Bundesmin isterium des lnnern Verfassungs schutz bericht Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Gesetzestexte Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 2 Herausgeber: Bundesministerium des lnnern, Graurheindorfer Straße 198, 53117 Bonn, Mai 1998 Hinweis: Der Verfassungsschutzbericht 1997 ist auch über das Internet abrufbar: http://www. bundesregierung.de/ 02/0201 / innen/vsber97I Statt des Wortes **bundesregierung" kann alternativ das Wort "government" benutzt werden. Gestaltung und Dr. Mänken GmbH , Bonn Realisation : Auf der Kaiserfuhr 51, 53127 Bonn Herstellung: Parzeller GmbH , Fulda Peterstor 18-20, 36004 Fulda 3 Vorwort des Bundesministers des lnnern Der jährliche Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information der Bürger und ein wesentlicher Bestandteil praktizierter wehrhafter Demokratie. Unser freiheitlicher Rechtsstaat verfügt über ein Instrumentarium, um die Wiederholung einer Entwicklung zu verhindern, in der Grundprinzipien der Verfassung von ihren Gegnern angegriffen und ausgehöhlt werden konnten. Der Verfassungsauftrag, die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, verlangt, die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus von links wie von rechts offensiv zu führen . Die Bundesregierung setzt dabei auf die geistigpolitische Auseinandersetzung, der sie grundsätzlich Vorrang vor administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen extremistische Gegner der freiheitlichen demokratischen Ordnung einräumt. Der Anstieg der linksund rechtsextremistischen Straftaten im Jahr 199 7 gegenüber dem Vorjahr wie auch das Ergebnis der Landtagswahl 1998 in Sachsen-Anhalt, wobei der organisierte Extremismus einen beunruhigend hohen Prozentanteil erreicht hat, machen eine noch intensivere Aufklärung über die Ziele der Extremisten notwendig. Der demokratische Rechtsstaat kann nicht allein von staatlichen Behörden geschützt und bewahrt werden. Dies ist Aufgabe aller Bürger. Deren Bereitschaft, sich mit unserer Verfassungsordnung zu identifizieren, an ihrer Bewahrung aktiv mitzuwirken und den Gegnern der freiheitlichen Demokratie entschlossen entgegenzutreten, ist der beste und wirksamste Verfassungsschutz. Hierfür müssen der Öffentlichkeit die notwendigen Informationen vermittelt werden, die es jedermann ermöglichen. sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden , die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Der Information bedarf es auch deshalb, weil die Gegner unserer Verfassung nicht selten ihre wahren Ziele verschleiern, Scheinbekenntnisse zum Grundgesetz ablegen oder durch Umwertung von Verfassungsnormen, politischen und juristischen Begriffen als vermeintliche Verfechter demokratischer Prinzipien auftreten. Die Kriterien für die Grenzziehung zwischen Extremisten und Demokraten beschreibtSS 4 Bundesverfassungsschutzgesetz. Zu den fundamentalen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, gegen die sich extremistische Bestrebungen richten , zählen vor allem: - die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten , vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, - der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft, 4 Vorwort des Bundesministers des lnnern - die Volkssouveränität, - die Gewaltenteilung , - die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung, - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, - die Unabhängigkeit und Rechtsbindung der Gerichte, - das Mehrparteienprinzip, - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien und - das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Der Begriff .. extremistisch" trägt der Tatsache Rechnung, daß politische Aktivitäten oder Organisationen nicht schon deshalb verfassungsfeindlich sind, weil sie eine bestimmte, nach allgemeinem Sprachgebrauch .. radikale", d.h. an die Wurzel einer Fragestellung gehende Zielsetzung haben . .. Extremistisch" und damit verfassungsfeindlich sind Bestrebungen im Rechtssinne deshalb nur, wenn sie sich gegen diesen Grundbestand von Werten und Rechten unserer freiheitlichen rechtsstaatliehen Verfassung richten. Auch aggressive Sprache und Hetze gegen unsere Demokratie und unsere demokratischen Institutionen sind Kriterien für extremistische Betätigung. Gesetzliche Voraussetzung für Sammlung und Auswertung von Informationen ist u.a. das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für .. politisch bestimmte, ziel - und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß ", der darauf gerichtet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen bzw. den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes zu gefährden (SS 4 Abs. 1 BVerfSchG). Bei den aufgeführten Personenzusammenschlüssen (Parteien, Organisationen und Gruppierungen) liegen die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verfassungsschutzes - zumindest in Form von tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen nachSS 3 Abs. 1 BVerfSchGvor. Die Erkenntnislage zu den dargestellten Gruppierungen kann allerdings im Hinblick auf Umfang und Dichte der angefallenen Informationen jeweils ganz unterschiedlich sein, was wiederum Einfluß auf die Art und Weise der Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz haben kann. Die Bewertung einer Gruppierung als extremistisch bedeutet nicht in jedem Fall, daß alle ihre Mitglieder extremistische Bestrebungen verfolgen. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1997 zusammen. Er kann keinen erschöpfenden Überblick geben, sondern unterrichtet über die wesentlichen Erkenntnisse, analysiert und bewertet die Entwicklungen und Zusammenhänge. Manfred Kanther 5 INHALTSVERZEICHNIS Allgemeine Vorbemerkungen .... . . . . .......... .. .. . . .............. . . 11 I. Strukturdaten . . ... . . . ... .. .. ... . ....... . ... .. .. .. . ... .. .. .. .... . . 11 1. Strukturdaten gemäß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz . . ...... . ... 11 1 .1 Bundesamt für Verfassungsschutz . .. ... . ... ............... .. . .... . . . .. 11 1.2 Militärischer Abschirmdienst ... . .. . ... ..... . ... . ... . . . ... .. .. ... . . . ... 11 2. Weitere Strukturdaten .. . . . .... . .. . .. .. .... .... .. ... . ..... ........... 11 II. Verfassungsschutz durch Aufklärung ........... .. .. ... .. .. . ... .. . . .. 14 Linksextremistische Bestrebungen . ... . ..... .. . . ... .. . ..... . ... . .... 20 I. Überblick . ................. ... . ... . ..... .. .. .. .. .. . . .. .. . ... .. . . . 20 Entwicklungen im Linksextremismus ........ .. .... .. .. .... . ........ .... . 20 II. Übersicht in Zahlen ....... . ... . ............. .. . ...... . ..... . . .. ... 22 1. Organisationen und Personenpotential ....... ........ . . .. ... ..... . ...... 22 2. Straftaten/Gewalttaten .. .. .. ..... . ... . . ..... . . .. . ... .. ..... .. ... . . . . 23 111. Agitationsund Kommunikationsmedien .. . . .. .. ... . .. . . . .... . ....... 28 1. Verlage, Vertriebe und periodische Publikationen ... .. ....... . . .. .. ... .. . ... 28 2. Neue Kommunikationsmedien . .. ........ ...... . ....... . ...... .. ..... .. 28 2.1 Mallboxen . .. .. .. ... .. ... . . . .. . . ...... . . .. .. .... . ..... . ... . . .. . ... 28 2.2 Internet . ... ... . ... .. . . ... . ... . . . .. . .. ..... . .... . . . .. .. . ... .. . . .. . 28 IV. Linksextremistischer Terrorismus und sonstiger militanter Linksextremismus .. ... . ....... .. ..... .. .............. . ..... . ..... 30 1. Linksextremistisch-terroristische Gruppen . ... . ......... . ..... .. .......... 30 2. Militante Linksextremisten/ Neuere linksextremistisch-terroristische Entwicklungen .. . .. .. . . .. ... . .. . ... ......... . ... . ...... . ... .. . ..... 3 1 2.1 "Antiimperialistischer Widerstand << .... . . ............. .. ... . . . ...... .... 32 2.2 Autonome ....... . .......... .. . . .. ... .. . .... . .... . .. . .. . .... ..... . 33 2.2.1 Potential/ Selbstverständnis/Aktionsformen/ Medien . .. . ... . . . ... . . .......... 33 2.2.2 >>Traditionelle<< Autonome .. .. .. . ................ . .... . ..... . . . .. .. . . .. 35 2.2.3 >>Organisierte<< Autonome ................. .. ... .. ... . ..... . . .. . ...... 36 2.2.4 Autonome Strukturen mit terrori stischen Ansätzen . . . . . . .. . .. . .. . .......... 37 2.3 Aktionsfelder . ... .. .. ... .. ... .. .. .. . ... . .. . .. . .... . . . .. ... ......... 38 6 Inhaltsverzeichnis 2.3.1 Kampagne gegen Kernenergie und Atommülltransporte ......... . ... . .. . . .. . 38 2.3.2 "Antirassismus".......... . . . . . .... . ........... . ............. . .. . ... 41 2.3.3 "Antifaschismus" ........ . . . .. .... .. .... . .... . ............. .. ... . .. 42 2.3.4 "Kampf gegen Umstrukturierung" . . . . . . .. .. . ...... . ..... . ......... . ... 44 2.3.5 Kampagne gegen **Sozialabbau" . . . . . . .. .. ....... . .. . .. . . ..... . ... .. .. 46 2.3.6 ** Internationalismus" . .. . .. ............. . .... . ............. . .... . . . . . 47 V. Parteien und sonstige Gruppierungen . ... . .... . ........ . ............. 48 1. ** Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS) ... . .... . ... . . . ........ . ... 48 1.1 Herkunft und Zielsetzung ...... ... ... . . . ... .. ... ... .. .. ... . . . .. . . . .... 49 1.2 Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie . .... . .... . .... . . .... . ... . ... 50 1.3 Verhältnis zur Gewalt . .. .. . ............. . ...... . .... . ... .. ........... 51 1.4 Offen linksextremistische Strukturen in der POS .. .. . .. ... ........ . ... .. .. . 52 1.5 Zusammenarbeit mit Linksextremisten ............ . . . .. . ... . ...... . . .. . . 54 2. **Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld . . ....... . .... . ....... 55 2.1 **Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) . . ..... . .. ........... . .... .. . .. . 55 2.2 **Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend " (SDAJ) .. ... .... .. . . . ........ .. ... 57 2.3 **Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (WN-BdA) .. . . ... . . ... . ... . ...... . .. 57 1 3. **Bund der Antifaschisten (Dachverband) e.V. " (BdA) .. .... .. ................ 59 I 4. **Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) . .. ... . .. . ........ . . . 60 ,1 5. Trotzkistische Gruppen . .. . .. ...... . ...... . . * * * * . * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * 62 II 6. **Rote Hilfe e.V. " (RH) .... . ..... .. . . .. ..... .... . ........... . ... . . . ... . 63 VI. Internationale Verbindungen . . . .. .. .. . ... ................. . ......... 64 1. **XIV. Weltfestspiele der Jugend und Studenten" (WFS) ... .. .. .. .. . .......... 64 2. **Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS) ..... . ... . .... . .. . ......... 65 3. **Deutsche Kommunistische Partei<< (DKP) .. ... .. ........ . . . ... . .... . ..... 66 VII. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse ........ . ......... .. ...... 67 Rechtsextremistische Bestrebungen .. ................. . ............ 10 I. Überblick . ..... . .. . ... .. .. . ... . .... . . . ..... .. ... . .......... . ... . . 70 1. Ideologie .......... . ... . ... .... ... . ... ... . .. .. . .. . .. . .... . ... .. ... 70 2. Entwicklungen im Rechtsextremismus .. .................. . . . ....... . ... 70 II. Übersicht in Zahlen ......... .. . .. .... . ............... . . . ...... . ... 73 1. Organisationen und Personenpotential . . ... .. .... . ..... . . . . ... ... . . .. . .. 73 Inhaltsverzeichnis 7 2. Straftaten/ Gewalttaten ............ . ... . ... . .. .. ........... ... . . .. ... 74 2.1 Übersicht ........ .... ....... . .. . ....... . .............. . . .. .... . .. 74 2.2 Zielrichtungen der Gewalttaten ............ . . .......... . ... ............ 75 2.3 Verteilung der Gewalttaten auf die Länder . . . . .... . ................ . .. . . .. 77 111. Agitationsund Kommunikationsmedien . . . . ... . . . .. . . .. .. ........... 80 1. Verlage, Vertriebe und periodische Publikationen ...... ...... . ..... .... . .... 80 2. Neue Kommunikationsmedien ........... .. . ..... ...... . . .. ... . .... .. .. 80 2.1 Mailboxen . ...... . .... ... . .. ............. . .. ........ . .... ... ... ... 80 2.2 Internet ..... . ... . .. . .. .. .. . . . ..... . .. .. .. .... . ..... .. .... ... .. ... 80 2.3 "Nationale lnfo-Telefonecc (NIT) .. . ........ ..... ... .. . ...... .... .. ... . ... 82 IV. Gewaltbereite Rechtsextremisten . ............ . ... .... .. .. .......... 82 1. Rechtsextremistisches Gewaltpotential ...................... .... ........ 82 2. Rechtsextremistische Skinhead-Szene .. ... .. . . . .. ....... . . ..... . ....... 83 2.1 Skinhead-Musik . .. . .......... .. . .......... . . . .. ... ... . .. .. . .. . . ... 85 2.2 Vertrieb von Skinhead-Artikeln . .. ...... . ....... . . .. .. .. . . ... ...... . . ... 86 2.3 Skinhead-Fanzines .. . .. . ... . ...... . .. . . . ... ... .. ... . .. . .. ... . ...... 88 V. Neonazismus .... . .. .. . ... .......... . ..... . . . . . . ... . . . . .. . ....... 89 1. Überblick ... ... .. .. . .. .. .. ..... . . .... .. ..... .. . ...... . ...... .... . . 89 2. Neonazistische Organisationen ......... .. .. . . . .... . ... . . . ........ . . ... 91 2.1 **Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. cc (HNG) ..... . ............................. . ... . ...... 91 2.2 "Oie Nationalen e.V. cc ... . . .. . .. .... . . ......... . ... .. ..... . ... .. . .... 92 2.3 "Freiheitlicher Volksblockcc (FVB) .. . ....... . . ... ...... . .. . .. .. ... . ..... . 94 3. Aktivitäten ehemaliger Mitglieder verbotener Organisationen . .. . ... . .... .. . ... 95 VI. Parteien . ....... . .. . ....... . .... . ...... ... . . . .... . .... . . . . .. . . .. . 96 1. "Oie Republikaner" (REP) ..... .. .......... ...... . .... . ...... ... . .. . .. 96 1.1 Zielsetzung ..... . ... .. . ..... . ...... . ........ .. .. . . . .... . .. .. . ..... 97 1.2 Organisation und Entwicklung . .... . . . ...... . .... .. .. . .. .. . .. .. .. .. ... 100 2. "Deutsche Volksunion cc (OVU) ........... .. ... . . .. ... . .. . .. ... ... . .... 103 2.1 Zielsetzung .............. . ............... .... .. .. . . . .... . .. ...... 103 2.2 Organisation und Entw icklung ..... .... ..... ... .. . . . . . . .. ..... . ... . ... 1 06 3. "Nationaldemokratische Partei Deutschlandsec (NPD)..... . ... . ..... .... . ... 107 3 .1 Zielsetzung .. . ... ... ....... .. .... .... . .. . .. . .. . ..... . . ...... . .... 107 3 .2 Organisation und Entwicklung .. . ...... . ... .. . .. . ....... .. . .. .. ....... 111 3.3 "Junge Nationaldemokraten cc (JN) .. . .... ... . ...... .. . .. ......... ... .. . 112 ~ VII. Sonstige Organisationen . .. ... . .. .. . ...... . ..... . ..... . .. .. . ..... . 113 1. "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) ...... . .... . ..... . . . . ....... . 113 8 Inhaltsverzeichnis 2. "Gesellschaft für Freie Publizistik e. V. " (GFP) .......... ... . ............ .. 115 3. "Heide-Heim e.V.<< / Hetendorfer Tagungswoche . ... . .......... . . .... . .... 116 VIII. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebe . .. . ................. 116 IX. lntellektualisierung des Rechtsextremismus . .. ..... . .. .. . . ... .. ..... 119 X. Revisionismus ................ ............ .. ...... . .. . ... .. .. . .. 121 XI. Internationale Verbindungen .. .... . .. . .... . ... . . .. . .. ... . .. . .. .. ... 124 1. Internationale Treffen .................. . .... . ..... . .......... ...... . 124 2. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/ Auslandsund Aufbauorganisation<< (NSDAP/ AO) .. . ................. . ... . ....... . . ... 125 XII. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse . ..... . ....... . .. .. . ... .. 126 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern . .............. ....... . . ............ . 128 I. Überblick . .. . .... ..... . .... . .... . . .... .... ....... . ... . ...... . ... 128 II. Übersicht in Zahlen . . ........ . ......... . . . ................. ...... 131 1. Organisationen und Personenpotential ....... . . .................... . ... 131 2. Straftaten/Gewalttaten ....................... ... ........ . . . ... . .... 132 111. Agitationsund Kommunikationsmedien .................. . .... . .... 136 1. Periodische Publikationen . ............. . .... . .. . .... . ... . .. .. ... .... 136 2. Neue Kommunikationsmedien/ Internet .... .. .. ... . ... .... ... .. . .. . ..... 136 IV. Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen ... . .... . ........... 138 1. Türken (ohne Kurden) ......... ...... ......... ..... . .......... ... ... 138 1 .1 Überblick .. .............. . ..... . .. .. . . . . .. . ..... . . . .. . ..... . ..... 138 1.2 Linksextremisten . ... .. ..... ...... .. . .. .... .. .......... . ... . . . .. .. . 139 1.2.1 .. oevrimci Sol" (Revolutionäre Linke) .... . .. . . .. .. ... . . ... . .. ... . 139 1.2. 2 "Türkische Kommunistische Partei (Marxisten-Leninisten)<< (TKP (ML)) .. . ... .. .. 141 1.2.3 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei<< (MLKP)..... . ... . . . ... . .. 143 1.3 Türkische lslamisten ........ . ..... . ........... .. .. . .... ........ .. .. 144 1.3.1 "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. , Köln<< (ICCB) ... . . .. ... 144 1.3.2 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V.<< (IGMG) ....... .. ....... . ..... .. 146 2. Kurden . . ... . ... . ... . . .. ... .. .. .......... . . .. .. .. ......... ... . .. 150 2. 1 Überblick . ... . .... .. . .. ........ .. ................................ 150 Inhaltsverzeichnis 9 2.2 **Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) ..................................... 150 2.2.1 Allgemeine Lage ...... . .............. . ..................... . ...... 150 2.2.2 Organisatorische Veränderungen und gerichtliche Entscheidungen ... . . .. . .... 152 2.2.3 Propaganda der PKK ................ . ... .. . .. ......... .. .. .. . . . 0 .. 153 2.2.4 Finanzierung ............... .. . 0 .. . 0 ............ 0 ... 0 0 .... 0 ... 0 0 .. 155 2.2.5 Strafverfahren gegen führende Funktionäre der PKK .. 0 .. 0 ... . 0 ... 0 0 ... 0 0 .. 155 3. Araber ...... . ....... . ......... . .............. 0 . .... 0 . . .. 0 ... 0 0 .. 156 3 .1 Algerische islamistische Gruppen .. . ........ .. ................ 0 . .. 0 0 . . 156 3.2 Extremistische und terroristische Gruppen aus dem Nahen Osten ... . 0 ... 0 0 .. 157 3.3 Ägyptische lslamisten .... . ... ... ..... . ... . .. .. ......... . ....... 0 0 ** 159 4. Iraner ............................ . 0 .. .. 0 .. .. 0 . .... 0 .... 0 ... 0 0 .. 160 4. 1 Anhänger der iranischen Regierung . .... ... ... . 0 .. .. 0 . .... 0 .. .. 0 ... 0 0 . . 160 4.2 Gegner der iranischen Regierung . ...... .. ... . 0 . . .. . 0 . ... 0 ... . 0 .. . 0 0 . . 161 5. Sikhs .. . 0 . . .. .. ... . . .. .. .. ... 00 .. ..... .. 0 . . 0 . 0 .. 0 .. 0 ... 0 0 ... 00 .. 163 6. Tamilen ........... 0 . .. .. 0 0 . .. 0 .... 0 ... .. 0 .... 0 ..... 0 .... 0 ... 0 0 .. 164 7. Kosovo-Aibaner ..... . .. .. .. ... 00 ... . 0 .... 0 . . . . 0 . . .. . 0 . ... 0 ... 00 . . 165 8. Annex: Schleusungsaktivitäten . ... 00 . ... 0 .... 0 .. .. 0 .. ... 0 .. .. 0 ... 00 .. 166 V. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse . ..... 0 0 . 0 0 . 0 0 ... 0 0 0 . 0* 0 0167 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten ....... . .. 110 I. Überblick . . . 0 0 ... . 0 . . . .. *. ... 0 ... .* . ... . 0 .... 0 .... 0 0 .... 0 ... 0 . . 0170 II. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation . ...... . . . ... . .... . . ... .. . ...... . ... .. ...... .. .. .. . .. . 170 1. Aktuelle Situation und Aufgaben der Dienste, personelle Veränderungen ... . . .. . 170 20 Aktivitäten und Aufklärungsziele der russischen Nachrichtendienste . . . .... 0 . . . 171 2.1 Aktivitäten in Deutschland ................... . ..... . ......... 0 . .. .. . . 171 2.2 Aktivitäten in Rußland ........ 0 .. . ................ . .. 0 . . 0 0 .. 0 ....... 173 2.3 Abdeckung russischer Nachrichtendienste in der Privatwirtschaft .. .. . ... .. ... 17 4 111. Die Nachrichtendienste der übrigen Mitgliedsstaaten der GUS . .... 0 **** 175 IV. Sonstige mittelund osteuropäische Nachrichtendienste . ... 00 *.. 0 .... 176 V. Aktivitäten von Nachrichtendiensten aus Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens sowie Nordafrikas ....... . .. .. ... . . 0 **** 176 1. Iranische Nachrichtendienste ... .. . . ..... . .. . . .. . 0 . . .. 0 . 0 ... 0 ... 0 .... 176 10 Inhaltsverzeichnis 2. Syrische Nachrichtendienste ........... . . ... . ........... . .......... 177 3. Libysche Nachrichtendienste .... . ...... . ...... .. .. .. . ... . ...... ... 177 4. Nordkoreanische Nachrichtendienste ..... . .... . .... .. ......... .. .. . . 178 VI. Proliferation/Sensitive Exporte . ........... . .... . .......... .. .. . . 179 1. Überblick ...... . ... ......... ..... . .. ......... . ....... . .... . ... 179 2. Zur Situation in einzelnen Ländern . ...... . ...... .... . .... .. ..... .... 180 VII . Festnahmen und Verurteilungen ..... . .... .. . ............. .. ..... 182 "Scientology-Organisation" (SO) . .. .. ....... . .... . . ... . . . .. .... . ...... . 184 1. Grundlagen . ... .. ... ..... . ....... ... .... . .. . .. ........... .. ... . 184 2. Zielsetzung .................... . .............. . .... .. ..... . .. .. 185 Anhang .................... . . .. ....... .... ...... . .... . ......... . . 190 Erläuterungen und Dokumentation .............. . . .... . ... ............. 190 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes ....... ... . . . ..... . .... ...... . ..... 201 Bundesverfassungsschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 MAD-Gesetz ..... ....... .. .. ............... .. ... . .. ... . ....... ... .. . 217 BND Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes ...... .. . .... . ... .. ... .. .. . .228 Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) ........ .. .. .. . .......... .230 Abkürzungsverzeichnis . ... . .. ... . ....... . . ....... . . .. . . . . . . ... ... ... 255 Sachwertverzeichnis .... . .... .. ......... . .. ........ . ... .. . .......... 260 Allgemeine Vorbemerkungen 11 Allgemeine Vorbemerkungen I. Strukturdaten 1. Strukturdaten gemäßSS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz 1.1 Bundesamt für Verfassungsschutz Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt an das BN betrug 1997 220.454.508,41 DM (1996: 224.305.979,67 DM). Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte 1997 2.195 (1996: 2.215) Bedienstete. 1.2 Militärischer Abschirmdienst Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt betrug 1997 116.187.000,DM (1996: 133.646.000,DM). Der Militärische Abschirmdienst hatte 1997 1.300 (1996 : 1.308) Bedienstete. 2. Weitere Strukturdaten Anfang 1998 waren von Bund und Ländern gemeinsam im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 891.400 (Anfang 1997: 920.4 73) personenbezogene Eintragungen enthalten, davon 448.150 Eintragungen (50,3%) aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen (An - fang 1997: 48%). 12 1 I j Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 14 Allgemeine Vorbemerkungen II. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die Bedeutung der politischen Auseinandersetzung mit den verfassungsfeindlichen Bestrebungen erfordert eine intensive Aufklärung der Bürger über Art und Umfang der Gefahren, die durch den politischen Extremismus drohen. Mit dieser Aufklärung handelt der Bundesminister des lnnern in Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen (vgl. NPD-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Oktober 1975). Auch wenn unsere Demokratie gefestigt ist, müssen akute und latente Risiken und Gefährdungen beachtet werden: Extremismus und Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit, übersteigerter Nationalismus und Fundamentalismus. Die Bundesregierung mißt der präventiven und offensiven Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungen eine besondere Bedeutung zu . Sie gibt deshalb der geistig-politischen Auseinandersetzung hohe Priorität. Geistig-politische Auseinandersetzung mit Extremismus und Gewalt bedeutet über die Wissensvermittlung hinaus, deutlich zu machen, daß die Demokratie grundlegende Wertorientierungen braucht, über die ein allgemeiner Konsens besteht. Die geistig-politische Auseinandersetzung erfolgte auch 1997 vor allem mittels Broschüren zu den Themen Extremismus, Gewalt, Terrorismus und Fremdenfeindlichkeit, durch sechs Seminare für Lehrer, Elternvertreter, Ausländerbeauftragte und Schülerzeitungsredakteure und durch die Fortführung der Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit unter dem Motto "FAIRSTÄNDNIS -Menschenwürde achtenGegen Fremdenhaß". ln der Reihe **Texte r----*---1 Allgemeine Vorbemerkungen 15 zur Inneren Sicherheit" sind 1997 die Bände "Texte zur Inneren Sicherheit, Band 1/ 1997" , "Texte zur Inneren Sicherheit, Band 11/ 1997" und "Innere Sicherheit als gesamtpolitische Aufgabe" erschienen. Wahrgenommen wird die Aufgabe "Verfassungsschutz durch Aufklärung" auf Bundesebene vom Bundesministerium des lnnern und dem Bundesamt für Verfassungsschutz, auf Länderebene von den Innenministerien bzw. den Landesbehörden für Verfassungsschutz. Der Bund und die Länder haben eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, die dem Erfahrungsaustausch über die Öffentlichkeitsund Aufklärungsarbeit dient (Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft **Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes"). Schwerpunktmäßig wurde 1997 die Frage eines noch intensiveren Dialogs mit den Bürgern über die Aufgabentelder des Verfassungsschutzes behandelt. Ausgangspunkt hierfür war die Überlegung, daß der beste Verfassungsschutz der kritische , engagierte und demokratische Bürger selbst ist. ln Zukunft wird sich die Arbeitsgemeinschaft verstärkt mit der Frage der B undeliamtffir ~ Nutzung neuer elektronischer Verfnsung)schua 'W'Techniken befassen. Sowohl das Bundesministerium des lnnern und das Bundesamt für DEMOKRATIE Verfassungsschutz als auch eine Reihe von LandesverfassungsIST schutzbehörden nutzen bereits das Internet und Mailboxen bzw. VERLETZLICH planen dies. Die gemeinsame Aufklärungskampagne der Innenminister von Bund und Ländern gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit bildet einen besonderen Schwerpunkt im Rahmen der geistig-politischen Auseinandersetzung im Bereich der inneren Sicherheit. Sie wurde im März des Jahres 1993 unter dem Motto "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - Gegen Fremdenhaß" auf den Weg gebracht. Die Kampagne hat eine doppelte Funktion: Sie soll aufklären und motivieren. Speziell Jugendliche, aber auch die gesamte Öffentlichkeit werden über das Entstehen, die Hintergründe 16 Allgemeine Vorbemerkungen und das Ausmaß von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt informiert. Gleichzeitig werden insbesondere Jugendliche motiviert, über ihr Verhalten gegenüber Fremden nachzudenken und Möglichkeiten zu suchen, wie Gewalt und Fremdenfeindlichkeit begegnet werden kann. Im Rahmen der Kampagne wurden Aufklärungsund Werbematerialien wie Schülerund Lehrerhefte **Halt! Keine Gewalt" , ein Heft für Jugendliche "bastaNein zur Gewalt", eine dazugehörige pädagogische Handreichung (bisher sind die Ausgaben 1994/ 1995, 1996/ 1997 und 1998/ 1999 erschienen), Computerspiele ("Dunkle Schatten" 1 und 2), Poster sowie weitere Werbemittel produziert und verteilt, Anzeigen in Jugendzeitschriften geschaltet und Fernsehspots gegen Fremdenfeindlichkeit ausgestrahlt. Konzeption und Koordinierung erfolgen durch das Bundesministerium des lnnern . Seit Beginn der Kampagne wurden mehr als 10 Mio. DM von Bund und Ländern jeweils hälftig aufgebracht. Neben der Verteilung von Werbeund lnformationsmaterialien, insbesondere dem Heft für Jugendliche "basta - Nein zur Gewalt" und dem Computerspiel "Im Netzwerk gefangen - Dunkle Schatten 2" wurde im Jahre 1997, wie schon im Jahre 1996, in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Sportämter das Aufsichtspersonal der Freibäder mit "FAIRSTÄNDNIS"-T-Shirts ausgestattet, die zu - sätzlich mit dem Logo des "Europäischen Jahres gegen Rassismus (1997)" versehen waren , um mit dem Appell zu "FAIRSTÄNDNIS<< und gegen Fremdenfeindlichkeit möglichst viele junge Menschen zu erreichen . Diese T-Shirts wurden außerdem den Sportjugenden in den neuen Ländern zur Verfügung gestellt. Insgesamt wurden ca. 13.000 T-Shirts verteilt. Allgemeine Vorbemerkungen 17 Die Gefahren, die von extremistisch-islamischen (islamistischen) Aktivitäten ausgehen, erfordern auch eine geistig-politische Auseinandersetzung mit dem lslamismus. Aus diesem Grunde wurde im Auftrag des Bundesministeriums des lnnern mit Mitteln der EU vom Deutschen Orient-Institut in Harnburg ein Forschungsprojekt zum Thema "Islamische Organisationen in Deutschland" durchgeführt. Ziel dieses Vorhabens war es, den organisierten Islam in Deutschland differenziert zu untersuchen, um einerseits aufzuzeigen, wo es Ansätze für die Integration der hier lebenden Muslime gibt, und andererseits die Gefahr darzustellen, die von fundamentalistischen/extremistischen Aktivitäten ausgeht. Die Ergebnisse dieser Studie sind vom Deutschen Orient-Institut in seiner Reihe "Mitteilungen des Deutschen Orient-Instituts<< herausgegeben worden. Auch im Rahmen des von der Europäischen Union ausgerufenen "Europäischen Jahres gegen Rassismus (1997)<< hat das Bundesministerium des lnnern die Aufklärungsarbeit über Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit betrieben. Mit der Umsetzung dieser Initiative in Deutschland wurde am 7. Oktober 1996 ein "Nationaler Koordinierungsausschuß,, (NKA) beauftragt, dem sowohl Vertreterinnen und Vertreter von Regierungsstellen als auch von Nichtregierungsorganisationen angehörten. Der Vorsitz lag beim Bundesminister des lnnern. Bundesministerien und andere Bundesbehörden haben eine Vielzahl von Projekten durchgeführt, die auf die Gefahren von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufmerksam machen und zeigen , wie solche Phänomene überwunden werden können . Das Bundesministerium des lnnern hat in diesem Rahmen neben der bereits erwähnten Verteilung der T-Shirts insbesondere folgende Maßnahmen durchgeführt: - Durchführung der Nationalen Eröffnungsveranstaltung am 4. März 1997 in Zusammenarbeit mit der Ausländerbeauftragten von Berlin und dem NKA mit dem Bundespräsidenten als Hauptredner, -Herausgabe einer Dokumentation über die Nationale Eröffnungsveranstaltung , Erstellung eines Posters mit dem Titel "Sportler gegen Rassismus - Und Du?<< in einer Auflagenhöhe von 200.000 Exemplaren, bundesweite Verteilung, - Durchführung von drei Seminaren zur Überwindung von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit für Elternvertreter und Lehrkräfte in den neuen Ländern. Auch nach Beendigung des "Europäischen Jahres gegen Rassismus<< wird der begonnene Dialog zwischen Regierung und Nicht- 18 Allgemeine Vorbemerkungen regierungsorganisationen fortgesetzt. Hierfür hat sich am 19. März 1998 das "Forum gegen Rassismus" konstituiert. Durch alle diese Maßnahmen, die Wachsamkeit in der Bevölkerung, konsequentes Einschreiten der Polizei und konsequente Strafverfolgung war die Zahl der bekanntgewordenen rechtsextremistischen Gewalttaten sowie die Zahl angezeigter Gewalttaten mit fremden - feindlichem Hintergrund von 1993 bis 1996 deutlich rückläufig. Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt bleiben aber bedrohlich. Dies zeigt sich auch darin, daß die rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten im Jahr 1997 im Vergleich zum Vorjahr erstmals seit 1993 wieder angestiegen sind, und zwar um 27% . Insbesondere in den neuen Ländern bleibt der Rechtsextremismus Schwerpunkt der politi - schen Auseinandersetzung. Deshalb bleiben begleitende Maßnahmen im präventiven Bereich unerläßlich. Aus diesem Grund wird auch die Aufklärungskampagne "FAIRSTÄNDNIS" über das Jahr 1998 hinaus fortgesetzt. Weitere Informationen über die ** FAIRSTÄNDNIS<<-Kampagne sowie die o.g. Materialien erhalten Sie beim Bundesministerium des lnnern Stichwort "FAIRSTÄNDNIS" Graurheindorier Straße 198 53117 Bonn Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 20 Linksextremistische Bestrebungen I. Überblick Entwicklungen im Linksextremismus Linksextremisten verfolgen das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und anstelle der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine sozialistisch/kommunistische Diktatur oder eine vermeintlich herrschaftsfreie Gesellschaft zu erkämpfen. Ideengeschichtlich lassen sich diese Bestrebungen auf zwei ideologische Grundmuster zurückführen: den Marxismus-Leninismus und den Anarchismus. Von beiden gibt es zahlreiche Varianten und Mischformen . Wenngleich der Niedergang des "real existierenden Sozialismus" und der damit verbundene politische Umbruch in Osteuropa den organisierten Linksextremismus in eine tiefe Krise gestürzt und zu einem deutlichen Mitgliederverlust geführt haben, so zeichnet sich jedoch schon seit 1992 eine Konsolidierung des organisierten Linksextremismus ab. Im Bereich des Linksextremismus können zwei Richtungen unterschieden werden: - Ein revolutionär-marxistisch orientierter Flügel, zu ihm gehören u.a. die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "MarxistischLeninistische Partei Deutschlands" (MLPD) sowie auch die "Kommunistische Plattform " (KPF) der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS) und - ein mehrheitlich anarchistischer Flügel, der schwer überschaubar und daher kaum kalkulierbar ist. Hierzu gehören insbesondere die anarchistisch orientierten militanten Autonomen und die Terroristen , wie z.B . die "Rote Armee Fraktion" (RAF) oder die "Revolutionären Zellen<< (RZ). Alle Linksextremisten bekennen sich grundsätzlich zur "revolutionären Gewalt<<, Während die einen aus taktischen Erwägungen bei tagespolitischen Auseinandersetzungen überwiegend auf "legale<< Kampfformen setzen und im Rahmen ihrer antidemokratischen Agitation und Propaganda versuchen, politische Mißstimmungen anzuheizen , bringen die anderen ihren unversöhnlichen Haß auf den Staat durch gezielt militante bzw. terroristische Aktionen zum Ausdruck . Auch 1997 war die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch gewalttätige Linksextremisten bedroht. Dies zeigen u.a. die zahlreichen konspirativ vorbereiteten und durchgeführten Brandanschläge sowie die hohe Zahl gefährlicher Eingriffe in den Bahnverkehr. Dabei entstanden Sachschäden in Millionenhöhe. Linksextremistische Bestrebungen 21 Anschläge und schriftliche Erklärungen der terroristischen Gruppierungen ** Rote Armee Fraktion" (RAF) und ** Revolutionäre Zellen" (RZ)/** Rote Zora" blieben aus. Die **Antiimperialistische Zelle" (AIZ) ist nach der im Februar 1996 erfolgten Festnahme zweier mutmaßlicher Aktivisten nicht mehr in Erscheinung getreten. Dagegen war die Gewaltbereitschaft insbesondere der anarchistisch orientierten Autonomen - in Wort und Tatungebrochen. Personen und Gruppierungen, welche die "neue RAF-Politik<SpinnenNetz" Das von Angehörigen der autonomen/ antiimperialistischen Szene aufgebaute und betriebene Mailboxverbundsystem **SpinnenNetz,, verliert weiter an Bedeutung, gleichwohl sind die Mailboxen in Bonn , Berlin und Frankfurt/ M. noch existent. Dagegen nimmt die Zahl der linksextremistischen Gruppen, die kommerziell betriebeneMailboxen und deren Netze nutzen, weiter zu. 2.2 Internet Gruppen und Personen aus linksextremistischen Zusammenhängen greifen inzwischen verstärkt vor allem auf das Internet zurück. Dabei Linksextremistische Bestrebungen 29 nutzen sie nicht nur den multimedial und damit sehr ansprechend ausgerichteten >>World Wide Web<< -Bereich , sondern setzen auch die Internetdienste >> File Transfer Protocol << (FTP) - zum Austausch von Dateien -, die >> Newsgroups<< - das sind themenorientierte Nachrichtenbretter - und den persönlichen >>e-maii<< -Bereich 1l für ihre Zwecke ein. Im "World Wide Web << werden Informationen auf eigenen Homepages2l bereitgestellt, von denen oft über Links (das sind automatisierte Verknüpfungen) andere - auch im Ausland eingestellte - Homepages aufrufbar sind. Die über je einen Provider3l in den Niederlanden und den USA angebotene Untergrundzeitschrift >>radikal<< wird beispielsweise über rund 60 >>Mirror SiteS<< (>> gespiegelte<< lnternetseiten 4l) zur Verfügung gestellt. Fast alle größeren linksextremistischen Organisationen, z.B. die ,, Deutsche Kommunistische Partei << (OKP), die ,, Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands<< (MLPO) und die ,,Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend << (SOAJ), aber auch viele autonome GrupThema der Woche: Die neue Opposition lerntschnell Der Jugendverband der :MW:l Internationales Eng!ish Version pen , u.a. die ,,Autonome Antifa (M)<< aus Göttingen und das >>Autonome Zentrum Hamburg<<, nutzen inzwischen das Internet. Auch Publikationen wie die Berliner Szenezeitschrift >> INTERIM<< oder die ,,Antifaschistischen Nachrichten<< können sowohl als aktuelle als auch archivierte Ausgaben abgerufen werden. Die ,, Partei des Demokratischen Sozialismus'' (POS) hat ihre Hornepage weiter ausgebaut. Bisher nutzt sie das Internet überwiegend zur Selbstdarstellung. Von der Startseite der POS gelangt man über eine Vielzahl von Links zu Homepages u.a. von Mitgliedern des Parteivorstands , verschiedener Landesund Kreisverbände sowie von Publikationen der Partei. 30 Linksextremistische Bestrebungen Daß Linksextremisten die Mög_.... a.wr. lichkeiten des Internet konse-- ............. ........... quent nutzen , zeigt das von Angehörigen der autonomen Szene Harnburg aufgebaute "nadir"-Projekt. Den Schwerpunkt des Projekts bildet ein im Internet verfügbares Archiv, mit dem "antiimperialistische, anti- I kapitalistische und antifaschistische Politik" unterstützt werden soll. Linksextremisten agieren bei -- Gnl-.ddct~ Zkk. dei'Milaltoeil. T'cdlllicl ... der Nutzung der neuen Kornmunikationsmedien zumindest in Teilbereichen konspirativ. So gelangen - insbesondere im persönlichen "e-maii"-Bereich - Verschlüsselungsprogramme und -techniken zum Einsatz. Offen verbreitet wurden Informationen , die für die gesamte linksextremistische Szene von Interesse waren: Berichte und Aufrufe im Zusammenhang mit der "Anti -AKW-Kampagne", Informationen zum "kurdischen Befreiungskampf", Berichte und Demonstrationsaufrufe zum "antifaschistischen Kampf", Informationen zu den ** Kriminalisierungsversuchen " gegenüber den Zeitschriften **radikal" und ** INTERIM" sowie Beiträge und Diskussionspapiere zur Verschlüsselungsproblematik und den **Zensurversuchen" des Staates. IV. Linksextremistischer Terrorismus 5> und sonstiger militanter Linksextremismus Gewalttätige Linksextremisten , insbesondere aus der anarchistisch orientierten autonomen Szene, bedrohen nach wie vor die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland . Dagegen haben herkömmliche terroristische Gruppen entscheidend an Bedeutung verloren. 1. Linksextremistisch-terroristische Gruppen 1997 blieben tödliche Aktionen oder sonstige Anschlagsaktivitäten Angekündigte sowie Verlautbarungen der terroristischen Gruppierungen **Rote Erklärung der Armee Fraktion" (RAF), **Antiimperialistische Zelle" (AIZ) und **ReRAF zur volutionäre Zellen<< (RZ)/>* Rote Zora<< aus. Geschichtsaufarbeitung" Nach den Erklärungen der RAF vom 29 . November und 9. Dezember blieb aus 1996, mit denen u.a. ein Beitrag zur **Geschichtsaufarbeitung << an- Linksextremistische Bestrebungen 31 gekündigt worden war, meldeten sich die im Untergrund lebenden Mitglieder der Gruppedie sog. Illegalen -1997 nicht mehr zu Wort'l. Die AIZ ist nach der Anfang 1996 erfolgten Festnahmezweier mutmaßlicher Mitglieder nicht mehr in Erscheinung getreten . Die beiden Personen stehen seit dem 14. November u.a. wegen versuchten Mordes und mitgliedschaftlicher Betätigung in einer terroristischen Vereinigung in Düsseldorf vor Gericht. Die alten revolutionären Konzepte westeuropäischer Guerillagruppen sind der heutigen Generation gewaltbereiter Linksextremisten kaum noch vermittelbar. So konnten ehemalige Aktivisten u.a. aus RAF und "Bewegung 2 . Juni<< bei Diskussionsrunden im Mai und Juni in Zürich und Berlin (zum 30. Todestag von Benno Ohnesorg) die Erwartungen der zumeist jungen Zuhörer nach zukunftsweisenden Aktionskon - zepten und Gesellschaftsentwürfen nicht erfüllen . 20 Jahre nach der folgenschweren Serie terroristischer Aktionen der RAF im Jahre 1977 führten Linksextremisten - u.a. in Berlin und Harnburg - Diskussionsund Vortragsveranstaltungen durch , um damit erneut die "Gefangenenfrage<< (**Freiheit für alle politischen Gefangenen <<) zu thematisieren und Anstöße zur "Geschichtsaufarbeitung " zu geben. Gleichzeitig wandten sie sich gegen eine "Staatliche Festschreibung der Geschichte<< . Planungen für eine bundesweite Demonstration wurden allerdings nicht verwirklicht. 2. Militante Linksextremisten/ Neuere linksextremistisch-terroristische Entwicklungen Struktur: Gruppen existieren in fast allen größeren Städten, insbesondere in den Ballungszentren Berlin, RheinMain-Gebiet, Ruhrgebiet aber auch in kleineren Universitätsstädten wie Göttingen und Freiburg i. Br. Anhänger: über 7.000 ( wie 1996) Publikationen : mehr als 50 Szenepublikationen; von besonderer Bedeutung sind u. a. die Blätter "INTERIM" (Berlin), "SWING<< (Rhein-Main-Gebiet) und "RAZZ* (Hannover) Die Diskussionen um Formen und Inhalte des sog. revolutionären Kampfes hielten an . Die Reste des "RAF-Umfeldes<< spielten kaum noch eine Rolle; es zeichnete sich im **Antiimperialistischen Wider") Am 20. April 1998 wurde ein vom März datiertes Bseitiges Schreiben der RAF bekannt, in dem diese das *Projekt* RAF für beende! erklärt: *Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte*. 32 Linksextremistische Bestrebungen stand" sowie im autonomen Lager zunehmend ein Generationenwechsel ab . Symptome dieses Generationenwechsels waren einerseits spalterische Konflikte in bisher zusammenarbeitenden Gruppierungen, andererseits die Weiterentwicklung neuartiger extremistischer Strukturen (vgl. Nr. 2.2.3 und 2.2.4) . Die Suche nach einheitlichen strategischen Linien im Kampf gegen das vermeintlich imperialistische System der Bundesrepublik Deutschland war weniger als in den Jahren zuvor erkennbar. 2.1 "Antiimperialistischer Widerstand" Das Lager des "Antiimperialistischen Widerstands" ist durch eine Spaltung im RAF-Gefüge nach 1992 entstanden. Im Gegensatz zum verbliebenen ** RAF-Umfeld " lehnen Anhänger des "Antiimperialistischen Widerstands<< die neue Linie der RAF als reformistisch ab: Der Aufbau einer avantgardistischen Guerilla und der bewaffnete Kampf - eingebettet in einen weltweiten revolutionären Prozeß - seien unverzichtbare Elemente des Widerstands. Obwohl Personen dieses Lagers über einen gewissen ideologischen Grundkonsens verfügen - u.a. Anknüpfung an frühe Konzepte der RAF, internationalistischer Bezug zu "Befreiungskämpfen'' in der sog . Dritten Weit - konnten sie auch 1997 keine allseits akzeptierten tragfähigen Hand - lungskonzepte entwickeln. "AntiDas unter der Gesamtbezeichnung "jarama!<< auftretende "revoluimperalistischer tionäre KollektiV<< von Personen und Gruppen aus Gütersloh , Marburg Widerstand" und Mainz unterhielt regelmäßige Kontakte nur noch zu traditionellen stagniert revolutionär-marxistischen und "antifaschistischen'' Gruppierungen. Es konzentrierte sich - nicht zuletzt unter dem Eindruck der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden - auf interne Strukturprobleme. Eine aktuelle Ausgabe des im Vorjahr regelmäßig publizierten Theorieorgans **clockwork - zusammen für befreiung kämpfen'' wurde nicht bekannt. Die Frankfurter Gruppierung **Kein Friede'' * die sich aus früheren RAF-Unterstützern zusammensetzt, beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit Projekten der Initiative **Libertad !". Diese Initiative mobilisierte wie bereits 1996 Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet zu einem nationalen Aktionstag am 18. März unter dem Motto **Solidarität und Widerstand gegen staatliche Unterdrückung<< . Zentrales Thema war die Linksextremistische Bestrebungen 33 "Situation von politischen Gefangenen auf internationaler Ebene wie auch in Deutschland" .Dementsprechend engagierte sich "Libertad! " für einen "internationalen Kampftag für die Freiheit der politischen Gefangenen in aller Weit<>Es gibt die Losung seit dem Beginn des globalen Marktes Mitte des letzten Jahrhunderts: der Kampf gegen das kapitalistische System kann nur international geführt werden .'' (Flugblatt von >>Libertad!": >> Kampagne für einen internationalen Kampftag,,) Eine maßgebliche Strömung orientierte sich weiterhin am sog. Befreiungskampf der "Arbeiterpartei Kurdistans'' (PKK). Dabei kam es insbesondere im Hinblick auf die Person des PKK-Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN zu Kontroversen; ihm wurden Nationalismus, Selbstherrlichkeit und politische Unberechenbarkeit vorgeworfen. Irritiert gingen einige Solidaritätsgruppen zu ihm auf Distanz und reduzierten ihre Unterstützungsaktivitäten für die PKK (vgl. Nr. 2.3.6). 2.2 Autonome 2.2.1 Potential/Selbstverständnis/Aktionsformen/Medien Den ganz überwiegenden Anteil des gewaltbereiten linksextremistischen Potentials stellen nach wie vor die Autonomen. Auf ihr Konto ging wieder die Masse der Körperverletzungen, der konspirativ vorbereiteten Brandanschläge und der sonstigen Sachbeschädigungen mit linksextremistischem Hintergrund . Autonome Strukturen und Zusammenhänge - insbesondere solche, Autonome die sich >>aktionistisch " in linksextremistische Kampagnen einfügen - Zusammenhänge behielten ihre Anziehungskraft für zumeist jüngere >>Aussteiger". Zum behalten Anziehungskraft für Jahresende waren den Autonomen bundesweit mehr als 6 .000 zumeist jüngere Personen zuzurechnen ; damit blieb das Gesamtpotentialbei per"Aussteiger" soneller Fluktuation - weitgehend konstant. Schwerpunkte lagen unverändert in den städtischen Ballungszentren Berlin , Rhein-MainGebiet, Ruhrgebiet, aber auch in kleineren Universitätsstädten wie Göttingen und Freiburg i. Br. Autonome haben ihre Wurzeln im Spontaneistischen Flügel der 68er Bewegung . Die autonome Szene entwickelte sich in Deutschland zu Beginn der 80er Jahre, zur selben Zeit , in der die meisten marxistisch-leninistischen Parteien und Bünde (die >> K-Gruppen") zerfielen . Ihre Anhänger lehnten die Klassenkampf-Konzepte und die hierarchischen Strukturen dieser Organisationen ab . Der hierarchieund organisationsfeindliche Ansatz lebt bis heute - modifiziert -fort. 34 Linksextremistische Bestrebungen Die Bewegung der Autonomen ist nicht homogen. Eine abgeschlossene theoretische Fundierung ihrer Ziele und Vorstellungen ist vielen Anhängern suspekt und wi derspricht ihrem Anspruch , "nach eigenen Gesetzen" - d.h. autonomzu leben, **quer" zu Regularien , Autori - täten und dem "Scheiß-System<<.Viele orientieren sich an anarchistischen und kommunistischen Ideologiefragmenten oder begnügen sich mit einem Grundgefühl ("feeling") von "Antistaatlichkeit<<, der Verweigerung von "Lohnarbeit<< und dem Ausscheren aus dem "kapi - talistischen Verwertungsprozeß<< . "Freiräume<> RAZZ.. (Hannover) - haben vorrangig regionale Bedeutung . Bundesweite Ausstrahlung hat die seit Mai 1988 regelmäßig in Berlin erscheinende Schrift >> INTERI M"7l . ln einem Sonderheft >>Best of INTERIM '97" betonen die anonymen Herausgeber die kommunikative, aber auch >>praktische" Bedeutung des Blattes für alle, die sich einem ,,undogmatischen linksradikalen , anti-sexistischen und antirassistischen Widerstand " verbunden fühlen. ln ,,INTERIM" würden "erfolgversprechende Strategien und Mittel für einen - auch mili - tanten - Widerstand vorgestellt und diskutiert. Dabei liegt es auf der Hand, daß sich eine linksradikale Opposition nicht nur auf die gesetzlich mal gerade genehmigten Spielregeln beschränken lassen darf.<< 2.2.2 "Traditionelle<< Autonome Autonome geben sich grundsätzlich hierarchie-feindlich. Sie kennen Grundsätzliche keine verbindlichen Entscheidungsinstanzen, keine Einrichtung, von Hierarchieder aus Aktionen zentral >>angeordnet" werden könnten . Dies schließt feindlichkeit >>traditioneller" einvernehmlich geplante und koordi nierte Gewaltaktionen jedoch Autonomer nicht aus . Autonome betreiben , anders als die meisten übrigen linksextremistischen Gruppen, keine gezielte Nachwuchsrekrutierung . Wer aufgenommen werden will , muß sich selber um Kontakte und Akzeptanz bemühen und - zumindest bei >>halboffenen" oder ,,geschlossenen " Gruppen - >>Sicherheitsüberprüfungen " über sich ergehen lassen. Organisationsform ist die anonyme Kleingruppe , nach autonomem Selbstverständnis ,,unberechenbar und unkontrollierbar" . 36 Linksextremistische Bestrebungen 2.2.3 "Organisierte" Autonome ln den vergangenen Jahren verstärkte sich die Tendenz, auch innerhalb des autonomen Lagers neue Strukturen zu erproben. Eine wachsende Minderheit kritisierte die organisatorische und ideologi - sche Unverbindlichkeit innerhalb der Szene. Die Orientierung an kurzfristig wechselnden Konfliktfeldern (bezeichnet als "Kampagnenheizerei" und "Feuerwehrpolitik") verhindere die Entwicklung einer kontinuierlichen Theorie und Praxis und verdamme die Autonomen zu einem - gesellschaftlich bedeutungslosen - Nischenund Ghettodasein . Ansätze zur Einflußreichste Wortführerin solcher Kritik blieb die "Antifaschistische stärkeren Aktion/ Bundesweite Organisation" (AAIBO), die 1992 unter maßgebOrganisierung und licher Beteiligung der Göttinger "Autonomen Antifa (M)<< gegründet Strukturierung innerhalb des autonomen Lagers Autonome Antifa (M) organisiert in der worden war. Ende 1997 gehörten der AAIBO elf Gruppen aus zehn Städten/ Regionen an, neben der "Autonomen Antifa (M)<< u.a. die **Antifaschistische Aktion Berlin << (AAB), die "Antifaschistische Gruppe Hamburg << (AGH) und die "Antifa Bonn/ Rhein-Sieg<<.Die AAIBO betrieb auch 1997 intensive Programm-, Schulungsund Medienarbeit und führte regelmäßige Delegiertentreffen 8l durch. Gruppen der AAIBO agitierten verstärkt unter Jugendlichen, riefen offen zur Gewalt auf und beteiligten sich an militanten Demonstrationen . Ansätze zu kontinuierlichem überregionalem Austausch und zur Organisierung - weniger starr als bei der AAIBO - zeigten ferner die im Frühjahr 1993 entstandenen "Bundesweiten Antifa-Treffen<< (BAT.); Treffen fanden 1997 am 8./9. Mai in Bonn und am 1./2. November in Berlin statt. Ihre Anziehungskraft hat offenbar nachgelassen. Zum Jahresende wurde intern beklagt, die Treffen gestalteten sich zunehmend zu "Familientreffen<<; viele Gruppen hätten sich aufgelöst, neue - insbesondere jüngere - Interessierte würden kaum noch angesprochen. Von diesen - vorrangig auf strukturelle Organisierung ausgerichteten -Ansätzen grenzten sich autonome Gruppierungen ab , die eine kontinuierliche Zusammenarbeit und Vernetzung über eine gemeinsame ideologische Basis, im wesentlichen den "antirassistischen Kampf<< , Linksextremistische Bestrebungen 37 anstreben. Charakteristisch für die Argumentation dieser - vorwiegend - jüngeren autonomen **Generation " war die Erklärung einer Stuttgarter Gruppe zu ihrem Austritt aus der ANBO, der sie Organisationsmeierei , Überbetonung des Primats der Praxis sowie Profilierung und Selbstdarstellung vorwarf: "Es geht heute darum, Diskussionsprozesse ins Laufen zu bringen , neue Formen der Bündnis-, Stadtteil - und Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln . Heute , angesichts der kapitalistischen One-World und I der Krise des Kapitalismus geht es darum, alte Konzepte zu überdenken . (... ) Für eine revolutionäre Organisierung!" ("ARRANCA! u Nr. 11, Frühjahr 1997, S. 4Q-43) Gruppierungen der **antirassistischen " Strömung waren u.a. in Berlin , Bremen und Frankfurt/M. aktiv. 2.2.4 Autonome Strukturen mit terroristischen Ansätzen Innerhalb des autonomen Lagers haben sich seit Jahren ZusammenAutonome hänge etabliert, die Modelle des **Guerillakampfes" - wie sie von Strukturen mit terroristischen terroristischen Gruppierungen wie den ** Revolutionären Zellen" (RZ) Ansätzen praktiziert wurden - propagieren und aus der ** Legalität<< heraus mili("Feierabendtant "int ervenieren " ("Feierabendterroristen<<) . ln Taterklärungen zu terroristen") Anschlägen geben sie sich ständig wechselnde Aktionsnamen . Dadurch wollen sie Ansatzpunkte für - aus ihrer Sicht - "staatliche Repression<< minimieren 9l. Ein **mil itanter Zusammenhang'' - offenbar aus Berlin - schrieb dazu: **Für einen politischen Ansatz, der weiterhin die klassistischen , patriarchalen, rassistischen und imperialistischen Ausbeutungsund Unterdrückungsverhältnisse in den Metropolen angreifen und überwinden will , sind antagonistische Formen, Mittel und Methoden unabdingbar. Das bedeutet, daß militante und bewaffnete Praxis integrale Bestandteile einer revolutionären Politik sind. (.. .) Die Aneignung von vielfältigen Aktionsund Interventionsmöglichkeiten [ist] notwendig. Ihre Anwendung orientiert sich zum einen an den Kriterien der politischen und/oder technischen Wirkung, zum anderen an den gruppeneigenen Fähigkeiten, oberste Priorität hat dabei die eigene Sicherheit vor staatlicher Repression. Aus diesem Grunde treten wir bei Aktionen mit wechselnder Namensgebung nach außen. '' (** INTERIM'' Nr. 411 vom 6. März 1997) 38 Linksextremistische Bestrebungen Durch Anschläge terroristisch operierender autonomer Gruppierungen (Brandund Sprengstoffanschläge, Anschläge gegen Fernmeldeund Datennetze sowie Hochspannungsmasten, Anschläge mit Hakenkrallen I Wurfankern gegen Strecken der Deutschen Bahn AG) sind in den letzten Jahren Sachund wirtschaftliche Folgeschäden in vielfacher Millionenhöhe entstanden. Allein mit einem .. antirassistisch" begründeten Anschlag gegen Fahrzeuge eines Lebensmittelkonzerns am 10. August in Mittenwalde (Brandenburg) richteten Autonome einen Sachschaden von zwei bis drei Millionen DM an (vgl. Nr. 2.3.2). 2.3 Aktionsfelder 2.3.1 Kampagne gegen Kernenergie und Atommülltransporte Für viele militante Linksextremisten blieb der Kampf gegen Kern - energie und Atommülltransporte - das "Einklinken" in die in ihrer großen Mehrheit nichtextremistische Anti -AKW -Bewegung - ein zentrales Aktionsfeld . Dabei betrachteten sie diesbezügliche Besorgnisse in der Bevölkerung - zumeist unter taktischen Gesichtspunkten - als Ansatzpunkt für ihre Agitation. Sie legten es darauf an, Betroffenheit und Ängste zu schüren und auf diese Weise das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und den Rechtsstaat zu untergraben. Ihre Ziele beschrieben sie offen: Militante Linksextremisten "Für uns stellt der Kampf gegen die Atomenergie . . . nur ein Teil des instrumentalisieren Kampfes gegen das patriarchal-kapitalistische System dar. ln der "Anti-Atomnahen Zukunft ist es unser Ziel, Widerstand zu entfalten, und so Protest" für eigene revolutionäre Ziele Resignation und Ohnmachtserfahrungen zu durchbrechen. So entsteht Mut für künftige Kämpfe, die an anderen Punkten gegen das System geführt werden müssen. Wir hoffen in der Anti -AKW-Bewegung revolutionäre Perspektiven zu eröffnen." (>>LEVANTI" Nr. 2/ Februar 1997) >>Packen wir es an! 'Kampf gegen Gastor als Kampf gegen die herrschende Ordnung' zu begreifen heißt mehr, als bei einigen wenigen Gastor-Transporten einen Kristallisationspunkt zu schaffen und einbis zweimal im Jahr Barries zu bauen , Straßen zu unterhöhlen oder dem Gastor entgegen zu singen . Vielmehr gilt es, zusätzliche Kampagnen und Methoden zu diskutieren, die an den Grundfesten des Systems rütteln .<< (aus: Herbstkonferenz 1997, AG Ziele und Wege des Widerstands, in: >>anti atom aktuell<< Nr. 84/ 0ktober 1997, S. 7) Militante Linksextremisten fühlten sich auch von den Teilen der AntiAKW-Bewegung, die für sich selbst die Anwendung von Gewalt ablehnen, zunehmend toleriert und akzeptiert. ln einer Flugschrift >>Für die Stillegung der herrschenden Klasse! Zusammen kämpfen gegen Linksextremistische Bestrebungen 39 Atomund Polizeistaat!" (Februar 1997) erklärte die "Autonome Antifa (M)" aus Göttingen: "Die Stärke des Widerstandes begründet sich neben der augenblicklich hohen Mobilisierungskraft in der Vielfalt der Aktionsformen, vom Mahngottesdienst bis zur Hakenkralle. (... ) Es herrscht größtenteils Einigkeit unter den Castorgegnerlnnen, daß es legitim ist, Gesetze zu brechen und jedeR die eigene Aktionsform praktizieren kann. D.h. es wurde erkannt, daß der Widerstand sowohl von der Sitzblockade, als auch von den Wurfankern lebt." Militante Li nksextremisten verübten im Zusammenhang mit dem Schwere 3. CASTOR -Transport nach Gorleben (Niedersachsen) Anfang Gewalttaten bei März Anschläge gegen die Deutsche Bahn AG (u.a. mit HakenProtesten gegen CASTOR-Transport nach Gorleben 40 Linksextremistische Bestrebungen krallen/Wurfankern), zerstörten mögliche Transportstrecken und griffen Polizeibeamte gewalttätig an . Sogenannte gewaltfreie Aktionsformen wie Anketten und Einbetonieren von Personen an Gleisen sowie Abseilen über der Transportstrecke verursachten erhebliche Verzögerungen. ln der **heißen Phase" der Proteste registrierte die Polizei insgesamt 659 Straftaten; 77 Beamte wurden verletzt, es entstand Sachschaden in Millionenhöhe. Militante Linksextremisten beteiligten sich auch an der "Frühjahrs - konferenz der Initiativen gegen Atomanlagen" vom 23. bis 25. Mai in Münster. Die Teilnehmer kamen überein, das "Atomprogramm in seinem gesamten Spektrum ins Visier zu nehmen", die bisherige Fixierung auf Gorleben aufzugeben und die Kampagne gegen Atomtransporte mit einer "politischen Offensive in Krümmel, Neckarwestheim und Ahaus" fortzuführen. Ein erster Höhepunkt der Kampagne gegen Atommülltransporte in Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA) war ein Aktionswochenende am Kernkraftwerk Krümmel in Schleswig-Holstein am 20./21. September, in dessen Verlauf gewalttätige Demonstranten, u.a. vermummte Autonome, vor allem im Bereich der Gleisanlagen zahlreiche Straftaten verübten. Anläßlich eines GASTOR-Transports in die WAA Sellafield in Großbritannien am 4. November wurde die Kampagne mit einem Anti-CASTOR-Wochenende in Krümmel sowie bundesweiten Blockadeaktionen fortgesetzt. Im Vorfeld war es zu Anschlägen mit Hakenkrallen in Bayern (27. Oktober) und Berlin (29. Oktober) gekommen. Einen weiteren Kristallisationspunkt bildete der zunächst für Herbst 1997 vorgesehene CASTOR -Transport aus dem Gemeinschaftskraftwerk Neckarwestheim in Baden-Württemberg in das Brenn - element-Zwischenlager Ahaus (Nordrhein -Westfalen). Im Zusam - menhang mit "Schienenaktionstagen" in Ahaus (18./19. Oktober) verursachten gewalttätige Atomkraftgegner erhebliche Sachschäden an Gleisanlagen. Bereits in der Nacht zum 16. Oktober war aus den Gleisen der Bahnstrecke Münster - Coesfeld ein 1 ,8 m lan - ges Schienenstück herausgesägt worden. Militante Linksextremisten beteiligten sich ferner an der "Herbstkonferenz" vom 24. bis 26. Oktober in Göttingen. Die Teilnehmer bestätigten die Fortführung der Aktionsschwerpunkte in Krümmel, Neckarwestheim und Ahaus, außerdem in Grafenrheinfeld (Bayern). Sie bekräftigten den "Anti -AKW-Piuralismus", wonach ein Nebeneinander verschiedener Aktionsformen erwünscht sei. Alle Aktionen, die keine Menschen gefährdeten, seien legitim. Ins Visier militanter Linksextremisten gerieten auch Firmen, die sich am "Atomgeschäft" beteiligen, u.a. die SIEMENS AG. Durch Brand - Linksextremistische Bestrebungen 41 anschläge am 5. Februar und am 10. Oktober in Berlin wurden Fahrzeuge des Konzerns zerstört. 2.3.2 "Antirassismus" Das Aktionsfeld "Antirassismus" behielt fü r mi litante Linksextremisten einen hohen Stellenwert. Angriffsziele sind seit der Änderung des Asylrechts im Grundgesetz am 26. Mai 1993 insbesondere Personen und Institutionen, die für die Umsetzung der Asylpol itik Verantwortung tragen , sowie als "Profiteure des Rassismus" verunglimpfte Unternehmen. Offen bekräftigten Autonome: "Militante Angriffe gegen einzelne Nutznießer rassistischer Politik sind .. . ein klassisches Mittel autonomer Politik. " ("INTERIM" Nr. 435 vom 30. Oktober 1997) Am 3. Januar verübten Unbekannte - sie nannten sich "E.I.N. G.R.Ü.P.P.C.H.E.N.<< - in Berlin Sachbeschädigu ngen an einem Bus, mit dem Kriegsflüchtlinge nach Bosnien abgeschoben werden sollten. ln ihrer Taterklärung schrieben sie: "Die Schreibtischtäter .. . brauchen zur Durchführung ihres ,Rechtes und Gesetzes' Handlanger und Profiteure. Einem davon haben wir in die Suppe gespuckt. Wir warnen .. . Busunternehmen, die nicht rückkehrwillige Flüchtlinge nach Bosnien-Herzegowina transportieren. Sie sollen ihr Handeln einstellen, ansonsten sehen wir uns gezwungen, weitere materielle Schäden anzustellen . (...) Die Terroristen sind die, die die Abschiebeknäste bauen, und nicht die, die sie sprengen. << (**INTERIM<< Nr. 403 vom 9. Januar 1997) 10l Der Frankfurter Rhein-Main-Fiughafen - in der Sprache von Linksextremisten eine "Menschensortieranlage und Drehscheibe der Abschiebemaschinerie<< - war 1997 erneut Ziel **antirassistischer<< Agitation von Angehörigen vor allem der regionalen autonomen und antiimperialistischen Szene. Am 1. März führten sie dort einen **Aktionstag " durch, an dem sich auch Nichtextremisten beteil igten . ln einem Aufruf dazu hieß es: **Mit der Abschottung nach außen geht die Aufrüstung nach innen einher; gesellschaftlich in Form rassistischer Angriffe und der Jagd auf lllegalisierte, staatlicherseits durch permanente Razzien und 42 Li nksextremistische Bestrebungen Kontrollen , zunehmende Abschiebehaftpolitik, Ausbau der ,Abschiebelogistik', weitere Gesetzesverschärfungen und den Abbau von Grundrechten. Ein Ende dieser Gewaltspirale ist nicht in Sicht .. . Sagt NEIN! Keine Festung Europa! Nie wieder Wegschauen! Der Schritt von der Verdrängung hin zur Beihilfe ist sehr klein! Eingreifen gegen Ausgrenzung und Rassismus, lllegalisierung und Abschiebung!" Hohe Sachschäden ln der Nacht zum 14. Juli verübten Unbekannte Brandanschläge auf bei uantirassistisch" Dienstfahrzeuge des Regierungspräsidiums Tübingen; es entstand begründeten Sachschaden von mehreren hunderttausend DM. ln einer SelbstAnschlägen bezichtigung agitierten die Täter gegen die "menschenverachtende praxis" der Bezirksstellen für Asyl. Legale politische Arbeit stoße gegenüber dem "gewalttätigen system" schnell an ihre Grenze. Militanz sei politisch notwendig und sinnvoll, um für ein "kräftiges knirschen in der abschiebemaschinerie" zu sorgen 11 l . Bei Brandanschlägen gegen Fahrzeuge einer Lebensmittelhandelskette in der Nacht zum 10. August in Mittenwalde (Brandenburg) entstand Sachschaden von etwa zwei bis drei Millionen DM. Der Tat bezichtigten sich Autonome. Sie warfen der Handelskette vor, als alleiniger Lieferant für Sammelmagazine in Berlin direkt von rassisti - scher Unterdrückung von Flüchtlingen zu profitieren. Die Tat stieß auf breite Zustimmung in der Szene. Berliner Autonome lobten sie als "bilderbuchaktion" : "zuerst gab es die politische information , dann die öffentlichen kundgebungenund protesteund dann die militante intervention. " ("INTERIM" Nr. 435 vom 30. Oktober 1997) 2.3.3 "Antifaschismus" Das Aktionsfeld "Antifaschismus" behielt herausgehobene Bedeutung für Mobilisierung , Strukturierung und Organisierung der militanten linksextremistischen Szene. Dabei machten die Akteure in zahlreichen Verlautbarungen den Charakter ihres "Kampfes" als Kampf gegen Demokratie und Rechtsstaat deutlich: **Konsequenter Antifaschismus muß ... die ideologischen und strukturellen Grundlagen des Faschismus angreifen. (.. .) Widerstand muß sich gegen dieses System mit seinem ausbeuterischen , patriarchalen und rassistischen Charakter als Ganzes richten ." ("INTERIM" Nr. 408 vom 13. Februar 1997) Linksextremistische Bestrebungen 43 "Für uns ist diese sogenannte ,Freiheitliche-demokratische Grundordnung ', wo man alle 4 Jahre bei der Wahl nur zwischen schlecht und sauschlecht wählen kann, nicht mehr als nur ein scheiß Witz." (Zweimonatsschrift >>WORT & TAT Antifa Jugend Info Weser/ Ems", März/April 1997) ,,gegen staat und kapitalismus - egal ob demokratie oder faschismus." (Taterklärung Autonomer zur Sachbeschädigung an einem Ehrenmal für gefallene Soldaten in Göttingen, in: >>EinSatz", Zeitung für autonome Politik, Göttingen, Nr. 24 , September 1997) Systematisch spähten militante >>Antifas" Rechtsextremisten (>> FaMilitante "Antifas" schos") sowie vermeintliche Rechtsextremisten aus und veröffentspähen Rechtslichten die Rechercheergebnisse als >>Steckbriefe" (>> Fahndungsantiextremisten aus und gehen gewaltfaschismus"), oftmals verbunden mit der Aufforderung an die Szene , sam gegen sie vor aktiv zu werden (>>antifaschistische Selbsthilfe**). ln einer Selbstbezichtigung erklärte ein >>Autonomes Kommando Papiertiger": "Wir haben in der Nacht zum 16. Mai der Bundesgeschäftsstelle der NPD ... in Stuttgart einen Besuch abgestattet und dabei den Inhalt der prallgefüllten Papiertonne im Hinterhof mitgenommen. Ziel dieser ungewöhnlichen Umverteilungsaktion ist, Informationen über die NPD/ JN-Strukturen und ihr Umfeld zu erhalten . Nach einer ersten Sichtung des Materials können wir davon ausgehen , daß die Funktionäre der NPD/JN 12l . .. äußerst unvorsichtig mit Adressen ihrer ,Kameradinnen ' umgehen. " (>>AHA! ", hrsgg. von der Gruppe >>Antifa A2 " [Antifa A Quadrat], Nr. 5, Sommer 1997) Folgen "antifaschistischer" Recherche waren zahlreiche Überfälle auf Rechtsextremisten sowie Anschläge auf ihr Eigentum (>>Kommandoantifaschismus"). >>Antifas" aus Niedersachsen betonten , es sei wich - tig und richtig , >> Faschisten überall da anzugreifen , wo sie wohnen , leben und arbeiten. " (>>INTERIM" Nr. 417 vom 24. April 1997) Eine Gruppe ,,AUTONOME ANTIFASCH ISTINNEN " überfiel in der Nacht zum 18. Juli einen Neonazi in Berlin-Friedrichshain und fügte ihm Kopfverletzungen zu. ln einer Selbstbezichtigung drohte sie: ,,faschisten sind angreifbar und nazi sein hat konsequenzen - immer und überall (und so oft wie möglich)." (>>INTERIM" Nr. 428 vom 24 . Juli 1997) 44 Linksextremistisch e Bestrebungen Auf die Ankündigung öffentlicher Veranstaltungen von Rechtsextremisten reagierten militante **Antifas<< in der Regel mit Aufrufen, diese **mit allen nötigen Mitteln zu verhindern'', und gingen gewaltsam dagegen vor. Bei solchen Protestaktionen kam es wiederholt zu massiven Ausschreitungen . So attackierten beispielsweise militante Linksextremisten anläßlich eines von den **Jungen Nationaldemokraten << (JN) angekündigten Aufmarschesam 15. Februar in Berlin-Hellersdorf ** Rechte<< mit Flaschen und Steinen und griffen die Polizei an; 14 Beamte wurden verletzt. Zu Protesten gegen Veranstaltungen von Rechtsextremisten anläßlich des 10. Todestages von Rudolf Heß (17. August) 13)riefen zahlreiche linksextremistische Gruppierungen auf; die **Autonome Antifa (M)<< aus Göttingen und die **Antifa HaQu<< (Halberstadt/Quedlinburg) mobilisierte mit Parolen wie: - **Antifa heißt Angriff! << - ** Kampf dem Faschismus heißt Kampf dem imperialistischen System! << - **Die JN und andere faschistische Organisationen zerschlagen!<< - ** Nazis aufs Maul! << An der Demonstration **Kampf den JN << am 16. August in München beteiligten sich etwa 300 Personen. Vor der Geschäftsstelle des Landesverban - des der **Nationaldemokratischen Partei Deutschlands<< (NPD) kam es zu Ausschreitungen. 2.3.4 >>Kampf gegen Umstrukturierung<< Zentrales Aktionsfeld militanter Linksextremisten in Berlin - der **Hochburg<< der autonomen Szene in Deutschland - blieb der ** Kampf gegen Umstrukturierung '', d.h . Protestaktionen gegen den Umbau der Stadt zur Regierungsund Dienstleistungsmetropole, gegen ein - wie es im Szenejargon heißt - Berlin der ** Bullen , Bonzen und Banker<< 14). Ziel von Anschlägen waren vor allem hochwertige Kraft - fahrzeuge (** Nobelkarossen" , ** Bonzenschlitten<<) , Baufahrzeuge und Linksextremistische Bestrebungen 45 Eigentum angeblicher "Profiteure" der "Umstrukturierung ** sowie "Symbole" des Kapitalismus (Banken) . Offen p ropagierten mil itante Linksextremisten in Berlin Hausbesetzungen als Mittel des Kampfes gegen das "System".Besetzte Häuser seien sichtbarer Widerstand 15l und ein Angriff auf das kapitalistische Prinzip von Privateigentum 16l. Auf die Räumung besetzter Häuser am 29. Juli in Friedrichshain und Schwere Lichtenberg reagierten sie mit Ausschreitungen und Anschlägen . Eine Ausschreitungen nach HäuserGruppe **Einige autonome Anarchistlnnen" rief zu militanten Protesträumungen in aktionen auf: Berlin **Die Verantwortlichen für die Politik der Ausgrenzung und Verelendung von immer mehr Menschen sollen wissen, daß das Ende der Fahnenstange erreicht ist und daß wir uns zur Wehr setzen werden . Wir fordern alle linksradikalen Menschen auf, jetzt sofort militant zurückzuschlagen und dabei alle Mittel einzusetzen, die zur Verfügung stehen . Wir denken dabei an jede erprobte Art der Militanz gegen Sachen und an gezielte Angriffe auf die Polizei und bekannte Spekulanten. " {"INTERIM" Nr. 429 vom 7. August 1997) Am Abend des 29. Juli griffen Gruppen von Gewalttätern in Friedrichshain Polizeibeamte mit Steinen , Flaschen und Brandsätzen an . ln der Nacht zum 30. Juli kam es zu Sachbeschädigungen an Banken und Firmengebäuden in Neukölln, Kreuzberg und im Bezirk Mitte. Am Abend des 31 . Juli warfen Unbekannte zwei Rauchbomben in das Foyer des Grand Hotel in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte, von denen jedoch nur eine zündete. Der Tat bezichtigte sich eine "Autonome Gruppe Wohnen ist Menschenrecht": "Damit wollen wir der Politik des Berliner Senats und der Schönbohmer Generalität 17l Sand ins reibungslos laufende Säuberungsgetriebe streuen . Für die Einen bedeutet ,Perspektive Hauptstadt ' bessere Verwertungsbedingungen der innerstädtischen Struktur und Nutzung des privatisierten Raumes. Für die Anderen bedeutet ,Perspektive Hauptstadt' Kündigung, Vertreibung, Marginalisierung und soziale Vernichtung ." ("INTERIM" Nr. 429 vom 7. August 1997) Am Morgen des 2. August verübten Unbekannte im Bezirk Mitte einen Brandanschlag auf einen Pkw Daimler Benz (Sachschaden: etwa 65 .000 DM). Der Tat bezichtigte sich eine Gruppe "die autonomen Bonzenjäger" . ln ihrer Erklärung agitierte sie gegen "Räumungsterror" und "Hauptstadtwahn". 46 Li nksextremistische Bestrebungen ln "INTERIM " Nr. 432 vom 18. September drohten militante Linksextremisten: **Es gibt viele leerstehende Häuser, die besetzt und über lange Zeit militant verteidigt werden können . Weder haben wir die Mainzer Str. vergessen, noch wie mensch Steine wirft, noch wie mensch Mollis baut 18l. (... ) Die letzten Freiräume für eine linke Gegenkultur zu Hauptstadtwahn und Sicherheitswahn, zu Rassismus und einer großen Lausehangriffgesellschaft müssen mit allen Mitteln verteidigt werden . Wir werden noch öfter militant eingreifen.'' 2.3.5 Kampagne gegen "Sozialabbau" "Soziale Frage" Verstärkt ins Blickfeld militanter Li nksextremisten - zunächst vorrückt ins Blickfeld nehmlich in der Agitation - rückte die "Soziale Frage " . Über das militanter Thema "sozialabbau " suchten sie Bündnispartner unter "AusLinksextremisten gebeuteten", "Marginalisierten" und "Unterdrückten" . Gleichzeitig ermunterten sie zur Gewalt: "Angesichts der sich immer weiter verschärfenden Situation, gerade für marginalisierte Gruppen in dieser Gesellschaft, der immer unverschämter werdenden Bereicherung der Eliten hier und weltweit und der daraus resultierenden skrupellosen Ressourcenausbeutung stellt sich eigentlich zunehmend die Frage, warum es nicht mehr militante Angriffe auf Teile dieses Apparates gibt." ("Brüche - Linke Zeitung aus Kassel" Nr. 38, Juni 1997) Unter dem Motto "Ein heißer Sommer in Amsterdam" riefen u.a. Autonome aus Deutschland zu Protesten gegen den EU-Gipfel im Juni in den Niederlanden auf. Dort kam es zu einer gewalttät ig verlaufenen Demonstration , bei der zahlreiche Personen festgenommen wurden . Am 7. November verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf das Arbeitsamt in Göttingen; es entstand Sachschaden von etwa 500 .000 DM. ln einer Taterklärung warfen **Autonome, Göttingen" der Arbeitsverwaltung vor, Arbeitslose zu schikanieren . Linksextremistische Bestrebungen 47 2.3.6 "lnternationalismuscc Im Mittelpunkt "internationalistischer<< Aktivitäten militanter Linksextremisten stand die Solidaritätsarbeit zugunsten der "Arbeiterpartei KurdistanS << (PKK). Die Agitation wurde jedoch moderater. Dies dürfte vor allem auf den Kurs der PKK-Führung zurückzuführen sein , aus taktischen Erwägungen den Einsatz von Gewalt in Deutschland zurückzunehmen. Militante Linksextremisten initiierten Kampagnen zur Aufhebung des Militante PKK-Verbots oder beteiligten sich daran. Sie forderten einen Dialog Linksextremisten engagieren mit der PKK und beschuldigten die Bundesregierung, eine legitime sich für PKK Befreiungsbewegung als terroristisch zu diffamieren 19l und den türkischen Staat in seinem Vernichtungskrieg gegen die PKK durch Waffenlieferungen zu unterstützen 20l. Ferner betreuten sie in Deutschland inhaftierte mutmaßliche PKK-Anhänger und organisierten Delegationsreisen in die Türkei , um dort für die kurdische Sache zu werben. Es gibt Anhaltspunkte, daß eine geringe Zahl deutscher Linksextremisten für die PKK im türkischen und irakischen Hoheitsbereich - z.T. auch im Kampfeinsatz - tätig ist. Einige wollen damit nach eigenem Bekunden "Ansatzpunkte für eine ideologische und politische Erneuerung'' finden. Der Kampf der PKK zeige, daß der ** Imperialismus besiegbar und die Verwirklichung sozialistischer Werte umsetzbar<< sei 21 l. ln "Offenen Briefen" erklärte eine seit Jahren - früher dem Umfeld der "Roten Armee Fraktion '' (RAF) in Frankfurt/M. angehörende - Untergetauchte, von ihrem Aufenthalt bei der PKK erwarte sie Hilfe - auch für den Aufbau "revolutionärer Strukturen " in Deutschland : "mich interessiert (.. .) die politische fähigkeit, zu mobilisieren, zu organisieren und den kampf zu führen . auch die frage der Strukturen finde ich wichtig . (... ) ich werde meine verantwortung nach besten kräften wahrnehmen, das, was ich in kurdistan mit eigenen augen sehe, erlebe und lerne den menschen zuhause mitzuteilen und einfliessen zu lassen in unseren kampf um eine gerechte und menschenwürdige zukunft." (** INTERIM'' Nr. 430 vom 21 . August 1997) Eine herausgehobene Rolle innerhalb der linksextremistischen Solidaritätsarbeit für die PKK spielte nach wie vor die "Informationsstelle Kurdistan << (ISKU) in Köln (früher Bonn). Militante Linksextremisten übten ferner Solidarität mit der peruanischen Terrororganisation "Revolutionäre Bewegung Tupac Amaru " (MRTA), die im Dezember 1996 die Residenz des japanischen Botschafters in Lima (Peru) überfallen und zahlreiche Geiseln genommen hatte. Die "Autonome Antifa (M)", Göttingen , sandte z. B. dem 48 Linksextremistische Bestrebungen Terrorkommando ein **Solidaritätsfax" in das Botschaftsgebäude. Die **Antifaschistische Aktion/ Bundesweite Organisation" (AA/BO) initi - ierte eine europaweite Spendenkampagne für einen MRTARadiosender. Auf die Beendigung des Terrorüberfalls am 22 . April durch eine peruanisehe Antiterroreinheitdabei wurden alle 14 Mitglieder des MRTA-Kommandos getötet - reagierten Autonome am 25. April in Hannover mit der Zerstörung von Fensterscheiben an zwei Bankgebäuden. Solidarität erfuhren auch das in den USA wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilte ehemalige ** Biack Panther"-Mitglied Mumia Abu Jamal sowie drei deutsche Staatsangehörige, die in Frankreich bzw. in Deutschland wegen mutmaßlicher Aktivitäten für die baskische Terrorgruppe ETA inhaftiert sind. Vermehrt wurde jedochtrotz bekundeter GrundsolidaritätKritik an der gegenwärtigen Praxis der ETA laut. V. Parteien und sonstige Gruppierungen 1. "Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS) gegründet: 1989/90 (Umbenennung SED in POS) Sitz: Berlin Parteivorsitzender: Lothar BISKY Mitglieder: 105.000 (1996: 11 0.000) Publikationen : "DISPUT", 2x im Monat; PDS-Pressedienst, wöchentlich; "Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der POS" , monatlich ; "Marxistisches Forum " , unregelmäßig Auch 1997 hat die "Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS) - bei fortgesetzter Diskussion zu taktisch-strategischen Fragen beispielsweise zur Teilnahme an Wahlen oder zu Regieru ngsbe- Linksextremistische Bestrebungen 49 teiligungen - ihre grundsätzliche politisch-ideologische Ausrichtung nicht verändert. Programmatische Aussagen und politische Praxis bieten weiterhin Anhaltspunkte dafür, daß sie die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland "überwinden " will. Sie strebt eine "alternative Gesellschaftsordnung" an 22 ). 1.1 Herkunft und Zielsetzung Sieben Jahre nach der Umwandlung der marxistisch -leninistischen Tradition als Staatspartei .. sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) in die wesentlicher POS hat sich die Partei nicht von ihrer Vergangenheit gelöst. Die Bestandteil der Identität heutigen POS-Mitglieder gehörten ganz überwiegend bereits der SED an 23). Noch 30 bis 40 Prozent der Parteimitglieder - so ein Mitglied des Bundesvorstands - seien in kultureller Hinsicht konservativ und der SED-Kultur verhaftet 24 ). Unter **kultureller Hinsicht<< wird dabei das Gesellschaftsund Verfassungsbild der SED verstanden. Dies belegen auch Reaktionen auf die Prozesse u.a. wegen Totschlags gegen Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der SED sowie gegen Befehlshaber der Grenztruppen der ehemaligen DDR. ln einer Erklärung des Parteivorstands der POS heißt es u.a.: "Vielen politisch denkenden, vormals staatsloyalen Ostdeutschen ... wird durch die justizielle Verfolgung der DDR-Repräsentanten .. . die endgültige Gewißheit vermittelt, sie hätten lieber der Gnade einer früheren Geburt teilhaftig und General der Waffen-SS oder Richter am Volksgerichtshof werden sollen , um ihre Biographien und ihre Würde in dieser Bundesrepublik nicht total in Frage gestellt zu sehen.'' ("Neues Deutschland<>Neues Deutschland" vom 3. März 1997) 28l ln Aktionsbündnissen arbeitet die POSeinzelne Vertreter und Gliederungen oder Strukturen der Partei - auch mit gewaltbereiten Linksextremisten, besonders mit Autonomen , zusammen . Dies gilt für die jährlich stattfindenden ,, Liebknecht -Luxemburg-Demonstrationen<< , die Demonstrationen zum ,,Revolutionären 1. Mai<< in Berlin , die Protestaktionen gegen Veranstaltungen zum Tag der Deutschen Einheit und von sogenannten antifaschistischen Aktionsbündnissen getragene Demonstrationen gegen tatsächliche oder vermeintliche rechtsextremistische Aktivitäten; 1997 fanden solche Protestaktionen u.a. am 22. Februar in Magdeburg , am 1. März in München, am 1. Mai in Leipzig , am 17. August in Nürnberg und am 11 . Oktober in Saalfeld statt. 1.4 Offen linksextremistische Strukturen in der POS Die POS duldet und fördert weiterhin offen linksextremistische Strukturen in ihren Reihen, zu denen die "Kommunistische Plattform der POS<< (KPF) , die ,,Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der POS<< (AG Junge Genossinnen) und die Organisationen des ,,Forums Kommunistischer Arbeitsgemeinschaften" (ehemals ,,Bund Westdeutscher Kommunisten - Bundeskonferenz,, - BWK) gehören. "Kommunistische Die ,, Kommunistische Plattform der POS<< (KPF) - sie rechnet sich Plattform der POS" intern bis zu 2.500 Mitgliederzu -hält weiterhin an der revolutionären (KPF) Tradition des Kommun ismus fest. So stellte KPF-Sprecher Heinz MAROHN auf der 8. Bundeskonferenz am 8. März in Berlin u.a. fest , am Wahrheitsgehalt von Lenins Aussage aus dem Jahre 191 0, daß nur der revolutionäre Massenkampf imstande sei, einigermaßen ernsthafte Verbesserungen im Leben der Arbeiter und in der Verwaltung des Staates durchzusetzen, habe sich nichts geändert 29l. Keine Trennung von Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, daß eine Trennung der Partei von der KPF der KPF beabsichtigt ist. Im Gegenteil: Führende Funktionäre der POS betonen immer wieder die Zugehörigkeit der Plattform zur Partei , so der Parteivorsitzende Lothar BISKY im Zentralorgan ,,Unsere Zeit<< (UZ) der ,,Deutschen Kommunistischen Partei<< (DKP) vom 5. September: ,,Die Kommunistische Plattform in unseren eigenen Reihen ist ein wichtiger Bestandteil der POS. Und kein Mensch, am allerwenig- Linksextremistische Bestrebungen 53 sten ich, denkt daran, diese Plattform zu verteufeln oder gar aus der Partei entfernen zu wollen.( ... ) Der eine setzt eben da mehr auf Klassenkampf, teilweise noch auf Weltrevolution; und ein Großteil der POS und ihrer Mitglieder will [au~ diese Gesellschaft nicht vom Rande aus einwirken, sondern sich mitten in sie hinein begeben und sozialistisch und demokratisch wirken. " Die "Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der POS" "Arbeitsgemein(AG Junge Genossinnen) ist die größte Struktur für junge Mitglieder schaft Junge Genossln11en in und und Anhänger der Partei. Eigenen Angaben zufolge gehören ihr 500 bei der POS" bis 1 .000 Mitglieder an (Stand: Frühjahr 1997)30l. Sie will das **System<< überwinden, und zwar entschiedener und radikaler, als es ihrer Ansicht nach die POS anstrebt. Auf ihrem Bundeskongreß vom 9. bis 11. Mai in Magdeburg verabschiedete die AG so ein Positionspapier **Radikal in die Zukunft, anstatt auf der Stelle treten!<<, Darin wirft sie der POS vor, sich in das politische System der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren . ln der Partei verselbständige sich zunehmend eine Kaste von Prag - matikern, die sich vom Ziel einer gesellschaftlichen Alternative verab - schiedeten und in der Tagespolitik aufgingen . Zur Erarbeitung einer sozialistischen Strategie sei ein Zusammenführen von Theorie und Praxis erforderlich ; die AG fordert eine innerparteiliche Diskussion über die aus ihrer Sicht notwendigen systemüberwindenden Strategien. Der Widerspruch zwischen **Reform und Revolution<< müsse ausgehalten werden 31 l . Die AG Junge Genossinnen Sachsen bekräftigte in einem über Mailbox verbreiteten Grundsatzpapier vom 15. Februar, sie sei zur Zusammenarbeit mit allen Gruppierungen bereit, die wie sie selbst die kapitalistische Gesellschaftsordnung überwinden wollten und auf die Verwirklichung einer sozialistischen Vision hinarbeiteten. Für sie sei die bürgerliche Demokratie eine Scheindemokratie, da diese die wirklichen Machtverhältnisse vertusche. Das "Marxistische Forum der POS<< - ein Zusammenschluß orthodox"Marxistisches kommunistisch orientierter Mitglieder und Sympathisanten in der Forum der PDScc Partei - wies im Zusammenhang mit der Diskussion um eine mögli - che Regierungsbeteiligung der POS erneut auf die Gefahr einer Integration in das "bürgerliche<< politische System der Bundesrepublik Deutschland hin 32l . Das Mitglied des "Marxistischen Forums<< Heinz KALLABIS warnte in der "jungen Weit<< vom 3. Januar vor einer an - geblichen Wandlung der POS zu einer Partei des kleinbürgerlichen Sozialreformismus. Es müsse Klarheit über die Notwendigkeit herrschen, die politischen und ökonomischen Machtverhältnisse revolu - tionär umzugestalten. 54 Linksextremistische Bestrebungen "Forum KommunistiDie Trägerorganisationen (vormals Landesverbändel des "Forums scher ArbeitsKommunistischer Arbeitsgemeinschaften", früher "Bund Westdeutgemeinschaften" scher Kommunisten - Bundeskonferenz" (BWK), strukturieren sich als Arbeitsgemeinschaften in den PDSLandesverbänden. Inzwischen haben zumindest einige der Arbeitsgemeinschaften eine entsprechende Namensänderung vollzogen. So firmiert die Gliederung in Nordrhein-Westfalen - bisher "AG BWK in der POS NordrheinWestfalen" -jetzt als "AG Kommunistische Politik in der POS Nord - rhein-Westfalen" 33l. 1.5 Zusammenarbeit mit Linksextremisten Auch 1997 arbeiteten POS bzw. POS-G liederungen mit Linksextremisten außerhalb der Partei in vielfältigen Formen zusammen , so z.B. durch aktive Teilnahme an Aktionsbündnissen, gemeinsame Gespräche zwischen Vertretern der Vorstände von "Deutscher Kommu - nistischer Partei" (DKP) und POS, enge Kontakte zwischen der KPF und der DKP, Geschichtsaufarbeitung zusammen mit DKP und "MarxEngels-Stiftung " (MES), Bereitstellung von Listenplätzen bei Wahlen. Verhältnis zur DKP Trotz zweier, offensichtlich gegen die DKP gerichteter Beschlüsse (Ausschluß von Doppelmitgliedschaft und der Kandidatur von Mitgliedern anderer Parteien auf offenen Listen der POS) verbindet die POS mit der DKP ein kritisch-solidarisches Verhältnis. Insbesondere im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 ist die POS um ein gutes Einvernehmen bemüht; sie wirbt vor allem um die Stimmen des DKP-Potentials. Der Parteivorsitzende BISKY äußerte in einem Interview des DKP-Zentralorgans .. un - sere Zeit" (UZ) vom 5. September u.a.: *oOie DKP und die POS sind zwei unterschiedliche Parteien. Die POS ist keine kommunistische Partei. Ich habe oft gesagt, daß sie nie eine antikommunistische Partei sein darf (... ) Wechselseitige Beziehungen sind möglich, und es gibt sie übrigens vielerorts, nicht nur von der Kommunistischen Plattform, sondern auch von vielen Basisorganisationen und z.B. auch zwischen Heinz Stehr [Vorsitzender der DKP] und mir. (... )Eine Unterstützung von DKPGenossen und -wählern in den Wahlen zum 14. Deutschen Bundestag - ich denke an die Zweitstimme - wäre eine kluge Entscheidung der DKP. " Linksextremistische Bestrebungen 55 Bei der Kommunalwahl in Hessen am 2. März hatte die POS in MarTeilnahme burg mit der Liste "PDS/ Marburger Linke" kandidiert. Sie erhielt mit an Wahlen 2.085 Stimmen (= 6,2 %) vier Sitze in der Stadtverordnetenversammlung, davon ein Sitz für ein Mitglied der DKP 34l . Bei der Bürgerschaftswahl in Harnburg am 21. September war die "POS/ Linke Liste" mit zehn Kandidaten angetreten, darunter Thea RANN , Mitglied des Bezirksvorstands der DKP, und Michael GÖTZE, Bundesvorsitzender der **Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend " (SDAJ). Sie erhielt 5.350 Stimmen(= 0,7 %). Auch bei den gleichzeitig durchgeführten Wahlen zu den Bezirksversammlungen kandidierten zwei Mitglieder der DKP auf offenen Listen der PDS 35l. 2. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 2.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) gegründet: 1968 Sitz: Essen Parteivorsitzender: Heinz STEHR Mitglieder: 6.200 (1996: 6.200) Publikationen: .. unsere Zeit" (UZ), Auflage: ca. 10.000, wöchentlich; weitere Publikationen auf örtlicher Ebene Die "Deutsche Kommunistische Partei " (DKP) bekräftigte ihre offen Papier zu linksextremistischen Vorstellungen in einem von der Programm"Sozialismuskommission der Partei erarbeiteten Papier "Sozialismus die historivorstellungencc der DKP sche Alternative zum Kapitalismus"; dieses soll nach Abschluß der internen Diskussion dem 14. Parteitag im Mai 1998 zur Verabschiedung vorgelegt werden. ln ihren "Sozialismusvorstellungen" hält die DKP an herkömmlichen Merkmalen des Marxismus-Leninismus fest - die DKP erfinde den Sozialismus nicht neu: "Er gründet sich auf die Erkenntnis der gesellschaftlichen und historischen Zusammenhänge, für die Marx, Engels und Lenin das Fundament gelegt haben. Sie muß wieder erschlossen , von der Arbeiterklasse angeeignet und so für die Zukunft fruchtbar werden. Er analysiert die Erfahrungen des Anlaufs von 1917-89. Sowohl die 56 Linksextremistische Bestrebungen Gründe seines Scheiterns, als auch die Gründe seines 70jährigen Bestehens in einer Weit von imperialistischen Feinden und Räubern sind wesentlich." (" Unsere Zeit" (UZ) vom 29. August 1997, Beilage S. I) Zu den Ursachen des Scheiterns des "realen Sozialismus" zählt die DKP mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Erstarrung der gesellschaftlichen Entwicklung, ideologischen Dogmatismus, aber auch die Folgen einer "äußeren und inneren Konterrevolution". Für einen neuen Anlauf zum Sozialismus setzt die DKP auf Bündnisse und Bewegungen, die im gemeinsamen Handeln für punktuelle Ziele auf grundlegende gesellschaftliche Veränderungen gerichtet sein müßten. Organisation Die DKP konnte 1997 ihre Organisationsstrukturen geringfügig erweiund Mitgliedertern. Im November hat sich eine neue Bezirksorganisation entwicklung Brandenburg kon stituiert, die 14. insgesamt und die zweite - neben Berlin - in den östlichen Ländern. Vor allem dort wurden neue Mitglieder gewonnen , zum Teil aus den Reihen der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS) und der 1990 noch in der DDR gegründeten "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Die Anzahl vor allem junger Beitrittswilliger entsprach aber wieder nicht den Erwartungen der überalterten Partei. 10. UZ-Pressefest Herausragendes Ereignis blieb für die DKP das 10. UZ-Pressefest in Dortmund (29. bis 31. August in Dortmund) unter dem Motto "Internationale Solidarität gegen Rassismus". Rund 30.000 Besucher kamen zu politischen Diskussionsrunden , Agit-Prop-Veranstaltungen und kulturellen Darbietungen. Die UZ stellte besonders heraus, daß die DKP-Führung sowie 33 Gäste aus kommunistischen "Bruderparteien<< vom Oberbürgermeister der Stadt im Rathaus empfangen worden seien. Die DKP wertete den Verlauf des Pressefestes als Beleg, daß sie an Einfluß und Aktionsfähigkeit gewonnen habe. Den 80. Jahrestag der "Oktoberrevolution 191 7 << nutzte auch die DKP zu Traditionspflege und ideologischem Kampf. ln der ehemaligen SED-Parteihochschule in Berlin veranstaltete sie am 7. November eine Linksextremistische Bestrebungen 57 Gedenkveranstaltung mit - nach eigenen Angaben - 700 Besuchern36l. Auch die "Marx-Engels-Stiftung e. V." (M ES) widmete sich diesem Thema. Sie veranstaltete gemeinsam mit dem "Marxistischen Arbeitskreis zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der Historischen Kommission der POS" und mit der Geschichtskommission der DKP Konferenzen "zum Platz der Oktoberrevolution 191 7 in der Geschichte" (1./2. März) und "Oktoberrevolution , Gegenstrategien und deutsche Linke" (20./21. September). 2.2 **Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend cc (SDAJ) gegründet: 1968 Sitz: Essen Vorsitzender: Michael GÖTZE Mitglieder: 200 (1996: 200) Publikation: "positionmagazinder SDAJ", Auflage: ca. 600, zweimonatlich Eng verbunden blieb der "Deutschen Kommunistischen Partei " (DKP) die **Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ). 2.3 **Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) gegründet: 194 7 Sitz: Frankfurt/ M. Bundesgeschäftsstelle: Hannover Mitglieder: 7.000 (1 996: 8.000) Publikation : "antifa-rundschau ", Auflage: ca. 7.500, unregelmäßig Die **Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) blieb die mitgliederstärkste Organisation im Spektrum des linksextremistischen **Antifaschismus".ln dem von unterschiedlichen linken und linksextremistischen Kräften getragenen Zusammenschluß überwiegt der traditionell orthodox-kommunistisch ausgerichtete Flügel ; nach wie vor sind aktive und ehemalige Mitglieder der ** Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) zahlenmäßig und politisch tonangebend. 58 Linksextremistische Bestrebungen Festhalten an Die WN -BdA hielt unverändert an Kernelementen der orthodox-komKernelementen munistischen Faschismusdoktrin fest , nach der konservative Demoder orthodoxkraten und Rechtsextremisten geistig verwandte Verfechter einer kommunistischen Faschismusdoktrin latent zum Faschismus neigenden bürgerlichen Demokratie sind. Unterschiede zwischen Demokraten und Rechtsextremisten werden systematisch ausgeblendet, um Teile des konservativen politischen Spektrums als rechtsextremistisch diffamieren zu können. Funktionäre, Mitglieder sow ie Organisationsgliederungen der WNBdA engagierten sich in Bündnissen mit linksextremistischen Parteien und Zusammenschlüssen . Sie bedienten sich für ihre Agitation neben der Verbandszeitschrift "antifa-rundschau " auch formal unabhängiger Publikationen wie ** Der Rechte Rand" und "Antifaschistische Nachrichten " . Keine Verstärkt wurden die Verbindungen zu gewaltbereiten autonomen Distanzierung von Gruppen ausgebaut. Die WN-BdA erklärte dazu, sie wolle mit allen gewaltbereiten antifaschistischen Kräften zusammenarbeiten , da jede antifaschisti"Antifaschisten" sche Tätigkeit aktive Verteidigung der Demokratie sei. 50. Jahrestag der Herausragendes Ereignis für WN-Gründung die WN-BdA war der 50. Jahrestag ihrer Gründung , den sie am 15. März in Frankfurt/ M. mit einer Festveranstaltung beging. Daran nahmen neben traditionellen Bündnispartnern auch Gäste aus Kreisen gewaltbereiter Antifaschisten" teil. Zum Festakt w urde ein "Appell an die Jugend cc 37 l verabschiedet mit der Aufforderung , die "Tradition des antifaschistischen W iderstandes" aufzunehmen und auf ihre eigene Art und Weise" weiterzuführen. Die WN-BdA arbeitete weiterhin eng mit ihren Partnerverbänden in den östlichen Ländern, dem "lnteressenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand , Verfolgter des NaziRegimes und Hinterbliebener e.V. " (IWdN) und dem linksextremistisch beeinfiußten "Bund der Antifaschisten (Dachverband) e.V. cc (BdA), zusammen. Die seit Jahren diskutierten Fusionspläne zu einer gemeinsamen bundesweiten Organisation nahmen konkretere Formen an. Linksextremistische Bestrebungen 59 3. "Bund der Antifaschisten (Dachverband) e. V. cc (BdA) gegründet: 1990 Sitz: Berlin Vorsitzender: Heinrich FINK Mitglieder: 6.000 (1 996: 6.000) Der "Bund der Antifaschisten (Dachverband) e.V " (BdA) wurde im Mai 1990 - noch in der DDR - gegründet; seinen derzeitigen Namen führt er seit 1996. Er setzte sich aktiv für die Fusion der >>antifaschi - stischen" Verbände ein. Im Oktober veröffentlichten die Vorstände von BdA und ,, lnteressenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand , Verfolgter des Nazi-Regimes und Hin - terbliebener e.V << (IWdN) eine Willenserklärung zur baldigen Bildung einer gemeinsamen Organisation. Besonders aktiv blieb die Jugendgruppe ", R.O.T.K.Ä.P.C.H .E.N .' im und beim BdA<<. Sie bezeichnete sich als ,,ein loses aktionsbündelvon antifaschistischen gruppen, die die verschiedenen formen des antifaschistischen Widerstandes ausleben und versuchen , lautstark ihre meinung zu sagen,, 38l. Gemeinsam mit dem BdA und einer autonomen Antifa-Gruppe veranstaltete ,,R.O.T.K.Ä.P.C.H .E.N.'' am 11 . Januar in Berlin das >>II. AntifaJugendtreffen<< mit rund 120 Teilnehmern , darunter Personen aus dem autonomen Spektrum sowie Angehörige der >> Kommunistischen Plattform der POS<< (KPF) , des IWdN und der WN-BdA. Mit Unterstützung des BdA organisierte >> R.O.T.K.Ä.P.C.H.E.N. << in Krawalle auf Zusammenarbeit mit autonomen Antifa-Gruppen mehrere >>Antifa>>Antifa-Workcamps" in KZWorkcamps<< in KZ-Gedenkstätten. An diesen Veranstaltungen nahGedenllstätten men bis zu 200 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teil. Während der ,,Workcamps<< kam es wiederholt zu Ausschreitungen . Auf einer ,,workcamp << -Veranstaltung stellte das BdA-Vorstandsmitglied Jürgen HORN die Vorstellungen seines Verbandes über Aktionsformen antifaschistischen Widerstands dar: '' ... Wer das Recht auf unmittelbaren, eingreifenden Widerstand aufgibt, der gibt sich selbst als Antifaschist auf. (... ) Wer versucht, nur zurückhaltend antifaschistisch zu agieren, der sorgt dafür, daß die Antifa nie wirklich aktionsfähig wird . (.. .) Angriff ist eben mehr als das unüberlegte Zuschlagen verzweifelter radikalisierter Kleinbürger. (.. .) Angriffe müssen von organisierten , disziplinierten Formationen , nicht von marodierenden Haufen durchgeführt werden. (.. .) Um das 60 Linksextremistische Bestrebungen zu erreichen, sind antifaschistische Handlungskerne erforderlich , die massenhaft wirksam werden können. " ("Antifa heißt Angriff!?", in "junge Weit" vom 5. Juni 1997) 4. "MarxistischLeninistische Partei Deutschlandsec (MLPD) gegründet: 1982 (entstanden aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands" - KABD) Sitz: Essen Parteivorsitzender: Stefan ENGEL Mitglieder: 2.500 (1996: 2.700) Publikationen: "Rote Fahne" (RF) , Auflage: ca. 7 .500, wöchentlich ; "Lernen und Kämpfen" (LuK) , Auflage: ca. 1.000 , monatlich Die maoistisch orientierte "Marxistisch -Leninistische Partei Deutschlands<< (MLPD) hatte mit den Folgen der tiefsten Krise seit ihrer Gründung zu kämpfen. Bereits vor dem V. Parteitag (Februar 1996) begonnene Säuberungen und "Kaderumwälzungen" wurden fortgesetzt , um **das System der kleinbürgerlichen Denkweise<< unter Kontrolle zu bringen und weitestgehend zu zerschlagen 39l. Die Parteiführung erklärte zu dieser Vorgehensweise, die kleinbürgerliche Denkweise trete zumeist nicht offen in Erscheinung und sei schwierig auszumachen . Oft berufe sie sich sogar auf den Marxismus-Leninismus und werde durchaus von proletarischen Kadern getragen 40l . Parteikrise durch Diese klassische stalinistische Begründung für den Kampf gegen "Säuberungen" "Parteifeinde<< hatte Konsequenzen: Ganze Organisationsgliederungen der Partei brachen zusammen. Bereits Anfang des Jahres beschloß die Parteiführung , die bisherigen Ortsgruppen zu bundesweit 25 Kreisverbänden zusammenzufassen; zusätzlich existieren 58 "Aufbaugruppen " und Stützpunkte. Zugleich wurden finanzielle Engpässe deutlich: Die Bezugspreise für das Zentralorgan "Rote Fahne<< (RF) wurden im September um ein Viertel heraufgesetzt; die bisher monatliche Funktionärszeitschrift "Lernen und Kämpfen<< (LuK) erscheint nur noch sechsmal im Jahr. LuK kündigte bereits im Juli eine Spendenkampagne zur Sicherung der Parteiarbeit an; das Bei- Linksextremistische Bestrebungen 61 trags - und Spendenaufkommen sei in den vergangenen zwei Jahren um 13% zurückgegangen 41 ). Auch der Jugendverband ** REBELL<< spürte die Auswirkungen der Parteikrise : Um **Tendenzen zur Verselbständigung << vorzubeugen 42 ), wurden für sein traditionelles Sommercamp im Schulungszentrum "Ait-Schweriner Werder<< (Mecklenburg-Vorpommern) eine strenge "Campordnung << erlassen sowie "Intensivkurse<< zur "Einführung in den Marxismus-Leninismus<< durchgeführt 43). Diese Maßnahmen seien erforderlich , um "den REBELL zu einer wirklichen Schule der proletarischen Denkweise unter der Masse der Jugendlichen in allen Lebenslagen zu machen . Bewähren muß sich das dort Erlernte in der Kleinarbeit vor Ort, besonders bei der Rotfuchsarbeit und der Gewinnung neuer Mitglieder für den REBELL. Denn schließlich geht es um nichts weniger als darum, die Masse der Jugend für die Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution zu gewinnen. << ("Rote Fahne<< Nr. 33 vom 15. August 1997, S. 3) Der etwa 600 Mitglieder umfassende Frauenverband "Courage<< , 1992 auf Initiative der MLPD zur Erweiterung ihres politischen Umfelds gegründet. war ebenfalls von der Kaderbereinigung betroffen. Die Partei bemühte sich um die Bekämpfung und Zurückdrängung des "kleinbürgerlichen Feminismus in seinen subtilen Formen << ; dieser sei das Haupthindernis für "Courage<<, zum Massenverband zu werden. Zur Ausübung "marxistischer-leninistischer Erziehungsarbeit<< sei deshalb für die in "Courage<< tätigen MLPO-Mitglieder eine ideologisch -politische Schulung erforderlich44 ). Kritisch äußerte sich die MLPO über den auf der 3. Bundesdelegiertenversammlung im Juni in Bad Urach neu gewählten Vorstand des Frauenverbandes: ln ihm seien der Einfluß einer kleinbürgerlichen Tendenz und eine "liquidatorische Strömung<< feststellbar4 5). Auch das "8 . Internationale Jugendt reffen<< (17 ./18. Mai in Gelsenkirchen) wurde von der Krise der MLPO überschattet. Oie Partei wertete das Treffen mit angeblich 14.000 Teilnehmern als "großen Erfolg<<, räumte aber zugleich Fehler in der Durchführung und mangelhafte Vorbereitung ein46). Tatsächlich "8. Internationales zog die Veranstaltung unter dem Motto "SoJugendtreffen<< in lidarisch-Kämpferisch-International << bis zu Gelsenkirchen 3.000 Besucher an ; sie waren fast ausschließlic h der MLPD und ihren "Bruderparteien << zuzurechnen . 62 Linksextremistische Bestrebungen Schwerpunkt der Internationalismusarbeit der Partei war 1997 die Solidaritätskampagne für den **freien Kongo" (Zaire). Zusammen mit der von ihr 1996 gegründeten Vorfeldorganisation **Solidarität International" (nach eigenen Angaben 1.200 Mitglieder) führte die MLPD bundesweit zahlreiche Solidaritätsveranstaltungen zugunsten des ** Kongresses der fortschrittlichen Kräfte für die Befreiung" (CPL) durch. Zusätzlich erfolgte ein Spendenaufruf (Ziel: 50.000 DM) **zur Stärkung des CPL als der Hauptkraft des revolutionären Weges im Befreiungskampf"47 l. 5. Trotzkistische Gruppen Das trotzkistische Spektrum in Deutschland umfaßte weiter etwa 20 Gruppen und Zirkel , in denennach leichtem Zuwachsinsgesamt 1.850 Anhänger organisiert waren . Fast alle in Deutschland aktiven Gruppen ordnen sich einem der konkurrierenden internationalen Dachverbände zu. Die Leitungen der Dachverbände treffen zentral Entscheidungen über die politische Linie und über Kampagnen, die von den nationalen Sektionen nach dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus" umgesetzt werden. Die "Sozialistische Alternative VORAN<< (SAV), deutsche Sektion des "Committee for a Worker's International<< (CWI, Sitz London), konzentrierte sich auf Stabilisierung und Ausbau ihres Stammes von 400 Kadern. Wenig realistisch sah sie sich als Kern einer künftigen "Arbeitermassenpartei mit einem sozialistischen Programm<<, Ihre Vorfeldorganisation "Jugend gegen Rassismus in Europa/Jugendoffensive<< (JREIJO) ist zerfallen. Die "Sozialistische Arbeitergruppe<< (SAG), deutsche Sektion der "International Socialists" {IS, Sitz London), setzte mit rund 600 Mitgliedern die erfolgreiche verdeckte Arbeit bei den Jungsozialisten in der SPD fort . Hauptsächlicher Träger dieser als "Entrismus<< bekannten Strategie war ein von der SAG gesteuertes "Linksruck-Netzwerk<< . Der "Bund Sozialistischer Arbeiter<< (BSA), deutsche Sektion des "International Committee of the Fourth International<< (Sitz Detroit), benannte sich im März in "Partei für Soziale Linksextremistische Bestrebungen 63 Gleichheit<< (PSG) um. Das seit 1976 vierzehntägig erschienene Organ **Neue Arbeiterpresse<< wurde im November in das Monatsmagazin **Gleichheit<>Revolutionär-Sozialistischer "die internationale Bund" (RSB) theorie" - unregelmäßig - "Vereinigung für 150 (150) "Sozialistische Zeitung " SozialistischePolitik" (VSP) (SoZ) - Köln - - vierzehntäglich - - ca. 2.000"SoZ -Magazin" - 3 x jährlich - - ca. 2.000- 68 Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 70 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Überblick 1. Ideologie Nationalismus/ Rechtsextremistische Ideologie wurzelt in nationalistischem und rasRassismus sistischem Gedankengut. Nationalismus und Rassismus erwachsen aus der Vorstellung , die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse bestimme entscheidend den Wert des Menschen. Da der eth - nischen Zugehörigkeit nach rechtsextremistischem Verständnis auch die Menschenrechte untergeordnet sind , lehnen Rechtsextremisten es ab, alle Menschen als grundsätzlich gleich anzusehen. Sie propaIdeologie der gieren ein autoritäres politisches System, in dem Staat und Volk als **Volksgemeinangeblich natürliche Ordnung in einer Einheit verschmelzen (Ideologie schaft" der ..Volksgemeinschaft"); die staatlichen Führer kennen danach den einheitlichen Willen des Volkes und handeln entsprechend . Für wesentliche Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung - wie das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen auszuüben, das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition sowie für die Grundrechte, die sich aus der grundsätzlichen Gleichheit aller Menschen ergeben - ist deshalb in einem von rechtsextremistischer Ideologie geprägten Staat kein Raum . Ideologisch Der Rechtsextremismus in Deutschland ist ideologisch nicht homonicht homogen gen: Neonazis streben die Schaffung eines totalitären Führerstaates auf rassistischer Grundlage an . Das deutsche Volk ist aus ihrer Sicht höherwertig und deshalb vor Ausländern oder Juden zu schützen; vor allem ist eine Vermischung der Rassen zu verhindern. Rechtsextremistische Parteien vertreten demgegenüber eher eine nationalistische Position. Sie setzen die Nation als oberstes Prinzip und werten damit die Menschenund Bürgerrechte ab . Diese Auffassung läuft letztlich auf einen autoritären Staat hinaus, in dem die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigt wäre. 2. Entwicklungen im Rechtsextremismus Kein Rückgang Die intensiven staatlichen Maßnahmen führten in den Jahren 1993 bis rechtsextre1996 zu einem Rückgang der rechtsextremistischen Bestrebungen. mistischer Diese Entwicklung setzte sich 1997 jedoch nicht in allen Bereichen Bestrebungen fort: Die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten ist wieder gestiegen , das rechtsextremistische Personenpotential hat sich erhöht (vgl. Kap . II). Nachdem im Jahr 1993 Exekutivmaßnahmen gegen rechtsextremistische Skinhead-Bands und -Verlage zu einem Rückgang ihrer Akti - vitäten geführt hatten, befindet sich die Skinhead-Musikszene seit dem letzten Jahr wieder im Aufwärtstrend (vgl. Kap. IV, Nr. 2) . Dagegen haben die neuen Organisationsformen in der neonazistischen Szene bundesweit nicht zu einer Steigerung der Aktivitäten beitragen Rechtsextremistische Bestrebungen 71 können: Die Verbote vieler neonazistischer Organisationen und die damit verbundene Zerschlagung der Vereinsstrukturen wirken sich weiterhin lähmend auf die Aktionsfähigkeit und Mobilisierbarkeit der Szene aus (vgl. Kap. V. Nr. 1). Neonazistische Gruppierungen stehen darüber hinaus in einer Konkurrenzsituation zu den **Jungen Nationaldemokraten " (JN), die nach den Verboten eine organisatorische Alternative bieten (vgl. Kap. VI , Nr. 3.3). Die rechtsextremistischen Parteien haben sich zwar nach innen staStabilisierung der bilisiert, sie waren aber bei Wahlen auch 1997 - abgesehen von einirechtsextremistigen Mandatsgewinnen auf kommunaler Ebene - erfolglos. Allerdings schen Parteien verfehlte die "Deutsche Volksunion" (DVU) im September nur knapp den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft (vgl. Kap. VI , Nr. 2.2). Abgesehen von der Präsenz der Partei "Die Republikaner" (REP) im Landtag von Baden-Württemberg ist derzeit keine rechtsextremisti - sche Partei in Parlamenten auf Bundesoder Landesebene vertreten. Den Rechtsextremisten in Deutschland ist es nicht gelungen, eine Keine einheitliche einheitliche Sammlungsbewegung zu bilden. Das Parteienlager ist Sammlungszersplittert und von gegenseitiger Konkurrenz geprägt. Die Gründe bewegung dafür sind in ideologischen und strategischen Differenzen sowie persönlichen Animositäten zu sehen. Den rechtsextremistischen Parteien fehlen integrierend wirkende Führungspersonen . Darüber hinaus scheiterten Bündnisinitiativen am Abgrenzungskurs der REP (vgl. Kap. VI , Nr. 1.2). Zwar kamen wieder Mitglieder verschiedener rechtsextremistischer Organisationen zu "Runden Tischen" zusammen (vgl. Kap. VII, Nr. 1). Da aber die Parteivorsitzenden letztlich auf ihrem Führungsanspruch beharrten, blieben diese Treffen auf die unteren Parteiebenen beschränkt ; über gemeinsame Absichtserklärungen hinausgehende Fortschritte wurden nicht erzielt. Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) verfolgt ihr Ziel "Nationaler der Meinungsführerschaft im rechtsextremistischen Lager mit einer Widerstand" Doppelstrategie: einerseits führt sie den traditionellen Kurs als Wahlpartei fort, andererseits ..,,, *:.r.-.::~.::~~~:~.*:z: . . . sucht sie - unter dem Schlagwort "Nationaler .I"'~"'~'~"IJ"II.<,.Af*~l d**"'* " ....... uu~s lh** \.<'! ........... ~ ,j., ,;.,..,_~, ..... "'V''""~' .*, .., '""' ""''""~""' ,,,..,....., r,....., *.., *"'Widerstand" - Aktionsbündnisse mit dem ged*ow~~ """"'':~t: ,~;;:.::;~!.~~~~~*:~." .. ,.....,JI'"'I~ samtenrechtsextremistischen Lager, auch mit I WIR WEilR>.N LNi o*G""'' ~ 1 ~*1"1 "I !1111" flll Neonazis (vgl. Kap. VI , Nr. 3.2). - --lh_\,llt. ,, lh.:-. \TIC)\ I" \ lOtH'"' I \~Dl'' ...... .................. !un * "'"~-........ ~- I -.~~IIN7on\IH"hO.dbw ~Seit-.-::opllnoi..ttür s *. ~-p~....p ...... 1\ RlIUbbooo c ...,.....,. "h~l ....,.,.~, .... dl . ,.trU~-..g .. 800x600 ""'_, ~m~Ait Malfll! 1~0f~o~o tt. ~~*----r*ne,t Zunehmend verbreiten aber auch ausländische Rechtsextremisten , z.B . die "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslands - 82 Rechtsextremistische Bestrebungen und Aufbauorganisation " (NSDAP/AO) - vgl. Kap. XI, Nr. 2- deutschsprachige Propaganda im Internet. 2.3 "Nationale Info-Telefonecc (NIT) NIT als wichtige Die "Nationalen Info-Telefone" (NIT) tragen wesentlich zur "informaMobilisierungstionellen Vernetzung" von Rechtsextremisten bei. Sie verbreiten über instrumente der Anrufbeantworter Informationen und bieten die Möglichkeit, NachSzene richten zu hinterlassen. Obwohl sie in erster Linie zur Mobilisierung der Szene dienen, werden immer häufiger auch politische Themen , z.B. Arbeitslosigkeit oder Einführung des Euro, kommentiert. Insgesamt waren (z.T. nur zeitweise) 11 NIT aktiv (Bayern, BerlinBrandenburg, Deutschland-Sturm , Franken, Hamburg, MecklenburgVorpommern, Mitteldeutschland , Preußen, Rheinland, Sauerland, Schleswig-Holstein). IV. Gewaltbereite Rechtsextremisten 1. Rechtsextremistisches Gewaltpotential Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten betrug Ende 1997 rund 7.600 (1996: 6.400) . Neben gewalttätigen Rechtsextremisten zählen hierzu auch die Personen, die sich - ohne bisher Gewalttaten begangen zu habenfür Gewaltanwendung aussprechen. Die weit - aus größte Gruppe innerhalb der Gewaltbereiten stellt die rechtsextremistische Skinhead-Szene dar. Keine rechtsRechtsterroristische Gruppen 601 gibt es zur Zeit in Deutschland nicht. terroristischen Auch die Bedeutung von Wehrsportgruppen, in denen militärisches Gruppen in und ideologisches Wissen vermittelt wird und sich terroristische Deutschland Aktivitäten entwickeln können , ist weiterhin gering. Rechtsextremistische Gewalt war auch 1997 bestimmt durch spontan begangene Taten von Einzeltätern und losen Personenzusammenschlüssen. Zur Bildung rechtsterroristischer Strukturen fehlten dem gewaltbereiten rechtsextremistischen Potential neben dem Willen, Konzepte eines bewaffneten Kampfes in die Tat umzusetzen, vor allem die logistischen Voraussetzungen, die finanziellen Mittel und ein für einen Kampf aus der Illegalität notwendiges Unterstützerumfeld. Die Mehrzahl der Rechtsextremisten sieht im Terrorismus zur Zeit kein geeignetes Mittel, das politische System zu überwinden. Befürchtet wird, daß terroristische Aktivitäten staatliche Verfolgungsmaßnahmen auslösen, die den eigenen Handlungsspielraum weiter einschränken. Umfangreiche Neonazis sind aber oftmals Waffenfetischisten; dementsprechend Waffenlager sind Waffen in der Szene weit verbreitet. Daneben kursieren Publibeschlagnahmt kationen mit Anleitungen zum terroristischen Handeln, insbesondere zum Bau von Sprengsätzen. Rechtsextremistische Bestrebungen 83 Bei einem Neonazi in Friedrichsthal (Saarland) beschlagnahmte die Polizei im Juli neben neonazistischem Propagandamaterial acht selbsthergestellte zündfertige Rohrbomben, Sprengstoffvor- ~ richtungen , eine Panzerfaust , einen Mörser, eine Pumpgun (Schrotflinte), einen Revolver, ein Gewehr, eine selbstgebastelte Pistole und Munition. Im Oktober wurden im Raum Meerane (Sachsen) bei mehreren Neonazis Maschinenpisto- r . ", len, Pumpguns, weitere Hand:. * H ' * feuerwaffen und Waffenteile, die zur Herstellung von Automatikwaffen genutzt werden können , Munition, neonazistisches Propagandamaterial sowie selbstgebaute, zündfähige Sprengkörper sichergestellt. Daß der Waffenbesitz in der Szene ein erhebliches Gefahrenpotential Gefahr durch birgt und auch gewalttätige Einzeltäter ein unkalkulierbares Risiko für gewalttätige Einzeltäter die innere Sicherheit darstellen, zeigt der Mordversuch des Neonazis Kay DIESNER auf einen Buchhändler der Berliner Landesgeschäftstelle der "Partei des Demokratischen Sozialismus<< (POS) am 19. Februar sowie der Mord bzw. versuchter Mord von zwei Polizisten am 23. Februar in Rosenburg (Schleswig -Holstein): DIESNER, der zwar seit mehreren Jahren der neonazistischen Szene angehört, aber kein führender Aktivist ist, wollte sich wegen einer bei einer Demonstration in Berlin erlittenen **Niederlage<< seiner Gesinnungsgenossen an "linken'' Gegendemonstranten rächen. Mit dem Anschlag auf die Polizisten wollte er seine Festnahme im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle seines Kraftfahrzeugs verhindern . Der überwiegende Teil der rechtsextremistischen Szene distanzierte sich von diesen Taten oder lehnte sie als kontraproduktiv ab . Das Landgericht Lübeck verurteilte DIESNER am 1. Dezember wegen Mordes und zweifachen Mordversuchs zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 2. Rechtsextremistische Skinhead-Szene Äußerlichkeiten wie Kleidung oder Haarschnitt lassen keine eindeutiEinstieg in die gen Schlüsse auf eine Zuordnung zur Skinhead-Szene mehr zu, Szene über die Skinhead-Musik nachdem mittlerweile auch viele unpolitische Jugendliche ein entsprechendes Outfit zeigen. Entscheidend für die Einbindung in die Skinhead-Szene ist daher in erster Linie das ZugehörigkeitsgefühL Die rechtsextremistische Skinhead -Szene erfährt seit Jahren verstärkten Zulauf durch Jugendliche, die über die Skinhead-Musik Kontakt zu dieser Subkultur bekommen . Die Zahl der Skinheads ist nicht eindeutig zu beziffern , da oftmals keine strikte Trennung von den sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten möglich ist. 84 Rechtsextremistische Bestrebungen Über 50% der Quantitativ bedeutende Skinhead -Szenen existieren vor allem in den Skinheads in Großstädten - wie etwa Berlin und Hamburg - und in BallungsOstdeutschland gebieten, aber auch in der Harzregion , in Südostthüringen und im Allgäu. Skinheads aus Ostdeutschland stellen über die Hälfte des Potentials der gesamten deutschen Skinhead-Szene und haben damit einen überproportional hohen Anteil. Versuchte Auch wenn die Skinhead-Szene eine Einbindung in rechtsextremistiEinflußnahme sche Organisationen grundsätzlich ablehnt, bemühen sich einige von Neonazis Neonazis weiterhin darum, Einfluß auf Skinheads zu gewinnen. Die Versuche, sie für eine längerfristige politische Mitarbeit zu gewinnen, waren bislang allerdings wenig erfolgreich. Daher konzentrierten sich rechtsextremistische Organisationen und Einzelpersonen vor allem darauf, Szene-Treffen und -Konzerte zu organisieren. Sie haben insbesondere die propagandistische Wirkung der Skinhead-Musik erkannt. Auch zwei professionell aufgemachte Skinhead-Magazine werden von Rechtsextremisten herausgegeben, die selbst nicht der Skinhead-Szene angehören. Die Magazine enthalten Berichte über die Skinhead -Musikszene, aber auch politische Beiträge (vgl. Nr. 2.3). MobilisierungsRechtsextremistischen Organisationen diente die Skinhead-Szene potential für rechtsaber auch als Mobilisierungspotential für öffentlichkeitswirksame extremistische Aktionen , so etwa für die Demonstration gegen die WehrmachtsausOrganisationen stellung am 1. März in München (vgl . Kap. I, Nr. 2) sowie eine Gedenkveranstaltung für einen getöteten Jugendlichen am 10. Mai in Neuhaus (Thüringen). Beide Veranstaltungen waren von der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) angemeldet worden. "Hammerskins" ln den letzten Jahren traten die bundesweit aktiven Skinhead-Vereinigungen "Hammerskins" und "Biood & Honour" hervor. Die aus den USA stammende Bewegung der ** Hammerskins<< , die eher eine ideologisch geprägte als eine organisatorisch orientierte Samm~~~ t.,.'N.\E~ Rsk'~,_ lungsbewegung darstellt, besitzt ein elitäres, rassistisches und zum Teil neonazistisches Weltbild. Ziel der "Hammerskins'' * deren Erkennungszeichen - zwei gekreuzte Zimmermanns- ~ ' .. hämmer - die Kraft und Stärke der weißen Arbeiterschaft sym - t :; bolisieren soll , ist die Vereinigung aller weißen Skinheads in einer "Hammerskin-Nation". Die "Hammerskins'' sind in Deutschland NAT~ seit etwa 1995 bekannt. Ihr Einfluß stagniert derzeit, da sie nur wenige Aktivitäten mit Außenwirkung entfalten. "Biood & Honour" Weiter an Bedeutung gewonnen hat dagegen die neonazistisch orivor allem im entierte "Biood & Honour<< -Bewegung. Sie wurde in den achtziger Bereich der Jahren in England mit dem Ziel gegründet, für die Skinhead-Szene im Skinhead-Musik Musikund Fanzine-Bereich eigene Strukturen zu schaffen . ln aktiv Deutschland ist die Gruppierung seit 1995 aktiv. Sie organisierte mehrere Konzerte, auch mit ausländischen Musikgruppen, zu denen jeweils mehrere hundert Besucher anreisten. Neben den beiden Rechtsextremistische Bestrebungen 85 bedeutendsten **Sektionen<< in Berlin und Sachsen existieren auch **Sektionen" in mehreren anderen Ländern. Auch die Skinhead -Szene nutzt zunehmend das Internet. GrupZunehmende pierungen wie die **Hammerskins Sachsen" oder **Skinheads Tostedt" Nutzung des stellen sich im Internet vor; mehrere Skinhead-Vertriebe bieten dort Internet Tonträger (CDs und Musikkassetten) und andere Skinhead -Artikel an. 2.1 Skinhead-Musik 1997 waren etwa 70 (1 996: 55) Skinhead-Bands aktiv, von denen allerdings einige nicht öffentlich auftraten, sondern nur Tonträger veröffentlichten . Während in den vergangenen Jahren der strafrechtlich relevante Gehalt der Texte deutscher Skinhead-Bands wegen der konsequenten Strafverfolgung zurückgegangen war, erschienen 1997 deutlich mehr Tonträger mit strafbarem Inhalt. Besonders ausländische Produktionsfirmen boten verstärkt Mehr Tonträger mit CDs mit Musikstücken strafbaren Inhalten deutscher SkinheadBands an, in denen der Nationalsozialismus verherrlicht oder zur Gewalt gegen Ausländer und politische Gegner aufgerufen wird. Deutsche Gruppen und Liedermacher veröffentlichten COs mit volksverhetzenden Texten , z.B. "Northeim Live Vol. 1" und ** Northeim Live Vol. 2" oder "Das Vermächtnis des Führers" der Gruppe "Arisches Blut".Besondere Beachtung in der Szene fand die CD "12 Doitsche Stimmungshits" der Gruppe "zillertaler Türkenjäger". Die CD enthält volksverhetzende Texte , die nach bekannten Schlagermelod ien gesungen werden 6' 1* So wird in dem Lied "Kreuzberger Nächte" dazu 86 Rechtsextremistische Bestrebungen aufgerufen , gegen "zecken und Ali-Banden " mit "Tritten in die Schnauze" vorzugehen. Zahl der SkinDie Zahl der Skinhead-Konzerte ist erneut angestiegen. Trotz zahlreiheadkonzerte cher Veranstaltungsverbote fanden über I 00 Konzerte statt (1996: nimmt zu 70). Allerdings ging die durchschnittliche Zahl der Besucher im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die Zahl der Besucher lag bei etwa zwei Dritteln der Veranstaltungen bei rund 200, bei den übrigen Konzerten zwischen 400 und 800. Lediglich zu einem Konzert in Mücka (Sachsen) am 17. Januar kamen etwa 1.400 Personen. 1996 waren bei den Konzerten noch durchschnittlich 400 bis 700 Besucher anwesend. Straftaten Bei zahlreichen Konzerten kam es zu Straftaten, vor allem Probei Konzerten pagandadelikten . So stellte die Polizei bei einem Konzert in GarbsenBerenbostel (Niedersachsen) am 12. April umfangreiches rechtsextremistisches Propagandamaterial sicher und nahm I 9 Besucher in Gewahrsam. Gegen mehrere Personen wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. RechtsextreAuch rechtsextremi - mistische stische Liedermacher Liedermacher wie der seit 1989 aktive Frank RENNICKE finden in der Skinhead-Szene Anklang. Im Eigenverlag brachte er bereits mehrere Tonträger heraus, die zum großen Teil indi - ziert wurden . RENNICKE und sechs weitere Liedermacher traten bei 20 Konzerten auf, die durchschnittlich von rund 200 Personen besucht wurden . 2.2 Vertrieb von Skinhead-Artikeln Zahl der Vertriebe Etwa 30 Vertriebe (1996: 24) boten Artikel für Skinheads an, vorwievon Skinheadgend Textilien und (teilweise auch indizierte) Tonträger. Ein Großteil Artikeln steigt der Tonträger mit strafbaren Inhalten war bei Skinhead-Konzerten erhältlich. Rechtsextremistische Bestrebungen 87 Um die Werbung für indizierte und den Verkauf von strafbaren TonträExekutivgern einzudämmen, beschlagnahmte die Polizei insgesamt rund maßnahmen gegen Ver90.000 rechtsextretreiber volksmistische CDs. Wegen verhetzender Produktion und VerTonträger breitung von Tonträgern mit volksverhetzenden Inhalten wurden am 6. August die Wohn - und Geschäftsräume von Vertreibern in zehn Bundesländern durchsucht und rund 2.000 Tonträger sowie verschiedenes Propagandamaterial und Waffen beschlag""'""""' ~-19tl-1916W:lll1)11' ~ ..... Kdl*cltftaidt OM -II'U~d..aa..ddtl ..-s.r..dt*.. ..--~ . ... ... ..-.Fctot.23LWwf,..-d ~.-...Mtlsw..:M CDOM30,* - ..,._ !b-lll'd-Aboli:INI'-'" ~.,~,......._ 14to.:i.r........ IICIMDltooe tw'IHil horJ9~ CDDM 30,* nahmt. Bereits am 15. und 16. Juli waren bei drei weiteren Vertreibern in drei Bundesländern über 30.000 Tonträger mit rechtsextremistischem, teilweise volksverhetzendem Inhalt sichergestellt worden. Ausländische Vertriebe, "NS 88": vor allem aus Dänemark, führender ausländischer Vertrieb Schweden , Großbritannien und den USA, boten neonazistische CDs über den Präsentiert Postversand an. Einer der nie Mnsik11ll$chC' Grn lloffe1uivt gcge u tlroo ßonll t rJtulcnu~ .. l. führenden Vertriebe auf dem deutschen Markt ist der in Hiliemd (Dänemark) ansässige "NS 88<<, der von einem deutschen Neonazi geleitet wird. Bei der zugehörigen Produktionsfirma "NS RecordS<< erschienen zahlreiche Tonträger deutscher Skinhead-Bands mit neonazistischen Texten. 88 Rechtsextremistische Bestrebungen 2.3 Skinhead-Fanzines Fanzines: Neben der Skinhead-Musik sind auch die Skinhead-Fanzines (Fanwichtiges KomMagazine) ein wichtiges Kommunikationsmittel der Szene. Sie vermunikationsmittel breiten vorwiegend Informationen zur Skinhead-Musik, Szene-Neuigder Szene keiten und Berichte über Konzerte. ln Interviews erhalten Bands Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Strafrechtlich relevante Inhalte enthalten sie in der Regel nicht. Eine Ausnahme bildete die im Februar 1997 konspirativ vertriebene Publikation "Progrom<<, die zahlreiche antisemitische und volksverhetzende Beiträge sowie Hakenkreuzabbildungen enthielt. Wegen des Verdachts der Volksverhetzung durchsuchte die Polizei am 15. April die Wohnung des Herausgebers in UnterdieHurt (Bayern). Zahl der Mit rund 30 bekanntgewordenen Fazines konstant rechtsextremistischen deutschen Fanzines blieb deren Zahl trotz hoher Flukt uation im Vergleich zum Vorjahr konstant. Die bekanntesten Fanzines wie >> Moonstomp<< (Best- w ig/ Nordrhein-Westfalen), ,,Foier Frei << (Chemnitz/Sachsen) oder >> Hass Attacke << (Neustadt/Sachsen) erreichen Auflagen von mehreren hundert bis zu über 1.000 Exemplaren . Neben dem 1996 erstmals herausgegebenen Magazin >> Rock Nord<<, das professionell im Stil einer Musikzeitschrift aufgemacht ist, erschienen die Publikationen ,,Neue Doitsche Welle<< und ,,Unsere Weit". Auch diese beiden Magazine richten sich an Leser aus der Skinhead-Szene, werden aber, ebenso wie ,,Rock Nord<<, nicht von Mitgliedern der Szene, sondern von dem rechtsextremistischen ,, Europa vorn << -Ver- Rechtsextremistische Bestrebungen 89 lag oder von Neonazis herausgeProfessionell geben . Beide Magazine enthalten aufgemachte Skinhead-Magazine neben Berichten zur Skinhead-Musikszene auch Artikel mit rechtsextremistischen Inhalten. V. Neonazismus 1. Überblick Die Neonazis (1997: 2.400; 1996: 2.420) zeigten sich auch 1997 bei Nachhaltige ihren Bemühungen, die Auswirkungen der Organisationsverbote zu Wirkung der überwinden, wenig erfolgreich. Mit der Strategie der Bild ng von Verbote neonazistischer **Kameradschaften", d.h. örtlichen oder regionalen ZusammenOrganisationen schlüssen ohne feste Strukturen, sollte den staatlichen Stellen möglichst wenig Angriffsfläche für weitere Vereinsverbote gegeben werden. Die fehlenden überregionalen und bundesweiten Strukturen , wie sie viele der verbotenen Organisationen noch hatten, sollten durch eine "informationelle Vernetzung" mit modernen Kommunikationsmitteln ersetzt werden; hierdurch sollte die Szene mobilisierbar bleiben. Die Aufforderung zur Gründung von "Kameradschaften" ist zwar durchaus auf Resonanz gestoßen, die frühere Mobilisierbarkeit und Aktionsfähigkeit konnte jedoch nicht wieder erreicht werden. Grund hierfür dürfte sein, daß das Ziel eines bundesweiten informationeilen Netzwerks solcher "Kameradschaften" bislang nicht realisiert werden konnte. Zu sehr waren die Führungspersonen in politische nd persönliche Differenzen verstrickt. Diese Differenzen in der neonazistischen Szene wurden bei der Vorbereitung des fehlgeschlagenen Versuchs einer zentralen Veran- 90 Rechtsextremistische Bestrebungen staltung zum Gedenken an den zehnten Todestag von Rudolf HeB offenkundig: Die führenden Aktivisten konnten sich im Vorfeld lange nicht auf einen Veranstaltungsraum und ein klares Organisationskonzept einigen. Obwohl am 16. August insgesamt mehr als 800 Rechtsextremisten mobilisiert wurden, konnten die Sicherheitsbehörden die geplante zentrale Demonstration verhindern. Das Scheitern öffentlichkeitswirksamer Aktionen bedeutete für das unter der Leitung führender Neonazis stehende "Aktionskomitee Rudolf HeB" eine empfindliche Niederlage. Gerade dem zehnten Todestag von HeB war in der Szene eine besondere Bedeutung zugemessen worden. Zusammenarbeit Ein Beispiel für die Zusammenarbeit von Neonazis und anderen Rechtsvon Neonazis und extremisten über Organisationsgrenzen hinweg ist die **Norddeutsche anderen RechtsBewegung" (NDB). Ihre rund 40 Mitglieder unter der Führung von extremisten in der Andre GOERTZ sind ehemalige Aktivisten der verbotenen "FreiheitNDB lichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), Mitglieder der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) und der "Jungen National - demokraten" (JN) sowie Skinheads. GOERTZ versucht, in der NDB seine Idee von einem "progressiven Nationalismus" zu realisieren. Er fordert die Abkehr von klassischen rechtsextremistischen Agitationsthemen und statt dessen eine Konzentration auf den wirklichen Gegner, das System. Wegen der zunehmenden Isolierung von GOERTZ in der rechtsextremistischen Szene hat die Bedeutung der NDB allerdings weiter abgenommen . "Anti-Antifa"Die "Anti-Antifa"-Aktivitäten von Neonazis gingen weiter zurück und Aktivitäten beschränkten sich auf das Sammeln und Veröffentlichen von Daten rückläufig politischer Gegner, insbesondere aus dem Bereich der Sicherheitsbehörden. Rechtsextremistische Bestrebungen 91 2. Neonazistische Organisationen 2.1 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.cc (HNG) gegründet: 1979 Sitz: Frankfurt/M. Vorsitzende: Ursula MÜLLER Mitglieder: 400 (1996: 350) Publikation : **Nachrichten der HNG", Auflage: rund 500, monatlich Die **Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Mitgliederstärkster Angehörige e. V. " (HNG) konnte erneut steigende Mitgliederzahlen Zusammenschluß von Neonazis verzeichnen. Sie blieb damit der mitgliederstärkste Zusammenschluß von Neonazis. Obwohl die HNG ein Sammelbecken für Neonaz.is bildet, ist ihre Bedeutung innerhalb des rechtsextremistischen Lagms nach wie vor gering, da sie kaum eigene politische Aktivitäten entfaltet. Die "Nachrichten der HNG ** Betreuung von NACHRICHTEN veröffentlichen regelmäßig ei"nationalen politischen DER ne "Gefangenenliste**, die den inhaftierten GesinnungsGefangenen** genossen Kontakte vermitteln und so deren Einbindung in die rechtsextremistische Szene, insbesondere für die Zeit nach der Haftentlassung , sichern soll. Die Publikation dient aber auch der Agitation gegen den Staat. So wird gegen den "gemeinsamen Agitation gegen das Terror von Antifaund System"System" Srptrmbrt / Sd)ribing 199~ mafia** polemisiert und damit 19. Ja~tgong -llt. 200 unterstellt, der Staat instru~'*"a~:.:=~Gei Konto ...-: (1-HQ)F~h.Nr. ~ ...... III'ICIOMWI.v.g.. mentalisiere die "Antifa** für eigene (strafbare) Zwecke: "ln deren Schlepptau und auf wurmstichigen Aidsund Drogenbarken dümpeln die Volksverhetzungsapostel der Antifa-Schaumschlägerei und bolschewistischen Gewalttäter des Autonomen Schwarzen Blocks - für die gröberen Attentate - wo ihnen die Herren mit dem feinen Benehmen die Drecksarbeit überlassen. ** ("Nachrichten der HNG" Nr. 200/97, S. 7) 92 Rechtsextremistische Bestrebungen 2.2 "Die Nationalen e.V." gegründet: 1991 (aufgelöst im November 1997) Sitz: Berlin Vorsitzender: Frank SCHWERDT Mitglieder: 150 (1996: 150) Publikation : "Berlin Brandenburger - Zeitung der nationalen Erneuerung" (BBZ) Regionalausgaben : >>Junges Franken", ,,Mitteldeutsche Rundschau", >> Neue Thüringer Zeitung", >>Süddeutsche Allgemeine", >>Westdeutsche Volkszeitung", Auflage: 22.000 (eigene Angaben), unregelmäßig Unterorganisation: ,,Jungnationale" (JNA) Selbstauflösung >>Die Nationalen e.V.<<, der aktivste neonazistische Verein mit überredes Vereins gionaler Bedeutung , löste sich im November auf. Damit beabsichtigten seine Mitglieder anscheinend, einem Vereinsverbot zuvorzukommen . Darüber hinaus war die Zukunft der Gruppierung unsicher, nachdem ihre führen - den Protagonisten zu Freiheitsstrafen verurFunktionäre zu teilt worden waren: Freiheitsstrafen verurteilt Das Landgericht Berlin hatte den Bundesvorsitzenden und Herausgeber des Organs der ,, Nationalen'', der ,, ßerlin Brandenburger - Zeitung der nationalen Erneuerung<<(BBZ), Frank SCHWERDT am 3. September wegen Volksverhetzung, Verbreitens von Propagandamitteln und Ver- Rechtsextremistische Bestrebungen 93 wendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig . Der leitende Redakteur der BBZ Hans Christi an W ENDT war wegen der gleichen Straftatbestände bereits am 10. Februar vom Landgericht Berlin zu einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Das Gericht verurtei lte ihn zudem am 7. März wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten . Die Urteile gegen WENDT sind inzw ischen rechtskräftig . Der Schwerpunkt der Aktivitäten des Vereins lag in Brandenburg ; sein Ziel: Jugendverband "Jungnationale<< (JNA) mit etwa 40 Mitgliedern war rassistischer besonders in Sachsen aktiv. **Die Nationalen<< lehnten die parlamenFührerstaat tarische Demokratie als **die zum Staatsprinzip erhobene Verant - wortungslosigkeit<< ab , da diese zur Beseitigung jeder Autorität und damit sch ließlich zum völligen Niedergang von Volk und Staat führe. Sie strebten einen rassistischen Führerstaat mit einer **germanisc hen Demokratie'' an: **Diese ist immer mit dem Führerturn verbunden. Führerturn ist die Leitung einer Organisation durch eine überragende Persönlichkeit. Das Führungsprinzip beruht auf der Auffassung von dElr Ungleichheit der Menschen . (... ) Die einzelnen Völker und Rassen sind verschieden in Anlage und Begabungen, und auch die einzelnen Menschen innerhalb eines Volkes sind verschieden .'' (**Die Nationalen Online'' vom 10. März 1997) Die Aktivitäten der ** Nationalen'' waren hauptsächlich auf den Aufbau Aufbau von unstrukturierter, dem Verein formal nicht angehörender "Kame"Kamerad schatten" radschaften << gerichtet. Diese seien - verbunden in einem bundesweiten Netzwerk - in der Lage , die Voraussetzungen für grundlegende Veränderungen zu schaffen , die Deutschland so dringend Verbot der nötig habe62l. Zu den "Kameradschaften << gehörte auch clie vom "Kameradschaft Innenminister des Landes Brandenburg am 15. August ve1*botene Oberhavel cc "Kameradschaft Oberhavek Als weiteres Ziel der "Nationalen'' benannte die BBZ die "Schaffung von Gegenöffentlichkeit<<: "Oie Propaganda der linken Volksfeinde und liberalen Überfremdungspolitiker läuft auf Hochtouren. Sie können sich dabei nahezu aller gleichgeschalteten Medien bedienen . Die Nationalen sind angetreten, diese mediale Lügenmauer zu durc hbrechen und für die Wahrheit eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen .'' (BBZ Nr. 24 , August/September 1997, S. 11 ) 94 Rechtsextremistische Bestrebungen Neben der BBZ, deren Schwerpunkt auf wirtschaftlichen und sozialen Themen lag, dienten diesem Ziel eine Internet-Hornepage und die Sendungen von Personen aus dem Umfeld der ** Nationalen,, im **Offenen Kanal Berlin". Die Ausstrahlung der Sendungen ** Radio Deutschland" - später umbenannt in **Radio Germania - Das Radio "Nationaler Medienverband" für nationale Interessen" und **Radio Z- Z wie Zirkus , Z wie Zensur" - wurden von der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg unterbunden . Dieser ** Nationale Medienverband" soll auch nach der Auflösung der ** Nationalen" weiterbetrieben werden . 2.3 "Freiheitlicher Volksblock" (FVB) gegründet: 1994 Sitz: Nürnberg Vorsitzender: Konrad PETRATSCHEK Mitglieder: 100 (1996: 40) Publikationen: **FVB-Spiegel", **Quadriga", **Burschenheft" Verstärkte Der **Freiheitliche Volksblock" (FVB), der sich selbst als ** Partei des Aktivitäten deutschen Aufbruchs" bezeichnet, vergrößerte 1997 seinen Aktionsradius und verfügt inzwischen über Landesverbände in Bayern , BadenWürttemberg, SachsenAnhalt und SchleswigHolstein. Bei führenden Funktionären des FVB handelt es sich um ehemalige Mitglieder der im Juli 1993 durch den Innenminister von Baden-Württemberg verbotenen ** Heimattreuen Vereinigung Deutschlands" (HVD) . Zahlreiche Der FVB beteiligte sich Propagandaauch an Demonstrationen aktionen des **Nationalen WiderANTl~A standes".So trat er bei der Kundgebung der "Nationaldemokratischen Partei Rechtsextremistische Bestrebungen 95 Deutschlands" (NPD) gegen die Wehrmachtsausstellung am 1. März in München (vgl. Kap. I, Nr. 2) mit etwa 80 einheitlich schwarz gekleideten Aktivisten auf. An einer von Neonazis initiierten Demonstration unter dem Motto "Gegen den Euro, die EG-Mißwirtschaft und den Sozialabbau" am 24. Mai in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) nahmen rund 50 FVB-Aktivisten teil. Bei den Gedenkfeiern zum Todestag General Francisco Francos vom 21 . bis 23. November in Spanien (vgl. Kap. XI, Nr. 1) marschierten über 20 FVB-Mitglieder in geschlossener Formation auf. ln zahlreichen Flugblattund Aufkleberaktionen griff der FVB - häufig unter dem Motto "Deutschland in Not" und mit dem Slogan .. wir wehren uns" - soziale Themen wie Arbeitslosigkeit, Steuerbelastung und die Rentendiskussion auf. Dabei wendet sich der FVB insbesondere an die Jugend: "Nur die Jugend kann gegen die machtvergifteten Alten in Bonn, gegen deren verdorbenen und verlogenen Dreistigkeit mit neuen deutschen, nationalen und freiheitlichen Ideen, die Krise in Deutschland überwinden. " (Flugblatt vom Februar 1997, Rechtschreibfehler im Original} 3. Aktivitäten ehemaliger Mitglieder verbotener Organisationen Die neonazistische Szene ist durch zahlreiche Verurteilungen führen - Schwächung der der Funktionäre wie Meinolf SCHÖNBORN, ehemaliger Vorsitzender Szene durch der verbotenen **Nationalistischen Front " (NF)"l, oder Christian Vereinsverbote und Verurteilungen WORCH, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der verbotenen "Nationalen Liste" (NL), sowie die Verbote von dreizehn neonazisti - schen Organisationen seit 1992 erheblich geschwächt und in ihrer politischen Arbeit behindert. Viele frühere Mitglieder haben sich nach den Verboten aus der politischen Arbeit zurückgezogen. Von den *I Das Verbot der NF wurde durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. März 1998 bestätigt. 96 Rechtsextremistische Bestrebungen ehemals fast 400 Mitgliedern der "Wiking-Jugend e.V. " 0fVJ) dürften nur noch etwa 30 Personen politisch aktiv sein . Nach dem Verbot der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) setzten etwa 70 der früher über 400 Mitglieder ihre politischen Aktivitäten fort; so der ehemalige Vorsitzende Friedhelm BUSSE, der auf der Jahreshauptversammlung der "Hilfsorganisation für nationale politische Gefan - gene und deren Angehörige" (HNG ; vgl. Nr. 2.1) als Redner auft rat. Die heute noch aktiven ehemaligen Mitglieder verbotener Organisation haben sich zu einem Großteil den zahlreichen neonazistischen "Kameradschaften" angeschlossen . Die Versuche ehemaliger Funktionäre verbotener Organisationen, in anderen rechtsextremistischen Organisationen Einfluß zu gewinnen, waren nur in Einzelfällen erfolgreich. So ist der frühere Funktionär der NF Steffen HUPKA seit 1996 Mitglied des Bundesvorstands der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) . Nach wie vor politisch aktiv ist auch der ehemalige Vorsitzende der NL Thomas WU LFF. Er versucht, die Neonazis, insbesondere in Norddeutschland, in losen Personenzusammenschlüssen mit der Bezeichnung "Freie Nationalisten" zu vereinen und aktionsfähig zu machen. WULFF beteiligte sich auch maßgeblich an den Vorbereit ungen für den von Neonazis geplanten zentralen Gedenkmarschanläßlich des Todestages von Rudolf Heß (vgl. Nr. 1). VI. Parteien 1. "Die Republikanercc (REP) gegründet: 1983 Sitz: Berlin Bundesvorsitzender: Dr. Rolf SCHLIERER Mitglieder: 15.500 (1996: 15.000) Publikation : "Der Republikaner<<, Auflage: 20.000, monatlich Unterorganisationen: "Republikanische Jugendcc (RJ) , "Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten" (RepBB), "Republikanischer Bund der Frauencc (RBF), "Republikanischer Hochschulverband" (RHV) Rechtsextremistische Bestrebungen 97 1.1 Zielsetzung Bei der Partei "Die Republikaner" (REP) liegen weiterhin Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vor. Zwar ist insbesondere ihr Bundesvorsitzender Dr. Rolf SCHLIERER darauf bedacht, die REP als seriöse rechtskonservative Partei darzustellen. Gleichwohl zeigen wesentliche Teile der Partei teilweise offen ihre Ablehnung wesentlicher Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. So bezeichnete der frühere geschäftsführende stellvertretende Bundesvorsitzende und jetzige Schriftführer im Landesvorstand SachsenAnhalt Dr. Rudolf KRAUSE auf dem Jahreskongreß der "Gesellschaft für Freie Publizistik e.V.<< (GFP; vgl. Kap. VII, Nr. 2) Ende April die parlamentarische Demokratie als "massenmörderisches System" . Im Zusammenhang mit dem Gedenken an den Luftangriff auf Dresden im Februar 1945 erklärte er, in dieser sadistischen Perversion zeige sich die ungeschminkte Visage der westlichen parlamentarischen Demokratie, die systemimmanent sei. Diese völkermordend-verlogene Staatsform könne nicht Vorbild sein 631. Die vom Landesverband Sachsen-Anhalt im Internet eingestellte Schriftenreihe **Politik aktuell - Standpunkte mitteldeutscher Republikaner zu aktuellen Themen<< behauptet, Kultur und Religion der indianischen Ureinwohner seien ausgerottet worden durch die "Freiheitlich-Demokratische-Grundordnung'' von Völkermördern. Hier wird der demokratische Verfassungsstaat diffamiert, indem ein völlig irrationaler Bezug zwischen diesem außerdeutschen historischen Ereignis und dem Wertesystem unseres Grundgesetzes hergestellt wird. Die REP glauben, die Gefahr eines Untergangs des deutschen Volkes Fremdenerkannt zu haben. Auf dem "Republikanertag '' am 3. Oktober in feindlichkeit Stuttgart erklärte der geschäftsführende stellvertretende Bundesvorsitzende Christian KÄS: "Ich fühle mich auf den Straßen eben nicht wohl, wenn ich mitten in Deutschland den Eindruck habe, in Afrika zu sein (... ). Heute stellt sich die Frage, ob es den Umvolkern schon gelungen ist, all das Deutsche zu zerstören, in das das Fremde zu integrieren wäre .( .. .) Sie (Anm.: die Ausländer) wollen einfach nur schön leben. Dafür haben wir Verständnis, aber nicht bei uns und nicht auf unsere Kosten. Wir sagen: die Zeit ist abgelaufen. Sie müssen raus!" 98 Rechtsextremistische Bestrebungen Auf dem Jahreskongreß der GFP stellte der Verantwortliche für Pressemitteilungen der REP-Bundesgeschäftsstelle Dr. Michael PAULWITZ die Frage, was denn die Fixierung auf die Ostprovinzen oder der Traum von einer Rückkehr in die Heimat solle , wo doch Deutschland vor der viel unmittelbareren Gefahr stehe , auch die Kontrolle über den Rest seines geDER fi o **..........,.. ... ~-.............. -s.;** , schrumpften Volksbodens zu verlieren641. Im ParteiREPUBLIKANER organ **Der Republikaner" beklagen Wie zerstöre ich ein Land? die REP unter der Überschrift .. wie zerstöre ich ein Land?", daß das Ethnische keine Bedeutung mehr habe: **Die Unterhöhlung des ,Abstammungsprinzips' begann in Deutschland damit, daß die dauernde Ansiedlung der als Gastarbeiter ins Land geholten Ausländer zugelassen wurde.( ... ). Man muß sich die Bedeutung dieser Forderung nach dem ,Territorialprinzip', die auf das Ende des deutschen Volkes als einer geschichtlich geprägten Gemeinschaft hinausläuft, klar machen." ("Der Republikaner", 7-8/1997, S. 1) Die Partei verquickt simplifizierend wirtschaftliche und soziale Probleme mit der Zuwanderung von Ausländern , insbesondere Asylbewerbern, um Ressentiments gegen Fremde zu schüren . ln einem Rundschreiben des Kreisverbandes Mark vom Frühjahr erklärt ein stellvertretender Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen: "Jeder Türke, der ins Land kommt, belastet entweder unsere leeren Sozialkassen oder nimmt uns einen der knappen Arbeitsplätze weg ." Der Berliner Landesvorsitzende Dr. Werner MÜLLER forderte die Einstellung aller öffentlichen Leistungen für "Fremde". Wer Fremde haben wolle , solle selber zahlen 651. Vor der Hamburger Bürgerschaftswahl am 21. September beschwor die Partei Ängste gegen Fremde mit der Behauptung , die Hansestadt sei zu einem Mekka für illegale Einwanderer aus Schwarzafrika geworden , in ihr lebten Tausende kriminelle, als Asylbewerber abgelehnte Schwarzafrikaner, der multikulturelle Alltag sei multikriminell 66l Durch die Gleichsetzung von Rechtsextremistische Bestrebungen 99 multikulturell mit multikriminell werten die REP Ausländer pauschal in ihrer Gesamtheit als kriminell ab. Indem sich die REP auf das "traditionelle Wertesystem des deutschen KollektivismusVolkes" , auf den **Lebensraum für das deutsche Volk" und auf die vorstellungen **Gemeinschaft" berufen , lassen sie völkisch-kollektivistische Vorstellungen und die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen. So erklärte der Kreisverband Barnim (Brandenburg): Unsere Ansichten zur Gestaltung unseres Vaterlandes fußen auf dem traditionellen Wertesystem des deutschen Volkes. (... ) Unser Ziel ist der Erhalt Deutschlands als Lebensraum für das deutsche Volk. in diesem, unserem Vaterlande, muß jeder Deutsche eine sichere Lebensgrundlage haben. (Quelle: Mitteilungsblatt **Barnimer Blätter" - angefallen im August 1997) Dieser Sprachgebrauch erinnert an die biologistische - nämlich rassistische - Argumentation des Nationalsozialismus, mit der *>Volk<< nicht politisch bestimmt wurde , wie etwa im Grundgesetz, sondern mit Rassemerkmalen. Die REP polemisierten in ihren Publikationen gegen die WehrmachtsÄußerungen ausstellung (vgl. Kap. I, Nr. 2). der sie vorwarfen , die ** berüchtigzur deutschen te Kollektivschuldthese<< wieder Vergangenheit hoffähig machen zu wollen. DER I ~=;;.~ I SCHLIERER sprach von einer offensichtlichen Geschichtsklitterung67l und agitierte unter der Überschrift **Geschichtsfälscher am WerkDas wahre Anliegen der Anti-Wehrmachtsausstellung" : Widerstand gegen die Ausstellung bedeute Widerstand gegen die Zerstörung der Nation68l in ihren **Erziehungspolitischen Leitgedanken<< von 1991 , die der Landesverband Nordrhein-Westfalen weiterhin verbreitet und zu denen er sich noch im August in einer **Grundsatzerklärung zur Bundestagswahl 1998<< bekannte, bezeichnen sich die REP als "patriotische Befreiungsbewegung ", die Deutschland von der Geschichtslüge befreien wolle. Sie fordern die Errichtung eines Hochschulinstituts, das den Bereich der Geschichtsfälschung untersuchen solle 69l. Mit solchen Agitationsmustern suggeriert die Partei , daß die deutsche Geschichte von der historischen Forschung verfälscht dargestellt 100 Rechtsextremistische Bestrebungen werde. Letztlich sollen damit das nationalsozialistische Regime und seine Verbrechen relativiert werden . Agitation gegen die Die Partei agitiert gegen die freiheitliche demokratische Grund"Umerziehung" ordnung, indem sie die "Umerziehung" der Deutschen durch die Alliierten nach Ende des Zweiten Weltkriegs beklagt: "( .. .) die Blindheit der Bonner Politikerkaste ist nicht ererbt oder angeboren , sondern selbstauferlegt , freiwillig übergestülpt in vierzig Jahren Umerziehung, Anpassung , Domestizierung der Deutschen." (" Mitteldeutscher Kurier", 1/ 1997, S. 3, Organ des Landesverbandes Sachsen-Anhalt) Angriffe gegen Die REP greifen Institutionen und Repräsentanten der freiheitlichen Institutionen und Demokratie pauschal in polemischer, teilweise diffamierender und Repräsentanten verunglimpfender Weise an. Diese bei Rechtsextremisten gängige des demokratiVorgehensweise geht weit über eine Kritik im Rahmen einer geistigschen Staates politischen Auseinandersetzung hinaus; sie dient vielmehr dem Ziel, das parlamentarische System insgesamt als unfähig, korrupt und gegen die Interessen des Volkes handelnd hinzustellen und damit den demokratischen Rechtsstaat als Ganzes in Frage zu stellen. So stellte KRAUSE in seinem Referat auf dem GFP-Kongreß in einem Vergleich mit der DDR die Bundesrepublik Deutschland als das totalitärere System dar, dessen Repräsentanten gegen Menschenrechte verstießen , um nationale Kräfte auszuschalten : ** Natürlich waren die Verfassung der DDR und ihre Gesetze eine( .. .) Lagerordnung eines besetzten Territoriums, aber viel mehr ist das Grundgesetz mit seinem das Völkerrecht für das eigene Staatsvolk außer Kraft setzenden Artikel 139 und seiner Unverbindlichkeit der Grundrechte für jede nicht lizensierte politische Opposition auch nicht. (.. .) Die heutige Kohl-Administration muß ihre politische Rechtsbeugung mit den Zuständen im Stalinismus und im real existierenden preußischen Nationalsozialismus Erich Honeckers vergleichen lassen und ist in manchem ersterem wesensverwandter als der schon ausgeleierten Diktatur der letzten DDR-Jahre ." ("Kongreß-Protokoll1997" der GFP, Band XIII , S. 53 , 66) 1.2 Organisation und Entwicklung Weitere Die Konsolidierungsphase der REP setzte sich fort . Dies spiegelt sich Konsolidierung in einer steigenden Mitgliederzahl, einer konsolidierten Finanzsituati on und einem Rückgang des Einflusses der innerparteilichen Befü rworter einer "Vereinigten Rechten" wider. Rechtsextremistische Bestrebungen 101 Die mitgliederstärksten Landesverbände sind Bayern, BadenOrganisationsWürttemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Um den weiterhin struktur schleppenden Parteiaufbau in den neuen Ländern voranzutreiben , ernannte die Parteiführung Anfang 1997 den ehemaligen badenwürttembergischen REP-Landtagsabgeordneten Kari-August SCHAAL zum "Beauftragten des Bundesvorstandes für Mitteldeutschland". An der jährlichen "Aschermittwochs-Veranstaltung" der REP am 12. Februar in Geisenhausen (Bayern) nahmen rund 1 .200 Personen teil (1996: rund 450). An einer Gedenkveranstaltung zum 17. Juni 1953 beteiligten sich am 14. Juni in Berlin rund 600 Personen (1996: rund 300). Der vor allem von SCHLIERER vertretene Abgrenzungskurs der REP Abgrenzungsgegenüber anderen rechtsextremistischen Organisationen blieb kurs weiterhin innerhalb der Partei weiterhin umstritten . Nach der deutlichen Nieumstritten derlage bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft am 21. September schloß SCHLIERERzwar eine "irgendwie geartete Zusammenarbeit mit rechten Phantomparteien" auch in Zukunft aus 70). Um den innerparteilichen Forderungen nach Bündnissen mit anderen rechtsextremistischen Organisationen entgegenzutreten, war er jedoch genötigt, wieder eindeutiger Position zu beziehen. Als Konsequenz aus der Hamburger Wahlniederlage hält er eine akzentuiertere Außendarstellung der Partei insbesondere auf den Feldern innere Sicherheit und Ausländerpolitik für notwendig. Von den Befürwortern einer "Vereinigten Rechten" innerhalb der REP wurde der Abgrenzungskurs nach wie vor unterlaufen. So beklagte der damalige Vorsitzende des Bundesschiedsgerichts Hartmut KOCH in einer Ausarbeitung vom 8. Juni eine "Völlig verfehlte Extremismusabgrenzung", durch die die Partei weithin gelähmt und gespalten sei; er forderte den Bundesvorstand auf, alle Abgrenzungsbeschlüsse aufzuheben 71 ). Das von KOCH dominierte Bundesschiedsgericht lehnte mehrere Ordnungsmaßnahmen ab , die gegen Befürworter einer Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremisti - schen Gruppierungen eingeleitet worden waren. So wurde z.B. eine gegen den Beisitzer im Bundesvorstand und exponierten Vertreter einer "Vereinigten Rechten " Otmar WALLNER eingeleitete Ord - nungsmaßnahme am 25. Februar durch das Bundesschiedsgericht wieder aufgehoben. WALLNER wurde daraufhin am 1. März zum stellvertretenden Landesvorsitzenden in Bayern und am 23. März zum Bezirksvorsitzenden von Niederbayern gewählf2). Im April wurde bekannt, daß ein Antrag auf Parteiausschluß des Bündnisbefürworters Hans RUSTEMEYER vom Bundesschiedsgericht zurückgewiesen worden war73). Auch ein zweites Ausschlußverfahren gegen RUSTEMEYER scheiterte erneut vor dem REP-Landes- 102 Rechtsextremistische Bestrebungen schiedsgericht Rheinland -Pfalz. Das REP-Bundespräsidium hat hingegen Beschwerde eingelegt. Neben den der offiziellen Parteilinie zuwiderlaufenden Entscheidungen des Bundesschiedsgerichts belegen weitere Beispiele, daß die Abgrenzungsbeschlüsse der Partei nur halbherzig befolgt werden. So wurde anläßlich des Landesparteitags in Sachsen-Anhalt am 25. Januar der ehemalige Bundesvorsitzende und Protagonist einer **Vereinigten Rechten" Franz SCHÖNHUBER zum Ehren - mitglied ernannt 74 l . ln einer Initiative "Pro Deutschland" arbeiten Mitglieder der REP, der ** Nationaldemokratischen Partei Deutschlands** (NPD) und der ** Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) zusammen. Auch die von SCHLIERER auf dem Bundesparteitag am 18. Oktober angekündigte intensivere Zusammenarbeit mit der rechtsextremistischen französischen Partei ** Front National** (FN) stellt einen Verstoß gegen die innerparteilichen Abgrenzungsbeschlüsse dar und belegt die Zugehörigkeit der REP zum rechtsextremistischen Spektrum. Teilnahme Bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft am 21. September erreichan Wahlen ten die REP nur 1 ,8% der Stimmen (1993: 4,8%). Auch bei den gleichzeitig durchgeführten Wahlen zu den Bezirksversammlungen büßten sie mehr als die Hälfte ihrer Stimmenanteile ein und sind in den Bezirksparlamenten nicht mehr vertreten. Bei den Gemeindeund Kreiswahlen in Hessen am 2. März erhielt die Partei landesweit durchschnittlich 2,2% bzw. 6,6% der Stimmen (1993: 2,9% bzw. 8,2%f 5l. Die Partei ist auf Länderebene weiterhin nur im Landtag von Baden-Württemberg vertreten. GerichtsDer Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies mit Beschluß vom verfahren 6. Februar die Beschwerde des Landesverbandes Bayern gegen einen Beschluß des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 1996 zurück, wonach der Freistaat Bayern den Landesverband im bayerischen "Verfassungsschutzbericht 1995** als **extremistisch ** bezeichnen darf. Über die Klage in der Hauptsache ist noch nicht entschieden. Mit Beschluß vom 15. Oktober wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Landesverbandes Bayern gegen einen Beschluß des Verwaltungsgerichts München vom 26. Mai zurück, wonach der Freistaat Bayern den Landesverband in den "Verfassungsschutz-Informationen Bayern, 1. Halbjahr 1996** sowie in künftigen Verfassungsschutzberichten, als "extremistisch" bezeichnen darf, ohne zugleich klarstellen zu müssen, daß es sich hierbei um ein Werturteil und keine rechtliche Qualifikation handelt. Über die Klage in der Hauptsache ist noch nicht entschieden. Rechtsextremistische Bestrebungen 103 Der Landesverband Berlin beantragte am 16. Mai beim Verwaltungsgericht Berlin, dem dortigen Landesamt für Verfassungsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Landesverband als "rechtsextremistisch" zu bezeichnen und den Berliner ..Verfassungsschutzbericht 1996" weiter zu verbreiten. Gleichzeitig erhob der Landesverband Klage gegen das Landesamt u.a. mit dem Ziel, diesem die Beobachtung mit nachrichtendienstliehen Mitteln zu untersagen . Mit Urteil vom 26. Juni erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Beobachtung des Landesverbandes Niedersachsen mit nachrich - tendienstliehen Mitteln (Sammeln von Informationen durch V-Leute sowie verdeckte Ermittlungen und Befragungen) durch die Landesbehörde für Verfassungsschutz für zulässig. Die REP haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Mit Urteil vom 10. Dezember erklärte das Verwaltungsgericht Mainz die weitere Beobachtung des REP-Landesverbandes Rheinland-Pfalz mit nachrichtendienstliehen Mitteln für unzulässig. Das Land Rheinland-Pfalz hat dagegen Berufung eingelegt. 2. "Deutsche Volksunion" (DVU) gegründet: 1987 ') Sitz: München Bundesvorsitzender: Dr. Gerhard FREY Mitglieder: 15.000 (1996: 15.000) ..) Publikationen: "Deutsche National-Zeitung" (DNZ), Auflage: 35.000 (geschätzt), wöchentlich; "Deutsche Wochen-Zeitung/ Deutscher Anzeiger" (DWZ/DA), Auflage: 20.000 (geschätzt), wöchentlich ') DVU e. V. 1971 als Verein gegründet, 1987 als Partei konstituiert , 1987 - 199 1 *DVUListe D* '') geschätzt, FREY gibt höhere Mitgliederzahlen an 2.1 Zielsetzung Die "Deutsche Volksunion" (DVU) wird von Dr. Gerhard FR EY 761 zentralistisch geführt. Die von ihm herausgegebenen Wochenzeitungen "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und "Deutsche Wochen -Zei- 104 Rechtsextremistische Bestrebungen tung/Deutscher Anzeiger" (DWZJDA), die wegen der beherrschenden Stellung FREYs in der DVU 77l als die Presseorgane der Partei angesehen werden können, gehören zu den aufla- . . . . . genstärksten rechtsextremistischen Publi- * 111111 kationen in Deutschland. Ein inhaltlicher ..... 111 Schwerpunkt der Zeitungen liegt bei 11111~. Themen, die sich tendenziös mit 1JEUTSOIE der Bewältigung der nationalsoVOLKSUNION zialistischen Vergangenheit beschäftigen. Nach traditionellen rechtsextremistischen Agitationsmustern werden Ressentiments gegen Ausländer und Juden geschürt und Repräsentanten des demokratischen Rechtsstaats diffamiert. FremdenArtikel in der DNZ und DWZJDA vermitteln durch einseitige und verfeindlichkeit zerrende Berichterstattung den Eindruck, daß ganz überwiegend Ausländer für die Kriminalität in Deutschland verantwortlich seien 78l . Die in Deutschland lebenden Ausländer werden so suggestiv in ihrer Gesamtheit zu Kriminellen herabgewürdigt. Ein weiteres Stereotyp ist die unterschwellig ausländerfeindliche Formel von der "Entdeutschung des deutschen Volkes durch Einwanderung von Fremden "79l. Antisemitismus Die DVU verbreitet unterschwelligen Antisemitismus und schafft so den Bodensatz für das Entstehen neuer bzw. den Erhalt überkommener antisemitischer Vorurteile. Hintergrund dieser verbrämten antijüdischen Kampagne ist die Ansicht, das deutsche Volk werde daran Rechtsextremistische Bestrebungen 105 gehindert, einen Schlußstrich unter die nationalsozialistische Vergangenheit zu ziehen und ein gleichberechtigtes Mitglied in der Völkergemeinschaft zu werden . Die Beiträge in FREYs Publikationen bedienen sich einer subtilen Agitationsmethode , indem sie an sich unverfängliche tagespolitische Themen aufgreifen und dabei - zumeist zwischen den Zeilen versteckt - herabsetzende Äußerungen einflechten. So wird z. B. von "Friedmans 80) Haßtiraden gegen das deutsche Volk" berichtet, die schon lange unerträglich seien 81 ), und behauptet, die von dem Vorsitzenden des ,.zentralrats der Juden in Deutschland" lgnatz Bubis geäußerten Wünsche würden von etablierten Politikern gewöhnlich als Befehl aufgefaßt 82 ). Oder es wird verbreitet, die .. gigantischen deutschen Wiedergutmachungszahlungen an Juden, jüdische Organisationen und den Staat Israel von inzwischen weit über 100 Milliarden Mark" weckten immer neue Begehrlichkeiten 83). Gezielt wird auf das Stereotyp vom .. geldgierigen Juden" angespielt84). Die Relativierung des Holocaust ist fester Bestandteil der Agitation. Zur Relativierung Entlastung der Schuld des nationalsozialistischen Regimes wird der des Holocaust Holocaust mit anderen Völkermorden in der Geschichte verglichen. ln den Publikationen FREYs wird behauptet, das ständige Aufrühren von mehr als ein halbes Jahrhundert zurückliegender historischer Untaten diene lediglich dem Zweck, die Gleichberechtigung Deutschlands in der Staatenfamilie zu mindern85): "Gerade in unserer Zeit überschlagen sich Meinungsindustrie und offizielle Politik in dem Bestreben, dem deutschen Volk insbesondere einzuhämmern, die NS-Untaten an Juden seien in der Dimension unvergleichbar mit allen anderen Verbrechen der Geschichte. Warum sollte aber zum Beispiel die Ausrottung von schätzungsweise 90 Millionen Indianern eine in irgendeiner Weise harmlose Angelegenheit gewesen sein oder die Negersklaverei mit Dutzenden Millionen Opfern oder die Entsetzlichkeiten des englischen , französischen usw. Kolonialismus oder die Ermordung von vielleicht hundert Millionen Menschen unter dem Stalinismus oder 50 Millionen unter dem Maoismus?" (DNZ Nr. 6/ 1997 , S. 10) "Seit 1945 erduldet die Weit mehr Völkermorde, Massenmorde, Kriege, Bürgerkriege und Grauen jeder Art als irgendwann vorher in der Weltgeschichte. Die Fixierung auf deutsche Untaten aus dem Zweiten Weltkrieg und ihre Vervielfachung hilft den Mördern, Vertreibern, Imperialisten , Kolonialisten und Expansionisten unserer Zeit , von ihren Untaten abzulenken. " (DNZ Nr. 16/ 1997, S. 4) 106 Rechtsextremistische Bestrebungen Die Zahlen über die Höhe der Opfer des Holocaust werden angezweifelt. Häufig werden solche Darstellungen etwa mit dem Vorwurf bewußter Fälschung verbunden. Damit wird letztlich - trotz aller gegenteiliger Beteuerungen - die Judenverfolgung weitgehend relativiert. Angriffe gegen Mit der Polemik gegen Repräsentanten des demokratischen Staates Institutionen und und die demokratischen Parteien soll deren Ansehen geschmälert Repräsentanten und damit das Vertrauen in die Werteordnung des Grundgesetzes des demokratischen Staates erschüttert werden. Es wird der Vorwurf erhoben , demokratische Politiker beharrten aus machtpolitischen Gründen auf einer Kollektivschuld der Deutschen an der Massenvernichtung der Juden: **Unfaßbar ist die (.. .) Gier etablierter bundesdeutscher Medien und Politiker, dem deutschen Volk zusätzliche Tonnengewichte an Kollektivschuld, -Verantwortung , -haftung usw. aufzuladen. Das Kalkül dürfte sein , daß ein Volk mit Schlauch statt Rückgrat leichter zu regieren und zu kujonieren ist. << (DNZ Nr. 6/ 1997, S. 5) 2.2 Organisation und Entwicklung OrganisationsMitgliederschwerpunkte der DVU liegen in Nordrhein-Westfalen, Bastruktur den-Württemberg, Bayern , Niedersachsen und Hessen. ln den neuen Ländern sind die organisatorischen Strukturen nach wie vor desolat. An der jährlichen Großkundgebung WollenSietlieselustäntle? in der Passauer Nibelungenhalle nahmen am 27. September rund 2.500 Personen teil. Rechtsextremistische Bestrebungen 107 Bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft am 21. September erzielte Teilnahme an die DVU 4,9% der Stimmen (1 993: 2,8%) und verfehlte nur knapp Wahlen den Einzug in die Bürgerschaft. Bei den gleichzeitig durchgeführten Wahlen zu den Bezirksversammlungen gelang ihr der Einzug in vier von sieben Bezirksparlamenten (13 statt bisher 2 Mandate). in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung verfügt die Partei außerdem über drei Mandate. Als Reaktion auf das Hamburg er Wahlergebnis erneuerte die DVU ihren Appell an die anderen "rechten " Parteien zur Kooperation im "gesamtnationalen lnteresse" 86l. 3. "Nationaldemokratische Partei Deutschlandsec (NPD) gegründet: 1964 Sitz: Stuttgart Bundesvorsitzender: Udo VOIGT Mitglieder: 4.300 (1996: 3.500) Publikation: ** Deutsche Stimme", Auflage: 40.000 , monatlich Unterorganisationen: "Junge Nationaldemokratencc (JN), "Nationaldemokratischer Hochschulbundcc (NHB) 3.1 Zielsetzung Die "Nationaldemokratische Partei Deutschland" (N PD) versteht sich Nationalistische als die "einzige nationale Weltanschauungspartei " und damit als Volksgemeinschaft exklusive "Gestalter(in) einer neuen Ordnung"87l . Das Bundesvorstandsmitglied Per Lennart AAE verheißt einen "Vollständige(n) Sieg über das gegenwärtige liberalkapitalistische Herrschaftssystem" . Angestrebt wird eine neue geschichtliche Epoche unter "Völkischem Primat"88l. Eine solche Ordnung beinhaltet eine Überbetonung der Gemeinschaft, die zwangsläufig mit einer dem Grundgesetz widersprechenden Abwertung des Individuums verbunden ist. Die NPD will der von den "Bonner Parteien" angeblich erstrebten "multikulturellen und somit multikriminellen Gesellschaft" eine "SOlidarische Volksgemeinschaft , gewachsen durch gemeinsame Abstam- 108 Rechtsextremistische Bestrebungen mung, Sprache und Kultur" entgegensetzen 89l. ln diesem Zusammenhang erklärte das Mitglied des Bundesvorstands Achim EZER: >>Der Nationalismus wird der letzte Ausweg für viele sein . Die, die durch Maastricht Deutschland vernichten wollten, werden dann einer neu geschaffenen Volksgemeinschaft gegenüberstehen". (>>Deutsche Stimme", Ausgabe 5/ 97 , S. 6) FremdenFremdenfeindlichkeit zeigt sich in der Agitation gegen die >>Einwanfeindlichkeit derung von Negern" in der NPD-Zeitschrift "Deutsche Zukunft". Dort wird in menschenverachtender Diktion beklagt , im deutschen Fernsehen huschten immer mehr Bimbos über die Mattscheibe; sei es früher noch schick gewesen, sich einen Mohren zu halten, würden Schwarze heute durch die Printund Massenmedien salonfähig gemacht 90l. Der Parteivorsitzende VOIGT erklärte >>Ausländerstopp" zum >>Gebot der Stunde"; seine Partei lehne eine multikulturelle Gesellschaft als Schmelztiegel verschiedener Völker aus innerster Überzeugung ab 91 l. Ausländerstopp bedeute für Deutsche mehr Arbeitsund Ausbildungsplätze, innere Sicherheit sowie Kindergeld und Umweltschutz. Im Wahlkampf zur Hamburger Bürgerschaftswahl am 21. September bezeichnete die NPD das Rechtsextremistische Bestrebungen 109 Ausländerproblem als Hauptursache der katastrophalen Lage der Stadt und schürte Ressentiments gegen Fremde mit Parolen wie "Gefährlich fremd , das Scheitern der multikulturellen Gesellschaft", **Ausländerkriminalität steigt dramatisch an " und **Arbeitsplätze für Deutsche". Priorität für politische Sofortmaßnahmen haben aus VOIGTs Sicht insbesondere ein nationales Arbeitsplatzschutzsicherungsgesetz und eine Sonderrückführungssteuer für Unternehmen , die Ausländer in ihren Betrieben beschäftigen . Ferner seien die ausländischen Arbeitskräfte aus der deutschen Sozialgesetzgebung auszugliedern 92l. Solche Forderungen stehen im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. ln ihrer Polemik gegen die Einwanderung von Juden aus Osteuropa Antisemitismus verbindet die NPD Fremdenfeindlichkeit mit Antisemitismus: Dabei hatten wir nach dem Kriege ein judenfreies Land und mangels Masse an Juden auch kein antisemitisches Problem. Dieses schaffen wir uns ohne Not nun selber, wenn wir den uneingeschränkten Zuzug der Rußlandjuden (... ) nach Deutschland gewährleisten, weil die Bubis, Friedmans und Spiegels ihre Gemeinden auffüllen wollen, um sich in der deutschen Politik einen noch aufgeblähteren Resonanzboden zu schaffen, als er bereits schon vorhanden ist." (**Deutsche Zukunft" Nr. 7, Juli 1997, S. 24, Mitteilungsblatt des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen) Die NPD stellt die nationalsozialistische Herrschaft insgesamt als Äußerungen positives Gegenstück zur freiheitlichen demokratischen Grundzur deutschen Vergangenheit ordnung in Deutschland dar. So erklärte sie , in der Bundesrepublik Deutschland seien Heiligkeit der Mutterschaft, Unantastbarkeit der familiären Geborgenheit, Harmonie in der Volksgemeinschaft, Arbeit und Brot für alle als Unwerte des 3. Reiches angesehen und durch Neuwerte ersetzt worden . Die Harmonie der Volksgemeinschaft sei mit der Durchsetzung der alles zerstörenden Multikultur zerschlagen worden. Der Wert **Arbeit und Brot für alle" sei durch die Globalisierung der Wirtschaft ersetzt worden 93l. Der Beisitzer im Bundesvorstand und stellvertretende Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen Wolfgang FRENZ prophezeite eine Neubewertung der **geschichtlichen Rolle Hitlers und seiner Epoche<<: **Den Nestbeschmutzern fällt nichts Neues mehr ein. Es ist das letzte Bespucken eines toten Löwen, der sie zu Lebzeiten erschreckt und das Fürchten gelehrt hat. Im kommenden Jahrhundert wird die geschichtliche Rolle Hitlers und seiner Epoche anders bewertet werden." (**Deutsche Zukunft" Nr. 6, Juni 1997, S. 21) 110 Rechtsextremistische Bestrebungen ln ihren jährlichen Äußerungen zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß glorifiziert die Partei diesen maßgeblichen NS-Repräsentanten und exkulpiert damit letztlich auch das nationalsozialistische System. So wurde Heß in der "Deutschen Stimme<< als das "gute Gewissen des deutschen VolkeS<< bezeichnet. Kaum jemals zuvor habe ein beherzter Geist mit Mut und Entschlußkraft derart unbürokratisch und wagemutig den Frieden der Völker, ja den Frieden der Weit erhalten wollen. 94 ) Am 1. März veranstalteten die NPD und ihre Jugendorganisation **Junge Nationaldemokraten<< (JN) unter dem Motto ** Unsere Großväter waren keine Verbrecher<< eine Demonstration in München gegen die Wehrmachtsausstellung (vgl. Kap. I, Nr. 2). Die NPD hatte in einem Aufruf zu der Veranstaltung 95) gegen angeblich einseitige Vergangenheitsbewältigung polemisiert und behauptet, durch die verlo - gen einseitige Wehrmachtsausstellung sollten die Deutschen als ein Volk von Verbrechern dargestellt werden, denn nur ein Volk ohne Rückgrat, das sich schuldig fühle, könne man melken wie eine Kuh und dann seine besten Söhne als Soldaten für fremde Interessen mißbrauchen. Angriffe gegen Die NPD greift in ihrer Agitation den demokratischen Rechtsstaat in den demokratipolemischer und verunglimpfender Weise an. Dabei zielt sie unter schen Rechtsstaat dem Deckmantel eines angeblichen Kampfes für die Meinungsfreiheit darauf ab, das parlamentarische System insgesamt als unfähig, korrupt und gegen die Interessen des Volkes gerichtet darzustellen. So erklärte VOIGT96): **Natürlich dürfen wir bei solchen Betrachtungen in Deutschland nie außer acht lassen, daß der Staat BRD der Staat der Sieger des Zweiten Weltkrieges ist und daß die Politiker des Bonner Systems, ihre Institutionen und Handlungen den strategischen Zielen der Kriegsgewinnler untergeordnet sind .<< Neuorientierung Die NPD stellte Wirtschaftsund sozialpolitische Themenversehen an wirtschaftmit rechtsextremistischen Erklärungsund Lösungsmustern - in den lichen und soMittelpunkt ihrer Agitation. Im Juni erläuterte AAE den Hintergrund der zialen Themen **wirtschaftspolitischen Offensive<< der Partei: Der Untergang des Systems komme auf jeden Fall. Er sei auch notwendig, denn dem zentralen völkischen Anliegen einer Rückbesinnung auf den identitätsfähigen und identitätsstiftenden Raum als das entscheidende Ordnungskriterium menschlicher Kulturleistung könne nur Rechnung getragen werden, wenn das heutige substanzfressende System der Vergangenheit angehöre. Das Neue, das kommen müsse, könne nur in Gestalt einer raumorientierten nationalen Volkswirtschaftsordnung kommen 97 ). Rechtsextremistische Bestrebungen 111 3.2 Organisation und Entwicklung Unter der Führung von VOIGT hat sich die NPD weiter stabilisiert: Sie Weitere gewann neue Mitglieder, konsolidierte ihre Finanzen und steigerte ihre Stabilisierung Reputation im rechtsextremistischen Lager durch die themenund aktionsbezogene Zusammenarbeit mit Neonazis. Den Kontakten zum neonazistischen Lager räumt VOIGT nach dem Integration von Scheitern der Bemühungen um ein Bündnis mit anderen rechtsextreNeonazis in die mistischen Parteien weiter Priorität ein. Er betrachtet Neonazis als Partei festen Bestandteil rechtsextremistischer Bündnispolitik; auch ist er bereit, sie in die Partei zu integrieren. So ernannte er im März den Neonazi Steffen HUPKA, Bundesvorstandsmitglied der JN , zum Landesbeauftragten der NPD in Sachsen-Anhalfl. VOIGT bezeichnet die NPD als die authentische nationale Partei in Deutschland, der es gelingen müsse, politische Heimat für alle nationalen Strömungen zu werden. Die nationalistische Jugend werde dabei den notwendigen revolutionären Geist in der Bewegung beleben98l . Sein Ziel der Meinungsführerschaft im rechten Lager verfolgt VOIGT mit einer Doppelstrategie: einerseits Stärkung der eigenen Organisation durch Fortführung des traditionellen Kurses der NPD als Wahlpartei , andererseits Aktionsbündnisse mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen/ Einzel - personen, insbesondere Neonazis, als "nationale Außerparlamentarische Opposition". Den größten Erfolg ihrer Bündnispolitik erzielten NPD und JN mit der Demonstration gegen die Weh rmachtsausstell ung am 1. März in München (vgl. Nr. 3.1 und Kap. I, Nr. 2). Dagegen scheiterte der Versuch , mit einer zentralen Demonstration am 1 . Mai unter dem Motto "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche" in Leipzig an den Erfolg von München anzuknüpfen . Obwohl es innerparteilich auch Kritik an einer zu engen Zusammenarbeit mit Neonazis gibt, ist VOIGTs Position in der NPD unangefochten. Sein umstrittener Amtsvorgäng er Günter DECKERT, der 1997 eine Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung und Aufstachelung ') VOIGT wurde auf dem Bundesparteitag am 10./11. Januar 1998 in Stavenhagen (MecklenburgVorpommern) mit rund 86% der abgegebenen Stimmen in seinem Amt als Parteivorsitzender bestätigt. DECKERT ist nicht mehr im Bundesvorstand vertreten und spielt in der Partei keine Rolle mehr. Mit Steffen HUPKA, Jens PÜHSE und dem ehemaligen Vorsitzenden des inzwischen aufgelösten neonazistischen Vereins * Die Nationalen e.V.* Frank SCHWERDT haben sich führende Neonazis im Bundesvorstand der NPD etabliert. 112 'Rechtsextremistische Bestrebungen zum Rassenhaß verbüßte, wurde im August vom Parteivorstand seines Amtes als stellvertretender Parteivorsitzender enthoben. Teilnahme Die NPD blieb bei Wahlen bedeutungslos. Bei der Hamburger an Wahlen Bürgerschaftwahl am 21 . September erzielte sie 0,1% der Stimmen; bei den Wahlen zu den Hamburger Bezirksversammlungen erreichte sie ebenfalls nur marginale Ergebnisse. Im Vorfeld hatte sie den Parteien "Die Republikaner<< (REP) und "Deutsche Volksunion'' (DVU) vergeblich ein Wahlbündnis angeboten. An den Gemeindeund Kreiswahlen in Hessen am 2. März beteiligte sich die NPD punktuell und erreichte durchschnittlich 0,4% bzw. 0,6% der Stimmen {1993: 0,3% bzw. 0,8%) 99l. ln drei hessischen Kommunen konnte die Partei immerhin zwischen 22,9% und 21,5% der Stimmen erzielen. 3.3 **Junge Nationaldemokraten<< (JN) gegründet: 1969 Bundesgeschäftsstelle: Dresden Bundesvorsitzender: Holger APFEL Mitglieder: 350 (1 996: 200) 100) Publikationen: "Einheit und Kampf<< (EuK), Auflage: über 2.000, unregelmäßig; "Der Aktivist<<, Auflage: 900, unregelmäßig Größter und Die "Jungen Nationaldemokraaktivster Zusamten '' (JN) sind "integraler Bemenschluß jüngerer standteil" der ** NationaldemoRechtsextremisten kratischen Partei Deutschlands<< (NPD). Kraft seines Amtes ist der JN-Bundesvorsitzende zugleich Mitglied des NPD-Parteivorstands . Die JN konnten erneut einen Mitgliederzuwachs verzeichnen und sind der größte und aktivste Zusammenschluß jüngerer Rechtsextremisten. Die JN verstehen sich - so der Bundesvorsitzende Holger APFEL - als "fundamental-oppositionelle Alternative'' zu einem "maroden, sich immer mehr auf dem Weg in einen undemokratischen und unsozialen Unrechtsstaat Rechtsextremistische Bestrebungen 113 befindlichen System" 101 1. Sie treten dabei offen für die Beseitigung der freiheit lichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. So erklärte APFEL: "Wichtig ist der gemeinsame politische Grundkonsens zur Überwindung des gemeinsamen Feindes - des politischen Systems der BRD. << ("Einheit und Kampf,, Nr. 17, Januar 1997, S. 5) Seit der Amtsübernahme VOIGTs als NPD-Vorsitzender im März 1996 hat sich das früher häufig gespannte Verhältnis zwischen NPD und JN erheblich verbessert. Die JN haben sich zu einer Nahtstelle zwischen der NPD, Neonazis und anderen rechtsextremistischen Gruppierungen entwickelt und profitieren dabei von den Verboten neonazistischer Vereine. Einige Neonazis sind bei den JN inzwischen in füh - rende Funktionen gelangt und verfügen über erheblichen Einfluß. So gehören dem Bundesvorstand die Neonazis Steffen HUPKA, Jens PÜHSE und Sascha ROSSMÜLLER an, letzterer als einer der drei stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Der Aufwärtstrend der JN ist letztlich vor allem auf ihre Bereitschaft zurückzuführen, mit Neonazis zusammenzuarbeiten. HUPKA betonte, es ginge nicht darum, ob sich jemand als Nationalsozialist, Nationaldemokrat oder sonstwie bezeichne. Es gehe vielmehr um die inhaltliche Übereinstimmung in der Beurteilung der politischen Situation , der wichtigsten w eltanschaulichen Erkenntnisse und der politischen Ziele 1021. Die JN sehen im Kaderprinzip das geeignetste Organisationsmodell in Ziel: der jetzigen Phase des "politischen Kampfes<<1031. Ihre politische Arbeit Kaderorganisation wollen sie nicht allein an **nationalstaatlichen ''* sondern an "nationaleuropäischen" Interessen ausrichten. Auf dem Weg zu einer europäischen nationalistischen Einheitsfront wollen sie eine europäische "4. Europäischer Kongreß der Vernetzung aufbauen 1041. Dazu diente auch der "4. Europäische KonJugend<< greß der Jugend<< am 18. Oktober in Furth im Wald (Bayern) mit über 500 Teilnehmern (1996: 300). VII. Sonstige Organisationen 1. "Deutsche Liga für Volk und Heimat<< (DLVH) gegründet: 1991 Sitz: Coburg Vorsitzende: Jürgen SCHÜTZINGER, lngo STAWITZ, Andre BEIERSDORF Mitglieder: 700 (1996: 800) 114 Rechtsextremistische Bestrebungen Vordringliches Ziel: Ziel der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH), die im Oktober rechtsextremi1996 ihren Parteistatus aufgegeben hat, ist eine "Bewegung des stische Bündnisse demokratischen Patriotismus", die Gleichgesinnte über Parteiund Vereinsgrenzen hinweg zusammenbringen und deren Kräfte bündeln soll 1051. Nachdem es ihr nicht gelungen war, sich als Wahlpartei zu etablieren, hat die DLVH auch als Ver- ~ ein die angestrebte Bedeutung innerDEUTSCHE LIGA FüR VOLK UND HEIMAT u halb der rechtsextremistischen Szene nicht erreicht. Ihr Einfluß beruht weiterhin vor allem auf ihrer Nähe zu wichtigen Organen rechtsextremistischer Publizistik ("Nation & Europa - Deutsche Monatshefte,,, "Europa vorn<<; vgl. Kap. VIII). "Runde Tische<< von Ihre Bündnisbemühungen blieben auch 1997 ohne durchgreifenden Rechtsextremisten Erfolg. Die im Zuge der DLVH-Kampagne für "Runde Tische<< entstandenen bündnispolitisch orientierten Kreise organisierten nur wenige Treffen, wie etwa das "Bündnis Rechts für Deutschland<< am 2. März in Nortorf (Schleswig-Holstein) mit rund 100 Teilnehmern und am 20. September in Ottendorf (Schleswig-Holstein) mit rund 70 Teilnehmern. Das 1996 von den Landesvorsitzenden der DLVH und der "Nationaldemokratischen Partei DeutschlandS<< (NPD) in Schleswig-Holstein initiierte "Bündnis<< will auch bei der Bundestagswahl 1998 aktiv werden. Die parteiübergreifende "Initiative Pro Deutschland<< veranstaltete am 8. März in Berlin ein Jetzt: Treffen, an dem Mitglieder der DLVH, der NPD und der Partei Ausländer-Stopp! Schluß mit dem Asylmißbrauch "Die Republikaner<< (REP) teilnahmen. Die "Initiative<< versteht Für Deutsche muß Deutschland Vorrang haben sich als Koordinationskreis der Landesverbände dieser ParteiDEUTSCHE LIGA en in Berlin und Brandenburg. FÜR VOLK UND HEIMAT Treffen von über Auf Einladung der DLVH trafen sich am 2. November in Käsehing 700 bündnisorien(Bayern) über 700 Mitglieder und Anhänger rechtsextremistischer tierten RechtsOrganisationen zu einem "Kongreß des gemeinsamen Neubeginns extremisten demokratischer Sozialpatrioten<< .Mit dieser "Großkundgebung des demokratischen Patriotismus in Deutschland<< sollte ein parteiübergreifendes Signal zur Neuformierung der deutschen Rechten gesetzt werden. Die Teilnehmer, darunter auch Vertreter des französischen ** Front National " (FN) und des belgischen *>VIaams Blok,, (VB), verab - schiedeten eine "Köschinger Resolution << .Darin sprachen sie sich gegen die europäische Integration aus und riefen die "demokratische Rechte in Deutschland<< zur Einigung nach den Vorbildern von FN und VB auf. Rechtsextremistische Bestrebungen 11 5 2. "Gesellschaft für Freie Publizistik e.V.cc (GFP) gegründet: 1960 Sitz: München Vorsitzender: Dr. Rolf KOSIEK Mitglieder: 450 (1996: 400) Publikation: "Das Freie Forum<< , Auflage: 1.000, vierteljährlich Die von dem früheren "Chefideologen'' der NPD Dr. Rolf KOSIEK geleitete "Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. << (G FP) ist die mitgliederstärkste rechtsextremistische ** Kulturvereinigung'' * Der Gruppierung gehören eine Rei he von Verlegern , Redakteuren, Schriftstellern und Buchhändlern an . Die GFP gibt vor, sich für die Freiheit und Wahrheit des Wortes einzusetzen, über angebliche Geschichtsentstellungen - insbesondere zur Kriegsschuld des NSRegimes - aufzuklären und vermeintlich einseitige Verzerrungen in der Zeitgeschichte richtigzustellen 1061. Der jährliche Kongreß der GFPdieses Jahr vom 25 . bis 27. April in Gera (Thüringen) - stand unter dem Motto "Sind wir noch zu retten? Deutschland zwischen Systemkrise und Systemwechsei".Vor rund 320 Teilnehmern griffen die Referenten , darunter auch Funktionäre anderer rechtsextrem istischer Organisationen, den demokratischen Verfassungsstaat und seine Repräsentanten an 1071. Anläßlich der Verleihung einer "Uirich von Hutten -Medaille" an den ehemaligen Pressereferenten von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels wurde betont , es bedürfe freier und unabhängiger Geister, die sich nicht verkriechen , wenn man ihnen Revisionismus vorwerfe1081. Karl RI CHTER, Vorstandsmitglied der GFP und der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH), forderte in sei nem Beitrag , das Internet als Waffe gegen "Gleichschaltung , Geschichtsfälschung und Ausgrenzung<> Heide-Heim e.V. " für Veranstaltungen nutzten . Nach den Verboten der neonazistischen Organisationen >> Nationalistische Front<< (NF), >>Wiking-Jugend e.V. '' 0/VJ) , >> Nationale Liste'' (NL) und >>Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei << (FAP)11 1l schränkte RIEGER die Veranstaltungen in Hetendorf merklich ein . Zur >>7. Hetendorfer Tagungswoche<< vom 14. bis 22 . Juni trafen sich fast 200 Rechtsextremisten. Veranstalter waren neben dem >> HeideHeim e.V. '' u. a. die von RIEGER gelenkten rechtsextremistischen Gruppierungen >>ArtgemeinschaftGermanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. ", >>Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.v. ,, (GfbAEV) und >> Nordischer Ring e.V. " (NR). Auf der Tagung referierten führende Rechtsextremisten; Neonazis stellten eine >>Schutztruppe'' * Das Treffen verbindet seit jeher rechtsextremistische Politikinhalte mit der Stilisierung pseudogermanischer Riten und fördert so neben der argumentativen Aufrüstung der Szene vor allem das gruppeninterne Gemeinschaftsgefühl. 1997 stand neben den Referaten anderer bekannter Rechtsextremisten ein Vortrag des Leiters der rechtsextremistischen Kleinstgruppe >>Aktion Freies Deutschland " (AFD) Wolfgang JUCHEM auf dem Programm. Der rechtsextremistische Liedermacher Frank RENN ICKE gestaltete einen Vortragsabend. VIII. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebe "Nation & Europa - Die organisationsunabhängigen rechtsextremistischen Verlage und Deutsche MonatsVertriebe griffen vermehrt aktuelle Themen auf und instrumentalisierhefte" und ten sie für eigene ideologische Zwecke : vor allem die Diskussion um "Europa vorn" ') Das Niedersächsische Innenministerium hat die von dem rechtsextremistischen Hamburger Rechtsanwalt Jürgen RIEGER geleiteten rechtsextrem istischen Vereine * Heide-Heim e.V.* (Hamburg) und * Heideheim e.V. * (Buchholz) am 11 . Februar 1998 verboten und aufgelöst. Rechtsextremistische Bestrebungen 117 die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung und die öffentliche Debatte um die Wehrmachtsausstellung (vgl. Kap. I, Nr. 2). Insbesondere die auflagenstarken Theorieund StrateNATION, EUROPÄ DEUTSCHE M 0 NA T S HEFTE gieorgane "Nation & Europa - Deutsche Monatsheftsec und "Europa vorn" führten die Debatte. Die Autoren zitierten dabei bevorzugt Überlegungen von Vertretern des demokratischen Spektrums, die sich kritisch mit der jeweiligen Materie befaßt hatten. Auf diese Weise sollen die eigenen extremistischen Motive kaschiert und langfristig Akzeptanz auch im demokratiCOBURG * 47. JAHRGANG * HEFT 4 * APRIL 1997 . ISSN 0027..&408 sehen Spektrum gewonnen werden. Während dort aber z.B. die Skepsis gegenüber dem Euro in der Regel auf ökonomischen Gründen beruht und negative Reaktionen gegen die Wehrmachtsausstellung Bestandteil der demokratischen Meinungsbildung sind , verfolgen Rechtsextremisten mit dem Schüren dieser Auseinandersetzung eigene Ziele : Sie erweitern ihre Agitation gegen den Euro zu einem fundamental-nationalistischen Angriff gegen die europäische Einigung , die von machtgierigen Politikern mit dem Ziel einer deutschen Souveränitätsund Identitätsaufgabe betrieben werde. Ebenso erhält die Kritik an der Wehrmachtsausstellung einen demagogischen Charakter, wenn statt der gebotenen differenzierten Betrachtung die öffentliche Auseinandersetzung über die Schuld der Wehrmacht dazu genutzt wird , das nationalsozialistische Herrschaftssystem zu exkulpieren. Ähnlich verhielt es sich mit Kommentaren zum Begriff "Political Themen: "Political Correctness", der zunehmend Eingang in den Sprachgebrauch von Correctnesscc , "Umerziehungcc Journalisten und Politikern gefunden hat: als spöttische Bezeichnung für bestimmte politische und gesellschaftliche Verhaltensweisen. Die rechtsextremistische Publizistik nutzte den Terminus dagegen als Kampfbegriff, um damit die angeblich staatlich verordnete Verfolgung 118 Rechtsextremistische Bestrebungen "nationaler" und "patriotischer" Autoren zu bezeichnen und dem Staat so die Verletzung verfassungsmäßiger Freiheitsrechte zu unterstellen . Namentlich der ehemalige Bundesvorsitzende der Partei >Die Republikaner** (REP) Franz SCHÖNHUBER griff das Thema z. B. in "Nation & Europa** wiederholt auf, um mit Hinweis auf vermeintliche sprachliche Tabuzonen in der öffentlichen Debatte angeblich verordnete Stigmatisierungen zu belegen . Diese Entwicklung gehe auf die kulturund machtpolitische Hegemonie der USA zurück, denen es mittels andauernder Umerziehung gelungen sei, den offenen politischen Diskurs in Deutschland zu verhindern 112). Auch Buchverlage des rechtsextremistischen Spektrums widmeten dem Thema einen beträchtlichen Teil ihres Angebots. So erschien in der "Nation Europa Verlag GmbH** die Schrift "Die Meinungsdiktatur. Wie 'demokratische' Zensoren die Freiheit beschneiden** . ln einem Tochterunternehmen des rechtsextremistischen "Grabert-Verlags**. der seine dominierende Marktstellung innerhalb des rechten Lagers bewahren konnte, erschien "Die Pervertierung der Meinungsfreiheit. Der Schleichweg in die Gesinnungsdiktatur** . Begriff der Als besondere Facette zur "Political Correctness** wurde der Terminus "Patrioten "Patriotenverfolgung ** eingeführt. Der Begriff steht auch im Mittelverfolgung" punkt des Sammelbandes "Unterdrückung und Verfolgung Deutscher Patrioten/ Gesinnungsdiktatur in Deutschland?", in dem dem Staat Rechtsbeugung und Untergrabung der Meinungsfreiheit vorge- w orfen wird. Die "Verlagsgesellschaft Berg " des rechtsextremistischen Publizisten Dr. Gert SUDHOLT widmete eine Sonderausgabe ihrer Publikation "Deutsche Geschichte** ausschließlich diesem Thema. Unter dem Schlagwort "Patriotenverfolgung ** hat sich seitdem eine regelrechte Kampagne gegen staatliche Initiativen zur Eindämmung des Rechtsextremismus entwickelt. Strafrechtliche Maßnahmen sowie Demonstrationsund --~* Versammlungsverbote werden zum Anlaß genommen, dem Leser das Bild eines die Meinungsfreiheit mißachtenden Unrechtsstaates zu vermitteln , der sich seiner politischen Gegner mit Hilfe der Gerichte zu entledigen sucht. "Staats briefe" ln der Zeitschrift "Staatsbriefe** des rechtsextremistischen Publizisten Hans-Dietrich SANDER findet sich 6/97 ~J:: ~A~ ~!'dd~~c~~nB~uÖi~ LogikdttWdtinnenpohtikDie Unterwerfung - Von dieses Argumentationsmuster unter Elem_enta_rgeistem und ~daen Spukges~ten - Zur amcrikamschen Sdbstcmschär:zung - Otc dcuuche MystikDer 17.Juni Wld die Feinde der Dcmokntie dem Begriff des "Rechtsverfalls** . Strafverfahren gegen extremistische STAATSBRIEFE Verlage und Autoren gelten den Rechtsextremistische Bestrebungen 119 **Staatsbriefen" als Indiz für den moralischen und politisch-materiellen Verfall der Bundesrepublik Deutschland, deren angeblich bevorstehender Untergang mit der Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Reichsidee verbunden wird. Die freiheitliche demokratische Grundordnung wird als ein von außen oktroyiertes , totalitäres Unrechtssystem diffamiert, dessen mangelnde Legitimität mittels einer politisch instrumentalisierten Justiz kaschiert werden soll. Einen großen Anteil rechtsextremistischer Literatur nahm die lagerinZiel: parteiüberterne Strategiedebatte ein: "Nation & Europa" und "Europa vorn" greifende Bündvotierten hierbei für parteiübergreifende Bündnisse. ln zahlreichen nisse im rechtsextremistischen Lager Kommentaren kritisierten ihre Autoren die aus der eigenen Zersplitterung resultierende Politikunfähigkeit des rechten Lagers. Die Angriffe richteten sich insbesondere gegen den taktischen Abgrenzungskurs der Partei "Die Republikaner" (REP) und ihres Bundesvorsitzenden Dr. Rolf SCHLIERER (vgl. Kap. VI, Nr. 1.2). Im Rahmen der rechtsextre"Sieipnir" Siegtraut Tesdorff Gabrief Andres mistischen Bündnisdiskussion Wolfgang Strauss Hanfried Müller fristet die Zweimonatsschrift Roger Garaudy Susanne Sarial "Sieipnir", deren Herausgeber Rigolt Henning wegen antisemitischer und reTarik E. Knapp Landgericht Stuffgart visionistischer Beiträge 1997 Paul Strohner Annemarie Kunz mehrfach strafrechtlich belangt Harun Abdel Nur wurde, weiterhin ein NischenKarl Eduard von Schnitz/er Bradley R. Smith dasein. Das selbsterklärte Ziel Eduard Peter Koch Horst Lummert der Publikation , linksund rechtsnationalistische Kräfte mit Sleipnir Blick auf vorgebliche ideologische Gemeinsamkeiten zu bündeln, blieb Fiktion. Ihr lagerüberZeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik 3. Jg. * Heft 1 * Januar/Februar 1997 greifendes Bündniskonzept fand keinen Anklang. IX. lntellektualisierung des Rechtsextremismus Rechtsextremistisches Gedankengut unterliegt zumeist dem Geruch Strategie der einer dumpfen Weltanschauung ohne intellektuellen Anspruch. Die"Kulturrevolution von Rechts" ses Werturteil verwehrt seinen Protagonisten den Zugang zu seriösen Debatten und schließt ihre Einflußnahme auf den politischen Diskurs weitgehend aus . Vor diesem Hintergrund bemühen sich rechtsextremistische Kräfte, die sich einer Strategie der "Kulturrevolution von Rechts" angeschlossen haben und Einfluß auf die demokratische Mehrheitskultur suchen, um eine lntellektualisierung des Rechtsextremismus. 120 Rechtsextremistische Bestrebungen Als die wichtigsten Strömungen gelten dabei die "Neue Rechte" und die "National revolutionäre ", Ideologievarianten des Rechtsextremismus, die sich - wenn auch von verschiedenen theoretischen Ausgangspositionen - gleichermaßen gegen die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wenden und langfristig auf die Abschaffung des demokratischen Verfassungsstaates zielen. "Neue Rechtecc Die Vertreter der "Neuen Rechten" berufen sich auf die "Konservative Revolution" und damit auf eine antidemokratische Bewegung in der Weimarer Republik, die versuchte, das Fundament der parlamentari - schen Verfassung mittels einer geistig -kulturellen Revolution zu untergraben . Die wichtigsten Vertreter dieser Strömung waren Edgar Julius Jung, Arthur Moeller van den Bruck und Carl Schmitt. Ihre konkreten Vorstellungen zielten auf die Etablierung eines cäsaristisch -autoritären Staates ab, der wesentlich vom Vorbild des italienischen Faschismus geprägt sein sollte. "NationalAnders als diese etatistische, also an einem starken Staat ausgerichrevolutionäre" tete Denkschule orientiert sich das Lager der "Nationalrevolutionäre<< am Ordnungsbegriff der völkischen Gemeinschaft. Auch bei ihnen gelten Intellektuelle aus der Zeit der Weimarer Republik wie etwa Ernst Niekisch oder Ernst von Salomon als geistige Vorbilder. Sie fordern die Abkehr vom politisch kulturellen Westen und die Hinwendung zu einem >>Neuen Nationalismus<< sowie die Etablierung einer homogenen Gemeinschaft; diese unterwirft das Individuum zwar nicht primär den Zwängen eines autoritären Staates, läßt es aber umso mehr in den Ansprüchen der Gemeinschaft aufgehen. Ziel: MeinungsBeide Ideologievarianten suchen die politisch-intellektuelle Debatte, führerschaft um die Meinungsführerschaft für ihre verfassungsfeindlichen Positionen zu gewinnen. Zahlreiche rechtsextremistische Publikationen bilden das Forum für diese lagerinterne Diskussion . Während etwa das Theorieorgan >>Sieipnir<< überwiegend Beiträge mit nationalrevolutionärem Zuschnitt publiziert, ist die Zeitschrift >>Staatsbriefe<< der >> Neuen Rechten << zuzuordnen. Der >>Grabert-Verlag<< (vgl. Kap. VIII) veröffentlicht übersetzte Schriften der französischen >>Neuen Rechten<<. Die Vertreter des intellektuellen Rechtsextremismus vermeiden es, ihre ideologischen Fernziele deutlich zu nennen und konkret die Forderung nach Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stellen. Ihre Taktik besteht vielmehr darin, die Grenzen zwischen konservativen Vorstellungen einerseits und extremistischen IdeoErosion der logieelementen zu verwischen. Die fundamentale Ablehnung der Abgrenzung zwidemokratischen Prinzipien und Institutionen wird im Sinne vorschen Demokraten getäuschter Gemeinsamkeit mit systemimmanenter Kritik getarnt. So und Extremisten werden etwa Teile der Schriften demokratischer Autoren als Versatzstücke in rechtsextremistische Agitationen einbezogen und systemimmanente Kritikansätze unausgewogen zitiert und stetig wiederholt. Rechtsextremistische Bestrebungen 121 Dadurch sollen ursprünglich demokratisch belegte Begriffe umgedeutet und zu Trägern extremistischer Inhalte umgewandelt werden. Diese Strategie verfälscht Beiträge einer für die Demokratie notwendigen reformerischen Debatte zu systemwidriger Polemik und verfremdet die eigentliche Intention ihrer Urheber. Zu dieser Erosion der Abgrenzung zwischen Demokraten und Extremisten trägt z.B. die Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit" bei. Sie bietet sowohl Demokraten als auch inund ausländischen Rechtsextremisten ein publizistisches Forum. X. Revisionismus Der zeitgeschichtliche Revisionismus blieb ein wichtiges rechtsextreVerbindendes mistisches Agitationsthema . Es handelt sich dabei um politisch motiElement im Rechtsextremismus vierte Versuche, das negative Geschichtsbild vom Nationalsozialismus durch einseitige oder verfälschende Darstellungen zu verändern, um ihn moralisch zu entlasten oder gar das Hitler-Regime zu verteidigen. Einerseits dient der Revisionismus dazu, die durch das NSMoralische Regime diskreditierte rechtsextremistische Ideologie von ihrem Makel Entlastung des zu befreien. Andererseits stellt der Revisionismus aber auch ein verNS-Regimes bindendes und mobilisierendes Element für die unterschiedlichen Strömungen des Rechtsextremismus dar. Unterschieden werden zwei Formen: Revisionismus im weiteren Sinn Revisionismus im umfaßt die Versuche der rechtsextremistischen Geschichtsmanipuweiteren Sinn lation: von relativierenden Vergleichen (z.B. AuschwitzBombardierung Dresdens) über die einseitige Hervorhebung angeblicher Leistungen der Diktatur (z.B. des Autobahnbaus) bis zur Leugnung von Ereignissen oder Zusammenhängen (z.B. Auslösen des Zweiten Weltkriegs). Revisionismus im engeren Sinn bezieht sich dagegen ausund im schließlich auf diein Deutschland strafbareBehauptung, es habe engeren Sinn keine Massenvernichtungen von Juden in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern gegeben. Schwerpunkte der Revisionisten waren Themen, die auch in der Medienberichterstattung und der Geschichtswissenschaft kontrovers diskutiert wurden: die Thesen des Politologen Daniel J. Goldhagen zum Holocaust 113l und Aspekte des durch die Wehrmachtsausstellung (vgl. Kap. I, Nr. 2) thematisierten Wirkens der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg . Dabei griffen Rechtsextremisten bewußt auch Kritik von wissenschaftlicher Seite auf und vermischten sie mit eigenen revisionistischen Auffassungen , um über diesen Weg ein breiteres Publikum anzusprechen. Mit der Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung am 1. März in München gelang Rechtsextremisten mit einem revisionistischen Thema die seit Jahren größte Veranstaltung. 122 Rechtsextremistische Bestrebungen Protestaktionen gegen die Wehrmachtsausstellung initiierte auch der 1982 wegen versuchter Anstiftung zum Mord und Rädelsführerschaft I in einer terroristischen Vereinigung verurteilte Neonazi Manfred ROEDER"). So veranstaltete er zuletzt anläßlich der Präsentat ion der Ausstellung in Marburg (Hessen) zusammen mit Gesinnungsgenossen am 21. September eine Kundgebung und führte am 1. Oktober eine Mahnwache durch. Als Leiter der von ihm 1971 gegründeten neonazistischen "Deutschen Bürgerinitiative e. V. " (OBI) verbreitete er auch 1997 seine **95 Thesen zum Lutherjahr".ln diesen Thesen bestreitet er vor allem die Schuld Deutschlands am Ausbruch des 2. Weltkrieges und wendet sich damit gegen angebliche Versuche, dem deutschen Volk mit Hilfe einer "Geschichtsmanipulation " ein kollektives Schuldgefühl zu verordnen. Holocaust wird Wegen der Strafbarkeit der Leugnung des Holocaust halten sich durch AndeuRechtsextremisten in Deutschland mit entsprechenden direkten tungen, Fragen Äußerungen zurück. Meist wird die Massenvernichtung der Juden oder Suggestionen in Zweifel gezogen nur durch Andeutungen, Fragen oder Suggestionen in Zweifel gezogen. Beispiele dafür bietet die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ), die auf der Titelseite Artikel mit Schlagzeilen wie "Das Geheimnis von Auschwitz - Tatsachen und Verfälschungen << 114) oder "Auschwitz: die Millionen-Fälschung - KZ -Lügen gegen Deutschland << 115) ankündigt (vgl. Kap. VI, Nr. 2). ln den Textbeiträgen selbst wird dann aber über Korrekturen durch Forschungsergebnisse seriöser Historiker, die den Holocaust gar nicht in Frage stellen , berichtet ; in den Schlagzeilen werden die überholten Auffassungen jedoch als Fälschungen bezeichnet. Dadurch wird dem Leser der Eindruck vermittelt, wenn es einzelne (angebliche) Fälschungen gegeben habe, dann sei auch der historische Ablauf des Vernichtungsprozesses an den europäischen Juden als Ganzes zweifelhaft. Strafverfahren Wegen der Leugnung des Holocaust gab es wieder mehrere Strafgegen verfahren. So verurteilte das Amtsgericht Herford den rechtsextremiRevisionisten stischen Verleger Udo WALENDY am 6. Mai wegen Volksverheizung in zwei Ausgaben der bis dahin von ihm herausgegebenen Schriftenreihe "Historische Tatsachen << zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung . Gegen den rechtsextremistischen Verleger Dr. Gert SUDHOLT erhob die Staatsanwaltschaft München im Juni Anklage wegen des Verdachts der Volksverheizung in dem im Februar beschlagnahmten Buch "Geheimakte Gestapo-Müller Band II " , das im rechtsextremistischen "Druffei-Verlag<< erschienen ist 116). Die Strafbarkeit der Leugnung des Holocaust dämmt die Aktivitäten der Revisionisten in Deutschland weitgehend ein. Um der Straf') Öffen11iches Interesse fanden zum Jahresende ROEDERs frühere Aktivitäten im *Deutsch-Russischen Gemeinschaftswerk* (DRG). Für das Jahr 1997 fielen - wie schon 1996 - aufgrund eines durch die russischen Behörden verhängten Einreiseverbots berichtenswerte Aktivitäten ROEDERs für die Organisation nicht mehr an. Rechtsextremistische Bestrebungen 123 vertolgung zu entgehen, haben führende Revisionisten ihren Wohnsitz Revisionistiins Ausland verlegt. Hierzu gehören neben Germar SCHEERER (geb . sches Propagandamaterial aus dem RUDOLF). Autor des den Holocaust leugnenden pseudowissenAusland schaftlichen **Rudolf-Gutachtens<<, der Österreichische Revisionist Gerd HONSIK und der Schweizer Jürgen GRAF. Der Österreichische Rechtsextremist Walter OCHENSBERGER betätigt sich weiterhin als Verleger und Herausgeber der revisionistischen Schriften **Phoenix'' und **Top Secret". Diese Revisionisten verbreiten ihr Propagandamaterial aus dem Ausland und nutzen verstärkt das Internet. Einer der weltweit agierenden ReviErnst ZÜNDEL sionisten ist der in Kanada lebende Deutsche Ernst ZÜNDEL, der seine Propaganda u.a. über seine InternetHornepage **Zündelsite'' verbreitet. Hier können Dokumente abgerufen werden mit Titeln wie **Auschwitz: Mythen und Fakten''* **Die Holocaust-Religion*<, **Holocaust? Welcher Holocaust?" oder auch - unter der Rubrik **Deutsche Helden der Vergangenheit" - **Rudolf Hess: Der Märtyrer unseres Jahrhunderts" . Zu einem größeren Vertreiber revisio"Vrij Historisch nistischen Propagandamaterials hat Onderzoek" (V.H.O.) sich auch die in Belgien ansässige Organisation "Vrij Historisch Onderzoek" (V.H.O., **Freie Historische Forschung") entwickelt. Sie verfl/"~h~ breitet alle gängigen, teilweise in fJ a~ ci') id)1!s1~.t~.sr~W Deutschland beschlagnahmten oder indizierten revisionistischen Veröffentlichungen , u.a. auch die Schriftenreihe ** Historische Tatsachen". Im März gab die V.H.O . erstmals die Zeitschrift **Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung " (VffG) heraus. Der presserechtlich verantwortliche Belgier Herbert VERBEKE bietet darin bekannten Revisionisten wie SCHEERER, dem Briten David IRVING oder dem Fran - zosen Robert FAURISSON ein 124 Rechtsextremistische Bestrebungen Forum für ihre Agitation. Dabei versucht er, der Schrift den Anschein von Seriosität und Wissenschaftlichkeit zu geben. Zu den Veröffentlichungen der V.H.O. gehört auch die sich ebenfalls auf die GoldhagenDebatte beziehende Broschüre **Eine deutsche Antwort auf die Goldhagen-und Spielberglügen", in der die gängigen, den Holocaust leugnenden Behauptungen zusammengefaßt werden . Der Leser der Broschüre soll weitere Exemplare bestellen und sie in Form eines "Schneeballsystems" verbreiten. XI. Internationale Verbindungen Deutsche Rechtsextremisten unterhalten Kontakte zu ausländischen Gesinnungsgenossen aus unterschiedlichen Gründen. Im Vordergrund steht dabei oft die Produktion und der Vertrieb von Propagandamaterial insbesondere für die neonazistische und die Skinhead-Szene (vgl. Kap. IV, Nr. 2), da Herstellung und Vertrieb sol - chen Materials in anderen Staaten in der Regel nicht mit Strafe bedroht sind. Auch haben deutsche Rechtsextremisten im Ausland seltener mit Demonstrationsverboten zu rechnen , was in Teilen der rechtsextremistischen Szene zu einer regen grenzübergreifenden Zusammenarbeit geführt hat. 1. Internationale Treffen Deutsche Rechtsextremisten beteiligten sich u.a. an folgenden internationalen Veranstaltungen: * Am 16. August veranstaltete die "Dänische Nationalsozialistische Bewegung" (DNSB) in Köge (Dänemark) eine internationale "HeBKundgebung". An der Veranstaltung nahmen etwa 140 Personen aus Skandinavien, den Niederlanden und Deutschland teil. Nach Ausschreitungen mit Gegendemonstranten wurden 24 Rechtsextremisten festgenommen. * Am 30./31. August fand in Diksmuide (Belgien) die 70 . **ljzerbedevaart" flämischer Patrioten mit ca. 3.000 Besuchern statt. Zu dem **internationalen Kameradschaftstreffen" am Vorabend der Veranstaltung waren rund 140 Rechtsextremisten angereist, davon etwa 80 aus Deutschland. 13 Deutsche wurden bei Kontrollen durch die belgisehe Polizei vorläufig festgenommen und drei unmittelbar nach der Festnahme abgeschoben. * An der Eröffnungsveranstaltung der "21. Gästewoche" des deutschen "Freundeskreises Ulrich von Hutten e.V. " und der Österreichischen "Deutschen Kulturgemeinschaft Österreich<< vom 30. August bis zum 6. September in Altenberg (Sachsen) nahmen rund 150 Deutsche teil. Rechtsextremistische Bestrebungen 125 * Am Rande der traditionellen "Uirichsberg"-Gedenkfeier zu Ehren der gefallenen Soldaten beider Weltkriege am 5. Oktober in der Nähe von Klagenfurt (Österreich) fanden sich etwa 70 Rechtsextremisten aus verschiedenen Ländern ein, darunter ca. 30 Deutsche. * Zu den Gedenkfeiern zum Todestag von General Francisco Franeo vom 21. bis 23. November reisten annähernd 100 deutsche Rechtsextremisten nach Spanien - vor allem Mitglieder der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und der "Jungen Nationaldemokraten" (JN). 2. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/ Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) gegründet: 1972 Sitz: Lincoln (Nebraska/USA) Vorsitzender: Gary Rex LAUCK Publikation: "NS Kampfruf", unregelmäßig Als weltweite Zentrale für die Verbreitung von neonazistischem Propagandamaterial hat die "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO) seit der Inhafti erung ih res "Propagandaleiters" Gary Rex LAUCK weiter an Bedeutu ng verloren 117l. 1997 erschienen lediglich drei Ausgaben des "NS Kampfrufs", der deutschsprachigen Publikation der NSDAP/AO. Auch fü r diese Ausgaben zeichnete ein "Europa-Ausschuß der NSDAP/AO" verantwortlich . Dem Ausschuß, der von dem niederländischen Neonazi Eite HOMAN geleitet wird, gehören deutsche und niederl ändische Rechtsextremisten an. HOMAN versteht sich als Ko - ordinator der NSDAP/AO für Europa und führt die rassistische und tei lweise militante Agitation LAUCKs fort. So heißt es im "NS Kampfruf": "Unser Feind ist in erster Linie das Bonner und Wiener Judensystem und seine Lakaien, (... ). Der Nationalsozialismus ist eine Idee, die Lehre des Lebens , die sich nicht wie T-Hemd anund ausziehen läßt. Er ist keine Modeerscheinung, wie die kurzlebigen Subkulturen der dekadenten Demokraturen. (... ) Dieser Idee, dieser grandiosen Lehre des Lichts und des Lebens, stemmen sich weltweit ganze Armeen von Untermenschen entgegen ." (** NS Kampfruf" Nr. 117/ 1997, S. 1 , 2) 126 Rechtsext remistische Bestrebungen XII. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder/ Anhänger Publikationen (einschl. - einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) Erscheinungsweise und Auflage - z.T. geschätzt) 1997 (1996) "Arndt-Verlag " - Martensrade/ Krs. Plön - "Castel del Monte-Verlag" "Staatsbriefe" -München- - monatlich - -1.000"Europa vorn Verlag" "Europa vorn" - Eschweiler- - vierzehntägig - -5.000"Grabert-Verlag" "Deutschland in - TübingenGeschichte und Gegenwart" - vierteljährlich - -3.000"Euro-Kurier" - zweimonatlich - "Nation Europa Verlag GmbH" "Nation & Europa - - CoburgDeutsche Monatshefte" - - monatlich - -15.000"Verlag der Freunde" (VdF) "Sieipnir" - Berlin- - zweimonatlich - -1 .000"VGB Verlagsgesellschaft "Deutsche Geschichte" Berg mbH" - sechsmal jährlich - - Berg am Starnberger See - - 10.000- Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 128 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern I. Überblick Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern in Deutschland spiegeln in erster Linie politische Vorgänge in den jeweiligen Herkunftsländern wider. Vor allem extremistisch-islamische (islamistische) Gruppierungen türkischen und arabischen Ursprungs haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die meisten dieser Organisationen versuchen, die mehr oder weniger westlich orientierten Regierungssysteme in ihren Heimatländern durch islamistische Staatsgefüge, die auf dem Koran und der Scharia (dem islamischen Rechtssystem) basieren, zu ersetzen. Während für die Mehrzahl der arabischen lslamisten Gewaltanwendung ein opportunes Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele ist, setzen derzeit türkische lslamisten zumeist noch auf politische Aktivitäten zur Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Türkei. Die Anhänger des Islamismus 118 1 betrachten ihre Konzepte als Ausdruck eines unverfälschten Islam. Die authentischen Quellen Koran und Sunna (Lebensregeln des Propheten Mohammed und Praxis in der Ausbreitungsphase des Islam) enthalten nach ihrer Auffassung die vollkommene, unteilbare Wahrheit, die keiner Interpretation bedarf. ln ihnen sei das aktive Wirken Gottes enthalten. Deshalb dürfe sich der Mensch nicht mit seiner inneren Überzeugung begnügen, sondern müsse nach praktischer Verwirklichung der islamischen Ordnung streben. Aus diesem theoretischen Konzept ergäben sich somit konkrete politische Handlungskonzepte. Wegen der Unteilbarkeit dieser islamischen Weltordnung ist - so Islamistische Ideologen - das Parteiensystem abzuschaffen . Es erzeuge "die Einheit zerstörende Gegensätze" . Nach Meinung seiner Verfechter entspricht der Islamismus als einziges gesellschaftliches System in allen Aspekten vollständig der "menschlichen Natur" und ist eine uni - versale, ideale Weltordnung. Kommunismus und Kapitalismus werden gleichermaßen als ungeeignet angesehen, das Wohlergehen der Menschen zu gewährleisten. Nach dem Versagen des Kommunismus stehe das Ende des Kapitalismus, der den Westen in Dekadenz und Unmoral geführt habe, ebenfalls bevor. "Natürlicher" Erbe werde der Islamismus sein. Die linksextremistischen Ausländergruppierungen verfolgen - bei unterschiedlichen strategischen und taktischen Konzepten - letztlich das Ziel , die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung in ihren Heimatländern zu beseitigen und durch eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaftsordnung zu ersetzen. Einige dieser Organisationen halten an **klassischen<< marxistisch-leninistischen Überzeugungen fest, andere folgen maoistischen Positionen. Zur ideologischen Basis dieser Gruppen zählt stets auch eine "antiimperialistische<< Grundhaltung. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 129 Bei einigen Ausländergruppierungen (z .B. kurdischen und tamilischen Ursprungs) treten linksextremistische Orientierungen zunehmend gegenüber ethnisch motivierten Unabhängigkeitsforderungen in den Hintergrund. Von extrem-nationalistischen Ausländergruppierungen gingen 1997 keine bedrohlichen Aktivitäten gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus. Das Potential extremistischer Ausländerorganisationen stieg 1997 geringfügig auf 58.200 Personen (1996: 57.300). Die Zahl der Gewalttaten ausländischer Extremisten ist zurückgegangen. Ursächlich für diese Entwicklung ist der Wandel im taktischen Verhalten kurdischer Extremisten. Oie Gewaltbereitschaft türkischer Linksextremisten ist dagegen nach wie vor hoch. Oie linksextremistischen türkischen Gruppierungen gefährden auch Militante Ausländer weiterhin durch ihreteilweise fanatischeMilitanz die innere Sicherbedrohen nach wie vor die innere heit der Bundesrepublik Deutschland. Besonders augenfällig sind die Sicherheit seit Jahren auch in Deutschland ausgetragenen Flügelkämpfe in der verbotenen "Oevrimci Sol<< (Revolutionäre Linke). Bei diesen Auseinandersetzungen kam es im Sommer in Frankfurt/ M. und Harnburg zu sechs Schußwaffenanschlägen mit auch lebensgefährlichen Verletzungen der Opfer. Ein Ende der Rivalitäten ist nicht abzusehen . Auch bei den regelmäßig durchgeführten Spendenkampagnen, Haupteinnahmequelle beider Flügel der "Oevrimci Sol<<, wurden wieder zahlreiche Personen geschädigt. Die Anhängerschaft beider Flügel der "Oevrimci Sol << unter den in Deutschland und anderen europäischen Ländern lebenden Türken blieb ein Reservoir, aus dem die terroristischen Aktivitäten im Heimatland propagandistisch und finanziell unterstützt werden. Bei der "Türkischen Kommunistischen Partei (Marxisten-Leninisten)<< (TKP (ML)) kam es, anders als 1996, nicht zu gewaltsamen Reaktionen auf Ereignisse im Heimatland. Auch zwischen Anhängern der "Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei << (MLKP) und ihrer Abspaltung ** Kommunistische Partei - Aufbauorganisation << (KP-IÖ), unterblieben größere Gewalttaten, die noch 1996 ein Todesopfer gefordert hatten. Die Anhänger der "Arbeiterpartei Kurdistans << (PKK) hielten sich weitgehend an die vom Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN gegebenen Weisungen und ließen von militanten Aktionen ab. Nach der öffentlichen Ankündigung ÖCALANs im Mai 1996, künftig in Deutschland gewaltfrei agieren zu wollen und den politischen Dialog zu suchen, kames-anders als in den Jahren davor - nur noch vereinzelt zu Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen ; Straßen - krawalle und die früher häufigen Serien von Brandstiftungen und 130 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Sachbeschädigungen blieben völlig aus. Auch die am 14. Mai einsetzende Frühjahrsoffensive der türkischen Armee gegen Kämpfer der PKK im Nordirak führte - anders als bei vergleichbaren militärischen Aktionen der Türkei in früheren Jahren - in Deutschland nicht zu gewalttätigen Protestaktionen. Der Gewaltverzicht der PKK erstreckt sich allerdings nicht auf die Regelung "parteiinterner Angelegenheiten". Hier wird unverändert nicht auf körperliche Bestrafung von "Verrätern " und auf Spendengelderpressungen verzichtet. Unter den islamistischen Gruppierungen ist die türkische "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. " (IGMG) wegen der Zahl ihrer Anhänger (26.500 Personen) 119l und wegen ihres Organisationsgrades weiterhin von besonderer Bedeutung. Ihre politischen Ziele , die Abschaffung des Laizismus in der Türkei und die lslamisierung der türkischen und langfristig aller Gesellschaften , in denen Muslime leben, verfolgte die IGMG durch aktive politische und gesellschaftliche Betätigung in Deutschland und anderen europäischen Ländern sowie durch Unterstützung der türkischen islamistischen "Wohlfahrtspartei " (RP). Die IGMG profitiert in besonderem Maße von Problemen bei der Integration hier lebender Türken. Soziale Schwierigkeiten werden als Agitationsthemen aufgegriffen und als Ausweg die "Solidargemeinschaft der Muslime" angeboten. Nach den (Selbstmord-) Anschlägen islamistischer arabischer Organisationen in Israel Ende Juli und Anfang September wuchs die Gefahr von Anschlägen gegen israelisch/jüdische Ziele auch außerhalb der Region. ln Deutschland lebende Anhänger solcher Gruppierungen, darunter die palästinensische HAMAS ("Islamische Widerstandsbewegung ") und die libanesische "Hizb Allah" (Partei Gottes), agitieren auch hier gegen den Staat Israel und fordern u.a. die Befreiung Jerusalems als "heiliger Stadt" der Muslime. Die Bedrohung deutscher Sicherheitsinteressen durch die algerische "Islamische Heilsfront" (FIS) und die "Bewaffnete Islamische Gruppe" (GIA) blieb gering. Deutschland dient den Anhängern dieser Gruppierungen nach wie vor als logistisches Hinterland und als Rückzugsraum. Auch die Verurteilung von vier algerischen lslamisten , darunter zwei Söhne des FIS-Führers MADANI , durch das Oberlandesgericht Düsseldorf am 23. Juni zu Freiheitsstrafen zwischen elf und 32 Monatenu.a. wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz - hat nicht zu einer Radikalisierung algerischer lslamisten in Deutschland geführt. Den Mordanschlag der islamistischen "Jamaa lslamiya" am 17. November in Luxor (Ägypten) auf ausländische Besucher, darunter auch Touristen aus Deutschland , sah ein Teil der Anhänger arabischer islamistischer Organisationen in Deutschland als gerechtfertigte Aktion zur Verteidigung des Islam; andere befürchteten , daß sich Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 131 durch solche Taten die Situation der muslimischen Flüchtlinge und Asylsuchenden in Deutschland verschlechtern könne. II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Personenpotential 120 I Struktur und Anhängerzahl extremistischer Ausländerorganisationen in Deutschland haben sich 1997 nicht wesentlich verändert. Das Mitgliederund Anhängerpotential der 61 Organisationen 121 1, darunter zwei, gegen die Verbotsmaßnahmen nach dem Vereinsgesetz verfügt wurden, stieg geringfügig auf etwa 58.200 (1996: 57.300). Die islamistischen Organisationen von Ausländern bilden mit zusammen etwa 31.000 Personen unverändert das größte extremistische Potential. Stärkste Gruppe blieb die türkische "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." (IGMG) mit etwa 26.500 fest in die Organisation eingebundenen Personen; darüber hinaus verfügt sie über mehrere zehntausend Sympathisanten und Unterstützer. Der türkische "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) verlor aufgrund anhaltender interner Querelen an Anhängern und Interesse; die Zahl der Mitglieder ging auf etwa 1.300 (1 996: 1 .500) zurück. Unter den linksextremistischen Gruppierungen konnten die türki - schen kommunistischen Parteien und Kaderorganisationen ihr An - hängerpotential halten. Die seit 1983 verbotene türkische "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) verzeichnete sogar einen leichten Anhängerzuwachs auf etwa 1 .300 Personen (1 996: 1.200). Weiteren Zulauf hatte auch die 1993 mit einem Betätigungsverbot belegte **Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Sie hat nunmehr nahezu 11.000 Anhänger (1996: etwa 10.000). Das extrem-nationalistische Spektrum blieb mit etwa 8.000 Mitgliedern (1 996: 7 .800) nahezu unverändert. Hervorzuheben ist, daß die Mitglieder und Unterstützer extremistischer und terroristischer Ausländergruppierungen unter den insgesamt mehr als 7,3 Millionen in Deutschland lebenden Ausländern nur eine kleine Minderheit darstellen. Ihr Anteil beträgt weniger als ein Prozent. 132 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Potential extremistischer Ausländerorganisationen *l S taatsangehörigkeit Linksextremisten Extreme lslamisten Gesamt bzw. Nationalisten Volkszugehörigkeit Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Gruppen Personen Kurden"! 1997 22 11.800 22 11.800 1996 22 10.800 22 10.800 1995 19 9.550 19 9.550 Türken"! 1997 9 5.400 1 7.000 5 28.100 15 40.500 1996 g 5.300 1 6.900 5 28.300 15 40.500 1995 13 4.770 1 6.000 4 29 .400 18 40.170 Araber 1997 4 300 11 2. 500 15 2.800 1996 8 750 11 2.300 19 3.050 1995 8 750 8 2.1 00 16 2.850 Iraner 1997 1 900 1 200 2 1.100 1996 1 850 1 300 2 1.150 1995 2 940 1 300 3 1.240 Sonstige 1997 4 1.000 3 1.000 7 2.000 19g6 4 goo 3 900 7 1.800 1995 6 790 3 900 9 1.690 Summe 1997 40 19.400 4 8.000 17 30.800 61 58.200 1996 44"1 18.600 4 7.800 17 30. 900 65 57.300 1995 48"1 16.800 4 6.900 13 3 1.800 65 55. 500 ') Die Zahlenangaben sind zum Teil geschätzt und gerundet. ") Abweichend von den Vorjahresberichten werden auch verbotene Gruppen gezählt. Daher weichen die Vergleichszahlen für 1995 und 1996 von den Angaben in den Verfassungsschutzberichten 1995 und 1996 ab . 2. Straftaten/ Gewalttaten Nach wie vor wurde die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland auch durch extremistische Ausländerorganisationen gefährdet. Bei der Zahl der von ihnen verübten Gewalttaten war 1997 allerdings eine rückläufige Tendenz festzustellen . Insgesamt 314 Gewalttaten (1 996: 349) wurden erfaßt. Die Gesamtzahl der von Mitgliedern und Anhängern dieser Organisationen verübten Straftaten stieg von 1.470 im Vorjahr auf nun 1.608 Straftaten an; dies bedeutet einen Zuwachs um ca. 9%. Die Mehrzahl dieser Organisationen ist im Herkunftsland auch aktuell in terroristische Aktivitäten verstrickt. Ein Teil der Mitglieder dieser Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 133 Organisationen in Deutschland war früher selbst an Guerillaeinsätzen beteiligt oder beabsichtigt, künftig daran teilzunehmen. Zurückhaltung oder Verzicht auf militantes Vorgehen gegen deutsche Interessen oder gegen Einrichtungen des Herkunftslandes in Deutschland entscheiden diese Organisationen weitgehend nach taktischen Erwägungen mit Blick auf ihre Erfolge oder Mißerfolge im Kampfgebiet, nicht aus Respekt vor der Rechtsordnung des Landes, in dem sie leben. So hielten sich die Anhänger der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) auf Weisung des PKK-Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN in der Erwartung , so eher politische Unterstützung für die Interessen türkischer Kurden erlangen zu können , weitgehend mit Angriffen auf türkische Einrichtungen in Deutschland und mit sonstigen Gewalttaten zurück. Auch die türkischen linksextremistischen Kaderorganisationen verzichteten, anders als im Vorjahr, darauf, Hungerstreiks und andere Protestkampagnen ihrer Mitglieder in der Türkei in Deutschland aufzugreifen und hier u.a. mit Serien von Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen zu unterstützen. Auch 1997 forderten Gewalttaten ausländischer Extremisten Todesopfer. So wurde am 25 . April in Harnburg im Zusammenhang mit Spendensammlungen mutmaßlicher Anhänger der linksextremisti - schen türkischen "Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) ein türkischer Staatsangehöriger erschossen. Am 8. Mai wurde in Berlin der Anführer eines Flügels des islamistischen türki - schen "Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. , Köln " (ICCB) erschossen. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Flügeln der linksextremistischen türkischen "Devrimci Sol " (Revolutionäre Linke) dauerten auch 1997 an . Dabei kam es im Sommer zu zahlreichen Überfällen, Schlägereien und auch Schußwaffengebrauch; mehrere Personen wurden lebensgefährlich verletzt. Der größte Teil der Gewalttaten - Erpressungen und Körperverletzungen -war bei den Spendenkampagnen extremistischer türkischer und kurdischer Organisationen und bei Streitigkeiten solcher Gruppierungen untereinander zu beobachten . Die Zahl der Körperverletzungen und Erpressungen stieg gegenüber dem Vorjahr leicht an. Bei den in der nachfolgenden Übersicht aufgeführten "Anderen Straftaten" handelt es sich zum großen Teil um Verstöße von Anhängern linksextremistischer kurdischer und türkischer Gruppierungen gegen das Vereinsgesetz. 134 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Übersicht über Gewalttaten und sonstige Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund') 1996 1997 Gewalttaten: Tötungsdelikte 2 2 Versuchte Tötungsdelikte 0 9 Körperverletzungen 63 98 Brandstiftungen 120 18 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 2 Landfriedensbruch 27 7 Freiheitsberaubungen 15 17 Raub/Erpressungen 120 162 gesamt 349 314 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 213 166 Nötigung/Bedrohung 90 99 Andere Straftaten ") 818 1.029 gesamt 1.121 1.294 Straftaten insgesamt 1.470 1.608 Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) (Stand: 27.01.1998). Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde auch für den Vo~ahreszeitraum auf Zahlen des BKA zurückgegriffen; sie sind daher nicht identisch mit den im Verfassungsschutzbericht 1996 veröffentlichten Zahlen. Die Zahlen für 1996 und 1997 sind nur bedingt vergleichbar, weil in einem Bundesland im Jahre 1997 Nacherfassungen auf Grundlage einer Neubewertung der Angaben des "Kriminalpolizeilichen MeldedienstesStaatsschutz" (KPMD-S) erfolgten. Die Übersicht enthält ausgeführte und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt Sind zum Beispiel während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. **) Überwiegend Verstöße gegen Verbote nach dem Vereinsgesetz. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 135 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem ausländerextremistischem Hintergrund - in den Ländern - NordrheinWestfalen SachsenAnhalt Sachsen RhoinlandPfalz Saarland Mecklenburg- 1 3 Vorpommern 11 0 Brandenburg 103 f I Schleswig- 2 Holsteif1 4 Thüringen -.02 f 20 40 # 80 100 120 140 . 1996 . 1997 136 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 111. Agitationsund Kommunikationsmedien 1. Periodische Publikationen Die Anzahl der von extremistischen Ausländergruppierungen verbreiteten periodisch erscheinenden Publikationen blieb mit 84 (1 996: 82) nahezu unverändert. Die meisten Schriften (58 gegenüber 54 in 1996) wurden von linksextremistischen Organisationen herausgegeben, gefolgt von den islamistischen Organisationen mit 22 (1 996: 22) und den extrem-nationalistischen Organisationen mit 4 (1996: 6). Die meisten Publikationen wurden wieder von den türkischen und kurdischen Gruppen verbreitet (28 bzw. 15). 2. Neue Kommunikationsmedien/Internet Extremistische Für extremistische Ausländergruppierungen , deren Mitglieder und AusländerAnhänger oft über viele Länder verstreut sind und deren führende gruppierungen nutFunktionäre politische Erklärungen und Aktionsanweisungen oft nur zen das Internet zunehmend als aus sicherem Aufenthalt im Exil verbreiten können, ist die unbehinPropagandaderte und unbeobachtete Kommunikation ein zentrales Thema. Das instrument Internet bietet nicht nur Möglichkeiten zur schnellen , bequemen und kostengünstigen Verbreitung von Propagandaschriften , sondern auch zum direkten , von keiner Grenzkontrolle wahrzunehmenden Informationsaustausch - ohne gefährliche Reisen , ohne konspirative Treffs und ohne Festnahmerisiken. Derzeit wird das Internet überwiegend als Propagandainstrument genutzt. Es muß allerdings davon ausgegangen werden , daß extremistische Ausländergruppierungen dieses Medium aufgrund der Verschlüsselungsmöglichkeiten auch zur unbeobachteten Steuerung ihrer Organisation und Aktivitäten einsetzen. Dies schließt die Vorbereitung und Durchführung militanter Aktionen mit ein. Nahezu alle in Deutschland aktiven Vereinigungen und Organisationen extremistischer Ausländer betreiben schon jetzt über das Internet Werbung und Agitation . Informationen von und über solche Organisationen sind sowohl im "World Wide Web" 0JVWW) als auch in den Newsgroups (Nachrichtenbrettern) zu finden. Die Datenbestände sind meist auf Rechnern im Ausland abgelegtin Ländern, in denen wegen Verbreitung politisch-extremistischer Propaganda entweder keine oder wesentlich schwächere Sanktionen drohen als in Deutschland. Auch bei der Erstellung von Parteizeitungen und Propagandaschriften werden die elektronischen Medien genutzt. Textentwürfe werden unter Nutzung des Internet an die Auslandsredaktionen gesandt. Von Mitgliedern der Organisationen in Deutschland verfaßte Beiträge werden Parteizentralen und Führungsgremien per "e-mail "122l zur Billi- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 137 gung zugeleitet, bevor die DHKP-C: Auslandsausgaben von Par- 1 ie1~eaprltler ro*vflluhslmlc ~~~~~~~~ de. V~~ .. ~ tn der führ* DHKPfC Kt; * mnwrll~l teiorganen in den Druck ge~-------.---- - hen. -----------Unter den extremistischen Ausländerorganisationen aus . t der Türkei nutzt vor allem die " .;- ( ~- . ~ ** Revolutionäre Volksbefrei'"* . * ' ,Jf ' ; --; ungspartei-Front" (DHKP-C) , eine der Spaltergruppen der "Devrimci Sol<< (Revolutionäre Linke), schon seit Jahren und mit beachtlicher ProfessionaRevolutionären Volks Befreiungs Partei - Front lität elektronische Medien für . _ . _ .. . . . . . . DHt:P/C........r.iapa ......, ......... OliiC9JifiBIL'JBD>trpRIMI!IJ!!)H* ...... . . . , . . . . ......._. .......... ~ ... DIJICPf('.& .......... ""t._.~ ... -6l.wJIIdl._lil&._~ ihre politische Arbeit. ...........,-__._...._ .. ...._...._..,_..._~...,...,.._. _.,rnqsr.c .,rQW* t*r&ulillt,.._..., DIIIO'IC Die DHKP-C ist im Internet mit einer eigenen Homepage 1231mit Texten in türkischer, englischer und deutscher Sprachevertreten. Die Gruppe verbreitet darin u.a. programmatische Erklärungen, Berichte über ihre bewaffneten Aktionen , über die Situation ihrer Genossen in türkischen Haftanstalten und über innenpolitische Vorgänge in der Türkei. Ferner berichtet sie über revo lutionär-marxistische Bewegungen in anderen Ländern und über deren "Kampf gegen den Imperialismus'' * Auch die "Arbeiterpartei Kurdistans<< (PKK) stellt über mehrere ihrer Nebenund Teilorganisationen Propagandamaterial ins Internet ein. Ein großes Angebot zur Kurdistan-Problematik wird über die Internetseiten der PKK-nahen Medien .. özgür Politika<< (Freie Politik) und "MED-TV<< zum Abruf bereitgestellt. Auf islamistische Gruppierungen gibt es im Internet ebenfalls Hinweise. So enthalten Adressenverzeichnisse islami - scher Vereinigungen und Institutionen in Deutschland auch Adressen islamistischer Gruppierungen und Einrichtungen, z.B. von Mitgliedsvereinen der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. " (IGMG) und mehrerer "Islamischer Zentren <<. Inhaltsverzeichnis der FIS-Publikation "AI-Ribat<< (Das Band/Die Verbindung) lll> 138 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Darüber hinaus präsentieren sich islamistische Gruppierungen wie die "Muslimbruderschaft" (MB) , die algerische "Islamische Heilsfront" (FIS) , die libanesische "Hizb Allah " (Partei Gottes) und auch ehemalige "Afghanistankämpfer" aus dem Nahen Osten und Ländern Nordafrikas mit eigenen Homepages im Internet. Die Hornepage der FIS - in Französisch und Arabisch abgefaßt - enthält u.a. Auszüge aus der FIS-Publikation "AI-Ribat" (Das Band/ Die Verbindung), ferner "Kommuniques" der FIS und Beiträge zu aktuel - len politischen Vorgängen in Algerien. Es gibt Anhaltspunkte, daß Anhänger der FIS und auch der in Al - gerien terroristisch operierenden "Bewaffneten Islamischen Gruppe" (GIA) Informationen über **e-maii"-Adressen mit Gesinnungsgenossen in anderen europäischen Ländern austauschen. IV. Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 1. Türken (ohne Kurden) 1.1 Überblick Linksextremistische und extremistisch-islamische Organisationen prägen das Bild des türkischen politischen Extremismus in Deutschland. Die Aktivitäten extrem-nationalistischer türkischer Organisationen stagnieren seit Jahren. Bezogen auf die Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Türken (mehr als 1 ,5 Mio. ohne Kurden) ist die Zahl der fest in extremistische Gruppen eingebundenen Personen (über 40.000 , ohne Kurden) nach wie vor gering. Insbesondere die linksextremistischen türkischen Gruppierungen blieben aber mit ihrer hohen Militanz eine Gefahr für die innere Sicherheit. Zwar waren Serien von Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen im Bundesgebiet , wie sie sich noch 1996 aus Anlaß eines Hungerstreiks von in der Türkei inhaftierten Anhängern dieser Organisationen ereignet hatten, nicht zu verzeichnen. Die seit Jahren in Deutschland gewaltsam, oft auch mit Schußwaffen ausgetragenen Flügelkämpfe innerhalb der verbotenen "Devrimci Sol<< (Revolutionäre Linke) setzten sich aber fort. Die größere der beiden extremistisch-islamischen Organisationen, die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. << (IGMG), mühte sich, Nutzen aus der Beteiligung einer islamistischen Partei in der türki - schen Regierung zu ziehen und ihren Einfluß unter den türkischen Muslimen in Deutschland zu mehren. Im islamistischen "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. , Köln << (ICCB) endeten monatelange Streitigkeiten um die Führungsrolle (Kalif) 124 l im Verband , als bisher unbekannte Täter den selbsternannten "Gegenkalifen<< erschossen. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 139 1.2 Linksextremisten 1.2.1 **Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) gegründet: 1978 (in der Türkei) Anhänger: in Deutschland ca. 1.300 (1996 : 1.200) Die Organisation ist gespalten in: "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) - Basisdaten für Deutschland - Leitung: Funktionärsgruppe Publikationen: u.a. **Halk Iein Kurtulus" (Befreiung für das Volk), wöchentlich "Türkische Volksbefreiungspartei/-frontRevolutionäre Linke" {THKP/-C - Devrimci Sol) - Basisdaten für Deutschland - Leitung: Funktionärsgruppe Publikationen: u.a. "Devrimci Cözüm" (Revolutionäre Lösung), monatlich Die 1978 gegründete "Devrimci Sol " wurde 1983 in der Bundesrepublik Deutschland verboten. Seit Ende 1992 ist sie in die Flügel "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) - sog . KARATAS-Fiügel 125l - und "Türkische Volksbefreiungspartei/ -frontRevolutionäre Linke" (THKP/ -C - Devrimci Sol) - sog. YAGANFiügel 126l - gespalten. Die seit Jahren in der Türkei terroristisch aktive "Devrimci Sol " versteht sich als marxistisch -leninistische Volksbewegung , die mit Hilfe bewaffneter Aktionen das türkische Staatsgefüge zerschlagen und eine revolutionäre Umwälzung der türkischen Gesellschaft erreichen will. ln einer im Sommer veröffentlichten "Volksverfassung " nennt die DHKP-C als Ziel die Errichtung einer "demokratischen Republik" , eines multiethnischen Staates, der türki - sche, kurdische und andere Völker einbeziehe. Die Terroranschläge der "Devrimci Sol " in der Türkei richten sich bevorzugt gegen türki - sche Sicherheitskräfte und staatliche Einrichtungen. So verübte die Gruppe z.B. im Juli mit Panzerfäusten Anschläge auf ein Militärcasino und auf das Polizeipräsidium in lstanbul. ln Deutschland verfügen DHKP-C und THKP/ -C - Devrimci Sol Bewaffnete zusammen über etwa 1.300 Anhänger. Der KARATAS-Fiügel (DHKPFlügelkämpfe fordern erneut C) ist größer und bei weitem aktiver als der YAGAN-Fiügel (THKP/ -C mehrere Opfer - Devrimci Sol) . Die seit der Spaltung der Organisation auch im Bundesgebiet gewaltsam ausgetragenen Kämpfe um die jeweiligen regionalen Einflußsphären forderten 1997 weitere Opfer. So kam es 140 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern im Sommer in Frankfurt/ M. und Harnburg zu wechselseitigen Überfällen, auch unter Einsatz von Schußwaffen; mehrere der Beteiligten wurden lebensgefährlich verletzt. Bei einer Fahndung konnte am 12. September in Harnburg der mutmaßliche Europaleiter der DHKP-C festgenommen werden. ln dem von ihm benutzten Pkw fand die Polizei u.a. einen Revolver und Munition . Bereits seit 1995 führt der Generalbundesanwalt (GBA) gegen die DHKP-C ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Seit 1996 ist ein solches Verfahren auch gegen die THKP/ -CDevrimci Sol anhängig. Ein Ende der Auseinandersetzungen zeichnet sich nicht ab. Die DHKP-C verbreitete im August über Mailbox die Drohung: "Jeden einzelnen dieser Angreifer, die auf unsere Freunde geschossen haben, kennen wir mit Namen. Die Tat dieser armen Psychopathen wird nicht ungestraft bleiben." Beide Flügel Um Verbotsmaßnahmen in Deutschland zu entgehen , verlagern beide verlagern Flügel Versammlungen zunehmend in das europäische Ausland. So Veranstaltungen ins veranstaltete die DHKP-C aus Anlaß des 3. Jahrestages ihres BeAusland, stehens am 5. April in Hengelo (Niederlande) ein Treffen , zu dem um Verboten vorzubeugen nahezu 5.000 Teilnehmer anreisten. Parallel dazu führte der YAGANFiügel Veranstaltungen durch, an denen am 6. April in Zürich (Schweiz) etwa 1.200 Personen , am 12. April in Straßburg (Frankreich) rund 600 Besucher und am 19. April in Gent (Belgien) etwa 500 Teilnehmer anwesend waren. Im Bundesgebiet beteiligten sich Anhänger beider Flügel an Protestaktionen anderer linksextremistischer Gruppen, die sich auf Ereignisse in der Türkei bezogen, darunter Exekutivmaßnahmen und Strafverfahren gegen Gesinnungsgenossen sowie Proteste gegen eine Verflechtung von Politik und Mafia in der Türkei . Bei Spendenkampagnen sowie beim Verkauf von Propagandaschriften kam es immer wieder zu Drohungen und Gewaltanwendung - offensichtlich aufgrund zunehmender finanzieller Schwierigkeiten Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 141 der Organisation. So wurde DiViilMci soL RE\ '0/.l J'/0,\ IRI' l.EFT am 25. April nach einem gescheiterten Versuch, in einem türkischen lmbiß Propagandaschriften zu verkaufen und Spenden einzufordern, der türkische Inhaber des Ladens von mutmaßlichen Aktivisten des KARATASFiügels erschossen. Am 22. September verbot Bremer der Bremer Senator für Innensenator verbietet örtlichen Inneres den türkischen ** BreDHKP-C-Verein mer Volkskulturverein e.V." . ln der Verbotsverfügung wird festgestellt, daß es sich bei dem am 2. Juli 1993 geg rün - deten Verein um eine Ersatzorganisat ion der 1983 vom Bundesminister des lnnern verbotenen Vereinigung "Devrimci Sol", umbenannt in DHKP-C, han - delt. 1.2.2 "Türkische Kommunistische Partei (MarxistenLeninisten)" (TKP (ML)) gegründet: 1972 (in der Türkei) Mitglieder/ Anhänger: in Deutschland ca. 2.000 (1996 : 2.000) Die Organ isation ist gespalten in : "Ostanatolisches Gebietskomitee" (DABK) - Basisdaten für Deutschland - Leitung: Funktionärsgruppe Publikationen: u. a. "Öncü Partizan" (Avantgarde Partizan), monatlich "Partizan"-Fiügel - Basisdaten für Deutschland - Leitung: Funktionärsgruppe Publikationen : u a. "Özgür Gelecek" (Freie Zukunft) , vierzehntäglich 142 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Die **Türkische Kommunistische Partei (Marxisten-Leninisten)" (TKP (ML)) ist seit 1994 in die rivalisierenden Flügel **Partizan " und "Ostanatolisches Gebietskomitee" (DABK) gespalten. Beide Flügel haben die gewaltsame Zerschlagung des türkischen Staatsgefüges im Wege einer "demokratischen Volksrevolution " zum Ziel. Der militärische Arm beider Flügel, die **Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO), verübt in der Türkei seit Jahren schwere Anschläge. So rühmte sich der ** Partizancc -Fiügel im Mai in seinem Verbandsorgan der Ermordung des Bürgermeisters der türkischen Ortschaft Tokat, Hasan Utku: **Unser Volksheer TIKKO grüßte das 25. Gründungsjahr unserer Partei, der TKP/ML, durch die Bestrafung des Denunzianten, Kollaborateurs und Volksfeindes Hasan Utku. Die einzige Strategie, die die demokratische Volksrevolution ... zum Sieg führen wird, ist der langfristige Volkskampf unter der Führung einer Partei des Marxismus/Leninismus/Maoismus. Die aktuelle Form dieser Strategie ist der Guerillakampf ... *" (**Özgür Gelecek<< Nr. 95 vom 2. - 15. Mai 1997) Anhänger des Der **Partizan<< -Fiügel verfügt in der Türkei wie auch in Deutschland **Partizancc-Fiügels und anderen westeuropäischen Ländern über die größere veranstalten Anhängerschaft; er entfaltet deutlich mehr Aktivitäten als das DABK. Seminarreihe zum **Kampf ** Partizan<< -Funktionäre organigegen den sierten im Juni in mehreren Rassismuscc europäischen Städten Mitgliederschulungen für eine Kampagne **Kampf gegen den Rassismus<< . Im Herbst konnte die Organisation bei Kundgebungen in Deutschland und im benachbarten Ausland jeweils zwischen 600 und 1.300 Personen mobilisieren. Zu einer Veranstaltung am 25 . Oktober in Duisburg kamen etwa 700 Teilnehmer. Übersetzung: oben: Die Revolution wird das Werk der Massen sein unten: Das Problem des Volkes wird durch die Teilnahme des Volkes gelöst Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 143 <1111 Übersetzung: PARTiyi dEsnkh:, links: Unterstütze die Partei, stärke die Armee! rechts: Spendenbulletin der TKP/ML 96-97 Desolat sahen Funktionäre des DABK die Situation dieser Organisa0Rduyu Gü~LENdiR! tion in Deutsch land; sie sprachen von Miß - trauen und Zerwürfnissen zwischen der Parteibasis und der Europaleitung. Der Führung wurden nicht nur Vernachlässigung der Basisverbände und der Jugendbetreuung , sondern auch Unterschlagung von Spendengeldern vorgeworfen. Zu einer Gedenkfeier für ihren Parteigründer lbrahim KAYPAKKAYA am 3. Mai in der Kölner Sporthalle konnte das DABK gleichwohl wieder mehrere tausend Teilnehmer mobilisieren. Die Spaltung der TKP(ML), die sich seit Jahren auch auf die Vorfeldorganisationen "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa<< (ATIK) und "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. << (ATIF) ausgewirkt hat, führte dort zu weiteren organisatorischen Abgrenzungen. Das DABK beschloß einen Namenswechsel für den in seiner Gefolgschaft stehenden europäischen Dachverband ATIK; er nennt sich nunmehr "Kon - föderation für demokratische Rechte in Europa'' (ADHK). Der vom "Partizan<<-Fiügel gesteuerte europäische Dachverband behielt den Namen ATIK bei. 1.2.3 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei<< (MLKP} - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1g94 (in der Türkei) Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/ Anhänger: ca. 700 (1996: 700) Publikationen : u.a. "Özgür Atilim" (Der freie Angriff), vierzehntäglich Auch die "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (M LKP) verübt im Heimatland Türkei zur Durchsetzung ihrer politischen Umsturzziele Terroranschläge. Sie werden von ihrem militärischen Arm, den "Roten Kommandos", ausgeführt. 144 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Duisburger Zu Gewaltaktionen zwischen Anhängern der MLKP und Anhängern Landgericht ihrer Abspaltergruppe "Kommunistische ParteiAufbauorganisation" ahndet Mord im (KP-IÖ), die im August 1996 in Duisburg zur Ermordung eines KP-IÖRahmen der Funktionärs geführt hatten, kam es 1997 nicht mehr. Einer der beiden Flügelkämpfe mit lebenslanger Täter wurde am 24. März vom Landgericht Duisburg wegen Mordes Freiheitsstrafe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der mutmaßliche Mittäter konnte am 9. Juni in der Nähe von Paris festgenommen werden . Die deutsche Justiz hat ein Auslieferungsersuchen gestellt. Einen Arbeitsschwerpunkt der MLKP und ihrer Basisorganisation "Föderation der Arbeitsimmigrantinnen aus der Türkei in Deutsch - land e.V." (AG IF) bildete die propagandistische Unterstützung der "Samstagsmütter" von lstanbul , die jeweils samstags auf offener Straße mit großformatigen Lichtbildern ihre - zumeist nach Festnahmen - verschwundenen Kinder oder andere vermißte Angehörige suchen. Wie bereits im Vorjahr führte die MLKP am 22. November in Köln eine Gedenkveranstaltung "Revolutionäre Märtyrer sind unsere Ehre, die Partei ist unsere Hoffnung" für die in der Türkei verschollenen oder verstorbenen Gesinnungsgenossen durch; etwa 4.000 Personen aus Deutschland und dem benachbarten Ausland nahmen teil. 1.3 Türkische lslamisten 1.3.1 "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1984 in Köln Sitz: Köln Leitung: Verbandsvorsitzender (Metin KAPLAN) Mitglieder/ Anhänger: ca. 1.300 (1996 : ca. 1.500) Publikation: "Ümmet-i-Muhammed" (Die Gemeinde Mohammeds) , wöchentlich Der >>Verband der islamischen Vereine* und Gemeinden e.V., Köln " (ICCB) unter der Führung seines selbsternannten Kalifen 127l Met in KAPLAN strebt den Sturz des laizistischen türkischen Staatsgefüges an, das durch einen ,,Kalifatstaat" mit KAPLAN an der Spitze ersetzt werden soll. Der ICCB sieht sich als Träger dieses Kalifatstaates. Daher verwendet die Organisation in ihren Veröffentlichungen die Selbstbezeichnung ,,Hilafet Devleti " (Kalifatstaat). Der Verband lehnt Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 145 Demokratie und Parteienpluralismus ab , da sie mit islamischen Glaubensgrundsätzen unvereinbar seien. Im Verbandsorgan .. ümmet-i - Muham med", aber auch bei religiösen Veranstaltungen, die von Zeit zu Zeit im Programm eines eigenen Fernsehsenders (>>HAKK-1V", sinngemäß: wahres islamisches Fernsehen) per Satell it bis in die Türkei ausgestrahlt werden, agitierten Metin KAPLAN und andere ICCB-Funktionäre gegen westliche Gesellschaftssysteme und die türkische Regierung: "Der einzige Weg zur Befreiung ist der, auf dem sich alle unter dem Dach des Kalifatstaates versammeln , erneut einen Befreiungskampf beginnen, unser paradiesisches Land, welches von innen und außen besetzt ist, aus den Händen der Tyrannen und Ungläubigen befreien und ihnen die verdiente Lektion erteilen. ** ("Ümmet-i-Muhammed** Nr. 155 vom 28. November 1996, S. 1) Unverändert aggressiv blieben auch die Beschimpfungen gegenüber Israel und die anti semitische Hetze . So hieß es in .. ümmet-iMu hammed** u. a.: >>Wenn wir Juden sagen, dann werden alle Muslime von einem Schauer erfaßt und sie müssen sich zuerst einmal schütteln. Diese Gesellschaft von nicht einmal einigen Millionen Menschen läßt eine Milliarde Muslime Blut spucken. Die jüdische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die den Propheten ermordete, sich gegenüber den Gottesgaben undankbar zeigte und Hinterhältigkeit und Gewalttätigkeit zu ihren Parolen machte.** ("Ümmet-i-Muhammed** Nr. 171 vom 22. Mai 1997, S. 6) Auch 1997 hat der ICCB aufgrundder seit Jahren anhaltenden internen Auseinandersetzu ngen weiter an Zuspruch unter den türkischen Muslimen in Deutschland verloren . Die Zahl der Mitglieder ging erneut zurück. Ein Teil der ehemaligen Mitglieder trat der >> Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. ** (IGMG) bei. Mehrere örtliche Vereine des ICCB lösten sich auf. Zu einer zentralen Versammlung am 4 . Mai in der Kölner Sporthalle konnte die Organisation aber noch 4 .000 Teilnehmer mobilisieren. Die internen Streitigkeiten nahmen stetig zu. Gegen den Anfü hrer einer Abspaltung vom ICCB, der sich schon 1996 zum ,,Gegenkalifen** ausgerufen hatte, richteten Metin * KAPLAN und andere Fun kti onäre des Verbandes Beschimpfungen und Drohungen. Im Verbandsorgan des ICCB hieß es u.a.: 146 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern "Was passiert mit einer Person , die sich , obwohl es einen Kalifen gibt, als einen zweiten Kalifen verkünden läßt? Dieser Mann w ird zur Reuebekundung gebeten . Wenn er nicht Reue bekundet , dann wird er getötet." (" Ümmet-i-Muhammed" Nr. 146 vom 9. Juli 1996, S. 2) Am 8. Mai wurde der **Gegenkalif" lbrahim SOFU in seiner Wohnung in Berlin von drei bisher unbekannten Personen erschossen. Die Strafverfolgungsbehörden sehen einen Zusammenhang zwischen der Mordtat und den Drohungen des ICCB. 1.3.2 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." {IGMG) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1985 (als "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V. << (AMGT) in Köln) Leitung : Vorsitzender Ali YÜKSEL Mitglieder/ Anhänger: ca. 26.500 (1996: 26.500) Publikationen: u.a. : "Milli Görüs & Perspektive'', monatlich Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. << (IGMG) ist mit 26.500 in die Organisation eingebundenen Personen 128l nach wie vor die größte islamistische Organisation in Deutschland. Ihre Einrichtungen in mehr als 270 Städten/ Orten im ganzen Bundesgebiet werden - nach Angaben der Organisation - von über 70.000 Personen regelmäßig genutzt. Für die Verwaltung des umfangreichen Immobilienbesitzes existiert eine eigene Organisation , die "Europäische Moscheebauund Unterstützungsgemeinschaft e.V. '' (EMUG). Auch die IGMG strebt die Abschaffung der laizistischen Staatsordnung in der Türkei und die Einführung eines islamistischen Staatsund Gesellschaftssystems an -wie es ihrer Meinung nach mit dem Koran sowie den Lebensregeln des Propheten vorgegeben und zur wahren Ausübung des Islam unverzichtbar ist. Oie lslamisierung der türkischen Gesellschaft und langfristig weltweit aller Gesellschaften, in denen Muslime leben , will die IGMG nicht durch gewaltsamen Umsturz erreichen. Sie setzt auf die politische und gesellschaftliche Betätigung ihrer Anhänger sowohl in den Aufenthaltsländern als auch in der Türkei. Oie IGMG ist eng mit der islamistischen "Wohlfahrtspartei " (RPrl verbunden . Deren Vorsitzender Prof. Necmettin ') Am 16. Januar 1998 in der Türkei verbo1en. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 147 ERBAKAN wird-trotzeiner gewissen Enttäuschung über den Verlust seines politischen Einflusses in der Türkei - als geistiger Führer der Bewegung verehrt; die RP wird als "Befreier der Menschheit<< betrachtet. Wichtige Funktionäre der RP konnten auch 1997 als Gastredner bei zahlreichen Veranstaltungen der IGMG ihre Positionen vertreten . Der RP-Funkti onär und Bürgermeister von lstanbul trat am 14 . Juni als Redner bei der Jahreshauptversammlung der IGMG in Dortmund auf. Erst im Februar hatte er auch die IGMG-Zentrale in Köln aufgesucht und die Arbeit der Organisation gelobt: "Ich danke der IGMG und Herrn Ali Yüksel, daß sie unsere Menschen in Europa davor geschützt haben, sich zu assimilisieren .. . *'' ("Milli Gazete<< vom 24. Februar 1997 , S. 5) ln einem Bildungsseminar für Führungsfunktionäre erklärte der IGMGVorsitzend e u.a.: >>Wir, als IGMG, bemühen uns, Personen zu Kadern auszubilden , die bereit sind, sich für ihre Sache aufzuopfern. Unser Ziel ist es, die islamische Kultur und Ethik in unserer Person zu leben und dafür zu kämpfen , daß diese Werte um Allah 's w illenauch in anderen Gesellschaften hoch gehalten werden .<< ("Milli Gazete<< vom 27 . September 1997, S. 3) Daß die IGMG trotz formaler Beken ntnisse zur bestehenden Rechtsund Verfassungsord nung auch in Deutschland gesel lschaftliche Veränderungen anstrebt, wird u.a. aus ihrer Interpretation des Grundsatzes des fried lichen Zusammenlebens der Völker deutlich: "Wir glauben schon , daß eine friedliche Weit des Zusammenlebens möglich ist . .. nach unserer Auffassung ist die konsequente An - wendung islamischer Prinzipien auch der einzige Weg zur Verwirklichung dieses Ziels ." (Selbstdarstellung der IGMG vom April 1996, S. 18) Die IGMG sieht die islamische Weit offenbar in der Rolle einer durch "imperial isti sche Kräfte,, unterdrückten Minderheit, die sich als "Befreiungsbewegung<< verstehen und kämpfen müsse. Die türkische Tageszeitung "Milli Gazete<< (Nationale Zeitung), von der IGMG rege l- mäßig als Sprachrohr und Veranstaltungsanzeiger genutzt, veröffent- 148 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern lichte im Dezember die Rede eines IGMG-Funktionärs anläßlich einer Vortragsreihe in den USA und Kanada: "ln unserer Weit gibt es sehr wichtige Entwicklungen. Diese Entwicklungen haben die islamische Weit , vor allem die Türkei, sehr unvorbereitet getroffen. Das neue Ziel der imperialistischen Kräfte, die weiterhin den Lauf der Entwicklungen bestimmen , sind die islamischen Länder und die Muslime. Diese schmerzhafte Situation, in der sich die islamische Weit befindet, dauert an, weil die Muslime den Islam nicht in dem geforderten Maße zur Grundlage nehmen. (.. .) Die islamische Weit ist gezwungen, diese Sackgasse zu überwinden. (.. .) Wir gehören der islamischen Religion an . Der Islam lehnt Terror ab. Demnach kann nicht davon die Rede sein , daß irgendein Muslim ein Terrorist ist. Soweit es die islamischen Befreiungsbewegungen in den verschiedensten Teilen der Weit betrifft, können diese nicht als Terror bezeichnet werden , denn sie führen eine Widerstandsbewegung gegen die Ungerechtigkeit. Es sind islamische Bewegungen. Nachdem alle rechtlichen Wege, sich gegen die Wegnahme des Rechtes auf ein menschenwürdiges Leben zu wehren, verschlossen worden waren , haben gezwungenermaßen die islamischen Bewegungen begonnen. Sie kämpfen dafür auf ihrem eigenen Territorium in ihrem eigenen Glauben frei zu leben. Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Makedonien, Tschetschenien, Palästina und Algerien sind Beispiele dafür." ("Milli Gazete" vom 17. Dezember 1997, S. 4) Islamistische Erziehungsund Bildungsarbeit gehört zu den Arbeitsschwerpunkten der IGMG . Sie bezweckt , bei den in Deutschland lebenden türkischen Muslimen eine "islamische Identität" zu schaffen und im Sinne der IGMG auszubauen. Wichtigste Zielgruppe sind dabei die türkischen Jugendlichen . Diesen bietet die Organisation ein breites Spektrum an Freizeitaktivitäten - Ferienlager, Wissenswettbewerbe , Computer-, Korankurse etc . Solche Angebote stellt die IGMG beständ ig als Maßnahmen zur sozialen und kulturellen Betreuung der Jugend heraus . Die IGMG beabsichtigt aber auch, die türkischen Jugendlichen dem Einfluß der westlichen pluralistischen Gesellschaft zu entziehen , sie in ihrem Sinne zu formen und als Multiplikatoren für ihre islamistische Ideologie nutzen zu können. Anläßlich eines Besuchs einer Schulungseinrichtung der IGMG in Belgien erklärte der Vorsitzende der IGMG : "ln einem Umfeld mit anderer Religion und anderer Kultur müssen wir die muslimischen Kinder schützen . Um sie vor den Fallen der fremden Kultur und des unmoralischen Lebenswandels zu schützen , müssen wir noch mehr Opfer bringen .. . ." ("Milli Gazete" vom 22. Dezember 1997, S. 3) Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 149 ln einem intern verbreiteten IGMG-Ausbildungsprogramm heißt es ferner, den Schülern müsse der Weg der **islamischen Weltanschauung" in die Gesellschaft gewiesen und gezeigt werden, wie man in der "islamischen Religion << die Lösung der kapitalistischen Probleme finde, damit sie gute Missionare sein könnten. Um ideologischen Einfluß auf die türkischen Jugendlichen zu erhalten, wendet sich die IGMG gegen alle Maßnahmen, die ihren Zugang bzw. den der RP zu türkischen Jugendlichen einschränken . So engagierte sich die IGMG besonders gegen die im Januar verfügte Rechtsänderung , nach der nunmehr auch Personen unter 16 Jahren mit u.a. türkischer Staatsangehörigkeit wie alle anderen Nicht-EUAusländer für die Einreise nach Deutschland ein Visum und ggf. eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen. Neben internen Veranstaltungen organisierte sie im Frühjahr in Bonn und Frankfurt/ M . Protestkundgebungen . Für Unmutsäußerungen sorgte im Verband auch die in der Türkei beschlossene Verlängerung der allgemeinen Schulpflicht von fünf auf acht Jahre mit dem Ziel , den Zulauf zu den von der RP beeinflußten Koranschulen einzudämmen. "Milli Gazete<< berichtete in der Ausgabe vom 29. August, die IGMG habe 38.000 Protestunterschriften gesammelt. ln der Türkei hatte die RP mit massiven Drohungen reagiert. Der türkischen Tageszeitung "Hürriyet'' (Freiheit) vom 10. Mai zufolge hatte ein RP-Abgeordneter gewarnt: "Es wird Blut fließen . Wenn ihr versucht, während der Amtszeit der RP die Vorbeterund Predigerschulen zu schließen , dann wird Blut fließen ... . Es wird schlimmer als in Algerien . Ich möchte auch, daß Blut fließt. Die Demokratie wird so eingeführt werden . Es wäre fantastisch. '' (" Hürriyet<< vom 10. Mai 1997, S. 1) Unter den wenigen öffentlichen Aktionen der IGMG ragte die am 14. Juni im Dortmunder Westfalenstadion durchgeführte Jahresversammlung heraus. Sie war erstmals als europäisches "Friedensund Kulturfestival << deklariert und wurde von etwa 35 .000 Teilnehmern - darunter Gäste aus dem benachbarten Ausland sowie zahlreiche Abgeordnete der RPbesucht. Der seinerzeit noch als Ministerpräsident der Türkei amtierende RP-Vorsitzende ERBAKAN übermittelte eine Grußadresse. Übersetzung: .,. Hier ist die Begeisterung, hier sind Frieden und Brüderlichkeit. Die 3. Generalversammlung der IGMG und das Friedensund Kulturfestival wurden durchgeführt. 150 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 2. Kurden 2.1 Überblick Unter den extremistischen kurdischen Organisationen türkischer bzw. irakischer Herkunft verfügt die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), die 1993 vom Bundesministerium des lnnern mit einem Betätigungsverbot belegt wurde, über die mit Abstand meisten Anhänger. Sämtliche Aktivitäten der PKK in Deutschland - gleich ob unter Anwendung von Gewalt oder gewaltfrei - stellen einen strafbaren Verstoß gegen das am 26. November 1993 erlassene Betätigungsverbot dar. Auch nach dem von ihrem Generalvorsitzenden Abdullah ÖCALAN erneut erklärten Verzicht auf gewaltsame Ausschreitungen in Deutschland stellt die PKK wegen ihrer unvermindert hohen Gewaltbereitschaft das für die innere Sicherheit gefährlichste extremistische Bedrohungspotential dar. 2.2 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1978 (in der Türkei) Betätigungsverbot (für Deutschland): 1993 Leitung: Führungsfunktionäre der "Europäischen Frontzentrale" (in Abhängigkeit vom Generalvorsitzenden der PKK Abdullah ÖCALAN) Anhänger: ca. 11 .000 (1996: ca. 10.000) Publikationen : u. a. "Serxwebun" (Unabhängigkeit), monatlich 2.2.1 Allgemeine Lage Oie "Arbeiterpartei Kurdistans<< (PKK), die sich nach ihrem Parteiprogramm aus dem Jahre 1995 weiterhin als marxistisch-leninistische Kaderpartei versteht , führt seit nunmehr 13 Jahren mit ihrer "Volksbefreiungsarmee Kurdistans<< (ARGK) einen unerbittlichen Guerillakrieg gegen die türkischen Sicherheitskräfte, dem bisher über 25.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Sie hält an ihrem Ziel fest , im Siedlungsgebiet der Kurden mit Schwerpunkt im Südosten der Türkei eine selbständige staatliche Einheit zu schaffen. Neben dem revolutionären bewaffneten Kampf hat der Generalvorsitzende der PKK, Abdullah ÖCALAN , in den letzten Jahren seine Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 151 politische Arbeit forciert und sich verstärkt um die Anerkennung als eine für alle Kurden sprechende politische Kraft bemüht. Die Anhänger der PKK in Europa leisten einen wesentlichen Beitrag zu diesen Zielen. Sie werden durch konspirativ agierende Parteikader der streng hierarchisch gegliederten und in zahlreiche Unterorganisationen aufgeteilten Propagandaeinheit "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) geführt. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt in Deutschland, wo die PKK unter den etwa 500.000 Kurden ca. 11.000 Anhänger gewinnen konnte . Für Großveranstaltungen kann sie allerdings mehrere zehntausend Teilnehmer mobilisieren . Diese unterstützen das Anliegen der PKK vor allem durch Propagandaaktivitäten und mit Geld. Allein durch die zum Ende eines jeden Jahres beginnende Spendenkampagne werden zweistellige Millionenbeträge gesammelt. ÖCALAN hatte Deutschland in der Vergangenheit neben der Türkei als "Kriegsgegner Nr. 2" bezeichnet. ln der Folge kam es zu mehreren von PKK-Anhängern verübten bundesweiten Anschlagserien, überwiegend gegen türkische, aber auch deutsche Einrichtungen. Das Bundesministerium des lnnern hat deshalb am 26. November 1993 ein Betätigungsverbot gegen die PKK und die ERNK erlassen und einige ihrer Teilund Nebenorganisationen verboten. Auch danach versuchten Anhänger der PKK zunächst weiterhin, durch spektakuläre Gewaltaktionen die deutsche Regierung unter Druck zu setzen und die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit auf die Belange der Kurden zu lenken. Im Mai 1996 änderte ÖCALAN seine Strategie. Er erklärte öffentlich , daß die Anwendung von Gewalt in Deutschland ein Fehler gewesen sei. Seitdem sind Anschlagserien und gewaltsame Demonstrationen ausgeblieben. Die Jugendorganisation der PKK, die "Union der Jugendlichen aus Kurdistan " (YCK), steht allerdings im Verdacht, 1997 in Deutschland und den Niederlanden mehrere Ansch läge gegen türkische Einrichtungen verübt zu haben. Im Bestreben , als Gesprächspartner auf politischer Ebene anerkannt Generalzu werden und in der Erwartung, daß das Betätigungsverbot aufgevorsitzender ÖCALAN bekräftigt hoben bzw. die Strafverfolgungsmaßnahmen gegen PKK-Anhänger die Linie des eingestellt werden, wiederholte ÖCALAN im Sommer seinen "Ge"Gewaltverzichts" waltverzicht". ln einem am 21. August im Zweiten Deutschen Fernsehen ausgestrahlten Interview äußerte er auf die Frage, ob er auch bei Fortdauer des Verbots an seiner neuen Linie festhalten wolle : "Ja, natürlich. Ich habe das ohne Bedingungen hingenommen. Die Kurden in Deutschland werden sich besser verhalten als alle anderen Nationalitäten, ja sogar besser als die deutsche Gesellschaft. 152 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Sie werden sich gemäß der Rechtsordnung verhalten. Das garantiere ich und dafür übernehme ich die Verantwortung." PKK Die Rechtstreue gilt nach dem Verständnis der PKK allerdings nicht beansprucht für die Regelung "parteiinterner Belange". So hat die PKK insbesonweiterhin dere ihren Anspruch auf eine Disziplinarund Strafgewalt gegenüber Disziplinarund Strafgewalt Anhängern und Abtrünnigen bis heute nicht aufgegeben. Verrat gegenüber ihren gegenüber der Organisation ist nach wie vor auch mit Körperstrafen Anhängern bis hin zur Liquidierung bedroht. Gewaltandrohung und Gewaltanwendung gegenüber Parteianhängern und Spendengelderpressungen setzen sich fort. Funktionäre der PKK entziehen kurdischen Eitern minderjährige Kinder, um sie für den Kampf in ihrem Heimatland zu gewinnen. 2.2.2 Organisatorische Veränderungen und gerichtliche Entscheidungen Die PKK hat ihren Anhängerbestand im Bundesgebiet in nunmehr 10 Regionen , etwa 30 Gebiete und weitere zahlreiche Teilgebiete bzw. Stadtteilgruppen untergliedert. Zusätzlich wurden drei Sektoren für die Bereiche Nord, Mitte und Süd eingerichtet , um die Füh rung zu straffen. ln den neuen Ländern versucht die PKK verstärkt, in Kreisen der kurdischen Asylbewerber Fuß zu fassen und Vereinsstrukturen aufzubauen. Neben den zahlreichen für Propagandazwecke eingesetzten "Frontorganisationen", in denen verschiedene Anhängergruppen wie z.B . Frauen, Jugendliche oder Juristen organisiert sind, wurde eine neue Plattform geschaffen, die kurdische Lehrer, Schriftsteller und Intellektuelle vereinen soll. Verwaltungsln einem Rechtsstreit wegen des am 13. Mai 1996 verhängten Vergerichtshof bots des "Deutsch-Kurdischen Freundschaftsvereins" in Stuttgart hat bestätigt Verbot der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim im Mai die Klage gegen den Innenminister des Landes Baden-Württemberg abgewiesen. Das Gericht führte in den Entscheidungsgründen aus, die Verbotsbehörde sei zu Recht davon ausgegangen, daß der Verein die PKK und die ERNK unterstütze und damit die öffentliche Ordnung gefährde. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 28. Januar das im November 1993 vom Bundesministerium des lnnern verhängte Verbot der "Berxwedan-Verlags GmbH << und der "Kurdistan-Haber Ajansi-News Agency'' (KURD-HA) als rechtmäßig bestätigt. Nach Auffassung des Gerichts waren die beiden Einrichtungen als Teilorga- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 153 nisationen der verbotenen **Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) anzusehen. Am 9. Dezember hat das BVerwG auch das ebenfalls 1993 verhängte Verbot des **Kurdistan-Komitees e.V." bestätigt. Zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung hätten hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen, daß das **Kurdistan-Komitee e.V." in Köln die gewalttätigen Aktionen der PKK im Bundesgebiet in den Jahren 1992 und 1993 unterstützt und sich mit der PKK solidarisiert habe. 2.2.3 Propaganda der PKK Ein Aktionsschwerpunkt für PKK-Anhänger war die Beteiligung an Veranstaltungen zum Teil großangelegten Veranstaltungen, auf denen sie für das und Kundgebungen von PKK-Anhängern Selbstbestimmungsrecht der Kurden und gegen das Betätigungsververlaufen überbot demonstrierten. Die Veranstaltungen wurden in der Regel durch wiegend Dritte angemeldet, um den PKK-Hintergrund zu verschleiern und so störungsfrei die Durchführung zu sichern. Trotz des bestehenden Betätigungsverbots wurden auf diesen Veranstaltungen Fahnen, Symbole oder Bilder mit PKK-Bezug gezeigt. Die Demonstration zum "Internationalen Frauentag" am 8. März in Köln, an der sich etwa 600 Anhänger des zur PKK gehörenden **Freien Frauenverbandes Kurdistans" (YAJK) beteiligten, verliefanders als 1996friedlich. Einige Teilnehmer zeigten wieder Fahnen mit PKK-Symbolen und skandierten einschlägige Parolen. Demonstranten verteilten Flugschriften mit der Losung **Es lebe die PKK, ERNK, ARGK". Wie in den Vorjahren kam es anläßlich des kurdischen Neujahrsfestes Newroz (21. März) zu zahlreichen von der PKK initiierten oder beeinflußten örtlichen und regionalen Kundgebungen. Sie wurden häufig als Fackelumzüge durchgeführt. Oie Teilnehmerzahlen lagen zwischen 200 und 1.500 Personen, darunter Frauen und Kinder und viele Deutsche aus den **Kurdistan-Solidaritätsgruppen". Vereinzelt zeigten Demonstrationsteilnehmer Fahnen mit Symbolen der PKK und Bilder des Generalvorsitzenden ÖCALAN. Sie wurden nach Aufforderung durch die Polizei in der Regel wieder entfernt. Widerstandshandlungen gab es in zwei Fällen: ln Berlin wurden Polizeikräfte mit Steinen und brennenden Fackeln beworfen, als sie Fahnen mit PKK-Symbolen und entsprechende Embleme beschlagnahmen wollten. ln Kiel weigerten sich Teilnehmer einer NewrozKundgebung ebenfalls, PKK-Symbole zu entfernen . 154 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Ihren Abschluß fanden die Veranstaltungen zum kurdischen Neujahrsfest mit einer Großkundgebung am 26. April in Düsseldorf. Die Veranstaltung unter dem Motto "zeit für Frieden in Kurdistan" wurde von etwa 45 .000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland und wiederum von zahlreichen Deutschen aus der Kurdistan -Solidaritätsszene besucht. Auch hier waren Fahnen und Symbole mit Bezügen zur PKK zu sehen . Nach dem Einmarsch der türkischen Armee im Nordirak zur Bekämpfung von Stellungen der PKK am 14. Mai kam es bundesweit zu Solidaritätsaktionen bzw. Protestdemonstrationen vor General - konsulaten und der Botschaft der Türkei . ÖCALAN fordert An einer Versammlung in Rüsselsheim am 28. Juni nahmen etwa PKK-Anhänger auf, 4.500 Personen aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien teil. die geltenden Die Kundgebung stand unter dem Motto **Millionen Stimmen für den Gesetze Frieden". Dabei wurde das Selbstmordattentat einer kurdischen Anzu beachten hängerin verherrlicht. Zum **Kurdischen Kulturund Friedensfestival" am 6. September reisten etwa 70.000 Personen aus dem Bundesgebiet und den westeuropäischen Ländern nach Köln. Die Veranstaltung, auf der sich u. a. die Frauenorganisation YAJK sowie die Jugendorganisation YCK vorstellten, bestand aus einer Mischung aus unterschiedlichen kulturellen Darbietungen und Redebeiträgen zum "Nationalen Befreiungskampf der Kurden<<. ln einer über Band eingespielten Rede beschwor der Generalvorsitzende ÖCALAN die Einheit aller Kurden und verurteilte die angebliche Doppelmoral der europäi - schen Politik. Er forderte die in Europa lebenden Kurden auf, unter Beachtung der geltenden Gesetze gegen den Krieg in Kurdistan zu protestieren. Im Anschluß an die Rede entrollten Jugendliche eine große Fahne der ERNK. Zuvor hatten Besucher bereits Fahnen von PKK-Organisationen und Transparente mit Lobsprüchen auf ÖCALAN gezeigt. Die PKK plante im Zusammenwirken mit **Kurdistan-Solidaritätsgruppen<< für den Zeitraum vom 26. August bis 1 . September einen nach einem 1992 in der Türkei ermordeten kurdischen Schriftsteller benannten **Musa Anter-Friedenszug<< von Brüssel nach Diyarbakir, um für einen Waffenstillstand zwischen der türkischen Armee und der PKK zu werben. Das Vorhaben wurde von den beteiligten Bahngesellschaften jedoch nicht realisiert, nachdem Hinweise eingegangen waren, daß es sich um eine Werbeveranstaltung für die PKK handelte. Die "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. << (YEK-KOM) als Dachverband der örtlichen, der PKK zuzurechnenden Vereine sowie deutsche Solidaritätsund Unterstützergruppen führten vom 3. bis 26. November im Rahmen einer "Anti -Verbotskampagne<< eine etwa dreiwöchige Busfahrt unter dem Motto **Dialog statt Verbot - Das PKK-Verbot muß aufgehoben werden << durch. Mit einem Reise- Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 155 buswurden in dieser Zeit mehrere größere deutsche Städte besucht. Die Aktion endete am vierten Jahrestag des Betätigungsverbots der PKK (26. November) in Hamburg. An der dortigen Abschlußveranstaltung nahmen rund 200 Personen teil. Sowohl die Abschlußveranstaltung als auch verschiedene Aktivitäten zuvor stießen in der deutschen Öffentlichkeit auf geringe Resonanz. Darüber hinaus fanden aus Anlaß des 19. Gründungstages der PKK Ende November weitere Veranstaltungen statt, darunter eine "Kurdische Kulturveranstaltung<< in Mannheim mit über 7.000 Teilnehmern. Ein bedeutendes Propagandainstrument der PKK ist der Fernsehsender "MED-TV<<, der vor allem über den "Kampf<< in Kurdistan und über Veranstaltungen der Partei informiert sowie Ansprachen des Generalvorsitzenden ÖCALAN ausstrahlt. So berichtete "MED-TV<< ausführlich live über das "Kurdische Kulturund Friedensfestival<< in Köln. "MED-TV<< hat zwischenzeitlich seine Berichterstattung ausgeweitet und sendet, nachdem es wegen mehrmaliger Gewaltaufrufe zu Differenzen mit den Satellitenbetreibern gekommen war, seit August wieder über den Satelliten EUTELSAT. Auf diese Weise erreicht "MED-TV<< Zuschauer in ganz Europa sowie in den kurdischen Siedlungsgebieten. 2.2.4 Finanzierung Zur Finanzierung des Parteiapparates und der zahlreichen Aktivitäten der Organisation in Europa bemüht sich die PKK seit Jahren nicht nur um hohe Mitgliedsbeiträge, den Verkauf von Publikationen und Erlöse aus Großveranstaltungen, sondern führt zusätzlich mindestens eine große Spendenkampagne durch. Bei der mehrmals verlängerten Spendenaktion 1996/97 gelang es der PKK erneut, bei ihren Anhängern in Deutschland mehr als 20 Mio. DM einzufordern. Wieder gingen Spendensammler mit Drohungen und auch Gewalt vor und schöpften Gewinne türkischer und kurdischer Krimineller, z.B. aus dem Drogenmilieu, ab. 2.2.5 Strafverfahren gegen führende Funktionäre der PKK Der Generalbundesanwalt (GBA) hat seit 1993 über 60 Ermittlungsverfahren gegen Führungsfunktionäre der PKK u. a. wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gem. SS 129a StGB eingeleitet. 1997 verurteilten die Oberlandesgerichte in Harnburg, Gelle, Stuttgart, Düsseldorf und Frankfurt/M. 17 Angeklagte zu Freiheitsstrafen zwischen zwei und 11 Jahren. ln zehn Fällen wurden die Angeklagten der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig befunden ; im übrigen erfolgte die Verurteilung wegen ver- 156 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern suchten Totschlags, versuchter schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung. Der GBA hat ferner gegen drei Mitglieder der Jugendorganisation YCK Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung eingeleitet. Ihnen wird vorgeworfen, als Führungsfunktionäre für Anschläge gegen türkische Einrichtungen in Deutschland verantwortlich zu sein. 3. Araber 3.1 Algerische islamistische Gruppen "Islamische Heilsfrontee (FIS) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: etwa 1989 (in Algerien) Leitung: Leiter der "Exekutivinstanz der FIS im Ausland" Mitglieder/Anhänger: ca. 300 (1996 : ca. 250) Publikationen: u.a. **AI-Ribat" (Das Band/ Die Verbindung), wöchentlich "Bewaffnete Islamische Gruppecc (GIA) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1992 (in Algerien) Mitglieder/Anhänger: in den Zahlen zur FIS enthalten, da eindeutige Zuordnung meist nicht möglich ist (geschätzt etwa 50) Publikationen: u.a. "AI-Jamaa" (Die Gruppe), monatlich Die Eskalation der Gewalt in Algerien im Sommer hat die dortigen militanten islamistischen Organisationen dazu veranlaßt , getrennte Wege zu gehen. Während sich die Kommandos der "Bewaffneten Islamischen Gruppe" (GIA) gegenüber der algerischen Regierung unversöhnlich geben und weiterhin Mordtaten gegen die algerische Bevölkerung verüben, zeigte die "Islamische Heilsfront" (FI S) eine zunehmend kompromißbereite Haltung. Führende Funktionäre der FIS und ihres bewaffneten Arms "Islamische Heilsarmee" (AIS) verurteilten den Terror der GIA. Ende September erklärten sowohl der Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 157 Führer der AIS als auch der in Deutschland lebende Leiter der **Exekutivinstanz der FIS im Ausland " für ihre Organisationen einen Waffenstillstand, um auf diese Weise die Terroristen der GIA zu isolieren . Mit den Waffenstillstandsaufrufen gaben FIS und AIS bekannt, daß schon seit längerem Gespräche mit Vertretern der algerischen Regierung geführt werden . Einer der Gründer der FIS, Abbassi MADANI, war bereits Mitte Juli aus algerischer Haft entlassen worden , darf sich jedoch im Land nicht frei bewegen . Die Waffenstillstandsaufrute fanden bei FISund AIS-Anhängern in Westeuropa keine einhellige Zustimmung; Kritiker sprachen von "Verrat" und von einem "Komplott mit dem Regime<< . Gegner des neuen Kurses der FIS unter Algeriern u.a. in Deutschland , Belgien und Großbritannien sammelten sich um ein neugegründetes "Koordinierungskomitee<< , das der "Exekutivinstanz der FIS im Ausland << die Kompetenz absprach, weiterhin für die FIS zu handeln. Die etwa 300 Anhänger von FIS, AIS und GIA in Deutschland pflegen aber auch weiterhin vielfältige Kontakte untereinander und zu algerischen Gesinnungsgenossen in anderen europäischen Ländern. Ein Teil dieser Personen, auch in Deutschland , ist nach wie vor in die logistische Unterstützung bewaffneter islamistischer Gruppierungen in Algerien eingebunden. Dazu gehört u. a. die Beschaffung von Geld, Fahrzeugen, geeigneter Kleidung, gefälschten Papieren und auch von militärischem Gerät. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat am Gericht verurteilt Anhänger der FIS 23. Juni drei algerische Staatsangehörige zu Freiheitsstrafen von 28 wegen Bildung bzw. 32 Monaten wegen Urkundenfälschung und Bildung einer krieiner kriminellen minellen Vereinigung verurteilt. Der Generalbundesanwalt führt wei - Vereinigung zu tere Ermittlungsverfahren gegen Angehörige von FIS und GIA. Freiheitsstrafen 3.2 Extremistische und terroristische Gruppen aus dem Nahen Osten Der Nahost-Friedensprozeß kam 1997 nicht voran . Die palästinensische HAMAS (" Islamische Widerstandsbewegung <<) verübte im März, Juli und September in Israel wieder Sprengstoffattentate, bei denen mehr als 20 Menschen getötet wurden . ln ihren Selbstbezichtigungen drohte die HAMAS weitere Anschläge an , falls Israel nicht alle inhaftierten Gesinnungsgenossen freilasse. "Islamischer Bund Palästina" (IBP) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1981 (in München) Leitung: Führungsfunktionär Mitglieder/ Anhänger: ca. 200 (1996: ca. 150) 158 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Anhänger Von den HAMAS-Anhängern in Deutschland, die im "Islamischen der HAMAS Bund Palästina" (I BP) organisiert sind , gingen keine gewalttätigen bekräftigen ihre Aktionen aus. Bei Veranstaltungen des IBP bekräftigten sie aber ihre ablehnende Haltung ablehnende Haltung zum israelisch-palästinensischen Friedensprogegenüber dem Friedensprozeß im zeß und forderten eine Fortsetzung der Intifada. Für die Arbeit der Nahen Osten HAMAS in den palästinensischen Autonomiegebieten werden bei Mitgliedern des IBP und anderen sunnitischen Muslimen ganzjährig Spenden gesammelt. Die Organisation dieser Sammlungen liegt in Händen des in Aachen ansässigen "AL AOSA e.V." . Ob die in Moscheen und bei Veranstaltungen islamischer Organisationen zusammengetragenen Spendengelder nur - wie AL AQSA e.V. behauptet - für den Erhalt oder die Wiederherstellung religiöser Einrichtungen sowie für humanitäre Zwecke verwandt werden oder auch den terroristischen Brigaden der HAMAS zuflossen , ist bisher nicht geklärt. "Hizb Allahcc (Partei Gottes) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1982 (im Libanon) Zentrale Begegnungsstätte: Islamisches Zentrum Münster Leitung: Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 700 (1 996: ca. 700) Publikationen: u.a. "Al Ahd" (Die Verpflichtung), wöchentlich Die schiitische "Hizb Allah" tritt im Libanon sowohl als politische Interessenvertretung für die schiitische Bevölkerungsgruppe wie als bewaffnete Organisation im Kampf gegen die israelische Besetzung des südlichen Libanon auf. Die früher einseitig militante bzw. fundamentalistische Ausrichtung der "Partei Gottes" wurde in den letzten Jahren ergänzt durch eine zunehmende Bereitschaft zur Integration in das politische System des Libanon. Das frühere Ziel einer Umwandlung des Libanon in einen islamischen Staat nach Vorbild des Iran wird nicht mehr als zentrales Ziel propagiert, wiewohl die engen Verbindungen der "Hizb Allah " zum Iran und die massive iranische Waffenhilfe fortbestehen , und es bei einer islamistischen politischen Grundorientierung bleibt. Unverändert ist aber das Verhältnis der "Hizb Allah" zur Anwendung von Gewalt im Kampf gegen Israel. Über den blutigen Guerillakrieg im Südlibanon hinaus droht die "Hizb Allah << weiter mit terroristischen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 159 Aktionen, wie Generalsekretär Scheich Hassan NASRALLAH im Oktober gegenüber einer deutschen Wochenzeitschrift darlegte: *>Wir werden den Feind überall verfolgen. ln einem erbarmungslosen Krieg sind alle Mittel erlaubt .... Im Falle eines israelischen Angriffs auf zivile Ziele im Libanon sind wir durchaus imstande, das zionistische Gebilde in einen Zustand zu versetzen, der zum Zusammenbruch des Tourismus führt.<< Die "Hizb Allah << -Führung im Libanon setzte die schon seit Jahren Anhänger der "Hizb feststellbaren Bemühungen fort, die Anhängerschaft in Deutschland Allah" bemühen sich um neuen neu zu organisieren. Deutlich wurden diese Anstrengungen wieder organisatorischen durch häufige Besuche hochrangiger Funktionäre und religiöser Rahmen Autoritäten der "Hizb Allah << in Deutschland. Anhänger der "Hizb Allah << beteiligten sich zahlreich an einer Demonstration und Kundgebung zum sog. Jerusalemtag (" GhodsTag <<) am 1. Februar in Berlin (etwa 2.000 Teilnehmer). Der Gedenktag war 1979 von Ayatollah KHOMEINI angeordnet worden, um allen Muslimen das Ziel der Wiedereroberung und "Befreiung<< der auch für Muslime heiligen Stadt Jerusalem vom "ZionismuS << vor Augen zu führen (vgl. auch Nr. 4.1 ). 3.3 Ägyptische lslamisten "Islamische Gemeinschaftee (JI) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1971 (in Ägypten) Leitung : Funktionärsgruppe Mitglieder/Anhänger: ca. 15 Ziel der von Anhängern der Islamistischen ägyptischen Organisation .. Jamaa lslamiya<< (JI) verübten Anschläge auf ausländische Touristen, darunter Deutsche , zuletzt am 17. November in Luxor, ist die Schwächung der ägyptischen Wirtschaft. Auf diese Weise wollen die lslamisten mittelfristig die ägyptische Regierung stürzen und ein islamistisches Staatssystem durchsetzen. Einzelne Funktionäre und Anhänger der Jl sind in europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland ansässig. Hinweise auf die Einbindung solcher Personen in die Planung oder Durchführung von terroristischen Aktionen ergaben sich bislang nicht. 160 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 4. Iraner Struktur und Potential von Anhängern und Gegnern der iranischen Regierung haben sich gegenüber 1996 kaum verändert . Beide Lager entfalteten wie in den Vorjahren nur geringe öffentliche Aktivitäten. 4.1 Anhänger der iranischen Regierung "Union Islamischer Studentenvereinecc {U.I.S.A.) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: etwa 1976 Sitz: Berlin Leitung : Vorstand aus vier Personen Mitglieder/ Anhänger: ca. 200(1996: ca. 300) Publikationen : u.a. "Qods" (Jerusalem), unregelmäßig Als Dachorganisation regimetreuer iranischer Studenten t ritt die "Union Islamischer Studentenvereine (U.I.S.A.) als einzige iran ische Organisation unverändert für die Ziele der "Islamischen Revolution<< ein . Die Hauptaufgabe der in zahlreichen Ortsgruppen in Universitätsstädten organisierten Mitglieder besteht darin, die politi schen Zielsetzungen des Iran aktiv zu unterstützen, z.B. durch die Beeinflussung von Muslimen aus anderen Ländern sowie durch agitatori - sche Verteidigung des iran ischen Regimes im Ausland . Im Widerspruch zu iranischen Interessen stehende pol itische Ereig nisse werden als Teil einer von den USA gesteuerten **weltweiten Verschwörung gegen den Islam<< gewertet. Aus dieser Anschauung resultiert u.a. die fo rtdauernde strikte Ablehnung des arabisch-israelischen Friecjensprozesses . Anhänger der Die U.I.S.A. entfaltete auch 1997 kaum öffentlichkeitswirksame islamischen Aktivitäten; sie beschränkte sich auf kleinere interne Veranstaltungen Regierung im "Islamischen Zentrum Harnburg e.V. << (IZH), dem größten schiiti - demonstrieren für die "Befreiung" schen Propagandazentrum in Deutschland. Das IZH steht Muslimen Jerusalems aller Nationalitäten offen und wird auch von der U.I.S.A. genutzt, um politisch-religiösen Einfluß auf andere islamische Gruppen auszuüben. Auch U. I. S.A. -Mitglieder nahmen an der jährlich bundesweit organisierten Kundgebung anläßlich des "Ghods-Tages<< (vgl. auch Nr. 3.2) am 1. Februar in Berlin teil. Dabei wurden Parolen skand iert wie "Tod für Israel<< , "Israel raus aus Palästina<< und "Es lebe Khomeini, es lebe Khamenei". Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 161 4.2 Gegner der iranischen Regierung "Nationaler Widerstandsrat Iran" (NWRI) -Vertretung der "Volksmodjahedin Iran" (MEK) - - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1981 (in Paris) Sitz: Köln Leitung: Deutschlandsprecher/in Mitglieder/ Anhänger: ca . goo (1996 : ca. 850) Publikationen : u.a. ** Iran Zamin " (Heimat Iran), wöchentlich Innerhalb des nach wie vor stark zersplitterten oppositionellen irani"Volksmodjahedin schen Spektrums stellt sich der "Nationale Widerstandsrat Iran " Iran<< propagieren weiterhin die (NWRI) auch weiterhin als einzige handlungsfähige Organisation dar. gewaltsame Der weltweit als politischer Arm der ..Volksmodjahedin Iran" (M EK) Beseitigung der irafungierende NWRI betrachtet sich trotz fehlenden Rückhalts in der nischen Regierung iranischen Bevölkerung als "Exilparlament" und nimmt für sich in Anspruch , die "einzige legitime demokratische Alternative<< zur iranischen Regierung zu sein. Bei den Volksmodjahedin handelt es sich, anders als der nach außen propagierte Pluralismus vorgibt, um eine streng hierarchisch aufgebaute, intern zutiefst undemokratische und von einem sektenartigen Führerkult geprägte Kaderorganisation . Die Führung fordert den gewaltsamen Sturz der iranischen Regierung und hebt dabei die wichtige Rolle der auf irakisehern Territorium stationierten "Nationalen Befreiungsarmee<< (NLA) , einer mehrere tausend Kämpfer zählenden Rebellenarmee, hervor. Der Leiter der MEK und Führer der NLA Massoud RADJAVI bekräftigte in seinen Reden bei zahlreichen Propagandaveranstaltungen , daß "trotz aller politischen Bemühungen im westlichen Ausland nur ein militärischer Schlag der NLA das Teheraner Regime beseitigen könne<<. Die Anhänger und Sympathisanten der MEK in Deutschland befaßten sich überwiegend mit lautstarker Agitation gegen die Teheraner Regierung und nahmen insbesondere das von ihnen begrüßte Urteil im "Mykonos-Prozeß,, (vgl. Abschnitt "Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten''* Kap. V, Nr. 1) zum Anlaß, den Abbruch der deutsch-iranischen Beziehungen zu fordern. Am 10. April , dem Tag der Urteilsverkündung, führte der NWRI in Berlin eine Demonstration mit 700 Personen durch . 162 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Ganzjährig wurden systematisch Geldbeschaffungsmaßnahmen betrieben. Dazu veranstaltete der NWRI erneut bundesweite - vielfach nicht genehmigte - Spendengeldsammlungen zur angeblichen Unterstützung humanitärer Ziele. ~.ro~Pt.....:r-o,~~.:;~.c.J<>Ip ,.:;l..r.l.}l>.;.x~~,.:;lc jl...J,IJ~,.:;I~ ,.:;lcjl...J,IJ~~~,.:;I~._;I,JI~~~J"'I>Ipy~l. ~~~ljl.,? )l.jj_,...;._s~,.:;~...f )j.OJ) o ..&. Faltblatt (von 1992) wurde 1997 im Rahmen von Spendensammlungen verteilt. Übersetzung: Zum zweiten Jahrestag der Ernennung der Mojahed-Schwester Maryam Rajawi zur ersten Verantwortlichen der Organisation der Volksmojahedin Iran: -wurde die Mojahed-Schwester Fahimed Arwani als Stellvertreterin der ersten Verantwortlichen der Organ isation gewählt -fand eine große Militärparade der vorbildlichen Einheiten der Nationalen Befreiungsarmee statt. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 163 Am 20. Juni führte der NWRI eine Großveranstaltung in der Oberhausener **Arena" durch, zu der etwa 5.000 Teilnehmer auch aus europäischen Nachbarländern angereist waren. Eine Ansprache Massoud RADJAVIs zur Mobilisierung der Anhänger wurde aus einem Camp der NLA im Irak per Satellit übertragen. Als Reaktion auf einen iranischen Luftangriff gegen Einrichtungen der NLA im Irak mobilisierte die Organisation am 30. September kurzfristig 300 Personen für eine Protestkundgebung in Bonn. 5. Sikhs **International Sikh Youth Federationcc (ISYF) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1984 (in Indien) Sitz: Frankfurt / M. Leitung : gespalten in drei Fraktionen mit jeweils eigenem Bundesvorstand Mitglieder/ Anhänger: ca. 600 (1996:ca. 550) "Babbar Khalsa International" (BK) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1978 (in Indien) Sitz: Merzenich (Kreis Düren) Leitung : Bundesvorstand Mitglieder/ Anhänger: ca. 200 (1996: ca. 200) Terroristische Sikh-Organisationen setzen im nordindischen Bundesstaat Punjab ihren Kampf für die Gründung eines unabhängigen SikhStaates ** Khalistan" fort. Trotz massiven Einsatzes indischer Sicherheitskräfte haben sie ihre Aktionsfähigkeit nicht verloren . Am 1. Oktober verübten mutmaßlich Sikh-Rebellen mehrere Bombenanschläge in Indien. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und 65, darunter auch ausländische Touristen, verletzt. ln Deutschland unterstützen zwei Gruppierungen den Kampf der Sikhs für ein unabhängiges **Khalistan". Sowohl die ** Babbar Khalsa International" (BK) als auch die ** International Sikh Youth Federation " (ISYF) sehen ihre Hauptaufgabe darin, im Punjab kämpfende terrori- 164 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern stische Sikh-Gruppen wie die "Khalistan Commando Force" (KCF) finanziell zu unterstützen. Dazu werden das ganze Jahr hindurch bei "Märtyrer-Feiern<< Spendensammlungen durchgeführt. Darüber hinaus blieben die in Deutschland aktiven Sikh -Gruppierungen bemüht, den Kampf der Gesinnungsgenossen im Heimatland propagandistisch zu unterstützen. Zu einer Demonstration in Bonn am 15. August , dem 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens, konnte die ISYF gemeinsam mit anderen Sikh-Gruppierungen etwa 400 Teilnehmer mobilisieren; sie bekräftigten bei einer Kundgebung vor der indischen Botschaft die Forderung nach einem unabhängigen Sikh-Staat. 6. Tamilen "Liberation Tigers of Tamil Eelamcc (LTTE} - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1972 (in Sri Lanka) Sitz: Mönchengladbach Leitung: Führungskader der deutschen Sektion Mitglieder/ Anhänger: ca. 700(1996:ca. 650) Publikationen : u.a. **Kalathil" (Auf dem Schlachtfeld). vierzehntäglich Der Autobombenanschlag auf das neu eröffnete **World Trade Center" in Colombo (Sri Lanka) am 15. Oktober, bei dem 20 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt wurden, hat auch in Deutschland das Interesse auf die Aktionen der "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTIE) gerichtet. Die Separatistenorganisation , die von der srilankischen Regierung für den Anschlag verantwortlich gemacht wird, hat bisher jegliche Beteiligung bestritten. Die Aktivitäten der LTIE in Deutschland - hier leben mehr als 40.000 Tamilen - konzentrieren sich seit Jahren auf die Geldbeschaffung für den Befreiungskampf in Sri Lanka. Die LTIE erzielen bei Sammelaktionen sowohl in den Wohnungen tamilischer Landsleute als auch bei den sehr zahlreichen Kulturveranstaltungen und "Heldengedenktagen", die oft von Hilfsund Tarnorganisationen der LTIE veranstaltet werden, jährlich vermutlich mehrere Millionen DM. Die Sammler schrecken auch vor Drohungen nicht zurück, um ihr Spendenziel zu erreichen. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 165 7. Kosovo-Aibaner "Volksbewegung von Kosovocc (LPK) - Basisdaten für Deutschland - gegründet: 1982 (im Kosovo) Leitung : Bundesvorstand der deutschen Sektion Mitglieder/Anhänger: ca. 300 (1996: ca. 250) Publikation: .. zeri i Kosoves" (Die Stimme Kosovos), wöchentlich Zu den im Bundesgebiet lebenden Angehörigen der Volksgruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien gehören mehr als 100.000 Albaner aus dem Kosovo. Eine kleine Zahl hat sich Organisationen angeschlossen, von denen sicherheitsgefährdende Bestrebungen ausgehen . ln der serbischen Provinz Kosovo leben etwa 1,8 Millionen Albaner, was einem Bevölkerungsanteil von etwa 90% entspricht. Nationalistische Serben betrachten das Kosovo aber als Wiege ihrer Nation. Autonomierechte , die den Kosovo-Aibanern in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien verfassungsmäßig zustanden, werden seit 1989 wieder verwehrt . Mitglieder der ..Volksbewegung von Kosovo" (LPK) in Deutschland bringen im LPK-Organ ,.zeri i Kosoves" (Die Stimme Kosovos) zum Ausdruck, daß sie die im Heimatland terroristisch operierende ** Befreiungsarmee von Kosovo" (UCK) politisch, moralisch und finanziell unterstützen wollen . Die "Demokratische Vereinigung der AlbanerInnen in Deutschland " (DVAD), die der LPK nahesteht, sammelt Gelder für den Fonds "Das Vaterland ruft". Die UCK übernahm seit Februar 1996 wiederholt öffentlich die Verantwortung für Terrorakte im Kosovo , die sich gegen Serben und serbische Interessen sowie gegen albanische Kollaborateure gerichtet hätten . Auch die im Kosovo illegal operierende "Nationale Bewegung für die Befreiung Kosovos" (LKCK) verfügt in Deutschland über Anhänger. Die LKCK strebt die Loslösung des Kosovo von der Bundesrepublik Jugoslawien und perspektivisch eine Vereinigung mit Albanien an. LKCK-Funktionäre erklärten öffentlich, die Selbständigkeit Kosovos könne ohne Krieg nicht erreicht werden . Darauf müßten die KosovoAibaner aber zunächst vorbereitet werden. Im Gegensatz zur UCK lehnt sie militante Einzelaktionen ab. 166 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 8. Annex: Schleusungsaktivitäten Die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor in großem Umfang Zielland illegaler Einwanderung und der damit in Zusammenhang stehenden Schleuseraktivitäten. Die Mehrzahl der extremistischen Ausländergruppierungen beteiligt sich nicht an der Verbringung ausländischer Flüchtlinge gegen Geld nach Deutschland und in andere westeuropäische Länder und auch nicht an der Schleusung organisationsfremder Personen. Die mei - sten Organisationen unterhalten aber eine gut funktionierende Infrastruktur für die Schleusung ihrer Funktionäre bzw. einzelner Mitglieder von und nach Westeuropa; dabei ist die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) die aktivste Organisation. Auch von der türkischen linksextremistischen "Devrimci Sol" und der "Türkischen Kommunistischen Partei (Marxisten-Leninisten)" (TKP (ML)) sowie der libanesischen "Hizb Allah" (Partei Gottes), der algerischen ** Islamischen Heilsfront" (FIS) und von Anhängern extremistischer Sikhund Tamilengruppierungen wurden Schleusungsaktivitäten bekannt. Schleusungen sind ein wichtiger Bestandteil der konspirativen Akti - vitäten ausländischer Extremisten. Einschleusungen ermöglichen u.a. das "Abtauchen" von Funktionären aus den Heimatländern und das gegenüber deutschen Sicherheitsbehörden getarnte Agieren dieser Funktionäre im Bundesgebiet. Im Wege der Ausschleusung, der heimlichen Ausreise mit falschen Papieren , verstärken insbesondere die PKK und türkische linksextremistische Organisationen ihre Guerillaeinheiten im Kampfgebiet Illegal reisende Kuriere leisten z.B. durch geheime Geldtransporte logistische Unterstützung für den bewaffneten Kampf. Mehrere der ausländischen extremistischen Organisationen versu - chen, von den Gewinnen kommerzieller Schleuserorganisationen zu profitieren, indem sie diesen hohe Spendengelder abverlangen. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 167 V. Übersicht über weitere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder/ Anhänger Publikationen - einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise ) 1997 (1996) Türken (ohne Kurden) "Föderation der türkisch7.000 (6.900) "Türk Federasyon demokratischen IdealistenBülteni" vereine in Europa e. V. " (Bulletin der Türk(ADÜTDF) Föderation) - monatlich - "Föderation der demo800 (800) "Tatsachen " kratischen Arbeitervereine - zweimonatlich - aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. " (DIDF) Kurden "Kurdistan-Front -Irak" (KFI) 400 (400) mit den u.a. angeschlossenen Organisationen - "Demokratische Partei Kurdistans/ Irak" (DPK-1) - "Patriotische Union Kurdistans" (PUK) Araber "Hizb Al Da'Wa Allslamiya" 100 "Al Jihad" (Heiliger Krieg) (DA'WA) - wöchentlich - (Partei des islamischen Rufs/ der islamischen Mission) "Gruppen des libanesischen 200 "Amal" (Hoffnung) Widerstandes" (AMAL) - wöchentlich - "Muslimbruderschaft" (MB) 1.000 (1.000) "Al Islam" (Der Islam) "Risalatul - lkhwan" (Rundschreiben der Bruderschaft) - wöchentlich - 168 Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 170 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten I. Überblick Fortgesetzte Der Prozeß des Aufbaus einer europäischen Friedensordnung nach Ausforschung trotz dem Ende der Teilung Europas schreitet weiter voran. Trotz dieser positiver politischer positiven Entwicklung wird die Bundesrepublik Deutschland nach wie Entwicklung vor nachrichtendienstlich ausgeforscht. Bandbreite des Die Aufgabenbereiche der Spionageabwehr Deutschlands umfassen Aufgabenspeknicht nur die Aufdeckung und Verhinderung der "klassischen" Spiotrums der nage fremder Nachrichtendienste in den Zielbereichen Politik, Militär, Spionageabwehr Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung. Auch die nachrichtendienstlich gesteuerte Proliferation, die Ausspähung und Unterwan - derung ausländischer Oppositionellengruppierungen in Deutschland sowie staatsterroristische Aktivitäten einiger Staaten fallen in ihre Beobachtungskompetenz. II. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation 1. Aktuelle Situation und Aufgaben der Dienste, personelle Veränderungen Konsolidierung Die mit der politischen Wende begonnene Neugestaltung des Staatsdes russischen sicherheitsapparates der Russischen Föderation ist weitgehend Staatssicherheitsabgeschlossen. Die Nachrichtenund Sicherheitsdienste sind in das apparates politische und staatliche Machtgefüge integriert. Ihr Ansehen und ihre Akzeptanz in der öffentlichen Meinung haben sich deutlich zu ihren Gunsten gewandelt. Die Tatsache, daß die Existenz der Dienste, die ihnen zugewiesenen Aufgaben und Kompetenzen sowie ihre Kontrolle inzwischen ganz überwiegend auf gesetzliche Grundlagen gestellt worden sind, hat diese Entwicklung sicher begünstigt. Die Kontrolle über die Dienste liegt im wesentlichen beim Parlament, dem Präsidenten der Russischen Föderation selbst und bei Gremien wie dem Nationalen Sicherheitsrat. Keine gravierenden ln der Organisationsstruktur der russischen Dienste und bei deren strukturellen Aufgabenstellung gab es 1997 keine grundlegenden Veränderungen. Veränderungen Bereits in Angriff genommene Neuund Umstrukturierungen wurden konsequent weiter verfolgt - z.B. die Integration der vormaligen "Verwaltung Schutz" (GUO) in den jetzigen Schutzdienst FSO. Die Russische Föderation verfügt zur Zeit über folgende Nachrichtenund Sicherheitsdienste: SWR * Die zivile Auslandsaufklärung liegt in erster Linie in der Hand des Auslandsnachrichtendienstes SWR, der seit Anfang 1996 von Wjatscheslaw TRUBNIKOW, heute Armeegeneral , geleitet wird. Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 171 * Die militärische Auslandsaufklärung ist dem Nachrichtendienst des GRU russischen Verteidigungsministeriums, der GRU , übertragen. Sie unter neuer Leitung wurde bis Mai 1996 von Generaloberst Fedor LADYGIN geleitet. Ihm folgte der bis dahin dritte stellvertretende Leiter der GRU nach, Generaloberst Valentin Wladimirowitsch KORABELNIKOW. * Im innerstaatlichen Bereich ist der Abwehrund Sicherheitsdienst FSB FSB primär für die zivile und militärische Spionageabwehr sowie für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zuständig . Geleitet wird der FSB seit Mitte 1996 von Nikolaj KOWALJOW, heute Armeegeneral, einem erfahrenen Nachrichtendienstoffizier. * Die Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen und InformaFA PSI tion (FAPSI) betreibt Fernmeldeund elektronische Auslands - aufklärung , ist aber ebenso für die Sicherheit wichtiger, vor allem staatlicher Nachrichtenverbindungen in Rußland verantwortlich. Der Dienst wurde unmittelbar nach der Auflösung des KGB gegründet und direkt dem Präsidenten unterstellt. Er wird seit An - beginn von Alexander STAROWOIJTOW, heute Armeegeneral, geleitet. * Die Verantwortung für den Schutz und die Sicherheit des russiFSOschen Präsidenten sowie der Regierungsmitglieder liegt in der "Präsidialdienst<<, Zuständigkeit des FSO. Teilen dieses Dienstes kann der russische auch für Sonderaufgaben Präsident auch nachrichtendienstliche Abwehrund Aufklärungs - aufgaben übertragen. Insofern kann von einem "Präsidialdienst" gesprochen werden, der ansonsten keiner Kontrolle unterliegt. Die ehemalige "Verwaltung Schutz,, (GUO) ist in diesem Dienst aufgegangen. Er wird von Jurij KRAPIVIN geleitet. * Dem russischen Grenzdienst FPS obliegt der Schutz der StaatsFPS grenze. Er ist aber auch befugt, mit einem nachrichtendienstlich tätigen Truppenteil vornehmlich in den Grenzregionen der russischen Nachbarstaaten Auslandsaufklärung zu betreiben. Leiter dieses Dienstes war General Andrej NIKOLAJEW (heute Generaloberst Nikolaj BORDJUSHA). 2. Aktivitäten und Aufklärungsziele d er russisc hen Nachrichtendienst e 2.1 Aktivitäten in Deutschland Die Aufklärung der russischen Nachrichtendienste ist weiterhin vor Aufklärungsziele allem auf die klassischen Bereiche Innen-, Außen- , Wirtschaftsund Sicherheitspolitik gerichtet. Daneben sind Wissenschaft und Technik, das militärische Feld sowie auch westliche Nachrichtenund Sicherheitsdienste Aufklärungsziele . 172 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Die Nachrichtendienste erfüllen so ihren Auftrag , die russische Führung in die Lage zu versetzen , politische, militärische und wirtschaftliche Entwicklungen, vornehmlich in den lndustrieländern, zu erkennen und einzuschätzen. Dadurch sind sie indirekt an der Vorbereitung politischer Entscheidungen in Rußland sowie der Entwicklung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der russischen Industrie beteiligt. Aktionsbasis Eine besondere Rolle im Aufklärungskonzept der russischen Dienste Legalresidentur kommt den nachrichtendienstliehen Stützpunkten, sogenannten Legalen Residenturen, an den offiziellen Vertretungen Rußlands zu. ln Rußland ausgebildete Nachrichtendienstoffiziere werden als Ange - hörige der diplomatischen und konsularischen Vertretungen deklariert und für mehrere Jahre in Deutschland eingesetzt. Sie haben in dieser Funktion eine hervorragende Ausgangssituation , um Kontakte zu politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kreisen des Gastlandes zu knüpfen, und verfügen damit über eine breit gefächerte Palette an Zugangsmöglichkeiten für ihre lnformationsbeschaffung . Anhaltend hohe Der hohe Anteil nachrichtendienstlicher Mitarbeiter an den offiziellen Präsenz russischen Vertretungen , der sich seit Jahren kaum verändert hat, von abgetarntem belegt im Aufklärungsspektrum der russischen Dienste den SteilenND-Personal wert Deutschlands und die Wertigkeit , die den Legalen Residenturen als Mittel zur Nachrichtenbeschaffung beigemessen wird. Neben dem getarnt eingesetzten Personal unterhalten sowohl der Auslandsaufklärungsdienst SWR als auch der Abwehrdienst FSB offi - zielle Verbindungsstellen an der Russischen Botschaft in Bonn für Kontakte zu den deutschen Sicherheitsbehörden. Die Residenturen Die in der Zentrale des SWR für bestimmte Aufklärungsbereiche als "verlängerter zuständigen Abteilungen - sogenannte Verwaltungen - sind größtenArm" der Zentralen teils auch in den Legalen Residenturen wiederzufinden , wo sie als "Linien" bezeichnet werden. Die den einzelnen "Linien" angehörenden Nachrichtendienstoffiziere sind für die entsprechenden Zielbereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik zuständig. Vergehensweisen Die nachrichtendienstliehen Aktivitäten von Angehörigen der Legairesidenturen erstrecken sich von der offenen Gesprächsabschöpfung über die Informationsbeschaffung im Internet bis hin zur Werbung, Führung und Unterstützung von Agenten . Dabei finden die Nachrichtendienstmitarbeiter gerade bei der Gesprächsabschöpfung besonders günstige Bedingungen vor, da die Kontaktpersonen ihnen aufgrund der politischen Öffnung Rußlands zumeist offen und vorbehaltlos entgegentreten. Zunahme Teilweise zeigen die Nachrichtendienstoffiziere aber auch eine aggressiver nachaggressivere Vorgehensweise . So versuchte Anfang 1997 ein als richtendienstlicher "Diplomat" in der Konsularabteilung der Außenstelle der Russischen Aktivitäten Botschaft in Berlin abgetarnter Nachrichtendienstoffizier einen deut- Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 173 sehen Polizeibeamten , der ein Einreisevisum für eine private Reise nach Rußland beantragt hatte, nachrichtendienstlich anzuwerben. Er tat dies, obwohl er bereits Ende 1996 , kurz nach seiner Ankunft in Deutschland, mit einem ähnlichen Versuch bei einem anderen deutschen Polizeibeamten aufgefallen war, der ihm gegenüber erklärt hatte, daß er seine Dienststelle über den Kontakt unterrichtet habe. Die Nachrichtendienstoffiziere an den Legalen Residenturen unterUnterstützende stützen auch Verbindungen, die aus Moskau direkt gesteuert werden, Funktion der Legalresidenturen logistisch. Diese Hilfestellung kann z.B. die Leerung oder Beschickung eines **Toten Briefkastens" sein. ln einem zuvor vereinbarten geheimen Versteck wird von einem Agenten Material deponiert, das dann später von einem Nachrichtendienstangehörigen abgeholt und anschließend nach Moskau weitergeleitet wird. Der Agent kann aus einem solchen Versteck mit seinem "Lohn << oder Instruktionen versorgt werden. ln die Informationsbeschaffung der Legalresidenturen werden auch ND-Offiziere Nachrichtendienstoffiziere einbezogen , die als Journalisten getarnt schlüpfen gerne in bei russischen Presseagenturen in Deutschland eingesetzt sind. Ihre die Rolle von "Journalisten<< Zahl ist in den letzten Jahren wieder angestiegen. Die politische Aufklärung in Deutschland, eine Domäne des zivi len russischen Aufklärungsdienstes SWR, erfolgt zunehmend unter dieser Tarnung. Das Berufsbild des Journalisten bietet getarnten Nachrichtendienstangehörigen statusbedingte Vorteile , weil sie für Außenstehende von echten Journalisten nicht zu unterscheiden sind und zudem den Eindruck journalistischer Unabhängigkeit vermitteln. Es ist unverfänglich, journalistische Kontakte zu Mandatsträgern oder anderen Zielpersonen aus dem politischen Bereich aufzunehmen. Durch geschickte Gesprächsabschöpfung sind politische Informationen aller Art dann auch ohne konspirative Elemente leicht zu beschaffen. Ein weiteres wichtiges Feld der nachrichtendienstliehen Aufklärung in GAU-Aktivitäten Deutschland ist der militärische Bereich. ln der klassischen Militärspiohalten unverminnage ist die GRU mit unvermindertem Einsatz aktiv. Sie setzt dabei dert an zunehmend auch konspirative Arbeitsmethoden ein . Nach Äußerungen des früheren GRU-Leiters LADYGIN sind die Aktivitäten des Dienstes nach wie vor auf das gesamte militärische System des Westens gerichtet. Dabei gelte die besondere Aufmerksamkeit denjenigen Ländern, die im Besitz von Atomwaffen sind . Durch ihre umfangreichen militärischen Aufklärungsaktivitäten ist die GRU zumindest indirekt an der Vorbereitung militärpolitischer Entscheidungen Rußlands beteiligt .' 2.2 Aktivitäten in Rußland Der FSB ist befugt, in Zusammenarbeit mit den russischen AuslandsAuch der FSB diensten auch Aufklärungsarbeit zu leisten . Das eigene Staatsgebiet betreibt Aufklärung 174 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten bietet ideale Möglichkeiten , ohne besondere Risiken nachrichtendienstlich gegen deutsche Zielpersonen vorzugehen. Dazu gehören z.B. die Mitarbeiter der deutschen diplomatischen Vertretungen in Rußland, die im Blickpunkt des FSB stehen. Aber auch deutsch - stämmige Aussiedler stehen im Blickfeld, da die Ausreise, aber auch spätere Besuche in Rußland Ansatzpunkte für nachrichtendienstliche Kontaktaufnahmen eröffnen. DerFSB Auch Deutsche, die Geschäftsbzw. Privatreisen nach Rußland bietet "Hilfe" an unternehmen oder sich dort längere Zeit aufhalten, sind für den FSB von Interesse. Dazu zählen u.a. Firmenvertreter oder Studenten. Die Aktivitäten des FSB zielen hier z.B . darauf ab , Verstöße gegen rechtliche Bestimmungen festzustellen , um sie für eine eventuelle nachrichtendienstliche Ansprache zu nutzen. Bei der Verletzung von Meldebestimmungen etwa wird er anbieten, bei der Regelung der Angelegenheit "behilflich" zu sein. Selbstverständlich dient eine solche "Hilfestellung" aber als Ansatz, um Möglichkeiten einer künftigen nachrichtendienstliehen Zusammenarbeit auszuloten. 2.3 Abdeckung russischer Nachrichtendienste in der Privatwirtschaft Der getarnte Einsatz von Nachrichtendienstangehörigen in der Privatwirtschaft bietet den russischen Diensten eine breite Palette von Möglichkeiten. Beschränkte sich der Einsatz zunächst auf russische Firmen in Rußland, so war in der Folge festzustellen, daß auch deutsche Wirtschaftsunternehmen in ihren Niederlassungen in den Mitgliedsstaaten der GUS - zum Teil wissentlich - ehemalige russische Nachrichtendienstangehörige beschäftigten. Darüber hinaus ist die Zahl der Wirtschaftsunternehmen mit russischer Kapitalbeteiligung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1992 stetig angestiegen. Es ist davon auszugehen, daß auch die Anzahl der darin involvierten Nachrichtendienstoffiziere zugenommen hat. Seit 1992 konnten - zum Teil mehrmaligeEinreiseversuche erkannter Nachrichtendienstoffiziere bzw. der Zugehörigkeit zu einem russischen Nachrichtendienst verdächtiger Personen festgestellt werden, die in ihren Anträgen auf Erteilung eines Einreisesichtvermerks für Deutschland als aktuellen Arbeitgeber russische Staatshandelsoder Wirtschaftsunternehmen und auch Niederlassungen der deutschen Industrie in Mitgliedsstaaten der GUS angaben. Neben korrekt gestellten Anträgen wurden auch andere Methoden festgestellt, mit denen erkannte ND-Offiziere oder der Zusammenarbeit mit einem russischen Nachrichtendienst verdächtige Personen versuchen, sich einen Einreisesichtvermerk für Deutschland zu beschaffen. Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 175 So wird z.B. mit Gefälligkeitseinladungen gearbeitet. Dabei wird durch einen Dritten an Referenzpersonen die Bitte herangetragen , einen ihnen unbekannten russischen Staatsbürger einzuladen . Eine weitere Methode ist die Fälschung von Einladungspapieren. Wiederum eine andere Variante ist der Mißbrauch von Originaldokumenten . So gab z.B. ein SWR-Offizier in seinem Visumsantrag als Referenzadresse ein Berliner Wirtschaftsunternehmen mit eigenem Repräsentanzbüro in Moskau an . Dessen Inhaber waren jedoch sowohl der Name des Offiziers als auch das Wirtschaftsunternehmen, das dieser angeblich vertrat, gänzlich unbekannt. Es ist davon auszugehen , daß Blankounterlagen aus dem Moskauer Repräsentanzbüro mißbräuchlich benutzt wurden . 111. Die Nachrichtendienste der übrigen Mitgliedsstaaten der GUS 129> Auch bei den Nachrichtendiensten der übrigen Mitgliedsstaaten der Spionageabwehr GUS scheinen die wesentlichen Umgestaltungsprozesse abgeund Auslandsschlossen zu sein. Organisatorisch unterscheiden sie sich von den aufklärung in einem Dienst vereinigt russischen Diensten dadurch , daß die Bereiche Spionageabwehr und zivile Auslandsaufklärung wie in der früheren Sowjetunion jeweils in einem Dienst zusammengefaSt sind. Die Mitgliedsstaaten der GUS sind - einschließlich Rußland - an einer Kooperation der Zusammenarbeit ihrer Nachrichtendienste interessiert. AbgeschlosDienste der GUSsene Kooperationsabkommen belegen dies. Seit dem Aufbau der Mitgliedsstaaten Dienste in diesen Ländern haben sich deren Leiter bereits mehrfach getroffen. An diesen Tagungen w aren stets auch die russischen Nachrichtendienste beteiligt. Im April wurde der Aufbau eines seit längerem geplanten gemeinGemeinsames samen Datenverbundsystems vereinbart , in das auch operative ErDatenverbundkenntnisse eingestellt werden sollen. Die Zentraleinheit dieser Datensystem bank soll beim FSB in Moskau installiert werden. Die Partnerdienste können über angeschlossene Terminalrechner auf die Daten zugreifen. Ferner unterzeichneten die Verteidigungsminister Rußlands und der Ukraine im August ein Kooperationsabkommen für den Bereich der militärischen Aufklärung . Außer für Rußland ist Deutschland auch für die Aufklärungstätigkeit Auch Kasachstan, einiger anderer Mitgliedsstaaten der GUS von Bedeutung . So zeigten Usbekistan, Weißrußland und die auch die Dienste Kasachstans , Usbekistans, Weißrußlands sowie der Ukraine sind an Ukraine Interesse an Informationen über Deutschland. ln ihrem BlickInformationen feld stehen z.B . Aussiedler oder das Personal an den deutschen über Deutschland diplomatischen Vertretungen. interessiert 176 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten IV. Sonstige mittelund osteuropäische Nachrichtendienste Eine Reihe von mittelund osteuropäischen Staaten strebt in westliche Bündnissysteme. Gleichzeitig sind die Beziehungen dieser Länder zu Deutschland vom Willen zu vertrauensvoller Zusammenarbeit geprägt. Den Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen folgend, haben führende Vertreter der Nachrichtendienste wiederholt erklärt , die nachrichtendienstliche Aufklärung der Bundesrepublik Deutschland sei eingestellt worden ; dort noch verbliebene Mitarbeiter würden zurückgezogen . Es gibt jedoch Belege dafür, daß solche Zusagen bisher nicht überall erfüllt worden sind. So hat sich die Zahl der Nachrichtendienstangehörigen an den diplomatischen bzw. konsularischen Vertretungen einiger osteuropäischer Staaten in Deutschland bisher nicht in dem erwarteten Umfang vermindert. V. Aktivitäten von Nachrichtendiensten aus Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens sowie Nordafrikas Spionage gegen Deutschland betreiben auch die Nachrichtendienste Irans, Iraks, Nordkoreas, Syriens und Libyens . Ihre Aktivitäten umfassen neben der Spionage die Oppositionellenausforschung und -Unterwanderung sowie Proliferation. 1. Iranische Nachrichtendienste "Mykonoscc-Urteil Durch die Ausweisung von vier Nachrichtendienstoffizieren nach dem "Mykonoscc -Urteil wurde die Rekrutierung neuer Agenten sowie das Führungsund Verbindungswesen des iranischen Nachrichtendienstes zumindest für kurze Zeit empfindlich gestört. Ein Schwerpunkt der Arbeit des iranischen Nachrichtendienstes war 1997 die Ausspähung hier lebender iranischer Oppositioneller. Hierbei stand im Vordergrund die Beobachtung der .. volksmodjahedin Iran" (MEK) bzw. ihres politischen Armes, des "Nationalen Widerstandsrats Iran,, (NWRI). Die MEK betreibt bewaffnete Opposition gegen Iran, hauptsächlich von irakisehern Territorium aus, und wird international als terroristische Organisation betrachtet. ln Deutschland trat diese Organisation und ihr politischer Arm nicht als kriminelle oder terrori - stische Vereinigung in Erscheinung. Häufigere Es ist sorgfältig zu beobachten , ob jetzt die zahlreichen iranischen Nutzung Firmen und andere iranisch geführte Einrichtungen in Deutschland, wirtschaftlicher auch kultureller Art, verstärkt nachrichtendienstlich genutzt werden. oder kultureller Teilweise handelt es sich um Tochterunternehmen von Firmen im Iran, Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 177 die vom Nachrichtendienst als Tarneinrichtungen gegründet und mit Einrichtungen hauptamtlichen Mitarbeitern besetzt worden sind . Mit Hilfe eines solfür nachrichtendienstliche chen Firmengeflechts ist es möglich, nicht nur Auslandsreisen und Zwecke? -aufenthalte von Nachrichtendienstmitarbeitern zu legendieren, sondern auch illegale Beschaffungen im Technologiebereich zu organisieren , logistische Aufgaben aller Art zu erledigen und Agentennetze neu aufzubauen oder anzuleiten . 2. Syrische Nachrichtendienste Die syrischen Nachrichtendienste setzen ihre AusforschungsbeFortsetzung der mühungen unter den syrischen Oppositionellen in Deutschland Ausspähung von unvermindert fort. Dabei versuchen sie, über Zuträger in den betrefOppositionellen fenden Kreisen möglichst umfangreiche Informationen über in Deutschland lebende Syrer und Libanesen zu erlangen. Es muß davon ausgegangen werden, daß Informationen über oppositionelle Betätigungen für die betroffenen Personen bei Reisen in ihr Heimatland zu negativen Konsequenzen bis hin zu Inhaftierungen und Folter führen können. Der im März 1997 bei einer Verurteilung wegen geheimdienstlicher Mittel und Tätigkeit vor dem Oberlandesgericht Koblenz abgeschlossene ProMethoden zeß gegen einen deutschen Staatsangehörigen hat in diesem Zu - sammenhang Mittel und Methoden der syrischen Dienste in detaillierter Weise aufdecken können . Der Verurteilte, ein gebürtiger Libanese , hatte jahrelang Informationen an seinen Auftraggeber, einen Angehörigen der syrischen Botschaft, geliefert. Hierfür hatte er u.a. ein eigenes Informantennetz bis in deutsche Hochschulen hinein aufgebaut. Um Informanten unter den Auslandssyrern und -Iibanesen zu gewinnen , setzte er Personen aus diesem Kreis unter Druck; teilweise drohte er ihnen damit, daß eine Weigerung zur Gefahr für Leib und Leben von Familienangehörigen in den Heimatländern führen könnte. 3. Libysche Nachrichtendienste Am 18. November 1997 begann vor dem Berliner Landgericht der Verbindung Libyens Prozeß gegen fünf Verdächtige , die angeklagt sind , den Sprengzum internationalen stoffanschlag vom 5. April 1986 in der überwiegend von US-Soldaten Terrorismus besuchten Berliner Diskothek ** La Belle" ausgeführt zu haben , bei dem drei Menschen getötet und rund 200 verletzt wurden. Angeklagt werden ein Palästinenser, ein im Libanon geborener deutscher Staatsangehöriger, dessen ehemalige Ehefrau und deren Schwester sowie ein Libyer. Laut Anklageschrift gibt es Belege dafür, daß die Tat durch libysche Behörden initiiert und mit Kenntnis des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR ausgeführt worden ist. 178 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 4. Nordkoreanische Nachrichtendienste Die Koreanische Demokratische Volksrepublik (KDVR) unterhält keine unmittelbaren diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland. Ihre Interessen werden vielmehr von der Botschaft der Volksrepublik China wahrgenommen. ln Berlin , in der früheren nordkoreanischen Botschaft in der DDR , hat China als Schutzmachtvertretung ein >> Büro für den Schutz der Interessen der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik" eingerichtet. Die KDVR verfügt über eine Vielzahl von Nachrichtenund Sicherheitsdiensten, die entweder dem >>Geliebten Führer >> KIM Jong II direkt unterstellt oder der >> Partei der Arbeiterklasse" (PdAK) bzw. den Volksstreitkrätten verantwortlich sind. Erkenntnisse deuten darauf hin , daß auch im >> Büro für den Schutz der Interessen der KDVR" in Berlin Mitarbeiter nordkoreanischer Nachrichtendienste abgetarnt tätig sind . Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die >>Sozio-Kulturelle Abteilung", einem Nachrichtendienst, der dem Zentralkomitee der PdAK unterstellt ist und den Auftrag hat, die Wiedervereinigung Koreas nach den nordkoreanischen Zielvorstellungen zu erreichen . Weltweit wird dies durch die ideologische Beeinflussung von im Ausland lebenden südkoreanischen Staatsangehörigen versucht. Zur Durchsetzung dieses Zieles wurde bereits 1980 in Pyongyang die Organisation POMMINNYON (>> Pankoreanische Allianz für die Wiedervereinigung Koreas") gegründet, deren Mitglieder in Deutschland von einem Angehörigen der >>Sozio-Kulturellen Abteilung" aus dem >> Büro für den Schutz der Interessen der KDVR" in Berlin organisatorisch und ideologisch gesteuert werden. Eventuelle nachrichtendienstliche Aktivitäten von in der Bundesrepublik Deutschland lebenden POMMINNYON-Mitgliedern dürften sich allerdings nur gegen Südkorea richten. Da der POMMINNYON in Deutschland bisher der gewünschte Erfolg versagt blieb , wurde 1997 eine weitere Organisation zur Durchsetzung der vorgegebenen Ziele unter Steuerung der >>Sozio-Kulturellen Abteilung " gegründet. Auch bei dieser neuen Vereinigung YUDONGHOE sind jedoch erhebliche Anlaufschwierigkeiten und bisher kaum eine Außenwirkung festzustellen. Außerdem wird von der >>Sozio-Kulturellen Abteilung" das Büro der koreanischen Jugendund Studentenvereinigung POMCHONGCHANGNYON in Berlin finanziert. Von POMCHONGCHANGNYON konnten bisher keine für eine Studentenorganisation typischen Aktivitäten festgestellt werden. Es ist daher davon auszugehen, daß das Büro ausschließlich zur Übermittlung von POMMINNYON -Nachrichten aus Südkorea nach Nordkorea und umgekehrt dient. Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 179 VI. Proliferation/Sensitive Exporte 1. Überblick Unter Proliferation im engeren Sinne wird die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen und der zu deren Einsatz erforderlichen Raketensysteme verstanden . Die spezifische Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden ist es dabei, die nachrichtendienstlich gesteuerte oder auf nachrichtendienstliche Art und Weise betriebene Beschaffung von Gütern und Technologien zur Entwicklung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu beobachten, entsprechende Informationen in Zusammenarbeit mit dem Zoll , dem Bundesausfuhramt , dem Bundeskriminalamt und dem Bundesnachrichtendienst auszuwerten und darüber zu berichten. Dabei gilt der Grundsatz, daß die rasche Verhinderung vor der längerfristigen Aufklärung und Beobachtung möglicher illegaler Beschaffungen steht. Die wichtigsten Länder, die wegen solcher Bemü - hungen beobachtet werden müssen, sind Iran, Irak, Libyen , Nordkorea, Syrien und Pakistan . ln der Vergangenheit waren diese Staaten zur Entwicklung und HerZunehmende stellung von Massenvernichtungswaffen sowie entsprechender Kooperationsbemühungen Trägermittel nahezu ausschließlich darauf angewiesen, Technologie und Güter aus den westlichen Industriestaaten zu beschaffen. Mittlerweile scheint sich diese starke Abhängigkeit aber zu verrin - gern. Sie haben inzwischen selbst technische Fortschritte gemacht. Daneben haben sie auch auf die restriktive Exportpolitik des Westens reagiert . Sie war sicherlich ein Grund für die Suche nach Kooperationspartnern mit dem Ziel gemeinsamer Entwicklungen in den **eigenen" Reihen. Zu den möglichen Lieferanten gehören nunmehr auch Staaten aus der ehemaligen UdSSR, sowie neben China und Nordkorea weitere fernöstliche und einige Südamerikanische Länder. Solche Kooperation , die weitgehend außerhalb der Einflußmöglichkeiten der westlichen Industrieländer liegt, unterläuft deren Bemühungen, die Proliferation von Massenvernichtungswaffen zu verhin - dern. Es ist zu befürchten, daß der weltweite Proliferationsprozeß zunehmend schwieriger zu kontrollieren sein wird. Proliferation umfaßt nicht nur die Ausfuhr von sensitiven Gütern, son"Know-howdern auch die Weitergabe von Wissen und Techniken , die zur EntTransfer" erhöht das wicklung und Produktion von Massenvernichtungswaffen oder Gefahrenpotential Trägertechnologie beitragen können. Als Quelle können z.B. Universitäten, Institute und Firmen mit entsprechendem Know-how dienen, in denen Austauschwissenschaftler tätig sind . Hier liegt ein gravierendes Problem , das in seiner Bedeutung möglicherweise noch zunehmen wird. 180 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Zunehmend Auch 1997 wurden Beschaffungsaktivitäten insbesondere der einkonspiratives gangs erwähnten Länder in Deutschland beobachtet. Die BeschafBeschaffungsfungsorganisationen dieser Länder berücksichtigen d ie Ausfuhrgeverhalten setze der möglichen Lieferländer bei ihren Planungen . Beschaffungen für ein Projekt werden konspirativer abgewickelt und oftmals in viele j kleine, einzeln betrachtet unkritische "Pakete" aufgeteilt. Wenn diese dann auch noch auf mehrere Hersteller, gegebenenfalls noch in verschiedenen Ländern verteilt werden , ist ein Zusammenhang oft kaum mehr erkennbar. Trotz dieser Schwierigkeiten konnten auch 1997 Bemühungen zur Beschaffung solcher hochwertiger Produkte und besonderer Materialien festgestellt werden. Hinweise auf Proliferationssachverhalte, die beim Bundesamt für Verfassungsschutz angefallen sind, wurden an das Bundeskriminalamt oder das Zollkriminalamt weitergegeben. 2. Zur Situation in einzelnen Ländern Iran Der Iran ist nach wie vor zielstrebig bemüht, auch in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen . Tarnfirmen , aber auch Universitäten und deren Institute dienen als scheinbar unverdächtige Endabnehmer für die verdeckte Beschaffung in den Industriestaaten. Dabei stellt die Entwicklung des Trägertechnologieprogramms einen besonderen Schwerpunkt dar. ln der Trägertechnologie spielt die DEFENCE INDUSTRIES ORGANIZATION (DIO) eine bedeutende Rolle. Das bis Anfang April 1997 in Düsseldorf bestehende und offen auftretende "Kontaktbüro" dieser Institution war beim Einholen von Angeboten sowie bei der Organisation und der Abwicklung der Finanzierung von Beschaffungen für den iranischen konventionellen Rüstungsbereich einschließlich der Trägertechnologie tätig . Das Büro war nicht nur in Deutschland , sondern weltweit aktiv. Die Dimension des iranischen Kerntechnologieprogramms und Äußerungen iranischer Politiker haben in der Weltöffentlichkeit immer wieder zu Schlußfolgerungen auf ein geheimes iranisches Kernwaffenprogramm geführt. Seit längerer Zeit wird angenommen, daß der Iran auch mit Substanzen forscht, die für eine biologische Kriegführung genutzt werden könnten. Zudem versucht der Iran , eigene Kapazitäten im Bereich chemischer Waffen weiter zu entwickeln. Irak Der Irak ist sieben Jahre nach Ende des 2. Golfkriegs nach wie vor ein Land , das sowohl unter dem Gesichtspunkt der Proliferation in allen Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten 181 vier Bereichen , als auch vor dem Hintergrund des bestehenden UNEmbargos sehr kritisch beobachtet werden muß. Syrien orientiert sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR, dem Syrien Ende des 2. Golfkriegs und insbesondere aufgrund der von den USA vorangetriebenen Friedensbemühungen im Nahostkonflikt in Richtung des gemäßigten arabischen Lagers und westlicher Staaten . Trotzdem verfolgt das Land weiterhin Programme für biologische und chemische Waffen sowie Raketen. Bei diesen Programmen spielt das CENTRE DES ETUDES ET DES RECHERCHES SCIENTIFIOUES (CERS) eine zentrale Rolle. Libysche Proliferationsaktivitäten konzentrieren sich nach wie vor auf Libyen die Herstellung chemischer Kampfstoffe. Das nukleare und das biologische Waffenprogramm werden in absehbarer Zeit kein bedeutendes Niveau erreichen . Eigenständige Bemühungen um geeignete Trägersysteme scheinen nicht sehr erfolgreich zu sein. Dafür sprechen Versuche, mittels Kooperationen , z.B. mit Nordkorea, in den Besitz dieser Mittel zu gelangen. I Auch 1997 stand ein Fall von illegalen Exporten nach Libyen im Blickfeld der Öffentlichkeit. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Möchengladbach hat im Oktober die Inhaber zweier Mönchengladbacher Firmen wegen gemeinschaftlich begangener Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und das Kriegswaffenkontroll - gesetz (KWKG) zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde die Ue'erung von Prozeßleitsystemen zur Last gelegt, die zur Herstellung chemischer Waffen verwendet werden können. Pakistans Aktivitäten zur Erlangung von Massenvernichtungswaffen Pakistan sind r e Erfolg auf ein militärisches Nuklearprogramm und auf den ~ragemereic h gerichtet. Die Existenz eines solchen Programms, desse"' 3erechtigung Pakistan aus der Konfliktsituation zu Indien abler.e** 1rd offen in einer Broschüre zum 20jährigen Bestehen der da * r ,....,.aBgebenden Einrichtungen, der KHAN RESEARCH LABORATOr=l :=s zugegeben. ord orea verfolgt weiterhin proliferationsrelevante Programme, Nordkorea deren Schwerpunkte im Bereich der Raketentechnologie liegen . erzu versucht Nordkorea weltweit Komponenten zu beschaffen . 182 Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten VII. Festnahmen und Verurteilungen Im Jahr 1997 wurden durch den Generalbundesanwalt 85 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit eingeleitet. Sechs Personen wurden von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen, gegen fünf von ihnen wurde Haftbefehl erlassen. Von den sechs Festgenommenen war eine Person für einen iranischen Nachrichtendienst tätig, drei Personen haben für einen ehemals sowjetischen, jetzt russischen Nachrichtendienst gearbeitet, und zwei Personen haben einem polnischen Nachrichtendienst ihre Mitarbeit angeboten . Im gleichen Zeitraum verurteilten Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland in 36 Strafverfahren 43 Angeklagte wegen Straftaten im Bereich "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit" (SSSS 93101 a StGB); einen von ihnen wegen Landesverrats und einen weiteren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall. Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 184 Scientology-Organisation (SO) "Scientology-Organisation" (SO) gegründet: 1954 in den USA, erste Niederlassung in Deutschland 1970 Sitz: Los Angeles (**Church of Scientology International", CSI) Mitglieder: ln Deutschland geschätzt: deutlich unter 1O.OOO'l Publikationen : u.a. ** Freiheit " 130) Unterorganisationen : in Deutschland acht "Kirchen" und zehn "Missionen,."') Die SO gibt regelmäßig höhere Zahlen (30.000) an . ..) Die SO gab Ende 1997 sieben Kirchen und zwölf Missionen an (vgl. *Freiheit*, 1997 m1t dem Titelblatt: *ZEIT ZU ENTSCHEIDEN .. *, S. 58). 1. Grundlagen Scientology bezeichnet sich selbst als eine ** Erlösungsreligion" 13 1l in der Tradition ostasiatischer Religionen, insbesondere des Buddhismus, die angeblich **dem Menschen den Zustand vollständiger geistiger Freiheit von dem endlosen Kreislauf von Geburt und Tod vermitteln und ihn von seinen Banden im physischen Universum" befreien will 132l. Grundlage: Ihre Lehre beruht auf den für Seientelogen unabänderlichen 133l WerWerke des ken des amerikanischen Science-Fiction-Autors Lafayette Ronald amerikanischen HUBBARD (1911 - 1986). Im Jahr 1950 veröffentlichte dieser das Science-FictionAutors Hubbard Buch **Dianetik - Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit" 134l. Darin will er eine Methode erarbeitet haben, mit der sich der Benutzer selbst von psychischen und physischen Belastungen befreien könne . Auf der Grundlage der Dianetik entwickelte er unter Einbeziehung von Elementen fernöstlicher Religionen und der ScienceFiction-Weit die Scientology1 35l. Danach ist die "Person" bzw. die nldentität" des Menschen zum Beispiel nicht sein Körper oder Name, sondern der "Thetan"; er hat " ** * keine Masse, keine Wellenlänge ... also nichts Gegenständliches ... " 136l. Er ist im Idealzustand als "Operierender Thetan" " ** *völlig Ursache über Materie, Energie, Raum, Zeit und Denken ***" und " *** nicht in einem Körper ... " 137l . Um diesen Zustand zu erreichen, ist Ziel der Scientology zunächst der "Ciear", d. h. der Mensch, der ..... als Ergebnis der dianetischen Therapie weder aktiv noch potentiell vorhandene psychosomatische Krankheiten oder Aberrationen hat ***" 138l. Letzteres bedeutet für Scientology-Organisation (SO) 185 Scientologen " *** eine Abweichung vom rationalen Denken oder Verhalten ... " 139l . Abweichungen von der Rationalität können nach HUBBARD auf sogenannte Engramme zurückgehen; unter einem Engramm verstehen Scientologen " ... ein geistiges Vorstellungsbild, welches eine Aufzeichnung einer Zeit von physischem Schmerz und Bewußtlosigkeit ist ... " 140l. Mit Hilfe des sogenannten Auditings können diese >>Engramme" entdeckt und ihre Auswirkungen eliminiert werden 141 l. Bei diesem Verfahren soll der Auditor (" ... jemand der zuhört .. ."; ein so bezeichneter Geistlicher der Scientology-Kirche oder jemand , der dazu ausgebildet wird 142l) dem sogenannten Preclear ("... jemand , der noch nicht Clear ist ... " 143l) durch eine festgelegte Abfolge von Fragen oder Anweisungen helfen , Bereiche von Kummer oder Schmerz aufzuspüren 144l. Als Hilfsmittel steht dabei dem Auditor das sogenannte E-Meter zur Verfügung. Dieses Gerät dient nach Veröffentlichungen der SO zur Messung eines geringen elektrischen Stromes, der - abhängig von seinen Gedanken - durch den Körper des Preclears fl ießen soll, wenn er während der Auditing-Sitzungen die beiden Elektroden des Gerätes in der Hand hält 145l. Die durch den Stromfluß verursachten Ausschläge der Nadel des E-Meters sollen dem Auditor anzeigen, ob der richtige Bereich von Kummer und Schmerz von ihm angesprochen wurde 146l. Auditing-Kurse und entsprechendes Schulungsmaterial werden von der SO gegen Entgelt angeboten . 2. Zielsetzung ln ihren Publikationen und bei den veröffentlichten programmatischen Tatsächliche Äußerungen verzichtet die SO zwar weitgehend auf politische Anhaltspunkte für Stellungnahmen. Dennoch ergeben sich aus einer Vielzahl von verfassungsfeindliche Bestrebungen Äußerungen HUBBARDs und aus dem Selbstverständnis und den Handlungsweisen der Organisation , wie sie vor allem von ehemaligen SO-Mitgliedern berichtet werden , tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen , die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind . Bereits in seinem grundlegenden Buch "Dianetik" hat HUBBARD auf die politische Relevanz und Reichweite seiner Lehre hingewiesen 147l. Auf einer von der SO verbreiteten Originalkassette mit Vorträgen HUBBARDs zum Thema: ,,CREATING A NEW CIVILIZATION" heißt es: '' .. . und in der Zentral-Organisation - ich schaue jetzt ein wenig weiter nach vorne - dort wird es dann einen politischen Offizier geben. Ihr möchtet wissen , was geschieht, wenn Ihr Jeden in die- 186 Scientology-Organisation (SO) ser Umgebung clear gemacht habt? Die einzige Sache, zu der unser Zentrum genutzt werden kann , ist ein politisches Zentrum. Wenn Ihr das alles getan haben werdet, seit Ihr die Regierung. Ihr werdet niemals in der Lage sein, es abzulehnen!.. . (Gelächter) ... " 1481. An anderer Stelle äußerte HUBBARD: "** *Ich denke, daß wir diese Zivilisation erschaffen können und wei - terhin erschaffen werden .... Wir haben mit der Dianetik und der Scientology das Wissen dazu, und wir können es tun .. ."1491. ln einer ihrer Publikationen fordert die SO, " .. . die Gesellschaft und ihre Regierungen zu reformieren .. *" 1501. Mit der Errichtung einer neuen scientologischen Gesellschaftsordnung will die SO wesentliche Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen: Ablehnung der Die Demokratie - so HUBBARD - habe dem Menschen nichts Demokratie und gebracht, außer ihn weiter in den Schlamm zu stoßen 151 1. An die des Grundgesetzes Stelle der bisherigen Regierungsformen solle eine " ... wahre Demokratie ... " treten 1521. Diese entstehe, wenn die SO jedes Individuum von den bösartigeren reaktiven Impulsen befreit habe 1531. Eingeschränkte ln der scientologischen Gesellschaft sollen nur Ehrliche im Sinne der Geltung der SO oder sogenannte Nichtaberrierte Rechte haben. Nur " ... dem Grundrechte Nichtaberrierten ... " sollen künftig Bürgerrechte verliehen werden 1541. Das Recht einer Person auf Überleben steht in der scientologischen Gesellschaft " .. . in direktem Verhältnis zu ihrer Ehrlichkeit ... " 1551. Die Aufgabe des Rechts besteht in dieser Ordnung nur darin, den ** .. . ehrlichen Menschen zu schützen ... " 1561 . ln der von der SO formulierten Absolutheit bedeutet dies die Abschaffung aller Menschenrechte für die übrigen Mitglieder der Gesellschaft. Dies ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Menschenwürde. Die Anweisungen der SO, "Gegenabsichten" und "Fremdabsichten" " ... aus der Umwelt zu entfernen ... " 1571, die Forderung totaler Disziplin und die Aussagen von Aussteigern über das Verhalten der SO gegenüber Kritikern lassen erwarten, daß in einer scientologischen Gesellschaft insbesondere auch die Meinungsfreiheit sowie das für alle geltende Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit abgeschafft sein werden. Scientology-Organisation (SO) 187 ln der scientologischen Demokratie, in der nur die von den bösartiKeine geren reaktiven Impulsen befreiten Individuen das Recht haben solVolkssouveränität, Verbot politischer len, angemessenen und tauglichen Maßnahmen zuzustimmen 158l, Parteien und einer kann folglich nicht das gesamte Volk in Wahlen und Abstimmungen parlamentarischen die Staatsgewalt ausüben, wie es das Grundgesetz vorsieht. Der Opposition Absolutheitsanspruch der SO läßt keinen Raum für andere politische Parteien und eine parlamentarische Opposition . Die Ständige Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder (IMK) hat auf ihrer Sitzung am 5./6. Juni 1997 in Bonn festgestellt, daß bei der SO tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung der Organisation durch die Verfassungsschutzbehörden gegeben sind 159l. Über die Ergebnisse der Beobachtung ist der IMK nach Jahresfrist zu berichten. 188 Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Bestrebungen Verfassungs Rechtsextremistische Bestrebungen schutz bericht 1997 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten Scientology-Organisation (SO) Erläuterungen und Dokumentation Gesetzestexte 190 Erläuterungen und Dokumentation Erläuterungen und Dokumentation 1 1 e-mail (electronic mail) = Elektronische Post im Internet. Damit können preiswert und schnell Texte, Grafiken oder andere digitale Daten übermittelt werden. 2 1 Hornepage =Titelseite eines Anbieters im Internet-Bereich "World Wide Web" (WWW). Sie bietet die Möglichkeit, eigene Texte , Bilder, Tonund Videosequenzen bereitzustellen. 31 Provider = ln der Regel ein kommerzielles Unternehmen, das einen Zugang zum Internet und die erforderliche Software zur Verfügung stellt. 4 1 Es werden z.B. inhaltlich identische oder teilidentische Kopien von Homepages erstellt, ohne daß die inhaltliche Ausrichtung der "gespiegelten" Inhalte von der Person/Organisation, die sie anbietet, notwendigerweise befürwortet wird. 51 Nach der Definition der Verfassungsschutzbehörden ist Terrorismus der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele , die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib , Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen , insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129a Absatz 1 des Strafgesetzbuches genannt sind oder durch andere Straftaten , die zur Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 6 1 ** Militante klandestine Aktion " steht in der Sprache von Linksextremisten für konspirativ vorbereitete und durchgeführte Anschläge. 7 1 "INTERIM" erschien zunächst wöchentlich . Seit den Exekutivmaßnahmen gegen mutmaßliche Herausgeber, Hersteller und Verteiler am 12. Juni 1997 wird das Blatt vierzehntäglich herausgebracht. 81 Delegiertentreffen der AA/BO fanden statt vom 13. bis 15. Februar in Göttingen, vom 12. bis 14. April in Hamburg , vom 13. bis 15. Juni in Bielefeld , am 23. August in Braunschweig und vom 31. Oktober bis 2. November in Oldenburg. 91 ln "INTERIM" Nr. 415 vom 10. April 1997 riet ein unbekannter Autor, "Sich gegen einen 'Markennamen' zu entscheiden , da durch 129a die drohende Knaststrafe höher und die Verfolgung (z.B. Fahndung, Observationen, Vorladungen) durch die Staatsbüttel bedeutend härter sind ". 101 Mit der "gepunkteten<< Aktionsbezeichnung "E.I.N. G.R.Ü.P.P. - C.H.E.N.<< und der Abschlußparole "Die Terroristen sind die, die die Abschiebeknäste bauen , und nicht die, die sie sprengen << neh- Erläuterungen und Dokumentation 191 men die Täter Bezug auf die terroristische Gruppierung "DAS K.O.M.I.T.E.E.<<. Einen geplanten Sprengstoffanschlag dieser Gruppe auf die Justizvollzugsanstalt Berlin-Grünau, die seinerzeit für Zwecke des Abschiebegewahrsams umgebaut wurde, konnte die Polizei am 11. April 1995 vereiteln . 11l "I NTERIM<< Nr. 428 vom 24. Juli 1997. 12l NPD = "Nationaldemokratische Partei Deutschlands<<, JN = "Junge Nationaldemokraten<< (vgl. Rechtsextremistische Bestrebungen, Kap . VI, Nr. 3). 13l Vgl. Rechtsextremistische Bestrebungen, Kap. V, Nr. 1. 14l "I NTERIM<< Nr. 420 vom 15. Mai 1997. 15! "INTERIM<< Nr. 430 vom 21. August 1997. 16! "INTERIM<< Nr. 419 vom 8. Mai 1997. 17l General a.D. Schönbohm ist seit seiner Amtseinführung als Innen - senator Ziel linksextremistischer Agitation und Hetze, die bis zu plakativen Morddrohungen reicht. 18l Nach der Räumung besetzter Häuser in der Mainzer Straße in Berlin (November 1990) war es zu schweren Ausschreitungen gekommen. Mehrere hundert Gewalttäter hatten mit Pflastersteinen, Gehwegplatten, Dachziegeln und Brandsätzen geworfen, Fahrzeuge angezündet und Geschäfte geplündert. Mehr als 200 Polizisten waren verletzt worden. 19 l Presseerklärung der **lnformationsstelle Kurdistan<< (ISKU), Bonn, vom 10. Januar 1997. 20l Prozeßgruppe Düsseldorf, Einladungsschreiben zu einer Solidaritätsveranstaltung am 16. Januar 1997. 21 l Publikation "Licht am Horizont" (ohne Angabe von Autor und Erscheinungsort), verbreitet Anfang 1997, S. 11. 22l "Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung e.V.<< (Hrsg.): "zur Programmatik der POS - ein Kommentar<<, Berlin 1997, S. 24. 23l "junge Weit<>Lernen und Kämpfen" (LuK) Nr. 4/ 1997 (Juli), S. 13. 42 l >>Politischer Bericht des Zentralkomitees der MLPD", S. 53. 43l ,,Rote Fahne" Nr. 30 vom 25 . Juli 1997, S. 18/ 19. 44 l ,, Politischer Bericht des Zentralkomitees der MLPD", S. 66. 45l >> Lernen und Kämpfen" (LuK) Nr. 4/ 1997 , S. 15ff. 46l >>Rote Fahne** Nr. 24 vom 13. Juni 1997, S. 10. 47 l ,,Rote Fahne** Nr.36 vom 5. September1 997 , S. 12. 48l Vgl .. Teilnehmerberichte in ,,offen-siv**, Heft 12/ 1997; ,, DISPUT**, Heft 10/ 1997 und ,,R{h)einblick** Nr. 11 / November 1997. 49l UZ vom 8. August 1997. 50l >>Neues Deutschland** vom 29. Juli 1997. 51 l ,,Neues Deutschland** vom 15. August 1997. 52 l PDS-Pressedienst Nr. 30 vom 25. Juli 1997. 53l Vgl. Presseerklärung ,,Dialog statt Repression ** (April 1997 über Mailbox); >> Neues Deutschland " vom 6. Oktober und ,,junge Weit" vom 7. und 14. Oktober 1997 . 54 l Vgl. ,,junge Weit" vom 22. Januar 1997. 55l Vgl. ,,junge Weit" vom 25. September 1997: U. a. ein Mitglied des ZK der KP Kubas, der Europavertreter der peruanischen >> Revolutionären Bewegung Tupac Amaru" (MRTA) und das ehemalige Mitglied der >>Roten Armee Fraktion " (RAF) lnge VIETT. Siehe auch ,, Mitteilungen der KPF", Heft 10/ 1997 sowie UZ vom 3. Oktober 1997. 56l ,,DKP-Informationen" Nr. 6/ 199710. Juni 1997, S. 4. 5?) Vgl. Erläuterung Nr. 2. 5Bl Vgl. Erläuterung Nr. 1 . 5 9l Vgl. Erläuterung Nr. 3. 60l Vgl. Erläuterung Nr. 5. 61l Die CD wurde von der Bundesprüfsteile für jugendgefährdende Schriften indiziert. 62 l BBZ Nr. 24 , August/September 1997 , S. 11. 63l ,,Kongreß-Protokoll 1997" der GFP, Band XIII, S. 64 f. 64 l >>Kongreß-Protokoll 1997" der GFP, Band XIII, S. 86. 194 Erläuterungen und Dokumentation 65l Erklärung "Die Republikaner 'Die rechte Alternative für Berlin '" vom September 1997. 66) Vgl "Der Republikaner", 9/ 1997, S. 1. 67 l Pressemitteilung vom 25. Februar 1997. 68l Vgl. "Der Republikaner", 5/1997, S. 1. 69l "Erziehungspolitische Leitgedanken der Republikaner für NRW<<, verabschiedet auf dem Landesparteitag am 7. September 1991, S. 29 ff. 70 l Pressemitteilung der REP-Bundesgeschäftsstelle vom 22. September 1997. 71 l Dem NPD-Parteiorgan "Deutsche Stimme<< (Juli-August 1997, S. 5) zufolge wurde gegen KOCH ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. 72l ln einer Pressemitteilung vom 8. September 1997 erklärt WALLNER, er sei am 27. August 1997 aus der Partei ausgetreten. 73l "Nation & Europa'', April 1997, S. 19. 74 l "Junge Freiheit<<, 31. Januar 1997, S. 4 . 75l Im Umlandverband Frankfurt erhielten die REP 7,1% der Stimmen (1 993: 10,0%). 76 l FREY ist Inhaber der >> DSZ - Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH<<, seine Ehefrau leitet die ,,Fz - Freiheitliche Buchund Zeitschriftenverlag GmbH<< (FZ-Verlag). 77 l So beläuft sich etwa nach dem Rechenschaftsbericht eines Wirtschaftsprüfers das Defizit der DVU auf 7,5 Millionen DM; der Betrag wird von FREY kreditiert. 78l Vgl. DNZ Nr. 39/1997, S. 3. 79l Vgl. DNZ Nr. 26/1 997, S. 1. 80l Michel Friedman ist stellvertretender Vorsitzender des "zentralrats der Juden in Deutschland<< . 81l Vgl. DWZ/DANr. 13/ 1997, S.1. 82l Vgl. DNZ Nr. 15/ 1997, S. 5. 83l Vgl. DNZ Nr. 25/1997, S. 8. 84l Vgl. DWZ/DA Nr. 5/ 1997, S. 1 f.; DNZ Nr. 11 / 1997, S. 2; DWZ/DA Nr. 16/ 1997, S. 8. 85l Vgl. DNZ Nr. 1-2/ 1997, S. 1. Erläuterungen und Dokumentation 195 8 6l Vgl. ONZ Nr. 40/ 1997, S. 4. 87l So der NPO-Bundesvorsitzende Udo VOIGT am 7. Dezember 1996 in seinem Rechenschaftsbericht vor dem Bundesparteitag; abgedruckt in "Deutsche Stimme", Ausgabe 1/ 97 , S. 8. 88l ** Deutsche Stimme<<, Ausgabe 6/ 97 , S. 7. 89l NPD-Publikation "Frankenspiegel<<, Juni 1997, S. C. 90l "Deutsche Zukunft<< Nr. 11, November 1997, S. 18. 9 1l "Deutsche Stimme<< , Ausgabe 1/ 97, S. B . 92 l "Deutsche Stimme''* Ausgabe 6/ 97 , S. 3 . 93l **Deutsche Zukunft<