Bundesministerium des lnnern Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology Organisation Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesetzestexte Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 2 Impressum Herausgeber: Bundesministerium des lnnern Berlin: Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin Bonn: Graurheindorfer Straße 198, 53117 Bonn, Mai 1999 Hinweis: Der Verfassungsschutzbericht 1998 ist auch über das Internet abrufbar: http://www. bmi.bund.de/publikationen/in_spezialpublikationen.html oder: http://www. verfassungsschutz.de Layout: OSANG Verlag GmbH Am Römerlager 2, 53117 Bonn Herstellung: Parzeller GmbH , Fulda Peterstor 18-20, 36004 Fulda 3 Vorwort des Bundesministers des lnnern Im fünfzigsten Jahr nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bietet der Verfassungsschutzbericht 1998 einen aktuellen Blick auf den Zustand der inneren Sicherheit in unserem Land. Die Geschichte der Bundesrepublik zeigt, daß sich die politische Ordnung des Grundgesetzes bewährt hat. Eine überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger bekennt sich zum demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Er ermöglicht es jedem , sich frei zu entfalten und seine politische Meinung frei zu äußern. Dennoch ist auch eine freiheitliche Gesellschaft, die von der breiten Mehrheit ihrer Bürger akzeptiert ist, Angriffen von innen und außen ausgesetzt. Sie abzuwehren , ist vorrangig Aufgabe des Staates und seiner Behörden. ln dem vorliegenden Verfassungsschutzbericht werden die Ergebnisse der staatlichen Beobachtung verfassungsfeindlicher Bestrebungen zusammengefaßt. Der Verfassungsschutzbericht vermittelt der Öffentlichkeit Informationen über das Ausmaß und die Ausprägung verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Er macht deutlich , daß die Bekämpfung extremistischer Aktivitäten eine wichtige Aufgabe bleibt: Vor allem dem Rechtsextremismus in seinen herausragenden Erscheinungsformen der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus, aber auch allen anderen Formen von Extremismus muß weiterhin mit Nachdruck und Entschlossenheit entgegengetreten werden . Dabei trägt der Begriff "extremistisch" der Tatsache Rechnung, daß politische Aktivitäten oder Organisationen nicht etwa deshalb verfassungsfeindlich sind , weil sie bestimmte, nach allgemeinem Sprachgebrauch "radikale<<, d. h. an die Wurzeln einer Fragestellung gehende Zielsetzungen vertreten. Extremistisch und damit verfassungsfeindlich sind Bestrebungen im Rechtssinne nur, wenn sie sich gegen den Grundbes~ der Werte und Rechte unserer Verfassung richten , wie sie in ~ des Bundesverfassungsschutzgesetzes beschrieben sind. ln der Auseinandersetzung mit solchen verfassungsfeindlichen Bestrebungen setzt die Bundesregierung in erster Linie auf die offensive geistig -politische Auseinandersetzung , der sie grundsätzlich Vorrang vor repressiven Maßnahmen gegen extremistische Gegner unserer freiheitlichen und demokratischen Rechtsordnung einräumt. 4 Vorwort des Bundesministers des lnnern Die Bekämpfung des Extremismus kann aber nicht allein Aufgabe des Staates sein: Alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen , sich aktiv extremistischen Kräften entgegenzustellen . Die freiheitliche Demokratie ist darauf angewiesen, daß nicht nur die staatlichen Institutionen, sondern alle Mitglieder der Gesellschaft zur Wahrung von Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz beitragen. Der vorliegende Bericht kann keinen erschöpfenden Überblick über alle Erscheinungen des politischen Extremismus geben, faßt jedoch die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassung-sschutz im Jahre 1998 zusammen, unterrichtet über die wesentlichen Erkenntnisse und analysiert und bewertet die Entwicklungen und Zusammenhänge. Mein Dank gilt daher an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz für ihre engagierte und unverzichtbare Arbeit zur Bewahrung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung . Otto Schily Bundesminister des lnnern 5 INHALTSVERZEICHNIS Strukturdaten .. . .. .. . ..... .. . ........... . . . .......... . ... ... .. .. .. .. 11 I. Strukturdaten gemäß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz ....... 11 1 .1 Bundesamt für Verfassungsschutz .. . ........ . ... .. ..... . .............. 11 1.2 Militärischer Abschirmdienst . .. ...... . . . . .. . . . . ... .. .... ... .. . .. . . .. .. 11 II. Weitere Strukturdaten ............................................. 11 Rechtsextremistische Bestrebungen .... . ............. . ... .. ........ 14 I. Überblick . ............ . ... .............. . . ... . ........... . . .. . .. . 14 1. Ideologie ........... . .......... . ... . ................ . .... ... . .... . 14 2. Entwicklungen im Rechtsextremismus .... . ............................. 14 II. Übersicht in Zahlen ............. .. . . ............... . .... . ... .. .... 18 1. Organisationen und Personenpotential ........... .. ....... . . .. . . ..... .. . 18 2. Straftaten/Gewalttaten .. ................... . .... . ..... . .... . ........ 19 2.1 Übersicht ..... .. . .... ... ... .... .. .. ...... . ... .. ..... . ............ 19 2.2 Zielrichtungen der Gewalttaten ................. .. ... .................. 20 2.3 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder ...... ..... . . . ... ... .... ... . .... 22 111. Gewaltbereite Rechtsextremisten ......... . . .... .. .. .... ... ......... 25 1. Rechtsextremistisches Gewaltpotential .. . . ... .. . .... . . . ...... . . . .. . . . ... 25 2. Rechtsextremistische Skinheadszene .......... . ...... .. . .. .. .. .. ..... .. 25 2.1 Skinhead-Musik . ................ . .. . . . ......... . ..... . ... ... . .... . 28 2.2 Vertrieb von Skinhead-Musik ... ... . . . ... ... .. .. ... . ..... . ... .. .. .... .. 30 2.3 Fanzines ... ... ..... .. ... . ...... .. . . . .. ....................... ... . 30 IV. Neonazismus .. .. ..... . . .... . .... . ... ... ...... . . .. .... . .... . ..... 31 1. Überblick . .. ... . ............. . ........ .... .. ....... . ... .. ... . .. ... 31 2. Neonazistische Organisationen .. ........... . ............ ... . .. ........ 34 2.1 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) . . ...... . .. . . .. . .. . ...... . .................. . 34 2.2 "Freiheitlicher Volks Block<< (FVB) ................... .. .................. 35 2.3 Neonazikreis um Frank SCHWERDT (ehemals >>Die Nationalen e.V. ") ..... ..... . . 36 V. Parteien . . .. ... .... .... . ... . .... . ..... . .... ......... .. . . .. . ... .. . 38 1. "Die Republikaner<< (REP) ...... . . . .. .. . ... . ........... . ......... . .... 38 1 .1 Zielsetzung ............ ..... . .... . .... . . . ... . ..... . . . ... .... .... . . 38 6 Inhaltsverzeichnis 1.2 Organisation und Entwicklung .......................... . . . ...... . .. ... 43 2. "Deutsche Volksunion" (DVU) ....... . .. . ... . ......................... . 47 2 .1 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 7 2.2 Organisation und Entwicklung .... . ...... . ......... .. ... .. ... . . . ... . ... 51 3. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) ... ................ . .... 52 3.1 Zielsetzung . ......... .. . . .... . ... . .. . ............. .. ...... . ....... 53 3.2 Organisation und Entwicklung . ... . .... . .......... . .... . ..... . .... . .... 59 3.3 "Junge Nationaldemokraten" (JN) ........................ . ...... . . . . . .. 61 VI. Sonstige Organisationen . ...... .. ... ... ...... .. ... . .. .. ..... .. ... .. 62 1. "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) . . . . .... . . ... ............... . . 62 2. "Gesellschaft für Freie Publizistik e.V." (GFP) . . ...... . ........ . ..... . .... . . 63 3. "Heide-Heim e.V. "/"Heideheim e.V." ............... . ... . ... . ...... . ... . . 64 VII. lntellektualisierungsbemühungen im Rechtsextremismus ... . . . ........ . 64 VIII. Revisionismus . . ... . ... . ... .. .. . .. .. .. .. .. . . . .. ....... . .......... 67 IX. Internationale Verbindungen .. . ... . .. .. . . .. .. . . .................... . 70 1. Internationale Treffen ...... . ... .. .. .. ..... . .............. ..... .. .. .. . 70 2. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) . ... .. . .. .. .. ........ ..... .. ..... . . ... 72 X. Agitationsund Kommunikationsmedien . ................ . ........... 72 1. Periodische Publikationen ......................... . ... . ...... .. ... . .. 72 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebe .......... .... .. ....... ... 72 3. Neue Kommunikationsmedien ... . ............... . .... . ... . ...... . ..... 75 3.1 Internet ..... . ...... .......... .. ............. .... ................. 75 3.2 "Nationale Info-Telefone" (NIT) ... .. .. . . .. .. . .. ... . . ... .. .. . . ... .. . . .. .. 77 3.3 Mailboxen .................. .. . ... ... ... .. ..... . ...... . ....... .. .. 78 XI. Übersicht über weitere Presseerzeugnisse . . .. ..... .. ... . ......... ... . 79 Linksextremistische Bestrebungen . .. ......... . ......... . ....... .. .. 82 I. Überblick ... ... . ... . ..................... . ..... . ... .. ............ 82 Entwicklungen im Linksextremismus .............. . ..................... 82 II. Übersicht in Zahlen . .... . . . .... .. ..... . .. .. . ............. . ........ 84 1. Organisationen und Personenpotential .. . . ... ........................... 84 2. Straftaten/Gewalttaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Inhaltsverzeichnis 7 111. Gewalttätiger Linksextremismus .................. . ................. 90 1. Linkextremistische-terroristische Gruppen .... . ............... .... .. ... ... 90 2. Militante Linksextremisten ............................. . .............. 92 2.1 "Antiimperialistischer Widerstand" ................ . ... .. . . ... .. ... . . .. .. 92 2.2 Autonome ....... . . ... .......................... ..... .. .. ... ...... 93 2.2.1 Potential/Selbstverständnis/Aktionsformen/ Medien ................ . ..... .. 94 2.2.2 "Traditionelle" Autonome .................. .. ........... . ... .. ...... . 97 2.2.3 "Organisierte" Autonome .... .. .... .. ... .. .... ... .............. . .... 98 2.2.4 Autonome Strukturen mit terroristischen Ansätzen ...... . ......... . .. ..... 99 2.3 Aktionsfelder ........ .. ... .. ........................... ... ... ... . 100 2.3.1 "Antifaschismus" ......... . . ........... . ..... .. .. .. . ..... . ...... . 100 2.3.2 "Antirassismus" ....................... . ......................... 102 2.3.3 Linksextremistische Einflüsse auf die Kampagne gegen Kernenergie .. . ....... 103 2.3.4 "Kampf gegen Umstrukturierung" ................ . ............. .. .. .. 106 2.3.5 Kampf gegen "EXPO 2000" ......... .. ......... . .... . ...... . ...... . 107 2.3.6 "Internationalismus" ........ . ... . .. . ...... . ........ .. ............. 108 IV. Parteien und sonstige Gruppierungen . .......... . . . ........ .... ... . 110 1. "Deutsche Kommunistische Partei " (DKP) und Umfeld ... .. . .. .. ... . ...... 11 0 1 .1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) ............. .... . . .... . .. . ... 11 0 1.2 >>Marx-Engels-Stiftung e. v. . (MES) ..... . .................. . . ..... . ... 112 1.3 "Arbeitsausschuß Friedensratschlag " (AFriRa) ........ . ............. . . ... 113 1.4 >>Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten<< (VVN-BdA) ...... ....... .................... ..... 114 2. "Partei des Demokratischen Sozialismus<< (POS) ...... . ........ . ..... . ... 116 2.1 Tradition und extremistische Strukturen ...... ... .. .... .... . ..... .. . . . .. 117 2.2 Zusammenarbeit mit deutschen Linksextremisten außerhalb der Partei .... . ... 120 2.3 Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie ........................... 121 2.4 Internationale Verbindungen .................. .. .................... 123 3. "Bund der Antifaschisten (Dachverband) e. V.<< (BdA) ... . .......... .. .. . ... 124 4. >>Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands<< (MLPD) . .............. . .. . 125 5. Trotzkistische Gruppen ..... ... ... ... .. .. ...... . .. . ............ . . .. 126 6. "Rote Hilfe e. V.<< (RH) ... ... .. . .. .... .. ....... .. ................... 127 V. Agitationsund Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Verlage, Vertriebe und periodische Publikationen ....................... . . 128 2. Organisationsunabhängige linksextremistische/linksextremistisch beeinflußte Publikationen .. . ............ . ................... ..... .. 128 3. Neue Kommunikationsmedien ......................... .. ............ 130 3.1 Internet. ........................................ . ... ......... .. 130 3.2 Mailboxen ...................... ..... ........................... 131 8 Inhaltsverzeichnis Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern ........ ....... . ..... ............... 134 I. Überblick ............ . .... . . .. . .... ................ . ...... . ... 134 II. Übersicht in Zahlen . .. .. ..... ... .... ... ....... . .. .. ............. 138 1. Organisationen und Personenpotential .. . .. . . ..... ... ...... . ........ . . 138 2. Straftaten/Gewalttaten . ... ............ . . . . ... ... .. .... .. . ..... . . . . 139 111. Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen . . ...... .. ..... . ... 143 1. Türken (ohne Kurden) ................. . . .... .. ...... . ... . . ... .. ... 143 1 .1 Überblick . ..... . .... .. .......... .. . ....... ... ... ..... .... ... ... 143 1.2 Linksextremisten ...... .. .. . . .. .... ..... .. ... ... . .. . ... ......... .. 143 1.2 .1 ** Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) .............. .. .... 143 1.2.2 "Türkische Volksbefreiungspartei/ -frontRevolutionäre Linke" (THKP/ -CDevrimci Sol) ............................ ... .. ..... . ... 146 1.2.3 "Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten" (TKP/ ML) .. ..... .. . 147 1.2.4 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei " (MLKP) .. .... ........... 149 1.3 Türkische lslamisten .. ..... ... .. . .. ................... . ... .. ... . .. 150 1.3.1 "Der Kalifatsstaat", auch "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln" (ICCB) . . ...... . .... .. . ........ . . .. .. . .... 150 1.3.2 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. v.,, (IGMG) ........... .. ..... ... .. 153 2. Kurden . .... . ... . .......................... .... ... . . .... . ...... 156 2.1 Überblick ....... ... ........ . .... . . .. .... ........ . .. . ........... 156 2.2 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) .. ... ........................ .. .. .. . 157 2.2.1 Allgemeine Lage . . ... ..... .......... . .. ... . . ......... . ... . . . . .... 157 2.2.2 Propaganda der PKK .. ..... .. . ... .. ..... . . . ... .. . . . ...... . ....... 159 2.2.3 Organisatorische Situation .. . ... .. . . ...... . . .. ......... .... ... ..... 161 2.2.4 Finanzierung . ..... .. .... . . .. .. . . ....... .. . . ... . .. . .. . ... . ....... 162 2.2.5 Bündnispolitik der PKK .. . .. ...... .. ......... ..... .. ... .... .... ... . 162 2.2.6 Verbotsmaßnahmen ... .. ...... . ...... . ............. ... ........... 162 2.2.7 Strafverfahren gegen führende Funktionäre der PKK ...................... 162 3. Araber ........................... .. ........... .. .............. 163 3.1 Algerische islamistische Gruppen ...................... ... .... ....... 163 3.2 Ägyptische lslamisten ............................................. 165 3.3 Sonstige extremistische und terroristische Gruppen aus dem Nahen Osten ..... 165 3.3.1 "Islamischer Bund Palästina" (IBP) . . . ..... . .. .. ...................... 165 3.3.2 "Hizb Allah" (Partei Gottes) .. . . ... ... . . .. ... .. .... ... .. .. . ... . .. . . . . 166 3.4 Arabische Mudjahedin (Kämpfer für die Sache Allahs) . . . ... ... ...... . .... . 167 4. Iraner ............ . ........... . ............. . . ................. 168 4.1 Anhänger der iranischen Regierung. . . . . . . . . . .. ... .. . . . .... .. .. 168 Inhaltsverzeichnis 9 4.2. Gegner der iranischen Regierung .... . .. . ...... . . .. ... . ...... . . . ..... 169 5. Sikhs .. . . . ... ................. .. . . .... . . . . . .... . .. . .. ... . . .... 170 6. Tamilen . ... . ..... . ...... ... ... . . .. .. . .... . . . . ... . . . . . .. ... ..... 171 7. Kosovo-Aibaner ................ . . .. . . . . . . . ... . ... . . ... . .. . . ..... 172 8. Annex: Schleusungsaktivitäten . . . . . ... . .. .. . . . .. .. .. . . .. .. .. . . .. .... 174 IV. Agitationsund Kommunikationsmedien .. . . .. . .. . . .. .. . .. .. . . . . . . . 175 1. Periodische Publikationen . . ... . . . .... . .. .. ... .. .. ... . . . .. . . . .. . .... 175 2. Neue Kommunikationsmedien/Internet ... .. . . .... . .. . . .. . . . .. ... .... .. 175 V. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse . . ... .. . ..... .. . ...... . .. . . . . ...... 178 Spionage und sonstige nachrichtend ienstliche Aktivitäten .. . . .. .. . 180 I. Überblick . .. . .. .. . .. ... .. . . ... .. . .. . .. .. . .. . .. . . .. . .. .. . ... . . . 180 II. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation . . .. 180 1. Aktuelle Situation und Aufgaben der Dienste, personelle Veränderungen . .. .... 180 2. Aktivitäten der russischen Nachrichtendienste ..... . . . .. . ...... .. . . . . . . . . 183 2.1 Aufklärungsziele und Methoden .... . .. .. . .. . . . .. . . . .. . . . . . .. ........ 184 2.2 Steuerung der Operationen aus Moskau .. .. . . . . .. .. ...... . . .. . .... . . . . 187 2.3 Die Legalresidenturen der russischen Nachrichtendienste .. . . . . . .. .. . . . .. .. 188 111. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der übrigen Mitgliedsstaaten der GUS . . . ...... ... . .. ... . . ... ..... . .. . . . .. ... . 190 IV. Aktivitäten von Nachrichtendiensten aus Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas . . . . . . . ... . .. . . ... .. . .... . .. 190 1. Iranische Nachrichtendienste . . . ..... .. .. . ... . . . . ..... . . .. . . . .. . . . . . 191 2. Syrische Nachrichtendienste .. . . .... .. .. . .... . .. . .. . . .. .. . . .. ... . . . . 191 3. Libysche Nachrichtendienste .. . . .. .. .. . . . ... ... . ... . .. . .. .. . . . . .. .. 192 4. Irakische Nachrichtendienste ... .... .. . .. . ... .. . . . ... . . . . ... . . .. . . .. 192 5. Algerische Nachrichtendienste ......... . . . . . . ... . . . .. .. . . . . . ... .. ... 192 V. Aktivitäten fernöstli cher Nachrichtendienste .... ... . .... . . . . ... . . ... 192 1. Chinesische Nachrichtendienste . .... ... ..... . .. . . . .. . . . .. . . .. . . .. .. . 192 2. Nordkoreanische Nachrichtendienste . . . ... .. . . ... . .. .. . . . . .. . . . . . .... 193 10 Inhaltsverzeichnis VI. Proliferation/Sensitive Exporte . . ...... . . ... .... ... .... . .... . . . .. . 194 VII. Festnahmen und Verurteilungen . .. . . . . . .. ... ...... .. ..... ....... . 196 "Scientology-Organisation" (SO) . .......... . ... . ... ......... .... ... .. . .. 198 1. Allgemeines .......... . .......................... . ............ .. 198 2. Grundlagen .... .. ... . . .. .... . ...... .. .... .. .................... 198 3. Zielsetzung ..................................... . . . .... ... ... .. . 199 4. Auftreten in der Öffentlichkeit .......... . ..... .. .................. .. . 202 VIII. Verfassungsschutz durch Aufklärung ... ... .. .. . ........... .. . .. . ... 204 Anhang ... . ................ .. ........ .. ... . ..... .... . ... . ...... ... .21o Erläuterungen und Dokumentation . ............ .. . . . ....... ... .. . ... . .. . 210 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes . ....... ..... ..... . .. . ..... ... . . .... 225 Bundesverfassungsschutzgesetz ... . ................ . .... ... ...... .. .. .... 225 MAD-Gesetz ............................ . ....... .... .. ... ...... . ... .. 241 BND-Gesetz ..................... . ...... . ...... ... ............ ... . ... 247 Gesetz über die parlamentarische Komolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes . . . . ... ... . .. .. . . ... . ... ... . 252 Abkürzungsverzeichnis ... ... . . . .. .. ... .. . . ... .. ..... .. .... . ...... ... . 255 Sachwortverzeichnis .. . ... ..... ... . ... . . .. ........................ . .. 260 Strukturdaten 11 I. Strukturdaten gemäßSS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz 1.1 Bundesamt für Verfassungsschutz Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt an das BN betrug 1998 220.508.083,21 DM (1997: 220.454.508,41 DM). Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte 1998 2.164 (1997: 2.195) Bedienstete. 1.2 Militärischer Abschirmdienst Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt betrug 1998 113.287.000,DM (1997: 116.187.000,DM) . Der Militärische Abschirmdienst hatte 1998 1 .250 (1996: 1.300) Bedienstete. II. Weitere Strukturdaten Anfang 1999 waren von Bund und Ländern gemeinsam im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 888.776 (Anfang 1998: 891.400) personenbezogene Eintragungen enthalten , davon 460.556 Eintragungen (51 ,8%) aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen (Anfang 1998: 50 ,3%) . 12 Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 14 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Überblick 1. Ideologie Nationalismus/ Rechtsextremistische Ideologie wurzelt in nationalistischem und rasRassismus sistischem Gedankengut. Sie wird von der Vorstellung bestimmt, allein die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse mache den Wert des Menschen aus. Da diesem Kriterium nach rechtsextremistischem Verständnis auch die Menschenrechte untergeordnet sind, lehnen Rechtsextremisten dasfür jedes Individuum geltendeuniversale Gleichheitsprinzip ab. Sie propagieren zudem ein autoritäres politisches System, in dem_Staat und ein ethnisch homogenes Volk als angeblich natürliche Ordnung in einer Einheit verschmelzen Ideologie der (Ideologie der "Volksgemeinschaft") und die staatlichen Führer intui"Volksgemeintiv nach dem einheitlichen Willen des Volkes handeln. Insofern erübrischaft" gen sich in einem Staat rechtsextremistischer Prägung die wesentlichen Kontrollelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen auszuüben oder das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition. Ideologisch nicht Der Rechtsextremismus in Deutschland ist ideologisch zerstritten: homogen Neonazis streben die Schaffung eines totalitären Führerstaates auf rassistischer Grundlage an. Aus ihrer Sicht ist das deutsche Volk höherwertig und deshalb vor >>rassisch minderwertigen" Ausländern oder Juden zu schützen. Verhindert werden müsse vor allem eine Vermischung der verschiedenen Rassen. Die rechtsextremistischen Parteien vertreten demgegenüber eher eine nationalistische Position. Ihnen gilt die Nation als oberstes Prinzip, was indirekt eine Abwertung der Menschenund Bürgerrechte zur Folge hat. Damit streben sie nach einem autoritären Staat. in dem die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigt wäre. 2. Entwicklungen im Rechtsextremismus Kein Rückgang Das Wiedererstarken rechtsextremistischer Bestrebungen hielt 1998 rechtsextrean: Die Verfassungsschutzbehörden registrierten einen neuerlichen mistischer Zuwachs des Personenpotentials, der im Vergleich zum Vorjahr sogar Bestrebungen noch deutlicher ausfiel. Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten ist demgegenüber jedoch stark gesunken. Regionaler Schwerpunkt dieser Delikte blieb weiterhin das Gebiet der neuen Länder (vgl. Kap. II, Nr. 2.3). Weiterer Anstieg Gleichermaßen konzentriert sich auch das Potential gewaltbereiter der Zahl der Rechtsextremisten in Ostdeutschland. Es ist durch den Zulauf von gewaltbereiten Jugendlichen zur rechtsextremistischen Skinhead-Szene beachtlich Rechtsextremisten gestiegen. Zugleich konnten die international aktiven SkinheadBewegungen ihren Einfluß auf das deutsche Skinhead-Milieu aus- Rechtsextremistische Bestrebungen 15 bauen. Die systematische Einbindung von Skinheads in rechtsextremistische Organisationen bleibt weiterhin die Ausnahme. Einen stetigen Aufwärtstrend verzeichnet auch die Skinhead-Musikszene. So wuchs die Zahl der rechtsextremistischen Skinhead13allds, -Konzerte und -Vertriebe deutlich (vgl. Kap. 111, Nr. 2). Entsprechend arbeiten die Sicherheitsbehörden daran, die Produktionsorte ausfindig zu machen und die Vertriebswege von rechtsextremistischer Skinhead-Musik im lnund Ausland aufzuklären. Erste Erfolge können bereits verbucht werden: 1998 wurden zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Vertriebe im lnund Ausland - hier insbesondere in Skandinavien - eingeleitet. Geschäftsräume von Vertreibern rechtsextremistischer Skinhead-Musik wurden wegen der Verbreitung volksverhetzenden Propagandamaterials durchsucht. Unverändert stellt sich die Situation in der neonazistischen Szene dar: Stagnation der Die beabsichtigte informationeile Vernetzung des Lagers ist trotz der neonazistischen vermehrten Nutzung technischer Kommunikationsmittel nur in Szene Ansätzen gelungen. Ohne Erfolg blieb auch das taktische Konzept der unabhängigen "Kameradschaften", mit dem die Neonazis die Auswirkungen der Vereinsverbote unterlaufen wollten. Zwar existiert mittlerweile eine größere Zahl von "Kameradschaften<<; nur wenige davon zielen jedoch bewußt mit Demonstrationen oder eigenen Publikationen auf eine politische Außenwirkung. Hierzu gehören die "Kameradschaften<<, die unter dem Aktionsmotto << Freie Nationalisten<< zusammenarbeiten (vgl. Kap. IV, Nr. 1). Sie bieten sich der ooNationaldemokratischen Partei DeutschlandS<< (NPD) und ihrer Jugendorganisation **Junge Nationaldemokraten<< (JN) als attraktive Partner an. NPD und JN räumen ihnen die Möglichkeit ein, an ihren Demonstrationen teilzunehmen - bei denen die ** Freien Nationalisten<< als geschlossener Block auftreten - und sich an der politischen Arbeit ihrer Gremien zu beteiligen. Mit dieser engen Kooperation der ** Freien Nationalisten<< mit dem Parteienbereich wächst aber auch die lagerinterne Konkurrenz zu den übrigen auf Unabhängigkeit bedachten Neonazis. - Das rechtsextremistische Parteiengefüge ist in Bewegung geraten: Stabilisierung Die ** Deutsche Volksunion<< (DVU) ist wiederwie bis 1993 - mitglieim rechtsderstärkste Kraft, wenng leich sie ihre damalige Größe noch nicht extremistischen Parteienspektrum erreicht hat. DVU und die Partei **Die Republikaner<< (REP) machten sich in den Wahlkämpfen die lagerinterne Führungsposition streitig. Dabei wurde die DVU nach demmit 12,9% der Stimmenüberraschend hohen Erfolg bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im April mit dem Ausgang der Wahlen im Herbst wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Die REP erhielten noch die meisten der insgesamt 3,3% bei der Bundestagswahl für die Parteien REP, DVU und NPD abgegebenen Stimmen. Dennoch hat das Wahlergebnis der 16 Rechtsextremistische Bestrebungen Wahlerfolg der DVU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gezeigt, daß eine DVU in Sachsenrechtsextremistische Partei unter bestimmten Voraussetzungen auch Anhalt ohne gefestigte regionale Parteistruktur beachtliche Ergebnisse erzielen kann. Während sich die REP in den Vorjahren konsolidieren konnten, haben 1998 mehrere aufeinanderfolgende Wahlniederlagen und innerparteiliche Querelen zu einem leichten Mitgliederrückgang geführt. Der Parteivorsitzende Dr. Rolf SCHLIERER und der überwiegende Teil der Parteiführung halten weiterhin an ihrem Abgrenzungsbeschluß gegenüber rechtsextremistischen Parteien fest. Nach den Wahlergebnissen vom Herbst 1998 hatte die Parteispitze jedoch erkennen lassen, daß sie zumindest zeitweise eine konkurrierende Wahlteilnahme von REP und DVU vermeiden will (vgl. Kap. V, Nr. 1.2). Wenngleich die früheren Bündnisbestrebungen der "Runden Tische<< ohne Fortsetzung blieben, werden die Verfassungsschutzbehörden analysieren, inwieweit rechtsextremistische Potentiale bei den REP wirksam bleiben und ob neue strategische Bündnisse entstehen . Im Gegensatz zu DVU und REP agierte die NPD weniger als Wahlpartei, sondern eher aktionsbetont mit einer Vielzahl von medienwirksamen Veranstaltungen und Demonstrationen. Die Partei blieb zwar bei Wahlen weiterhin bedeutungslos, ihr Aufwärtstrend dokumentiert sich jedoch in wachsenden Mitgliederzahlen. Für den Parteivorsitzenden Udo VOIGT hat die themen - und aktionsbezogene Zusammenarbeit mit Neonazis weiterhin hohen Stellenwert. Aufgrund ihrer Aktionsfähigkeit und der Bereitschaft, mit Neonazis zu kooperieren , gewann die Partei insbesondere in Ostdeutschland zahlreiche, überwiegend jüngere Mitglieder hinzu . Die sichtbarsten Erfolge ihrer Bündnispolitik erzielte sie mit Großveranstaltungen am 7. Februar in Passau, am 1. Mai in Leipzig und am 19. September in Rostock. Die Führungskader der .. Jungen Nationaldemokraten" (JN) verlagern ihre Aktivitäten zunehmend in den Bereich der NPD; eigenständige JN-Aktionen waren stark rückläufig oder gingen in den Veranstaltungen der NPD auf. Die Verfassungsschutzbehörden werden die Annäherung zwischen NPD/JN und dem neonazistischen Spektrum weiter beobachten. Es liegen konkrete Hinweise vor, daß Neonazis in zunehmender Zahl in Führungspositionen der NPD/JN vordringen und Einfluß auf den Kurs der Organisationen ausüben. Schwerpunkte der Die Thematisierung des historischen Nationalsozialismus rückt - auch Agitation: bei den Neonaziszunehmend in den Hintergrund der Agitation. Er taucht kaum noch als Modell einer künftigen politischen Ordnung auf, bleibt aber Gegenstand einer ideologischen Revisionismusdebatte (vgl. Kap . VIII) . Ihre Protagonisten drängen weiterhin -zumeist aus dem Ausland - auf eine Entlastung der deutschen Geschichte und versuchen über die Relativierung der nationalsozialistischen Ver- Rechtsextremistische Bestrebungen 17 brechen, eine Enttabuisierung nationalistischen Gedankenguts zu erreichen. Zunehmend instrumentalisieren Rechtsextremisten durch die Tagespolitik bestimmte Fragen für ihre politischen Ziele. So greifen sie die Währungsumstellung auf den ** Euro" als Preisgabe souveräner nationaler Rechte an. stigmatisieren pauschal Ausländer und Asylanten zu Kriminellen oder nutzen die Diskussion über die umstrittene Ausstellung **Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944", um mit ihren Argumenten in den demokratischen Diskurs einzudringen. Ein weiteres Feld rechtsextremistischer Agitation ist nach wie vor die "Umerziehung" Behauptung, der deutschen Verfassung fehle die Legitimität. Das deutsche Volk sei nach Kriegsende mittels einer planmäßigen alliierten **Umerziehung" gezwungen worden. die westliche parlamentarische Demokratie zu akzeptieren. Unter dem Eindruck angeblich einzigartiger Verbrechen des NS-Systems habe die Bevölkerung nicht die Kraft besessen. sich gegen die ihr wesensfremde Staatsform zu wehren . Im intellektuellen Rechtsextremismus ist eine Renaissance der natioRenaissance nalrevolutionären Ideologie festzustellen . Sie ist insbesondere daran nationalrevolutionärer abzulesen. daß Ideologiefragmente der politischen Linken formal aufIdeen gegriffen und mit ethnischen und völkisch-kollektivistischen Vorstellungen verbunden werden. Dieses Phänomen artikuliert sich gegenwärtig vor allem in der ideologischen Einordnung sozialpolitischer Aspekte, indem Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Globalisierung und Sozialkrisen nicht mehr nur im Kontext der fremdenfeindlichen 1 Agitation Erwähnung finden. sondern einen eigenen Stellenwert erhalten (vgl. Kap. VII). t Nicht nur bei den Themen. sondern auch bei der Nutzung geeigneter Internet als Agitationsmedien zeigen sich neue Entwicklungen in der rechtsextrewichtiges Kommunikationsmistischen Szene. So stellt die Beobachtung rechtsextremistischer medium Inhalte im Internet die Verfassungsschutzbehörden vor wachsende Herausforderungen. Ideologische Aktivisten haben ihre Präsenz in allen Bereichen des Internet stark ausgebaut: Inzwischen betreiben deutsche Rechtsextremisten im World Wide Web ca. 200 Homepages. Die quantitative Aufwärtsentwicklung entspricht dabei der kontinuierlich attraktiveren Gestaltung der Homepages. Auf diese Weise ermöglicht das - im Vergleich zu den herkömmlichen Printmedien relativ kostengünstige - Medium. über das eigene Lager hinaus einen großen Adressatenkreis anzusprechen. Zugleich wird den Interessenten über ** Links" (automatisierte Verknüpfungen) Zugang nahezu zum gesamten Spektrum einschlägiger Publikationen im Internet eröffnet (vgl. Kap. X. Nr. 3.1 ). I \.- 18 Rechtsextremistische Bestrebungen II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotential Weiterer Anstieg Ende 1998 gab es in Deutschland 114 (1997: 109) rechtsextremisti - des rechtssche Organisationen und Personenzusammenschlüsse. Die Zahl ihrer extremistischen Mitglieder sowie der nichtorganisierten Rechtsextremisten liegt mit Personenpotentials rund 53.600 erheblich (rund 11 %) über der des Vorjahres (rund 48.400). Gewaltbereite Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten ist mit 8.200 Rechtsextremisten Personen (1997: 7.600) um rund 9% gestiegen. Damit hält die seit 1996 zu beobachtende Zunahme der Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten weiter an. Zu den Gewaltbereiten werden auch diejenigen Rechtsextremisten gezählt, dieohne bislang Gewalttaten verübt zu haben - eine Gewaltanwendung befürworten. Dazu gehören als weitaus größte Gruppe die rechtsextremistischen Skinheads. Rechtsln den rechtsextremistischen Parteien sind rund 39.000 Personen extremistische organisiert (1997: 34.800). ln dieser Zahl sind die Mitglieder der Partei Parteien "Die Republikaner" (REP) enthalten , ohne daß damit jedes einzelne Mitglied als rechtsextremistisch zu bewerten ist. Die Steigerung um rund 12% ergibt sich im wesentlichen aus den Zuwächsen bei DVU (3 .000) und NPD (1.700). Die REP mußten hingegen einen leichten Mitgliederrückgang hinnehmen. Auch im Bereich der sonstigen rechtsextremistischen Organisationen ist mit 65 Gruppen und rund 4.500 Mitgliedern/Aktivisten (1997: 63 Gruppen, 4.300 Mitglieder/Aktivisten) ein Anstieg zu verzeichnen. Neonazis Die Zahl der Neonazis ist mit 2.400 gleichgeblieben. Es konnten 41 Gruppen (1997: 40) mit einer gewissen Organisationsstruktur festgestellt werden. Rechtsextremistische Bestrebungen 19 Rechtsextremismuspotential*l 1996 1997 1998 Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Gewaltbereite Rechtsextremisten**! 5 6.400 3 7.600 5 8.200 Neonazis ...! 48 2.420 40 2.400 41 2.400 Parteien 3 33.500 3 34.800 3 39.000 davon - *.Oie Republikaner" (REP)""'''I 15.000 15.500 15.000 - "Deutsche Volksunion" ( DVU) 15.000 15.000 18.000 - *Nationaldemokratische Partei Deutschlands" ( NPD) 3.500 4.300 6.000 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 52 3.700 63 4.300 65 4.500 Summe 108 46.020 109 49.100 114 54. 100 Nach Abzug von Mehrfach mit- I gliedschaften*****l 45.300 48.400 53.600 1 D1e Zahlenangaben s1nd zum Teil geschatzt und gerundet. l '1 Die meisten gewaltbereiten Rechtsextremisten s1nd nicht in Gruppen organisiert. ln die Statistik sind nicht nur tatsächlich als TäterfTatverdächtige festgestel~e Personen einbezogen, sondern auch solche Rechtsextremisten, bei denen lediglich Anha~s punkte für Gewaltbereitschaft gegeben sind. ***1 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaffen . ....1 Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß jedes einzelne Mitglied der REP rechtsextremistische Ziele verfolgt oder unterstützt ...., Es wurden die Mehrfachmitgliedschaffen im Bereich der Parte1en und der sonstigen rechtsextremistischen Organisationen abgezogen. 2. Straftaten/Gewalttaten 2.1 Übersicht 1998 wurden 11.049 (1997: 11.719) Straftaten mit erwiesenem oder Rückgang der Gewaltund zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund erfaßt, davon sonstigen 708 Gewalttaten (1997: 790) und 10.341 sonstige Straftaten (1997: Straftaten 10.929). Zu den rechtsextremistischen Gewalttaten zählen fremden - feindlich motivierte, antisemitische sowie Gewalttaten gegen den politischen Gegner und sonstige rechtsextremistische Gewalttaten. Damit sank die Zahl der Straftaten insgesamt um 5,7%, die der Gewalttaten um 10,5% . Der Anteil der Gewaltdelikte an der Summe aller Straftaten beträgt 6,4% (1997: 6,7%). Bei 63% (1997: 67%) aller Straftaten handelte es sich um Propagandadelikte (SSSS 86, 86a StGB). 20 Rechtsextremistische Bestrebungen Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund'! 1997 1998 Gewalttaten: Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 13 16 Körperverletzungen 677 595 Brandstiftungen 37 3g Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 3 Landfriedensbruch 61 55 gesamt 790 708 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 301 516 Nötigung/ Bedrohung 371 276 Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 7.888 6 .958 Andere Straftaten, insbesondere Volksverhetzung 2.369 2.591 gesamt 10.929 10.341 Straftaten insgesamt 11 .719 11.049 Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) (Stand: 31.01.1999). Die Übersicht enthält ausgeführte und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Stnd zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statisttk. Wurden meh rere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. ~ Ursachen für den Eine abschreckende Wirkung auf gewaltbereite Aktivisten haben die Rückgang rechtskonsequenten Maßnahmen der Behörden ausgeübt. Besonderen extremistischer Anteil daran haben die polizeilichen "Sondereinsatzkommandos Gewalt gegen Rechts", die in einigen Ländern eingerichtet wurden (z. B. die "Sonderkommission Rechtsextremismus" (SoKo Rex) in Sachsen und die "Mobile Einsatzgruppe gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit" (MEGA) in Brandenburg). 2.2 Zielrichtungen der Gewalttaten Fremdenfeindliche Wie in den Vorjahren richteten sich die meisten Gewalttaten (435) Gewalt stagniert gegen Fremde (1997: 462) . Ihr Anteil an der Gesamtzahl der auf hohem Niveau Gewalttaten betrug rund 61 % (1997: 58%) . Die Zahl der antisemitisch motivierten und der gegen politische Gegner gerichteten Gewalttaten nahm zu. Insbesondere in der Zeit des Bundestagswahlkampfs kam es vermehrt zu gewalttätigen Übergriffen. Rechtsextremistische Bestrebungen 21 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund - Zielrichtungen - 1997 1998 * Fremdenfeindliche Gewalttaten*) * Antisemitische Gewalttaten * Gewalttaten gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten * Gewalttaten gegen sonstige politische Gegner * Sonstige rechtsextremistische Gewalttaten Es ist die Gesamtzahl fremdenfeindlicher Straf-/ Gewalttaten zugrunde gelegt worden, obwohl nur ein Teil der fremdenfeindlichen Straf-/ Gewalttaten einen rechtsextremistischen Hintergrund hat. Dieser Hintergrund liegt vor allem bei vielen fremdenfeindlichen Gewalttaten vor. Fremdenfeindliche Straftaten sind aber insbesondere auch Ausdruck einer militanten Abneigung gegen Asylbewerber und Zuwanderer sowie einer unbestimmten Angst vor *Überfremdung*. 22 Rechtsextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem fremdenfeindlichem Hintergrund 1997 1998 Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 8 10 Körperverletzungen 406 384 Brandstiftungen 25 23 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 0 Landfriedensbruch 22 18 Fremdenfeindliche Gewalttaten insgesamt 462 435 J 2.3 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder Rund 46% aller Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund wurden in den ostdeutschen Ländern begangen (1997: 45%) . Im Durchschnitt wurden dort 2,4 Gewalttaten je 100.000 Einwohner registriert , in den alten Ländern hingegen 0,7 . Der überproportionale Anteil der Gewalttaten in Ostdeutschland dürfte auf ein dort relativ ausgeprägtes Skinheadmilieu zurückgehen . Rechtsextremistische Bestrebungen 23 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund - in den Ländern - . 1997 . 1998 24 Rechtsextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund -je 100.000 Einwohner in den Ländern- Rechtsextremistische Bestrebungen 25 111. Gewaltbereite Rechtsextremisten 1. Rechtsextremistisches Gewaltpotential Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten 1) hat 1998 weiter zugenommen und belief sich Ende des Jahres auf rund 8.200 (1997: 7.600); mehr als die Hälfte von ihnen lebt in den neuen Ländern. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Zulauf in die gewaltbereiten Szenen allerdings verlangsamt. Zur Zeit gibt es in Deutschland keine rechtsterroristischen 2) OrganiKeine rechtssationen oder Strukturen. Zum einen mangelt es hierfür an einer auf die terroristischen aktuelle Situation in Deutschland bezogenen Strategie zur gewaltsaGruppen in Deutschland men Überwindung des Systems, zum anderen fehlen geeignete Führungspersonen und finanzielle Mittel. Auch fehlen Unterstützerszene und logistische Voraussetzungen, die für einen wirkungsvollen, aus dem Untergrund heraus geführten Kampf unabdingbar sind. Die meisten Rechtsextremisten distanzieren sich - vielfach allerdings aus rein taktischen Gründen -von Gewalt als Mittel der Politik. Sie befürchten, daß terroristische Aktionen den Staat eher stärken würden, wenn dieser unter Zustimmung einer breiten Öffentlichkeit mit verschärften Exekutivmaßnahmen gegen das **nationale Lager" vorginge. Ein besonderes Interesse an Waffen und Sprengstoff ist jedoch bei Neonazis sind Rechtsextremisten, insbesondere Neonazis, weit verbreitet. Daher häufig Waffenfetischisten existiert gleichwohl ein Potential gewaltbereiter Rechtsextremisten, das Waffen und Sprengstoff sammelt und sich mit ihrem Gebrauch vertraut macht. Diese Waffenfetischisten stellen ein unkalkulierbares Risiko für die innere Sicherheit dar. Es läßt sich nicht ausschließen, Gefahr von spondaß Einzeltäter diese Waffen auch ohne eine langfristige Zielsetzung tanen Gewalttaten und Konzeption einsetzen und Gewaltakte begehen. Im Januar stellte die Polizei bei Neonazis in Jena unter anderem vier Sicherstellung funktionsfähige Rohrbomben sicher. Konkrete Anschläge scheint die von Waffen bei Gruppe damit nicht beabsichtigt zu haben. Gegen die drei Hausdurchsuchungen Tatverdächtigen, die seither flüchtig sind, erging Haftbefehl. Im Juni wurden vor allem im Großraum lngolstadt insgesamt 21 von Neonazis genutzte Objekte durchsucht und dabei u. a. fünf Handgranaten, mehrere Maschinenpistolen , eine Schrotflinte, Waffenteile, Munition und eine große Menge von rechtsextremistischem Propagandamaterial sichergestellt. Zwei der fünf Neonazis, gegen die sich die Maßnahmen richteten , befinden sich in Untersuchungshaft. 2. Rechtsextremistische Skinheadszene Die weitaus größte Gruppe innerhalb der gewaltbereiten Rechtsextremisten bilden die rechtsextremistischen Skinheads, deren genaue 26 Rechtsextremistische Bestrebungen Zahl sich allerdings nicht eindeutig beziffern läßt, da organisatorische Strukturen in der Skinheadszene fast völlig fehlen. Aggressivität und Gewaltbereitschaft verbinden sich hier mit einer - meist nicht programmatisch-ideologischen, sondern eher diffusen - neonazistischen, insbesondere rassistischen, Weltanschauung. Aus dieser Motivlage entspringen oftmals spontane Gewalttaten der Skinheads gegen Fremde oder "Linke". Viele Jugendliche finden den Einstieg in das rechtsextremistische Milieu über die Musik der Skinheadszene und den Besuch ihrer Konzertveranstaltungen (vgl. Nr. 2.1 ). Schwerpunkt in Schwerpunkte der Skinheadszene finden sich in den neuen Ländern Ostdeutschland - hier vor allem in Ostund Südthüringen, in Südbrandenburg und Westsachsen - sowie in Ballungsräumen und Großstädten wie Frankfurt/Oder und Berlin . Eine weitere Zunahme des Personenpotentials war vor allem in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin festzustellen, in dessen östlichen Stadtteilen sich eine starke , teils an der "Biood & Honour" -Bewegung orientierte Szene gebildet hat. An einzelnen regionalen Brennpunkten gibt es inzwischen Bereiche (z. B. Jugendzentren), in denen Rechtsextremisten faktisch den Ton angeben: meistens in Form von Drohungen oder körperlicher Gewalt. Vor allem die Medien bezeichnen diese Orte häufig als **befreite Zonen<<. Dieser Begriff tauchte erstmals 1991 in einem Strategiepapier auf, das vom "Nationaldemokratischen Hochschulbund<< (NHB), der Studentenorganisation der NPD, veröffentlicht worden war 3l . Dort forderte ein unbekannter Autor die Errichtung einer "Gegenmacht von unten<<, die aus autonomen Freiräumen für die rechtsextremistische Szene und einer Verdrängung der staatlichen Macht erwachsen sollte . Nachdem dieser Ansatz in der rechtsextremistischen Szene jahrelang nur auf geringe Resonanz gestoßen war, griffen ihn Neonazis in jüngster Zeit wiederholt aufnicht zuletzt aufgrundder Medienberichterstattung. Es sind jedoch keine Versuche zu erkennen, gemäß der Konzeption des Strategiepapiers das staatliche Gewaltmonopol systematisch aufzulösen und eine Gegenmacht der Nationalisten Deutschlands zu etablieren. in den alten Ländern besitzt die Skinheadszene im Allgäu (Bayern) überregionale Bedeutung. Auch in Baden-Württemberg , Harnburg und Niedersachsen existieren größere Skinheadszenen. Den international aktiven Skinhead -Bewegungen "Biood & Honour<< und "Hammerskins" ist es gelungen, ihren Einfluß in der strukturlosen deutschen Szene auszubauen. Dies beruht maßgeblich darauf, daß ihre führenden Mitglieder bereits seit Jahren zum Teil der neonazistischen Skinheadszene angehören. Damit verfügen sie über organisatorische Erfahrungen aus der politischen Arbeit der Neonazis und über die Verbindungen in das Milieu der Skinheads. Rechtsextremistische Bestrebungen 27 Gemeinsames Kennzeichen von "Biood & Honour<< und "HammerskinS<< ist das weniger nationalistisch als vielmehr rassistisch geprägte neonazistische Weltbild. Die Gruppierung "Biood & Honour<< hat "Biood & Honourcc ihren Ursprung in England . Dort wurde sie in den 80er Jahren gegründet, um der Skinheadszene eine eigene, unabhängige Struktur zu verleihen und sie über rechtsextremistische Musik und Publikationen neonazistisch zu beeinflussen . Mittelpunkt ihrer Ideologie ist die Vorstellung von der Höherwertigkeit der weißen Rasse. Inzwischen gibt es "Biood & Honour-Divisionen<< in zahlreichen Staaten. Die seit 1995 in Deutschland aktive Vereinigung verfügt hier über rund 150 bis 200 Anhänger; in fast allen Ländern bestehen "Sektionen<< . Eine führende Rolle nimmt nach der Schwächung der sächsischen "Sektion<< aufgrund organisationsinterner Auseinandersetzungen die Berliner "Sektion<< ein. Bedeutung für die Szene hat "Biood & Honour<< vor allem durch das regelmäßige Veranstalten von Skinhead-Konzerten erlangt. Zudem gibt die deutsche "Division<< nunmehr mit "Biood & Honour Division Deutschland - Stimme der Bewegung<>Hitlergruß". Veranstalter sind nicht nur die Skinheadgruppierungen (>>Biood & Honour", >>Hammerskins") und einzelne Szene-Aktivisten. Auch die >> Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) und deren Jugendorganisation ,,Junge Nationaldemokraten" (JN) sowie einzelne neonazistische >>Kameradschaften<< versuchen auf diesem Wege, ihren politischen Einfluß auf die Skinheads zu verstärken. Auch rechtsextremistische Liedermacher, wie der seit 1989 aktive RechtsextreFrank RENNICKE, verzeichnen eine steigende Popularität in der mistische Szene. Häufig werden sie von rechtsextremistischen Organisationen Liedermacher eingeladen, um mit einem musikalischen Rahmenprogramm zusätzli - che Teilnehmer für eine politische Veranstaltung zu gewinnen. REN - NICKE und sieben weitere rechtsextremistische Liedermacher traten 1998 bei 40 (1997: 23) Konzerten auf. Die Teilnehmerzahllag zumeist unter 100 Personen. Lediglich REN NICKE, der als Vorbild der übrigen Liedermacher gilt, konnte mehrfach einige hundert Personen mobili - sieren. Das zunehmende Interesse an den Liedermachern und ihren im Balladenstil komponierten Musikstücken zeigt sich auch an der gestiegenen Zahl ihrer CD-Veröffentlichungen. 30 Rechtsextremistische Bestrebungen 2.2 Vertrieb von Skinhead-Musik Verstärkte Die Zahl der Vertreiber rechtsextremistischer Skinhead-Musik nahm Vertriebsaktiviweiter zu. Etwa 50 Vertriebe (1 997: 30) boten in größerem Umfang täten führender Tonträger und Skinhead-Utensilien an . Immer mehr führende Neonazis Neonazis beteiligen sich an diesem Geschäft. Sie nutzen den CDHandel als Einnahmequelle, aber auch zur ideologischen Beeinflussung . Verbreitung strafEinige deutsche Vertreiber von Skinhead-Musik lassen die von ihnen barer Tonträger produzierten und angebotenen Tonträger vorab anwaltlieh prüfen, um aus dem Ausland Strafverfahren zu vermeiden . Trotzdem enthalten die Angebotslisten bei Treffen und Konzerten immer wieder indizierte oder strafbare CDs und MCs. Eine größere Rolle bei der Verbreitung solcher Tonträger spielen aber ausländische Vertreiber, z. B. der in Hiliemd (Dänemark) ansässige und auch von Schweden aus operierende Vertrieb "NS 88" . Zwischenhändler veräußern die Artikel bei Skinhead-Treffen und Konzerten. Herstellung, Einfuhr und Vertrieb der Artikel erfolgen zunehmend konspirativ. ExekutivmaßUm die Werbung für indizierte und den Verkauf von strafbaren nahmen gegen Tonträgern einzudämmen , leiteten die Staatsanwaltschaften zahlreiVertreiber volksche strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Vertreiber rechtsexverhetzender Musik tremistischer Musik ein. Im Juli fanden in sechs Ländern Durchsuchungen statt, bei denen mehrere tausend CDs sowie Geschäftsunterlagen sichergestellt wurden. Ende August und Anfang September erfolgten Durchsuchungen bei den von führenden norddeutschen Neonazis betriebenen Skinhead -Musikvertrieben **NordVersand " und "Neuland-Versand", bei denen rund 500 bzw. 1.100 CDs beschlagnahmt wurden. ln ihren Listen hatten beide Firmen Tonträger mit strafbaren Inhalten angeboten. Am 3. November durchsuchte die Polizei in einer bundesweiten Aktion gegen Händler rechtsextremistischer Skinhead-Musik über 70 Objekte. Anlaß war ein Ermittlungsverfahren gegen den Vertrieb "Vincente Directori". Am 26. November stellte die Polizei bei einer weiteren Exekutivmaßnahme gegen den Inhaber des "Nibelungen-Versands" und zwei Mitbeschuldigte 9.000 CDs sicher. Außerdem wurde ein dinglicher Arrest in Höhe der aus dem illegalen CD-Geschäft stammenden Einnahmen angeordnet und durch Eintragung einer Sicherungshypothek vollstreckt. Darüber hinaus wurden zahlreiche einschlägige Sendungen aus dem Ausland von den Zollbehörden beschlagnahmt. Aufgrund dessen wurden auch Ermittlungsverfahren gegen die Empfänger eingeleitet. 2.3 Fanzines Anzahl der Die Zahl der rechtsextremistischen Fanzines (Fan-Magazine) hat Fanzines drastisch gegenüber den Vorjahren stark zugenommen und liegt nun bei rund gestiegen 50 Titeln (1997: 30). Der Verbreitungsgrad der Publikationen ist aller- I Rechtsextremistische Bestrebungen 31 dings sehr unterschiedlich: Neben den im Stil einer Musikzeitschrift gehaltenen Magazinen "Rock Nord", "Neue Doitsche Welle" und .. unsere Weit" besitzen die Fanzines "Hass Attacke" , "Biood & Honour Division Deutschland", "Foier Frei<<, "Doitsche Offensive<< und der von einer Rechtsextremistin herausgegebene "Gestiefelte Kater<< bundesweite Bedeutung. Ihre Szeneberichte, Besprechun - gen von Tonträgern , Interviews mit einschlägigen Bands und Leserbriefseiten stärken das Gemeinschaftsgefühl der Szene. ln einigen Fanzines nehmen Beiträge über Veranstaltungen und Neonazistische Demonstrationen neonazistischer Gruppierungen - aber auch der Themen NPD und der JN -sowie Artikel zu historischen Themen einen großen Raum ein. Umgekehrt finden sich in neonazistischen Publikationen wie dem "Hamburger Sturm<< und dem "Zentralorgan << (vgl. Kap. IV, Nr. 1) spezielle Beiträge oder sogar Beilagen für Skinheads. IV. Neonazismus 1. Überblick Für die Neonazis war 1998 ein Jahr der Stagnation und der organisatorischen Fehlschläge. Die Szene konnte ihr Personenpotential (2.400) gegenüber dem Vorjahr nicht weiter ausbauen. Die informationeile Vernetzung der Szene ist trotz der "Nationalen Nur teilweise Info-Telefone<< (NIT) und der vermehrten Nutzung des Internet nur Vernetzung der Szene teilweise gelungen. Zu sehr stehen dem angestrebten "Netzwerk<< die persönlichen und politischen Differenzen der einzelnen Führungspersonen entgegen. Ohne den erwarteten Erfolg blieb auch das Konzept der unabhängigen "Kameradschaften << , mit dem die Neonazis die Auswirkungen der Vereinsverbote unterlaufen wollten. ln 32 Rechtsextremistische Bestrebungen Deutschland existieren rund 80 "Kameradschaften", d. h. örtliche oder regionale Zusammenschlüsse von meist 10 bis 15 Neonazis. Das Erscheinungsbild dieser Gruppen unterscheidet sich sowohl in ihrem Organisationsgrad als auch in den politischen Aktivitäten. Unterschiedliches "Kameradschaften" mit festen Strukturen weisen eine relativ verbindErscheinungsbild liche Funktionszuordnung auf, erheben Mitgliedsbeiträge und besitder "Kameradzen oft eigene Embleme. Lockere Zusammenschlüsse kennen vielschaften cc fach nur regelmäßige Treffen (** Kameradschaftsabende"), die in erster Linie das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken sollen. Nur wenige Gruppen zielen mit Demonstrationen oder eigenen Publikationen auf eine bewußte Außenwirkung . Überregionale Das organisatorische Defizit der Neonazis offenbarte sich exemDemonstrationen plarisch bei der Vorbereitung für die überregionalen Demonstrationen scheiterten zum 100. Todestag Otto von Bismarcks (30. Juli) und zum 11. Todestag von Rudolf Heß (17. August) . Die ursprünglich als Fanal geplanten Kundgebungen (am 4. Juli in Heidelberg zum Gedenken an Bismarck und am 15. August im Raum Brilon/ Nordrhein-Westfalen zum Gedenken an Heß) scheiterten . Gründe hierfür waren nicht nur die Verbote und Maßnahmen der Sicherheitsbehörden, sondern auch die geringe Mobilisierungsfähigkeit der Neonazis. So konnten sie zu den HeBAktionen nur noch etwa 200 Aktivisten aufbieten (1997: 800). Thomas WULFF Als wichtigster Akteur in der Szene gilt der Hamburger Neonazi und sein Konzept Thomas WULFF. Er plädiert für ein Konzept , in dem kleinere der "Freien Gruppierungen, "Kameradschaften" und einzelne Neonazis - insbeNationalistencc sondere aus dem norddeutschen Raum - in jederzeit mobilisierbaren "nicht-organisierten Einheiten<< zusammenwirken. Diese "Freien Nationalisten" sollen bei Kundgebungen auftreten und als selbständige Gruppe erkennbar sein. So beteiligten sich an der 1. MaiDemonstration der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) in Leipzig rund 250 "Freie Nationalisten" und weitere Neonazis in einem geschlossenen Block. Am 13. Juni traten rund 70 "Freie Nationalisten" bei einer Demonstration gegen Arbeitslosigkeit in Lüneburg (Niedersachsen) auf; einem Neonazi war der Zugang zu einer Arbeitsloseninitiative gelungen, in deren Namen er die genannte Demonstration angemeldet hatte. Keine Sogwirkung Obwohl WULFF im norddeutschen Raum weiter an Einfluß gewinnen auf die rechtskonnte und die dortigen Neonazis enger an sich gebunden hat, blieb extremistische die von ihm erhoffte Sogwirkung seiner "Freien Nationalisten" auf das Szene gesamte Spektrum aus . Agitation mit Der historische Nationalsozialismus rückte zunehmend in den tagespolitischen Hintergrund der Agitation. Die Neonazis instrumentalisierten vielmehr Themen aktuellehäufig durch die Tagespolitik bestimmteFragen für ihre politischen Ziele. So heißt es etwa zur Sozialpolitik in der neonazistischen Publikation "Zentralorgan " (ZORG): Rechtsextremistische Bestrebungen 33 "Die letzten Kanzler der BRD haben es gewagt, den Sozialstaat als eine der wichtigsten Stützen des alten Reiches zu zersetzen. Der derzeitige Kanzler möchte seinen Staat in die Einheit eines noch zu schaffenden, utopischen 'Gesamteuropas' einbindenund damit de facto liquidieren. Zwischen Bismarck und seinen Nachfolgern nach 1949 stehen Weiten. Sie haben kein Recht, sich auf ihn zu berufen ." ("Zentralorgan" Nr. 2, S. 14) Eine enge Zusammenarbeit der Verstärkte Neonazis besteht mit der NPD Zusammenarbeit und den .. Jungen Nationaldemomit NPD und JN kraten << (JN): Führende Neonazis, wie der ehemalige Vorsitzende des inzwischen aufgelösten neonazistischen Vereins ** Die Nationalen e. V. << Frank SCHWERDT, sind inzwischen in die Bundesvorstände von NPD und JN aufgerückt und verstärken dort den neonazistischen Einfluß. Allerdings bleibt die Beziehung zur NPD für die meisten Neonazis ein Verhältnis kritischer Solidarität. Sie befürchten , daß die NPD die Meinungsführerschaft innerhalb des **Nationalen WiderstandeS<< erlangen und sie selber verdrängen könnte. Andere führende Neonazis treten deshalb für die Beibehaltung eigener, **autonomer<< Strukturen ein . Sie wollen keine Annäherung an die NPD, sondern diese allenfalls für die eigenen politischen Ziele nutzen und unter dem schützenden Dach einer Partei neonazi - stisch agitieren. Gelegentlich nutzen Neonazis die NPD als Forum , um sich öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen . So traten der Hamburger Neonazi Christian WORCH als Redner bei einer NPDWahlveranstaltung am 19. September in Rostock und Manfred ROEDER, ehemaliger Rechtsterrorist und Vorsitzender der neonazistischen **Deutschen Bürgerinitiative<< (OBI), als NPD-Kandidat für die Bundestagswahl am 27. September auf. **Anti-Antifa<< -Aktivitäten gegen politische Gegner spielten 1998 in der Wenig Agitation der Neonazis nur eine untergeordnete Rolle. "Anti-Antifa"Aktivitäten Die Ausspähung politischer Gegner und die Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten - verbunden etwa mit der Bitte, **ihnen am Telefon die Meinung zu sagen<< -wird aber auch zukünftig ein wichti - ges neonazistisches Agitationsfeld bleiben. 34 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. Neonazistische Organisationen 2.1 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) gegründet: 1979 Sitz: Frankfurt/M. Vorsitzende: Ursula MÜLLER Mitglieder: 450 (1997: 400) Publikation: "Nachrichten der HNG", Auflage: rund 600, monatlich Erneuter Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Mitgliederzuwachs Angehörige e. V." (HNG) konnte ihre Mitgliederzahl weiter erhöhen . Sie ist der mitgliederstärkste neonazistische Zusammenschluß. Als eine der wenigen nach den Verbotsmaßnahmen verbliebenen bundesweiten Organisationen übt die HNG eine ungebrochene Anziehungskraft auf Neonazis aus . Ihre tatsächliche Bedeutung innerhalb der Szene ist allerdings mangels eigener poli - tischer Aktivitäten gering. Dokumentation ln den "Nachrichten der HNG" wird die ander "politischen gebliche **politische Verfolgung in der BRD" Verfolgung" von mit Beiträgen über **Unrechtsund WillkürNeonazis maßnahmen der BAD-Justiz gegenüber nationalen Dissidenten, Regimekritikern, Bürgerrechtlern und anderen politisch Verfolgten" dokumentiert. Über den regelmäßigen Abdruck von **Gefangenenlisten<< soll die Broschüre jedem inhaftierten ** Kameraden " Kontakte vermitteln und so dessen Verbleiben in der rechtsextremistischen Szene sichern. Agitation gegen Die Publikation versteht sich überdies als Kampforgan gegen das das "System" **BAD-Regime". ln einem Beitrag "Ein paar Worte an Staatsschützer und Systemschergen" heißt es: **Bei einer ordentlichen Gewissensanspannung (... ) ist es nämlich jedem Staatsschützer (.. .) möglich zu erkennen, daß der Staatsschutz - soweit er sich gegen nationale Deutsche richtet - lediglich dazu dient, das Banner System aufrechtzuerhalten, mit anderen Worten : den BannerS .. . die Plätze an den Futtertrögen zu erhalten . (.. .) Wenn man sieht, daß die 'wehrhafte Demokratie' ständig dazu herhalten muß, um nationale Organisationen , Parteien , Versamm - lungen und Demonstrationen zu verbieten , Beamte aus ihren Rechtsextremistische Bestrebungen 35 Berufen zu entlassen und ganz allgemein Gesinnungsterror auszuüben, dann fragt man sich wogegen sich die 'wehrhafte Demokratie' eigentlich wehrt - gegen Feinde der Demokratie oder etwa gegen eine tatsächliche Volksherrschaft?" ("Nachrichten der HNGcc Nr. 204/ 98, S. 14 f.) 2.2 "Freiheitlicher Volks Block" (FVB) gegründet: 1994 Sitz: Nürnberg Vorsitzender: Konrad PETRATSCHEK Mitglieder: 100 (1997: 100) Publikation: "FVB-Spiegel" Der "Freiheitliche Volks Block" (FVB), der sich selbst als ** Partei des Stagnation im deutschen Aufbruchs" bezeichnet, unterhält Landesverbände in strukturellen Aufbau Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt und SchleswigHolstein . ln anderen Bundesländern ist er nur mit einzelnen Mitgliedern vertreten. Führende Funktionäre gehörten der im Juli 1993 durch den Innenminister von Baden-Württemberg verbotenen neonazist i- schen ** Heimattreuen Vereinigung Deutschlands" (HVD) an. Die Entwicklung des FVB stagnierte, seine Aktivitäten gingen zurück. Führungsanspruch Dennoch erhebt der FVB weiterhin einen Führungsanspruch im natioim "nationalen Lager" nalen Lager. So heißt es auf dem FVB-Fiugblatt **Klare Fronten!" zu den Parteien "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (N PD), ** Deutsche Volksunion" (DVU) und "Die Republikaner" (R EP): "Hinfort mit der verbrecherischen unfähigen Führung im nationalen Lager. Die Kampfansage gilt all denjenigen, die durch ihren Egoismus, Unfähigkeit und Verrat den Deutschnationalen seit Jahren schaden . Wer nicht gewillt ist, Platz für die neue Generation zu machen denen raten wir: Nehmt euch vor uns in acht. Wir sind im Kommen und werden Tag für Tag stärker! Wir räumen in den eigenen Reihen auf! Wir fordern alle Kameraden und Kameradinnen, sowie alle nationalen Organisationen und Gruppierungen, die diese Mißstände in unseren Reihen erkannt haben, auf, sich einzureihen, um mit uns diesen schweren Kampf zu führen! " (FVB-Fiugblatt: **Klare Fronten!" von Ende 1997/Anfang 1998) 36 Rechtsextremistische Bestrebungen 2.3 Neonazikreis um Frank SCHWERDT (ehemals "Die Nationalen e. V.cc) Personenkreis, der nach der im November 1997 erfolgten Selbstauflösung des Vereins "Die Nationalen e. V. << die Aktivitäten fortsetzt Hochburgen: Berlin und Brandenburg Leitfigur: Frank SCHWERDT Mitglieder: ca. 150 (einschließlich beeinflußter "Kameradschaften <<) 'l Publikation: Internet-Ausgabe der "BerlinBrandenburger - Zeitung der nationalen Erneuerung << Schätzung beruht auf dem letzten Mitgliederbestand der * Nationalen e. V.* "Die Nationalen e. V.<<, der aktivste neonazistische Verein mit überregionaler Bedeutung, hat sich im November 1997 aufgelöst. Der bis dahin in dem Verein organisierte Personenkreis setzte auch 1998 seine Aktivitäten fort . Hervorzuheben sind insbesondere ein Medienprojekt , dessen Aktivitäten von einem "Arbeitskreis Vernetzte Medien<< koordiniert werden, sowie die Einflußnahme auf "Kameradschaften<< im Raum Berlin . Die politische Arbeit konzentriert sich auf den Kampf gegen angebliche staatliche Willkür. So hielt die Leitfigur Frank SCHWERDT mehrfach Vorträge zur Thematik "Die Justiz als politische Waffe << 5l, in denen er der deutschen Justiz Rechtsbeugung vorhielt, wie man sie nur aus totalitären Staaten kenne. Haftstrafen der SCHWERDT sah zu diesem ZeitLeitfiguren lähmen punkt bereits der VerbüBung einer Aktivitäten Haftstrafe wegen Volksverhetzung entgegen . Mit Blick auf den Strafantritt am 24. Juni versuchte er deshalb, die anstehende Inhafti erung für die weitere politische Agitation zu instrumentalisieren und so die Phase seiner Inaktivität zu überbrücken. Da sich aber auch sein ideologischer Weggefährte ChristianWENDT in der Zeit von Mai bis Rechtsextremistische Bestrebungen 37 Dezember in Haft befand, kamen die Aktivitäten des Personenkreises fast zum Erliegen. Die von SCHWERDT herausgegebene "Berlin-Brandenburger - Nationaler Zeitung der nationalen Erneuerung " (BBZ) ist einschließlich der Medienverband Regionalausgaben 1998 nicht mehr als Printausgabe erschienen und wurde lediglich sporadisch über das Internet verbreitet. Auch der 1997 aufgelegte Pressedienst >> BBZ.Aktuell << wurde bereits im März wieder eingestellt. SCHWERDT betätigte sich zudem im "Vortrag-Buch-Reise-Verlag'' (VBR), über den er u. a. Tonträger verschiedener rechtsextremistischer Liedermacher und Skinhead-Bands offerierte. Der Verlag hat nach Exekutivmaßnahmen wegen der Veröffentlichung einer CD mit teilweise gewaltverherrlichendem Inhalt sowie wegen der Inhaftierung SCHWERDTs seine Aktivitäten eingestellt. Nach einjährigem Sendeverbot strahlt "Radio Germania<< seit Mai wieder Sendungen über den "Offenen Kanal Berlin'' aus . Verantwortlich zeichnet Mike PENKERT, ehemals Beisitzer im Vorstand der "Nationalen e. v. ,, und Anführer der "Kameradschaft Beusselkiez,, . Die Inhalte von "Radio Germania<< sind häufig deckungsgleich mit den Ansagen des seit Oktober 1997 von PENKERT betriebenen "Nationalen Info-Telefons Preussen''* Die von SCHWERDT beeinflußten " Kameradschaften << verzeichneten Aktivitäten nur einen geringen Zulauf. Öffentlichkeitswirksame Aktionen - wie beeinflußter das Verteilen von Flugblättern - gingen hauptsächlich von der 1995 "Kameradschaften << gegründeten "Kameradschaft Treptow" aus. ln einem Ende Februar zum Gedenken an Horst Wessei verteilten Flugblatt dieser Gruppe hieß es: "Die zahlreichen Aktionen gegen uns (... )sollten uns nicht davon abhalten, jenem großen Ziele zuzuarbeiten , dem schon Horst Wessei verpflichtet war. (.. .) Der Kampf geht weiter, bis es heißt: 'Sturm 5 ist überall! '" Die "Kameradschaft Schöneberg " verteilte im März Flugblätter in ihrem Stadtteil von Berlin. Die "Kameradschaft Prenzelberg/Mitte<< ist seit September mit einer eigenen Seite im Internet vertreten. Die Hornepage enthält u. a. Liedtexte und Texte mit revisionistischem, fremdenfeindlichem und nationalistischem Einschlag. Ehemalige Mitglieder der "Nationalen e. V." bemühen sich intensiv Einflußnahme auf um Einfluß in der "Nationaldemokratischen Partei DeutschlandS<< die "National* demokratische (NPD). SCHWERDT, seit 1997 Mitglied der NPD, wurde auf dem Partei Bundesparteitag im Januar als Beisitzer in den Bundesvorstand Deutschlands<< gewählt. Weitere ehemalige Funktionäre der "Nationalen e. V. << traten 38 Rechtsextremistische Bestrebungen ebenfalls in die NPD oder bei den >>Jungen Nationaldemokraten** (JN) ein. Anfang 1998 gründeten einige die >>Aktionsgemeinschaft nationaler Sozialisten in und außerhalb der NPD** (AgNS). V. Parteien 1. "Die Republikaner" (REP) gegründet: 1983 Sitz: Berlin Bundesvorsitzen der: Dr. Rolf SCHLIERER Mitglieder: 15.000 ') (1997: 15.500) Publikation: ,,Der Republikaner** , Auflage: 20.000, monatlich Unterorganisationen: >>Republikanische Jugend** (RJ) , ,,Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten** (RepBB}, ,,Republikanischer Bund der Frauen** (RBF), >>Republikanischer Hochschulverband ** (RHV) Die Partei selbst gibt höhere Zahlen an (15.500 bzw. 16.500). 1.1 Zielsetzung Bei der Partei >>Die Republikaner** (REP) bestehen weiterhin tatsäch - liche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen: Wenn auch ihr Bundesvorsitzender Dr. Rolf SCHLIERER um ein seriöses rechtskonservatives Erscheinungsbild seiner Partei bemüht ist, machen einflußreiche Gruppen bzw. Funktionäre in der Partei gleichwohl ihre Ablehnung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung deutlich. Ihre Kritik an bestehenden Verhältnissen kann nicht als Beitrag zur demokratisch gewol lten Debatte gewertet werden, sie läßt vielmehr die fundamentale Ablehnung von wesentlichen Prinzipien unserer Verfassung erkennen und findet ihre Ausprägung in Fremdenfeindlichkeit, Relativierung der Verbrechen des Dritten Reiches, Agitation gegen das Demokratieprinzip sowie in der Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten. Rechtsextremistische Bestrebungen 39 Die REP schüren Ängste vor "Überfremdung<<, sprechen von Fremden"Umvolkern<< und beschwören eine vermeintlich drohende "Ersetfeindlichkeit zung<< des deutschen Volkes durch eine "multikulturelle Mischbevölkerung<< . So erklärte der geschäftsführende stellvertretende Bundesvorsitzende Christian KÄS auf dem "Republikanertag<< am 3 . Oktober in Stuttgart: "Wenn man von Bedrohungen Deutschlands spricht, kommt man an einer keinesfalls vorbei. Ich meine die Überfremdung. (... ) Ich fühle mich auf den Straßen eben nicht wohl , wenn ich mitten in Deutschland den Eindruck habe, in Afrika zu sein 6l . (... ) Jetzt ist das Volk aufgerufen , nachdem es Kohl aus dem Amt entfernt hat, nun auch jene Umvolker aus ihren Sesseln zu fegen , die Tag für Tag daran arbeiten, daß das Deutschsein schon bald getilgt wird. (... ) Wir haben nur ein Land, in dem w ir die Herren sind! Deshalb muß Deutschland den Deutschen bleiben!<< 7) Der Bundesvorsitzende Dr. Rolf SCHLIERER bezeichnete nach einer Pressemitteilung der Bundesgeschäftsstelle vom 15. Oktober die rot -grüne Koalitionsvereinbarung zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts als Anschlag auf das deutsche Staatsvolk. Kaltblütig tausche die neue Regierung das eigene Volk aus, von dem sie sich eben noch habe wählen lassen . Das deutsche Staatsvolk werde Schritt für Schritt durch eine multikulturelle Mischbevölkerung ersetzt. Die fremdenfeindliche Agitation der REP trägt gelegentlich sogar rassistische Züge. ln einem 1998 verbreiteten Flugblatt gegen die Errichtung einer Zentralstelle zur Belt~ kämpfung des Extremismus in Thüringen -~"tte" 4t setzt der Kreisverband Altenburger Land lt"~fle*'e (Thüringen) Ausländer und Asylanten mit REPUBl{KA Tieren gleich: "Die Deutschen werden verunfähigt und als Extremisten abgestempelt. Auf ihnen wird herumgetrampelt und aus der Mitte des Volkes geekelt, um Ausländern , Asylanten und Tieren Platz zu machen .<< Bezeichnend für die - die Menschenwürde verletzende - fremden - feindliche Agitation der REP ist darüber hinaus die diffamierende Verwendung des Begriffs "Neger<< für alle Farbigen ; auch ist von einer "Vermanschung<< der verschiedenen Rassen die Rede. So erklärte der - inzwischen aus anderem Grund amtsenthobene - stellvertre- l 40 Rechtsextremistische Bestrebungen tende Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen Reinhard WN ENDT 81 im Info-Telefon seines Kreisbzw. Ortsverbands : "Als sogenannte Asylbewerber an die Geldtöpfe unserer Sozialkassen vorgedrungene Neger gehen hier weiterhin ihrer Kultur nach 91. (.. .) Man muß sich manches Mal schämen, ein Plettenberger zu sein. Ich fahre oft mit der Bundesbahn. Je später man abends fährt, desto mehr Neger fahren im Zug mit. << 101 Mit unzulässigen Simplifizierungen verquickt die Partei wirtschaftliche und soziale Fragen sowie Probleme der inneren Sicherheit mit der Zuwanderung von Ausländern - insbesondere von Asylbewerbern. Indem sie Ressentiments gegen Fremde schürt , distanziert sich die Partei vom Menschenbild des Grundgesetzes und verschließt sich den Prinzipien der Menschenwürde, der Gleichheit, der Toleranz und des Minderheitenschutzes. Bestrebungen, solche grundlegenden Prinzipien des Grundgesetzes abzuschaffen oder einzuschränken , sind verfassungsfeindlich. SCHLI ERER bezeichnete eine weitere Zuwanderung und Ein - bürgerung von Ausländern als "Schleichende Landnahme<<, die den inneren und sozialen Frieden in Deutschland gefährde 11 1. ln einem an .. Jungwähler<>Umerziehung" für die Wiederbegründung der deutschen Demokratie unter Einfluß der westalliierten Besatzungsmächte nach 1945 und die abwertenden Äußerungen über demokratische Parteien und deren Politiker in ihrer Gesamtheit sind nach dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1997 mit dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes unvereinbar; hier wird die Gegnerschaft zum Mehrparteienprinzip deutlich 15l. Der Vorwurf einer aufgezwungenenund somit illegitimenVerfassung stellt denknotwendig die Rechtmäßigkeit der freiheitlichen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland in Frage . Nach Auffassung der REP konnte der westliche Parlamentarismus nur etabliert werden, weil die Deutschen angesichts der dramatisierten Naziverbrechen jeglichen politischen Selbstbehauptungswillen aufgegeben hatten und so der weiteren "Umerziehung" wehrlos ausgeliefert waren . So agitiert ein Frankfurter Stadtverordneter der REP im Parteiorgan "Der Republikaner" unter der Überschrift "Die Republik im SchröderFieberein Stück aus dem Tollhaus! ": "Die schleichende AmerikanisierunQ der bundesdeutschen Politik, das Ergebnis jahrzehntelang von der etablierten politischen Klasse eifrig betriebener Re-education , treibt hier personifizierte Früchte. (... ) Die unablässige Entwertung aller Werte, die emsige Unterminierung aller gesellschaftlichen Spielregeln durch das Kartell aus linken Medien und allein auf sich bedachten Altparteien zeigt nun ihr verhängnisvolles Erbe. " (" Der Republikaner", Ausgabe 4/ 98, S. 2) Die "Republikanische Jugend" im Landesverband Berlin erklärte in einem Anfang 1998 veröffentlichten Flugblatt "EthikUnterrichtsfach gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit": "Statt der so erfolgreichen 'Erziehung nach Auschwitz' nun die Erziehung nach Solingen? (... ) Die Jugend soll veranlaßt werden , alle Werte aufzugeben, die für den Fortbestand einer Nation von elementarer Bedeutung sind. Konfliktfreies Zusammenleben mit aller Weit soll eingeübt werden, Verständnis für alles und jedes, Duldung alles Fremden bis zur Selbstverleugnung und Selbstaufgabe. Toleranz als Schmiermittel der geplanten multikulturellen Gesellschaft. Mißbrauch der Schule für eine neue Umerziehung - Dazu sagen wir Republikaner NEIN . Bedingungslos NEIN!" Rechtsextremistische Bestrebungen 43 ln polemischer, teilweise diffamierender und verunglimpfender Weise Hetze gegen attackieren die REP auch Institutionen und Repräsentanten der freiInstitutionen und Repräsentanten heitlichen Demokratie. Der demokratische Rechtsstaat soll insgesamt als untauglich, korrupt und gegen die Interessen des Volkes gerichtet erschei nen und wird als nicht mehr reformierbar hingestellt. Daraus kann nur gefolgert werden , daß die bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung durch ein nicht den Demokratieansprüchen des Grundgesetzes entsprechendes .. system" ersetzt werden soll. So fordern die REP in ihrem **Programm der neuen Länder zur Bundestagswahl 1998" dazu auf, die .. fortwährende sch leichende Außerkraftsetzung der festgeschriebenen Rechte unseres Grundgesetzes<< nicht länger hinzunehmen , und behaupten : "Demokratie und Recht sind in Gefahr! (.. .) Regierung, Parlamente und Behörden sind von linken Extremisten durchsetzt. Diese versuchen durch Machtmißbrauch von der heute weit verbreiteten Korruption abzulenken und mittels Volksverdummung und Propaganda jede echte demokratische Opposition zu verhindern.<< ln einem Flugblatt des Landesverbands Nordrhein-Westfalen vom Januar heißt es unter dem Titel "Es geht aufwärts in Deutschland<< : "Es ist nicht zu erwarten, daß die politischen Kräfte, die für die Demontage Deutschlands verantwortlich sind, eine Wende herbeiführen können . Das politische System kann sich selbst nicht mehr reformieren . (... ) Es gilt die Demokratie zu demokratisieren und die Freiheit wiederherzustellen. ln unserem Land hat sich ein quasi totalitärer Ungeist etabliert( ... ).<< 1.2 Organisation und Entwicklung Während sich die REP in den letzten beiden Jahren konsolidieren Niederlagen und und ihre Mitgliederzahl steigern konnten (1996: 15.000; 1997: Streit 15.500), mußten sie 1998 einen leichten Rückgang auf 15.000 Mitglieder verzeichnen. Ursächlich dafür dürften aufeinanderfolgende Niederlagen bei den Landtagswahlen im März in Niedersachsen, im April in Sachsen-Anhalt, im September in Bayern und MecklenburgVorpommern und bei der Bundestagswahl sowie die damit verbun - denen Querelen über den Kurs der Partei gewesen sein. Insbesondere der von SCHLIERER vorgegebene Abgrenzungskurs gegenüber rechtsextremistischen Organisationen löste immer wieder Streitigkeiten aus: Vor allem entbrannte der innerparteiliche Richtungsstreit nach dem Wahldesaster in Sachsen-Anhalt. So mehrten 44 Rechtsextremistische Bestrebungen sich die Stimmen, die den Kurs SCHLIERERs kritisierten und einen Richtungswechsel verlangten. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Christian KÄS forderte etwa in einer Pressemitteilung vom 29. April das Ende der "Leisetreterei " sowie mehr Flexibilität im Umgang mit politischen Konkurrenten. Aus dem Streit um die richtige Taktik suchte KÄS zugleich , persönliches Kapital zu schlagen und sich als Alternative für den umstrittenen Bundesvorsitzenden Bekannter SCHLIERER zu profilieren . Nach Mitteilung der "Nationalen InfoNeonazi als Telefone" (NIT) "Rheinland " und " Preussen " 16l habe KÄS gemein - Redner sam mit dem Neonazi Thomas WULFF am 6. Juni in Kassel bei einer Protestkundgebung der "Republikanischen Jugend" gegen die Wehrmachtsausstellung gesprochen 17l . Mit der Duldung der offiziellen Präsenz eines führenden Neonazis bei einer REP-Veranstaltung hat er gegen den Abgrenzungskurs seines Vorsitzenden verstoßen 18l. Auf dem ** Republikanertag << am 3. Oktober in Stuttgart wandte sich KÄS erneut gegen den Abgrenzungskurs SCHLIERERs und erklärte, der "Spaltungsparteitag von Ruhstorf" 19l sei ein Fehler gewesen 20l . Diese offene Kritik unterstützte auch der damalige stellvertretende nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Reinhard WNENDT 21 l . Der von ihm geführte REP-Kreisverband Mark verlangte in einer "lserlohner Resolution '' vom 29. April, den Abgrenzungsbeschluß aufzuheben und die "Deutsche Volksunion << (DVU) in eine "national-konservative Basis,, einzubeziehen. Ebenso argumentierten führende Opponenten im REP-Landesverband Sachsen-Anhalt. Am 28. April versandte der damalige Landesvorsitzende Wolfgang HÖBER 22l ein mit "Schlierer, jetzt reicht es! " betiteltes Rundschreiben an alle Landesgeschäftsstellen. Darin erklärte er, die REP in Sachsen-Anhalt würden "mit ganzer Kraft und ganzem Herzen die DVU und ihre vom Volk frei gewählten Abgeordneten " unterstützen, und fügte hinzu: "Sollte uns Dr. Frey die Hand entgegenstrecken, werden wir sie nicht ausschlagen! " Der Bundesvorstand der DVU akzeptierte - einer Pressemitteilung vom 29. Mai zufolge - das Angebot der REP in Sachsen-Anhalt zur Zusammenarbeit unter dem Dach der DVU. Führender Die mangelnde Distanz vieler Mitglieder der REP zu RechtsextremisRechtsterrorist als ten läßt sich durch weitere Beispiele belegen: Nach Angaben der Referent Zeitung "Werra-Biitz" (24 ./25. Januar) referierte der Neonazi und frühere Rechtsterrorist Peter NAUMANN im Januar auf einer Veran - staltung des REP-Kreisverbands Werra-Meißner zum Thema "Multi - kultur warum?". Mitglieder der REP publizierten wiederholt in rechtsextremistischen Publikationen. So warf der Beisitzer im REP-Landesvorstand Hessen Erich FUCHS dem Bundesvorsitzenden SCHLIERER in der rechtsextremistischen Zeitschrift "Nation & Europa" vor, er habe Kooperationsangebote der DVU vorschnell Rechtsextremistische Bestrebungen 45 abgelehnt 23l . Der Protagonist einer "Vereinigten Rechten" Hans RUSTEMEYER plädierte unter Hinweis auf seine REP-Mitgliedschaft in der rechtsextremistischen Publikation **Signal" ebenfalls für eine enge Zusammenarbeit von REP und DVU 24 l. Trotz dieser Kritik wurde SCHLIERER auf dem Bundesparteitag am Wiederwahl 21 ./22. November in Neufraunhofen bei Landshut (Bayern) mit rund SCHLIERERs 81 % der abgegebenen Stimmen in seinem Amt als Bundesvorsitzender bestätigt. Der einzige - vorab benannte - Gegenkandidat Christian KÄS hatte seine Kandidatur kurz vor dem Wahlgang zurückgezogen. Er wurdemit dem zweitbesten Ergebniszu einem der fünf Stellvertreter SCHLIERERs gewählt. Nach einer Presseerklärung der REP-Bundesgeschäftsstelle vom 23. November war Treffen SCHLIERER bereits vor dem Bundesparteitag am 17. November mit FREY/SCHLIERER dem DVU-Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY zusammengetroffen. Man habe vereinbart, eine unnötige Konkurrenz zwischen REP und DVU bei künftigen Wahlen zu vermeiden, um "nationalen Interessen in der deutschen Politik zu einem größeren Einfluß zu verhelfen " . SCHLIERERs Taktik - formale Beibehaltung des Abgrenzungsbeschlusses und vereinzelte Wahlabsprachen mit der DVU - zeigt , wie weit er seinen innerparteilichen Kritikern entgegenkommen mußte, um sie in die Gesamtpartei zu integrieren . Bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 1. März erhielt die Partei Teilnahme an 2,8% (1994: 3, 7%) der Stimmen . Die Kampagne zur Landtagswahl in Wahlen Sachsen -Anhalt am 26. April war überschattet von monatelangen Querelen zwischen führenden Repräsentanten des Landesverbands und der Bundesführung: Während die Landesfunktionäre mit dem ehemaligen stellvertretenden REP-Bundesvorsitzenden Dr. Rudolf KRAUSE an der Spitze eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten , insbesondere mit der DVU, befürworteten, hielt die Bundesspitze an ihrem Abgrenzungskurs fest und drängte auf eine Listenverbindung der REP mit der "Deutschen Sozialen Union " (DSU) und der "Demokratischen Erneuerung ** (OE). Der Landeswahlleiter ließ diese Listenverbindung jedoch aus formalen Gründen nicht zu . Die aufgrunddessen alleine kandidierenden REP erzielten lediglich 0,7 % der Stimmen (1994 : 1,4%). Die Partei konzentrierte ihre Kräfte danach auf die Landtagsund Bezirkstagswahlen in ihrem "Stammland " Bayern am 13. September. Noch im Wahlkampf zeigte sich die REP-Führung zuversichtlich, mit einem deutlich über 5% liegenden Ergebnis in den Bayerischen Landtag einzuziehen und damit in dieser "Schicksalswahl " ein "leuchtendes Signal" 25l für die nachfolgende Bundestagswahl zu setzen. Obgleich in Bayern die konkurrierende DVU nicht antrat, erreichten die REP nur 3,6% der Stimmen (1994: 3 ,9%) . Der Bundesvorstand erklärte das neuerliche Scheitern vor allem mit einer (angeblichen) 46 Rechtsextremistische Bestrebungen Übernahme der typischen Republikaner-Themen durch die CSU und mit der starken Konkurrenz der Freien-Wähler-Gemeinschaften. Bei den Wahlen zu den Bezirkstagen der bayerischen Regierungsbezirke errangen die REP 6 Mandate (1994 : 5). Die Bundestagswahl am 27. September endete für die REP zwar mit weiteren Verlusten; sie blieben mit 1 ,8% der Stimmen (1994: 1 ,9%) jedoch vor DVU und "Nationaldemokratischer Partei Deutschlands" (NPD) stärkste Partei . ln Baden-Württemberg erzielten die REP sogar 4% (1994: 3,1 %) . Ihren Wahlkampf hatte die Partei mit Slogans wie "Deutsche Interessen zuerst!<<, **Schluß mit der Euro-Ausbeutung! ", "Deutsche Arbeitsplätze zuerst für Deutsche! ", "Die Zuwanderung stoppen - jetzt!" und "Schluß mit Parteienfilz und Klüngelwirtschaft! " geführt. Als Reaktion auf den Wahlausgang kündigte der Bundesvorsitzende Dr. SCHLIERER an 26l, die Partei werde in den nächsten Wahlkämpfen ihren Kurs beibehalten, ihre Themen jedoch härter und akzentuierter ansprechen. Bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 27. September erreichte der schwache REP-Landesverband gegen starke Konkurrenz von DVU und NPD nur 0,5% der Stimmen (1994: 1 ,0%). Die Kommunalwahlen am 27. September in Brandenburg, zu denen die REP nur punktuell antraten, erbrachten der Partei ein Kreistagsund drei Stadtverordnetenmandate. Gerichtsverfahren Am 12. August beantragte der REP-Landesverband Bayern beim Verwaltungsgericht München eine einstweilige Anordnung gegen den Freistaat Bayern . Diesem sollte untersagt werden , die Partei "Die Republikaner" und insbesondere den Landesverband Bayern weiterhin als rechtsextremistische Partei zu bezeichnen. Die REP bezogen sich dabei auf die "Verfassungsschutz-Informationen Bayern, 1. Halbjahr 1998". Gleichzeitig erhob der REP-Landesverband Klage in der Hauptsache. Insgesamt sind dort 12 Verfahren anhängig. Das Verwaltungsgericht Berlin untersagte mit Urteil vom 31. August dem Landesamt für Verfassungsschutz Berlin u. a. die weitere Beobachtung des REP-Landesverbands mit nachrichtendienstliehen Mitteln und erklärte die Nennung der Partei im Verfassungsschutzbericht Berlin 1997 für rechtswidrig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig . Rechtsextremistische Bestrebungen 47 Mit Beschluß vom 13. Oktober hat der I . Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts die Versetzung eines Bundeswehroffiziers wegen seiner aktiven REP-Mitgliedschatt auf einen nichtsicherheitsrelevanten Dienstposten für zulässig erklärt. Es liege ein Sicherheitsrisiko vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Zweifel am Bekenntnis eines Soldaten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründeten . Da die REP von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet würden und der Offizier für die Partei in herausgehobener Stellung tätig gewesen sei und sich mit den Zielen der REP identifi - ziere , müsse er sich die verfassungsrechtlichen Zweifel hinsichtlich der Partei als persönliches Sicherheitsrisiko zurechnen lassen. Der REP-Landesverband Baden-Württemberg erhob am 5 . November Klage gegen das Land Baden-Württemberg mit dem Ziel, dem Land die Beobachtung des Landesverbands mit nachrichtendienstliehen Mitteln zu untersagen 27 ). 2. "Deutsche Volksunioncc (DVU) gegründet: 1987 ') Sitz: München Bundesvorsitzender: Dr. Gerhard FREY Mitglieder: 18.000 (1997 : 15.000) ") Publikationen: "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) , Auflage: 37.000 (geschätzt), wöchentlich; "Deutsche Wochen-Zeitung/ Deutscher Anzeiger" (DWZ/DA), Auflage: 20.000 (geschätzt), wöchentlich ") DVU e. V. 197 1 als Verein gegründet, 1987 als Partei konstituiert, 19871991 *DVU-Liste D" "') Dr. Frey nennt höhere Zahlen 2.1 Zielsetzung Die "Deutsche Volksunion<< (DVU) wurde wieder mitgliederstärkste Partei im rechtsextremistischen Spektrum . Dominiert wird sie von ihrem Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY, der zudem mit der "Deutschen National-Zeitung<< (DNZ) und IIDIKSUNION der "Deutschen Wochen-Zeitung/ Deutscher Anzeiger<< (DWZ/DA) die auflagenstärksten rechtsextremistischen Publikationen in Deutschland herausgibt 28 ). Die Zeitungen gelten - wegen der uneinge- 48 Rechtsextremistische Bestrebungen schränkt beherrschenden Stellung FREYs in der DVU 29l - als die Presseorgane der Partei und spiegeln deren programmatische Linie wider. Die Zeitungen verfahren nach dem Muster, tagespolitische Ereignisse agitatorisch zu verzerren und für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren . So prangern die Redakteure bei ihren Angriffen gegen die Europäische Union z. B. die ** betrügerische Währungsunion " 30l an und verbreiten, Deutschland sei angeblich in die Euro-Falle gelockt worden 31 l bzw. werde als Melkkuh 32 l der Europäischen Union ausgenutzt. Die Argumentation fußt auf der von Rechtsextremisten propagierten Auffassung, Deutschland werde von den Siegerstaaten des Zweiten Weltkriegs auch heute noch beherrscht und - nunmehr in Gestalt der Europäischen Einigung - seiner nationalen Souveränitätsrechte beraubt und wirtschaftlich geschwächt. So verknüpft die DNZ beispielsweise die Aspekte Europapolitik und Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs , wenn sie unter der Überschrift "Wird Deutschland zu Tode gemolken?" 33l über geplante Wiedergutmachungsleistungen an ehemalige Zwangsarbeiter schreibt. FremdenDas fremdenfeindliche Gedanfeindlichkeit kengut der DVU zeigt sich in der schablonenhaften Berichterstattung über Ausländer und Ausländerkriminalität Aggressive Schlagzeilen, z. B. "Ausländer: Bleiberecht für jeden? -Was sich Kriminelle erlauben können " 34l oder tendenziöse Berichte über "kriminelle Ausländerbanden" im "Ansturm auf Deutschland<< 35l stempeln die in Deutschland lebenden Ausländer pauschal zu Kriminellen. Beim Thema Asylund Ausländerpolitik benutzt die DVU ein weiteres Stereotyp: die angeblich drohende "Umvolkung'' der Deutschen. Sie appelliert damit an Abwehrinstinkte, vor allem durch reißerische Überschriften , wie z. B. "So wird Deutschland überfremdet - Vor Masseneinwanderung aus dem Osten<<36l und "Minderheit im eigenen Land? - Was den Deutschen droht'' 37l. Antisemitismus Im Kontext ihrer generellen Fremdenfeindlichkeit vertritt die DVU einen unterschwelligen - und für Rechtsextremisten typischen - Antisemitismus. ln einer dichten Abfolge von Schlagzeilen und Artikeln ver- Rechtsextremistische Bestrebungen 49 breiten DNZ und DWZ/DA mit subtilen Methoden ihre Botschaft. Danach werde das deutsche Volk besonders durch die Juden daran gehindert, einen Schlußstrich unter die deutsche Vergangenheit zu ziehen und ein gleichberechtigtes Mitglied in der Völkergemeinschaft zu werden. Die Berichterstattung befaßt sich mit Personen jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung in Politik, Wirtschaft und Medien, mit dem Jüdischen Weltkongreß, kritisiert deutsche Wiedergutmachungsleistungen und kommentiert polemisch die Politik Israels. Dabei verbirgt sich die herabsetzende Kritik am Judentum meist zwischen den Zeilen , doch schon die Fülle der einschlägigen Artikel soll dem Leser einen vermeintlich bedrohlichen Einfluß von angeblich antideutsch eingestellten Juden vor Augen führen . So wird z. B. vor einem ** Massenzuzug von Juden aus dem Osten** und den "wahren Folgen für Deutschland** 381 gewarnt. Zahlreiche Artikel betreiben eine antisemitische Stimmungsmache gegen Repräsentanten jüdischer Institutionen, so z. B. gegen den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des "Zentralrats der Juden in Deutschland** , lgnatz Bubis und Michel Friedman. Bubis finde keine Worte des Mitfühlens mit dem unendlichen Leid der Millionen umgebrachten Deutschen 391; er lehre die Deutschen unentwegt eine höhere Moral, nicht enden wollende Kollektiwerantwortung und die Vorzüge der multikulturellen Gesellschaft 401. Ein Schwerpunkt der DNZ und DWZ/DA liegt bei der Ausdeutung der nationalsozialistischen Vergangenheit. So wurde die Errichtung von Holocaust-Mahnmalen in beiden Deutschland - Paradies für Kriminelle? Publikationen wiederholt scharf So schutzlos sind die Bürger - - - National+!~:.~uno ~~ ---., Der-Holocaud-Maurbdi abgelehnt. Die Gedenkstätten seien Symbole einer angeblich einseitigen Vergangenheitsbewälti - gung, die durch die Manifestierung deutscher Schuld dem tatsächli - chen Geschichtsverlauf nicht gerecht würden. Mit Schlagzeilen wie "Holocaust-Mahnmal - ein 'Wahn' - Mal? - Schuldkomplex kennt keine Grenzen** 41 1 hält die DVU den demokratischen Politikern vor, sie versuchten durch die Errichtung der Mahnmale, dem deutschen Volk auf alle Zeit eine Kollektiwerantwortung aufzubürden. 50 Rechtsextremistische Bestrebungen Relativierung des Die Dokumentationen über das Ausmaß des Holocaust werden mit Holocaust Fälschungsvorwürfen und historisch längst widerlegten Sachverhalten vermengt. Die Zahlen über die Höhe der Opfer werden angezweifelt. Die Beiträge stellen damit die Glaubwürdigkeit der historischen Berichte grundlegend in Frage und relativieren auf diese Weise - trotz aller gegenteiliger Beteuerungen und in strafrechtlich nicht faßbarer Weise - die gesamte Judenverfolgung . So wird behauptet , daß kritische Meinungen zu dem historischen Geschehen deutscher Massenmorde an Juden und anderen NS-Verbrechen kriminalisiert würden . Im Zusammenhang mit der Zahl der Opfer nationalsozialistischer Verbrechen wird erklärt: **Der (... ) Auschwitz-Experte (.. .) beziffert die Zahl der in Auschwitz zu Tode gekommenen Juden auf 400.000. Diese ungeheure Ziffer ausgelöschter Leben ist im Grunde für jedes menschliche Herz unvorstellbar. Dieser heutige Stand der Forschung ist so entsetzlich, daß man sich fragen muß, was sich jene gedacht haben mögen, die ihre ursprünglichen Phantasiezahlen von 8 Millionen , später von 6, dann 5, 4, 3, 2, 1 ,5, 1 Million in Auschwitz umgekommener Juden als letzte Wahrheiten vorstellten . Hätte damals a schon das heutige Gesinnungsstrafrecht Ia Kohl Geltung besessen, wer kann sagen, ob es dann Historiker überhaupt gewagt hätten, weiterzuforschen ." (DNZ Nr. 6/ 1998, S. 3) Agitation gegen Die DVU diffamiert den demokratischen Rechtsstaat und seine das Repräsentanten, um deren Ansehen zu schmälern und zugleich das Demokratieprinzip Vertrauen in die Werteordnung des Grundgesetzes zu erschüttern . Sie erhebt zudem den Vorwurf, demokratische Politiker beharrten aus machtpolitischen Gründen auf der Kollektivschuld der Deutschen : Mit diesem Herrschaftsinstrument wol lten sie das Volk demoralisieren, es leichter regierbar machen und so ihre eigene Macht sichern. Mit dieser Agitation verfolgt die DVU indirekt die Absicht , die Demokratie zu diskreditieren: "Mit seinem Kanzler-Wort hat sich Kohl an die Spitze jener Dauerankläger gestellt, die davon besessen sind , die sog. Erlebnisgeneration der Zeit von 1933 bis 1945 in Kollektivhaftung zu nehmen, ihnen Kollektiw erantwortung für NS-Verbrechen aufzuhalsen und auch lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geborenen Deutschen sowie von kommenden Generationen unseres Volkes zu verlangen , daß sie sich ewig wegen Hitler schämen , daß sie sühnen , büßen und zahlen sollen. " (DWZ/DA Nr. 15/ 1998, S. 6) Rechtsextremistische Bestrebungen 51 2.2 Organisation und Entwicklung Seit der im März vollzogenen Trennung der Landesverbände Berlin Organisations* und Brandenburg verfügt die DVU wieder über 16 Landesverbände. struktur Auf den Vorwurf einer schlechten Organisationsstruktur reagierte die Partei mit der Gründung zahlreicher Kreisverbände. Nach dem Erfolg bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 26. April erfuhr die Partei einen enormen Mitgliederzuwachs; die Gesamtzahl wird auf rund 18.000 geschätzt. Mitgliederstärkste Landesverbände sind Baden-Württemberg , Hessen , Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Die DVU konzentrierte sich ganz auf die Landtagswahlen in SachsenAnhalt und Mecklenburg-Vorpommern sowie auf die BundestagswahL Rund 3.000 Personen kamen am 26. September zur jährlichen Großkundgebung in die Passauer Nibelungenhalle, die als Schlußveranstaltung des DVU-Bundestagswahlkampfs diesmal das Motto trug: **Deutschland: Jetzt kommt die DVU! << Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 26. April erhielt die DVU Teilnahme an 12,9% der Stimmen (1994 keine Wahlteilnahme) und zog mit 16 Wahlen Abgeordneten in den Landtag ein . Damit ist zum ersten Mal eine rechtsextremistische Partei in einem Parlament der neuen Länder ver - treten . Der Wahlkampf wurde von der DVU mit großem Kapitaleinsatz geführt, insbesondere wurden breit angelegte Plakatierungen und Postwurfsendungen - vor allem an jüngere Wähler - eingesetzt mit Werbeslogans wie "Deutsches Geld für deutsche Arbeitsplätze <<, "Kriminelle Ausländer raus! ''* "Diesmal Protest wählen! '' * "Ausbil - dungsplätze schaffen!Politiker-Gehälter kürzen! << . Die DVU konnte viele Protestund Jungwähler mobilisieren . Nach einer repräsentativen Wahlstatistik des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt erreichte sie bei den 18bis 25jährigen Wählern mit einem Stimmenanteil von 25,4% das beste Ergebnis von allen kandidierenden Parteien. Die Wahlkampfstrategie aus SachsenAnhalt setzte die DVU auch bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 27 . September ein . Sie erzielte jedoch nur 2,9% der Stimmen (1994 keine Wahlteilnahme) und blieb mit diesem für die Partei enttäuschenden Ergebnis weit hinter ihren Erwartungen zurück. Bei der Bundestagswahl am 27 . September erlitt die DVU ebenfalls eine herbe Niederlage. Obwohl sie einige ehemalige führende Funktionäre der Partei "Die 52 Rechtsextremistische Bestrebungen Republikaner" (REP) wie den parteilosen früheren Bundesvorsitzenden der REP Franz SCHÖNHUBER als Spitzenkandidaten in Bayern oder den ehemaligen stellvertretenden REP-Bundesvorsitzenden Dr. Rudolf KRAUSE als Spitzenkandidaten in Sachsen aufgestellt hatte, errang sie nur 1 ,2% der Stimmen (1994 keine Wahlteilnahme) . Den Hauptgrund für den Mißerfolg bei den beiden Wahlen sah die DVU in der .. suggerierung eines angeblichen Kopf-an-KopfRennens" des amtierenden Bundeskanzlers und des Kanzlerkandidaten. Dies habe dazu geführt, daß eigentlich nach rechts tendierende Wähler massenweise den Kanzlerkandidaten als vermeintlich kleinerem Übel den Vorzug gegeben hätten 42 ). Als Reaktion auf die ernüchternden Wahlergebnisse wiederholte FREY sein Gesprächsangebot an SCHLIERER 43). Mitte November kam es zu einem Treffen zwischen den beiden Parteivorsitzenden mit strategischen Absprachen über die abwechselnde Beteiligung von DVU und REP bei der Landtagswahl in Hessen am 7. Februar und der Wahl zur Bremer Bürgerschaft im Juni 1999 (vgl. Nr. 1.2). Bereits nachdem die DVU im September 1997 bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft 4,98% der Stimmen erzielt und somit nur knapp den Einzug in die Bürgerschaft verfehlt hatte, waren bei der DVU Bündnisüberlegungen angestellt worden. Initiativen , einen Konsens für Wahlbündnisse oder -absprachen mit den REP und der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) zu erzielen, scheiterten bis dahin am absoluten Führungsanspruch FREYs und an dem insbesondere von SCHLIERER vertretenen Abgrenzungskurs der REP gegenüber rechtsextremistischen Organisationen. SCHÖN - HUBER wertete das Ergebnis von DVU , REP und NPD bei der Bundestagswahl als letztes Warnsignal für die "rechten " Parteien. Die Parteivorsitzenden müßten - im Hinblick auf die Europawahlen 1999 - die Lehren daraus ziehen und die Parteienkonkurrenz aufgeben. 3. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) gegründet: 1964 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: UdoVOIGT Mitglieder: 6.000 (1997: 4.300) Publikation: **Deutsche Stimme", Auflage: 8.000, monatlich 44) Unterorganisationen: **Junge Nationaldemokraten" (JN), ** Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB) Rechtsextremistische Bestrebungen 53 3 .1 Zielsetzung Die ** Nationaldemokratische Partei DeutschGegen die beste- ! Arbeit lands" (NPD) versteht sich als die nationale hende freiheitliche CU für Millionen Grundordnung Weltanschauungspartei, deren Handeln ein a statt Profite für Bekenntnis zum ** Lebensrichtigen MenMllllonärel schenbild" zugrunde liege. Sie sieht sich als "= fi Volksuemelnschan "grundsätzliche Alternative zum gegenwär- I Kiiii tigen Parteienspektrum ", bekennt sich zu einem **deutschen Sozialismus" und ist angetreten zur **Schaffung einer neuen Ordnung<< als der "Alternative zum liberal:=.ote Nationaltinkapitalistischen System des BRD-Deutschlands der Westalliierten<< 451. Sie fordert den erneuten "Aufbau des deutschen Reiches,, 461, dessen Anspruch das Parteiorgan ** Deutsche Stimme<< so beschreibt: "Das neue Reich wird das Chaos , das die 'multikulturelle Gesellschaft' anrichtet, die in Wahrheit eine multirassische Gesellschaft ohne Kultur ist, ablösen und an seine Stelle die völkische Ordnung setzen . (.. .) Das neue Reich wird gemeinsam mit seinen Nachbarvölkern die 'Festung Europa' errichten und den Ansturm der Barbaren der Neuzeit abwehren - auch hier wiederholt sich die Geschichte!<< (**Deutsche Stimme" Nr. 7/98, S. 12) Die **neue Ordnung << kann nach diesen Formulierungen nur eine Leugnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sein , denn sie sind Bekenntnisse zu Nationalismus und Rassismus und verneinen damit den Grundsatz der Gleichberechtigung aller Menschen. Um die neue politische Ordnung zu verwirklichen, will die NPD den **vorhandenen sozial-revolutionären Geist<> Deutsche Zukunft<<59), die "Legende des Holocaust<< werde durch philosemitische Demutshaltungen am Leben gehalten. ln einer weiteren Ausgabe 60l der Rechtsextremistische Bestrebungen 57 Publikation beruft sich ein anderer Autor auf das vermeintlich wissenschaftliche "Leuchter-Gutachten" 6 1l, nach dem sich angeblich das Gift Zyklon B nicht zur industriellen Tötung von Menschen eigne. FR ENZ bezeichnet Adolf Hitler als "Jahrtausendgestalt der Geschichte" , dessen Dämonie und Format der eines Alexander, Cäsar und Napoleon gleichkomme. Die Idee des Nationalsozialismus sei es gewesen, Klassenunterschiede im Volk zu überwinden und den herrschenden Klassenkampf zu beenden 62 l. Darüber hinaus erklärt er: 63l "Das neue Jahrhundert wird mit einer 50-jährigen Zeitverschiebung den Nationalsozialisten recht geben und die jüdische Vorherrschaft in Politik und Geldwirtschaft beenden . (.. .) Wir Deutschen werden die Speerspitze Europas gegen den Machtanspruch der Asiaten und Orientalen sein , die unseren Kontinent bedrohen. " Die NPD agitiert gegen das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, Agitation gegen indem sie die Wiederbegründung der parlamentarischen Demokratie das Demokratieprinzip in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 unter dem Einfluß der Alliierten als aufgezwungen und illegitim brandmarkt ("UmerziehungsAgitation<<) und die Institutionen und Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie pauschal in polemischer, diffam ierender und verunglimpfender Weise angreift. Dies dient dem Ziel, das parlamentarische System insgesamt als illegitim, unfähig und korrupt und gegen die Interessen des Volkes handelnd hinzustellen und den demokratischen Rechtsstaat als Ganzes anzuzweifeln, um ihn letztlich abzuschaffen und du rch ein anderes System zu ersetzen . Die Partei diffamiert Deutschland als >>Siegerlizenzrepublik<< 64 l, die keine souveränen deutschen Interessen zu vertreten gedenke, und spricht von der >>jüdisch-amerikanischen Protektoratsregierung in Deutschland << 65l. Im Mitteilungsblatt des Landesverbands Nordrhein-Westfalen >>Deutsche Zukunft<< werden Abgeordnete als Berufsgruppe bezeichnet, die besonders anfällig für Korruption, Vetternwirtschaft, Unterschlagungen, Hochund Vaterlandsverrat und weitere kriminelle Delikte sei 66l. ln einem Aufruf der NPD/JN zur Demonstration am 1. Mai in Leipzig unter dem Motto >>Wir schaffen Arbeit - Bonn schafft nichts!<< 67l heißt es: >>Die Politik des gesamten Banner Systems ist längst nicht mehr tragbar. Es ist völlig gleichgültig, ob die CDU/ CSU und die FDP oder aber SPD und Grüne regieren - Das Ergebnis ist immer das gleiche, weil auch die Motive die gleichen sind: Fette Posten , fette Diäten und Gehälter. (... ) Systempolitiker und Gewerkschafter sind heute nur noch Handlanger des Großkapitals. Das Volk ist dabei nur noch Mittel zum Zweck.<< 58 Rechtsextremistische Bestrebungen "Volksbezogener Oie NPO stellt unverändert Wirtschaftsund sozialpolitische Themen Sozialismus" - versehen mit rechtsextremistischen Erklärungsund Lösungsmustern - in den Mittelpunkt ihrer Agitation. ln diesem Zusammenhang fordert sie einen deutschen "Volksbezogenen" Sozialismus. Oie "Deutsche Stimme" 68l erhebt die Frage eines gerechten Wirtschaftssystems zum Dreh - und Angelpunkt nationaler Politik. Das internationale Großkapital sei im Zuge des freien Welthandels und der Globalisierung auf dem besten Wege, unter Einebnung der national - staatlichen Strukturen und Auflösung der Völker die Weltherrschaft zu Nur so können in Deutschland Millionen von NurArbeitsplSStzen geschaffen werde. so wird es in Deutschland wieder . ~'D eine nationale So/idargemeinschaft und soziale Gerechtigkeit geben/ Sodafismusistmachbar: ..............DmNaUonamn erlangen. Oiesem menschenverachtenden ungebändigten Kapitalismus nach US-amerikanischer Art müßten deutsche Nationalisten zum Wohle des eigenen Volkes den deutschen Sozialismus entgegensetzen . Nur der volksbezogene Sozialismus sei imstande, die Freiheit des einzelnen zu gewährleisten. VOIGT bekräftigte, die NPO müsse auf die immer stärker werdenden gesellschaftlichen und sozialen Auseinandersetzungen nicht nur reagieren , sondern aktiv eine nationalistische Wirtschaftsund Sozialpolitik betreiben . Dabei dürfe sie auch nicht davor zurückschrecken, positivesozialpolitische - Aspekte der untergegangenen DDR aufzugreifen. Die Partei müsse, gerade in Mitteldeutschland, klarmachen , daß sie die faktische Nachfolge der Kommunisten in der Vertretung sozialer Lebensinteressen des deutschen Volkes angetreten habe 69l. Oie NPO, die gegenwärtig den größten Mitgliederzuwachs in den neuen Ländern erfährt, rechnet damit, in den nächsten Jahren eine von den "mitteldeutschen Mitgliedern dominierte Kampfgemeinschaft" 70l zu werden. Sie thematisiert dabei verstärkt die sozialistische Komponente, die sie mit dem Begriff der "Volksgemeinschaft,, verbindet. Auf diese Weise gelang es ihr, an - noch aus DDR-Zeiten bestehendeantikapitalistische Ressentiments anzuknüpfen und sie im rechtsextremistischen Sinne umzudeuten 71 l. "Solidarität der Das Bundesvorstandsmitglied Per Lennart AAE erklärte im ParteiVölker" organ "Deutsche Stimme<< 72 l, der völkische Gedanke sei nicht auf Rechtsextremistische Bestrebungen 59 ein einzelnes Volk beschränkt, sondern stehe als Prinzip höher als jede Staatsform oder politische Ideologie (**Völkisches Primat<<). Hieraus folge, daß jedes Land , das gegen Machtansprüche und Übergriffe des von der Hochfinanz bestimmten Gängelungsund Repressionskartellsetwa des Internationalen Währungsfonds oder der NATO - seine Unabhängigkeit und Würde verteidige, die Unterstützung aller national orientierten politischen Bewegungen der Weit verdiene (**Solidarität der Völker<<) . Zu den Staaten, die heute dem Druck der sogenannten internationalen Gemeinschaft ausgesetzt seien, zählt ME insbesondere China, Nordkorea, Kuba und den Irak. Für die NPD sind die Nordkoreaner "national gesinnte Leute<<, die einen **berechtigten Kampf gegen den Imperialismus der Vereinigten Staaten von Amerika<< führen 73l . Nach Angaben der **Deutschen Stimme<< 74l folgte eine Delegation des NPD-Parteivorstands und des NPD-Landesverbandes Sachsen am 30. Juli der Einladung des Botschafters der **Demokratischen Volksrepublik Korea<< in die diplomatische Vertretung des Landes in Berlin. Dabei hätten die NPDVertreter eine Note überbracht, in der die **Solidarität im antiimperialistischen Kampf<< ausgedrückt worden sei. 3.2 Organisation und Entwicklung Der Aufwärtstrend der NPD hielt auch 1998 an. Er geht vor allem auf die Bereitschaft von NPD und JN zurück, mit Neonazis zu kooperieren. Auf diese Weise gewann die Partei insbesondere in den neuen Ländern zahlreiche, überwiegend jüngere Mitglieder hinzu. Mit Abstand stärkster Landesverband ist Sachsen (rund 1.400 Mitglieder), gefolgt von Bayern (rund 800 Mitglieder) und NordrheinWestfalen (über 600 Mitglieder). Für VOIGT, der auf dem Bundesparteitag am 10./11. Januar in Stavenhagen (Mecklenburg-Vorpommern) mit rund 85% der Stimmen in seinem Amt bestätigt wurde 75l, sind Neonazis unverän - dert fester Baustein seiner Bündnispolitik; die themenund aktionsbezogene Zusammenarbeit mit ihnen genießt deshalb weiterhin Priorität. Dieser programmatischen Ausrichtung der Partei entspricht auch die Wahl der Neonazis Steffen HUPKA, Jens PÜHSE und des ehemaligen Vorsitzenden des inzwischen aufgelösten neonazistischen Vereins ** Die Nationalen e. V.<< Frank SCHWERDT in den Bundesvorstand. Damit haben sich erstmals führende Neonazis in der Parteispitze etabliert. Die öffentlichkeitswirksamsten Erfolge ihrer Bündnispolitik erzielte die NPD/JN mit Veranstaltungen am 7. Februar in Passau (rund 4.000 Teilnehmer), am 1. Mai in Leipzig (4.000 - 5.000 Teilnehmer) und zuletzt am 19. September in Rostock (rund 60 Rechtsextremistische Bestrebungen 3.000 Teilnehmer), wo mit Christian WORCH erstmals einem führenden Neonazi ein Rederecht eingeräumt wurde. Die hohen Teilnehmerzahlen aus dem Neonazi - und Skinheadlager zeigen auch, daß die früheren Neonazis in NPD/ JN als Multiplikatoren fungieren, um die Partei aus diesen Lagern, z. B. aus den freien **Kameradschaften", zu verstärken. Dadurch verstärken sie gleichzeitig den neonazistischenEinfluß in NPD/JN. Innerparteilich rührte sich aber auch Kritik an einer zu engen Zusammenarbeit mit den Neonazis, da diese in der Bevölkerung nur Ängste erzeugten und potentielle NPD-Wähler abschreckten. Diese Überlegungen führten wohlletztlich zum Fernbleiben der NPDFührungsspitze bei der vermutlich eigenmächtig vom Banner Kreisvorsitzenden angemeldeten - von Neonazis und Skinheads dominierten - Demonstration gegen die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" am 24. Oktober in Bonn. Unter den 1.000 Teilnehmern bildeten NPD/ JN -Mitglieder die Minderheit. Teilnahme an Bei Wahlen blieb die NPD weiterhin bedeutungslos. Bei der LandWahlen tagswahl in Bayern am 13. September erzielte sie lediglich 0,2% der Stimmen (1994: 0,1 %). Ein Achtungserfolg gelang ihr bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 27. September mit 1,1 % der Stimmen (1994: 0,1 %). Bei der Bundestagswahl am selben Tage erhielt sie 0,3% der Stimmen (1994 keine Wahlteilnahme). Im Wahlkreis Stralsund -Rügen-Grimmen hatte die Partei den als Rechtsterrorist verurteilten Neonazi Manfred ROEDER als Direktkandidaten aufgestellt. Er erreichte 2,1% der Stimmen. Bei den Kommunalwahlen am 27. September in Brandenburg, zu denen die NPD erstmals - punktuell - angetreten war, erhielt die Partei drei Stadtverordnetenmandate. Mit Wahlkampfslogans wie: "Wir sind die echte Opposition", "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche!" und "Wir wählen den WiderstandUnser Kampf ist national! " hatte die NPD für sich mobilisiert. Das schlechte Abschneiden der Partei bei den Wahlen dürfte die innerparteiliche Position gestärkt haben , die der NPD als Wahlpartei keine Priorität einräumt und sie eher als außerparlamentarische Opposition sieht, die eine Zusammenarbeit mit dem Neonazi-Lager bevorzugt. Schon im Juni hatte VOIGT erklärt, erst wenn seine Partei den Kampf um die Straße endgültig für sich entschieden habe, könne der Kampf um die Parlamente mit Erfolg geführt werden 761. Rechtsextremistische Bestrebungen 61 3.3 "Junge Nationaldemokraten" (JN) gegründet: 1969 Bundesgeschäftsstelle: Dresden Bundesvorsitzender: Holger APFEL Mitglieder: 400 (1997 : 350) Publikationen: nur regional Als einzige rechtsextremistische Partei verfügt die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) über eine zahlenmäßig relevante und einflußreiche Jugendorganisation. Die "Jungen * * *....~ Nationaldemokraten" (JN) sind "integraler Bestandteil<< der NPD. Der JN-Bundesvorsitzende ist kraft seines Amtes zugleich Mitglied des NPD-Parteivorstands. Die JN bekennen sich in ihrer weltanschaulichen Grundlage, den 1998 überarbeiteten "Thesenpapieren << 77 l, zu einer "Neuen Volksgemeinschaft<<, in der die "Widersprüche und Unzulänglichkeiten des bestehenden politischen und wirtschaftlichen Systems<< überwunden werden. in dieser vollständig entwickelten nationalen Gemeinschaft seien Eliten (**Herrschaft der Besten, die die Herrschaft der Minderwertigen beendet") eine Notwendigkeit. Das von den JN angestrebte "Neue Reich<< müsse ein Staat mit einer unbedingten und starken Zentralgewalt sein, die den Bestand des Reiches und der deutschen Volksgemeinschaft sichere. Die JN sehen im Kaderprinzip 78 l das geeignetste Organisationsmodell in der jetzigen Phase des politischen Kampfes 79l. Ihre politische Arbeit wollen sie nicht allein an nationalstaatlichen, sondern an "nationaleuropäischen<< Interessen ausrichten. Auf dem Weg zu einer europäischen nationalistischen Einheitsfront gelte es, eine europäische Vernetzung aufzubauen 80l. Diesem Interesse galt auch die Teilnahme der JN am rechtsextremistischen "5 . Europäischen Kongreß der Jugend<< am 24. Oktober in Thessaloniki (Griechen land). Seit der Übernahme des Amtes des NPD-Parteivorsitzenden durch Udo VOIGT im März 1996 hat sich das früher häufig gespannte Verhältnis zwischen NPD und JN erheblich verbessert. Die JN haben sich zu einem Scharnier zwischen der NPD, Neonazis und anderen rechtsextremistischen Gruppierungen entwickelt und profitieren als Sammelbecken von den Verboten neonazistischer Vereine. Wie bei der NPD sind auch bei den JN einige Neonazis in führende Funktionen gelangt und verfügen über erheblichen Einfluß. So sind die Neonazis Steffen HUPKA, Jens PÜHSE und Sascha ROSSMÜLLER Bundesvorstandsmitglieder, letzterer ist sogar einer der drei stellvertretenden Bundesvorsitzenden. 62 Rechtsextremistische Bestrebungen Die Führungskader der JN verlagern zunehmend ihre Aktivitäten in den Bereich der NPD. Neben Holger APFEL, Steffen HUPKA und Jens PÜHSE gehören auch der stellvertretende JN-Bundesvorsitzende Jürgen DISTLER und das JN-Bundesvorstandsmitglied Klaus BEIER als Bundespressesprecher dem NPD-Bundesvorstand an. Sechs JN-Funktionäre sind Mitglieder der Redaktion des NPDParteiorgans "Deutsche Stimme" . Eigenständige JN-Aktivitäten waren demzufolge stark rückläufig und gingen in den Aktivitäten der NPD weitgehend auf. VI. Sonstige Organisationen 1. "Deutsche Liga für Volk und Heimatcc (DLVH) gegründet: 1991 Sitz: Coburg Vorsitzende: Jürgen SCHÜTZINGER, lngo STAWITZ, Andre BEIERSDORF Mitglieder: 500 (1997: 700) Publikation: "Freiheit durch Wahrheit" Die seit Oktober 1996 ohne Parteistatus agierende "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) verfolgt vor allem das Ziel, **Deutschland als Land der Deutschen zu erhalten" und im "Nationalstaat das bewährte Ordnungsprinzip der Völkergemeinschaft" zu verwirklichen. Dazu ver- Rechtsextremistische Bestrebungen 63 sucht sie als "breite Bewegung des demokratischen PatriotismuS<<, "Gleichgesinnte über Parteiund Vereinsgrenzen hinweg zusammenzubringen und deren Kräfte zu bündeln<< 81 l. Dies konnte die DLVH allerdings nicht realisieren. Im Gegenteil: Die Personalstärke und das Interesse der Mitglieder an Veranstaltungen und Aktionen schwanden zusehends; Pläne, die eigene Basis in den neuen Ländern auszubauen, scheiterten . Auch hatte die Wahl zweier DLVH -Bundesvorstandsmitglieder in den Vorstand der rechtsextremistischen "Gesellschaft für Freie Publizistik e. V. << (GFP) (vgl. Nr. 2) keine effizientere Kooperation der beiden Organisationen zur Folge. Einfluß besitzt die DLVH dagegen weiterhin im publizistischen Sektor. Ausschlaggebend ist hierfür ihre Nähe zu zwei führenden rechtsextremistischen Publikationen ("Nation & Europa - Deutsche Monatshefte<< und "Signal<< , vgl. Kap. X, Nr. 2), deren Redaktionen mit der DLVH personell verflochten sind . Bis auf die Vierteljahresschritt "Freiheit durch Wahrheit << erschienen keine DLVH-eigenen Periodika mehr. 2. "Gesellschaft für Freie Publizistik e. V.cc (GFP) gegründet: 1960 Sitz: München Bundesvorsitzender: Dr. Ralf KOSIEK Mitglieder: 450 (1997: 450) Publikation: "Das Freie Forum<< , Auflage: 1.500, vierteljährlich Die "Gesellschaft für Freie Publizistik e. V. << (G FP), der u. a. Redakteure , Schrittsteller und Buchhändler angehören , ist die mitgliederstärkste rechtsextremistische "Kulturvereinigung << . Sie pflegt enge Kontakte zu verschiedenen rechtsextremistischen Organisationen und Verlagen. An ihrer Spitze steht der frühere NPD-"Chefideologe<< Dr. Ralf KOSIEK. Die GFP verfolgt das Ziel , sich für dieangeblich eingeschränkte - Presseund Meinungsfreiheit einzusetzen 82l und die Richtigstellung von vermeintlich verzerrenden Darstellungen der Zeitgeschichte zu erzwingen 83l. Unter dem Motto **Mut zur Freiheit - 1848 - 1998: 150 Jahre Kampf um Selbstbestimmung und Einheit<< versammelten sich vom 24. bis 26. April in Gera (Thüringen) etwa 300 Teilnehmer zum jährlichen GFP-Kongreß. Referenten, zu denen auch Funktionäre anderer rechtsextremistischer Organisationen gehörten, beklagten u. a. eine strafrechtliche Verfolgung politisch Andersdenkender 84l . KOSIEK behauptete, der "Orweii<< -Staat sei nahezu erreicht, in dem hinter den Kulissen nur 64 Rechtsextremistische Bestrebungen wenige bestimmten, was geglaubt und gemeint werden solle. So wisse der normale Bürger nicht, daß er in dem scheinbar so freien Staat in mancher Hinsicht fast wie in einer Diktatur lebe 851. 3. "Heide-Heim e. V.cc I "Heideheim e. V.cc Die 1984 gegründeten und von dem Hamburger Rechtsanwalt Jürgen RIEGER geleiteten Vereine "Heide-Heime. V. " (Hamburg) und "Heideheim e. V. " (Buchholz/Niedersachsen) wurden am 11 . Februar durch das Niedersächsische Innenministerium verboten. Bis dahin organisierten sie maßgeblich die seit 1991 stattfindenden "Hetendorfer Tagungswochen". Die Treffen , an denen bekannte Rechtsextremisten aus unterschiedlichen Gruppierungen teilnahmen, verbanden rechtsextremistische Politikinhalte mit pseudogermanischen Riten und sollten auf diese Weise das Gemeinschaftsgefühl zwischen den verschiedenen Gruppen fördern. Mit dem Verbot wurde zugleich das Vermögen beider Vereine - darunter das Anwesen in Hetendorf, das früher auch Neonazigruppen als Anlaufstelle diente - beschlagnahmt. Zwei Verfassungsbeschwerden , die RIEGER im Namen der verbotenen Vereine erhob , wies das Bundesverfassungsgericht als unzulässig zurück und verwies ihn auf den Verwaltungsrechtsweg. Diese Verfahren sind noch nicht abgeschlossen . Anstelle der "Hetendorfer Tagungswoche" veranstalteten RIEGER sowie die ebenfalls von ihm gelenkten rechtsextremistischen Organisationen "Nordischer Ring e. V.<< (NR) und "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e. V. << (GfbAEV) vom 16. bis 21 . Juni die "1. Mitteldeutschen Vortragstage'' in Ostritz (Sachsen). Die Teilnehmerzahl blieb mit rund 70 weit hinter den Teilnehmerzahlen von Hetendorfzuletzt 200 - zurück. VII . lntellektualisierungsbemühungen im Rechtsextremismus Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht artikuliert sich rechtsextremistische Ideologie nicht allein in dumpfen und populistischen Parolen. Sie findet zumindest dort eine formal anspruchsvollere Artikulation , wo rechtsextremistische Intellektuelle ihre Positionen in die politische Diskussion einzubringen suchen . Dabei orientieren sie sich ideologisch insbesondere an antidemokratischen Strömungen der Weimarer Republik; so etwa an den **Jungkonservativen'' und deren Vorstellungen von einem starken Staat oder auch an den **Nationalrevolutionären<< , die eine kollektivistische, völkische Gemeinschaft anstrebten . Den ideologischen Ausgangspunkt der Weimarer Antidemokraten hatte die französische intellektuelle **Neue Rechte<< in den siebziger Jahren entdeckt und weiterentwickelt. Nun versuchen auch deutsche Rechtsextremisten, in einer Art Re-Import an die Rechtsextremistische Bestrebungen 65 rechtsextremistisch -intellektuelle Entwicklung im Nachbarland anzuknüpfen und die kulturelle Sphäre als Ort politischer Konfrontation zu besetzen. Mittels einer "Kulturrevolution von rechts<< - also über Diffamierung oder Umdeutung demokratischer Wertvorstellungen - soll die geistige Meinungsführerschaft errungen und letztlich der politische Systemwandel vollzogen werden. Die Vertreter dieser Bestrebungen waren bislang allerdings wenig erfolgreich; denn der Anschluß an das französische Vorbild gelang weder im Hinblick auf ideologische Ausdifferenzierung noch hinsichtlich der organisatorischen Festigung. Erst recht erzielten sie keine Wirkung auf die politi"Neue Rechtecc sche Öffentlichkeit. Meist handelt es sich bei den rechtsextremistiohne schen Intellektuellen um einzelne Autoren , die in den verschiedenen Breitenwirkung Publ ikationsorganen schreiben, in persönlichem Kontakt untereinander stehen, aber weder eine einheitliche Ideologie noch eine verbindliche Strategie besitzen . Ausnahmen hierzu bilden drei kleinere Personenzusammenschlüsse: Dazu gehört das "Thule-Seminar<< , das allerdings nach einer Aufbauphase in der ersten Hälfte der achtziger Jahre keine kontinuierliche Wirkung mehr entfalten konnte. So gelang es ihm erst 1998 wieder, eine Ausgabe seiner Zeitschrift "Elemente der Metapolitik zur europäischen Neugeburt<< zu veröffentlichen. Die letzte Ausgabe ist 1990 erschienen. Ein weiterer - bereits seit 1972 - bestehender rechtsextremistischer Intellektuellenzirkel ist die nationalrevolutionär ausgerichtete ** Deutsch-Europäische Studien-Gesellschaft<< (DESG), die monatlich das kleine Mitteilungsblättchen "DESG-inform<< und unregelmäßig die Theoriezeitschrift "Junges Forum << publiziert. Die DESG arbeitet seit 1997 eng zusammen mit "Synergon Deutschland", der deutschen Sektion der europaweit agierenden, ebenfalls nationalrevolutionär ausgerichteten "Europäischen Synergien<<. Bei deren jährlichen "Sommeruniversitäten<< sind indessen die deutschen Vertreter sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Referenten stark unterrepräsentiert, was sowohl für qualitative als auch quantitative Defizite der deutschen Sektion spricht. DESG und "Europäische Synergien<< stehen für eine Renaissance der nationalrevolutionären Ideologie im Rechtsextremismus . NationalIdeologiefragmente der politischen Linken werden formal aufgegrifrevolutionäre Ideologie fen und mit ethnischen und völkisch-kollektivistischen Vorstellungen verbunden . So werden sozialpolitische Problembereiche wie Arbeitslosigkeit, Globalisierung und Sozialkrisen nicht mehr nur im Kontext fremdenfeindlicher Agitation aufgegriffen, sondern erhalten einen eigenständigen Stellenwert. ln diesem Sinne fordert etwa auch der der "Neuen Rechten << zuzurechnende frühere Bundesvorsitzende des "Nationaldemokratischen Hochschulbundes<< (N HB) Thor von WALDSTEIN in der Zeitschrift "Staatsbriefe<< 86l (vgl. Kap. X, Nr. 2) die politisch-strategische Vereinnahmung des 66 Rechtsextremistische Bestrebungen Antikapitalismus Antikapitalismus: Die Gretchen-Frage für die politische Rechte werde sein, ob es ihr gelinge, die Position des Antikapitalismus aus den Traditionsbeständen der beamteten APO-Opas herauszubrechen, um sie mit nationalen Inhalten aufzuladen. Entweder kämen endlich die linken Leute von rechts, oder es kämen keine Leute von rechts. Ebenso argumentiert auch der ehemalige Bundesvorsitzende der Partei "Die Republikaner" (REP) Franz SCHÖNHUBER in seinem Beitrag " Macht mir den linken Flügel stark!<< in der Zeitschrift "Opposition<< 87l (vgl. Kap. X, Nr. 2): Es gelte einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus einzuschlagen; keineswegs müsse man sich damit abfinden, daß es neben dem schaffenden auch ein raffendes Kapital gebe. Die Ursprünge solcher Überlegungen finden sich bei den - in SCHÖNHUBERs Beitrag auch ausdrücklich genannten -Anhängern des sogenannten linken Flügels der früheren "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei<< (NSDAP) Gottfried Feder, Gregor und Otto Strasser. Das vom Autor verwendete Schlagwort vom **raffenden und schaffenden Kapital << hatte der NSDAP-Wirtschaftstheoretiker Feder mit antisemitischen Vorzeichen geprägt. Im Parteienbereich hat die "National - demokratische Partei Deutschlands<< (NPD) das Thema Antikapitalismus aufgegriffen (vg l. Kap. V, Nr. 3.1 ). Neben den erwähnten deutschen Vertretern der Weimarer .. Jungkonservativen'' und "Nationalrevolutionäre<< übernehmen rechtsex - tremistische Intellektuelle auch das Gedankengut von Sympathisanten des italienischen Faschismus, wie etwa des elitären Kulturphilosophen Julius Evola (1898 - 1974). Anläßlich seines 100. Geburtstagsam 19. Mai ehrten verschiedene rechtsextremistische Publizisten und Verlage den italienischen Theoretiker 88l . Deutsche Übersetzungen von Evolas Werken sind bereits seit längerem auf dem Markt und werden u. a. vom "Arun-Verlag'' und vom "Hohenrain-Verlag << (vgl. Kap . X, Nr. 2) veröffentlicht. Die Schriften werden von den mei - sten rechtsextremistischen Vertriebsdiensten - z. B. im Buchdienst der Zeitschrift "Signal<< (vgl. Kap. X, Nr. 2) - und auch über das Internet angeboten. Rechtsextremistische Bestrebungen 67 Nicht alle rechtsextremistischen Intellektuellen formulieren die Verwischung der Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates ei ndeutig und Abgrenzung offen. Als Protagonisten einer im öffentlichen Meinungsspektrum kaum beachteten geistigen Strömung präsentieren einige von ihnen ihre Positionen taktisch gemäßigt und scheinbar verfassungskonform , indem sie die Grenze zwischen konservativen und extremistischen Vorstellungen verwischen. Daraus erklärt sich, daß Rechtsextremisten oftmals Gemeinsamkeiten mit demokratischen Konservativen in verschiedenen Themen hervorheben. Dies betrifft z. B. die Kritik an der Politik der europäischen Integration , die Ablehnung der sogenannten Wehrmachtsausstellung (vgl. Kap. V, Nr. I .I) oder die Vorbehalte gegen eine "multikulturelle Gesellschaft". Beleg für eine erfolgreiche Anwendung dieser Taktik sind verschiedene Sammelbände mit Beiträgen von konservativen und rechtsextremistischen Autoren. Beispiele dafür sind der im "Hohenrain -Verlag<< erschienene Band "Europa ja - aber was wird aus Deutschland? << und der im "ArndtVerlag<< erschienene Band **Wagnis WahrheitHistoriker in Handschellen<<. Hierdurch zeigt sich eine in ihrer Wirkung bedenkliche Erosion der Abgrenzung zwischen Demokraten und Extremisten. Zu ihr trägt auch die Berliner Wochenzeitung **J unge Freiheit<< bei. Dort erscheinen sowohl Texte von Demokraten als auch von inund ausländischen Rechtsextremisten . VIII. Revisionismus Zu den zentralen Themen rechtsextremistischer Agitation gehört die Unterschiedlich politisch motivierte Umdeutung der Vergangenheit, mit der das NSausgeprägte NSRelativierung Regime von seiner Schuld entlastet oder gänzlich freigesprochen werden soll, um die NS-Ideologie als Grundlage für eigene politische Ziele nutzen zu können. Diese als zeitgeschichtlicher Revisionismus zu bezeichnende Strategie bedient sich unterschiedlicher Aussagen und Methoden: Sie reichen von der Leugnung des Völkermords durch das NS-Regime oder der deutschen Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs über relativierende Vergleiche zwischen denNS-Verbrechen und den angeblichen oder tatsächlichen Verbrechen anderer Staatsordnungen bis hin zur Idealisierung des Dritten Reiches. Nach 68 Rechtsextremistische Bestrebungen zahlreichen Strafverfahren wegen des Leugnens der NS-Verbrechen formulieren revisionistische Autoren jedoch zunehmend vorsichtiger. Hinzu kommt, daß viele ihrer früheren Aussagen derart offenkundig der historischen Realität widersprachen, daß sie schon um der Glaubwürdigkeit der eigenen Positionen willen und mit Blick auf die erhoffte Breitenwirkung nicht weiter aufrechterhalten werden konnten. Kriegsschuldfrage Dies veranschaulicht etwa der Beitrag "*zurückgeschossen'? Zur Kriegsschuldfrage am Zweiten Weltkrieg nach Fakten , die seit jeher offen auf dem Tisch lagen" in der Zeitschrift "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" 89l (vgl. Kap. X, Nr. 2). Hier versucht der Autor nicht, Hitlers Ziele - also die Ausrottung des Bolschewismus und der Judenzu leugnen oder die Eroberung von "lebensraum im Osten** und die "Endabrechnung ** mit Frankreich abzustreiten . Gleichwohl betont er, der Zweite Weltkrieg sei von Polen provoziert worden, auch habe das NS-Regime einen Waffengang mit England nicht gewollt. Überdies hätten weder Umfang noch Zeitpunkt der militärischen Auseinandersetzung in Hitlers Kalkül gepaßt, er sei vielmehr ab einem gewissen Zeitpunkt ein von den Umständen Getriebener gewesen. Ähnlich einseitig argumentiert der in der rechtsextremistischen Publizistik als .. osteuropa-Experte" geltende Wolfgang STRAUSS in einem Beitrag der Zeitschrift " Europa vorn ** 90l (vgl. Kap. X, Nr. 2). Er betont unter dem bezeichnenden Titel **Sommer 1941 : 'Vern ichtungskrieg ' war ein Befreiungskrieg ** die anfängliche Sympathie, mit der Teile der sowjetischen Bevölkerung die einmarschierenden Truppen begrüßt hätten, und deutet im folgenden den deutschen Angriff als Feldzug gegen das totalitäre System des Stalinismus. Bewußt nutzt STRAUSS die These vom "Befreiungskrieg**, um die historisch erwiesene Konzeption und Praxis des deutschen Eroberungs- , Unterdrückungsund Vernichtungskriegs zurückzuweisen. Belege hierfür bezeichnet er pauschal als deutschfeindlichen Mythos. Revisionistische Publizisten greifen auch häufig die öffentliche Diskussion über zeitgeschichtliche Themen auf, um diese durch argumentative Verzerrungen in ihrem Sinne zu interpretieren. Ein typisches "Schwarzbuch Beispiel hierzu bietet die Auseinandersetzung über das "Schwarzbuch Kommunismus" Kommunismus". Die Schrift stammt von französischen Historikern, die darin eine Auflistung aller in der kommunistischen Weit begangenen Verbrechen vornehmen wollten . Laut einer Rezension der rechts - extremistischen Zeitschrift "Nation & Europa** 91 l (vgl. Kap. X, Nr. 2) erfahre die Öffentlichkeit darin von Untaten, die zumindest quantitativ alles in den Schatten stellen würden , was bisher als "singulär** gegolten habe. Durch solche Agitation versuchen Rechtsextremisten , sich dieses Buch für ihre Zwecke zunutze zu machen: Gelänge nämlich der Rechtsextremistische Bestrebungen 69 Nachweis, die nationalsozialistischen Massenverbrechen stünden nicht als unvergleichliche Untaten im 20. Jahrhundert, so wäre in ihren Augen eine tendenzielle historische Entlastung des Nationalsozialismus gelungen. Die Vereinnahmungsversuche des "Schwarzbuches" sind jedoch sachlich unangemessen: Die Schrift betont eindeutig die Einzigartigkeit des Holocaust. Aufgrund der Strafbarkeit der Leugnung des Völkermords durch das "Auschwitz-Lüge<< NS-Regime ("Auschwitz-Lüge") (SSSS 130, 185, 189 StGB) und der vie - len daraus folgenden Beschlagnahmen und Verurteilungen in den letzten Jahren hielten sich Holocaust-Leugner in Deutschland mit strafrechtlich relevanten Äußerungen zurück. Dies gilt etwa für die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift "Sieipnir", die in früheren Jahrgängen einschlägige Texte veröffentlichte und mit redaktionel l verfremdeten Titelangaben umfangreiche Literatur im Sinne der "Auschwitz-Lüge" zum Kauf angeboten hatte . Nunmehr druckt "Sieipnir" zwar die Übersetzungen von Texten bekannter ausländischer Revisionisten wie etwa Robert FAURISSON oder Serge THION ab, gibt aber nicht deren dezidierte, den Holocaust leugnende Aussagen wieder. Allenfalls zitiert die Publikation die versteckten revisionistischen Anspielungen der Autoren. Revisionistische Propaganda mit der unverhohlenen "AuschwitzRevisionistische Lüge<< wird in Deutschland meist nur noch durch Schriften und Propaganda aus Medien aus dem Ausland verbreitet. Von besonderer Bedeutung ist dem Ausland dabei der in Berchem (Belgien) ansässige Verein "Vrij Historisch Onderzoek<< (V.H.O., ** Freie Historische Forschung "). der alle gängi - gen , teilweise in Deutschland beschlagnahmten oder indizierten revisionistischen Veröffentlichungen in verschiedenen Sprachen vertreibt. Zum Sortiment der V.H.O. gehörte etwa die Broschüre "Eine deutsche Antwort auf die Goldhagenund Spielberglügen'' - eine knappe Zusammenfassung der wichtigsten revisionistischen Auffassungen, die relativ weite Verbreitung fand und auch an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verschickt wurde. Ebenso verlegt und vertreibt der Verlag das den Holocaust leugnende Buch "Kardinalfragen zur Zeitgeschichte<< von Germar SCHEERER , geb. RUDOLF, das aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Weilheim vom 18. März beschlagnahmt wurde. Die V.H.O. führte daneben im 2. Jahrgang die Zeitschrift "Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung<< (VffG) weiter, in der pseudo-wissenschaftliche Beiträge bekannter deutscher und ausländischer Holocaust-Leugner wie Arthur R. BUTZ, Robert FAURISSON , Carlo MATIOGNO, Germar RUDOLF, Mark WEBER oder lngrid WECKERT enthalten waren . Zu den Autoren zählten auch die beiden Begründer der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift "Sieipnir'' Andreas RÖHLER und Peter TÖPFER. Außerdem nutzt die V.H.O. das Internet, in dem auch andere Revisionisten Homepages mit entsprechenden Texten eingerichtet haben. Zu ihnen 70 Rechtsextremistische Bestrebungen gehören neben dem in Kanada lebenden deutsehen Neonazi Ernst ZÜNDEL das australische **Adelaide Institute<< sowie die beiden amerikanischen Einrichtungen **Committee for Open Debate On the Holocaust<< (CODOH) und das ** Institute for Historical Review<<(IHR). IX. Internationale Verbindungen Deutsche Rechtsextremisten pflegen Kontakte zu ausländischen Gesinnungsgenossen aus vielfältigen Anlässen und mit unterschiedlicher Zielsetzung. in der Skinheadszene sind es im wesentlichen Konzerte unter Mitwirkung bekannter Bands, die deutsche und ausländische Fans zusammenführen . Am Rande der Veranstaltungen entsteht zumeist ein reger Handel mit Fanartikeln, teils mit Tonträgern mit volksverhetzenden Inhalten , deren Verkauf in Deutschland strafbar ist. Deutsche Neonazis treffen sich vielfach im benachbarten Ausland, um dem Druck deutscher Sicherheitsbehörden zu entgehen. Sie nutzen die Zusammenkünfte zu strategischen Erörterungen und um Aktionen zu planen oder sich, anläßlich von Demonstrationen , mit ihren ausländischen Gesinnungsgenossen zu solidarisieren. Von den rechtsextremistischen Parteien wird auf internen Veranstaltungen oft ein Schulterschluß mit ausländischen Organisationen demonstriert, der primär der Erhöhung des eigenen Prestiges dienen soll. 1. Intern ationale Treffen Obwohl die Besucherzahl der internationalen Treffen insgesamt zurückging , behielten doch einige zentrale Veranstaltungen ihre Attraktivität für das rechtsextremistische Lager: * Am 14. Februar veranstalteten die neonazistische Partei "Ungarische Nationale Front<< (MNA) und die der internationalen "Biood & Honour<<-Bewegung angehörende Skinhead-Gruppierung "Hungaria Skins<< in Budapest eine Kundgebung . Unter dem Motto "Tag der Ehre<< versammelten sich rund 500 bis 600 zum Teil schwarz uniformierte Aktivisten - darunter ca. 150 deutsche Rechtsextremisten - und gedachten der Einheiten der WaffenSS , die im Februar 1945 unter hohen Verlusten versucht hatten, aus der belagerten Stadt auszubrechen. * Rund 140 Rechtsextremisten aus Dänemark, Schweden, Norwegen und Deutschland formierten sich am 15. August in Rechtsextremistische Bestrebungen 71 Greve (Dänemark) zu einem **Internationalen Rudolf-Heß-Gedenkmarsch". Initiator der Demonstration war der Vorsitzende der "Dänischen Nationalsozialistischen Bewegung " (DNSB) Jonni HANSEN . Bereits im Vorfeld hatte der Bundesgrenzschutz 110 Personen die Ausreise nach Dänemark untersagt. * Am 29./30. August fand in Diksmuide (Belgien) die 71. "ljzerbedevaart" flämischer Patrioten mit ca. 7.000 Besuchern statt. Zu einem rechtsextremistischen "Kameradschaftstreffen,, am Rande der Veranstaltung waren rund 150 Aktivisten aus mehreren Ländern angereist, davon rund 50 Personen aus Deutschland. * Der "Freundeskreis Ulrich von Hutten e. V." und die "Deutsche Kulturgemeinschaft Österreich" trafen sich in der Zeit vom 12. bis 19. September unter der Leitung der Österreichischen Rechtsextremistin Lisbeth GROLITSCH in Altenberg (Sachsen) zur "22 . Gästewoche". An der Eröffnungsveranstaltung nahmen ca. 190 Personen aus Deutschland und Österreich teil. * Das alljährlich von dem französischen "Front National" (FN) veranstaltete Parteifest "bleu-blanc-rouge" fand auch 1998 Zuspruch bei deutschen Rechtsextremisten : Unter den ca. 10.000 Besuchern, die sich am 19./20. September in Paris versammelten, befand sich auch eine zwanzigköpfige Delegation der rechtsextremistischen .. Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH), die von Jürgen SCHÜTZINGER, einem der drei DLVHBundesvorsitzenden , angeführt wurde. * Rechtsextremisten aus mehreren europäischen Ländern kamen am Rande des traditionellen "Uirichsberg-Treffens" am 4. Oktober in Klagenfurt (Österreich) zusammen. Sie versuchen, die offizielle Gedenkveranstaltung für die Österreichischen Gefallenen der Weltkriege zur Selbstdarstellung zu nutzen und in ihrem Sinne zu beeinflussen. ln diesem Jahr nahmen ca . 15 deutsche Gesin - nungsgenossen teil. * Am 24. Oktober beteiligten sich die .. Jungen Nationaldemokraten" (JN) mit einer kleineren Delegation am .. 5. Europäischen Kongreß der Jugend" in Thessaloniki (Griechenland). Die JN waren einer Einladung der rechtsextremistischen griechischen Organisation "Golden Dawn" gefolgt, die das Treffen ausgerichtet hatte. * An den Feierlichkeiten zum Todestag des spanischen Diktators General Franeo vom 20. bis 22. November in Madrid nahmen nur noch wenige deutsche Rechtsextremisten teil . 1997 waren noch annähernd 100 Besucher aus Deutschland angereist, vor allem Mitglieder der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und der JN sowie Mitglieder des neonazistischen "Freiheitlichen Volks Blocks<< (FVB). 72 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisationcc (NSDAP/AO) gegründet: 1972 Sitz: Lincoln (Nebraska/USA) Vorsitzender: Gary Rex LAUCK Publikation: "NS Kampfruf", unregelmäßig Die Aktivitäten der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) kamen weitgehend zum Stillstand: Es erschienen nur noch zwei deutschsprachige Ausgaben der früher zweimonatlich publizierten Broschüre **NS Kampfruk Sendungen mit neonazistischem Propagandamaterial der NSDAP/ AO nach Deutschland werden kaum noch festgestellt. Der 1995 in Deutschland zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilte "Propagandaleiter" der NSDAP/AO Gary Rex LAUCK stellte im Januar erfolglos einen Antrag auf vorzeitige Entlassung aus der Haft; diese endete im März 1999. X. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Periodische Publikationen Die Zahl der periodischen rechtsextremistischen Publikationen erhöhte sich von 106 auf 110. Sie hatten eine Gesamtauflage von rund 6,9 Millionen (1997: rund 5,4 Millionen). 73 Publikationen erschienen mindestens viermal im Jahr (1997: 68). 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebe Zahl der Verlage 1998 gaben 45 (1997: 44) organisationsunabhängige Verlage und und Vertriebe konVertriebe (vgl. auch Kap . XI) wieder eine breite Palette von Büchern, stant Zeitschriften, CDs, Musikcasetten und Videos mit rechtsextremistischem Gedankengut heraus. Einigen größeren Verlagen mit einem breiten Buchund Zeitschriftenangebot steht eine Vielzahl von kleineren Verlagen mit begrenztem Programm gegenüber. "Grabert-Verlag" Zu der ersten Gruppe gehört der **Grabert-Verlag", dessen Bücher sich -zumeist aus rechtsextremistischem Blickwinkel - mit verschiedensten Themen (z . B. Drittes Reich, Frühgeschichte, Globalisierung, Kunst) oder politischen Theorien auseinandersetzen. Zudem erschei - nen dort eigene Publikationen wie die Vierteljahresschrift "Deutsch - land in Geschichte und Gegenwart" (Auflage ca. 3 .000) und das Mitteilungsblatt ** Euro Kurier<<. Der ** Hohenrain -Verlag<< , ein Rechtsextremistische Bestrebungen 73 Schwester-Unternehmen des **Grabert-Verlags", versucht hingegen breiter in die Öffentlichkeit hineinzuwirken, indem dort weniger politisch verdächtig erscheinende Bücher verlegt werden. Zu den größeren Verlagen zählt auch die **Nation Europa Verlag GmbH", deren Theorieund Strategieorgan **Nation & Europa - Deutsche Monatshette" (Auflage ca. 16.000) bereits im 48. Jahrgang erscheint. Zudem verfügt der Buchdienst des Unternehmens über ein eigenes Buchprogramm . Den kleineren Verlagen ist der Verlag des Manfred ROUHS zuzurechnen, der zweimonatlich die Zeitschritt **Signal - Das patriotische Magazin " (bis Mai: ** Europa Vorn") in einer Auflage von ca. 5.000 Exemplaren herausgibt und sich neben dem Verkauf eines relativ kleinen eigenen Buchprogramms insbesondere dem Vertrieb von CDs mit Skinhead -Musik widmet. Ein kleinerer Verlag ist auch der **Castel Dei Monte-Verlag". Hier erscheint lediglich die Theoriezeitschritt **Staatsbriefe" (monatliche Auflage ca. I .000). Der **Faksim ile-Verlag" und der "Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur" haben sich auf den Nachdruck von völkischer und nationalsozialistischer Literatur Nachdrucke aus der Zeit zwischen 1918 und 1945 spezialisiert. Zu derartigen nationalReprints gehören etwa auch die Jahrgänge 1941 /42 der Zeitschritt sozialistischer Literatur **Weltkampf. Die Judenfrage in Geschichte und Gegenwart". Als neues Periodikum präsentierte sich die Vierteljahreszeitschritt "Opposition - **OppositionMagazin für Deutschland". Nach eigenem Verständnis Magazin für ein Theorieund Strategieorgan, enthält die Publikation u. a. GrundDeutschland" satzbeiträge zur ideologischen Ausrichtung des Rechtsextremismus. Die Aufsätze stammen zumeist von bekannten Rechtsextremisten wie Karl RICHTER, Christian ROGLER oder Franz SCHÖNHUBER, die schon seit langem zu den regelmäßigen Autoren von **Nation & Europa'' oder **Signal" gehören. **Opposition" erscheint in der *>Verlagsgesellschatt Berg mbH", die zu den größeren Verlagen gehört, über ein breiteres eigenes Buchprogramm verfügt und das Jahrbuch ** Deutsche Annalen" sowie zweimonatlich die Zeitschritt **Deutsche Geschichte" (Auflage ca. I 0.000) herausgibt. Die Publikationsorgane widmeten sich neben der tagespolitischen Beiträge zu lagerBerichterstattung und deren rechtsextremistischer Interpretation vor internen Strategiedebatten allem der lagerinternen Debatte zur parteipolitischen Strategie. Die meisten organisationsunabhängigen Zeitschritten und Zeitungen beklagten die Konkurrenzkandidatur der Parteien **Deutsche Volksunion" (DVU), **Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) und **Die Republikaner" (REP) und beschworen zugleich die Notwendigkeit ihrer Zusammenarbeit, wenn nicht gar Vereinigung. Insbesondere **Nation & Europa" plädierte entsprechend der jahrelangen Redaktionslinie für eine Einigung der Parteien. Dadurch soll die Grundlage für Wahlerfolge - wie bei der als Vorbild geltenden franzö- 74 Rechtsextremistische Bestrebungen sischen Partei "Front National << (FN) - geschaffen werden. Im Gegensatz zu ** Nation & Europa<< rief **Signal<~Thule*Netz" und Die Auflösung des seit 1993 bestehenden "Thule-Netzes" setzte sich "Nordland-Netz" 1998 weiter fort ; von den zeitweilig 14 zusammengeschlossenen Mailboxen ist nur noch die "Propaganda.BBS<< aktiv. Das "Nordland-Netz<< , eine Abspaltung des "Thule-Netzes<<, wird nur von zwei Mailboxen betrieben. Mailboxnetze als Die insgesamt ca. 100 angeschlossenen User - darunter nur wenige Diskussionsforen führende Aktivisten in der gewaltbereiten Szene oder im Neonazi - bereich - diskutieren Themen wie etwa die informationeile Vernetzung der neonazistischen Szene, die Aktivitäten der "Anti -Antifa<< oder die Bedeutung des Revisionismus . Darüber hinaus werden szenebedeutsame Termine zu Aktionen, Demonstrationen oder Radiosendungen bekanntgegeben. Rechtsextremistische Bestrebungen 79 XI. Übersicht über weitere Presseerzeugnisse Verlage Publikationen - einschl. Sitz - (einschl. Erscheinungsweise und Auflage - z. T. geschätzt) "Arndt -Verlag" - Martensrade/Krs. Plön - "Castel del Monte-Verlag" "Staatsbriefe" - München - - monatlich - - 1.000"Europa vorn Verlag"/ "Signal<< "Verlag Manfred Rouhs<< (früher: **Europa vorn<<) -Köln - - vierteljährlich - - 5.000 - **Grabert-Verlag<< **Deutschland in Geschichte - Tübingenund Gegenwart<< - vierteljährlich - - 3.000** Euro-Kurier<< - zweimonatlich - - unbekannt - **Nation Europa Verlag GmbH<< "Nation & Europa - Deutsche - Coburg - Monatshefte<< - monatlich - -15.000"Verlag der Freunde<< (VdF) "Sieipnir<< - Berlin - - zweimonatlich - - 1.800 - "VGB Verlagsgesellschaft "Deutsche Geschichte<< Berg mbH<< - zweimonatlich - - Berg am Starnberger See - - 10.000 - "Opposition<< - vierteljährlich - - unbekannt - 80 Rechtsextremistische Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 82 Linksextremistische Bestrebungen I. Überblick Entwicklungen im Linksextremismus Linksextremisten stehen in strikter Gegnerschaft zu der von ihnen als kapitalistisch, imper:alistisch und rassistisch diffamierten rechtlichen und gesellschaftlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland . Ihre Bestrebungen richten sich auf die "revolutionäre<< Beseitigung dieser Ordnung, um an ihrer Stelle ein sozialistisch/ kommunistisches System bzw. eine "herrschaftsfreie" Gesellschaft ("Anarchie<<) zu etablieren. Alle Linksextremisten bekennen sich grundsätzlich zur "revolutionären Gewalt<<. Während die einen aus taktischen Erwägungen bei tagespolitischen Auseinandersetzungen überwiegend auf "legale<< Kampfformen setzen und im Rahmen ihrer antidemokratischen Agitation und Propaganda versuchen, politische Mißstimmungen anzuheizen, bringen die anderen ihren unversöhnlichen Haß auf den Staat durch gezielt militante Aktionen zum Ausdruck. Militanter Auch 1998 war die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland Linksextremismus durch gewalttätige Linksextremisten, insbesondere aus der anarchistisch orientierten autonomen Szene, bedroht. Dies zeigen u.a. die zahlreichen konspirativ vorbereiteten und durchgeführten Brandanschläge sowie die große Zahl gefährlicher Eingriffe in den Bahnverkehr. Durch solche Protestaktionen linksextremistischer Gewalttäter entstanden Sachschäden in Millionenhöhe. Zahl und Brutalität körperlicher Angriffe auf Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten nahmen zu; oftmals entlud sich der Haß militanter Linksextremisten auf zur Sicherung von Veranstaltungen und Objekten eingesetzte Polizeibeamte. Auflösung der RAF Im April wurde ein von März datierendes achtseitiges Schreiben der im Untergrund lebenden Mitglieder der "Roten Armee Fraktion<< (RAF) bekannt, in dem diese die Auflösung der RAF erklärten. ln Reaktion auf das Schreiben wurden in der militanten linksextremistischen Szene Stimmen laut, die im Ende der RAF keineswegs ein Ende des **bewaffneten Kampfes << sehen, sondern die Option darauf ausdrücklich aufrechterhalten wollen. ln einer Göttinger Szenepublikation hieß es dazu: .. s o lange es gesellschaftliche Verhältni sse gibt, 'in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist ' - so lange das Herz der Bestie schlägt und jeden Tag aufs neue kapitalistische Barbarei produziert , so lange wird es auch den Kampf um Befreiung geben. Die Mittel dazu wird sich die radikale Linke nicht von ihren Gegnern diktieren lassen. << (" EinSatz" Nr. 31 von Juli 1998) Linksextremistische Bestrebungen 83 Herausgehobene Aktionsfelder militanter Linksextremisten waren Aktionsfelder auch 1998 der "Antifaschismus" (Aktionen gegen Rechtsextremisten und vermeintliche Rechtsextremisten sowie deren Strukturen) bzw. "Antirassismus" (Asylproblematik, **Grenzen auf für alle"), der "Widerstand" gegen die Nutzung der Kernenergie, gegen die GenForschung, die Kampagne gegen die "Umstrukturierung" von Großstädten und Ballungszentren (Stichwort: Innere Sicherheit; Ausbau Berlins zur Regierungsund Dienstleistungsmetropole; Aktivitäten gegen die geplante Weltausstellung "EXPO 2000" in Hannover) sowie der "Internationalismus". Im Zusammenhang mit Vorwürfen militanter Linksextremisten , die Bundesrepublik Deutschland strebe eine Großmachtrolle an, drückte sich der Protest u.a. in Agitation und Aktionen gegen Veranstaltungen der Bundeswehr wie öffentliche Gelöbnisse und den Großen Zapfenstreich sowie (internationale) Konferenzen von Politikern und Militärs aus. Als zukünftige "Angriffsziele" zeichnen sich der EUund der G8-Gipfel im Juni 1999 in Köln ab. Die Bedrohung durch gewalttätige Linksextremisten wird auch weiAutonome Szene ter bestehen bleiben. Die Masse militanter Aktionen bis hin zur Ausbildung terroristischer Ansätze wird dabei von den Autonomen ausgehen. Diese halten an der von ihnen als "bewährt" angesehenen Praxis fest, Anschläge nicht unter einem über Jahre hinaus festen Gruppennamen ("Markennamen"), sondern unter stets wechselnden Aktionsbezeichnungen zu verüben ("No-name-Variante<<). Dadurch erhoffen sie sich einen stärkeren Schutz vor "Staatlicher Repression<<. Die Szene, die sich zunehmend als uneinheitlich und im Fluß befindlich darstellt, dürfte bei gleichbleibender Bereitschaft zur Gewaltanwendung noch unübersichtlicher werden. Die Struktur im Bereich revolutionär-marxistischer Parteien und son - stiger Gruppierungen hat sich kaum verändert . Traditionell revolutionär-marxistische Organisationen wie die "DeutRevolutionärsehe Kommunistische Partei<< (DKP) , die "Marxistisch -Leninistische marxistische Partei Deutschlands<< (MLPD) und trotzkistische Gruppen konnten ihr Organisationen Mitgliederpotential zwar im wesentlichen halten. Organisatorische Schwierigkeiten und mangelnde Motivation von Anhängern wurden jedoch bei einigen Gruppen deutlich. Sie hielten dennoch an ihren klassischen Konzepten - Klassenkampf und revolutionärer Bruch mit den bestehenden Verhältnissen -fest und versuchten weiterallerdings mit geringem Erfolg - , Ansätze zu gesellschaftlichem Widerstand zu verstärken und auf bestehende Protestbewegungen einzuwirken. 84 Linksextremistische Bestrebungen POS - ambivalentes Die "Partei des Demokratischen Sozialismus<< (POS) hat sich in der Erscheinungsbild bundesrepublikanischen Parteienlandschaft eingerichtet. Es gelang ihr erstmals, in Fraktionsstärke in den Deutschen Bundestag einzuziehen. ln den östlichen Ländern ist sie - trotz weiteren Mitgliederrückgangs - nach wie vor die stärkste Partei . Ihr Erscheinungsbild blieb ambivalent: Sie arbeitet in den Gremien der parlamentarischen Demokratie mit, läßt dennoch offen extremistische Strukturen in ihren Reihen gewähren . Sie arbeitet mit deutschen und ausländischen Linksextremisten zusammen. Wie im Parteiprogramm fixiert , strebt die POS die Überwindung der bestehenden Gesellschaftsordnung an. II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotential 1998 hat sich das Gefüge des organisierten Linksextremismus gegenüber dem Vorjahr nicht verändert; das Gesamtpotential weist eine leichte Steigerung auf. Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschatten waren Ende 1998 etwa 34.700 Personen Organisationen und sonstigen Personenzusammenschlüssen zuzurechnen, bei denen linksextremistische Bestrebungen feststellbar sind (1997: 34.1 00). Darin enthalten sind auch die Anhänger der "Kommunistischen Plattform << (KPF) und der **Partei des Demokratischen Sozialismus<< (POS), deren Zahl auf bis zu 2.000 zu schätzen ist. Die POS, dieüber einzelne offen linksextremistische Strukturen hinaus - auch insgesamt als Partei tatsäch - liche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung i. S. der SSSS 3, 4 BVerfSchG bietet , hat - eigenen Angaben zufolgeetwa 96.500 Mitglieder. Das Spektrum der gewaltbereiten Linksextremisten in überwiegend anarchistisch orientierten Gruppierungen umfaßte Ende 1998 - wie im Vorjahrüber 7.000 Personen , darunter über 6.000, die sich selbst meist als Autonome bezeichnen . Bei marxistisch-leninistischen , trotzkistischen und sonstigen revolutionär-marxistischen Zusammenschlüssen verlief die Entw icklung unterschiedlich : Einige Gruppen hatten Zulauf, andere verzeichneten Rückgänge. Insgesamt zählten diese Organisationen etwa 28.400 Mitglieder. ln Teilbereichen erhalten sie Unterstützung von linksextremistisch beeinflußten Organisationen 96l, denen zum Jahresende etwa 18.000 Mitglieder angehörten. Linksextremistische Bestrebungen 85 Linksextremismuspotential*l 1996 1997 1998 Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Gewalt bereite Linksextremisten ..) 74 7.000 69 7.000 66 ?.Ooo***l MarxistenLeninisten und andere revolutionäre Marxisten****) -Kernund Nebenorganisationen 47 28.900 43 27.800 43 28.400 - beeinflußte Organisationen 40 14.000 37 1g.ooo 34 18.000 Summe 161 35.900 14.000 149 34.800 19.000 143 35.400 18.000 Nach Abzug von Mehrfachmitca. ca. ca. ca. ca. ca. gliedschaften 35.200 10.500 34.100 14.500 34.700 13.500 * Partei des Demokratischen ca. ca. ca. Sozialismus* (PDsy-***) 11 0.000 105.000 96.500 ') Die Zahlenangaben s1nd zum Teil geschätzt und gerundet. ' ') ln die Statistik sind nicht nur tatsächlich als Täterffatverdächtige festgestellte Personen einbezogen, sondern auch solche Linksextremisten, bei denen lediglich Anhaltspunkte für Gewaltbereitschaft gegeben sind. Ertaßt sind nur Grupppen, die feste Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. '") Das Mobilisierungspotential der *Szene* umfaßt zusätzlich mehrere tausend Personen. '"') Einschließlich *Kommunistischer Plattform der POS* (KPF). Hinzu kommen die Mitglieder weiterer linksextremistischer Gruppen in der POS. "'") Die POS ist wegen ihres ambivalenten Erscheinungsbildes (vgl. Überblick) gesondert ausgewiesen. Es ist davon auszugehen, daß nicht alle Mitglieder linksextremistische Ziele verfolgen oder unterstützen. Mitglieder der KPF, die nicht gleichzeitig Mitglieder der POS sein müssen, sind in den Zahlenangaben über Marxisten-Leninisten berücksichtigt. 2. Straftaten/Gewalttaten Auch 1998 verübten Linksextremisten schwere Straftaten , um ihre politischen Ziele durchzusetzen , u.a. Brandstiftungen und Sprengstoffanschläge sowie Sachbeschädigungen mit Millionenschäden. Die Zahl der Straftaten , bei denen Linksextremisten als Täter oder Tatbeteiligte bekanntgeworden sind oder nach den Tatum ständen in Betracht kommen , ist 1998 auf 3.201 (1997: 3.079) gestiegen; das entspricht einer Zunahme von 3,9%. Darunter waren 783 Gewalttaten (1997: 833) ; das entspricht einem Rückgang von 6,3%. Die Zahl der Gewalttaten im Rahmen der Kampagne gegen Atommülltransporte ist mit 65 (1997: 213) erheblich zurückgegangen. Dies mag darauf zurückzufüh ren sein, daß der einzige GASTORTransport im Jahr 1998 entgegen der ursprünglichen Terminplanung kurzfristig zeitlich vorverlegt wurde. 86 Linksextremistische Bestrebungen Dagegen hat sich die Zahl der militanten Aktionen gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten mit 261 (1997: 130) verdoppelt. Neben dem Anstieg der Gewalttaten ist in diesem Bereich auch eine zunehmende Brutalität festzustellen. Die nachfolgende Übersicht gibt das tatsächliche Ausmaß linksextremistischer Gewalt nur unvollkommen wieder; ein Vergleich mit den Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus ist wegen der oftmals ungleichen Ausprägung der Gewalt - linksextremistische Straßenmilitanz, rechtsextremistische Angriffe vielfach auf Einzelpersonen - nur bedingt möglich. Auch existieren für den Bereich des Linksextremismus keine ebenso weitgehenden Strafvorschriften wie bei Propagandataten mit rechtsextremistischem Bezug . Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund*! 1997 1998 Gewalttaten: Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 4 Körperverletzungen 165 227 Brandstiftungen 77 47 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 1 1 Landfriedensbruch 299 289 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 154 58 Widerstandsdelikte 137 157 gesamt 833 783 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 1.090 1.166 Nötigung/Bedrohung 93 111 Andere Straftaten 1.063 1.141 gesamt 2.246 2.418 Straftaten insgesamt 3.079 3.201 ') Oie Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) (Stand. 31.01.1999). Die Übersicht enthält ausgeführte und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Sind zum Beispiel während e1nes Landfnedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden , so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. Wurden meh* rere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. Linksextremistische Bestrebungen 87 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund - Zielrichtungen - 1997 1998 * Links gegen Rechts * CASTOR-Transport * Sonstige linksextremistische Zielrichtungen 88 Linksextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund - in den Ländern - . 1997 . 1998 Linksextremistische Bestrebungen 89 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund -je 100.000 Einwohner in den Ländern- . 1997 . 1998 90 Linksextremistische Bestrebungen Übersicht über Gewalttaten von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten*> 1997 1998 I Tötungsdelikte 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 3 Körperverletzungen 75 141 Brandstiftungen 5 15 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 Landfriedensbruch 46 85 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr Widerstandsdelikte 12 gesamt 130 261 I ') Oie Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) (Stand: 31.01 .1999). I 111. Gewalttätiger Linksextremismus Nach wie vor wird die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutsch - land durch gewalttätige Linksextremisten - in der überwiegenden Zahl aus der anarchistisch orientierten autonomen Szene - bedroht. Es zeigt sich mehr und mehr, daß terroristisch 9 7J agierende Klein - gruppen, die sich in Taterklärungen zu Anschlägen ständig wechselnde Namen geben (**No-name"-Militanz, "No-name"-Terrorismus), die herkömmlichen Terrorgruppen, die über längere Zeit unter einem einheitlichen Namen ("Markennamen") operierten, ablösen (vgl. Nr. 2.2.4) . 1. Linksextremistisch-terroristische Gruppen RAF erklärt ihre Im April meldete sich die "Rote Armee Fraktion" (RAF) nach ihren bisAuflösung her letzten Erklärungen von November und Dezember 1996 mit einem achtseitigen Papier wieder zu Wort. in dem von März datierenden Schreiben verkündeten die sog . Illegalen das Ende ihres "ProjekteS<<; die "Stadtguerilla in Form der RAF<< sei nun Geschichte: "Ab jetzt sind wir - wie alle anderen aus diesem Zusammenhang - ehemalige Militante der RAF.<< Damit stellten die Illegalen jedoch nicht die - aus ihrer Sicht - Legiti - mität und Notwendigkeit der Revolte in Abrede; ihre Entscheidung, in der RAF für die Umwälzung der kapitalistischen Verhältnisse zu kämpfen, sei richtig gewesen. Das Ende des Projektes zeige lediglich, daß Linksextremistische Bestrebungen 91 die RAF auf dem eingeschlagenen Weg nicht habe durchkommen können. Die Wirkung militärischer Aktionen sei überschätzt worden: "ln keiner Phase unserer Geschichte ist eine über den politischmilitärischen Kampf hinausgehende politische Organisierung verwirklicht worden. Das Konzept der RAF kannte letztlich nur den bewaffneten Kampf - mit dem politisch-militärisc hen Angriff im Zentrum. " Die Erklärung markiert das - nun auch formale - Ende der RAF als terroristische Vereinigung. Reaktionen aus der militanten linksextremistischen Szene auf die Erklärung ließen grundsätzliche Zustimmung zur Beendigung des "Projektes RAF" erkennen. Die zu kurz geratene Selbstkritik der RAF im Hinblick auf ihre jahrelange Ignoranz gegenüber konstruktiven Vorhaltungen aus der Szene wurde hingegen bemängelt, genauso wie die Oberflächlichkeit der Analyse, die dem Anspruch einer ernsthaften Aufarbeitung nicht gerecht werde. ln offenen Verlautbarungen und internen Diskussionen wurde die Militante LinksexAufrechterhaltung der von der RAF verkörperten sog . bewaffneten tremisten fordern Option gefordert; so schrieb die Redaktion der Szenepublikation die Aufrechterhaltung der "bewaffne** INTERIM" an die RAF gerichtet: ten Option" "Für uns war Euer politischer Kampf immer wichtig, als eine radi - kale Option politischen Handelns, die als Möglichkeit nicht verloren gehen darf." ("INTERIM" Nr. 449 vom 30. April 1998) Auch ein Beitrag in der Untergrundzeitschrift "radikal" von Mai 1998 (Nr. '155) wies in dieselbe Richtung: "Angesichts der Verhältnisse muß die Option auf klandestine Organisierung und Aktion weiterbestehen. Es muß nicht die RAF sein. " 98) Der Prozeß gegen zwei mutmaßliche Mitglieder der "Antiimpe - rialistischen Zelle" (AIZ) vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht - u. a. wegen versuchten Mordes und mitgliedschaftlicher Betätigung in einer terroristischen Vereinigung - wurde fortgesetzt. ln mehreren 92 Linksextremistische Bestrebungen Mutmaßlicher AIZTeilgeständnissen - darunter zwei schriftliche Erklärungen - räumte Angehöriger räumt einer der Angeklagten seine Beteiligung an All-Anschlägen ein, u.a. die Beteiligung an an Sprengstoffattentaten auf Wohnhäuser zweier CDU-BundestagsAttentaten auf abgeordneter im April und September 1995. Wohnhäuser von Politikern ein Anschlagsaktivitäten oder Verlautbarungen der terroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ)/" Rote Zora" blieben auch 1998 aus. 2. Militante Linksextremisten Struktur: Gruppen existieren in fast allen größeren Städten , insbesondere in den Ballungszentren Berlin , Hamburg, Rhein-Main-Gebiet, aber auch in kleineren Universitätsstädten wie Göttingen. Anhänger: über 7.000 (wie 1997) Publikationen: mehr als 50 Szenepublikationen; von besonderer Bedeutung sind die Blätter "INTERIM<< (Berlin) , "SWING<< (Rhein-Main-Gebiet) und **RAZZ" (Hannover) Die Situation in der militanten linksextremistischen Szene gestaltet sich zunehmend uneinheitlich und unübersichtlich. Strukturen brechen auseinander, ehemals klare inhaltliche Abgrenzungen werden unschärfer. Kommunikation und Bündnisfähigkeit - auch zu nichtmi - litanten linksextremistischen und nichtextremistischen Gruppen - nehmen zu. 2.1 "Antiimperialistischer Widerstand" Schwerpunkte im Das aus Spaltungen im damaligen RAF-Gefüge in den Jahren nach "Antiimperialisti - 1992 hervorgegangene Lager des "Antiimperialistischen Widerschen Widerstand" standes<< verl or 1998 insgesamt weiter an Bedeutung. Das Fehlen konkreter Zielvorstellungen verhinderte vor allem im Lager des "Anti - imperialistischen WiderstandeS<< eine Konsolidierung. Nach außen hin feststellbare Aktivitäten gingen vor allem von der Initiative "Libertad! << aus, einem internationalistisch ausgerichteten Personenzusammenschluß, in welchem sich u.a. Angehörige der Frankfurter Gruppierung "Kein Friede<< engagieren. Neben der Mobilisierung zu dem seit mehreren Jahren durchgeführten bundesweiten Aktionstag am 18. März, dem "Tag der politischen Gefangenen <<, bemühte sich "Libertad!<< in Zusammenarbeit mit wei - teren antiimperialistischen und autonomen Gruppen - auch aus dem Linksextremistische Bestrebungen 93 Ausland - insbesondere um das Zustandekommen einer internationalen Arbeitskonferenz **Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit" Ostern 1999 in Berlin 991 . Die **Gefangenenfrage" stellt für **Libertad!" den konkreten Ansatz "Gefangenenfrage<< zum Aufbau eines internationalen Netzwerkes von **radikalen und revolutionären Kräften aus Basisund Befreiungsprozessen" dar. So heißt es auf der Internet-Hornepage von ** Libertad!": **Die Frage nach dem Aufbau von Aktionen und Aktivitäten zu Menschenrechtsfragen hängt von uns ab, muß von den radikalen Kräften von unten selbst angepackt werden . Das kann nicht ein Spezialgebiet von Menschenrechtsgruppen sein , sondern es muß in einer Vorstellung vom Aufbau einer Bewegung von Unten, von Basisbewegung , von revolutionärer Bewegung i'ntegraler Bestandteil sein ." Von Bedeutung waren ferner die Aktivitäten deutscher Li nks"Internationalismus<< extremisten zur Unterstützung des sog. Befreiungskampfes der "Arbeiterpartei Kurdistans<< (PKK; vgl . Nr. 2.3 .6). ln Szenepublikationen entwickelte sich eine Diskussion zwischen Personen - vor al lem Frauen - , die selbst als "lnternationalisten << an Kämpfen in Kurdistan beteiligt sind bzw. waren, und militanten Linksextremisten in der "Metropole<< 1001. Motivation und Ziele deutscher Kurdistan - Aktivisten werden in solchen Papieren offensiv vertreten: "Die jetzt angefangene Diskussion über lnternationalistinnen, die sich an Befreiungskämpfen beteiligen , begrüßen wir, können wir doch auch dadurch unsere Erfahrungen anderen Frauen zugäng - lich machen . ... Einige sind gegangen, um für immer zu bleiben , die meisten, um wiederzukommen und hier den Kampf weiter zu entwickeln .. .. Deshalb war unser Ziel immer, nur für einen bestimmten Zeitraum in die Berge zu gehen, vor allem, um dort zu lernen, den revolutionären Kampf kennenzulernen .. .. Wir haben es als eine große Chance gesehen, daß die PKK ihre Möglichkeiten, die Berge , ihre Ausbildungsstätten zur Verfügung stellt, damit lnternationalistlnnen, die etwas lernen wollen, dort Teil dieses kollektiven Prozesses sein können .<< ("Amazora<< Nr. 12/ 98 von September 1998) 2.2 Autonome Im Bereich der militanten Autonomen ging die Suche nach neuen ideologischen und aktionistischen Konzepten sowie modifizierten Organisationsformen vielfach mit einer kritischen Bestandsaufnahme einher. Es entwickelte sich eine Tendenz zu kleinen, oft nur kurzfristig 94 Linksextremistische Bestrebungen bestehenden Personenzusammenschlüssen mit z. T. erheblicher Gewaltbereitschaft 2.2.1 Potential/Selbstverständnis/Aktionsformen/Medien Auch 1998 blieb die Zahl der zur militanten autonomen Szene zu rechnenden Personen (bundesweit mehr als 6.000) gegenüber den Vorjahren konstant hoch. Damit stellen sie nach wie vor den weitaus größten Anteil des gewaltbereiten linksextremistischen Potentials. So ging auch die Masse der Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund (darunter Körperverletzungen, konspirativ vorbereitete Brandanschläge) wieder auf ihr Konto. Die Bewegung der Autonomen stellt kein homogenes Gebilde dar. Sie verfügen über kein einheitliches ideologisches oder strategisches Konzept. Viele orientieren sich an diffusen anarchistischen und kom - munistischen Ideologiefragmenten oder begnügen sich mit einem Grundgefühl "militanter Antistaatlichkeit", der Auflehnung gegen Autoritäten und Hierarchien, der Verweigerung von Regularien und "Lohnarbeit<< oder dem Ausscheren aus dem "kapitalistischen Verwertungsprozeß<<. Als Konsens wird eine .. antifaschistische<<, "antiimperialistische<< und .. antipatriarchale<< Haltung vorausgesetzt . Autonome rechtferEinig sind sich Autonome auch in ihrer Bereitschaft, zur Durchsetzung tigen Militanz als politischer Ziele Gewalt einzusetzen. Diese soll als "befreiende "notwendige Gewalt<< gegen die **strukturelle Gewalt<< des Staates und der GesellGegengewalt" schaft gerechtfertigt sein. So erklärten ehemalige Mitarbeiter der Untergrundzeitschritt **radikal<<: **Konträr zum Zustand der Linken haben sich die Herrschaftsverhältnisse verfestigt, und wir können uns heute genausowenig wie vor 20 Jahren vorstellen, wie sie ohne Bewaffnung und Militanz zu überwinden wären. Selbst wenn es um punktuelle Ziele geht - wie beispielsweise bei Aktionen gegen faschistische Kader und Einrichtungen, in der praktischen Solidarität mit Flüchtlingen ... - ist der direkte Angriff ... unverzichtbar.<< (**EHEMALIGE MITARBEITER DER radikal - zum 13.6.1995, dem Davor & Danach<<, Oktober 1998) Aktionsformen Autonome Gewalt äußert sich in unterschiedlichen Formen: gegen autonomer Militanz Sachen oder Personen (z. B. **Faschos<< oder als **Bullen" diffamierte Polizeibeamte), spontan oder langfristig konspirativ geplant. Als in der Szene allgemein akzeptierte "militante Klassiker<< wurden in einem Sonderheft der **INTERIM<< mit dem Titel "Bewegung - Militanz - Kampagne<< (März 1998) u.a. genannt: **AIItagsmilitanz" (nach den Linksextremistische Bestrebungen 95 Worten des unter Pseudonym schreibenden Autors: Reifenstecherei, Schlösserverkleberei , Sprüherei, Farbeierwerferei, Scheibenzerstörung , Stinkbomben - und Buttersäureanschläge, Scheißund Blutkübelaktionen), Angriffe auf "Nazis" und deren Infrastruktur, militante AntiAKW-Aktionen (nach den Worten des Autors: Schienenund Straßenzerstörung, Wurfanker, abgesägte Strom - masten) , militante Demos mit **Steinen und anderen Wurfgeschossen, Mollis, Barrikaden, Pyros , abgefackelten Autos" sowie schließlich die "großen Dinger" wie Brandund Sprengstoffanschläge. Bei ihren gezielten Angriffen gehen Autonome in der Regel planvoller Straßenkrawalle und umsichtiger vor, als Rechtsextremisten dies gewöhnlich tun. Spontane Anschläge unter Alkoholeinfluß sind untypisch. Eine besondere Form der Gewalt - wie von dem "INTERIM"-Autor beschrieben - sind Straßenkrawalle. Dabei treten Autonome - als "Streetfighters" - häufig in einheitlicher "Kampfausrüstung " auf, als "Schwarzer Block" und mit Sturmhauben (" Haßkappen") vermummt. Zu Straßenkrawallen kommt es oftmals aus Anlaß von Protesten gegen Rechtsextremisten und regelmäßig zum "Revolutionären 1 . Mai" in Berlin . Bei Gewaltaktionen u.a. von Autonomen zum "Revolutionären 1. Mai 1998<< wurden erhebliche Sachschäden angerichtet; insgesamt 129 Polizeibeamte wurden verletzt. Größeren militanten Demonstrationen, an denen sich Autonome beteiligen, gehen oftmals bundesweite, regionale oder örtliche Vorbereitungstreffen und "Piena<< voraus. Am Ende stehen in der Regel keine förmlichen Beschlüsse, sondern die Bekräftigung, **alle Aktionsformen<>durch ein perfekt eingestimmtes und eingesetztes Großaufgebot der Polizei jeglicher Spielraum genommen [worden], um überhaupt agieren zu können. Dies gilt für militante Kleingruppenaktivitäten wie für die .. . Demonstration selbst. " Anders bei Protestaktionen gegen die NPD am 1. Mai in Leipzig (vgl . Nr. 2.3.1): Vorrangige >>Das, was dort also passierte, war offensichtlich in das Bullenkalkül Angriffsziele bei eingerechnet: Dutzende beschädigte Nazibusse, wie auch eine "Antifa-Demos": Vielzahl verprügelter Nazis haben wir ... dem Polizeikonzept zu verdanken, im besten Fall organisatorischen Fehlplanungen im "Faschos" Bullenapparat " (>> INTERIM<> Die Bullen waren anfangs hoffnungslos unterlegen, Dokumentationstrupps kaum vorhanden, Vermummung möglich. Aus einem Hubschrauber stiegen gerade mal 25 Bullen! Ein Steinhagel auf den ersten landenden Hubschrauber hätte jeden weiteren Versuch zu landen, das Aussteigen oder auch nur das Weiterfliegen erschwert. Eine militante Auseinandersetzung . . . hätte für die Bullen die Situation nur schwer beherrschbar gemacht. . . . Der Preis von vielen verletzten Bullen wäre in jedem Fall drin gewesen . . . . Ringsum freies Feld und Wälder. Sicher hätten die Bullen irgendwann die Übermacht bekommen, doch 'Täterlnnen ' zu identifizieren, wäre ihnen bei durchschnittlich militantem Geschick unsererseits nicht gelungen. << (>>INTERIM<< Nr. 447 vom 2. April1998) Bei der Wahl ihrer Aktionsformen und Angriffsziele lassen sich Autonome in der Regel von dem Kriterium der "Vermittelbarkeit<>Traditionellecc Autonome Mit dem Attribut "traditionell << läßt sich die Mehrzahl der militanten Autonomen belegen. "Traditionelle<< Autonome betreiben , anders als die meisten übrigen linksextremistischen Gruppen, keine gezielte Nachwuchsrekrutierung. Wer aufgenommen werden will, muß sich selber um Kontakte und Akzeptanz bemühen und - zumindest bei "halboffenen<< oder "geschlossenen<< Gruppen - "Sicherheitsüberprüfungen<< über sich ergehen lassen. "Traditionelle<< Autonome geben sich grundsätzlich hierarchieund Organisationsorganisationsfeindlich. Sie kennen keine verbindlichen Entschei - feindlichkeit dungsinstanzen, keine Einrichtung , von der aus Aktionen zentral angeordnet werden könnten. Dies schließt einvernehmlich geplante und koordinierte Gewaltaktionen jedoch nicht aus . Solche "actions<< erfolgen zumeist - gewollt "Unberechenbar und unkontrollierbar<< - aus dem Schutz anonymer Kleingruppen heraus: "durch unauffällige viereroder fünfer-gruppen lassen sich banken und große Iäden schnell einwerfen. bis diebullendas mitkriegen, ist derortdes geschehenslängst verlassen .'' ,("INTERIM << Nr. 450 vom 14. Mai 1998) Die Militanz geht dabei nicht notwendigerweise einher mit einer theoretischen Fundierung. Exemplarisch steht die Aussage in einem "Interview'' mit zwei Autonomen anläßlich der Demonstrationen wäh - rend eines Rekrutengelöbnisses in Kiel am 18. August: 98 Linksextremistische Bestrebungen "Dann wären da die Autonomen , die schon ein Interesse haben, hier in die Suppe zu spucken, aber ohne daß das mit einer gesellschaftstheoretischen Vision verbunden ist, also nach dem Motto: Alles, was die Herrschenden nervt, ist erstmal gut. " (" INTERIM" Nr. 458 vom 3. September 1998) 2.2.3 ~> Organ i sierte cc Autonome Kritik an der Unverbindlichkeit autonomer Strukturen verstärkte seit Anfang der 90er Jahre die Tendenz, auch innerhalb des autonomen Lagers Organisierungsmodelle zu erproben. Die Kurzatmigkeit autonomer Politik, das reflexartige Hetzen von Kampagne zu Kampagne, so die Kritiker, verhindere die Herausbildung einer kontinuierlichen Theorie und Praxis und führe auf Dauer in die Bedeutungslosigkeit. AA/BO weiterhin Einflußreichster und handlungsfähigster Organisierungsansatz ist die einflußreichster 1992 gegründete "Antifaschistische Aktion/Bundesweite OrganisaOrganisierungstion" (AA/BO). Ihr gehörten Ende 1998 elf Gruppen aus neun ansatz Städten/Regionen an, u.a. die **Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB), die "Autonome Antifa (M)" aus Göttingen, die **Antifaschistische Gruppe Hamburg" (AGH) und die "Antifa !:11!~!11#1..i4Q#III:Ce1:Jtti'nlf*i*llleiU Bonn/Rhein-Sieg". Gruppen aus der AA/BO beteiligten sich auch 1998 an zahlreichen - z. T. gewalttätig verlaufenen - Demonstrationen. Die AA/BO setzte ihre intensive Programm-, Schulungsund Medienarbeit fort und veranstaltete regelmäßige Delegiertentreffen. Kennzeichnend für die "Politik" der AA/BO war darüber hinaus eine bis in Schulen hineinwirkende "Jugendarbeit". Dazu bediente sie sich von ihr angeleiteter **Jung-Antifa"-Gruppen und von ihr beeinflußter Publikationen 103l. Anfang Juli führte die AA/BO in Witzenhausen (Hessen) unter dem Motto "Organisiert den revolutionären Widerstand!<< ein von mehreren hundert Teilnehmern besuchtes "AntifaCamp<< durch. Linksextremistische Bestrebungen 99 Ei n neben der ANBO bestehender, jedoch weniger starr ausgerichteter Organisierungsansatz, die 1993 entstandenen "Bundesweiten Antifa-Treffen" (B.A.T.), verlor an Bedeutung; deren Mobilisierungsfähigkeit hat offenbar nachgelassen. 2.2.4 Autonome Strukturen mit terroristischen Ansätzen Innerhalb des autonomen Lagers haben sich seit Jahren terroristiMilitanz als sche Ansätze etabliert. Nach dem Muster der "Revolutionären Zellen" Ausdruck extralegalen (RZ) sind sie überwiegend nicht in die Illegalität abgetaucht . Als Widerstands Schutz vor staatlichen Maßnahmen geben sie sich in Taterklärungen zu Anschlägen ständig wechselnde Aktionsnamen. Für sie spielt Militanz als Ausdruck "extralegalen" Widerstands eine entscheidende Rolle. ln einem Selbstbezichtigungsschreiben zu Brandanschlägen und sonstigen Sachbeschädigungen in der Nacht zum 4. Juni in Berlin konkretisierten die Täter - sie nannten sich "militante Gruppen<< - diesen Ansatz: >>Kampagnen koennen erst dann eine gewisse Breitenwirkung entfalten, wenn unterschiedliche Betaetigungsfelder (oeffentliehe/ legale Kundgebungen , symbolische Politpraxen , militante/ klandestine Aktionsformen) gebuendelt werden , sich aufeinander beziehen und ueber diesen Weg inhaltlich praktisch zusammenkommen . ... Militante Politik kann an drei Punkten ansetzen; sie kann, was der haeufigste Fall ist , darauf ausgerichtet sein , eine (nachhaltige) Schaedigung der materiellen Infrastruktur eines bestimmten Objektes zu bewirken ; sie kann den symbolischen Kern einer militanten Aktion hervorheben, d. h. die Angreifbarkeit HERRschender Strukturen mit klandesti - nen Mitteln dokumentieren ; oder sie kann die Verantwortlichen (wieder) staerker personalisieren , Entscheidungstraegerlnnen oder Profiteurl nnen von Unterdrueckungsund Ausbeutungsstrukturen direkter haftbar machen .<< ("INTERIM<~ EXPO 2000" rOckt ten ihre Agitation gegen die geplante Weltausstellung ** EXPO 2000" zunehmend in das Blickfeld in Hannover, die sie als **Propagandashow des Kapitals" zur gewalttätiger **Umstrukturierung" der Region brandmarkten. Erste Brandanschläge Linksextremisten und Sachbeschädigungen mußten in diesem Zusammenhang regi - striert werden . ** INTERIM" veröffentlichte in der Ausgabe Nr. 451 vom 28 . Mai einen Aufruf ** Expo angreifen!!!" (ohne Impressum). Darin heißt es u.a., die ** EXPO 2000" werde in den kommenden Jahren zum wichtigsten Symbol des neoliberalen Globalkapitalismus. Hannover und Umgebung würden durch die Ausstellung schwer zerstört: **Es wird Zeit für klare Aktionen gegen die Expo ." **Direkte Aktionen" wie Besetzungen und Sabotage seien besonders wirksam, denn: * die ** EXPO"-Baustelle sei groß, etliche Bauten würden gleichzei - tig errichtet, * der Zeitplan der "EXPO" sei begrenzt, Verzögerungen würden das Projekt gefährden , * durch Protestaktionen entstehende Imageverluste könnten zusätzliche Probleme schaffen, da noch um die Teilnahme weiterer Staaten geworben werde, * die ** EXPO"-Zentrale und viele der Verantwortlichen - wie der Ministerpräsident und der VW-Konzern - seien in der Nähe, * Aktionen könnten überall in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt werden, weil es zahlreiche dezentrale ** EXPO"Projekte gebe. ln der Nacht zum 26. Juli verübten unbeHakenkrallenkannte Täter Hakenkrallenanschläge auf die anschläge von Bahnstrecken Hannover - Bremen und militanten EXPOGegnern Haste - Hannover. ln einer Selbstbezichtigung begründeten sie ihre Gewalttaten mit dem Protest gegen die ** EXPO 2000" (wörtlich : **Anschläge auf das im Rahmen der EXPO ausgebaute S-Bahnnetz") und betonten: **Wir wollen ... die EXPO als repräsentatives Festival kapitalistischer Ideologie und imperialistischer Dominanz angreifen ." ("RAZb Nr. 104 von August/September 1998) 108 Linksextremistische Bestrebungen in der Nacht zum 2. Oktober verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf Fahrzeuge einer Kraftfahrzeug-Vertretung in Hannover-Linden; es entstand Sachschaden von etwa 200.000 DM . in einer Selbstbezichtigung agitierten sie gegen die offiziellen Feierlichkeiten zum "Tag der deutschen Einheit" in Hannover und gegen die ** EXPO 2000" : "Sowohl für die 'Deutsche Einheit' als auch für das Projekt einer Weltausstellung im Jahr 2000 gilt für uns: Es gibt nichts zu feiern! " 2.3.6 "Internationalismus" Militante Linksextremisten engagierten sich auch 1998 "internationalistisch<<: ln örtlichen "Kurdistansolidaritätsgruppen " und in der Dachorganisation "lnformationsstelle Kurdistan " (ISKU) in Köln organisierte Angehörige der autonomen, insbesondere aber der antiimperialistischen Szene setzten die Kampagne zur Aufhebung des Verbots der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) fort . Sie betreuten mutmaßliche PKK-Anhänger in deutscher Haft, organisierten "Menschenrechtsdelegationen" in die Türkei und agitierten gegen die Bundesregierung wegen ihrer angeblichen Unterstützung der Türkei im Kampf gegen die PKK. Deutsche Nach wie vor halten sich einzelne deutsche Linksextremisten zur "lnternationalisten" Ausbildung bzw. zum Kampfeinsatz bei der PKK-Guerilla irn Nahen setzen Engagement Osten auf; teilweise gehen sie dabei sehr hohe persönliche Risiken ein: für die PKK fort * Ein deutscher Linksextremist befindet sich seit seiner Ende 1997 erfolgten Gefangennahme bei Kampfhandlungen zwischen der PKK und der "Kurdischen Demokratischen Partei<< (KDP) in Gewahrsam der KDP; bei SEHiT RONAHi (ANDREA WOLF ) der Gefangennahme hatte er schwere Verletzungen erlitten. * Im September wurde eine deutsche Linksextremistin von einem Staatssicherheitsgericht in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer 15jährigen Freiheitsstrafe verurteilt. * Nach Medienberichten und <;:ATAK KURDISTAN 22. 10.98 Aussagen aus dem PKK-BeAls Kd111pfenn &!r YAJK (Fu:it': frau"'na~c Kmdistans\ won h.hkischen Sic~heof:Jifliltel'l gotlangrn.genommen und f'Finllfdc,t reich kam die seit Mitte 1995 DIE GEFALLEN REVOLUTIONÄRiNNEN SIND UNSTERBLICH! untergetauchte deutsche "ln- Linksextremistische Bestrebungen 109 ternationalistin" Andrea WOLFehemalige Angehörige des RAFUmfelds Frankfurt/M., später dem **Antiimperialistischen Widerstand" zuzurechnen - Ende Oktober unter bisher nicht geklärten Umständen anläßlich von Kampfhandlungen zwischen PKK-Aktivisten und dem türkischen Militär in der Ost-Türkei ums Leben. Die Szene reagierte in Trauerbekundungen und Nachrufen bestürzt, aber auch weiterhin kämpferisch. Während einige dieser deutschen "lnternationalisten " mit ihrem Einsatz led iglich die PKK unterstützen wollen , sehen andere in der PKK ein Vorbild, von dem es für den eigenen revolutionären Kampf in der Metropole, mithin in Deutschland, zu lernen gelte. So erklärten "lnternationalistinnen", die sich nach eigenen Angaben für einen längeren Zeitraum im kurdischen Kampfgebiet aufgehalten hatten: "Die PKK ist im Moment die weltweit stärkste Kraft, die erfolgreich gegen den Imperialismus kämpft. Internationalistisches Bewußtsein, das Bewußtsein, daß der Kampf gegen den gemeinsamen Feind geführt wird, gibt uns Stärke, den Kampf auch hier zu führen , Angriffe gegen die PKK .. . auch als Angriffe gegen uns selbst zu sehen , ihre Erfolge auch als unsere Erfolge zu erkennen. " Im Kampf gefallene "Genossen" werden zu Märtyrern erhoben: "Neben uns sind viele Freundinnen gefallen, wie könnten wir sie jemals vergessen? Vielmehr tragen wir durch ihren Tod eine große Verantwortung, den Kampf weiterzuführen bis zum Sieg; wo immer wir sind, den Kampf aufzunehmen und zu führen, damit ihre Opfer nicht umsonst sind .... Das ist ein Versprechen, diesen Kampf weiterzuführen ." ("Amazora" Nr. 12/98, September 1998) Vor allem auch solche Äußerungen sind Anhaltspunkte dafür, daß Diskussion zum Personen aus diesem Spektrum maßgeblich in Diskussionen zum Aufbau neuer revolutionärer schrittweisen Aufbau neuer revolutionärer Strukturen in Deutschland Strukturen eingebunden sind. Einen weiteren Schwerpunkt "internationalistischer" Aktivitäten stellten die Vorbereitungen für eine im April 1999 in Berlin geplante internationale Arbeitskonferenz "Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit" unter dem Motto "Befriedung oder Befreiung?<< dar (vg l. Nr. 2.1). Angesichts der erneut drohenden Hinrichtung des in den USA wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilten ehemaligen "Biack Panther<>Kommunistischen Plattform der POS<< (KPF) aus , forderte aber zugleich die Akzeptanz des Grundgesetzes von den Parteimitgliedern 11 3l . Auch andere Funktionäre der POS haben immer w ieder die ZugeKommunisten als hörigkeit von Kommunisten zur Partei betont . So äußerte der Bestandteil der Partei Bundesgeschäftsführer Dietmar BARTSCH in einer Fernsehsendung: ,,Wir haben als Partei eine Geschichte, wir sind nicht 89 eine Neugründung, sondern wir kommen aus der SED . ... die POS wird eine pluralistische Partei bleiben , in ihr haben auch Kommunistinnen und Kommunisten einen Platz .. ." (WDR-Fernsehen "Bonn am Rohr<<, 8. Oktober 1998, zitiert nach Fernseh-/ Hörfunkspiegel, Inland I, vom 9. Oktober 1998) 118 Linksextremistische Bestrebungen Der Parteivorsitzende BISKY bekräftigte gegenüber der Tageszeitung ** Berliner Morgenpost" vom 16. August. er kenne viele Mitglieder der Plattform , die er nicht missen möchte. Sie fühlten sich als Kommu - nisten . aber sie arbeiteten auf der Grundlage des Statuts und des Programms der POS. Und nur danach könnten Mitglieder beurteilt werden . "Kommunistische Die KPF hält jedoch weiter an der revolutionären Tradition des KomPlattform der PDScc munismus fest. (KPF) Die KPF-Sprecherin Eilen BROM BACHER - sie war eine der Hauptrednerinnen auf einer Konferenz .. 150 Jahre Manifest der Kommu - nistischen Partei", veranstaltet von der "Deutschen Kommunistischen Partei " (DKP) am 21. Februar in Berlin - stellte u. a. fest. gegenwärtig seien die Kommunisten nicht in der Offensive, man habe lediglich überlebt. Schon Lenin habe ausgeführt, man müsse auch den Rückzug antreten können und selbst in den reaktionärsten Parlamenten , in den reaktionärsten Gewerkschaften legal arbeiten; und sie zitierte Lenin weiter: .. .. . Es kommt nur darauf an , daß man es versteht, diese Taktik so anzuwenden, daß sie zur Hebung und nicht zur Senkung des allgemeinen Niveaus des proletarischen Klassenbewußtseins. des revolutionären Geistes, der Kampfund Siegesfähigkeit beiträgt. ... und Politiker der revolutionären Klasse, die nicht 'zu lavieren, Übereinkommen und Kompromisse zu schließen ' verstehen .. . sind keinen Pfifferling wert.<< ("Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der POS<< Nr. 3/ 1998) "Marxistisches Auch das "Marxistische Forum der POS" - ein Zusammenschluß Forum der PDScc orthodox-kommunistisch orientierter Mitglieder und Sympathisanten der Partei - wird als fester Bestandteil der POS akzeptiert. so ausdrücklich Wolfgang GEHRCKE, einer der stellvertretenden Parteivorsitzenden , gegenüber der Tageszeitung .. junge Weit<< vom 10 . November. Auf dem Wahlparteitag in Rostock forderten Vertreter des "Marxistischen Forums<>Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der POS" Nr. 2/ 1998) Die >>Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der POS" >>Arbeitsgemein(AG Junge Genossinnen) blieb zwar der größte Zusammenschluß für schaft Junge Genossinnen in und junge Mitglieder und Anhänger in der Partei . Ihre Arbeit war jedoch bei der POS" offensichtlich von strukturellen Schwierigkeiten geprägt; so w urde keine Bundeskonferenz durchgeführt, einige überregionale Zusam - menschlüsse waren nicht mehr aktiv. Vom 20. bis 22. Februar fand für alle Sympathisanten und jungen Mitg lieder der POS ein >>Jugendbasistreffen " in Erfurt statt, an dem rund 300 Personen teilnahmen . Im Aufruf - unterzeichnet u.a. von einer Sprecherin der AG Junge 120 Linksextremistische Bestrebungen Genossinnen - wird für eine Politik der POS geworben , die für eine sozialistische Alternative und für einen Bruch mit den herrschenden Verhältnissen kämpfe 114l . Eine Einschränkung , daß mit den "herrschenden Verhältnissen" nicht die Verfassungsund Rechtsordnung gemeint sei, feh lt. 2.2 Zusammenarbeit mit deutschen Linksextremisten außerhalb der Partei Eine Zusammenarbeit von Vertretern bzw. Gliederungen der POS mit Linksextremisten außerhalb der Partei erfolgte auch 1998 in vielfälti - gen Formen, so z. B. durch aktive Teilnahme an Aktionsbündnissen, Gespräche zwischen Vertretern der Vorstände von DKP und POS , enge Kontakte zwischen der "Kommunistischen Plattform der POS<< und der DKP, Geschichtsaufarbeitung zusammen mit der DKP und der "Marx-Engels-Stiftung e. V. << sowie der Bereitstellung von Listenplätzen bei Wahlen. Verhältnis zur OKP Eine kritische Solidarität verbindet die POS mit der DKP. Auf dem 14. Parteitag der DKP (22 . bis 24. Mai) in Hannover war die POS durch ei n Mitglied des Parteivorstands , einen Sprecher der KPF und durch den Ehrenvorsitzenden der POS Hans MODROW vertreten ; erstmals seit Jahren hielt mit MODROW wieder ein führender POS-Funktionär eine Rede auf einem DKP-Parteitag. Zu den Beschlüssen des Schweriner Parteitags der POS vom Januar 1997 - ein Verbot von Doppelmitgliedschatten sowie der Ausschluß von Kandidaten anderer Parteien auf den "offenen Listen << der POS - erklärte MOOROW: **Mir ist bewußt, daß die mehrheitlich getroffene Wahlentscheidung des Schweriner Parteitages der POS bei Euch schmerzliche Betroffenheit ausgelöst hat. Das sollte jedoch nicht ausschließen, nach Möglichkeiten linker Zusammenarbeit zu suchen . .. . Hier [in der Kommunalpolitik] Erfahrungen auszutauschen und an der Basis nach gemeinsamen Konzepten zu streben, könnte den Weg für weiteres Zusammenwirken öffnen .<< ("POS-Pressedienst<< Nr. 24 vom 12. Juni 1998) 115l ln einem Interview der Tageszeitung "Neues Deutschland<< vom 28. September erklärte der DKP-Vorsitzende STEHR zum Verhältnis von POS und DKP: "Ich sehe .. . die POS eher als Partnerin, weil in wesentlichen politischen Fragen eine Zusammenarbeit stattfindet. Das verlangen einfach die Verhältnisse. Aber im Kampf um die Köpfe konkurrieren wir natürlich. OKP und POS unterscheiden sich in Strategie und Taktik.<< Linksextremistische Bestrebungen 121 Entgegen den auf dem Schweriner Parteitag (17. bis 19. Januar 1997) gefaßten Beschlüssen kandidierten in den alten Ländern 16 Mitglieder der DKP für die POS: drei auf Landeslisten, darunter das Mitglied des Hamburger DKPBezi rksvorstands Thea RAN N, und 13 als Direktkandidaten. Im Vorfeld der Bu ndestagswahl verfaßten verschiedene Organisationen und Einzelpersonen Wahlaufrufe für die pos, so die DKP und die "Vereinigung für Sozialistische Politik" (VSP, vgl . Nr. 5). Die VSP appellierte: "Wir rufen dazu auf, ... der POS die .. . entscheidende Zweitstimme zu geben -weil der Antikommunismus in Deutschland nicht siegen darf, weil es Normalität sein muß, daß eine Partei mit kommunistischer Tradition im Bundestag vertreten ist, ... " ("Sozialistische Zeitung " Nr. 10/98 vom 14. Mai 1998) 2.3 Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie Auch die Beteiligung an Parlamentswahlen und die - zum Teil kon"Systemoppositionu troversen - Diskussionen über Möglichkeiten, sich in unterschiedli - chen Formen an der Regierung in einzelnen Ländern zu beteiligen, haben nicht dazu geführt , daß die POS ihr Selbstverständnis als "Systemopposition " ändert 116l. Nach wie vor versteht sie sich als Opposition in und zur Gesellschaft der Bundesrepublik 117l. So äußerte der Bu ndesgeschäftsführer Dietmar BARTSCH in einer Fern sehsendung des WDR am 8. Oktober u.a. : "Es bleibt allerdings dabei, selbst wenn wir uns in eine Koalition begeben , wir bleiben als POS gesellschaftlich Opposition. Wir sind der Auffassung , daß viele der heutigen Probleme in der jetzigen Struktur der Gesellschaft nicht gelöst werden können." (WDRFernsehen "Bonn am Rohr", 8. Oktober 1998, zitiert nach Fernseh-/ Hörfunkspiegel, Inland I, vom 9. Oktober 1998) Die Struktur der Gesellschaft der Bundesrepublik, überhaupt die Gestaltung der Gesellschaft , hat sich auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entwickelt . Wer zu dieser Gesellschaftsordnung in Opposition stehen will , nährt Zweifel daran, ob er an der freiheitlichen demokratischen Grundordnung festhält 122 Linksextremistische Bestrebungen Die Fraktionsvorsitzende der POS in Sachsen-Anhalt Petra SITIE wurde mit dem Schlagwort vom "Spagat zwischen Programm und Pragmatismus" zitiert , für den sie methodisch-wissenschaftlich gut geschult sei 118l. Vor den Delegierten eines Landesparteitags erklärte sie: Die Partei solle durchaus argwöhnen, worauf man sich in diesem parlamentarischen System wie lange und wie tief einlasse. Die Widerstandskraft solle schließl ich wachsen und nicht aufgesogen werden 119l. Abkehrvon Selbst die für die kommenden Jahre beabsichtigte Aktualisierung des Volkssouveränität Parteiprogramms von 1993 soll keine **Anpassung" an die "Gesellund schaft mit gewachsener und wachsender Kapitaldominanz" bringen, Parlamentarismus betonte der Parteivorsitzende BISKY. Zur Bedeutung des auch von ihm bejahten außerparlamentarischen Kampfes gegenüber der Parlamentsarbeit bekräftigte er: "Es bleibt bei der Aussage im Parteiprogramm : 'Die POS hält den außerparlamentarischen Kampf um gesellschaftliche Veränderungen für entscheidend.' Parlamentarische Präsenz der POS hat zur vorrangigen Aufgabe, emanzipatorische Bewegungen zu initiieren und zu stärken. << ("PDS-Pressedienst<< Nr. 7 vom 13. Februar 1998) Nach Interpretation von BISKY läßt im übrigen die Verfassung der Bundesrepublik viel Spielraum für alternative Gesellschaftsentwürfe; auf dem Grundgesetz - so BISKY - könne man fast eine sozialistische Republik errichten 120l. Aussagen anderer führender POS-Funktionäre weisen ebenfalls darauf hin, daß die Partei eine "andere Republik" anstrebt 121 l . Revolutionärer Der POS-Ehrenvorsitzende Hans MODROW bekräftigte in der ErAnspruch öffnungsrede zum Parteitag in Rostock (3 . bis 5. April) den "revolu - tionären << Anspruch der POS: "Dieses Land braucht für seine politische Zukunft (... ) eine linke Partei , die nicht leise tritt und brav ist, sondern sich als revolutionäre sozialistische Partei versteht und als solche wirkt, sichtbar und erlebbar ist. " ("DISPUT<< Heft Nr. 4/ 1998) ln einem Interview des DKP-Zentralorgans "Unsere Zeit<< (UZ) vom 17. April erläuterte MODROW, den Namen "Reform << verdienten nur Umgestaltungen, die den Weg zum Fortschritt aufbrechen würden, die "wegen ihrer weitund gesellschaftsverändernden Wirkung revolutionären Charakter" trügen. Linksextremistische Bestrebungen 123 2.4 Internationale Verbindungen Ihrem Selbstverständnis als internationalistische Partei gemäß unterhält die PDS eine Vielzahl von Kontakten zu ausländischen kommu - nistischen und linkssozialistischen Parteien und Bewegungen . Fortschritt im linken, im sozialistischen Sinne sei ohne Internationalismus nicht durchsetzbar, formulierte ein Mitglied der Grundsatzkommission der PDS 122l. Ein modernes Fortschrittsverständnis schließe den Kampf jener Kräfte, darunter auch der PDS, ein , die nicht nur auf Veränderungen im Rahmen der kapitalistischen Ordnung setzten, sondern die Überwindung des Kapitalismus als Konsequenz des Kampfes für Fortschritt verstünden . Diese internationalen Verbindungen werden u.a. durch gegenseitige Besuche von Parteitagen , Pressefesten und Konferenzen sowie durch Grußbotschaften und bilaterale Gespräche gepflegt. Nach eigener Darstellung hatte die PDS 1998 Kontakte u.a. zu den kommunistischen Parteien Frankreichs, Rußlands, Iraks, Indiens, Kubas, Österreichs, Italiens, Weißrußlands, Tschechiens und Vietnams 123l . Als Mitglied im ** Forum der Neuen Europäischen Linken" (NELF), einem Zusammenschluß von ** linkssozialistischen, linksgrünen und kommunistischen " 124l Parteien , richtete die PDS am 6. Juni in Berlin ein Treffen ** Europa left & live" aus . Der POS-Vorsitzende BISKY habe eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit angekündigt 125l. Als wesentlicher Träger der SolidariSolidaritätsarbeit tätsarbeit der PDS für das sozialistifür Kuba sche Kuba setzte die **Arbeitsgemeinschaft Cuba Sf" (AG Cuba Sf) der PDS ihre Aktivitäten - u.a. Sammlung von Sachund Geldspenden zur Unterstützung von Hilfsprojekten auf Kuba - fort. Damit wird letztlich die dortige Staatsordnung gefördert. ln einer Selbstdarstellung auf der Hornepage der AG im Internet heißt es u.a.: **Unsere AG ... leistet .. . konkrete internationalistische Solidarität mit dem kubanischen Volk, seiner Revolution und Regierung . ... Mit den verschiedensten Aktivitäten politischer und materieller Solidarität sowie mit Entwicklungshilfeprojekten in Kuba konnte Cuba Si einen kleinen Beitrag für das Überleben der kubanischen Revolution erbringen .. ." Ausdruck des "Internationalismus" ist auch die Solidaritätsarbeit der Solidaritätsarbeit PDS für den "kurdischen Befreiungskampf". Die Partei griff Anliegen für die PKK 124 Linksextremistische Bestrebungen der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) auf und unterstützte sie politisch. ln einem Interview des "Kurdistan Report" (Nr. 92 , September/ Oktober 1998), dessen Berichterstattung die Interessen der PKK vertritt, schilderte die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla JELPKE: **Ja, es haben sich sowohl Mitglieder der Bundestagsgruppe, der POS-Landtagsfraktionen und auch der Partei an Delegationsreisen beteiligt. Ich selbst war auch einige Male in Nordwestkurdistan . Ich war tief beeindruckt von den Gesprächen und Zusammentreffen mit kurdischen Freunden und Freundinnen . (... )Die Frauen tragen die Hauptlast dieses schmutzigen Krieges. (... ) Heute sind sie stolz darauf, wenn sich ihre Söhne und Töchter der kurdischen Befreiungsbewegung anschließen. " 3. "Bund der Antifaschisten (Dachverband) e. V.cc (BdA) gegründet: 1990 Sitz: Berlin Vorsitzender: Heinrich FINK Mitglieder: 6.000 (1997 : 6.000) Der BdA - er entstammt wie die **Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVNBdA, vgl. Nr. 1.4) der Tradition des orthodox-kommunistischen Antifaschismus - blieb nach seinem Selbstverständnis ein Dachverband für .. antifaschistische" Gruppen: Einzelmitgliedschatten von Personen sind in ihm nicht möglich . Er setzte seine Bemühungen fort, eine gesamtdeutsche **antifaschistische" Organisation zu schaffen . Dazu trieb er vor allem seine Fusion mit dem "Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Nazi-Regimes und Hinterbliebener e. V. " (IWdN, vgl. Nr. 1.4) voran . Inzwischen sind beide Verbände wechselseitig im jeweils anderen korporative Mitglieder geworden. Am 21 ./22. Januar nahmen BdA-Funktionäre erstmals an einer ordentlichen Delegiertenversammlung des IWdN teil. Der Vorsitzende und zwei Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands des BdA wurden in den neuen IWdNVorstand gewählt . Die Landesverbände von BdA und IWdN in Thüringen schlossen sich im Oktober zusammen. Gemeinsamer Vorsitzender wurde Ludwig ELM (POS). Integration Dem BdA gehören als Mitglieder auch örtliche Antifa-Gruppen an, gewaltbereiter die nach ihrer personellen Zusammensetzung , ihrem Selbstver"Antifaschisten" ständnis und ihrer Arbeitsweise Zusammenschlüssen autonomer Linksextremistische Bestrebungen 125 Antifaschisten gleichen. Besonders aktiv waren die Jugendgruppe ** R.O.T.K.Ä. P. C. H.E.N im und beim BdA" sowie in Berlin der Verein **BdA - Die Prenzlbergerlnnen" (BdA-P). Erneut befürworteten Funktionäre des BdA die Integration gewaltbereiter jugendlicher **Antifaschisten<<, Dazu veranstaltete der BdA am 6. Juni in Berlin das **3. Antifa-Jugendtreffen'' mit rund 70 Teilnehmern , darunter Anhänger der WN -BdA, POS und autonomer Zusammenschlüsse. Der BdA beteiligte sich an zahlreichen **antifaschistischen'' Bündnissen wie **Antifa-Workcamps''* **Antifaschistische/ Antirassistische Ratschläge''* ** Bündnisse gegen Rechts<< sowie an Demonstrationen und Aufrufen, in denen neben anderen linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Zusammenschlüssen auch Demokraten eingebunden waren. 4. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlandsec (MLPD) gegründet: 1982 (entstanden aus dem **Kommunistischen Arbeiterbund DeutschlandS<> Entri smus"zeigt Erfolge Strategie: Trotzkisten treten in konkurrierende linke, auch demokratische, Zusammenschlüsse ein , versuchen in diesen ihre Politik zu verankern, Mitglieder abzuwerben oder auch ganze Organisationsgliederungen unter ihre Kontrolle zu bringen . Dieses Konzept hatte Erfolg. Nach kräftigem Zulauf verfügt das LR inzwi schen über rund 900 Mitglieder; die in fünf Bezirke gegliederte Organisation ist in mehr als 40 Orten präsent. Vom disziplinierten und geschlossenen Auftreten ihrer Kader bei Demonstrationen und Veranstaltungen zeigten sich andere Teilnehmer beeindruckt. Die >>Sozialistische Alternative VORAN " (SAV) -deutsche Sektion des "Sozialistische >>Committee for a Workers International" (CWI , Sitz London) - blieb Alternative VORAN" (SAV) zweitstärkste trotzkistische Formation in Deutschland . Sie konnte aber trotz Neuaufnahmen ihren Mitgliederbestand vom Vorjahr nicht halten. Noch etwa 300 Anhänger sind in 18 Städten aktiv. Die SAV beteiligte sich an ihrem Sitz in Köln sowie in Aachen , Stuttgart und Siegen mit jeweils einem Direktkandidaten an der BundestagswahL Sie rief ihre Anhänger auf, der POS die Zweitstimme zu geben. Die Aufgabe der Arbeit mit der Vorfeldorganisation >>Jugend gegen Rassismus in Europa/Jugendoffensive" (JREIJO) traf auf interne Kritik. Inzwischen bemüht sich die SAV an einigen Orten - zum Teil erfolgreich-, JREIJO-Gruppen wieder aufzubauen . An der Bundestagswahl beteiligte sich auch die >> Partei für Soziale Gleichheit , Sektion der Vierten Internationale" (PSG) mit wenigen eigenen Kandidaten . Andere, wie der >>Revolutionär-Sozialistische Bund/ IV. Internationale<< (RSB), die "Verein igung für Sozial istische Politik<< (VSP) oder die >>Gruppe Arbeitermacht << (GAM) riefen ihre Anhänger zur Wahl der POS auf. Das VSP-Mitglied Winfried WOLF, inzwischen auch in die POS eingetreten , zog erneut über eine Landesliste der POS in den Deutschen Bundestag ein. 6. "Rote Hilfe e. V.cc (RH) gegründet: 1975 Sitz: Kiel Mitglieder: 3.000 (1997: 3 .000) Publikation: >>Die Rote Hilfe", vierteljährlich Die >> Rote Hilfe e. V. << (RH), nach eigenem Verständnis eine "parteiUnterstützung für unabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidarigewaltorientierte tätsorganisation''* setzte ihre Aktivitäten konsequent fort, vor allem Linksextremisten 128 Linksextremistische Bestrebungen deutsche und ausländische gewaltorientierte Linksextremisten durch Zuschüsse für Prozeßund Anwaltskosten zu unterstützen. Zu den Empfängern regelmäßiger finanzieller Transferleistungen der RH zählte weiterhin die prokurdische linksextremistische Hilfsorganisation AZADI. Eine Bundesdelegiertenversammlung der RH (20./21. Juni in Göttingen) kündigte eine Solidaritätskampagne für die Entlassung Inhaftierter aus der "Roten Armee Fraktion" (RAF) an. Umstritten blieb in der überwiegend auf den gewaltbereiten Linksextremismus fixierten Organisation, ob auch die ..Verfolgung" früherer MfS-Angehöriger und SED-Funktionäre Gegenstand von Unterstützungleistungen der RH sein könne. V. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Verlage, Vertriebe und periodische Publikationen Auch 1998 verbreiteten etwa 40 von Linksextremisten gesteuerte Verlage und Vertriebsdienste linksextremistische Zeitungen , Zeitschriften und Bücher. Die Gesamtzahl der im Bereich des Linksextremismus herausgegebenen periodischen Publikationen sank auf etwa 230 (1997: 250). Die Gesamtauflage ging auf etwa 8 Millionen Exemplare (1997: rund 10 Millionen) zurück; dies ist im wesentlichen auf den Auflagenverlust der linksextremistischen Tageszeitung **junge Weit" zurückzuführen 13 1l. 2. Organisationsunabhängige linksextremistische/linksextremistisch beeinflußte Publikationen Revolutionäre Marxisten brachten weiterhin organisationsunabhänige Publikationen mit unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung heraus. Die meisten dieser Blätter wollen aktuelle politische Themen aus extremistischer Sicht darstellen und ideologisch einordnen. Sie bieten zusätzlich Foren für Theoriediskussionen über linksextremistische Strategie und Taktik sowie über Aktionsfelder revolutionär-marxistischer Politik. Schließlich kommt ihnen eine Servicefunktion zu, indem sie Veranstaltungshinweise und Termine der linken Szene bekanntmachen. Einige dieser Publikationen haben sich auf bestimmte Themen , z. B. Weiterentwicklung revolutionärer Theorie oder "Anti - Linksextremistische Bestrebungen 129 faschismus ", spezialisiert. Andere berichten umfassend im Sinne einer bestimmten ideologisch-politischen Strömung . Manche von ihnen waren ursprünglich Organe revolutionär-marxistischer Gruppen; nach deren Zerfall werden die Blätter von ihren Verlegern/ Redakteuren weitergeführt . Das auflagenstärkste und aufwendigste organisationsunabhängige "junge Weltcc Blatt ist die linksextremistische Tageszeitung **junge Weit" UW). bis 1989 Organ des Zentralrats der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) der ehemaligen DDR. Das seit 1990 privatwirtschaftlich geführte Blatt erlebte seither mehrfach personelle und inhaltliche Umbrüche. Eine Eskalation interner Auseinandersetzungen führte im Mai 1997 zu einer Abspaltung des dezidiert "antideutsch" ausgerichteten Flügels der Redaktion. Der parteikommunistisch ausgerichtete Flügel um den ehemaligen DKP-Funktionär Dietmar KOSCHMIEDER (Geschäftsführer der jW) setzte sich durch. Er orientiert sich inhaltlich überwiegend an der politischen Linie der KPF der POS und pflegt mit Blick auf die mehrheitlich ostdeutsche Leserschaft eine deutliche DDRNostalgie. Gleichwohl bemühte sich das Blatt auch um Leser aus dem Bereich der gewaltbereiten Linken. Es deckt daher in seiner Berichterstattung Themen wie "Antifaschismus" , Rechtsextremismus, "Anti-Repression << , Protest gegen Kernkraftnutzung und bewaffnete "Befreiungsbewegungen<< in der Dritten Weit mit ab. Das Spektrum der Redakteure und Autoren spannt sich von Anhängern der DKP und der KPF der POS über frühere Unterstützer deutscher linksterroristischer Organisationen bis hin zu ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeitern des "Ministeriums für Staatssicherheit<< (MfS) und "Kundschaftern des Friedens<< der ehemaligen DDR. Die Auflage der jW ging von 17.000 auf ca. 14.000 verkaufte Exemplare zurück. Nach Aussagen des Geschäftsführers genügt dies nicht, um die entstehenden Kosten zu decken. Das in Harnburg erscheinende linksextremistische Monatsblatt "kon"konkret" kret << (Auflage rund 30.000 Exemplare) wird seit 1972 von Hermann Ludwig GREMLIZA herausgegeben . Als bedeutendstes Blatt des "antideutschen'' und "antinationalen<< Linksextremismus bemüht es sich weiterhin um den Nachweis, daß nahezu allen politischen Ereignissen in Deutschland letztlich faschistische Wurzeln und Motive zugrundelägen. Im Mittelpunkt steht dabei die Vorstellung, daß die vereinigte Bundesrepublik in direkter Kontinuität zum Dritten Reich stehe und gesetzmäßig auf einen Dritten Weltkrieg zusteuere. Politische Gegner des Blattes werden oft undifferenziert als "Nazis<< diffamiert und nicht selten - wenn sie sich kritisch zu "konkret << äußern - mit Zivilklagen überzogen. **konkret<< -Autoren befaßten sich in zahlreichen Artikeln und Kommentaren mit dem "Schwarzbuch des Kommunismus'' 132l; sie versuchten dabei zumeist, die kommunistischen Massenverbrechen zu relativieren oder zu leugnen. 130 Linksextremistische Bestrebungen "Der Rechte Randcc Das in Hannover sechsmal jährlich erscheinende Blatt "Der Rechte Rand - Informationen von und für Antifaschistlnnen" will über tatsächlichen und vermeintlichen Rechtsextremismus aufklären. Es arbeitet dabei stark personenzentriert Porträts von rechtsextremisti - schen Funktionären werden veröffentlicht, personenbezogene Daten politischer Gegner durch Fettdruck hervorgehoben. "Antifaschistische Ebenfalls dem "antifaschistischen Kampf" von Linksextremisten verNachrichten" pflichtet sind die "Antifaschistischen Nachrichten<< , die zweiwöchentlich in Köln erscheinen. Das Blatt stammt aus einer Vorfeld - organisation des inzwischen in der POS weitgehend aufgegangenen "Bundes Westdeutscher Kommunisten << (heute: "Forum Kommunistischer Arbeitsgemeinschaften in und bei der POS<<). Es hat sich bereits vor mehreren Jahren einen breiten Herausgeberkreis zugelegt, dem Personen aus unterschiedlichen revolutionär-marxistischen Organisationen angehören. 3. Neue Kommunikationsmedien Zur Selbstdarstellung , Agitation und Mobilisierung nutzten Linksextremisten weiter zunehmend die elektronischen Kommunikationsmedien wie Internet und Mailboxen, allerdings mit unterschiedlicher Intensität. 3.1 Internet Die Bedeutung des lnternets mit seinen verschiedenen Diensten für Linksextremisten nimmt weiter zu. Dabei treten Linksextremisten häufiger selbst als Provider auf oder nutzen Provider im Ausland , überwiegend mit Sitz in den USA. Fast alle größeren linksextremistischen Organisationen, z. B. die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands<* (MLPD) und die **Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend " (SDAJ), trotzkistische Gruppen wie das "LinksruckNetzwerk<< und die "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG) , aber auch autonome Gruppen, u. a. die "Autonome Antifa (M)" aus Göttingen, sind weiterhin mit eigenen Homepages im Internet vertreten. Über eine Vielzahl von "Links" (automatisierte Verknüpfungen) sind auch Homepages gleichgesinnter ausländischer Gruppierungen aufrufbar. Dem von Angehörigen der autonomen Szene Harnburg aufgebauten "nadir"-Projekt mit seinem Archiv, seinen aktuellen Hinweisen und zahlreichen "Links" kommt eine Vorreiterrolle im linksextremistischen Internetbereich zu. So bedient sich beispielsweise die "Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB) - Mitglied der "Antifaschistischen Aktion/ Bundesweite Orga- Linksextremistische Bestrebungen 131 nisation" (ANBO, vgl. Kap . 111, Nr. 2.2 .3) - des "nadir<< -Projekts u. a. zur Verbreitung von Demonstrationsaufrufen und Grundlagentexten. Neue Projekte - in Anlehnung an das ** nadir<<-Projekt - sind entstanden. Dazu gehört das "Partisan .net<< ("Projekt Archive Radikaler Theorie Info System Alternativer Nachrichten<<). getragen von Personen der autonomen Szene Berlins. "Partisan.net<< versteht sich selbst als "Strömungsübergreifenden Zusammenschluß innerhalb des linken & radikalen Spektrums''* Es sieht die "Bereitstellung von Webspace für die Verbreitung, Vernetzung und Archivierung von Nachrichten , Meinungen und theoretischen Arbeiten zur nicht-kommerziellen Netznutzung als Teil einer linken & radikalen politischen Praxis'' * Über die neuen Kommunikationsmedien verbreiteten Linksextremisten vorrangig Berichte und Demonstrationsaufrufe zum "antifaschistischen Kampf<< . Weitere Themenschwerpunkte waren Berichte und Aufrufe im Zusammenhang mit der "Anti -AKW-Kampagne''* Informationen zum "kurdischen Befreiungskampf,, sowie zur Situation "politischer Gefangener'' weltweit. Zunehmend wird Informationsund Agitationsmaterial zu der geplanten Weltausstellung "EXPO 2000,, in Hannover eingestellt. Hohen Stellenwert messen Linksextremisten Verschlüsselungs - programmen und -techniken - insbesondere für den persönlichen E-Mail-Bereichbei. Zur Nutzung tauglicher Programme wird immer wieder aufgefordert ; Hilfestellung bei der Installation der Programme wird angeboten. 3.2 Mailboxen Das von Angehörigen der autonomen/ antiimperialistischen Szene aufgebaute Mailboxnetz "SpinnenNetz,, istobwohl formal noch existent - faktisch bedeutungslos geworden . Dagegen begann der "Förderverein 'Libertad' ,, -Initiator des Vereins ist die dem "antiimperialistischen Widerstand" zuzurechnende Frankfurter Gruppe "Kein Friede<< (vgl. Kap. 111, Nr. 2.1) - den weiteren Ausbau der "Libertad << - Mailbox. Das Herzstück der Mailbox bildet ein Archiv, in dem Informationen über die Situation "politischer Gefangener'' in aller Weit gesammelt, aufbereitet und anderen interessierten Gruppen zur Verfügung gestellt werden. Die Gruppe plant, mit politisch Gleichgesinnten ein "LIBNET" genanntes selbständiges Mailboxnetz aufzubauen. Eine große Zahllinksextremistischer Gruppen bedient sich w ie bisher auch kommerziell betriebener Mailboxen. 132 Linksextremistische Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 134 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern I. Überblick Nach wie vor wird die innere Sicherheit Deutschlands durch extremistische und terroristische Ausländergruppierungen aller ideologischen Schattierungen bedroht , die mit ihren Aktivitäten im Bundesgebiet vor allem auf politische Vorgänge in den jeweiligen Herkunftsländern reagieren. Der Islamismus 1331, häufig auch als islamischer Fundamentalismus bezeichnet , entwickelte sich in den letzten Jahren zu einer gesellschaftlichen Herausforderung und Bedrohung nicht nur für den arabischen Raum und die Türkei , sondern zunehmend auch für westeuropäische Staaten mit hohem muslimischem BevölkerungsanteiL Die in Deutschland aktiven extremistisch-islamischen (islamistischen) Gruppierungen türkischen und arabischen Ursprungs wollen die Gesellschaftsordnungen ihrer Heimatländer durch ein auf Koran und Scharia (islamisches Rechtssystem) basierendes islamistisches Staatswesen ersetzen . Während viele, meist kleinere islamistische Gruppierungen arabischen Ursprungs Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung dieses politischen Ziels befürworten, setzt die mitgliederstärkste islamistische türkische Gruppierung, die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V. " (IGMG), vor allem auf politische Aktivitäten zur Veränderung der gesellschaftlichen Ordnung in der Türkei . Die IGMG und mehrere andere islamistische Gruppierungen versuchen darüber hinaus, auch für ihre Anhänger im Bundesgebiet ein Leben auf der Grundlage von Koran und Scharia durchzusetzen. Islamistische Organisationen gehen davon aus, daß mit dem Koran, der Scharia, den Lebensregeln des Propheten Mohammed (Hadith) und der Praxis der muslimischen Urgemeinde (Sunna) ein islamisches Gesellschaftssystem vorgegeben sei, das zur wahren Ausübung des Islam unverzichtbar sei . Kern der islamistischen Ideologie ist die Prämisse, daß staatliche Herrschaft nicht der Willkür von Menschen überlassen werden dürfe, sondern allein Allah zukomme, dessen Wille sich im Koran als alleinige, für alle geltende Wahrheit offenbart habe. Auf dieser Basis verneint eine islamistische Gesellschaftsordnung denknotwendig die in Art . 20 GG niedergelegten grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie z. B. Volkssouveränität, Mehrheitsprinzip oder das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition . Linksextremistische Ausländergruppierungen verfolgen das Ziel , die jeweils bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung in ihren Herkunftsländern durch ein sozialistisches oder kommunistisches Gesellschaftssystem zu ersetzen. Unabhängig von ihrer konkreten ideologischen Orientierung - einige halten an orthodoxen marxi - stisch-leninistischen Konzepten fest, andere orientieren sich an maoistischen Positionen - befürworten alle in Deutschland vertretenen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 135 linksextremistischen Ausländergruppierungen weiterhin "revolutionäre Gewalt" zur Erreichung ihrer politischen Ziele. Nach wie vor ist auch ein zum Teil ausgeprägter "Antiimperialismus", der sich überwiegend gegen die USA richtet, feststellbar. Gleichwohl kommt es auch im Bereich der linksextremistischen Ausländergruppierungen immer wieder zu Diskussionen , ob der kommunistische Weg noch sinnvoll ist. Bei einigen Ausländergruppierungen (insbesondere kurdischen und tamilischen Ursprungs) haben mittlerweile ethnisch motivierte Unabhängigkeitsoder Autonomieforderungen die vormals ausgeprägte sozialistische Orientierung überlagert. Häufig kommt es zwischen den linksextremistischen Ausländergruppierungen und deutschen linksextremistischen Gruppen zu Aktionsbündnissen. Kennzeichen extrem-nationalistischer Ausländergruppierungen ist ein übersteigertes Nationalbewußtsein, das die eigene Nation als höchstes Gut erachtet und den Wert des Menschen von seiner ethnischen Zugehörigkeit zu dieser Nation abhängig macht. Bei den türkischen Nationalisten verbindet sich diese Haltung zunehmend mit islamistischen Positionen. Der seit Jahren feststellbare Anstieg des Mitgliederund Anhängerpotentials extremistischer Ausländerorganisationen setzte sich auch 1998 fort. Gegenüber 1997 (58.200) erhöhte sich die Anzahl der Mitglieder und Anhänger allerdings nur leicht auf rund 59.100. Die Anzahl der Gewalttaten war hingegen erneut rückläufig. Insbesondere von Anhängern linksextremistischer türkischer Organisationen gingen weiterhin Gefahren für die innere Sicherheit aus . Am 13. August hat der Bundesminister des lnnern (BMI) die türkischen Vereinigungen "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 134l und "Türkische Volksbefreiungspartei/ -front - Revolutionäre Linke" (THKP/ -CDevrimci Sol) 135 l verboten. Beide Gruppierungen sind aus der bereits am 27. Januar 1983 vom BMI verbotenen türkischen linksextremistischen Organisation ,.Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) hervorgegangen und haben deren politische Ziele und ideologische Vorstellungen übernommen. Die Verbote stützen sich u. a. darauf, daß die Tätigkeiten beider Organisationen gegen deutsche Strafgesetze verstoßen und die innere Sicherheit und öffentliche Ordnung Deutschlands gefährden. Beide Organisationen hatten sich im Streit um die Nachfolge der "Devrimci Sol" in mit Waffengewalt ausgetragene Flügelkämpfe verstrickt , die auch Todesopfer forderten. Bei der letzten Auseinandersetzung dieser Art am 29. Januar in Harnburg wurden zwei Anhänger der DHKP-C durch Schüsse schwer verletzt. Innerhalb des linksextremistischen türkischen und kurdischen Spektrums waren erneut Bündnisbestrebungen festzustellen . 136 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Die >>Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und sieben revolutionärmarxistische türkische Organisationen, darunter die ,,MarxistischLeninistische Kommunistische Partei " (M LKP) , beide Flügel der ,,Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/M L) und die THKP/-C - Devrimci Sol einigten sich Anfang Juni auf ein Aktionsbündnis für den revolutionären Kampf. Ab Juli führten die Bündnisorganisationen unter der Bezeichnung >>Plattform der Vereinigten Revolutionären Kräfte" (DBGP) auch Veranstaltungen im Bundesgebiet durch . Die nicht am Bündnis beteiligte DHKP-C hatte Ende 1997/ Anfang 1998 selbst versucht, eine >>revolutionäre Front" aller linken Gruppen , auch unter Einschluß der PKK, aufzubauen. Nach Einschätzung des Generalsekretärs der DHKP-C, Dursun KARATAS , ist dieses Unterfangen infolge Rivalität und Cliquenbildung gescheitert. Die Anhänger der PKK halten sich nach wie vor weitgehend an die 1996 vom PKK-Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN verkündete Linie , in Deutschland nicht mehr gewalttätig vorzugehen. Allerdings versuchte die PKK das gegen sie verhängte Betätigungsverbot das jegliche Form von Aktivität untersagt, durch Steuerung von oder zumindest Beteiligung an zahlreichen Demonstrationen und anderen Veranstaltungen zu unterlaufen. Die Fähigkeit der PKK, Massen zu mobilisieren, zeigte sich zuletzt Ende des Jahres, als die Organisation zahlreiche Solidaritätsaktionen und Kundgebungen für ihren im November in Italien vorübergehend festgenommenen Vorsitzenden ÖCALAN durchführte. Die herausragende Organisationskraft und jederzeit aktivierbare Gewaltbereitschaft der PKK stellen eine unverminderte Gefahr für die innere Sicherheit dar. Die ,,Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) bemüht sich weiterhin nach außen um ein moderates Erscheinungsbild und demonstriert Dialogbereitschaft mit Andersgläubigen, um der Einstufung als "extremistisch-islamisch" gegenzusteuern. Gleichwohl setzt die IGMG ihren integrationsfeindlichen Kurs fort und bemüht sich insbesondere um die Indoktrination junger Menschen, die sich nicht an den Wertvorstellungen des Grundgesetzes orientiert. Einem Bericht der Tageszeitung ,,Milli Gazete" (Nationale Zeitung) zufolge erklärte der IGMG-Vorsitzende Ali YÜKSEL im Rahmen eines Besuchs bei muslimischen Schülern in Mons (Belgien), seine Organisation habe das Jahr 1998 zum Jahr der Schulung ausgerufen . ln einem Umfeld mit anderer Religion und Kultur müßten muslimische Kinder vor den Fallen der fremden Kultur und des unmoralischen Lebenswandels geschützt werden. Daher führte die IGMG auch 1998 wieder zahlreiche Schulungsveranstaltungen für Jugend - liche durch. Bei den traditionellen Ferienkursen im Sommer standen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 137 laut einem Bericht der ** Milli Gazete" vom 2. Oktober neben der Vermittlung religiöser Inhalte die Stärkung des ** nationalen BewußtseinS<< und die Bewahrung der **eigenen Identität und Kultur<< im Vordergrund, wobei die Organisation hierunter letztlich die Einbrin - gung der politischen Ordnungsprinzipien von Koran und Scharia in die westliche Gesellschaft versteht. Die IGMG, die bislang die am 16. Januar in der Türkei verbotene türkische "Wohlfahrtspartei<< (Refah Partisi - RP) unterstützte, blieb auch deren Nachfolgerin "Tugend - partei<< (Fazilet PartisiFP) eng verbunden. Die Funktionäre und Prediger des "Kalifatsstaates<< (auch bekannt als "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln << (ICCB)) , an der Spitze der Leiter und selbsternannte Kalif Metin KAPLAN , polemisieren zunehmend aggressiv gegen alle Andersdenkenden . Das Amtsgericht Augsburg verurteilte am 16. März einen Funktionär und Prediger des "KalifatsstaateS<< wegen Mordaufrufs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Als Reaktion auf polizeiliche Durchsuchungsmaßnahmen gegen den Verband agitierte KAPLAN trotz des bereits 1996 gegen ihn verhängten politischen Betätigungsverbots zunehmend auch gegen deutsche Interessen. ln Erklärungen vom 23. Juli und 6. August hielt er seine Anhänger zum militanten Glaubenskampf an und forderte Deutschland auf, seine Haltung zum Islam zu überprüfen. Sollte die Feindschaft gegen die Muslime nicht aufgegeben werden , ziehe sich die deutsche Nation den Zorn Allahs zu und müsse darauf gefaßt sein, dem Erdboden gleichgemacht zu werden. Anfang November berichteten türkische Sicherheitskräfte über die kurz zuvor erfolgte Vereitelung von Anschlägen auf die Fatih-Moschee in lstanbul und das Atatürk-Mausoleum in Ankara. Insgesamt seien 25 Personen festgenommen worden. Nach türkischen Angaben handelt es sich bei den Festgenommenen um Anhänger des "Kalifatsstaates << , dessen Leiter KAPLAN die Anschlagsplanungen von Deutschland aus gesteuert, zumindest aber gebilligt habe. Anhänger islamistischer Organisationen aus dem Nahen Osten setzten ihre Kritik am Nahost-Friedensprozeß fort . An der alljährlichen Demonstration zum "OhodS<< -Tag (Jerusalem-Tag) beteiligten sich am 24. Januar in Berlin etwa 1.500 Muslime, u. a. Anhänger islamistischer türkischer, libanesischer und irakischer Gruppierungen , darunter ca. 150 Anhänger der proiranischen libanesischen "Hizb Allah << (Partei Gottes). Die Demonstration war von einem Mitglied der regimetreuen iranischen "Union Islamischer Studentenvereine<< (U.I.S.A.) angemeldet worden. Auf mitgeführten Transparenten und in Parolen forderten die Demonstranten u. a. die "Befreiung Jerusalems vom zionistischen Besatzerregime<<. Der Abschlußredner verurteilte das Autonomieabkommen der PLO mit Israel . 138 --._ Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Die Spannungen in der serbischen Provinz Kosovo , insbesondere die gewaltsame Niederschlagung einer Großkundgebung von Albanern am 2. März in der Provinzhauptstadt Pristina durch Sicherheitskräfte der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien/Montenegro). nahmen Kosovo-Aibaner auch in Deutschland zum Anlaß für ProtestVeranstaltungen. Die in ihrer Heimat terroristisch operierende "Befreiungsarmee von Kosovo" (UCK) wird auch von in Deutschland leben - den Anhängern der "Volksbewegung von Kosovo" (LPK) finan - ziell unterstützt. II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotential 136l ln der Bundesrepublik Deutschland lebten Ende 1998 rund 7,5 Millionen Ausländer. Die weit überwiegende Zahl achtet unsere Rechtsordnung und ist auch bereit, ihren Beitrag zur Integration zu leisten. Lediglich eine Minderheit (weniger als 1%) hat sich extremistischen Ausländerorganisationen 137l angeschlossen. Das gesamte Mitgliederpotential der 65 zum Jahresende im Bundesgebiet aktiven extremistischen Ausländerorganisationen - darunter drei, gegen die Verbotsmaßnahmen nach dem Vereinsgesetz verfügt wurden - stieg leicht auf 59.100 (1 997: 58.200). Die Zahl der nicht in die Organisationen eingebundenen Sympathisanten und kurzfristig für Zwecke der Organisation mobilisierbaren Personen ist allerdings wesentlich höher. Die islamistischen Organisationen verfügen mit rund 31 .000 Personen (1 997: 30.800) über das größte MitgliederpotentiaL Mitgliederstärkste Organisation ist die türkische "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V.<< {IGMG). die etwa 27.000 Mitglieder zählt 138l. Das Mitgliederpotential linksextremistischer Ausländergruppierungen sank leicht auf rund 19.300 (1 997: 19.400). Während die meisten linksextremistischen Gruppen nur mit Mühe ihren Mitgliederstand halten konnten oder Mitglieder verloren, verzeichnete die "Arbeiterpartei Kurdistans<< (PKK) erneut einen leichten Zulauf. Sie verfügt nun über ca. 11 .500 (1 997: 11.000) Mitglieder. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 139 Das Mitgliederpotential ausländischer Nationalisten stieg geringfügig auf rund 8.500 an (1997: 8.000) . Mitgliederpotential extremistischer Ausländerorganisationen ., Staatsangehörigkeit bzw. Linksextremisten Extreme lslamisten Gesamt Volkszugehörigkeit Nationalisten Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Kurden**> 1998 23 11.900 23 11.900 1997 22 11.800 22 11 .800 1996 22 10.800 22 10.800 Türken ..> 1998 12 5.110 1 7.500 5 28.400 18 41.010 1997 9 5.400 1 7.000 5 28.100 15 40.500 1996 9 5.300 1 6.900 5 28 .300 15 40.500 Araber 1998 4 200 11 2. 740 15 2.940 1997 4 300 11 2.500 15 2.800 1996 8 750 11 2.300 19 3.050 Iraner 1998 1 900 1 150 2 1.050 1997 1 900 1 200 2 1.100 1996 1 850 1 300 2 1.150 Sonstige 1998 4 1.250 3 950 7 2.200 1997 4 1.000 3 1.000 7 2.000 1996 4 900 3 900 7 1.800 Summe 1998 44 19.360 4 8.450 17 31.290 65 59.100 1997 40 ..1 19.400 4 8.000 17 30.800 61 58.200 1996 44 ..1 18.600 4 7.800 17 30.900 65 57.300 ') Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätz1 und gerundet. ..) Abweichend von den vorherigen Jahresberichten werden hier seit 1997 auch mit Verbot belegte Gruppen gezählt. Daherweichen die Vergleichszahlen für 1996 von den Angaben im Verfassungsschutzbericht 1996 ab. 2. Straftaten/Gewalttaten Die Gewaltbereitschaft ausländischer Extremisten bedrohte auch Rückgang der Zahl 1998 die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, auch der Gewalttaten wenn sich der seit 1997 zu verzeichnende Rückgang der von ausländischen Extremisten verübten Gewalttaten weiter fortsetzte . Es wurden 258 Gewalttaten verübt (1997: 314); dies entspricht einem Rückgang von etwa 17,8%. Die Gesamtzahl der Straftaten ist mit 2.356 (1997: 1.608) um 46,5% gestiegen . 140 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Nach wie vor ist die Mehrzahl der extremistischen Ausländerorganisationen an terroristischen Aktivitäten im jeweiligen Herkunftsland beteiligt. Taktische Überlegungen bestimmen auch weiterhin die Bereitschaft, die deutsche Rechtsordnung zu achten. So ist die Zurückhaltung bzw. der Verzicht auf gewalttätiges Vorgehen in Deutschland eng mit den zu erwartenden Erfolgen oder Mißerfolgen im heimatlichen Kampfgebiet verbunden . Der Rückgang der Gewalttaten ist insbesondere auf die geringere Zahl der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden - inzwischen verbotenen - verfeindeten linksextremistischen türkischen Organisationen "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) und "Türkische Volksbefreiungspartei/ -front - Revolutionäre Linke" (THKP/ -C - Devrimci Sol) zurückzuführen. Deren äußerst gewalttätige Flügelkämpfe forderten zuletzt am 29. Januar in Harnburg auf seiten der DHKP-C zwei Schwerverletzte. Offenbar haben umfangreiche Maßnahmen der Sicherheitsbehörden wie Festnahmen und das Verbot der beiden Gruppierungen am 13. August durch das Bundesministerium des lnnern zur Entspannung der Lage beigetragen. Gewalttätigkeiten Gleichwohl war der größte Teil der Gewalttaten immer noch bei den bei der SpendenSpendenkampagnen extremistischer türkischer und kurdischer Orgaeintreibung nisationen und bei Streitigkeiten solcher Organisationen untereinander zu beobachten. Ein überdurchschnittlicher Anstieg ist außerdem bei den Landfriedensbrüchen zu verzeichnen. Es gab auch 1998 bei Gewalttaten ausländischer Extremisten in Deutschland wieder zahlreiche schwere Körperverletzungen und versuchte Tötungshand - lungen sowie ein vollendetes Tötungsdelikt, das nach dem Stand der Ermittlungen einen eindeutigen PKK-Bezug aufweist. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 141 - Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund*) 1997 1998 Gewalttaten: Tötungsdelikte 1 Versuchte Tötungsdelikte 9 5 Körperverletzungen 98 66 Brandstiftungen 18 5 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 Landfriedensbruch 36 Freiheitsberaubungen 17 9 Raub/ Erpressungen 162 134 gesamt 314 258 Sonstige Straftaten: Sachbeschäd igungen 166 141 Nötigung/Bedrohung 99 125 Andere Straftaten **) 1.029 1.832 gesamt 1.294 2.098 Straftaten insgesamt 1.608 2.356 D1e Zahlen bas1eren auf Angaben des Bundeskrmnalamts (BKA) I (Stand: 31.01.1999). Die Übersicht enthält ausgeführte und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Sind zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. " ) Übervviegend Verstöße gegen Verbote nach dem Vereinsgesetz, zum größten Teil begangen von Anhängern linksextremistischer kurdischer und türkischer Gruppierungen. 142 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund - in den Ländern - Berlin Nordrhein42 .. Westfalen 71 MecklenburgVorpomm ern Thüringen 20 80 100 120 140 . 1997 . 1998 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 143 111. Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 1. Türken (ohne Kurden) 1.1 Überblick Die Agitationsthemen und -formen extremistischer türkischer Gruppierungen in Deutschland waren wieder weitgehend von den politischen Vorgängen in der Türkei bestimmt. Daneben wurden innerdeutsche Themen (z. B. Arbeitslosigkeit, Ausländergesetzgebung, doppelte Staatsbürgerschaft, Wahlrecht für Ausländer) aufgegriffen und weltpolitische Ereignisse thematisiert. Gefahren für die innere Sicherheit gehen aufgrund der hohen Militanz insbesondere von den linksextremistischen türkischen Gruppen aus, die auf die Einführung eines kommunistischen Herrschaftssystems in der Türkei zielen und im Heimatland terroristisch operieren . Die schon in den Vorjahren in Deutschland häufig unter Einsatz von Schußwaffen ausgetragenen Flügelkämpfe zwischen der "Revolutionären VolksbefreiungsparteiFront" (DHKP-C) und der "Türkischen Volksbefreiungspartei/-front - Revolutionäre Linke" (THKP/ -C - Devrimci Sol) setzten sich bis Januar fort. Die mit Abstand größte türkische islamistische Organisation ** Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V.<< (IGMG) kon - zentrierte sich verstärkt auf die Werbung und Einbindung insbesondere in Deutschland geborener türkischer Jugendlicher. Mit zunehmend aggressiven Verlautbarungen , antisemitischen Äußerungen und der mutmaßlichen Beteiligung von Anhängern an der Vorbereitung terroristischer Aktionen in der Türkei geriet der "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln<< (ICCB) , der sich inzwi - schen in seinen Verlautbarungen nur noch ** Der Kalifatsstaat << nennt, wieder verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die extremnationalistischen türkischen Organisationen, die sich als erklärte Gegner von Kommunisten und separatistischen Kurden verstehen, betonen in letzter Zeit, dem Trend im Heimatland folgend, den hohen Stellenwert der islamischen Identität. 1.2 Linksextremisten 1.2.1 **Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1994 in Damaskus (Syrien) nach Spaltung der 1978 in der Türkei gegründeten, 1983 in Deutschland verbotenen "Devrimci Sol<< 144 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern verboten: 13. August 1998 vom Bundesminister des lnnern Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder: ca. 1.100 (1997 : ca. 1.100) Publikationen: u. a. ** Kurtulus" (Befreiung), wöchentlich (Die Publikation führte wechselnde Namenszusätze) Die am 13. August vom Bundesminister des lnnern als Ersatzorganisation der "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) verbotene "Revolutionäre VolksbefreiungsparteiFront" (DHKP-C) - sog . KARATASFiügel 139 - strebt die gewaltsame Zerschlagung des türkischen Staatsgefüges und die Errichtung einer "klassenlosen" Gesellschaft an . Mit ihren "Bewaffneten Propagandaeinheiten" (SPB) operiert die DHKP-C bevorzugt in den größeren Städten der Türkei terroristisch . Sie greift in erster Linie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens , Angehörige der Sicherheitskräfte, staatliche Einrichtungen, mitunter auch türkische Wirtschaftsunternehmen und deren Repräsentanten an. Die seit der Spaltung der "Devrimci Sol<< im Jahre 1992 auch im Bundesgebiet gewaltsam ausgetragenen Rivalitäten zwischen der DHKP-C und der "Türkischen Volksbefreiungspartei/-frontRevolutionäre Linke<< (THKP/ -C - Devrimci Sol) - sog. YAGAN -Fiügel 140) - um die Vorherrschaft in Europa haben sich seit Februar nicht mehr fortgesetzt. Zuletzt war es am 29 . Januar in Harnburg zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Anhängern der beiden Lager gekommen , bei der zwei Anhänger der DHKP-C durch Schüsse schwer verletzt wurden. Wegen ähnlicher früherer Vorkommnisse müssen sich seit Ende Mai drei Mitglieder der DHKP-C - darunter auch der im September vorigen Jahres in Harnburg festgenommene Verantwortliche für Deutschland - vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Harnburg wegen des Verdachts des versuchten Mordes, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Verstößen gegen das Waffengesetz verantworten. DHKP-C weist nach Bei polizeilichen Maßnahmen wurde erneut der hohe Bewaffnungswie vor hohen grad innerhalb der DHKP-C deutlich. So konnten anläßlich bundesBewaffnungsgrad weiter Wohnungsdurchsuchungen bei DHKP-C -Anhängern im April auf u. a. mehrere Pistolen und bei einer Verkehrskontrolle im September eine Maschinenpistole im Pkw von zwei Führungsfunktionären sichergestellt werden. Ihre finanziel l schwierige Situation versucht die Organisation durch jährliche Spendenkampagnen, die auch der Finanzierung des bewaffneten Kampfes in der Türkei dienen, zu beheben. Bei der Eintreibung Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 145 der Spenden von türkischen Landsleuten kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Drohungen und auch zur Anwendung von Gewalt. Um Verbotsmaßnahmen und polizeilichen Kontrollen in Deutschland zu entgehen, verlagerte die DHKP-C größere Veranstaltungen wieder ins benachbarte europäische Ausland . Anläßlich des 4. Jahrestags ihrer Gründung und zum Gedenken an ihre ,.gefallenen Revolutionäre" organisierte sie am 21. März in Genk (Belgien) eine Zusammenkunft, zu der etwa 4.000 Personen aus Deutschland und anderen angrenzenden Staaten anreisten. Das Vorgehen von Sicherheitsbehörden in der Türkei gegen Mitglieder und Anhänger der DHKP-C führte wiederholt zu öffentlichen, zum Teil massiven Protestaktionen der DHKP-C im Bundesgebiet. So drang eine Gruppe von DHKP-C-Anhängern am 22 . Mai in das Gebäude des Kieler Landtags ein und verbarrikadierte sich dort. Die Demonstranten drohten, von einem Balkon zu springen , und erweckten den Eindruck, einen Brandsatz zünden zu wollen. ln Berlin drängten sich am 29 . Mai etwa 20 Anhänger in die Räume des türkischen Fernsehsenders TD 1 und erzwangen die Ausstrahlung einer politischen Erklärung. Am 30. Mai besetzten rund 20 DHKP-C-Mitglieder und Anhänger das Münster in Ulm . Acht Anhänger der DHKP-C besetzten am 4. Juni in Frankfurt/M. ein Büro der Gefangenenhilfsorganisation "amnesty international". ln ihrem Publikationsorgan kündigte die DHKP-C weitere Aktionen an. Auf das Organisationsverbot des Bundesministers des lnnern vom Bundesminister des 13. August, in dem neben der Kategorisierung der DHKP-C als lnnern verbietet Ersatzorganisation der bereits verbotenen "Oevrimci Sol " festgestellt DHKP-C wurde , daß die Tätigkeit der Gruppe den Strafgesetzen zuwiderläuft und sie die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und sonstige erhebliche insbesondere außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, reagierte die DHKP-C mit Appellen an die Solidarität der übrigen revolutionären Organisationen; Gewaltaktionen blieben aus. Der Tenor ihres Protestes lautete: Die DHKP-C ist eine Befreiungsbewegung . Befreiungsbewegungen können nicht verboten werden ! Der Kampf gegen Faschismus ist legitim . 146 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Die Einbeziehung ihres Zentralorgans in das Organisationsverbot hat die DH KP-C empfindlich getroffen. Hierzu erklärte sie im Internet: "Der Schlag gegen die Zeitung wiegt insofern besonders schwer, weil ihr Erscheinen insgesamt wesentlich von den Verkaufseinnahmen in Deutschland abhängig ist. " Ebenfalls im Internet forderte die als militärischer Arm der DH KP-C fungierende "Revolutionäre Volksbefreiungsfront" (DHKC) Anfang Dezember von Italien die sofortige Freilassung des dort Mitte November vorü - bergehend festgenommenen Generalvorsitzenden der PKK, Abd ullah ÖCALAN . Die DH KC behauptete, die Festnahme sei Ausdruck imperialistischer Terrorund Vernichtungspoliti k. Wörtlich heißt es u. a.: "Der Imperialismus macht damit deutlich, daß er die Weit erneut mit Blut besudeln kann, um sein Regime der Tyrannei und Ausbeutung aufrechterhalten zu können. " 1.2.2 "Türkische Volksbefreiungspartei/-frontRevolutionäre Linke" (THKP/ -CDevrimci Sol} - Basisdaten für Deutschland - gegründet: Mitte der 90er Jahre als Abspaltung aus der 1978 in der Türkei gegründeten, 1983 in Deutschland verbotenen "Devrimci Sol" entstanden verboten: 13. August 1998 durch den Bundesminister des lnnern Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder: ca. 100(1997: ca. 200) Publikationen: u. a. "Devrimci Cözüm" (Revolutionäre Lösung), monatlich Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 147 Die ideologisch auf gleicher Linie wie die DHKP-C liegende **Türkische Volksbefreiungspartei/ -frontRevolutionäre Linke<< (THKP/ -CDevrimci Sol), die sich seit 1992 ebenso wie die DHKP-C als Abspaltung aus der Organisation "Devrimci Sol'' entwickelt hat, zeigte 1998 im Bundesgebiet nur geringe öffentliche Aktivitäten . Nach Mitgliederzahl und organisatorischer Struktur bleibt sie in Deutschland weit hinter der DHKP-C zurück. Die THKP/ -CDevrimci Sol hat sich dem Aktionsbündnis "Plattform der Vereinigten Revolutionären Kräfte" (DGBP) (vgl. Nr. 2.2.5) angeschlossen und tritt dort unter der Bezeichnung "Dev Sol<< auf. ln Flugschriften und anderen Erklärungen der LABT uNs DEN KAMPF GEGEN RAssisTi s c HE uND Organisation findet der Name THKP/ -CDevrimci Sol FAscHISTiscHE BEWEGUNGEN voRANTREI BEN I kaum noch Verwendung, statt dessen der Begriff .. oevrimci Sol << mit dem Zusatz "Avrupa'' (Europa) oder "Gücler'' (Kräfte). Drei mutmaßliche Funktionäre der Gruppe müssen sich nach einer bewaffneten Auseinandersetzung mit Anhängern der DHKP-C am 29. Januar in Harnburg (vgl. Nr. 1.2.1) seit dem 28. Oktober vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Harnburg wegen des Verdachts des versuchten Mordes, vollendeter und versuchter Erpressung sowie Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verantworten . Zeitgleich mit dem Organisationsverbot der DHKP-C durch den Bundesminister des Bundesminister des lnnern am 13. August (vgl. Nr. 1.2.1) erging lnnern erläßt gegen die TH KP/ -CDevrimci Sol ein Betätigungsverbot, das sich Betätigungsverbot gegen die THKP/-Cebenfalls auf Strafgesetzwidrigkeit und Gefährdung der inneren Devrimci Sol Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland stützt. 1.2.3 "Türkische Kommunistische Partei/MarxistenLeninisten<< (TKP/ML} - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1972 (in der Türkei) Mitglieder: ca. 2.000 (1997: ca. 2.000) Die Organisation ist gespalten in: "Partizan<< -Fiügel Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder: ca. 1.200 (1997: ca. 1.200) Publikationen: u. a. **Özgür Gelecek<< (Freie Zukunft) , vierzehntäglich und 148 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern "Qstanatolisches Gebietskomitee" (DABK) Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder: ca.800 (1997:ca.800) Publikationen: u. a. "Öncü Partizan" (Avantgarde Partizan), monatlich Die "Türkische Kornmunistische Partei/ Marxisten-Leninisten" (TKP/ ML) ist seit 1994 in die beiden Flügel >> Partizan" und >>Ostanatolisches Gebietskomitee" (DABK) gespalten. Ideologisch auf den Marxismus-Leninismus gestützt, zielen beide Flügel auf die gewaltsame Zerschlagung des türkischen Staates und die Errichtung einer >>demokratischen Volksregierung" . Als militärischer Arm dient die in Beide Flügel der der Türkei terroristisch operierende >>Türkische Arbeiterund TKP/ML sammeln Bauernbefreiungsarmee<< (TIKKO). Sowohl >> Partizan << als auch weiter Spenden für DABK waren an der Gründung des Aktionsbündnisses >> Plattform den bewaffneten der Vereinigten Revolutionären Kräfte<< (DBG P) (vgl. Nr. 2.2 .5) betei - Kampf in der Türkei ligt, von dem sich >>Partizan<< Ende 1998 u. a. wegen der Dominanz der PKK wieder getrennt hat. Beide Flügel führen jährliche europaweite Spendenkampagnen zur Finanzierung ihrer politischen Aktivitäten und des bewaffneten Kampfes im Heimatland Türkei durch . Beide Lager unterhalten Stützpunkte und Basisorganisationen in Deutschland. ln bezug auf Aktivitäten und Anhängerstärke dominiert der >>Partizan<<-Fiügel. Mit der >> Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa<< (ATIK) und der >> Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V.<< (ATIF) verfügt dieser Flügel über Vorfeldorganisationen , die allerdings nur geringe öffentliche Aktivitäten entwickelten. Die ATIK griff in ihrer Agitation bevorzugt Verhältnisse in der Türkei auf, z. B. das Attentat auf den türkischen Menschenrechtier Akin Bi rdal, agitierte gegen die >> Imperialisten und ihre Handlanger<< und bezeichnete das deutsche Ausländergesetz als rassistisch und faschistisch . Im Vorfeld der Wahl zum Deutschen Bundestag rief die ATIK in deutschsprachigen Flugschriften dazu auf, die Kandidaten der maoistisch orientierten >>MarxistischLeninistischen Partei Deutschlands<< (MLPD) zu wählen. Zu einer Saalveranstaltung am 31. Januar in Filderstadt (Baden-Württemberg) konnte der >> Partizan<<-Fiügel etwa 1.400 Personen mobilisieren. An der am 16. Mai in der Kölner Sporthalle zum Gedenken an den Parteigründer lbrahim KAYPAKKAYA durchgeführten Veranstaltung nahmen nahezu 6.000 Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland teil . Dem DABK scheint es gelungen zu sein, die sich 1997 abzeichnende Spalt ung zu verhindern. Offensichtlich konnten die Spannungen zwischen der Basis und der Europaleitung überwunden Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 149 werden . Die DABK-Vorfeldorganisationen ** Föderation für demokratische Rechte in Deutschland " (AD HF) und ** Konföderation für demokratische Rechte in Europa" (ADHK) haben ihre Strukturen weiter verfestigt. Das DABK organisierte am 2. Mai in der Kölner Sporthalle ebenfalls eine Gedenkveranstaltung für KAYPAKKAYA, zu der 3 .000 Besucher anreisten . 1997 konnte das DABK aus gleichem Anlaß und am selben Ort noch rund 7.000 Teilnehmer mobilisieren . 1.2.4 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1994 (in der Türkei) Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder: ca. 700 (1997 : 700) Publikationen: u. a. "Özgür Atilim" (Der freie Angriff), vierzehntäglich Auch die "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (M LKP) zielt auf den revolutionären Umsturz in der Türkei und die Errichtung einer kommunistischen Volksherrschaft. Ihre militärischen Einheiten , die "Roten Kommandos", verübten erneut Terroranschläge in der Türkei. Mit der "Föderation der Arbeiterimmigranten aus der Türkei in Deutschland e. V. " (AGIF) verfügt die MLKP über eine bundesweite Basisorganisation für die Werbung neuer Anhänger und für die Propagandaarbeit Auch den Schußwaffenanschlag von mutmaßlich nationalistischen Tätern auf den Vorsitzenden des türkischen Menschenrechtsvereins, Akin Birdal , am 12. Mai in der Türkei versuchte die MLKP für die Propaganda zu nutzen; sie erklärte dazu in einem Flugblatt: "Wir müssen heute, noch mehr als in den früheren Zeiten, den revolutionären Widerstand in der Türkei und in Kurdistan materiell und geistig unterstützen. Wir müssen aufmerksam den Aufrufen der revolutionären Organisationen und Parteien zuhören. Laßt uns unsere Wut und Haß gemeinsam ausrufen. Die Verantwortung des Überfalles trägt das MGK (= nationaler Sicherheitsrat der Türkei) und der faschistische Staat! Nieder mit der faschistischen Diktatur!" {Flugblatt der MLKP vom 14. Mai 1998) 150 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 1.3 Türkische lslamisten 1.3.1 "Der Kalifatsstaat", auch **Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V. , Köln" {ICCB) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1984 in Köln Sitz: Köln Leitung : Metin KAPLAN Mitglieder: ca. 1.200 (1997 : ca. 1.300) Publikation: **Ümmet-i Muhammed" (Die Gemeinde Mohammeds), wöchentlich Der "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln " (ICCB) wird von dem selbsternannten "Emir der Gläubigen und Kalif 141 1 der Muslime", Metin KAPLAN, geleitet; dieser geriet durch seine aggressiven Verlautbarungen wieder verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die Bezeichnung ICCB ist im Sprachgebrauch der Organisation völlig in den Hintergrund getreten; der Verband bezeichnet sich inzwischen nur mehr als "Hilafet Devleti" ("Der Kalifatsstaat") . KAPLAN fordert kompromißlos ein islamistisches Staatswesen in der Türkei mit dem Endziel der Weltherrschaft des Islam . Als ersten Schritt propagiert er den Sturz des laizistischen türkischen Staatsgefüges. in den Verlautbarungen des "Kalifatsstaates" werden Demokratie und Parteienpluralismus als völlig unvereinbar mit dem Islam abgelehnt. Der Koran sei alleinige Richtschnur auch des politischen Handelns: "Der Islam ist sowohl Religion wie auch Staat: Er ist sowohl Gebetsritual wie auch Politik! Der Islam ist eine Gesamtheit und kann nicht auseinandergerissen werden! Der Islam verträgt sich nicht mit dem laizistischen System! Der Islam lehnt die Demokratie ab! Der Islam hat eine eigene Schariaordnung!" ("Ümmet-i Muhammed" Nr. 214 vom 19. März 1998, S. 1 und 3) Nach wie vor sind die Veröffentlichungen des "Kalifatsstaates<< mit antisemitischen und antizionistischen Hetzparolen durchsetzt. Unter Berufung auf den Propheten schreibt KAPLAN: "Es wird die Zeit kommen , in der es einen großen Krieg zwischen Muslimen und den Juden geben wird. Solange es noch Juden gibt, wird der jüngste Tag nicht kommen. << "Wir sind zu diesem vom Propheten verkündeten Krieg bereit. Wir Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 151 sind notfalls bereit, für den Islam, die Scharia und das Kalifat tausendmal zu sterben ***" (Ümmet-i Muhammed" Nr. 243 vom 8. Oktober 1998) "Nach islamfeindlichen Organisationen und Systemen , wie z. B. den Missionaren , dem Kommunismus und der Demokratie, ist auch der Zionismus einer der Feinde des Islam . Der Zionismus ist aber nicht nur die Hauptplage der Muslime, er ist auch eine Plage für die gesamte Menschheit. " ("Ümmet-i Muhammed" Nr. 218 vom 16. April1998, S. 5) Mit meh reren u. a. an Zeitungsredaktionen verteilten Flugblättern versuchte der "Kalifatsstaat", die Aufmerksamkeit auch einer breiteren Öffentlichkeit auf sich zu lenken. ln einer Flugschrift vom 30. Juli mit dem Titel "An die deutsche Nation wird von uns folgendes verkündet und empfohlen<< hetzte KAPLAN gegen Juden und "Götzendiener<< (gemeint sind die Vertreter des laizistischen türkischen Staates) und forderte vor der Bundestagswahl die Wähler in Deutschland dazu auf, ihre Polit iker daraufhin zu prüfen , ob sie eine islamfreu ndliche Politik betreiben. ln einem Flugblatt vom 22. August bezeichnete die Organisation die US-amerikanischen Luftangriffe nach den Terroranschlägen in Kenia und Tansania als "Angriffe auf den Islam selbst<< und drohte: **Wer gegen den Islam die Partei ergreift und sich auf die Seite von USA stellt, wird zu unserem bittersten Feind .<< Anfang Mai verkündete KAPLAN eine "allgemeine Mobilisierung << und KAPLAN ruft seine forderte seine Anhängerschaft zum "Jihad<< (sinngemäß: besondere Anhänger zum nJihad" gegen die Anstrengung oder Heiliger Krieg) auf: Feinde des Islam auf "Im Wörterbuch wird die Bedeutung von Jihad wie folgt erläutert: Sich , solange die Kraft ausreicht , mit Worten oder praktisch bemühen. Nach der Scharia bedeutet dies, die angreifenden Ungläubigen töten und ihre Götzen zerbrechen . Das Ziel des Jihad ist es, denjenigen, die ihr Wort , zur Verbreitung des Islam beizutragen, nicht gehalten haben , den Glaubensabtrünnigen und denjenigen, die sich gegen den islamischen Staat erheben, den Krieg zu eröffnen. << (Ümmet-i Muhammed<< Nr. 223 vom 21 . Mai 1998) ln völliger Selbstüberschätzung seines Einflusses erklärte KAPLAN: "Dieser Aufruf zum Jihad gilt vor allem für die Muslime in Anatolien , aber auch für die Muslime in der ganzen Weit. Jeder Muslim sollte in seinem Land die schlechten Regime stürzen und einen islami- 152 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern sehen Staat aufbauen ... Eure Parole lautet: Entweder das Kalifat oder Tod auf dem Schlachtfeld! " ("Ümmet-i Muhammed" Nr. 222 vom 14. Mai 1998, S. 4, und Nr. 231 vom 16. Juli 1998, S. 4) Seine islamistischen Positionen verbreitet KAPLAN bevorzugt über das Publikationsorgan "Ümrnet-i Muhammed" sowie über seine Fernsehsendung "HAKK-1V", die perSatellitbis in die Türkei ausgestrahlt wird . Die Organisation ist inzwischen auch im Internet vertreten. Die massive, vor allem gegen die Türkei gerichtete Agitation KAPLANs begründet in zunehmendem Maße die Gefahr, daß An - hänger des "Kalifatsstaates" dies als Handlungsanweisung für kon - krete Aktionen verstehen . ln diese Richtung deutet die Festnahme mehrerer Personen in der Türkei, denen vorgeworfen wird , an der Planung und Vorbereitung terroristischer Aktivitäten des "Kalifatsstaates" Ende Oktober in Ankara und lstanbul beteiligt gewesen zu sein. Unter den Festgenommenen befanden sich auch KAPLAN-Anhänger, die ihren Aufenthalt zuvor in Deutschland hatten. Oie Anhänger des "Kalifatsstaates" sollen geplant haben, am 29. Oktober, dem 75 . Jahrestag der Gründung der türkischen Republik, durch ein mit Sprengstoff präpariertes Flugzeug ein Selbstmordattentat auf das Atatürk-Mausoleum in Ankara zu verüben . Zeitgleich sollte die FatihMoschee in lstanbul besetzt und mit Waffengewalt gegen türkische Sicherheitskräfte verteidigt werden, . KAPLAN hatte gegen den türkischen Nationalfeiertag polemisiert und erklärt , es sei die Pflicht eines jeden Muslim, gegen die seit 75 Jahren andauernde Tyrannei zu protestieren. und zwar mit dem Herzen . mit Worten und auch Taten 142l . Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwalts gegen KAPLAN und weitere Führungsmitglieder des "Kalifatsstaates" u. a. wegen des Verdachts des gemeinschaftlich begangenen Mordes (an dem "Gegenkalifen " lbrahim SOFU am 8. Mai 1997 in Berlin). aber auch wegen mutmaßlicher Verwicklung in die Planung terroristischer Aktionen in der Türkei, wurden am 28. April und am 2. Dezember mehrere Objekte der Organisation polizeilich durchsucht. KAPLAN wertete diese Maßnahmen als Angriff gegen die Muslime und ihre Moscheen und nahm das Recht auf Vergeltung 143l für sich in Anspruch . An der jährlichen zentralen Versammlung der Mitglieder und Anhänger der Organisation am 3. Mai in der Kölner Sporthalle anläßlich des islamischen Neujahrsfestes nahmen etwa 4.000 Personen teil. Sie waren zum Teil auch aus dem angrenzenden europäischen Ausland angereist. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 153 Unter den Muslimen in Deutschland blieb der Verband weiterhin iso"Kalifatsstaat** unter liert; die Einrichtungen der Organisation wurden von Anhängern den Muslimen in anderer muslimischer und auch islamistischer Organisationen Deutschland isoliert zumeist gemieden . Das Ausländeramt der Stadt Köln verhängte gegen KAPLAN Stadt Köln verhängt Zwangsgelder, weil er gegen das ihm 1996 auferlegte politische Zwangsgeld gegen Betätigungsverbot verstoßen hatte . Mit erneuten Verfügungen KAPLAN wegen Verstoßes gegen das - zuletzt im November - wurden ihm insbesondere die öffentliche Betätigungsverbot Befürwortung von Gewalt untersagt und für den Fall der Zuwiderhandlung weitere Zwangsgelder angedroht. KAPLAN reagierte bereits auf das erste Zwangsgeld im September mit dem Ausspruch: "Solche Zwangsgelder können uns niemals einschüchtern, uns von unserer Route abweichen lassen! Nicht nur eine Million, sondern eine Milliarde Deutsche Mark Zwangsgeld, sogar die Todesstrafe wären nicht einmal imstande, uns davon abzubringen, unsere Sache weiterhin zu verkünden! " ("Ümmet-i Muhammed" Nr. 240 vom 17. September 1998, S. 4) 1.3.2 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1985 {als "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V. ** (AMGT) in Köln) Leitung: Vorsitzender Ali YÜKSEL Mitglieder: ca. 27 .000 (1997: 26.500) Publikationen: u. a. "Milli Görüs & Perspektive", monatlich Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V.** {IGMG) ist mit etwa 27 .000 Mitgliedern weiterhin die größte extremistische Ausländerorganisation in Deutschland . Sie betreibt nach eigener Darstellung mehr als 500 Moscheen und andere islamische Einrichtungen in Deutschland , außerdem Einrichtungen in anderen europäischen Ländern und in Nordamerika. Für die Verwaltung und die Erweiterung des erheblichen Immobilienbesitzes wurde 1995 eigens die ** Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e. V. ** (EMUG) gegründet. Die IGMG wirbt unter den in Deutschland und andernorts in der rnuslimischen Diaspora lebenden türkischen Landsleuten , indem sie Beistand und Betreuung in religiösen und sozialen Fragen anbietet. ln öffentlichen Erklärungen versichern 154 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Funktionäre der IGMG, die Organisation schätze die deutsche Rechtsordnung und stehe auch zu den Prinzipien der parlamentari - schen Demokratie und der Wertordnung des Grundgesetzes. Gleichwohl fordert die IGMG die Abschaffung der laizistischen IGMG fordert Staatsverfassung in der Türkei und die Einführung einer islamischen islamische Staatsund Gesellschaftsordnung - eines Systems , das dort, wo es Staatsund bisher in unterschiedlichen Ausformungen praktiziert wird (z. B. im Gesellschaftsordnung Iran, im Sudan , in Afghanistan) u. a. für das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie das Grundprinzip der westlichen Demokratien, die Volkssouveränität als Quelle der staatlichen Gewalt, keinen Raum läßt. Das Grundrecht auf Freiheit der religiösen Überzeugung und der Religionsausübung (Art . 4 GG) bezeichnen IGMGFunktionäre als vorbildlich; es bewahre die Organisation in Deutschland vor Eingriffen und Beschränkungen, wie sie seitens des laizisti - schen türkischen Staates stattfänden . Zugleich folgert die IGMG aus dem in Art. 4 GG verbrieften Grundrecht einen Anspruch nicht nur darauf, nach den religiösen Überzeugungen des Islam leben zu können, sondern auch auf Einbringung **islamischer Kultur" als Teil einer in Deutschland zu entwickelnden multikulturellen Gesellschaft. Nur instrumentales Äußerungen führender IGMG-Funktionäre geben Anhaltspunkte Verständnis des dafür, daß die Organisation die Schutzfunktion des Grundrechts nach Schutzbereiches Art . 4 GG nutzen will und sich langfristig nicht einmal mit einem des Art. 4 GG Nebeneinander von Religionen und Kulturen begnügen will, sondern die Dominanz der islamistischen Ideologie auch in li:uropa anstrebt. Der IGMG -Vorsitzende Ali YÜKSEL erklärte im Rahmen einer Saalveranstaltung am 1. Juni in Forchheim (Bayern): "Wir müssen auch für eine Eroberung des Islams in Europa kämpfen. Aber dies ist nicht mit Gewalt und Krieg möglich, sondern nur mit dem Kopf und durch sinnvolles Vorgehen. Aber das wichtigste vor allem anderen ist es, daß wir zuerst innerhalb unserer Organisation die Opposition zurückdrängen und alle Meinungsverschiedenheiten unterbinden müssen ." ln einem Papier der IGMG "Strategien und Methoden, die bei Hausgesprächen angewandt werden können", heißt es: "Unsere Aktivitäten und Methoden des 'An-die-Macht-Bringens und Vorherrschen des islamischen Rechtes' - unser größtes Ziel und unsere größte Aufgabe - sollen in schönster und systemati - scher Form erklärt werden 0 0 0 0" Islamistische Auch 1998 widmete sich die IGMG in großem Umfang der islamistiErziehung schen Erziehungsund Bildungsarbeit Dabei gewinnt die interne Ausbildung der eigenen Führungskader als Multiplikatoren islamisti- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 155 scher Ideologie zunehmend an Bedeutung. Eigenen Angaben zufolge hat die "IGMG-Führungsakademie<< -wenn auch noch nicht im Besitz eines eigenen Gebäudes - im April ihren Ausbildungsbetrieb aufgenommen. Den türkischen Jugendlichen als wichtigster Zielgruppe bietet die IGMG ein breitgefächertes Angebot an Freizeitaktivitäten und Weiterbildungsmöglichkeiten . Damit ist sie nach eigenem Bekunden in der Lage, die Jugend dem Einfluß der westlichen Gesellschaft zu entziehen und sie an die Organisation heranzuführen. Offensichtlich zur Verbesserung ihrer Reputation sprach sich die IGMG 1998 erstmals öffentlich für einen islamisch-jüdischen Dialog aus. Dabei vertrat ihr Generalsekretär Mehmet Sabri ERBAKAN die Auffassung , daß gerade in der heutigen Zeit die Gläubigen aller Religionen kooperieren müßten und die IGMG auf jüdische Gemeinden zugehen wolle. Diese Äußerungen stehen im Gegensatz zu zahlreichen früheren Verlautbarungen, in denen die Juden öffentlich diffamiert wurden. Die von der IGMG personell und mit großem finanziellem Einsatz betriebene Unterstützung der islamistischen türkischen **Wohlfahrtspartei " (RP) mit dem Ziel politischer Veränderung in der Türkei wurde zunächst unterbrochen , nachdem die RP am 16. Januar in der Türkei verboten worden war. IGMG-Funktionäre kritisierten das Verbot heftig und verglichen die Verantwortlichen in der Türkei mit dem "faschistischen Hitlerregime'' * Ihre Kontakte zu RP-Funktionären und zur RPNachfolgerin, der "Fazilet Partisi<< (FP) (Tugendpartei), setzte die IGMG fort. Zahlreiche frühere RP-Abgeordnete, die nach dem Verbot mehrheitlich zur FP übergetreten waren, besuchten Veranstaltungen der IGMG in Deutschland. Die IGMG führte wieder eine Reihe von Großveranstaltungen durch . Am IV. Studententag am 18. April in der Hagener Stadthalle nahmen rund 500 Personen teil. Am 2. Mai veranstaltete die IGMG in der Düsseldorfer Philips-Halle ihren 111. europäischen Jugendtag mit rund 10.000 Teilnehmern . An gleicher Stelle fand am 9. Mai der "Tag der Frauen << mit etwa 4.000 Besucherinnen aus dem lnund Ausland statt. Dort erklärte Ali YÜKSEL u. a.: *Wir sind eine Gemeinschaft, die das Recht vertritt. Unsere Gegner vertreten das Unrecht. Die von ihnen behaupteten und verteidigten Systeme sind damals wie heute zum Untergang verurteilt. << ("Milli Gazete<< vom 12. Mai 1998, S. 3) Den Höhepunkt der Großveranstaltungen bildete die am 20. Juni im Stadion von Amsterdam (Niederlande) durchgeführte Jahresversammlung , an der etwa 40.000 IGMG-Mitglieder und -Anhänger teil - 156 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern nahmen. Zu den Gästen gehörten der ehemalige Vorsitzende der verbotenen RP Prof. Necmettin ERBAKAN und weitere Personen aus der Türkei, Ägypten und dem Sudan . Die IGMG ist seit dem Frühjahr mit einer eigenen Hornepage im Internet vertreten. Dort wird behauptet, der Verband verfüge weltweit über mehr als 1.000 ** Niederlassungen", ca. 700 Jugendorganisationen und 400 Frauenvereinigungen. 2. Kurden 2.1 Überblick ln der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit etwa 500.000 Kurden, überwiegend aus der Türkei. Die Mehrzahl von ihnen achtet unsere Rechtsordnung , lediglich eine Minderheit von annähernd 12.000 hat sich extremistischen kurdischen Organisationen aus der Türkei und dem Irak angeschlossen . Nach wie vor aktivste und anhängerstärkste Organisation ist dabei die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), die nach wie vor ein beträchtliches militantes Gefährdungspotential für die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Bei Demonstrationen oder herausragenden Veranstaltungen kann sie bis zu 50.000 Teilnehmer mobilisieren . Der Bundesminister des lnnern hat am 22 . November 1993 gegen die PKK und ihren international tätigen politischen Arm , die "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK), sowie weitere Teilund Nebenorganisationen wegen zahlreicher von der PKK zu verantwortender Gewalttaten in Deutschland ein Betätigungsverbot verhängt. Ab Frühjahr 1996 erklärte der Generalvorsitzende der PKK, Abdullah ÖCALAN, mehrmals öffentlich, die PKK wolle in Europa und insbesondere in Deutschland auf Gewalt verzichten. Seitdem sind Anschlagsserien und gewaltsame Demonstrationen weitgehend ausgeblieben. Die Bereitschaft, zu gewaltsamen Aktionsformen zurückzukehren, ist - wenn auch in Deutschland derzeit nicht aktuell - im Konzept der Organisation gleichwohl latent vorhanden. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 157 2.2 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1978 (in der Türkei) Betätigungsverbot (für Deutschland): 1993 Leitung : Führungsfunktionäre der **Europäischen Frontzentrale" (in Abhängigkeit vom Generalvorsitzenden der PKK Abdullah ÖCALAN) Anhänger: ca. 11.500 (1997: 11 .000) Publikationen: u. a. "Serxwebun" (Unabhängigkeit), monatlich 2.2.1 Allgemeine Lage Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) führt mit Hilfe ihres militärischen Arms, der "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK) , seit 1984 im Südosten der Türkei einen Guerillakrieg gegen türkische Sicherheitskräfte. Ziel ihres bewaffneten Kampfes - und in den letzten Jahren auch verstärkter politischer Bemühungen - ist die Erlangung staatlicher Selbstverwaltung in einem "freien " Kurdistan . Bei diesem Bestreben baut die PKK seit Jahren auch auf Unterstützung durch Organisationsstrukturen in Europa, speziell auch in Deutschland . Von ihren Mitgliedern und Anhängern hier fließen ihr in beträchtlichem Maße Gelder zu, die in jährlichen Spendenkampagnen eingesammelt werden . Ein Schwerpunkt der Unterstützung liegt darüber hinaus in PKK ist propagandistischen Aktivitäten , von denen sich der Generalbestrebt, als Gesprächspartner vorsitzende der PKK, Abdullah ÖCALAN , im Hinblick auf die Beeinauf politischer flussung politischer Entscheidungsträger in Europa, Wirksamkeit verEbene anerkannt spricht. Die Erwartung, politische Kräfte in Europa könnten entscheizu werden dend zur Lösung der Kurdenfrage im Interesse der PKK beitragen, war nach Bekunden ÖCALANs Grund dafür, daß er am 12. November nach Italien reiste. Auf massiven Druck der Türkei hatte die syrische Regierung ihm zuvor die bisherige Unterstützung entzogen und ihn veranlaßt, sein Exil in Damaskus aufzugeben . Nach einem - offensichtlich vergeblichenVersuch , Aufnahme in der Russischen Föderation zu finden, war ÖCALAN dann von Moskau nach Rom geflogen. Er wurde dort bei seinem Eintreffen auf dem Flughafen festgenommen und für mehrere Tage unter Arrest gestellt. ÖCALAN beantragte in Italien politisches Asyl, um einer Abschiebung bzw. einer Auslieferung an Deutschland oder die Türkei zu entgehen . in beiden Ländern liegen Haftbefehle gegen ihn vor. in Deutschland 158 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern ermittelt der Generalbundesanwalt gegen ÖCALAN wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung , gemeinschaftlichen Mordes und Brandstiftung. Im Widerspruch zu Erklärungen der PKK, die deutsche Rechtsordnung beachten zu wollen , entfaltet sie innerhalb der türkischen Bevölkerung nach wie vor eine Vielzahl von illegalen Aktivitäten , die in nicht unbeachtlichem Maße auch unter Anwendung von Gewalt erfolgen . Gewalt gilt ihr als legitimes Mittel zur Durchsetzung von Parteiinteressen. Die PKK agiert dabei weitgehend konspirativ und wendet sich vorrangig gegen die in Deutschland lebenden Türken und Kurden, unter denen sie z. T. ein Klima der Angst und Einschüchterung schafft. So sind ihr nach wie vor kriminelle Aktivitäten beim Eintreiben von Spenden anzulasten . Im Jahre 1998 sind mehr als 70 Fälle von Spendengelderpressung bekannt geworden, wobei in diesem Bereich von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist. Des weiteren setzte die PKK Gewalt auch zur Disziplinierung von Anhängern ein. Nach dem Vorbild marxistisch-leninistischer Kaderorganisationen beansprucht sie gegenüber ihren Anhängern Disziplinarund Strafgewalt 144l . Dieser Anspruch ist bis heute ungebrochen. Auch im Jahre 1998 hat die PKK mindestens sieben Bestrafungsaktionen durchgeführt. Die Geschädigten wurden in der Regel für .. parteifeindliches Verhalten", wie die Ablehnung , an Parteiveranstaltungen (Versammlungen und Demonstrationen) teilzunehmen , die Weigerung , PKK-Publikationen zu kaufen oder kritische Äußerungen über die PKK, körperl ich mißhandelt. Auch in diesem Bereich ist die Dunkelziffer erheblich. Außerdem mehrten sich im Jahre 1998 Hinweise, wonach die PKK kurdische Minderjährige der Obhut ihrer Eitern entzieht , um sie als "Parteikader" oder für den Kriegseinsatz in der Türkei auszubilden : Obwohl gemäß einer "Offiziellen" Anweisung der PKK-Führung angeblich keine Jugendlichen unter 16 Jahren gegen den Willen der Erziehungsberechtigten in Ausbildungslager verbracht werden sollen, gibt es Hinweise auf eine gegenteilige Praxis. Die PKK mißbraucht auf diese Weise jugendliche Abenteuerlust und Begeisterungsfähigkeit für ihren sog . Befreiungskampf. Die PKK verhindert damit die Integration kurdischer Jugendlicher in Deutschland. Darüber hinaus entzieht sie die Jugendlichen ihrem sozialen Umfeld und der Chance auf eine gesicherte Entwicklung in Schule und Ausbildung . Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 159 2.2.2 Propaganda der PKK Die PKK nahm die Festnahme ÖCALANs in Italien zum Anlaß , ihre Anhänger europaweit zu Solidaritätsaktionen aufzurufen. Tausende reisten unmittelbar nach der Festnahme nach Rom, um dort die Freilassung ihres Vorsitzenden zu fordern und gegen seine Auslieferung an die Türkei zu demonstrieren. Auch in Deutschland fanden in zahlreichen Städten Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen statt , u. a. am 27. November in Harnburg mit etwa 2.500 und am selben Tag in Bonn mit ca. 11.000 Teilnehmern sowie am 19. Dezember abermals in Bonn, wo sich mehr als 30.000 Kurden aus dem gesamten Bundesgebiet und europäischen Nachbarländern zu einer zentralen Kundgebung einfanden . Sie forderten ein Bleiberecht ÖCALANs in Italien und eine politische Lösung des Kurdenkonflikts in der Türkei. ln zahlreichen Äußerungen versuchte ÖCALAN, die PKK in einem neuen Licht darzustellen . So übte er mehrfach massive Kritik an den militärischen Führern der ARGK, denen er u. a. Disziplinlosigkeit und Unvernunft vorwarf. Er kündigte eine Umstrukturierung der Organisation nach demokratischen Prinzipien an und deutete sogar seine Bereitschaft zum Rücktritt als Generalvorsitzender an . Konkrete Schritte zur Realisierung solcher Ankündigungen geschahen jedoch nicht. Es blieb bei Versuchen, die PKK als eine nach demokratischen Regeln funktionierende Organisation darzustellen , deren Schwerpunkt nicht mehr im bewaffneten Kampf, sondern in politischer Arbeit liege. Dem entspricht auch die wiederholte Ankündigung ÖCALANs, die PKK wolle an ihrem Ende Augusteinseitig - erklärten Waffenstillstand gegenüber den türkischen Sicherheitskräftenvorerst grundsätzlich festhalten. Allerdings gab ÖCALAN in einer Ansprache über den von der PKK als Propagandainstrument genutzten Fernsehsender "MED-TV" am 31. Dezember zu verstehen , daß er die Gewaltoption nicht aufgegeben hat. Er erklärte, der bewaffnete Kampf gegen die Türkei könne verstärkt werden, wenn in dem von ihm angestrebten Friedensprozeß keine Fortschritte erzielt würden. Eine solche Entwicklung würde nachteilige Folgen auch für Europa haben. Bereits vor dem Eintreffen ÖCALANs in Rom hatte die PKK unter Hinweise auf Verstoß gegen das Betätigungsverbot mit zahlreichen VeranstalSteuerungvon tungen und Kampagnen in Deutschland auf sich aufmerksam Veranstalbmgen dun:hPKK gemacht. Die Organisation bemüht sich insbesondere in der Planungsund Vorbereitungsphase, nach außen nicht sichtbar werden zu lassen, daß sie hinter diesen Aktionen steht bzw. an ihnen beteiligt ist. 160 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Aus Anlaß des kurdischen Neujahrsfestes "Newroz" (21. März) fan - den - wie in den Vorjahren - bundesweit wieder zahlreiche von der PKK initiierte oder beeinflußte Veranstaltungen statt. An Fackelzügen nahmen jeweils zwischen 100 und 1.000 Personen teil ; Saalveranstaltungen wurden von insgesamt bis zu 9.000 Personen besucht. Wiederholt zeigten Anhänger der PKK verbotenerweise Transparente und Fahnen mit Symbolen der Organisation, verteilten einschlägige Flugschriften und skandierten Parolen mit PKK-Bezügen. Die Feiern , an denen auch deutsche Unterstützer teilnahmen, verliefen weitgehend störungsfrei. Allerdings kam es in Heilbronn und Kassel zu Angriffen von Veranstaltungsteilnehmern auf die Poliziei , in deren Verlauf mehrere Beamte verletzt wurden. Eine weitere Großveranstaltung mit etwa 40.000 Personen fand am 6. Juni in Dortmund statt, darunter Kurden aus dem gesamten Bundesgebiet und den europäischen Nachbarländern, Anhänger linksextremistischer türkischer Organisationen sowie deutsche Sympathisanten. Sie wurde bei der örtlichen Versammlungsbehörde durch zwei Mitglieder des nordrhein-westfälischen Landtages angemeldet und unter Beteiligung des Leiters des **Komitee für Außenbeziehungen" der PKK vorbereitet. Bei der Veranstaltung wurde u. a. eine Rede ÖCALANs über Lautsprecher eingespielt. Anfang August begann die PKK europaweit eine "Anti-Drogen-Kampagne" unter dem Motto "Heroin tötet - Rettet das Menschenleben" . ln zahlreichen Städten gab es Veranstaltungen und Infostände zu diesem Thema, das mit propagandistischen Attacken gegen den türkischen Staat verknüpft wurde. Wie in den Vorjahren führte die PKK auch wieder eine Kampagne durch, in der sie zum Boykott touristischer Reisen in die Türkei aufrief. Das von der PKK in Frankfurt/ M. geplante "6. Internationale Kulturfestival von Kurdistan" fand nicht statt, da die örtliche Versammlungsbehörde gegenüber den Verantwortlichen ein Verbot signalisiert hatte. Die PKK mußte darauf in die Niederlande ausweichen und führte die Veranstaltung mit etwa 50.000 Personen in Rotterdam durch. Die unter Androhung militärischer Gewalt erhobene Forderung der Türkei an Syrien, der PKK jegliche Unterstützung zu entziehen und die Stützpunkte der Partei im syrischen Einflußbereich aufzulösen , führte bei PKK-Anhängern zu europaweiten Protesten . Am 24. Oktober kam es bei Kundgebungen in Hannover und Berlin zu Ausschreitungen von Demonstranten, bei Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 161 denen mehrere Polizeibeamte verletzt wurden. Bei einer weiteren Demonstration in Düsseldorf am 29. Oktober unter dem Motto "Frieden und Freiheit für Kurdistan" führten Demonstranten erneut PKKund ERNK-Fahnen sowie Bilder ÖCALANs mit und skandierten PKK-Parolen. Die PKK nutzt für ihre Propaganda neben den ihr zuzurechnenden Publikationen bereits im vierten Jahr den Fernsehsender "MED-1V" . Dieser berichtet in verschiedenen Sprachen und kurdischen Dialekten über Aktivitäten der PKK und anderer kurdischer Organisationen in der Türkei und anderen kurdischen Siedlungsgebieten. Ständig werden Interviews, Reden und Erklärungen ÖCALANs und führender Funktionäre der PKK verbreitet. Personen aus der Parteiführung nehmen an Sondersendungen bzw. an Podiumsdiskussionen als Studiogäste teil oder werden per Telefon direkt zugeschaltet "MED-1V" erreicht Zuschauer in ganz Europa und in den kurdischen Siedlungsgebieten. 2.2.3 Organisatorische Situation Die illegalen, unter Verstoß gegen das Betätigungsverbot im Untergrund betriebenen Strukturen der PKK sind streng hierarchisch gegliedert und den Weisungen ÖCALANs unterworfen. Sie umfassen vermutlich sieben Regionen und etwa 30 Gebiete; die PKK ist inzwischen auch in den neuen Ländern präsent und hat dort erste eigene Vereinsstrukturen aufgebaut. Vielerorts versuchen PKK-Funktionäre, zu Kurden in Asylbewerberheimen Kontakt zu knüpfen und für die Organisation zu werben. Die Anhänger der PKK in den neuen Ländern beteiligen sich in zunehmendem Maße auch an überregionalen Veranstaltungen im Bundesgebiet und im westlichen Ausland. 162 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 2.2.4 Finanzierung Die PKK benötigt fü r ihren Parteiapparat , ihre Propagandaarbeit sowie für die terroristischen Aktivitäten in der Türkei beträchtliche finanzielle Mittel. Dazu betreibt sie neben dem Einzug von Mitgliedsbeiträgen , dem Verkauf von Broschüren und Zeitungen sowie Einnahmen aus Veranstaltungen jährlich mindestens eine große Spendenkampagne. Die im Herbst 1997 begonnene Spendenaktion wurde erst nach mehrmaliger Verlängerung mit einem Erlös von etwa 20 Mio. DM abgeschlossen. Unverändert bemüht sich die PKK, eine Beteiligung ihrer Anhänger am Drogenhandel zu unterbinden . Allerdings sind auch 1998 tatsächliche Anhaltspunkte bekannt geworden, die darauf hindeuten, daß die Organisation zumindest mittelbar vom Drogenhandel profitiert. 2.2.5 Bündnispolitik der PKK PKK und sieben Die PKK und sieben weitere linksextremistische türkische Organiweitere linkssationen , darunter die "Marxistisch-Leninistische Kommunistische extremistische Partei" (MLKP), beide Flügel der "Türkischen Kommunistischen türkische Partei/ Marxisten-Leninisten " (TKP/ ML) und die "Türkische VolksOrganisationen schließen sich zu befreiungspartei/ -front - Revolutionäre Linke<< (THKP/ -C - Devrimci einem AktionsSol) , einigten sich im Juni auf ein Aktionsbündnis **Revolutionäre bündnis zusammen Vereinte Kräfte<< (DBG) mit dem Ziel des politischen und militärischen Kampfes gegen den türkischen Staat. in mehreren deutschen und westeuropäischen Städten veranstalteten ab Juli Anhänger der beteiligten Organisationen unter der Bezeichnung "Plattform der Vereinigten Revolutionären Kräfte<< (DBGP) Informationsveranstaltungen und Podiumsdiskussionen , um das neue Bündnis und dessen geplante Aktionen, darunter eine Kampagne gegen den Militärdienst in der Türkei , vorzustellen. Größere Aktivitäten blieben aber aus . 2.2.6 Verbotsmaßnahmen Weitere Am 9. April verbot der Senator für Inneres in Bremen den "KurdischVereinsverbote in Deutschen Solidaritätsverein e. V.<< als Ersatzorganisation des am Bremen und 1 . November 1995 wegen Unterstützung der PKK verbotenen Hessen "Kurdisch-Deutschen Vereins für VölkerfreundschaftHEVALTI". Das hessische Innenministerium verfügte am 25. August ein Verbot gegen das "Internationale Bürgerhaus Frankfurt/ Main e. V. ", das als Ersatzorganisation des am 30. November 1995 verbotenen "Kurdistan Informationszentrums Frankfurt/ Main e. V. << anzusehen ist. 2.2. 7 Strafverfahren gegen führende Funktionäre der PKK Am 11 . Februar verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Gelle den früheren Europasprecher der ERNK u. a. wegen schwerer Brand- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 163 stiftung in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren und am 14. Oktober einen Funktionär der PKK-Jugendorganisation "Union der Jugendlichen aus Kurdistan" (YCK) wegen versuchter Brandstiftung in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Ein weiterer PKKFunktionär erhielt am 12. November vor dem OLG Stuttgart eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung. Er hatte u. a. an Bestrafungsaktionen gegen PKKAbweichler in Baden-Württemberg teilgenommen. Das OLG Frankfurt/ M. verhängte am 18. November gegen einen früheren Regionsleiter der PKK eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten u. a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung . Am 17. Dezember verurteilte das OLG Gelle eine PKK-Funktionärin u. a. wegen versuchter Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Die Funktionäre der PKK agieren nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hochkonspirativ. Ihr Strukturverhalten entspricht dem, was auch aus dem unpolitischen Feld der Organisierten Kriminalität bekannt ist. Im Hinblick auf diese Aktivitäten sowie polizeiliche Ermittlungsergebnisse, die belegen, daß PKK-Aktivisten unter Einbindung von PKK-Führungskräften weiterhin für eine Vielzahl von strafbaren Handlungen verantwortlich sind (vgl. Nr. 2.2.1 ), hat der Generalbundesanwalt am 13. November 1997 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, d. h. Bestehen von kriminellen Strukturen innerhalb des Führungskörpers der PKK in Deutschland seit etwa Mitte 1996, nach SS 129 StGB eingeleitet. 3. Araber 3.1 Algerische islamistische Gruppen "Islamische Heilsfront" (FIS) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: etwa 1989 (in Algerien) Leitung: Leiter der "Exekutivinstanz der FIS im Ausland** Mitglieder: ca. 300 (1997: ca. 300) Publikationen: u. a. "AI-Ribat** (Das Band/ Die Verbindung), wöchentlich 164 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern >>Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1992 (in Algerien) Mitglieder: in den Zahlen zur FIS enthalten, da eine eindeutige Zuordnung meist nicht möglich ist (geschätzt etwa 50) Publikationen: u. a. >>AI-Gamaa" (Die Gruppe), monatlich Die Polarisierung zwischen den algerischen Islamistischen Gruppen >>Islamische Heilsfront<< (FIS} und >>Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA) ist im Laufe des Jahres 1998 weiter fortgeschritten . Während die FIS und ihr bewaffneter Arm , die >> Islamische Heilsarmee<<(AIS) , an ihrem im Oktober 1997 einseitig erklärten Waffenstillstand festhalten , verübten Anhänger der GIA Anfang des Jahres die nach Art und Ausmaß grausamsten Massaker an der Zivilbevölkerung in Algerien seit Ausbruch der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen dem Regime und den lslamisten im Jahr 1992. Daraufhin kam es zu Abspaltungen von der GIA. Einige kleinere Gruppen schlossen sich dem von FIS/AIS verkündeten Waffenstillstand an. Eine weitere , ursprünglich zur GIA gehörende Gruppe lehnt zwar nach wie vor den Waffenstillstand ab, verurteilt jedoch die Massaker an der Bevölkerung. Anhänger dieser Gruppe - sie nennt sich inzwischen >>SALAFIYA-Gruppe für die Mission und den Kampf,, - verüben unter der Leitung ihres Führers Hassan HATTAB weiterhin terroristische Anschläge auf Mitglieder und Einrichtungen von Armee und Sicherheitsbehörden . Die meisten Anhänger der FIS in Deutschland befürworten den neuen, gemäßigteren Kurs der Organisation. Die Gegner dieses Kurses, die sich im Oktober 1997 zum >> Koordinationsrat der FIS im Ausland << (CCFIS} 1451 zusammengeschlossen haben, konnten bislang keinen Einfluß auf die hiesigen FIS-Anhänger nehmen . Einige der in Deutschland lebenden algerischen lslamisten sind nach wie vor in die logistische Unterstützung bewaffneter islamistischer Gruppierungen in Algerien eingebunden. Dazu gehört u. a. die Beschaffung von Geld, Fahrzeugen, gefälschten Personaldokumenten , geeigneter Kleidung und auch militärischem Gerät. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen mutmaßliche Unterstützer der GIA führte das Bundeskriminalamt am 26. Mai Durchsuchungen in Räumlichkeiten algerischer lslamisten durch. Dabei wurden Schriftmaterial der GIA, zahlreiche Videokassetten , Computer und Faxgeräte sichergestellt. Gegen zwei Personen erging Haft- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 165 befehl. Auf Ersuchen der französischen Behörden erfolgte im August bzw. Oktober ihre Auslieferung nach Frankreich. Zeitgleich mit den polizeilichen Maßnahmen in Deutschland führten auch die zuständigen Behörden in Italien, Belgien , Frankreich und der Schweiz Exekutivmaßnahmen durch. 3.2 Ägyptische lslamisten **AI-Gamaa al-lslamiya" (GI) (Islamische Gemeinschaft) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1971 (in Ägypten) Leitung : Funktionärsgruppe Mitglieder: ca. 10 Innerhalb der ägyptischen Islamistischen Organisation "AI-Gamaa allslamiya" (GI) wird offensichtlich seit Monaten über die künftige Strategie beraten . Maßgebende Führer der Organisation sollen den Beschluß gefaßt haben , die bewaffnete Gewalt gegen die ägyptische Regierung und ausländische Touristen einzustellen. So hat die GI vor den Anschlägen auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam am 7. August ihren Austritt aus der für diese Aktionen verantwortlichen "Internationalen islamischen Front für den Jihad gegen Juden und Kreuzzügler" des Usama BIN LADEN erklärt. Auch in europäischen Ländern lebende Funktionäre der GI waren in die Diskussion über die Einstellung von Gewaltaktionen einbezogen . Hinweise auf die Einbindung von in Deutschland oder anderen europäischen Ländern ansässigen Funktionären und Anhängern der GI in die Planung und Durchführung von terroristischen Aktionen ergaben sich bislang nicht. 3.3 Sonstige extremistische und terroristische Gruppen aus dem Nahen Osten 3.3.1 "Islamischer Bund Palästinacc {IBP) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1981 (in München) Leitung: Führungsfunktionär Mitglieder: ca. 250 (1997: ca. 200) 166 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Oiesunnitische palästinensische "Islamische Widerstandsbewegung" (HAMAS) verübte erneut Sprengstoffattentate in Israel , bei denen mehrere Menschen getötet und zahlreiche verletzt wurden. Durch einen Sprengstoffanschlag auf einen mit jüdischen Kindern besetzten Schulbus im Gaza-Streifen Ende Oktober, bei dem ein israelischer Soldat getötet wurde, sollte offenbar die Ablehnung der HAMAS gegen das am 23. Oktober geschlossene Abkommen von WyePiantation (USA) verdeutlicht werden. Oie in Deutschland durch den "Islamischen Bund Palästina" (I BP) vertretenen HAMAS-Mitglieder stehen dem israelisch-palästinensischen Friedensprozeß weiterhin ablehnend gegenüber. Ihr in Aachen ansässiger Spendenverein "AL-AOSA e. V. " setzte seine Sammlungen in Moscheen und bei Veranstaltungen islamischer Organisationen fort. Es gab aber auch weiterhin keine Hinweise, daß die Mitglieder des IBP in die Planung gewalttätiger Aktionen verwickelt waren . Allerdings ist zu vermuten , daß die Spendengelder auch den Angehörigen von **Märtyrern ", d . h. von Selbstmordattentätern , zugute kommen. 3.3.2 "Hizb Allah" (Partei Gottes) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1982 (im Libanon) Zentrale Begegnungsstätte: Islamisches Zentrum Münster Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder: ca. 750(1997:ca. 700) Publikationen: u. a. "Al Ahd" (Die Verpflichtung), wöchentlich Die schiitische "Hizb Allah" setzte ihren Kampf gegen die israelische Besetzung des südlichen Libanon fort. Ihr militärischer Arm, die "Al Moqawama al lslamiya (Islamischer Widerstand)" , lieferte sich zahl - reiche Kämpfe mit israelischen Sicherheitskräften. Wegen ihres militärischen Kampfes und ihres breitgefächerten sozialen Engagements verfügt die "Hizb Allah" vor allem in den verarmten schiitischen Siedlungsgebieten über eine starke Anhängerschaft. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich die "Hizb Allah" im Libanon in den letzten Jahren zunehmend zu einer politischen Interessenvertretung für die schiitische Bevölkerungsgruppe. Die Umwandlung des Libanon in einen islamistischen Staat nach dem Vorbild Irans ist nicht mehr vorrangiges Ziel der "Hizb Allah ", vielmehr bekundete die Organisation ihre Bereitschaft, sich in das politische System des Libanon integrieren zu wollen. Die Haltung der Organisation, die auch weiterhin an ihren engen Verbindungen zum Iran und ihrer islamisti- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 167 sehen Ausrichtung festhält ist mittlerweile von einem politischen Pragmatismus geprägt, der darauf abzielt , gesellschaftliche Veränderungen im Libanon durch politische Aktivitäten herbeizuführen. Unverändert ist das Verhältnis der "Hizb Allah" zur Anwendung von Gewalt im Kampf gegen Israel. Ihr Generalsekretär Scheich Hassan NASRALLAH sagte Anfang November anläßlich einer Kundgebung in Beirut, das am 23. Oktober in Wye-Piantation (USA) geschlossene Abkommen zwischen Israels Ministerpräsident Netanjahu und Palästinenserpräsident Aratat müsse beseitigt werden. Zu diesem Zweck müßten israelische Soldaten und Siedler ermordet werden . Die Palästinenser seien dazu aufgerufen, ihrem Präsidenten wegen der Unterzeichnung des Abkommens die Hand abzuhacken . Unter den ** Hizb Allah"-Anhängern in Deutschland hat die Entwi cklung im Libanon allerdings kaum zu Reaktionen geführt. Ihnen dient das "Islamische Zentrum " (IZ) Münster als zentrale Begegnungsstätte. Sie waren vorrangig damit beschäftigt , organisatorische und personelle Probleme in den Griff zu bekommen . So beschränkten sich die Aktivitäten auf die Vorbereitung und Teilnahme an religiösen Festen und auf Spendensammlungen, deren Erlöse z. T. in den Libanon fließen und dort vermutlich auch an Angehörige von umgekommenen Kämpfern weitergeleitet werden, Versammlungen in Moscheen und die Teilnahme an Demonstrationen. An der diesjähri - gen Demonstration zum "Ohods"-Tag (Jerusalem-Tag) am 24. Januar in Berlin, an der sich ca. 1 .500 Muslime beteiligten , nahmen auch annähernd 150 "Hizb Allah"-Anhänger teil. 3.4 Arabische Mudjahedin (Kämpfer für die Sache Allahs) An den Kampfhandlungen in Afghanistan zur Vertreibung der sowjetischen Streitkräfte in den 80er Jahren waren auch zahlreiche lslamisten aus dem Nahen Osten und Nordafrika beteiligt. Sie durchliefen militärische Ausbildungslager in Afghanistan und Pakistan und führten den bewaffneten Kampf gegen die Rote Armee und gegen Kommunisten als "Heiligen Krieg" (Jihad) . Später kämpften diese sog . Arabischen Mudjahedin (auch "Afghanistan-Kämpfer") als Söldner in BosnienHerzegowina, Kashmir und Tschetschenien , aber auch im Rahmen islamistischer Gruppierungen in Algerien und Ägypten . Die "Arabischen Mudjahedin" bilden lose verbundene Netze, die - zum Teil vermittelt über islamische karitative "Nichtregierungsorganisationen" (NGO) - untereinander Verbindung halten. Bezüge zu diesem Milieu "Arabischer Mudjahedin<< wurden bei schweren Terroranschlägen mit islamistischem Hintergrund in den letzten Jahren erkennbar, zuletzt bei den Bombenanschlägen gegen die US-amerikanischen Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansan ia) am 7. August. Maßgeblicher Finanzier des terroristischen Mudjahedin-Milieus ist der 168 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern saudisehe Multimillionär Usama BIN LADEN , der sich in Afghanistan aufhält. Den Verfassungsschutzbehörden liegen mehrere Hinweise auf in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Personen vor, die entweder als Mudjahedin in Afghanistan oder an anderen Kriegsschauplätzen gekämpft oder aber eine militärische Ausbildung in Mudjahedin-Lagern in Afghanistan oder Pakistan durchlaufen haben. Einzelne Personen aus diesem Kreis sind in Kontaktnetze von "Arabischen Mudjahedin" eingebunden und unterhalten auch Verbindung zum Personenkreis um Usama BIN LADEN. Am 16. September wurde bei München der Sudanese Mamdoh Ahmed SAUM festgenommen. Er wird von den US-amerikanischen Behörden beschuldigt. ein maßgeblicher Verantwortlicher für Finanzgeschäfte Usama BIN LADENs zu sein. Er wurde am 20. Dezember an die USA ausgeliefert. 4. Iraner Während die Anhänger der iranischen Regierung in Deutschland kaum noch Aktivitäten entfalteten, setzten die Regimegegner ihre Propaganda gegen die Teheraner Regierung u. a. im Rahmen zahlreicher Demonstrationen fort . 4.1 Anhänger der iranischen Regierung "Union Islamischer Studentenvereine" (U.I.S.A.) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: etwa 1976 Sitz: Berlin Leitung: Vorstand aus vier Personen Mitglieder: ca. 150 (1997 : ca. 200) Publikationen : u. a. "Qhods" (Jerusalem), unregelmäßig Anhänger der Die Deutschland-Sektion der "Union Islamischer Studentenvereine" U.I.S.A. entfalten (U.I.S.A.), eine Vereinigung regimetreuer iranischer Studenten, tritt als kaum noch einzige iranische Organisation in Deutschland für die Ziele der Aktivitäten "Islamischen Revolution" ein . Zu den Zielen der in Ortsvereinen organisierten U.I.S.A. gehören der "Export" der Revolutionsidee, die weltweite lslamisierung und die politische Unterstützung der iranischen Regierung im Ausland , z. B. durch die Beeinflussung von muslimischen Gruppen aus anderen Ländern. Die Organisation war auch 1998 kaum aktiv ; es waren lediglich kleinere interne Veranstaltungen im **Islamischen Zentrum Harnburg e. V. " (IZH) . dem größten schiitischen Propagandazentrum in Deutschland , festzustellen . Die organisationsbezogenen Aktivitäten der U.I.S.A. in Deutschland kommen immer mehr zum Erliegen. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 169 Mitglieder der U.I.S.A. beteiligten sich aber an der Demonstration anläßlich des "Ohods" -Tages am 24. Januar in Berlin (vgl. Nr. 3.3.2). 4.2. Gegner der iranischen Regierung "Nationaler Widerstandsrat Iran" (NWRI) - Vertretung der "Volksmodjahedin Iran" (MEK) - - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1981 (in Paris) Sitz: Köln Leitung: Deutschlandsprecher Mitglieder: ca. 900 (1997: ca. 900) Publikationen : u. a. "Modjahed" (Giaubenskämpfer), wöchentlich Der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) - weltweit aktiver politi"Volksmodjahedin" scher Arm der "Volksmodjahedin Iran" (M EK) - stellt innerhalb des fordern weiterhin oppositionellen iranischen Spektrums weiterhin die einzige handden gewaltsamen Sturz der iranilungsfähige Organisation dar. Trotz erkennbarer Ablehnung durch die schen Regierung iranische Bevölkerung, speziell aber auch durch die im Ausland lebenden Iraner, nimmt der NWRI bei öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie Pressekonferenzen und anderen Medienauftritten für sich in Anspruch, als "Exilparlament" die "einzige legitime demokratische Alternative" zur iranischen Regierung zu sein. Bei der MEK handelt es sich um eine militärisch ausgerichtete, streng hierarchisch aufgebaute und von einem sektenartigen Führerkult geprägte Kaderorganisation. Die im Irak ansässige Organisationsführung forderte 1998 mit Nachdruck die "militärische Beseitigung der iranischen Regierung" und verlegte den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf den personellen Ausbau der im Irak stationierten "Nationalen Befreiungsarmee<< (NLA), einer mehrere tausend Kämpfer zählenden Rebellenarmee. Der Leiter der MEK und Führer der NLA, Massoud RADJAVI, forderte seine Anhänger weltweit auf, sich der NLA anzuschließen und am bevorstehenden **Endkampf gegen das iranische Regime<< teilzunehmen. Die MEK übernahm die Verantwortung für eine Reihe von Terroranschlägen auf Regierungsgebäude und Funktionsträger im Iran. Im westlichen Ausland verübten NWRI-Anhänger vermehrt tätliche Angriffe auf iranische Regierungsvertreter. Schwerpunkt der Aktivitäten der NWRI-Anhänger in Deutschland waren, wie in den Vorjahren, systematischeüberwiegend illegaleGeldbeschaffungsaktionen (Straßenund Haussammlungen), die 170 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern unter dem Vorwand betrieben wurden, iranische Flüchtlinge unterstützen zu wollen. Daneben veranstaltete die Organisation zahlreiche Demonstrationen gegen die Teheraner Regierung mit bis zu 400 Teilnehmern. Das weltweite Medieninteresse an dem Fußballweltmeisterschaftsspiel zwischen den USA und dem Iran am 21. Juli in Lyon nutzte der NWRI zu einer großangelegten Propagandaaktion mit etwa 10.000 Teilnehmern, die aus zahlreichen Ländern, u. a. auch aus Deutschland, unter großem organisatorischem Aufwand zum Austragungsort gebracht worden waren. Es gelang, zumindest die Aufmerksamkeit der westlichen Medien auf die politischen Ziele der Organisation zu lenken. Die befürchteten gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Regiemeanhängern blieben aufgrund der umfassenden Sicherheitsvorkehrungen der französischen Behörden aus. 5. Sikhs >>International Sikh Youth Federation" (ISYF) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1984 (in Indien) Sitz: Frankfurt/ M. Leitung: gespalten in drei Fraktionen mit jeweils eigenem Bundesvorstand Mitglieder: ca.600(1997 : ca.600) ,,Babbar Khalsa International" (BK) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1978 (in Indien) Sitz: Merzenich (Kreis Düren) Leitung: Bundesvorstand Mitglieder: ca. 200 (1997: ca. 200) Die Bestrebungen terroristischer Sikh-Organisationen, einen unabhängigen Staat ,,Khalistan" auf dem Gebiet des indischen Bundesstaates Punjab zu errichten, halten unvermindert an . Mit gezielten Attentaten in der Heimatregion versuchen sie , auf dieses Ziel aufmerksam zu machen und eine Destabilisierung der politischen Verhältnisse im Punjab zu erreichen . ln Deutschland sind neben gemäßigten Sikh -Gruppen vor allem die ,, Babbar Khalsa International" (BK) und die >> International Sikh Youth -r-eoera'uorr ""(i'.YR-r&~u v.' "i'' !'00 r'i'b~oo. 7.eo.tri?D. rle.r.Sik.h.s~samme~,, ten sie bei zahlreichen Versammlungen und "Märtyrergedenktagen" Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 171 Spendengelder, mit denen auch Aktivitäten gewalttätiger Organi - sationen wie der "Khalistan Commando Force" (KCF) in Indien unterstützt werden. Mit Informationsständen und Demonstrationen versuchen die Sikh-Gruppen in der Öffentlichkeit für ihre Ziele zu werben . Dabei wird die Politik der indischen Regierungspartei angeprangert und dazu aufgefordert, sich für die Belange der Sikhs in Indien einzusetzen . So nahm die ISYF die indischen Atomtests zum Anlaß für eine Kundgebung am 18. Mai in Bonn, an der sich etwa 80 Sikhs beteiligten . Sie versammelten sich zunächst vor dem Auswärtigen Amt, wo eine fünfköpfige Delegation ein Memorandum übergab. Danach zogen die Demonstranten weiter zur indischen Botschaft, wo sie gegen die indische Regierung gerichtete Parolen skandierten. Am 17. August führten rund 100 Personen, darunter Anhänger verschiedener extremistischer Sikh-Organisationen, eine Protestkundgebung in Bonn durch, bei der die indische Regierung als "terroristi - sches Regime" bezeichnet und ein freies **Khalistan<< gefordert wurde. 6. Tamilen "Liberation Tigers of Tamil Eelam<< (LTIE) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1972 (in Sri Lanka) Sitz: Möncheng Iadbach Leitung : Führungskader der deutschen Sektion Mitglieder: ca. 700(1997 : ca. 700) Publikationen: u. a. "Kalathil<<(Auf dem Schlachtfeld), vierzehntäglich Auch 1998 hielten im Norden und Osten Sri Lankas die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den tamilischen Separatisten der LTIE an . Mit mehreren Bombenattentaten versuchten die LTIE, auf ihre Ziele aufmerksam zu machen und so die srilankische Regierung unter Druck zu setzen . Ein Bombenanschlag am 25. Januar auf den Tempel in Kandydas wichtigste buddhistische Heiligtum in Sri Lankazog das Verbot der LTIE in Sri Lanka nach sich . Bei einem weiteren schweren Attentat am 5. März in der Hauptstadt Colombo kamen 32 Menschen ums Leben , 230 wurden zum Teil schwer verletzt. Auch die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Sri Lankas (4 . Februar) konnten nur unter größten Sicherheitsvorkehrungen abgehalten werden. Zur Finanzierung ihres "BefreiungskampfeS<< in Sri Lanka sind die LTIE verstärkt auch auf Geldspenden der in Deutschland lebenden 172 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Tamilen angewiesen. Aus diesem Grund führen sie bei zahlreichen "Heldengedenktagen" und Kulturveranstaltungen , die vorwiegend von Hilfsund Tarnorganisationen der LTIE veranstaltet werden, Geldsammelaktionen durch. Daneben organisieren sie Haussarnmlungen, wobei die Kader auch vor Erpressung ihrer Landsleute nicht zurückschrecken. Die Gesamtsumme der auf diese Weise gesammelten Gelder beläuft sich vermutlich auf mehrere Millionen Mark jährlich. Mit Demonstrationen und Informationsständen versuchen die LTIE in der Öffentlichkeit für ihre Ziele zu werben. So fand am 4. Februar vor der Stadthalle in Bonn-Bad-Godesberg während eines Empfangs der srilankischen Botschaft eine Protestkundgebung statt. Während der Veranstaltung ging eine Bombendrohung gegen den Botschafter von Sri Lanka ein. 7. Kosovo-Aibaner >>Volksbewegung von Kosovo" (LPK) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1982 (im Kosovo) Leitung: Deutsche Sektion der LPK-Ausland Mitglieder: ca.550(1997:ca.300) Publikation: ,,zeri i Kosoves" (Die Stimme Kosovos), wöchentlich ln Deutschland leben nach Schätzungen inzwischen mehr als 200.000 Kosovo -Aibaner, die meisten von ihnen Flüchtlinge des Bürgerkriegs in der Region. Alle politisch relevanten kosovo-albanischen Gruppierungen im Bundesgebiet streben eine von Serbien unabhängige eigene >> Republik Kosovo<< an . Die internationale Staatengemeinschaft lehnt dies ab; sie fordert aber von der serbischen Regierung , den Kosovo - Aibanern weitgehende Autonomierechte zu gewähren, die sie im Zuge der Änderung der serbischen Verfassung, proklamiert im März 1989, gänzlich verloren haben. LPK wirbt für Die LPK befürwortet jede Form des Kampfes für die nationale Einheit Unabhängigkeitsund Unabhängigkeit der Albaner im Kosovo und in allen albanisch kampf besiedelten Gebieten des ehemaligen Jugoslawien. ln ihrem Organ ,,zeri i Kosoves<< und bei internen Veranstaltungen wirbt sie für die politische und finanzielle Unterstützung dieses Kampfes , der maßgeblich von der >> Befreiungsarmee von Kosovo" (UCK) getragen werde. Die Zeitung veröffentlicht regelmäßig Spendenkonten, die der Fonds >>Vendlindja therret<< (Das Vaterland ruft) in Deutschland und Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 173 zahlreichen anderen europäischen Ländern sowie in Australien , Kanada und den USA eingerichtet hat. ln Deutschland wird der Fonds von der LPK-Hilfsorganisation "Demokratische Vereinigung der Albanerinnen in Deutschland" (DVAD) verwaltet, die ihren Sitz in Siegburg hat und in Bonn ein Büro unterhält. Die LPK sieht den ** pazifistischen Kurs" des Dr. lbrahim RUGOVA, "Demokratischer Vorsitzender des "Demokratischen Bundes Kosovos" (LOK) 147l, den Bund Kosovoscc die Kosovo-Aibaner am 24. Mai 1992 zum "Präsidenten" der (LOK) "Republik Kosovo<< gewählt haben, als gescheitert an. ln .,zeri i Kosoves<< wird er deshalb immer wieder angegriffen. Auch gegen den in Deutschland lebenden "Ministerpräsidenten<<, Dr. Bujar BUKOSHI, erhebt das Blatt heftige Vorwürfe, weil er es bisher abgelehnt habe, die UCK aus dem vom LDK eingerichteten "Fonds der Republik Kosova<< zu unterstützen. Eigenen Angaben des LDK zufolge verwendet die "Regierung << in Pristina die weltweit eingenommenen Gelder für humanitäre Maßnahmen und zugunsten der "parallel<< zu den jugoslawischen Einrichtungen bestehenden politischen und sozialen Institutionen sowie Schulund Universitätseinrichtungen . Konkrete Anhaltspunkte für die gelegentlich in öffentlichen Medien verbreitete Behauptung, aus dem LOK-Fonds seien auch Gelder für die UCK abgeflossen, gibt es bisher nicht. Ein Großteil der Spendengelder wird nicht über Konten transferiert , sondern von Vertrauenspersonen gesammelt und unter Einsatz von Kurieren (über Albanien) in den Kosovo verbracht. Die gewaltsame Niederschlagung einer Großkundgebung von Albanern in der Provinzhauptstadt Pristina am 2. März und die Vertreibung kosovo-albanischer Familien durch serbische Sicherheitskräfte lösten auch unter den in Deutschland lebenden KosovoAibanern Proteste aus. Bei Demonstrationen verurteilten sie die Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat, forderten ein Eingreifen Europas und der Vereinigen Staaten sowie einen Abschiebestopp für Kosovo-Aibaner. Ein Teil der Demonstranten zeigte Transparente mit Aufschriften der UCK und skandierte Parolen zu deren Unterstützung. An einer Kundgebung am 25. März in Bonn, die vom LDK organisiert worden war, nahmen 40.000 Kosovo-Aibaner aus ganz Deutschland teil. Demonstrationen von Serben mit dem Tenor "Kosovo und Metohija (Teilgebiete Kosovos) sind Serbien << hatten nicht die gewünschte Resonanz; es fanden sich jeweils nur wenige hundert Teilnehmer ein. Hinweisen aus Kreisen der LPK zufolge sind Kosovo-Aibaner in größerer Zahl (schätzungsweise mehrere hundert) freiwill ig in ihre Heimat zurückgekehrt, um sich der UCK anzuschließen . 174 8. Annex: Schleusungsaktivitäten Die Bundesrepublik Deutschland ist neben anderen westeuropäischen Ländern ein bevorzugtes Zielland der illegalen Migration und der damit in engem Zusammenhang stehenden Schleusungsakti - vitäten. Für extrem istische Ausländerorganisationen sind Schleusungen in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Einschleusungen in die Bundesrepublik Deutschland ermöglichen z. B. Funktionären und Mitgliedern das Abtauehen in sichere Rückzugsräume. Durch Ausschleusung kampfbereiter Aktivisten werden die in den jeweiligen Heimatländern aktiven Guerillaeinheiten verstärkt. Illegal reisende Kuriere fungieren als Verbindungsglieder, die u. a. durch Geldund Materialtransporte den bewaffneten Kampf logistisch unterstützen. Extremistische Ausländerorganisationen schleusen ihre Funktionäre und Mitglieder in der Regel über organisationseigene Strukturen. Darüber hinaus bedienen sie sich im Einzelfall auch der Hilfe "professioneller" Schleuserorganisationen. Bisher gibt es keine eindeutigen Belege dafür, daß sich extremistische Ausländerorganisationen aus kommerziellen Erwägungen - z. B. zur Finanzierung der Parteiarbeit oder bewaffneter Aktionen - an der Verbringung ausländischer Flüchtlinge nach Westeuropa und insbesondere nach Deutschland beteiligen . Einige dieser Organisationen versuchen jedoch, durch Einforderung hoher Spendengelder an den lukrativen Gewinnen kommerzieller Schleuserbanden zu partizipieren. Schleusung von Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) ist die im Zusammenhang mit PKK-Angehörigen Schleusungen nach wie vor aktivste Organisation. Sie schleust ihre Funktionäre und Mitglieder vornehmlich über eine eigene, konspirativ arbeitende Organisationseinheit Die Mehrzahl der Einschleusungen in die Bundesrepublik Deutschland erfolgt auf dem Landweg, wobei die Schleusungsrouten über den gesamten ost- , aber auch westeu - ropäischen Raum verlaufen. Insbesondere Funktionäre werden jedoch unter Verwendung geoder verfälschter Reisedokumente auch auf dem Luftwege geschleust. Auch Ausschleusungen aus Deutschland erfolgen auf den dargestellten Wegen. Von türkischen linksextremistischen Organisationen wie der "Revolutionären Volksbefreiungspartei -Front" (DHKP-C) und der "Türkischen Volksbefreiungspartei/ -frontRevolutionäre Linke<< (THKP/ -CDevrimci Sol) sowie der "Türkischen Kommunistischen Partei/ Marxisten Leninisten<< (TKP/ ML) gehen ebenfalls Schleusungsaktivi - täten aus. Für Einschleusungen nach Deutschland wird ebenfalls überwiegend der Landweg genutzt. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 175 Darüber hinaus verfügen insbesondere algerische islamistische Gruppen wie die "Islamische Heilsfront" (FIS) und die "Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA) über internationale Schleusemetze mit Stützpunkten in verschiedenen europäischen Ländern, u. a. auch in Deutschland . Dies gilt auch für die extremistisch-schiitische libanesische "Hizb Allah<< (Partei Gottes). Bei den militanten Sikhund Tamilenorganisationen - insbesondere bei den "Liberation Tigers of Tamil Eelam << (LTIE) - besteht der Verdacht, daß sie sich nicht nur auf organisationsinterne Schleusungen beschränken , sondern gezielt Landsleute nach Deutschland verbringen, um sie der Organisation zu verpflichten und als Spendenzahler nutzen zu können. IV. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Periodische Publikationen Extremistische Ausländergruppierungen verbreiteten 1998 insgesamt 74 (1 997: 84) periodisch erscheinende Publikationen. Davon wurden 49 Schriften (1 997: 58) von linksextremistischen Ausländergruppierungen herausgegeben, von den islamistischen Organisationen 21 (1997: 22) und von den extrem-nationalistischen Organisationen 4 I (1 997: 4). Die meisten Schriften wurden wieder von türkischen und I kurdischen Gruppierungen verbreitet (23 bzw. 15). 2. Neue Kommunikationsmedien/Internet 1998 war eine weitere Zunahme der Nutzung des lnternets durch Extremistische extremistische Ausländergruppierungen festzustellen. Ausländergruppen verstärken ihre Ein Großteil der in Deutschland aktiven Vereinigungen und OrganiAktivitäten im sationen ist mittlerweile mit einer Hornepage im "World Wide Web" Internet weiter vertreten. Über diese Seiten werden zum Teil sehr umfangreiche Informationen angeboten. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Selbstdarstellung , der Werbung und der Agitation. Darüber hinaus sind mit Bezug zu extremistischen Ausländerorganisationen erste erfolgreiche Versuche bekanntgeworden , durch "Hacken<< Zugriff auf die Rechner einzelner Provider zu nehmen und deren Betrieb zu stören. So konnte z. B. im Oktober ein vermutlich serbischer Hacker eine Festplatte des Servers erfolgreich angreifen, über den auch die von der militanten linksorientierten **Volksbewegung von KosovO<< (LPK) herausgegebene Publikation .,zeri i Kosoves<< (Die Stimme Kosovos) ins Internet eingestellt wird. Entgegen der noch 1997 gängigen Praxis , Datenbestände relevanter Internetseiten auf Rechnern im Ausland abzuspe1chern, wurden 176 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern inzwischen auch deutsche Provider zur Einstellung der Internetangebote genutzt. Unter den extremistischen Ausländerorganisationen nutzen vor allem linksextremistische Gruppen kurdischen und türkischen Ursprungs das Internet mit zunehmender Professionalität. Informationen zur "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) werden derzeit von ihren verschiedenen Neben - und Teilorganisationen ins Internet eingestellt. Einen hohen Stellenwert im Informationsangebot zur PKK nehmen nach wie vor die Internetseiten der PKK-nahen Zeitschrift **Özgür Politika" (Freie Politik) und des kurdischen Fernsehsenders "MED-TV" ein. Das Internetangebot dieser Medien wird regelmäßig gepflegt und stellt tagesaktuell die neuesten Nachrichten zur Verfügung . Mit den Internetseiten des "Kurdistan-Rundbriefs" und des "Kurdistan Informationszentrums Köln" (KIZ) sollen gezielt deutsche Sympathisanten angesprochen werden. ln deutscher Sprache wird hier mit Veranstaltungshinweisen , Spendenappellen und politischen Erklärungen für die Ziele der verbotenen PKK geworben. WIDM-**..t***....... S.ho*-V.O:..S.h~o~._..___.~LDito ... dii ....~Miotruoi..._._... .Mr~ coc** 6 Kl'lflo""llltoti'Wio-.* ... l.lnrllrlr.IKtnlkltr, *rllrkiKM*OUcmllii.Dtrw:...rfll-rn~ii,.Mo_._.._.Soodo&..k*r'Rrl>Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V. << (IGMG) über einen deutschen Provider mit einer eigenen aufwendig gestalteten Homepage, die Informationsmöglichkeiten sowohl in deutscher als auch in türkischer Sprache anbietet. Es finden sich hier u. a. ein ausführlicher Tätigkeitsbericht für das Jahr 1997 und ein Bericht über die IGMG-Jahresversammlung 1998 in Rotterdam . Ferner werden Pressemitteilungen zu aktuellen Ereignissen (z. B. zu den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania) oder Auszüge aus der IGMG-Publikation >> Milli Görüs & Perspektive<< veröffentlicht. Des weiteren stellt die IGMG ein Kommunikationsforum zur Verfügung, an dem sich die Nutzer zu Themen wie >> IGMG und Verfassungsloyalität<< , >> Fundamentalismus''* >> Islam oder Demokratie?<< mit eigenen Texten direkt beteiligen kön - nen. Die Internetseite der algerischen >> Islamischen Heilsfront" (FIS) wurde 1998 mehrmals geändert. Nach den letzten Umstellungen ist es nunmehr möglich , das Angebot der FIS sowohl in Arabisch als auch in Französisch aufzurufen . Bereitgehalten werden neueste Ausgaben von FIS-Publikationen , u. a. "AI-Ribat<< (Das Band/Die Verbindung), aktuelle Kommuniques sowie ausgewählte Texte der geistlichen Führung der FIS. Auch die libanesische >> Hizb Allah << (Partei Gottes) und die palästinensische >> Islamische Widerstandsbewegung << (HAMAS) unterhalten eigene Homepages. Beide Organisationen nutzen das Internet u. a. zur Verbreitung von politischen Erklärungen . Die ägyptische >>AIGamaa al-lslamiya<< (G I) (Islamische Gemeinschaft) ist über die Hornepage ihrer Publikation >>AI-Murabeton'' (Die Garnisonen) vertre - ten . Neben politischen Stellungnahmen der GI kann auf eine große Zahl unterschiedlicher Bild -, Audiound Videodateien aus dem aktuellen Zeitungs-, Radiound Fernsehangebot von >>AI-Murabeton '' zugegriffen werden . 178 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern V. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder/Anhänger Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1998 (1997) Türken (ohne Kurden) "Föderation der türkisch7.500 (7.000) "Türk Federasyon demokratischen IdealistenBülteni" vereine in Europa e. V. " (Bulletin der Türk(ADÜTDF) Föderation) -monatlich"Föderation der demo800 (800) "Tatsachen" kratischen Arbeitervereine - zweimonatlich - aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschlande. V." (DIDF) Kurden Irakische Organisationen 400 (400) - "Demokratische Partei Kurdistans/Irak" (DPK-1) - "Patriotische Union Kurdistans" (PUK) Araber "Hizb Al Da'Wa Allslamiya" 100 (100) "Al Jihad" (Heiliger Krieg) (DA'WA) -wöchentlich - (Partei des islamischen Rufs/ der islamischen Mission) "Gruppen des libanesischen 200 (200) **Amal" (Hoffnung) Widerstandes" (AMAL) - wöchentlich - Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 180 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten I. Überblick Erweiterung von Das Lagebild 1998 in der Spionageabwehr ist gekennzeichnet durch NATO und EU einige Veränderungen. Die Beitrittsverhandlungen der NATO mit nimmt Konturen an Polen, Tschechien und Ungarn gingen einher mit einer positiven Neubewertung der Nachrichtendienste dieser Staaten. Dagegen richFortgesetzte ten die Nachrichtendienste einiger Republiken der Gemeinschaft Aktivitäten russiUnabhängiger Staaten (GUS) 148l - vornehmlich die der Russischen scher NachrichtenFöderation - nach wie vor nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen dienste Deutschland . Vor allem die russischen Dienste sind auch weiterhin mit einer hohen Zahl von Mitarbeitern an den amtlichen und halbamtlichen russischen Vertretungen in Deutschland vertreten. Aktivitäten von Deutsche Sicherheitsinteressen werden indes nicht nur durch nach - Nachrichtenrichtendienstliche Aktivitäten aus Republiken der GUS berührt. Auch diensten aus dem Staaten Nordafrikas sowie nah -, mittelund fernöstliche Staaten verNahen, Mittleren fo lgen in Deutschland nachrichtendienstliche Ziele. Insbesondere und Fernen Osten sowie aus Länder wie Iran, Irak, Libyen und Syrien richten ihr Interesse vorNordafrika nehmlich auf die Ausspähung und Unterwanderung in Deutschland ansässiger Personen und Gruppen, die in Opposition zur Regierung ihres Heimatlandes stehen. Gefahrenherd Die Proliferationsproblematik 149l ist durch die Kernwaffentests Indiens Proliferation und Pakistans Ende Mai auch in Deutschland wieder verstärkt in das öffentliche Interesse gerückt. Aufsehen erregte auch die Festnahme eines seit längerem mit Haftbefehl gesuchten deutschen Technikers. Ihm wird vorgeworfen, dem Irak Pläne zur Herstellung von Gasultrazentrifugen geliefert zu haben. Das vom Generalbundesanwalt geführte Verfahren wegen Verdachts des Landesverrats und Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz ist beim Bayerischen Obersten Landesgericht anhängig . II. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation 1. Aktuelle Situation und Aufgaben der Dienste, personelle Veränderungen PRIMAKOW kann Im russischen Staatsapparat haben die Nachrichtenund Sichermit der Unterheitsdienste nunmehr ihren festen Platz. Sie sind wieder ein elemenstützung der tarer Bestandteil der russischen Sicherheitsstrategie. Vor dem NachrichtenHintergrund der instabilen wirtschaftlichen und politischen Lage in dienste rechnen Rußland reagierten die Sicherheitsdienste auf die Wahl des bisherigen Außenministers und vormaligen Leiters des Aufklärungsdienstes SWR, PRIMAKOW, zum russischen Ministerpräsidenten positiv. Vor allem die zivilen Nachrichtendienste Rußlands dürften ihn als Fürsprecher ihrer Belange ansehen und werden ihn im eigenen Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 181 Interesse unterstützen. Auch Innenminister STEPASHIN , der bis 1995 den Inlandsnachrichtendienst FSB geleitet hat. betonte, die Dienste und Polizeibehörden würden mit PRIMAKOW gut zurechtkommen. 1998 hat es strukturelle und personelle Veränderungen auf der Veränderungen Leitungsebene der Nachrichtendienste und in den ihnen übergeord - vorwiegend auf der neten Institutionen gegeben. So wurden im März der Russische Ebene über den Diensten Verteidigungsrat. der bis dahin vorwiegend als Gegengewicht zum Nationalen Sicherheitsrat fungierte, sowie das erst im Oktober 1997 neu eingerichtete Militärinspektorat, das Kontrollbefugnisse im Bereich der russischen Streitkräfte wahrnahm, in den Nationalen Sicherheitsrat integriert, der seit Mitte September von Generaloberst Nikolaj BORDJUSHA geleitet wird. BORDJUSHA wurde im Dezem ber zusätzlich zum Leiter der russischen Präsidialverwaltung ernannt. Die Verschmelzung der Position des Leiters des Nationalen Sicherheitsrates, der auch für die Koordinierung der Tätigkeit der Geheimdienste und deren Kontrolle zuständig ist, mit dem Posten des Leiters der Präsidialadministration führt gleichzeitig zu einer Konzentration und Zentralisation von staatlichen Kontrollund Lenkungsmöglichkeiten im unmittelbaren Einflußbereich des russischen Präsidenten und stärkt dessen Machtposition. Die wichtigsten Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation sind derzeit folgende: * Der zivile Auslandsdienst SWR befaßt sich vor allem mit der politi - SWR sehen, wissenschaftlich-technologischen und ökonomischen Aufklärung der Zielländer. Zusätzlich forscht der SWR fremde Nachrichtenund Sicherheitsdienste durch Gegenspionage aus. Der Dienst wird weiterhin von Generaloberst Wjatscheslaw TRUBNIKOW geleitet, der als Nachfolger PRIMAKOWs besonderen Rückhalt in der russischen Staatsführung zu genießen scheint. Dies wird daran deutlich , daß er 1998 sowohl an den Verhandlungen zwischen Rußland und den USA zur Reduzierung strategi - scher Waffen als auch an den Gesprächen mit dem jugoslawischen Staatspräsidenten Milosevic in Moskau zur Beilegung des Kosovo-Konflikts beteiligt wurde. * Der militärische Auslandsnachrichtendienst GRU, der am 5. GRU November seine Gründung vor 80 Jahren feierte, untersteht dem russischen Verteidigungsministerium und ist für die militärische Auslandsaufklärung zuständig . Dazu zählen vor allem die militärpolitische, strategische. taktische und geographische Aufklärung sowie die Technologiespionage in der Rüstungstechnik und der technischen Produktion mit zivilen wie militärischen Anwendungs - möglichkeiten. Leiter des Dienstes ist Generaloberst Valentin KORABELNIKOW. 182 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten FSB * Der FSB ist als lnlandsabwehrund Sicherheitsdienst primär für die Spionageabwehr sowie die Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität zuständig. ln besonderen Fällen und in Abstimmung mit den russischen Auslandsdiensten ist der FSB auch zu Aufklärungsaktivitäten im Ausland befugt, so zum Beispiel zur Bekämpfung der Wirtschaftsspionage, der grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität oder bei der militärischen Spionageabwehr. PUTIN neuer Leiter * Im Juli wurde der bisherige Leiter des FSB, Nikolaj KOWALJOW, des FSB abgelöst und durch Generaloberst Wladimir PUTIN ersetzt. PUTI N war bis Anfang der 90er Jahre beim damaligen sowjetischen Staatssicherheitsdienst KGB im Bereich der Auslandsaufklärung tätig und in dieser Verwendung auch mehrere Jahre in der ehemaligen DDR eingesetzt. Mit der Ernennung PUTINs zum FSB-Leiter hat dessen nachrichtendienstliche Karriere aus der Zeit der Sowjetunion im russischen Staatssicherheitssystem ihre Fortsetzung gefunden . FA PSI * Oie Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen und Informationen (FAPSI) erfüllt sowohl Aufklärungsals auch Abwehraufgaben. Zum einen ist sie zuständig für die Erfassung und EntschlüsseJung ausländischer Fernmeldeverkehre in Rußland, zum anderen obliegen ihr die technische Bereitstellung und die Gewährleistung der Abhörsicherheit wichtiger staatlicher Nachrichtenverbindungen , z. B. der russischen Regierung und der Armee. Darüber hinaus ist FAPSI Genehmigungsbehörde bei der kommerziellen Nutzung von Nachrichtentechniken. Der Dienst ist unmittelbar nach Auflösung der vormaligen Sowjetunion eingerichtet worden, untersteht dem russischen Präsidenten direkt und wurde seit seiner Gründung von Armeegeneral Alexander STAROWOIJTOW geleitet. Dieser wurde am 7. Dezember von Präsident Jelzin ohne Angabe von Gründen entlassen und durch Wladislaw Petrowitsch SCHERSTJUK ersetzt, der zuvor über einige Jahre die "3. Hauptverwaltung" dieses Dienstes geführt hatte, deren Zuständigkeit die Fernmeldeund elektronische Auslandsaufklärung umfaßt. FSO * Der Schutzdienst FSO ist verantwortlich für den persönlichen Schutz und die Sicherheit des russischen Präsidenten sowie der Angehörigen der Regierung . Ferner obliegt ihm der Objektschutz für Regierungsgebäude und Wohnungen von Regierungsmitgliedern. Teilen des Dienstes kann der russische Präsident nach eigenem Ermessen auch nachrichtendienstliche Abwehroder Aufklärungsaufgaben übertragen. Insofern kann von einem präsidialen Spezialdienst gesprochen werden , dessen Aufgaben und Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 183 Befugnisse der russische Präsident alleine bestimmt. Der Dienst wird von Generalleutnant Jurij KRAPIVIN geleitet. * Der Föderale Dienst für Grenzschutz (FPS) ist für die Bewachung FPS und den Schutz der Außengrenzen des russischen Territoriums zuständig. Mit einem nachrichtendienstlich tätigen Truppenteil, der ..Verwaltung Aufklärung der Grenztruppen" , ist der FPS auch befugt , in den Grenzregionen der russischen Nachbarstaaten Auslandsaufklärung zu betreiben . Im Januar wurde das Kommando über den FPS Generaloberst Nikolaj BORDJUSHA übertragen, der diese Aufgabe bis zu seiner Ernennung zum Leiter des Nationalen Sicherheitsrates Mitte September wahrgenommen hat. Anfang Dezember wurde BORDJUSHA zusätzlich die Leitung der Präsidialadministration im Kreml übertragen. Er führt nun beide Ämter in Personalunion. Nachfolger BORDJUSHAs als Leiter des FPS wurde Mitte TOZKIJ neuer September Generaloberst Konstantin TOZKIJ. Er ist Absolvent der Leiter des FPS Moskauer Grenzschule sowie der Militärund der Generalstabsakademie. Zuletzt leitete er die Akademie des FPS. Als erste Maßnahme in seinem neuen Amt kündigte TOZKIJ an, er werde die Zusammenarbeit mit den Grenzdiensten der anderen GUSRepubliken verbessern. Die Ernennung BORDJUSHAs zum Sekretär des Sicherheitsrates Zusammenlegung ist ein Indiz für eine möglicherweise bevorstehende Verschmelzung von FSB und FPS? des FPS mit dem FSB, die offenbar seit Anfang 1998 von der russischen Staatsführung erwogen wird. Die Umsetzung dieses Vorhabens würde faktisch eine erhebliche Ausweitung der Machtbefugnisse und Kontrollmöglichkeiten zugunsten des FSB bedeuten . BORDJUSHA erklärte im September bei seiner Ernennung zum Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, die Pläne zur Zusammenlegung von FPS und FSB seien beträchtlich fortgeschritten, und widersprach damit seiner eigenen Darstellung vom März, der FPS werde unabhängig bleiben. J 2. Aktivitäten der russischen Nachrichtendienste ( Trotz aller Veränderungen und Reformen im russischen Staatssicherheitsapparat seit der politischen Wende darf nicht darüber hinKontinuität zwischen den ehemaligen sowjetischen und weggesehen werden, daß es sich bei den neuen russischen den russischen Nachrichtendiensten vornehmlich um direkte Nachfolger der früheren Nachrichtendiensten sowjetischen Dienste KGB und GRU handelt. So ist deutlich zu erkennen , daß den russischen Diensten mit der Ausrichtung auf schon früher wichtige Zielländer bis heute das alte "Feindbild" trotz der angeblichen Schließung zahlreicher nachrichtendienstlicher Stützpunkte im Ausland und trotz angeblicher weit- 184 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten weiter Personalreduzierung erhalten blieb. Auch sind wesentliche Faktoren, die das sowjetische Staatssicherheitssystem getragen haben, im Bereich der russischen Nachrichtendienste wieder verankert . Dazu gehören z. B. die vorübergehend ausgesetzten Exekutivbefugnisse für den lnlandsabwehrund Sicherheitsdienst FSB. Ferner sind viele Mitarbeiter des früheren KGB, denen die nachrichtendienstliche Praxis mit entsprechender ideologischer Ausrichtung in der Zeit des Kalten Krieges vermittelt worden war, in den russischen Nachrichtendiensten weiterbeschäftigt Wertvolles Erbe für Schließlich darf nicht übersehen werden, daß die russischen Dienste die russischen aus den Zeiten der ehemaligen Sowjetunion über ein großes nachDienste richtendienstliches Erbe an methodischem Wissen und Hintergrunderkenntnissen sowie an unzähligen Personeninformationen aus aller Weit verfügen. Dabei handelt es sich auch um Informationen über weltweit agierende geheime Mitarbeiter der Dienste ehemals Verbündeter Staaten sowie über Beobachtungsobjekte und Zugangsmöglichkeiten aller Art. Mit der Übernahme der sowjetischen Geheimdienstzentralen durch die Russische Föderation sind diese Unterlagen vollständig in den Besitz ihrer Dienste gelangt. Sie waren damit ohne Unterbrechung in die Lage versetzt, die nachrichtendienstliehen Arbeitsmethoden und die Zusammenarbeit mit geheimen Mitarbeitern aus der Ära der Sowjetunion in russischem Interesse fortzusetzen . Bis in die heutige Zeit können die russischen Dienste Nutzen aus dieser Hinterlassenschaft ziehen. 2.1 Aufklärungsziele und Methoden Deutschland ist Mit dem SWR, der GRU und der Agentur FAPSI verfügt die Russische unverändert Föderation im wesentlichen über drei eigenständige NachrichtenZielobjekt dienste, die Auslandsaufklärung betreiben. Unter den Zielländern der russischen Ausspähungsbemühungen steht Deutschland seit Jahren unverändert an bevorzugter Stelle. Aufklärungsziele Die wichtigsten Aufklärungsziele der russischen Auslandsnachrichtendienste sind weiterhin die Innen-, Außen-, Wirtschaftsund Sicherheitspolitik, Wissenschaft und Technologie sowie der militärische und militärstrategische Komplex. Die Schwerpunkte der Ausspähung werden aktuellen Ereignissen oder bestimmten Entwicklungen angepaßt, die für die russische Regierung von besonderem Interesse sind. Erklärtes Hauptziel ist dabei die politische und militärische Entwicklung im Zusammenwachsen Europas. Ihr besonderes Augenmerk richten die russischen Aufklärungsdienste daher auch weiterhin auf die NATO und deren Erweiterung in Richtung Osten sowie auf die mit der Sicherheit Europas befaßten Organi- Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 185 sationen WEU und OSZE. Von ähnlicher Wichtigkeit für die Aufklärungsaktivitäten der russischen Dienste ist die Weiterentwicklung der EU , insbesondere im Hinblick auf deren anwachsendes politisches und wirtschaftliches Potential. Die Nachrichtendienste haben den Auftrag, den Schutz russischer InformationsWirtschaftsinteressen im eigenen Land und auf dem Weltmarkt zu beschaffung im gewährleisten sowie möglichst optimale Bedingungen für deren Bereich der Wirtschaft Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen . Dazu zählen die Dienste auch ihre Mitwirkung an einer verstärkten Wirtschaftsförderung durch ausländische Kapitalanleger in Rußland. So hat z. B. der FSB erklärt, er beabsichtige, neuen Investoren bei der Suche nach verläßlichen Geschäftspartnern in Rußland "behilflich" zu sein sowie für den persönlichen Schutz und die Sicherheit ausländischer Kapitalanleger einzutreten. Derartige Aktivitäten dürften vor allem Auswirkungen auf Firmenvertreter in Niederlassungen ausländischer Unternehmen in Rußland sowie auf Geschäftsreisende aus westlichen Ländern haben . Dieser Personenkreis muß daher auch mit nachrichtendienstliehen Ansprachen durch den FSB rechnen. Bei der Informationsbeschaffung über die Zielländer nutzt die russi - Methoden der sche Aufklärung zum einen zunehmend die Möglichkeiten, die offene, Auslandsder Allgemeinheit zugängliche Informationsquellen wie Datenbanken, aufklärung Internet u. a. bieten . Zum anderen versuchen die Auslandsnachrichtendienste SWR und GRU aber in klassischer Weise durch verdeckte Spionageaktivitäten mit Hilfe geheimer Mitarbeiter oder durch eigene Nachrichtendienstoffiziere, die unter einer Legende auftreten , interessante Aufklärungsbereiche und Zielobjekte auszuforschen. Ergänzt wird die Spionage mit menschlichen Quellen durch den Einsatz technischer Mittel zur Fernmeldeund elektronischen Aufklärung . Die Informationsbeschaffung über ausländische Staaten erfolgt einerseits traditionell von russischem Territorium aus durch Aktivitäten, die unmittelbar von den Zentralen der Dienste in Moskau ausgehen , andererseits durch die sogenannten Legalresidenturen, in denen auf Tarnpositionen eingesetzte Nachrichtendienstoffiziere in diplomati - schen oder konsularischen Vertretungen Rußlands sowie in Korrespondentenbüros russischer Medien in den Zielländern tätig sind. Darüber hinaus werden Nachrichtendienstoffiziere in Rußland wie auch im Ausland auf Tarndienstposten in staatlichen Firmenniederlassungen und auch unter privatwirtschaftlicher Legende eingesetzt. Die methodische Vorgehensweise russischer Dienste bei der ÜberÜberwachungswachung und Anbahnung von Zielpersonen basiert im wesentlichen methoden des FSB auf den Erfahrungen und Praktiken des ehemaligen KGB. Wie in 186 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten >>alten Zeiten" arbeitet der FSB mit russischen Behörden zusammen, die für Hinweise auf Zielpersonen in Frage kommen , und unterhält ein Netz von Informanten und geheimen Mitarbeitern unter der Zivilbevölkerung . So zum Beispiel in den Hotels der großen Städte, in denen Geschäftsreisende oder Touristen aus dem Westen untergebracht sind. Aber auch durch die unmittelbare Personenüberwachung mit eigenen Kräften versucht der FSB fortlaufend, interessante Zielpersonen ausfindig zu machen und Ansatzmöglichkeiten für eine nachrichtendienstliche Ansprache zu finden. Zusätzlich ist er im innerstaatlichen Bereich auf vielen Feldern durch Kontrollund Überwachungsmaßnahmen aktiv. Beleg dafür ist unter anderem die Aussage des früheren Leiters des Dienstes, KOWALJOW, wonach in allen führenden Banken in Rußland eine FSB-Agentur eingerichtet worden sein soii1 50I . Mitarbeiter Deutsche diplomatische und konsularische Vertretungen in Rußland deutscher sowie deren Mitarbeiter und Kontaktpersonen stehen nach wie vor im Vertretungen als Blickfeld des FSB und unterliegen einer intensiven Personen - bzw. Zielpersonen Objektüberwachung. Dabei stellt die nachrichtendienstliche Nutzung russischen Personals in den deutschen Auslandsvertretungen einen Teil der Aufklärungstätigkeit des FSB dar. Nutzungdes Nach einem Ende Juli bekanntgewordenen Gesetzentwurf soll es lntemets als dem FSB gestattet werden, die Nutzung des lnternets und der lnfonnationsquelle Elektronischen Post (E-Mail) zu überwachen. Oie russischen InternetAnbieter sollen verpflichtet werden, Zusatztechnik zu installieren, die es dem FSB ermöglicht, alle Aktivitäten der Nutzer zu kontrollieren. Wird diese Vorschrift nicht beachtet, so soll den Anbietern der Verlust der Belreiberlizenz drohen. Falls dieses Gesetzesvorhaben in die Praxis umgesetzt wird, werden auch ausländische Staatsangehörige oder Firmenniederlassungen, die sich in Rußland des Interneis bedienen, zusätzlich durch den FSB überwacht. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse - etwa zu Betriebsinterna oder auch persönliche Daten von Internet-Nutzern - könnten nicht nur für Abwehrmaßnahmen, sondern auch für operative nachrichtendienstliche Aktivitäten, wie z. B. Werbungsversuche, genutzt werden. Nutzung funkund Auswirkungen auf deutsche Sicherheitsbelange können sich auch fernmeldeelektroaus den Inlandsaktivitäten der Agentur FAPSI ergeben . Zu deren nischer EinrichAufgaben gehört neben dem Aufbau sicherer Kommunikationsnetze tungen zur für Banken und wichtige Wirtschaftsunternehmen in Rußland auch Ausspähung die Erteilung von Lizenzen im Bereich der Kommunikationsund Verschlüsselungstechnik sowie die Genehmigung der kommerziellen Nutzung von Funkkanälen. Oie weitreichenden Kompetenzen bei der Vergabe einer Betriebserlaubnis sowie die Bereitstellung, Funktionsprüfung und Instandhaltung von Nachrichtenverbindungen im Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 187 Bereich der russischen Industrie verschaffen der Agentur FAPSI umfangreiche Informationen über nationale und internationale Geschäftsverbindungen russischer Unternehmen sowie über die Leistungsfähigkeit und die Bonität der "betreuten" Firmen. 2.2 Steuerung der Operationen aus Moskau Nachrichtendienstliche Verbindungen , die unmittelbar aus den Vielfältige Ansätze Hauptquartieren der Dienste in Moskau geführt werden, sind in der zur AgentenRegel langfristig angelegt. Oie Möglichkeiten zum Aufbau solcher anwerbung Kontakte sind vielfältig. Personen können z. B. bei Geschäfts- , Urlaubsoder Besuchsreisen nach Rußland in das Blickfeld der russischen Nachrichtendienste geraten und von diesen für eine Spionagetätigkeit angeworben werden. Ebenso bilden Aussiedler aus Rußland nach wie vor ein geeignetes WerbungspotentiaL Diese Personengruppe gelangt bereits bei der Bearbeitung ihrer Ausreiseanträge durch russische Behörden in das Blickfeld der russischen Dienste und kann von diesen kontaktiert werden. Besucht ein Aussiedler dann später Verwandte in der ehemaligen Heimat, so können die Dienste dann erneut an ihn herantreten, um ihn zur Informationsgewinnung abzuschöpfen bzw. um zu versuchen, ihn für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit anzuwerben. Darüber hinaus werden aus den Zentralen der Dienste in Moskau auch Agenten geführt, die in ihrem Heimatland von Nachrichtendienstoffizieren aus den Legalresidenturen oder von Illegalen - unter falschen biographischen Daten in das Zielland eingeschleuste Nachrichtendienstmitarbeiterangeworben worden sind. Von russischer Seite wird zwar immer wieder betont, das russischDer SWR bemüht deutsche Verhältnis habe eine neue Qualität. Im nachrichtendienstlisich, ehemalige ehen Bereich muß jedoch festgestellt werden, daß der russische KGB-Verbindungen fortzusetzen oder Aufklärungsdienst SWR die Arbeit seines Vorgängerdienstes KGB in zu reaktivieren gleicher Qualität fortführt. Dies verdeutlichen die folgenden, direkt aus Moskau geführten Fälle: Eine ehemalige Bedienstete des Bonner Auswärtigen Amtes lernte Öffentlicher Dienst vor etwa 20 Jahren einen Ausländer kennen, der Agent des KGB war und sie für eine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit anwarb. Nachdem der Agent die Bedienstete zum Schein geheiratet hatte - obwohl er noch mit einer DDR-Bürgerin verheiratet war - , schied sie nach der Geburt zweier Kinder aus dem Dienst aus. Zehn Jahre später versuchte der SWR zu erreichen, daß diese Frau erneut im deutschen Auswärtigen Dienst beschäftigt wird. Er finanzierte ihr einen Aufenthalt an ihrem letzten (ausländischen) Dienstort und hielt sie an, durch persönliche Kontakte zu Mitarbeitern des dortigen deutschen Generalkonsulates eine Anstellung als Ortskraft zu finden . Um ihre Aktivitäten zu steuern, wurde für sie eine eigene Agentenfunklinie ein- 188 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten gerichtet, und sie wurde angehalten, über ihre Fortschritte regelmäßig zu berichten. Dazu wurde sie mit Geheimschriftmitteln ausgestattet. Besonders interessiert war der SWR an den aktuellen Modalitäten bei der Ausstellung deutscher Pässe in einem Generalkonsulat Vermutlich war die Frau dem KGB schon während ihrer Verwendung im Auswärtigen Amt in den 80er Jahren bei der Ausstellung von Falschpässen behilflich . Bereich der ln dem anderen Fall hat der Generalbundesanwalt Anklage vor dem Wirtschaft Oberlandesgericht Gelle gegen einen technischen Zeichner und einen Taxiunternehmer erhoben. Den Angeschuldigten wird zur Last gelegt, dem ehemaligen sowjetischen Geheimdienst KGB und anschließend dessen russischem Nachfolger SWR sensible Informationen verkauft zu haben. Der technische Zeichner hat von 1983 bis 1995 Unterlagen und Materialproben aus seinem Arbeitsbereich in der Flugzeugindustrie erst an den ehemaligen KGB und nach dessen Auflösung an den SWR verkauft. Als Kontaktmann zu ihm bedienten sich beide Dienste des mitangeklagten Taxiunternehmers. Dem Agenten, der während eines Verwandtenbesuches in der ehemaligen DDR für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit angeworben worden war, wurde vom KGB bis zur Wende vorgetäuscht, er liefere diese Informationen an die DDR. Nach der Auflösung des KGB führte der SWR die Beziehung zu dem Taxiunternehmer fort und veranlaßte ihn, den technischen Zeichner nach Stettin einzuladen, wo Offiziere des SWR versuchten, die nachrichtendienstliche Beziehung zu ihm zu erneuern. An einem Treffen im Oktober 1993 in Stettin nahm neben russischen Nachrichtendienstoffizieren sogar ein Fachmann für Flugzeugbau teil. Der russische Dienst versuchte auch immer wieder telefonisch, den früheren KGB-Agenten zu einer Fortsetzung seiner nachrichtendienstliehen Tätigkeit zu bewegen 151 l. 2.3 Die Legalresidenturen der russischen Nachrichtendienste Legalresidenturen Eine wichtige Aufgabe im Aufklärungskonzept der russischen weiterhin wichtiges Nachrichtendienste erfüllen die Legalresidenturen in den offiziellen Instrument der diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Russischen Aufklärung Föderation im Ausland. Trotz der vorangeschrittenen Annäherung zwischen Ost und West nach dem Zerfall des ehemaligen Ostblocks ist Rußland nicht bereit, auf dieses Instrument der Auslandsaufklärung zu verzichten. Noch im März äußerte der Pressesprecher des SWR, General Jurij KOBALADSE, Angehörige der Auslandsaufklärung würden nach wie vor als Diplomaten oder Journalisten getarnt eingesetzt. Zwar habe es Pläne gegeben, alle Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes aus dem Außenministerium herauszunehmen, dieses Vorhaben sei Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 189 jedoch nicht umgesetzt worden, da der Dienst ohne diese Tarnung nicht auskomme. KOBALADSE ergänzte, Rußland werde möglicherweise nicht mehr als Supermacht betrachtet, aber keiner solle es wagen, Rußlands Auslandsaufklärungsdienst zu ignorieren. Die Arbeit aus den Legalresidenturen kennzeichnet maßgeblich die Spionageaktivitäten von SWR und GRU im Operationsgebiet Sie bietet den dort eingesetzten Nachrichtendienstoffizieren neben der Möglichkeit des verdeckten Einsatzes im Zielland auch eine Reihe von standortbedingten operativen Vorteilen. Aufgrund ihres Status und ihrer vorgeblich offiziellen Funktion sind Residenturangehörige zum Beispiel besonders privilegiert, nachrichtendienstlich interessante Zielpersonen aus Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sowie Behördenvertreter oder Diplomaten anderer Länder kennenzulernen und mit diesen in engeren Kontakt zu treten . Den Abwehrbehörden sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen Residenturangehörige versuchen, bestehende Kontakte nachrichtendienstlich zu kultivieren. Die Legalresidenturen von SWR und GRU sind darüber hinaus eine bevorzugte Anlaufstelle für Selbstanbieter, d. h. Personen, die aus eigenem Antrieb an die Nachrichtendienste herantreten, um Informationen oder Produkte anzubieten. Das Motiv, sich selbst freiwillig für eine nachrichtendienstliche Mitarbeit anzubieten , sind zumeist finanzielle Überlegungen. Die von den Legalresidenturangehörigen ausgehenden nachrichtenBreit gefächerte dienstlichen Aktivitäten sind breit gefächert. Sie umfassen neben der Aktivitäten offenen Gesprächsabschöpfung, bei der arglose Gesprächspartner zu ihrem beruflichen und privaten Hintergrund detailliert ausgefragt werden, auch die Anbahnung, Werbung und Führung von Agenten. Darüber hinaus werden Residenturangehörige aber auch zur Unterstützung direkt aus den Zentralen der Dienste geführter Operationen eingesetzt. Sie leisten dabei eine Vielzahl von Vorbereitungsund Hilfsdiensten, wie z. B. die Beschickung und Leerung sogenannter Toter Briefkästenzuvor vereinbarter geheimer Verstecke zum Materialaustausch bzw. zur Geldübergabe zwischen der Führungsstelle und dem Agenten. Die Legalresidenturen der russischen Aufklärungsdienste in Deutschland erfüllen ihren nachrichtendienstliehen Auftrag unvermindert mit hoher Personalstärke, großem Einsatz und vielfältigen Aktivitäten. Ebenso belegen einige 1998 bekanntgewordene Fälle aus dem europäischen Ausland die fortgesetzten Spionageaktivitäten aus russischen Auslandsvertretungen. 190 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 111. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der übrigen Mitgliedsstaaten der GUS Eigenständige Die aus der vormaligen Sowjetunion hervorgegangenen übrigen Dienste in den Republiken der GUS haben die Strukturen der sowjetischen Republiken der Nachrichtendienste übernommen und der eigenen Staatsgewalt GUS unterstellt. Auf diese Weise sind die früheren Diensteinheiten des KGB nicht aufgelöst worden, sondern werden als Dienste der neu entstandenen Republiken der GUS fortgeführt . Unter Einbeziehung Rußlands haben die zivilen Dienste der GUSStaaten untereinander schon mehrere Kooperationsabkommen abgeschlossen , so daß von einem Informationsaustausch und gegenseitiger Unterstützung auf nachrichtendienstlicher Ebene ausgegangen werden kann . Einige Republiken der GUS haben zusätzlich zu ihren zivi len Nachrichten - und Sicherheitsdiensten auch noch eigenständige militärische Nachrichtendienste eingerichtet - vergleichbar der russischen GRU. Deutschland auch Nicht nur die russischen, sondern auch die Nachrichtendienste andeAufklärungsziel rer Republiken der GUS sind an Informationen über Deutschland anderer Dienste interessiert. Entsprechende Erkenntnisse liegen bisher über derGUS Aktivitäten der Dienste Kasachstans, Weißrußlands, Usbekistans und der Ukraine vor. Deren Zielgruppen sind zum Beispiel das Personal an den deutschen diplomatischen Vertretungen in diesen Staaten oder nach Deutschland übergesiedelte ehemalige Landsleute. Bei späteren Besuchen im früheren Heimatland eröffnet sich auch diesen Nachrichtendiensten die Möglichkeit, nachrichtendienstliche Anwerbungen zu versuchen oder von bereits tätigen Agenten Informationen zu erhalten . IV. Aktivitäten von Nachrichtendiensten aus Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas Vielfältige Deutschland ist auch für Staaten aus dem Nahen und Mittleren Osten Aktivitäten sowie Nordafrikas ein interessantes Ausspähungsziel. Die Gründe dafür liegen nicht allein in seiner politischen Bedeutung und Wirtschaftskraft, sondern auch in seiner liberalen Ausländerund Asylpolitik, die vielen ausländischen Staatsangehörigen - insbesondere wenn sie in Opposition zum Regime im Heimatland stehen - einen zumindest vorläufigen Aufenthalt in Deutschland gestattet. Das hat zur Folge, daß die Nachrichtendienste dieser Länder ihre Aktivitäten in Deutschland nicht nur auf den Sektor der "klassischen " Spionage beschränken, sondern sich vor allem auch mit der Aus- Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 191 spähung und Unterwanderung in Deutschland bestehender Oppositionellenvereinigungen befassen. Die Aktivitäten gegen Oppositionelle können bis zur Durchführung (staats)terroristischer Gewaltakte reichen. Beispielhaft wird auf die nachfolgend genannten Staaten hingewiesen. 1. Iranische Nachrichtendienste Der iranische Nachrichtendienst setzte die Bekämpfung regierungsBekämpfung feindlicher Aktivitäten, die von in Deutschland lebenden Iranern initiiranischer Oppositioneller iert werden, auf hohem Niveau fort. Im Vordergrund steht die politidauert an sche Neutralisierung der gewaltorientierten "Volksmodjahedin Iran" (MEK) bzw. ihres politischen Armes, des **Nationalen Widerstandsrates Iran" (NWRI). Dazu dienen die Gründung von Organisationen , die nach außen als "Kulturvereine" getarnt werden, die Verbreitung von MEK-kritischen Publikationen sowie die Aktivierung ehemaliger MEK-Anhänger für die iranische Regierung. 2. Syrische Nachrichtendienste Die syrischen Auslandsnachrichtendienste - der zivile NachrichtenSyrische Legaidienst IDARAT AL-MUKHABARAT AL-AMMA und der militärische residenturen personell stark Nachrichtendienst SHU'BAT AL-MUKHABARAT AL-ASKARIYA - besetzt unterhalten nach wie vor an den offiziellen und halboffiziellen Vertretungen ihres Landes in Deutschland gut besetzte Legalresidenturen. Die dort diplomatisch abgetarnt tätigen Nachrichtendienstoffiziere setzten auch 1998 ihre geheimdienstliehen Aktivitäten unvermindert fort. Aufgabenschwerpunkt waren nach wie vor die Aufklärung , AusSchwerpunkt forschung und Überwachung in Deutschland lebender Landsleute, Oppositionellenausspähung die dem politischen System in ihrem Heimatland kritisch gegenüberstehen. Bevorzugte Beobachtungsobjekte sind in diesem Zusam - menhang die Islamischen Zentren im Bundesgebiet, da die politischen Gegner Syriens insbesondere an diesen religiösen Treffpunkten zusammenkommen. Um syrische Oppositionelle neutralisieren zu können , versuchen die syrischen Dienste, durch ein Quellenund Informantennetz möglichst viele Erkenntnisse über deren Lebensumstände, Kontaktpersonen sowie ihre politischen Ziele zu gewinnen . Lehnen insbesondere im Ausland lebende syrische Staatsangehörige Bei Ablehnung dronachrichtendienstliche Anwerbungsversuche ab , so erfolgt eine hen Repressalien Unterrichtung der zuständigen syrischen Stellen. Folge ist in der Regel eine Notierung in der syrischen Grenzfahndung, so daß bei Einreise oder Aufenthalt mit Repressalien gerechnet werden muß. 192 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 3. Libysche Nachrichtendienste Auch 1998 standen die den libyschen Nachrichtendiensten zuge - schriebenen Anschläge auf die Berliner Diskothek "La Belle" (1986) und ein Verkehrsflugzeug der US-amerikanischen Fluggesellschaft PAN AM über dem schottischen Ort Lockerbie (1988) erneut im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die libysche Regierung hat in diesen Fällen Bereitschaft zur Mithilfe bei der juristischen Aufarbeitung gezeigt. Schwerpunkt libyscher Aktivitäten ist unverändert die Ausspähung und Unterwanderung in Deutschland ansässiger Personen und Gruppierungen , die in Opposition zur Reg ierung ihres Heimatlandes stehen. 4. Irakische Nachrichtendienste Zunahme irakischer Die irakischen Geheimdienste sind weiterhin bemüht , ihre nachAnwerbungsrichtendienstliehen Aktivitäten zu verstärken. Die wenigen Nachversuche richtendienstaffiziere in den hiesigen Residenturen rekrutieren dazu zwischenzeitlich in Deutschland eingebürgerte und Asyl suchende Iraker. Als Potential dient ihnen dabei auch die "Vereinigung der im Ausland lebenden Iraker<< , die in regelmäßigen Abständen zu einer Konferenz in den Irak eingeladen wird. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, die im Ausland lebenden Irakerunabhängig davon, ob sie eine andere Staatsangehörigkeit angenommen haben oder nicht - dazu zu bewegen , sich in ihrem derzeitigen Wohnland in jeglicher Hinsicht für die Belange des Irak einzusetzen. 5. Algerische Nachrichtendienste Ansteigen Die Ausforschung der Auslandsopposition , die teilweise mit terroristialgerischer schen Aktivitäten in Algerien selbst in Verbindung steht , hat auch für Aktivitäten den algerischen Nachrichtendienst absoluten Vorrang. Dafür zustänin Deutschland befürchtet dig ist der Auslandsdienst DOSE (Direction de Documentation et de Securite Exterieure) , der sowohl aus der Zentrale in Algier als auch aus Deutschland heraus tätig wird . V. Aktivitäten fernöstlicher Nachrichtendienste Auch fernöstliche Nachrichtendienste haben Deutschland als Aufklärungsziel nicht aus den Augen verloren. Zu nennen sind hier in erster Linie die Volksrepubliken China und Nordkorea. 1. Chinesische Nachrichtendienste Bei ihren Bemühungen, sich zu einer Weltmacht zu entwickeln, nutzt die VR China weiterhin alle Möglichkeiten, um in Rüstung, Wirtschaft und Wissenschaft Anschluß an die führenden Industrienationen zu Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 193 gewinnen. Hierzu bedient sich die VR China auch ihrer sechs Chinesische Nachrichtenund Sicherheitsdienste und betreibt mit hohem finanziDienste sammeln ellen wie personellen Aufwand intensiv Auslandsspionage - auch in Informationen nach dem "StaubsaugerDeutschland . prinzip" Die breit gefächerten Aktivitäten der chinesischen Nachrichtendienste gehen häufig von den Legalresidenturen an den diplomatischen und konsularischen Vertretungen der VR China in Deutschland aus . Darüber hinaus nutzen die chinesischen Aufklärungsdienste aber Aktivitäten aus auch Luftfahrtgesellschaften, Außenhandelsunternehmen , Pressechinesischen agenturen und chinesische bzw. deutsch-chinesische Firmen für ihre Vertretungen und Ausspähungsbemühungen . Firmen 2. Nordkoreanische Nachrichtendienste Nach wie vor unterhält die Koreanische Demokratische Volksrepublik Nachrichtendienstkeine direkten diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik offiziere im Berliner "Bürocc Deutschland. Ihre Interessen werden weiterhin von der Volksrepublik China wahrgenommen, die als politische Schutzmacht fungiert . Nordkorea unterhält im Gebäude seiner früheren Botschaft in der ehemaligen DDR in Berlin ein "Büro für den Schutz der Interessen der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik", das zu den personell am stärksten besetzten nordkoreanischen Niederlassungen in Europa zählt. ln diesem "Büro" sind Mitarbeiter der verschiedenen nordkoreanischen Nachrichtendienste unter diplomatischer Abdeckung tätig , die regelmäßig auch nordkoreanische Beschaffungsund Handelsorganisationen repräsentieren . Besondere Bedeutung kommt vor allem den Repräsentanten der Das "2. WirtschaftsBeschaffungsund Handelsorganisationen des "2 . Wirtschaftskomikomitee" als Beschaffungstees" sowie der Volksstreitkräfte zu . Das "2. Wirtschaftskomitee", das organisation unmittelbar dem Zentralkomitee der nordkoreanischen "Partei der Arbeiterklasse" unterstellt ist, koordiniert und steuert in enger Abstimmung mit den Organisationen der Volksstreitkräfte die Deckung des Bedarfs der gesamten nordkoreanischen Rüstungsindustrie - einschließlich der zur Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen sowie ballistischer Flugkörper notwendigen Produkte und Informationen. Das "2. Wirtschaftskomitee" ist auch für die Finanzierung dieser Programme zuständig, die u. a. durch den Export einer breiten Palette von Gütern aller Art realisiert wird. Vor diesem Hintergrund muß im Bemühen, Proliferation zu verhindern , auch weiterhin allen Beschaffungsbemühungen von Repräsentanten dieser Organisationen in Deutschland besondere Beachtung geschenkt werden. 194 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten VI. Proliferation/Sensitive Exporte Überblick International großes Aufsehen erregten 1998 Indien und Pakistan durch ihre Atomwaffenversuche im Frühjahr des Jahres. Beide Staaten verfügen seit Jahren über die notwendige Technologie zur Herstellung von Kernwaffen und bemühen sich um Fortschritte der zu ihrem Transport nötigen Trägersysteme . Bei der Entwicklung der pakistanischen Mittelstreckenrakete GHAURI mit einer angestrebten Reichweite von 1500 Kilometern war Nordkorea insofern beteiligt, als es die Technologie der eigenen Rakete NO DONG zur Verfügung stellte. Die Atomwaffenversuche in Indien und Pakistan haben die Notwendigkeit einer Proliferationsverhinderung weltweit wieder nach - drücklich in Erinnerung gebracht. Gleichzeitig ist festzustellen, daß diese Aufgabe immer schwieriger zu lösen sein wird. Veränderung des So hat sich das Beschaffungsverhalten - die Art und Weise, sich mit Beschaffungsdem für die Programme zur Entwicklung und Herstellung von verhaltens Massenvernichtungswaffen und Trägertechnik Notwendigen zu versorgen - in den vergangenen Jahren kontinuierlich verändert . Mehrere Aspekte spielen dabei eine Rolle: Die in Frage kommenden Länder haben sich auf die Verschärfung des Exportkontrollrechts und die wirksameren Kontrollen in Europa eingestellt und gehen konspirativer vor. Verschleierung der Geschäftskorrespondenz, Aufteilung des Beschaffungspaketes in viele kleine unverdächtige Teillieferungen, Versand in unverdächtige Drittländer, Einschaltung von bisher nicht belasteten Firmen oder Veränderungen der Firmennamen in fremdsprachliche Bezeichnungen oder nicht aussagefähige Abkürzungen gehören in dieses Spektrum. Auch der sich bereits 1997 andeutende Trend , durch Einkäufe in den Ländern des ehemaligen Ostblocks oder mittels Kooperation der um Proliferation bemühten Staaten untereinander Fortschritte in der Nukleartechnik, der Produktion biologischer oder chemischer Waffensysteme und der Fortentwicklung von Trägerraketen zu erzielen, scheint sich zu bestätigen. Schließlich ist zu berücksichtigten, daß viele Krisenländer ihren Erstbedarf an Material gedeckt haben und nun um eine Verfeinerung der Systeme, den Ausbau von Fertigungstechniken , Ersatzteilbeschaffung und Know-how bemüht sind . Das bedeutet, daß sich auch der Beschaffungsbedarf verändert hat. Umweglieferungen Der folgende Beispielsfall zeigt auf, mit welchen Mitteln versucht wird, über Drittländer für Beschränkungsmaßnahmen in den westlichen Industriestaaten zu den Irak umgehen: Ende 1997 wandte sich ein jordanisches Unternehmen an einen deutschen Hersteller von Spezialmaschinen für die Metallverarbeitung und erkundigte sich nach dem Preis und den Lieferbedingungen für Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 195 einzelne Bauteile. Der Hersteller stellte bei genauerer Prüfung jedoch fest, daß die Lieferung letztlich über Jordanien in den Irak transferiert werden sollte. Deshalb und weil die Bauteile darüber hinaus auch zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen geeignet waren, brach der Hersteller den Kontakt zu dem jordanischen Unternehmen ab . Wenige Monate später erhielt er ein Schreiben einer kleinen Firma in Norddeutschland, das in auffälliger Weise mit der Anfrage aus Jordanien übereinstimmte. Als der Hersteller auf dieses Schreiben nicht reagierte, rief ihn der Firmeninhaber aus Norddeutschland kurzerhand an und versicherte, das Maschinenteil sei tatsächlich nur für Jordanien bestimmt. Er sei ferner bereit, die Ware persönlich abzuholen und in bar zu bezahlen. Wie sich später herausstellte, stammt diese Person aus dem Irak. Weiter konnte festgestellt werden , daß der Irak gerade diese Bauteile benötigte. Das Geschäft kam nicht zustande. ln diesem Fall finden sich einige Merkmale für verdeckte, konspirative Erkennbare Beschaffungsmethoden: konspirative Beschaffungsmodalitäten * Jordanien ist Beschaffungsdrehscheibe für Staaten des Nahen und Mittleren Ostens; jordanische Firmen sind als Beschaffer für den Irak bereits aufgefallen, * Handelsfirmen mit unbestimmtem Tätigkeitsspektrum wie "Import und Export von Waren aller Art" und kleinem Personalbestand treten als Interessenten auf; oft sind es sogenannte Ein-MannBetriebe, * Direktabholung und Barzahlung sind deutliche Indikatoren für Verschleierungsabsichten . Zur Proliferation gehört aber nicht nur die Beschaffung von ProdukProblematik ten , sondern auch der Erwerb von Wissen und Techniken zur Ent>~Wissenstransfercc wicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen. Universitäten, Forschungsinstitute, aber auch Firmen sind in dieser Hinsicht als Ausund Fortbildungsquelle für die Krisenländer interessant. Auszubildenden wird deshalb gezielt die Möglichkeit eröffnet , im westlichen Ausland Wissen zu erwerben oder die beruflichen Fähigkeiten zu vervollkommnen, um beides im Anschluß an die Ausbildung zu Hause zur Verfügung stellen zu können . ln ähnlicher Form können bereits ausgebildete Wissenschaftler eingesetzt werden , die sich an Projekten im Ausland beteiligen . Auf diesem Wege profitieren die Krisenländer von den Ergebnissen wissenschaftlicher Arbeit hierzulande. Der folgende Beispielsfall zeigt , auf welche Weise Know-how-Abfluß vorbereitet und durchgeführt w erden kann: 196 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten AnbahnungsverIm Zentralarchiv eines biotechnologischen Forschungsinstituts in such bei Deutschland ist ein libyscher Staatsangehöriger beschäftigt , der Heimaturlaub in Zugang zu allen Informationen aus den Projekten seines Arbeitgebers Libyen und dessen Kooperationspartnern hat. Als dieser Mitarbeiter einen Erholungsurlaub in seiner Heimat verbrachte, forderte ihn ein mutmaßlicher Angehöriger eines libyschen Nachrichtendienstes auf, seinem Heimatland einen Gefallen zu tun. Er erhielt den Auftrag , möglichst viele Dokumente von Forschungsprojekten zu kopieren. Die Kopien sollte er einer Kontaktperson in Deutschland übergeben. Von ihr sollte er auch weitere Instruktionen bekommen. Als der Angesprochene zögerte, wurde er auf mögliche Unannehmlichkeiten für seine Familie in Libyen hingewiesen. Iranische BeschafDer Iran hat auf die Schließung des Kontaktbüros der iranischen fungsbemühungen Verteidigungsindustrie - "Defence lndustries Organization" (DIO) - in im ehemaligen Düsseldorf reagiert und scheint mittlerweile in Rußland sehr aktiv zu Ostblock sein. Mitte des Jahres verhafteten russische Behörden in Moskau den Angehörigen einer iranischen Beschaffungsstelle, der als Angehöriger des iranischen Nachrichtendienstes tätig gewesen sein soll. Schwerpunkt Der Schwerpunkt des iranischen Proliferationsprogramms liegt weiRaketentechnik terhin in der Fortentwicklung der Raketentechnik. Beachtenswert waren Tests mit einem als SHAHAB-3 bezeichneten Flugkörper, der für eine Reichweite von etwa 1300 Kilometern konzipiert wurde. Es gab Hinweise auf die Hilfe russischer Stellen bei der Entwicklung der Rakete. Rußland hat jedoch Verstöße gegen internationale Abkommen zur Kontrolle der Trägertechnologie bestritten. VII. Festnahmen und Verurteilungen Im Jahr 1998 wurden durch den Generalbundesanwalt 67 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit eingeleitet. Zwei Personen wurden von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen , gegen eine von ihnen wurde Haftbefehl erlassen. Von den beiden Festgenommenen war eine Person für einen iranischen und die andere für einen irakischen Nachrichtendienst tätig. Im gleichen Zeitraum verurteilten Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland 23 Angeklagte wegen Straftaten im Bereich "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit" (SSSS 93 - 101 a StGB), einen von ihnen wegen Landesverrats. Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 198 Scientology-Organisation (SO) "Scientology-Organisation" (SO) gegründet: 1954 in den USA, erste Niederlassung in Deutschland 1970 Sitz: Los Angeles (**Church of Scientology International", CSI) Mitglieder: in Deutschland geschätzt: 5.000 bis 6.000 *1 Publikationen: u. a. "Freiheit"1521 Unterorganisationen: in Deutschland acht "Kirchen" und zehn "Missionen<< 1531 ") Die SO gibt regelmäßig höhere Zahlen (30. 000) an. 1. Allgemeines Die Ständige Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder {IMK) hatte auf ihrer Sitzung am 5./6. Juni 1997 in Bonn auf der Grundlage eines Berichts, der von einer Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden erstellt worden war, festgestellt, daß bei der SO tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen und damit die gesetzli - chen Voraussetzungen für eine Beobachtung der Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden gegeben sind 1541. Über die Ergebnisse der Beobachtung sollte der IMK nach Jahresfrist berichtet werden. Zu diesem Zweck erstellte eine weitere Arbeitsgruppe der Verfassungsschutzbehörden einen Bericht, in dem sie sich aufgrund der seit Juni 1997 angefallenen Informationen über verfassungsfeindliche Ziele und Tätigkeiten der SO für die weitere nachrichtendienstliehe Beobachtung der Organisation ausgesprochen hat 1551. Die IMK und der Bundesminister des lnnern beschlossen auf ihrer Sitzung am 19./20. November, diesen Bericht bei der weiteren Arbeit der Verfassungsschutzbehörden zu berücksichtigen . 2. Grundlagen Die SO sieht sich als eine "Erlösungsreligion << 1561 in der Tradition ostasiatischer Religionen , insbesondere des Buddhismus, die angeblich " ... dem Menschen den Zustand vollständiger geistiger Freiheit von dem endlosen Kreislauf von Geburt und Tod vermitteln und ihn von seinen Banden im physischen Universum ... '' befreien will 1571. Scientology-Organisation (SO) 199 Die "Person " bzw. die " Identität" des Menschen ist nach Vorstellung der SO zum Beispiel nicht sein Körper oder Name, sondern der "Thetan<< ; er hat " ... keine Masse, keine Wellenlänge ... also nichts Gegenständliches ... << 158l. Er ist im Idealzustand als **Operierender Thetan'' " .. . völlig Ursache über Materie, Energie, Raum, Zeit und Denken .. .'' und " ... nicht in einem Körper ... " 159l . Um diesen Zustand zu erreichen, ist Ziel der Scientology zunächst der "Ciear''* d. h. der Mensch, der" ... als Ergebnis der dianetischen Therapie weder aktiv noch potentiell vorhandene psychosomatische Krankheiten oder Aberrationen hat ... '' 160). Letzteres bedeutet für Seientelogen " ... eine Abweichung vom rationalen Denken oder Verhalten ... '' 161 l. Abweichungen von der Rationalität können auf sogenannte Engramme zurückgehen. Unter einem Engramm verstehen Seientelogen " ... ein geistiges Vorstellungsbild , welches eine Aufzeichnung einer Zeit von physischem Schmerz und Bewußtlosigkeit ist ... '' 162l. Mit Hilfe des sogenannten Auditings können diese "Engramme" entdeckt und ihre Auswirkungen eliminiert werden 163l . Bei diesem Verfahren soll der Auditor(" ... jemand der zuhört ... ''; ein so bezeichneter Geistlicher der "Scientology-Kirche" oder jemand , der dazu ausgebildet wird) 164l dem sogenannten Preclear (" ... jemand , der noch nicht Clear ist ... ") 165l durch eine festgelegte Abfolge von Fragen oder Anweisungen helfen, Bereiche von Kummer oder Schmerz aufzuspüren 166l . Als Hilfsmittel steht dabei dem Auditor das sogenannte E-Meter zur Verfügung. Dieses Gerät dient nach Veröffentlichungen der SO zur Messung eines geringen elektrischen Stromes, der - abhängig von seinen Gedanken - durch den Körper des Preclears fließen soll, wenn er während der Auditing - Sitzungen die beiden Elektroden des Gerätes in der Hand hält 167l. Die durch den Stromfluß verursachten Ausschläge der Nadel des E- Meters sollen dem Auditor anzeigen , ob der richtige Bereich von Kummer und Schmerz von ihm angesprochen wurde 168l . Auditing-Kurse und entsprechendes Schulungsmaterial werden von der SO gegen Entgelt angeboten. Neben den herkömmlichen Broschüren , Flugblättern und ähnlichem nutzt die Organisation auch das Internet zur Werbung und zu Propagandazwecken . Darin sind u. a. Angaben über Teilorganisationen , Funktionsträger und aktuell verbreitete Publikationen der Organisation enthalten. 3. Zielsetzung Aus den Publikationen und Äußerungen des Organisationsgründers Lafayette Ronald HUBBARD (1911 - 1986) sowie aus sonstigen Veröffentlichungen der SO ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte 200 Scientology-Organisation (SO) für Bestrebungen , die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. SO verfolgt Bereits in seinem grundlegenden Buch "Dianetik" (erstmalig erschiepolitische Ziele nen am 9. Mai 1950) hat HUBBARD auf die politische Zielrichtung seiner Lehre hingewiesen 169l. Danach soll die von ihm aufgestellte Lehre der Dianetik ** ... verschiedene Bereiche ... der Soziologie, Politik, des Militärwesens ... " bereichern. Die Dianetik umfasse viele Wissenszweige, wie die " ... Bestseller-Autor politische Dianetik, die das Gebiet von Gruppenaktivität und Organisation umfaßt, mit der Zielsetzung , die optimalen Bedingungen und Verfahren für die Führung von Gruppen und deren Beziehungen untereinander festzustellen .. *"* Tatsächliche Nach Texten in anderen VerAnhaltspunkte für öffentlichungen HUBBARDs verfassungssoll eine "Zivilisation " errichfeindliche Bestrebungen tet werden, in der die Grundrechte, insbesondere das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG), nur für die ** Ehrlichen " oder "Nichtaberrierten" im Sinne der SO und nicht mehr für alle Einwohner gelten 170l. An die Stelle der bestehenden Polizei - und Strafverfolgungsbehörden sowie der unabhängigen Gerichte soll ein Nachrichtendienst treten, der ohne Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) oder der Geltung der Grundrechte vor Gericht (Art. 103 GG) Gefahrenabwehr, Strafverfolgung, Strafausspruch und Strafvollstreckung im Sinne der SO durchführen soll 171 l. Die programmatischen Äußerungen HUBBARDs sind für Scientologen, die SO und ihre Teilorganisationen unabänderlich 172l . Eingeschränkte Die Organisation in Deutschland bekennt sich in ihren neueren Geltung der Veröffentlichungen ausdrücklich zu dieser politischen Programmatik Grundrechte ihres Gründers. Sie bot auch 1998 neuere Auflagen seiner Bücher an , in denen als Fernziel die Geltung der Rechte - und damit auch der Grundund Menschenrechte - nur für "... ehrliche Wesen ... " 173l gefordert wird. Weiterhin sollen " ... in ferner Zukunft nur dem Nichtaberrierten die Bürgerrechte verliehen ... " werden 174l und nur ihm erlaubt sein, " ... zu heiraten und Kinder in die Weit zu setzen .. *" 175l. Scientology-Organisation (SO) 201 Nach ihren aktuellen Werbebroschüren scheint die SO sogar eine Gesellschaftsordnung anzustreben, in der die Existenz und die Schutzbereiche der Grundund Menschenrechte im willkürlichen Ermessen der Organisation liegen und noch nicht einmal zumindest allen **ehrlichen Wesen" als unveräußerliche Rechtspositionen gewährt werden . Ziel der .. ... SCIENTOLOGY .. ." ist diesen Broschüren zufolge ** ... eine Zivilisation ... in der ehrliche Wesen Rechte haben können .. ." . (Werbebroschüre der **International Association of Scientologists" (lAS) aus dem Jahr 1998) Auffällig ist der zum Teil verwandte scharfe Ton der SO gegenüber ihren Gegnern. Bereits in einem ** HCO-R ICHTLINIENBRIEF VOM 16. FEBRUAR 1969" 176l, in dem die in der Vergangenheit angeblich nur passive **Verteidigung<>ReligionenEthnienStaat<> FAIRSTÄNDNIS<<-Kampagne sowie die o.g. Materialien erhalten Sie beim Bundesministerium des lnnern Stichwort ,,FAIRSTÄNDNIS'' Berlin: Alt Moabit 101 D, 10559 Berlin Bonn: Graurheindorfer Straße 198, 53117 Bonn Informationen über Veröffentlichungen des BN und seine Wanderausstellungen erhalten Sie über das Bundesamt für Verfassungsschutz Presseund Öffentlichkeitsarbeit Merlanstraße 100 50765 Köln oder per Internet: http://www.verfassungsschutz.de E-Mail: bfvinfo@verfassungsschutz.de Rechtsextremistische Bestrebungen Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen schutz von Ausländern bericht 1998 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Verfassungsschutz durch Aufklärung Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 210 Erläuterungen und Dokumentation Erläuterungen und Dokumentation 1 l Zu den gewaltbereiten Rechtsextremisten zählen neben den rechtsextrem istischen Skinheads sowohl Personen , die bereits an rechtsextremistischen Gewalttaten beteiligt waren, als auch solche, die sich für Gewaltanwendung aussprechen. 2l Nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden ist Terrorismus der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten , wie sie in SS 129a Absatz 1 des Strafgesetzbuches genannt sind, oder durch andere Straftaten, die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 3l Norderste Front - Zeitschrift für politische Theorie & Strategie" (Ausgabe 2/ Juni 1991 ) 4l Vgl. Verfassungsschutzberi cht 1996, S. 106 5l Meldung des ** NIT Bayern" vom 3. Juni 1998 6l KÄS wiederholte damit wortwörtlich seine Äußerung auf dem "Republikanertag" am 3. Oktober 1997 in Stuttgart. 7l Redemanuskript S. 1821 8l Gegen WNENDT wurde im Juni 1998 ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet (Quelle: Info-Telefon des REP-Kreisverbandes Mark vom 7. Juni 1998). WNENDT erklärte seinen Parteiaustritt zum 31 . Dezember 1998 (Quelle: Info-Telefon des REP-Kreisverbandes Mark vom 22. November 1998). 9l Info-Telefon des REP-Kreisverbandes Mark vom 5. April 1998 10l Info-Telefon des REP-Ortsverbandes Plettenberg vom 18. Januar 1998 11 l Pressemitteilung der REP-Bundesgeschäftsstelle vom 19. August 1998 12l So der geschäftsführende stellvertretende Bundesvorsitzende Christian KÄS am 6. Juni 1998 in Kassel in seiner Rede während einer Protestkundgebung der "Republikanischen Jugend" gegen die Ausstellung. Dabei geht es nicht um einzelne historisch umstrittene oder angreifbare Zuordnungen , sondern um die pauschale Verdammung der Ausstellung und diese Art der Vergangenheitsbewältigung. Erläuterungen und Dokumentation 211 13l Von den REP im Internet eingestellte Resolution des REPLandesparteitags Niedersachsen vom 17. Oktober 1998. 14l Redemanuskript S. 18 15l Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Juni 1997, S. 18 ff. (20) 16l **NIT Rhein land " : Ansage vom 10. Juni 1998; **NIT Preussen<<: Ansage vom 9 . Juni 1998 17 l Unter den Teilnehmern befanden sich zudem Neonazis wie Friedhelm BUSSE und Thorsten HEISE (Quelle : ** Internet-Magazin des Nationalen Widerstandes 'Perspektive' << , Ausgabe Mai/ Juni 1998). 18l Über gegen KÄS verhängte Sanktionen ist nichts bekanntgeworden. 19l Bei dem Bundesparteitag der REP am 7 ./8. Juli 1990 in Ruhstort wurde beschlossen , niemand, der in extremistischen und verfas - sungsfeindlichen Organisationen (z. B. NPD, DVU) eine Rolle gespielt habe, dürfe in Zukunft eine Funktion in der Partei übernehmen. 20) Redemanuskript S. 10 2 1) Vgl. Erläuterung Nr. 8 22l Gegen HÖBER wurde Anfang 1998 aus einem anderen Grund ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet. Der Ausgang des Verfahrens ist nicht bekannt. 23l ** Nation & Europa<<, Ausgabe Juni 1998, S. 15 f. 24l **Signal<<, Ausgabe Juni/ Juli 1998, S. 17 25l So der Bundesvorsitzende SCHLIERER im Parteiorgan ** Der Republikaner<<, Ausgabe 8/ 98 , S. 3 26l Pressemitteilung der REP-Bundesgeschäftsstelle vom 28. September 1998 27l Ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen die nachrichtendienstliche Beobachtung des REP-Landesverbandes Baden-Württemberg war bereits am 11 . März 1994 vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als unbegründet zurückgewiesen worden. 212 Erläuterungen und Dokumentation 281 FREY ist Inhaber der "DSZ - Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH " (DSZ-Verlag), seine Ehefrau leitet die "FZ - Freiheitliche Buchund Zeitschriftenverlag GmbH " (FZ-Verlag). 29 1 So kreditiert FREY im wesentlichen das Defizit der DVU, das sich nach Angaben eines Wirtschaftsprüfers auf der DVU -Großkundgebung am 26. September in Passau auf neun Millionen DM beläuft. 30) Vgl. DNZ Nr. 15/ 1998, S. 1 f. 31) Vgl. DNZ Nr. 12/ 1998, S. 1 f. 32) Vgl. DWZ/DA Nr. 29/ 1998, S. 1 33) Vgl. DNZ Nr. 30/ 1998, S. 1 34) Vgl. DWZ/DA Nr. 18/ 1998, S. 1 35) Vgl. DNZ Nr. 8/ 1998, S. 8 36) Vgl. DWZ/DA Nr. 16/ 1998, S. 1 37) Vgl. DWZ/DA Nr. 40/ 1998, S. 1 38) Vgl. DWZ/DA Nr. 10/ 1998, S. 1 f. 39 1 Vgl. DNZ Nr. 5/ 1998, S. 3 4 01 Vgl. DNZ Nr. 8/ 1998, S. 3 411 Vgl. DNZ Nr. 3/ 1998, S. 6 42 1 So die "DVU -Erklärung zum Ausgang der Wahl" vom 28. September 1998 4 31 Vgl. DNZ Nr. 41 / 1998, S. 4 441 Daneben erscheint seit Januar 1998 ein kostenloses Werbefaltblatt **DS EXTRA" mit einer monatlichen Auflage bis zu 100.000. 45 1 So der NPD-Bundesvorsitzende Udo VOIGT im Parteiorgan "Deutsche Stimme" Nr. 6/ 98 , S. 2 461 VOIGT vor dem NPD-Bundesparteitag am 10./11. Januar 1998 in Stavenhagen (Mecklenburg -Vorpommern); zitiert nach: "Der Kamerad" , Mitteilungsblatt des NPD-Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern, 1/ 98, S. 11 47 1 VOIGT in der Österreichischen Zeitschrift "Aula" Nr. 9/ 98, S. 15 Erläuterungen und Dokumentation 213 48l Vgl. "Deutsche Stimme<< Nr. 4-5/ 98, S. 8 49) VOIGT a. a. 0., S. 15 5o) VOIGT a. a. 0. , S. 16 51 l Zitiert nach **Sächsische Zeitung<< vom 2. September 1998 52l Vom ZDF in der Sendung "Kennzeichen 0<< am 25 . Februar 1998 ausgestrahlter Ausschnitt aus der Rede APFELs 53l Wolfgang FRENZ: "Der Verlust der Väterlichkeit oder Das Jahrhundert der Juden<< , P. Seidler-Verlag, Solingen, 1998 54 l FRENZ a. a. 0., S. 67 55l FRENZ a. a. 0 ., S. 81 56l FRENZ a. a. 0 ., S. 15, 18 57 l Vgl. "Deutsche Stimme<< Nr. 6/ 98, S. 1 58l Vgl. "Deutsche Zukunft<< Nr. 9/98 , S. 7 59l Vgl. "Deutsche Zukunft << Nr. 9/ 98, S. 22 60l Vgl. "Deutsche Zukunft<< Nr. 10/ 98, S. 21 61 l Gemeint ist hier offensichtlich der " Leuchter-Report<< - verfaßt 1988 von dem Amerikaner Fred LEUCHTER zur Unterstützung des in Kanada angeklagten deutschen Revisionisten Ernst ZÜNDEL, in dem die fabrikmäßige Massenvernichtung von Juden im Dritten Reich mittels Zyklon B geleugnet wird. Dies verwirklicht den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß SS 130 StGB. 62l FRENZ a. a. 0 ., S. 85 , 31 63J FRENZ a. a. 0., S. 76 6 4) Vgl. "Der Kamerad << Nr. 1/ 98 , S. 6 65l Vgl. "Deutsche Zukunft << Nr. 10/ 98, S. 24 66l Vgl. "Deutsche Zukunft << Nr. 2/ 98 , S. 14 67 l Vgl. "OS EXTRA<< Nr. 4/98, S. 1 68 l Vgl. "Deutsche Stimme<< Nr. 7/ 98 , S. 6 69 l Vgl. "Deutsche Stimme<< Nr. 7/ 98 , S. 2 214 Erläuterungen und Dokumentation 70l VOIGT in: *>Deutsche Stimme" Nr. 7/ 98, S. 2 71l Der Antikapitalismus stellt keineswegs nur ein Ideologiemerkmal der politischen Linken dar. Auch Rechtsextremisten erklärten immer wieder ihre Gegnerschaft zum Kapitalismus. Anders als die Marxisten beabsichtigen sie aber nicht die Enteignung privater Produktionsmittel , sondern ihr Ziel ist die Schaffung einer nationalen und sozialen *>Volksgemeinschaft", der sich auch die ökonomischen Freiheiten unterzuordnen hätten. Entsprechende Positionen vertraten etwa Anhänger des **linken Flügels" der NSDAP, wie Gottfried Feder oder Gregor und Otto Strasser. 72 l **Deutsche Stimme" Nr. 9-10/98, S. 13 73l Jürgen SCHÖN, stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender; zitiert nach **Der Spiegel" vom 20. Juni 1998 74l **Deutsche Stimme" Nr. 9-1 0/98, S. 1 75 l Bei seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden im März 1996 hatte VOIGT nur mit knapper Mehrheit seinen Amtsvorgänger, den langjährigen NPD-Bundesvorsitzenden Günter DECKERT, geschlagen. 76 l Vgl. **Deutsche Stimme" Nr. 6/98, S. 2 77 l Die vom Bundesvorstand herausgegebenen **Thesenpapiere" der JN erschienen erstmals Anfang 1991 als **umfassende Theorieaussagen " mit einem **in sich geschlossenen Weitund Menschenbild<< , dessen Grundgedanken die JN auch heute noch als **unumstößliche Wahrheiten<>Marathonlaufes für Religionsfreiheit in Europa<< im August 1998 die Anschriften von jeweils zehn >>Kirchen'' und >> Missionen" an. Nach ihren Angaben im Internet besitzt sie in Deutschland neun >> Kirchen" und elf >> Missionen<< , 154l Eine Ausnahme bildete aufgrundunterschiedlicher Rechtslage die Verfassungsschutzbehörde in Schleswig-Holstein. 155l Vgl. >> Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Scientology der Verfassungsschutzbehörden gemäß Beschluß der Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 05 ./06.06.1997 " (Stand : 12. Oktober 1998), S. 102 156 l Nach einem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 23. März 1995 (Neue Juristische Wochenschrift 1996, S. 143 ff.) handelt es sich bei der SO in Deutschland nicht um eine Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes. Ihre 222 Erläuterungen und Dokumentation religiösen oder weltanschaulichen Lehren dienten vielmehr nur als Vorwand für die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele. 157 1 Vgl. SS 3 der Mustersatzung einer SO-Mission 158 1 Vgl. zum Begriff **Thetan": HUBBARD, Fachwortsammlung für Dianetics und Scientology, 4. Auflage, Kopenhagen 1985 (zitiert: HUBBARD, Fachwortsammlung) S. 98 ; HUBBARD, Scientology - Die Grundlagen des Denkens, 2. Auflage, Kopenhagen 1973, S. 37 159 1 Vgl. zum Begriff **Operierender Thetan": HUBBARD, Fachwortsammlung , S. 67 160 1 Vgl. zum Begriff **Ciear": HUBBARD, Dianetik - Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit, 8. Auflage , Kopenhagen 1984 (zitiert: HUBBARD, Dianetik) , S. 215 16 11 Vgl. zum Begriff **Aberration << : HUBBARD, Fachwortsammlung, s. 1 162 1 Vgl. zum Begriff ** Engramm<< : HUBBARD, Fachwortsammlung, S. 27 163 1 Vgl. zum Begriff **Auditing<<: HUBBARD, Das Scientology-Handbuch , Kopenhagen 1994, S. 156 1641 Vgl. zum Begriff "Auditor<<: Was ist Scientology?, Kopenhagen 1993,S. 156 1651 Vgl. zum Begriff **Preclear,,: Was ist Scientology?, a. a. 0. , S. 156 1661 Vgl. zum Ablauf des **Auditing ,,: Was ist Scientology? , a. a. 0., S. 156 f. 16 71 Vgl. zum Begriff **E-Meter<<: Was ist Scientology? , a. a. 0 ., S. 157 ff. 1681 Vgl. Was ist Scientology?, a. a. 0 ., S. 157 ff. 1691 Vgl. HUBBARD, DianetikDas Handbuch der Dianetik-Verfahren, Kopenhagen 1995, S. 20, 195 (neueste bekanntgewordene Ausgabe, die von der SO veröffentlicht wurde); vgl. zum Datum der Erstausgabe: L. Ron Hubbard - Ein Portrait, Church of Scientology International (CSI) 1995, S. 107 Erläuterungen und Dokumentation 223 170 l Vgl . "Freiheit", 1997 mit dem Titelblatt: **ZEIT ZU ENTSCHEIDEN ... ", S. 57 ; HUBBARD, Das Handbuch für den Ehrenamtlichen Geistlichen , 2. Auflage , Kopenhagen 1983, S. 280; HUBBARD, Oianetik - Oie moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit, 8. Auflage, Kopenhagen 1984, S. 487 zur eingeschränkten Verleihung von Bürgerrechten ausschließlich an "Nichtaberrierte" und S. 378 zum eingeschränkten Recht auf Eheschließung und Fortpflanzung. 171 l Vgl. HUBBARD , Handbuch des Rechts; Kopenhagen 1979 , s. 1 f., 3 ff ., 8 ff. 172l Vgl. HUBBARD, Einführung in die Ethik der Scientology, Kopenhagen 1989, S. 303; SSSS 5 Nr. 3 und 8 Nr. 1 Buchst. a der Mustersatzung der SO für Kirchen und Missionen in Deutschland, die 1992 von ihr der Ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder (IMK) übersandt wurde ; Werbebroschüre der "International Association of Scientologists" (lAS) aus dem Jahr 1998; darin bezeichnet die lAS es als ihren Organisationszweck, ** ... die Scientology-Religion und Scientologen in allen Teilen der Welt zu vereinigen, zu unterstützen und zu schützen, damit die Ziele der Scientology, wie L. Ron Hubbard sie aufgestellt hat, erreicht werden ... " . 17 3) Vgl. HUBBARO , Scientology - Die Grundlagen des Denkens, Seevetai-Maschen 1997, S. 153; HUBBARD, Dianetik - Das Handbuch der Dianetik-Verfahren , Kopenhagen 1995, S. 378 U, 487 174 l Vgl. HUBBARD, DianetikDas Handbuch der Oianetik-Verfahren, Kopenhagen 1995, S. 487 175 l Vgl. HUBBARD, DianetikDas Handbuch der Dianetik-Verfahren, Kopenhagen 1995, S.378 176 l Die Unterlage wurde 1998 im Laufe der nachrichtendienstliehen Beobachtung bekannt. 177l Nach Angaben der SO sollte das Formblatt bis Ende Februar 1998 verwendet und durch eine Neuausgabe ersetzt werden , welches die Verpflichtung zur Zerschlagung feindlicher Gruppen oder Organisationen nicht mehr enthält. 178 l Nach Einschätzung der Behörden für Verfassungsschutz handelt es sich um eine Teilorganisation der SO. 224 Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 225 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes Vom 20. Dezember 1990 Artikel2 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) Erster Abschnitt Zusammenarbeit, Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden SS1 Zusammenarbeitspflicht (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (3) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. SS2 Verlassungsschutzbehörden (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesminister des lnnern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. 226 Gesetzestexte SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften , Nachrichten und Unterlagen, über 1 . Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden . (2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von Iebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Un - befugte. Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBI. I S. 867) geregelt. (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). Gesetzestexte 227 SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß , der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen; b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß , der darauf gerichtet ist, den Bund , Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten , zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß , der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen . Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des SS 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelpersonen , die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrundihrer Wirkungsweise geeignet sind , ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der voll - ziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen , b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition , 228 Gesetzestexte d) die Ablösbarkeil der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegen - über der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluß jeder Gewalt und Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS5 Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verfassungsschutzbehörden (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sammeln Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte und Unterlagen im Sinne desSS 3 sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs . 1 Nr. 1 bis 3 ist Voraussetzung, daß 1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund richten, 2. sie sich über den Bereich eines Landes hinaus erstrecken, 3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren oder 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz das Bundesamt für Verfassungsschutz um ein Tätigwerden ersucht. Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgelagerter Fälle hergestellt werden . (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Landesbehörden für Verfassungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. SS6 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichtet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach SS 5 gemeinsame Dateien zu führen, die sie im automatisierten Verfahren nutzen. Diese Dateien enthalten nur die Daten, die zum Auffinden von Akten Gesetzestexte 229 und der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind. Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur unter den Voraussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der Abruf im automatisierten Verfahren durch andere Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt jede Verfassungsschutzbehörde nur für die von ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese Daten verändern, sperren oder löschen. Die eingebende Stelle muß feststellbar sein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz trifft für die gemeinsamen Dateien die technischen und organisatorischen Maßnahmen nach SS 9 des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Führung von Textdateien oder Dateien, die weitere als die in Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unter den Voraussetzungen dieses Paragraphen nur zulässig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten. Die Zugriffsberechtigung ist auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwendungsgebiet betraut sind; in der Dateienordnung (SS 14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme von Textzusätzen in der Datei zu begründen. SS7 Weisungsrechte des Bundes Die Bundesregierung kann , wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. Zweiter Abschnitt Bundesamt für Verfassungsschutz SS8 Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen lnformationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observatio- 230 Gesetzestexte nen, Bildund Tonaufzeichnungen , Tarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden . Diese sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher lnformationsbeschaffungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Bundesministers des lnnern, der die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen , zu denen es selbst nicht befugt ist. (4) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. (5) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen , der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. SS9 Besondere Formen für Datenerhebung (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten , mit den Mitteln gemäß SS 8 Abs. 2 erheben , wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen , daß 1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen , wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach SS 18 Abs. 3 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 8 Abs. 2 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden , wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben , daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Gesetzestexte 231 (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Lebensgefahr für einzelne Personen unerläßlich ist und geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann . Satz 1 gilt entsprechend für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen . (3) Bei Erhebung nach Absatz 2 und solchen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, wozu insbesondere das Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit dem verdeckten Einsatz technischer Mittel gehören, ist 1. der Eingriff nach seiner Beendigung dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zweckes des Eingriffs ausgeschlossen werden kann, 2. die Parlamentarische Kontrollkommission zu unterrichten. Die durch solche Maßnahmen erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz verwendet werden. SS10 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 vorliegen, 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 erforderlich ist oder 3. das Bundesamt für Verfassungsschutz nachSS 3 Abs. 2 tätig wird. (2) (aufgehoben) (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. 232 Gesetzestexte SS 11 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des SS 10 Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten nur speichern, verändern und nutzen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Minderjährige eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. ln Dateien ist eine Speicherung von Daten oder über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres nicht zulässig . (2) ln Dateien oder zu ihrer Person geführten Akten gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nachSS 3 Abs . 1 angefallen sind. SS 12 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten in Dateien (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind . (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß durch sie schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden . ln diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung des Betroffenen übermittelt werden . (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind . Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Behördenleiter oder sein Vertreter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden , dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden . Gesetzestexte 233 SS13 Berichtigung und Sperrung personenbezogener Daten in Akten (1) Stellt das Bundesamt für Verfassungsschutz fest, daß in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind oder wird ihre Richtigkeit von dem Betroffenen bestritten , so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat personenbezogene Daten zu sperren, wenn es im Einzelfall feststellt, daß ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt wurden und die Dateien für seine künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen . SS14 Dateianordnungen (1) Für jede automatische Datei beim Bundesamt für Verfassungsschutz nach SS 6 oder SS 10 sind in einer Dateianordnung , die der Zustimmung des Bundesministers des lnnern bedarf, festzulegen : 1. Bezeichnung der Datei , 2. Zweck der Datei, 3. Voraussetzungen der Speicherung, Übermittlung und Nutzung (betroffener Personenkreis, Arten der Daten) , 4. Anlieferung oder Eingabe, 5. Zugangsberechtigung , 6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, 7. Protokollierung. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz ist vor Erlaß einer Dateianordnung anzuhören. (2) Die Speicherung personenbezogener Daten ist auf das erforderliche Maß zu beschränken . ln angemessenen Abständen ist die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung der Dateien zu überprüfen. (3) ln der Dateianordnung über automatisierte personenbezogene Textdateien ist die Zugriffsberechtigung auf Personen zu beschränken, 234 Gesetzestexte die unmittelbar mit Arbeiten in dem Gebiet betraut sind, dem die Textdateien zugeordnet sind ; Auszüge aus Textdateien dürfen nicht ohne die dazugehörenden erläuternden Unterlagen übermittelt werden. SS15 Auskunft an den Betroffenen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft, soweit er hierzu auf einen konkreten Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. (2) Oie Auskunftserteilung unterbleibt, soweit 1 . eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, 2. durch die Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist, 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. (3) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. (4) Oie Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet wurde. Die Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, daß er sich an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht der Bundesminister des lnnern im Einzelfall feststellt , daß dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet wurde. Mitteilungen des Bundesbeauftragten an den Betroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand des Bundesamtes für Verfassungsschutz zulassen, sofern es nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. Gesetzestexte 235 SS16 Berichtspflicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet den Bundesminister des lnnern über seine Tätigkeit. (2) Die Unterrichtung nach Absatz 1 dient auch der Aufklärung der Öffentlichkeit durch den Bundesminister des lnnern über Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1, die mindestens einmal jährlich in einem zusammenfassenden Bericht erfolgt. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden , wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten .Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der Betroffenen überwiegen. ln dem Bericht sind die Zuschüsse des Bundeshaushaltes an das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Militärischen Abschirmdienst sowie die jeweilige Gesamtzahl ihrer Bediensteten anzugeben. Dritter Abschn itt Übermittlungsvorschriften SS17 Zulässigkeit von Ersuchen (1) Wird nach den Bestimmungen dieses Abschnittes um Übermittlung von personenbezogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. (2) Absatz 1 gilt nicht für besondere Ersuchen der Verfassungsschutzbehörden, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes um solche Daten, die bei der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben bekannt werden. Die Zulässigkeit dieser besonderen Ersuchen und ihre Erledigung regelt der Bundesminister des lnnern in einer Dienstanweisung. Er unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über ihren Erlaß und erforderliche Änderungen. Satz 2 und 3 gilt nicht für die besonderen Ersuchen zwischen Behörden desselben Bundeslandes . SS18 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörden (1) Die Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftliehen Sachleitungsbefugnis , 236 Gesetzestexte die Polizeien sowie der Zoll , soweit er Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnimmt , unterrichten von sich aus das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Verfassungsschutzbehörde des Landes über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen , die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die inSS 3 Abs . 1 Nr. 1 und 3 genannten Schutzgüter gerichtet sind. Über Satz 1 hinausgehende Unterrichtungspflichten nach dem Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst oder dem Gesetz über den Bundesnachrichtendienst bleiben unberührt. Auf die Übermittlung von Informationen zwischen Behörden desselben Bundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung . (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der Staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie der Zoll, soweit er Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnimmt, und der Bundesnachrichtendienst dürfen darüber hinaus von sich aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz oder der Verfassungsschutzbehörde des Landes auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. Absatz 1 Satz 3 findet Anwendung. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftliehen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine den Betroffenen stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Unter den gleichen Voraussetzungen dürfen Verfassungsschutzbehörden der Länder 1 . Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 2 . Staatsanwaltschaften und , vorbehaltlich der staatsanwaltschaftliehen Sachleitungsbefugnis, Polizeien des Bundes und anderer Länder um die Übermittlung solcher Informationen ersuchen. (4) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 3 Satz 1 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder der Betroffene unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie bei der Beobachtung terroristischer Bestrebungen amtliche Register einsehen. Gesetzestexte 237 (5) Die Ersuchen nach Absatz 3 sind aktenkundig zu machen. Über die Einsichtnahme nach Absatz 4 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz einen Nachweis zu führen , aus dem der Zweck und die Veranlassung , die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (6) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die auf Grund einer Maßnahme nach SS 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1, 2 und 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen , daß jemand eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die einer Verfassungsschutzbehörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlagen findet SS 7 Abs. 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechende Anwendung. SS19 Übermittlung personenbezogener Daten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten , soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soweit die Bundesrepublik Deutschland dazu im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBI. 1961 II S. 1183, 1218) verpflichtet ist. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwi - schenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen , daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck 238 Gesetzestexte verwendet werden dürfen , zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten. (4) Personenbezogene Daten dürfen an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und der Bundesminister des lnnern seine Zustimmung erteilt hat. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über die Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, die Aktenfund - stelle und der Empfänger hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten. SS 20 Übermittlung von Informationen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftliehen Sachleitungsbefugnis, den Polizeien von sich aus die ihm bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten , wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in SSSS 74a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen auf Grund ihrer Zielsetzung das Motiv des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind . Das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt dem Bundesnachrichtendienst von sich aus die ihm bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. (2) Die Polizeien dürfen zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 das Bundesamt für Verfassungsschutz um Gesetzestexte 239 Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen . Der Bundesnachrichtendienst darf zur Erfüllung seiner Aufgaben das Bundesamt für Verfassungsschutz um die Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. SS 21 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörden der Länder an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörden der Länder übermitteln den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftliehen Sachleitungsbefugnis, den Polizeien Informationen einschließlich personenbezogener Daten unter den Voraussetzungen des SS 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 Satz 1. Auf die Übermittlung von Informationen zwischen Behörden desselben Bundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung. (2) Die Verfassungsschutzbehörden der Länder übermitteln dem Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließlich personenbezogener Daten unter den Voraussetzungen desSS 20 Abs. 1 Satz 3 sowie Abs . 2 Satz 2. SS 22 Übermittlung von Informationen durch die Staatsanwaltschaften und Polizeien an den Militärischen Abschirmdienst Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten durch die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der Staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie den Zoll, soweit er Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnimmt, an den Militärischen Abschirmdienst findetSS 18 entsprechende Anwendung. SS 23 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Abschnitts unterbleibt, wenn 1 . für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen, 240 Gesetzestexte 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflich - ten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. SS 24 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden , solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 11 erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. SS 25 Pflichten des Empfängers Der Empfänger prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung , daß sie nicht erforderlich sind, hat er die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. SS 26 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung nach den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, es sei denn, daß dies für die Beurteilung eines Sachverhalts ohne Bedeutung ist. Gesetzestexte 241 Vierter Abschnitt Schlußvorschriften SS 27 Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 durch das Bundesamt für Verfassungsschutz finden die SSSS 10 und 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes keine Anwendung. Artikel3 Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst (MAD-Gesetz - MADG) SS1 Aufgaben (1) Aufgabe des Militärischen Abschirmdienstes des Bundesmini - sters der Verteidigung ist die Sammlung und Auswertung von Informationen , insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften. Nachrichten und Unterlagen. über 1. Bestrebungen. die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind , 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, wenn sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten gegen Personen . Dienststellen oder Einrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung richten und von Personen ausgehen oder ausgehen sollen . die diesem Geschäftsbereich angehören oder in ihm tätig sind. SS 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. (2) Darüber hinaus obliegt dem Militärischen Abschirmdienst zur Beurteilung der Sicherheitslage 1 . von Dienststellen und Einrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung und 2. von Dienststellen und Einrichtungen der verbündeten Streitkräfte und der internationalen militärischen Hauptquartiere. wenn die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Vereinbarungen 242 Gesetzestexte Verpflichtungen zur Sicherheit dieser Dienststellen und Einrichtun - gen übernommen hat und die Beurteilung der Sicherheitslage im Einvernehmen zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und den zuständigen obersten Landesbehörden dem Militärischen Abschirmdienst übertragen worden ist, die Auswertung von Informationen über die in Absatz 1 genannten Bestrebungen und Tätigkeiten gegen diese Dienststellen und Einrichtungen , auch soweit sie von Personen ausgehen oder ausgehen sollen, die nicht dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind. (3) Der Militärische Abschirmdienst wirkt mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören, in ihm tätig sind oder werden sollen und a) denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen , Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder b) die an sicherheitsempfindlichen Stellen des Geschäftsbereichs des Bundesministers der Verteidigung eingesetzt sind oder werden sollen , 2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Die Befugnisse des Militärischen Abschirmdienstes bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBI . I S. 867) geregelt. (4) Der Militärische Abschirmdienst darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (5) Der Militärische Abschirmdienst ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes) . SS2 Zuständigkeit in besonderen Fällen (1) Zur Fortführung von Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 kann der Militärische Abschirmdienst, soweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, seine Befugnisse gegenüber Personen ausüben, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung nicht angehören oder nicht in ihm tätig sind. Dies ist nur zulässig Gesetzestexte 243 1 . gegenüber dem Ehegatten oder Verlobten einer in SS 1 Abs. 1 genannten Person oder dem mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden, wenn angenommen werden muß, daß Bestrebungen oder Tätigkeiten nachSS 1 Abs. 1 auch von ihm ausgehen, 2. im Benehmen mit der zuständigen Verfassungsschutzbehörde gegenüber Personen , bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sie mit einer in SS 1 Abs. 1 genannten Person bei Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 1 Abs. 1 zusammenarbeiten, und wenn anderenfalls die weitere Erforschung des Sachverhalts gefährdet oder nur mit übermäßigem Aufwand möglich wäre. (2) Zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätig - keiten kann der Militärische Abschirmdienst in Wahrnehmung seiner Aufgaben nachSS 1 Abs. 1, soweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, im Benehmen mit der zuständigen Verfassungsschutzbehörde seine Befugnisse gegenüber Personen ausüben, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung nicht angehören oder nicht in ihm tätig sind. SS3 Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden (1) Der Militärische Abschirmdienst und die Verfassungsschutzbehörden arbeiten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung . (2) Zur Fortführung von Aufgaben nachSS 3 Abs . 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes kann eine Verfassungsschutzbehörde, soweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, im Benehmen mit dem Militärischen Abschirmdienst Maßnahmen auf Personen erstrecken , die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind und der Zuständigkeit des Militärischen Abschirmdienstes unterliegen. Dies ist nur zulässig gegenüber Personen , bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen , daß sie mit einer Person aus dem Zuständigkeitsbereich der Verfassungsschutzbehörde bei Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zusammenarbeiten , und wenn anderenfalls die weitere Erforschung des Sachverhalts gefährdet oder nur mit übermäßigem Aufwand möglich wäre . (3) Der Militärische Abschirmdienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichten einander über alle Angelegenheiten , deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. 244 Gesetzestexte SS4 Befugnisse des Militärischen Abschirmdienstes (1) Der Militärische Abschirmdienst darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen nach SS 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes , soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. Er ist nicht befugt, personenbezogene Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 2 zu erheben. SS 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung; die Zustimmung zur Dienstanweisung erteilt der Bundesminister der Verteidigung. (2) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Militärischen Abschirmdienst nicht zu; er darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. SS5 Besondere Formen der Datenerhebung Der Militärische Abschirmdienst darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, nach SS 9 des Bundesverfassungsschutzgesetzes erheben, soweit es 1 . zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und SS 2 Abs. 1 sowie zur Erforschung der dazu erforderlichen Quellen oder 2. zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen des Militärischen Abschirmdienstes gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten, auch nachSS 2 Abs. 2, erforderlich ist; SS 9 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung . SS6 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Der Militärische Abschirmdienst darf personenbezogene Daten nach SS 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes speichern, verändern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Zur Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 2 gespeicherte Daten über Personen, die nicht dem Geschäftsbereich des Gesetzestexte 245 Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind, dürfen für andere Zwecke nicht verwendet werden, es sei denn, die Verwendung wäre auch für die Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 zulässig. (2) ln Dateien oder zu ihrer Person geführten Akten gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nachSS 1 Abs. 1 oderSS 2 angefallen sind. Dies gilt nicht, wenn der Betroffene nach SS 1 Abs. 3 überprüft wird. Die Speicherung personenbezogener Daten über Minderjährige vor Vollendung des 16. Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten und Dateien ist unzulässig. SS7 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten (1) Der Militärische Abschirmdienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren nach SS 12 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (2) Der Militärische Abschirmdienst hat personenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und zu sperren nach SS 13 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. SS8 Dateianordnungen Der Militärische Abschirmdienst hat für jede automatisierte Datei mit personenbezogenen Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zu treffen, die der Zustimmung des Bundesministers der Verteidigung bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. SS9 Auskunft an den Betroffenen Der Militärische Abschirmdienst erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten Auskunft entsprechend SS 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes; an die Stelle des dort genannten Bundesministers des lnnern tritt der Bundesminister der Verteidigung. 246 Gesetzestexte SS10 Übermittlung von Informationen an den Militärischen Abschirmdienst (1) Die Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus den Militärischen Abschirmdienst über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Schutzgüter gerichtet sind, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Unterrichtung zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und 2 erforderlich ist. (2) Der Militärische Abschirmdienst darf nach SS 18 Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (3) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 2 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder der Betroffene unverhältnismäßig beein - trächtigt, darf der Militärische Abschirmdienst bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 amtliche Register einsehen. Diese Einsichtnahme bedarf der Zustimmung des Amtschefs des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst oder seines Vertreters. (4) SS 17 Abs . 1 sowie SS 18 Abs. 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes sind entsprechend anzuwenden. SS 11 Übermittlung personenbezogener Daten durch den Militärischen Abschirmdienst (1) Der Militärische Abschirmdienst darf personenbezogene Daten nachSS 19 Abs . 1 bis 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes übermitteln. Die Übermittlung an andere Stellen ist unzulässig. (2) Der Militärische Abschirmdienst übermittelt Informationen einschließlich personenbezogener Daten an Staatsanwaltschaften, Poli - zeien und den Bundesnachrichtendienst nach SS 20 des Bundesverfassungsschutzgesetzes . SS12 Verfahrensregeln für die Übermittlung von Informationen Für die Übermittlung von Informationen nach diesem Gesetz finden die SSSS 23 bis 26 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechende Anwendung. Gesetzestexte 247 SS13 Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 bis 3 und SS 2 finden die SSSS 10 und 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes keine Anwendung. Artikel4 Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BND-GesetzBNDG) SS1 Organisation und Aufgaben (1) Der Bundesnachrichtendienst ist eine Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Chefs des Bundeskanzleramtes. Einer polizeilichen Dienststelle darf er nicht angegliedert werden. (2) Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außenund sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind , die erforderlichen Informationen und wertet sie aus. Werden dafür im Geltungsbereich dieses Gesetzes Informationen einschließlich personenbezogener Daten erhoben , so richtet sich ihre Erhebung , Verarbeitung und Nutzung nach den SSSS 2 bis 6 und 8 bis 11 . SS2 Befugnisse (1) Der Bundesnachrichtendienst darf die erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen, 1. zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten, 2. für die Sicherheitsüberprüfung von Personen , die für ihn tätig sind oder tätig werden sollen, 3. für die Überführung der für die Aufgabenerfüllung notwendigen Nachrichtenzugänge und 248 Gesetzestexte 4. über Vorgänge im Ausland , die von außenund sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, wenn sie nur auf diese Weise zu erlangen sind und für ihre Erhebung keine andere Behörde zuständig ist. (2) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 1 Nr. 2 auf eine dienstund arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen ist das Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April1994 (BGBI . I S. 867) anzuwenden. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesnachrichtendienst nicht zu . Er darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen , zu denen er selbst nicht befugt ist. (4) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat der Bundesnachrichtendienst diejenige zu wählen , die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen , der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. SS3 Besondere Formen der Datenerhebung Der Bundesnachrichtendienst darf zur heimlichen Beschaffung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten die Mittel gemäß SS 8 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes anwenden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. SS 9 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist entsprechend anzuwenden. SS4 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Der Bundesnachrichtendienst darf personenbezogene Daten nach SS 10 des Bundesverfassungsschutzgesetzes speichern , verändern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. (2) Die Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten über Minderjährige ist nur unter den Voraussetzungen des SS 11 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässig . Gesetzestexte 249 SS5 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten (1) Der Bundesnachrichtendienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren nach SS 12 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (2) Der Bundesnachrichtendienst hat personenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und zu sperren nach SS 13 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. SS6 Dateianordnungen Der Bundesnachrichtendienst hat für jede automatisierte Datei mit personenbezogenen Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zu treffen , die der Zustimmung des Chefs des Bundeskanzleramtes bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ist anzuwenden. SS7 Auskunft an den Betroffenen Der Bundesnachrichtendienst erteilt dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über zu seiner Person nach SS 4 gespeicherte Daten entsprechend SS 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. An die Stelle des dort genannten Bundesministers des lnnern tritt der Chef des Bundeskanzleramtes. SS8 Übermittlung von Informationen an den Bundesnachrichtendienst (1) Die Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristi - schen Personen des öffentlichen Rechts dürfen von sich aus dem Bundesnachrichtendienst die ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen , daß die Übermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 Abs. 1 Nr. 1 erforderlich ist. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der Staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie der Zoll, soweit er Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnimmt, übermitteln dem Bundesnachrichtendienst von sich aus die ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 Abs. 1 Nr. 1 erforderlich ist. 250 Gesetzestexte (3) Der Bundesnachrichtendienst darf nach SS 18 Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen und nach SS 18 Abs. 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes amtlich geführte Register ein - sehen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. SS 17 Abs . 1 und SS 18 Abs. 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes sind anzuwenden. (4) Für die Übermittlung personenbezogener Daten, die auf Grund einer Maßnahme nach SS 1OOa der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist SS 18 Abs. 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. SS9 Übermittlung von Informationen durch den Bundesnachrichtendienst (1) Der Bundesnachrichtendienst darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische Behörden übermitteln , wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder wenn der Empfänger die Daten für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, 'zu dem sie übermittelt wurden. (2) Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten an andere Stellen ist SS 19 Abs. 2 bis 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden; dabei ist die Übermittlung nach Absatz 4 dieser Vorschrift nur zulässig, wenn sie zur Wahrung außenund sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland erforderlich ist und der Chef des Bundeskanzleramtes seine Zustimmung erteilt hat. (3) Der Bundesnachrichtendienst übermittelt Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften, die Polizeien und den Militärischen Abschirmdienst entsprechendSS 20 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. SS10 Verfahrensregeln fü r die Übermittlung von Informationen Für die Übermittlung von Informationen nach SSSS 8 und 9 sind die SSSS 23 bis 26 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. Gesetzestexte 251 SS 11 Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes sind die SSSS 10 und 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes nicht anzuwenden. SS12 Berichtspflicht Der Bundesnachrichtendienst unterrichtet den Chef des Bundeskanzleramtes über seine Tätigkeit. Über die Erkenntnisse aus seiner Tätig - keit unterrichtet er darüber hinaus auch unmittelbar die Bundesminister im Rahmen ihrer Zuständigkeiten; hierbei ist auch die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig. Artikel6 In krafttreten (1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des Artikels 1 am Tage nach der Verkündung *) in Kraft; gleichzeitig tritt das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (BGBI. I S. 682), geändert durch das Gesetz vom 7. August 1972 (BGBI. I S. 1382), außer Kraft. (2) Artikel 1 SS 10 Abs. 4 Satz 3 und 4 tritt am ersten Tage des vierundzwanzigsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Im übrigen tritt Artikel 1 am ersten Tage des sechsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft; gleichzeitig treten das Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung vom 27. Januar 1977 (BGBI. I S. 201 ), die Datenschutzveröffentlichungsordnung vom 3. August 1977 (BGBI. I S. 1477), die Datenschutzgebührenordnung vom 22. Dezember 1977 (BGBI. I S. 3153) und die Datenschutzregisterordnung vom 9. Februar 1978 (BGBI. I S. 250) außer Kraft. *J Das Gesetz wurde am 29. 12. 1990 verkündet. 252 Gesetzestexte Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten des Bundes Vom 11. April 1978 (BGBI. I S. 453) (Zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes und zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses vom 27. Mai 1992, BGBI. I 1992 Seite 997) *l SS1 (1) Die Bundesregierung unterliegt hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission. (2) Die Rechte des Bundestages und seiner Ausschüsse bleiben unberührt. (3) Die Kontrolle der Durchführung des Gesetzes zu Artikel 10 des Grundgesetzes bleibt den auf Grund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes vom Deutschen Bundestag bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. SS2 (1) Die Bundesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der in SS 1 Abs. 1 genannten Behörden und über die Vorgänge von besonderer Bedeutung. Die Entwürfe der jährlichen Wirtschaftspläne der Dienste werden der Kommission zur Mitberatung überwiesen. Die Bundesregierung unterrichtet die Kommission auf deren Verlangen über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. (2) Die Bundesregierung kann die Unterrichtung über einzelne Vorgänge nur verweigern , wenn dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzuganges notwendig ist. Lehnt die Bundesregierung unter Berufung auf Satz 1 eine Unterrichtung ab , so hat der für den betroffenen Nachrichtendienst zuständige Bundesminister (SS 2 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG, SS 1 Abs. 1 Satz 1 MADG) und, soweit der Bundesnachrichtendienst betroffen ist, der Chef des Bundeskanzleramtes (SS 1 Abs. 1 Satz 1 BNDG) dies der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Wunsch zu begründen. *I Das Gesetz ist am 13. April 1978 in Kraft getreten, die Änderungen am 12. Juni 1992. Gesetzestexte 253 SS3 Die politische Verantwortung der Bundesregierung für die in SS 1 genannten Behörden bleibt unberührt. SS4 {1) Der Deutsche Bundestag wählt zu Beginn jeder Wahlperiode die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission aus seiner Mitte. (2) Er bestimmt die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der Parlamentarischen Kontrollkommission. (3) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages auf sich vereint. (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Deutschen Bundestag oder seiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission; SS 5 Abs. 4 bleibt unberührt. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. SS5 {1) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Parlamentarischen Kontrollkommission. Satz 1 gilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission ihre vorherige Zustimmung erteilt. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung. (3) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission verlangen. (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages solange aus, bis der nachfolgende Bundestag gemäß SS 4 entschieden hat. SS6 Die Parlamentarische Kontrollkommission erstattet dem Deutschen Bundestag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über ihre bisherige Kontrolltätigkeit Dabei sind die Grundsätze des SS 5 Abs. 1 zu beachten. 254 Gesetzestexte Abkürzungsverzeichnis 255 Abkürzungsverzeichnis AAB Antifaschistische Aktion Berlin AAIBO Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation ADHF Föderation für demokratische Rechte in Deutschland ADHK Konföderation für demokratische Rechte in Europa ADÜTDF Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. AEG Autonome Entwicklungsgruppe AFriRa Arbeitsausschuß Friedensratschlag AGH Antifaschistische Gruppe Harnburg AGIF Föderation der Arbeitsimmigranten aus der Türkei in Deutschland e. V. AgNS Aktionsgemeinschaft nationaler Sozialisten in und außerhalb der NPD AIS Islamische Heilsarmee AIZ Antiimperialistische Zelle AMS Assoziation Marxistischer Studentinnen ARGK Volksbefreiungsarmee Kurdistans ATIF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschlande. V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa BAT. Bundesweite Antifa-Treffen BBZ Berlin Brandenburger - Zeitung der nationalen Erneuerung BdA Bund der Antifaschisten (Dachverband ) e. V. BK Babbar Khalsa International CWI Committee for a Workers International DABK Ostanatolisches Gebietskomitee DA'WA Hizb Al Da'Wa Al lslamiya (Partei des islamischen Rufs/der islamischen Mission) 256 Abkürzungsverzeichnis DBG Revolutionäre Vereinte Kräfte DBGP Plattform der Vereinigten Revolutionären Kräfte OBI Deutsche Bürgerinitiative DESG DeutschEuropäische Studien-Gesellschaft DFR Deutscher Friedensrat e. V. DFU Deutsche Friedens-Union DHKC Revolutionäre Volksbefreiungsfront OHKP-C Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front DIDF Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. DKP Deutsche Kommunistische Partei DLVH Deutsche Liga für Volk und Heimat DNSB Dänische Nationalsozialistische Bewegung ONZ Deutsche National-Zeitung OPK-1 Demokratische Partei Kurdistans/Irak OVAD Demokratische Vereinigung der Albanerinnen in Deutschland OVU Deutsche Volksunion OWZ/DA Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger EMUG Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e. V. ERNK Nationale Befreiungsfront Kurdistans FIS Islamische Heilsfront FN Front National FP Fazilet Partisi (Tugendpartei) FRIKORR Friedenspolitische Korrespondenz FVB Freiheitlicher Volks Block GAM Gruppe Arbeitermacht GfbAEV Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e. V. Abkürzungsverzeichnis 257 GFP Gesellschaft für Freie Publizistik e. V. GIA Bewaffnete Islamische Gruppe HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V. IBP Islamischer Bund Palästina ICCB Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V., Köln IGMG Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V. IS International Socialists ISKU Informationsstelle Kurdistan ISYF International Sikh Youth Federation IWdN Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Nazi-Regimes und Hinterbliebener e. V. IZH Islamisches Zentrum Hamburg e. V. JN Junge Nationaldemokraten JREIJO Jugend gegen Rassismus in Europa/Jugendoffensive jW junge Weit KCF Khalistan Commando Force KIZ Kurdistan Informationszentrum Köln LPK Volksbewegung von Kosovo LTIE Liberation Tigers of Tamil Eelam LuK Lernen und Kämpfen MEK Volksmodjahedin Iran MES Marx-Engels-Stiftung e. V. MLKP Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands 258 Abkürzungsverzeichnis ND Neues Deutschland NHB Nationaldemokratischer Hochschulbund NIT Nationale Info-Telefone NLA Nationale Befreiungsarmee NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands NR Nordischer Ring e. V. NSDAP/ AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/ Auslands - und Aufbauorganisation NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran OSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa POS Partei des Demokratischen Sozialismus PKK Arbeiterpartei Kurdistans PSG Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale PUK Patriotische Union Kurdistans RAF Rote Armee Fraktion RBF Republikanischer Bund der Frauen REP Die Republikaner RF Rote Fahne RepBB Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten RH Rote Hilfe e. V. RHV Republikanischer Hochschulverband RJ Republikanische Jugend RP Refah Partisi (Wohlfahrtspartei) RSB Revolutionär-Sozialistischer Bund/IV. Internationale RZ Revolutionäre Zellen SAG Sozialistische Arbeitergruppe Abkürzungsverzeichnis 259 SAV Sozialistische Alternative VORAN SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SO Scientology-Organisation THKP/ -CTürkische Volksbefreiungspartei/ -frontDevrimci Revolutionäre Linke Sol TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee TKP/M L Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten -Leninisten UCK Befreiungsarmee von Kosovo U.I.S.A. Union Islamischer Studentenvereine uz Unsere Zeit VdF Verlag der Freunde VffG Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung V.H.O. Vrij Historisch Onderzoek VSP Vereinigung für Sozialistische Politik WN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten WEU Westeuropäische Union YCK Union der Jugendlichen aus Kurdistan 260 Sachwortregister Sachwortregister Antiimperialistischer Widerstand 92 Antirassismus 83, 102 A APFEL, Holger 54f., 61f. AAE, Per Lennart 58 Arabische Mudjahedin (Kämpfer für die Sache Allahs) 167f. Aktionsgemeinschaft nationaler Sozialisten in und außerhalb der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) NPD (AgNS) 38 93, 108, 124, 136, 138, 140, 146, 148, 156ff., 174, 176 Al Ahd (Die Verpflichtung) 166 AL-AQSA e.V. 166 Arbeitsausschuß Friedensratschlag (AFriRa) 113f. AI-Gamaa (Die Gruppe) 164 Arbeitsgemeinschaft AI -Gamaa al-lslamiya Junge Genossinnen in und (Islamische Gemeinschaft) (GI) bei der POS (AG Junge 165, 177 Genossinnen) 119 Al Jihad (Heiliger Krieg) 178 Arndt-Verlag 67 , 79 Al Moqawama allslamiya Arun-Verlag 66 (Islamischer Widerstand) 166 Assoziation Marxistischer AI-Murabeton (Die Garnisonen) Studentinnen (AMS) 112 177 Autonome 83 , 93ff. , 105 AI-Ribat (Das Band/ Die Verbindung) 163, 177 Autonome Antifa (M) 98 , 130 Amal (Hoffnung) 178 Autonome Entwicklungsgruppe (AEG) 105 Anti -Antifa 33, 78 Antifa Bonn/ Rhein-Sieg 98 B antifa-rundschau 114 Babbar Khalsa International Antifaschismus 83 , 100, 114 (BK) 170 Antifaschistische Aktion Berlin BARTSCH, Dietmar 11 7, 121 (AAB) 98, 100, 101 , 130 BdADie Prenzlbergerlnnen Antifaschistische Gruppe (BdA-P) 125 Harnburg (AGH) 98 Befreiungsarmee von Kosovo Antifaschistische (UCK) 138, 172f. Nachrichten 115, 130 BEIER, Klaus 62 Antifaschistische Aktion/ Bundesweite Organisation BEIERSDORF, Andre 62 (AA/BO) 98f., 100, 130 Berlin -BrandenburgerZeitung Antiimperialistische der nationalen Erneuerung Zelle (AIZ) 91 (BBZ) 36f. , 76 Sachwertregister 261 Bewaffnete Islamische Gruppe Demokratische Vereinigung der (GIA) 163f., 175 Albanerinnen in Deutschland (DVAD) 173 BIN LADEN, Usama 165, 168 Der Kalifatsstaat BISKY, Lothar 116ff., 122f. (Hilafet Devleti) 137, 143, 150 Blood & Honour 26, 29, 31, 70 Der Rechte Rand - Blood & Honour Division Informationen von und für Deutschland - Stimme der Antifaschistinnen 115, 130 Bewegung 27,31 Der Republikaner 38, 42 Bonzenjäger 29 DESG-inform 65 BORDJUSHA, Nikolaj 181 , 183 Deutsche Annalen 73 BRANSTNER, Gerhard 119 Deutsche Bürgerinitiative BROMBACHER, Eilen 118 (OBI) 33 Bund der Antifaschisten Deutsche Friedens-Union (Dachverband) e. V. (BdA) 115, (DFU) 113 124 Bundestagswahl 15, 43, 46, 51, Deutsche Geschichte 73, 79 52,60, 125,127 Deutsche Kommunistische Bundesweite Antifa-Treffen Partei (DKP) 83, 110ff. , 114, (BAT.) 99 118, 120, 122, 129, 130 Bündnis Rechts für Lübeck 102 Deutsche Kulturgemeinschaft Österreich 71 Bund Westdeutscher Kommunisten 130 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 62, 71 BUTZ, Arthur R. 69 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 47ff. C Deutscher Friedensrat e.V. Gastel del Monte-Verlag 73, 79 (DFR) 114 Committee for a Workers Deutsche Stimme 52f., 55, 58, International (CWI) 127 62 Courage 126 Deutsch-Europäische StudienGesellschaft (DESG) 65 Deutsche Volksunion D (DVU) 15f., 18f. , 35, 44ff. , 73f., Dänische Nationalsozialistische 101 Bewegung (DNSB) 71 Deutsche WochenDas Freie Forum 63 Zeitung/ Deutscher Anzeiger (DWZ/DA) 47, 49 Demokratische Partei Kurdistans/ Irak (DPK-1) 178 Deutsche Zukunft 56f. 262 Sachwortregister Deutschland in Geschichte und Fazilet Partisi (Tugendpartei) Gegenwart 68, 72, 79 (FP) 155 Devrimci Cözüm (Revolutionäre FINK, Heinrich 124 Lösung) 146 Föderation der Arbeiter aus der Devrimci Sol (Revolutionäre Türkei in Deutschland e. V. Linke) 135, 144f., 147 (ATIF) 148 Dev Sol 14 7 Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in Die Nationalen e. V. 33, 36, 59 der Bundesrepublik Deutsch - Die Republikaner (REP) 15f., land e. V. (DIDF) 178 18f., 35, 38ff. , 42ff., 52 , 73, 101 Föderation der türkisch-demoDie Rote Hilfe 127 kratischen Idealistenvereine in Europa e. V. (AD!IDF) 178 DISPUT 116 Föderation der DISTLER, Jürgen 62 Arbeiterimmigranten aus der Türkei in Deutschland e. V. Doitsche Offensive 31 (AGIF) 149 Föderation für demokratische Rechte in Deutschland (ADHF) 149 Elemente der Metapolitik zur europäischen Neugeburt 65 Förderverein Libertad 131 ELM , Ludwig 124 Foier Frei 31 ENGEL, Stefan 125 Forum Kommunistischer Arbeitsgemeinschaften in und ERBAKAN , Mehmet Sabri 155 bei der POS 130 ERBAKAN, Prof. Necmettin 156 Freedom for Religions in Germany (FRG) 202 Euro Kurier 72, 79 Freie Nationalisten 15,32 Europa vorn 68, 73, 79 Freiheit 198 Europa vorn Verlag 79 Freiheit durch Wahrheit 62 Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft Freiheitlicher Volks Block e. V. (EMUG) 153 (FVB) 35 Europäische Synergien 65 FRENZ, Wolfgang 56f. EXPO 2000 107 Freundeskreis Ulrich von Hutten e. V. 71 FREY, Dr. Gerhard 45, 47 , 52 F Friedenspolitische Faksimile-Verlag 73 Korrespondenz (FRIKORR) 113 FAURISSON, Robert 69, Front National (FN) 71 , 74 Sachwortregister 263 FUCHS, Erich 44 Hass Attacke 31 FVB-Spiegel 35 HATIAB, Hassan 164 Heideheim e. V. (Buchholz) 64 G Heide-Heim e. V. (Hamburg) 64 GEHRCKE, Wolfgang 118 Hilafet Devleti Gesellschaft für biologische (Der Kalifatsstaat) 150 Anthropologie, Eugenik und Hilfsorganisation für nationale Verhaltensforschung e. V. politische Gefangene und deren (GfbAEV) 64 Angehörige e. V. (HNG) 34 Gesellschaft für Freie Publizistik Hizb Al Da'Wa Al lslamiya e. V. (GFP) 63 (Partei des islamischen Rufs/ Gestiefelter Kater 31 der islamischen Mission) (DA'WA) 178 Gewalttaten/ Straftaten mit ausländerextremistischem Hizb Allah (Partei Gottes) 137, Hintergrund 141 f. 166f. , 175, 177 Gewalttaten/ Straftaten mit HÖBER, Wolfgang 44 linksextremistischem Hohenrain-Verlag 66 , 72 Hintergrund 86ff. Hungaria-Skins 70 Gewalttaten/ Straftaten mit rechtsextremistischem HUPKA, Steffen 59 , 61 Hintergrund 20ff. GOETZE, Michael 111 Golden Dawn 71 Informationsstelle Kurdistan Grabert-Verlag 72 , 79 (ISKU) 108 GREMLIZA, Ludwig 129 Interessenverband ehemaliger GROLITSCH , Lisbeth 71 Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter Gruppe Arbeitermacht des Nazi-Regimes und Hinter(GAM) 127 bliebener e. V. (IWdN) 115, 124 Gruppen des libanesischen INTERIM 91f. , 94 , 102, 104, Widerstandes (AMAL) 178 107 GYSI, Gregor 117 Internationale islamische Front für den Jihad gegen Juden und Kreuzzügler 165 H Internationales Bürgerhaus HAKK-TV 152 Frankfurt/ Main e.V. 162 Hamburger Sturm 31 Internationalismus 83 , 108 Hammerskins 26 , 29 International Sikh Youth HANSEN, Jonni 71 Federation (ISYF) 170, 171 264 Sachwortregister International Socialists (IS) 126 Kameradschaft Prenzelberg/ Mitte 37 Internet 17, 31 , 37, 66, 69, 75, 76, 93,97, 130,152, 156, Kameradschaft Schöneberg 37 175ff. ' 186, 202 Kameradschaft Treptow 37 Islamische Gemeinschaft Milli KAPLAN, Metin 137, 150ff. Görüs e. V. (IGMG) 134, 136, 138, 143, 153, 154f., 177 KARATAS, Dursun 136 Islamische Heilsarmee (AIS) 164 KÄS , Christian 39, 41 , 44f. Islamische Heilsfront (FIS) 163f., Kein Friede 92, 131 175, 177 Khalistan Commando Force Islamischer Bund (KCF) 171 Palästina (IBP) 165 KOBALADSE, Jurij 188 Islamisches Zentrum Hamburg Konföderation der Arbeiter aus e. V. (IZH) 168 der Türkei in Europa (ATIK) 148 Islamisches Zentrum (IZ) Konföderation für demokratiMünster 167 sche Rechte in Europa (ADHK) 149 Islamische Widerstandsbewegung konkret 129 (HAMAS) 166, 177 Koordinationsrat der FIS im Islamismus 134 Ausland (CCFIS) 164 KORABELNIKOW, Valentin 181 J KOSCHMI EDER, Dietmar 129 JELPKE, Ulla 124 KOSIEK, Dr. Rolf 63 KOWALJOW, Nikolaj 182, 186 Jugend gegen Rassismus in Europa/Jugendoffensive KRAPIVIN, Jurij 183 (JREIJO) 127 KRAUSE, Dr. Rudolf 45,52 Junge Freiheit 67 KUMPF, Richard 112 Junge Nationaldemokraten (JN) Kurdisch Deutscher Solidari15f., 27, 29, 31, 33, 38, 52 , 54, tätsverein e. V., Bremen 162 57,59, 61,71 Kurdistan-Rundbrief 176 Junges Forum 65 Kurdistan Informationszentrum junge Weit UW) 115, 129 Köln (KIZ) 176 ..__ _;K .... _ _ _ _ _~...:.,_- L Kalathil Landser 28 (Auf dem Schlachtfeld) 171 Landtagswahlen Kameradschaft Beusselkiez 37 -Bayern 43,45,60 Sachwortregister 265 - Mecklenburg-Vorpommern Nation Europa Verlag GmbH 73 , 43 , 46.51 , 60 79 - Niedersachsen 43 , 45 Nation & Europa - Deutsche -Sachsen-Anhalt 15, 43 , 45 , 51 Monatshefte 44, 63, 68 , 73 , 75 , LEICHSENRING, Uwe 55 79 Lernen und Kämpfen (LuK) 125 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 15f. , 18f., Liberation Tigers of Tamil Eelam 26f. ' 29, 31 ff .' 35, 37f.' 46, 52f. ' (LTIE) 171,175 55ff., 66, 73 , 76, 96, 101f. Libertad! 92, 93 Nationaldemokratischer Linksruck-Netzwerk (LR) 126, Hochschulbund (N HB) 26 , 52 , 130 65 Nationale Befreiungsarmee M (NLA) 169 Mailboxen 75, 78, 130, 131 Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) 156, 162 Marx-Engels-Stiftung e.V. (MES) 112, 120 Nationale Info-Telefone (NIT) 31, 75, 77 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei Nationaler Widerstandsrat Iran (MLKP) 136, 149, 162 (NWR I) 169, 191 Marxistisch-Leninistische Partei Nationales Info-Telefon Deutschlands (MLPD) 83, 125f., Preussen 37 130, 148 Nationalsozialistische Deutsche Marxistisches Forum 116 ArbeiterparteilAuslandsund MATIOGNO, Carlo 69 Aufbauorganisation (NSDAP/AO) 72 MED-TV 159, 161 , 176 NAUMANN , Peter 44 Milli Gazete (Nationale Zeitung) 136 Neonazis 14ff.' 18f.' 25f.' 30ff.' 44 , 59ff., 70 Milli Görüs & Perspektive 153, 177 Neue Doitsche Welle 31 Mitteilungen der Neue Rechte 65 Kommunistischen Plattform Neues Deutschland (ND) 115 der POS 116 Neuland-Versand 30 Modjahed (Giaubenskämpfer) 169 Nibelungen-Versand 30 MODROW, Hans 120, 122 NORDBRUCH, Dr. Klaus 74 MÜLLER, Ursula 34 Nordischer Ring e. V. (NR) 64 Nordland-Netz 78 N Nord-Versand 30 Nachrichten der HNG 34 NS88 30 NASRALLAH, Hassan 167 NS Kampfruf 72 266 Sachwortregister 0 Proliferation/ Sensitive Exporte 180, 194 ÖCALAN , Abdullah 136, 146, 156ff. Propaganda.BBS 78 Öncü Partizan (Avantgarde Publikationen extremistischer Partizan) 148 Ausländergruppierungen 175 Opposition - Magazin für Publikationen, linksextremistiDeutschland 66, 73f., 79 sche 128 Ostanatolisches Gebietskomitee Publikationen , rechtsextremisti(DABK) 148f. sche 72 Özgür Atilim PÜHSE, Jens 59, 61 (Der freie Angriff) 149 PUTIN , Wladimir 182 Özgür Gelecek (Freie Zukunft) 147 Q p Ohods (Jerusalem) 168 Partei des Demokratischen Sozialismus (POS) 84f., 112, R 116ff. , 125, 127, 129f. radikal 91, 94, 105 Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Radio Germania 37 Internationale (PSG) 127, 130 RADJAVI , Massoud 169 Partisan. net 131 RANN, Thea 121 Partizan 147f. RAZZ 92 Patriotische Union Kurdistans Refah Partisi (Wohlfahrtspartei) (PUK) 178 (RP) 137 PÄTZOLD, Prof. Dr. Kurt 119 RENNICKE, Frank 29 POS International 116 Republikanische PDS-Pressedienst 116 Jugend (RJ) 38, 41f., 44 PENKERT, Mike 37 Republikanischer Bund der Personenpotential extremistischer Frauen (RBF) 38 Ausländerorganisationen 138f. Republikanischer Bund der Personenpotential , linksextremiöffentlich Bediensteten stisch 84 (RepBB) 38 Personenpotential, rechtsextreRepublikanischer mistisch 18f. Hochschulverband (RHV) 38 Perspektive 76 Revisionismus 67, 78 PETRATSCHEK, Konrad 35 Revolutionäre Vereinte Kräfte Plattform der Vereinigten (DBG) 162 Revolutionären Kräfte Revolutionäre Volks(DBGP) 136, 147f., 162 befreiungsfront (DHKC) 146 Sachwortregister 267 Revolutionäre ScientologyVolksbefreiungspartei-Front Organisation (SO) 198 (DHKP-C) 135, 140, 143ff. , 147, Serxwebun 174, 176 (Unabhängigkeit) 157 Revolutionäre Zellen (RZ) 92 Signal - Das patriotische Revolutionär-Sozialistischer Magazin 45, 63, 66, 73, 79 Bund/ IV. Internationale SITIE, Petra 122 (RSB) 127 RICHTER, Karl 73 Skinheads 25,27 , 60 Rock Nord 31 Sleipnir 69, 79 ROEDER, Manfred 33 , 60 Solidarität International 126 ROGLER , Christian 73 Sozialistische Alternative VORAN(SA~ 127 RÖHLER , Andreas 69 Sozialistische Arbeitergruppe ROSSMÜLLER, Sascha 61 (SAG) 126 Rote Armee Fraktion (RAF) 82, Sozialistische 90f. Deutsche Arbeiterjugend Rote Fahne (RF) 125 (SDAJ) 111 , 130 Rote Hilfe e.V. (RH) 127f. Sozialistische Einheitspartei Rote Zora 92 Deutschlands (SED) 117 R.O.T.K.Ä.P.C.H.E.N. im und SpinnenNetz 131 beim BdA 125 Staatsbriefe 65, 73, 79 ROUHS, Manfred 73f. STAROWOIJTOW, RUSTEMEYER, Hans 45 Alexander 182 STAWITZ, lngo 62 s STEHR, Heinz 110f., 120 SALAFIYA-Gruppe für die Straftaten/ Gewalttaten mit Mission und den Kampf 164 ausländerextremistischem Hintergrund 139 SAUM, Mamdoh Ahmed 168 Straftaten/Gewalttaten SCHEERER, Germar, geb. mit linksextremistischem RUDOLF 69 Hintergrund 85 Schleusungsaktivitäten 17 4 Straftaten/Gewalttaten mit SCHLIERER , Dr. Rolf 16, 38ff. , rechtsextremistischem 43ff., 52 Hintergrund 19 SCHÖNHUBER, Franz 52 , 66, STRAUSS, Wolfgang 68 73 Strukturdaten 11 SCHÜTZINGER, Jürgen 62, 71 Südwest Stimme 54 SCHWAB, Jürgen 74 SCHWERDT, Frank 33, 36f., 59 , SWING 92 76 Synergon Deutschland 65 268 Sachwertregister T V Tatsachen 178 Verband der islamischen THION , Serge 69 Vereine und Gemeinden e.V., Köln (ICCB) 137, 143, 150 Thule-Netz 77f. Vereinigung der Verfolgten des Thule-Seminar 65 Naziregimes - Bund der TÖPFER, Peter 69 Antifaschistinnen und TOZKIJ, Konstantin 183 Antifaschisten (VVN-BdA) 114f., 124 Trotzkistische Gruppen 83, 126, 130 Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) 121 , 127 TRUBNIKOW, Wjatscheslaw 181 Verlag der Freunde (VdF) 79 Tugendpartei (Fazilet Partisi) Verlage, linksextremistische 128 (FP) 137 Verlage, rechtsextremistische 72 Türk Federasyon Bülteni Verlag für ganzheitliche (Bulletin der TürkForschung und Kultur 73 Föderation) 178 Verlag Manfred Rouhs 79 Türkische Arbeiterund Verlagsgesellschaft Berg mbH 73 Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) 148 Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung (VffG) 69 Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten Vincente Directori 30 (TKP/ML) 136, 147f. , 162, 17 4 VOIGT, Udo 16, 52, 54, 58ff. Türkische Volksbefreiungsarmee Volksbefreiungspartei/ -frontKurdistans (ARGK) 15 7, 159 Revolutionäre Linke (THKP/ -C - Volksbewegung von Kosovo Devrimci Sol) 135f. , 140, 143f. , (LPK) 138, 172f., 175 146f., 162, 174 Volksmodjahedin Iran (MEK) 169, 191 u Vortrag-Buch-Reise-Verlag Ümmet-i Muhammed (Die (VBR) 37 Gemeinde Mohammeds) 150, Vrij Historisch Onderzoek 152 (V.H.O.) 69 Ungarische Nationale Front (MNA) 70 Union der Jugendlichen aus w Kurdistan (YCK) 163 WALDSTEIN, Thor von 65 Union Islamischer Studentenvereine (U.I.S.A.) 137, WEBER, Mark 69 168 WECKERT, lngrid 69 Unsere Weit 31 WENDT, Christian 36, 76 Unsere Zeit (UZ) 110,115,122 WNENDT, Reinhard 40,44 Sachwortregister 269 Wohlfahrtspartei (Refah Partisi) (RP) 137, 155 WOLF, Andrea 109 WOLF, Winfried 127 WORCH, Christian 33 , 60 WU LFF, Thomas 32, 44 y YÜKSEL, Ali 136, 153ft. z Zentralorgan 31f. , 76 Zeri i Kosoves (Die Stimme Kosovos) 172, 175 ZÜNDEL, Ernst 70 270 Notizen Notizen 271 272 Notizen Herausgeber: Bundesministerium des lnnern