu erweitern." ("INTERIM" Nr. 5 4 9 vom 25. April 2002, S. 22 ff. [S. 24]) Ähnlich argumentierten auch Militante aus Süddeutschland, die sich "Clandestino" nannten. Sie hielten der "militanten gruppe (mg)" vor, grundsätzliche Probleme bei der Aufnahme des bewaffneten Kampfes auszublenden und auf akademischer Ebene zu theoretisieren. Wie die "Autonomen Gruppen" lehnt auch "Clandestino" zudem das von der "militante n gruppe (mg)" favorisierte Auftreten unter "Markennamen" ab. Den Strafverfolgungsbehörden solle es nicht ermöglich t werden, militante Aktionen bestimmten Gruppen zuzuordnen: "Da sollten wir es ihnen nicht zu einfach machen und auch noch die Hebel für den 129 a dazu liefern. Der Sicherheitsaspekt überwiegt hier für den Fall, daß es einmal schiefgeht. Wichtiger als ein Markenname ist für uns deshalb inhaltliche und praktische Kontinuität." ("INTERIM" Nr. 5 5 2 vom 20. Juni 2002, S. 23 ff. [S. 25]) In mehreren z. T. umfangreichen Papieren entwickelte die "militante gruppe "militante gruppe (mg)" ihren Ansatz fort. So propagierte sie (mg)" propagiert die Idee der Vernetzung autonomer Gruppen auf der Basis den Aufbau einer "militanten einer gemeinsam erarbeiteten "militanten Plattform". Plattform" Nach d e n Vorstellungen der "militante n gruppe (mg)" sind auch die "Interventionsmittel" und "Aktionsformen" untereinander abzustimmen. Dabei setzt sie mit den ihren Ansätzen zustimmenden Gruppen "(am)" und "revolutionaere aktion carlo giuliani" Einvernehmen darüber voraus, Bericht 2002 130 Linksextremistische Bestrebungen "daß alle Aktionsformen unterhalb von politischen Exekutionen zu unserem Arsenal gehören ... dazu würden sachschadenorientierte militante P raxen ... personenschadenorientierte m i- litante P raxen ... und symbolische Politpraxen ... gehöre n ... Exekutionen von EntscheidungsträgerInnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind sowohl aus logistischen als auch aus repressionstechnischen Gründen erst während einer längeren intensiven Diskussion unter uns zu entscheiden. Nicht zuletzt ist die Methode des bewaffnete n Kampfes Ergebnis der strategischen Linie unsere s revolutionären Projekts und der Einschätzung der gesamtgesellschaftlichen Voraussetzungen." ("INTERIM" Nr. 5 5 0 vom 9. Mai 2002, S. 16 ff . [ S . 18]) Auch wenn die an der Militanzdebatte beteiligten Gruppierungen deutlich machen, dass ein unmittelbarer Übergang zum "bewaffneten Kampf" nich t i n Rede steht, wird sorgfältig zu beobachten sein, inwieweit vor allem die Positionen und Aktionen der "militante n gruppe (mg)" innerhalb der gewaltbereiten autonomen Szene auf weitere Resonanz stoßen und ob sich daraus möglicherweise neue Bedrohungssituationen ergeben. 2. Traditionelle Anarchisten Klassische anarchistisch e Konzepte werden in Deutschland von Gruppierungen der "Graswurzelbewegung" und der "Freien Arbeiterinnenund Arbeiter Union - Internationale Arbeiter Assoziation" (FAU-IAA), der deutschen Sektion des internationalen anarcho-syndikalistischen Dachverbandes (Sitz in Spanien), vertreten. Die unverändert etwa 200 Anhänger der "Graswurzelbewegung" in Aktionsgruppen, Trainingskollektiven und sonstigen Zirkeln streben eine "tiefgreifende gesellschaftlich e Umwälzung" an, in der "durch Mach t von unten alle Formen von Gewalt und Herrschaft abgeschafft werden sollen". 9 Um "Herrschaftsund Gewaltstrukturen" zurückzudrängen und letztlich zu zerstören 10, werden "gewaltfreie Aktionsformen" propagiert . Nach ihrem Verständnis schließt "Gewaltfreiheit" allerdings nur menschenverletzende Gewalt aus. Befürwortet wird das Konzept des "Zivilen Ungehorsams", das Gewalt ge- Linksextremistische Bestrebungen 131 gen Sachen als legitime Aktionsform umfasst. Anhänger der "Graswurzelbewegung" engagierten sich wieder im "antimilitaristischen Kampf" u. a . gegen "Atomwaffenstandorte" in Süddeutschland, bei Widerstandsaktionen gegen die friedlich e Nutzung der Kernenergie sowie im Zusammenhang mit der Bundestagswahl. Die FAU-IAA - m i t u n verändert etwa 200 Anhängern i n zahlreichen Ortsgruppen - strebt eine "herrschaftsfreie, auf Selbstorganisation aufgebaute ... Gesellschaft" 11 an. Zur Durchsetzung ihrer Ziele bejaht sie "Mittel der Direkten Aktion (z. B. Besetzungen, Boykotts, Streiks usw.)". 12 Angehörige d e r FAUIAA beteiligten sich - z . T. wieder in Bündnissen u. a. mit anderen Linksextremiste n - a n P r o teste n gegen Globalisierung und an antimilitaristischen Aktionen. Die Agitation gegen die Bundestagswahl, die andere Aktionsthemen wie Antifaschismus überlagerte, war ein Schwerpunkt, der auch in anarcho-syndikalistischen Publikationen breiten Raum einnahm. Dort hieß es unter der Überschrift " Pest oder Cholera? Bundestagswahl 2002: Ungültig wählen, statt D.U.M.M.-Parteien wählen!": "Anarcho-SyndikalistInnen wollen, wie andere SozialrevolutionärInnen, die parlamentarische Scheindemokratie überwinden und alle Regierungen endlich loswerden ... Die Staatsparteien ... sind sich in allen wichtigen Fragen einig. Ein Wahl-Kreuz bei denen ... ist immer eine Stimme für D.eutschnationalistische, U.nternehmerfreundliche, M.ilitaristische, M.achtgeile (D.U.M.M.) Politik." ("Direkte Aktion" Nr. 15 0 vom März/April 2002, S. 1 IV. Parteien und sonstige G ruppierungen 1. "Deutsch e Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 1.1 "Deutsch e Kommunistische Partei" (DKP) gegründet: 1968 Sitz: Essen Vorsitzender: Heinz STEHR Mitglieder: 4.700 (2001: über 4.500) Publikationen: "Unsere Zeit" (UZ), Auflage: ca. 8.000, wöchentlich Bericht 2002 132 Linksextremistische Bestrebungen Die DKP konnte erstmalig seit Jahren einen Zuwachs an Mitgliedern registrieren. Gleichwohl wurde die Partei mit erheblichen Schwierigkeite n konfrontiert: Das Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten; innerparteiliche Spannungen zwischen den östlichen und westlichen Parteigliederungen traten immer deutlicher hervor. Ideologisch hielt die Partei an ihrer orthodox marxistischleninistischen Ausrichtung fest. Zur Teilnahme der DKP an der Bundestagswahl 2002 erklärte der Parteivorstand: "Unser Land braucht eine Kommunistische Partei, die festhält am sozialistischen Ziel, die den grundlegenden Bruch mit den kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnissen anstrebt, die sich auf die Arbeiterklasse als entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft orientiert und die ihr theoretisches Fundament in der schöpferischen Anwendung und Weiterentwicklung der Theorie von Marx, Engels und Lenin für die heutigen Kampfbedingungen hat. Eine solche Partei ist die DKP." ("DKP Informationen" Nr. 01 / 0 2 - Februar 2002, S. 30) Das wichtigste Ereignis für die DKP war ihr 16. Parteitag am 30. November/1. Dezember in Düsseldorf. Er fand erstmals ohne nennenswerte internationale Beteiligung von "Bruderparteien" statt. 13 Die ca. 200 Delegierten bestätigten Heinz STEHR als Parteivorsitzenden sowie Rolf PRIEMER und Nina HAGER als stellvertretende Vorsitzende. 14 Bis auf HAGER kommt keines der 35 Mitglieder des Parteivorstandes aus den neuen Bundesländern. Die Delegierte n konnten sich nicht darauf einigen, den Entwurf eines neuen Parteiprogramms das alte s tammt aus dem Jahr 19 7 8 z u verabschieden. 15 Dem vom Parteivorstand verantworteten Entwurf war bereits im Vorfeld des Parteitage s e i n von den ostdeutschen Parteigliederungen eingebrachter ebenfalls nich t verabschiedeter "Verbesserungsvorschlag" entgegengestellt worden. Dieser weist entgege n d e r vo m Vorstand vertretenen Parteilinie offen stalinistische und die DDR verklärende Inhalte auf. Selbst die von Gremien der Partei entworfene "Handlungsorientierung 2003/2004", mit der die politischen Ziele Linksextremistische Bestrebungen 133 der DKP für die nächsten Jahre festgelegt werden sollten, wurde zur Überarbeitung an den Parteivorstand zurückverwiesen. 16 In Proteste n gegen die "kapitalistische Globalisierung" glaubte die DKP Ansätze für eine revolutionäre Bewegung ausmachen zu können. Der Parteivorsitzende STEHR nahm deshalb am "Europäischen Sozialforum" (ESF) vo m 6 . b i s 10. November in Florenz teil. 17 Das vo n d e r globalisierungskritischen Bewegung getragene Ereignis war wesentlich durch d i e i talienische "Bruderpartei" der DKP ausgerichte t worden. Der Pflege der Parteibeziehungen diente auch e i n e von der DKP organisierte "Internationale Konferenz" am 29. und 30. Juni in Berlin, auf der 33 kommunistische Parteien und Gruppen aus 31 Ländern vertreten waren. 18 Die Teilnehmer konnten sich jedoch a u f keinen verbindlichen Beschluss zur Koordinierung internationaler kommunistischer Ziele einigen. Es wurde lediglich folgende gemeinsame Erklärung unterzeichnet: "Herausforderung annehmen: Gegen kapitalistische Globalisierung internationale Solidarität und Zusammenarbeit der Parteien der marxistischen Linken." 19 Die DKP hat erhebliche Schwierigkeiten, ihre Finanzierung ausgeglich e n z u gestalten. In ihrem Rechenschaftsberich t gem. SS 23 Parteiengesetz wies sie für das Jahr 2001 Einnahmen in Höhe von fast 1,3 Mio. m aus, darunte r 716.000 m Spenden. Regelmäßig ruft die DKP ihre Mitglieder zur Beitragsehrlichkeit und größerer Opferbereitschaft zugunsten der Partei auf. Eine Spendenkampagne für das in wirtschaftliche Schwierigkeite n geratene Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) erbrachte binnen wenige r Wochen Spenden und Darlehenszusagen in Höhe von 56.200 m. 20 Die von der DKP als "Unser Wertpapier" apostrophierte wöchentliche Publikation war aufgrund eines kontinuierlichen Abonnentenrückganges in ihrem weiteren Erscheinen bedroht. Mit der DKP eng verbunden ist weiterhin die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), die als ehemalige "Kaderreserve" über rund 350 Mitglieder verfügt. Die auf dem 16. Bundeskongress der SDAJ am 20./21. April in Essen neugewählte Bundesvorsitzende Tina SANDERS erklärte d i e Stärkung und Vergrößerung der Organisation zu einem ihrer wichtigsten Ziele. 21 Bericht 2002 134 Linksextremistische Bestrebungen 1.2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Bundesrepublik e. V." (VVN-BdA) gegründet: 1947 Sitz: Berlin Bundesgeschäftsstelle: Berlin Vorsitzende: Cornelia KERTH, Fred DELLHEIM Mitglieder: rund 9.000 * (2001 : rund 5.000) Publikation: Westverbände: "antifa-rundschau", vierteljährlich; Ost-Verbände: "antifa " , monatlich * nach Fusion mit der VVdN-BdA; nach e i genen Angaben 11.000 Herausragendes Ereignis im Bereich des organisierten linksextremistischen "Antifaschismus" war die Fusion der traditionell orthodox-kommunistisch ausgerichteten Antifa-Verbände: Die Delegierten der linksextremistisch beeinflusste n westdeutschen VVN-BdA stimmten auf dem Bundeskongress "Gemeinsam gegen Rassismus und Faschismus" vo m 3 . b i s 5 . Oktober in Berlin einem Zusammenschluss mit ihrem langjährigen ostdeutschen Bündnispartner "Verband ehemalige r Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Nazi-Regimes und Hinterbliebener - Bund der Antifaschisten" (VVdN-BdA) zu. Mit den Delegierten des VVdN-BdA beschlossen sie danach "einmütig" die Verschmelzung ihrer Verbände unte r d e m Namen VVN-BdA; sie verabschiedeten dazu einstimmig einen "Verschmelzungsvertrag" und die Satzung der Organisation sowie eine "Gemeinsame politische Erklärung". Der Bundeskongress bestätigte einen aus ru n d 4 0 Personen gebildeten neuen Bundesausschuss, der sich a u s gewähl- Linksextremistische Bestrebungen 135 te n Vertretern der Gliederunge n u nd d e r korporativ angeschlossenen Organisationen zusammensetzt. Ferner wählte der Kongress 13 Personen in einen geschäftsführenden Vorstand, aus dem zwe i gleichberechtigte Vorsitzende bestimmt wurden. Der Bundeskongress beriet und beschloss sämtlich e 17 vorgelegten Anträge, u. a. zum Schulterschluss mit der "Antikriegsbewegung", zur Unterstützung des seit 1990 jährlich durchgeführten "Workcamps Junger Antifas in Weimar/Buchenwald", zur "antifaschistischen" Interpretation des Grundgesetzes und damit die Umdeutung im orthodox-kommunistischen Sinn sowie zur Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Verbandes an den in den USA wegen Mordes an einem Poliziste n verurteilten Mumia Abu Jamal. Funktionäre werteten die Fusion als "historisches Ereignis" und als "Wiedervereinigung" der 1947 gegründeten "Vereinigung der Verfolgte n d e s Naziregimes" (VVN). 22 Die VVN-BdA stellte sich in Presseerklärungen als bundesweit mitgliederstärkste u n d größte "antifaschistische" Organisation dar: Positionen des bürgerlichen "Antifaschismus" waren in der Außendarstellung jedoch nur noch vereinzelt festzustellen. Tatsächlich dominieren in der Vereinigung nach w i e vor Anhänger und Sympathisanten des traditionellen orthodox-kommunistischen "Antifaschismus". Aktive Mitglieder aus der "Partei des demokratischen Sozialismus" (PDS) und der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) sowie diesen nahe stehende Personen blieben in den Gremien und Gliederungen politisch tonangebend, in den zentralen Führungsorganen verstärkte sich der PDS-Einfluss. Mitglieder der in Landesvereinigunge n gegliederten VVNBdA können natürlich e Personen und Vereine sein. Zu letzteren zählen u. a. Lagergemeinschafte n u n d Komitees ehemaliger KZ-Häftlinge , kommunistische Traditionsvereine wie die "Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 19 3 6 - 1945" (KFSR) und der "Verband Deutscher in der Resistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der 'Bewegung Freies Deutschland'" (DRAFD), aber auch Basisgruppen, die autonomen und gewaltbereiten Antifa-Gruppen gleichen, sowie der militante Zusammenschluss "R.O.T.K.Ä.P.C.H.E.N. im und beim BdA". Die VVN-BdA lehnt unverändert d e n gegen alle Formen des Extremismus gerichtete n Konsens des Grundgesetzes ab. Sie benutzte "Antifaschismus" weiterhin als Vorwand, die EinBericht 2002 136 Linksextremistische Bestrebungen schränkung der Grundrechte ihr missliebiger politischer Geg- n e r z u verlangen. Dazu forderte sie auf ihrem Bundeskongress eine Ergänzung des Grundgesetzes mit zusätzlichen "antifaschistischen Prinzipien", damit künftig verhindert werde, "dass Gerichte unte r Verweis auf die Meinungsfreiheit NPD-Aufmärsche erlaubten". 23 In ihrem "antifaschistischen Kampf" lehnte die VVN-BdA rechtsstaatliche Grundsätze wie die Unabhängigkeit der Justiz ab. Anlässlich d e r Neubestellung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts forderte sie die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, die Ernennung zu verhindern. Die Ministerpräsidenten hätten "eine gute Gelegenheit, etwas Wirksames gege n d e n Neonazismus im Lande zu unternehmen" 24, wenn sie auf der Bundesratssitzung am 1. März gegen die Ernennung stimmte n . Als wirksames Agitationsmittel für ihre Ziele wertete die VVN-BdA ihre (Wander-) Ausstellung "Neofaschismus in der Bundesrepublik Deutschland". Nach Äußerungen ihres Bundesgeschäftsführers Klaus HARBART i s t e i n wesentliches Anliegen der Ausstellung, "den Neofaschismus in seiner ganzen Breite zu zeigen, inklusive der Übergänge z u s cheinbar honorigen Organisationen und demokratischen Parteien". 25 Dazu erklärte Ulrich SANDER (DKP), langjähriger ehemaliger Bundessprecher der VVN-BdA und Mitglied des neuen Bundesausschusses der VVN-BdA, bei einer Ausstellungseröffnung: "Man verlangt, dass wir uns vo n d e n Kommunisten distanzieren. Sich von ihnen zu distanzieren, bedeutet aber, s i c h vom deutschen Widerstand zu distanzieren. In ihm spielten die Arbeiterparteien eine große Rolle, darunte r d i e Kommunisten ... Waren bisher schon häufig rechte Losungen bis in die Mitte vorgedrungen ... so haben wir es heute mit der Enttabuisierung des ultrarechten Gedankengutes aus der Mitte heraus zu tun, die quasi die Führung der Entwicklung nach rechts übernimmt." ("antifa-rundschau" Nr. 51/Juli - September 2002, S. 11) Die VVN-BdA setzte ihre "offene Bündnispolitik" fort. Sie bemühte sich weiterhin um Akzeptanz bei demokratischen Organisationen, andererseits arbeitete sie unverändert mit linksextremistischen Zusammenschlüssen bis hin zu gewaltbereiten Antifa-Gruppen zusammen. Cornelia KERTH, eine der beiden Linksextremistische Bestrebungen 137 VVN-BdA-Vorsitzenden, erklärte der linksextremistischen Tageszeitung "junge Welt", man habe "auch zu autonomen Gruppen und lokalen Antifa-Initiative n . . . keinerlei Berührungsängste". 26 Der andere Vorsitzende Fred DELLHEIM (PDS) bekräftigte diese Aussage: "Wir unterstützen diese antifaschistischen Initiativen jüngerer Menschen. Zum Beispiel gibt es die Gruppe 'Rotkäpchen', die jedes Jahr ein Workcamp in Buchenwald durchführt. Es gibt Ähnliches in Berlin, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Wir unterstützen diese Initiativen und wir wollen sie auch nach Möglichkeit für den Verband gewinnen." ("Neues Deutschland" vom 5./6. Oktober 2002) 1.3 "Bundesausschuss Friedensratschlag" gegründet: 1996 (als "Arbeitsaussch u ß Friedensratschlag") Sitz: Kassel Mitglieder: 50 Publikationen: "Friedenspolitisch e Korrespondenz" (FRIKORR), "Friedens-Journal" Der linksextremistisch beeinflusste "Bundesausschuss Friedensratschlag" setzte seine Bemühungen um die Wiederbelebung einer in erster Linie antiamerikanischen und gege n d a s westliche Bündnis gerichteten "Friedensbewegung" fort. Zentrales Motiv blieb dabei die Ablehnung der gemeinsamen westlichen Bemühunge n z u r Terrorismusbekämpfung. In der zweiten Jahreshälfte verschob sich der Aktionsschwerpunkt auf die Agitation gegen eine mögliche militärische Intervention der USA gegen den Irak. Beide Themenkomplexe werden von den überwiegend aus Traditionen des kommunistischen "Friedenskampfes" stammenden Betreibern des "Bundesausschusses" als imperialistischer Zugriff auf die Ölreserve n d e s Nahen Ostens interpretiert. Eine ernst zu nehmende Auseinandersetzung mit dem Bedrohungspotenzial des islamistischen Terrorismus erfolgte nicht. Bericht 2002 138 Linksextremistische Bestrebungen Entsprechend wandte sich der "Bundesausschuss" gegen den Besuch des amerikanischen Präsidenten am 22./23. Mai in Berlin. Gemeinsam mit dem "Deutschen Friedensrat" Nachfolger des ehemaligen "Friedensrates der DDR" sowie mit anderen Organisationen organisierte er das Bündnis "Achse des Friedens". 27 An den Demonstrationen des Bündnisses am 21. und 22. Mai beteiligten sich j eweils bis zu 20.000 Personen. Auf dem "9. Friedenspolitischen Ratschlag" des "Bundesausschusses" am 7./8. Dezember in Kassel kündigte n d i e Veranstalte r f ü r d en Fall einer militärischen Intervention im Irak vielfältige Aktionen an. In einem Aufruf wurde den USA unterstellt, sie beabsichtigte n weder einen "Antiterror-Kampf" noch die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen oder die Herstellung von Demokratie und Menschenrechte n . E s gehe ihnen vielmehr um die Durchsetzung geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen in einer der energiereichsten (Öl-) Regionen der Welt. 2. "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) gegründet: 1989/90 (Umbenennung SED in PDS) Sitz: Berlin Parteivorsitzende: Gabriele ZIMMER Mitglieder: rund 78.000 (2001 : rund 84.000), davo n i n d e n westlichen Ländern ca. 4.800 (2001: ca. 4.000) Publikationen (Auswahl): "DISPUT", monatlich; "PDS-Pressedienst", wöchentlich; "Mitteilunge n d e r Kommunistisch e n Plattform der PDS", monatlich; "Marxistisch e s Forum", unregelmäßig; "PDS International", unregelmäßig Das Abschneiden der PDS bei der Bundestagswahl am 22. September 28 hat die innerparteilich e Kontroverse um Frage n von Linksextremistische Bestrebungen 139 Strategie und Taktik verschärft . I m Kern geht es um die praktisch e Ausgestaltung des Anspruchs der Partei, einerseits innerhalb der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zum Teil als Koalitionspartner in Landesregierungen mitzuwirken und andererseits langfristig die Systemüberwindung hin zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung anzustreben. Die PDS will weiterhin "Stachel im Fleische der herrschenden Klassen" sein. 29 Ausgehend von dieser Doppelstrategie ist nich t z u e rwarten, dass sie die offen extremistisch agierenden Kräfte aus der Partei drängen wird. Vielmehr kultiviert s i e teilweise kommunistische Traditionen in der Partei und arbeite t weiterhin mit inund ausländischen Linksextremisten zusammen. 2.1 Ideologisch-politisches Selbstverständnis der Partei Die PDS vertritt die Konzeption einer "gestaltenden Opposition" zu den gesellschaftlichen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland. Der Parteita g a m 12./13. Oktober in Gera, auf dem sich Parteitag in Gera die bisherige Parteivorsitzende Gabriele ZIMMER überraschend deutlich mit ihren inhaltlichen und personellen Vorstellungen durchsetzen konnte, nahm einen Beschluss "Kein 'Weiter so' - Zukunft durch E rneuerung" an. 30 Darin heißt es zur Rolle der PDS in Deutschland u. a.: "Uns ist es nicht gelungen, als sozialistische Partei unsere Identität und unsere n Nutzen für die Gesellschaft deutlich zu bestimmen ... Wenn sich aus einem Wahlergebnis ein Wählerauftra g z u r Regierungsbeteiligung ergibt, müssen wir das ernst nehmen. ... Wir haben es aber versäumt, zuvor zu klären, wie wir die unausweichliche Einbindung in das herrschende Politikkonzept mit unserem Charakter als gesellschaftliche Opposition verbinden ... Die PDS ist und bleibt die sozialistische Partei, die bundesweit wirken will. Sie versucht, weder sozialdemokratische noch kommunistische Parte i z u werden." ("DISPUT", Heft Nr. 10 vom Oktober 2002) Bericht 2002 140 Linksextremistische Bestrebungen "Keinen Frieden Nach Aussage von Gabriele ZIMMER auf dem Parteitag bemit der jetzigen deute d i e Formel der "gestaltenden Opposition" nichts andeGesellschaft !" res, als dass die PDS alle Möglichkeite n u n d Formen demokratischer Politik - vom Protest auf der Straße bis zum Mitregieren - nutzen müsse, um die Gesellschaft z u verändern. Das von der PDS angestrebte "Sozialistische" liege nicht in den vorhandenen Strukturen; es gehe eben nicht darum, sich so einfach in das Gefüge einzuordnen, mitzumachen und sich dort anzupassen. "Wir kämpfen darum, dass ein soziales Bündnis entsteht, ein solidarisches Bündnis, [dann] garantiert das zugleich, dass wir nicht unsere n Frieden mit der jetzigen Gesellschaft machen." ("DISPUT", Heft Nr. 10 vom Oktober 2002) Systemüberwindung Ein neu gewähltes Mitglied des Parteivorstands - zugleich auch Mitglied des Landesvorstands Mecklenburg-Vorpommern - erklärte unmissverständlich im Zusammenhang mit der strategischen Debatte 31 in der PDS u. a.: "Vielleicht kommen wir dann in den nächsten vier Jahren der Antwort auf die Frage etwas näher, w i e d i e Ausübung von Regierungsgewalt durch die PDS in einem kapitalistischen System und die Rolle als gesellschaftliche Opposition mit dem Ziel der Überwindung dieses Systems zusammengehen können." 32 ("Neues Deutschland" vo m 1. November 2002) Demokratischer Das Konzept einer "gestaltenden Opposition" - mit dem Sozialismus als Ziel der Systemüberwindung - wird in einer Studie der Part"transformatorieistiftung "Rosa-Luxemburg" entwickelt. 33 In einer Anlage zu der sches Projekt" Studie 34 wird zum Ziel eines "demokratischen Sozialismus" betont, dass Schritte z u r Umsetzung von Visionen vo m Atem des Widerstandes berührt sein müssten, wenn sie in eine andere Gesellschaft führen sollten. Die PDS dürfe sich nicht in das Gewohnte fügen, sondern m ü s s e e s verbessern s owie nach und nach - gewiss nicht ohne "tiefe Brüche" - zugunsten des Ungewohnte n verlassen. Dies sei der Grundgedanke d e s d e- mokratischen Sozialismus als transformatorisches Projekt. 35 Schon auf einer Sitzung der Programmkommission der PDS a m 1. Februar, protokolliert von deren Sekretär, war klargestellt worden, Linksextremistische Bestrebungen 141 "dass es sich bei diesem Transformationsprojekt nicht um eine Anpassung an das gegenwärtige System bzw. u m e i n h a r- monisches Hineinwachsen in eine andere Gesellschaft handelt, sondern um das Bemühen, in einem langfristigen Entwicklungsprozess unsere Vorstellungen gegen die Herrschenden durchzusetzen. Das ist ein Prozess, der mit vielen Brüchen und dramatischen Auseinandersetzungen verbunden sein wird. Dabei gehen wir davon aus, dass trotz kapitalistischer Grundstruktur wichtige Schritte zu sozialer Gleichheit ... und Breschen für Emanzipation ... in die Profitdominanz geschlagen werden können, um so Wege über die bürgerliche Gesellschaft hinaus zu eröffnen. Ein solches Transformationsprojekt ist demnach als ein Gegenprojekt zur gegenwärtigen Entwicklung zu begreifen." ("PDS-Pressedienst" Nr. 19 vo m 10. Mai 2002) 2.2 Extremistische Strukturen in der Partei Die PDS bekennt sich nach w i e vor dazu, dass auch o ffen extremistische Kräfte 36 basierend auf einer Art "Gründungskompromiss" 37 in der Partei politisch wirken können. Sie hält demnach weiter an der PDS hält an "Kommunistischen Plattform der PDS" "Kommunistischer (KPF) als Bestandteil der Parte i fest. Wie Plattform der PDS" bisher entsendet die KPF nach einem fest festgelegten Schlüssel Delegierte z u d e n Parteitagen. Sahra WAGENKNECHT, Mitglied des Bundeskoordinierungsrates der KPF, wurde auf dem Parteitag in Gera mit über 70 % d e r Stimmen erneut in den Bundesvorstand gewählt. Der neu gewählte Bundesgeschäftsführer und ehemalige Bundestagsabgeordnete d e r P D S U we HIKSCH erklärte i n e i- nem Interview u . a.: "Meine Grundüberzeugung lautet: Die PDS wird nur dann ein Erfolgsprojekt, wenn sie vo n d e r Kommunistischen Plattform auf der einen Seite bis zu den sogenannte n Reformern reicht Bericht 2002 142 Linksextremistische Bestrebungen und sie gemeinsam an einem neuen Typus vo n Partei arbeiten, einer Partei, die weder kommunistisch noch sozialdemokratisch, sondern originär sozialistisch ist." ("DISPUT", Heft 11 vo m November 2002) KPF und Zusammenschlüsse kommunistisch orientierter Mitglieder "Marxistisches und Sympathisanten in der PDS, wie die KPF und das "MarForum der PDS" xistisch e Forum der PDS", fühlen sich nach w i e vor der marxistisch-leninistischen Ideologie verpflichtet und arbeiten eng zusammen. 38 I m Referat des Sprecherrates der KPF zur 11. Bundeskonferenz am 7. September in Berlin hieß es u. a.: "Der Streit über den gewesenen Sozialismus und einen zukünftigen Sozialismus ist unumgänglich. Dabei darf die Überzeugung nicht in Frage gestellt werden, dass die Menschheitsprobleme im Rahmen des Profitmechanismus nicht nur nicht zu lösen sind; dieser Mechanismus erzeugt diese Probleme! Nur wenige Menschen sehen heute d i e Unumgänglichkeit gesellschaftlicher Umwälzungen, und daher ist die Situation ... subjektiv so wenig reif für eine elementare gesellschaftliche Änderung wie sie es objektiv täglich mehr wird." 39 ("Mitteilungen der KPF", Heft Nr. 10 vom Oktober 2002) Ein Aktivist des "Marxistischen Forums der PDS" betonte in klassischer Diktion, eine marxistische Partei bleibe eine revolutionäre Vorhutpartei, die sich zu Lenin bekenne, der mit Marx und Engels zu den revolutionären Führern der Arbeiterklasse gehöre. Eine marxistische Partei bewahre Erfahrungen und Traditionen des revolutionären Kampfes und entwickele die wissenschaftlichen Grundlagen der sozialistischen Bewegung. 40 Zum programmatischen Selbstverständnis wurde in einem gemeinsamen Antrag von Mitgliedern des "Marxistischen Forums Sachsen" sowie der jeweiligen KPF aus Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen an den Wahlparteita g i n Rostock u . a. ausgeführt: Linksextremistische Bestrebungen 143 "Die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) erstrebt die Umwälzung der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise in der Bundesrepublik und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ... Das strategische Ziel der Politik der PDS ergibt sich aus der wissenschaftlichen Analyse der kapitalistischen Gesellschaft vor allem durch Marx, Engels, Lenin und viele andere Theoretiker der Arbeiterbewegung ... Entsprechend ihrem Selbstverständnis als Interessenvertreterin der Arbeiterklasse ... erstrebt sie eine möglichst große Anzahl vo n Abgeordneten im Bundestag, um die Tribüne des Bundestages dafür zu nutzen, die profitorientierte, unsoziale, Gewaltund Kriegspolitik der Regierenden zu entlarven ..." (Antragsheft zum 7. Parteitag der PDS am 16./17. März 2002 i n Rostock) Auch ein KPF-Vertreter aus Hannover unterstrich, die parlamentarischen Mandate seien nicht allein Mitte l z u r Vergrößerung des politischen Einflusses, sondern einzig und allein Mitte l z u r Vorbereitung der gesellschaftlichen Umwälzung. Die revolutionäre Hoffnung in der sozialistischen Bewegung liege nicht in der Mandatsgewinnung, sondern vielmehr in der "Mobilisationsfähigkeit" der Massen. 41 Der Jugendverband "['solid]" - der Name steht für "sozialiJugendverband stisch, links und demokratisch" - wurde am 25. März vom Par"['solid]" teivorstand formell als Jugendorganisation bei der PDS anerkannt. 42 Der Verband verfügt - eigenen Angaben zufolge - ü b e r rund 1.300 Mitglieder 43 und über Strukturen in fast allen Bundesländern, die jedoch unterschiedlich s tark gefestigt sind. Die PDS unterstützt "['solid]" laut ihrer Jahresfinanzplanung mit 80.000 EUR. 44 Innerhalb des Jugendverbandes gibt es wie in der PDS unKommunistische Poterschiedlich e Strömungen, so auch kommunistisch e Positionen: sitionen im In einem im Internet veröffentlichten Leitantrag der LandesJugendverband vollversammlung von "['solid]"-Niedersachsen vo m 13./14. April in Braunschweig hieß es u. a.: "... für unsere Politik stellt der vo n Karl Marx u n d Friedrich Engels begründete wissenschaftliche Sozialismus die Grundlage dar ... ['solid] Niedersachsen stellt sich, als kritisch-solidarischer Partner der PDS, dem Trend der Verbürgerlichung und des Reformismus entgegen und wird weiterhin die antikapitalistischen Bericht 2002 144 Linksextremistische Bestrebungen außerparlamentarischen Protestbewegungen unterstützen und für eine revolutionäre Politik, auch im Parlament, eintreten. Wichtigste s Standbein revolutionäre r Politik kann nur die Bewegung auf der Straße sein." 45 "['solid]" pflegt Kontakte zu ausländischen Linksextremisten. So arbeite t d e r Verband mit Vertretern europäischer kommunistischer Jugendorganisationen zusammen. 46 Zu aktuellen "Antifa"-Aktivitäten schrieb eine sich als "schlagfähige" Truppe bezeichnende "['solid]"-Gruppe aus Berlin im Internet u. a.: "Wir kämpfen aktiv gegen Faschismus, kriegstreiberische Politik, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen selbst und gegen die Zerschlagung unserer ökologischen Grundlagen ... Als PDS-Jugend wollen wir zeigen, dass Politik vor allem auf der Straße und nicht im Büro gemacht wird ... Gemeinsam mit dem Antifaschistischen Bündnis Marzahn/Hellersdorf o rganisieren wir offenen Protest gegen Rechts." 2.3 Zusammenarbeit mit deutschen Linksextremisten außerhalb der Partei Verhältnis zur DKP Das Verhältnis der PDS zur "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) ist - aufgrund gemeinsamer Traditionen - ein kritisch-solidarisches: Eine Zusammenarbeit erfolgt vor allem auf lokaler und regionaler Ebene, oftmals über kommunistische Kräfte in der PDS. 47 I n d e n westlichen Bundesländern hat die PDS mittlerweile fast ebenso viele Mitglieder wie die DKP. Uwe HIKSCH, der neu gewählte Bundesgeschäftsführer der PDS, äußerte in einem Interview m i t d e r Tageszeitung "Neues Deutschland" vo m 19. September, e s h a b e s tets eine Kooperation der PDS mit fortschrittlichen Kräfte n gegeben, genauso wie die PDS mit Genossen aus der DKP zusammengearbeitet habe. Dies wird unter anderem am gegenseitigen Besuch von Veranstaltungen deutlich. 48 Entsprechend der besonderen Bedeutung, die die PDS dem Linksextremistische Bestrebungen 145 außerparlamentarischen Kampf beimisst, arbeiten einzelne Vertreter und Gliederungen oder Strukturen der Partei meist in lokalen bzw. regionalen Aktionsbündnissen weiterhin auch mit Linksextremisten anderer Strömunge n - d a runter auch gewaltbereite Linksextremisten - zusammen. Laut dem auf dem Parteita g i n G e ra vorgelegte n Rechenschaftsbericht ordneten sich Vertreter der PDS auch i n d i e globalisierungskritische Bewegung ein. Sie hätte n i n d e r Vergangenheit "Gegen-Gipfel-Aktivitäten" organisiert und sich a n " gewaltfreien" Aktionen anlässlich vo n Weltwirtschafts-, EUund NATO-Gipfeln beteiligt; sie seien ferner Mitglieder bei "attac". 49 Der Parteitag beschloss u. a., enger mit der "Friedensbewegung" zu kooperieren und den Widerstand gegen Castor-Transporte z u u n terstützen. Die PDS arbeitet auch m i t Autonomen zusammen. Ein MitZusammenarbeit mit glied des PDS-nahen Jugendverbandes "['solid]" hatte für den Autonomen 20. Juli in Göttingen eine Kundgebung unter dem Motto "Den antikapitalistischen Widerstand globalisieren" angemeldet. Zusammen mit Angehörigen der "Autonomen Antifa (M)" sowie der "Roten Hilfe", die für die Veranstaltung im Internet geworben hatten, versammelten sich c a . 15 0 Personen, um an den Tod des Globalisierungsgegners Carlo Giuliani 50 zu erinnern . Auch ein Sprecher der Göttinger "Autonomen Antifa (M)" bezeichnete d a s Verhältnis zur PDS als "einvernehmliches Arbeitsverhältnis". 51 Die PDS-Hochschulgruppe in Leipzig übernahm für den 3. Oktober die Anmeldung einer Demonstration unter dem Motto "Es gibt nich t s z u feiern. Nie wieder Deutschland!". Zusammen mit dem Leipziger "Bündnis gege n Rechts" (BgR), anderen autonomen Gruppen und sonstigen Linksextremisten sollte e i n Aufzug vo n Rechtsextremisten in Leipzig verhindert werden. Im Demonstrationsaufruf hieß es u. a., Antifaschismus bedeute nicht, das "demokratische Gemeinwesen" kapitalistischer Prägung gegen die "Verfassungsfeinde" zu verteidigen, wie es die so bezeichnete "Zivilgesellschaft" tue. Vielmehr sei Neonazismus eine Bedrohung für emanzipatorische linke G e- sellschaftskonzepte. 2.4 Internationale Verbindungen der Partei Die PDS bekennt sich entsprechend ihrem Selbstverständnis zum Internationalismus und unterhält u. a. zu ausländischen Bericht 2002 146 Linksextremistische Bestrebungen kommunistischen Parteien nach w i e vor vielfältige Kontakte, u. a. durch die Entsendung von Delegationen zu Parteitagen, die Teilnahme an Konferenzen sowie sonstige bilaterale Gespräche. A m Wahlparteita g a m 16./17. März in Rostock nahmen auf Einladung der PDS erstmals nach drei Jahren wieder zahlreiche Delegationen ihrer Partnerparteien teil. 52 Enge und Ein Mitarbeiter des PDS-Parteivorstandes hob im PDSkonstruktive Mitgliedermagazin "DISPUT" die Teilnahme so vieler ausländiBeziehungen scher Parteien hervor: Das manifestiere klar den internationalistischen Charakter der Partei, ihre Vernetzung in der internationalen Linken. Verschiedene kommunistische Parteien - u . a. Chinas und Vietnams - hätte n d e n Wunsch nach I n- tensivierung der Kontakte, des Informationsund Erfahrungsaustausches sowie verstärkte n theoretischen Diskussionen geäußert. 53 Europäische Die PDS ist weiterhin im Europaparlament mit sechs AbZusammenarbeit geordnete n vertreten, organisiert i n d e r " Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordisch Grüne Linke" (KVEL/NGL) 54. Im Tätigkeitsbericht für den Geraer Parteita g konstatierte der Parteivorstand neben einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Mitgliedsparteien des "Forums der Neuen Europäischen Linken" (NELF) 55 auch wichtige bilaterale Beratungen. Mit Delegationen der "Französischen Kommunistischen Partei", der "Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens" aus Tschechien, der "Parte i d e r Kommunisten Italiens" und der (kommunistischen) "Vereinigten Linken" aus Spanien seien u. a. Fragen des multilateralen Zusammenwirkens europäischer Linkskräfte s owie die Notwendigkeit einer intensiveren Diskussion programmatischer und theoretischer Fragen erörtert worden. Solidaritätsarbeit für Die PDS erachte t d i e Unterstützung des sozialistischen Kuba das sozialistische weiterhin als besonders wichtig. So forderte der Parteitag in Kuba Gera alle Parteistrukturen der PDS auf, die Solidarität mit dem sozialistischen Ku b a z u verstärken und die Arbeit der seit 1991 bestehenden "Arbeitsgemeinschaft Cuba Si beim Parteivorstand der PDS" wirksamer zu unterstützen. 56 Ein "enges Zusammenwirken" von "Cuba Si" gibt es mit der KPF; so heißt es in einem Referat des KPF-Sprecherrates, Linksextremistische Bestrebungen 147 man übe Solidarität mit dem sozialistischen Karibikstaat und beteilige sich an Aktionen der Arbeitsgemeinschaft. 57 3. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) gegründet: 1982 Sitz des Zentralkomitees: Gelsenkirchen Vorsitzender: Stefa n E NGEL Mitglieder: unter 2000 (2001: ca. 2000) Publikationen: "Rote Fahne", wöchentlich; "REBELL" (Magazin des Jugendverbandes "Rebell"), zweimonatlich; "Lernen und Kämpfe n " , mehrmals jährlich Die maoistisch-stalinistisch orientierte M L P D verharrte weiterhin in selbstgewählter Isolation. Sie engagierte sich auch nicht in Themenfeldern, die für andere Linksextremisten bevorzugte Arbeitsschwerpunkte bildete n . S o charakterisierte s i e d i e globalisierungskritische Bewegung als "kleinbürgerlich" und "reformistisch". 58 Junge Leute w i l l s i e gegen "Antiautoritarismus" einnehmen, da dieser "Disziplin und Kampfkraft der Jugend" lähme und zu Egoismus, Individualismus und Vandalismus führe. 59 Die Indoktrination der Mitglieder zur Förderung der "proletarischen" und zur Bekämpfung der "kleinbürgerlichen Denkweise" hielt an. Damit versucht die Parteiführung, selbst geringfügige Ansätze von "Abweichungen" in der MLPD zu verhindern. Die Partei beging im Juni den 20. Jahrestag ihrer Gründung aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands" (KABD). Im Mittelpunkt stand dabei der Personenkult um den KABDund MLPD-Begründer Willi Dickhut (1904-1992). Aus Anlass seines 10. Todestages richtete die MLPD im Mai eine mehrtägige Gedenkveranstaltung aus. Am Sitz der Partei in Gelsenkirchen wurde ein "Willi-Dickhut-Museum" eröffnet. 60 Bericht 2002 148 Linksextremistische Bestrebungen An der Bundestagswahl am 22. September beteiligte sich die MLPD entgegen ihrer bisherigen Praxis nicht. Als Begründung gab sie an, dass die Stärkung kämpferischer Massenbewegunge n i m Vordergrund stehe. Über den parlamentarischen Weg könne eine grundsätzlich e Veränderung der Lebensund Arbeitsbedingungen nicht erreich t werden. 61 So rief sie die Wähler zu einem "aktive n Wahlboykott" durch Ungültigmachen des Wahlzettels auf. Das einfach e Fernbleiben vo n d e r Wahl stelle keinen aktiven Boykott dar. 62 Für den "systematischen Parteiaufbau" wurden die Mitglieder zum wiederholten Male zur Spendensammlung aufgefordert. Das Ziel von 255.000 EUR wurde - für die Partei ungewöhnlich - um 70.000 EUR verfehlt. Dies sei "das erste Mal in der Geschichte der Partei, dass eine Spendenkampagne um 20 % unter ihrem Ziel abgeschlossen wurde". 63 Der nach eigenen Angaben mit rund 1.000 Mitgliedern bundesweit agierende und von der MLPD beeinflusste "Frauenverband Courage e . V" beharrte weiterhin auf seiner "Überparteilichkeit". So bezeichnete z . B. ein MLPD-Mitglied im "Frauenverband Courage e . V." die "überparteiliche Zusammenarbeit" mit der MLPD als "richtigen Schatz". Im Frauenverband könne man gemeinsam lernen, "über die Grenzen des kapitalistischen Systems hinaus zu denken und zu handeln". 64 Bemerkenswert blieben die internationalen Verbindungen der MLPD zu einem Zirkel maoistisch orientierter Parteien und Gruppen, die zum Teil am bewaffneten Kampf des maoistischen "revolutionären Volkskriegs" festhalten. Eine dieser Organisationen, die "Communist Part y o f the Philippines" (CPP) unter ihrem in Utrecht ansässigen Führer Jose-Maria SISON, wurde von der Europäischen Union auf die Liste terroristischer Organisationen gesetzt. 4. Trotzkistische Gruppen Bei den noch rund 1.700 (2001: ca. 2.350) organisierten Trotzkisten 65 setzte sich der Trend zur Aufspaltung ihrer Gruppen weite r fort. Ende 2002 waren 27 (2001: etwa 20) trotzkistische Zirkel und Zusammenschlüsse in Deutschland aktiv. Sie ordneten sich überwiegend einem der mehr als 18 internationalen trotzkistischen Dachverbände als deutsche Sektion zu. Linksextremistische Bestrebungen 149 Lediglich z we i von ihnen erreichten noch dreistellige Mitgliederzahlen. Als agilste trotzkistische Organisation in Deutschland er"Linksruck" wies sich weiterhin die Gruppe "Linksruck", deutsche Sektion des internationalen trotzkistischen Dachverbands "International Socialists" (IS; Sitz London). Jedoch führte eine - als Phänomen bislang nur in autonomen Kreisen bekannte - "Sexismusdebatte" Anfang des Jahres zu internen Auseinandersetzungen, in deren Folge die Mitgliederzahl drastisch zurückging. Ende 2002 dürfte "Linksruck" über maximal 500 (2001 : 1.200) Anhänge r verfügt haben. I m Verlauf des Jahres konzentrierte sich "Linksruck " - n a ch den Vorgaben des Dachverbandes IS - zunehmend auf den Ausbau einer "Antikriegsbewegung", die sich nach marxistischleninistischen Mustern ausschließlich gegen die Bekämpfung des Terrorismus durch d i e U S A u n d d i e NATO wandte. Die Organisation nutzte die Mitgliedschaft in der deutschen Sektion des internationalen Netzwerks ATTAC, um dort eine "Antikriegsorientierung" einzubringen. In deren Vordergrund stand die Agitation gegen eine militärische Intervention der USA und ihrer Verbündeten im Irak. Auch zum Palästinakonflikt bezog "Linksruck" eine "antiimperialistische", einseitig gegen Israel gerichtete Position und sprach sich für die Zusammenarbeit mit palästinensischen und islamistischen Organisationen aus. 66 Zu dieser von anderen Linksextremiste n wegen ihrer antisemitischen Implikationen heftig kritisierten Bündnisoption erklärte d i e G ruppe: "Für uns ist bei der Beurteilung von politischen Bewegungen nicht entscheidend, ob ihre Forderungen religiös oder säkular formuliert werden, sondern ob sie in der konkreten Situation Teil der Befreiungsbewegung gegen den Imperialismus sind (Bsp. Hamas in Palästina) ..." ("Linksruck-Argumente": Bushs Globaler Krieg, Berlin 2002, S. 9) Der zweitstärkste trotzkistisch e Verband, die "Sozialistische Alternative" (SAV), deutsche Sektion des trotzkistischen Dachverbandes "Committe e fo r a Workers' International" (CWI; Sitz London), verfügt über rund 350 (2001: ca. 300) Mitglieder in Bericht 2002 150 Linksextremistische Bestrebungen 27 Ortsgruppen und 12 s o g . Stützpunkten. Ihre Aktionsschwerpunkte setzte sie ähnlich w i e d i e konkurrierende Gruppe "Linksruck": Sie arbeitete b e i m Netzwerk ATTAC mit, konzentrierte sich aber im Jahresverlauf zunehmend auf den Aufbau einer Kampagne gegen einen Irak-Krieg unter dem Motto "Kein Blut für Öl". Das Organ der SAV, "Solidarität - Sozialistische Zeitung", verkündete, Widerstand müsse nicht nur dem US-Imperialismus geleiste t werden, sondern auch dem deutschen Imperialismus und Militarismus. 67 Als Träger der Kampagne setzt der Verband hauptsächlich auf seine Jugendorganisation "widerstand international! - wi!". Diese ist Teil der vom CWI organisierten "International Socialist Resistance" (ISR), die in mehreren europäischen Ländern aktiv ist. 68 SAV-Mitglieder unterstützen "wi!"-Gruppen beim Aufbau von "Anti-Kriegs-Gruppen" an Schulen und Hochschulen, dem hauptsächlichen Aktionsfeld der SAV. 5. "Rote Hilfe e . V." (RH) gegründet: 1975 Sitz: Göttingen (Geschäftsstelle) Mitglieder: über 4.300 (2001: über 4.000) Publikation: "Die Rote Hilfe " , vierteljährlich Die "Rote Hilfe e . V. " versteht sich als Solidaritätsorganisation, die Angehörige d e s gesamten linksextremistischen Spektrums politisch u n d finanziell (z. B. durch Zuschüsse zu Prozesskosten) unterstützt, wenn sie aus politischen Gründen straffällig geworden sind. Im Rahmen ihrer Möglichkeite n gewährt sie auch Ausländern, wie etwa Asylbewerbern , finanzielle Hilfe. Die Mitglieder verteilen sich auf knapp 40 Ortsgruppen und fünf Regionen in fast allen Bundesländern . D i e finanzielle Situation des Vereins, der durch Mitgliedsbeiträge und Spendengelder getragen wird, hat sich s tabilisiert. Interne Spannungen führten jedoch dazu, dass mehrere Bundesvorstandsmitglieder von ihren Ämtern zurücktraten. Aufgrund von Überlastung und internen Unstimmigkeiten erschien die Zeitschrift " D i e Rote Hilfe" erheblich verspätet in einer Doppelausgabe. Die Situation der Geschäftsstelle als Mittelpunkt und Linksextremistische Bestrebungen 151 Schaltzentrale des Vereins war Ende 2002 durch Mietvertragsprobleme ungewiss. Ein Schwerpunkt in der Agitation war die Kritik an "staatKritik an der licher Repression" gegenüber Demonstranten bei Gipfelkonfestaatlichen renzen wie dem G8-Gipfel in Genua, der Nato-SicherheitskonRepression!" ferenz in München oder dem EU-Gipfel in Brüssel. Für die bei diesen Ereignissen Festgenommenen richtete d e r Verein ein Spendenkonto ein. In mehreren Presseerklärungen sowie in der Zeitschrift " D i e Rote Hilfe" wurde das als brutal bezeichnete Vorgehen der Polizei gegen Demonstrante n thematisiert. Ein Solidaritätsaufruf zum "Internationalen Aktionstag gege n d i e Polizeibrutalität" am 20. Juli schloss mit der Parole: "Tödlich getroffen wurde Carlo Giuliani - gemeint ist aber die gesamte Linke ! Kampf der staatlichen Repression !" Solidaritätsbekundunge n i n Form von Presseund Protesterklärungen des Bundesvorstands galten u. a. wieder dem in den USA wegen Mordes zum Tode verurteilten ehemaligen "Black-Panther"-Mitglied Mumia Abu-Jamal und einer in der Schweiz inhaftierten mutmaßlichen ETA-Unterstützerin, die an Spanien ausgeliefert werden soll. V. Aktionsfelder 1. "Anti-Kriegsbewegung" Das Thema "Frieden" - Autonome bevorzuge n d i e Formulierung "Anti-Krieg" - blieb ein zentraler Anknüpfungspunkt linksextremistischer Agitation. Im Mittelpunkt stand dabei Kritik an der amerikanischen Regierung und ihren Verbündeten. Sie richtete sich besonders gegen die Bekämpfung des internationalen Terrorismus einschließlich angeblicher "Repression" nach innen und gegen eine militärische Intervention im Irak. Linksextremisten unterschiedlicher Richtungen nahmen den Besuch des amerikanischen Präsidenten am 22./23. Mai in Berlin zum Anlass, ihren Protest auf die Straße zu tragen. Marxistisch-leninistische, trotzkistische und sonstige r evolutionärmarxistische Zusammenschlüsse setzten dabei vornehmlich auf Bericht 2002 152 Linksextremistische Bestrebungen die Wirkung von überwiegend friedlichen Großdemonstrationen; Autonome forderten demgegenüber unverhohlen auch z u r G ewalt auf. So veröffentlichte das autonome Szeneblatt "INTERIM" 69 ein ganzseitige s Foto des Präsidenten, unterlegt mit dem Bild brennender Barrikaden und versehen mit der Parole "Kräftig auf den Bush klopfen!"; Aktivisten der trotzkistischen Gruppe "Linksruck" propagierte n a u f Stellschildern "Kriegstreiber unerwünscht". Über das Szene-Internetportal "Indymedia" riefen "local activists" zu sog. Volxsport 70 - Aktionen auf: "Eigentlich gibt es jeden Tag einen Grund und Anlass zum Volxsport. Für den ... Staatsbesuch von Georg e W. Bush in Berlin wollen wir jedoch ganz besonders zu dieser Art des Widerstandes aufrufen ... Mit unsere m Volxsport wollen wir für sein Unwohl sorgen und Bush-Junior die Abreise erleichtern, wie zuvor schon seinem Papa und dessen Vorgänger." Bereits im Vorfeld des Besuch s w a r e s z u gewaltsamen Aktionen gekommen: Am Morgen des 29. April verübte die "militante gruppe (mg)" (vgl. Kap. III, Nr. 1.3) einen Brandanschlag gegen einen Pkw auf dem Gelände einer DaimlerChrysler-Vertretung. Das Fahrzeug brannte völlig aus. In einer Selbstbezichtigung charakterisierten sich die Täter als "Teil des sich formierenden Widerstandes gegen den Besuch des Kriegstreibers Bush". A m 16. Mai deponierten unbekannte Täter in einer Filiale der Handelskette WalMart in Berlin-Neukölln zwei Brandsätze, die vor einer Entzündung entdeckt und entschärft wurden. Der Tat bezichtigten sich "autonome Gruppen": Sie sei eine Ergänzung zu den Proteste n gegen die "Bush-Visite". Am Geschäftsmodell der amerikanischen Supermarktkette könnten Strukturen herausgearbeite t werden, die beispielhaft für den "entfesselten kapitalistischen 'Zeitgeist'" seien. Im Mittelpunkt der Proteste s tanden Demonstrationen in Berlin am 21. und am 22. Mai, die das Bündnis "Achse des Friedens" angemeldet hatte. Mit diesem Bündnis wollten die Initiatoren überwiegend Linksextremisten aus dem traditionellen revolutionär-marxistischen Spektru m a n d i e E rfolge der "Friedensbewegung" der 80er Jahre anknüpfen. Linksextremistische Bestrebungen 153 Der Versuch misslang: An beiden Demonstrationen beteiligten sich lediglich rund 17.000 bzw. 20.000 Personen, darunter zahlreiche Linksextremiste n vor allem aus der DKP und aus trotzkistischen Gruppen, mehrere hundert Angehörige des autonomen Spektrums sowie Anhänger der PDS und des globalisierungskritischen Netzwerks ATTAC. Demonstrationsteilnehmer trugen Transparente m i t Aufschriften wie "Achse des Bö- s e n - Washington, Berlin, London, Paris", "Für die Profite der Reichen geht Bush über Leichen" und "Ein Funke führt zum Flächenbrand, Intifada in jedem Land". Nach d e m o ffiziellen Ende der Demonstration am Abend des 22. Mai wurden aus einer Gruppe von mehreren hundert , z u m Teil vermummte n Personen heraus Steine und Flaschen geworfen sowie Plakate und US-Flagge n verbrannt. Im weiteren Verlauf attackierten Gewalttäte r Polizeibeamte m i t Wurfgeschossen und warfe n Fensterscheiben an Bankfilialen Demonstration am und Kaufhäusern ein. 22. Mai in Berlin In der zweiten Jahreshälfte blieb der Aufbau einer "AntiKriegsbewegung" Mittelpunkt der Aktivitäten revolutionär-marxistischer Organisationen. Ihre Parolen verkürzten sich zumeist auf die Forderungen "Kein Krieg gegen Irak" und "No blood for oil". Dabei versuchte n s i e vermehrt, sich mit Gesinnungsgenossen in anderen westeuropäischen Ländern u n d i n d e n U S A z u koordinieren. 2. "Antifaschismus" und "Antirassismus" Der "Antifaschismus" blieb ein bedeutendes Aktionsfeld für An"Antifaschismus" hänger und Gruppierungen des Linksextremismus. Allerdings überlagerte n d i e gesamtgesellschaftlich e Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und Proteste demokratischer Organisationen die Aktivitäte n von Linksextremisten; dies erschwerte es ihnen, sich mit diesem Thema zu profilieren. Dabei zielt der "antifaschistische Kampf" von Linksextremisten nur vordergründig auf die Bekämpfung rechtsextremistischer Bestrebungen; er richtet sich letztlich gegen die freiheitlich verfasste demokratische Gesellschaft, die als "kapitalistisches System" diffamiert wird, in dem der Faschismus angeblich seine Wurzeln hat. Differenzen innerhalb der autonomen Bericht 2002 154 Linksextremistische Bestrebungen Szene über die Akzentuierung sowie Strategie und Taktik im Rahmen des "Antifaschismus" führten zu einem Rückgang des autonomen Potenzials bei Protestaktionen gege n Aufmärsche vo n Rechtsextremisten. Autonome Gruppierungen, die sich f ü r e i n e festere Organisierung und zugleich systematischere politische Arbeit einsetzen, forderte n verstärkt eine umfassende Kritik an dem "eigentlichen Hauptfeind", dem "bürgerlich kapitalistischen System", das die Faschisten hervorbringe. Es sei wichtig, dass sich Antifa-Arbeit niemals nur auf "Fascho Glatzen und Altnazis" reduziere. Die "Autonome Antifa (M)" in Göttingen behauptete i n e i- nem vo n i h r verbreiteten Flugblatt "Keine Revolution ist auch keine Lösung!": "Im gemeinsamen Ursprung aus der kapitalistischen Vergesellschaftung besteht dabei die Wesensverwandtschaft zwischen bürgerlicher Demokratie und Faschismus. Für die radikale Linke heißt das, dass ihr Gegner - unabhängig vo m Kampf gegen Nazis oder der Auseinandersetzung mit demokratischen RassistInnen - immer dieses System als Ganzes ist. Ein Ende des bürgerlichen Wahn-Sinns, von dem auch der Rassismus nur Symptom ist, ist nur durc h d i e Abschaffung der kapitalistischen Konkurrenzund Ausbeutungssituation möglich. Kapitalismus abschaffen!" Auch d i e Verfasser eines im Internet verbreitete n Aufrufs zu einer Demonstration am 3. Oktober in Leipzig sahen antisemitische bzw. rassistische Ideologien als "negative Konsequenz der kapitalistischen Vergesellschaftung" und distanzierten sich ausdrücklich von einem angeblich systemstabilsierenden staatlichen Antifaschismus. An der von der PDS angemeldeten und von autonomen Gruppen unterstützten Demonstration unter dem Motto "Es gibt nich t s z u feiern. Nie wieder Deutschland!", die sich gegen einen Aufzug des Hamburge r Neonazis Christian WORCH richtete, nahmen etwa 1.000 Personen, darunter bis zu 300 Linksextremisten, teil. Im Vorfeld hatten Militante einen mit Angehörigen der rechtsextremistischen Szene besetzten Zug mit Pflastersteinen beworfen und mehrere Scheiben zerstört . Nach der Demonstration kam es zu weiteren Ausschreitungen; etwa 50 Vermummte beschädigten Autos, zündeten Papiercontainer an und warfe n m i t Steinen die Scheiben einer Sparkasse ein. Linksextremistische Bestrebungen 155 Eher "traditionelle" Autonome sahen den Schwerpunkt ihrer Aktivitäte n weite r vorrangig im Kamp f gege n s o genannte Faschisten. Dabei suchten sie insbesondere anlässlich vo n Aufmärschen die direkte Konfrontation mit dem "politischen" Gegner auf der Straße. Ziel militanter Aktionen waren auch Einrichtunge n vo n Rechtsextremisten wie "Naziläden", Infostände oder Trefflokale. Im Rahmen sog. Recherchearbeit betrieben sie weiterhin für eigene Zwecke eine offensive " Aufklärung" der "Nazi"-Szene und schreckten nicht vor direkten Angriffen auf Angehörige der rechtsextremistischen Szene zurück. Nachfolgend Beispiele für militante Aktionen gege n Rechtsextremisten, die auf das Konto von Linksextremiste n gehen: A m 19. Januar störten Angehörige der linksextremistischen Szene, darunter etwa 10 0 Vermummte, in Magdeburg eine Kundgebung der NPD u. a . m i t Feuerwerkskörpern s owie massive n Steinwürfen. Ein Teilnehmer der NPD-Veranstaltung wurde von sech s vermummte n Personen angegriffen und schwe r verletzt. Eine "Antifaschistische zelle thorsten lamprecht" schrieb dazu in einer Magdeburger Szenepublikation: "wir haben den nazi-aufmarsch am 19.1.2002 durch stadtfeld auf der harsdorfer-str. mit einem pyro u n d s teinen angegriffen. wir verstehen unsere aktion als militanten beitrag zu den vielfältigen antifaschistischen aktivitäten an diesem tag." ("Sündenbock" Nr. 17) Am 9. März gingen in Barsinghausen (Niedersachsen) gewaltbereite Linksextremisten massiv - z. T. in Kleingruppen - gegen eine Demonstration und einen Infostand der NPD vor. Die u. a. aus Hamburg und Bremen angereiste n Störer warfen Flaschen und Steine und versuchten, Polizeisperren zu durchbrechen. Die "Antifaschistische Aktion Hannover" (AAH) schrieb in einer im Internet verbreiteten "Nachlese" zu den Störaktionen: "Hinter dieser Demokratie steht der Kapitalismus, der die Faschisten dann benötigt, wenn seine eigene Existenz in Frage gestellt ist ... Für uns gibt es nur eine Antwort: Eine kraftvolle antifaschistische Demonstration weit ab von deutscher Zivilgesellschaft! Zusammen kämpfen! Für das Ende kapitalistischer Gewalt!" Bericht 2002 156 Linksextremistische Bestrebungen Auch d i e folgende Straftat dürfte von Linksextremisten begange n worden sein: Am 8. September setzten unbekannte Täter in Berlin einen Lautsprecherwagen der NPD in Brand, der in der verschlossenen Garage einer Autowerkstatt eines Berliner NPDFunktionärs geparkt war. Ein "autonomes antifa team in gedenken an silvio meier 71 und alle anderen opfer faschistischen terrors" bezichtigte sich, diesen Anschlag verübt zu haben: "10 jahre nach dem pogro m vo n rostock lichtenhagen und dem mord an dem antifaschisten silvio meier ist es weiterhin richtig und wichtig, faschisten und ihre infrastruktur direkt anzugreifen. gleichzeitig gilt unser kampf natürlich auch den verhältnissen aus denen heraus menschen bereit sind faschistische denkstrukturen anzunehmen." ("INTERIM" Nr. 5 5 6 vo m 12. September 2002) "Antirassismus" Im Zusammenhang mit dem Thema "Antirassismus", der für den konsequenten Linksextremisten mit der Bekämpfung des Kapitalismus als dessen wesentlicher Grundlage verbunden ist, wurden erhebliche Differenzen ausgetrage n . Z u d e r Auseinandersetzung kam es wegen der inhaltlichen Gestaltung des seit 1998 jährlich im Sommer stattfindenden "antirassistischen Grenzcamps" zwischen den in der Grenzcampbewegung vertretenen autonomen Gruppen und Zusammenschlüssen. Migrantengruppen forderten, stärke r i n d i e Vorbereitungen eingebunden zu werden und bei der Ausgestaltung des Camps ihre speziellen Anliegen mehr zu beachten. Vertreter autonomer Gruppen lehnten dies ab, weil damit radikale, systemkritische, auch über eine streng antirassistische Thematik hinausgehende Forderungen nich t genügend berücksichtigt würden. 72 So wirkten lediglich b e i d e r Ausrichtung des "5. Antirassistischen Grenzcamps" vo m 12 . b i s 19. Juni in Jena (Thüringen) Teile der autonomen antirassistischen Szene mit Migrantengruppen zusammen. Andere autonome Zusammenschlüsse richtete n vo m 14. bis 24. August in Hamburg ein "Aktionscamp gegen autoritäre Linksextremistische Bestrebungen 157 Formierung" mit den Schwerpunktthemen "Rechtspopulismus, Innere Sicherheit und Kriminalisierung" aus; an diesem Camp nahmen nur wenige Migrante n teil. Darüber hinaus fand vo m 3 . b i s 11. August in Cottbus (Brandenburg) ein im Wesentlichen von Frauen/Lesbengruppen ausgerichtetes "Crossover Sommercamp" statt, bei dem feministische Aspekte des Rassismus thematisiert wurden. Keines dieser Camps erreichte d i e Teilnehmerzahl und das öffentliche Interesse des 2001 i n Kelsterbach bei Frankfurt a m Main ausgerichteten "4. Antirassistischen Grenzcamps". Nach Beendigung der Camps setzte zögernd eine kritische Nachbereitung unter dem Motto "Vielfalt oder Zersplitterung?" 73 ein. Für das Jahr 2003 und danach wurde ein "abgestimmteres vorgehen" oder eine "sinnvolle koordination und kooperation" gefordert , wenn eine Einigung über inhaltliche Schwerpunkte nicht mehr erreich t werden könne. 74 Im Rahmen der Antirassismuskampagne verübten autonome Gruppen auch klandestine militante Aktionen gegen Infrastruktureinrichtungen der - aus ihrer Sicht - "rassistischen und imperialistischen Flüchtlingspolitik" oder Einrichtungen von Firmen, die als Teil der "Abschiebemaschinerie" benannt werden (vgl. Kapitel III, Nr. 1. 2 u n d 1.3). 3. Kampagne von Linksextremisten gegen Kernenergie Unverhohlen machte n gewaltbereite Linksextremiste n i m Vorfeld vo n CASTOR-Transporten den Charakter ihres Widerstandes gegen die friedlich e Nutzung der Kernenergie deutlich: "Wi r wehre n u n s i m Wendland nicht nur gegen die Castortransporte, sondern auch gegen Atomkraft im Allgemeinen und die bestehenden Herrschaftsverhältnisse, die sich in dieser Auseinandersetzung widerspiegeln." ("INTERIM" Nr. 2 5 8 vo m 10. Oktober 2002, S. 11) In einem weiteren Aufruf hieß es unmissverständlich: Bericht 2002 158 Linksextremistische Bestrebungen "Wi r verstehen den Kampf gegen den Atomstaat als Teil des Kampfes gegen das bestehende System. Gerade angesichts des dauerhaften Kriegszustandes halten wir es für notwendig, jede Gelegenheit zu nutzen, um das Hinterland unruhig zu machen. Wir haben keine Wahl! Wir müssen den Atomausstieg selber in die Hand nehmen. Direkte Aktionen sind möglich, Widerstand kann praktisch werden. Hau wech den Scheiß!" ("INTERIM" Nr. 2 5 9 vom 24. Oktober 2002, S. 23) Im Jahr 2002 sollte - n a ch Absicht der unterschiedlich m o- tivierten Anti-Atom-Initiativen, darunter auch linksextremistisch orientierte - im Rahmen einer "Transporte-Stopp-Kampagne - TRAINSTOPPING 2002" der "Widerstand gege n d i e Nuklearindustrie" intensiviert und neue Schwerpunkte - wie die Transporte in die Uran-Anreicherungs-Anlage ( UAA) in Gronau (Nordrhein-Westfalen) - gesetzt werden. Die von den Initiatoren kalkulierte Mobilisierung blieb jedoch weit hinter den Erwartungen zurück . D e n Auftakt der Kampagne bildeten Aktionen gegen die "Jahrestagung des Atomforums" in Stuttgart ( 14 . b i s 16. Mai), die bei relativ geringe r Teilnehmerzahl weitgehend friedlich verliefen. Eine im Verlauf von Aktionstage n geplante Blockade eines Urantransportes zur Gronauer UAA kam nicht zustande. Als Abschluss der Kampagne waren die Proteste gegen den CASTOR-Transport von der Wiederaufarbeitungsanlage ( WAA) La Hague (Frankreich) ins Brennelementezwischenlager Gorleben (Niedersachsen) vo m 11. b i s 14. November konzipiert. Anders als in den vergangenen Jahren wurde dieser CASTORTransport nich t n u r i m Wendland, sondern auch in anderen Abschnitten der Transportstrecke durch Ankettaktionen zum Teil erheblich behindert . Polizeibeamte wurden massiv angegriffen, Einsatzfahrzeuge demoliert und ein BGS-Hubschrauber mit Signalmunition beschossen. Verglichen mit den Transporte n d e r Vorjahre nahmen jedoch deutlich weniger Angehörige der autonomen Szene an den Widerstandsaktionen teil; die Militanz war signifikant rückläufig. Auch die bereits 2001 propagierte Vernetzung mit antikapitalistischen Anhängern u n d G ruppierungen der "Anti-Globalisierungsbewegung" kam über erste Ansätze auf regionaler Ebene nicht hinaus. Linksextremistische Bestrebungen 159 Mit einem gewaltbereite n Störerpotenzial im Rahmen der Anti-Atom-Bewegung ist jedoch weiter zu rechnen. So wurde im autonomen Szeneblatt "INTERIM" - nach nicht unrealistischen Hinweisen auf Probleme der Kampagne - folgendes Resümee gezogen: "Der Widerstand ist für die Gegenseite wieder unberechenbarer geworden. Die eingelöste Parole vom nicht ruhigen Hinterland könnte für die Bullen bei den nächsten Castortransporten zum Albtraum werden: noch nie wurde der Castor bereits weit vo r d e m Wendland so lange aufgehalte n . . . Die Mobilisierungsfähigkeit des Widerstands ist last but not least ungebrochen." ("INTERIM" Nr. 5 6 2 vom 5. Dezember 2002, S. 8 f.) 4. Entwicklung der "Anti-Globalisierungsbewegung" Gewaltexzesse militanter linksextremistischer Globalisierungskritiker am Rande internationaler Gipfelveranstaltungen wiederholten sich im Jahr 2002 nicht. Aktuelle "Globalisierungsproteste" hatte n geringeren Zulauf und verliefe n weitgehend friedlich. Die Gründe hierfür liegen zum einen in den von den Sicherheitsund Justizbehörden entwickelten wirksamen Abwehrstrategien gegen reisende linksextremistische Gewalttäter: hohes Maß an polizeilicher Präsenz, Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit, temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen und nachhaltige gerichtlich e Verfolgung von Randalierern. Zum anderen wurde selbst in Teilen des autonomen Lagers Kritik an "hirnloser Militanz" geäußert. Innerhalb der nach w i e vor außerordentlich heterogen zusammengesetzten "Anti-Globalisierungsbewegung" arbeiten Linksextremiste n weiter aktiv, z u m Teil mit wesentlichem Einfluss, mit. Unter ihnen dominieren inzwischen revolutionär-marxistische Organisationen und Parteien, vor allem orthodox-kommunistischer oder trotzkistischer Ausrichtung sowie von ihnen beeinflusste Vorfeldorganisationen. Die Aktivitäten eher spontan organisierte r Netzwerke, autonomer Zusammenschlüsse, Bericht 2002 160 Linksextremistische Bestrebungen fluktuierender gewaltbereiter "Szenen" und anarchistischer "affinity groups" waren hingegen rückläufi g . Zwei aus Sich t von Linksextremisten besonders bedeutende Gipfeltreffen, der NATO-Gipfe l a m 21./22. November in Prag und der Abschlussgipfel während der dänischen EU-Präsidentschaft vo m 12. bis 14. Dezember in Kopenhagen, konnten ohne nennenswerte Störungen stattfinden. Das Interesse deutscher Linksextremisten an den überwiegend friedlichen Protestkundgebungen blieb vergleichsweise gering. Die Globalisierungskritiker ihrerseits organisierten unter maßgeblicher Hilfe i talienischer Kommunisten das "1. E u- ropäische Sozialforum" (ESF) vo m 6 . b i s 10. November in Florenz. Es wurde aus der Sich t globalisierungskritischer Linksextremisten zum unbestrittenen "Top-Event" des Jahres: Über 25.000 Teilnehmer aus 105 Ländern - d a runter lediglich 1.000 Deutsche - diskutierten in mehreren hundert Workshops über die Auswirkunge n d e r s o genannten neoliberalen Globalisierung und über Perspektiven zu ihrer Überwindung. An einer im Rahmen des ESF durchgeführten Anti-Kriegsdemonstration beteiligten sich a m 9 . November - bei friedlichem Verlauf - etwa 450.000 Personen. Die trotzkistische Gruppe "Linksruck" kommentierte begeistert: "Wi e weit links die Aktivisten der Bewegung in Italien stehen, wurde immer wieder an der Euphorie deutlich, wenn in den Meetings das Wort Revolution fiel, oder an den Palästinafahnen in den Gewerkschaftsblöcken. Eine neue Generation von Antikapitalisten befruchtet sich in Italien mit wiedererwachenden Altlinken." ("Linksruck-Notizen", 12. November 2002) Derartige Dimensionen sind innerhalb Europas - das zeigte n d i e verschiedenen internationalen Mobilisierungen im Jahresverlauf - lediglich i n I talien zu erreichen. Mit schon deutlichem Abstand folgen Spanien und Frankreich; dort konnte sich ebenfalls eine recht breite globalisierungskritische Bewegung etablieren. In Deutschland hingegen fand die Anti-Globalisierungsbewegung weiterhin kaum Aufmerksamkeit; von einem Massenphänomen kann keineswegs gesprochen werden. Die größte globalisierungskritische Organisation, das Netzwerk ATTAC (Association pour une taxation des transactions financieres pour l'aide aux citoyens), hat in ihrer deutschen Sek- Linksextremistische Bestrebungen 161 tion 10.000 Mitglieder, darunte r z u m Teil miteinander konkurrierende linksextremistische Kräfte, insbesondere Trotzkisten unterschiedlicher Ausrichtungen. Rückläufig stellte sich hingegen die Bedeutung gewaltbereite r Autonomer innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung in Deutschland dar. Waren sie 2001 noch b e i s chweren Gipfelkrawallen - insbesondere in Göteborg - unrühmlich in Erscheinung getreten, so ging von ihnen im Jahr 2002 keine nennenswerte Mobilisierung aus. VI. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Verlage , Vertriebe und periodische Publikationen Im Jahr 2002 verbreitete n ü b e r 3 0 Verlage u n d VertriebsVerlage, Vertriebe dienste im Bereich des Linksextremismus Zeitungen, Zeitund periodische schriften und Bücher. Die Gesamtzahl der von diesen VerlaPublikationen ge n u n d Vertriebsdiensten herausgegebenen periodischen Publikationen (über 220) sowie die Gesamtauflage von nahezu acht Millionen Exemplaren hat sich gegenüber 2001 n u r u n- wesentlich verändert. 2. Internet Linksextremisten nutzen das Internet zur offenen InformatiInternet onsverbreitung und Dokumentation und bauen Strukturen auf, die der Vernetzung der Szene dienen sollen. Mailboxsysteme werden - als geschlossene Netzwerke - f ü r d e n i n ternen Informationsaustausch genutzt. Fast alle linksextremistischen Organisationen sowie autonome Gruppen sind im Internet vertreten. Nahezu das gesamte linksextremistische Publikationsangebot ist im Internet abrufbar. Für die Szene von Bedeutung sind insbesondere die im Bereich d e s " World Wide Web" (WWW) vorhandenen Informationsportale wie "nadir", "Partisan.net" oder die "LINKE SEITE"; Bericht 2002 162 Linksextremistische Bestrebungen auch d e r Umgang mit E-Mail sowie Mailinglisten und Diskussionsforen ist selbstverständlich geworden. Informationen zu aktuellen Themenschwerpunkte n werden zunehmend über das von Linksextremiste n verstärkt genutzte "indymedia.de" verbreitet. 75 Bei dem deutschen Internetportal "Indymedia" handelt es sich um den seit März 2001 aktiven Ablege r d e s weltweit agierenden Netzwerkes selbsternannter "unabhängiger Medienzentren" (independent media center). Seit März 2002 ist das neue Internetportal "sandimgetriebe" als gemeinsame Webseite d e r G ruppen "Antifa Saar", "BASIS" und "Subversiv!" im Internet vertreten. Eine Selbstdarstellung verdeutlicht exemplarisch die Zielsetzung derartiger Informationsportale: "Wir halten es für wichtig, im Internet präsent zu sein, da wir einerseits denken, dass linke Positionen überall zu finden sein müssen und andererseits denken, dass wir so mehr Menschen mit möglichst vielen Informationen erreichen können, ist das Internet doch eines der wichtigsten Medien. Wa s w i r wollen, ist aber auch Gegeninformationen liefern, also Informationen, die nicht immer mit dem mainstream und der öffentlichen, bürgerlichen Berichterstattung Hand in Hand gehen. Kurz, wir wollen auch in diesem öffentlichen Raum präsent sein und wie unser Name schon sagt, wollen wir Sand im Getriebe sein. Das bedeutet, dass wir gezielt eine Gegeninformation betreiben wollen, zu Themen wie Krieg, Faschismus, Rassismus, Patriarchat/Sexismus, politische Gefangenschaft usw. Die Homepage soll aber nicht nur für die Besucher/innen nützlich sein, sondern auch für die Gruppen, die sie gestalten und bearbeiten. Für uns ist sie ein weiterer Schritt, uns gemeinsam zu organisieren und inhaltlich zu diskutieren." Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 164 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern I. Überblick Auch 2 0 0 2 gefährdeten extremistisch e u n d terroristische Ausländergruppierungen in unterschiedlicher Intensität die innere Sicherheit Deutschlands. Zur herausragenden Bedrohung für die internationale Staatengemeinschaft hat sich der islamistisch e Terrorismus entwickelt. Die Anschläge a m 11. April auf Djerba (Tunesien) und a m 12. Oktober auf Bali (Indonesien) verdeutlichten erneut die Dimension der Bedrohung auch deutscher Interessen durch i s- lamistisch motivierte Terroristen. Islamistische Islamistisch e Terrorgruppen, die vorgeben, den "Jihad" als Positionen bewaffneten Kamp f z u r Verteidigung des Islam zu führen, haben den USA und anderen westlich orientierte n Staaten den Krieg erklärt . Aus ihrer Sicht sind die USA Sinnbild und Ursache für "Dekadenz" und "Unmoral" der westlichen Kultur und Lebensweise. Sie werfe n d e n U S A ferner weltweite s Vormachtstreben, Einmischung in die Angelegenheiten muslimischer Staaten und einseitige Parteinahme zugunsten Israels vor. Außerdem betrachten sie die USA als Träger der aus ihrer Sich t westlich geprägten Globalisierung. Notwendigkeit und Berechtigung für den gewaltsamen "Jihad" (wörtlich: [innerer Kampf], Anstrengung oder heiliger Krieg) gege n vom "wahren" Glauben Abgefallene und "Ungläubige" leiten die Ideologen und Führer militanter islamistischer Organisationen aus dem Koran und den überlieferte n Aussprüchen und Anweisungen des Propheten Mohammed her. Das Ziel des "Jihad" ist nach Überzeugung der Kämpfer, der "Mujahedin", mit der weltweiten Herrschaft des Islam erreicht. Um den aus islamistischer Sicht negative n westlichen Einfluss in den muslimischen Ländern zurückzudrängen, streben einige islamistisch e Terrorgruppen wie die "Al-Qaida" (Die Basis) und die mit ihr weltweit kooperierenden "Arabischen Mujahedin" an, zunächst die auch militärische Präsenz der USA in muslimischen Ländern zu beenden. Um d i e s z u e rreichen, schrecken sie auch vo r Terroranschlägen außerhalb des muslimisch geprägte n Kulturraums nicht zurück. Die Mehrzahl der im Bundesgebiet vertretenen islamistischen Ausländergruppierunge n verfolgt als vorrangiges Ziel, westlich orientierte Regime in den Herkunftsländern durch ein auf die Scharia gegründetes islamistisches Staatsund Gesellschaftssystem zu ersetzen. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 165 Einige islamistische Gruppierungen, darunter solche, die sich - wie die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) - als Interessenvertrete r größerer Teile der etwa drei Millionen Muslime in Deutschland sehen, verfolgen dagegen eine breiter angelegte Strategie. Zwar wollen auch sie die Herrschaftsverhältnisse in den Herkunftsländern zugunsten islamistischer Staatswesen ändern, daneben streben sie aber Raum für die Entwicklung islamistischer Positionen auch i n Deutschland an. Sie sind der Auffassung, dass mit der Scharia ein auf göttliche Sendung gegründete s Regelwerk für alle Lebensbereiche die - private n w i e d i e gesellschaftlich e n - vorgegeben sei, das zur Ausübung des "wahren" Islam unverzichtbar sei. Dementsprechend versuchen diese Organisationen, ihren Anhängern in Deutschland Freiräume für ein Schariakonformes Leben zu schaffen. Islamiste n vertreten die Ansicht, dass sich s taatliche Gesetzgebung und hoheitliches Handeln nicht auf den Willen des Volkes und auf Mehrheitsentscheidunge n gründen, sondern allein von Allah hergeleite t werden könne, dessen Wille sich i m Koran als alleinige, für alle geltende Wahrheit offenbart habe. Dieser Absolutheitsanspruch kollidiert m i t grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie insbesondere der Volkssouveränität, dem Mehrheitsprinzip oder dem Recht auf Bildung und Ausübung parlamentarischer Opposition. Die Bedrohung auch deutscher Interessen durch "Arabische Gewalttätiger Mujahedin", zum Teil eingebunden in die von Usama BIN LAJihad DEN gegründete Terrororganisation "Al-Qaida" (Die Basis), hält trotz des Einsatzes militärischer Mittel in Afghanistan und weltweiter polizeilicher Fahndungsmaßnahmen an. Neben terroristische Aktivitäten trat in den letzten Monaten eine zunehmende Zahl drohender Verlautbarunge n B I N LADENs und anderer gewalttätiger Islamisten in seiner Gefolgschaft . Warnungen richteten sich u . a . gegen Großbritannien, die USA, Frankreich, Italien, Kanada, Australien, Russland und Deutschland. Der Militäreinsatz der Anti-Terror-Koalition in Afghanistan hat zwar zur Zerstörung und nachhaltigen Beeinträchtigung von Infrastruktur und Kommunikationsverbindunge n vor Ort sowie zu erheblichem Druck a u f verbliebene Strukturen der "Al-Qaida", "Arabischer Mujahedin" und der Taliban geführt, diese aber noch nicht handlungsunfähig gemacht. Bericht 2002 166 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern "Al-Qaida"-Angehörige und andere Mujahedin versuchen in andere Regionen wie z. B. Pakistan, Iran, den Norden des Irak oder Tschetschenien auszuweichen. Terroranschläge und Zwei Ereignisse im Frühjahr - der Terroranschlag auf die Festnahmen Synagoge auf Djerba (11. April) und Exekutivmaßnahmen in mehreren deutschen Städten (23. bis 26. April) - haben gezeigt, dass das Netzwerk der "Arabischen Mujahedin" und die verbliebenen Strukturen der "Al-Qaida"-Organisation auch eine nachhaltige Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland darstellen. Bei dem Anschlag in Tunesien, zu dem sich die "Al-Qaida" bekannt hat, starben 21 Menschen, darunte r 14 deutsch e Touristen; weitere 24 Menschen wurden zum Teil schwe r verletzt. Im Rahmen von Ermittlunge n gegen arabische Islamisten durchsuchte n d i e Polizeibehörden im April 23 Objekte i n m e h- reren deutschen Städten und nahmen zwölf Personen vorläufi g fest; von denen sich Ende 2002 nur noch e i n Te i l i n Untersuchungshaft befand. Die Maßnahmen richteten sich gegen eine Struktur "Arabischer Mujahedin", die von einer Person außerhalb Deutschlands geführt wird und die eng mit der Organisation "Al-Qaida" verbunden ist. In den Medien findet sich für diese Gruppierung auch die Bezeichnung "Al Tawhid" (Die Einheit Gottes). Den bisherigen Erkenntnissen zufolge plante d i e G ruppe Anschläge gegen israelische bzw. jüdische Einrichtungen in Deutschland. Bei Terroranschläge n a m 12. Oktober auf eine Diskothek und ein Cafe im Badeort Kuta auf der indonesischen Insel Bali starben mehr als 200 Menschen, darunter sechs Deutsche; mehr als 330 Menschen, darunter zehn Deutsche, wurden zum Teil schwe r verletzt. Indonesisch e u n d westliche Sicherheitsbehörden machten bereits kurz nach den Anschlägen Anhänge r d e r Terrororganisation "Al-Qaida", unterstützt von örtlichen Gruppierungen, für die Anschläge verantwortlich. Ins Blickfeld geraten ist die indonesische "Jemaah Islamiyah" (JI), die über Verbindungen zum "Al-Qaida"-Netzwerk verfügt. Am 26. Oktober beendete n russische Spezialeinheiten eine Geiselnahme in einem Moskauer Theater, i n d e m t s chetschenische islamistische Kämpfer ca. 700 Besucher in ihre Gewalt gebracht hatten. Die Geiselnehmer, aber auch mehr als 100 der Geiseln kamen zu Tode. Bei einem weiteren Bombenanschlag am 28. November auf Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 167 ein hauptsächlich von Israelis besuchtes Hotel in Mombasa (Kenia) starben 16 Menschen, drei Israelis, zehn Kenianer und die drei Attentäter. R u n d 8 0 Personen wurden zum Teil schwe r verletzt. Ein nahezu zeitgleich durchgeführter Raketenangriff auf die Maschine einer israelischen Charterfluggesellschaft kurz nach d e m Start vom Flughafen Mombasa schlug fehl. Kenianisch e u n d westliche Sicherheitsbehörden machten auch für diesen Anschlag Mitglieder von "Al-Qaida", unterstützt durch die somalische Gruppierung "Al Ittihad Al Islamiya" (AIAI), verantwortlich. Der erneut eskalierte Nahost-Konflikt hatte auch AuswirNahost-Konflikt kungen auf die Bundesrepublik Deutschland. Anhänger der libanesischen "Hizb Allah" (Partei Gottes) und der "Islamischen Widerstandsbewegung" (HAMAS) setzten ihre Agitation gegen Israel und für die "Befreiung der heilige n Stätten des Islam" in Jerusalem fort. Der Bundesminister des Innern h a t a m 5. August den in Aachen ansässigen Spendenverein "AL-AQSA e. V. " verboten, weil er die HAMAS finanziell unterstützt hat. Eine parallel zu der Entwicklung im Nahen Oste n verlaufende Radikalisierung zeichnete sich unter palästinensischen Zuwanderern in Deutschland nicht ab. Gleichwohl kam es im April und Mai sowie anlässlich d e s 2 . Jahrestages der "Al-AqsaIntifada" (28. September) auch in Deutschland wieder vermehrt zu anti-israelischen Demonstrationen von Palästinensern und Gruppierungen der deutschen und ausländischen Palästina-Solidaritätsszene, die bis auf wenige Ausnahmen störungsfrei verliefen. Der Bundesminister des Innern h a t m i t Verfügung vo m 16. "Kalifatsstaat" September 16 weitere Teilorganisationen der bereits am 12. Dezember 2001 verbotenen Organisation "Kalifatsstaat" in den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz verboten. Beim Vollzug des Verbots am 19. September wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt und Vereinsvermögen beschlagnahmt. Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) IGMG setzte ihre Bestrebunge n fort, den Mitgliedern e i n S charia-konformes Leben in Deutschland zu ermöglichen, und intensivierte zugleich ihre Bemühungen, sich als auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehende Organisation rechtstreuer Muslime in Deutschland darzustellen. Bericht 2002 168 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Die Spaltung der ehedem von der IGMG unterstützten, in der Türke i verbotenen "Tugend-Partei" ("Fazilet-Partisi", FP) in die islamistische "Partei der Glückseligkeit" ("Saadat-Partisi", SP) und die nach eigenem Bekunden reformbereite "Gerechtigkeitsund Entwicklungspartei" (AKP) blieb nicht ohne Auswirkung auf die IGMG. Schon vo r d e n Wahlen zur türkischen Nationalversammlung im November, verstärkt aber mit dem Wahlerfolg der AKP - sie errang die absolute Mehrheit -, schränkten IGMG-Mitglieder und Anhänger ihre Unterstützung für diese Organisation ein. Linksextremistische Ideologische Basis der verbliebenen linksextremistischen Positionen Ausländergruppierungen, in der Mehrzahl handelt es sich u m türkische Organisationen, sind marxistisch-leninistische Anschauungen, einige haben auch maoistische Ideen adaptiert. Alle linksextremistischen Gruppierungen treten für die "revolutionäre Zerschlagung" der in ihren Heimatländern bestehenden Gesellschaftsordnungen ein, um dort sozialistische bzw. kommunistische Systeme zu errichten. Die meisten dieser Gruppen betreiben auch "antiimperialistische" Agitation, die sich vor allem gegen die USA richte t . Bei einige n Ausländergruppierungen (insbesondere kurdischen und tamilischen Ursprungs) hat die ehemals linksextremistisch e Ausrichtung an Bedeutung verloren. Stattdessen sind ethnisch motivierte Autonomieund Unabhängigkeitsbestrebunge n i n d e n Vordergrund getreten. Türkische linksDie Aktivitäten türkischer linksextremistischer Organisatioextremistische nen in Deutschland haben weiter nachgelassen. Nachdem am Organisationen 28. Mai der seit Oktober 2000 in türkischen Haftanstalten durchgeführte Hungerstreik gege n d i e Verlegung "politischer Gefangener" aus Großraumgefängnissen in Einzelzellen auf Veranlassung der meisten beteiligten Organisationen abgebrochen wurde, ebbten auch diesbezügliche Proteste in Deutschland weitgehend ab. PKK/KADEK Die in Deutschland verbotene "Arbeiterparte i Kurdistans" (PKK) hat auf ihrem im Frühjahr im irakischen-iranischen Grenzgebiet durchgeführten 8. Parteikongress beschlossen, ihre Aktivitäten unter der Bezeichnung PKK einzustellen und fortan als "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) aufzutreten. Dieser soll die nach eigenem Bekunden auf friedlichen Ausgleich mit der Türke i gerichtete Politik fortsetzen und sich für die kulturellen Rechte d e r Kurden einsetzen; ein eigener Kurdenstaat werde nicht angestrebt. Die Anfang Au- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 169 gust vom türkischen Parlament mit dem Ziel des Beitritts zur Europäischen Union beschlossenen Reformgesetze (u. a. wurde die Todesstrafe in Friedenszeiten abgeschafft ) werden vom KADEK grundsätzlich begrüßt. Im Gefolge dieser Gesetze hat ein türkisches Staatssicherheitsgerich t a m 3 . Oktober die gegen den Generalvorsitzenden des KADEK, Abdullah ÖCALAN, verhängte Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Ideologische Richtschnur nationalistischer AusländergrupNationalistische pierungen, auch hier stehen Zuwanderer aus der Türkei im Positionen Vordergrund, ist ein übersteigerte s Nationalbewusstsein, das die Nation sowohl politisch-territorial als auch e thnisch-kulturell als höchste n Wert ansieht und dementsprechend Interessen und Rechte anderer Völker negiert . D e r Wert des Menschen bemisst sich f ü r Nationalisten aus der Zugehörigkeit zur eigenen Nation bzw. Rasse. Die Verschiedenartigkeit der Menschen wird als Verschiedenwertigkeit verstanden. Solche ideologische Orientierung ist unvereinbar mit fundamentalen Menschenrechte n u n d verstößt gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Anhänger extremistischer iranischer OppositionsgruppierunIranische gen agitierte n weiterhin gegen die Herrschaftsverhältnisse in Oppositionsgruppen der Islamischen Republik Iran. Separatistische Organisationen aus Südasien wie die "LibeAsiatische ration Tige r s o f Tamil Eelam" (LTTE) sowie Organisationen von Separatisten Sikhs, die für einen unabhängige n Staat Khalistan auf dem Gebiet Indiens eintreten, konzentrierten sich weiterhin auf propagandistische Aktivitäten sowie die Beschaffung von Geldmitteln. II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotenzial 1 2002 waren in Deutschland 69 (2001: 65) sicherheitsgefährdende bzw. extremistisch e Ausländerorganisationen aktiv. Das Mitgliederund Anhängerpotenzial dieser Organisationen ging nach Jahren erstmals leicht zurück a u f 5 7.350 (2001: 59.100). Verluste hatte nicht nur die im Dezember 2001 mit einem Verbot belegte türkische islamistische Organisation "Kalifatsstaat". Auch die türkische islamistische "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) sowie die PKK/KADEK verloren Mitglieder; die Abwärtsentwicklung bei den türkischen Bericht 2002 170 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern linksextremistischen Organisationen hielt ebenfalls an. Mit 30.600 (2001 : 31.950) Personen haben die islamistischen Organisationen weiterhin die zahlenmäßig größte Anhängerschaft. Mitgliederstärkste Organisation blieb trotz Einbußen mit ca. 26.500 (2001: ca. 27.500) die IGMG. Das Mitgliederpotenzial von linksextremistischen oder linksextremistisch-geprägten Ausländergruppierungen ging weite r a u f 17.850 (2001 : 18.250) zurück. Die Anhängerschaft des KADEK reduzierte sich auf 11.500 Mitglieder (2001 : 12.000). Das Mitgliederpotenzial nationalistischer Ausländergruppierungen blieb mit 8.900 Personen weitgehend unverändert. Der Anteil extremistischer Ausländer an der ausländischen Wohnbevölkerung (rund 7,3 Millionen) liegt wie seit Jahren unter einem Prozent. Mitgliederpotenzial extremistischer Ausländerorganisationen1) Staatsangehörigekit Linksextremisten Extreme Islamisten Gesamt bzw. Nationalisten Volkszugehörigkeit Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Kurden 2) 2002 22 11.850 22 11.850 2001 22 12.350 22 12.350 2000 22 12.400 22 12.400 Türken2) 2002 12 3.650 1 8.000 5 27.300 18 38.950 2001 12 3.950 1 8.000 5 28.650 18 40.600 2000 12 4.250 1 7.800 6 28.150 19 40.200 Araber 2002 4 150 14 3.150 18 3.300 2001 4 150 12 3.100 16 3.250 2000 4 150 12 3.100 16 3.250 Iraner 2002 2 1.300 1 50 3 1.350 2001 1 900 1 100 2 1.000 2000 1 900 1 100 2 1.000 Sonstige 2002 2 900 4 900 2 100 8 1.900 2001 2 900 4 900 1 100 7 1.900 2000 2 900 4 950 1 100 7 1.950 Summe 2002 42 17.850 5 8.900 22 30.600 69 57.350 2001 41 18.250 5 8.900 19 31.950 65 59.100 2000 41 18.600 5 8.750 20 31.450 66 58.800 1) Die Zahlenangaben beziehen sich auf Deutschland und sind zum Teil geschätzt und gerundet. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass den Verfassungsschutzbehörden nicht zu allen 57.350 Personen individuelle Erkenntnisse vorliegen. Dies folgt schon daraus, dass die Verfassungsschutzbehörden hauptsächlich einen Strukturbeobachtungsauftrag haben; umfassende personenbezogene Erkenntnisse zur gesamten Mitgliedschaft der beobachteten Organisationen sind dafür nicht erforderlich. 2) Seit 1997 werden hier auch mit Verbot belegte Gruppen gezählt. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 171 2. Extremistisch motivierte Strafund Gewalttaten aus dem Bereich des Ausländerextremismus * Extremistisch motivierte Strafund Gewalttaten aus dem Bereich d e s Ausländerextremismus bilden eine Teilmenge des Phänomenbereichs "Politisch motivierte Ausländerkriminalität". Dem Phänomenbereich " Politisch motivierte Ausländerkriminalität" wurden 845 (2001: 1.020) Straftaten, hiervo n 103 (2001: 144) Gewalttaten, zugeordnet. In diesem Bereich wurden 573 (2001 : 511 ) Straftaten mit extremistischer Motivation, darunter 61 (2001: 84) Gewalttaten, erfasst. Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Ausländerkriminalität" 1) Gewalttaten: 2001 2002 Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 4 Körperverletzungen 30 20 Brandstiftungen 2 2 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 0 Landfriedensbruch 14 7 Gefährliche Eingriffe in Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 4 1 Freiheitsberaubung 1 8 Raub 2 2 Erpressung 20 16 Widerstandsdelikte 9 1 gesamt 84 61 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 40 22 Nötigung, Bedrohung 34 23 Andere Straftaten 353 467 gesamt 427 512 Straftaten insgesamt 511 573 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Übersicht enthält - mit Ausnahme der Tötungsdelikte - vollendete und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Ist zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich eine Körperverletzung begangen worden, so erscheint nur die Körperverletzung als das Delikt mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. * Zum Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität" (PMK) und zu den "Politisch motivierten Strafund Gewalttaten" vgl. Kap. II, Nr. 2 . 1 u n d 2 . 2 i m Berichtsteil "Rechtsextremistische Bestrebungen". Bericht 2002 172 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus dem Bereich "Politisch motivierte Ausländerkriminalität" 1) [ in den Ländern ] 16 Berlin 32 Baden15 Württemberg 14 Nordrhein11 Westfalen 1 9 Bayern 14 4 Niedersachsen 1 2 Hamburg 2 1 Bremen 4 1 Hessen 4 1 Saarland 3 1 Sachsen 2 Rheinland- 0 Pfalz 2 Sachsen- 0 Anhalt 2 0 Thüringen 2 Schleswig- 0 Holstein 1 0 Brandenburg 0 Mecklenburg- 0 Vorpommern 0 2002 2001 1) Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA). Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 173 III. Ziele und Aktionsschwerpunkte einzelner Gruppen 1. Araber 1.1 "Arabische Mujahedin" (Kämpfer für die Sache Allahs) / "Al-Qaida" (Die Basis) "Arabische Mujahedin" Entstehungszeit: Anfang der 80er Jahre i n Pakistan/Afghanistan Mitglieder/Anhänger: keine gesicherten Zahlen "Al-Qaida" (Die Basis) gegründet: Mitte der 80er Jahre Leitung: Usama BIN LADEN Mitglieder/Anhänger: keine gesicherten Zahlen Die "Arabischen Mujahedin" bilden keine Organisation im klassischen Sinne. Mit diesem Begriff bezeichnen westliche Sicherheitsbehörden vielmehr ein über den Raum der islamischen Länder hinaus angewachsenes Netzwerk panislamisch orientierter militanter Islamisten, überwiegend arabischer Herkunft, dessen Kern die kleine Kaderorganisation Usama BIN LADENs "Al-Qaida" (Die Basis) bildet. "Arabische Mujahedin" Paramilitärische haben zumeist paramilitärische und ideologisch e UnterweiAusbildungslager sungen in Lagern für die Heranbildung muslimischer Glaubenskrieger u. a. in Afghanistan oder Pakistan erhalten; viele haben auch a n K a mpfeinsätzen in Afghanistan, in Bosnien oder in Tschetschenien teilgenommen. Hieraus entstandene persönlich e Kontakte bilden das verbindende Element innerhalb des Mujahedin-Netzes, dessen Angehörige aber auch Verbindungen zu regionalen islamistischen Organisationen, z. B. in den Ländern Nordafrikas, in Ägypten, Jordanien oder dem Libanon, unterhalten oder herstellen können. In Videobotschaften und Internet-Verlautbarunge n verbreiFeindbilder ten "Arabische Mujahedin" Feindbilder, in denen die USA und USA und Israel Israel primären Rang einnehmen. Die USA seien Sinnbild für "Dekadenz" und "Unmoral" westlicher Kultur und Lebensweise. Außerdem seien die USA Agitator einer westlich geprägten Globalisierung. Dieses Feindbild verfestigte sich während des zweiten Golfkriege s 1991, a l s e i n e größere Zahl US-amerikanischer und anderer Truppen aus westlichen Ländern in SaudiBericht 2002 174 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Arabien stationiert wurde. Nach Auffassung BIN LADENs und anderer Islamisten in seiner Umgebung betraten damit "Ungläubige" den Boden des Landes, in dem sich die wichtigsten heilige n Stätten des Islam befinden. Israel wird als zionistischer Besetzer und Unterdrücker der muslimischen Palästinenser dargestellt. Au s taktischen Gründen wurden auch andere westliche Staaten in unterschiedlichen Erklärunge n i n d e r Vergangenheit vereinzelt als angeblich e Feinde des Islam herausgestellt. Grundsätzlich fallen die westlichen Staaten auch ohne besondere Nennung als Verbündete d e r U S A i n s Feindbildspektrum der "Arabischen Mujahedin". Sie sind im Stereotyp der "Kreuzfahrer" eingeschlossen. Dieser Begriff findet sich in fast jeder Veröffentlichung von "Al-Qaida" oder ihrem Umfeld. Zusätzlich umfasst das Feindbild der "Arabischen Mujahedin" auch d i e Regierungen der meisten islamischen Staaten. Ihre Verweigerung der Bekämpfung der USA und Israels und der Einführung einer "muslimischen" Ordnung, macht sie in den Augen der "Arabischen Mujahedin" zu bloßen Marionetten der USA. Der Zusammenbruch d e s Taliban-Regimes in Afghanistan zwang dort "Al-Qaida"-Angehörige und andere Mujahedin nach Pakistan und in den Iran, aber auch auf die arabische Halbinsel, nach Südostasien, Tschetschenien oder in den Nord-Irak auszuweichen. Damit war eine einheitliche Führung der Bewegung durch Usama BIN LADEN und dessen Stellvertreter Dr. Ayman AL-ZAWAHIRI deutlich erschwert, aber nicht unterbunden. Andere "Al-Qaida"-Funktionäre, die bereits in der Vergangenheit als Planer und Organisatoren terroristischer Aktionen fungiert hatten, setzten ihre Aktivitäte n kontinuierlich fort. Terroranschläge Auch im Jahr 2002 forderte n terroristische Aktionen der "Arabischer "Arabischen Mujahedin"/"Al-Qaida" zahlreiche Menschenleben; Mujahedin" s o a m 11. April, als bei einem Anschlag gegen die "La Ghriba"-Synagoge auf Djerba (Tunesien) 21 Menschen, darunte r 14 deutsche Touristen, getötet wurden. Der folgenschwerste Anschlag, dem mehr als 200 Menschen zum Opfe r fielen, wurde am 12. Oktober auf Bali verübt. Weitere mutmaßlich diesem Phänomenbereich Anschlag am 12. Oktober auf Bali zuzurechnende Anschläge richteten sich Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 175 gegen eine Gruppe französischer Techniker und Ingenieure in Karachi (Pakistan), gegen einen französischen Tanke r vor der jemenitischen Küste s owie gegen US-Soldate n i n Kuwait. Auch der Anschlag am 28. November auf ein überwiegend von israelischen Touristen besuchtes Hotel in Mombasa sowie der parallel durchgeführte , fehlgeschlagene Raketen-Anschlag auf eine startende, mit 260 israelischen Passagieren besetzte Chartermaschine vom Flughafen Mombasa werden dem "AlQaida"-Netzwerk zugerechnet. Zu den wichtigsten Organisatoren terroristischer Aktionen Planer/ Organisatozählt der Kuwaiti pakistanischer Herkunft Khalid SHEIKH MOren terroristischer HAMED *, der für "Al-Qaida" die Anschläge a m 11. September Aktionen 2001 i n d e n U S A geplant haben soll. Er war nach bisherigen Ermittlungen auch in den Anschlag auf Djerba eingebunden. Der Attentäter war, s o konnte e rmittelt werden, auch mit einem zum Islam konvertierten deutschen Staatsangehörigen bekannt, der sich längere Zeit in Afghanistan in Einrichtungen der "Al-Qaida" aufgehalten hatte. Als weiterer Planer terroristischer Aktionen wurde der Jordanier Ahmed Nazzal Fadhil AL-KHALALIYAH alias "Abu Mosab Al-Zarqawi" bekannt, der ebenfalls eng mit der "Al-Qaida" verbunden ist. AL-KHALALIYAH führte vo n Aufenthaltsorten im Nahen und Mittleren Osten ein Mujahedin-Netz u. a. in der Bundesrepublik Deutschland, dessen Angehörige sich mutmaßlich mit der Anwerbung weiterer Kämpfer, der Beschaffung und Verfälschung vo n Personaldokumenten sowie der Beschaffung technischer Geräte (z. B. Mobil-/Satellitentelefone, Nachtsichtgeräte e tc.) befassten. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Angehörigen dieses Netzes auf Weisung AL-KHALALIYAHs mit der Planung terroristischer Anschläge auf jüdische bzw. israelische Einrichtungen in Deutschland begonnen hatten. Der Generalbundesanwalt erwirkte am 23./24. April die Festnahme von insgesamt zwölf Verdächtigen in Deutschland. Gegen vier Angehörige der im Dezember 2000 in FrankFestnahmen und Verfurt a m M a i n festgenommenen, von dem algerischen Staatsurteilungen angehörigen Mohamed BEN SAKHRIA alias "Meliani" geführten "Mujahedin"-Gruppe wurden Freiheitsstrafen zwischen zehn und zwölf Jahren verhängt. Das OLG Frankfurt am Main sah es als erwiesen an, dass sie für Ende Dezember 2000 einen * Khalid SHEIKH MOHAMED wurde am 1. März 2003 in Pakistan festgenommen. Bericht 2002 176 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Sprengstoffanschlag in Straßburg (Frankreich ) geplant und vorbereitet hatten. Im Rahmen der Ermittlungen zu den Anschläge n a m 11. September 2001 in den USA wurde im Oktober 2002 der mit befristete r Aufenthaltserlaubnis in Deutschland lebende Marokkaner Abdelghani MZOUDI festgenommen. Dieser steht ebenso wie der Marokkaner Mounir EL-MOTASSADEQ, der am 19. Februar 2003 vom Hanseatischen OLG in Hamburg zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde, in Verdacht, die Attentäte r vom 11. September 2001 von Deutschland aus unterstützt zu haben. Beide hatten im Jahr 2000 eine Ausbildung in einem "Al-Qaida"-Camp in Afghanistan erhalte n . A m 11. September 2002 - ein Jahr nach den Anschlägen in den USA - wurde in Karachi (Pakistan) der jemenitisch e Staatsangehörige Ramzi BINALSHIB festgenommen, der ebenfalls zum Umfeld der zuvor in Hamburg wohnhafte n Attentäter zu zählen ist. Er wurde alsbald Festnahme von R. BINALSHIB nach seiner Festnahme von den Behörden in am 11. September in Pakistan Pakistan an die USA ausgeliefert. Ermittlungen zu den Aufgrund der Aussage n festgenommener Mujahedin hat Anschlägen sich mittlerweile ein deutlicheres Bild vo n d e r Vorbereitung vom 11. September der Terroranschläge in den USA ergeben. Demnach sind meh2001 rere der späteren Attentäter aus Hamburg Ende der 90er Jahre zu einer Mujahedin-Ausbildung in Afghanistan motiviert worden und Ende 1999/Anfang 2000 auch nach Afghanistan gereist. Dort fanden sie die Aufmerksamkeit hochrangiger "AlQaida"-Funktionäre, darunter auch Khalid SHEIKH MOHAMED, der bereits mit Planungen für Anschläge in den USA befasst war. Die Mujahedin-Anwärter aus Hamburg wurden auch Usama BIN LADEN vorgestellt und versicherten ihre Bereitschaft zum "Jihad". Nach der Rückkehr aus Afghanistan im Frühjahr 2000 beantragten vier dieser Personen, die sich nicht in islamistischen Organisationen in Deutschland betätigt haben, die Einreise und Aufenthaltserlaubnis für die USA. Drei von ihnen erhielten ein Visum und begannen dort mit einer Flugausbildung und weiteren Erkundunge n z u r Vorbereitung der Terroranschläge im September 2001. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 177 1.2 Ägyptische islamistische Gruppen "Al-Gama'a al-Islamiyya" (GI) (Islamische Gemeinschaft) gegründet: 1971 in Ägypten Leitung: Shura, beste h e n d a u s 8 b i s 10 Personen; die meiste n d avon außerhalb Ägypte n s Mitglieder/Anhänger: nur Einzelne "Jihad Islami" (JI) (Islamischer Heiliger Krieg) gegründet: 1973 in Ägypten Leitung: Shura, beste h e n d a u s 8 b i s 10 Per sonen; die meiste n d avon außerhalb Ägyptens Mitglieder/Anhänger: nur Einzelne Eine kleine Zahl von Mitgliedern und Funktionären sowohl der GI als auch des JI hält sich seit Jahren in Deutschland auf und steht von h i e r i n Verbindung zu Gesinnungsgenossen in anderen europäischen Ländern und im Herkunftsland. Von der GI, die zuletzt im November 1997 Anschläge auf ausländisch e Touriste n i n Luxo r verübt hatte, gingen im Jahre 2002 keine Gewaltakte aus. Die Organisation hielt sich a n ihre 1999 öffentlich verbreiteten Erklärungen, sowohl bewaffnete Operationen innerund außerhalb Ägyptens einzustellen als auch westliche Interessen und ausländisch e Touristen nicht mehr anzugreifen. Anstelle des bewaffneten Jihad solle durch Lehre und Vorbild der Weg zu einer wahrhaft islamischen Gesellschaft geebnet werden. Innerhalb ihres Führungsgremiums, der Shura, in dem über die Zweckmäßigkeit dieser Linie lange diskutiert wurde, scheint sich d a s Konzept einer gewaltlosen Bekämpfung des ägyptischen Staates mit dem Ziel der Errichtung einer islamistischen Ordnung ebenso durchgesetzt zu haben wie unter den in europäischen Ländern, u. a. in Deutschland, ansässigen Mitgliedern und Funktionären. Die Organisation JI ist in zwei Lager zerfallen. Während sich ihr langjähriger Führer, D r. Ayman AL-ZAWAHIRI, mit einem Teil der Mitglieder schon 2001 der "Al-Qaida" des Usama BIN LADEN (vgl. Nr. 1.1) angeschlossen hat, versucht das Shura-Mitglied Tharwat SHEHATA mit Anhängern in Ägypten Bericht 2002 178 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern und außerhalb eine von "Al-Qaida" unabhängige Organisation aufzubauen, deren Aktionsfeld auf Ägypte n konzentriert bleiben soll. Welchem dieser Lager oder anderen Mujahedin sich JI-Mitglieder und Anhänger in Deutschland und anderen europäischen Ländern anschließen werden, ist noch nicht erkennbar. 1.3 Algerische islamistische Gruppen "Front Islamique du Salut" (FIS) "Islamische Heilsfront" gegründet: 1988 in Algier, 1989 in Algerien als Partei zugelassen, seit 1992 dort verboten Februar 2000: Selbstauflösung des bewaffnete n A rms (AIS) der FIS Leitung: Vorsitzender der "Exekutivinstanz der F I S i m Ausland" bis zum 4. August 2002 Rabah KEBIR, Vorsitzender des "Koordinationsra t s d e r F I S i m Ausland" bis zum 4. August 2002 Dr. Mourad DHINA Mitglieder/Anhänger: ca. 350 (2001: ca. 400) Publikationen: "Al-Ribat" (Das Band/Die Verbindung), wöchentlich "Groupe Islamiqu e A rme" (GIA) "Bewaffnete Islamische Gruppe" gegründet: 1992 in Algerien Leitung: Rachid UKALI Mitglieder/Anhänger: In den Zahlen der FIS enthalten. "Groupe salafiste pour la Predication et le Combat" (GSPC) "Salafiyya-Gruppe für die Mission und den Kampf" gegründet: Ende 1997 in Algerien als Abspaltung von der GIA, seit Anfa n g 1999 unte r d e m Namen GSPC Leitung: Hassan HATTAB alias Abou HAMZA Mitglieder/Anhänger: In den Zahlen der FIS enthalten. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 179 Die Anhängerschaft d e r F I S i m Ausland hat sich in den letzten Jahren in zwei rivalisierende Flüge l gespalten. Rabah KEBIR - langjähriger Leiter der "Exekutivinstanz der F I S i m Ausland" (IEFE) - verfolgte seit längerem von Deutschland aus einen gemäßigt nationalen Kurs, der mehr und mehr auf Dialog und Verständigung mit der algerischen Regierung setzte. Diese Haltung wird von einem Teil der FIS-Anhänger im Ausland rigoros abgelehnt. Sie stehen dem algerischen Regime weiterhin trotz der bisherige n Verständigungsangebote und der Zulassung auch neuer islamischer Parteien unversöhnlich gegenüber und sprechen der IEFE die Befugnis ab, die FIS außerhalb Algeriens zu vertreten. So entstand als "Gegenorganisation" der "Koordinationsrat der FIS im Ausland" (C.C.FIS), zuletzt angeführt von dem in der Schweiz lebenden Dr. Mourad DHINA. Nach fast dreijährige r Vorbereitungsphase fand am 3. und "Europakongress" 4. August in Belgien ein "Europakongress" statt, dominiert von am 3. und Anhängern der C.C.FIS, mit dem der langjährige Konflikt der 4. August beiden FIS-Auslandsflügel beigelegt werden sollte. Die Teilnehmer beschlossen die Auflösung der beiden Führungsgremien zugunsten einer noch zu wählenden neuen "Exekutivinstanz der FIS im Ausland" und einigten sich auf ein aktualisiertes Parteiprogramm sowie ein von der C.C. FIS eingebrachtes "Manifest der FIS über Gerechtigkeit und Frieden in Algerien". Danach sollten die Initiatoren des Militärputsches von 1992 zur Verantwortung gezogen und der damalige Wahlsieg der FIS in Algerien anerkannt werden. Die Wahl einer neuen "Exekutivinstanz" kam bisher allerdings nicht zustande. Der "Europakongress" stieß auch bei FIS-Funktionären in Algerien auf erhebliche Kritik. So distanzierten sich die FISFührer Ali DJEDDI und Kamal KAMAZI in einer Presseerklärung vo m 7. August vo n d e r Veranstaltung und bezeichnete n d i e Kongressteilnehmer als unqualifizierte, ohne Mandat handelnde "Clique". Auch die Zukunft der FIS in Algerien erscheint zunehmend ungewiss. Die beiden angesehensten Funktionäre Ali BELHADJ und Abassi MADANI stehen seit Jahren unter Hausarrest. Mitglieder und Anhänge r d er F I S wenden sich o ffensichtlich z u- nehmend anderen, nich t verbotenen islamistischen Parteien Bericht 2002 180 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern und Bewegungen wie der "Bewegung für die Nationale Erneuerung" ("Mouvement pour le Renouveau National"/MRN) unter Führung von Abdallah DJEBBALAH zu. Bei den algerischen Parlamentswahlen im Mai stellte die MRN vielerorts ehemalige Funktionsträger der FIS auf und wurde zur stärksten Kraft innerhalb des islamistischen Lagers. Terroristische Aktivitäten in Algerien entfalten nach wie vor die GIA und die von ihr abgespaltene GSPC. Letztere bekundete in mehreren Kommuniques ihre unversöhnliche Gegnerschaft zum algerischen Regime und kündigte weitere Anschläge i n A l gerien wie auch gege n westlich e Staaten an. 1.4 "Muslimbruderschaft" (MB) / Islamische Zentren gegründet: 1928 in Ägypten Leitung: Ma'moun AL-HUDAIBI in Ägypten Mitglieder/Anhänger: c a . 1.200 (2001 : c a . 1.200) Publikationen: "Risalat ul-Ikhwan" (Rundschreiben der Bruderschaft), "Al-Islam" mit "Al-Islam aktuell" (Der Islam), "Ar-Raid" (Der Kundschafter) Die 1928 in Ägypte n gegründete islamistisch e M B i s t i n n a- hezu allen arabischen Staaten sowie in Ländern, in denen arabische Muslime leben, verbreitet. Die Organisation betrachtet die Mehrzahl der Regime in der muslimischen Welt als unislamisch und strebt über die Einflussnahme in religiösen, gesellschaftlichen und politischen Bereichen deren Umgestaltung in Staaten islamistischer Prägung nach ihrer Interpretation des Koran und nach d e r S charia an. Diese seien als Rechtsquellen jeder geschriebenen Verfassung überlegen: "Denn der Koran und das in ihm enthaltene Gesetz schöpfen ihre Hoheit nicht aus Urteilen der Justiz, sondern daraus, dass es sich bei ihnen um Offenbarung und göttliche Eingebung handelt." 2 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 181 Für Anhänger der MB ist eine Trennung vo n Religion und Staat nicht hinnehmbar: "Säkularität mag in christlichen Gesellschaften akzeptiert sein, aber sie wird nie eine breite Akzeptanz in einer islamischen Gesellschaft finden. Dem Christentum fehlt es an einer umfassenden Regelung des Lebens wie der Scharia, die für die Gläubigen verpflichtend ist ... Der Ruf nach Säkularität unter den Muslimen bedeute t Atheismus und Zurückweisung des Islam. Ihre Anerkennung als Gesetzesgrundlage anstelle der Scharia bedeute t Abfall vom Glauben." 3 Die ideologischen Positionen der MB haben zur Herausbildung auch zahlreicher militanter islamistischer Organisationen geführt, wie u. a. der algerischen "Islamischen Heilsfront" (vgl. Nr. 1.3), der tunesischen "En Nahda" (Bewegung der Erneuerung), der ägyptischen Organisationen "Al-Gama'a al Islamiyya" (Islamische Gemeinschaft) und "Jihad Islami" (Islamischer Jihad) - vgl. zu beiden Nr. 1. 2 - s owie der palästinensischen "Islamischen Widerstandsbewegung" (HAMAS; vgl. Nr. 1.5.1). Die in Deutschland mitgliederstärkste Organisation von MBAnhängern, die "Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V." (IGD) mit Sitz in München, bemüht sich u m d i e Ausweitung eines Netzes von MB-beeinflussten Islamischen Zentren und Moscheegemeinden. Bei ihren Freitagsveranstaltunge n gehörten die "Intifada" Rolle der IGD und das israelisch e Vorgehen in den teilautonomen palästinensischen Gebieten zu den Diskussionsschwerpunkten. An den pro-palästinensischen Demonstrationen Mitte April in zahlreichen deutschen Städten beteiligten sich auch Anhänger der IGD. In einem Gespräch mit einer Zeitung 4 distanzierte sich der im Frühjahr gewählte neue IGD-Präsident Ibrahim ELZAYAT vo n Aufrufe n z u m gewaltsamen "Jihad", die zuvo r von Vertretern mehrerer islamistischer Organisationen, darunter auch der ägyptischen MB, unterzeichnet und im Internet verbreite t worden waren 5; er befürwortete u . a. den Boykott israelischer Produkte. Bericht 2002 182 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 1.5 Islamistische Gruppen aus dem Nahen Osten 1.5.1 "Islamische Widerstandsbewegung" (HAMAS) gegründet: Anfa n g 1988 im Gazastreifen/heutiges Palästinensisch e s Autonomiegebiet Leitung: Scheich A h m a d YASSIN (geistlicher Führer); Auslandsführung (Sitz: Damaskus/ Syrien) Mitglieder/Anhänger: ca. 300 (2001: ca. 250) Nach d e m Ausbruch der ersten Intifada im Dezember 1987 sammelten sich Anhänger der islamistischen "Muslimbruderschaft" (MB) innerhalb der palästinensischen Bevölkerung um Scheich Ahmad YASSIN und gründeten Anfang 1988 die HAMAS 6 (Islamische Widerstandsbewegung). Hauptziel der HAMAS ist die Errichtung eines islamistischen Staates a u f d e m gesamten Gebiet Palästinas auch durch den bewaffneten Kampf. Entsprechend dieser Zielsetzung verübten Mitglieder der HAMAS bzw. ihrer "Issedin-el-Kassem"-Brigaden 7 zahlreich e folgenschwere Terroranschläge in Israel und in den palästinensischen Gebieten - insbesondere Selbstmordattentate s o genannter Märtyrer. Die etwa 300 Anhänger der HAMAS in Deutschland sind nich t i n e i n e feste Organisationsstruktur eingebunden. Im Frühjahr beteiligten sich HAMAS-Anhänger an Demonstrationen, u. a. in Dortmund, Frankfurt am Main und Düsseldorf, die sich gegen das militärisch e Vorgehen Israels in den palästinensischen Gebieten richteten. Bei einer Demonstration am 21. Mai in Berlin anlässlich des Besuchs des amerikanischen Präsidenten wurden Fahnen der HAMAS geschwenkt und Parolen wie "Sharon-Bush-Terroristen" skandiert. Der Bundesminister des Innern h a t a m 5 . August den in Aachen ansässigen HAMAS-nahen Spendenverein "Al-Aqsa e. V. " verboten. Der Verein sammelte Spenden u. a . f ü r d i e Unterstützung von "Märtyrerfamilien", einschließlich d e r Familien von Selbstmordattentätern. Er leitete Gelder an Einrichtungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 183 i n d e r Westbank bzw. im Gaza-Streife n weiter, d i e d e r H A- Verbot des MAS zugerechnet werden können. Der "Al-Aqsa e. V." begünsSpendenvereins tigte damit Selbstmordattentäter. "Al-Aqsa e. V." Im Rahmen des Verbotsvollzuges wurden größere Geldbeträge a u f Konte n d e s Vereins beschlagnahmt. Der Verein hat Klage gege n d a s Vereinsverbot eingereicht. 1.5.2 "Hizb Allah" (Partei Gottes) gegründet: 1982 im Libanon Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 800 (2001: 800) Publikationen: u. a . " A l A h d " (Die Verpflichtung), wöchentlich Nach w i e vo r verfolgt die von iranischer Seite beeinflusste und materiell unterstützte "Hizb Allah" ihre politischen Interessen nicht nur im libanesischen Parlament, sondern auch mittels ihres militärischen Arms "Al Moquawama Al Islamiya" (Islamischer Widerstand). Im Rahmen einer zu Jahresbeginn in Beirut durchgeführte n Tagung muslimischer Geistlicher unterstrich Generalsekretär Hassan NASRALLAH aus seiner Sicht die "Rechtmäßigkeit militärischer Operationen" gegen den "Feind Israel" und den Willen zur Unterstützung des "palästinensischen Befreiungskampfes". Als Beispiel für ihren Erfolg im Kamp f gegen Israel sieht die "Hizb Allah" den Rückzug der israelischen Armee aus dem Südlibanon im Mai 2000. Ihre Anhänge r feierten den Jahrestag dieses Ereignisses wie im Jahr 2001 in mehreren deutschen Städten als "ruhmreichen" Kampf des militärischen Arms der "Hizb Allah". Erstmals sei es einer islamischen Widerstandsbewegung gelungen, den Mythos der Unbesiegbarkeit Israels zu zerstören. "Hizb Allah"-Anhänger in Deutschland befürchteten auch im Jahr 2002 aufgrund der Auswirkunge n d e r Terroranschläge vo m 11. September 2001 i n d e n U S A Z i e l von Maßnahmen der Sicherheitsbehörden zu werden. Bericht 2002 184 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Die Besucherzahlen in den Moscheen und Gebetsstätten, die unmittelbar nach d e m 11. September 2001 deutlich zurückgegangen waren, blieben weiterhin auf niedrigem Niveau. Diskussionen über die politische Linie der "Hizb Allah" verlagerten sich aus den Moscheen in kleinere Zirkel in Privatwohnungen. Diskutiert wurde innerhalb der Organisation die Errichtung eines "Hizb Allah"-Zentrums für Deutschland in Berlin als Ersatz für die bisher genutzten, allerdings als unzureichend angesehenen Räumlichkeiten; zu einer Konkretisierung der Pläne ist es im Jahr 2002 nich t gekommen. Erneut beteiligten sich auch zahlreiche Anhänger der "Hizb Allah" an der einst von KHOMEINI initiierten Demonstration zum "al-Qods"-Tag (Jerusalem-Tag) am 30. November in Berlin mit etwa 1.000 Teilnehmern. 1.5.3 "Hizb ut-Tahrir al-Islami" (HuT) gegründet: 1953 in Jordanien Leitung: Abdel Qadim ZALLOUM Mitglieder/Anhänger: c a . 150 Publikationen: "Al-Khilafa" (englisch/arabisch), "Hilafet" (türkisch), "Explizit" (deutsch/niederländisch), "Al-Waie" (arabisch) Betätigungsverbot: seit 15. Januar 2003 Die "Hizb ut-Tahrir al-Islami" (HuT) wurde 1953 von dem Journaliste n Taqi ud-Din AN-NABHANI, einem vormaligen Mitglied der "Muslimbruderschaft" (MB), in Jordanien gegründet. Die pan-islamische, auf die Gesamtheit der Muslime (Umma) ausgerichtete B ewegung lehnt die auf den Fortbestand muslimischer Nationalstaaten bezogene Linie der MB ab. Erklärte Ziele der HuT sind die Auslöschung des Staates Israel, die "Befreiung" der muslimischen Welt vo n westlichen Einflüssen sowie die Wiedereinführung des Kalifats und der Scharia als Voraussetzungen einer "islamischen Ordnung". Stützpunkte der Organisation (sog. wilayat, Bedeutung: Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 185 Verwaltungsbezirke bzw. Provinzen) befinden sich nach Darstellung der Organisation u. a . i n folgenden Ländern: Ägypten, Sudan, Jordanien, Kuwait, Syrien, Türkei, Kirgisistan, Usbekista n u n d Tadschikistan. In Deutschland trat die HuT vorwiege n d i n Universitätsstädten durch d i e Verbreitung von Flugblättern und Zeitschriften in Erscheinung. Diese enthalten regelmäßig antijüdische, antiisraelische oder antiwestlich e Positionen. Außerdem wird die Unvereinbarkeit von Demokratie und "islamischer Ordnung" behauptet: "Es gibt nämlich einen wesentlichen Aspekt, der den Islam mit der Demokratie unvereinbar macht ... In der Demokratie ist also der Mensch der Gesetzgeber. Er legt die Gesetze selber fest, nach denen er sein Leben gestalten möchte . Aus islamischer Sicht steht die Gesetzgebung jedoch allein dem Schöpfer zu, von dessen Existenz wir rational überzeugt sind ... Beide Anschauungen - die islamische wie die westliche - sind so unterschiedlich, dass sie sich nicht vermischen lassen." ("Explizit" Nr. 30, März - Juni 2002) Am 27. Oktober fand in der TU Berlin eine VortragsverVortragsanstaltung zum Thema "Der Irak - ein neuer Krieg und die veranstaltung Folgen" statt, auf der der Mitherausgeber der der HuT zuam 27. Oktober in der TU Berlin zurechnenden Zeitschrift "Explizit", Shaker ASSEM, als Referent auftrat. Die Veranstaltung hatte u . a . wegen der Anwesenheit des NPD-Parteivorsitzenden Udo VOIGT und des seinerzeitigen NPD-Mitglieds Horst MAHLER ein breites Medieninteresse gefunden. Offe n forderte die HuT den Einsatz von Gewalt gegen Israel: "Als Muslimen muss uns klar sein, dass das Problem 'Israel' für uns keine Grenzfrage, sondern eine Existenzfrage ist. Dieser zionistische Fremdkörper im Herzen der islamischen Welt darf unte r keinen Umständen bestehen bleiben. Der gesamte Boden Palästinas ist ... Eigentum der islamischen Umma ... Die Lösung: der Jihad ... Allah Der Erhabene befiehlt: Und tötet sie, wo immer ihr sie zu fassen bekommt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben!" Bericht 2002 186 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Der Bundesminister des Innern hat mit Wirkung vo m 15. Januar 2003 ein Betätigungsverbot gegen HuT erlassen, u. a. weil sie sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. 2. Türken (ohne Kurden) 2.1 Türkische Islamisten 2.1.1 "Kalifatsstaat" gegründet: 1984 in Köln Sitz: Köln Leitung (bis zum Verbot): Metin KAPLAN Anhänger: 800 (2001 : c a . 1.100) Publikation: "Beklenen ASR- I SAADET" (Das erwartete Jahrhundert d e r Glückseligkeit), wöchentlich; D.I.A. (Der Islam als Alternative), monatlich Organisationsverbot: seit 12. Dezember 2001 Die in Deutschland verbotene Organisation "Kalifatsstaat" (Hilafet Devleti), vormals "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln" (ICCB), unter der Führung ihres selbsternannten "Emir der Gläubigen und Kalif der Muslime", Metin KAPLAN, propagierte den Jihad zur Beseitigung des laizistischen türkischen Staates. An dessen Stelle müsse ein islamisches Staatswesen auf der Grundlage d e r S charia errichtet und langfristig die weltweite Herrschaft des Islam erreich t werden. Demokratie, Parlamente und Parteienpluralismus seien generell abzulehnen, da mit islamischen Glaubensgrundsätzen unvereinbar. Trotz des Verbots, das im Dezember 2001 zunächst die Zentrale in Köln und 19 ö rtlich e Vereine als Teilorganisationen betraf und mit Verfügung des Bundesministers des Innern vo m 19. September auf 16 weitere Teilorganisationen ausgedehnt wurde, versuch t e i n Teil der Mitglieder, organisierte Zusammenhänge aufrechtzuerhalten. Die bisherige , gege n d i e westlich e Staatsund Gesellschaftsordnung sowie gegen die Türkei, den Staat Israel und gegen die Juden gerichtete Agitation wird, wenn auch mit geringerer Intensität, vo m Ausland aus fortgesetzt. In einer Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 187 Nachfolgepublikation der ebenfalls im Dezember 2001 verbotenen Schrift "Ümmet-i Muhammed" (Die Gemeinde Mohammeds) hieß es u. a.: "Wi r werden jeden als Feind betrachten, der sich der Scharia Allahs widersetzt, der mit menschlichen Ideologien sympathisiert, der gegen die Offenbarungskultur Widerstand leistet, der nicht akzeptiert, dass die Herrschaft uneingeschränkt bei Allah liegt, der sagt, dass die Herrschaft 'beim Volk' liegt. Wi r werden bis zum Sieg oder Märtyrertod geduldig sein, indem wir uns auf den Feind vorbereiten!" ("Beklenen ASR- I SAADET" Nr. 19 vom 8. Mai 2002) Überdies verbreitet das Blatt weiterhin antijüdische und antizionistische Parolen. Vo m Ausland aus wird auch weiterhin eine Fernsehsendung ausgestrahlt, abrufbar auch in der Türkei, um islamistische Propaganda zu verbreiten. Im Internet werden über einen ausländischen Provider Texte aus Büchern und Broschüren des verstorbenen Gründers der Organisation, Cemaleddin KAPLAN, sowie Beiträge d e s verbotenen Verbandsorgans "Ümmet-i Muhammed" angeboten. Am 27. November hat das Bundesverwaltungsgericht in Verbot des Leipzig das Verbot des "Kalifatsstaats" bestätigt; die Entschei"Kalifatsstaats" dung ist rechtskräftig. In seiner Urteilsbegründung wies das bestandskräftig Gericht u. a. darauf hin, dass die Organisation das staatliche Gewaltmonopol nicht anerkenne, sich gegen die Grundlagen der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung richte und die Menschenrechte i n s chwerwiegender Weise missachte. 2.1.2 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) gegründet: 1985 in Köln (als "Vereinigung der neuen Weltsich t i n E u ropa e. V. " - AMGT) Leitung: Mehmet Sabri ERBAKAN, Vorsitzender bis Oktober 2002 Mitglieder/Anhänger: ca. 26.500 (2001 : c a . 2 7.500) Publikationen: u. a. "Milli Görüs & Perspektive " , unregelmäßig Bericht 2002 188 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Unter den islamistischen Organisationen in Deutschland nimmt die IGMG nich t n u r wege n d e r großen Mitgliederzahl und ihrer zahlreichen, auch in anderen europäischen Ländern verbreiteten Einrichtungen eine Sonderstellung ein. Im Gegensatz zur Mehrzahl der übrigen islamistischen Organisationen und Gruppierungen ist für die IGMG Gewalt kein Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele. Ihre Anhängerschaft setzt sich i m Unterschied zu den meisten anderen islamistischen Organisationen auch nicht aus Flüchtlingen oder Asylbewerbern, sondern aus dauerhaft in Deutschland lebenden Zuwanderern zusammen. Als Interessenverband islamistischer Parteien in der Türkei, die dort unter maßgeblichem Einfluss Prof. Necmettin ERBAKANs standen und stehen, stützt sich die IGMG auf ein politisches Kräftepotenzial in der Türkei, das die allmählich e Re-Islamisierung der türkischen Gesellschaft und darauf aufbauend die Umbildung des laizistischen türkischen Staatsund Regierungssystems im Sinne einer islamischen "Gerechten Ordnung" unte r Ausschöpfung aller legalen Mittel anstrebt. An dieser Vorgehensweise orientiert sich die IGMG auch in Bezug auf ihre Aktivitäten in Deutschland. Ihr Ziel ist, den Anhängern auch hier ein Scharia-konformes Leben zu ermöglichen. Zu diesem Zweck bemüht sie sich, u. a. durch die Mitarbeit in muslimischen Dachverbänden wie dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland, um Anerkennung als legitime Vertretung der türkischen Muslime im politischen Raum und als Ansprechpartner für staatlich e Stellen. Zur Verbreitung ihrer Ideologie und zur Vergrößerung ihres Anhängerpotenzials bedient sie sich der traditionellen Instrumente des türkischen Islamismus wie der Nutzung von Printmedien und des erzieherischen Engagements in der Kinder- u n d J u- Nähe zu gendarbeit. Ideologisch und personell eng verbunden mit den islamistischen in der Türke i verbotenen islamistischen Parteien "Refah-Partisi" Parteien in der ("Wohlfahrtspartei" - RP) und nachfolgend "Fazilet-Partisi" ("TuTürkei gendpartei" - FP) sah und sieht die IGMG ihre Aufgabe in der Verbreitung der islamistisch-nationalistischen "Milli-Görüs" (national-religiöse Sicht)-Ideologie unter den türkischen Migranten in Deutschland. So stellte sich die IGMG nach dem Verbot der FP eindeutig an die Seite der im Juni 2001 gegründeten "Saadet-Partisi" ("Partei der Glückseligkeit" - SP), für die die "Milli-Görüs"-Ideologie unverändert verbindlich geblieben ist und die sich o ffe n z u d e r vo n Necmettin ERBAKAN entwickelte n Variante des türkischen politisch organisierten Islamismus bekennt. Im Unterschied zur ebenfalls im Jahr 2001 aus der FP hervorgegangenen "Gerechtigkeitsund Entwicklungspartei" (AKP) 8 unter Führung Recep Tayyip Erdogans, die Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 189 sich als eine islamisch geprägte konservative Partei beschreibt, bleibt das Ziel der SP die Abschaffung des Laizismus in der Türkei und die Einführung einer auf das islamisch e Recht (Scharia) gegründeten Lebensund Gesellschaftsordnung. So erklärte der SP-Vorsitzende Recai KUTAN anlässlich e i- ner öffentlichen Ansprache in Ankara, die SP sei die "Wurzel und der Stamm der auf das islamische Gesetz (Scharia) gegründeten Milli Görüs [-Bewegung]". Darüber hinaus erklärte er: "Die Moral und die Welt des Ideellen sind unsere Fahne. Denn wir als Partei haben uns nicht auf den Weg gemacht, u m u n s z u verändern, sondern um das gestörte Syste m z u verändern. Der We g z u r Rettung führt über eine Milli-Görüs-Regierung." ("Milli Gazete " vom 26. Februar 2002, S. 2) Die IGMG versteht Necmettin ERBAKAN nach w i e vor als ihren geistigen Führer. Neben führenden SP-Abgeordneten trat Necmettin ERBAKAN auch i m vergangenen Jahr bei IGMG-Veranstaltungen als Gastredner auf oder wurde über Satellit zugeschaltet. So war er bei der Generalversammlung der IGMG unter dem Motto "Tag der Brüderlichkeit und Solidarität" am 15. Juni in Arnheim (Niederlande) anwesend. An der Veranstaltung nahmen etwa 23.000 Besucher aus Deutschland, den westeuropäischen Nachbarländern s owie der Türke i teil. I m Vorfeld der Parlamentswahlen in der Türke i a m 3 . November betrieb die IGMG intensive Wahlwerbung für die SP und organisierte Reisen zur Stimmabgabe. Auf einer Versammlung der IGMG in Paris forderte der damalige Vorsitzende der Organisation Mehmet Sabri ERBAKAN, die Mitglieder auf, für die SP zu arbeiten. Ein weiterer Funktionär führte aus, in der Türkei habe "der Jihad" begonnen; daher sei es notwendig, die SP zu unterstützen, und es sei eine religiöse Pflicht, sie zu wählen. 9 Das auch nach d e n Wahlen beibehaltene Engagement der IGMG für die SP steht im Widerspruch z u d e m o ffiziell verbreiteten Image, die Organisation sei eine ausschließlich religiös-kulturelle Gemeinschaft . D i e S P konnte bei den Parlamentswahlen nur 2,5 % der abgegebenen Stimmen erreichen. Dieser Rückschlag und die gleichzeitigen Erfolge der AKP (ca. 34 % d e r Stimmen) verBericht 2002 190 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern stärkten Debatten unter Mitgliedern und auch Funktionären der IGMG über die künftige Linie der Organisation. Die Einnahmen aus Spenden gingen zurück . Auch die Zahl der Mitglieder verringerte sich leicht. Dennoch blieb die IGMG mit ca. 26.500 Mitgliedern die größte islamistische Organisation in Deutschland, die nach wie vor aufgrund ihrer weit gestreuten Einrichtungen und vielfältigen Angebote auch noch einen wesentlich größeren Personenkreis erreichen kann. Nach eigenen Angaben verfügt die IGMG europaweit über 210.000 Mitglieder und unterhält 740 Moscheevereine 10; in Deutschland soll es sich u m rund 500 Beträume und Moscheen handeln. Für die Verwaltung des umfangreichen Immobilienbesitzes ist seit 1995 die "Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e . V." (EMUG) zuständig. Personelle Auf der Leitungsebene der IGMG ergaben sich im Jahr Veränderungen auf 2002 personelle Veränderunge n . I m Februar wurde der IGMGder Führungsebene Funktionär Oguz ÜCÜNCÜ zum neuen Generalsekretär ernannt. Er trat die Nachfolge von Ali KIZILKAYA a n , d e r i m Januar Vorsitzender des islamischen Dachverbands Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland wurde. Ohne Vorankündigung oder größere organisationsinterne Debatten trat im Oktober der bisherige IGMG-Vorsitzende Mehmet Sabri ERBAKAN von seinem Amt zurück. Als offizielle Begründung wurden gesundheitliche Probleme angegeben. Türkische Medien spekulierten dagegen, ERBAKAN habe diesen Schritt auf Druck IGMG-interner Kreise vollziehen müssen. 11 Yavuz Celik KARAHAN wurde mit der kommissarischen Leitung der Organisation betraut. "Milli Gazete" Formal von der IGMG unabhängig, spielt die türkisch e Tageszeitung "Milli Gazete" (Nationale Zeitung) für die Verbreitung von IGMG-nahen Positionen in Artikeln und Kolumnen und als Anzeigenblatt der Organisation weiterhin eine wichtige Rolle. Nach w i e vor wird bei IGMG-Veranstaltungen im Inund Ausland für das Abonnement der Zeitung geworben. Bücher einige r Kolumnisten der "Milli Gazete" konnte n b i s vor kurzem über den Buchkatalog der IGMG bezoge n werden. In der Zeitung erscheinen Beiträge d e s Kolumnisten Mehmet Sevket EYGI, der die den türkischen Islamismus kennzeichnenden antisemitischen Verschwörungstheorien popularisiert: Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 191 "In unserem Land gibt es zwei Sorten Menschen. Auf der sichtbaren Seite sehen sie aus wie Muslime und Türken. Auf der Rückseite der Medaille sind es Juden. Sie bringen ihre e i- genen inkompetente n Personen in die wichtigsten Ämter und Stellen und vergreifen sich an den Einkünften der Türkei ... Verdammt seien sie." ("Milli Gazete " vom 25./26. Mai 2002, S. 4) Zudem spricht sich E YG I gegen jede Reform des Islam und für die uneingeschränkte Gültigkeit der Scharia aus: "Der Begriff Reform ist einer der gottlosesten Begriffe der heutigen Zeit. Der islamische Glaube wird bis in alle Ewigkeit i n d e r Form, wie ihn Mohammed empfangen hat, die einzige gültige Religion sein ... Die Wünsche nach Reformen und Änderungen sind heidnisch, pervers und ein Irrtum ... Fester Glaube in der heutigen Zeit bedeutet, die Bestimmungen der Scharia und der islamischen Rechtswissenschaft in ihrer Urform zu schützen und anzuerkennen." ("Milli Gazete " vom 22. Juli 2002, S. 4) Die IGMG blieb im Bereich der Sozialund Jugendarbeit Sozialund aktiv und hat für die Unterrichtsplanung sowie die Gestaltung Jugendarbeit und Inhalte der Bildungsangebote im Jahr 2002 ein neues der IGMG einheitliches System für alle ihre Gemeinden erarbeitet. Die Organisation versucht, junge Muslime über ein breites Freizeitangebot, Hausaufgabenbetreuung und die Ausschreibung von Wissenswettbewerben an sich heranzuführen und zu binden. Als erzieherische Maxime gilt dabei, dass die "ausschweifende" Lebensweise der deutschen Gesellschaft d e n vermeintlich "islamischen" Werte n u n d Normen zuwiderlaufe und dazu verführe, vom rechte n Weg abzukommen. 2.2 Linksextremisten Das Mitgliederpotenzial der türkischen linksextremistischen Organisationen in Deutschland ging weiter zurück . Auch d i e B e- reitschaft z u r Teilnahme an öffentlichen Kundgebungen und Demonstrationen ließ nach. Die Einnahmen aus Beiträgen und Spenden sind bei den meisten Organisationen ebenfalls rückBericht 2002 192 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern läufig. Organisatorische Abgrenzungen und Zerwürfnisse aufgrund von Rivalitäten in den Funktionärsapparaten hielten an; Spaltunge n verfestigten sich. Zu den in früheren Jahren häufige n gewalttätige n Auseinandersetzungen kam es nicht mehr. In der ersten Jahreshälfte g a l t d i e Agitation linksextremistischer türkischer Organisationen im Wesentlichen dem seit Oktober 2000 in türkischen Haftanstalten durchgeführten Hungerstreik gege n d i e Verlegung "politischer Gefangener" aus Großraumzellen in Einzelzellen. Als Häftlinge a u s a cht linksextremistischen Organisationen, mit Ausnahme der "Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C), am 28. Mai Hungerstreik und "Todesfasten" beendeten, ebbte dieser Protest in Deutschland weitgehend ab. Gegenstand propagandistischer Aktivitäten waren daneben Themen aus der deutschen Politik sowie weltpolitische Ereignisse wie der Nah-Ost-Konflikt und die militärischen Operationen der USA in Afghanistan. Die in früheren Jahren beobachtete n gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Organisationen DHKP-C und "Türkisch e Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke" (THKP/-C - Devrimci Sol) haben sich nich t fortgesetzt. Wiederum wurden mehrere Funktionäre der DHKP-C wegen Mitgliedschaft i n e i n e r terroristischen Vereinigung angeklagt und verurteilt; weitere wurden festgenommen. 2.2.1 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) gegründet: 1994 in Damaskus (Syrien) nach Spaltung der 1978 in der Türke i gegründete n , 1983 in Deutschland verbotenen "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) Leitung: Generalsekretär Dursun KARATAS Mitglieder/Anhänger: ca. 750 (2001: 850) Publikationen: u. a. "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke), unregelmäßig; "Vatan" (Heimat), wöchentlich, eingeste l l t i m M ä r z 2002, seitdem "Ekmek ve Adalet" (Brot und Gerechtigkeit), wöchentlich Organisationsverbot: seit 13 . August 1998 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 193 Die marxistisch-leninistisch orientierte DHKP-C zielt auf eine revolutionäre Zerschlagung der bestehenden türkischen Staatsund Gesellschaftsordnung und propagiert das Endziel einer sozialistischen Gesellschaft "ohne Ausbeutung und ohne Klassen". Nach w i e vor spricht sich die Organisation, insbesondere deren militärischer Arm, die "Revolutionäre Volksbefreiungsfront" (DHKC), für den bewaffneten Kampf aus: "Wi r verteidigen weiterhin die Revolution! ... Der Weg zur Änderung ... der Situation in der Türkei ... führt nicht über die Wahlurne, sondern über den revolutionäre n Kampf." (Erklärung des DHKC-Informationsbüros in Amsterdam vo m 22. August 2002) Neben dem türkischen Staat sieht die DHKP-C ihren Hauptfeind in den USA bzw. im "US-Imperialismus". Unter der Überschrift "Die Organisation hat Amerika und sein Vorgehen in Afghanistan offen kritisiert" wandte sich die DHKC in einer i m Februar im Internet verbreiteten Erklärung gege n d i e Aufnahme der DHKP-C in die in den USA geführte Liste terroristischer Organisationen. Das eigentliche Ziel der USA sei nicht die Bekämpfung islamistischer terroristischer Gruppierungen, sondern aller Organisationen und Völker, die sich gegen Imperialismus und "kapitalistisch e Ausbeutung" auflehnten. Die DHKC rief dazu auf, dem "amerikanischen Imperium" gemeinsam entgegenzutreten: "Völker, Länder, O rganisationen, jeder der Brot und Gerechtigkeit möchte, jeder der Unabhängigkeit und Demokratie möchte, sollte sich gegen die USA vereinigen." (Presseerklärung der DHKC vo m 14. Februar 2002) Zum 1. Jahresta g d e r Terroranschläge vo m 11. September 2001 i n d e n U S A verbreitete der politische Arm der DHKP-C, die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei" (DHKP), im Internet eine Erklärung unter der Überschrift " D i e Wahrheit: Der amerikanische Imperialismus bedeute t Ausbeutung und Massaker". "Terror" und "Aggressionen" des "US-Imperialismus" hätten nach den Anschlägen neue Dimensionen erreicht. Unter dem Bericht 2002 194 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Vorwand der Terrorbekämpfung zielten sie auf eine Versklavung der Weltbevölkerung. Die europäischen "Imperialisten" hätten sich den USA untergeordnet. Die DHKP als "Partei der Unterdrückten" stehe im Kamp f gegen die USA auf der Seite aller anti-imperialistischen Kräfte, wie z. B. "Islamisten, Revolutionäre, Demokraten, Globalisierungsgegner, Umweltschützer". Auch dem irakischen Volk versicherte die DHKP-C Solidarität im Kamp f gegen die USA: "Natürlich sind wir auf der Seite d e s i rakischen Volkes! Natürlich sind wir gegen die USA! ... Das ist ein Angriff des amerikanischen Imperiums, um die Völke r d e r Welt in seine Gewalt zu bringen. Der Angriff ist nicht nur gegen den Irak, sondern gegen alle Völke r d e r Welt gerichtet!" ("Ekmek ve Adalet" Nr. 19 vom 28. Juli 2002) Fortsetzung der Beherrschendes Agitationsund Kampagnenthema der Hungerstreiks DHKP-C blieb der im Oktober 2000 in türkischen Haftanstalin türkischen ten begonnene Hungerstreik. Während das sog. Todesfasten Haftanstalten von acht anderen am Hungerstreik beteiligten türkischen linksextremistischen Organisationen am 28. Mai beendet wurde, entschlossen sich die Gefangenen der DHKP-C zu einer Fortsetzung. In einer Propagandaschrift des DHKP-C-nahen "Komitees gegen Isolationshaft" (IKM) erschien eine Durchhalte-Erklärung der "Todesfastenden" mit massiver Kritik am Verhalten der anderen Gruppierungen: "Wi r werden mit dem Widerstand weitermachen. Der Widerstand wird lange dauern ... Die Aufgabe auf unseren Schultern ist, die Fahne des Widerstands der Völker gegen den amerikanischen Imperialismus und die Oligarchie wehen zu lassen ... Dieser Weg ist ein Widerstand, der nach dem Motto 'Entweder Sieg oder der Tod' gegangen wird ... Die Opfer können noch mehr werden, das nehmen wir in Kauf." ("Ekmek ve Adalet" Nr. 11 vom 3. Juni 2002) A n d e n Folgen des Hungerstreiks sind inzwischen mehr als 60 Menschen, mehrheitlich Mitglieder der DHKP-C, gestorben. Zwei DHKP-C gesteuerte G ruppen, der "Solidaritätsverein mit den politischen Gefangenen und deren Familien in der Türkei" (TAYAD) und das IKM, versuchten mit nachlas- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 195 sendem Engagement vor allem durch Informationsveranstaltungen, Demonstrationen und Kundgebungen auf die Situation der "politischen Gefangenen" aufmerksam zu machen. So nahmen am 28. September in Köln etwa 300 Anhänger der DHKP-C an einem Demonstrationszug teil. I m Verlauf des Hungerstreiks eingetretene Todesfälle führte n z u Kundgebunge n vor den türkischen Generalkonsulaten in Frankfurt am Main und Hamburg. Angehörige der DHKP-C aus Deutschland beteiligten sich zudem am 10. September an einer Demonstration vor einem Gebäude der Europäischen Union in Straßburg, bei der eine Unterschriftenliste gegen die Haftbedingungen in türkischen Gefängnissen übergeben wurde. Die regelmäßige Feier der DHKP-C zum Jahrestag ihrer Gründung und zum Gedenken an die "Gefallenen der Revolution" fand diesmal am 27. April in Leiden (Niederlande) statt. Im Vergleich z u m Vorjahr war jedoch mit etwa 2.500 Teilnehmern (2001: ca. 5.000) ein starker Besucherrückgang zu verzeichnen. Zahlreich e Festnahmen und Verurteilunge n von Funktionären und Aktivisten der DHKP-C wegen Mitgliedschaft i n einer terroristischen Vereinigung führten zu einer erheblichen personellen Schwächung der Organisation. 2.2.2 "Türkisch e Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke" (THKP/-C - Devrimci Sol), jetzt "Revolutionäre Linie" (Devrimci Cizgi) gegründet: Mitte der 90er Jahre a l s Abspaltung a u s d e r 1978 in der Türke i gegründete n , 1983 in Deutschland verbote nen "Devrimci Sol"; 2001 gespalten in die Flügel "Devrimci Cizgi" und "Devrimci Sol" Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 50 (2001 : c a . 100) Publikationen: "Devrimci Cizgi" (Revolutionäre Linie), sporadisch Betätigungsverbot: seit 13. August 1998 Bericht 2002 196 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Die ideologisch mit der DHKP-C weitgehend übereinstimmende THKP/-C -Devrimci Sol versteht sich a l s Nachfolgerin der 1983 in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten Organisation "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke). Auch die THKP-C zielt auf die gewaltsame Zerschlagung der bestehenden Gesellschaftsordnung in der Türke i i m Wege des "revolutionären" bewaffneten Kampfes, um dort e i n kommunistisches System zu errichten. Die 2001 e rfolgte Spaltung der THKP/-C - Devrimci Sol in die konkurrierenden Flügel "Devrimci Cizgi" mit personellem Schwerpunkt mutmaßlich in Deutschland und "Devrimci Sol" mutmaßliche Aktionsbasis in der Schweiz hat die ohnehin fragilen Strukturen der Organisation weite r geschwächt. Ursächlich für den desolaten Zustand der Organisation in Deutschland dürfte darüber hinaus die nachlassende Mitwirkung der verbliebenen Anhänger sein, die sich nicht zuletzt auch i n e i- ner mangelnden Bereitschaft z u finanzieller Unterstützung äußert. So erscheint auch die Publikation "Devrimci Cizgi", die bevorzugt Reizthemen wie den Nahost-Konflikt aufgreift, nur noch sporadisch. In der Türkei ist die THKP/-C - Devrimci Sol seit geraumer Zeit nicht mehr terroristisch aktiv. 2.2.3 "Türkisch e Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) gegründet: 1972 in der Türkei Mitglieder: c a . 1.500 (2001 : c a . 1.600) Die Organisation ist gespalten in: "Partizan" Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 900 (2001 : c a . 1.000) Publikationen: "Devrim Yolunda Isci Köylü" (Arbeiter und Bauern a u f d e m We g d e r Revolution), vierzehntäglich; "Isci Köylü Kurtulusu" (Arbeiterund Bauernbefreiung), zweimonatlich und Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 197 "Maoistische Kommunistische Partei" (MKP) (bis Dezember 2002 "Ostanatolisches Gebietskomite e " DABK ) Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 600 (2001: ca. 600) Publikationen: "Devrimci Demokra s i " (Revolutionäre Demokratie), vierzehntäglich; "Isci Köylü Kurtulusu" (Arbeiterund Bauernbefreiung) * , * nicht identisch m i t d e r gleichnamigen Publikation vo n " Partizan" Die 1994 vollzogene Spaltung der Mutterpartei TKP/ML hatte zur Folge, dass sich aus zunächst konkurrierenden Flügeln zwei neue unabhängig voneinander existierende Organisationen entwickelten. Während die eine Gruppierung unter dem Namen "Partizan" (im schriftlichen Sprachgebrauch "TKP/ML" abgekürzt) bekannt war, änderte die andere Fraktion um die Jahreswende 2002/2003 ihre ehemalige Bezeichnung DABK (im Umbenennung des schriftlichen Sprachgebrauch TKP (ML) abgekürzt) in "MaoistiDABK in MKP sch e Kommunistische Partei" (MKP). Beide Organisationen verstehen sich a l s Nachfolgerinnen der ursprünglichen TKP/ML. Sie haben die ideologischen Grundlagen des Marxismus-Leninismus und des Maoismus von der Mutterpartei übernommen. Sie befürworten den "Volkskampf" unter Einsatz bewaffneter Guerillakräfte, mit deren Hilfe sie in der Türkei einen revolutionären Umsturz herbeiführen und letztlich e i n e kommunistische Gesellschaftsordnung etablieren wollen. So heißt es in einem von "Partizan" zum 1. Mai 2002 herausgegebenen Flugblatt u. a.: "Am 1. Mai müssen wir unsere Kräfte gegen imperialistische Angriffe vereinigen, um den Kamp f z u e rweitern ... Unsere Partei ... wird . . . i m Volkskrieg noch entschlossener und noch intensiver gegen den Imperialismus, gegen den Feudalismus und den Faschismus vorgehen ... Der Imperialismus kann brüllen wie er will. Er wird sich nicht vom Schlag der Arbeiterklasse erholen. Er wird von uns besiegt und wird als abscheulicher Teil der Geschichte verschwinden ... Wir müssen im Volkskrieg hartnäckig sein, um den Gipfel zu erreichen ... Es lebe der Marxismus-Leninismus-Maoismus!" Bericht 2002 198 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Im Rahmen ihrer politischen Arbeit bedienen sich beide Gruppierungen der Hilfe von Basisorganisationen, deren Zugehörigkeit zur jeweiligen Mutterorganisation nach außen sorgfältig getarnt wird. Bei "Partizan" handelt es sich a u f e u- ropäischer Ebene um den Dachverband "Konföderation der Arbeiter aus der Türke i i n E u- ropa" (ATIK), dem vier nationale Föderationen angeschlossen sind, darunter die in Duisburg ansässige "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V." (ATIF). Entsprechend verfügt das DABK/MKP über die europaweit agierende "Konföderation für demokratisch e Rechte in Europa" (ADHK), unter deren Dach sich die "Föderation für demokratisch e Rechte in Deutschland e. V." (ADHF) mit Sitz in Köln befindet. Außerdem unterhalten beide Gruppierungen in der Türkei voneinander getrennte b ewaffnete Guerillagruppen, die auf Seite n von "Partizan" unter der Bezeichnung "Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO), auf Seiten der MKP unter dem seit Ende 2002 neuen Namen "Volksbefreiungsarmee" (HKO) auch terroristische Aktionen durchführen. Abbruch des Für beide Gruppierungen stellte d e r von inhaftierten MitHungerstreiks gliedern linksextremistischer türkischer Organisationen geführte in türkischen Hungerstreik über längere Zeit ein zentrales Agitationsthema Gefängnissen dar. Zum Abbruch des Hungerstreiks, der ab dem 28. Mai im Wesentlichen nur noch von Anhängern der DHKP-C fortgesetzt wurde (vgl. Nr. 2.2), schrieb "Partizan", man werde den Widerstand gegen die neu eingeführten Gefängnisse in der Türkei nicht mehr durch " Todesfasten", sondern auf eine andere Weise fortsetzen. Die Erklärung endete m i t d e n Worten: "Hoch lebe unser Widerstandskampf gegen die Gefängnisse des Typs F! ...Wi r werden den Staat der Bosse und der Großgrundbesitzer stürzen und das Volk an die Macht bringen! Hoch lebe die demokratische Volksrevolution! Hoch lebe der Volkskampf!" ("Devrim Yolunda Isci Köylü" Nr. 12 von Juni 2002, S. 3 ff.) Beide Fraktionen der TKP/ML, die auch in mehreren anderen europäischen Ländern vertreten sind, unterstützen ihre jeweiligen Mutterorganisationen in der Türkei. Einnahmequellen sind u. a. jährlich durchgeführte Spendensammlungen, der Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 199 Verkauf von Publikationen sowie Überschüsse aus der Durchführung vo n Veranstaltungen. A m 18. Mai fand anlässlich des 30-jährigen Gründungsjubiläums der TKP/ML in Frankfurt am Main eine Saalveranstaltung vo n DABK/MKP statt, an der etwa 4.000 Personen teilnahmen. Aus demselben Grund führte "Partizan" am 25. M a i i n Wuppertal mit etwa 3.000 Teilnehmern ebenfalls eine Feier durch. 2.2.4 "Marxistisch-Leninistisch e Kommunistische Partei" (MLKP) gegründet: 1994 in der Türkei Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 600 (2001: ca. 600) Publikationen: "Yeniden Atilim" (Erneute r Vorstoß), wöchentlich; "Partinin Sesi" (Stimme der Partei), zweimonatlich Auch die MLKP will das Staatsgefüge der Türkei durch eine gewaltsame Revolution beseitigen und auf dem Weg zum Kommunismus eine Diktatur des Proletariats errichten. Hierbei beruft sich die Partei auf die "marxistisch-leninistische Ideologie von Marx, Engels, Lenin und Stalin". 12 In der Türkei waren Anhänger der MLKP eigener Darstellung zufolge an Anschlägen auf Parteibüros und bewaffneten Angriffe n a u f Polizeikräfte beteiligt. Vo m 3 . b i s 18. April führte die Organisation ihren "III. "III. ParteikonParteikongress" in der Türkei durch, auf dem sie zur Grüngress" in der Türkei dung einer "Kommunistischen Internationale" aufrief und die aus ihrer Sicht Hauptverantwortlichen für "Ausbeutung, Unterdrückung und Sklaverei" anprangerte: "Der III. Kongress der MLKP ist ein Schlag gegen die Imperialisten, vor allem ein Schlag gegen den Hauptfeind der Völke r i n d e r Welt, die USA, gegen die kapitalistische Ordnung, den Faschismus und die imperialistische Globalisierung." ("Yeniden Atilim" Nr. 07/2002 vom 4. Mai 2002) Bericht 2002 200 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Anhänger der MLKP beteiligten sich in Deutschland bis zum Frühjahr gemeinsam mit anderen linksextremistischen türkischen Organisationen im "Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen in der Türkei" (DETUDAK) an den Proteste n gegen die Einzelunterbringung von Gefangenen in der Türkei. Nachdem acht linksextremistische türkische Organisationen, darunter die MLKP, a m 2 8 . Mai den Hungerstreik in türkischen Haftanstalten als beendet erklärt hatten, stellte die MLKP auch in Deutschland ihre Solidaritätsaktionen ein. Die geringen öffentlichen Aktivitäten der MLKP und ihrer Basisorganisation "Föderation der Arbeiterimmigranten aus der Türkei in Deutschland e. V." (AGIF) blieben gewaltfrei. Am 15./16. September veranstaltete d i e AGIF in Duisburg eine Konferenz mit etwa 10 0 Teilnehmern . I m Vordergrund der Erörterungen standen die Terroranschläge vo m 11. September 2001 in den USA. Die in diesem Zusammenhang auch in Deutschland ergriffenen gesetzlichen Maßnahmen hätten sich s o d i e AGIF insbesondere nachteilig auf soziale und politisch e Rechte hier lebender Ausländer ausgewirkt. 3. Kurden 3.1 Überblick Die Konflikte in den kurdischen Siedlungsgebieten der Türkei und des Irak bestimmen nach w i e vor auch die Aktivitäten extremistischer kurdischer Organisationen in Deutschland. Diese Gruppen verfügen hier über eine Anhängerschaft von etwa 12.000 Personen - eine Minderheit unte r d e n rund 500.000 in Deutschland lebenden Kurden aus der Türkei und dem Irak. Kurdische Extremisten haben Forderunge n vor allem nach mehr politischer und kultureller Eigenständigkeit in den Herkunftsländern wieder mit einem breiten Spektrum propagandistischer Aktivitäten unterstützt. Die nunmehr als "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) firmierende "Arbeiterparte i Kurdistans" (PKK) ist hierbei die mit Abstand handlungsstärkste Organisation. * * Nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern - sind PKK und KADEK in Bezug auf Struktur und personelle Zusammensetzung weitestgehend identisch, - ist beim KADEK ein kontinuierlicher Vorgang der PKK-Aktivitäten zu erkennen, - haben die Zielsetzungen der PKK im Rahmen der Umbenennung zum KADEK keine Veränderung erfahren. Das gegenüber der PKK verhängte Betätigungsverbot erstreckt sich daher auch auf den KADEK. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 201 3.2 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) / "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) gegründet: 1978 in der Türkei Leitung: Führungsfunktionäre d e r " Kurdischen demokratisch e n Volksunion" (YDK) ( i n Abhängigke i t vo m Vorsitzenden der PKK/KADEK, Abdullah ÖCALA N , und dem Generalpräsidialrat) Mitglieder/Anhänger: c a . 11.500 (2001 : c a . 12.000) Publikationen: u. a. "Serxwebun" (Unabhängigkeit), monatlich Betätigungsverbot: seit 26. November 1993 3.2.1 Allgemeine Lage Die PKK hat ab 1984 über viele Jahre im Südosten der Türkei einen Guerillakrieg gegen das türkische Militär mit dem Ziel geführt, einen unabhängigen kurdischen Staat zu erlangen. Auch in Europa zeigte die Organisation lange Zeit eine militante Ausrichtung. In Deutschland führte n terroristische Anschläge u n d gewalttätige Demonstrationen im Jahr 1993 zur Verhängung eines vereinsrechtlichen Betätigungsverbots gegen die PKK und einige ihrer Teilund Nebenorganisationen. Der PKK-Vorsitzende Abdullah ÖCALAN wurde 19 9 9 i n Kenia gefasst und in der Türke i wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Noch i m selben Jahr ordnete Ö CALAN die Einstellung des bewaffneten Kampfe s a n . E r verkündete zugleich d i e Umwandlung der PKK in eine nur mehr politisch handelnde Organisation. Ihr Ziel jetzt nur noch kulturelle Autonomie für die Kurden innerhalb der Grenzen einer demokratischen Türkei solle mit friedlichen und politischen Mitteln erreich t werden. Die Guerillaverbände der PKK stellten daraufhin im Sommer 1999 ihre Operationen in der Türkei ein und zogen sich hauptsächlich i n d e n Nord-Irak zurück. Die Organisation folgte d e r von ÖCALAN "Friedensstrategie" vorgegebenen "Friedensstrategie" und bemüht sich seit mehr der PKK als drei Jahren sowohl in der Türkei als auch in Europa um Anerkennung als politische Kraft. In Deutschland sind seitdem Bericht 2002 202 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern militante Aktionen auf Anweisung der PKK ausgeblieben. Um den eingeleitete n Wandlungsprozess zu fördern und sich von dem Ruf als Terrororganisation zu lösen, erklärten die Delegierte n d e s vo m 4 . b i s 10. April im irakisch-iranischen Grenzgebiet abgehaltenen 8. Parteikongresses die Einstellung aller Gründung des Aktivitäten unter der Bezeichnung "PKK" und riefen die GrünKADEK dung des "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK) aus. Die historisch e Aufgabe der PKK sei erfüllt, der KADEK sei legitimer und einzige r Nachfolger der PKK. Der Parteikongress wandte sich gegen jede Form d e s Terrorismus, betonte a b e r d i e Notwendigkeit, die eigenen bewaffneten Kräfte zu behalten; deren Existenz bleibe für Zwecke der Selbstverteidigung in der Krisenregion erforderlich. Abdullah ÖCALAN, der inhaftierte Vorsitzende der PKK, wurde zum Generalvorsitzenden des KADEK gewählt. Auch bei den Anhängern der PKK in Europa trafen diese Beschlüsse auf Zustimmung. Die Organisation hat unter ihrer neuen Bezeichnung die "Friedensstrategie" fortgeführt , verzichtet aber nach w i e vor nicht auf Drohgebärden gegenüber der türkischen Regierung, falls der Friedenskurs nicht mit Zugeständnissen für mehr Rechte vo n Kurden belohnt werde. Umwandlung I m August beschloss das türkische Parlament u. a. die Abdes Todesurteils schaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten. Das gegen gegen ÖCALAN ÖCALA N verhängte Todesurteil wurde daraufhin von einem in lebenslange türkischen Gericht in eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne Freiheitsstrafe Möglichkeit der Begnadigung umgewandelt. Akzeptanz als politische Kraft erlangte der KADEK nicht. 3.2.2 Organisatorische Situation Der Übergang von der PKK zum KADEK hat keine grundlegenden Änderunge n i n Struktur und Funktionärswesen der Organisation zur Folge gehabt. Das höchste Leitungsorgan des KADEK, der "Generalpräsidialrat" ein Gremium hoher Funktionäre, von denen sich die meiste n i n d e n Kurdengebieten im Irak aufhalten entspricht nach Funktion und Zusammensetzung weitgehend dem ehemaligen "Präsidialrat" der PKK. Ihm untersteht auch die Europa-Führung der "Kurdischen Demokratischen Volksunion" (YDK) früher "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) des politischen Arms des KADEK. Die frühere Einteilung der PKK-Strukturen in Deutschland in acht Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 203 Regionen mit etwa 35 Gebieten wurde nach d e m 8 . Parteikongress durch e i n e Neugliederung in nunmehr 20 Gebiete ersetzt. Die Organisation erhofft sich vo n d e r Auflösung der Regionsebene eine effektivere Zusammenarbeit der Gebietsfunktionäre mit der Europaführung des KADEK. Ein großer Teil der KADEK-Anhänger ist in örtlichen Vereinen organisiert , von denen die meisten in der "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V." (YEK-KOM) zusammengeschlossen sind. Darüber hinaus unterhält der KADEK mehrere Massenverbände 13, in denen verschiedene Berufsund Interessengruppen unter den kurdischen Zuwanderern in Deutschland und anderen europäischen Ländern für die Ziele und Belange der Organisation eintreten sollen. Obwohl mit der Abkehr der PKK von Guerillaaktionen und dem angekündigte n Wandel zu einer nur mehr politischen Organisation nach eigenem Bekunden auch eine innere Demokratisierung verbunden sein sollte, sind Ansätze dazu bislang kaum erkennbar. Auch d i e Ausrufung des KADEK hat insoweit keine deutlichen Veränderungen bewirkt. Wie bisher ist die Organisation hierarchisch aufgebaut; die zu häufigem Wechsel ihres örtlichen Wirkungskreises angewiesenen Funktionäre werden nich t gewählt, sondern von übergeordneten Gremien eingesetzt und sind nur diesen gegenüber verantwortlich. Gelockert haben sich die organisationsintern e Kontrolle und der Druck zur Einhaltung von Mitgliederpflichten. Das führte z u s chleppender Abwicklung von SpendenkampaMitgliedereinbußen gnen und erstmals seit Jahren auch zu Mitgliedereinbußen. 3.2.3 Propaganda der PKK/des KADEK Mit nahezu ungebrochener Mobilisierungsfähigkeit haben PKK/KADEK wieder in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern Demonstrationen und öffentlich e Kundgebungen organisiert s owie über das eigene Mediennetz für ihre politischen Ziele geworben. Mittelpunkt der Propaganda blieb die Forderung nach Anerkennung politischer und kultureller Identität der Kurden in der Türkei. Die Organisation ist nach wie vor in der Lage, bei zentralen Veranstaltungen über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus Teile der übrigen kurdischstämKeine Änderung im migen Bevölkerung einzubinden. Der Verzich t a u f d e n Namen Aktionsverhalten PKK und die Ausrufung des KADEK haben an dem bisher beBericht 2002 204 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern kannten Aktionsverhalten nichts geändert. Die Anhänger des KADEK, die alsbald auch ö ffentlich die neue Organisationsbezeichnung nutzten, traten bei Demonstrationen und sonstigen Veranstaltungen moderat auf und folgten dem erklärten Friedenskurs. Aus Anlass des 3. Jahrestags der Festnahme Abdullah ÖCALANs (15. Februar 1999) kam es vo m 14 . b i s 17. Februar europaweit zu Protestund Solidaritätsbekundungen. An einer zentralen Kundgebung am 16. Febru a r i n Straßburg beteiligten sich etwa 6.000 Kurden, darunter eine größere Zahl PKKAnhänger aus Deutschland. Zur Feier des kurdischen Neujahrsfeste s Newroz (21. März) veranstaltete n Kurden in Deutschland wie in den Vorjahren wieder unter maßgeblicher Beteiligung von PKK-Anhängern Versammlunge n u n d Umzüge (meist traditionelle Fackelmärsche). Die Organisatoren nutzten dabei die Newroz-Veranstaltunge n z u r Unterstützung der in der Türkei zeitgleichen Kampagne "Unsere (kurdische) Muttersprache ist unsere Existenzgrundlage". Höhepunkt der Newroz-Feiern war eine zentrale Veranstaltung am 23. März in Düsseldorf , z u d e r n a- hezu 38.000 Personen, darunter mehrere tausend Teilnehmer aus europäischen Nachbarländern, angereist waren. Zu der Veranstaltung unter dem Motto "New r o z - Fest des Friedens, der Freiheit und der Völkerverständigung" hatte die YEK-KOM aufgerufen. Proteste gegen Die Ende April bekannt werdende Absicht der Europäidie Aufnahme des schen Union (EU), die PKK in die EU-Liste terroristischer OrKADEK in die EUganisationen aufzunehmen, veranlasste die Führung des KAListe terroristischer DEK, europaweit zu Protesten zu mobilisieren. In einem im Organisationen Internet verbreitete n Aufru f vom 26. April forderte d a s " Kurdistan Informations-Zentrum" (KIZ) in Berlin dazu auf, in Briefen an die Bundesministerin der Justiz und den Bundesaußenminister deutlich z u m a chen, "dass eine Aufnahme der PKK auf die EU-Liste Auswirkungen auf die friedliche Suche nach einer politischen Lösung" der Kurdenfrage haben könne. Osman ÖCALAN, Mitglied des Generalpräsidialrats des KADEK, behauptete a m 2 9 . April im kurdischen Fernsehsender "MEDYA-TV", hinte r d e m Vorgehen der EU stehe die Absicht, die Bemühunge n von PKK/KADEK um eine demokratische und friedliche Lösung der Kurdenfrage zunichte z u m a chen. In zahlreichen deutschen Städten protestierten Anhänger des KA- D E K a m 1. u n d 2 . Mai friedlich gegen eine Aufnahme der PKK in die EU-Liste. Zu einer zentralen Protestveranstaltung Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 205 a m 19. Juni in Brüssel unter dem Motto "Kurden wollen Gerechtigkeit" reisten etwa 5.000 Teilnehmer an, darunter auch zahlreiche KADEK-Anhänger aus Deutschland. Ungeachtet der Einstellung des Guerillakrieges beging auch der KADEK wieder den Jahresta g d e r Aufnahme des bewaffneten Kampfes durch die PKK in der Türkei (15. August 1984). Anhänger des KADEK führten aus diesem Anlass bundesund europaweit Gedenkveranstaltungen durch, die zumeist von den örtlichen Vereinen organisiert wurden. In einer in der türkischsprachige n Tageszeitung "Özgür Politika" am 14. August veröffentlichten Erklärung des Generalpräsidialrats des KADEK hieß es u. a., der "Geist des 15. August" habe der Geschichte und dem Schicksal des kurdischen Volkes eine neue Richtung gegeben. A m 7. September fand in der Gelsenkirchener "Arena auf "10. Internationales Schalke" unter dem Motto "Frieden braucht Gerechtigkeit" das Kurdistan-Kultur"10. Internationale Kurdistan-Kulturfestival" statt. Daran nahmen festival" etwa 45.000 Personen aus dem Bundesgebiet und dem benachbarten europäischen Ausland teil. Das Programm bestand wie in den Vorjahren aus kulturellen Darbietungen und politischen Redebeiträgen. Der Generalpräsidialrat des KADEK hob in einer an die Teilnehmer gerichteten Erklärung den langen Kamp f d e r Kurden für eine Anerkennung ihrer politischen Identität hervor. Dies bereite d e n Weg für eine beginnende Demokratisierung der Türkei. In einer verlesenen Grußbotschaft rief Abdullah ÖCALAN dazu auf, den eingeschlagenen friedlichen und demokratischen We g fortzusetzen. Gegen Ende des Jahres machten Anhänger des KADEK mit Protestaktionen auf die aus Ihrer Sicht unzumutbaren Haftbedingungen des auf einer türkischen Insel inhaftierten Generalvorsitzenden ÖCALAN aufmerksam. Der KADEK nutzt wie zuvor die PKK zur öffentlichen Verbreitung politischer Erklärunge n d e n Fernsehsender "MEDYATV", der in Deutschland über Satellit empfange n werden kann. Auch in politischen Diskussionssendunge n von "MEDYA-TV" treten regelmäßig führende Funktionäre von PKK/KADEK auf. Bericht 2002 206 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern In der Zeitung "Özgür Politika", einem weiteren Propagandainstrument des KADEK, kommen ebenfalls regelmäßig Funktionäre des KADEK zu Wort. Die Zeitung, die in Deutschland erhältlich ist, berichte t ferner aus Sicht des KADEK über Ereignisse mit Bezug zu Kurden in der Türkei und im Irak und weist auf KADEK-Veranstaltungen in Europa hin. Im Internet werden insbesondere über die Websites des "Kurdistan Informations-Zentrum" (KIZ) in Berlin Informationen über den KADEK verbreitet. Im Sinne von PKK/KADEK betätigt sich auch d e r " Kurdisch e Nationalkongress" (KNK), der in Berlin über ein Büro verfügt. Der KNK war am 24. Mai 1999 als "Interessenvertretung aller Kurden" in Amsterdam begründet worden. Er wird von PKK/KADEK dominiert. Ziel des KNK ist es, als politische Institution anerkannt zu werden und die internationale Politik und Öffentlichkeit für das Anliege n d e r Kurden zu sensibilisieren. 3.2.4 Finanzielle und wirtschaftliche Aktivitäten Der KADEK bestreitet seine Einnahmen im Wesentlichen aus einer jährlichen Spendensammelaktion unter seinen Anhängern s owie aus Erlösen aus dem Verkauf von Publikationen, der Durchführung vo n Veranstaltungen und regelmäßigen Mitgliedsbeiträgen. Die Gelder werden im Wesentlichen zur Finanzierung des Medienapparats, aber auch z u r Unterstützung der Arbeit der Funktionäre in Europa verwendet. Die im März beendete Spendenkampagne erzielte einen Erlös vo n weniger als 10 Millionen Euro; im Vergleich zum Jahr 2001 war eine leichte Steigeru n g z u verzeichnen. Der KADEK setzte zudem die Bemühunge n fort, über den Wirtschaftsverband "Union der Internationalen Kurdischen Arbeitgeber" (KARSAZ) das Wirtschaftspotenzial der in Europa lebenden Kurden zu bündeln und zu fördern. KARSAZ unterhält ein zentrales Büro in Frankfurt am Main. In Paris veranstaltete KARSAZ vo m 11. bis 13. Januar den "2. Kurdischen Wirtschaftskongress" mit etwa 13 0 Teilnehmern a u s E u- ropa und Übersee. Der Präsidialrat der PKK sandte der Zeitung "Özgür Politika" zufolge e i n G rußschreiben mit dem Bemerken, dass er KARSAZ sehr großen Wert beimesse. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 207 3.2.5 Strafverfahren gegen führende Funktionäre von PKK/KADEK Das OLG Celle verhängte a m 3 . April gegen einen ehemaligen PKK-Gebietsleiter eine Freiheitsstrafe vo n 18 Monate n wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Am 27. Juni verurteilte das OLG Düsseldorf eine ehemalige PKK-Aktivistin im Zusammenhang mit einer im Jahr 1994 begangenen Ta t wegen Beihilfe z u m versuchte n M o r d i n Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Ein ehemaliger Leiter der PKK-Region Mitte wu r de a m 10. Juli wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vom OLG Düsseldorf zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monate n verurteilt. Ein ehemaliger Funktionär der PKK-Jugendorganisation wurde am 18. August aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof auf dem Flughafen Düsseldorf festgenommen; ihm wird u. a . vorgeworfen, im Jahr 1997 einen Brandanschlag befohlen zu haben. Gegen den früheren stellvertretenden Leiter der PKK-Region Mitte wurde am 24. September und gegen einen früheren Sprecher der PKK-Europaleitung am 8. Oktober Anklage wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor dem OLG Düsseldorf erhoben. Ein ehemaliger Leiter der PKK-Region Mitte wu r d e a m 13. Oktober und ein weiterer ehemaliger Leiter einer PKK-Region am 6. Dezember aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung festgenommen. 4. Iraner Die Aktivitäten der iranischen Opposition in Deutschland wa- r e n i m Vergleich z u d e n Vorjahren von relativer Ruhe geprägt. Vor iranischen Vertretungen kam es zu friedlichen Demonstrationen iranischer Oppositioneller, d i e vornehmlich darauf abzielten, auf die Verletzung von Menschenrechten im Iran aufmerksam zu machen. Besondere Beachtung fanden dabei die inzwischen jährlich wiederkehrenden Demonstrationen und Kundgebungen zur Erinnerung an die Niederschlagung der Teheraner Studentenunruhen im Sommer 1999. Bericht 2002 208 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 4.1 "Volksmodjahedin Iran-Organisation" (MEK) Stärkste und aktivste iranische Oppositionsgruppe ist nach wie vo r d i e terroristische "Volksmodjahedin Iran-Organisation" (MEK). "Volksmodjahedin Iran-Organisation" (MEK) ( i n Farsi: "Modjahedin-E-Khalq") gegründet: 19 6 5 i m I ran Sitz: Bagdad Leitung: Massoud RADJAVI Publikation: u. a. "Modjahed" (Glaubenskämpfer), wöchentlich Außerhalb der Heimatregion vertreten durch "Nationaler Widerstandsra t I ran" (NWRI) gegründet: 1981 i n Paris - in Deutschland vertrete n s e i t 19 9 4 Sitz: Berlin Leitung: Deutschlandsprecherin Dr. Massoumeh BOLOURCHI Mitglieder: ca. 900 (2001: 900) Militärischer Arm: "Nationale Befreiungsarmee" (NLA) gegründet: 19 8 7 i m I rak Sitz: irakisch-iranisches Grenzgebiet Leitung: "Oberbefehlshaber" Massoud RADJAVI Die MEK wird in Deutschland durch ihren weltweit agierenden politischen Arm " Nationaler Widerstandsrat Iran" (NWRI) vertreten. Die Organisation konzentrierte ihre Aktivitäten unverändert darauf, die politische Annäherung zwischen Deutschland und dem Iran zu stören und den Sturz des iranischen Regimes zu propagieren. Sie setzte hierzu ihre Bemühungen fort, die iranische Führu n g i m Westen zu diskreditieren. Hierbei musste sie jedoch in Europa und insbesondere in Deutschland erhebliche Rückschläge hinnehmen. Die MEK wird bereits seit 1997 in den USA bzw. seit 2001 in Großbritannien offiziell als terroristische Organisation eingestuft. Im Mai wurde die MEK in die EU-Liste terroristischer Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 209 Organisationen aufgenommen. Durch die Einstufung sieht sich die MEK zunehmend der Gefahr ausgesetzt, die westlichen Länder als Basis für ihre politischen Aktivitäte n gegen die iranische Führu n g z u verlieren und in die politische Isolation z u gerate n . Vor dem Hintergrund der vo n i h r i n d e r Vergangenheit Aktivitäten zur praktizierten illegalen Geldbeschaffungsaktivitäten war die MEK Beschaffung von Fiin mehreren westlichen Ländern Gegenstand umfangreicher nanzmitteln Polizeimaßnahmen. Einen Schwerpunkt stellten die Ende 2002 noch anhängigen Ermittlunge n d e r Staatsanwaltschaft K ö l n gegen MEK-Angehörige dar. A m 18. Dezember 2001 waren mehr als 20 MEK-Objekte in Berlin, München und im Raum Köln durchsuch t worden: wege n d e s Vorwurfs der Bildung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, systematischer und arbeitsteilig geplanter Betrugsdelikte (Erschleichung von Sozialleistungen) und Geldwäschedelikte. Insgesamt soll die MEK Sozialleistungen in Millionenhöhe erschlichen und in die eigenen Kassen geleitet haben. Die MEK hat die in der Vergangenheit mit großem Aufwand praktizierten Geldbeschaffungsaktionen durch bundesweite Straßensammlungen erheblich reduziert. Sie ist dazu übergegangen, im Rahmen von Haussammlunge n gezielt und systematisch auf potenzielle Spender zuzugehen. Die Auswahl dieses Spenderkreises basiert auf personenbezogenen Informationen, die überwiegend bei Straßensammlungen und durch Auswertung vo n Unterschriftenlisten der Organisation gewonnen wurden. Anhand von Psychogrammen potenzieller Spender im Sprachjargon der Organisation als "Objekt" bezeichnet werden Ansatzpunkte herausgearbeitet, die den Haussammlern Möglichkeiten zur psychologischen Beeinflussung ihrer Zielpersonen bieten. Zur Verschleierung der Verwendung der Spenden tritt der NWRI seit Jahren unte r d e m Namen verschiedener Tarnvereine auf. Hierzu zählen insbesondere: - die "Flüchtlingshilfe Iran e. V." (FHI), Hamburg und Bergisch-Gladbach, - der "Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e. V." (VIDA), Bremen, - die "Frauen für Demokratie im Iran e. V.", Köln, Bremen, und - das "Hilfswerk für Kinder e. V.", Düsseldorf. Im Zuge d e r o . g . Umstrukturierungsmaßnahmen reduzierte die MEK ihre öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten in Bericht 2002 210 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Deutschland. Großveranstaltungen fanden überwiegend im europäischen Ausland statt. Aus Protest gegen die Durchsuchung der MEK-Objekte im Dezember 2001 f a n d a m 15. Februar in Köln eine zentrale Demonstration von 2.500 MEK-Anhängern s tatt. Wegen der Aufnahme der MEK in die EU-Liste terroristischer Organisationen fanden am 13. Mai in Brüssel sow i e a m 21. Juni in Kopenhagen Großkundgebungen mit 2.000 bzw. 4.000 Teilnehmern s tatt. Zur Teilnahme an zwei Demonstration am 15. Februar in Köln weiteren Demonstrationen am 9. Oktober in Brüssel und am 21. Oktober in Luxemburg konnten jeweils nur noch einige hundert Teilnehmer mobilisiert werden. Der NLA, eine von Frauen dominierte Rebellenarmee mit bis zu 5.000 Kämpfern , kommt nach Auffassung des MEK-Führers Massoud RADJAVI unverändert die zentrale Bedeutung auf dem We g z u m gewaltsamen Umsturz der iranischen Regierung zu. Die Organisation war weiterhin bestrebt, Anhänger in Deutschland sowie in anderen westlichen Gastländern für Rekrutierungseinen Einsatz in der NLA zu rekrutieren. Die im Jahre 1987 bemühungen gegründete N LA wurde vom irakischen Regime militärisch ausgebildet und bewaffnet. Sie steht unter dem Schutz und unter der besonderen Aufsicht des irakischen Sicherheitsapparates. Insoweit ist die Rebellenarmee nicht nur in logistischer Hinsich t a u f d a s Wohlwollen der irakischen Führung angewiesen, der einzige n Regierung, deren offene Unterstützung sie genießt. Angesichts der bereits 2000 drohenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen den USA und dem Irak sah die MEK-Leitung die Existenz ihrer NLA-Lager im Irak bedroht. Vor diesem Hintergrund waren Aktivitäte n feststellbar, Führungskader aus dem Krisengebiet zu evakuieren und ins sichere westlich e Ausland zu schleusen. 4.2 "Arbeiterkommunistische Partei Iran" (API) gegründet: 1991 a l s Abspaltung der "Kommunistisch e n Parte i I rans" Sitz: London Leitung: bis Juli 2002 Mansour HEKMAT (gestorben am 4. Juli 2002), noch keine neue Leitung Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 211 Publikationen: u. a. "API-Brief", wöchentlich; "International", monatlich Deutschland: Bezeichnung: "Arbeiterkommunistisch e Parte i I ran" oder "Auslandsorganisation der Arbeiterkommunistisch e n Parte i I ra n - Sektion Deutschland" oder "Exilregierung der iranischen Arbeiterpartei" Sitz: Köln Leitung: Mina AHADI, Generalsekretärin der Deutschlandsektion der API Mitglieder: ca. 400 Die API wurde am 31. Oktober 1991 von Mansour HEKMAT als Abspaltung von der "Kommunistischen Partei Irans" (KPI) gegründet. Der Organisationsaufbau der API ist mit dem anderer kommunistischer Parteien vergleichbar. Auf der obersten Parteiebene besteht ein aus 21 Parteifunktionären gebildetes Zentralkomitee (ZK). Eigentliches Machtzentrum der Organisation ist jedoch d a s Politbüro des ZK. Die auf den revolutionären Umsturz im Iran gerichtete Zielsetzung der API wird in ihrem im Juli 1994 verabschiedeten Parteiprogramm deutlich: "Das unmittelbare Ziel der Arbeiterkommunistischen Partei ist die Organisation der gesellschaftlichen Revolution der Arbeiterklasse ...". Gewalt wird von der Organisation als legitimes Mittel zur Erreichung ihrer Ziele befürwortet. So heißt es in ihrem Programm: "Aber niemand, der die Realitäten dieser Gesellschaft auch nur im entferntesten sieht, wird der Meinung sein, dass die herrschende Klasse jemals friedlich beiseite t reten und sich einem Systemwechsel und dem Willen der überwältigenden Mehrheit beugen wird ...". Bericht 2002 212 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern In einem 1999 mit der in London erscheinenden organisationseigenen Publikation "International" geführten Interview betonte HEKMAT d i e " Notwendigkeit eines bewaffneten Armes der Partei". Die API verfügt mit der "Organisation der Junge n Kommunisten - Deutschland" (in Farsi: "Jawanan") über eine eigene Jugendorganisation. Darüber hinaus weisen u. a . folgende Organisationen organisatorische und personelle Verflechtungen zur API auf: - "Internationale Föderation der iranischen Flüchtlingsund Immigrantenräte" (IFIR, in Farsi: "Hambastegi"), Berlin, - "Internationale Kampagne zur Verteidigung von Frauenrechten im Iran" e. V. Die API trat in der Vergangenheit in Deutschland mehrfach durch militante Aktionen in Erscheinung. Im Jahr 2002 führte sie mehrere Protestaktionen gegen das iranisch e Regime durch . S o versuchten etwa 25 Anhänger der API am 24. und 25. Oktober eine Veranstaltung der Evangelischen Akademie Loccum, an der Angehörige des iranischen Kulturministeriums teilnahmen, zu stören. Drei API-Aktiviste n gelangten unte r Vorgabe falscher Personalien in den Sitzungssaal und protestierten dort durch lautstarke Zwischenrufe; sie wurden des Saales verwiesen. Weitere Demonstranten, die in das Tagungsgebäude eingedrungen waren, verließen dieses auf Anweisung der Polizei erst nach heftigen Proteste n . Aus Anlass eines Deutschland-Besuchs des iranischen Außenministers besetzte n a m 18. November mehrere Anhänger der API das Büro der Kölner Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Die Aktion verlief friedlich . A m 19. November versammelten sich rund 10 Anhänger der IFIR vor demselben Büro und demonstrierten erneut gegen den Besuch des iranischen Außenministers. Phase der Nach d e m Tod ihres charismatischen Vorsitzenden HEKMAT Neuorientierung im Juli 2002 befindet sich d i e A P I o ffensichtlich in einer Phase der Neuorientierung. Die Nachfolgefrage ist bislang noch ungeklärt. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 213 5. Tamilen "Liberation Tigers o f Tamil Eelam" (LTTE) gegründet: 1972 in Sri Lanka Leitung: Führungskader der deutschen Sektion Mitglieder/Anhänger: ca. 750 (2001: ca. 750) Publikationen: u. a . " Kalath i l " ("Au f d e m S chlachtfeld"), vierzehntäglich Die Bemühungen um eine Entschärfung des gewaltsamen Konflikts zwischen der Regierung Sri Lankas und den Separatiste n d e r tamilischen LTTE haben 2002 unter norwegischer Vermittlung erstmals zu konkrete n Verhandlungsergebnissen geführt . Aufgrund eines im Februar unterzeichnete n Waffenstillstandsabkommens sowie der im September in Thailand offiziell begonnenen Friedensverhandlungen ist es in Sri Lanka bis auf vereinzelte kleinere Auseinandersetzunge n z u keinen militärischen Kampfhandlungen oder terroristischen Anschlägen mehr gekommen. Ermöglicht haben diese Entwicklung Konzessionen der Regierung, vor allem die Aufhebung des Verbots der LTTE im September, aber auch die erklärte Bereitschaft der Organisation, im Fall einer zufriedenstellenden Verhandlungslösung auf einen eigenen tamilischen Sta a t z u verzichten. Die LTTE fordern hierzu u. a. die Garantie einer weitgehenden Autonomie und die Anerkennung einer tamilischen Nationalität. Wie fragil der Friedensprozess noch i s t , verdeutlichen aber Äußerunge n d e r LTTE, sie sehe sich bei einem Scheitern der Friedensverhandlunge n gezwungen, ihren bewaffneten Kampf um Unabhängigkeit wieder aufzunehmen. In Deutschland konzentrieren sich d i e LTTE mittels ihrer Tarnund Hilfsorganisationen nach w i e vor auf propagandistische Aktivitäten sowie die Beschaffung von Geldmitteln, z. B. durch Sammelaktionen bei Veranstaltungen, die im Einzelfall einen Zulauf von mehreren tausend Teilnehmern h a- ben können. Wurde der Geldbedarf früher mit der Notwendigkeit begründet, den Befreiungskampf zu unterstützen, so argumentieren die LTTE heute gegenüber ihren Landsleuten in Deutschland dahingehend, die Spenden würden zum Wiederaufbau des Landes, den Aufbau einer eigenen Verwaltung oder zu Minenräumarbeiten benötigt. Bericht 2002 214 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 6. Annex: Schleusungsaktivitäten Wie in den Jahren zuvor ist Deutschland neben anderen westeuropäischen Staate n u n d Nordamerika bevorzugtes Zielland für illegale Einwanderer. Diese bedienen sich zunehmend der Hilfe "professioneller" Schleuser aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, die das Schleusungsgeschäft inzwischen als lukrativen Erwerbszweig erkannt haben. Daneben entwickeln aber auch extremistisch e Ausländerorganisationen Schleusungsaktivitäten. Bisher liegen zwar keine Belege vor, dass extremistisch e Ausländerorganisationen aus Gewinnstreben an der Verbringung illegaler Migranten nach Deutschland beteiligt sind. Es gibt aber Anhaltspunkte, dass einige dieser Organisationen versuchen, an den Gewinnen "professioneller" Schleuserorganisationen, mit denen sie herkunftsmäßig verbunden sind, durch Einforderung von Spendengeldern z u p a rtizipieren. Schleusungen tragen in erheblichem Umfang zur Aufrechterhaltung der Aktionsfähigkeit extremistischer Ausländerorganisationen bei. Durch Einschleusungen nach Deutschland werden Funktionäre und andere Organisationsangehörige i n vermeintlich sichere Rückzugsräume verbracht, um sie so dem Verfolgungsdruck i n d e n j eweiligen Heimatländern zu entziehen. Im Wege d e r Ausschleusung werden z. B. hier rekrutierte Aktiviste n i n d i e j eweiligen Zielländer verbracht, wo sie ggf. auch f ü r d e n b ewaffneten Kampf ihrer Organisationen eingesetzt werden. Auf illegale Weise reisen außerdem Kuriere, die u. a. durch Geldund Materialtransporte d e n b ewaffneten Kampf in Krisenregionen logistisch unterstützen. Die meisten extremistischen Ausländerorganisationen schleusen ihre Funktionäre und Mitglieder über eigene Strukturen. Sie bedienen sich nur im Einzelfall der Hilfe "professioneller" Schleuserorganisationen. Die Mehrzahl der Einschleusungen nach Deutschland erfolgt auf dem Landweg. Funktionäre werden aber auch unte r Verwendung geoder verfälschte r Reisedokumente a u f d e m Luftwe g geschleust. Schleusungsaktivitäte n konnten u. a. im Bereich arabischer islamistischer Organisationen festgestellt werden. So verfügen die "Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA), die aus der GIA hervorgegangene "Salafiyya-Gruppe für die Mission und den Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 215 Kampf" (GSPC), ebenso wie "Arabische Mujahedin" in mehreren europäischen Ländern, auch in Deutschland, über Kontaktpersonen und Helfer für die Beschaffung vo n Ausweisdokumenten, Reisemöglichkeite n u n d Unterkünften. Daneben sind auch kurdische und linksextremistische türkische Organisationen in Schleusunge n verwickelt. Die ehemalige "Arbeiterparte i Kurdistans" (PKK), heute "Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans" (KADEK), schleust Funktionäre und Mitglieder über eine eigene geheime Organisationseinheit, das "ÜLKE-Büro" ("Heimatbüro"). Deren Mitarbeiter organisieren vor allem die Reisebewegunge n von Parteikadern u n d b e- schaffen bzw. verfälschen die hierfür erforderlichen Ausweisdokumente. In diesem Zusammenhang erfolgten, wie in den Jahren zuvor, wieder mehrere Verhaftunge n u n d Verurteilunge n von KADEK-Mitgliedern. Türkische linksextremistische Organisationen wie die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) und die "Türkisch e Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) schleusen ihre Funktionäre und Anhänger überwiegend auf dem Landweg. Die für die Schleusungen benötigte n Ausweisdokumente werden häufig durch einfachen Lichtbildaustausch verfälscht, wobei bevorzugt türkisch e Reisepässe, die mit einem langfristig gültigen deutschen Aufenthaltstite l versehen sind bzw. Reiseausweise im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention genutzt werden. IV. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Periodische Schriften Im Jahr 2002 wurden von extremistischen Ausländergruppierunge n 74 (2001: 74) regelmäßig erscheinende Schriften herausgegeben. Von diesen vertraten 50 (2001: 49) linksextremistische, 21 (2001: 21) islamistische und 3 (2001: 3) nationalistisch e Positionen. Wie in den Vorjahren werden die meisten Schriften, nämlich 25 (2001: 26), von linksextremistischen türkischen Gruppierungen herausgegeben. Die Zahl der von arabischen Gruppierungen herausgegebenen Schriften stieg auf 17 (2001: 13). Bericht 2002 216 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 2. Internet Der überwiegende Teil der in Deutschland vertretenen ausländischen extremistischen Organisationen nutzt das Internet vor allem zu Selbstdarstellungsund Propagandazwecken. Seit den Anschläge n vo m 11. September 2001 in den USA mehren sich die Hinweise, dass Extremisten das Internet auch zur verdeckte n Kommunikation nutzen. Die Zahl der Internetseiten, zumeist in arabischer Sprache und über ausländische Anbieter eingestellt, zum Thema "Arabische Mujahedin" ist nach d e m 11. September 2001 noch a n- gestiegen. Dort werden Informationen aus der Sicht militanter Islamiste n z u Vorgängen u. a. in Afghanistan, in Tschetschenien sowie in Israel/Palästina angeboten und für den bewaffneten Jihad geworben. Auch d e r Nahostkonflikt wird im Internet thematisiert . Tagesaktuelle Bewertunge n z u Vorgänge n i n d e r Region aus palästinensischer Sicht bietet das "Palestinian Information Centre" (PIC). Es eröffnet auch Z u- gang zur Internetseite der HAMAS; dort erscheinen u. a . Kommuniques zu Selbstmordattentaten. Speziell für den Europa-Kongress der algerischen "Islamischen Heilsfront" (FIS) wurde eine Internetseite eingerichtet, in die alle Reden, Beschlüsse und Berichte ü b e r d e n Kongress eingestellt wurden. PKK/KADEK nutzten das Medium weiterhin, um auf ihre Aktivitäten und Kampagnenziele aufmerksam zu machen. Die türkische linksextremistische "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) verbreitete über ihre Internetseite Agitation, u. a. zum Hungerstreik ihrer Genossen in türkischen Gefängnissen. Weiterhin aktiv ist auch der DHKP-C nahe Internet-Fernsehsender "Halkin-Sesi-TV" ("Stimme des Volkes"). Die Internetseite des türkischen islamistischen "Kalifatsstaates" wurde nach d e m Verbot der Organisation unter einer neuen Bezeichnung ins Netz eingestellt. Eine inhaltliche Aktualisierung ist aber seit Monaten nicht mehr erfolgt. Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) hielt an ihrer nach d e m 11. September 2001 eingeführten Pra- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern 217 xis fest, Beiträge ausschließlich in deutscher Sprache ins Internet einzustellen. Außerdem bietet die Organisation über das Internet nunmehr auch einen Radiosender an, auf dem neben politischen Informationen auch Koranrezitationen und religiöse Musik empfange n werden können. V. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presserzeugnisse Organisation Mitglieder/Anhänger Publikationen - einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 2002 (2001) "Förderation der türkischca. 8.000 (8.000) "Türk Federasyon demokratischen IdealistenBülteni" vereine in Europa e.V." (Bulletin der Türk(ADÜTDF) Förderation) - monatlich - "Förderation der demokrati700 (700) "Tatsachen" schen Arbeitervereine e.V. - zweimonatlich - (DIDF) "Front der islamischen Einzel(Einzelu.a. "Furkan" Kämpfer des Großen mitglieder mitglieder) (Die Rettung). Ostens" (IBDA-C) "Akademya" (Die Akademie), "Haberci" (Der Bote) - alle unregelmäßig - Irakische Organisationen - "Demokratische Partei zusammen zusammen Kurdistans/Irak" (DPK-I) 350 (350) - "Patriotische Union Kurdistan (PUK) "Hizb AI Da'Wa AI Islamiya" 150 (150) "AL Jihad" (DA'WA) (Heiliger Krieg) (Partei des islamischen - wöchentlich - Rufs/der islamischen Mission) "Gruppen des libanesischen 200 (200) "Amal" (Hoffnung) Widerstandes" (AMAL) - wöchentlich - Bericht 2002 218 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Organisation Mitglieder/Anhänger Publikationen - einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 2002 (2001) "Union islamischer 50 (100) u.a. "Qods" Studentenvereine" (U.I.S.A.) (Jerusalem) - unregelmäßig - "International Sikh Youth 600 (600) Federation" (ISYF) "Babbar Khalsa 200 (200) International" (BK) "Kamagata Maru Dal 50 (50) International" (KMDI) Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen vo n Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 220 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten I. Überblick Deutschland bleibt Die Bundesrepublik Deutschland ist unvermindert AufAufklärungsziel klärungsziel für die Nachrichtendienste zahlreicher Staaten. Dazu zählen neben einigen Ländern aus der Gemeinschaft Unabhängige r Staaten (GUS) 1 - vornehmlich der Russischen Föderation - auch solche aus dem nah-, mittelund fernöstlichen sowie dem nordafrikanischen Raum. Präsenz Die Nachrichtendienste dieser Staaten sind in unterschiedausländischen licher Personalstärke an den amtlichen bzw. halbamtlichen ND-Personals Vertretungen ihrer Länder in Deutschland präsent. Ihre dort auf Tarndienstposte n i n d e n s o genannten Legalresidenturen eingesetzten Mitarbeiter betreiben entweder selbst - o ffen oder verdeckt - Informationsbeschaffung oder leiste n Unterstützung bei nachrichtendienstlichen Operationen, die von den Zentralen der Dienste geführt werden. "Klassische" Die Aufklärungsziele ausländischer Dienste reichen von Spionage und "klassischer" Spionage , - d. h. Informationsbeschaffung aus PoOppositionellenlitik, Wirtschaft, Militär etc. -, bis hin zur Ausspähung und ausspähung Unterwanderung in Deutschland ansässiger Organisationen und Personen, die in Opposition zum Regime im Heimatland stehen. Proliferation Schließlich bemühen sich einige Länder unverändert darum, in den Besitz atomarer, biologischer oder chemischer Massenvernichtungswaffen sowie der dazu erforderlichen Trägersyste m e z u gelangen bzw. die zu deren Herstellung notwendigen Güter und das erforderliche Know-how z u e rwerben (Proliferation). II. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation 1. Aktuelle Situation und Aufgabenstellung der Dienste im russischen Staatswesen Position der Die russischen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden geDienste gefestigt nießen hohes Ansehen bei der politischen Führung des Landes. Der russische Präsident hat wiederholt seine Wertschätzung für die Geheimdienste z u m Ausdruck gebracht. In den letzten Jahren haben sie ihren Status als tragende Elemente der staatlichen Sicherheitsstruktur und als föderale Auf- Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 221 klärungsorgane kontinuierlich gefestigt. Durch nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung im Ausland sollen sie bei der Verwirklichung politischer Interessen Russlands unterstützend tätig werden. Als einschneidendes Ereignis, mit weitreichenden AuswirAnnäherung nach kunge n a u f d i e russisch e Politik und damit auch auf die Terroranschlägen Tätigkeit der Nachrichtendienste, haben sich d i e Terroranschläge a m 11. September 2001 i n d e n U S A e rwiesen. Der russische Präsident hatte spontan erklärt, sein Land werde sich an der internationalen Antiterrorkoalition beteiligen und militärische, logistische und nachrichtendienstlich e Unterstützung leisten. Darüber hinaus bewirkten die Anschläge auch eine Veränderung der russischen Außenund Sicherheitspolitik, die zu einer Annäherung des Landes an den Westen führte. Dies betrifft auch d a s Verhältnis zur NATO. Vor diesem Hintergrund wurde im Mai ein NATO-Russland-Rat gegründet, der Russland in Entscheidungen der Allianz einbindet und in diesem Rahmen volles Mitspracherecht bei Themen wie Terrorismusabwehr, Abrüstungsfragen und der Bekämpfung von Proliferation einräumt. Trotz aller Annäherung wurden auch im Jahr 2002 AktiKein Ende der vitäte n russischer Nachrichtendienste in Deutschland festgeSpionage stellt, die zum Teil direkt aus Russland gesteuert wurden. Auch s i n d weiterhin zahlreich e russisch e Nachrichtendienstangehörige an diplomatischen und konsularischen Vertretungen präsent. Die Zahl der russischen Dienste s owie deren Aufgabenzuweisung blieben in den letzten Jahren konstant. - Der SWR 2 (Dienst für Auslandsaufklärung) ist ein ziviler SWR Auslandsnachrichtendienst. Er verfügt über ca. 13.000 Mitarbeiter. Z u d e n Aufgaben des SWR gehört die Informationsbeschaffung in den klassischen Zielbereichen Politik, Wissenschaft u n d Technologie sowie auf ökonomischem Gebiet die Wirtschaftsspionage . Nach eigenem Bekunden obliegt dem Dienst auch die Mitwirkung bei der Bekämpfung von Proliferation und des internationalen Terrorismus. Darüber hinaus betreibt der Dienst Gegenspionage mit dem Ziel, Aktivitäten und Arbeitsmethoden westlicher Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden aufzuklären und auszuforschen. Bericht 2002 222 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten GRU - Die GRU 3 (Hauptverwaltung für Aufklärung beim Generalstab) ist der militärisch e Auslandsnachrichtendienst der Russischen Föderation. Der Dienst verfügt über ca. 12.000 Mitarbeiter. Die Aufklärungsaktivitäten der GRU, d i e d e m russischen Verteidigungsministerium untersteht, umfassen das gesamte militärische Spektrum in den Zielländern . Außerdem versucht die GRU, an militärisch nutzbare wissenschaftliche Forschungsergebnisse sowie an Militärtechnologie oder Produktinformationen aus der Rüstungstechnik zu gelangen. Dabei gilt das Interesse auch zivilen Produkten mit militärischen Anwendungsmöglichkeiten. FSB - Der FSB 4 (Föderaler Sicherheitsdienst) fungiert als Inlandsnachrichtendienst und dürfte über etwa 100.000 Mitarbeite r verfügen. Dem Dienst obliegen vielfältige Aufgaben bei der Spionageabwehr im zivilen und im militärischen Bereich s owie bei der Bekämpfung vo n Terrorismus und Organisierter Kriminalität (OK). Darüber hinaus ist er für die Beobachtung des politischen Extremismus zuständig. Als Strafverfolgungsbehörde bei der Terrorismusund Kriminalitätsbekämpfung ist der FSB mit umfangreichen polizeilichen Befugnissen ausgestatte t . E r verfügt über eine eigene Haftanstalt und paramilitärische Spezialeinheiten. Zur Bekämpfung vo n Terrorismus, Proliferation sowie der OK darf der FSB auch grenzüberschreitend tätig werden, um internationale Verflechtungen mit nachrichtendienstlichen Mitteln aufzuklären. Darüber hinaus kann er unter Abwehrgesichtspunkte n Auslandsaufklärung betreiben, z. B. mit ausländischen Staatsangehörige n geheimdienstlich e Verbindungen eingehen, um Erkenntnisse über Aufklärungsziele und Arbeitsmethoden fremder Nachrichtendienste z u erlangen. Bei seinen Abwehraktivitäten in Russland betreibt der FSB auch eine intensive Internet-Überwachung. So müssen alle russischen Anbiete r von Internet-Zugängen dem Dienst einen ständigen Zugriff auf den Datenverkehr ermöglichen, der in Russland über das Internet abgewickelt wird. Auf diese Weise können auch ausländisch e Staatsangehörige, die in Russland das Internet nutzen, in das Blickfeld des FSB geraten. FAPSI - FAPSI 5 (Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 223 und Information) ist ein Fernmeldespezialdienst mit vielfältige n Aufgaben im Bereich d e r Telekommunikation. Er dürfte unter Einbeziehung der Fernmeldetruppen, die dem Dienst ebenfalls unterstehen, über eine Personalstärke von 80.000 bis 100.000 Mitarbeitern verfügen. Im Inland ist der Dienst für die technische Bereitstellung, die Sicherheit und den störungsfreien Betrieb wichtiger staatlicher Nachrichtenverbindungen, z. B . d e r Regierung und der Armee, verantwortlich. Dazu gehören auch die Auswahl der Verschlüsselungsverfahren zum Schutz dieser Kommunikationseinrichtunge n gegen Abhörversuche, die EDV-Ausstattung der Regierung sowie die Entwicklung eines sicheren Systems zur digitalen Übermittlung von Dokumenten. Die Aufklärungseinheiten des Dienstes haben die Aufgabe, vo n russischem Hoheitsgebiet aus und von einige n Stützpunkten in anderen Republiken der GUS den internationalen Funkverkehr sowie die drahtlose Telekommunikation planmäßig zu überwachen, aufzuzeichnen und auszuwerten. Dazu setzt der Dienst modern e Nachrichtentechnik ein und versucht, seine technisch e Ausstattung durch die Entwicklung eigener Produkte oder durch die Beschaffung westlicher Technologie auf hohem Niveau zu halten. Zu den Aufgaben der FAPSI-Aufklärung soll auch die Wirtschaftsspionage mit elektronischen Mitteln gehören. Auch i n d i e kommerzielle Nutzung vo n Nachrichtentechnik ist die FAPSI einbezogen. Der Dienst erteilt im Bereich der gewerblichen Wirtschaft d i e s taatlichen Betreiberlizenzen für Kommunikationstechnik, ist für die Vergabe der Funkkanäle und Frequenzen - z. B. an Banken und Industrieunternehmen - zuständig und genehmigt den Einsatz vo n Verschlüsselungsverfahren. Die weitreichenden Kompetenzen und die damit verbundene Präsenz im Bereich der russischen Industrie verschaffen ihm umfangreiche Informationen über nationale und internationale Geschäftsverbindunge n russischer Unternehmen einschließlich deren Bonität, - Leistungsfähigkeit und technisch e Ausstattung -. Die FAPSI entwickelt und produziert zudem in eigenen Institute n Fernmeldemittel und pflegt dabei wissenschaftliche Kontakte z u westlichen Forschungseinrichtungen. - Der Schutzdienst FSO 6 (Föderaler Schutzdienst) hat die AufFSO gabe, die Sicherheit des russischen Präsidenten, der ReBericht 2002 224 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten gierungsmitglieder und wichtige r Regierungsvertreter zu gewährleisten. Die Personalstärke des Dienstes dürfte zwischen 30.000 und 35.000 Personen liegen. Die Zuständigkeit des FSO umfasst alle Sicherheitsangelegenheiten im Zusammenhang mit der russischen Staatsführung. Dazu gehört d e r Personenschutz, auch während Auslandsreisen, der Objektschutz an Regierungsgebäuden und den Privatwohnungen des Präsidenten und der Kabinettsangehörigen, die Spionageabwehr und der Geheimschutz innerhalb der Präsidialverwaltung. Darüber hinaus verfügt der Dienst über eine Spezialeinheit und Sondermilizen für "besondere Aufgaben", die auf Weisung des russischen Präsidente n - z. B . i n s taatsgefährdenden Situationen - spezielle Abwehr-, Überwachungsund Aufklärungsaufträge auszuführen haben. FPS - Der FPS 7 (Föderaler Dienst für Grenzschutz) ist mit mehr als 200.000 Mitarbeitern f ür d e n S chutz und die Sicherheit der Außengrenzen des russischen Staatsgebiete s verantwortlich. Im Rahmen der Grenzüberwachung ist der FPS auch b e- fugt, mit einem nachrichtendienstlich tätigen Truppenteil, der "Verwaltung Aufklärung", auf ausländischem Territorium, vornehmlich i n grenznahen Regionen der russischen Nachbarstaaten, Aufklärung zu betreiben. Seine Mitarbeiter sind zudem als Grenzkontrollpersonal bei der Einund Ausreise vo n Personen eingesetzt und können dabei Aktivitäten entwickeln, von denen die verschiedenen russischen Geheimdienste profitieren. 2. Aufklärungsziele und Methoden der russischen Nachrichtendienste Aufgaben Die Informationsbeschaffung in den klassischen Zielbereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft u n d Technologie sowie im militärischen Komplex gehörte auch i m Jahr 2002 zum Grundauftrag der russischen Aufklärungsdienste. Die jeweiligen Schwerpunkte bei den Beschaffungsaktivitäte n werden durch aktuelle Ereignisse Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 225 oder Vorgaben der russischen Staatsführung bestimmt. Seit den Terroranschlägen in den USA steht das Interesse an allen Informationen zur Haltung der deutschen Politik im Zusammenhang mit den Krisenherden Afghanistan und Irak im Mittelpunkt. Die Methoden der russischen Auslandsnachrichtendienste Methoden zur Ausforschung der Zielländer sind variantenreich , werden durch n e u e technische Entwicklunge n verfeinert und politischen oder gesellschaftlichen Veränderungen in den Zielländern angepasst. In den letzten Jahren sind bei den Ausspähungsbemühunge n verschiedene Vorgehensweisen bekannt geworden. SWR, GRU und FAPSI nutzen die Möglichkeit, die ZiellänDirekte Steuerung der unmittelbar durch Aktivitäten aus den Zentralen der aus der Zentrale Dienste in Moskau auszuforschen. Hierzu werden Personen im jeweiligen Zielland, die zuvor für eine geheimdienstlich e Agententätigkeit angeworben wurden, direkt aus den Zentralen in Moskau angeleite t u n d geführt. Die Übermittlung der im Einsatzland beschafften Informationen erfolgt über geheime Meldewege direkt nach Moskau. Die Aktivitäte n d e r FAPSI beschränken sich jedoch auf die Informationsbeschaffung mit technischen Mitteln. Zur Vorbereitung und Umsetzung ihrer AufklärungsaktiBesondere vitäte n i m Ausland nutzen die russischen Dienste auch die Zielgruppen Möglichkeiten der Ansprach e u n d Kontaktanbahnung auf dem eigenen Hoheitsgebiet. So müssen z. B . Ausländer oder im Ausland lebende russisch e Staatsangehörige, die aus beruflichen oder familiären Gründen häufig nach Russland reisen oder sich für längere Zeit dort aufhalten und aufgrund ihrer Tätigkeit oder ihres persönlichen Umfeldes über interessante Zugangsmöglichkeite n verfügen, damit rechnen, in das Blickfeld der Aufklärungsdienste oder des Abwehrdienstes FSB z u geraten. Dies gilt auch für deutschstämmige Spätaussiedler, d i e o ft s chon vor ihrer Ausreise von Geheimdienstmitarbeitern mit dem Ziel einer Anwerbung angesprochen werden. Ebenso müssen Angehörige ausländischer diplomatischer Vertretungen in Russland permanent mit Überwachungsmaßnahmen, Ausforschungsund Anwerbungsversuchen durch den FSB rechnen. Bei zentral gesteuerten Beschaffungsaktivitäten entsenden die Aufklärungsdienste auch hauptamtliche oder ehemalige G e- heimdienstmitarbeiter als Privatoder Geschäftsreisende getarnt Bericht 2002 226 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten zur Informationsbeschaffung ins Ausland oder versuchen, russische Informanten, die z. B. in bestimmten Berufsgruppen - wie etwa Wissenschaftlern oder Journalisten - geworben wurden, in nachrichtendienstliche Aktivitäte n i m Ausland einzubinden. Legalresidenturen Alternativ zur direkten, zentral gesteuerte n Aufklärung setzen die russischen Dienste weiterhin zur Informationsbeschaffung im Ausland auch hauptamtliche Mitarbeite r i n s taatlichen Auslandsvertretungen Russlands oder in Korrespondentenbüros russischer Medien auf Tarndienstposten ein (vgl. Nr. 3). Darüber hinaus sind Nachrichtendienstoffiziere in Russland oder im Ausland - als Firmenmitarbeite r getarnt - i n Staatsbetrieben tätig oder arbeiten in der Privatwirtschaft, z. B. in Handelsunternehmen mit russischer Kapitalbeteiligung ("gemischte" Firmen). Offene und Zur Methodik der Auslandsaufklärung gehört d i e o ffene Inkonspirative formationsbeschaffung durch Gespräch e m i t Kontaktpersonen soBeschaffung wie die Nutzung offener Informationsquellen, wie z. B. das Internet oder die Medienberichterstattung. Diese Vorgehensweise steht zunehmend im Vordergrund der Beschaffungsbemühungen. Die russischen Dienste nutzen jedoch auch weiterhin die Möglichkeit der konspirative n Nachrichtenbeschaffung. Illegale Auch können SWR und GRU hauptamtlich e Nachrichtendienstmitarbeiter, d i e a l s s o genannte Illegale mit einer falschen Identität ausgestattet sind, zur Informationsbeschaffung oder Agentenführung in das jeweilige Zielland einschleusen. Die Zentralen der beiden Dienste unterhalten nach w i e vo r große Apparate bzw. Dienststellen zur Anwerbung, Ausbildung und zur Einsatzführung von "Illegalen". 3. Die Legalresidenturen der russischen Nachrichtendienste Hohe Präsenz Eine wichtige Rolle für die Aufklärungsaktivitäten des SWR von ND-Personal und der GRU in Deutschland spielen die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Russischen Föderation sowie die Niederlassunge n d e r russischen Medienagenturen. In diesen Einrichtungen ist für die Geheimdienste e i n e große Anzahl vo n Stellen eingerichtet, die für den verdeckten Einsatz vo n Nachrichtendienstoffizieren unter diplomatischer oder jour- Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 227 nalistischer Tarnung genutzt werden (Legalresidenturen). Damit verfüge n d i e russischen Dienste in Deutschland über feste Stützpunkte, aus denen Geheimdienstaktivitäten entwickelt werden. Die Auslandsvertretungen biete n d e n NachrichtendienstmitMöglichkeiten der arbeitern ausgezeichnete Rahmenbedingungen für ihre AufResidenturaufklärungstätigkeit in Deutschland. So können die Residenturklärung offiziere gegenüber Außenstehenden ihr Interesse an bestimmte n - auch sensiblen - Informationen mit ihrer Tarnposition als Diplomat oder als Auslandskorrespondent eines russischen Medienorgans begründen. Der diplomatisch e Status bietet auch S chutz vo r Strafverfolgung und erleichtert d i e u n- verfänglich e Kontaktaufnahme bei der Suche nach nachrichtendienstlich interessanten Gesprächspartnern. Bei der aktuellen Informationsbeschaffung im Zielland können die Residenturangehörigen ihren "Standortvorteil" für die offene Gesprächsaufklärung oder für konspirative Geheimdienstaktivitäten nutzen. Die Residenturoffiziere vor Ort können die Verbindungen zu ihren Kontaktpersonen auch wesentlich intensiver als bei einer Steuerung aus der Moskauer Zentrale gestalten. Darüber hinaus lässt sich der Informationsbedarf z u m Teil auch durch die Sammlung von öffentlich zugänglichem Material decken, z. B. bei Symposien oder Industriemessen sowie durch d i e gezielte Nutzung offener Informationsquellen. Neben der eigenen Informationsbeschaffung leiste n ResiUnterstützungsdenturangehörige auch logistisch e Unterstützung bei nachrichaufgaben tendienstlichen Operationen, die direkt aus den Zentralen der Dienste geführt werden. Dazu gehört z . B. die Beschickung oder Entleerung vo n s o genannte n Toten Briefkästen. 8 Bei den konspirative n Aufklärungsaktivitäten ist allerdings Aktuelle Tendenzen eine größere Zurückhaltung der Legalresidenturoffiziere zu verbei der Beschaffung zeichnen. Vor allem das ND-Personal des SWR verzichtet in der Regel auf risikoreich e u n d kompromittierende Geheimdienstaktivitäten und betreibt stattdessen offene nachrichtendienstlich e Aufklärung auf der Grundlage persönlicher Beziehungen. Auch bei der offenen Abschöpfung vo n Kontaktpersonen dürfte e s d e n Nachrichtendienstmitarbeitern gelingen, durch geschickte Gesprächsführung an schutzbedürftige Informationen zu gelangen. Damit können auch b e i s cheinbar belanglosen Gesprächen die Grenzen zum Geheimnisverrat überschritte n werden. Die Möglichkeit, bei taktischer Zurückhaltung Bericht 2002 228 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten auch ohne den Einsatz konspirativer Mitte l z u Aufklärungserfolge n z u kommen, wird durch d e n Wegfall ideologischer Vorbehalte gegenüber Russland erheblich begünstigt. Viele Informationen werden heute i n o ffenen Gesprächen unbewusst preisgegeben. Die GRU tendiert - im Gegensatz zum SWR - jedoch weiterhin dazu, bei der Informationsbeschaffung auch verdeckte Geheimdienstmethoden anzuwenden. Die größere Zurückhaltung bei der konspirative n Nachrichtenbeschaffung bedeutet jedoch nicht, dass Deutschland als nachrichtendienstliches Zielland für die russischen Geheimdienste an Bedeutung verloren hat. Nach w i e vor sind die Dienste mit einer hohen Anzahl von Mitarbeitern a u f Tarndienstposte n a n d e n o ffiziellen und halboffiziellen Vertretungen Russlands in Deutschland präsent. Zu einer deutlichen Verringerung des Residenturpersonals ist es auch im Jahr 2002 nich t gekommen. Der Konzentrationsprozess des nachrichtendienstlichen Personals in der Russischen Botschaft Berlin hat sich fortgesetzt. Dies zeigt, dass SWR und GRU ein besonderes Augenmerk auf die politische Informationsbeschaffung im Bereich der Bundeshauptstadt sowie auf die Aufklärung dort angesiedelter deutscher und ausländischer Institutionen gerichtet haben. HWB D i e i m Ausland befindlichen Handelsvertretungen der Russischen - Föderation sollen so hat es der russische Präsident im Juli angekündigt - i n W i rtschaftsabteilungen der Botschaften umgewandelt werden und künftig nicht mehr dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, sondern d e m Außenministerium unterstehen. Davon ist in Deutschland das Handelsund Wirtschaftsbüro (HWB) in der Russischen Botschaft Berlin betroffen. 9 Die bisherige separate organisatorische Anbindung des HWB an das Handelsministerium hat die russischen Aufklärungsdienste jedoch s ch o n i n d e r Vergangenheit nicht daran gehindert, auch dort Tarndienstposten für den Einsatz von Geheimdienstangehörigen in Anspruch z u nehmen. Die Eingliederung des HWB unter das "diplomatische Dach " d e s russischen Außenministeriums wird deshalb keine nennenswerte n Auswirkungen auf die nachrichtendienstliche Präsenz der russischen Aufklärungsdienste a m Standort Berlin haben. Ausspähungsziele Bei ihren Aufklärungsaktivitäten galt das Interesse der SWR-Offiziere weiterhin innerdeutschen Ereignissen sowie The- Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 229 men, die in Russland besondere Aufmerksamkeit erregten. Dazu gehörte z . B. der Bereich der deutsch-russischen Beziehungen. Auch d i e o ffizielle deutsche Sichtweise bei der künftigen Zusammenarbeit mit dem NATO-Russland-Rat und bei der Osterweiterung der EU sowie die Auffassung der Parteien zur internationalen Terrorismusbekämpfung und Krisenbewältigung fanden bei SWR-Angehörigen besonderes Interesse. Darüber hinaus entfaltete der SWR Aktivitäten zur Beschaffung westlicher Spitzentechnologie. GRU-Angehörige betrieben unverändert Informationsbeschaffung im Hinblick a u f d i e NATO und die Bundeswehr. Z u diesem Zweck besuchten GRU-Offiziere z. B. militärspezifische Veranstaltungen und bemühten sich u m Kontakte z u R ü s- tungsfirmen und zur Bundeswehr. III. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der übrigen Mitgliedsländer der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Neben Russland verfügen auch die anderen Republiken der Gemeinschaft Unabhängige r Staaten (GUS) über Nachrichtenund Sicherheitsdienste. Diese wurden ab Anfang der 90er Jahre auf den nachrichtendienstlichen Strukturen der zivilen und militärischen Nachrichtendienste der ehemaligen Sowjetunion, die dort regional präsent waren, aufgebaut. In der überwiegenden Zahl der Staaten sind Spionageabwehr und Aufklärung in einem Dienst vereint, in einigen besteht zusätzlich ein militärischer Aufklärungsdienst. Mittlerweile sind die Nachrichtenund Sicherheitsdienste fester Bestandteil der Machtstrukturen in den oft autokratisch regierte n Republiken. Neben der bilateralen Zusammenarbeit von Diensten einzelBilaterale und ner Staaten der GUS auf bestimmten Themenfeldern - z. B. zu multilaterale regionalen Konfliktlösungen - gibt es auch eine multilaterale KoKooperation operation der Dienste aller Staaten der GUS, die in zahlreichen Kooperationsabkommen festgeschrieben worden ist. Solche Übereinkommen - z. B. über die Nutzung eines gemeinsamen Datensystems - werden in der Regel anlässlich vo n Konferenzen der Dienstleiter abgeschlossen. Im September fand die dreizehnte Z u- sammenkunft dieses Kreises in der moldawischen Hauptstadt Chisinau statt. Thema war dort u . a. die Überprüfung der Zusammenarbeit der Dienste, zum Beispiel auf technischem Gebiet. Bericht 2002 230 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Ausspähungsziele Neben den klassischen Zielen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militär richten sich d i e Aufklärungsaktivitäten der Dienste nach d e n Vorgaben der jeweilige n Staatsführung. Auf eigenem Staatsgebiet werden offizielle deutsch e Vertretungen wie auch deutsche Firmen und deren Mitarbeiter beobachtet. Bereits vor einer Reise von Deutschen in die GUS-Staaten können in Deutschland im Konsularbereich eingesetzte Nachrichtendienstmitarbeiter interessante Personen anhand der geforderten Datenangaben im Visumantrag erkennen, um ggf. eine nachrichtendienstliche Anwerbung vorzubereiten. Eine weitere Zielgruppe bilden Personen, die wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit aus den GUS-Staaten aussiedeln wollen. Dieser Personenkreis wurde zu Zeiten der ehemaligen Sowjetunion intensiv beobachtet, seine Interessenvertretungen wurden vo m KGB nachrichtendienstlich unterwandert . Auch die heutigen Dienste s i n d b e i teilweiser Fortsetzung der Beobachtung recht gut über diese Personen informiert. Es gibt Bemühungen einiger GUS-Nachrichtendienste, sie für eine nachrichtendienstlich e Aufklärungstätigke i t z u gewinnen. Zum Teil versuchen die Dienste auch s chon früher ausgesiedelte Personen, die aus privaten oder beruflichen Gründen in ihre alte Heimat reisen, für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit z u gewinnen. Residenturen Neben Operationen, die - sowohl auf eigenem Staatsgebiet als auch i m Ausland - direkt aus den Zentralen der Dienste gesteuert werden, setzen einige GUS-Nachrichtendienste auch Mitarbeiter, meist unter diplomatischer Tarnung, an Legalresidenturen im Ausland ein. Die Intensität der Auslandsaktivitäten ist allerdings durch d i e finanzielle Ausstattung der Dienste begrenzt. IV. Aktivitäten vo n Nachrichtendiensten aus Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas Die Bundesrepublik blieb auch unverändert e i n Ausspähungsziel für die Nachrichtendienste einiger nahund mittelöstlicher sowie nordafrikanischer Staaten. Neben der "klassischen" Spionage konzentrierten sich deren Aktivitäte n vor allem auch auf die Oppositionellenausforschung. Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 231 1. Irakisch e Nachrichtendienste Das irakisch e Regime bemühte sich zunehmend, im Ausland Bemühen um lebende Landsleute und pro-irakisch eingestellte Personen und Abbau der Organisationen des öffentlichen Lebens für seine Zwecke z u Isolation gewinnen. Hochrangige Funktionäre der irakischen Administration warben auf Vortragsveranstaltungen in Europa insbesondere um eine vollständige Aufhebung der seit 1991 - nach dem Golfkrieg im Zusammenhang mit der irakischen Besetzung Kuwaits - gegen den Irak gerichteten UN-Embargobestimmungen. Vor dem Hintergrund einer drohenden kriegerischen Auseinandersetzung mit den USA nutzte der irakische Nachrichtendienst vor allem die Mitglieder der "Vereinigung d e r i m Ausland lebenden Iraker". Diese werden in regelmäßigen Abständen zu Konferenzen in den Irak eingeladen und dort dazu angehalten, sich in ihrem Gastland in jeglicher Hinsicht für die Belange des Irak einzusetzen. Dabei dürften neben Propagandazwecken auch Proliferationsaspekte eine Rolle spielen. Auffällig sind auch d i e Kontakte der Irakischen Botschaft Kontakte zu zur rechtsextremistischen Szene in Deutschland. Damit dürfte Rechtsextremisten das Ziel verfolgt werden, diese Kräfte im Sinne einer antiamerikanischen und anti-israelischen Propaganda zu nutzen. Ein Arbeitsschwerpunkt des irakischen Nachrichtendienstes Aufklärungsziele ist weiterhin die Ausspähung der im Bundesgebiet lebenden und -methoden Regimegegner. Vornehmliches Ziel ist dabei die irakisch-kurdische Opposition. Der irakisch e Nachrichtendienst kann sich auf Informanten stützen, die er in kurdischen Gruppierungen oder in deren Umfeld platziert hat. Bei der Rekrutierung von Informanten spielt auch die Irakische Botschaft in Berlin eine Rolle. Mitarbeite r d e s Nachrichtendienstes sind dort abgetarnt untergebracht. Diese Geheimdienstoffiziere können auf Personen in einer großen irakischen Gemeinde zurückgreifen, die aus unterschiedlicher Motivation heraus - finanzielle Anreize, Situation der Familienangehörigen in der Heimat, Ausstellung von Dokumenten - bereit sind, mit dem Regime in Bagdad zu kooperieren. Ein Beleg für die großen Spannungen zwischen den im Besetzung der Ausland befindlichen Regimegegnern und der irakischen ReBotschaft in gierung war die gewaltsame Besetzung der Irakischen BotBerlin schaft a m 2 0 . August in Berlin. Fünf bewaffnete irakische Asylbewerber, von denen sich vier seit März 2002 und einer seit Bericht 2002 232 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Juni 2001 in Deutschland aufhielten, waren in die Botschaft eingedrungen, hatten mehrere Diplomaten als Geiseln genommen und im Namen einer bis dahin unbekannten "Demokratischen Irakischen Opposition in Deutschland" Propagandaaufrufe an die Bundesregierung und die Öffentlichkeit zum Sturz des irakischen Regimes verbreitet. Nach mehreren Stunden konnte d i e Polizei die Besetzungsaktion beenden und die Geiselnehmer festnehmen. 2. Syrisch e Nachrichtendienste Ziele und Wege der Syrien unterhält für die Auslandsaufklärung sowohl einen ziOppositionellenvilen Nachrichtendienst (IDRAT A L-MUKHABARAT A L-AMMA) ausspähung als auch einen militärischen Geheimdienst (SHU'BATAL-MUKHABARAT A L-ASKARIYA). Die Ausspähungsaktivitäten der syrischen Dienste gegen die in Deutschland lebenden syrischen Oppositionellen unterschiedlicher politischer Ausrichtung sind weiter zu beobachten. Nachrichtendienstoffiziere an der Syrischen Botschaft in Bonn unterhalten zu diesem Zweck ein Netz geheimer Informanten innerhalb der syrischen Gemeinde, um Informationen über deren Organisationsstrukturen, Funktionäre und Anhänger, politische Pläne und Kommunikationswege nach Syrien zu gewinnen. Darüber hinaus spielen die Organisationsstrukturen der syrischen Baath-Partei in Deutschland für die Nachrichtendienste eine wichtige Rolle bei der Kontrolle hier aufhältlicher syrischer Staatsangehöriger. Das besondere Interesse der syrischen Dienste gilt seit Jahren den islamistischen Bestrebungen, zumal solchen, von denen eine Bedrohung für das eigene Regime ausgeht, wie dem syrischen Zweig der Muslembruderschaft . B e i d e r Rekrutierung vo n Agente n - vornehmlich im Heimatland - gehören die Androhung vo n Repressalien, Festnahmen, Misshandlungen und das Verbot der Rückreise nach Deutschland zur gängigen Praxis syrischer Nachrichtendienste. 3. Iranisch e Nachrichtendienste Ziele und Schwerpunkt der Aktivitäten des iranischen NachrichtendienMethoden des stes VEVAK (Ministerium für Nachrichtenwesen und Sicherheit) VEVAK war auch im Jahr 2002 die Ausspähung der iranischen Oppositionsgruppen innerhalb der mehr als 100.000 Personen Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 233 umfassenden iranischen Gemeinde in Deutschland. Dabei gilt das Interesse dem gesamten regimefeindlichen Spektrum, insbesondere aber der militantesten Oppositionsgruppe, der terroristischen "Volksmodjahedin Iran-Organisation" (MEK) 10 und ihrem politischen Arm, dem "Nationalen Widerstandsrat Iran" (NWRI). Der VEVAK bemüht sich, durch die Anwerbung aktiver oder ehemaliger Mitglieder dieser Organisationen Informationen über deren regimefeindliche Aktivitäten, deren Strukturen und Führungskader zu gewinnen. Darüber hinaus versucht er, durch Einflussnahme und gezielte Gegenpropaganda deren Position zu schwächen. Hauptamtliche und zur Zusammenarbeit verpflichtete Mitarbeite r d e s Nachrichtendienstes an den diplomatischen und konsularischen Vertretungen des Iran in Deutschland sind dabei unverändert i n d i e n a chrichtendienstlich e Aufklärung eingebunden. Sie versuchen, Informante n z u gewinnen und abzuschöpfen, oder leisten logistisch e Unterstützung bei Operationen, die von der Zentrale in Teheran geführt werden. Persönliche Treff s d e r Agenten mit Führungsoffizieren des VEVA K finden in der Regel im Iran oder in Drittländern s tatt. 4. Libysch e Nachrichtendienste Libyen betont immer wieder, d a s s e s d e m Terrorismus abgeBetonung der schworen habe. Allerdings ist das Regime nach w i e vor mit Abkehr vom der Bewältigung der Folgen seiner terroristischen VergangenTerrorismus heit befasst. In diesem Zusammenhang spielen Entschädigungszahlungen an die Opfer und Hinterbliebenen der Terroranschläge von Lockerbie 11 und auf die Berliner Diskothek "La Belle" 12 eine große Rolle. Zumindest inoffiziell scheint Libyen inzwischen bereit zu sein, die Verantwortung zu übernehmen. Es wurde in Aussich t gestellt, Entschädigungsleistungen über die "Gaddafi International Foundation for Charitable Association" abzuwickeln. Die libyschen Nachrichtenund Sicherheitsdienste sind unAufklärungsziele verändert in Deutschland aktiv. Die amtlichen Vertretungen und -methoden Libyens, die Botschaft i n - Berlin das "Libysch e Volksbüro" - und das Generalkonsulat in Bonn, spielen eine wichtige Rolle Bericht 2002 234 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten bei der Überwachung und Ausspähung in der Bundesrepublik lebender libyscher Oppositioneller, libyscher Studenten und anderer hier vorübergehend aufhältlicher libyscher Staatsangehöriger. Daneben gilt das nachrichtendienstliche Interesse international agierenden islamistischen Gruppen, da auch L i- byen seit Jahren unter dem Druck fundamentalistischer Kräfte steht. V. Aktivitäten fernöstlicher Nachrichtendienste Auch d i e Nachrichtendienste einzelner fernöstlicher Staaten entwickeln Aktivitäten, die deutsche Interessen tangieren. Zu nennen sind hier vor allem die Dienste d e r Volksrepubliken (VR) China und Nordkorea. 1. Chinesisch e Nachrichtendienste Aufklärungsziele Hauptträger der nachrichtendienstlichen Aktivitäten der VR und -methoden China im Ausland sind das "Ministerium für Staatssicherheit" (MSS) sowie der Nachrichtendienst der "Volksbefreiungsarmee" (MID). Beide Dienste sind mit der Beschaffung von Informationen aus allen klassischen Aufklärungsfeldern betraut - also Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft u n d Forschung. Ihre in Deutschland eingesetzten Mitarbeiter, zumal die in amtlichen - chinesischen Vertretungen Botschaft , Konsulate - abgetarnt tätigen, betreiben auf breiter Basis Gesprächsaufklärung. Hierzu bauen sie systematisch Kontakte z u kompetenten Gesprächspartnern aus allen nachrichtendienstlich interessanten Bereichen auf. Ziel ist es, über langfristige Beziehungen auf freundschaftlicher Basis offene Informationsquellen zu gewinnen und dadurch a n I n formationen zu gelangen, die ohne diese Freundschaftsbeziehung nicht zu beschaffen wären. Oppositionelle Z u d e n Ausspähungszielen der Nachrichtendienste gehören auch in Deutschland lebende chinesische Oppositionelle, die in zahlreichen Vereinen organisiert sind. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Aktivitäten der in China verbotenen FalunGong-Bewegung, die auch in Deutschland über Anhänge r verfügt. Es ist nich t z u e rwarten, dass der personelle Wechsel in der politischen Führung Chinas auf dem 16. Parteitag der Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 235 Kommunistischen Partei (KP) Chinas Mitte November zu einer Änderung der nachrichtendienstlichen Aufklärung führen wird. 2. Nordkoreanische Nachrichtendienste Seit der Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen Aufwertung der der Bundesrepublik Deutschland und der Koreanischen DeBotschaft mokratischen Volksrepublik (KDV R ) a m 1. März 2001 wurde die Botschaft d e r K DVR in Berlin kontinuierlich aufgewertet. Der in Berlin amtierende Botschafter der KDVR wurde inzwischen auch in Belgien, Luxemburg, Tschechien und der Slowakei als Botschafter akkreditiert. Seine Nebenakkreditierung bei der Europäischen Union (EU) steht noch aus. Eine wichtige Stütze des in Nordkorea herrschenden Regimes ist weiterhin eine Vielzahl von Sicherheitsund Nachrichtendiensten, die alle dem Staatsund Parteichef KIM Jong Il direkt oder zumindest mittelbar unterstellt sind. Derzeit ist vo n e t w a 7 Nachrichtendiensten und zahlreichen weiteren Organisationen auszugehen, die wie Nachrichtendienste arbeiten und geführt werden. Die nordkoreanischen Nachrichtendienste unterhalten an Legalresidenturen der Botschaft d e r K DVR in Berlin auch weiterhin Legalresidenturen. Deren nachrichtendienstlicher Auftrag dürfte sich ausgeweitet haben, da anzunehmen ist, dass zumindest der Resident des "Ministeriums für Staatssicherheit" (MfSS) jetzt u. a. auch für die personelle und materielle Sicherheit nordkoreanischer Einrichtungen in den Ländern verantwortlich ist, die in den erweiterten Zuständigkeitsbereich des Botschafters der KDVR fallen. Nordkorea wird unverändert der Herstellung sowie des VerProliferation triebs von Massenvernichtungswaffe n verdächtigt. Es fielen Hinweise an, dass Nordkorea gege n d e n Vertrag mit den USA aus dem Jahr 1994 "Erdöl gege n Atomwaffenstopp" verstoßen und vertragswidrig zumindest ein Atomwaffenprogramm weiterbetrieben hat. Darüber hinaus haben seit etwa Herbst 2002 verschiedene nordkoreanische Aktivitäten zu einer Verschärfung der Gesamtsituation geführt. Es ist davon auszugehen, dass Botschaftspersonal auch weiBeschaffungsterhin in die Beschaffung sensitiver Güter involviert ist. Da bemühungen die bisherige Praxis, die Ausfuhr solcher Güter über europäiBericht 2002 236 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten sche Drittländer zu organisieren, aufgrund der umfangreichen Kontrollen kaum noch möglich ist, wird versucht, solch e Ausfuhren über China oder Singapur abzuwickeln. Nicht selten werden dazu nordkoreanisch e Tarnfirmen in China als Endverbraucher angegeben. VI. Proliferation * Besonders seit den Terroranschläge n vo m 11. September 2001 in den USA ist die Frage in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerück t , o b Terrororganisationen im Besitz atomarer, biologischer oder chemischer Massenvernichtungswaffe n o d e r s o genannter Schmutziger Bomben - damit ist das Ausbringen hoch radioaktiven Materials mittels einer konventionellen Bombe gemeint - sind. Es gibt Erkenntnisse, dass einige Staate n - wie z. B. Irak, Iran, Libyen, Syrien, Indien, Pakista n u n d Nordkorea - entweder bereits im Besitz von Massenvernichtungswaffen sowie der erforderlichen Trägersysteme sind bzw. sich u n- verändert darum bemühen. BeschaffungsDie restriktiven nationalen wie internationalen Exportkonmethoden trollen haben die Beschaffungsmethodik bestimmter an Proliferationsgütern interessierte r Staate n verändert: Direktbeschaffunge n von Produkten zugunsten eindeutig proliferationsrelevanter Einrichtungen in diesen Ländern bilden die Ausnahme. Seit geraumer Zeit wird versucht, den Bedarf durch Umweglieferungen (Lieferung durch Zwischenhändler und über Drittstaaten), durch Gründung weltweite r Tarnfirmen oder durch die Angabe falscher Endverbraucher zu decken. Zudem wird in zunehmendem Umfang versucht, notwendige Warenund Ausrüstungsteile für Massenvernichtungswaffen im Land selbst herzustellen. "Dual-use-Güter" Besondere Probleme bereiten nicht nur die zum großen Teil konspirativ arbeitenden ausländischen Beschaffungsnetzwerke. Schwierig ist auch die Zuordnung und Einstufung von Geschäftsvorgängen, wenn es sich bei den Gütern u m P r o- dukte mit "Dual-use-Charakter" handelt, d. h . u m Waren, die sowohl für zivile als auch für proliferationsrelevante Z wecke verwendet werden können. * Unter Proliferation versteht man die Verbreitung von A-, B-, C-Waffen sowie entsprechender Trägertechnologien. Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 237 Von den um Proliferation bemühte n Staaten wird der welt"Know-howweite Austausch vo n technologisch-wissenschaftlichem FachwisTransfer" sen auch d a z u genutzt, sich spezielles Know-how anzueignen, das auch z u r Weiterentwicklung von Massenvernichtungswaffen (z. B. Entwicklung neuer Kampfstoffe) oder von Trägersystemen (z. B . Reichweitensteigerung von Raketen, Entwicklung unbemannter Trägersysteme) geeignet ist. Dieser proliferationsrelevante Wissenstransfer wird oft durch e i n e n s o genannten Legendenkontakt zwischen Forschungseinrichtungen der betreffenden Länder mit Forschungseinrichtungen einer Universität oder Firma in Deutschland eingeleitet. Zur Aufdeckung proliferationsrelevanter Aktivitäten arbeiten Notwendigkeit der Bundesnachrichtendienst (BND), das Bundeskriminalamt enger Zusammenar(BKA), das Zollkriminalamt (ZKA), das Bundesamt für Wirtschaft beit und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die Verfassungsschutzbehörden eng zusammen. Durch einen intensiven Informationsaustausch konnte s o u . a. eine Ausfuhr proliferationsrelevante r Waren nach Nordkorea zunächst gestoppt und einer amtlichen Überprüfung unterzoge n werden. Der Verfassungsschutz informiert Firmen, Institute und wisSensibilisierungssenschaftliche Einrichtungen über die Proliferationsprogramme maßnahmen der einzelnen Staaten sowie deren nachrichtendienstliche Beschaffungsaktivitäten auch in Deutschland. In diesen Gesprächen wird die Problematik des proliferationsrelevanten Produktund Know-how-Transfers verdeutlicht. Sie sollen der Sensibilisierung dienen, falls Kontakte z u F i rmen, Einrichtungen, Wissenschaftlern o d e r Studente n a u s Staaten bestehen, die um Proliferation bemüht sind. VII. Ermittlungsverfahren Im Jahr 2002 wurden durch den Generalbundesanwalt 31 E r- mittlungsverfahren eingeleite t , 3 0 wege n d e s Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit, eines wegen Landesverrats. Gegen eine Person wurde Haftbefehl erlassen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte eine Angeklagte wegen Landesverrats (SS 9 4 StGB). Bericht 2002 238 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 240 Geheimschutz, Sabotageschutz Geheimschutz, Sabotageschutz Aufgaben des Der Geheimschutz ist ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls Geheimschutzes und für den demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar. E r h a t dafür Sorge zu tragen, dass Informationen und Vorgänge, deren Bekanntwerden den Bestand oder lebenswichtige Interessen, die Sicherheit oder die Interessen des Bundes oder eines seiner Länder gefährden kann, geheimgehalte n u n d vor unbefugte r Kenntnisnahme geschützt werden. Verschlusssache Unabhängig von ihrer Darstellungsform s i n d Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die geheim zu halten sind, Verschlusssachen (VS) und mit einem Geheimhaltungsgrad STRENG GEHEIM, GEHEIM, VS-VERTRAULICH oder VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAU C H z u kennzeichnen. Materieller Der materielle Geheimschutz schafft die organisatorischen Geheimschutz und technischen Vorkehrungen zum Schutz von VS. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Mitwirkung des BfV auf diesem Gebiet folgt aus SS 3 Abs. 2 Satz 1 N r. 3 B VerfSchG und bezieht sich auf die Mitteilung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, die für den materiellen Schutz vo n V S von Bedeutung sein können. Personeller Zentrales Instrument des personellen Geheimschutzes ist Geheimschutz die Sicherheitsüberprüfung vo n Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden sollen. Das Sicherheitsüberprüfungsverfahren ist im Gesetz über die Voraussetzunge n u n d d a s Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) vom 20. April 1994 geregelt. Die Mitwirkung des BfV hieran beruht auf SS 3 Abs. 2 Satz 1 N r. 1 B VerfSch G i n Verbindung mit SS 3 Abs. 2 SÜG. Zuständigkeit Die Zuweisung des personellen Geheimschutzes als "Mitwirkungsaufgabe" bedeutet, dass das BfV keine originäre Zuständigkeit besitzt. Die Verantwortung für die Sicherheitsmaßnahmen liegt bei den zuständige n Stellen. Im öffentlichen Bereich des Bundes ist die zuständige Stelle i. d. R. die Beschäftigungsbehörde. Geheimschutz, Sabotageschutz 241 Auch i m n i chtöffentlichen Bereich, z. B. in Wirtschaftsunternehmen, wird mit staatlichen VS umgegangen, deren Schutz gewährleiste t werden muss. Hier nimmt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Aufgaben der zuständige n Stelle wahr. Als unmittelbare Folge d e r Terroranschläge a m 11. SepPersoneller tember 2001 in den USA hat der Bundestag mit Zustimmung Sabotageschutz des Bundesrate s d a s Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 beschlossen, dessen Art. 5 die Einführung vo n Regelunge n d e s vorbeugenden personellen Sabotageschutzes vorsieht. Das im personellen Geheimschutz bewährte Instrument der SicherheitsSicherheitsüberprüfung soll nun auch verhindern, dass unzuüberprüfung verlässige Personen an Schlüsselpositionen in sensiblen Bereichen beschäftigt werden. Die Überprüfung, so der Gesetzeswortlaut, erfolgt bei Beschäftigten in einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung. Einrichtungen sind lebenswichtig, wenn deren BeeinträchLebenswichtige tigung aufgrund der ihnen anhaftenden betrieblichen EigenEinrichtungen gefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann. Unter betrieblicher Eigengefahr ist die Gefahr zu verstehen, die vom betrieblichen Arbeitsprozess selbst oder von den eingesetzten/eingelagerten Produktionsund Arbeitsmitteln ausgeht, also Explosionsoder Implosionsgefahr, Brandgefahr, Verseuchungsgefahren usw. Lebenswichtig sind weiterhin solche Einrichtungen, die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erheblich e Unru h e i n großen Teilen der Bevölkerung und somit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen lassen würde. Dazu gehört z. B . d i e Versorgung der Bevölkerung mit Postund Telekommunikationsdienstleistungen. I n d e n vorbeugenden personellen Sabotageschutz sollen Verteidigungsauch verteidigungswichtige Einrichtungen außerhalb des Gewichtige schäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung einEinrichtungen bezoge n werden. Hierunter sind Einrichtunge n z u verstehen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft dienen und deren Beeinträchtigung die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr, verbündete r Streitkräfte s owie der Zivilen Verteidigung erheblich gefährden kann. Bericht 2002 242 Geheimschutz, Sabotageschutz Z u d e n verteidigungswichtigen Einrichtungen zählen auch Schlüsselbetriebe der Rüstungsund Ausrüstungsindustrie sowie zentrale Verkehrsund Fernmeldeeinrichtungen. SicherheitsAus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist der Anwenempfindliche dungsbereich d e s vorbeugenden personellen Sabotageschutzes Stellen auf sicherheitsempfindlich e Stellen innerhalb der lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschränkt. Das sind solch e Stellen, die für die Betriebsabläufe o d e r d i e Weiterführung des Gesamtbetriebes von erheblicher Bedeutung sind, sodass im Sabotagefall Teiloder Totalausfälle der lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen drohen. Das heißt, dass nicht alle Beschäftige einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen sind, sondern nur diejenigen, die an einer solchen sicherheitsempfindlichen Stelle beschäftigt sind. Weil von dort eine Einwirkung auf die ordnungsgemäße Funktion der Einrichtung besonders leicht möglich ist, muss sie vor unberechtigtem Zugang geschützt werden. Dazu dient das Mittel der Sicherheitsüberprüfung. Welche lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen künftig dem vorbeugenden personellen Sabotageschutz konkret unterliege n werden, wird in einer Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt. Zustimmung Hervorzuheben ist, dass eine Sicherheitsüberprüfung nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Betroffenen erfolgen darf. Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 244 Scientology-Organisation "Scientology Organisation" (SO) gegründet: 19 5 4 i n d e n U SA, erste Niederlassung in Deutschland 1970 Sitz: Los Angeles ("Church of Scientology International", CSI); Mitglieder: in Deutschland geschätzt: ca. 5.000 bis 6.000 (2001: ca. 5.000 bis 6.000) * Publikationen: u. a. "FREIHEIT", "IMPACT", "SOURCE", "INTERNATIONAL SCIENTOLOGY NEWS", "ADVANCE!", "THE AUDITOR" 1 Teilorganisationen (Auswahl): In Deutschland zehn "Kirchen", darunte r z wei "Celebrity Centres", und elf "Missionen" 2 * Die SO behauptet höhere Zahlen (30.000). 1. Vorbemerkung Die Feststellung der Ständige n Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 5./6. Juni 1997, dass hinsichtlich d e r S O tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebunge n gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen und deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch d i e Verfassungsschutzbehörden gegeben sind, hat unverändert Gültigkeit. 2. Grundlagen Der SO-Gründer L. Ron Hubbard (1911 - 1986) sah sich als Erfüllung einer Prophezeiung des indischen Religionsstifters Gautama Siddharta ( genannt "Buddha"), nach der "... zu einer Zeit weltweiter Degeneration ein Mann aus dem Westen mit einer befreienden Technologie in Erscheinung treten würde, um ein geistiges Goldenes Zeitalter auf Erden herbeizuführen ..." 3 Die SO betrachtet ihre von Hubbard entwickelte "Lehre" als eine "Erlösungsreligion" 4 in der Tradition ostasiatischer Re- Scientology-Organisation 245 ligionen, insbesondere des Buddhismus, die dem Menschen den Zustand vollständige r geistiger Freiheit von dem endlosen Kreislauf von Geburt u n d To d vermitteln und ihn von seinen Banden im "materiellen" Universum befreien will. 5 Charakteristisch f ü r e i n e Person bzw. die Identität des Menschen ist nach Vorstellung der SO nicht deren Körper oder Name, sondern der "Thetan"; dieser habe keine Masse, keine Wellenlänge, also nichts Gegenständliches. 6 Als "Operierender Thetan" sei er im Idealzustand "völlig Ursache über Materie, Energie, Raum, Zeit und Denken" und nicht in einem Körper. 7 Um diesen Zustand zu erreichen, ist Ziel der Scientologen zunächst der "Clear", d. h. der Mensch, der als Ergebnis der "dianetischen" Therapie weder psychosomatische Krankheiten noch "Aberrationen" hat. 8 "Aberration" bedeutet im Sprachgebrauch der Scientologen eine Abweichung vom rationalen Denken oder Verhalten. 9 Abweichunge n von der Rationalität können auf so genannte Engramme zurückgehen. Unter einem "Engramm" verstehen Scientologe n d i e Aufzeichnung einer bloßen Vorstellung von physischem Schmerz und Bewusstlosigkeit in einem begrenzten Zeitraum. 10 Mit Hilfe d e s "Auditing" können diese "Engramme" entdeckt und ihre Auswirkungen eliminiert werden. 11 Bei diesem Verfahren soll der "Auditor", ein so bezeichneter Geistlicher der "Scientology-Kirche" oder jemand, der dazu ausgebildet wird 12, dem "Preclear" (jemand, der noch nicht "Clear" ist) 13 durch e i n e festgelegte Abfolge von Fragen oder Anweisungen helfen, Bereich e vo n Kummer oder Schmerz aufzuspüren. 14 Als Hilfsmittel steht dem "Auditor" dabei das "E-Meter" 15 zur Verfügung. Dieses Gerät soll "den Körperwiderstand und dessen Schwankungen aufgrund seelischer Interaktion" gegen einen elektrischen Strom messen, wenn der Teilnehmer am "Auditing" die beiden Elektroden des Geräts in der Hand hält und vom "Auditor" befragt wird. Die durch den Stromfluss verursachte n Ausschläge d e r Nadel des "E-Meters" sollen dem "Auditor" anzeigen, ob der richtige Bereich vo n Kummer und Schmerz von ihm angesprochen wurde. 16 "Auditing-Kurse" und entsprechendes Schulungsmaterial werden von der SO nach A rt eines Unternehmens gewinnorientiert gegen Entgelt angeboten. Darin besteht die Hauptaufgabe und -tätigkeit der "Kirchen" und "Missionen" in Deutschland. 17 Bericht 2002 246 Scientology-Organisation 3. Zielsetzung Nur formales In Schreiben an den Bundesminister des Innern und an mehBekenntnis zum rere Innenministerien der Länder forderte die "Scientology KirGrundgesetz che Deutschland e. V." (SKD) die Einstellung der nachrichtendienstlichen Beobachtung durch d i e Verfassungsschutzbehörden. Zur Begründung verwies die SKD auf ihre neue Satzung vom 21. März 2002. Diese enthalte das klare Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Danach stimmten die Mitglieder seit jeher darin überein, "das Grundgesetz der BRD, die Verfassungen der Länder und das Recht und das Gesetz zu respektieren". Die Mitglieder seien von der einvernehmlichen Überzeugung geleitet, "... die Lehre von Scientology in dem vom Grundgesetz aufgezeigten Rahmen und stets im Einklang mit dem Gesetz der BRD auszuüben". 18 Tatsächliche Neben kommerziellen Motiven lässt das Handeln der SO Anhaltspunkte im Gegensatz zu diesem formalen Bekenntnis zum Grundgefür verfassungssetz jedoch weiterhin eine politische Zielsetzung erkennen, die feindliche Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet ist. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür finden sich i n d e n S chriften Hubbards. Sie sind für die SO und den einzelnen Scientologe n verbindlich und unabänderlich. 19 Die Organisation wirbt damit ausdrücklich auf einer ihrer Homepage s i m I n- ternet: "Alle Kirchen unterstehen einem internationalen Verwaltungssystem ... um sicherzustellen, dass die vo n L . Ron Hubbard entwickelte geistige und spirituelle Lehre u n d religiöse geistige Philosophie und Technologie der Dianetik und Scientology ... genauso angewendet werden, wie Hubbard d i e s festgelegt hat ..." "Die religiöse Philosophie und die Technologien der Dianetik und der Scientology wurden ausschließlich vo n L . Ron Hubbard entdeckt und entwickelt. Ein fundamentaler Standpunkt der Scientologen ist, dass, wenn die Praktiken genauso angewendet werden, wie er es in seinen Schriften beschreibt, sie universell durchführbar sind und dadurch die Bedingungen verbessern, bzw. zu einem erhöhten geistigen Bewusstsein und erhöhten Fähigkeiten aller führen. Aus diesem Grund betonen die Scientologen die orthodoxe und standardgemäße Anwendung der Scientology Schriften. Deshalb legen sie sich niemals die Schrift gegenseitig aus, sondern beziehen sich immer auf das ursprüngliche Quellenmaterial ..." Scientology-Organisation 247 D i e S O verkauft d i e S chriften ihres Gründers nach w i e vor Ablehnung der ohne inhaltliche Einschränkung. 20 Sie zitiert deren politischen parlamentarischen Inhalt in ihren aktuell erscheinenden Zeitschriften 21, InternetDemokratie einstellungen 22 u n d i n d e n Kursunterlagen, ohne auf eine dem Grundgesetz entsprechende Auslegung oder Anwendung hinzuweisen. So findet sich beispielsweise in den Unterlagen eines Organisationsführungskurses eine Zusammenfassung von Schriften Hubbards, nach denen die parlamentarische Demokratie abgeschafft und durch ein scientologisches System ersetzt werden muss: "Eine völlig demokratische Organisation ist in Dianetik und Scientology schlecht angeschrieben, trotz all dieses Geredes von Übereinstimmung. Durch ein tatsächliches Experiment (Los Angeles, 1950) hat man festgestellt, dass Menschengruppen, die aufgefordert werden, unter sich durc h Nominierung und Abstimmung eine Führungsperson auszuwählen, routinemäßig nur jene auswählen, die sie umbringen würden ... Sollten Sie jemals die Gelegenheit haben, für Ihre Gruppe eine Führungsperson auszuwählen, seien sie dabei nicht demokratisch ... Nehmen Sie die Person, die ein gute r Auditor ist ... Hüten Sie sich ... vor diesen Damen und Herren parlamentarischer Vorgehensweisen, die sämtliche rechtlichen und zeitverschwenderischen Verfahre n kennen ... Demokratien hassen Verstand und Können. Verfallen Sie nicht in diesen Trott. Demokratie ist nur in einer Nation von Clears möglich ... Wenn die Mehrheit herrscht, leidet die Minderheit. Die Besten sind immer eine Minderheit. ... Scientology gibt uns unsere erste Chance, eine wirkliche Demokratie zu haben ..." (Organisationsführungskurs "Grundlegender Mitarbeiter-Hut" 23, Band O, S. 123 f. und S. 652) Hubbard hat das von ihm angestrebte System in einer seiEingeschränkte ner weiteren Veröffentlichunge n a l s Rechtsordnung beschrieGeltung der ben, in der die Existenz des Einzelnen vom willkürlichen ErGrundrechte messen der SO abhängt. Grundrechte s tehen nur den Personen zu, die aus Sicht der Organisation nach einer Auslese im "Auditing"-Verfahren zu den "Ehrlichen" gehören: "... um Hilfe zu erhalten, muss man seinem Auditor gegenüber ehrlich sein ... Dies ist der Weg zur geistigen Gesundheit ... und wirklicher Freiheit ... Jemandes Recht auf ÜberBericht 2002 248 Scientology-Organisation leben ist direkt mit seiner Ehrlichkeit verknüpft ... Freiheit ist für ehrliche Menschen da." (Hubbard, "Einführung in die Ethik der Scientology", Kopenhagen 19 9 8 , S . 3 6 f . und S. 46) Unumschränkt Ein organisationseigener Nachrichtendienst, der sich nicht herrschender a n Recht und Gesetz gebunden sieht, soll Sachverhalte e rforNachrichtendienst schen sowie aus Sich t d e r S O e rforderliche präventive u n d r e- pressive Maßnahmen treffen: "Wi r kennen unsere Feinde, ehe sie zuschlagen. Wir halten sie von wichtigen Positionen fern. Wenn wir einen zufälligerweise in eine Schlüsselposition bringen und er anfängt, Fehler zu machen, dann schießen wir schnell und sprechen später Recht." (Hubbard, "Handbuch des Rechts", Kopenhagen 1979, S. 2 f.) Langfristige Die politischen Fernziele sollen nach d e n Kursunterlagen Veränderungen des der SO nicht durch Teilnahme der Organisation am Prozess politischen Systems der politischen Willensbildung erreich t werden, wie es politidurch "Expansion" sche Parteien und Vereine versuchen, sondern durch ständige der SO Vergrößerung der Organisation und ihrer Einnahmen: "Hitler hat (genau wie Cäsar) nicht sein eroberte s Territorium gefestigt. Es war unmöglich, dies zu tun - nicht, weil er keine Truppen gehabt hätte, sondern we i l e r keine wirkliche Nachfrage nach deutscher Technologie und deutscher Sozialphilosophie hatte, bevor er die Eroberung begann. Daher verlor Hitler seinen Krieg, und das faschistische Deutschland starb ... Sie können Nachfrage anregen ... Sie können sie erschaffen ... Da wir ein Produkt haben, das im höchsten Sinne befreit und entaberriert ... Wir erobern sowieso nicht das Land in dem Sinne, wie es Regierungen tun ... Dies wird erreicht, indem man Individuen von ihre n Aberrationen befreit und indem man verhindert, dass Unterdrücker die Nachfrage schwächen und die Leute erneut aberrieren; und dies ist die Methode der Expansion ..." (Organisationsführungskurs "Grundlegender Mitarbeiter-Hut", Band O, S. 45 f. und S. 50) Scientology-Organisation 249 David MISCAVIGE, als Vorstandsvorsitzender des SO-eigenen Führungsebene der "Religious Technology Center" (RTC) einer der führenden FunkSO zur Umsetzung tionäre der Organisation, zeigt den Willen zur Umsetzung dieder Vorgaben Hubbards fest ser Vorgaben wenn er in einer SO-eigenen Publikation ausentschlossen führt : "Wir haben die Technologie und die Organisation, jedes Hindernis ... zu überwinden ... Die Bevölkerung weiß, dass andere Religionen versagt haben ... Wir müssen ebenso viele Ehrenamtliche Geistliche haben, wie es Polizisten gibt, um jedes einzelne Wesen zurück zur Kirche zu bringen ... Nur Clears und OTs (Anmerkung: Operierender Thetan) werden überleben ... Dies wird erreicht, indem wir UNSEREN UMFANG VERGRÖSSERN ... wir haben einen Planete n z u rette n . . . Und das einzige Mittel, wie man das erreicht, sind Hunderttausende vo n Feldauditoren, Zehntausende von Missionen und Tausende von Organisationen." ("ADVANCE!", Ausgabe 144, 2002, S. 13 f.) In einer anderen SO-Publikation behauptet MISCAVIGE: "Ja - es herrscht Krieg ... Aber es ist nicht der in Afghanistan. Der ist nur ein 'Geplänkel' in dem wirklichen Krieg, der seit Anbeginn der Geschichte auf diesem Planeten wütet ... das Einzige, für das es sich letzten Endes zu kämpfen lohnt ... ist, wofür wir kämpfen ... L. Ron Hubbard h a t u n s d i e Strategie gegeben, einen Planete n z u retten ... In diesem Jahr haben wir nicht einfach nur expandiert. In jedem Sektor haben wir riesige Schritte gemacht, indem wir ,Expansionstriebwerke' aufgestellt haben ... und über unsere auf dem ganzen Planete n wachsende Ethikpräsenz, dank der wir im Jahr 2001 SPs (Gegner oder Kritiker 24) wie Enten auf einem Teich abschossen." ("International Scientology News", Ausgabe 20, 2002, S. 7 f.) 4. Auftreten in der Öffentlichkeit Die SO warb unverändert für ihre "Dianetik"-Kurse mit PubÖffentliche Werbelikationen, Broschüren und Flugblättern, die sie in Fußgänveranstaltungen gerzonen deutscher Großstädte verteilte . Werbeschwerpunkte waren scientologische Methoden zur vermeintlichen VerhindeBericht 2002 250 Scientology-Organisation rung oder Beendigung des Drogenmissbrauchs, zur angeblichen Hilfe i n K a tastrophenfällen sowie die Aufklärung von aus Sich t d e r S O vorhandenen Missständen in der Psychiatrie. Zudem veranstaltete die SO in mehreren deutschen Großstädten Wanderausstellungen mit der Bezeichnung "Was ist Scientology?" oder einen "Crusade der Ehrenamtlichen Geistlichen", eine Demonstration des "Auditing" in einem dafür errichteten Zelt. Internet-Angebote W i e i n d e n Vorjahren bot die Organisation umfangreiche und technisch aufwändig gestaltete, mehrsprachige Seiten im Internet an, die Angaben über ihre Ziele, Teilorganisationen und aktuellen Publikationen enthielten. Daneben warben weiterhin auch einzelne Scientologen, darunter unverändert ca. 600 deutsche Mitglieder, für die Organisation mit eigenen Internetseiten. Kaum Resonanz in Die Werbeaktionen der SO blieben wie in den vergangeder nen Jahren weitgehend erfolglos. Die öffentlichen WerbeverÖffentlichkeit anstaltunge n verzeichneten kaum Besucher. Der Organisation gelang es weiterhin nur in sehr geringe m Umfang, neue Mitglieder zu gewinnen und diese für eine längere Zeitdauer an sich zu binden. Der größte Teil der neu gewonnenen Mitglieder trat schon nach kurzer Zeit wieder aus der SO aus. Die regionalen Schwerpunkte des Mitgliederbestands und der Tätigkeit sind unverändert der Großraum Hamburg sowie die Länder Baden-Württemberg und Bayern. Daneben lässt sich eine größere Zahl von Mitgliedern j eweils den Ländern Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zuordnen. Verfassungs schutz Verfassungsschutz und Demokratie Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Geheimschutz, Sabotageschutz Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte Bericht 2002 252 Erläuterungen und Dokumentation I. Endnoten Verfassungsschutz und Demokratie 1 JESSE, Eckhard: Der Verfassungsschutzauftrag der abwehrbereiten Demokratie: Theorie und Praxis, und LANGE, Hans-Gert : Verfassungsschutz in der Demokratie - ein Instrument zur Sicherung des inneren Friedens, beide in: Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Wehrhafte Demokratie und Rechtsextremismus (Reihe: Texte zur Inneren Sicherheit), Bonn 19 9 2 , S . 7 ff . u n d S . 19 ff. Rechtsextremistische Bestrebungen 1 Dazu zählen auch G ruppierungen subkulturell geprägter Rechtsextremisten (insbesondere Skinheads), wenn diese zumindest ansatzweise neonazistisch ausgerichte t u n d vo n gewisser Dauer sind. 2 In dieser Zahl sind nur diejenigen neonazistischen Gruppierungen und diejenige n d e r rund 160 Kameradschaften enthalten, die ein hinreichendes Maß an Struktur und Dauerhaftigkeit aufweisen. 3 Vgl. Endnote 2 4 Terrorismus ist nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch s chwere Straftaten, wie sie in SS 129 a Absatz 1 Strafgesetzbuch genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 5 Die britische neonazistische Gruppierung "Combat 18 " (C 18) ste h t i m Verdacht, in den 90er Jahren eine Briefbombenserie initiiert zu haben. Ihr sind in jüngerer Zeit kaum mehr militante Aktionen zuzurechnen. In der gewaltbereiten Szene genießt C 18 aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen, insbesondere skandinavischen Staaten ein erhebliches Renommee. Funktionierende C 18-Strukturen in Deutschland sind nicht bekannt. 6 Das "Werwolfkonzept" fordert in Anlehnung an eine ge- Erläuterungen und Dokumentation 253 gen Ende des Zweite n Weltkriegs vo n d e n Nationalsozialisten entwickelte Strategie des Partisanenkriegs einen Kampf kleiner selbständig eingesetzter, aber einheitlich geführter "Werwolfeinheiten", die im Untergrund agieren und unter einer gemeinsamen Führung stehen. Die Bildung von "Werwolfeinheiten" wurde vor allem von rechtsterroristischen Gruppen der 1970er Jahre und in der 1992 verbreiteten Schriftenreihe "Eine Bewegung in Waffen" propagiert. 7 In den "Turner Diaries", einem Roman des 2002 verstorbenen US-amerikanischen Rechtsextremisten William Pierce, kämpft d a s fiktive Mitglied einer extrem militanten und rassistischen Organisation Earl Turner mit Mordund Terroranschläge n gege n Farbige, Juden und das gesamte p o- litische System der USA. Das Buch, das Pierce unter dem Pseudonym "Andrew M AC DONALD" verfasst hatte, inspirierte die sog. "White Power Bewegung" weltweit und diente a l s Vorlage für den Bombenanschlag in Oklahoma City im April 1995, bei dem 168 Menschen den Tod fanden. 8 Unter "leaderless resistance" wird eine Anfang der 90er Jahre von dem US-amerikanischen Rechtsextremisten Louis BEAM formulierte Strategie verstanden, die auf potenziell gewalttätigen Aktionen geheimer Widerstandszellen fußt, denen lediglich die ideologische Basis gemeinsam ist. Diese unterstehen weder einer einheitlichen Führung noch müssen sie untereinander organisatorisch verbunden oder vernetzt sein. 9 Vgl . Verfassungsschutzbericht 2001, S . 49 f. Nach Ablehnung der Eröffnung der Hauptverhandlung im Hinblick auf den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach SS 12 9 StGB durch das Kammergericht Berlin, hat der Bundesgerichtshof am 22.04.2003 beschlossen, dass das Hauptverfahren auch z u SS 12 9 StGB zu eröffnen ist. 10 Auch "Deutsch - Stolz - Treue" oder "Dr. Sommer-Team". 11 Vgl. dazu auch Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), "Rechtsextremistische Skinhead-Musikvertriebe in Deutschland", Köln 2002. 12 Die CD wurde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) indiziert (Bundesanzeiger Nr. 224 vom 30. November 2002). Bericht 2002 254 Erläuterungen und Dokumentation 13 Der Begriff setzt sich a u s d e n Worten "Fan" und "Magazin" zusammen. Diese Szenepublikationen informieren über Musikgruppen, Tonträger, Konzerte s owie sonstige Szeneveranstaltungen. Aktivisten und rechtsextremistische Gruppierungen erhalten in Interviews Gelegenheit zur Selbstdarstellung und zur Verbreitung ihres Gedankenguts. 14 Anmelder der Veranstaltung war der Hamburge r Rechtsextremist Jürgen RIEGER. 15 Unter der Überschrift "Präsidiumsbeschluß zur V-Mann-Hysterie - Jetzt erst recht!" am 17.07.2002 im Internet eingestellte Meldung des NPD-Parteipräsidiums. 16 Vgl. "Deutsch e Stimme" Nr. 4/2002, S. 13. 17 MAHLER war bis zu seinem Austritt aus der NPD unmittelbar nach Verkündung der Entscheidung durch das Bundesverfassungsgerich t s a m 18. März 2003 zwar formal nur einfaches Mitglied der NPD, trat aber außerhalb seiner Funktion als Rechtsvertreter und -berate r b e i Veranstaltungen der Partei auf. Auch wurde er an der Seite von Spitzenfunktionären als Berate r u n d Stichwortgeber bei Parteiversammlungen und Pressekonferenzen präsentiert, sodass seine diesbezüglichen Ausführungen der Partei im Regelfall zuzurechnen waren. 18 Vgl. Horst MAHLER in einem auf der Homepage des "Deutschen Kollegs" unter der Überschrift "NPD-Verbotsprozeß. Die Parte i i n d e r Verantwortung für das Deutsch e Reich" verbreiteten Beitrag, Stand: August 2002. 19 "Deutsch e Stimme" Nr. 3/2002, S. 4. 20 Vgl. "Profi l Nationaldemokratische Schriftenreihe", Folge 12, S. 21. 21 "Profil", a.a.O., S. 19 f., 40. 22 "Profil", a.a.O., S. 22. 23 "Profil", a.a.O., S. 17. Der "Ethnopluralismus" sieht sein Idealbild in einer Völkervielfalt ethnisch homogener Staaten. 24 Vgl. "Profil", a.a.O., S. 21. Erläuterungen und Dokumentation 255 25 "Bundestagswahlprogramm 2002" der NPD, Internet-Fassung, S. 48, Stand: September 2002. 26 Interview mit SCHWAB über dessen neues Buch " VolksStaat statt Weltherrschaft" in "Deutsch e Stimme" Nr. 7/2002, S. 3. 27 "Deutsch e Stimme" Nr. 9/2002, S. 9. 28 "Deutsch e Stimme" Nr. 9/2002, S. 9. 29 Vgl. "Deutsch e Stimme" Nr. 8/2002, S. 21. 30 Schulungsmaterial: "Basisgruppenarbeit in der NPD", S. 7; angefallen im Sommer 2002. 31 Homepage des "Deutschen Kollegs"; Stand: Mai 2002. 32 Die Diskussion geht zurück auf ein erstmals 1991 vom "Nationaldemokratischen Hochschulbund e. V." (NHB) veröffentlichte s Konzept "Revolutionärer We g konkret: Schafft befreite Zonen!" Der unbekannte Autor verbindet damit die "Etablierung einer GEGENMACHT", um Freiräume zu schaffen, "in denen WIR faktisch die Macht ausüben" (vgl. "Vorderste Front - Zeitschrift für politische Theorie & Strategie" des NHB, Ausgabe 2/Juni 1991, S . 4). Dieses Verständnis von "befreiten Zonen" stellt das staatliche Gewaltmonopol infrage und zielt auf die Etablierung rechtsfreier Räume. Als Varianten hatten sich in der NPD auch Vorstellunge n von "befreiten Zonen" herausgebildet, die von der Eroberung "kulturellen Einflusses auf politische Entscheidungsprozesse" über die Organisation und Unterstützung von Kinderfesten und Schülerinitiativen bis zum Hilfsangebot bei Schulproblemen und Schwangerschaftsfragen reichen. 33 Vgl. "Deutsch e Stimme" Nr. 2/2002, S. 3. Das bereits 1997 von der Parteiführung in einem Grundsatzpapier als Anleitung zum Handeln propagierte Drei-Säulen-Konzept enthält als strategische Elemente den "Kampf u m d i e Straße" (Demonstrationen und öffentlich e Veranstaltungen), den "Kampf um die Köpfe" (Beeinflussung der politischen Meinung und Schulung von Anhängern) und den "Kampf um die Parlamente" (Teilnahme an Wahlen). 34 Vgl. "Deutsch e Stimme" Nr. 4/2002, S. 7. Bericht 2002 256 Erläuterungen und Dokumentation 35 In den "Grundgedanken" ihres Parteiprogramms vo n 1996 erklärt die NPD, sie stehe mit einem "lebensrichtigen Menschenbild gegen Fremdherrschaft und Fremdbestimmung, gegen Überfremdung, Ausbeutung und Unterdrückung, für deutsche Freiheit, für Freiheit der Völker, für eine soziale Neuordnung in Deutschland, die unserem Menschenbild entspricht". 36 Unter der Überschrift "Arbeit statt Globalisierung" im Internet eingestellte Meldung des NPD-Parteivorstands. 37 Wie aus einer umfangreichen Medienberichterstattung hervorging, hatte e i n vormaliges Mitglied der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Frühjahr in Interviews und Pressemitteilungen die israelisch e Politik scharf kritisiert und sie mit "Nazi-Methoden" gleichgesetzt. Darüber hinaus sprach e r von der Existenz einer "zionistischen Lobby", die weltweit die Medien beherrsche. Die Absicht des damaligen nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden, den Abgeordneten sowohl in die FDP als auch in deren nordrhein-westfälische Landtagsfraktion aufzunehmen, hatte innerwie außerhalb der Partei heftige Proteste ausgelöst. So erklärte etwa der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in "Stürmer-Manier" seien antisemitische Thesen vorgetragen worden. Der damalige nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende warf diesem daraufhin mehrfach ö ffentlich vor, mit Gehässigkeiten und Intoleranz den Zulauf zum Antisemitismus mit zu verantworten zu haben. Diesem Vorhalt entgegnete der Vizepräsident, diese Äußerungen bewegten sich auf dem Niveau der "Republikaner" und der NPD. 38 Schreibweise aus dem Original übernommen. 39 Vgl. "Deutsch e Stimme" Nr. 7/2002, S. 6. 40 Homepage des "Deutschen Kollegs"; Stand: 22.05.2002. 41 Vgl. "Deutsch e Stimme" Nr. 4/2002, S. 13. 42 Die Bezeichnung "amerikanische Ostküste" wird vo n Rechtsextremisten, so auch von MAHLER, häufig als Synonym für die angebliche Macht amerikanischer jüdischer Bankiers genutzt. 43 "Rundbrief oppositioneller NPD-Kräfte" Nr. 1/2002, S. 1, 4 . Erläuterungen und Dokumentation 257 44 Rundschreiben 8 - 2002 vo m 1. Oktober 2002, S. 3. 45 Positionspapier "Strategische Leitlinien zur politischen Arbeit der NPD", S. 4 9 ff . 46 Vgl . Verfassungsschutzbericht 2001, S . 9 0 . 47 Vgl. BVerfG, 2 BvB 1/01, verkündet am 18.03.2003 48 Zeitschrift des JN-Landesverbandes Berlin-Brandenburg "Jugend-wacht" Nr. 5/2002, S. 12. 49 So kreditiert F R E Y i m Wesentlichen das Defizit der DVU, das 1989 entstanden war. Die Partei hatte 1989 als "DVU - Liste D " m i t Unterstützung der NPD an der Europawahl teilgenommen und diese Wahl mit einem riesigen Defizit abgeschlossen. Das erklärte Ziel war der Einzug in das Europaparlament. FREY hatte nach eigenen Angaben ca. 9,2 Millionen EUR für zahlreiche spektakuläre Aktionen in den Wahlkampf investiert, um dieses Ziel zu erreichen. Wegen des Ergebnisses vo n 1,6 % d e r Stimmen erhielt die DVU jedoch lediglich rund 1,89 Millionen EUR an Wahlkampfkostenerstattung. Die seinerzeit begonnene Verschuldung der DV U konnte bislang nicht ausgeglichen werden. Zur Minderung des Defizits unterstützt FREY die Partei mit einer jährlichen Spende von ca. 500.000 EUR. 50 So beispielsweise die Bücher: "Helden der Wehrmach t - Unsterbliche deutsche Soldaten", "Schweinejournalismus? - Wenn Medien hetzen, türken und linken", "Lexikon der antideutschen Fälschunge n - 2 0 0 L ü- gen und populäre Irrtümer vo n A - Z " . 51 NZ Nr. 37/2002, S. 2. 52 NZ Nr. 24/2002, S. 10. 53 NZ Nr. 37/2002, S. 13. 54 NZ Nr. 4/2002, S. 1. 55 NZ Nr. 14/2002, S. 1. 56 NZ Nr. 43/2002, S. 1. 57 NZ Nr. 3/2002, S. 8 f. Bericht 2002 258 Erläuterungen und Dokumentation 58 NZ Nr. 14/2002, S. 11 f . 59 Die "FZ - Freiheitlicher Buchund Zeitschriftenverlag GmbH" (FZ-Verlag) wird von FREYs Ehefrau geleitet. 60 So warf d i e N Z ( N r. 1-2/2002, S. 1) dem Zentralratspräsidente n vor: "Es erregt immer wieder im deutschen Volk Erstaunen, mit welcher Leichtfertigkeit Spiegel einerseits den heutigen Deutschen Schandtate n gegen Juden andichtet, gleichzeitig aber das zum Himmel schreiende Unrecht an den Palästinensern, das in hunderten UN-Entschließunge n verurteilt wurde, als 'Recht' umfälschen will." 61 Vgl. Endnote 3 7 62 NZ Nr. 24/2002, S. 4. 63 NZ Nr. 32/2002, S. 1. 64 NZ Nr. 30/2002, S. 1, 5 . 65 So beispielsweise Bücher wie "Hitler - Feldherr wider Willen?", "Hans-Ulrich Rudel - Mein Kriegstagebuch", "Die Wehrmacht als Befreierin", Bildbände wie "Streifzüge - E i n Photoalbum der Waffen-SS", "Die Uniformen der Panzertruppe und gepanzerte n Verbände" oder Videos wie "Die Geschichte der Hitler-Jugend" (3 Teile) oder "Die Geschichte der deutschen Luftwaffe " ( 3 Teile). 66 NZ Nr. 5/2002, S. 9. 67 NZ Nr. 13/2002, S. 14. 68 Die Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmach t 1941 b i s 1944" des Hamburger Instituts für Sozialforschung war 1995 gestarte t u n d wege n Unrichtigkeite n i n d e n Textund Fotodokumente n i m November 1999 vo n d e n Verantwortlichen zurückgezogen und überarbeitet worden. 69 NZ Nr. 38/2002, S. 15. 70 NZ Nr. 25/2002, S. 15. 71 Balkenüberschrift zu jedem Serien-Beitrag in der NZ. Erläuterungen und Dokumentation 259 72 NZ Nr. 10/2002, S. 17. 73 NZ Nr. 30/2002, S. 10. 74 NZ Nr. 42/2002, S. 1. 75 NZ Nr. 44/2002, S. 1. 76 NZ Nr. 9/2002, S. 8: "Israels Einfluss auf die US-Politik" 77 Pressemitteilung der REP-Bundesgeschäftsstelle Nr. 62/2002 vom 3. November 2002. 78 Parteiprogramm "Die Republikaner - Politik für Deutsche", verabschiedet am 12. Mai 2002 auf dem Bundesparteitag in Künzell (Hessen), S. 22. 79 "Der Republikaner" Nr. 7-8/2002, S. 1. 80 Fehler aus dem Original übernommen. 81 "Der Republikaner" Nr. 5-6/2002, S. 1. 82 "Der Republikaner" Nr. 3-4/2002, Intern I . 83 "Der Republikaner" Nr. 7-8/2002, S. 3. 84 "Künzeller Resolution"; Antrag vo m 11. Mai 2002 an den REP-Bundesparteitag. 85 Pressemitteilung der REP-Bundesgeschäftsstelle Nr. 61/2002 vom 3. November 2002. 86 "Nation & Europa" Nr. 9/2002, S. 50. 87 Homepage des REP-Landesverbands Sachsen, Stand: März 2002. 88 Zur Begründung führte das Gericht aus, Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch sei, dass die REP unzutreffende Äußerunge n i m veröffentlichte n Verfassungsschutzbericht 2000 und eine Wiederholungsgefahr diesbezüglich glaubhaft machten. Dies sei nicht erfüllt. Auf die Beschwerde der REP hin hat der Verwaltungsgerichtshof Kassel mit Beschluss vom 24. Januar 2003 die Entscheidung des VG Wiesbaden bestätigt. Ein Anspruch a u f G e- Bericht 2002 260 Erläuterungen und Dokumentation währung rechtlichen Gehörs in der Weise, dass die Regierung verpflichtet wäre, vor jeder Veröffentlichung Informationen den Personen oder Gruppen, die in der Information der Regierung erwähnt werden, zur vorherigen Stellungnahme zuzuleiten, finde so das Gerich t keine rechtliche Grundlage und bestehe deshalb grundsätzlich nicht. 89 Vgl. Winfried KRAUSS, "Gut ist, was dem Volk dient, schlecht, was ihm schadet", in: "Deutsch e Stimme" (DS) Nr. 9/2002, S. 20; Hauke NANNINGA, "Zukunftsentwürfe s tatt Grottendiskussionen", in: DS Nr. 7/2002, S. 19; Jürgen SCHWAB, "Nationalstaat als Instrument und Rüstung des Volkes", in: DS Nr. 8/2002, S. 19; Alexander FRISCH, "Kommt Einheit national-identitärer Kräfte?", in: DS Nr. 9/2002, S. 10; Arne SCHIMMER, "Vom Sinn des Opfers und dem Wert des Besonderen", in: DS Nr. 2/2002, S. 16; Winfried KNÖRZER, "Mit Feder und Schwert: Der letzte Preuße", in: DS Nr. 9/2002, S. 17. Bei der "Konservative n Revolution" handelt es sich um eine konservativ-nationalistisch e Strömung des "antidemokratischen Denke n s i n d e r Weimarer Republik", so der Politikwissenschaftler Kurt Sontheimer, v gl. ders., Antidemokratisches Denke n i n d e r Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 u n d 1933, München 1962. 90 Vgl. Jürge n W. Gansel, "Großraumordnung gege n Universalismus", in "Deutsch e Stimme" Nr. 8/2002, S. 10. 91 Vgl. "Signal" Nr. 139/2002 und Nr. 140/2. Quartal 2002. 92 Beim "Dark Wave" handelt es sich um eine Jugendund Musikkultur, die sich insbesondere an Düsterem und Okkultem orientiert und überwiegend unpolitisch ist. Deren heidnisch ausgerichtete r Teil weist formale Gemeinsamkeiten mit rechtsextremistischen Ideologiebestandteilen auf. Dies motiviert Rechtsextremisten, mit einschlägigen Angeboten in diese Szene politisierend hineinzuwirken. Darüber hinaus entwickelten sich aus dieser Subkultur auch eigenständige rechtsextremistisch e Tendenzen (vgl . Verfassungsschutzberich t 1999, S. 8 4 ff.). 93 Vgl. "Junge Freiheit" Nr. 15/02, S. 12. 94 Seit 1997 arbeitet "Synergon Deutschland" mit der nationalrevolutionären "Deutsch Europäischen Studien - Gesell- Erläuterungen und Dokumentation 261 schaft" zusammen. Die beiden 2002 durchgeführte n Tagungen blieben bei nur geringer Beteiligung ohne Außenwirkung. Die publizistischen Aktivitäten kamen weitgehend zum Erliegen. 95 Vgl. "Junge Freiheit" Nr. 26/02, S. 12. 96 Vgl. "Junge Freiheit" Nr. 19/02, S. 3 f . u n d N r. 22/02, S. 1. 97 Vgl. "Deutsche Geschichte" Nr. 60/August-September 2002. 98 Vgl. Claus NORDBRUCH, "Wider den Orwell-Staat", in: "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" Nr. 1/2002, S. 3 f . 99 Vgl. Germar RUDOLF, "Das Jüngste Gericht", in: "Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung" Nr. 2/2002, S. 124. 100 Der Revisionist Ernst ZÜNDEL hatte i m M a i 2 0 01 sein Haus i n Toronto (Kanada), in dem auch s e i n Verlag "Samisdat Publishers" untergebracht war, verkauft und war zu seiner Frau in die USA gezogen. Am 5. Februar 2003 wurde er in seinem Wohnort i n Tennessee (USA) festgenommen und a m 19. Februar 2003 nach Kanada abgeschoben. In Kanada stellte er einen Antrag auf Anerkennung als Flüchtling. Solange eine Zulässigkeitsprüfung seines Antrags nicht abgeschlossen ist, befindet sich ZÜNDEL in Haft . 101 Alle drei genannten Computer-Spiele wurden laut Bundesanzeiger Nr. 18 3 vom 28. September 2002 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert. 102 Vgl . Verfassungsschutzbericht 2001, S.126. 103 Von dieser Tendenz ist auch d i e rund 480 Mitglieder (2001: 480) zählende "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) betroffen, der Autoren, Buchhändler und Verleger aus dem rechtsextremistischen Lager angehören. 104 Vgl. Karl RICHTER, "Die soziale Weltmacht", in: "Nation & Europa" Nr. 9/2002, S. 20. 105 Vgl . Roland WUTTKE, "Bewegung statt Partei", in: "Nation & Europa" Nr. 4/2002, S. 52 f. Bericht 2002 262 Erläuterungen und Dokumentation 106 Franz SCHÖNHUBER, "Schmutzige Kriege", in: "Nation & Europa" Nr. 2/2002, S. 50. 107 Franz SCHÖNHUBER, "Die Dämme brechen", in: "Nation & Europa" Nr. 9/2002, S. 40. 108 Die durch ihre NS-Propagandafilme bekannt gewordene Filmregisseurin wird vo n Rechtsextremisten auch heute noch hoch verehrt . Um die Künstlerin zu würdigen, veröffentlichte VAWS bereits 1996 einen CD-Sampler mit dem Titel "Riefenstahl". Ein weiterer Tonträger ähnlicher Art soll unter dem Titel "Geliebt, verfolgt, vergessen" folgen. 109 Vgl. Endnote 92. 110 Die FUN-Parte i i s t keine Partei im Sinne des Parteiengesetzes. Sie versteht sich als "erste virtuelle Partei für Patrioten". Nach eigenen Angaben zählt sie ca. 300 Mitglieder. 111 Bei der seit April 2000 aktiven Internetseite democracy online today (dol2day) handelt es sich u m e i n e Politik-Simulation, bei der sich virtuelle "Internetparteien" unterschiedlicher politischer Auffassunge n a n " Wahlen" und einer "Internetregierung" beteiligen. Politisch interessierte Internet-Nutzer können im Forum bei dol2day z u u n terschiedlichen Themen diskutieren, "Interesseninitiativen" oder eigene virtuelle "Parteien" gründen. 112 Das Parteiorgan "Der Republikaner" berichtete i n s e i n e r September/Oktober-Ausgabe, dass in nur wenige n Woch e n über 55.000 Zugriffe auf die Homepage verzeichnet werden konnten. Linksextremistische Bestrebungen 1 Terrorismus ist nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch s chwere Straftaten, wie sie in SS 129a Absatz 1 Strafgesetzbuch genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 2 Neben den Autonomen existieren Reststrukturen einer zwei- Erläuterungen und Dokumentation 263 te n Strömung gewaltbereiter Linksextremisten; sie umfassen vor allem antiimperialistisch und internationalistisch ausgerichtete Kleinstgruppen und Einzelpersonen, darunter Aktivisten aus ehemals der "Roten Armee Fraktion" (RAF) nahe stehenden Strukturen. Diese konzentrieren sich i m Wesentlichen auf einen Einsatz für "politische Gefangene". Nennenswerte Aktivitäten ginge n von Gruppierungen aus diesem Spektrum im Jahre 2002 nicht aus. 3 Die Zeitschrift w i r d i m Wesentlichen getrage n von ehemalige n AA/BO-Mitgliedsgruppen aus Bonn, Berlin und Göttingen sowie Autonomen aus Leipzig. Bisher erschienen fünf Ausgaben (zuletzt im September 2002). 4 "INTERIM" Nr. 5 4 9 vom 25. April 2002, S. 35. 5 Am 27. November 2002 wurden zwei mutmaßliche Angehörige d e s " kommandos 'freilassung aller politischen gefangenen'" aus Magdeburg im Rahmen von Exekutivmaßnahmen des Generalbundesanwalts wege n d e s Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und der Beteiligung an den Straftate n vo m 18. März festgenommen. Gleichzeitig wurden vier Objekte in Magdeburg, Quedlinburg und Berlin durchsucht; in einer der Wohnungen wurden Gegenstände sichergestellt, die zur Herstellung von Sprengund Brandvorrichtunge n geeignet sind. Gegen die beiden Beschuldigten erging Haftbefehl. 6 Zahlreiche z. T. konspirativ hergestellte u n d verbreitete Szenepublikationen veröffentlichen regelmäßig Taterklärungen, Positionspapiere, Aufrufe zu Demonstrationen, "Bastelanleitungen" (Anleitungen zur Herstellung u.a. von Brandund Sprengsätzen) und andere für die linksextremistische Diskussion und Praxis relevante Beiträge. Die meisten dieser Publikationen z.B. "Swing" (Frankfurt am Main), "EinSatz" (Göttingen) oder "incipito" (Leipzig) haben vorrangig regionale Bedeutung. Von bundesweite r Relevanz ist vor allem die 14-tägig in Berlin erscheinende Schrift "INTERIM". 7 So sind Homepages mit linksextremistischem Inhalt im Internet abrufbar, d i e u m d e r Strafverfolgung in Deutschland zu entgehen gezielt über im Ausland angesiedelte Provider angebote n werden. 8 Carlo Giuliani war bei den schweren Straßenkrawallen anlässlich des G8-Gipfels am 20. Juli 2001 i n G e nu a von eiBericht 2002 264 Erläuterungen und Dokumentation nem Polizisten tödlich verletzt worden. 9 Impressum der "graswurzelrevolution" Nr. 270 vom Sommer 2002. 10 a.a.O. 11 Selbstdarstellung der FAU-IAA zum Thema Anarcho-Syndikalismus. 12 a.a.O. 13 "Unsere Zeit" (UZ) vom 6. Dezember 2002. Kommunistische Parteien aus folgenden Ländern/Regionen nahmen teil: Griechenland, Italien, Irak, Kurdistan, Portugal, Türke i . Kommunistische Parteien aus den folgenden Ländern schickten Grußadressen: Frankreich, Japan, Jugoslawien, Costa Rica, Laos, Österreich , Polen, Spanien, Sudan, Ungarn. 14 Vgl . U Z vom 6. Dezember 2002. 15 ebda. 16 ebda. 17 Vgl . U Z vo m 15 . November 2002. 18 Broschüre des DKP Parteivorstands "Internationale Konferenz der DKP 29./30. Juni 2002 in Berlin", S. 54. An der Konferenz nahmen kommunistische Parteien aus folgenden Ländern/Regionen teil: Afghanistan, Australien, England, Chile, Dänemark, Griechenland, Irak, Iran, Italien, Japan, Kolumbien, Nord-Korea, Kuba, Kurdistan, Laos, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Palästina, Polen, Portugal, Russland, Schweiz, Sudan, Böhmen und Mähren, Türkei, USA, Vietnam, Zypern. 19 ebda., S. 4. 20 Vgl . U Z vo m 1. November 2002. 21 Vgl . U Z vom 26. April 2002. 22 VVN-BdA und VVdN-BdA gehen auf die 1945/1946 von KPD und SED auf den We g gebrachte und zunächst gesamt- Erläuterungen und Dokumentation 265 deutsch konzipierte " Vereinigung der Verfolgte n d e s Naziregimes" (VVN) zurück . Aufgrund alliierte r Vorbehalte e r- folgte die Gründung zunächst auf Zonenebene: am 22./23. Februar 1947 in Berlin für die SBZ, auf der "1. Interzonalen Länderkonferenz der VVN" ("1. Gesamtdeutsch e Konferenz der VVN") am 15./17. März 1947 in Frankfurt a m Main für die Westzonen sow i e a m 16./17. Januar 1948 in Berlin für "Groß-Berlin". In der Bundesrepublik Deutschland wurden in den 50er und 60er Jahren zahlreiche Landesverbände der VVN verboten. Auf Bundesebene bestand die VVN seit 1971 als VVN-BdA bis zum Bundeskongress 2002 fort. Sie blieb stets unter dominierendem Einfluss von KPD und DKP. In der DDR wurde die VVN auf Weisungen der SED am 21. Februar 1953 aufgelöst, offiziell weil die Entwicklung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung in der DDR zur Ausrottung aller Wurzeln des Faschismus geführt habe und die Aufgabe der VVN somit erfüllt sei. Am 23. Februar 1953 installierte die SED ein "Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR" (KdAW). Nach Zusammenbruch d e s Regimes initiierte das KdAW a m 12./13. Mai 1990 den "ANTIFA-Bund der Antifaschisten in der DDR" (BdA) und konstituierte sich selbst am 30. Oktober 1990 als "Interessenverband ehemalige r Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgte r d e s Naziregimes und Hinterbliebener" (IVVdN). Der Dachverband des IVVdN und der linksextremistisch beeinflusste "Bund der Antifaschisten (Dachverband)" (BdA) bildeten am 25. März 2000 einen gemeinsamen Dachverband durch Umbenennung des IVVdN in "Verband ehemalige r Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgte r d e s Naziregimes und Hinterbliebener - Bund der Antifaschisten" (VVdN-BdA). Der BdA-Dachverband löste sich a m 8 . Dezember 2001 auf, seine Arbeit setzte e r i n d e n Strukturen des VVdN-BdA fort. 23 Fred DELLHEIM (PDS), einer der beiden VVN-BdA-Vorsitzenden, zitiert i n " Neues Deutschland" vo m 7. Oktober 2002. 24 Presseerklärung der VVN-BdA vom 23. Januar 2002. 25 "Neues Deutschland" vom 5. Februar 2002. 26 "junge Welt" vom 6. Oktober 2002, S. 6. Bericht 2002 266 Erläuterungen und Dokumentation 27 In Anlehnung an die von der US-Regierung konstatierte "Axis of evil". 28 Die PDS scheiterte m i t 4 % d e r Z weitstimmen klar an der 5 %-Hürde. Die Parte i i s t i m 15. Deutschen Bundestag nur noch m i t z wei in Berliner Wahlkreisen direkt gewählten Abgeordnete n vertreten. 29 S o formuliert in: "Für eine moderne sozialistische Partei in Deutschland - Grundprobleme der Erneuerung der PDS", Studie der "Rosa-Luxemburg-Stiftung", Oktober 2002. 30 Der Beschluss wurde auch von der "Kommunistischen Plattform der PDS" (KPF) unterstützt. 31 Infolge der seit Jahren andauernden innerparteilichen Diskussion um die Strategie und Taktik der PDS hat sich a m 23./24. November in Berlin eine Bundesarbeitsgemeinschaft "Linke Opposition in und bei der PDS" gebildet. Die Mitglieder der AG , z u m Teil Kommunisten aus der KPF und dem "Marxistischen Forum der PDS", werfen dem Parteivorstand der PDS vor, auf einem Friedenskurs mit dem Kapitalismus zu sein. Kritisiert worden seien auch s o " Neues Deutschland" (ND) vom 26. November die KPF und das "Marxistisch e Forum der PDS", die die Auseinandersetzung mit dem Vorstand gescheut hätten. I m November hat sich ebenfalls in Berlin eine Gruppe von rund 150 Mitgliedern und Sympathisanten der PDS zusammengefunden, um im Frühjahr 2003 ein "Netzwerk Reformlinke " i n d e r P D S z u gründen (ND vo m 11. November 2002). Die Unterstützer wollen, so die Tageszeitung "junge Welt" (jW) vo m 13. November, für eine neue Mehrheit in der PDS kämpfen, für eine moderne linke Partei, die der Strategie einer fruchtlosen Fundamentalopposition eine Absage e rteile. 32 Der Thüringer PDS-Landesvorsitzende Dieter HAUSOLD erklärte auf dem Landesparteitag am 23./24. November in Ilmenau u. a.: "Aber, wie im Leitantrag des Landesvorstandes festgehalten, wir müssen schon deutlich machen, dass wir im Gegensatz zu den etablierten Parteien der Bundesrepublik nicht nur Kapitalismus gestalte n wollen. Wir wollen langfristig über ihn hinaus ..." ("PDS-Pressedienst" Nr. 5 0 vo m 13. Dezember). 33 I n d e r Studie mit dem Titel "Für eine moderne sozialisti- Erläuterungen und Dokumentation 267 sche Partei in Deutschland - Grundprobleme der Erneuerung der PDS" (Autoren Michael BRIE, Parteistiftung, Andre BRIE, Europaabgeordneter der PDS und Michael CHRAPA, Mitglied der Grundsatzkommission der PDS) wird der PDS nahegelegt, mit sehr langfristige r Perspektive d e n Weg einer gestaltenden Oppositionskraft zu beschreiten und ihr Hauptziel in einem Beitrag zur Veränderung vo n geistigen und politischen Kräfteverhältnissen in der Gesellschaft, der Schaffung vo n Voraussetzungen für eine deutliche Linkswende zu sehen. Unte r d e n gegebenen Bedingungen könne dies nur bedeuten, radikaldemokratisch e Positionen in allen Bereichen der Gesellschaft zur Geltung zu bringen. Die Gestaltungsmacht sollte vor allem im Hinblick a u f d i e Formierung alternativer Ansätze, die Förderung breiter alternative r gesellschaftlicher Koalitionen, die Herausbildung einer kritischen Gegenöffentlichkeit und die Stärkung von Protestfähigkeit entwickelt werden. Dies schließe Regierungsbeteiligungen prinzipiell nicht aus, ordne sie aber der gesellschaftlichen Opposition gegenüber dem Neoliberalismus in seinen verschiedenen Spielarten unter. 34 Autor ist Dieter KLEIN, Mitglied der Grundsatzkommission der PDS; KLEIN wie auch die Brüder Andre und Michael BRIE sind Autoren des Programmentwurfs der Parteiführung der PDS vom April 2001, v gl . Verfassungsschutzbericht 2001, S . 166 f. 35 Die Formulierung "tiefe Brüche" ist dem "Manifest der Kommunistischen Partei" von Marx/Engels entlehnt, in dem eine Stelle lautet: "Die kommunistisch e Revolution ist das radikalste Brechen mit den überlieferten Eigentumsverhältnissen." (Marx/Engels: "Manifest der Kommunistischen Partei", [MEW], Bd. 4, S. 481). 36 Dazu zählen die "Kommunistische Plattform der PDS" (KPF), das "Marxistisch e Forum", die in einigen Ländern lokal noch existierende "Arbeitsgemeinschaft Junger GenossInnen in und bei der PDS" (AGJG) sowie die Organisationen des "Forums Kommunistischer Arbeitsgemeinschaften" (ehemals "Bund Westdeutscher Kommunisten" BWK ), die sich teils soweit in die jeweiligen Länderstrukturen der PDS aufgelöst haben, dass sie keine eigenen Aktivitäten mehr entfalten. 37 I n d e r Studie der "Rosa-Luxemburg-Stiftung" mit dem Titel "Für eine moderne sozialistische Partei in Deutschland - Grundprobleme der Erneuerung der PDS" umschrieben als Bericht 2002 268 Erläuterungen und Dokumentation "strategisch-programmatischer Kompromiss", der den Zusammenhalt der Parte i gesichert u n d o rthodoxen Kräften in der PDS einen Platz belassen habe. 38 So erklärte die Sprecherin der KPF, Ellen BROMBACHER, auf der 11. Bundeskonferenz am 7. September in Berlin, dass die KPF eine Konferenz des "Marxistischen Forums der PDS" auf Bitten der Genossen, "inhaltlich", "organisatorisch" und "finanziell" unterstützt habe. Das Zusammenwirken der Plattform mit dem Sprecherrat des Forums sei "kontinuierlich" und "vertrauensvoll" ("Mitteilungen der KPF", Heft N r. 10 vom Oktober 2002). 39 Unter "gesellschaftlicher Umwälzung" bzw. "elementarer gesellschaftlicher Änderung" wurde im Sprachgebrauch deutscher Kommunisten eine Revolution verstanden, vgl. "Kleines Politisches Wörterbuch", Berlin (Ost) 1983, S. 819. 40 "Marxistisches Forum", Heft N r. 4 2 vom September 2002. 41 "Mitteilungen der KPF", Heft N r. 3 vom März 2002. 42 "PDS-Pressedienst" Nr. 14 vom 5. April 2002. Die Teilnahme eines "['solid]"-Sprechers oder einer -Sprecherin an allen Sitzungen des Parteivorstandes wurde in dessen Geschäftsordnung verankert . Auf der dritten Bundesdelegiertenkonferenz von "['solid]" vo m 5 . b i s 7. April in Halle/Saale wurde beschlossen, die PDS im Bundestagswahlkampf zu unterstützen: 20 Mitglieder von "['solid]" bewarben sich e r- folglos als Direktkandidaten oder über Landeslisten um ein Bundestagsmandat für die PDS. 43 Die Zahl wurde von "['solid]" offiziell auf der dritten Bundesdelegiertenkonferenz bekannt gegeben, sie ist jedoch vermutlich überhöht. 44 "DISPUT", Heft N r. 4 vom April 2002. 45 Der Vorsitzende des niedersächsischen Landesverbandes er ist zugleich Mitglied der KPF hielt anlässlich eines Seminars "Wissenschaftlicher Sozialismus/Imperialistische Theorie" am 16./17. Febru a r i n Wolfenbütte l e i n Referat mit dem Titel "Über die Aufgaben eines sozialistischen Jugendverbandes in der heutigen Zeit! - Eine marxistische Antwort auf die heutige kapitalistische Gesellschaft". Darin behaupte t e r u . a., dass die heutige Gesellschaft i n z wei Erläuterungen und Dokumentation 269 Klassen gespalten sei und eine Minderheit, "die Kapitalisten", diktatorisch über die Mehrheit, "die Arbeiterklasse", bestimme. "Als Sozialisten müssen wir dem eine radikale Alternative entgegensetzen und müssen erkennen, dass sich unser vom Marxismus geprägter Kampf nicht nur mehr auf die Grenzen unseres Landes beschränkt ... Unser Kampf ist international." 46 Vo m 2 . b i s 6 . Mai hielt sich eine "['solid]"-Delegation in Paris und Marseille bei ihrer französischen Partnerorganisation "Jeunes Communistes" (JC) auf. Im Gegenzug verbrachten JC-Angehörige im September einige Tage i n Deutschland. Des Weiteren erhielt "['solid]" eine Einladung der "Linken Jugend Synaspismos", am "Linken Europäischen Jugendtreffen" vom 26. Juli bis 4. August in Paros (Griechenland) teilzunehmen. An dem Treffen sollten auch die "Französisch e Kommunistische Parteijugend" (MJCF), die "Jugend der Kommunistischen Partei Italiens" (Giovani Comunisti) sowie die "Jugend der Schwedischen Linkspartei" (UV) teilnehmen. "['solid]"-Mitglieder sahen das Treffen als Chance, "eine gemeinsame und konkrete Strategie zur verbesserten Zusammenarbeit linker Jugendverbände in Europa zu entwickeln" sowie gemeinsame Positionen und Aktionen zu planen. "['solid]" unterhält auf lokaler und regionaler Ebene auch Kontakte zu linksextremistischen Organisationen, so nahm ein Vertrete r a m S DAJ-Bundeskongress vom 20./21. April in Essen teil. 47 So erklärte die Sprecherin der KPF, Ellen BROMBACHER, im Zentralorgan der DKP, " Unsere Zeit" (UZ), vo m 1. November 2002, "Kommunistinnen und Kommunisten der DKP und der Plattform arbeiten seit Jahren verlässlich und vertrauensvoll gemeinsam im [Liebknecht-Luxemburg-]Bündnis und nicht nur dort." 48 So wird im Grundsatzreferat der Sprecherin der KPF, E l- len BROMBACHER, zur 11. Bundeskonferenz der KPF am 7. September u. a. mitgeteilt, dass der KPF-Sprecher Thomas HECKER am 29. und 30. Juni an einer von der DKP organisierten internationalen Konferenz teilgenommen habe, das Mitglied des Bundeskoordinierungsrates der KPF, Sahra WAGENKNECHT, sei auf einer von der KPF Brandenburg, der DKP und der KPD gemeinsam organisierten Beratung in Cottbus aufgetreten, und für den 21. September habe die DKP die KPF zu einer Veranstaltung im Rahmen der Programmdebatte der DKP nach Hannover eingeladen Bericht 2002 270 Erläuterungen und Dokumentation ("Mitteilungen der KPF", Heft N r. 10 vom Oktober 2002). Der Parteivorsitzende der DKP, Rolf STEHR, und ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der PDS trate n a m 5 . September bei einer gemeinsamen Wahlkampfkundgebung zur Bundestagswahl auf (Zentralorgan der DKP, " Unsere Zeit", vom 30. August 2002). 49 "DISPUT", Heft N r. 10 vom Oktober 2002. 50 Vgl. Endnote 8 51 "Neues Deutschland" vom 4. September 2002. 52 5 7 Vertrete r von 43 Parteien und zwei Organisationen aus 37 Ländern waren gekommen, darunter Delegierte der Kommunistischen Parteien aus Armenien, Belgien, China, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Indien, Irak, Italien, Japan, Kuba, Moldawien, Österreich , Portugal, Russland, Spanien, Tschechien, Vietnam und aus Weißrussland. 53 "DISPUT", Heft N r. 4 vom April 2002. 54 Der Fraktion gehören einer Selbstdarstellung im Internet zufolge 4 4 A b geordnete a u s 10 Ländern u n d 13 Mitgliedsparteien an, darunte r Vertreter zweier assoziierter Parteien und fünf assoziierte Einzelmitglieder. Die Abgeordneten gehören u.a. kommunistischen Parteien aus Italien, Frankreich , Portugal und Griechenland an. 55 Die PDS gehört als einzige deutsche Partei dem "Forum der Neuen Europäischen Linken" (NELF), einem Zusammenschluss vo n 17 europäischen kommunistischen, linkssozialistischen und grün-linken Parteien aus 14 Ländern, an. 56 Die eigenen Angaben zufolge 40 regionalen "Cuba Si"Gruppen organisieren u. a. Materialund Spendensammlunge n f ü r Kuba. "Cuba Si" gehörte w i e s ch o n in de n vergangenen Jahren zusammen mit der Tageszeitung "junge Welt" zu den Organisatoren der "Rosa-Luxemburg-Konferenz" am 12. Januar in Berlin. Das Motto der Veranstaltung, an der ca. 800 Personen teilnahmen, lautete " Tot oder lebendig. Widerstand in der neuen Weltkriegsordnung". Unte r d e n Teilnehmern waren auch ausländische Linksextremisten. 57 "Mitteilungen der KPF", Heft N r. 10 vom Oktober 2002. Erläuterungen und Dokumentation 271 58 MLPD-Zentralorgan "Rote Fahne" Nr. 46/2002, S. 17. 59 ebda., S. 20 f. 60 "Rote Fahne" Nr. 20/2002. Dickhut, ehemals stellvertretender Leiter der Kaderabteilung der im August 1956 verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD), war 1966 von der illegal fortgeführten Parte i wegen maoistischer Neigunge n a l s Renegat ausgeschlossen worden. 61 "Rote Fahne" Nr. 46/2002, S. 13. 62 "Rote Fahne" Nr. 36/2002, S. 4. 63 "Lernen und Kämpfen" Nr. 2/2002, S. 18. 64 ebda., S. 35. 65 Anhänge r d e s Kommunisten Leo Davidowitsch Bronstein (18 7 9 - 1940), als Leo Trotzki bekannt gewordener Weggefährte Lenins und zunächst auch Stalins. Als "Volkskommissar für Verteidigung" im russischen Bürgerkrieg für unzählige Kriegsverbrechen verantwortlich . Unterlag im innerkommunistischen Machtkamp f Stalin, der ihn 1940 im mexikanischen Exil ermorden ließ. Trotzkiste n verstehen sich bis heute als legitime Erben Lenins. Sie propagieren die weltweite gewaltsame Errichtung einer "Herrschaft der Arbeiterklasse". 66 "Linksruck-Argumente": Bush's Globaler Krieg, Berlin 2002, S. 9. 67 "Solidarität" Nr. 8 , November 2002, S. 7. 68 ISR wurde am 15. Dezember 2001 in Brüssel gegründet; die Vorbereitunge n gehen auf ein Treffe n von Trotzkisten am Rande der Proteste gegen den EU-Gipfel in Göteborg (Schweden) im Juni 2001 zurück. 69 "INTERIM" Nr. 5 4 7 vom 4. April 2002. 70 Das Wort s teht in der Sprach e von Linksextremisten für gesetzwidrige Aktionen bis hin zu Anschlägen. 71 Der Hausbesetzer Silvio Meier war bei einem von ihm angezettelte n Streit mit "Rechte n " a m 21. November 1992 auf Bericht 2002 272 Erläuterungen und Dokumentation dem U-Bahnhof Samariterstraße (Friedrichshain) in Berlin erstochen worden. Aus Anlass seines Todestags finden seitdem jährlich eine Mahnwache und eine Demonstration statt. 72 "Swing" Nr. 116 , S . 4 ff. 73 ebda., S. 7. 74 ebda., S. 7. 75 Indymedia trat unter diesem Namen und der damit verbundenen Medienstrategie des "Open Posting" erstmals im November 1999 in Seattle anlässlich der Proteste gegen die Welthandelsorganisation (WTO) an die Öffentlichkeit, indem die Indymedia-Seite während dieser Zeit eine minutiöse Berichterstattung von Aktivisten über das Geschehen vor Ort lieferte. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebunge n vo n Ausländern 1 Die Zahlenangaben beruhen auf Schätzungen. Veränderungen der Mitglieder-/Anhängerzahlen gegenüber dem Vorjahr können auch auf neuere Erkenntnisse zurückzuführen sein, bedeuten daher nicht immer einen tatsächlichen Zuwachs bzw. Verlust. 2 Aus dem Internet: "Al-Mujtama'a", Nr. 1472 vo m 13. Oktober 2001, "Die Hoheit des Qur'an gegenüber den weltlichen Verfassungen". 3 Interview m i t Y. Al-Qaradawi; verbreitet im Internet ohne nähere Ortsund Zeitangaben. 4 die tageszeitung (taz) vo m 12. April 2002. 5 A m 10. April 2002 hatten islamistische Organisationen zu einem weltweiten "Ta g d e r Wut und des Protestes" gegen Israel und die USA aufgefordert und zum Jihad und zum bewaffneten Kampf zur Befreiung Palästinas aufgerufen. Die Erklärung war u. a . von hochrangige n Vertretern der HAMAS, der "Hizb Allah" und der MB unterzeichnet. 6 HAMAS = "harakat al-muqawama al-islamiya". Aus den An- Erläuterungen und Dokumentation 273 fangsbuchstaben (HMS) in diesem Organisationsnamen wurde das Akronym HAMAS (arabisch für "[religiöse] Begeisterung"). 7 Benannt nach dem Syrer Issedin-el-Kassem, der in den 30er Jahren in Palästina gegen die politische Mandatsmacht kämpfte und dabei sein Leben verlor. 8 Die AKP errang bei den Parlamentswahlen am 3. November 2002 34 % d e r Stimmen (363 von 550 Sitzen in der türkischen Nationalversammlung) und stellt damit die neue türkisch e Regierung. 9 Hürriye t vo m 14. September 2002, S. 1. 10 Angaben auf der Homepage d e r I G M G vo m 1. März 2002. 11 Hürriye t vo m 15. Oktober 2002, S. 1. 12 Vgl. Flugblatt der MLKP (Deutschland-Komitee) vom Januar 2002. 13 Es handelt sich d a b e i u m folgende Organisationen: "Union der Jugendlichen aus Kurdistan" (YCK) "Partei der freien Frauen" (PJA) "Union der StudentInnen aus Kurdistan" (YXK) "Union der kurdischen Lehrer" (YMK) "Union der Journaliste n Kurdistans" (YRK) "Union der Juriste n Kurdistans" (YHK) "Union der Schriftsteller Kurdistans" (YNK) "Islamische Bewegung Kurdistans" (KIH) "Union der Yeziden aus Kurdistan" (YEK) "Union der Alevite n a u s Kurdistan" (KAB) Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 1 Zur GUS gehören: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Russische Föderation, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan, Weißrussland. 2 Slushba Wnjeschnej Raswedki. 3 Glawnoje Raswediwatelnoje Uprawlenije. Bericht 2002 274 Erläuterungen und Dokumentation 4 Federalnaja Slushba Besopasnosti. 5 Federalnoje Agenstwo Prawitelstvennoj Swjasi i Informazij. 6 Federalnaja Slushba Ochrany. 7 Federalnaj a Pogranitschnaja Slushba. 8 Getarnte (Erd)Verstecke zum Informationsund Materialaustausch o d e r f ü r finanzielle Zuwendunge n a n geheime Mitarbeiter. 9 Das HWB ist die Nachfolgeeinrichtung der "Russischen Handelsvertretung" (RHV), die mit Objekten in Köln und Berlin vertreten war. Sie musste im Dezember 2000 auf Betreiben der Bundesregierung aufgelöst werden. 10 Die MEK wurde im Mai durch Beschluss des Europäischen Parlaments in die Liste der Europäischen Union über terroristische Organisationen aufgenommen. 11 Über dem schottischen Ort Lockerbie war am 21. Dezember 1988 eine Verkehrsmaschine der amerikanischen Fluggesellschaft PAN AM nach der Explosion einer an Bord befindlichen Bombe abgestürzt. Bei dem Anschlag kamen 270 Menschen ums Leben. 12 Bei dem Anschlag auf die vorwiegend von Angehörigen der US-Streitkräfte besuchte Diskothek "La-Belle" am 5. April 1986 in Berlin waren drei Menschen getötet und über 200 verletzt worden. Scientology - Organisation (SO) 1 Die SO gibt eine Vielzahl von Publikationen heraus. Angaben zur Auflagenhöhe werden nur vereinzelt veröffentlicht, z. B. im Hinblick auf Sonderausgaben der "FREIHEIT". 2 Die Zahl beruht auf den tatsächlichen Feststellungen der Verfassungsschutzbehörden. Die SO gibt im Internet 10 bzw. 9 "Missionen" in Deutschland an; Stand: November 2002. 3 Vgl. "ADVANCE!", Ausgabe 140, 2000, S. 9; "THE AUDITOR", Ausgabe 290, 2001, S . 15. Erläuterungen und Dokumentation 275 4 Nach einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 23. März 1995 (Neue Juristisch e Wochenschrift 1996, S. 143 ff.) handelt es sich bei der SO in Deutschland nicht um eine Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes. Ihre religiösen oder weltanschaulichen Lehren dienten vielmehr nur als Vorwand für die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele. 5 Vgl . SS 3 der Satzung der "Scientology Kirche Deutschland e. V." (SKD) vo m 21. März 2002 (AG München, VR 6322); SS 3 der Mustersatzung einer SO-Mission. 6 Vgl. zum Begriff "Thetan": Hubbard, "Fachwortsammlung für Dianetics und Scientology", 4. Auflage , Kopenhagen 1985 (zitiert: Hubbard, Fachwortsammlung) S. 98; Hubbard, "Scientology - Die Grundlagen des Denkens", 2. Auflage, Kopenhage n 1973, S. 37. 7 Vgl. zum Begriff "Operierender Thetan": Hubbard, Fachwortsammlung, S. 67. 8 Vgl. zum Begriff "Clear": Hubbard, "Dianetik - Die moderne Wissenschaft d e r geistigen Gesundheit", 8. Auflage, Kopenhage n 1984 (zitiert: Hubbard, Dianetik), S. 215. 9 Vgl. zum Begriff "Aberration": Hubbard, Fachwortsammlung, S. 1. 10 Vgl. zum Begriff "Engramm": Hubbard, Fachwortsammlung, S. 27. 11 Vgl. zum Begriff " Auditing": Hubbard, "Das ScientologyHandbuch", Kopenhage n 1994, S. XX. 12 Vgl. zum Begriff " Auditor": "Was ist Scientology?", Kopenhage n 1998, S. 16 4 ff. 13 Vgl. zum Begriff "Preclear": "Was ist Scientology?", a.a.O., S. 164. 14 Vgl. zum Ablauf des "Auditing": "Was ist Scientology?", a.a.O., S. 164 f. 15 Vgl. zum Begriff "E-Meter": "Was ist Scientology?", a.a.O., S. 165 ff. Bericht 2002 276 Erläuterungen und Dokumentation 16 Vgl. "Was ist Scientology?", a.a.O., S. 164 ff. 17 Auf die Gefahren, die der Besuch d e r Kurse oder die Anwendung scientologischer Methoden für den Einzelnen darstellen können, wird unter anderem in der im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom Bundesverwaltungsamt herausgegebenen Broschüre "Die Scientology Organisation - Gefahren, Ziele und Praktiken" (Stand: November 1998) hingewiesen. 18 Vgl . SS 2 N r. 6 der Satzung der SKD vo m 21. März 2002 (AG München, VR 6322). 19 Vgl . SS 2 N r. 3 u n d SS 5 N r. 3 der Satzung der SKD vom 21. März 2002 (AG München, VR 6322): "Die Scientology Kirche soll die Scientology-Religion vorstellen, bekannt machen, verbreiten, ausüben sowie ihre Reinheit und Unversehrtheit erhalten und bewahren, mit dem Ziel, dass jede Person ... den vo n L . Ron Hubbard aufgezeigte n Weg der Erlösung gehen kann, so wie er es in seinen Schriften und anderen Werken bezüglich der Scientology-Religion oder Scientology-Kirchen allgemein als 'die Schriften' bezeichnet beschrieben hat ..." (SS 2 N r. 3); "Verbreitung von einschlägigen Schriften der Scientology - Religion. Unter Schriften sind die schriftlichen, auf Tonband oder anderen Kommunikationsträgern aufgezeichnete n Werke d e s Religionsgründers L. Ron Hubbard in Bezug auf die Scientology-Lehre und Scientology-Kirchen gemeint ..." (SS 5 Ziffer 3). Vgl. "IMPACT", Ausgaben 100, 2002, S. 1, u n d 101, 2002, S. 1; in beiden Veröffentlichungen bezeichnet die "International Association of Scientologists" (IAS) es als ihren Organisationszweck, "Die Scientology-Religion und Scientologen in allen Teilen der We l t z u vereinigen, zu unterstützen und zu schützen, damit die Ziele der Scientology, w i e L . Ron Hubbard sie aufgestellt hat, erreich t werden." Vgl. "Was ist Scientology?", a.a.O., S. 405 ff . : "Sie (SO-Mitglieder) wissen, dass sie ... die spirituellen Erlösungsstufen, die sie in Scientology anstreben, mit hundertprozentiger Sicherheit erreichen werden, wenn sie die Lehre exakt gemäß den Schrifte n L . Ron Hubbards ausüben ... Um genau das sicherzustellen, existiert d a s Religious Technology Center ... in exakter Übereinstimmung mit den Original-Schriften des Gründers ..." 20 Vgl . Werbebroschüre der "New Era Publications Interna- Erläuterungen und Dokumentation 277 tional" (NEPI), Kopenhagen, 2002; Werbebroschüren in "ADVANCE!", Ausgaben 14 3 u n d 144, 2002; Werbebroschüre der "International Scientology News", Nr. 20, 2002; vgl. auch eine SO-eigene Seite für den elektronischen Bücherkauf im Internet. 21 Vgl. "ADVANCE!", Ausgabe 144, 2002, S. 12 : "Eine Zivilisation ... in der der Fähige e rfolgreich sein kann und ehrlich e Wesen Rechte haben ... das sind die Ziele der Scientology ..."; "International Scientology New s " , Ausgabe 21, 2002, S. 4 f.: "Wir haben die Welt in ihrer Gesamtheit in einer Art p o- litischer Aufruhr ... dieser Planet wird innerhalb eines Jahrzehnts oder so in politischer Nichtfunktionstüchtigkeit oder heisser Fission aufgehen, wenn nicht jemand mit irgendeiner funktionierenden Idee aufkreuzt ... Nun, es wird eine Menge Zeit benötigt, eine geschlossene Technologie zusammenzustellen ... wir haben dieses Plus ..."; "IMPACT", Ausgabe 101, 2 0 0 2 , S . 5 : "Dies ist eine ziemlich barbarische Gesellschaft. Wir haben neue Tech. Wir wissen, was wir tun. Und Schritt für Schritt, eine Person nach der anderen, verändern wir diese Gesellschaft zum Besseren ... Wir haben eine Wirkung auf die Gesellschafte n d e r Welt ..."; "IMPACT", Ausgabe 10 0 , 2 0 0 2 , S . 4 f . : "Die gesellschaftlichen Übel der Menschheit sind vor allem eine Zusammensetzung von persönlichen Schwierigkeiten des Einzelnen ... Wir kennen ohne jeden Zweife l d e n Weg, der es dem Menschen ermöglich t . . . glücklich u n d verantwortungsvoll zu leben ... auch im ausgedehnteren Bereich seiner Nation und seines Volkes ... Eine Gruppe kann nur mit fähigen Einzelpersonen funktionieren. Und wir sind die Experten für menschliche Fähigkeiten." 22 Eine Scientology-Homepage: "Die Ziele der Scientology ... Eine Zivilisation ... in der der Fähige e rfolgreich sein kann und ehrlich e Wesen Rechte haben können ... Wir suchen keine Revolution. Wir suchen eine Evolution ... für die Gesellschaft." 23 Vgl. zum Begriff: Hubbard, Fachwortsammlung, S. 47; "Hut" dient danach zur Bezeichnung einer Arbeit oder eines Postens in der SO oder als Ausdruck für Niederschriften, Checkblätter und Packs, in denen die Zwecke, das Know-how und die Pflichten eines solchen Postens generell beschrieben sind. Bericht 2002 278 Erläuterungen und Dokumentation 24 "SP" ist im Sprachgebrauch der SO die Bezeichnung für Kritiker bzw. Gegner; vgl. dazu: Hubbard, Fachwortsammlung, S. 9 2 u n d 103 f. m. w. N.: SP = "suppressive Person = unterdrückerisch e Person = ... jemand, der aktiv danach strebt, Scientology oder einen Scientologen durch unterdrückerische Handlungen zu unterdrücken oder zu schädigen ..." Bundesverfassungsschutzgesetz 279 II. Gesetzestexte 1. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970) zuletzt geändert durch A rt . 9 d e s Zollfahndungsneuregelungsgesetzes vo m 16.08.2002 (BGBI. I S. 3202) Erster Abschnitt Zusammenarbeit, Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden SS 1 Zusammenarbeitspflicht (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheite n d e s Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (3) Die Zusammenarbeit besteht auch i n gegenseitige r Unterstützung und Hilfeleistung. SS 2 Verfassungsschutzbehörden (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern u n- terhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesminister des Innern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheite n d e s Verfassungsschutzes. SS 3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden Bericht 2002 280 Bundesverfassungsschutzgesetz (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichte n u n d Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artike l 9 A b s . 2 d e s Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artike l 2 6 A b s . 1 d e s G rundgesetzes ) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung vo n Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung vo n Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige n Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gege n d i e Kenntnisnahme durch Unbefugte. Die Befugnisse des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach S a t z 1 N r. 1 u n d 2 s i n d i m S i cherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBI. I S. 867) geregelt. Bundesverfassungsschutzgesetz 281 (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschrifte n gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). SS 4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebunge n gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen; b) Bestrebunge n gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichtete n Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; c) Bestrebunge n gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichtete n Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannte n Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne d e s SS 3 A b s . 1 i s t d a s Vorliege n tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Rech t d e s Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, Bericht 2002 282 Bundesverfassungsschutzgesetz b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS 5 Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verfassungsschutzbehörden (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sammeln Informationen, Auskünfte , Nachrichte n u n d Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte , Nachrichte n u n d Unterlagen im Sinne des SS 3 sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten i m S i n n e d e s SS 3 A b s . 1 N r. 1 b i s 4 i s t Voraussetzung, dass 1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund richten, 2. sie sich über den Bereich eines Landes hinaus erstrecken, 3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren oder 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz das Bundesamt für Verfassungsschutz um ein Tätigwerden ersucht. Das Benehmen kann für eine Reihe gleich gelagerter Fälle hergestellt werden. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Landesbehörden für Verfassungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke d e s Verfassungsschutzes Bundesverfassungsschutzgesetz 283 erforderlich ist. SS 6 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichtet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach SS 5 gemeinsame Dateien zu führen, die sie im automatisierte n Verfahren nutzen. Diese Dateien enthalten nur die Daten, die zum Auffinden von Akten und der dazu notwendigen Identifizierung vo n Personen erforderlich sind. Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur unte r d e n Voraussetzunge n d e r SS SS 10 u n d 11 zulässig. Der Abruf im automatisierte n Verfahren durch andere Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt jede Verfassungsschutzbehörde nur für die von ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese Date n verändern, sperren oder löschen. Die eingebende Stelle muss feststellbar sein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz trifft f ü r d i e gemeinsamen Dateien die technischen und organisatorischen Maßnahmen nach SS 9 d e s B u n- desdatenschutzgesetzes. Die Führung vo n Textdateien oder Dateien, die weitere als die in Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unte r d e n Voraussetzungen dieses Paragraphen nur zulässig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete z u r Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten. Die Zugriffsberechtigung ist auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwendungsgebiet betraut sind; in der Dateianordnung (SS 14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme vo n Textzusätzen in der Datei zu begründen. SS 7 Weisungsrechte des Bundes Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff a u f d i e verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete d e s Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. Zweiter Abschnitt Bundesamt für Verfassungsschutz SS 8 Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz Bericht 2002 284 Bundesverfassungsschutzgesetz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf d i e z u r E r- füllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. Ein Ersuchen des Bundesamtes für Verfassungsschutz um Übermittlung personenbezogener Daten darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die für die Erteilung der Auskunft unerlässlich sind. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz vo n Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bildund Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden. Diese sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesministers des Innern, der das Parlamentarisch e Kontrollgremium unterrichtet. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf d i e Polizei auch nich t i m Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. (4) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. (5) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstitute n u n d Finanzunternehmen unentgeltlich Auskünfte z u Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen einholen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 N r. 2 b i s 4 e rforderlich i s t u n d tatsächliche Anhaltspunkte f ü r s chwerwiegende Gefahren für die in SS 3 Abs. 1 N r. 2 b i s 4 genannten Schutzgüte r vorliegen. (6) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 N r. 2 b i s 4 unte r d e n Voraussetzunge n d e s SS 3 A b s . 1 d e s A rtike l 10Gesetzes bei Personen und Unternehmen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen, sowie bei denjenigen, die an der Erbringung dieser Dienstleistungen mitwirken, unentgeltlich Auskünfte z u Namen, Anschriften, Postfächern und sonstige n Um- Bundesverfassungsschutzgesetz 285 ständen des Postverkehrs einholen. (7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei Luftfahrtunternehmen unentgeltlich Auskünfte z u Namen, Anschriften und zur Inanspruchnahme von Transportleistungen und sonstige n Umständen des Luftverkehrs einholen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 N r. 2 b i s 4 e rforderlich i s t u n d tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in SS 3 Abs. 1 Nr. 2 b i s 4 genannten Schutzgüte r vorliege n . (8) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 N r. 2 b i s 4 unte r d e n Voraussetzunge n d e s SS 3 A b s . 1 d e s A rtike l 10Gesetzes bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste u n d Teledienste erbringen oder daran mitwirken, unentgeltlich Auskünfte ü b e r Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstenutzungsdaten einholen. Die Auskunft kann auch in Bezug auf zukünftige Telekommunikation und zukünftige Nutzung vo n Teledienste n verlangt werden. Telekommunikationsverbindungsdate n u n d Teledienstenutzungsdaten sind: 1. Berechtigungskennungen, Kartennummern , Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung, 2. Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit, 3. Angaben über die Art d e r vo m Kunden in Anspruch genommenen Telekommunikationsund Teledienst-Dienstleistungen, 4. Endpunkte festgeschaltete r Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit. (9) Auskünfte nach den Absätzen 5 bis 8 dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Der Antrag ist durch den Präsidenten des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz oder seinen Vertreter schriftlich z u s tellen und zu begründen. Über den Antrag entscheidet das vom Bundeskanzler beauftragte Bundesministerium. Es unterrichtet monatlich d i e G 10-Kommission (SS 1 Abs. 2 d e s A rtike l 10-Gesetzes) über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann das Bundesministerium den Vollzug der Entscheidung auch bereits vo r d e r Unterrichtung der Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung vo n Auskünften. SS 15 A b s . 5 d e s A rtike l 10-Gesetzes ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der KommisBericht 2002 286 Bundesverfassungsschutzgesetz sion sich a u f d i e gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach den Absätzen 5 bis 8 erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen über Auskünfte , d i e d i e G 10Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das Bundesministerium unverzüglich aufzuheben. Für die Verarbeitung der nach den Absätzen 5 bis 8 erhobenen Daten ist SS 4 d e s A rtike l 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. Das Auskunftsersuchen und die übermittelten Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritte n vo m Auskunftsgeber nicht mitgeteilt wer- d e n . SS 12 A b s . 1 u n d 3 d e s A rtike l 10-Gesetzes findet entsprechende Anwendung. (10) Das nach Absatz 9 Satz 3 zuständige Bundesministerium unterrichtet im Abstand von höchsten sechs Monaten das Parlamentarisch e Kontrollgremium über die Durchführung der Absätze 5 bis 9; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen nach den Absätzen 5 bis 8 z u geben. Das Gremium erstattet dem Deutschen Bundestag jährlich s owie nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zusammenfassend zum Zweck der Evaluierung einen Bericht über die Durchführung sowie Art , Umfang und Anordnungsgründe der Maßnahmen nach den Absätzen 5 bis 8; dabei sind die Grundsätze des SS 5 Abs. 1 des Kontrollgremiumgesetzes zu beachte n . (11) Die Befugnisse nach den Absätzen 5 bis 8 stehen den Verfassungsschutzbehörden der Länder nur dann zu, wenn das Antragsverfahren, die Beteiligung der G 10-Kommission, die Verarbeitung der erhobenen Daten und die Mitteilung an den Betroffenen gleichwertig wie in Absatz 9 und ferner eine Absatz 10 gleichwertige parlamentarisch e Kontrolle sowie eine Verpflichtung zur Berichterstattung über die durchgeführten Maßnahmen an das Parlamentarisch e Kontrollgremium des Bundes unter entsprechender Anwendung des Absatzes 10 S a t z 1 Halbsatz 2 für dessen Berichte nach Absatz 10 Satz 2 durch den Landesgesetzgeber geregelt ist. (12) Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artike l 10 d e s G rundgesetzes) wird nach Maßgabe der Absätze 6, 8, 9 und 11 eingeschränkt. (13) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich a m wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Bundesverfassungsschutzgesetz 287 SS 9 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit den Mitteln gemäß SS 8 Abs. 2 erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass 1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 A b s . 1 o d e r d i e z u r E rforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich i s t . Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch e i n e Auskunft nach SS 18 A b s . 3 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels ge m ä ß SS 8 A b s . 2 d a rf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck e rreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreich t werden kann. (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf m i t technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtige n gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Lebensgefahr für einzelne Personen unerlässlich i s t u n d geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen. Maßnahmen nach den Sät- z e n 1 u n d 2 werden durch den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz oder seinen Vertreter angeordnet, wenn eine richterliche Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bundesamt für Verfassungsschutz seinen Sitz hat. Für das Verfahren gelte n d i e Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 4 Bericht 2002 288 Bundesverfassungsschutzgesetz Abs. 4 des Artike l 10-Gesetzes verwendet werden. Technische Mittel im Sinne der Sätze 1 und 2 dürfen überdies zum Schutz der bei einem Einsatz in Wohnungen tätige n Personen verwendet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für deren Leben, Gesundheit oder Freiheit unerlässlich ist. Maßnahmen nach S a t z 8 werden durch den Präsidenten des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz oder seinen Vertreter angeordnet. Außer zu dem Zweck nach S a t z 8 d a rf das Bundesamt für Verfassungsschutz die hierbei erhobenen Daten nur zur Gefahrenabwehr im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 Nr. 2 b i s 4 s owie für Übermittlungen nach Maßgabe des SS 4 Abs. 4 Nr. 1 u n d 2 d e s A rtike l 10-Gesetzes verwenden. Die Verwendung ist nur zulässig, wenn zuvo r d i e Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. SS 4 Abs. 6 des Artike l 10-Gesetzes gilt entsprechend. Das Grundrech t d e r Unverletzlichkeit der Wohnung (Artike l 13 d e s G rundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. (3) Bei Erhebungen nach Absatz 2 und solchen nach A b- satz 1, die in ihrer Art u n d S chwere einer Beschränkung des BriefPostund Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, wozu insbesondere das Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit d e m verdeckten Einsatz technischer Mitte l gehören, ist 1. der Eingriff nach seiner Beendigung dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffs ausgeschlossen werden kann, und 2. das Parlamentarisch e Kontrollgremium zu unterrichten. (4) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf z u r E rfüllung seiner Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 N r. 2 b i s 4 u n ter den Voraussetzunge n d e s SS 3 A b s . 1 d e s A rtike l 10-Gesetzes auch technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes und zur Ermittlung der Geräteund Kartennummern einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne die Ermittlung die Erreichung des Zwecks der Überwachungsmaßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Für die Verarbeitung der Date n g i l t SS 4 d e s A rtike l 10Gesetzes entsprechend. Personenbezogene Daten eines Dritten dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu lösch e n . SS 8 A b s . 9 u n d 10 gilt entsprechend. Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artike l 10 d e s G rundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Bundesverfassungsschutzgesetz 289 SS 10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf z u E rfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 A b s . 1 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 A b s . 1 e rforderlich ist oder 3. das Bundesamt für Verfassungsschutz nach SS 3 A b s . 2 t ä t i g wird. (2) (aufgehoben) (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine AufgabenerfülIung erforderliche Maß zu beschränken. SS 11 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzunge n d e s SS 10 Daten über Minderjährige vo r Vollendung des 16. Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten nur speichern , verändern und nutzen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige eine der i n SS 3 d e s A rtike l 10-Gesetzes genannte n Straftaten plant, begeht oder begangen hat. In Dateien ist eine Speicherung von Daten oder über das Verhalten Minderjährige r vo r Vollendung des 16. Lebensjahres nicht zulässig. (2) In Dateien oder zu ihrer Person geführten Akte n gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach z wei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 3 A b s . 1 angefallen sind. SS 12 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten in Dateien (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in DaBericht 2002 290 Bundesverfassungsschutzgesetz teien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung des Betroffenen übermittelt werden. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 3 A b s . 1 N r. 1 s i n d spätestens zehn Jahre, über Bestrebungen nach SS 3 A b s . 1 N r. 3 und 4 spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Behördenleiter oder sein Vertreter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich z u Z wecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden. SS 13 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Daten in Akten (1) Stellt das Bundesamt für Verfassungsschutz fest, dass in Akte n gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind oder wird ihre Richtigkeit von dem Betroffenen bestritten, so ist dies in der Akte z u vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalte n . (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat personenbezogene Daten zu sperren, wenn es im Einzelfall feststellt, dass ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden und die Daten für seine künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich , wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen. Bundesverfassungsschutzgesetz 291 SS 14 Dateianordnungen (1) Für jede automatisierte Datei beim Bundesamt für Verfassungsschutz nach SS 6 o d e r SS 10 sind in einer Dateianordnung, die der Zustimmung des Bundesministers des Innern b e- darf , festzulegen: 1. Bezeichnung der Datei, 2. Zweck der Datei, 3. Voraussetzungen der Speicherung, Übermittlung und Nutzung (betroffener Personenkreis, Arten der Daten), 4. Anlieferung oder Eingabe, 5. Zugangsberechtigung, 6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, 7. Protokollierung. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz ist vor Erlass einer Dateianordnung anzuhören. (2) Die Speicherung personenbezogener Daten ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. In angemessenen Abständen ist die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung der Dateien zu überprüfen. (3) In der Dateianordnung über automatisierte personenbezogene Textdateien ist die Zugriffsberechtigung auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in dem Gebiet betraut sind, dem die Textdateien zugeordnet sind; Auszüge aus Textdateien dürfen nicht ohne die dazugehörenden erläuternden Unterlagen übermittelt werden. SS 15 Auskunft an den Betroffenen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft, soweit er hierzu auf einen konkreten Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, sowe i t 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch d i e AusBericht 2002 292 Bundesverfassungsschutzgesetz kunftserteilung zu besorgen ist, 2. durch d i e Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz zu befürchten ist, 3. die Auskunft d i e ö ffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalte n werden müssen. Die Entscheidung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. (3) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänge r von Übermittlungen. (4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch d e r Z weck d e r Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage f ü r d a s Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass er sich a n den Bundesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz ist auf sein Verlange n Auskunft z u e rteilen, soweit nicht der Bundesminister des Innern im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Bundesbeauftragten an den Betroffenen dürfe n keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz zulassen, sofern e s n i cht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. SS 16 Berichtspflicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet den Bundesminister des Innern über seine Tätigkeit. (2) Die Unterrichtung nach Absatz 1 dient auch d e r Aufklärung der Öffentlichkeit durch den Bundesminister des Innern über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 3 A b s . 1, die mindestens einmal jährlich in einem zusammenfassenden Bericht erfolgt. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis Bundesverfassungsschutzgesetz 293 des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen. In dem Bericht sind die Zuschüsse des Bundeshaushaltes an das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst sowie die jeweilige Gesamtzahl ihrer Bediensteten anzugeben. Dritter Abschnitt Übermittlungsvorschriften SS 17 Zulässigkeit von Ersuchen (1) Wird nach den Bestimmungen dieses Abschnittes um Übermittlung von personenbezogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. (2) Absatz 1 gilt nicht für besondere Ersuchen der Verfassungsschutzbehörden, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes um solche Daten, die bei der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben bekannt werden. Die Zulässigkeit dieser besonderen Ersuchen und ihre Erledigung regelt der Bundesminister des Innern in einer Dienstanweisung. Er unterrichtet das Parlamentarisch e Kontrollgremium über ihren Erlass und erforderliche Änderungen. Satz 2 und 3 gilt nicht für die besonderen Ersuchen zwischen Behörden desselben Bundeslandes. SS 18 Übermittlung von Informationen a n d i e Verfassungsschutzbehörden (1) Die Behörde des Bundes, der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien, die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach d em Bundesgrenzschutzgesetz wahrnehmen, unterrichte n von sich aus das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Verfassungsschutzbehörde des Landes über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlunge n gege n d i e i n SS 3 A b s . 1 N r. 1, 3 Bericht 2002 294 Bundesverfassungsschutzgesetz u n d 4 genannten Schutzgüte r gerichtet sind. Über Satz 1 hinausgehende Unterrichtungspflichten nach dem Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst oder dem Gesetz über den Bundesnachrichtendienst bleiben unberührt . Auf die Übermittlung von Informationen zwischen Behörden desselben Bundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung. (1a) Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge übermittelt von sich aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz, die Ausländerbehörden eines Landes übermitteln von sich a u s d e r Verfassungsschutzbehörde des Landes ihnen bekannt gewordene Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 A b s . 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden erforderlich ist. Die Übermittlung dieser personenbezogenen Daten an ausländische öffentlich e Stellen sowie an überund zwischenstaatlich e Stellen nach SS 19 A b s . 3 u n- terbleibt, es sei denn, die Übermittlung ist völkerrechtlich gebote n . (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien, die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnehmen, und der Bundesnachrichtendienst dürfe n von sich aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz oder der Verfassungsschutzbehörde des Landes auch alle anderen ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 3 A b s . 1 ü b e rmitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich i s t . A b s a t z 1 S a t z 3 findet Anwendung. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf z u r E rfüllung seiner Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine den Betroffenen stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Unte r d e n gleichen Voraussetzungen dürfe n Verfassungsschutzbehörden der Länder 1. Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Bundesverfassungsschutzgesetz 295 2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, Polizeien des Bundes und anderer Länder um die Übermittlung solcher Informationen ersuchen. (4) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 3 Satz 1 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder der Betroffene unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 3 Abs. 1 Nr. 2 b i s 4 s owie bei der Beobachtung terroristischer Bestrebungen amtlich e Register einsehen. (5) Die Ersuchen nach Absatz 3 sind aktenkundig zu machen. Über die Einsichtnahme nach Absatz 4 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck u n d d i e Veranlassung, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff z u s i chern u n d a m Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, z u vernichten. (6) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 10 0 a d e r Strafprozessordnung bekanntgeworden sind, ist nach d e n Vorschriften der Absätze 1, 2 und 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 3 des Artike l 10-Gesetzes genannte n Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die einer Verfassungsschutzbehörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlage n fi n d e t SS 4 A b s . 1 u n d 4 d e s A rtike l 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. SS 19 Übermittlung personenbezogener Daten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke d e r ö ffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soweit die Bundesrepublik Deutschland dazu im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Bericht 2002 296 Bundesverfassungsschutzgesetz Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl 1961 I I S . 1183, 1218 ) verpflichtet ist. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an ausländische öffentlich e Stellen sowie an überund zwischenstaatlich e Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige I n- teressen des Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten. (4) Personenbezogene Daten dürfen an andere Stellen nur übermittelt werden, wenn dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder zur Gewährleistung der Sicherheit von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen nach SS 1 A b s . 4 d e s S i cherheitsüberprüfungsgesetzes erforderlich ist. Übermittlungen nach Satz 1 bedürfe n d e r vorherigen Zustimmung durch das Bundesministerium des Innern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt einen Nachweis über den Zweck , d i e Veranlassung, die Aktenfundstelle und die Empfänger der Übermittlungen nach S a t z 1. D i e Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff z u s i- chern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. Die Übermittlung der personenbezogenen Daten ist dem Betroffenen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz mitzuteilen, sobald eine Gefährdung seiner Aufgabenerfüllung durch die Mitteilung nicht mehr zu besorgen ist. Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn personenbezogene Daten zum Zweck von Datenerhebungen nach SS 8 A b s . 1 S a t z 2 ü b e rmittelt werden. SS 20 Übermittlung von Informationen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes Bundesverfassungsschutzgesetz 297 (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeien von sich aus die ihm bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung vo n Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in SS SS 74 a u n d 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte n Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüte r gerichtet sind. Das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt dem Bundesnachrichtendienst von sich aus die ihm bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. (2) Die Polizeien dürfe n z u r Verhinderung vo n Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 das Bundesamt für Verfassungsschutz um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. Der Bundesnachrichtendienst darf z u r E rfüllung seiner Aufgaben das Bundesamt für Verfassungsschutz um die Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. SS 21 Übermittlung von Informationen durch d i e Verfassungsschutzbehörden der Länder an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörden der Länder übermitteln den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeien Informationen einschließlich personenbezogener Daten unte r d e n Voraussetzunge n d e s SS 2 0 A b s . 1 S a t z 1 u n d 2 s owie Abs. 2 Satz 1. Auf die Übermittlung von Informationen zwischen Behörden desselben Bundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung. (2) Die Verfassungsschutzbehörden der Länder übermitteln dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten unte r d e n Voraussetzunge n d e s SS 2 0 A b s . 1 S a t z 3 s owie Abs. 2 Satz 2. Bericht 2002 298 Bundesverfassungsschutzgesetz SS 22 Übermittlung von Informationen durch d i e S taatsanwaltschaften und Polizeien an den Militärischen Abschirmdienst Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten durch d i e Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien, die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnehmen, an den Militärischen Abschirmdienst findet SS 18 entsprechende Anwendung. SS 23 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach d e n Vorschriften dieses Abschnitts unterbleibt, we n n 1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen, 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern o d e r 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nich t a u f gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. SS 24 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach d e n Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange d i e Voraussetzungen der Speicherung nach SS 11 e rfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verfolgung einer Strafta t von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjährige r vo r Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach d e n Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatlich e Stellen übermittelt werden. Bundesverfassungsschutzgesetz 299 SS 25 Pflichten des Empfängers Der Empfänger prüft, ob die nach d e n Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass sie nicht erforderlich sind, hat er die Unterlage n z u vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. SS 26 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung nach d e n Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, es sei denn, dass dies für die Beurteilung eines Sachverhalts ohne Bedeutung ist. Vierter Abschnitt Schlussvorschriften SS 27 Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 d u r ch das Bundesamt für Verfassungsschutz fi n d e n SS 3 A b s . 2 u n d 8 S a t z 1, SS 4 A b s . 2 u n d 3 , SS SS 4 b u n d 4 c s ow i e SS SS 10 u n d 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes keine Anwendung. Bericht 2002 300 Gesetz über den Miltärischen Abschirmdienst 2. Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst (MAD-Gesetz - MADG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2977) zuletzt geändert durch A rt. 2 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361; Berichtigung vom 07.08.2002, B G B l . I S. 3142) SS 1 Aufgaben ( 1 ) Aufgabe des Militärischen Abschirmdienstes des Bundesministers der Verteidigung ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichte n u n d Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, wenn sich diese Bestrebungen oder Tätigkeite n gege n Personen, Dienststellen oder Einrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung richte n u n d vo n Personen ausgehen oder ausgehen sollen, die diesem Geschäftsbereich a n- gehören oder in ihm tätig sind. Darüber hinaus obliegt dem Militärischen Abschirmdienst die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichte n u n d Unterlagen, über die Beteiligung von Angehörigen des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung sowie vo n Personen, die in ihm tätig sind oder in ihm tätig sein sollen, an Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 d e s G rundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artike l 2 6 A b s . 1 d e s G rundgesetzes) gerichtet sind. SS 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. ( 2 ) Darüber hinaus obliegt dem Militärischen Abschirmdienst zur Beurteilung der Sicherheitslage 1. von Dienststellen und Einrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung und Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst 301 2. von Dienststellen und Einrichtunge n d e r verbündete n Streitkräfte und der internationalen militärischen Hauptquartiere, wenn die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Vereinbarunge n Verpflichtungen zur Sicherheit dieser Dienststellen und Einrichtungen übernommen hat und die Beurteilung der Sicherheitslage im Einvernehmen zwischen dem Bundesministe r d e r Verteidigung und den zuständigen obersten Landesbehörden dem Militärischen Abschirmdienst übertrage n worden ist, die Auswertung von Informationen über die in Absatz 1 genannten Bestrebungen und Tätigkeite n gegen diese Dienststellen und Einrichtungen, auch s oweit sie vo n Personen ausgehen oder ausgehen sollen, die nicht dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind. (3) Der Militärische Abschirmdienst wirkt mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung vo n Personen, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören, in ihm tätig sind oder werden sollen und a) denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder b) die an sicherheitsempfindlichen Stellen des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung eingesetzt sind oder werden sollen, 2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige n Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gege n d i e Kenntnisnahme durch Unbefugte. Die Befugnisse des Militärischen Abschirmdienstes bei der Mitwirkung nach S a t z 1 N r. 1 B u chsta b e a u n d b s i n d i m S i- cherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBI. I S. 867) geregelt. ( 4 ) Der Militärische Abschirmdienst darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (5) Der Militärische Abschirmdienst ist an die allgemeinen Bericht 2002 302 Gesetz über den Miltärischen Abschirmdienst Rechtsvorschrifte n gebunden (Artike l 2 0 de s G rundgesetzes). SS 2 Zuständigkeit in besonderen Fällen ( 1 ) Zur Fortführung vo n Aufgaben nach SS 1 A b s . 1 k a n n der Militärische Abschirmdienst, soweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, seine Befugnisse gegenüber Personen ausüben, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung nicht angehören oder nicht in ihm tätig sind. Dies ist nur zulässig 1. gegenüber dem Ehegatten oder Lebenspartner oder Verlobte n e i n e r i n SS 1 A b s . 1 genannte n Person oder dem mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden, wenn angenommen werden muss, dass Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 1 A b s . 1 a u ch von ihm ausgehen, 2. im Benehmen mit der zuständige n Verfassungsschutzbehörde gegenüber Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie mit einer in SS 1 Abs. 1 genannte n Person bei Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 1 A b s . 1 zusammenarbeiten, und wenn anderenfalls die weitere Erforschung das Sachverhalts gefährdet oder nur mit übermäßige m Aufwand möglich wäre. (2) Zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten kann der Militärische Abschirmdienst in Wahrnehmung seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 1, soweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, im Benehmen mit der zuständige n Verfassungsschutzbehörde seine Befugnisse gegenüber Personen ausüben, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung nicht angehören oder nicht in ihm tätig sind. SS 3 Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden ( 1 ) Der Militärische Abschirmdienst und die Verfassungsschutzbehörden arbeiten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. Die Zusammenarbeit besteht auch i n gegenseitige r Unterstützung und Hilfeleistung. ( 2 ) Zur Fortführung vo n Aufgaben nach SS 3 A b s . 1 d e s Bundesverfassungsschutzgesetzes kann eine Verfassungsschutzbehörde, soweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, im Benehmen mit dem Militärischen Abschirmdienst Maßnahmen Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst 303 auf Personen erstrecken, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind und der Zuständigkeit des Militärischen Abschirmdienstes unterliegen. Dies ist nur zulässig gegenüber Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie mit einer Person aus dem Zuständigkeitsbereich d e r Verfassungsschutzbehörden bei Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 A b s . 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zusammenarbeiten, und wenn anderenfalls die weitere Erforschung des Sachverhalts gefährdet oder nur mit übermäßige m Aufwand möglich wäre. ( 3 ) Der Militärische Abschirmdienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichten einander über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. SS 4 Befugnisse des Militärischen Abschirmdienstes ( 1 ) Der Militärische Abschirmdienst darf die z u r E rfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen nach SS 8 A b s . 2 , 4 u n d 13 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. Er ist nicht befugt, personenbezogene Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 2 z u e r h e b e n . SS 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung; die Zustimmung zur Dienstanweisung erteilt der Bundesministe r d e r Verteidigung. ( 2 ) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Militärischen Abschirmdienst nicht zu; er darf d i e Polizei auch nich t i m Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. SS 5 Besondere Formen der Datenerhebung Der Militärische Abschirmdienst darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, nach SS 9 des Bundesverfassungsschutzgesetzes erheben, soweit es 1. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 1 u n d SS 2 Abs. 1 sowie zur Erforschung der dazu erforderlichen Quellen oder 2. zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Bericht 2002 304 Gesetz über den Miltärischen Abschirmdienst Quellen des Militärischen Abschirmdienste s gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten, auch nach SS 2 A b s . 2 , e rforderlich i s t ; SS 9 A b s . 2 b i s 4 d e s Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. SS 6 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten ( 1 ) Der Militärische Abschirmdienst darf personenbezogene Daten nach SS 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes speichern, verändern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Zur Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 A b s . 2 gespeicherte Daten über Personen, die nicht dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind, dürfen für andere Zwecke nich t verwendet werden, es sei denn, die Verwendung wäre auch f ü r d i e E r- füllung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 zulässig. ( 2 ) In Dateien oder zu ihrer Person geführten Akte n gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach z wei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 1 A b s . 1 oder SS 2 angefallen sind. Dies gilt nicht, wenn der Betroffene nach SS 1 Abs. 3 überprüft wird. Die Speicherung personenbezogener Daten über Minderjährige vo r Vollendung des 16. Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten und Dateien ist unzulässig. SS 7 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten ( 1 ) Der Militärische Abschirmdienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren nach SS 12 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. ( 2 ) Der Militärische Abschirmdienst hat personenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und zu sperren nach SS 13 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. SS 8 Dateianordnungen Der Militärische Abschirmdienst hat für jede automatisierte Datei mit personenbezogenen Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zu treffen, die der Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst 305 Zustimmung des Bundesministers der Verteidigung bedarf . SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. SS 9 Auskunft an den Betroffenen Der Militärische Abschirmdienst erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Date n Auskunft entsprechend SS 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes; an die Stelle des dort genannten Bundesministers des Innern tritt der Bundesminister der Verteidigung. SS 10 Übermittlung von Informationen an den Militärischen Abschirmdienst ( 1 ) Die Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus den Militärischen Abschirmdienst über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlunge n gege n d i e i n SS 1 A b s . 1 S a t z 1 N r. 1 u nd Satz 2 genannten Schutzgüte r gerichtet sind, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Unterrichtung zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 1 u n d 2 e rforderlich ist. ( 2 ) Der Militärische Abschirmdienst darf nach SS 18 A b s . 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. ( 3 ) Der Militärische Abschirmdienst darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 1 S a t z 1 N r. 2 u n d Satz 2 unte r d e n Voraussetzunge n d e s SS 3 A b s . 1 d e s A rtikel 10-Gesetzes bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste u n d Teledienste erbringen oder daran mitwirken, unentgeltlich Auskünfte ü b e r Telekommunikationsverbindungsdate n u n d Teledienstenutzungsdaten einholen. Die Auskunft kann auch in Bezug auf zukünftige Telekommunikation und zukünftige Nutzung vo n Teledienste n verlangt werden. Telekommunikationsverbindungsdate n u n d Teledienstenutzungsdaten sind: 1. Berechtigungskennungen, Kartennummern , Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung, Bericht 2002 306 Gesetz über den Miltärischen Abschirmdienst 2. Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit, 3. Angaben über die Art d e r vo m Kunden in Anspruch genommenen Telekommunikationsund Teledienst-Dienstleistungen, 4. Endpunkte festgeschaltete r Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit. Die Auskünfte dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Der Antrag ist durch den Präsidenten des Militärischen Abschirmdienstes oder seinen Vertreter schriftlich z u s tellen und zu begründen. SS 8 Abs. 9 Satz 3 bis 11 und Abs. 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet entsprechende Anwendung. Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 d e s G rundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt". ( 4 ) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 2 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder der Betroffene unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf der Militärische Abschirmdienst bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 1 A b s . 1 N r. 2 amtlich e Register einsehen. Diese Einsichtnahme bedarf d e r Z u- stimmung des Amtschefs des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst oder seines Vertreters. ( 5 ) SS 17 A b s . 1 s ow i e SS 18 Abs. 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes sind entsprechend anzuwenden. SS 11 Übermittlung personenbezogener Daten durch den Militärischen Abschirmdienst ( 1 ) Der Militärische Abschirmdienst darf personenbezogene Daten nach SS 19 des Bundesverfassungsschutzgesetzes übermitteln. An die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums des Innern tritt diejenige des Bundesministeriums der Verteidigung. Für vo m Verfassungsschutz übermittelte personenbezogene Date n i m S i n n e d e s SS 18 Abs. 1a Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes gilt SS 18 Abs. 1a Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetztes. ( 2 ) Der Militärische Abschirmdienst übermittelt Informationen einschließlich personenbezogener Date n a n Staatsanwaltschaften, Polizeien und den Bundesnachrichtendienst nach SS 2 0 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst 307 SS 12 Verfahrensregeln für die Übermittlung von Informationen Für die Übermittlung von Informationen nach diesem Gesetz finden die SSSS 23 bis 26 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechende Anwendung. SS 13 Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 A b s . 1 b i s 3 u n d SS 2 fi n d e n SS 3 A b s . 2 u n d 8 S a t z 1, SS 4 A b s . 2 u n d 3 , SS SS 4 b u n d 4 c s ow i e SS SS 10 u n d 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes keine Anwendung. Bericht 2002 308 Gesetz über den Bundesnachrichtendienst 3. Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BND-G) vom 20. Dezember 1990 (BGBl I S. 2979) zuletzt geändert durch A rt. 10 des Zollfahndungsneuregelungsgesetzes vo m 16.08.2002 (BGBI. I S. 3202) SS 1 Organisation und Aufgaben ( 1 ) Der Bundesnachrichtendienst ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Chefs des Bundeskanzleramtes. Einer polizeilichen Dienststelle darf e r n i cht angegliedert werden. ( 2 ) Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außenund sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus. Werden dafür im Geltungsbereich dieses Gesetzes Informationen einschließlich personenbezogener Daten erhoben, so richtet sich ihre Erhebung, Verarbeitung und Nutzung nach den SS SS 2 b i s 6 u n d 8 b i s 11. SS 2 Befugnisse ( 1 ) Der Bundesnachrichtendienst darf d i e e rforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen, 1. zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeite n , 2. für die Sicherheitsüberprüfung vo n Personen, die für ihn tätig sind oder tätig werden sollen, 3. für die Überprüfung der für die Aufgabenerfüllung notwendige n Nachrichtenzugänge u n d 4. über Vorgänge i m Ausland, die von außenund sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, wenn sie nur auf diese Weise zu erlangen sind und für ihre Erhebung keine andere Behörde zuständig ist. Gesetz über den Bundesnachrichtendienst 309 (1a) Der Bundesnachrichtendienst darf im Einzelfall bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen unentgeltlich Auskünfte z u Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen einholen, soweit dies im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 2 S a t z 1 für die Sammlung von Informationen über die in SS 5 Abs. 1 S a t z 3 N r. 1 b i s 4 u n d 6 d e s A rtike l 10-Gesetzes genannten Gefahrenbereiche erforderlich i s t u n d tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die außenund sicherheitspolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland vorliegen. Die Auskünfte dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Der Antrag ist durch den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes oder seinen Vertreter schriftlich z u s tellen und zu begrün- d e n . SS 8 A b s . 9 S a t z 3 b i s 11 u n d Abs. 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet entsprechende Anwendung, wobei an die Stelle des vom Bundeskanzler beauftragten Bundesministeriums der Chef des Bundeskanzleramtes tritt. ( 2 ) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 1 Nr. 2 a u f e i n e dienstund arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen ist das Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) anzuwenden. ( 3 ) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesnachrichtendienst nicht zu. Er darf d i e Polizei auch nich t i m Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. ( 4 ) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat der Bundesnachrichtendienst diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich a m wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. SS 3 Besondere Formen der Datenerhebung Der Bundesnachrichtendienst darf zur heimlichen Beschaffung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten die Mitte l gemäß SS 8 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes anwenden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich i s t . SS 9 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist entsprechend anzuwenden. Bericht 2002 310 Gesetz über den Bundesnachrichtendienst SS 4 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Bundesnachrichtendienst darf personenbezogene Daten nach SS 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes speichern , verändern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. ( 2 ) Die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten über Minderjährige ist nur unte r d e n Voraussetzunge n d e s SS 11 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässig. SS 5 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten ( 1 ) Der Bundesnachrichtendienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren nach SS 12 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. ( 2 ) Der Bundesnachrichtendienst hat personenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und zu sperren nach SS 13 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. SS 6 Dateianordnungen Der Bundesnachrichtendienst hat für jede automatisierte D a- tei mit personenbezogenen Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zu treffen, die der Zustimmung des Chefs des Bundeskanzleramtes bedarf . SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist anzuwenden. SS 7 Auskunft an den Betroffenen Der Bundesnachrichtendienst erteilt dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über zu seiner Person nach SS 4 gespeicherte D a- ten entsprech e n d SS 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. An die Stelle des dort genannten Bundesministers des Innern tritt der Chef des Bundeskanzleramte s . SS 8 Übermittlung von Informationen an den Bundesnachrichtendienst Gesetz über den Bundesnachrichtendienst 311 ( 1 ) Die Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts dürfe n von sich aus dem Bundesnachrichtendienst die ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung 1. für seine Eigensicherung nach SS 2 A b s . 1 N r. 1 o d e r 2. im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 2 z u r S a m m- lung von Informationen über die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 des Artike l 10-Gesetzes genannten Gefahrenbereich e erforderlich i s t . ( 2 ) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich d e r s taatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien, die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnehmen, übermitteln dem Bundesnachrichtendienst von sich aus die ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 A b s . 1 N r. 1 e rforderlich ist. Darüber hinaus dürfen sie dem Bundesnachrichtendienst von sich aus die ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten nach Maßgabe des Absatzes 1 Nr. 2 übermitteln. ( 3 ) Der Bundesnachrichtendienst darf nach SS 18 A b s . 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen und nach SS 18 Abs. 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes amtlich geführte Register einsehen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich i s t . SS 17 A b s . 1 u n d SS 18 A b s . 5 d e s Bundesverfassungsschutzgesetzes sind anzuwenden. (3a) Der Bundesnachrichtendienst darf im Einzelfall, soweit dies im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 1 A b s . 2 S a t z 1 f ü r die Sammlung von Informationen über die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 N r. 1 b i s 4 u n d 6 d e s A rtike l 10-Gesetzes genannten Gefahrenbereiche erforderlich ist, bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste u n d Teledienste erbringen oder daran mitwirken, unentgeltlich Auskünfte ü b e r Telekommunikationsverbindungsdate n u n d Teledienstenutzungsdaten einholen. Die Auskunft kann auch in Bezug auf zukünftige Telekommunikation und zukünftige Nutzung vo n Telediensten Bericht 2002 312 Gesetz über den Bundesnachrichtendienst verlangt werden. Telekommunikationsverbindungsdate n u n d Teledienstenutzungsdaten sind: 1. Berechtigungskennungen, Kartennummern , Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung, 2. Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit, 3. Angaben über die Art d e r vo m Kunden in Anspruch genommenen Telekommunikationsund Teledienst-Dienstleistungen, 4. Endpunkte festgeschaltete r Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit. Die Auskünfte dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Der Antrag ist durch den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes oder seinen Vertreter schriftlich z u s tellen und zu begrün- d e n . SS 8 A b s . 9 S a t z 3 b i s 11 u n d A b s . 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet entsprechende Anwendung, wobei an die Stelle des vom Bundeskanzler beauftragen Bundesministeriums der Chef des Bundeskanzleramtes tritt. Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artike l 10 d e s G rundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. ( 4 ) Für die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist SS 18 Abs. 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. SS 9 Übermittlung von Informationen durch den Bundesnachrichtendienst ( 1 ) Der Bundesnachrichtendienst darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder wenn der Empfänger die Daten für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. ( 2 ) Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten an andere Stellen ist SS 19 A b s . 2 b i s 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden; dabei ist die Übermittlung nach Absatz 4 dieser Vorschrift nur zulässig, wenn sie zur Wahrung außenund sicherheits- Gesetz über den Bundesnachrichtendienst 313 politischer Belange der Bundesrepublik Deutschland erforderlich ist und der Chef des Bundeskanzleramtes seine Zustimmung erteilt hat. Für vo m Verfassungsschutz übermittelte personenbezogene Date n i m S i n n e d e s SS 18 Abs. 1a Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes gilt SS 18 Abs. 1a Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. ( 3 ) Der Bundesnachrichtendienst übermittelt Informationen einschließlich personenbezogener Date n a n d i e Staatsanwaltschaften, die Polizeien und den Militärischen Abschirmdienst entsprechend SS 20 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. SS 10 Verfahrensregeln für die Übermittlung von Informationen Für die Übermittlung von Informationen nach SS SS 8 u n d 9 sind die SSSS 23 bis 26 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. SS 11 Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienste s fi n d e n SS 3 A b s . 2 u n d 8 S a t z 1, SS 4 A b s . 2 u n d 3 , SS SS 4 b u n d 4 c s ow i e SS SS 10 u n d 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes keine Anwendung. SS 12 Berichtspflicht Der Bundesnachrichtendienst unterrichtet den Chef des Bundeskanzleramtes über seine Tätigkeit. Über die Erkenntnisse aus seiner Tätigkeit unterrichtet er darüber hinaus auch unmittelbar die Bundesminister im Rahmen ihrer Zuständigkeiten; hierbei ist auch die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig. Bericht 2002 314 Kontrollgremiumgesetz 4. Gesetz über die parlamentarisch e Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz - PKGrG) vo m 11. April 1978 (BGBl. I S. 453) zuletzt geändert durch A rt. 3 des Gesetzes zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post-, und Fernmeldegeheimnisses vom 26.06.2001 ( B G B l . I S . 1260) SS 1 (1) Die Bundesregierung unterliegt hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamte s f ü r Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienste s d e r Kontrolle durch das Parlamentarisch e Kontrollgremium. (2) Die Rechte des Deutschen Bundestages, seiner Ausschüsse und der Kommission nach d e m A rtike l 10-Gesetz bleiben unberührt. SS 2 Die Bundesregierung unterrichtet das Parlamentarisch e Kontrollgremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit der in SS 1 A b s . 1 genannten Behörden und über die Vorgänge von besonderer Bedeutung. Au f Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Bundesregierung auch über sonstige Vorgänge zu berichten. SS 2a Die Bundesregierung hat dem Parlamentarischen Kontrollgremium im Rahmen der Unterrichtung nach SS 2 a u f Verlangen Einsicht in Akten und Dateien der Dienste z u geben, die Anhörung von Mitarbeitern der Dienste z u gestatten und Besuche bei den Dienste n z u e rmöglichen. SS 2b (1) Die Verpflichtung der Bundesregierung nach d e n SS SS 2 und 2a erstreckt sich nur auf Informationen und Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung der Nachrichtendienste des Bundes unterliegen. (2) Die Bundesregierung kann die Unterrichtung nach den Kontrollgremiumgesetz 315 SS SS 2 u n d 2 a n u r verweigern , wenn dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzuganges oder aus Gründen des Schutzes vo n Persönlichkeitsrechten Dritter notwendig ist oder wenn der Kernbereich d e r e xekutiven Eigenverantwortung betroffen ist. Lehnt die Bundesregierung eine Unterrichtung ab, so hat der für den betroffenen Nachrichtendienst zuständige Bundesminister (SS 2 Abs. 1 Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, SS 1 Abs. 1 Satz 1 des MAD-Gesetzes) und, soweit der Bundesnachrichtendienst betroffen ist, der Chef des Bundeskanzleramtes (SS 1 Abs. 1 Satz 1 des BND-Gesetzes) dies dem Parlamentarischen Kontrollgremium auf dessen Wunsch z u begründen. SS 2c Das Parlamentarisch e Kontrollgremium kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder nach Anhörung der Bundesregierung im Einzelfall einen Sachverständigen beauftragen, zur Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben Untersuchungen durchzuführen. Der Sachverständige hat dem Parlamentarischen Kontrollgremium über das Ergebnis seiner Untersuchungen zu berichten; SS 5 Abs. 1 gilt entsprechend. SS 2d Angehörige n d e r Nachrichtendienste i s t e s gestattet, sich i n dienstlich e n A n gelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder Interesse anderer Angehöriger dieser Behörden, mit Eingaben an das Parlamentarisch e Kontrollgremium zu wenden, soweit die Leitung der Dienste entsprechenden Eingaben nich t gefolgt ist. An den Deutschen Bundesta g gerichtete Eingaben von Bürgern über ein sie betreffendes Verhalte n d e r i n SS 1 A b s . 1 genannten Behörden können dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Kenntnis gegeben werden. SS 2e (1) Der Vorsitzende, sein Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied können an den Sitzunge n d e s Vertrauensgremiums nach SS 10a der Bundeshaushaltsordnung mitberatend teilnehmen. In gleicher Weise haben der Vorsitzende des Vertrauensgremiums nach SS 10a der Bundeshaushaltsordnung, sein Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied die Möglichkeit, mitberatend an den Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums teilzunehmen. (2) Die Entwürfe der jährlichen Wirtschaftspläne der Dienste werden dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Mitberatung überwiesen. Die Bundesregierung unterrichtet das ParBericht 2002 316 Kontrollgremiumgesetz lamentarisch e Kontrollgremium über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. Bei den Beratungen der Wirtschaftspläne der Dienste und deren Vollzug können die Mitglieder wechselseitig mitberatend an den Sitzungen beider Gremien teilnehmen. SS 3 Die politisch e Verantwortung der Bundesregierung für die i n SS 1 genannten Behörden bleibt unberührt. SS 4 (1) Der Deutsche Bundestag wählt zu Beginn jeder Wahlperiode die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums aus seiner Mitte. (2) Er bestimmt die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Parlamentarischen Kontrollgremiums. (3) Gewählt ist, we r d i e Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages auf sich vereint. (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Deutschen Bundestag oder seiner Fraktion aus oder wird ein Mitglied zum Bundesminister oder Parlamentarischen Staatssekretär ernannt, so verliert es seine Mitgliedschaft im Parlamentarischen Kontrollgremium; SS 5 Abs. 4 bleibt unberührt. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium ausscheidet. SS 5 (1) Die Beratungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums sind geheim. Die Mitglieder des Gremiums und die an den Sitzunge n teilnehmenden Mitglieder des Vertrauensgremiums nach SS 10a der Bundeshaushaltsordnung sind zur Geheimhaltung der Angelegenheite n verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Parlamentarischen Kontrollgremium bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus beiden Gremien. Das Gleiche gilt für Angelegenheiten, die den Mitgliedern des Gremiums anlässlich d e r Teilnahme an Sitzunge n d e s Vertrauensgremiums nach SS 10a der Bundeshaushaltsordnung bekannt geworden sind. Satz 1 gilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge , wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre vorherige Zustimmung erteilt. Kontrollgremiumgesetz 317 (2) Das Parlamentarisch e Kontrollgremium tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. Es gibt sich eine Geschäftsordnung. (3) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums verlangen. (4) Das Parlamentarisch e Kontrollgremium übt seine Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages so lange aus, bis der nachfolgende Deutsche Bundesta g gemäß SS 4 entschieden hat. SS 6 Das Parlamentarisch e Kontrollgremium erstattet dem Deutschen Bundestag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über seine bisherige Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundsätze des SS 5 Abs. 1 zu beachte n . SS 14 Abs. 1 S a t z 2 d e s A rtike l 10-Gesetzes bleibt unberührt. Bericht 2002 318 Sicherheitsüberprüfungsgesetz 5. Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) zuletzt geändert durch Drittes Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vo m 21.08.2002 (BGBI. I S. 3322) Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS 1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes ( 1 ) Dieses Gesetz regelt die Voraussetzunge n u n d d a s Verfahren zur Überprüfung einer Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung). (2) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer 1. Zugang zu Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die STRENG GEHEIM, GEHEIM oder VS-VERTRAULICH eingestuft s i n d , 2. Zugang zu Verschlusssachen überstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich verschaffen kann, wenn die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, nur sicherheitsüberprüfte Personen hierzu zuzulassen, 3. in einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes oder in einem Teil von ihr tätig ist, die auf Grund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen von der jeweils zuständigen obersten Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern a l s Nationale Sicherheitsbehörde zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist. ( 3 ) Verpflichten sich Stellen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Stellen anderer Staaten durch Übereinkünfte, bei Personen, die Zugang zu Verschlusssachen ausländischer Staaten haben oder sich verschaffen können, zuvor Sicherheitsüberprüfungen nach deutschem Recht durchzuführen, ist in Sicherheitsüberprüfungsgesetz 319 diesen Übereinkünfte n festzulegen, welch e Verschlusssachengrade des Vertragspartners Verschlußsachengraden nach diesem Gesetz vergleichbar sind. Derartige Festlegungen müssen sich im Rahmen der Bewertungen dieses Gesetzes halten und insbesondere den Maßstäben des SS 4 entsprechen. ( 4 ) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung oder wer innerhalb einer besonders sicherheitsempfindlichen Stelle des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung ("Militärischer Sicherheitsbereich") beschäftigt ist oder werden soll (vorbeugender personeller Sabotageschutz). (5) Lebenswichtig sind solche Einrichtunge n , 1. deren Beeinträchtigung aufgrund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann oder 2. die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung erheblich e Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen lassen würde. Verteidigungswichtig sind außerhalb des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung solche Einrichtungen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft dienen und deren Beeinträchtigung aufgrund 1. fehlender kurzfristiger Ersetzbarkeit die Funktionsfähigkeit, insbesondere die Ausrüstung, Führung und Unterstützung der Bundeswehr und verbündete r Streitkräfte s owie der Zivilen Verteidigung, oder 2. der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung erheblich gefährden kann. Sicherheitsempfindlich e Stelle ist die kleinste selbstständig handelnde Organisationseinheit innerhalb einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung, die vor unberechtigtem Zugang geschützt ist und vo n d e r i m Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die in den Sät- z e n 1 u n d 2 genannten Schutzgüter ausgeht. SS 2 Betroffener Personenkreis (1) Eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Bericht 2002 320 Sicherheitsüberprüfungsgesetz Tätigkeit betraut werden soll (Betroffener), ist vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Die Sicherheitsüberprüfung bedarf der Zustimmung des Betroffenen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Zustimmung ist schriftlich z u e rteilen, aber nicht in elektronischer Form. Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit darf erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres übertrage n werden. Auf eine Sicherheitsüberprüfung nach diesem Gesetz kann verzichte t werden, wenn für den Betroffenen bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung durchgeführt worden ist. ( 2 ) Der volljährige Ehegatte, der Lebenspartner oder der volljährige Partner, mit dem der Betroffene in einer auf Dauer angelegten Gemeinschaft lebt (Lebensgefährte), soll in die Sicherheitsüberprüfung nach d e n SS SS 9 u n d 10 einbezoge n werden. Über Ausnahmen entscheidet die zuständige Stelle. Im Falle der Einbeziehung ist die Zustimmung des Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten erforderlich. Die Zustimmung ist schriftlich z u e rteilen, aber nicht in elektronischer Form. Geht der Betroffene die Ehe während oder erst nach e rfolgter Sicherheitsüberprüfung ein oder begründet er die Lebenspartnerschaft oder die auf Dauer angelegte Gemeinschaft i n d e m entsprechenden Zeitraum, so ist die zuständige Stelle zu unterrichten, um sie in die Lage z u versetzen, die Einbeziehung des Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährte n i n d i e S i- cherheitsüberprüfung nachzuholen. Das Gleiche gilt bei später eintretender Volljährigkeit des Ehegatten oder Lebensgefährte n . (3) Dieses Gesetz gilt nicht für 1. die Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes, 2. Richter, s oweit sie Aufgaben der Rechtsprechung wahrnehmen, 3. ausländisch e Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach SS 1 Abs. 2 Nr. 2 ausüben sollen. SS 3 Zuständigkeit (1) Zuständig für die Sicherheitsüberprüfung ist 1. die Behörde oder sonstige ö ffentlich e Stelle des Bundes, die einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zuweisen, übertragen oder sie dazu ermächtigen will, Sicherheitsüberprüfungsgesetz 321 2. bei deutschen Staatsangehörigen aus Anlass ihrer Tätigkeit im sicherheitsempfindlichen Bereich b e i d e r NATO oder anderen zwischenstaatlichen Einrichtunge n u n d Stellen das Bundesministerium des Innern a l s Nationale Sicherheitsbehörde, soweit nichts anderes bestimmt ist, 3. bei politischen Parteien nach A rtike l 21 d e s G rundgesetzes sowie deren Stiftungen die Parteien selbst, 4. im Übrigen die Behörde oder sonstige ö ffentlich e Stelle des Bundes, die eine Verschlusssache an eine nicht-öffentliche Stelle weitergeben will, 5 . die Behörde oder sonstige ö ffentlich e Stelle des Bundes, die auf Grund einer Rechtsverordnung ge m ä ß SS 3 4 Aufgaben nach SS 1 A b s . 4 w a h rnimmt und eine Person mit einer derartigen sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauen will. In den Fällen der Nummern 1 u n d 4 k a n n b e i n a chgeordneten Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes deren oberste Bundesbehörde Aufgaben der zuständigen Stelle übernehmen. Die Aufgaben der zuständige n Stelle nach diesem Gesetz sind von einer vo n d e r Personalverwaltung getrennten Organisationseinheit wahrzunehmen. ( 2 ) Mitwirkende Behörde bei der Sicherheitsüberprüfung ist das Bundesamt für Verfassungsschutz nach SS 3 A b s . 2 N r. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes und im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung der Militärische Abschirmdienst nach SS 1 A b s . 3 N r. 1 B u chsta b e a u n d b d e s MAD-Gesetzes, soweit nich t i n Rechtsvorschriften zwischenstaatlicher Einrichtungen oder in völkerrechtlichen Verträgen, denen die gesetzgebenden Körperschafte n gemäß Artikel 59 Abs. 2 des Grundgesetzes zugestimmt haben, etwas anderes bestimmt ist. ( 3 ) Der Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst führen Sicherheitsüberprüfungen bei Bewerbern und Mitarbeitern d e s e i- genen Dienstes allein durch . S i e wenden hierbei die Vorschriften dieses Gesetzes an. Gleiches gilt, wenn der Bundesnachrichtendienst oder der Militärische Abschirmdienst eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 1 u n d 4 zuweisen, übertragen oder dazu ermächtigen will. Bericht 2002 322 Sicherheitsüberprüfungsgesetz SS 4 Verschlusssachen ( 1 ) Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform . S i e werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung eingestuft . (2) Eine Verschlusssache ist 1. STRENG GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann, 2. GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte d i e S i- cherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann, 3. VS-VERTRAULICH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann, 4. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. SS 5 Sicherheitsrisiken, sicherheitserhebliche Erkenntnisse ( 1 ) Im Sinne dieses Gesetzes liegt ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte 1. Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen oder 2. eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsund Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen oder 3. Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen. Ein Sicherheitsrisiko kann auch aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte z u r Person des Ehegatten, Lebenspartners oder Le- Sicherheitsüberprüfungsgesetz 323 bensgefährte n vorliegen. ( 2 ) Eine Erkenntnis ist sicherheitserheblich , wenn sich aus ihr ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt. SS 6 Rechte des Betroffenen ( 1 ) Vor Ablehnung der Zulassung zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Betroffene kann zur Anhörung mit einem Rechtsanwalt erscheinen. Die Anhörung erfolgt in einer Weise, die den Quellenschutz gewährleistet und den schutzwürdigen Interessen vo n Personen, die im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung befragt wurden, Rechnung trägt. Sie unterbleibt, wenn sie einen erheblichen Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüberprüfungen der Bewerber bei den Nachrichtendiensten des Bundes. ( 2 ) Liege n i n d e r Person des Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten Anhaltspunkte vor, die ein Sicherheitsrisiko begründen, ist ihm Gelegenheit zu geben, sich vor der Ablehnung der Zulassung des Betroffenen zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. ( 3 ) Die Absätze 1 und 2 sind auch i m Falle der Ablehnung einer Weiterbeschäftigung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit anzuwenden. Zweiter Abschnitt Überprüfungsarten und Durchführungsmaßnahmen SS 7 Arten der Sicherheitsüberprüfung ( 1 ) Entsprechend der vorgesehenen sicherheitsempfindlichen Tätigkeit wird entweder eine 1. einfache Sicherheitsüberprüfung oder 2. erweiterte Sicherheitsüberprüfung oder 3. erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen durchgeführt . Bericht 2002 324 Sicherheitsüberprüfungsgesetz ( 2 ) Ergeben sich bei der Sicherheitsüberprüfung sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die nur durch Maßnahmen der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung geklärt werden können, kann die zuständige Stelle mit Zustimmung des Betroffenen und der einbezogenen Person die nächsthöhere Art der Sicherheitsüberprüfung anordnen. SS 12 Abs. 5 bleibt unberührt . SS 8 Einfache Sicherheitsüberprüfung ( 1 ) Die einfache Sicherheitsüberprüfung ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu VS-VERTRAULICH eingestufte n Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. Tätigkeiten in Bereichen nach SS 1 A b s . 2 N r. 3 w a h rnehmen sollen, 3. Tätigkeiten in Bereichen nach SS 1 A b s . 4 w a h rnehmen sollen. ( 2 ) In den Fällen von Absatz 1 Nr. 2 kann die zuständige Stelle von der Sicherheitsüberprüfung absehen, wenn Art oder Dauer der Tätigkeit dies zulassen. SS 9 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu GEHEIM eingestufte n Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. Zugang zu einer hohen Anzahl VS-VERTRAULICH eingestufte r Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach A rt und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 8 f ü r ausreichend hält. SS 10 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermitt- Sicherheitsüberprüfungsgesetz 325 lungen ist für Personen durchzuführen, 1. die Zugang zu STRENG GEHEIM eingestufte n Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. die Zugang zu einer hohen Anzahl GEHElM eingestufte r Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 3. die bei einem Nachrichtendienst des Bundes oder einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Bundes tätig werden sollen, die nach Feststellung der Bundesregierung ge m ä ß SS 3 4 Aufgaben vo n vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wahrnimmt, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach A rt und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 8 o d e r SS 9 für ausreichend hält. SS 11 Datenerhebung ( 1 ) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde dürfen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten erheben. Der Betroffene sowie die sonstigen zu befragenden Personen und nicht-öffentlichen Stellen sind auf den Zweck der Erhebung, die Auskunftspflichten nach diesem Gesetz und auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht, ansonsten auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen der i n SS 3 A b s . 3 S a t z 1 genannte n Personen kann die Angabe der erhebenden Stelle gegenüber den sonstigen zu befragenden Personen oder nicht-öffentlichen Stellen unterbleiben, wenn dies zum Schutz des Betroffenen oder des Nachrichtendienstes erforderlich i s t . ( 2 ) Die zuständige Stelle erhebt die personenbezogenen Daten beim Betroffenen oder bei dem in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten. Reicht diese Erhebung nicht aus oder stehen ihr schutzwürdige Interessen des Betroffenen oder seines Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten entgegen, können andere geeignete Personen oder Stellen befragt werden. SS 12 Maßnahmen bei den einzelnen Überprüfungsarten ( 1 ) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 8 t r i fft die mitwirkende Behörde folgende Maßnahmen: Bericht 2002 326 Sicherheitsüberprüfungsgesetz 1. Sicherheitsmäßige B ewertung der Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, 2. Einholung einer unbeschränkte n Auskunft aus dem Bundeszentralregister, 3. Anfragen an das Bundeskriminalamt, die Grenzschutzdirektion und die Nachrichtendienste des Bundes. ( 2 ) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 9 t r i fft die mitwirkende Behörde zusätzlich z u A b s a t z 1 folgende Maßnahmen: 1. Anfrage n a n d i e Polizeidienststellen der innegehabte n Wohnsitze des Betroffenen, in der Regel beschränkt auf die letzten fünf Jahre, 2. Prüfung der Identität des Betroffenen. Wird der Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte des Betroffenen in die Sicherheitsüberprüfung ge m ä ß SS 2 A b s . 2 einbezogen, trifft die mitwirkende Behörde bezüglich der einzubeziehenden Person die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen. ( 3 ) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 befragt die mitwirkende Behörde zusätzlich von dem Betroffenen in seiner Sicherheitserklärung angegebene Referenzpersonen und weitere geeignete Auskunftspersonen, um zu prüfen, ob die Angaben des Betroffenen zutreffe n u n d o b tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein Sicherheitsrisiko s chließen lassen. ( 4 ) Die zuständige Stelle fragt zur Feststellung einer hauptamtlichen oder inoffiziellen Tätigkeit des Betroffenen oder der einbezogenen Person für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bei dem Bundesbeauftragten für die Unterlage n d e s Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik an, wenn der Betroffene oder die einbezogene Person vo r d e m 1. Januar 1970 geboren wurde und in dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik wohnhaft war oder Anhaltspunkte für eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vorliegen. Ergibt die Anfrage sicherheitserhebliche Erkenntnisse, übermittelt sie die zuständige Stelle zur Bewertung an die mitwirkende Behörde. ( 5 ) Soweit es eine sicherheitserhebliche Erkenntnis erfordert und die Befragung des Betroffenen oder seines Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten nicht ausreicht oder ihr Sicherheitsüberprüfungsgesetz 327 schutzwürdige Interessen entgegenstehen, kann die mitwirkende Behörde neben den Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 weitere geeignete Auskunftspersonen oder andere geeignete Stellen, insbesondere Staatsanwaltschaften oder Gerichte, befragen oder Einzelmaßnahmen der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung durchführen. Dritter Abschnitt Verfahren SS 13 Sicherheitserklärung ( 1 ) In der Sicherheitserklärung sind vom Betroffenen anzugeben: 1. Namen, auch frühere, Vornamen, 2. Geburtsdatum, -ort , 3. Staatsangehörigkeit, auch frühere und doppelte Staatsangehörigkeite n , 4. Familienstand, 5. Wohnsitze und Aufenthalte von längerer Dauer als zwei Monate, und zwar im Inland in den vergangenen fünf Jahren, i m Ausland ab dem 18. Lebensjahr, 6. ausgeübter Beru f , 7. Arbeitgeber und dessen Anschrift , 8. Anzahl der Kinder, 9. im Haushalt lebende Personen über 18 Jahre (Namen, auch frühere, Vornamen, Geburtsdatum und Geburtsort u n d Verhältnis zu dieser Person), 10. Eltern , Stiefoder Pflegeeltern ( Namen, auch frühere, Vornamen, Geburtsdatum, Geburtsort , Staatsangehörigkeit und Wohnsitz), 11. Ausbildungsund Beschäftigungszeiten, Wehroder Zivildienstzeiten mit Angabe der Ausbildungsstätten, Beschäftigungsstellen sowie deren Anschrifte n , 12. Nummer des Personalausweises oder Reisepasses, Bericht 2002 328 Sicherheitsüberprüfungsgesetz 13. Angaben über in den vergangenen fünf Jahren durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und ob zur Zeit die finanziellen Verpflichtungen erfüllt werden können, 14. Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die auf einen Anbahnungsund Werbungsversuch hindeuten können, 15. Beziehunge n z u verfassungsfeindlichen Organisationen, 16. anhängige Strafund Disziplinarverfahren, 17. Angaben zu Wohnsitzen, Aufenthalten, Reisen, nahen Angehörigen und sonstigen Beziehunge n i n u n d z u Staaten, in denen nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern als Nationale Sicherheitsbehörde besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befasste n Personen zu besorgen sind, 18. zwe i Auskunftspersonen zur Identitätsprüfung des Betroffenen nur bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS SS 9 u n d 10 (Namen, Vornamen, Anschrift u n d Verhältnis zur Person), 19. drei Referenzpersonen (Namen, Vornamen, Beruf, berufliche und private Anschrift und Rufnummern s owie zeitlicher Beginn der Bekanntschaft) nur bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 , 20. Angaben zu früheren Sicherheitsüberprüfunge n . Der Erklärung sind zwei aktuelle Lichtbilder mit der Angabe des Jahres der Aufnahme beizufüge n . ( 2 ) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 8 entfallen die Angaben zu Absatz 1 Nr. 8 , 11 u n d 12 u n d d i e P flicht, Lichtbilder beizubringen; Absatz 1 Nr. 10 entfällt, soweit die dort genannte n Personen nicht in einem Haushalt mit dem Betroffenen leben. Zur Person des Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten sind mit deren Einverständnis die in Absatz 1 Nr. 1 b i s 4 , 14 u n d 15 genannten Daten anzugeben. Ergeben sich aus der Sicherheitserklärung oder aufgrund der Abfrage aus einer der in SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannte n Verbunddateien sicherheitserhebliche Erkenntnisse über den Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten des Betroffenen, sind weitere Überprüfungsmaßnahmen nur zulässig, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte mit seiner Zustimmung in die erweiterte Sicherheitsüberprüfung einbezogen wird. Sicherheitsüberprüfungsgesetz 329 ( 3 ) Wird der Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, so sind zusätzlich die in Absatz 1 Nr. 5 b i s 7, 12 , 13 , 16 , 17 u n d 18 genannten Daten anzugeben. ( 4 ) Bei Sicherheitsüberprüfunge n d e r i n SS 3 A b s . 3 genannte n Personen sind zusätzlich d i e Wohnsitze seit der Geburt, die Geschwister und abgeschlossene Strafund Disziplinarverfahren sowie alle Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anzugeben. ( 5 ) Der Betroffene kann Angaben verweigern, die für ihn, einen nahen Angehörigen im Sinne vo n SS 5 2 A b s . 1 d e r Strafprozessordnung, den Lebenspartner oder Lebensgefährten die Gefahr strafrechtlicher oder disziplinarischer Verfolgung, der Entlassung oder Kündigung begründen könnten. Über das Verweigerungsrecht ist der Betroffene zu belehren. ( 6 ) Die Sicherheitserklärung ist vom Betroffenen der zuständige n Stelle zuzuleiten. Sie prüft die Angaben des Betroffenen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit. Zu diesem Zweck können die Personalakten eingesehen werden. Die zuständige Stelle leitet die Sicherheitserklärung an die mitwirkende Behörde weiter und beauftragt diese, eine Sicherheitsüberprüfung durchzuführen, es sei denn, die zuständige Stelle hat bereits bei der Prüfung der Sicherheitserklärung festgestellt, dass ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegensteht. Die mitwirkende Behörde kann mit Zustimmung der zuständige n Stelle und des Betroffenen in die Personalakte Einsicht nehmen, wenn dies zur Klärung oder Beurteilung sicherheitserheblicher Erkenntnisse unerlässlich i s t . SS 14 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung ( 1 ) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, daß kein Sicherheitsrisiko nach SS 5 A b s . 1 vorliegt, so teilt sie dies der zuständige n Stelle mit. Fallen Erkenntnisse an, die kein Sicherheitsrisiko begründen, aber weiterhin sicherheitserheblich sind, so werden diese mitgeteilt. ( 2 ) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, daß ein Sicherheitsrisiko vorliegt, unterrichtet sie schriftlich unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung die zuständige Stelle. Bei nachgeordnete n Stellen erfolgt die Unterrichtung über deren oberste Bundesbehörde. (3) Die zuständige Stelle entscheidet, ob ein SicherheitsriBericht 2002 330 Sicherheitsüberprüfungsgesetz siko vorliegt, das der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit des Betroffenen entgegensteht. Im Zweifel hat das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belange n . SS 6 A b s . 1 u n d 2 i s t z u b e- achten. (4) die zuständige Stelle die Betrauung mit der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ab, teilt sie dies dem Betroffenen mit. SS 15 Vorläufige Zuweisung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit Die zuständige Stelle kann in Ausnahmefällen abweichend vo n SS 2 A b s . 1 d i e s i cherheitsempfindliche Tätigkeit des Betroffenen vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung erlauben, wenn die mitwirkende Behörde 1. bei der einfachen Sicherheitsüberprüfung die Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der eigenen Erkenntnisse bewertet hat od e r 2. bei der erweiterten Sicherheitsüberprüfung und bei der erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen die Maßnahmen der nächstniederen Art der Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen hat und sich daraus keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko ergeben haben. SS 16 Sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung ( 1 ) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben sich unverzüglich gegenseitig zu unterrichten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse über den Betroffenen oder den in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten bekannt werden oder sich mitgeteilte Erkenntnisse als unrichtig erweisen. ( 2 ) Die mitwirkende Behörde prüft die sicherheitserheblichen Erkenntnisse und stellt fest, ob ein Sicherheitsrisiko nach SS 5 A b s . 1 vorliegt, und unterrichtet die zuständige Stelle über das Ergebnis der Prüfung. Im Übrige n i s t SS 14 A b s . 3 u n d 4 entsprechend anzuwenden. SS 17 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung Sicherheitsüberprüfungsgesetz 331 ( 1 ) Die Sicherheitserklärung ist dem Betroffenen, der eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, in der Regel alle fünf Jahre erneut zuzuleite n u n d i m Falle eingetretener Veränderunge n vom Betroffenen zu ergänzen. ( 2 ) Bei sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten nach SS 10 ist i n d e r Regel im Abstand von zehn Jahren eine Wiederholungsüberprüfung einzuleiten. Im übrigen kann die zuständige Stelle eine Wiederholungsüberprüfung einleiten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse dies nahe legen. Das Verfahren bei der Wiederholungsüberprüfung entspricht dem der Erstüberprüfung; die mitwirkende Behörde kann von einer erneuten Identitätsprüfung absehen. Die Wiederholungsüberprüfung erfolgt nur mit Zustimmung des Betroffenen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, und mit der Zustimmung seines Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten, falls er einbezogen wird. Vierter Abschnitt Akten über die Sicherheitsüberprüfung; Datenverarbeitung SS 18 Sicherheitsakte und Sicherheitsüberprüfungsakte ( 1 ) Die zuständige Stelle führt über den Betroffenen eine Sicherheitsakte, in die alle die Sicherheitsüberprüfung betreffenden Informationen aufzunehmen sind. ( 2 ) Informationen über die persönlichen, dienstlichen und arbeitsrechtlichen Verhältnisse der Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit befasst sind, sind zur Sicherheitsakte zu nehmen, soweit sie für die sicherheitsmäßige B e- urteilung erheblich sind. Dazu zählen insbesondere: 1. Zuweisung, Übertragung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, die dazu erteilte E rmächtigung sowie deren Änderungen und Beendigung, 2. Umsetzung, Abordnung, Versetzung und Ausscheiden, 3. Änderunge n d e s Familienstandes, des Namens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. Anhaltspunkte für Überschuldung, insbesondere Pfändungsund Überweisungsbeschlüsse, 5. Strafund Disziplinarsachen sowie dienstund arbeitsrechtliBericht 2002 332 Sicherheitsüberprüfungsgesetz che Maßnahmen. ( 3 ) Die Sicherheitsakte i s t keine Personalakte . S i e i s t gesondert zu führen und darf weder der personalverwaltenden Stelle noch dem Betroffenen zugänglich gemach t werden; SS 23 Abs. 6 bleibt unberührt . I m Falle des Wechsels der Dienststelle oder des Dienstherrn ist die Sicherheitsakte nach dorthin abzugeben, wenn auch dort eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausgeübt werden soll. ( 4 ) Die mitwirkende Behörde führt über den Betroffenen eine Sicherheitsüberprüfungsakte, in die aufzunehmen sind: 1. Informationen, die die Sicherheitsüberprüfung, die durchgeführten Maßnahmen und das Ergebnis betreffe n , 2. das Ausscheiden aus oder die Nichtaufnahme der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, 3. Änderunge n d e s Familienstandes, des Namens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit. Die in Absatz 2 Nr. 4 u n d 5 genannten Daten sind zur Sicherheitsüberprüfungsakte zu nehmen, wenn sie sicherheitserheblich s i n d . ( 5 ) Die zuständige Stelle ist verpflichtet, die in Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 u n d S a t z 2 genannten Daten unverzüglich der mitwirkenden Behörde zu übermitteln. Die Übermittlung der in Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 genannten Daten erfolgt nach d e n i n SS 2 2 A b s . 2 N r. 1 festgelegten Friste n . SS 19 Aufbewahrung und Vernichtung der Unterlagen ( 1 ) Die Unterlagen über die Sicherheitsüberprüfung sind gesondert aufzubewahren und gegen unbefugten Zugriff z u schützen. ( 2 ) Die Unterlagen über die Sicherheitsüberprüfung sind bei der zuständige n Stelle innerhalb eines Jahres zu vernichten, wenn der Betroffene keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, der Betroffene willigt in die weitere Aufbewahrung ein. Im Übrigen sind die Unterlagen über die Sicherheitsüberprüfung bei der zuständige n Stelle fünf Jahre nach d e m Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigke i t z u vernichten, es sei denn, der Betroffene willigt in die weitere Aufbewahrung ein oder es ist beabsichtigt, dem Betroffenen in absehbarer Zeit erneut eine sicherheitsempfindliche Sicherheitsüberprüfungsgesetz 333 Tätigkeit zuzuweisen, zu übertragen oder ihn dazu zu ermächtige n . ( 3 ) Die Unterlagen über die Sicherheitsüberprüfung bei der mitwirkenden Behörde sind nach d e n i n SS 2 2 A b s . 2 N r. 2 genannten Friste n z u vernichten. Gleiches gilt bezüglich d e r Unterlage n z u d e n i n SS 3 A b s . 3 genannte n Personen. SS 20 Speichern , Verändern u n d Nutzen personenbezogener Daten in Dateien ( 1 ) Die zuständige Stelle darf z u r E rfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz die in SS 13 A b s . 1 N r. 1 b i s 6 genannten personenbezogenen Daten, ihre Aktenfundstelle und die der mitwirkenden Behörde sowie die Beschäftigungsstelle, Verfügungen zur Bearbeitung des Vorganges und beteiligte Behörden in Dateien speichern , verändern und nutzen. (2) Die mitwirkende Behörde darf z u r E rfüllung ihrer Aufgaben 1. d i e i n SS 13 A b s . 1 N r. 1 b i s 6 genannten personenbezogenen Daten des Betroffenen und des in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Ehegatten, Lebenspartners oder Lebensgefährten und die Aktenfundstelle, 2. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs sowie 3. sicherheitserhebliche Erkenntnisse und Erkenntnisse, die ein Sicherheitsrisiko begründen, in Dateien speichern , verändern und nutzen. Die Daten nach Nummer 1 dürfen auch in die nach SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässige n Verbunddateien gespeichert werden. SS 21 Übermittlung und Zweckbindung ( 1 ) Die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung gespeicherten personenbezogenen Daten dürfe n von der zuständigen Stelle oder mitwirkenden Behörde nur für 1. die mit der Sicherheitsüberprüfung verfolgten Zwecke, 2. Zwecke d e r Verfolgung vo n Straftate n von erheblicher Bedeutung, Bericht 2002 334 Sicherheitsüberprüfungsgesetz 3. Zwecke parlamentarischer Untersuchungsausschüsse genutzt und übermittelt werden. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die ihnen nach S a t z 1 N r. 2 ü b e rmittelten Daten für Zwecke eines Strafverfahrens nur verwenden, wenn die Strafverfolgung auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die zuständige Stelle darf d i e gespeicherten personenbezogenen Daten darüber hinaus für Zwecke der disziplinarrechtlichen Verfolgung sowie dienstoder arbeitsrechtlicher Maßnahmen nutzen und übermitteln, wenn dies zur Gewährleistung des Verschlusssachenschutzes erforderlich ist. Die mitwirkende Behörde darf d i e gespeicherten personenbezogenen Daten darüber hinaus im Rahmen des erforderlichen Umfangs nutzen und übermitteln zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten oder zur Aufklärung sonstiger Bestrebunge n von erheblicher Bedeutung. ( 2 ) Die Übermittlung der nach SS 2 0 i n D a teien gespeicherten Daten ist nur zulässig, soweit sie für die Erfüllung der in Absatz 1 genannten Zwecke e rforderlich ist. Die nach SS 2 0 Abs. 2 Nr. 1 gespeicherten Daten dürfen zur Erfüllung aller Zwecke d e s Verfassungsschutzes genutzt und übermittelt werden. ( 3 ) Die mitwirkende Behörde darf personenbezogene Daten nach den Absätzen 1 und 2 nur an öffentlich e Stellen übermitteln. ( 4 ) Die Nutzung oder Übermittlung unterbleibt, soweit gesetzlich e Verwendungsregelungen entgegenstehen. ( 5 ) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verarbeiten und nutzen, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt werden, und zum Zweck d e r Strafverfolgung gemäß Absatz 1 Satz 1 Nr. 2. Eine nicht-öffentlich e Stelle ist darauf hinzuweisen. SS 22 Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten ( 1 ) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird festgestellt, daß personenbezogene Daten unrichtig sind oder wird ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten, so ist dies, soweit sich die personenbezogenen Da- Sicherheitsüberprüfungsgesetz 335 ten in Akten befinden, dort z u vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalte n . ( 2 ) In Dateien gespeicherte personenbezogene Daten sind zu lösch e n 1. von der zuständige n Stelle a) innerhalb eines Jahres, wenn der Betroffene keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, der Betroffene willigt in die weitere Speicherung ein, b) nach Ablauf von fünf Jahren nach d e m Ausscheiden des Betroffenen aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, es sei denn, der Betroffene willigt in die weitere Speicherung ein oder es ist beabsichtigt, dem Betroffenen in absehbarer Zeit eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zuzuweisen, zu übertragen oder ihn dazu zu ermächtigen, 2. von der mitwirkenden Behörde a) bei einfachen Sicherheitsüberprüfungen nach Ablauf von fünf Jahren nach d e m Ausscheiden des Betroffenen aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, b) bei den übrigen Überprüfungsarten nach Ablauf von zehn Jahren, beim Bundesnachrichtendienst nach Ablauf von 25 Jahren nach d e n i n Nummer 1 genannten Fristen, c) die nach SS 2 0 A b s . 2 N r. 3 gespeicherten Daten, wenn feststeht, dass der Betroffene keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt oder aus ihr ausgeschieden ist. Im Übrigen sind in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. ( 3 ) Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass durch s i e s chutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung des Betroffenen verarbeite t u n d genutzt werden. SS 23 Auskunft ü b e r gespeicherte personenbezogene Daten ( 1 ) Auf Antrag ist von der zuständige n Stelle oder mitwirkenden Behörde unentgeltlich Auskunft z u e rteilen, welche Daten über die anfragende Person im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung gespeichert wurden. Bericht 2002 336 Sicherheitsüberprüfungsgesetz ( 2 ) Bezieht sich d i e Auskunftserteilung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an die mitwirkenden Behörden, ist sie nur mit deren Zustimmung zulässig. (3) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1. die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde, 2. die Auskunft d i e ö ffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder 3. die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalte n werden müssen und deswegen das Interesse des Anfragenden an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. ( 4 ) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf einer Begründung nicht, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Z weck gefährdet würde. In diesem Fall sind die Gründe der Auskunftsverweigerung aktenkundig zu machen. Die anfragende Person ist auf die Rechtsgrundlage f ü r d a s Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. ( 5 ) Wird dem Anfragenden keine Auskunft e rteilt, so ist sie auf sein Verlangen dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz zu erteilen, soweit nicht die jeweils zuständige oberste Bundesbehörde im Einzelfall feststellt, daß dadurch d i e S i- cherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Die Mitteilung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der speichernden Stelle zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. ( 6 ) Die zuständige Stelle gewährt der anfragenden Person Einsicht in die Sicherheitsakte, soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen nicht ausreicht und sie hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist. Die Regelungen der Absätze 2 bis 5 gelten entsprechend. (7) Die Auskunft ist unentgeltlich . Sicherheitsüberprüfungsgesetz 337 Fünfter Abschnitt Sonderregelungen bei Sicherheitsüberprüfungen für nicht öffentlich e Stellen SS 24 Anwendungsbereich Bei Sicherheitsüberprüfunge n von Betroffenen, die von der zuständige n Stelle zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nach SS 1 A b s . 2 N r. 1 bis 3 bei einer nicht-öffentlichen Stelle ermächtigt oder mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nach SS 1 A b s . 4 b e i e i n e r n i cht öffentlichen Stelle betraut werden sollen, gelte n folgende Sonderregelunge n . SS 25 Zuständigkeit ( 1 ) Zuständige Stelle für sicherheitsempfindliche Tätigkeiten nach SS 1 A b s . 2 N r. 1 bis 3 ist das Bundesministerium für Wirtschaft u n d Technologie, soweit nicht im Einvernehmen mit ihm eine andere oberste Bundesbehörde die Aufgabe als zuständige Stelle wahrnimmt. ( 2 ) Zuständige Stelle für sicherheitsempfindliche Tätigkeiten nach SS 1 Abs. 4 ist dasjenige Bundesministerium, dessen Zuständigkeit für die nicht öffentlich e Stelle in einer Rechtsverordnung nach SS 3 4 festgelegt ist. Das zuständige Bundesministerium kann seine Befugnis auf eine von ihm bestimmte sonstige ö ffentlich e Stelle des Bundes übertragen. ( 3 ) Die Aufgaben der nicht-öffentlichen Stelle nach diesem Gesetz sind grundsätzlich von einer vo n d e r Personalverwaltung getrennten Organisationseinheit wahrzunehmen. Die zuständige Stelle kann Ausnahmen zulassen, wenn die nicht öffentliche Stelle sich verpflichtet, Informationen, die ihr im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung bekannt werden, nur für solche Zwecke z u gebrauchen, die mit der Sicherheitsüberprüfung verfolgt werden. Bericht 2002 338 Sicherheitsüberprüfungsgesetz SS 26 Sicherheitserklärung Abweichend vo n SS 13 Abs. 6 leitet der Betroffene seine Sicherheitserklärung der nicht öffentlichen Stelle zu, in der er beschäftigt ist. Im Falle der Einbeziehung des Ehegatte n , Lebenspartners oder Lebensgefährten nach SS 2 A b s . 2 f ü g t e r dessen Zustimmung bei. Die nicht-öffentlich e Stelle prüft die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben und darf, soweit dies erforderlich ist, die Personalunterlagen beiziehen. Sie gibt die Sicherheitserklärung an die zuständige Stelle weiter und teilt dieser vorhandene sicherheitserhebliche Erkenntnisse mit. SS 27 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung, Weitergabe sicherheitserheblicher Erkenntnisse Die zuständige Stelle unterrichtet die nicht öffentlich e Stelle nur darüber, dass der Betroffene zur sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ermächtigt oder nicht ermächtigt wird. Erkenntnisse, die die Ablehnung der Ermächtigung zur sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betreffen, dürfen nicht mitgeteilt werden. Zur Gewährleistung des Verschlusssachenschutzes können sicherheitserhebliche Erkenntnisse an die nicht öffentlich e Stelle übermittelt werden und dürfe n von ihr ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden. Die nicht öffentlich e Stelle hat die zuständige Stelle unverzüglich z u u n terrichten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse über den Betroffenen oder den in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten bekannt werden. SS 28 Aktualisierung der Sicherheitserklärung ( 1 ) Die nicht-öffentlich e Stelle leitet dem Betroffenen, der eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, auf Anforderung der zuständige n Stelle die Sicherheitserkläru n g in d e r Regel alle fünf Jahre erneut zu. ( 2 ) Der Betroffene hat die in der Sicherheitserklärung angegebenen Date n i m Falle eingetretener Veränderunge n z u e r- gänzen. Die zuständige Stelle beauftragt die mitwirkende Behörde, die Maßnahmen nach SS 12 A b s . 1 N r. 2 u n d 3 e r- neut durchzuführen und zu bewerte n . SS 29 Übermittlung von Informationen über persönliche und arbeitsrechtlich e Verhältnisse Sicherheitsüberprüfungsgesetz 339 Die nicht-öffentlich e Stelle hat der zuständige n Stelle das Ausscheiden aus sicherheitsempfindlicher Tätigkeit, Änderungen des Familienstandes, des Namens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit unverzüglich mitzuteilen. SS 30 Sicherheitsakte der nicht öffentlichen Stelle Für die Sicherheitsakte in der nicht öffentlichen Stelle gelte n d i e Vorschriften dieses Gesetzes über die Sicherheitsakte entsprechend mit der Maßgabe, dass die Sicherheitsakte der nicht öffentlichen Stelle bei einem Wechsel des Arbeitgebers nicht abgegeben wird. SS 31 Datenverarbeitung, -nutzung und -berichtigung in automatisierten Dateien Die nicht öffentlich e Stelle darf die nach diesem Gesetz zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten des Betroffenen in automatisierten Dateien speichern , verändern und nutzen. Die für die zuständige Stelle geltenden Vorschriften zur Berichtigung, Löschung und Sperrung finden Anwendung. Sechster Abschnitt Reisebeschränkungen, Sicherheitsüberprüfungen auf Antrag ausländischer Dienststellen und Schlussvorschriften SS 32 Reisebeschränkungen ( 1 ) Personen, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben, die eine Sicherheitsüberprüfung nach d e n SS SS 9 u n d 10 e rfordert, können verpflichte t werden, Dienstund Privatreisen in und durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelunge n gelten, der zuständige n Stelle oder der nicht öffentlichen Stelle rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die Verpflichtung kann auch für die Zeit nach d e m Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit angeordnet werden. ( 2 ) Die Reise kann von der zuständige n Stelle untersagt werden, wenn Anhaltspunkte z u r Person oder eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegen, die eine erhebliche Gefährdung durch fremde Nachrichtendienste e rwarten lassen. (3) Ergeben sich bei einer Reise in und durch Staaten, für Bericht 2002 340 Sicherheitsüberprüfungsgesetz die besondere Sicherheitsregelunge n gelten, Anhaltspunkte, die auf einen Anbahnungsund Werbungsversuch fremder Nachrichtendienste hindeuten können, so ist die zuständige Stelle nach Abschluss der Reise unverzüglich z u u n terrichte n . SS 33 Sicherheitsüberprüfung auf Antrag ausländischer Dienststellen ( 1 ) Ersucht eine ausländische Dienststelle die mitwirkenden Behörden um die Mitwirkung bei einer Sicherheitsüberprüfung, so richtet sie sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit nich t i n Rechtsvorschriften zwischenstaatlicher Einrichtungen oder völkerrechtlichen Verträgen, denen die gesetzgebenden Körperschafte n gemäß Artike l 5 9 A b s . 2 d e s G rundgesetzes zugestimmt haben, etwas anderes bestimmt ist. ( 2 ) Die Mitwirkung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Dies gilt auch bei der Übermittlung personenbezogener Daten an die ausländische Dienststelle. ( 3 ) Die ausländische Dienststelle ist darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung übermittelten personenbezogenen Daten nur für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung verwendet werden dürfen und die mitwirkende Behörde sich vorbehält, um Auskunft ü b e r d i e vorgenommene Verwendung der Daten zu bitte n . SS 34 Ermächtigung zur Rechtsverordnung Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzustellen, welche Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes oder nicht öffentlichen Stellen oder Teile von ihnen lebensoder verteidigungswichtige Einrichtungen mit sicherheitsempfindlichen Stellen im Sinne des SS 1 Abs. 4 sind, welches Bundesministerium für die nicht öffentlich e Stelle zuständig ist und welche Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes Aufgaben im Sinne des SS 10 S a t z 1 N r. 3 wahrnehmen. SS 35 Allgemeine Verwaltungsvorschriften ( 1 ) Die allgemeinen Verwaltungsvorschrifte n z u r Ausführung dieses Gesetzes erlässt das Bundesministerium des Innern, soweit in den Absätzen 2 bis 4 nichts anderes bestimmt ist. Sicherheitsüberprüfungsgesetz 341 ( 2 ) Die allgemeinen Verwaltungsvorschrifte n z u r Ausführung dieses Gesetzes im Bereich der Sicherheitsüberprüfung in der Wirtschaft erlässt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern . ( 3 ) Die allgemeinen Verwaltungsvorschrifte n z u r Ausführung dieses Gesetzes im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung erlässt das Bundesministerium der Verteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern . ( 4 ) Die allgemeinen Verwaltungsvorschrifte n z u r Ausführung dieses Gesetzes bei den Nachrichtendienste n d e s Bundes erlässt die jeweils zuständige oberste Bundesbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern . SS 36 Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes, Bundesverfassungsschutzgesetzes, MAD-Gesetzes und BND-Gesetzes ( 1 ) Die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme vo n SS 3 A b s . 2 u n d 8 S a t z 1, SS 4 A b s . 2 u n d 3 , SS SS 4 b u n d 4c sow i e SS 13 Abs. 1a und des Fünften Abschnitts sowie die SS SS 18 und 39 des Bundesdatenschutzgesetzes, des Ersten Abschnitts und die SSSS 14 u n d 2 3 N r. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes auch i n Verbindung mit SS 12 des MAD-Gesetzes u n d SS 10 des BND-Gesetzes sowie die SSSS 1 und 8 des MADGesetzes und SS 6 des BND-Gesetzes finden Anwendung. ( 2 ) Für die Datenschutzkontrolle der von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen nach diesem Gesetz gespeicherten personenbezogenen Date n gelte n d i e SS SS 21 u n d 2 4 b i s 2 6 d e s Bundesdatenschutzgesetzes. SS 37 Strafvorschriften ( 1 ) Wer unbefugt von diesem Gesetz geschützte personenbezogene Daten, die nicht offenkundig sind, 1. speichert , verändert oder übermittelt, 2. zum Abruf mittels automatisierte n Verfahrens bereithält oder 3. abruft oder sich oder einem anderen aus Dateien verschafft , wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit GeldBericht 2002 342 Sicherheitsüberprüfungsgesetz strafe bestraft . (2) Ebenso wird bestraft , wer 1. die Übermittlung von durch dieses Gesetz geschützten personenbezogenen Daten, die nicht offenkundig sind, durch unrichtige Angaben erschleicht oder 2. entgege n SS 21 A b s . 1 o d e r SS 2 7 S a t z 3 D a ten für andere Zwecke nutzt, indem er sie innerhalb der Stelle an einen anderen weitergibt. ( 3 ) Handelt der Täte r gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe b i s z u z wei Jahren oder Geldstrafe . (4) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. SS 38 Änderung von Gesetzen (nicht abgedruckt) SS 39 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach d e r Verkündung in Kraft. Abkürzungsverzeichnis 343 III. Abkürzungsverzeichnis AA/BO Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation AAH Antifaschistische Aktion Hannover ADHF Föderation für demokratisch e Rechte i n Deutschland ADHK Konföderation für demokratisch e Rechte in Europa ADÜTDF Föderation der türkisch - demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. AfK Agentur für Kommunikation AGIF Föderation der Arbeitsimmigranten aus der Türkei in Deutschland e. V. AIAI Al Ittihad Al Islamiya AKP Adalet ve Kalkinma Partisi (Gerechtigkeitsund Entwicklungspartei) AMAL Gruppen des libanesischen Widerstandes API Arbeiterkommunistische Partei Iran ATIF Föderation der Arbeiter aus der Türke i i n Deutschland e. V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa BgR Bündnis gege n Rechts BK Babbar Khalsa International C18 Combat 18 C.C.FIS Koordinationsrat der FIS im Ausland CWI Committe e fo r a Workers International DABK Ostanatolisches Gebietskomitee DAO Deutsch e Aufbau-Organisation DA'WA Hizb Al Da'Wa Al Islamiya (Partei des islamischen Rufs / der islamischen Mission) DETUDAK Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen in der Türkei DHKC Revolutionäre Volksbefreiungsfront DHKP-C Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front DHKP Revolutionäre Volksbefreiungspartei DIDF Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. DKP Deutsch e Kommunistische Partei DLVH Deutsche Liga für Volk und Heimat DP Deutsche Partei DPK-I Demokratische Parte i Kurdistans/Irak DSZ-Verlag DSZ - Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH Bericht 2002 344 Abkürzungsverzeichnis DVU Deutsch e Volksunion EMVG Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e.V. FAPSI Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen und Information der Russischen Föderation FAU-IAA Freie Arbeiterinnenund Arbeite r Union - Internationale Arbeiter Assoziation FDVP Freiheitliche Deutsch e Volkspartei FHI Flüchtlingshilfe Iran e. V. FIS Front Islamique du Salut (Islamische Heilsfront) FP Fazilet Partisi (Tugendpartei) FPS Föderaler Dienst für Grenzschutz der Russischen Föderation FRIKORR Friedenspolitisch e Korrespondenz FSB Russischer Inlandsnachrichtendienst FSO Föderaler Schutzdienst (u.a. zum Schutz des russ. Präsidente n u n d russ. Regierungsmitglieder) FUN-Partei Freiheitlich-Unabhängig-National FZ-Verlag FZ - Freiheitlicher Buchund Zeitschriftenverlag GmbH GI Al-Gama'a al-Islamiyya (Islamische Gemeinschaft) GDF Gemeinschaft Deutscher Frauen GIA Groupe Islamique Arme (Bewaffnete Islamische Gruppe) GRU Militärischer russischer Auslandsnachrichtendienst GSPC Groupe salafiste pour la Predication et le Combat (Salafiyya-Gruppe für die Mission und den Kampf) HAMAS Islamische Widerstandsbewegung HUT Hizb ut-Tahrir al-Islami HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e . V. IBDA-C Front der islamischen Kämpfer des Großen Ostens IBP Islamischer Bund Palästina ICCB Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln IEFE Exekutivinstanz der FIS im Ausland IFIR Internationale Föderation zur Verteidigung von Frauenrechten im Iran e. V. IGD Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V. Abkürzungsverzeichnis 345 IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V. IHR Institute for Historical Review IKM Komite e gegen Isolationshaft IMSV Iranische moslemisch e Studentenvereinigung Bundesrepublik Deutschland e. V. ISYF International Sikh Youth Federation IVVdN Interessenverband ehemalige r Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgte r d e s Nazi - Regimes und Hinterbliebener e. V. JI Jihad Islami (Islamischer Heiliger Krieg) JI Jemaah Islamiyah - Indonesien JF Junge Freiheit JLO Junge Landsmannschaft Ostpreußen JN Junge Nationaldemokraten KAB Union der Arbeite r a u s Kurdistan KADEK Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans KARSAZ Union der Internationalen Kurdischen Arbeitgeber KDS Kampfbund Deutscher Sozialisten KIH Islamische Bewegung Kurdista n s KIZ Kurdistan Informations-Zentrum KNK Kurdischer Nationalkongress KMDI Kamagata Maru Dal International KP Kommunistische Partei Chinas KPI Kommunistische Partei Iran KPF Kommunistische Plattform der PDS LPK Volksbewegung vo n Kosovo LTTE Liberation Tige r s o f Tamil Eelam MB Muslimbruderschaft MEK Volksmodjahedin Iran-Organisation MfSS nordkoreanischer Nachrichtendienst MID Nachrichtendienst der chinesischen "Volksbefreiungsarmee" MKP Maoistisch e Kommunistische Partei mg militante G ruppe MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MRN Bewegung für die Nationale Erneuerung MSS Chinesischer ziviler Nachrichtendienst NHB Nationaldemokratischer Hochschulbund e. V. NIF Nationale Islamische Front NL Nationale Liste NLA Nationale Befreiungsarmee Bericht 2002 346 Abkürzungsverzeichnis NLD Nationale Liga Deutschland NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NSAN Nationales und Soziales Aktionsbüro Norddeutschland NSDAP/AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei / Auslandsund Aufbauorganisation NVU Nederlandse Volksunie NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran NZ National-Zeitung/Deutsch e Wochen-Zeitung PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PJA Partei der freien Frauen PKK Arbeiterparte i Kurdistans PMK Politisch motivierte Kriminalität PUK Patriotisch e Union Kurdistans RBF Republikanischer Bund der Frauen REP Die Republikaner RepBB Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten RH Rote Hilfe e . V. RHV Republikanischer Hochschulverband RJ Republikanische Jugend RP Refah-Partisi SAV Sozialistische Alternative Voran SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SFD Skingirl - Freundeskreis Deutschland SO Scientology-Organisation SP Saadat - Partisi (Glückseligkeits-Partei) SSS Skinheads Sächsische Schweiz SWR Ziviler russischer Auslandsnachrichtendienst Tayad Solidaritätsverein mit den politischen Gefangenen und deren Familien in der Türkei THKP/-C - Devrimci Sol Türkisch e Volksbefreiungspartei / -Front Revolutionäre Linke TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee TKP/ML Türkisch e Kommunistische Partei / MarxistenLeninisten U.I.S.A. Union islamischer Studentenvereine UZ Unsere Zeit VAWS Verlag und Agentur Werner Symanek VEVAK Iranischer Nachrichtendienst Abkürzungsverzeichnis 347 VGB Verlagsgesellschaft Berg mbH V.H.O. Vrij/Vogelfrij/Vision Historisch Onderzoek VIDA Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e. V. VVN-BdA Vereinigung der Verfolgte n d e s Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Bundesrepublik e. V. YCK Union der Jugendlichen aus Kurdistan YDK Kurdische Demokratisch e Volksunion YEK Union der Yeziden aus Kurdistan YEK-KOM Förderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V. YHK Union der Juriste n Kurdistans YMK Union kurdischer Lehrer YNK Union der Schriftsteller Kurdistans YRK Union der Journaliste n Kurdistans YXK Union der StudentInnen aus Kurdistan Bericht 2002 348 Register IV. Register Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 168, 201 ff Arndt-Verlag 111 A Ar-Raid (Der Kundschafter) 180 Adalet ve Kalkinma Partisi (GerechtigkeitsAssociation des Anciens Amateurs de Recits und Entwicklungspartei) (AKP) 168, 188 de Guerre et d'Holocauste 99 Agentur für Kommunikation (AfK) 44 Autonome Antifa (M) 154 AHADI, Mina 211 Akademya (Die Akademie) 217 Aktionsbüro Mitte 49 B Aktionsbüro Mitteldeutschland 49 Babbar Khalsa International (BK) 218 Aktionsbüro Norddeutschland 53 f Beklenen ASR-I SAADET (Das erwartete Al Ahd (Die Verpflichtung) 183 Jahrhundert der Glückseligkeit) 186 f Al Ittihad Al Islamiya (AIAI) 167 BELHADJ, Ali 179 Al Jihad (Heiliger Krieg) 217 BEN SAKHRIA, Mohamed (alias "Meliani") 175 Al Khilafa 184 Bewaffnete Islamische Gruppe (Groupe Islamique Arme) (GIA) 178 f Al-Aqsa e. V. 183 Bewegung für die Nationale Erneuerung (MRN) 180 AL-Aqsa intifada 167 BINALSHIB, Ramzi 176 AL-HUDAIBI, Mamoun 180 BIN LADEN, Usama 165, 173 ff Al-Gama'a al-Islamiyya (Islamische Gemeinschaft) (GI) 177 Blood & Honour 25, 40 Al-Islam (Der Islam) 180 BOLOURCHI, Dr. Massoumeh 208 Al KHALALIYAH 175 BORCHERT, Peter 69 Al Moquawama Al Islamiya BÖRM, Manfred 69 (Islamischer Widerstand) 183 British National Party 100 Al-Qaida (Die Basis) 164, 166, 173 ff Bündnis gegen Rechts (BgR) 145 Al Qods-Tag (Jerusalem Tag) 184 Bürgerinitiative Ausländerstopp 60, 63, 66 Al-Ribat (Das Band/Die Verbindung) 178 Bundesausschuss Friedensratschlag 137 f Al Waie 184 BURISCHEK, Gottfried 89 AL-ZAWAHIRI, Dr. Ayman 174, 177 BUSSE, Friedhelm 70 Amal (Hoffnung) 217 AN-NABHANI, Taqi ud-Din 184 antifa Antifa-rundschau 153 134, 136 C Castle Hill Publishers 98 f Antifaschistische Aktion/ Bundesweite Organisation (AA/BO) 124 Combat 18 (C18) 38 Antifaschistische Aktion Hannover (AAH) 155 Committee for a Workers International (CWI) 149 APFEL, Holger 55, 58, 60, 71 Committee for Open Debate on the Holocaust 99 API-Brief 211 CRÄMER, Thorsten 73 Arabische Mujahedin (Kämpfer für die Sache Allahs) 173 ff Arbeiterkommunistische Partei Iran (API) 210 Register 349 D ENGEL, Stefan EN NAHDA (Bewegung der Erneuerung) 147 181 de BENOIST, Alain 94 ERBAKAN, Mehmet Sabri 187 ff DELLHEIM, Fred 134, 137 ERBAKAN, Necmettin 188 f Demokratische Partei Kurdistans/Irak (DPK-I) 217 ERDOGAN, Rezep Tayyip 188 Der Gegenangriff 47, 65 Euro-Kurier 106 Der Republikaner 86, 88, 92, 110 Europa vorn Verlag 111 Deutsche Akademie 93 Europäische Moscheebauund Deutsche Geschichte 111 Unterstützungs-gemeinschaft e. V. (EMUG) 190 Deutsche Kommunistische Exekutivinstanz der FIS im Ausland (IEFE) 179 Partei (DKP) 131 ff, 144 EYGI, Sevket 190 f Deutsche Kulturgemeinschaft Österreich 101 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 100, 109 Deutsche Partei (DP) 89 Deutsche Stimme 54, 56 ff F Deutsche Volksunion (DVU) 76 ff Fazilet-Partisi (Tugendpartei) (FP) 168, 188 Deutsches Kolleg 93 Flüchtlingshilfe Iran e. V. (FHI) 209 Deutsch-Europäische Studien-Gesellschaft Föderation der Arbeiter aus der Türkei (DESG) 260, 261 in Deutschland e. V. (ATIF) 198 Deutschland in Geschichte Föderation der Arbeiterimmigranten aus und Gegenwart 96, 106, 111 der Türkei in Deutschland e. V. (AGIF) 200 Devrim Yolunda Isci Köylü (Arbeiter und Föderation der demokratischen ArbeiterBauern auf dem Weg der Revolution) 196 vereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (DIDF) 217 Devrimci Cizgi (Revolutionäre Linie) 195 f Föderation der türkisch-demokratischen Devrimci Demokrasi (Revolutionäre Demokratie) 197 Idealistenvereine in Europa e. V . (ADÜTDF) 217 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 192 Föderation für demokratische Rechte in DHINA, Dr. Mourad 178 Deutschland e. V (ADHF) 198 D.I.A. (Der Islam als Alternative) 186 Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V. (YEK-KOM) 203 f Die Republikaner (REP) 85 ff Frauen für Demokratie im Iran e. V. 209 DISPUT 138 ff Frauenverband Courage e.V. 148 DJERBALAH, Abdallah 180 Fränkische Aktionsfront 48 DJEDDI, Ali 179 Freie Arbeiterinnenund Arbeiter Union - DSZ - Druckschriftenund Zeitungsverlag Internationale Arbeiter Assoziation (FAU-IAA) 130 GmbH (DSZ-Verlag) 76 f FREIHEIT 274 Druffel-Verlag 106 Freiheitsund Demokratiekongress Kurdistans DVU-Freiheitliche Liste 76 (KADEK) 168, 201 ff Freiheitlich-Unabhängig-National (FUN-Partei) 109 E Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V. 101 EISENECKER, Dr. Hans-Günter 74 FREY, Dr. Gerhard 26, 76 ff Ekmek ve Adalet (Brot und Gerechtigkeit)192, 194 Friedens-Journal 137 EL-MOTASSADEQ, Mounit 176 Friedenspolitische Korrespondenz (FRIKORR) 137 EL-ZAYAT, Ibrahim 181 Front der islamischen Kämpfer des Großen Ostens (IBDA-C) 217 Bericht 2002 350 Register Front National Furkan (Die Rettung) 100 217 I Info-Telefone 110 FZ - Freiheitliche Buchund Zeitschriftenverlag GmbH (FZ-Verlag) 79 ff Institute for Historical Review (IHR) 99 INTERIM 122 f, 152, 159 Internationale Föderation der iranischen Flüchtlingsund Immigrantenräte (IFIR) 212 G Internationale Kampagne zur Verteidigung GANSEL, Jürgen W. 260 von Frauenrechten im Iran e. V. 212 Geheimschutz 240 ff INTERNATIONAL SCIENTOLOGY NEWS 249 Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) 41 International Sikh Youth Federation (ISYF) 218 Gerechtigkeitsund Entwicklungspartei (AKP) 168, 188 Isci Köylü Kurtulusu (Arbeiterund Bauernbefreiung) 196 ff GRABERT, Wigbert 105 Islamische Bewegung Widerstand (KIH) 273 Grabert-Verlag 105, 111 Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V. GRIFFIN, Nick 100 (IGD) 181 Gruppen des libanesischen Widerstandes Islamische Gemeinschaft (AMAL) 217 Milli Görüs e. V. (IGMG) 165, 187 ff Islamische Heilsfront 181, 216 f (Front Islamique du Salut) (FIS) 178 ff H Islamische Widerstandsbewegung (HAMAS) 167, 182 ff Haberci (Der Bote) 217 Islamische Zentren 180 HAGER, Nina 132 ITTNER, Gerd 60, 63, 66 HALKIN SESI-TV (Stimme des Volkes) 216 Hammerskins 40 HARBART, Klaus HATTAB, Hassan (alias HAMZA, Abou) 136 178 J Jemaah Islamiyah (JI) 166 HIKSCH, Uwe 141, 144 Jihad 164 f, 176 f, 181, 186, 189, 216 f HEKMAT, Mansour 210 ff Jihad Islami Hilafet 184 (Islamischer Heiliger Krieg) (JI) 177, 180 Hilfsorganisation für nationale politische GeJunge Freiheit (JF) 93, 95 fangene und deren Angehörige e.V. (HNG) 51 f Junge Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) 90 Hilfswerk für Kinder e.V. 209 Junge Nationaldemokraten (JN) 75 f Hizb al-Da'Wa al-Islamiyya (Partei des islamischen Rufs/der islamischen Mission) (DA'WA) 217 Hizb Allah (Partei Gottes) 167, 183 f Hizb ut - Tahrir al Islami (HuT) 184 f K Hohenrain-Verlag 106 Kalathil (Auf dem Schlachtfeld) 213 HUBER, Ahmed 101 Kalifatsstaat 167, 187, 216 HUPKA, Steffen 69 f Kamagata Maru Dal International (KMDI) 218 KAMAZI, Kamal 179 Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS) 47, 101 Register 351 KAPLAN, Metin 186 Maoistische Kommunistische Partei (MKP) 197 KAPLAN, Cemaleddin 187 Marxistisches Forum 138 KARAHAN, Yavuz Celik 190 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) 199 KARATAS, Dursun 192 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands KÄS, Christian 89 (MLPD) 114, 147 ff KEBIR, Rabah 178 f MEDYA-TV 204 f KERTH, Cornelia 134, 136 MEENEN, Uwe 93 KIZILKAYA, Ali 190 militante gruppe (mg) 127 f KNÖRZER, Winfried 260 Milli Gazete (Nationale Zeitung) 189 f Komitee gegen Isolationshaft (IKM) 194 Milli Görüs 187, 216 Kommunistische Partei Irans (KPI) 211 Milli Görüs & Perspektive 187 Kommunistische Plattform der PDS (KPF) 115, 141 ff MISCAVIGE, David 249 Konföderation der Arbeiter aus der Türkei Mitteilungen der Kommunistischen in Europa (ATIK) 198 Plattform der PDS 138 Konföderation für demokratische Rechte Modjahed (Glaubenskämpfer) 208 in Europa (ADHK) 198 MÜLLER, Ursula 51 Koordiantionsrat der FIS im Ausland (C.C.FIS) 179 MUNIER, Dietmar 105 KREBS, Dr. Pierre 94 Muslimbruderschaft (MB) 180 f Kurdische Demokratische Volksunion (YDK) 201 f MZOUDI, Abdelghani 176 Kurdischer Nationalkongress 206 Kurdistan Informations-Zentrum (KIZ) 204, 206 KUSTERS, Constantijn 100 N KUTAN, Recai 189 Nachrichten der HNG 51 NANNINGA, Hauke 260 NASRALLAH, Hassan 183 L Nationale Befreiungsarmee (NLA) 208 ff Landser 42 Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) 208 LAUCK, Gary Rex 101 f Nation & Europa Lernen und Kämpfen 147 - Deutsche Monatshefte 104, 111 Liberation Tigers of Tamil Eelam Nation Europa Verlag GmbH 111 (LTTE) 169, 213 Nationaldemokratische Linksruck 115, 149 f, 152, 160 Partei Deutschlands (NPD) 111 ff Nationaldemokratischer Hochschulbund e.V. (NHB) 93 Nationale Liga Deutschlands (NLD) 109 M Nationale Liste (NL) 53, 109 MADANI, Abassi 179 Nationales und Soziales Aktionsbündnis MAHLER, Horst 55, 58 ff Norddeutschland (NSAN) 26, 52 MAIER, Waldemar 64 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/ Auslandsund Aufbauorganisation MALCOCI, Christian 99 Bericht 2002 352 Register (NSDAP/AO) National-Zeitung/Deutsche 102 f R Wochen-Zeitung (NZ) 54, 76 RADJAVI, Massoud 208, 210 Nederlandse Volksunie (NVU) 99 f REBELL 147 Nordbruch, Dr. Claus 97 Refah-Partisi (Wohlfahrtspartei) 188 NS Kampfruf 102 RENNICKE, Frank 43 Republikanische Jugend (RJ) 85 Republikanischer Bund der Frauen (RBF) 85 O Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten (RepBB) 85 OBERLERCHER, Dr. Reinhold 93 Republikanischer Hochschulverband (RHV) 85 ÖCALAN, Abdullah 201 f Revolutionäre Linie (Devrimci Cizgi) 195 Oidoxie 42 Revolutionäre Plattform OLLERT, Ralf 73 - Aufbruch 2000 (RPF) 69 Opposition 106 Revolutionäre Volksbefreiungsfront (DHKC) 193 Organisation der Jungen KommunistenDeutschland (Jawanan) 212 Revolutionäre Volksbefreiungspartei (DHKP) 196, 215 f Ostanatolisches Gebietskomitee (DABK) 197 Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front Özgür Politika 205 f (DHKP-C) 192 ff RICHTER, Karl 95 RIEGER, Jürgen 254 P Risalat ul-Ikhwan (Rundschreiben der Bruderschaft) 180 Partei der freien Frauen (PJA) 273 ROCHOW, Stefan 75 f Partei des Demokratischen ROßMÜLLER, Sascha 69 Sozialismus (PDS) 114 f, 138 ff Rote Fahne 147 Partinin Sesi (Stimme der Partei) Rote Hilfe e. V. (RH) 150 f Partizan 196 ff R.O.T.K.Ä.P.C.H.E.N. im und beim BdA 135 Patriotische Union Kurdistans (PUK) 217 ROUHS, Manfred 94 PDS International 138 RUDOLF, Germar 98 PDS-Pressedienst 138, 141 PETZOLD, Winfried 60 Phase2. Zeitschrift gegen die Realität 124 PIERCE, William 253 S Pour le Merite-Verlag 105 Saadat-Partisi (Glückseligkeits-Partei) (SP) 168, 188 f PRIEMER, Rolf 132 Sabotageschutz 240 ff Proliferation 236 f Salafiyya-Gruppe für die Mission und den Kampf (Groupe salafiste pour la Predication et le Combat) (GSPC) 178, 180, 215 Samisdat Publishers 261 Q SANDER, Hans-Dietrich 94 Qods (Jerusalem) 218 SANDER, Ulrich 136 SCHLIERER, Dr. Rolf 27, 85 ff Register 353 SCHÖNHUBER, Franz SCHWAB, Jürgen 104 f 56, 58, 62 U ÜCÜNCÜ, Oguz 190 SCHWERDT, Frank 69 ff UKALI, Rachid 178 Scientology-Organisation (SO) 244 ff ÜLKE-Büro (Heimatbüro) 215 SHEHATA, Tharwat 177 Ümmet-i Muhammed (Die Gemeinde Mohammeds) 187 SHEIK MOHAMED, Khalid 175 f Union der Aleviten aus Kurdistan (KAB) 273 Signal. Das patriotische Magazin 94, 111 Union der Internationalen Kurdischen Skingirl-Freundeskreis Deutschland (SFD) 41 Arbeitgeber (KARSAZ) 206 Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) 39 Union der Jugendlichen aus Kurdistan (YCK) 273 Sleipnir 94 Union der Juristen Kurdistans (YHK) 273 ['solid] 143 ff Union der Journalisten Kurdistans (YRK) 273 Serxwebun (Unabhängigkeit) 201 Union der Schriftsteller Kurdistans (YNK) 273 Solidarität-Sozialistische Zeitung 150 Union der StudentInnen aus Kurdistan (YXK) 273 Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen (DETUDAK) 200 Union der Yeziden aus Kurdistan (YEK) 273 Solidaritätsverein mit den politischen GefangUnion Islamischer Studentenvereine enen und deren Familien in der Türkei (U.I.S.A.) 218 (Tayad) 194 Union kurdischer Lehrer (YMK) 273 Sozialistische Alternative Voran (SAV) 115, 149 f Unsere Zeit (UZ) 131 ff Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 133 Staatsbriefe 94 Stahlgewitter 44 V STEHR, Heinz 131 ff Vatan (Heimat) 192 Sturm 18 44 Verband der islamischen Vereine und Synergon Deutschland 95 Gemeinden e. V., Köln (ICCB) 186 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) 134 ff T Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e. V. (VIDA) 209 Taliban 165, 174 Verlag Manfred Rouhs 111 Tatsachen 217 Verlagsgesellschaft Berg mbH (VGB) 106 TEGETHOFF, Ralph 59 Verlag und Agentur Werner Symanek (VAWS) 106 THIERRY, Andreas 100 f Vision Historique Objctive (V.H.O.) 97 ff Thule-Seminar 94 Vlaams Blok 90 Türk Federasyon Bülteni (Bulletin der Türk-Föderation) 217 Vogelvrij Historisch Onderzoek (V.H.O.) 97 ff Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee VOIGT, Udo 26, 54 ff (TIKKO) 198 Volksbefreiungsarmee (HKO) 198 Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 196 ff Volksmodjahedin Iran-Organisation (ModjahedinE-Khalq) (MEK) 208 ff Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke Von Thronstahl 107 (THKP/-C - Devrimci Sol) 192, 195 ff Bericht 2002 354 Register Voorpost 100 Vrij Historisch Onderzoek (V.H.O.) 97 ff W WAGENKNECHT, Sahra 141 WALENDY, Udo 66, 98 WEDDING, Nico 73 Wetterleuchten 47 White Aryan Rebels 43 White Youth 40 Widerstandsbüro 49 WORCH, Christian 42, 47, 70 WOSTUPATSCH, Hartmut 70 WULFF, Thomas 45, 53, 70 WUTTKE, Roland 105 Y YASSIN, Scheich Ahmad 182 Yeniden Atilim (Erneuter Vorstoß) 199 Z ZALLOUM, Abdel Quadim 184 ZIMMER, Gabriele 139 ZÜNDEL, Ernst 99 Notizen 355 Bericht 2002 356 Notizen